Kritische Gesamtausgabe. Band 14 Briefwechsel 1817-1818: (Briefe 4321-4685) 9783110774948, 9783110618846

Volume V/14 encompasses and makes available 365 surviving letters written by and to Schleiermacher in 1817 and 1818.

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Kritische Gesamtausgabe. Band 14 Briefwechsel 1817-1818: (Briefe 4321-4685)
 9783110774948, 9783110618846

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Briefe
Einleitung der Herausgeber
Editorischer Bericht der Bandherausgeber
Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel
Briefwechsel Januar 1817 bis Dezember 1818
Briefe 4321–4685. Part 1
Briefe 4321–4685. Part 2
Abkürzungen und editorische Zeichen
Archive der Briefmanuskripte
Literaturverzeichnis

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Friedrich Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe V. Abt. Band 14

Friedrich Daniel Ernst

Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe Im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Lutz Käppel und Andreas Arndt, Jörg Dierken, André Munzinger, Notger Slenczka

Fünfte Abteilung Briefwechsel und biographische Dokumente Band 14

De Gruyter

Friedrich Daniel Ernst

Schleiermacher Briefwechsel 1817–1818 (Briefe 4321–4685)

Herausgegeben von Simon Gerber unter Mitwirkung von Sarah Schmidt

De Gruyter

Dieser Band wurde im Rahmen der gemeinsamen Forschungsförderung von Bund und Ländern im Akademienprogramm mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin erarbeitet.

ISBN 978-3-11-061884-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-077494-8 Library of Congress Control Number: 2022935979 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza www.degruyter.com

Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Einleitung der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII I. Die Kritische Schleiermacher-Gesamtausgabe . . . . . . . . . . XXVII II. Die V. Abteilung (Briefwechsel und biographische Dokumente) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII III. Editorische Grundsätze für die V. Abteilung ab Band 11 XXVIII 1. Textgestaltung und textkritischer Apparat . . . . . . . . . . XXIX 2. Druckgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXII Editorischer Bericht der Bandherausgeber Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

.................

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XXXV XXXIX

Briefwechsel Januar 1817 bis Dezember 1818 Briefe 4321–4685

.......................................... 3

Abkürzungen und editorische Zeichen Archive der Briefmanuskripte

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514

Verzeichnis der Briefe Das * vor der Briefnummer bezeichnet erschlossene Briefe. 4321. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 4. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4322. Von Theodor Schwarz. Wiek, Sonntag, 12. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4323. Von Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Dienstag, 14. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4324. Von Friedrich Keyser. Erfurt, vor dem 17. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4325. An Friedrich Keyser. Berlin, Freitag, 17. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4326. Von Bernhard Dräseke. Bremen, Freitag, 17. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4327. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 28. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4328. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Sonntag, 2. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4329. An Ludwig Friedrich von Froriep. Berlin, Montag, 3. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4330. An Bernhard Dräseke. Berlin, Mittwoch, 5. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4331. Von Gotthard Ludwig Theobul Kosegarten. Greifswald, Sonntag, 16. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4332. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Montag, 17. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4333. Von Luise von Willich. Berlin, wohl Frühjahr 1817 oder früher . . . . . . . . . . . . . . *4334. Von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Vor April 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4335. An Friedrich Lücke. Berlin, Anfang April 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4336. Von Adam Theodor Albert Franz Lehmus. Ansbach, Dienstag, 29. 4. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 5 8 9 9 10 11 14 18 20 20 21 22 23 23 24

VIII

Verzeichnis der Briefe

4337. Von Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Mittwoch, 30. 4. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4338. An Georg Andreas Reimer. Berlin, Dienstag, 6. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4339. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Donnerstag, 8. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4340. An August Twesten. Berlin, Sonntag, 11. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4341. An Henrich Steffens. Berlin, vor dem 18. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4342. Von Henrich Steffens. Breslau, Sonntag, 18. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4343. Von Immanuel Bekker. Verona, Donnerstag, 22. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4344. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 26. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4345. An Johann Wilhelm Rautenberg. Berlin, Sonntag, 1. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4346. An Charlotte von Kathen. Berlin, Montag, 9. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4347. An Immanuel Bekker. Berlin, Anfang Juni 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4348. Von Sauerwald. Berlin, Sonntag, 15. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4349. Von Joachim Christian Gaß. Mitte Juni 1817 oder früher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4350. An Immanuel Bekker. Berlin, Sonntag, 22. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4351. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, vor dem 23. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4352. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 24. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4353. An Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Sonnabend, 28.6. bis Freitag, 4. 7. 1817 . . . . . . . . 4354. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonntag, 29. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4355. An Karoline Fischer. Berlin, Sonnabend, 5. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4356. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Sonnabend, 5. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 26 27 29 33 33 35 36 39 39 46 46 47 47 49 50 51 55 56 57

Verzeichnis der Briefe

4357. An Charlotte von Kathen. Berlin, Sonntag, 13. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4358. Von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Mitte Juli 1817 oder früher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4359. An Immanuel Bekker. Berlin, Mittwoch, 16. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4360. Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, zwischen dem 10. 11. 1807 und 18. 7. 1817 . . . 4361. Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, Freitag, 18. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4362. An Luise Gräfin von Voß. Berlin, Sonnabend, 19. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4363. Von Immanuel Bekker. Verona, Sonntag, 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4364. An Henriette Herz. Berlin, um den 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4365. An Henrich und Johanna Steffens. Berlin, um den 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4366. An Heinrich Christoph von Willich. Berlin, Donnerstag, 24. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4367. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonnabend, 26. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4368. Von August Twesten. Kiel, Mittwoch, 30. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4369. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 2. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4370. Von Immanuel Bekker. Mailand, Sonnabend, 2.8. bis Freitag, 8. 8. 1817 . . . . . . . 4371. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Montag, 4. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4372. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 5. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4373. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 9. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4374. Von Ernst Moritz Arndt. Köln, Sonntag, 10. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4375. An Immanuel Bekker (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 12. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

60 62 62 63 64 65 67 70 72 72

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X

Verzeichnis der Briefe

4376. Von Heinrich Christoph von Willich. Sagard, Dienstag, 12. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4377. An David Schickler. Berlin, Mittwoch, 13. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4378. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Garz, vor dem 14. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4379. An Charlotte und Johann Philipp Pistorius und Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Berlin, vor dem 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4380. An die Danziger Friedensgesellschaft. Berlin, Freitag, 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4381. An das Innenministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4382. An Henriette Schleiermacher. Dessau, Sonnabend, 16. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4383. Von Johann Christian August Grohmann. Hamburg, Montag, 18. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4384. Von Henriette Schleiermacher, Henriette von Willich, Elisabeth und Gertrud Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 19. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4385. An Henriette Schleiermacher. Gotha, Mittwoch, 20. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4386. An Henriette Schleiermacher. Eisenach, Sonnabend, 23. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4387. Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 23. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4388. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 23. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4389. An Henriette Schleiermacher. Suhl, Montag, 25. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4390. An Henriette Schleiermacher. Gotha, Mittwoch, 27. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4391. An Henriette Schleiermacher. Ebersdorf und Rudolstadt, Sonnabend, 30.8. bis Sonntag, 31. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4392. An Abraham Voß. Rudolstadt, Montag, 1. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4393. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, vor dem 3. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4394. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, Donnerstag, 4. 9. 1817 ..................... 4395. An Henriette Schleiermacher. Halle, Donnerstag, 4.9. bis Freitag, 5. 9. 1817 . . . . . . . . . 4396. Von Immanuel Bekker. Mailand, Freitag, 12.9. bis Sonnabend, 13. 9. 1817 . . . . . 4397. Von Luise von Willich. Poseritz, Sonntag, 14.9. bis Sonntag, 21. 9. 1817 . . . . . . . 4398. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 15.9. bis Dienstag, 16. 9. 1817 . . . . . . . . 4399. Von Heinrich Christoph und Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, vor dem 18. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4400. An Theodor Schmalz (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 20. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4401. Von Johann Christian Tiemann. Gommern, Sonnabend, 20.9. bis Montag, 22. 9. 1817 . . 4402. An Immanuel Bekker. Berlin, Montag, 22.9. bis Dienstag, 23. 9. 1817 . . . . . . . . 4403. An die Theologische Fakultät. Berlin, Dienstag, 23. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4404. An Luise von Willich. Berlin, Donnerstag, 25. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4405. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 26. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4406. An Wernicke. Berlin, Freitag, 26. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4407. Von Anne (Nanny) Arndt. Frankfurt am Main, Sonnabend, 27. 9. 1817 . . . . . . . . . . 4408. Von Johann Jacob Nizze. Starkow, Montag, 29. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4409. Von Wernicke. Berlin, Montag, 29. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4410. An Friedrich Lücke. Berlin, Dienstag, 30. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4411. Von Amalie Ha(h)ne. Sagard, September 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4412. An das Innenministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Mittwoch, 1. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4413. An Samuel Marot (auch von Konrad Gottlieb Ribbeck und Gottfried August Ludwig Hanstein). Berlin, Sonnabend, 4. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4414. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 4. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4415. Von Anne (Nanny) Arndt. Neuwied und Bonn, Mittwoch, 8.10. bis Sonntag, 12. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4416. Von Henriette Herz. Florenz, Ende September/Anfang Oktober 1817 . . . . . . . *4417. An Johann Jacob Nizze. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4418. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4419. Von Friedrich von Schlegel. Frankfurt am Main, Sonnabend, 11. 10. 1817 . . . . . . . . . 4420. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 13. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4421. Von Margarethe Amalia Baier. Bobbin, Montag, 13. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4422. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Dienstag, 14. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4423. Von Henrich Steffens. Breslau, Mittwoch, 15. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4424. Von Johanna Steffens. Breslau, um den 15. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4425. Von Charlotte (Lotte) Bornemann. Elbing, Donnerstag, 16. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4426. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Donnerstag, 16. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4427. Von August Rienäcker. Halle, Freitag, 17. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4428. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 18. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4429. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 20. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4430. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Montag, 20. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4431. Von Johann Jacob Nizze. Starkow, Mittwoch, 22. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4432. Von August Rienäcker. Halle, Mittwoch, 22. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4433. An Margarethe Amalia Baier. Berlin, Donnerstag, 23. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4434. An Hermann Baier. Berlin, um den 23. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4435. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Freitag, 24. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4436. An Andreas Jakob Hecker. Berlin, um den 24. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4437. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4438. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4439. An August Neander. Berlin, Sonntag, 26. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4440. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, um den 27. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4441. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Dienstag, 28. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4442. Von Charlotte Pistorius. Garz, Mittwoch, 29. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4443. An David Schickler. Berlin, Oktober 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4444. Von Anne (Nanny) Arndt. Montag, 3. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4445. Von Johannes Geibel. Lübeck, Montag, 3. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4446. Von August Neander. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4447. An Johann Joachim Bellermann. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4448. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Mittwoch, 5. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4449. An Anne (Nanny) Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, vor dem 8. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

180 181 187 188 188 189 189 189 190 190 191 192 193 194 194 197 198 198 199

200

XIV

Verzeichnis der Briefe

4450. Von Wilhelm August Breyther. Oberröbligen, Sonntag, 9. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4451. An Charlotte (Lotte) Bornemann. Berlin, Montag, 10. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4452. An David Schickler. Berlin, Dienstag, 11. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4453. Von David Schickler. Berlin, vor dem 14. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4454. An Immanuel Bekker. Berlin, Freitag, 14. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4455. An Wilhelm August Breyther. Berlin, Sonnabend, 15. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4456. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 16. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4457. Von Lauter. Sonntag, 16. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4458. Von Immanuel Bekker. Rom, Montag, 17. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4459. An Johannes Geibel. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4460. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4461. An Karl Heinrich Sack (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4462. An Johann Christian Tiemann. Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4463. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Donnerstag, 20. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4464. An Luise von Willich. Berlin, Mitte November 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4465. Von Theodor Schwarz. Wiek, Montag, 24. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4466. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4467. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201 202 202 202 202 204

205 206 207 208 208

209 210 210 211 211

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Verzeichnis der Briefe

*4468. An Anne (Nanny) Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, Freitag, 28. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4469. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 29. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4470. Von Johann Christian Tiemann. Gommern, Sonnabend, 29. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . *4471. An Johann Christian August Grohmann. Berlin, November 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4472. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, Sonntag, 30.11. bis Dienstag, 9. 12. 1817 . . . . . . . 4473. Von Johannes Geibel. Lübeck, Dienstag, 2. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4474. Von Friedrich Karl Köpke. Berlin, Anfang Dezember 1817 oder früher . . . . . . . . . . . 4475. Von Luise von Willich. Greifswald und Poseritz, Freitag, 5. 12. 1817 bis Mittwoch, 14. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4476. An Christoph Friedrich Ammon. Berlin, Sonnabend, 6. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4477. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 6. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4478. An Gustav Anton von Mühlenfels. Vor dem 9. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4479. An Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Dienstag, 9. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4480. An Friedrich Karl Köpke. Berlin, Freitag, 12. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4481. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 12. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4482. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Freitag, 12. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4483. Von Henriette Herz. Rom, vor dem 13. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4484. An Unbekannt. Berlin, Sonnabend, 13. 12. 1817 oder früher . . . . . . . . . . 4485. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 13. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XV

216 216 217 223

224 227 229

229 233 233 235 235 238

239 239 240 240 241

XVI

Verzeichnis der Briefe

4486. Von Samuel Christian Gottfried Küster. Berlin, Freitag, 19. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4487. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 20. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4488. Von August Friedrich Heydemann. Insterburg, Sonnabend, 20. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4489. Von Johann Traugott Jacobi. Neumarkt, Montag, 22. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4490. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 24. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4491. An den Vorstand der Singakademie zu Berlin (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 26. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4492. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 29. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4493. An August Friedrich Heydemann. Berlin, Donnerstag, 1. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4494. An Johann Traugott Jacobi. Berlin, Freitag, 2. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4495. Von Karl Ludwig Gronau. Berlin, Sonntag, 4. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4496. An August Hermann Niemeyer. Berlin, Donnerstag, 8. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4497. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, Sonntag, 11. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4498. Von Johann Christian August Grohmann. Hamburg, Montag, 12. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4499. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Sonnabend, 17. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4500. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 17. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4501. Von Johann Ludwig Cassius. Lissa, Sonnabend, 17. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4502. Von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, Mittwoch, 28. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4503. Von Prinzessin Marianne von Preußen. Berlin, wohl Mittwoch, 28. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4504. An Prinzessin Marianne von Preußen. Berlin, Donnerstag, 29. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

243 244 244 245 245

246 246 247 247 247 249

250 252 253 255 256 258 259 259

Verzeichnis der Briefe

4505. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, Sonnabend, 31. 1. 1818 ..................... 4506. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 3. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4507. Von Luise von Willich. Poseritz, Dienstag, 3. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4508. Von Caroline Opitz. Sorau, Freitag, 6. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4509. An Henriette Herz. Berlin, Sonnabend, 14. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4510. An Immanuel Bekker. Berlin, Sonnabend, 14. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4511. Von Johann Wilhelm Schneegans und Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Montag, 16. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4512. An Claus Harms. Berlin, Mittwoch, 18. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4513. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 21. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4514. Von Johann Albrecht Friedrich Eichhorn. Vor dem 25. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4515. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4516. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Donnerstag, 26. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4517. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 28. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4518. An Christian Gottlieb Konopak. Berlin, Februar 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4519. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 1. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4520. Von Christian Gottlieb Konopak. Jena, Mittwoch, 4. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4521. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 5. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4522. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 6. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

260 261 261 263 264 265

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XVIII

Verzeichnis der Briefe

4523. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Sonnabend, 7. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4524. An Friedrich Lücke. Berlin, vor dem 9. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4525. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Donnerstag, 12. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4526. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Donnerstag, 12.3. bis Dienstag, 24. 3. 1818 . . . . . *4527. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer und wohl auch von Charlotte Pistorius. Garz, vor dem 13. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4528. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, Sonnabend, 14. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4529. An Friedrich Lücke. Berlin, Montag, 16. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4530. Von Philipp Karl Buttmann. Berlin, Mittwoch, 18. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4531. An August Twesten. Berlin, Donnerstag, 19. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4532. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 23. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4533. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4534. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 28. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4535. An Friedrich Heinrich Jacobi. Berlin, Montag, 30. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4536. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Montag, 6. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4537. Von August Twesten. Kiel, Montag, 6. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4538. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 7. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4539. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Donnerstag, 9. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4540. An Luise von Willich. Berlin, Sonnabend, 11.4. bis Sonnabend, 9. 5. 1818 . . . . 4541. An die Theologische Fakultät. Berlin, Montag, 20. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279 279 280 281

283 283 286 286 287 287 290 290 292 297 298 302 303 305 306

Verzeichnis der Briefe

4542. Von Johann Friedrich Gottlieb Delbrück. Zeitz, Dienstag, 21. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4543. An Samuel Marot. Berlin, Freitag, 24. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4544. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 29. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4545. An Johann Theodor Woide. Berlin, Winter oder Frühjahr 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4546. Von Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, Freitag, 1. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547. Von Gustav Laue. Berlin, Montag, 4. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4548. Von Immanuel Bekker und Henriette Herz. Rom, Sonnabend, 9. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4549. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 11. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4550. Von der Lutherischen Jubelstiftung. Mitte Mai 1818 oder früher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4551. An Immanuel Bekker. Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4552. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4553. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4554. Von Christian August Brandis. Rom, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4555. An die Lutherische Jubelstiftung. Berlin, vor dem 23. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4556. Von Friedrich Fröbel. Keilhau, Sonnabend, 23. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4557. Von Luise von Willich. Putzar, Mittwoch, 27.5. bis Sonnabend, 6. 6. 1818 . . . . . 4558. Von Friedrich Severin Metger. Stolp, Donnerstag, 28. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4559. An Christlieb Benjamin Hering. Berlin, vor dem 30. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4560. Von Christlieb Benjamin Hering. Stolp, Sonnabend, 30. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

307 308 308 309 309 310 311 313 316 317

321 322 323 327 328 332 337 337 338

XX

Verzeichnis der Briefe

4561. Von Claus Harms. Kiel, Frühling 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4562. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Montag, 1. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4563. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 2. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4564. Von Julius Wegscheider. Halle, Donnerstag, 4. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4565. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 8. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4566. An Unbekannt. Berlin, Montag, 8. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4567. An Charlotte von Kathen. Berlin, Anfang Juni 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4568. An Friedrich Lücke. Berlin, Sonnabend, 13. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4569. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 13. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4570. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 13. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4571. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 14. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4572. An Karl Georg von Raumer (auch von Georg Andreas Reimer). Berlin, vor dem 15. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4573. An Henrich Steffens (auch von Georg Andreas Reimer). Berlin, vor dem 15. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4574. An August Hermann Niemeyer. Berlin, vor dem 17. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4575. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Mittwoch, 17. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4576. An Julius Wegscheider. Berlin, vor dem 20. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4577. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, vor dem 20. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4578. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 20. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4579. Von Luise von Willich (auch an Henriette Schleiermacher). Garz, Sonnabend, 20.6. bis Sonntag, 21. 6. 1818 . . . . . . . *4580. An Christian August Brandis. Berlin, vor dem 22. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4581. Von Theodor Schmidt. Langensalza, Montag, 22. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4582. Von Samuel Gottlob Frisch. Freiberg, Freitag, 26. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4583. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, um den 26. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4584. Von Johanna Steffens. Breslau, Mittwoch, 30. 6. 1818 oder früher . . . . . . . . . . . 4585. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Freitag, 3. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4586. Von Berend Kordes. Kiel, vor dem 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4587. An Claus Harms. Berlin, Sonnabend, 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4588. An August Twesten. Berlin, Sonnabend, 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4589. Von Wiese. Berlin, Freitag, 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4590. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 19. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4591. Von August Twesten. Kiel, Sonntag, 19. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4592. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 20. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4593. An Ernst Moritz Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, vor dem 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4594. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4595. Von Julius Wegscheider. Halle, Freitag, 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

*4596. Von Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Bonn, um den 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4597. Von Friedrich Karl von Savigny (auch an den Reorganisationsausschuss). Berlin, Montag, 27. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4598. An den Reorganisationsausschuss. Berlin, Donnerstag, 30. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4599. An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, Ende Juli 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4600. An Johann Friedrich Gottlieb Delbrück. Berlin, Sonnabend, 1.8.18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4601. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 1. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4602. An Anne (Nanny) Arndt. Berlin, vor dem 2. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4603. Von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, vor dem 2. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4604. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, Montag, 3. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4605. Von Ernst Moritz Arndt. Aachen, Mittwoch, 5. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4606. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Sonnabend, 8. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607. An Philipp Karl Buttmann. Berlin, Sonntag, 9. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4608. An Samuel Marot. Berlin, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4609. Von Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4610. Von Christian August Brandis und Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4611. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg (auch an die anderen Präsides der Kreissynoden). Berlin, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4612. An Philipp Konrad Marheineke (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4613. An August Twesten. Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4614. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 15. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4615. Von Marie von Kleist. Berlin, Sonntag, 16. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4616. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4617. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4618. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 18. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4619. Von Friedrich Gottfried Carl Pfeffer. Aken, Dienstag, 18. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4620. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Mittwoch, 19. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4621. An Julius Wegscheider. Berlin, Donnerstag, 20. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4622. Von Carl Gustav von Brinckmann. Stockholm, Donnerstag, 20. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4623. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4624. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4625. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, um den 23. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4626. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Donnerstag, 27. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4627. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, vor dem 30. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4628. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Sonntag, 30. 8. 1818 . . 4629. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Sonntag, 30. 8. 1818 . . *4630. An Unbekannt (in Ostpreußen). Berlin, vor dem 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4631. An Samuel Gottlob Frisch. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4632. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

*4633. An Friedrich Gottfried Carl Pfeffer. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4634. An Theodor Schmidt. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4635. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Ende August 1818 . . . . 4636. Von Wilhelm Bäumer. Bodelschwingh, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4637. An Immanuel Bekker. Berlin, um den 1. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4638. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, um den 1. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4639. Von Julius Wegscheider. Halle, Donnerstag, 3. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4640. An Henriette Schleiermacher. Dresden, Donnerstag, 3.9. bis Freitag, 4. 9. 1818 . . . . . . 4641. An Henriette Schleiermacher. Linz, Mittwoch, 9.9. bis Donnerstag, 10. 9. 1818 . . . . . . 4642. An Henriette Schleiermacher. Frankenmarkt und Salzburg, Freitag, 11.9. bis Sonnabend, 12. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4643. An Henriette Schleiermacher. Berchtesgaden und Abtenau, Dienstag, 15.9. bis Sonntag, 20. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4644. Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . *4645. Von Henriette Schleiermacher und Ehrenfried von Willich. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4646. An Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Regensburg, Donnerstag, 24. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 4647. An Henriette Schleiermacher. Salzburg, Freitag, 25. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4648. Von August Twesten. Kiel, Freitag, 25. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4649. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, vor dem 26. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4650. Von Johann Theodor Woide. Königsberg, Sonnabend, 26. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4651. Von Friedrich Lücke. Großbodungen, Donnerstag, 1. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . 4652. An Henriette Schleiermacher. Nürnberg, Freitag, 2. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4653. An das Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Freitag, 16. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4654. Von John Philippart. London, Sonnabend, 17. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4655. An Antonio Maria Vassalli-Eandi. Berlin, Sonnabend, 31. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4656. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg (auch an die Berliner Kreissynode). Berlin, Donnerstag, 5. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4657. An Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Sonnabend, 7. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4658. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, um den 7. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4659. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 8. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4660. An das Kultusministerium. Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4661. An Friedrich Christoph Perthes. Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4662. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Mitte November 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4663. An Christian August Brandis. Berlin, vor dem 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4664. Von Luise von Willich. Vor dem 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4665. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4666. Von Christian August Brandis. Rom, Sonnabend, 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4667. Von Friedrich Lücke. Bonn, Sonnabend, 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4668. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Montag, 23. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4669. Von Carl Gustav von Brinckmann. Stockholm, Dienstag, 24. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Briefe

4670. Von Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Dienstag, 24. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4671. Von Henriette Herz. Vor dem 25. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4672. An Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Donnerstag, 26. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4673. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, vor dem 27. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4674. An Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Freitag, 27. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4675. An Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4676. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4677. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 3. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4678. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Dienstag, 8. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4679. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 10. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4680. Von Karl Heinrich Gottfried Lommatzsch. Annaberg, Donnerstag, 17. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4681. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, Sonnabend, 19. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4682. An Karl Freiherr von Stein zum Altenstein (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 20. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4683. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 28. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4684. Von Gustav Wiggers. Rostock, Mittwoch, 30. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4685. An Carl Gustav von Brinckmann. Berlin, Donnerstag, 31. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung der Herausgeber I. Die Kritische Schleiermacher-Gesamtausgabe Die Kritische Gesamtausgabe (KGA) der Schriften, des Nachlasses und des Briefwechsels Friedrich Schleiermachers, die seit 1980 erscheint, ist in die folgenden Abteilungen gegliedert: I. Schriften und Entwürfe, II. Vorlesungen, III. Predigten, IV. Übersetzungen, V. Briefwechsel und biographische Dokumente. Die Gliederung richtet sich nach den literarischen Gattungen in Schleiermachers Werk, wobei den einzelnen Abteilungen jeweils auch der handschriftliche Nachlass zugewiesen wird. Der Aufbau der Abteilungen orientiert sich am chronologischen Prinzip.

II. Die V. Abteilung (Briefwechsel und biographische Dokumente) Die V. Abteilung enthält die Briefe von und an Schleiermacher sowie – in gesonderten Bänden – biographische Dokumente. Die Briefe werden in chronologischer Folge geordnet und fortlaufend nummeriert; dabei werden Briefe, die nur erschlossen sind, mit einem Sternchen gekennzeichnet. Maßgebend für die Einordnung eines Briefes ist der Beginn der Niederschrift. Briefe, die nur ungefähr datierbar sind, werden am Ende des für die Niederschrift in Frage kommenden Zeitraums eingeordnet. Briefe an Schleiermacher können in Regestform gegeben werden. Dies gilt insbesondere für Schreiben, bei denen Schleiermacher einer von mehreren Adressaten ist, bzw. für Rundschreiben. Amtliche Schreiben, die Schleiermacher nur unterzeichnet bzw. mit unterzeichnet hat, werden in der Regel in Regestform gegeben.

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Einleitung der Herausgeber

Briefe, bei denen Schleiermacher nur durch seine amtliche Funktion als Empfänger erschließbar ist, bleiben unberücksichtigt, sofern sie keine wesentlichen, Schleiermacher selbst betreffenden Informationen geben.

III. Editorische Grundsätze für die V. Abteilung ab Band 11 Die folgenden Grundsätze schließen sich an die für die I. Abteilung in der Fassung von KGA I/1 an, tragen aber den Besonderheiten der Edition des Briefwechsels Rechnung. Die besonderen Grundsätze für die Edition biographischer Dokumente werden in den editorischen Berichten der jeweiligen Bände dargelegt. Mit der Fertigstellung von Band 9 (Briefwechsel 1806–1807) lief das Akademienvorhaben „Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften aus. Im Rahmen des 2012 eröffneten Akademienvorhabens „Friedrich Schleiermacher in Berlin 1808–1834. Briefwechsel – Tageskalender – Vorlesungen“ werden für den Briefwechsel reine Textbände erarbeitet; historische Einführung, Sachapparat und Register sollen in selbständigen Kommentarbänden veröffentlicht werden. Bisher sind vier Textbände (KGA V/10, KGA V/11, KGA V/12 und KGA V/13) und ein Kommentarband für den Briefwechsel 1808–1810 erschienen (KGA V/ K1). In den Textbänden wird der Briefwechsel in kritischer Gestalt vollständig zur Verfügung gestellt. Ein editorischer Bericht gibt die nötigen Informationen über Verfahren und Besonderheiten. Anmerkung zum Brief, in der Auskünfte über die Gründe zur Datierung bzw. Umdatierung sowie zur Erschließung nicht überlieferter Briefe, aber auch Eingangsvermerke, Adressen, Briefeinlagen u. Ä. mitgeteilt werden, stehen ab Band KGA V/12 schon im Textband und nicht erst im Kommentarband. Der textkritische Apparat bietet Nachweise zur Überlieferung und Textkonstitution. Für die Briefe an Schleiermacher werden Textänderungen lediglich in Ausnahmefällen dokumentiert; Textänderungen in Briefen von Schleiermacher werden verzeichnet, sofern sie inhaltlich von Belang sind. Die Brieftexte der Jahre (1808–1816) und mit ihnen diverse Recherchemöglichkeiten stehen auch auf der digitalen Editionsplattform „schleiermacher digital“ (https:// schleiermacher-digital.de/) für die Nutzer zur Verfügung.

Einleitung der Herausgeber

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1. Textgestaltung und textkritischer Apparat Die Kritische Gesamtausgabe bietet grundsätzlich den Wortlaut, die Schreibweise und die Zeichensetzung der Quelle. Für die erforderlichen Eingriffe gelten die folgenden Regeln, die sich in erster Linie auf Handschriften (Originale und Abschriften) beziehen, die den überwiegenden Teil der Textzeugen bilden. Sie gelten sinngemäß auch für die Behandlung von Drucken als Textzeugen. a) Als Brieftext gilt die für den Empfänger bestimmte Mitteilung einschließlich Datierung, Anrede, Schlussformeln und Unterschrift. Beilagen von Schleiermachers Hand sind grundsätzlich Bestandteil des Textes. In begründeten Fällen können sie in Regestform geboten werden. Eine Beschreibung der Textzeugen erfolgt im Sachapparat, wenn relevante zusätzliche Informationen mitzuteilen sind (Adresse, Empfangs- und Beantwortungsvermerke, Anstreichungen, Bemerkungen, Hinweise auf Einschlüsse, Hinweise auf das Brieftagebuch des Tageskalenders usw.). b) Der textkritische Apparat informiert über die Überlieferung eines Briefes durch Nachweis der Handschrift (H) bzw. – sofern diese nicht vorliegt – der Abschriften (h), ferner durch Nachweis des Erstdrucks (D) und weiterer Drucke, soweit sie wesentliche Ergänzungen oder Revisionen des Erstdrucks bieten. Ist das Original eines Briefes nicht verfügbar, wird die Überlieferung mit der größten Nähe zum Original zugrunde gelegt; in diesem Fall weist der Apparat die jeweilige Textgrundlage nach. Bei mehreren sekundären Überlieferungen werden belangvolle Varianten im Apparat vermerkt. Ergänzen sich mehrere Überlieferungen, wird aus diesen ein Brieftext konstituiert. Dabei wird eine Vereinheitlichung von Orthographie und Interpunktion nicht angestrebt. Sind bei einem Brief Konzept und endgültige Fassung überliefert, werden aufschlussreiche Abweichungen des Konzepts im Apparat vermerkt. Ist die endgültige Fassung nur sekundär überliefert, gilt das erhaltene Konzept als maßgeblicher Textzeuge. In diesem Fall werden die Abweichungen der endgültigen Fassung im Apparat nachgewiesen. c) Es wird der vorhandene oder (bei mehreren Textzeugen) rekonstruierbare Text eines Briefes in der letztgültigen Gestalt des jeweiligen Textzeugen wiedergegeben. Wichtige Belege für den Entstehungsprozess (Streichungen, Korrekturen, Umstellungen) werden bei Briefen von Schleiermacher im Apparat mitgeteilt. Bei Briefen an Schleiermacher werden sie nur ausnahmsweise dokumentiert.

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Einleitung der Herausgeber

d) Zusätze zum ursprünglichen Text, die vom Schreiber eindeutig eingewiesen sind, werden in den laufenden Text eingefügt. Sie können (vor allem bei Briefen von Schleiermacher) mit der Formel „mit Einfügungszeichen“ und mit Angabe des ursprünglichen Ortes im Manuskript im Apparat nachgewiesen werden. Anmerkungen und Fußnoten des Schreibers werden am Briefende wiedergegeben. Ist ein Zusatz vom Schreiber nicht eingewiesen, aber seine eindeutige Einordnung durch Sinn oder Position möglich, so wird er ebenfalls eingefügt mit Nachweis im textkritischen Apparat. Zusätze, die sich nicht eindeutig in den Textzusammenhang einfügen lassen, werden am Ende des Briefes wie Postskripta wiedergegeben. e) Bei Abbreviaturen (Abkürzungen, Kontraktionen, Kürzel), deren Sinn eindeutig ist, werden unter Weglassung eines evtl. vorhandenen Abkürzungszeichens die fehlenden Buchstaben im Text kursiv ergänzt. Chiffren für Wörter (z. B. Θ für Gott) werden ebenfalls im Text kursiv aufgelöst und im Textband im editorischen Bericht zusammengestellt. Abbreviaturen und Chiffren, deren Auflösung unsicher ist, werden im Text belassen; für sie wird gegebenenfalls im Apparat ein Vorschlag mit der Formel „Abk. wohl für“ gemacht. Damals geläufige Abkürzungen werden nicht aufgelöst. Soweit sie heute nicht mehr geläufig sind, werden sie im Kommentarband im Abkürzungsverzeichnis mit ihren Auflösungen zusammengestellt. Die durch Überstreichung bezeichnete Verdoppelung von m und n wird stillschweigend ausgeschrieben. In allen Fällen, wo (z. B. bei nicht ausgeformten Buchstaben, auch bei der verkürzten Endsilbe -en) aufgrund der Flüchtigkeit des Schreibers nicht eindeutig ein Schreibversehen oder eine gewollte Abkürzung zu erkennen ist, wird das betreffende Wort ohne weitere Kennzeichnung in der üblichen Schreibweise des jeweiligen Schreibers vollständig wiedergegeben. f) Offenkundige Schreib- und Druckfehler werden im Text korrigiert, Versehen dann, wenn es für das Verständnis erforderlich ist. Im Apparat wird – ohne weitere Angabe – die Schreibweise des Originals angeführt. In zweifelhaften Fällen wird eine Konjektur im Apparat mit der Angabe „Kj …“ vorgeschlagen. g) Fehlende Wörter und Zeichen, die für das Textverständnis unentbehrlich sind, werden in eindeutigen Fällen kursiv in eckigen Klammern ergänzt. In Zweifelsfällen wird im Apparat mit der Formel „zu ergänzen wohl“ ein Vorschlag gemacht. In den Fällen, wo das Zeilenende eindeutig den Punkt am Satzende vertritt, wird dieser stillschweigend ergänzt. Ferner werden fehlende Um-

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lautzeichen in eindeutigen Fällen stillschweigend ergänzt; hingegen werden fehlende diakritische Zeichen (wie Akzente, Spiritus-Zeichen) in fremdsprachigen Stellen nicht ergänzt. h) Ist ein Brief nur bruchstückhaft überliefert, so wird der Überlieferungsverlust innerhalb eines Absatzes durch ein in kursive eckige Klammern eingeschlossenes Spatium gekennzeichnet. Ein umfangreicher Überlieferungsverlust wird durch ein in kursive eckige Klammern gesetztes Spatium gekennzeichnet, das auf einer gesonderten Zeile wie ein Absatz eingerückt wird. Eine Beschreibung erfolgt im textkritischen Apparat. Bei geringfügigen Textverlusten (z. B. Siegelabriss), wo Wortteile oder Wörter mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit ergänzt werden können, werden diese im Text in kursiven eckigen Klammern kursiv ergänzt. Der Apparat gibt in diesem Fall einen Hinweis. i) Sind im Manuskript Umstellungen von benachbarten Wörtern oder Satzteilen vorgenommen worden, so wird – bei Briefen von Schleiermacher – im Apparat mit der Formel „umgestellt aus“ die Vorstufe angegeben. Bei Umstellungen von Sätzen oder Satzteilen über einen größeren Zwischenraum wird der ursprüngliche Ort unter Verwendung der Formel „mit Umstellungszeichen“ angegeben. k) Sind im Manuskript Wörter, Buchstaben oder Zeichen gestrichen worden, so wird – bei Briefen von Schleiermacher, sonst nur ausnahmsweise – das Gestrichene im Apparat in )Winkelklammern* unter Angabe des Ortes im Manuskript mitgeteilt. Wurden Streichungen vorgenommen, aber nicht vollständig durchgeführt, so werden die versehentlich nicht gestrichenen Partien in ))doppelte Winkelklammern** eingeschlossen. Belangvolle Änderungen in schließlich gestrichenen Passagen werden in eckigen Klammern mit den entsprechenden Erläuterungen mitgeteilt. l) Unsichere Lesarten werden in unvollständige eckige PKlammernS eingeschlossen. Nicht entzifferte Wörter oder Wortteile werden durch ein in unvollständige eckige Klammern gesetztes Spatium gekennzeichnet; bei zwei oder mehr unleserlichen Wörtern wird dieses Zeichen doppelt gesetzt und eine genauere Beschreibung im Apparat gegeben.

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Einleitung der Herausgeber

2. Druckgestaltung a) Die auf dem Überlieferungsträger eines Briefes befindlichen Texte werden recte wiedergegeben. Zutaten des Herausgebers werden kursiv gesetzt; ebenso archivalische und editorische Bemerkungen auf den Überlieferungsträgern. Unterschiedliche Schrift- und Drucktypen des Textzeugen (z. B. Devotionsschrift, deutsch, lateinisch, Fraktur, Antiqua) werden einheitlich in Antiqua wiedergegeben. Sie werden nur dann berücksichtigt, wenn der Wechsel der Schriftart ein Zitat (Kenntlichmachung durch Anführungszeichen) oder eindeutig eine Hervorhebung (Kenntlichmachung durch Sperrdruck) anzeigt. b) Graphische Elemente eines Briefes, die keine sachliche Bedeutung haben, werden nicht reproduziert (Anordnung von Datum, Anrede, Unterschrift, Schnörkel, Füllstriche und dgl.). Hochgestellte Endungen (z. B. bei Ordnungszahlen) werden nivelliert, Kustoden stillschweigend fortgelassen. Graphische Varianten von Zeichen (wie doppelte Bindestriche, verschiedene Formen von Abkürzungszeichen oder Klammern) werden stillschweigend vereinheitlicht. Unterschiedliche Zeichen, mit denen der Briefschreiber auf Anmerkungen verweist, werden einheitlich durch Ziffern wiedergegeben und innerhalb jedes Briefes durchgezählt. Werden bei Zitaten die Anführungszeichen an jedem Zeilenanfang wiederholt, bleibt dies stillschweigend unberücksichtigt. Datumsangabe, Anrede und Schlussformeln (einschließlich Unterschrift) werden, sofern sie vom Brieftext deutlich abgesetzt sind, ohne Berücksichtigung des Zeilenbruchs jeweils als ein Absatz behandelt, wobei die Anordnung (rechts- oder linksbündig) dem Textzeugen angeglichen wird. Abkürzungen werden hier nicht aufgelöst, soweit ihre Bedeutung aus der editorischen Kopfzeile ersichtlich ist. c) Unterschiedliche Kennzeichnung von Absätzen (Leerraum, Einrücken) wird einheitlich durch Einrücken der ersten Zeile eines neuen Absatzes wiedergegeben. Lässt ein Leerraum zwischen Absätzen ein von der Trennung in Absätze deutlich unterschiedenes Gliederungsprinzip erkennen, wird er durch eine Leerzeile wiedergegeben. d) Seitenwechsel des zugrundeliegenden Textzeugen wird im Text durch einen senkrechten Strich wiedergegeben. Seit den Textband KGA V/10 sind Paginierung bzw. Foliierung der Manuskripte am Rande angegeben. Wo eine Angabe des Zeilenbruchs sinnvoll erscheint, wie z. B. bei Adressen, wird dieser durch einen Schrägstrich im Text angezeigt.

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e) Die Beziehung des textkritischen Apparats auf den Text erfolgt durch Zeilenangabe mit Lemmata. Kommt in einer Zeile das gleiche Bezugswort mehrfach vor, wird ein zusätzliches Bezugswort angeführt. Die Bezugswörter werden durch das Lemmazeichen ] von der folgenden Mitteilung abgegrenzt. Im Namen der Herausgeber Lutz Käppel

Editorischer Bericht der Bandherausgeber Die editorischen Grundsätze für die V. Abteilung (Briefwechsel und biographische Dokumente) in ihrer Modifikation ab Band 10 sind oben beschrieben. Zu den Einzelheiten der textkritischen Edition der Briefe vgl. die oben abgedruckten editorischen Grundsätze. Zur Orientierung der Leserin und des Lesers sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Texte (und eben auch Briefe) zu Beginn des 19. Jahrhunderts keiner Rechtschreibnorm unterlagen und dass sich in freier schriftlicher Rede manche Ungereimtheit und mancher grammatische Fehler einschleicht, die nicht auf eine mangelhafte Transkription zurückzuführen sind. Die Editoren des Textbandes KGA V/14 haben nur dann in Form von Textanmerkungen eingegriffen, wenn sich bei solchen Unregelmäßigkeiten Verständnisprobleme ergeben hätten. Auch die Archivierung von Briefen unterliegt keiner Norm, so dass Paginierungen, die nicht von Archivaren vorgenommen wurden, auch nicht nachträglich erfunden werden können. Zur besseren Orientierung und zur ersten Erschließung der Texte bieten die Textbände: a. eine Liste der Briefe in chronologischer Sortierung, b. eine Liste der Korrespondenz nach Korrespondenzpartnern, verbunden mit einem Überblick über die biographischen Eckdaten der Korrespondenzpartner sowie eine Kurzcharakterisierung der nach Briefpartnern sortierten Korrespondenz vom 4. 1. 1817–31. 12. 1818, Es folgen: c. die überlieferten und erschlossenen Briefe in chronologischer Folge in textkritischer Form unter Angabe der Anmerkungen zur Überlieferung und Erstdruck sowie Anmerkungen zur Datierung und Erschließung der Briefe und gegebenenfalls deren Beilagen, d. eine Literaturliste mit den in den Druckhinweisen und in den Anmerkungen zum Brief zitierten bibliographischen Angaben, e. ein Abkürzungsverzeichnis sowie f. ein Verzeichnis der Archive der Briefmanuskripte. Der hier relevante Zeitraum der Jahre 1817 und 1818 brachte in Schleiermachers Leben etliche Veränderungen: Im Juli 1817 wurde dem Ehepaar Schleiermacher das dritte gemeinsame Kind geschenkt, abermals eine

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Tochter, Hildegard. Im September desselben Jahres verließ Schleiermachers Halbschwester Anne (Nanny) nach zwölf Jahren Schleiermachers Haushalt; sie heiratete Ernst Moritz Arndt, mit dem sie sich im Frühjahr verlobt hatte, und folgte ihm nach Bonn. Wenige Monate danach, im November, zog die Familie Schleiermacher aus dem Pfarrhaus in der Kanonierstraße in eine Wohnung im Haus des Freundes und Verlegers Georg Andreas Reimer in der Wilhelmstraße um. Im August und September 1817 machte Schleiermacher zusammen mit seinem Freund Ludwig Gottfried Blanc eine zweiwöchige Fußwanderung durch Thüringen; eine längere Reise, zusammen mit Reimer unternommen, führte ihn im September und Oktober 1818 nach Dresden, Böhmen, Österreich und Bayern. Einige der in dieser Zeit mit dem Schwager Arndt gewechselten Briefe sollten später in die von den Demagogenverfolgern gesammelten Dossiers eingehen. Als Mitglied der Akademie der Wissenschaften und als Sekretar von deren philosophischer Klasse oblag Schleiermacher zeitweilig die Schriftführung des Sekretariats; ein Thema waren die Querelen um den Umbau des Akademiegebäudes unter dem Baurat Rabe. Für die wissenschaftliche Edition der Werke Aristoteles’ aus den besten Handschriften organisierte Schleiermacher Forschungsreisen Immanuel Bekkers und August Brandis’ nach Italien. Weiter war Schleiermacher Mitglied des Reorganisationsausschusses, der eine Revision der allgemein für nicht mehr zeitgemäß befundenen Statuten samt Klasseneinteilung vorbereiten sollte. An der Universität hatte Schleiermacher im Studienjahr 1817/18 ein weiteres Mal das Dekanat der Theologischen Fakultät inne. Dabei war er unter anderem mit der Unterstützung von Studenten befasst, für die insbesondere die hohen Wohnungskosten in Berlin ein Problem darstellten; beim Staatskanzler Hardenberg regte er die Einrichtung eines Wohnheims an. Im Sommersemester 1818 las Schleiermacher an der philosophischen Fakultät zum ersten Mal ein Kolleg über die Psychologie. Die letztlich unvollendet gebliebene Reform des preußischen Staates zeitigte damals auch eine Neuordnung des protestantischen Kirchenwesens; die Kirchen sollten entsprechend dem Staat in Provinzen und Kreise eingeteilt und staatlichen Behörden unterstellt werden. Schleiermacher wurde in diesem Zusammenhang zum prominentesten Vorkämpfer einer Synodalverfassung, die der Kirche Selbstverwaltung und Mitbestimmung auf den verschiedenen Ebenen (und durch die Einrichtung von Presbyterien in den Einzelgemeinden auch Beteiligung der Laien) gewähren sollte. Als die Berliner Geistlichen sich 1817 über die Kirchenkreise der Lutheraner und Reformierten hinaus als Gesamtsynode zusammenschlossen, wurde Schleiermacher überraschend zu deren Präses gewählt. Im November

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und Dezember 1817 und im August 1818 leitete Schleiermacher zwei Sitzungsperioden der vereinigten Berliner Synode. Im Zusammenhang des in ganz Deutschland begangenen Reformationsjubiläums im Herbst 1817 hatte König Friedrich Wilhelm III. seine lutherischen und reformierten Untertanen zu einer Kirchenunion aufgerufen, einer auch organisatorischen Kirchengemeinschaft (unbeschadet konfessioneller Diversität, die nicht nivelliert werden sollte), ein Anliegen brandenburgisch-preußischer Herrscher seit dem Großen Kurfürsten, das nicht nur den kirchenpolitischen Zielen des Königs entsprach, sondern ihm auch ein Herzensanliegen war. Unabhängig vom Unionsaufruf des Königs hatten die Geistlichen der vereinigten Berliner Synode schon eine gemeinsame Abendmahlsfeier für den Vorabend des Reformationsjubiläums beschlossen, zusammen mit Vertretern des Magistrats. Angriffe auf die preußische Union gab es von Theologen aus dem Königreich Sachsen; aber auch in preußischen Landen war sie nicht unumstritten und beschäftigte (neben Fragen der Kirchenverfassung) die Kreissynoden. Eine wohl noch größere Rolle als die zu bewältigenden Differenzen in Bekenntnis und Ritus spielten dabei Fragen der Besoldung und Entschädigung und der Zusammenlegung der Hilfskassen. Schleiermacher, der sich schon lange für eine lutherisch-reformierte Kirchenunion ausgesprochen hatte, führte Korrespondenzen über die gesamte preußische Monarchie, um sich über Fragen der Union und des Synodenwesens auszutauschen. Im Rahmen all dieser unterschiedlichen Funktionen kommt es nicht nur zu vielen neuen persönlichen Kontakten, die auch der Briefwechsel dokumentiert, sondern auch zu einer sehr umfangreichen administrativen Korrespondenz. Bei der Sichtung der Akten im Rahmen der amtlichen Tätigkeit Schleiermachers für eine eventuelle Aufnahme in die KGA-Briefausgabe zeigte sich, dass die Gattung Brief innerhalb der Voten, Mitteilungen, Konzepte, Umlaufakten und Begleitschreiben kaum exakt zu bestimmen ist. Schreiben der einzelnen Institutionen wurden von verschiedenen Mitgliedern konzipiert, gingen in den Umlauf, wurden dann von den Mitgliedern oder einem Schreiber abgeschrieben, wobei sie zum Teil nur die Unterschrift der Institution tragen, manchmal jedoch auch noch einzelne Namen ausweisen. Schleiermacher schrieb also selbst Briefkonzepte und Notizen, er kommentierte Entwürfe, zeichnete sie gegen, er unterschrieb oder war als Stellvertreter und Verantwortungsträger im Namen der Institution indirekt präsent. Für die Edition wurden Briefe ausgewählt, die speziell an Schleiermacher gerichtet sind oder von ihm geschrieben oder konzipiert sind und die für Umfang, Art und Profil seiner amtlichen Tätigkeit charak-

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Editorischer Bericht der Bandherausgeber

teristisch sind. Vollständigkeit kann bei dieser Art des Schriftverkehrs im vorliegenden Rahmen nicht gegeben werden. Weiteres Material bieten z. B. Andreas Reichs Dissertation „Friedrich Schleiermacher als Pfarrer an der Berliner Dreifaltigkeitskirche“ (Schleiermacher-Archiv 12, 1992), Max Lenz’ Geschichte der Berliner Universität und Adolf Harnacks Geschichte der Berliner Akademie. Sämtliche nachträglich aufgefundene und erschlossene Briefe werden in einem Ergänzungsband der Briefausgabe aufgenommen, der nach Abschluss der regulären Briefedition alle Nachträge für die gesamte Briefedition vereinigt. Wir danken allen Personen und Institutionen, die uns bei der Bearbeitung des Bandes unterstützt haben: Die Abteilung Telota an der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften hat für die Schleiermacherforschungsstelle eine XML-basierte Datenbank erarbeitet und in stetem Austausch mit uns immer weiter verbessert; diesen Band haben Lou Klappenbach, Dr. Frederike Neuber und Jan Wierzoch von der Entstehung bis zur Drucklegung betreut. Wir danken Prof. Dr. Andreas Arndt, Projektleiter des Akademienvorhabens „Schleiermacher in Berlin 1808– 1834“ und unserem verstorbenen Kollegen Dr. Wolfgang Virmond, die an den Vorarbeiten zu dem vorliegenden Band wesentlichen Anteil hatten. Ein besonderer Dank gilt unserer Kollegin Dr. Carolyn Iselt für die sorgfältigen Korrekturdurchsichten dieses Bandes. Sie und unsere Kollegin Frau Elisabeth Blumrich und unsere Kollegen Dr. Holden Kelm und Johann Gartlinger haben uns auch in vielen Einzelfragen weitergeholfen. Für die Fragen hinsichtlich der Manuskript-Bestände im Universitätsarchiv Krakau stand uns dankbarerweise Herr Prof. Dr. Piotr Bukowski zur Seite. Als studentische Hilfskraft haben Friederike Koch und Julian Bindi die Fertigstellung des Bandes ebenfalls mit großem Engagement unterstützt, dafür sie ihnen gedankt. Die Studenten Felix Will und Henri Vogel haben die Textkonstitution einzelner Korrespondenzen unterstützt. Auch Herrn Dr. Döhnert und Frau Hummel vom Verlag De Gruyter möchten wir den besten Dank für ihre Unterstützung während der Redaktion und Herstellung des Bandes aussprechen. Und schließlich sei auch Herrn Prof. Dr. Lutz Käppel als geschäftsführenden Herausgeber der KGA Schleiermachers für alle Ratschläge und Hinweise herzlich gedankt. Berlin, im September 2022 Simon Gerber & Sarah Schmidt

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel Das * vor der Briefnummer bezeichnet erschlossene Briefe. Altenstein, Karl Freiherr von Stein zum (1770–1840) preußischer Staatsmann, 1817 Kultusminister 4682. An Karl Freiherr von Stein zum Altenstein (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 20. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 Ammon, Christoph Friedrich (1766–1850) Professor der Theologie in Erlangen 4441. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Dienstag, 28. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . *4476. An Christoph Friedrich Ammon. Berlin, Sonnabend, 6.12.17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4482. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Freitag, 12. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4523. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Sonnabend, 7. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . Arndt, Anne (Nanny) Maria Louise (1786–1869) Schleiermachers Halbschwester, heiratet 1817 Ernst Moritz Arndt 4407. Von Anne (Nanny) Arndt. Frankfurt am Main, Sonnabend, 27. 9. 1817 . . . . . . 4415. Von Anne (Nanny) Arndt. Neuwied und Bonn, Mittwoch, 8. 10. bis Sonntag, 12. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4444. Von Anne (Nanny) Arndt. Montag, 3. 11. 1817 ......................... *4449. An Anne (Nanny) Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, vor dem 8. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4468. An Anne (Nanny) Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, Freitag, 28. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192 233 239 279

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150 194

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Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4472. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, Sonntag, 30. 11. bis Dienstag, 9. 12. 1817 . . 4479. An Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Dienstag, 9. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4497. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, Sonntag, 11. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4505. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, Sonnabend, 31. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4577. An Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, vor dem 20. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4596. Von Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Bonn, um den 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4602. Von Anne (Nanny) Arndt. Berlin, vor dem 2. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4604. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, Montag, 3. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4657. An Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Sonnabend, 7. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . *4672. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, vor dem 27. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

224 235 250 260 355 392 395 395 471 490

Arndt, Ernst Moritz (1769–1860) Historiker und Schriftsteller, ab 1817 Professor in Bonn und Schleiermachers Schwager 4374. Von Ernst Moritz Arndt. Köln, Sonntag, 10. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4422. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Dienstag, 14. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4479. An Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Dienstag, 9. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4499. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Sonnabend, 17. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4528. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, Sonnabend, 14. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 4536. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Montag, 6. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 *4583. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, um den 26. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 *4593. An Ernst Moritz Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, vor dem 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

*4595. Von Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Bonn, um den 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4605. Von Ernst Moritz Arndt. Aachen, Mittwoch, 5. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4658. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, um den 7. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4662. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Mitte November 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4668. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Montag, 23. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4681. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, Sonnabend, 19. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . .

XLI

390 397 472 475 487 498

Bäumer, Wilhelm (1783–1848) reformierter Theologe, 1813 Pfarrer in Bodelschwingh 4636. Von Wilhelm Bäumer. Bodelschwingh, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . 436 Baier, Hermann Christoph (1775–1822) Sohn der Margarethe Amalia Baier, Hauslehrer, dann Pfarrer in Altenkirchen; später verheiratet mit Alwine Kosegarten *4434. An Hermann Baier. Berlin, um den 23. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Baier, Margarethe Amalia (1752–1834) geb. Behrens („Tante Baier“) Pastorenwitwe in Bobbin auf Rügen 4421. Von Margarethe Amalia Baier. Bobbin, Montag, 13. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 *4433. An Margarethe Amalia Baier. Berlin, Donnerstag, 23. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Bekker (Becker), August Immanuel (1785–1871) Altphilologe, Schleiermacherhörer, Professor in Berlin seit 1810 4343. Von Immanuel Bekker. Verona, Donnerstag, 22. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . *4347. An Immanuel Bekker. Berlin, Anfang Juni 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35 46

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4350. An 4359. An 4363. Von 4370. Von 4375. An

4396. Von 4402. An 4428. Von 4454. An 4458. Von 4485. Von 4510. An 4548. Von 4551. An 4553. Von 4569. Von 4609. Von 4610. Von 4637. An

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Immanuel Bekker. Berlin, Sonntag, 22. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Berlin, Mittwoch, 16. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Verona, Sonntag, 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Mailand, Sonnabend, 2. 8. bis Freitag, 8. 8. 1817 . . Immanuel Bekker. (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 12. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Mailand, Freitag, 12. 9. bis Sonnabend, 13. 9. 1817 Immanuel Bekker. Berlin, Montag, 22. 9. bis Dienstag, 23. 9. 1817 . . . Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 18. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Berlin, Freitag, 14. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Rom, Montag, 17. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 13. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Berlin, Sonnabend, 14. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker und Henriette Herz. Rom, Sonnabend, 9. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 13. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian August Brandis und Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immanuel Bekker. Berlin, um den 1. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 62 67 82

94 116 133 178 202 207 241 265 311 317 322 349 403 405 441

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4665. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 21. 11. 1818

XLIII

. . . . . . . . . . . . . . . . 476

Bellermann, Johann Joachim (1754–1842) Kirchenhistoriker, Philosoph und Pädagoge, seit 1804 Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin 4447. An Johann Joachim Bellermann. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Blanc, Ludwig Gottfried (1781–1866) 1806 französisch-reformierter Prediger in Halle, ab 1809 dort Domprediger 4321. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 4. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 4327. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 28. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4339. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Donnerstag, 8. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4344. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 26. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 *4351. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, vor dem 23. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4352. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 24. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4354. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonntag, 29. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4369. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 2. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4372. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 5. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4398. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 15. 9. bis Dienstag, 16. 9. 1817 . . . 125 4414. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 4. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4420. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 13. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 4469. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 29. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4477. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 6. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

XLIV

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4500. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 17. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4513. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 21. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4517. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 28. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4532. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 23. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4534. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 28. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4570. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 13. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4578. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 20. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4585. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Freitag, 3. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4620. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Mittwoch, 19. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 269 272 287 290 351 356 369 420

Bornemann, Charlotte (Lotte) (gest. 12.8.1831) Tochter Karl August Reinhardts, Witwe des Predigers Georg August Wilhelm Bornemann (gest. 1802) 4425. Von Charlotte (Lotte) Bornemann. Elbing, Donnerstag, 16. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . 172 *4451. An Charlotte (Lotte) Bornemann. Berlin, Montag, 10. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Brandis, Christian August (1790–1867) Prof. für Philosophie mit Schwerpunkt Geschichte der alten Philosophie 4554. Von Christian August Brandis. Rom, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 4580. An Christian August Brandis. Berlin, vor dem 22. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 4610. Von Christian August Brandis und Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 *4663. An Christian August Brandis. Berlin, vor dem 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 4666. Von Christian August Brandis. Rom, Sonnabend, 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

XLV

Breyther, Wilhelm August (1759–1833) Pfarrer in Oberröblingen 4450. Von Wilhelm August Breyther. Oberröbligen, Sonntag, 9. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . 201 *4455. An Wilhelm August Breyther. Berlin, Sonnabend, 15. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Brinckmann (schwed. Brinkman), Carl Gustav von (1764–1847) Dichter und schwedischer Diplomat, enger Freund Schleiermachers 4622. Von Carl Gustav von Brinckmann. Stockholm, Donnerstag, 20. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . 424 4669. Von Carl Gustav von Brinckmann. Stockholm, Dienstag, 24. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . 488 4685. An Carl Gustav von Brinckmann. Berlin, Donnerstag, 31. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Buttmann, Philipp Karl (1764–1829) seit 1796 Sekretär der Königlichen Bibliothek in Berlin, Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften seit 1806 4530. Von Philipp Karl Buttmann. Berlin, Mittwoch, 18. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 4607. An Philipp Karl Buttmann. Berlin, Sonntag, 9. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Cassius, Johann Ludwig (1743–1827) reformierter Prediger in Lissa 4501. Von Johann Ludwig Cassius. Lissa, Sonnabend, 17. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Delbrück, Johann Friedrich Gottlieb (1768–1830) Theologe und Pädagoge, seit 1800 Prinzenerzieher im Preußischen Königshaus, 1810 Privatgelehrter in Berlin; 1817 Superintendent in Zeitz 4542. Von Johann Friedrich Gottlieb Delbrück. Zeitz, Dienstag, 21. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 *4600. An Johann Friedrich Gottlieb Delbrück. Berlin, Sonnabend, 1. 8. 18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 Dohna-Schlobitten, Alexander Graf zu (1771–1831) preußischer Staatsmann, 1808–1810 preußischer Innenminister, danach auf den Familiengütern, Freund Schleiermachers *4334. Von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Vor April 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

XLVI

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4353. An

Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Sonnabend, 28. 6. bis Freitag, 4. 7. 1817 . . . 51 *4358. Von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Mitte Juli 1817 oder früher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4674. An Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Freitag, 27. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Dräseke, Johann Heinrich Bernhard (1774–1849) seit 1814 Pfarrer an St. Ansgarii in Bremen 4326. Von Bernhard Dräseke. Bremen, Freitag, 17. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4330. An Bernhard Dräseke. Berlin, Mittwoch, 5. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 20

Eberts (Ebertz), Carl (Karl) Christoph (1768–1831) seit 1796 reformierter Pfarrer in Kreuznach, ab 1802 Superintendent 4323. Von Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Dienstag, 14. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . 8 4337. Von Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Mittwoch, 30. 4. 1817 . . . . . . . . . . . . . . 25 4511. Von Johann Wilhelm Schneegans und Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Montag, 16. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich (1779–1856) preußischer Jurist und Politiker, Freund Schleiermachers, Mitglied der Dreifaltigkeitsgemeinde, ab 1810 Kammergerichtsrat in Berlin *4514. Von Johann Albrecht Friedrich Eichhorn. Vor dem 25. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Fischer, Karoline geb. Lommatzsch, Freundin der Henriette Schleiermacher 4355. An Karoline Fischer. Berlin, Sonnabend, 5. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

Frentzel, Karl Heinrich (1758–1824) Sekretär im Departement der Auswärtigen Angelegenheiten, seit 1791 Archivar der Berliner Akademie der Wissenschaften 4670. Von Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Dienstag, 24. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4672. An 4675. An

XLVII

Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Donnerstag, 26. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . 490 Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

Frisch, Samuel Gottlob (1765–1829) Prediger in Freiberg im Erzgebirge 4582. Von Samuel Gottlob Frisch. Freiberg, Freitag, 26. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 4631. An Samuel Gottlob Frisch. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Fröbel, Friedrich Wilhelm August (1782–1852) Pädagoge, seit 1817 Leiter einer Erziehungsanstalt in Keilhau 4556. Von Friedrich Fröbel. Keilhau, Sonnabend, 23. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Froriep, Ludwig Friedrich von (1779–1847) Arzt, 1808 Professor der Medizin in Tübingen, seit 1816 in Weimar und London tätig 4329. An Ludwig Friedrich von Froriep. Berlin, Montag, 3. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Gaß, Joachim Christian (1766–1831) ab 1810 Kirchenrat und ab 1811 Professor der Theologie in Breslau, Freund Schleiermachers 4328. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Sonntag, 2. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 *4349. Von Joachim Christian Gaß. Mitte Juni 1817 oder früher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4356. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Sonnabend, 5. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4371. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Montag, 4. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4525. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Donnerstag, 12. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . 280 4539. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Donnerstag, 9. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4549. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 11. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

XLVIII

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4627. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, vor dem 30. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 4632. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 4683. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 28. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Geibel, Johannes (1776–1853) Reformierter Prediger in Lübeck 4445. Von Johannes Geibel. Lübeck, Montag, 3. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 *4459. An Johannes Geibel. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4473. Von Johannes Geibel. Lübeck, Dienstag, 2. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Grohmann, Johann Christian August (1769–1847) Philosoph, seit 1810 Gymnasialprofessor am Johanneum in Hamburg 4383. Von Johann Christian August Grohmann. Hamburg, Montag, 18. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 *4471. An Johann Christian August Grohmann. Berlin, November 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 4498. Von Johann Christian August Grohmann. Hamburg, Montag, 12. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Gronau, Karl Ludwig (1742–1826) seit 1808 Schlossprediger in Köpenick 4495. Von Karl Ludwig Gronau. Berlin, Sonntag, 4. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Ha(h)ne, Amalie lebte im Sagarder Pfarrhaus auf Rügen 4411. Von Amalie Ha(h)ne. Sagard, September 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Hardenberg, Karl August Fürst von (1750–1822) preußischer Staatsmann und Reformer, seit 1810 Staatskanzler, 1814 zum Fürsten erhoben 4373. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 9. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4565. An

4679. An

XLIX

Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 8. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 10. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . 496

Harms, Claus (1778–1855) Pfarrer und Theologe, seit 1816 Archidiakon an St. Nikolai in Kiel 4512. An Claus Harms. Berlin, Mittwoch, 18. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 4560. Von Claus Harms. Kiel, Frühling 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 4587. An Claus Harms. Berlin, Sonnabend, 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Hecker, Andreas Jakob (1746–1819) Prediger an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin, OberkonsistorialOberschulrat *4436. An Andreas Jakob Hecker. Berlin, um den 24. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4437. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 4438. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . .

und

189 189 190

Hering, Christlieb Benjamin (gest. 1827) Kaufmann in Stolp *4559. An Christlieb Benjamin Hering. Berlin, vor dem 30. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 4560. Von Christlieb Benjamin Hering. Stolp, Sonnabend, 30. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Herz, Henriette (Jette) (1764–1847) geb. de Lemos, Salonnière, sehr gute Freundin F. Schleiermachers 4364. An Henriette Herz. Berlin, um den 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

L

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

*4416. Von Henriette Herz. Florenz, Ende September/Anfang Oktober 1817 . . . *4483. Von Henriette Herz. Rom, vor dem 13. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4509. An Henriette Herz. Berlin, Sonnabend, 14. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4548. Von Immanuel Bekker und Henriette Herz. Rom, Sonnabend, 9. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4571. Von Henriette Herz. Vor dem 25. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

157 240 264 311 353

Heydemann, August Friedrich von 1792 bis 1842 Superintendent in Insterburg 4488. Von August Friedrich Heydemann. Insterburg, Sonnabend, 20. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . 244 *4493 An August Friedrich Heydemann. Berlin, Donnerstag, 1. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . -76 Jacobi, Friedrich Heinrich (1743–1819) Philosoph und Schriftsteller 4535. An Friedrich Heinrich Jacobi. Berlin, Montag, 30. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Jacobi, Johann Traugott (1777–1856) 1803 zweiter Prediger in Neumarkt (Schlesien) 4489. Von Johann Traugott Jacobi. Neumarkt, Montag, 22. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . 245 *4494. An Johann Traugott Jacobi. Berlin, Freitag, 2. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Kathen, Charlotte (Lotte) von (1777–1850) geb. von Mühlenfels, Salonnière auf Rügen, Frau des Karl Ludwig Emanuel von Kathen, Schwester von F. Schleiermachers Frau Henriette 4346. An Charlotte von Kathen. Berlin, Montag, 9. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4357. An Charlotte von Kathen. Berlin, Sonntag, 13. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4567. An Charlotte von Kathen. Berlin, Anfang Juni 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Keyser, Friedrich (1788–1819) Buchhändler in Erfurt *4324. Von Friedrich Keyser. Erfurt, vor dem 17. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4325. An Friedrich Keyser. Berlin, Freitag, 17. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

LI

9 9

Kleist, Marie Margaretha Philippine von (1761–1831) geb. von Gualtieri, Hofdame der Königin Luise, Vertraute des Dichters Heinrich von Kleists 4615. Von Marie von Kleist. Berlin, Sonntag, 16. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Köpke, Friedrich Karl (1785–1865) 1810 Professor der Philosophie in Königsberg, 1817 Professor für deutsche Sprache, Literatur und Geschichte am Joachimsthaler Gymnasium in Berlin *4474. Von Friedrich Karl Köpke. Berlin, Anfang Dezember 1817 oder früher . . . . . . . 229 4480. An Friedrich Karl Köpke. Berlin, Freitag, 12. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Konopak, Christian Gottlieb (1767–1841) 1802 Professor der Rechte in Halle, 1807 in Rostock, 1817 in Jena 4360. Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, zwischen dem 10. 11. 1807 und 18. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4361. Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, Freitag, 18. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 *4518. An Christian Gottlieb Konopak. Berlin, Februar 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 4520. Von Christian Gottlieb Konopak. Jena, Mittwoch, 4. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Kordes, Berend (1762–1823) Philologe, 1792 Professor und Kustos der Universitätsbibliothek in Kiel *4586. Von Berend Kordes. Kiel, vor dem 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

LII

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Kosegarten, Gotthard Ludwig Theobul (1758–1818) Pfarrer auf Rügen, Schriftsteller 4331. Von Gotthard Ludwig Theobul Kosegarten. Greifswald, Sonntag, 16. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . .

20

Küster, Samuel Christian Gottfried (1762–1838) seit 1786 Prediger an der Friedrichswerderschen Kirche in Berlin, seit 1797 auch Superintendent 4486. Von Samuel Christian Gottfried Küster. Berlin, Freitag, 19. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Laue, Gustav Leopold Sigismund (geb. 1798) zum Sommersemester 1818 in Berlin für Theologie immatrikuliert, Schleiermacherhörer 4547. Von Gustav Laue. Berlin, Montag, 4. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

Lauter 4457. Von Lauter. Sonntag, 16. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Lehmus, Adam Theodor Albert Franz (1777–1837) Pfarrer in Ansbach 4336. Von Adam Theodor Albert Franz Lehmus. Ansbach, Dienstag, 29. 4. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

Lommatzsch, Karl Heinrich Gottfried (1774–1834) Prediger 4680. Von Karl Heinrich Gottfried Lommatzsch. Annaberg, Donnerstag, 17. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . 497 Lücke, Gottfried Christian Friedrich (1791–1855) Bekanntschaft mit Schleiermacher um 1816 in Berlin, wo er in Theologie habilitiert wurde, ab 1818 Professor der Theologie in Bonn 4335. An Friedrich Lücke. Berlin, Anfang April 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Friedrich Lücke. Berlin, Dienstag, 30. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4524. An Friedrich Lücke. Berlin, vor dem 9. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4529. An Friedrich Lücke. Berlin, Montag, 16. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4568. An Friedrich Lücke. Berlin, Sonnabend, 13. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4626. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Donnerstag, 27. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4628. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Sonntag, 30. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4629. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Sonntag, 30. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4635. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Ende August 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4651. Von Friedrich Lücke. Großbodungen, Donnerstag, 1. 10. 1818 . . . . . . . . . 4667. Von Friedrich Lücke. Bonn, Sonnabend, 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . .

LIII

4410. An

146 279 286 349

427

430

431

435 464 483

Marheineke, Philipp Konrad (1780–1846) Professor der Theologie in Erlangen, seit 1807 in Heidelberg, 1811 in Berlin 4429. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 20. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4487. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 20. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 244 4490. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 24. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4492. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 29. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

LIV

4506. An

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 3. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

4515. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 2. 1818

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

4516. An

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Donnerstag, 26. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

4519. An

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 1. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

4533. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 3. 1818 4538. An

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 7. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

4544. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 29. 4. 1818

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

4563. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 2. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 4571. An

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 14. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353

4601. An

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 1. 8. 1818

4612. An

Philipp Konrad Marheineke (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411

4614. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 15. 8. 1818 4616. An 4617. An

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 393

. . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416

4623. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 4624. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 4625. An

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, um den 23. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

LV

Marot, Samuel (1770–1865) reformierter Theologe, 1808 Prediger an der Neuen Kirche in Berlin, 1816 auch Superintendent 4413. An Samuel Marot (auch von Konrad Gottlieb Ribbeck und Gottfried August Ludwig Hanstein). Berlin, Sonnabend, 4. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4543. An Samuel Marot. Berlin, Freitag, 24. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 4608. An Samuel Marot. Berlin, Montag, 10. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Metger, Friedrich Severin (1775–1834) Schleiermachers Nachfolger als reformierter Prediger an der Charité (1802) und in Stolp (1807/08) 4558. Von Friedrich Severin Metger. Stolp, Donnerstag, 28. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Mühlenfels, Gustav Anton von (1767–1849) Vetter zweiten Grades der Henriette Schleiermacher, Pfandträger auf Groß-Cordshagen *4478. An Gustav Anton von Mühlenfels. Vor dem 9. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Neander, August Johann Wilhelm (1789–1850) 1806 getauft (zuvor David Mendel), Schleiermacherhörer in Halle, 1813 Professor der Theologie in Berlin 4439. An August Neander. Berlin, Sonntag, 26. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 *4446. Von August Neander. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Nicolovius, Georg Heinrich Ludwig (1767–1839) Theologe, 1805 Staatsrat und Konsistorialrat in Königsberg, ab 1808 in Berlin 4502. Von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, Mittwoch, 28. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 *4599. An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, Ende Juli 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 *4603. Von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, vor dem 2. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

LVI

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Niemeyer, August Hermann (1754–1828) Pädagoge, Philologe und Dichter, 1784 Professor der Theologie in Halle und Direktor der Franckeschen Stiftungen 4332. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Montag, 17. 2. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4463. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Donnerstag, 20. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 210 *4496. An August Hermann Niemeyer. Berlin, Donnerstag, 8. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 4526. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Donnerstag, 12. 3. bis Dienstag, 24. 3. 1818 . 281 *4574. An August Hermann Niemeyer. Berlin, vor dem 17. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 4575. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Mittwoch, 17. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Nizze, Johann Jacob (1766–1829) 1805 Pastor in Starkow (Vorpommern) 4408. Von Johann Jacob Nizze. Starkow, Montag, 29. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 *4417. An Johann Jacob Nizze. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4431. Von Johann Jacob Nizze. Starkow, Mittwoch, 22. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . 181 Opitz, Caroline geb. Eusebius, Verwandte von Schleiermachers Stiefmutter 4508. Von Caroline Opitz. Sorau, Freitag, 6. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Perthes, Friedrich Christoph (1772–1843) Buchhändler und Verleger in Hamburg und Gotha, Neffe des Justus Perthes 4661. An Friedrich Christoph Perthes. Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Pfeffer, Friedrich Gottfried Carl (1784–1845) 1810 Prediger in Aken bei Magdeburg, 1823 in Eggersdorf 4619. Von Friedrich Gottfried Carl Pfeffer. Aken, Dienstag, 18. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

*4633. An

LVII

Friedrich Gottfried Carl Pfeffer. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

Philippart, John (um 1784–1874) englischer Militärschriftsteller 4654. Von John Philippart. London, Sonnabend, 17. 10. 1818

. . . . . . . . . . . . . . 469

Pistorius, Charlotte (1777–1850) geb. Pritzbuer, Frau des Johann Philipp Pistorius, Dichterin *4379. An Charlotte und Johann Philipp Pistorius und Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Berlin, vor dem 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 4442. Von Charlotte Pistorius. Garz, Mittwoch, 29. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 *4524. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer und wohl auch von Charlotte Pistorius. Garz, vor dem 13. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Pistorius, Johann Philipp (1767–1823) seit 1797 Pastor in Garz auf Rügen *4379. An Charlotte und Johann Philipp Pistorius und Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Berlin, vor dem 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

Preußen, Herrscherhaus Marianne von Preußen (1785–1846) geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, Frau des Prinzen Wilhelm von Preußen (auch „Prinzessin Wilhelm“ genannt), Gegnerin Napoleons 4503. Von Prinzessin Marianne von Preußen. Berlin, wohl Mittwoch, 28. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . 259 4504. An Prinzessin Marianne von Preußen. Berlin, Donnerstag, 29. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Pritzbuer, Friedrich Samuel Theodor (1731–1819) seit 1787 Propst in Garz auf Rügen, vorher Pfarrer in Reinkenhagen, Vater der Charlotte Pistorius *4378. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Garz, vor dem 14. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

LVIII

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

*4379. An

Charlotte und Johann Philipp Pistorius und Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Berlin, vor dem 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 *4524. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer und wohl auch von Charlotte Pistorius. Garz, vor dem 13. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

Raumer, Karl Georg von (1783–1865) seit 1811 Professor für Mineralogie in Breslau, seit 1811 verheiratet mit Friederike Reichardt *4572. An Karl Georg von Raumer (auch von Georg Andreas Reimer). Berlin, vor dem 15. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Rautenberg, Johann Wilhelm (1791–1865) Theologe, 1816/17 Student Schleiermachers, 1820 Pastor an St. Georg in Hamburg 4345. An Johann Wilhelm Rautenberg. Berlin, Sonntag, 1. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Reimer, Georg Andreas (1776–1842) Verleger und enger Freund Schleiermachers in Berlin 4338. An Georg Andreas Reimer. Berlin, Dienstag, 6. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Ribbeck, Konrad Gottlieb (1757–1826) Prediger in Magdeburg, seit 1805 Propst an St. Nikolai in Berlin 4430. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Montag, 20. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4460. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Rienäcker, Johann August (1779–1859) seit 1808 Domprediger in Halle 4427. Von August Rienäcker. Halle, Freitag, 17. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4432. Von August Rienäcker. Halle, Mittwoch, 22. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

LIX

Sack, Karl Heinrich (1789–1875) Enkel von Johann Joachim Spalding, seit 1818 Professor der Theologie und Pfarrer in Bonn 4461. An Karl Heinrich Sack (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Sauerwald (Herr) Lazarettinspektor, Invalide 4348. Von Sauerwald. Berlin, Sonntag, 15. 6. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

Savigny, Friedrich Karl von (1779–1861) Jurist, seit 1808 Professor in Landshut und seit 1810 in Berlin, Kollege F. Schleiermachers 4597. Von Friedrich Karl von Savigny (auch an den Reorganisationsausschuss). Berlin, Montag, 27. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

Schickler, David (1755–1818) Inhaber des Bankhauses Gebrüder Schickler (bis 1795 Splitgerber & Daum) *4377. An

David Schickler. Berlin, Mittwoch, 13. 8. 1817

..................

96

*4443. An

David Schickler. Berlin, Oktober 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

*4452. An

David Schickler. Berlin, Dienstag, 11. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

*4453. Von David Schickler. Berlin, vor dem 14. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

Schlegel, Friedrich von Philologe, Philosoph, Publizist, seit 1809 im österreichischen Staatsdienst 4419. Von Friedrich von Schlegel. Frankfurt am Main, Sonnabend, 11. 10. 1817 . . . . . 158

LX

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Schleiermacher, Friederike Charlotte (Lotte) (1765–1831) Erzieherin und Lehrerin in Gnadenfrei und Habendorf, Friedrich Schleiermachers Schwester, 1813 Umzug nach Berlin, 1814–16 Erzieherin in Potsdam, dann wieder in Berlin 4387. Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 23. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 *4644. Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . 457 4646. An Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Regensburg, Donnerstag, 24. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . 457 Schleiermacher, Clara Elisabeth (1810–1881) Tochter des Friedrich und der Henriette Schleiermacher *4384. Von Henriette Schleiermacher, Henriette von Willich, Elisabeth und Gertrud Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 19. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Schleiermacher, Hanna Gertrud (1812–1839) Tochter des Friedrich und der Henriette Schleiermacher *4384. Von Henriette Schleiermacher, Henriette von Willich, Elisabeth und Gertrud Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 19. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Schleiermacher, Henriette (1788–1840) geb. von Mühlenfels, verw. von Willich, seit 1809 mit Friedrich Schleiermacher verheiratet 4382. An Henriette Schleiermacher. Dessau, Sonnabend, 16. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 98 *4384. Von Henriette Schleiermacher, Henriette von Willich, Elisabeth und Gertrud Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 19. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4385. An Henriette Schleiermacher. Gotha, Mittwoch, 20. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4386. An Henriette Schleiermacher. Eisenach, Sonnabend, 23. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . 102 *4388. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 23. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4389. An Henriette Schleiermacher. Suhl, Montag, 25. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4390. An 4391. An

*4393. Von 4394. An 4395. Von 4640. An 4641. An 4642. An

4643. An

*4645. Von 4647. An *4649. Von 4652. An

Henriette Schleiermacher. Gotha, Mittwoch, 27. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Ebersdorf und Rudolstadt, Sonnabend, 30. 8. bis Sonntag, 31. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Berlin, vor dem 3. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Halle, Donnerstag, 4. 9. bis Freitag, 5. 9. 1817 . . . . Henriette Schleiermacher. Berlin, Donnerstag, 4. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Dresden, Donnerstag, 3. 9. bis Freitag, 4. 9. 1818 . . Henriette Schleiermacher. Linz, Mittwoch, 9. 9. bis Donnerstag, 10. 9. 1818 . Henriette Schleiermacher. Frankenmarkt und Salzburg, Freitag, 11. 9. bis Sonnabend, 12. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Berchtesgaden und Abtenau, Dienstag, 15. 9. bis Sonntag, 20. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher und Ehrenfried von Willich. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Salzburg, Freitag, 25. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Berlin, vor dem 26. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schleiermacher. Nürnberg, Freitag, 2. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . .

LXI

108

110 114 115 116 444 445

448

451 457 459 463 465

Schmalz, Theodor Anton Heinrich (1760–1831) Professor der Rechte in Halle, später in Berlin, erster Rektor der neu gegründeten Berliner Universität 4400. An Theodor Schmalz (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 20. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Schmidt, Theodor Karl ab 1816 Gymnasiallehrer in Langensalza 4581. Von Theodor Schmidt. Langensalza, Montag, 22. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . 361

LXII

*4634. An

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Theodor Schmidt. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

Schneegans, Johann Wilhelm (1776–1853) 1796 lutherischer Pfarrer in Kreuznach, 1802 auch Superintendent, 1806 Präsident des Konsistoriums in Kreuznach 4511. Von Johann Wilhelm Schneegans und Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Montag, 16. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Schwarz, Adolf Philipp Theodor (1777–1850) Neffe der Marianne Regina von Willich, 1814 Pfarrer in Wiek auf Rügen 4322. Von Theodor Schwarz. Wiek, Sonntag, 12. 1. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 4465. Von Theodor Schwarz. Wiek, Montag, 24. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Steffens, Henrich (1773–1845) norwegischer Naturphilosoph, seit 1804 Professor in Halle, ab 1811 in Breslau, Freund F. Schleiermachers *4341. An Henrich Steffens. Berlin, vor dem 18. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4342. Von Henrich Steffens. Breslau, Sonntag, 18. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 *4365. An Henrich und Johanna Steffens. Berlin, um den 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4423. Von Henrich Steffens. Breslau, Mittwoch, 15. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 163 *4573. An Henrich Steffens (auch von Georg Andreas Reimer). Berlin, vor dem 15. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Steffens, Johanna (1785–1855) geb. Reichardt, seit 1803 Frau des Henrich Steffens, Tochter von Johann Friedrich und Johanna Reichardt *4365. An Henrich und Johanna Steffens. Berlin, um den 20. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4424. Von Johanna Steffens. Breslau, um den 15. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4484. Von Johanna Steffens. Breslau, Mittwoch, 30. 06. 1818 oder früher . . . . . . 240

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

LXIII

Tiemann, Johann Christian (1752–1821) 1774 Prediger in Dannigko, 1814 Superintendent in Gommern 4401. Von Johann Christian Tiemann. Gommern, Sonnabend, 20. 9. bis Montag, 22. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 *4462. An

Johann Christian Tiemann. Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 210

4470. Von Johann Christian Tiemann. Gommern, Sonnabend, 29. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . 217

Twesten, August Detlev Christian (1789–1876) Schleiermacherhörer in Berlin, seit 1814 Professor der Theologie in Kiel 4340. An August Twesten. Berlin, Sonntag, 11. 5. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4368. Von August Twesten. Kiel, Mittwoch, 30. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4531. An

74

August Twesten. Berlin, Donnerstag, 19. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

4537. Von August Twesten Kiel, Montag, 6. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4588. An

August Twesten. Berlin, Sonnabend, 11. 7. 1818

4591. Von August Twesten. Kiel, Sonntag, 19. 7. 1818 4613. An

Unbekannt 4484. An 4566. An *4630. An

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

August Twesten. Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818

4648. Von August Twesten. Kiel, Freitag, 25. 9. 1818

. . . . . . . . . . . . . . . . . 372

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 412

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460

Unbekannt. Berlin, Sonnabend, 13. 12. 1817 oder früher . . . . . . 240 Unbekannt Berlin, Montag, 8. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Unbekannt (in Ostpreußen). Berlin, vor dem 31. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

LXIV

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Vassalli-Eandi, Antonio Maria (1761–1825) Physiker, Universitätsprofessor und Direktor des Observatoriums und des naturhistorischen Museums in Turin, Sekretar der Turiner Akademie der Wissenschaften *4655. An Antonio Maria Vassalli-Eandi. Berlin, Sonnabend, 31. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . 470 Voß, Luise Sophie Caroline Gräfin von (1729–1814) geb. Gräfin von Berg, seit 1800 Frau des August Ernst Graf von Voß 4362. An Luise Gräfin von Voß. Berlin, Sonnabend, 19. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Voß, Sophus Abraham (1785–1847) Theologe und Philologe, 1810 Gymnasiallehrer in Rudolstadt 4392. An Abraham Voß. Rudolstadt, Montag, 1. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Wegscheider, Julius August Ludwig (1771–1849) ab 1810 Professor für Theologie und Philosophie in Halle 4564. Von Julius Wegscheider. Halle, Donnerstag, 4. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4576. An Julius Wegscheider. Berlin, vor dem 20. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4595. Von Julius Wegscheider Halle, Freitag, 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4621. An Julius Wegscheider. Berlin, Donnerstag, 20. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4639. Von Julius Wegscheider Halle, Donnerstag, 3. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

344 355 390 423 443

Wernicke (Herr) arbeite in der Verwaltung der Berliner Universität 4406. An Wernicke. Berlin, Freitag, 26. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 4409. Von Wernicke. Berlin, Montag, 29. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Wiese (Herr) 4589. Von Wiese. Berlin, Freitag, 11. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

LXV

Wiggers, Gustav Friedrich (1777–1860) seit 1810 Professor der Theologie und Direktor des pädagogischen Seminars in Rostock 4684. Von Gustav Wiggers. Rostock, Mittwoch, 30. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . 503 Willich, Ehrenfried von (1807–1880) Sohn der Henriette und des Ehrenfried von Willich, Stiefsohn Schleiermachers *4645. Von Henriette Schleiermacher und Ehrenfried von Willich. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . 457 Willich, Heinrich Christoph von (1750–1827) Pastor in Sagard auf Rügen, Bruder von Henriette Schleiermachers erstem Ehemann, Ehrenfried von Willich *4366. An Heinrich Christoph von Willich. Berlin, Donnerstag, 24. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4376. Von Heinrich Christoph von Willich. Sagard, Dienstag, 12. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4399. Von Heinrich Christoph und Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, vor dem 18. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Willich, Henriette Pauline Marianne (1805–1886) Tochter der Henriette und des Ehrenfried von Willich, Stieftochter Schleiermachers *4384. Von Henriette Schleiermacher, Henriette von Willich, Elisabeth und Gertrud Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 19. 8. 1817 Willich, Margarethe Dorothea (Doris) von geb. Bokelmann, verw. Simon, dritte Ehefrau des Heinrich Christoph von Willich 4399. Von Heinrich Christoph und Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, vor dem 18. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4546. Von Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, Freitag, 1. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

LXVI

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Willich, Maria Christiane Luise von (1767–1849) Schwester von Schleiermachers verstorbenem Freund Ehrenfried von lich, Schwägerin seiner Frau Henriette (verw. Willich) 4333. Von Luise von Willich. Berlin, wohl Frühjahr 1817 oder früher . . . . . . . . . 4397. Von Luise von Willich. Poseritz, Sonntag, 14. 9. bis Sonntag, 21. 9. 1817 . . 4404. An Luise von Willich. Berlin, Donnerstag, 25. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . *4464. An Luise von Willich. Berlin, Mitte November 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4475. Von Luise von Willich. Greifswald und Poseritz, Freitag, 5. 12. 1817 bis Mittwoch, 14. 1. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4507. Von Luise von Willich. Poseritz, Dienstag, 3. 2. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4540. An Luise von Willich. Berlin, Sonnabend, 11. 4. bis Sonnabend, 9. 5. 1818 4557. Von Luise von Willich. Putzar, Mittwoch, 27. 5. bis Sonnabend, 6. 6. 1818 4579. Von Luise von Willich (auch an Henriette Schleiermacher). Garz, Sonnabend, 20. 6. bis Sonntag, 21. 6. 1818 . . *4664. Von Luise von Willich. Vor dem 21. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Wil-

22 119 138 211

229 261 305 332 358 476

Woide, Johann Theodor seit 1806 Hofprediger an der Burgkirche in Königsberg *4545. An Johann Theodor Woide. Berlin, Winter oder Frühjahr 1818 . . . . . . . . . . . . . . 309 4650. Von Johann Theodor Woide. Königsberg, Sonnabend, 26. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . 463

Amtlicher Schriftwechsel a) Institutionen Akademie der Wissenschaften in Berlin (Reorganisationsausschuss) 4598. An den Reorganisationsausschuss. Berlin, Donnerstag, 30. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 393

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Danziger Friedensgesellschaft 4380. An die Danziger Friedensgesellschaft. Berlin, Freitag, 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

LXVII

97

Innenministerium 4381. An das Innenministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 15. 8. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4412. An das Innenministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Mittwoch, 1. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Konsistorium der Provinz Brandenburg 4653. An das Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Freitag, 16. 10. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Kultusministerium, (Ministerium der Geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten) 4456. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 16. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 4466. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4467. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4481. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 12. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 4521. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 5. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 4522. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 6. 3. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 4552. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

LXVIII

4562. An

4590. An

4592. An

4594. An

4618. An

4638. An

4659. An

4660. An 4676. An

4677. An

4678. An

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Montag, 1. 6. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 19. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 20. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 24. 7. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 18. 8. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, um den 1. 9. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 8. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 3. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Dienstag, 8. 12. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

343

378

386

387

417

442

472 473

493

494

495

Lutherische Jubelstiftung *4550. Von der Lutherischen Jubelstiftung. Mitte Mai 1818 oder früher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 4555. An die Lutherische Jubelstiftung. Berlin, vor dem 23. 5. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

LXIX

Sektion des Kultus und des öffentlichen Unterrichts 4367. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonnabend, 26. 7. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4405. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 26. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Singakademie zu Berlin (Vorstand) 4491. An den Vorstand der Singakademie zu Berlin (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 26. 12. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Synodale der Berliner Kreissynode 4418. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . 4435. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Freitag, 24. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4440. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, um den 27. 10. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4448. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Mittwoch, 5. 11. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

158 189 191 199

Theologische Fakultät an der Universität Berlin 4403. An die Theologische Fakultät. Berlin, Dienstag, 23. 9. 1817 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4541. An die Theologische Fakultät. Berlin, Montag, 20. 4. 1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 b) Briefwechsel nach Bereichen der amtlichen Tätigkeit Akademie der Wissenschaften 4367. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonnabend, 26. 7. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4412. An das Innenministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Mittwoch, 1. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4466. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . 214

LXX

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4467. An

das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . 4481. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 12. 12. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4484. An Unbekannt. Berlin, Sonnabend, 13. 12. 1817. oder früher 4491. An den Vorstand der Singakademie zu Berlin (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 26. 12. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4530. Von Philipp Karl Buttmann. Berlin, Mittwoch, 18. 3. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4565. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 8. 6. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4592. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 20. 7. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4597. Von Friedrich Karl von Savigny (auch an den Reorganisationsausschuss). Berlin, Montag, 27. 7. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4598. An den Reorganisationsausschuss. Berlin, Donnerstag, 30. 7. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . 4607. An Philipp Karl Buttmann. Berlin, Sonntag, 9. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4638. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, um den 1. 9. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4655. An Antonio Maria Vassalli-Eandi. Berlin, Sonnabend, 31. 10. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . 4670. Von Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Dienstag, 24. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . 4672. An Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Donnerstag, 26. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . 4675. An Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4676. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

215

239

246 286

346

386

392 393 400

442 470 490 490 493

493

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4677. An

4678. An

4679. An

4682. An

das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 3. 12. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Dienstag, 8. 12. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 10. 12. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . Karl Freiherr von Stein zum Altenstein (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 20. 12. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kirche 4348. Von Sauerwald. Berlin, Sonntag, 15. 6. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4413. An Samuel Marot (auch von Konrad Gottlieb Ribbeck und Gottfried August Ludwig Hanstein). Berlin, Sonnabend, 4. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . 4418. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . *4426. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Donnerstag, 16. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . 4430. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Montag, 20. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4435. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Freitag, 24. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4436. An Andreas Jakob Hecker. Berlin, um den 24. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4437. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . 4438. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . 4440. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, um den 27. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4448. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Mittwoch, 5. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4460. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . .

LXXI

494

495

496

499

46

147 158 173 180 189 189 189 190 191 199 208

LXXII

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4486. Von Samuel Christian Gottfried Küster. Berlin, Freitag, 19. 12. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4543. An Samuel Marot. Berlin, Freitag, 24. 4. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *4545. An Johann Theodor Woide. Berlin, Winter oder Frühjahr 1818 . . . . . . . . . . . . . . 4589. Von Wiese. Berlin, Freitag, 11. 7. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4606. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Sonnabend, 8. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4608. An Samuel Marot. Berlin, Montag, 10. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4610. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg (auch an die anderen Präsides der Kreissynoden). Berlin, Montag, 10. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4653. An das Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Freitag, 16. 10. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4656. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg (auch an die Berliner Kreissynode). Berlin, Donnerstag, 5. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . Universität 4373. An

4375. An

4381. An

4400. An

4403. An 4405. An

243 308 309 377 399 401

405 467

471

Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 9. 8. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Immanuel Bekker (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 12. 8. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 das Innenministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 15. 8. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Theodor Schmalz (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 20. 9. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 die Theologische Fakultät. Berlin, Dienstag, 23. 9. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 26. 9. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

4406. An 4409. Von 4429. Von 4439. An *4446. Von 4447. An 4456. An

4461. An

4487. An 4490. Von 4492. An 4506. An 4515. Von 4516. An 4519. An 4521. An

4522. An

4533. Von

LXXIII

Wernicke. Berlin, Freitag, 26. 9. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wernicke. Berlin, Montag, 29. 9. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 20. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . August Neander. Berlin, Sonntag, 26. 10. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . August Neander. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Joachim Bellermann. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 16. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Heinrich Sack (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 20. 12. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 24. 12. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 29. 12. 1817. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 3. 2. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 2. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Donnerstag, 26. 2. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 1. 3. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 5. 3. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 6. 3. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 3. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4538. An 4541. An 4544. Von 4547. Von 4552. An

4562. An

4563. Von 4571. An 4590. An

4594. An

4601. An 4612. An

4614. Von 4616. An 4617. An 4618. An

4623. Von

Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 7. 4. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . die Theologische Fakultät. Berlin, Montag, 20. 4. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 29. 4. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gustav Laue. Berlin, Montag, 4. 5. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Montag, 1. 6. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 2. 6. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 14. 6. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 19. 7. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 24. 7. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 1. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 15. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 18. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel

LXXV

4624. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4625. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, um den 23. 8. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4659. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 8. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4660. An das Kultusministerium. Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818. . . . . . . . . . . . . . . . .

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Briefwechsel Januar 1817 bis Dezember 1818

4321. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 4. 1. 1817 An Herrn / Domprediger Blanc / Halle / nebst einem Buch [Umschlag]

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Nun die Entschuldigung des neuen Ehemannes soll doch nicht noch immer gelten nachdem Sie Sich schon im April einen alten genannt haben? Damals kam mirs freilich lächerlich vor wie schnell Sie dieses Prädicat arripirten nur um Ihrer Versicherung daß Sie sehr glüklich wären mehr Glauben beizumessen. Nun aber muß ich die Richtigkeit des Prädicats selbst anerkennen. Meinen Brief vom Sommer (die Zeit weiß ich nicht mehr genau) haben Sie erhalten wie mich Wucherer versichert; warum also haben Sie auch seitdem so beharrlich geschwiegen? Sie haben doch nicht geglaubt, daß ich noch immer nicht zurük wäre von der gewöhnlichen Ferienreise? Hauskreuz haben Sie gehabt so höre ich! Nun, das gehört auch zur Sache und Sie sind um so mehr ein alter Ehemann. Ich schreibe so ruhig darüber weil ich vorausseze es ist vorbei und Ihre Frau wieder gesund. Machen Sie nun daß die erfreulichste Erfahrung die Ihnen noch fehlt zum alten Ehemann bald nachkomme! Jezt würde ich Ihnen wol auch nicht grade schreiben, wenn ich Ihnen nicht die Kleinigkeit über die neue Liturgie schicken wollte. Ich thue dies damit Sie Sich nicht wundern wenn Sie wunderliche Dinge von mir | hören. Denn man sagt allgemein der König habe selbst in Compagnie mit Eylert die neue Liturgie abgefaßt, die er erst in Potsdam eingeführt hat, dann hier ohne den geistlichen Behörden die mindeste officielle Kenntniß 4321. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 213 f. Mit einem Exemplar seiner Schrift „Ueber die neue Liturgie für die Hof- und Garnision-Gemeinde zu Potsdam und für die Garnisonkirche in Berlin“ (KGA I/9, S. 79–105) sowie Drucken der Akademieabhandlungen „Ueber Diogenes von Apollonia“ (1811 gehalten, 1815 gedruckt, KGA I/11, S. 11–29) und „Ueber Anaximandros“ (1811 gehalten, 1815 gedruckt, KGA I/11, S. 33–63) und „Ueber die verschiedenen Methoden des Übersetzens“ (1813 gehalten, 1816 gedruckt, KGA I/11, S. 65–93). 18 Kleinigkeit] korr. aus L

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Briefe 4321 – 4322

zu geben durch Offelsmeier in die Garnisonkirche hat einführen lassen und hernach durch Cabinetsordre vom 14ten November in allen Militärkirchen eingeführt hat. Es kann also leicht sein, daß er meinen freimüthigen Tadel sehr krumm nimmt, und daß es einen harten Strauß giebt. Allein ich konnte nicht anders; alle Welt findet diese Liturgie schlecht, aber kein Mensch hat das Herz ein Wort zu sagen[.] In solchen Fällen glaube ich mich ganz besonders verpflichtet mit dem guten Beispiel vorzuleuchten. – Nächstdem wird jezt von mir ein kritischer Versuch über den Lukas gedrukt, den ich aber nur so neben dem Collegio ausarbeite und der also auch erst sachte gegen Ostern fertig wird. An der Ethik arbeite ich langsam und werde sie wol erst im Sommer vollenden. Sonst ist es mir im vergangenen Jahre eben nicht sonderlich gegangen. Der schlechte Sommer bannte meinen Magenkrampf fest; ich wurde besonders kurz vor der Reise wieder sehr übel, und habe unterwegens erstaunlich viel gelitten so daß ich sehr elend zu meiner Frau nach Rügen kam. Dort redete man mir eine Medicin ein, die wenigstens meine ganz gesunkenen Kräfte sehr schnell wieder herstellte; und wenn ich gleich hier auch noch nicht wenig gelitten auch außer dem Magenkrampf einmal durch Erkältung an einem entzündlichen Zustande: so bin ich doch im Ganzen sehr viel | besser und so frisch daß ich tüchtig arbeiten kann wie ich in der lezten Zeit auch wirklich gethan. Nur muß ich mich vor schlechter Witterung und vor Abendluft entsezlich hüten. Das Haus befindet sich wohl[,] nur sehr voll. Wir haben zwar unser ältestes Mädchen auf Rügen gelassen, dagegen aber zwei Verwandte von dort mitgebracht und meine älteste Schwester ist nun auch unsere beständige Hausgenossin. Habe ich auf Ihre Anfrage, ob Sie Ihre Gehaltsangelegenheit Nikolovius anvertrauen könnten geantwortet? ich weiß es wahrhaftig nicht. Ich wünsche aber daß Sie es gethan haben mögen denn er war ohnstreitig der rechte Mann dazu. Und was kann ich Ihnen zum neuen Jahr außerdem was ich schon gethan besseres wünschen als eine gute Zulage. Der Kleinigkeit über die Liturgie füge ich meine akademischen Abhandlungen bei, um Ihnen einigermaßen den Mund zu stopfen wegen der Festpredigten. Es liegen schon 6 oder 8 fertig da, aber es fehlen noch eben soviele, und ich kann dabei wenig thun, wenn es nicht Leute giebt die nachschreiben. Ich denke aber doch im Laufe dieses Kirchenjahres soll das fehlende hinzukommen. Ich habe ja auch die 3te Auflage des 1ten Bandes Predigten und die 2te des 1ten Bandes Plato seitdem besorgt. Das ist auch für etwas zu rechnen. 37 man] korr. aus mir

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Steffens Stern hat sich etwas gewendet; seine Finanzen kommen jezt in Ordnung; wie es aber mit seinen übrigen Wünschen steht weiß ich nicht | nur schreibt mir Gaß daß er seit einiger Zeit mehr Beifall und Anerkennung gewinnt, und so wird er sich ja wol auch eher gedulden. Auf eine Reise nach Berlin müssen Sie aber doch denken. Es wäre gar zu schön wenn Sie so in unsern kleinen Ferien 14 Tage vor Ostern angestiegen kämen. Sie sind ja sonst immer mobil gewesen, und das müssen Sie Sich nicht abgewöhnen lassen weder durch die Frau noch durch das Demobilmachungsedikt. Es giebt gar zu viel zu besprechen und das Schreiben ist gar zu langweilig. Die meinigen Grüßen schön, und die herzlichsten Grüße auch an Ihre Frau. Schleiermacher 4t Jan. 17

4322. Von Theodor Schwarz. Wiek, Sonntag, 12. 1. 1817 Wiek den 12ten Januar. 1817.

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Lieber Schleiermacher! Schon lange nährte ich den Gedanken, unser Zusammenleben im Sommer durch schriftliche Mittheilung meiner Seits, wenn auch nur selten, möglichst zu unterhalten; damit jene Gemeinschaft im Geiste, die wir doch wohl in der Hauptsache gegenseitig fühlten, und die, wie ich meine, uns beiden wohl that, obschon wir in Nebendingen nicht immer eins waren, nicht wieder auf den blinden Glauben zurükgesezt werde, der freilich unter Rechtschaffnen feste stehet, sondern auch durch freundlichen Zuspruch belebt und fortgebildet –. | Doch ich wartete, ob dieser Gedanke im Stillen reife, um doch etwas mehr als meinen guten Willen zu zeigen –! und so unterblieb es bis her, Ihnen schwarz auf weiß zu geben –! Nun aber kömmt unerwartet ein äußerer Anlaß, der mich nicht säumen läßt; es muß etwas g e s c h e h n , um das wiederwärtige zu verhindern und so sage ich Ihnen dann im Gedränge der Umstände ganz andre Dinge, als die mir früher im Sinne lagen –; hören Sie! – 4322.

Überlieferung: H: BBAW, SN 389, Bl. 5–8

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Brief 4322

Durch Baier erfuhr ich mit Ihrem Gruße den Stand der Sachen wegen Besetzung des Diaconats; er las mir Ihren Brief, wie ich am Neujahrstage bei ihm war, den er damals erhielt – | wir kehrten die Sache hin und wieder und wurden darüber eins, daß wegen des Philials in Witte sich wohl nicht viel dagegen sagen laße – anders, dünkte uns, sei es in Wiek, wo weder Philial, noch altes Herkommen statt finde; doch gedachte ich Ihres Worts, und es traf sonderbar zusammen, daß meine HErren Eingepfarrte, d.h. der Adel, welcher das Wort führet, aber nun auch, wegen der Scheunbaute erbittert, um Besetzung des W i e k e r Diaconats beym Consistorio eine Klage einreichten, aus dem e i n i g e n Grunde, damit die Äkker separiret würden, welche nun vom colonus gemeinschaftlich bewirtschaftet und von mir genoßen werden; sich stützend auf einen kleinen paragraphen in der Matrikul wo es heißet: „Pastor vocieret den Diaconum mit Bestättigung des Patrons und der Eingepfarrten, wenn es beliebet wird und n ö t h i g ist. | Eingepfarrte reservieren sich die Freiheit den Pastor anzuzeigen, w e n n s i e e i n e n D i a c o n u m f ü r n ö t h i g f i n d e n “. ob es aber nöthig sei? denke ich (obwohl ihnen die Anzeige frei stehet) entscheiden das consistorium, oder das Oberministerium in Berlin –? nicht die wenigen Edelleute, welche sich fast gar nicht mehr zur Kirche halten –. Die Kläger dringen auf Besetzung der Stelle zum nächsten Herbst und fügen hinzu, daß sie dazu veranlaßt würden durch des Pastors Forderung einer g r o ß e n Scheune, indem sie bisher (10 Jahre?) aus Gefälligkeit geschwiegen (?) nun aber ihr Recht geltend machen wollten, da es dann auch keiner Vergrößerung des Scheunraumes bedürfe u.s.w also nur einer S c h e u n e einen D i a c o n u s !! denn wider meine Amtsführung sagen sie nichts, ist das doch eine gar naive Ansicht des Christenthums? ....... Nun, lieber Freund, thun Sie mir den Gefallen diesen saubern Plaan, falls | es nach Berlin geht, möchlichst vorzubauen, und Staatsrath Nicolovius mit folgenden Gründen, deren Wahrheit ich verbürge, vorläufig bekannt zu machen, damit durch falsche Vorstellung meiner Gegner die besondern Umstände nicht übersehn werden – 1) Wie die neue Wieker Kirchenmatrikul gemacht ward Anno 1745 unter meinem Großvater dem Probst Stegemann, war kein Diaconus hier, sondern er verwaltete sein Amt a l l e i n bis in sein Alter, da er den Magister Heller zum Diaconum erwählte.

18 las] laß Ihren] ihren 42 wider] wieder

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2) Heller ging ab nach Barth, da mein Vater als Substitut im Amte eintrat und dieser hat während seiner ganzen 4 0 J ä h r i g e n Amtsführung keinen Diaconus gehalten, sondern deßelben allein (und ohne monieren der Eingepfarrten) verwaltet, bis ich 1806 ihm als Pastor substitutus beigefügt wurde. | 3) Es ist hier kein Philial und die Geschäfte des Diaconus, als den N a c h m i t t a g s g o t t e s d i e n s t und die Katechisation habe ich u n a u s g e s e z t und gewißenhaft bisher verwaltet, so daß keine Nachläßigkeit mir darin zu überweisen ist. 4) Der g e s a m t e P f a r r und Wittwen-Akker ist auf 14 Jahre von mir verpachtet und von der Königlichen Regierung, auch wenn ich stürbe, auf diese Zeit b e s t ä t t i g e t worden; er kann somit nicht vor der Zeit wieder getrennt werden, wie die Eingepfarrten fordern. 5) Die Pfarrhebungen, welche ohnehin um 1/3 geringer als die Altenkircher waren, sind jezt noch sehr durch die Wittwe geschmälert, welche an 400 Rth von der Kirche und des Pastors Einnahme erhält, so daß auch bei einem Diaconus dem Pastor etwa nur 600 Rth übrig bleiben; welches | bei einer zahlreichen Familie und mit Schulden (wie ich) angefangen, nicht zureichen dürfte –! wenigstens nicht, da doch wohl einige meiner Söhne studieren sollten, ohne die größte Einschränkung – überdies verstehe ich das Einschränken schlecht; doch ist dies kein wesentlicher Grund, was das Amt betrifft, obwohl für mich wichtig genug, um es sorgsam zu verwalten, wie es doch sein sollte ...... 6) Die HErren von Adel, 2 bis 3, welche die Klage gemacht und einen Diaconus fordern, sind n i c h t m e i n e Gemeinde, besonders, da sie sich fast gar nicht mehr zur Kirche halten und also nicht das Kirchliche Bedürfniß, welches doch allein entscheiden dürfte, beurtheilen können –!! Würde es auf die Spitze gestellt, so müßten die H a u s v ä t e r stimmen und dann möchte die pluralität (wo nicht durch Ränke und Drohung gewonnen) ein ganz andres Resultat geben –! denn meine Kirche ist bisher noch gut besucht und die Leute hören mich gerne – | Dies, lieber Schleiermacher, sind meine besondren Gründe w i d e r die Besetzung des Diaconats, womit ich Nicolovius und andre Glieder der Behörde, so wie es Ihnen rathsam dünkt, bekannt zu machen bitte, damit sie, falls es vorkäme, schon davon unterrichtet sind –! Das Consistorium in Greifswald, hoffe ich, ist mir nicht entgegen, vieleicht wird die Sache hier schon verglichen und die Klage abgewiesen, doch werden die Eingepfarrten alles anstrengen, besonders von Platen, mein so genannter Ju84 w i d e r ] w i e d e r

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Briefe 4322 – 4325

gendfreund, um ihren Willen zu bekommen –, ernstliche Gegenwehr thut also wohl Noth hier. Einen collegen im Amte zu nehmen ist wohl nicht weniger wichtig und verhängnißvoll, als zu heirathen –! Doch daraus haben die HErren Edelleute keinen Begriff was es heiße: g e m e i n s c h a f t l i c h arbeiten für das Heil der Brüder –! Heute nichts weiter; bald erwarte ich Ihre Antwort. Meine Frau und Kinder sind Gottlob wohl; unsre alte Schröder ist gestorben und so steht Philippine wieder sehr allein –! Wir grüßen Sie und Ihre Henriette von ganzem Herzen und sehen bald von dieser befreundeten Zeilen entgegen! Auch die Kinder grüßen den Ihrigen. Gott gebe Ihnen Kraft und Freude zum neuen Jahr! Ihr Th. Schwarz. Luise Willich und der Herz unsre besten Grüße – ich werde, so bald ich etwas freier bin, ihren freundlichen Brief beantworten.

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4323. Von Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Dienstag, 14. 1. 1817 Kreuznach den 14t. Jänner 1817

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Hochwürdiger, Hochgelehrter Herr Doctor, Verehrungswürdiger Mann! Dero gefällige Antwort vom 31ten vorigen Monats habe ich richtig erhalten, und mit ganz besonderm Vergnügen gelesen. – Ich bin so frey, Ihnen anliegend unsre Ansichten mit der freundlichen Bitte mitzutheilen, uns Ihre Meinung darüber gefälligst zu sagen. Mit Gott wollen wir dann den Schritt zum Throne wagen – alles was man in dieser in mancher Beziehung so armen Zeit, für einen höheren Zweck unternimmt ist heilig und gewagt, was in die Tiefe so lebendig und frisch sich bewegt, erstarrt wenn es zur Höhe steigt, in den Händen | kalter gemüthloser Menschen. – Indessen so wie es itzt ist, kann und darf 100 den] Kj. die 104 f Luise … beantworten.] am linken Rand von Bl. 6v 4323. Überlieferung: H: BBAW, SN 278, Bl. 2; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 159 (Zitat). Mit einem Entwurf für die Kirchenverfassung im Großherzogtum Niederrhein (dazu Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 159 f.).

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12. 1. – 17. 1. 1817

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es nicht bleiben. – Ob wir No 1 oder 2 oder beider in einander verschlungen vom Stappel laufen lassen – hängt von Ihrer Entscheidung ab. – Gott mit uns! Mit hochachtender Liebe ganz der Ihrige. Eberts.

*4324. Von Friedrich Keyser. Erfurt, vor dem 17. 1. 1817 Vorstellung eines Entwurfs für einen Reformationsalmanach samt Anfrage, ob Schleiermacher etwas beisteuern wolle und, wenn ja, für welches Honorar.

4325. An Friedrich Keyser. Berlin, Freitag, 17. 1. 1817 Herrn F. Keyser / Buchhändler / Erfurt [Rückseite] Berlin d 17t. Januar 1817

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Meine schon an sich noch mehr aber durch Kränklichkeit sehr beschränkte Zeit erlaubt mir nicht zu Ihrem lobenswerthen Entwurf etwas bedeutendes, ja überhaupt nicht einmal etwas bestimmtes zu versprechen. Erlaubt es die Zeit: so werde ich gern eine Kleinigkeit [beisteuern], welche unter die Nummern 6 und 8 Ihres Plans gehören würde. Unter diesen Umständen wäre es wunderlich wenn ich über das Honorar irgend etwas sagen wollte, dessen Bestimmung ich ohnehin dem Verleger als dem Kundigeren zu überlassen pflege. Von Herzen wünsche ich Ihrem Unternehmen die trefflichsten Theilnehmer und den glüklichsten Fortgang Schleiermacher *4324.

Erschlossen aus Brief 4325 vom 17. 1. 1817.

4325. Überlieferung: H: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Sammlung Adam; D1: Stargardt Autographen 461 (1942), Nr. 727 (Zitat); D2: KGA I/10, S. XXXVII

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Briefe 4326 – 4327

4326. Von Bernhard Dräseke. Bremen, Freitag, 17. 1. 1817

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Ihre herrlichen Worte, Hochverehrter, treiben mich oft zu Ihnen; und dann sitze ich, nie ohne die reichste Belehrung, zu Ihren Füßen. Heute treibt mich, die Feder zu ergreifen, eine B i t t e . Schenken Sie ihr einen Blik. Ein junger Mensch von 20 Jahren, Namens Lahusen, der seit längerer Zeit unser Gymnasium besucht und mit großem Erfolge benutzt hat, wird vielleicht zu Ostern, – dieser Entschluß ist schnell nöthig geworden, – auf Ihre Akadmie ziehen, um zu sehen, was Viele sehen wollten und habens nicht gesehen. Da wünschte ich nun sehr, zu wissen: 1. Wie viel würde er in Berlin, als Student, jährlich zur N o t h d u r f t brauchen? 2. Würde er dort, gleich, oder einst, Freitische erhalten können? 3. Sind die Lehrer, – er wird sich der Theologie widmen, – wohl geneigt, einem armen, aber fleissigen | und rechtschaffenen Jünglinge, der zugleich fromm genug ist, um ewig dankbar zu seyn, die Lehrstunden, wenn nicht alle, doch zum Theil, frei zu geben? 4. Wüßten Sie, mein vortrefflicher Gönner, für den Jüngling eine Wohnung, die zugleich als eine bildende Pfleg’anstalt wohlthätig wirken könnte auf seine Tugend und Gottesfurcht? 5. Wollten Sie Ihren hochbedeutenden Schutz und Ihre Fürsprache meinem Freunde wohl zuwenden, sofern er eifrig um diese Kleinode würbe? Mein Pflegsohn, so mögte ich ihn geistig nennen, hat zwar noch Eltern. Aber sie können nichts, oder nur höchst Geringes für ihn thun, ich aber will und werde aufbieten, was mir zu Gebote steht und in den Weg kommt; und es wird mir nicht mißlingen. Mit Gott begonnen, das muß fortgehn, ob wunderbar, doch herrlich ganz gewiß. | Verzeihen Sie mir, Verehrtester, die Mühe, die ich Ihnen hiedurch verursache. Ein Herz, wie das Ihrige, macht auch Mühen leicht, wenns einem guten Zwekke gilt. Und antworten Sie mir, recht dringend bitte ich, b a l d . Es geht mir gut, ich habe eine große, herrliche Gemeine. Möge ich ihrer viele gewinnen! Möge ich Keinen verlieren! Doch, meine Gesundheit ist 4326. Überlieferung: H: BBAW, SN 275, Bl. 2 f. 4t. Febr. beantw d 5t.“

Vermerk Schleiermachers: „empf d

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schwach und erschwert mir oft, was des Lebens höchster Genuß ewig seyn sollte. Leben Sie wohl, edler Mann. Bleiben Sie mir gewogen. Mit der innigsten Verehrung und Liebe bin ich ohn’ Aufhören Ew. Hochwürden treu gehorsamster Dräseke. Bremen 27 Jan 1817.

4327. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 28. 1. 1817 Halle den 28ten Januar 17.

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Einen rechten Gotteslohn haben Sie Sich mit Ihrer kleinen aber treflichen Schrift über die neue Liturgie erworben, liebster Schleiermacher wenn auch keinen Fürstenlohn, wie denn die Listen von der großen am 18ten gezogenen Lotterie, worin Sie abermals eine Niete erhalten zur Genüge beweiset. Alles was wir hier im vertrauten Gespräch über die wunderlichen, ungeschickten 2 geistlosen liturgischen Versuche gesprochen und vieles woran wir nicht gedacht haben Sie in der herlichsten Kürze und Deutlichkeit auseinander gesetzt. Auch wird es gewiß nicht an heilsamen Früchten fehlen, denn sollte auch der Eigensinn das nun einmal gebraute nicht ändern wollen, so wird er doch abgeschreckt werden von dem sonst nur zu wahrscheinlichen Versuche dies Machwerk weiter zu verbreiten und auf jeden Fall ist dadurch ein kräftiger Widerstand vorbereitet und begründet. Noch einmal meinen herzlichen Dank. Man hat sich hier um die Schrift gerissen, mein Exemplar war das einzige in der Stadt und kaum hatte ich meinen Brüdern meine Freude darüber mitgetheilt als es mir von allen Seiten abgeborgt wurde und überall war man einstimmig in dem Lobe des Verfassers was sonst bey einigen neuern Sachen, besonders bey den Schmalzischen nicht ganz der Fall war, wo ich bey sonst ganz wackren Leuten doch meine Noth hatte sie mit dem Ton und Geiste dieser kleinen Schrift zu versöhnen und sie vergeblich oft auf den Schluß derselben verwieß, wo Sie selbst sich die Mühe genommen den gutmüthigen Philistern 4327.

Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 88 f.

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Brief 4327

die Augen zu öfnen. In der Voraussetzung daß Eilert der Mitverfasser der Liturgie sey irren Sie wohl, liebster Freund, wenigstens versicherte mich | Niemeyer Eilert habe sich gegen ihn mündlich bitter über diese Liturgie beschwert: mein Verdacht fällt vielmehr auf Offelsmeyer den ich gerade so geistlos und so subordinationsmäßig kenne um solch ein Ding auszuhecken. Ist denn der Schluß Ihrer Schrift worin Sie an eine Verfassung für die Geistlichkeit erinnern etwa nichts anders, wie ich sehr befürchte, als der WarnungsRuf eines der an der ehrlich gemeinten Ausführung der Sache verzweifelt? Meine arme Frau ist in der That über 4 Monat, wenn auch durchaus nicht gefährlich, doch recht krank gewesen, einiger Brustkrampf und Beklemmungen peinigten sie Tag und Nacht und leider ist dasjenige ausgeblieben für dessen Vorboten man die Krankheit hielt. Jetzt ist sie wohl, und was den andern Punkt betrift so beruhige ich mich darüber mit dem Gefühl, daß man seine Schuldigkeit gethan und mit dem Beyspiele Rienäckers der 2 Jahr lang vergebens harrte, darüber so maulhängkolisch ward, daß er Steffens und mir viel zu schaffen machte und jetzt des Seegens beinahe zu viel hat, denn ich müßte mich sehr irren oder er zählt jetzt 3 1/2. Sie werden nun freilich auf Ihre 4 pochen und auch das noch für Kleinigkeit halten, aber erstens ist mein lieber College noch immer etwas sehr ängstlicher Natur, wobey er jedoch entsetzlich dick wird, und dann sind unsre Gehalte wirklich etwas stark auf das Coelibat eingerichtet. Mit unsrer Hofnung auf Zulage sieht es sehr schlecht aus. Ich schrieb, da ich von Ihnen keine Antwort erhielt, an Nicolovius, erhielt ein sehr aufmunterndes Schreiben, worauf die Sache offiziel ans Ministerium ging und die Antwort erfolgte. Die reklamirten Fonds seyen nicht mehr vorhanden (daß man sie für uns indeß auf Zinsen gelegt hätte haben wir auch keinesweges erwartet) | die Cassen woraus sie flossen längst aufgehoben, (als ob Cassen stürben wie Menschen und ihre Gläubiger unbefriedigt ließen) unsre Gehalte aber gegen andre so bedeutend, daß Seine Excellenz unmöglich bey Seiner Majestät um neue Fonds für uns anhalten können. Indeß sollten wir nur warten, für jetzt sey nichts zu machen. Ich schrieb wieder an Nicolovius um ihm das schülerhafte dieser Gründe zu zeigen und zu fragen was zu thun sey, seine Antwort, obwohl wie alles von ihm höchst freundlich und wacker, giebt wenig Hofnung: eine abermalige Vorstellung von der Regierung in Merseburg unterstützt meint er sey der einzige Weg. Wir hatten nicht üble Lust an den König zu schreiben, indeß die Furcht damit die Sache für immer zu verderben und die Hofnung bey etwaniger Trennung des Ministeriums des Innern von dem für den Cultus hält uns noch zurük.

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Meinen Sie nur nicht durch die Akademischen Vorlesungen mir die Festpredigten auch nur einigermaßen zu ersetzen: Sie fühlen selbst wie wichtig es ist daß in dieser Art einmal etwas recht tüchtiges erscheine, weil es gewiß für viele ein Licht ist woran sich manches andre entzündet. Uebrigens aber hat mir freilich die kleine Piece über die UebersetzungsMethoden ausnehmend wohl gefallen und ich weiß nicht was Sie anders davon wünschen, auch Rienäcker hat sich sehr gefreut. Wenn Ihnen mit ganz kurzen Entwürfen von Festpredigten gedient wäre, so könnte ich mit 2en einer CharFreitags und einer Ostern Predigt die Sie vor Jahren hier gehalten dienen, aber freilich bliebe Ihnen dann noch die ganze Arbeit. Kraftlos wäre es aber doch wenn Sie das Nachschreiben zur conditio sine qua non machen und doch nicht zugleich für künftige Nachschreiber sorgen wollten. Sorgen Sie nur für Ihre Gesundheit und gehen Sie mir vor allen Dingen nicht mehr wie in dem Frühjahr als ich bey Ihnen wohnte im leichtesten MorgenAnzuge in der eisigen Gartenluft umher. | Der arme Steffens scheint wohl nun in Ordnung zu kommen, mir hat er die hiesigen Gläubiger aufgetragen und ich hoffe es wird gehen wenn er nur Wort hält. Von der Regierung hat er einen Vorschuß von 1000 rth in 5 Jahren durch GehaltsAbzüge zu berichtigen erhalten. Dies macht ihm Luft für ein Jahr vielleicht, aber Sie sehen selbst daß er indeß die nämliche Summe reichlich wieder von andern wird erborgen müssen. Sein neuestes Werk habe ich noch nicht gelesen, erhalte es aber heut oder morgen. Dies Jahr, wenigstens vor Ostern, ist es mir unmöglich nach Berlin zu kommen, ich habe die Confirmation vor mir. Im Sommer aber denke ich mit meiner Frau den Harz zu besuchen und das wäre doch noch ein Fest wenn ich Sie dort treffen könnte, überlegen Sie es und schreiben mir dann wann es seyn müßte, denn die Zeit hängt ganz von mir ab. Alle Welt wundert sich hier weshalb Niemeyer und Knapp einen Orden und Wucherer keinen bekommen. Ich grüße Sie und die Ihrigen von Herzen, auch meine kleine Frau empfiehlt sich Ihnen bestens Ganz der Ihrige Blanc

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Brief 4328

4328. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Sonntag, 2. 2. 1817 Breslau, den 2 Febr. 1817.

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Dein langes Stillschweigen, das mich schon wirklich beunruhigte, hast Du auf eine erfreuliche Weise gebrochen, und ich eile, Dir mein theurer Freund, für Deinen lieben Brief und für die schönen Beilagen zu demselben herzlich zu danken. Auf den Empfang der Vorlesung war ich wohl vorbereitet, da ich sie kurz vorher in literarischen Blättern angeführt fand und gewiß sein konnte, Du würdest nicht vergeßen, sie mir zu schikken. Du schienst nicht eben viel von diesem Kinde Deines Geistes zu halten; ich finde aber die Abhandlung sehr schön, da sie den Standpunkt, worauf die Kunst des Uebersetzens steht, so richtig auffaßt und die Sache selbst so bündig und klar darstellt. Eine große Freude habe ich unserm Passow damit gemacht, dem ich habe gestatten müßen, daß einige seiner jungen Philologen sie excerpiren, um den Inhalt und die Ansicht möglichst zu verbreiten. Ganz eigentlich überrascht aber bin ich durch Deine Critik der Liturgie und ich fiel so eigentlich darüber her, daß ich sie früher las als Deinen Brief selbst, wenigstens als den ganzen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie ich mich daran ergözt habe und auch andre denen was Du schreibst sonst zu dunkel, oder zu hell, zu lang, oder zu kurz ist, müßen doch gestehen, es könne über diesen Gegenstand nichts beßres gesagt werden. Das ist auch gewiß und darum glaube ich, man wird die Lektion hinnehmen, ohne sich etwas gegen Dich merken zu laßen. | Denn ich wüßte doch nicht, weder was man gegen diese sonnenklare Warheit vorbringen, noch wie man Dir das Recht, sie öffentlich darzustellen, streitig machen wollte. Sollte der König die Schrift lesen, wie ich hoffe, so ist er zu ehrlich, um sich nicht zu gestehen, daß Du ganz Recht hast und dies kann Dich in seiner Gunst heben. Das Ministerium aber muß sich doch schämen, feig eine Pflicht vernachläßiget zu haben, die es allein hätte ausüben sollen; aber so etwas kommt diesen Leuten nicht an und daß sie sich eigentlich bei Dir bedanken müßten, fällt ihnen wohl gar nicht ein. Wir erhielten diese Liturgie auch einige Wochen vor Weihnachten mit dem Auftrage, die Einrichtung den MilitärGeistlichen bekannt zu machen, da sie überall bei dem MilitärGottesdienst angewendet werden sollte und mit der Anzeige, das Erforderliche wegen Vertheilung derselben und wegen 4328. Überlieferung: H: BBAW, SN 287/1, Bl. 111–114; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 131–136 (gekürzt)

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Einübung der Sängerchöre werde durch das Kriegsministerium besorgt werden. Dies ist nun bis jezt nicht geschehen und so würde ich glauben, Deine Schrift habe schon einen Stillstand in dieser Maasregel bewirkt, wenn ich die Zögerung [nicht] nach andern Erfahrungen auf die Verkehrtheit des Geschäftsganges schieben müßte. Daß der König wohl in solchen Dingen pfuscht, habe ich schon im Jahre 13 gemerkt. Als Dekan der theologischen Fakultät mußte Augusti das Kriegsgebet machen, das freilich nicht am besten gerieht. Die | hohe Geistlichkeit in Berlin protestirte dagegen als gegen einen Eingriff in ihr Recht und schikte ein andres Formular ein. Der König korrigirte eigenhändig in beiden, schikte sie mir zu und foderte ein drittes, womit ich nun leichte Mühe hatte seinen Beifall zu finden. Weshalb mich aber Deine Critik so gefreut hat, ist besonders dies, daß ich nun doch hoffe, man wird vorsichtiger sein bei dem Entwurf einer allgemeinen Liturgie für alle protestantischen Kirchen, die gewiß noch kommt, und wo ich schon auf das Mittelmäßigste gefaßt war, wonach man auf eine so unrühmliche Weise strebt. Dies ist wenigstens offenbar der Fall bei den bevorstehenden Einrichtungen des Kirchenwesens, womit das Ministerium nun anfängt hervorzutreten. Alles ist so halb, so dürftig und beschränkt, daß man wünschen mögte, es geschähe lieber gar nichts für jezt. Du wirst die Cirkularverfügung an die Consistorien vom 27 Januar auch wohl gesehen haben und es thut mir nur leid, daß wir nicht weitläuftig darüber sprechen können. Was die übrigen Consistorien damit anfangen, weiß ich nicht, wir aber haben zur Zeit noch nichts davon publicirt, wozu es in der That gar nicht angethan ist, dagegen aber eine sehr umständliche und ich kann auch sagen sehr dreiste Vorstellung darüber an das Ministerium gelangen laßen, die wesentlichsten Punkte des Reskripts ausgehoben und freimütig über das was und wie es geschehen müßte unsre Meinung vorgelegt. Was man mit den Consistorien | eigentlich anfangen will, scheint man gar nicht zu wissen, oder eigentlich man weiß nur so viel, daß sie gar nichts als leere Durchgangsbehörden für überflüßige Bestellungen sein sollen. Wir haben uns daher auch besonders über diesen Gegenstand sehr umständlich ausgelaßen, alles was früher, oder jezt in einzelnen Reskripten darüber unverholen gesagt ist, zusammen gestellt und dem Herrn Minister grade herausgesagt, die Ehre des Staats erfodre solche Collegien, als worauf es hier abgesehen sei gar nicht zu haben, weshalb wir ihn bitten müßten, die Wiederaufhebung der Consistorien zu bewirken, oder zu gestatten, daß wir uns in dieser Sache unmittelbar an den König selbst wendeten, da das was bisher in dieser Sache geschehen sei, mit dem Königlichen Edikt im gradesten Wiederspruch stehe. Der Bericht, der mir manche Stunde, die ich wohl

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hätte beßer brauchen mögen, gekostet hat, geht heute ab und ich mögte wohl wissen, wie man ihn aufnimmt. Du hast vielleicht Gelegenheit bei Nikolovius ein mahl auf den Busch zu schlagen und würdest mich sehr erfreuen, wenn Du mir nur ein Wort darüber mittheilen könntest. Ich glaube wohl, dass uns dies alles nicht viel helfen wird, sehe aber auch ein, daß wir es ohne Verletzung unsrer Pflicht nicht wohl vermeiden konnten; denn irgend jemand muß doch den Mund aufthun über solche Erbärmlichkeit und den Versuch machen, noch größere zu verhüten. Daß wir es ernstlich meinen, darauf kanst Du | Dich verlaßen, denn beschloßen ist, daß wenn die Antwort ausbleibt, oder nicht befriedigt, wir uns an den König wenden und ihn bitten wollen, durch die theologischen Fakultäten die Consistorialrechte, die streitig sind, ermitteln zu laßen und ihre Ausübung den Consistorien, wie er es im Edikt versprochen habe, zu verleihen. Sollte nun der Minister auch eine halbe Antwort geben, wie ich vermuthe, so bleibt doch, wenn auch für jezt nichts geschehen kann, uns die Befugniß zu einem solchen Schritt unbenommen, wenn etwa die Geschäftsinstruktion etwas andres enthält. Dies alles aber laß vor der Hand unter uns besprochen sein. Ich habe auch absichtlich nichts an Nikolovius oder Süvern geschrieben; ich weiß beide können nichts darin thun und vermeide lieber ein außerofficielles Einwirken. Die Synodalordnung ist noch nicht erschienen, wohl aber als eine v o r l ä u f i g e angekündigt, der also noch eine nachläufige folgen wird. Ich bin weder auf jene, noch auf diese begierig und wenn ich mir unsre Superintendenten so darauf ansehe, so finde ich sehr wenige, mit denen etwas anzufangen ist und fürchte die ganze Form geht schon bei ihrer Geburt an vielen Orten in das Tote über, wenn aus den Consistorien nichts ordentliches gemacht wird. General-Superintendenten sollen auch allenthalben sein und ich bin begierig, wen man hier dazu machen wird, da ich diese Ehre wohl nicht erwarten darf. Euch habe ich schon den alten Hekker zugedacht, mit dem werdet ihr auch am besten fahren. Sehr konsequent ist diesen GeneralSuperintendenten auch mehr Wirksamkeit zugedacht | als den Bischöfen. In allem aber ists noch gut, daß die Unfähigkeit aller derer, die jezt die Sache leiten, doch endlich so sichtbar werden wird, daß man nicht vermeiden kann, andre dazu zu berufen und so will ich die Hofnung gar nicht aufgeben, Dich auch noch mahl wieder unter denen zu sehen, welche nicht blos vom Catheder und der Kanzel, sondern auch vom Conferenztisch der Kirche helfen, ohne daß sich meine Hofnungen auf das gute Andenken gründen, was die Süddeutschen Zeitungen Dir gönnen. 96 begierig] begierung

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Dein Lob über meine Vorlesungen über die Scholastiker hat mich recht beschämt, in wiefern Du nemlich mehr als den guten Willen und Vorsatz damit meinst. Ich will Dir gar nicht bergen, daß ich eigentlich höchst leichtsinnig an diese Arbeit gegangen bin und die Strafe dafür auch täglich fühle. Doch halte ich noch jezt, da doch meine Zuhörer treu aushalten, wie wohl ich gar wenig mit mir zufrieden bin. Ich glaubte nemlich es wäre mehr darin vorgearbeitet; dies ist aber nicht der Fall und man kann sich sehr selten auf andre verlaßen, der spätere hat immer die frühern ausgeschrieben, die Theologen welche die Scholastiker lasen, waren keine Philosophen und diese wieder keine Theologen, wovon Semler und Tiedemann als Beweise dienen. Brukker hat hierin auch am wenigsten gethan und so muß man überall zu den alten Knasterbärten zurükkehren. Die Vorlesungen dienen mir nun zu weiter nichts, als mich selbst erst in diesem Gebiet zu orientiren, mich mit dem geschichtlichen Verlauf und mit der innern Oekonomie der Scholastiker und zwar nur der wichtigsten und mit ihrer Art, wie | sie die Gegenstände behandeln bekannt zu machen. Dies habe ich besonders bei Petrus Lombardus und Thomas von Aquin gethan. Wenigstens weiß ich einiger maßen, wo man dies, oder jenes zu suchen hat und will diesen Sommer, wo ich Dogmatik lese, wenigstens bei einigen Artikeln die scholastische Darstellung nachlesen, und künftig eben so bei andern Artikeln. Das Studium ist nicht ohne Interesse, aber von einem ungeheuern Umfange und bis jezt wenig Zuverläßiges darüber herausgebracht. Weiß man doch nicht ein mahl, wie der Aristoteles zu den Arabern und wie er in den Okzident gekommen ist. Für den Sommer habe ich mir auch ein Publikum bestimmt, wovon ich auch noch nicht weiß, ob ich damit durchkomme. Ich wollte nemlich mit der so genannten Ketzergeschichte, oder der geschichtlichen Entwikklung der Gegensätze im Christenthum, einen Versuch machen, wie Du mit der Geschichte der alten Philosophie gemacht hast, nemlich den innern Zusammenhang davon aufzusuchen, da es doch nicht zufällig sein kann, daß zu einer Zeit dieser und zu einer andern jener Gegensatz entstanden ist. So ohngefähr meine ich es, wenn ich erst daran komme will ich Dir mehr davon schreiben und Dich um Deinen Rath bitten. Wenn der Winter zu Ende ist, will ich mich auch freuen. Ich lebe, wie ein Einsiedler und habe mich noch nie so sehr von aller Geselligkeit trennen müßen, und doch kann ich mir selten genügen. Seit der Errichtung des Consistorii d.h. seit 9 Monathen, habe ich über 1200 Sachen zu bearbeiten gehabt, dabei 2 neue Collegia und die sämmtlichen Paulinischen Briefe habe ich kursorisch seit dem 1ten November bis | gestern, täglich etwa 2 Capitel durchgelesen. Wie würde ich mich freuen, wenn ich in den Osterfe-

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rien zu Euch kommen könnte. Aber daran ist nicht zu denken, denn ich habe für diese Zeit schon 2 Geschäftsreisen mit mühseligen Arbeiten, die ich aber doch als Erholung ansehen muß da sie mich aus meinen vier Pfählen treiben. Steffens aber wird nach Berlin reisen; und wie gerne begleitete ich ihn! Mit den Pfingstferien ist gar nichts anzufangen, die sind zu kurz. Auf Deine Bearbeitung der Schriften des Lukas freue ich mich sehr; Du schikkst sie mir doch gleich. Am meisten aber freue ich mich doch, daß es mit Deiner Gesundheit leidlich ist und bitte Dich herzlich alles dafür zu thun, was Du kannst. Bei uns geht es erträglich, wiewohl Minechen etwas beßer sein könnte. Das kleine Kind gedeiht über meine Erwartung, aber nicht ohne Sorge für uns. Sie ist unendlich lebendig, schrekkt aber zusammen, wenn die Thüre unsanft zugemacht wird. Die Lükke am Schädel füllt sich jedoch aus. Die Post drängt, ich muß abbrechen, so viel ich Dir noch zu sagen hätte über eure Jagd auf den Wolf und über meine Hetze mit den Freimaurern. Künftig mehr; schreib mir auch mahl wieder. Tausend herzliche Grüße an die Deinigen und an Reimers von uns und von Steffens. Gott laße es Euch allen wohl gehen, gedenkt unsrer und behaltet uns lieb. Lebe wohl, mein theurer Freund, ich bleibe Dir mit ganzer Seele ergeben. G. Ihr erhaltet wieder den Profeßor Sprikkmann von uns. Der alte Herr ist gut, aber er zählt 67 Jahre, was wollt ihr damit. Wir können Euch auch noch mit dem Meister und wenn Du willst mit Scheibel dienen. Ich lese seine Schreibereien nicht und kann Dir auch nichts davon sagen

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4329. An Ludwig Friedrich von Froriep. Berlin, Montag, 3. 2. 1817 Herrn / Laibarzt Froriep / Hochwohlgebohren / Weimar [Bl. 2] Berlin d 3t. Febr. 1817 Schon lange mein sehr werther Freund besonders aber Gestern als mir Herr Förster einen freundlichen Gruß von Ihnen brachte habe ich mich geschämt daß ich ohnerachtet aller guten Vorsäze Ihren lieben Brief noch nicht beantwortet. 4329.

Überlieferung: H: BBAW, SN 748

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Die gänzliche Veränderung Ihrer Lebensrichtung hat mich freilich Anfangs sehr in Verwunderung ja Schreken gesezt, das will ich Ihnen nicht läugnen, und sie schmerzt mich noch. Wie sollte es auch nicht schmerzen daß ein Mann wie Sie einer höchst wohlthätigen Praxis und einem höchst interessanten Zweige der Wissenschaft entzogen wird um einem bloßen Privatgeschäft zu leben! Indeß freilich beides war schon durch Ihre Versezung nach Stuttgard einigermaßen geschehen; so haben Sie Sich allmählig entwöhnt, und wir andern müssen uns allmählig beruhigen lernen. Daß Sie bei der etwas despotischen und in solchen Dingen schwer zu berechnenden Verfahrungsweise Ihres damaligen Monarchen ihm nicht gut einen Korb geben konnten war mir sehr einleuchtend, und daß Sie noch zur rechten Zeit abgingen um ihm nicht den Paß zu unterschreiben habe ich Ihnen auch gegönnt und mich nur gewundert, daß er Sie gehen ließ. Uebrigens aber sagen Sie mir von seinen guten Eigenschaften nichts unerwartetes. Für einen sehr ausgezeichneten und begabten Menschen habe ich ihn immer gehalten; ein solcher kann immer auch liebenswürdig sein, und jeder Mensch will das in irgend einem Kreise. Sein Nachfolger ist gewiß auch ausgezeichnet genug unter den jezigen Regenten wie er es aber eigentlich mit dem Regieren und mit seinem Volk meint, darüber getraue ich mich noch nicht zu urtheilen. Der Wunsch das Leben von recht vielen Seiten zu versuchen ist Ihnen reichlich gewährt worden; auch Ihre jezige Lage hat viel interessantes; aber Sie werden einem Freunde der selbst in einem weit gleichförmigeren Lebensgange geblieben ist, den Wunsch nicht verdenken daß auch für Sie wenn | gleich erst späterhin noch eine Zeit kommen möge wo Sie ganz der Wissenschaft leben können. Leider kann ich es auch nicht ganz sondern zersplittere mich zwischen Kanzel und Katheder und mancherlei kleinen Geschäften hin und her so daß gewiß nicht viel aus mir wird. Was Ihre Zeitung betrifft so erlauben Sie mir Ihnen nichts gewisses zu versprechen. Ich werde mir sehr gern einen Plaz darin offen halten besonders für den möglichen Fall daß hier endlich einmal was Verfassung betrifft aus dem Worte That werde. Auch sonst könnte wol einzelnes kommen worüber ich gern mein Wort bei Ihnen niederlegte. Viel wird es indeß wol nie werden, so daß Sie ordentlich auf mich rechnen könnten, weil ich zu wenig meiner Zeit Herr bin; denn auf das Familienleben dem ich mich gern hingebe müssen Sie bei mir auch ein gut Theil rechnen. Also wäre es auch sehr wunderlich, wenn ich etwas von Bedingungen sagen wollte; wird es je der Rede werth so mögen Sie das dann nach Analogie einrichten 8 das] korr. aus daß

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Briefe 4329 – 4332

lassen, ich bin ohnedies in diesen Dingen durch mein freundliches Verhältniß mit Reimer so verwöhnt daß ich mich nie darum bekümmere. Wenn Sie zu ein Paar Zeilen Zeit gewinnen: so sagen Sie mir noch ein Paar Worte über Ihre Häuslichkeit, ob sich Ihre Familie seitdem bedeutend vermehrt hat; und kommen Sie doch einmal Sich Berlin wieder ansehen. Von Herzen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin mich empfehlend Der Ihrige Schleiermacher

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*4330. An Bernhard Dräseke. Berlin, Mittwoch, 5. 2. 1817 Antwort auf die Anfrage in Brief 4326 vom 27. 1. 1817.

4331. Von Gotthard Ludwig Theobul Kosegarten. Greifswald, Sonntag, 16. 2. 1817 Greifswald Febr. 16. 1817. Verehrter Freund und Bruder, Überbringer dieses, der Sohn eines Rügischen Predigers, Gerken zu Rappin, hat seit fast drey Jahren bey uns die Theologie studirt. Abgerufen durch die Conscription hat er sich unter die Schützen der Garde aufnehmen lassen, um zu Berlin die Stunden, die der Dienst ihm übriglassen möchte, der Fortsetzung seines Studii zu widmen. Er bittet mich, ihm von Ihnen die Erlaubnis auszuwirken, dass er Ihre Vorlesungen unentgeldlich möge besuchen dürfen. Da der Vater mit Kindern beladen, und nicht wohlhabend ist, so haben die Söhne (denn ein zweyter ist auch bey uns, und der Rechte beflissen) sich bey uns ohne Unterstützung nicht halten können und es ist leicht vorauszusehn, dass der Abgehende deren auch in Berlin bedürfen werde. Haben Sie dann die Güte, mein verehrter Bruder, dem jungen Menschen seine Bitte zu gewähren. Er ist nicht ohne Talent und *4330.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk des Briefs 4326 vom 27. 1. 1817.

4331. Überlieferung: H: BBAW, SN 320, Bl. 2. Mrz Gerken wohnt Wallstr No 11 beim Spittelmarkt“.

Vermerk Schleiermachers: „pr 3t.

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Kenntnis. Seine Lebhaftigkeit hat ihm hier bisweilen zu schaffen gemacht. Nichts Unedles jedoch mag ihm nachgewiesen werden. Vielmehr traue ich seinem Ehrgefühl und strebendem Geist viel Gutes zu. Ich hoffe dann, es werde Ihnen nicht leid werden, ihm Ihre Gunst zugewendet zu haben. Ich meines Theils beschäftige mich diesen Winter, zum Behuf der mir leider aufgedrungnen neuen Ämter meine fast vergessene Schultheologie wieder einzustudiren. Aus ihr hab’ ich eine Abschweifung gemacht in die geheime Gotteslehre der Mystiker, und habe, da mir vorkam, als ob kein Mensch in diesen unaufhörlich über Mystizsm wehklagenden Zeiten jene Leute gründlich kenne, mich nicht entbrechen können, darüber ein Buch zu schreiben woran eben jezt gedruckt wird. Hierauf hab’ ich angefangen, mir eine Dogmatik zu machen, bin aber, nachdem die Propädeutik oder Prolegomena von mir leidlich vollendet worden, hinabgestürzt in den Artikel von Gott, und sehe noch nicht ab, wann oder wie ich aus diesem strudelvollen Ozean wieder emporkommen möge ... Leben Sie wol, herzlicher Bruder. Ich befehle Sie unserm gemeinsamen Herren und Meister, und bin verehrungsvoll der Ihrige Kosegarten.

4332. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Montag, 17. 2. 1817 Halle 17. ii. 17. Sehr gefreut habe ich mich Ihrer Wahl zur Synode und sehr verlangt mich nach dem Resultat der ersten, wenn Sie uns ja wohl alles werden hören lassen.

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Überlieferung: h: BBAW, Nachlass Dilthey, 113/1

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Briefe 4333 – 4335

4333. Von Luise von Willich. Berlin, wohl Frühjahr 1817 oder früher Wo ich mich auch hinsetze um zu schreiben nirgend ist mirs so wie in Deinem Zimmer o Schleiermacher wie ist mir zu Muthe seit Vorgestern abend – ich muß es Dir klagen, so nichtachtend und kalt Du mir auch vorübergehst – und nur Dir, denn es schmerzt mich zu sehr um mit jemand Anders darüber reden zu können – selbst nicht mit meiner treuen Lotte, jezt noch nicht, aber dieser Schmerz wird auch milder werden, dann kann ich es wohl. Sieh Gestern? ich wollte so gern heiter sein, und konnte es nicht – Ich weiß wohl wie etwas das doch nur das Gemüth trift, körperlichen Schmerz hervor bringen kann – unwilkürlich muß ich meine Hand manchmal auf die Brust legen weil es mich so schmerzt. Ich weiß nicht was ich Dir eigentlich sagen wollte, ja, ich wollte es Dir nur sagen wie es gekommen ist daß ich so oft in Dein Zimmer kam, daß es mir ordentlich einheimisch darin ward. Sieh die erste Zeit that ich es gar nicht, ich dachte es stöhrte Dich woll wenn jemand anders als Jettchen zu Dir käme einmal aber da ich zufällig etwas an Dich zu bestellen hatte kam ich hinein, du saßt am Schreibtisch, und wie Du mich sahst, sagtest du, „ei ei da“ und reichtest mir so freundlich die Hand, daß mir ordentlich eine neue Freude aufging. Du erlaubtest mir auch in Deinem Zimmer zu schreiben, und fragtest mich ein mal als ich mich am Tische setzte, warum ich nicht am Schreibtisch säße? Der war mir zu heilig, aber es gab mir Muth nun ungefragt öfter in Dein Zimmer zu sein – und Schleiermacher, wenn Du dann arbeitetest, so hätte ich nicht das leiseste Geräusch machen mögen so heilig war mir Deine Ruhe als ein recht großes Glük fühlte ich es oft in Deiner Nähe zu sein, es zu dürfen – ich dachte dann, das ist der Seegen der von Ehrenfried komt – oft dachte ich an Maria, welch eine Freude sie muß empfunden haben wenn sie zu ihres Herrn Füßen saß, und sie mit ihren Haaren troknete – wenn Christus zu ihr sagte „Maria hat das beste Theil erwählt“ so hätte ich oft mit Andacht zu Deinen Füßen sinken können, wenn ich Dein Lehren gehört hatte, im Hause Gottes, und in meinem 4333. Überlieferung: H: BBAW, SN 428, Bl. 78. Zur Datierung: Charlotte Schleiermacher – von der hier als Gesprächspartnerin die Rede ist – lebte von Sommer 1816 bis 1825 bei Friedrich Schleiermacher zu Hause. Luise von Willich lebte nachweislich im Winter 1816/1817 in Berlin bei Schleiermachers. Am 12. 1. 1817 lässt Theodor Schwarz Luise noch brieflich grüßen. Wahrscheinlich reiste sie Ende des Winters oder Anfang des Frühjahr 1817 aus Berlin ab. Auch im Winter und Frühjahr 1820 zu Nathanaels Geburt war Luise wieder in Berlin, was allerdings weniger zum Inhalt dieses Briefes passt.

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Herzen that ich es oft – Ich liebte Dich von Herzen mit wahrer Demuth. Und hatte den schönen Glauben, Du habest mich auch lieb, ich wäre Dir näher als die ganze Menge dies gab mir Muth und Vertrauen – Mein Glaube ist mir genommen, und, ich weiß mich nicht zu trösten. Du könntest mich viel leides thun, und meine innige Verehrung und Liebe hörte nicht auf, die geht mit Gottes Hülfe ein in ein neues Leben | aber meine Freude hat aufgehört – Heute ist wieder ein so schöner Tag, und ich will ihn genießen so gut ich kann – nur Eins will ich Dich bitten halte mich nicht für verdrießlich – Sieh Schleiermacher, ich habe nun eine große Sehnsucht nach den Meinigen – das Beste habe ich hier nun nicht mehr – ich mögte wohl Meiers fragen ob sie mich mit nehmen können, und dann fürchte ich mich wieder, das Wort auszusprechen weil es mich schwer wird von Euch zu scheiden – o so schwer – und so – – ich höre dann auch Deine Predigten nicht mehr – und vielleicht nie wieder – und doch fühle ich daß ich so wie es mir jezt ist lästig werden muß – Ich will versuchen ob ich äußre Heiterkeit gewinnen kann – sonst reise ich mit Meiers wenn sie mich mit nehmen wollen – Reiche mir dann zum Abschied so herzlich wie Du kannst die Hand.

*4334. Von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Vor April 1817 Einladung zum Schreiben.

4335. An Friedrich Lücke. Berlin, Anfang April 1817

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Unter dem strengsten Siegel der Verschwiegenheit theile ich Ihnen diese Zueignung mit, damit Sie mir sagen ob Sie etwas darin finden was unsern Freund verlegen oder ihm unangenehm sein könnte. Sie müssen mir aber die Liebe thun sie gleich durchzulaufen, und mit Ihrem Gutachten meinem Knaben wieder mitzugeben. *4334.

Erschlossen aus Brief 4353 Z. 1–2.

4335. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 216 f. Die Datierung ergibt sich aus der erwähnten Zueignung von Schleiermachers Buch über die Schriften des Lukas an de Wette. Mit einem Entwurf der Widmung an de Wette in der Lukas-Schrift. 1 theile] korr. aus f 2 finden] folgt )oder*

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Briefe 4335 – 4337

Heute Abend wollen wir Sie übrigens nicht weil meine Frau [ihre] sehr müde mit mehreren Kindern von Posen ankommende Schwester erwartet.

4336. Von Adam Theodor Albert Franz Lehmus. Ansbach, Dienstag, 29. 4. 1817 Ansbach 29/4 1817

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PP. Verehrungswürdiger! Tiefverehrter! Darf ich es wagen, Ihnen einzelne Früchte meines Fleißes zu übersenden? und werden Sie mich nicht für unbescheiden halten, daß ich in dieser Rüksicht unangemeldet zu Ihnen komme? – Mein Vertrauen überwindet den Zweifel der Schüchternheit, und darum hoffe ich auf freundliche und gütige Aufnahme. Ihr hoher Geist hat meinen Geist vielfach berührt, angesprochen und angeregt; Ihr Wort und Ihr Leben auf mich auch wohlthätig gewirkt; und wie Alle, denen Religion und Wissenschaft, Theologie und Christenthum wichtig und heilig sind, verehre auch ich Sie tief, und fühle mich gedrungen, Ihnen dieses zu sagen. Meine Arbeit ist wohl nur Versuch, aber die Absicht dieses Versuches ist christlich, und auch dem unbarmherzigen Beurtheiler werde ich Dank sagen, wenn seine Unbarmherzigkeit eine christliche und wissenschaftliche ist, aber unsern negirenden Rezensenten ist das Eine, was da noth ist, eben nicht zur Genüge bekannt, und daher wird es mir, wenn ich Einem derselben in die Hände fallen sollte, nicht wundern, wenn mir übel von ihm mitgespielt wird; aber eben darum biete ich auch meine kleine Gabe gerne solchen Männern zum Geschenke an, auf welche der Geist Gottes sich reichlich ergossen hat Die Canzelrede, die ich beilege, habe ich schon vor mehreren Jahren gehalten. | Izt würde ich wohl Manches anders und besser sagen, als ich es damals gesagt habe; indessen kann die Predigt vielleicht als Tendenz der Predigt überhaupt und auch der Predigten gelten, die ich nachher verfaßt habe, und zum Theil noch in diesem Jahre durch Küssler in Nürnberg herausgeben werde Lange wünschte ich Ihnen, dem geistvollen Theologen, dem christlichen Prediger, dem platonischen Zeugen des Evangeliums mich freundlich und 4336. Überlieferung: H: BBAW, SN 320/2 (früher 436/2/1). Mit einem Exemplar seines Buches „Der Protestantismus; drey Gespräche, veranlaßt durch die Pflaumische Frage und Bitte an die gesammte protestantische Geistlichkeit in Teutschland“ (Ansbach 1817) und einer Predigt.

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ehrerbietig zu nahen; und Unrecht habe ich wohl nicht gethan, wenn ich diesen Wunsch mir erfüllte! Gott erhalte in Ihnen noch lange den ehrwürdigen Priester seines heiligen Namens; und Sie bitte ich, die Versicherung meiner innigen Verehrung mit Liebe und Wohlwollen aufzunehmen Lehmus

4337. Von Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Mittwoch, 30. 4. 1817 Sr. Hochwürden / Herrn Doctor und Professor / Schleiermacher / in / Berlin. / frey. / recommandirt [Bl. 4v] Kreuznach den 30tn Aprill 1817. 5

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P.P. Ew Hochwürden Kann ich nur sagen, daß unter dem heutigen unsre Vorstellung an das Ministerium abgegangen ist. Wir haben darinn genau die Rechte der Lutherischen Konsistorien und ihre Gesezmäßigkeit, so wie die gewaltsamen Eingriffe in dieselben von Seiten des Konsistoriums in Koblenz, nachgewiesen, und um Schuz in unserm Rechtszustande angetragen. In gleicher Zeit habe ich auch an Seine Durchlaucht den Herrn Staatskanzler, eine Kurze historische Darstellung des Ursprungs der Bildung, der Schiksaale und der jezigen Lage der so reich fundirt gewesenen pfälzisch reformirten Kirche eingesendet, und sie mit einigen Wünschen und Hoffnungen begleitet. – Auch haben die beiden protestantischen Konsistorien von hier, Vorschläge über die zu errichtende Synodal-Verfassung an den Herrn Fürsten abgehen | lassen, wovon ich Ew. Hochwürden eine Abschrift zur gefälligen Einsicht und Prüfung hier beizuschliesen die Ehre habe. – Nun noch etwas: die Pfarrer unsrer Provinz werden von der Regierung in Koblenz in Rücksicht ihrer Besoldung wahrhaft schmachvoll behandelt; ich will izt nicht von einer Zulage reden, wozu das Königliche Besiznehmungspatent vom 5ten Aprill 1815 die bestimmteste Hoffnung machte, aber davon muß ich doch Ew Hochwürden unterrichten, daß auch nicht einmal die armselige Besoldung, die jährlich in 130–260 und 4337. Überlieferung: H: BBAW, SN 278, Bl. 3 f. Mit einer Abschrift der Vorschläge über die zu errichtende Synodal-Verfassung unter dem Titel „Treugehorsamste Vorschläge zu einer Synodal-Verfassung der Protestantisch Rheinischen Kirche.“ (Bl. 5 f.)

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höchstens 390 Thlr oder 500–1000 und 1500 francs bestehet, pünktlich bezahlt wird. – Noch haben die Pfarrer das 1te Quartal dieses Jahres nicht – und grade jezt diese Zögerung, wo alle Lebensbedürfnisse um die Hälfte des Preises erhöhet sind. Man soll fast glauben die Herrn in Koblenz legten es darauf an, sich recht verhaßt machen zu wollen. – So wurden die Pfarrer unter Frankreich nie behandelt. – Wenn nicht manchmal ein gutherziger Empfänger mit eigner Gefahr den Pfarrern Vorschüsse machte, so müßten sie oft | in die gröste Verlegenheit gerathen. Dies kann unmöglich Wille des guten Königs seyn! Es könnte vielleicht für die Zukunft nüzen, wenn Ew. Hochwürden so gelegenheitlich, am rechten Orte, einige Worte darüber fallen lassen wollten. Mit herzlichster Hochachtung und Liebe Ihr Eberts.

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4338. An Georg Andreas Reimer. Berlin, Dienstag, 6. 5. 1817 Herrn G. Reimer / Leipzig [Rückseite] B. d 6t. May 17 Liebster Freund Der Lukas ist mir zwar glüklich vom Stapel aber es ist doch ein Unglük dabei passirt woran ich eigentlich Schuld bin. Ich hatte mir nemlich mit großem Fleiß ein Drukfehlerverzeichniß angelegt aber das war in der Stadt, und die lezten Correcturen kamen mir so schnell über den Hals, daß ich nicht daran dachte, und so ist es ungedruckt geblieben. Mine hat mir Deine Bestellung wegen möglichster Beschleunigung des Plato gemacht; ich bin auch ungesäumt über den Menon hergegangen allein ich kann doch nicht dafür stehn ob ich während Deiner Abwesenheit mit dem Ganzen fertig werde zumal hier allerlei Störungen passirt sind theils durch Bendas Besuch theils durch meine Gesundheit die sich einige Tage wieder sehr schlecht aufgeführt hat. Meine kleine Synodalschrift muß nun unterdeß liegen bleiben. Sei doch so gut mir aus Leipzig ein Paar recht starke schwarz seidene Strümpfe mitzubringen; die man hier bekommt sind zu schlecht. – Hier hast Du auch den Zettel wegen der Litteraturzeitung 4338. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher. Mit einem Zettel betreffend die Literaturzeitung.

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Sonst ist alles wohl – wenn Du einige Zahnweh meiner Frau abrechnest. Alles grüßt herzlich. Schleiermacher

4339. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Donnerstag, 8. 5. 1817 Halle den 8ten May 17.

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Becker hat mir gestern soviel liebes, schönes und trauriges von Ihnen erzählt liebster Schleier daß ich es gar nicht lassen kann heut ein Paar Zeilen an Sie zu schreiben. Ich weiß nicht was ich schreiben soll, und möchte Ihnen nur gern eine heitre Minute machen, wo Sie sich freuten daß ich Sie, und gewiß noch recht viele Sie unaussprechlich lieb haben. Er sagte mir so manches das mich glauben läßt es könnte auch wohl bey Ihnen Augenblicke geben wo es Ihnen Noth thäte sich an die Liebe Ihrer Freunde zu stützen, oder wo diese Liebe doch wohl eine Wolke von Ihrer Stirn verscheuchen könnte. Hätte ich Sie nur einmal hier, denn nach Berlin kann und mag ich nicht, auch ist da alles zu beschäftigt und zu zerstreut. Es giebt so manches was ich mit Ihnen durchsprechen möchte so vieles worin vielleicht ich allein hier unter den Lesenden und einige erkennenden mit Ihnen so recht innerlich einverstanden bin, noch vieles auch wo Sie mir durchhelfen sollten. Mit dem Schreiben ist es doch nichts, wie kann der Geist und das lebendige Hin und Herreden woraus doch allein das rechte Gemeinsame entsteht aufs Papier kommen? Noch einmal wiederhohle ich was ich schon oft geschrieben: lockt Sie denn der herrliche gesunde erquickende Harz gar nicht? was haben Sie an den neblichten, stürmischen Küsten der Ostsee zu schaffen: oder soll es ein Bad seyn, warum nicht das herrliche Wisbaden oder Carlsbad? Beydes gäbe mir die Hofnung mich ein paar Tage an Ihnen zu erquicken. Ich kann mir recht denken wie Sie Sich mit dem herrlich erwachenden Sommer aus Ihrer Wüste, die noch obenein voll dummer und hämischer Gesellen ist nach friedlichen und lieblichen Gegenden sehnen müssen. Es ist uns für diesen Sommer ein Besuch von Carolinen angekündigt, wird die Arme nach ihrem Verluste Wort halten? wie schön | wenn Sie so mit ihr zusammen einträfen. – Einige Fragen 4339.

Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 90 f.

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kann ich hier nicht unterdrücken. Ist es wahr daß der König sein elendes Machwerk auch der DomKirche aufdringen will: hat er in Beziehung auf Ihre Schrift gesagt: er wolle Sie ja nicht und niemanden verpflichten diese Liturgie anzunehmen (so erzählte Bekker) wird das Ministerium denn nicht endlich das Maul auftun? ich hätte beinahe Lust an Hüser zu schreiben, daß er den alten Mann aufrüttle. Ferner, was ist an de Wette? Die Frage klingt wunderlich, da man das so im allgemeinen ja wohl wissen sollte, aber Bekkers Urtheil der mit vieler Achtung von ihm sprach und einiges was ich zufällig vor kurzem über ihn, nicht von ihm gesehen, läßt mich wünschen grade Ihre Ansicht nur mit Einem Worte zu hören. Nur soviel gehört er zu denen die man hören soll oder nicht? Von Wucherers Verlobung und so Gott will ganz nahen Hochzeit haben Sie wohl schon gehört, das ist eine schwere Geburt nach langen Wehen gewesen. Der arme Wucherer hatte sich auch wohl manches sagen lassen von idealen und eminenten Weibern, war einigemale damit übel angekommen und mochte nun wohl einen harten Kampf zu bestehen haben eben als er ehrlich und einfältig seinem Herzen folgen sollte. Die Plumpheit eines völlig imbecillen Offiziers die ein lächerliches Duell zur Folge hatte, hat dann der Sache glücklich den Ausschlag gegeben. Auch deshalb wünschte ich Caroline käme diesen Sommer[,] es würden vielleicht Misverständnisse und ungünstige Urtheile dadurch ausgeglichen. Der Bekker hat mich ganz besorgt gemacht, er hat Sie ganz ungemein lieb und es ist mir durch die Seele gegangen wenn ich hörte wie Sie an Leib und Seele zu leiden haben an Krankheit und widerwärtigen Menschen. Gottlob daß Sie noch recht viele haben die nur das Eine bedauern Ihnen von dem Ueberfluß der körperlichen Gesundheit und von ihren friedlichen und freundlichen Verhältnissen nichts als die besten Wünsche mittheilen zu können. Kommen Sie doch ja einmal zu uns, daß Sie sehen wie lieb man Sie hier hat, denn | auch Rienäcker, wenngleich er zuweilen nach seinem etwas peinlichen Wesen über manches Ihrer Werke den Kopf schüttelt lebt doch auch ganz in Ihnen, und er würde schon aufgehen wenn er Sie nur einmal wieder sähe. Gott behüte Sie mein herzliebster Schleiermacher und schreiben Sie recht bald wenn Sie einen freundlichen Augenblick haben wo Sie denn auch meiner wohl nicht ohne Liebe gedenken mögen. Verschieben Sie es nur nicht etwa bis Sie mir eine andre frohe Nachricht mittheilen wollen von der ich schon mit großer Freude gehört habe. Leben Sie wohl liebster Schleiermacher Blanc

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Wenn ich bedenke lieber Freund daß seitdem wir bei Ihnen waren Sie keine Zeile von mir gesehen haben soviel ich weiß: so ist das freilich nach jedem gewöhnlichen Maaßstabe abscheulich; aber ich hoffe Sie legen einen besseren an und sind nicht böse. Wie es sich mit meiner Gesundheit, deren schlechter Zustand mir doch gar viel von der Freude geraubt hat auf die ich gerechnet hatte, noch auf Rügen zu bessern anfing und wie es seitdem besser jedoch abwechselnd gegangen ist, das werden Sie durch unsere Freundin Herz wenn sie anders Wort gehalten hat erfahren haben. Abwechselnd ist es auch geblieben, und eben deshalb in der ganzen Zeit weniger zu Stande gekommen, weit weniger, als ich hoffte. Ja um nur gleich das schlimmste herauszusagen, an der Ethik ist – unmittelbar für den Druck nämlich, seit ich Sie verlassen, noch nichts weiter geschehen. Wenn Sie nun das wenige zusammen rechnen was ich seitdem gethan, und den besten Willen, den ich wirklich gehabt habe dabei voraussezen, so kommt heraus wie viel Sie theils auf die unvermeidlichen Abzüge die man sich im Leben muß gefallen lassen, theils auf die Krankheit und theils auf die Heilungsversuche – denn Bäder zB. kosten entsezlich viel Zeit – abrechnen müssen. Die kleine AntiWolfiade von der ich Ihnen[,] glaube ich[,] nicht gesprochen war schon in der Nacht vor der Abreise geschrieben, nur Buttmann verzögerte die Sache so daß sie noch immer nicht gedrukt war als ich zurükkam. Vor Augen muß sie Ihnen wol gekommen sein, aber ich muß Ihnen doch noch mit ein Paar Worten erklären, wie ich eigentlich mit dahinein gekommen bin. Daß man die Wolfischen Lästerungen gegen den guten Heindorf nicht dürfe mit Stillschweigen übergehen, darüber waren | wir einig. Buttmann hatte das nächste Recht aufzutreten und wollte es auch aber er wollte hernach die Andern sollten seinen Aufsaz unterschreiben und dazu wollte sich nun niemand verstehen und die Sache war in Gefahr um deswillen liegen zu bleiben. Da traf ich dieses Auskunftsmittel welches mir das beste schien um sie endlich in Zug zu bringen. Daß ich nun auf diese Art zwei Männer hier habe, einen ganzen und einen halben Kollegen mit denen aller Verkehr abgebrochen ist, das ist freilich 4340. Überlieferung: H: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Autogr. I/490/1; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 288–295 16 auf] korr. aus durch

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Brief 4340

eine üble Sache; allein beides war doch meiner Ueberzeugung nach unter den gegebenen Umständen nicht zu ändern. Hernach mußte ich mich über die liturgische Sache machen. Schwerlich ist diese kleine Schrift bis nach Kiel gekommen, hat auch kein Interesse im Ausland; ich würde Ihnen aber doch ein Exemplar schicken wenn mir eines zur Hand wäre. Dieses nun ist gewissermaßen eine persönliche Fehde gegen den König. Bisher ist freilich noch nicht recht herausgekommen wie diese ganze Mißgeburt von Liturgie eigentlich entstanden ist; aber die, an welche man sich am unmittelbarsten halten müßte, geben unter der Hand zu verstehen, das was ich am meisten getadelt, rühre grade unmittelbar vom König her. Meine Schrift war auch ursprünglich ganz anders; sie war ein Brief, also in einem leichteren Ton, und Eichhorn und Savigny denen ich sie vorlas, nannten vieles darin Satyre. Vorzüglich aber hatte ich mich über die herrschende Meinung ausgelassen, daß diese Liturgie vom Kabinet ausgegangen sei. Ich erklärte dies für unmöglich, weil es früheren Aeußerungen des Königs geradehin widerspräche, und weil der König zu gut wisse daß er als Laye in Kirchensachen nichts persönlich sondern nur durch die von ihm angestellten Behörden verfügen könne. Hiegegen nun protestirten die beiden Freunde ganz | vorzüglich, und meinten, das müße den König, so wahr es auch sei, nur erbittern, und sei überflüßig da er sich bestimmt erklärt, er wolle sich in die Einrichtungen der Civilkirchen gar nicht mischen, wenn man ihm nur die Militärkirchen überließe. Jezt thut es mir sehr leid daß ich gehorcht, und dieses entscheidende Wort nicht gleich damals gesprochen, denn nun geht er doch schon wieder mit einer Liturgie für die Domgemeine, ja mit einer Vereinigung beider protestantischen Kirchen um, die er auch noch gern fertig machte, ehe die Synodalverfassung in Wirksamkeit tritt, eben wie das Steuersystem vor der Constitution. Indeß ich gehorchte und arbeitete die ganze kleine Schrift in einen andern Ton um, wodurch denn zweierlei erreicht worden ist, einmal daß sie aller Welt gefallen, und dann daß sie nicht das geringste wirklich ausgerichtet hat. Wogegen sie in ihrer alten Gestalt zwar mich verhaßt gemacht, aber auch gewiß einen Riegel vorgeschoben haben würde – und verhaßt bin ich ja doch einmal, und gewissermaßen in die Acht erklärt, wenigstens gehen seitdem die königlichen Geschwister und Kinder nicht mehr in meine Kirche. Einige Zeit hat diese Kleinigkeit auch gekostet. Jezt size ich über einer ähnlichen die Synodalverfassung betreffend, die aber noch nicht flott werden kann, weil ich auf die versprochene Mittheilung gewisser interessanter officieller Papiere warte. Nun las ich im Winter den Lukas und wollte 49 von] über der Zeile 58 in] korr. aus ein

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diese Gelegenheit, die mir wol erst in drei Jahren wiedergekommen wäre, nicht vorbeigehn lassen, ohne auf die bequemste Weise neben dem Collegium meine Ansicht für den Druk niederzuschreiben. Das habe ich denn gethan, und vor kurzem ist endlich das Büchlein vom Stapel gelaufen. | Hat Heinrich Plaz so soll er es Ihnen mitbringen; wo nicht so müssen Sie schon auf BuchhändlerGelegenheit warten. Vielleicht wundern Sie Sich auch über die Zueignung an DeWette. Allein es reißt jezt eine solche Furcht ein vor abweichenden Ansichten und ein so abergläubiges Buchstabenwesen, und gegen DeWette besonders haben sich Marheinecke und wol auch Neander auf eine so unbrüderliche Weise benommen, daß ich es für Pflicht hielt mich hievon öffentlich loszusagen und einen andern Gesichtspunkt aufzustellen, wozu ich dies für die schiklichste Gelegenheit hielt. Eine Kabinetsordre von der man spricht „der König habe mit Schmerz vernommen daß auf hiesiger und andern Universitäten Irrlehren verbreitet würden und der Minister solle die Irrlehrer fördersamst removiren“ ist noch dazu gekommen. Doch war die Sache schon vorher bei mir beschlossen. Ob Ihnen nun die Art und Weise wie ich meinen Zwek habe zu erreichen gesucht gefallen wird, das wünschte ich gern recht bald zu hören. Auch in der Vorrede werden Sie noch einige Hiebe nach derselben Seite hin finden. Es ist die höchste Zeit daß man sich vor den Riß stellt. Alle denen es um kirchliche und theologische Freiheit zu thun ist fangen an zu zittern; aber niemand will Hand anlegen. So muß ich Armer, dem Gott Muth gegeben hat, denn schon die Kastanien aus dem Feuer holen. Die Pfote werde ich mir dabei schon noch tüchtig verbrennen, und ich sehe im vollen Ernst noch harten Stürmen entgegen und kann Gott unter diesen Umständen nicht genug dafür danken, daß ich auch eine muthige Frau habe. Daß übrigens dieses Buch über den Lukas schlecht geschrieben ist brauchen Sie mir nicht erst zu sagen; ich weiß es leider. Aber bei solchen Sachen gehört wirklich | Zeit dazu sie gut zu schreiben, und die hatte ich nicht. Die Freunde der Sache mögen sich durchschlagen so gut sie können. – Die übrige mobile Zeit hat nun die zweite Ausgabe des Platon weggenommen. Die neue Arbeit am ersten Bande war zwar vor der Reise schon angefangen, aber den größten Theil desselben und den dritten Band habe ich seitdem revidirt und wirklich mit großer Mühseligkeit durchcorrigirt. Darüber hat nun die Ethik gelegen und liegt noch, und ich weiß noch nicht wie bald ich daran kommen werde. Denn eigentlich sollte ich doch jezt wo ich über die Apostelgeschichte lese auch die Gelegenheit 104 ich] folgt )wirklich*

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Briefe 4340 – 4342

wahrnehmen um dies gleich fertig zu machen und den zweiten Theil folgen zu lassen; und ich weiß noch nicht was ich thun werde. Da haben Sie nun meine ganze Geschichte, lieber Freund, die eine Seite nämlich, und von der andern ist Gott sei Dank wie von einer guten Frau wenig zu sagen. Auch beruht sie größtentheils auf der guten Frau. Außer mir ist alles frisch und munter gewesen und auch noch. Die Kinder wachsen und gedeihen; und es wird nicht gar lange dauern so habe ich Ihnen etwas angenehmes zu schreiben. Meine Frau ist guter Hofnung, befindet sich dabei ganz wohl und erwartet in der Mitte des Sommers ihre Niederkunft. Dergleichen haben wir lange nicht gehabt und sind beide ganz glüklich dabei – nur bildet sich Jette gar zu fest ein, daß sie einen Jungen gebären wird. Theils dieser Aussicht wegen, theils wegen meiner Gesundheit haben wir unsere ehemalige Sommerwohnung nicht wieder bezogen, weil sie theils zu entlegen ist, theils für feucht und mir schädlich gehalten wird, sondern eine andre ganz nahe am Potsdammer Thor; sie hat einen freilich weit kleineren Garten der aber unmittelbar nach dem Thiergarten ausgeht, und die Kinder, die das Treppensteigen nicht scheuen befinden sich ganz wohl dabei. Unser Haus ist auch jezt | grade so klein und still wie es lange nicht gewesen ist. Wir hatten zeither viel Besuch von Verwandten; das ist nun alles fort und auch unser Tischgenosse Bekker hat mit Göschen seine Reise nach Italien angetreten, von der Ihnen, wenn sie Ihnen neu ist, Heinrich mehr sagen wird. – Ueber Gretchens glükliche Niederkunft werden Sie Sich auch beide herzlich gefreut haben; nur Schade daß der Knabe nun Markus heißen soll. Man denkt dabei doch immer zunächst an einen Juden. Ueber unsere inneren politischen Angelegenheiten viel zu sagen will die Zeit nicht mehr gestatten; auch liegen wir noch zu sehr in den Wehen, die noch immer nicht die rechten sind als daß es interessant sein könnte über diesen Zustand ins einzelne zu gehn. Der Karren ist so tief in den Koth geschoben, daß er noch immer nicht heraus will, und es müssen noch mehr Pferde vorgespannt werden. Manches vorbereitende Gute ist indeß geschehen, aus dem sich, wenn die Guten und Verständigen sich dessen kühn gebrauchen, auch wider Willen mehr entwikkeln muß. Ihr Holsteiner haltet euch sehr brav; aber wir erwarten mit Schmerzen daß ihr nun auch gleich nach Wiedereröfnung des Bundestages euch an diesen werdet gewendet haben. Unser Neander will Sie in den Ferien besuchen höre ich. Wenn es Ihnen doch gelänge einige Rinden von ihm abzulösen und ihn etwas von seiner 120 ehemalige] folgt )Wint*

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immer schroffer werdenden Einseitigkeit zu befreien. Aber ich fürchte er reiset mit ganz entgegengesezten Assimilationsprozessen zu Ihnen. Daß unsere liebe Herz nun entschieden nach Italien geht, wissen Sie wohl von ihr selbst; auch bis dahin ist sie fast immer auf dem Lande und wir haben sie so gut als gar nicht. Die herzlichsten Grüße an Tine und Dore, und seid noch herzlich bedankt für alle Freundlichkeit die mir so noth und so wohl that. Von ganzem Herzen der Eurige Schleiermacher

*4341. An Henrich Steffens. Berlin, vor dem 18. 5. 1817 Anne (Nanny) Schleiermacher habe sich mit dem in Berlin weilenden Ernst Moritz Arndt verlobt.

4342. Von Henrich Steffens. Breslau, Sonntag, 18. 5. 1817 Breslau. den 18 May, 1817

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Lieber Schleiermacher! es ist freilich nicht recht, dass ich dir erst so spæth schreibe. Dennoch bin ich in der That zu entschuldigen; denn nicht allein fand ich hier manche Geschæfte, die mich hinderten, ich ward ausserdem wenige Tage nach meiner Rückkunft von einem sehr fatalen Flussfieber befallen. Vom Magenkrampf habe ich seitdem gar nichts gespürt. Ich wünschte recht sehr zu erfahren, wie es dir geht, lieber Freund, ob der fatale Nachwinter Dir in deiner zu früh bezogenen Sommerwohnung nicht geschadet, wie ich fast befürchte? – Obgleich ich grosse Freude ge*4341. Erschlossen anhand von Brief 4342 Z. 33–34 vom 18. 5. 1817. Steffens verbrachte laut „Was ich erlebte“ (Bd. 8, S. 309) die Frühlingsferien 1817 vor Ostern in Berlin, reiste also vor der Verlobung von Ernst Moritz Arndt und Anne (Nanny) Schleiermacher (Mitte April 1817) wieder nach Breslau und erfuhr diese Nachricht demnach per Brief. 4342. Überlieferung: H: BBAW, SN 396, Bl. 76 f.; D1: Br 4, S. 215 f. (gekürzt); D2: Schmidt: Stationen einer Freundschaft, S. 52 (Zitat, das nicht in D1 steht) 8 deiner] deinem

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habt euch alle, nach so langer Zeit wieder zu sehen, so kann [ich] doch nicht genug bedauern, dass ich von Krankheit und Zerstreuung recht eigentlich zerrissen war. Mich stöhrt dergleichen, wie ich glaube, mehr wie den meisten Menschen. Wie herrlich wære es gewesen, wenn ich mit dir einige Tage hätte verleben können, wie die wenigen mit Tieck in Zibingen. So muss ich befürchten, dass meine Freunde wohl, die Lust und jugendliche Freudigkeit, die mir Gott gegönnt hat, kennengelernt, aber kaum den Ernst und das stille Sinnen, welches doch | auch nicht ausgeblieben, und der Wunsch dir wieder recht nahe zu treten, ist leider doch auch nur zur Hælfte erfüllt. Deine Magnetisirte hat mich besonders den lezten Abend recht tief erschüttert und ich wære wohl begierig etwas mehr von ihr zu erfahren. Ich werde mich genau nach ihre Vorschriften richten. Nur eins ist vergessen worden. Sie fand nehmlich, dass eine Arzney, die du gebraucht hast, ich glaube ohne grossen Erfolg, mir vorzüglich hell sein sollte. Die Græfin Voss wird es erinnern. In der Verwirrung vergass ich es zu fordern und Wolfart hat mir auch nicht nachgeschickt. Sobald meine Lage es erlaubt, werde ich das Baguet einrichten. Vielleicht wird deine herrliche Henriette, die ich recht herzlich und innig für die Bekanntschaft mit der Fischer danke, sich entschliessen mir Einiges über diese zu schreiben. Ich kann dir versichern, dass ich mir recht sehr nach Nachrichten sehne. Ich bitte dich, dass du die freundliche, liebe Græfin Voss in meinem Nahmen dankst für die wohlwollende Aufnahme. Und nun die Hauptsache! – Wie hast du mich überrascht mit der Nachricht von Nanny’s | Verlobung mit den trefflichen Arndt. Eine Verbindung, die in jeder Rücksicht die vortrefflichste und glücklichste genannt werden muss. Es ist schwer zu sagen, wem man am meisten Glück wünschen soll. Ich liess mir gegen Arndt nichts merken, weil er sich nichts merken liess; aber hoffentlich werdet ihr es mir nicht übel nehmen, dass ich es hier meiner Frau und Gass’ens mittheilte – Auf der Reise schwebte mir die Neuigkeit bestændig vor, und es war, als wære mir selbst ein grosses, unerwartetes Glück begegnet, denn ich muss dir es gestehen, ich habe die Nanny unbeschreiblich lieb. Gott segne sie. Ich bitte dich, wenn du Gelegenheit finden solltest, erinnere den Stägemann an mich – Mein Gehalt und die 100 Thr, die ich für Charten erhielt, sind verbraucht, theils auf der Reise, theils hier, theils weil ich 150 Thr. Auslagen für Instrumente gemacht, die ich erst den 1ten Julii erhalten kann, so dass ich jezt, bis dahin von Raumer lebe, was in der Længe nicht geht. Stägemann versprach bald Nachricht zu geben und auch meiner Badereise wegen muss ich bald möglichst etwas zu erfahren wünschen. |

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Wenn du nicht Zeit hast, so lass doch Henriette oder Nanny schreiben. Ist Arndt noch da? Dein Steffens

4343. Von Immanuel Bekker. Verona, Donnerstag, 22. 5. 1817 A Mr le docteur Schleierma/cher / Berlin / (Canonirstrasse No. 4) [Bl. 2v] Verona 22 Mai 1817.

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Gestern Nachmittag sind wir hier angekommen. Daß ich Ihnen nicht längst geschrieben, mein geliebter und verehrter Freund, erklären Sie gewiss nicht aus leichtsinniger Vergesslichkeit, sondern aus der durch früher nothwendige und unselig lange Übung zur Natur gewordenen Gewohnheit, wo mein Gefühl am tiefsten aufgeregt wird, es am sorgfältigsten zu verschließen: eine Gewohnheit, die verbunden mit der zum Theil daraus hervorgegangenen Ungeschicktheit zu aller Art Darstellung (und mit der Trägheit, die wieder eine Folge ist von dem Bewustsein solcher Ungeschicktheit) mir jeden Anspruch auf Liebe und Freundschaft raubt wo nicht überschwängliche Milde und Freundlichkeit, wie sie mir in Ihrem Hause geworden, die Hülle von Dumpfheit und Stumpfheit eben nur als Hülle auffaßt. Ich will mich aber zu bessern suchen, und rechne auf Ihre Nachsicht für der Besserung erste Früchte, wie gering und herbe sie auch ausfallen mögen. Unsere Reise, einiges Leiden in Wirthshäusern abgerechnet, ist höchst angenehm gewesen: günstiges Wetter und, besonders von München aus, unbeschreiblich schönes Gebirg. Auch Verona sieht hell und freundlich aus, und das Amphitheater schon allein wird trösten über manche Entbehrung und Unbequemlichkeit. Von Jacobi habe ich den Auftrag Ihren Gruß auf das allerfreundlichste zu erwiedern. Wiewohl ihm schwer zu begreifen wird, wie ihn achten und lieben könne wer die Grundpfeiler seiner Philosophie verwirft, den persönlichen Gott und die persönliche Fortdauer. Zwar hat ihn Carl Sack zu 4343. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 2; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 49 f. 9–11 (und … Ungeschicktheit)] ohne Klammern mit Einfügungszeichen am linken Rand

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beruhigen gesucht durch die Versicherung, daß Sie von dergleichen Paradoxie schon so ziemlich zurückgekommen wären und noch immer mehr zurückkommen würden; es scheint aber der Greis eine andere Vorstellung von Ihrer Consequenz zu haben als der Jüngling. Sonst ist mir Jacobi liebenswürdig allerdings erschienen, geistreich aber und in irgend einer Beziehung ungemein keinesweges. Er freut sich auf die Herz, die aber nicht vor dem August kommen darf, wenn sie ihn in München treffen will. Ich schreibe eben an Niebuhr (der bei Göschen schon Spielzeug bestellt hat für seinen bildschönen Marcus) um ihn zu veranlassen über meinen fernern Geldbedarf recht bald an die Academie zu berichten. Was dann in der Academie selbst zu thun sein wird, darf ich von Ihnen geleitet hoffen: theuer läßt sich freilich vieles hier an. Daß Sie auch gebeten und bevollmächtigt sind für mich mit alle Schritte zu thun, die der Dimissionsantrag erfodern möchte, versteht sich. Meine Lexica haben Sie hoffentlich erhalten. Was Sie von Varianten zum Plato brauchen, fordern Sie vom Dr. Müller. Dürfte ich Ihnen doch eine Revision, nicht der Correctur, sondern der Textesconstitution aufbürden! Aber so mein Gewissen zu beruhigen, haben Sie freilich keine Zeit, denn mit Ihrem Befinden, das hoffe ich zu Gott, geht es besser als da ich Sie verließ. Es ist unverantwortlich so ein Blatt so weit hin zu schicken, und doch drängt es mich ein Lebenszeichen zu geben. Vergelten Sie mir nicht wie ichs verdiene. Ihrer Frau empfehlen Sie meine herzliche und dankbare Ergebenheit: ihre Hand hier zu sehn ist unbescheiden auch nur zu wünschen: innig froh würde es mich | machen. Ihrer Schwester und der Herz herzlichen Gruß; Else und Trude haben mich auch wol noch nicht ganz vergessen. An Reimer schreibe ich nächsten Posttag. I.B.

4344. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 26. 5. 1817 Berlin d 26t. May Ich schreibe Ihnen sobald ich kann lieber Freund um mich recht ernstlich über unsern Freund Becker zu beklagen denn am Leibe habe ich freilich 4344. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Autographen-Sammlung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 216–218 (gekürzt) 1 May] korr. aus Merz

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mancherlei gelitten und rechne auch noch gar nicht darauf daß das so bald anders werden wird, aber was er auf meine arme Seele gebracht hat begreife ich nicht. Die Leiden des Leibes haben sie nicht sonderlich angegriffen, denn nach den ärgsten Schmerzen am Mittag und Abend habe ich doch am andern Morgen immer wieder meine drei Collegia von 6–9 Uhr gelesen und sonst doch noch immer ein weniges gethan. Was aber die widerwärtigen Menschen betrifft: so finde ich das wirklich gar nicht anders als es immer gewesen ist. Ich halte die Ohren steif und nehme meine Stellung so gut ich kann, und wenn ich ehrlich sein will muß ich gestehen, daß sich niemand recht dreist an mich wagt sondern ich sehr ungefährdet mein Wesen treibe; was die Leute aber hinter meinem Rüken reden und anstellen, das hat mich nie viel gekümmert, und kümmert mich auch noch immer nicht. Ich schone sie dafür auch nicht und rechne imer drauf daß sie meine spizigen Reden wieder erfahren. Das ist der alte Krieg, der geht immer noch seinen Gang | und wird auch wol so bald nicht aufhören. Dafür nimmt die Freude im Hause immer zu; die Kinder gedeihen frisch und fröhlich Gott sei Dank, die Frau wird in meinen Augen wenigstens, und darauf kommt es doch an, täglich liebenswürdiger; im Juli kommt sie einmal wieder in Wochen und da ist also mit Gottes Hülfe noch neue Lebensfreude zu erwarten. Kanzel und Katheder gehn auch noch ihren Gang, natürlich nicht immer gleich; manchmal bin ich besser im Zuge und spüre mehr Segen dann kommen wieder dürftigere Zeiten – aber ich denke, das geht wol jedem so. Das einzige ist denn daß ich anfange die Segel sehr einzuziehn mit litterarischen Projecten, und fürchte, daß ich manches nicht zu Stande bringen werde was ich gern möchte. So ist mir die Ethik dadurch, daß ich so oft habe wieder daran gehn müssen, schon fast zuwider geworden, ich sehe ich müßte ihr ein Jahr hinter einander alle meine freien Stunden widmen wenn ich sie so wie ich eigentlich wünsche zu Stande bringen sollte, und dazu sehe ich bei so viel andern Obliegenheiten die sich von selbst immer wieder heranfinden die Möglichkeit nicht. Jezt habe ich zwei Bände des Platon revidirt und sehr genau durchgearbeitet für einen neuen Drukk und an den dritten gehe ich jezt. Dabei habe ich wieder ein kleines Pamflet über die Synodalverfassung in der Arbeit, worin ich wieder auf die mildeste Weise zu zeigen suche | wie ungeschikt die Sache angelegt ist. Zum Theil trifft das nun wieder die allerhöchste Person. Wie diese sich eigentlich über meine liturgische Schrift geäußert hat, darüber weiß ich nichts authentisches; ich habe das auch gehört was Sie anführen, aber ich kann es nicht verbürgen. Eine neue Liturgie für die Domgemeine hat er 20 in] korr. aus im 34 revidirt] folgt )für*

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Briefe 4344 – 4346

allerdings gemacht, die im wesentlichen ganz dasselbe ist, die Gebete alle hintereinander mit Chören dazwischen und die Predigt hinterdrein. Das Dom Ministerium soll noch gegen diese Anordnung und gegen einige Einzelheiten protestirt haben, wovon ich aber nichts näheres weiß. Der alte Sack thut eigentlich was man von seinem Alter und seinem einmal etwas feinen Wesen nur gutes erwarten darf, und ich glaube, daß er zu einem höheren Grade von Festigkeit nicht möchte aufzurütteln sein, sonst läßt es wol Eichhorn nicht daran fehlen. – Was ich von De Wette halte das werden Sie wohl am besten aus meiner Zueignung vor dem Lukas sehn. Er ist freilich sehr neologisch aber er ist ein ernster gründlicher wahrheitsliebender Mann, dessen Untersuchungen zu wirklichen Resultaten führen werden, und der vielleicht auch für sich selbst noch einmal zu einer andern Ansicht kommt. Da er so mannigfaltig verlästert und verklatscht wird: so habe ich es für meinen Beruf gehalten auch hier den Handschuh aufzunehmen. Sie werden denke ich auch daraus sehen, daß das Herz noch frisch ist. Deshalb aber thut es immer wohl von der Freunde Liebe und Treue zu vernehmen[.] Denn das erhält eben frisch. – Ich habe erst zu spät erfahren daß Bekker Ihnen kein Exemplar des Lukas mitgenommen | hat; nun habe ich keins mehr und muß Sie vorläufig Ihrem Schicksal überlassen. Daß es schlecht geschrieben ist weiß ich; aber über die Sache möchte ich gern Ihre Meinung hören sobald Sie Sich hinein und durch gearbeitet haben. An die Apostelgeschichte bin ich bis jezt noch nicht gekommen und weiß auch noch nicht, ob ich sie diesen Sommer werde zwingen können. Wie wenig es mit dem Briefschreiben ist, daß weiß ich recht gut und wünschte eben deshalb sehr daß wir uns einmal sähen. Ich will Ihnen aber nicht sehr zureden herzukommen, denn ich habe jezt erst an Steffens gesehen wie wenig Ausbeute das giebt. Was dies Jahr aus meinen Reisen werden wird, weiß ich noch nicht. Lassen mir die Synoden Zeit und die Umstände Geld so mache ich eine Reise nach Schwaben. Muß ich mich aber auf kürzere Zeit einschränken, dann gedenke ich eine Fußreise in den Thüringer Wald zu machen, und das wäre sehr schön wenn wir da zusammentreffen könnten. Vierzehn Tage sollten Sie wohl einmal Ihr Amt unterbringen und Ihre Frau im Stich lassen können. Denken Sie nur wahrhaft daran so wird es schon gehn. Was Sie mir von Wucherer schreiben ist mir ganz verworren und unverständlich geblieben weil ich hier gar nichts näheres darüber vernommen. Karoline kommt so nun hin – die Arme hat viel verloren an dem lieben Kinde. – Nun habe ich noch einen Auftrag; nemlich ich will allerlei Acqui44 soll] korr. aus n

78 lieben] korr. aus Kinde

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sitionen machen auf Heindorfs Auction. Buttmann soll mir nur noch die Preise beschreiben und Sie besorgen dann wol das weitere. Sobald ich den Betrag erfahre nach beendigter Auction werde ich Anstalt zur Zahlung machen. Nun Gott befohlen. Grüßen Sie alle Freunde und unbekannter Weise Ihre Frau herzlich Schleiermacher

4345. An Johann Wilhelm Rautenberg. Berlin, Sonntag, 1. 6. 1817 Herrn / Cand. Rautenberg [Rückseite]

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Wollen Sie mit Herrn Pauli den Sie ja doch wohl sehen uns heute Abend wenn das Wetter nicht zu ungünstig ist besuchen so wird es mir Freude machen. Sonntag d. 1t. Jun. Schleiermacher

4346. An Charlotte von Kathen. Berlin, Montag, 9. 6. 1817 Berlin d 9t. Jun. Liebste Schwester, ich kann es nicht lassen auch ein Wort drein zu reden in Deine und Jettens Erörterungen über das magnetische Wesen und was 4345. Überlieferung: H: Universitätsbibliothek Gießen, HS 136 M. Rautenberg, hier Kandidat genannt, studierte bis zum Sommersemester 1817 bei Schleiermacher und anderen in Berlin und kehrte im Herbst 1817 nach Hamburg zurück. Daraus und aus der Angabe des Wochentages ergibt sich das Jahr 1817. 2 Pauli] korr. aus R 4346. Überlieferung: H: BBAW, SN 753/1, Bl. 71–74; D1: Br 2, S. 315–323 (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 244–249 (gekürzt, Ergänzungen zu D1). Der Brief wurde offenbar zusammen mit einem Brief von Henriette Schleiermacher verschickt. Die Drucke lesen „Jan.“ statt „Jun.“ und datieren den Brief auf den 9.1. Für die Lesart „Juni“ spricht, dass vom neuen Jahr nicht die Rede ist und dass Schleiermacher von der bevorstehenden Geburt eines Kindes schreibt (dies wurde am 12.7. geboren, laut Brief 4357 Z. 4–5 vom 13. 7. 1817 eine Woche früher als erwartet).

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Brief 4346

damit zusammenhängt, um so mehr als es doch auch auf mich und mein Verhältniß dazu immer mit bezogen wird. Nicht als ob ich Dich irgend wankend machen wollte in dem bestimmten Entschluß mit dem Du dich ganz davon zurükgezogen hast so sehr es dich auch früher anzog; sondern es scheint mir nur unter diesen Umständen fast Pflicht Dir und den andern dortigen Freunden meine Meinung und Ansicht von der Sache so bestimt als es gehn will ohne daß ich eine ordentliche Abhandlung schriebe auseinanderzusezen, theils damit Ihr nicht etwas in mich hineindenkt was gar nicht in mir ist, theils auch weil Ihr mir scheint die Sache gar nicht aus dem rechten Gesichtspunkt anzusehn Du und die Garzer Lotte und soviel ich aus euern Aeußerungen merken kann auch die dortigen männlichen Freunde. Auf dem Wege der wissenschaftlichen Versuche ist allmählig die Entdekkung derjenigen Erscheinung gemacht worden welche wir unter dem Namen des thierischen Magnetismus begreifen. Diejenige Seite derselben, welche sich auf das Nervensystem und mittelst desselben auf den ganzen thierischen Lebensprozeß des Menschen bezieht, ist durch eine Reihe von Erfahrungen, welche ziemlich so vollständig ist als die über jedes andere Heilmittel in die Arzneikunst eingeführt | worden, und ich kann in dieser Hinsicht keine andre sittliche Vorschrift über den Gebrauch des Magnetismus anerkennen als über den jedes andern Heilmittels. Es giebt auch andere Mittel von denen man nicht genau vorhersagen kann was für Nebenwirkungen sie im Körper und auch im Gemüth hervorbringen, wie Queksilber, Belladonna, spanische Fliege und alle Gifte. Wie in Hinsicht dieser so mag auch in Hinsicht des Magnetismus jeder sich seinem Arzt anvertrauen, und dem Arzte kommt es zu genau zu beobachten wie in jeder Natur die Nebenwirkungen sich zur Hauptwirkung verhalten um danach sein Verfahren abzumessen. Wenn aber ein einzelner etwa sagt Ich fürchte die spanische Fliege könnte mir einen Reiz zur Wollust geben den ich nicht überwinden könnte und ich will also im Nothfall lieber sterben als spanische Fliege einnehmen, oder ich fürchte das Bilsenkraut könnte mir meinen natürlichen Humor nehmen und ich will lieber sterben als auf solchem Wege ein anderer Mensch werden: nun so ist das eine Sache die jeder mit seinem Gewissen auszumachen hat, nur muß er keine allgemeine Regel daraus für alle machen wollen. Grade so ist es mit den geistigen Nebenwirkungen des Magnetismus. Die sogenannten höheren Zustände sind größentheils völlig vorübergehend auf den Zeitraum des jedesmaligen Schlafs beschränkt ohne Zusammenhang und ohne allen Einfluß auf das übrige Leben (denn eine 10 daß ich] über der Zeile

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Erscheinung wie die Fischer ist fast einzig in ihrer Art) Ich sehe also das Bedenkliche gar nicht daß man wenn der Arzt es vorschreibt ein Mittel gesund zu werden versucht auf die Gefahr in | diese vorübergehende Zustände zu gerathen, die ja, wenn man es will, auch ganz ungebraucht vorübergehen können. Was man gesagt hat von einer geistigen Abhängigkeit in welche der Magnetisirte vom Magnetiseur gerathe das ist größtentheils Fabel, und wo es sich wirklich findet kaum etwas anderes als die Zuneigung die die meisten Kranken zu einem bewährten Hausarzt fassen. Ich habe Schuberts neues Buch noch nichts gelesen aber ich kann mir recht gut denken was der liebenswürdige aber auch etwas verworrene und sehr durch persönliche Verhältnisse bestechbare Mensch vorbringt. Er hat sehr recht sich keine magnetische Kur zu erlauben, und hätte nie eine unternehmen sollen, da er ja eigentlich gar kein Arzt ist und keine andern Kuren unternimmt. Natürlich also kann er nie das rechte gute Gewissen dabei gehabt haben, und natürlich müssen sich auch alle solche Nebenwirkungen unter seinen Händen anders gestaltet haben da er in einem ganz andern Verhältniß zu denen die er behandelte stand als ein eigentlicher Arzt. Hat er also hier warnende oder beängstigende Erfahrungen gemacht so hat er sich das selbst zuzuschreiben. Also ich würde jedesmal ohne Bedenken alle Menschen die mir lieb sind in Krankheitsfällen auf Verlangen meines Arztes von einem dazu qualificirten Manne magnetisiren lassen, und nur wie bei jedem andern heroischen Mittel auf die Nebenwirkungen ein wachsames Auge haben Was ferner den medicinischen Rath betrifft den magnetisirte wenn man ihre Aufmerksamkeit darauf lenkt für Andere ertheilen: so kann ich nicht einsehen warum der Arzt nicht das Recht haben soll, solchen Rath einzuholen und sich ihn zu Nuze zu machen. Es ist ein Gebrauch den er macht von einem Zustande den er hervorgebracht hat, und ein Gebrauch der unmittelbar in seinem Beruf liegt. Das ist mir ganz dasselbe als wenn er von einem dem er die Kuhpocken einge|impft hat die Lymphe nimmt um sie einem andern einzuimpfen. Was die Zuverlässigkeit des Rathes betrifft so ist das wieder eine Sache die der Arzt beurtheilen muß. Ein Nichtarzt muß eben deshalb auch den Rath nicht einholen weil er ihn nicht beurtheilen kann, und weil auch gewiß der Rath selbst schon ganz anders wird, wenn ein Unkundiger als wenn ein Kundiger fragt. Ich würde nie die Fischer gebeten haben ihre Aufmerksamkeit auf mich zu richten, und als es Wolfart that war es mir auch nicht einmal lieb, weil es mir nemlich eine 48 f die Zuneigung] über )das Zutrauen* 49 die die] korr. aus das die aus Schaf 72 Zuverlässigkeit] korr. aus Zuversichtlich

71 Kuhpocken] korr.

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Brief 4346

Indiscretion schien da ich ihr ganz fremd war. Aber es war nun seine Sache, und ich bin dem Rathe gefolgt, soweit ihn Meier, der mich eigentlich behandelte, für zwekmäßig oder wenigstens unverfänglich erklärte; gegen den Rath des Arztes aber würde ich es niemal thun. So ist es auch mit den Tropfen gegangen, wie ich zur Beruhigung aller derer, welche ihre guten Wirkungen auf mich beobachtet haben noch einmal wiederhole. Meier sezte mir gleich eine Grenze, ich solle sie gebrauchen so lange sie mir den Appetit nicht wieder nähmen oder mir Widerwillen machten. Die Fischer sezte eine Zeitgrenze. Ich sah, daß Jette sehr wünschte, ich möchte mich an diese halten, allein ich würde es schwerlich, oder wenigstens nur gegen meine Ueberzeugung zu ihrer Beruhigung – der ich mich ja auch ganz oder theilweise aufopfern kann wenn ich will – gethan haben, wenn nicht schon früher der Widerwille und die Appetitlosigkeit eingetreten wäre. Was nun die geistigen Erscheinungen des Magnetismus betrifft: so ist meine Meinung darüber diese. Ich würde es gar nicht für Sünde halten wenn sich jemand von einem sachverständigen und wissenschaftlichen Manne magnetisiren ließe um Versuche mit diesen Erscheinungen zu machen. Warum? Alles was uns in der Natur vorkommt soll erfaßt werden – Denn nehmt mir nicht übel das ist ein wunderliches Ding wenn | eure Männer sagen der Magnetismus sei eine unergründliche Sache. Das kann man ja vorher nicht wissen außer in so fern alles unergründlich ist: und man muß also doch versuchen wie tief man der Sache beikommen kann. – Nur dieses geht eben nicht, weil das Magnetisiren nach allen bis jezt gemachten Erfahrungen in dem gesunden Körper gar nichts wirkt. Also es wird einmal immer nur der Kranke magenitisirt, und der soll natürlich nichts wollen als gesund werden, so wie der Arzt nichts als gesund machen. Auch kann selbst in dem Kranken der Arzt nicht willkührlich die höheren Zustände hervorrufen, so wenig als der Kranke sie herbei wünschen. Ueber lezteres hat man die bestimtesten Erfahrungen von Kranken, welche sehnlichst gewünscht haben schlafwachend zu werden, und es doch nicht geworden sind. Dagegen glauben freilich manche Magnetiseure es hänge von ihrem Willen ab das Hellsehn hervorzubringen; allein dies ist noch lange keine Erfahrung. Wenn nun die höheren Zustände, also vorzüglich das Sehen des Entfernten oder des zukünftigen, von selbst eintreten: so würde ich es wiederum nicht für Sünde halten wenn ein Kranker seinem Arzt erlaubte: Frage du selbst oder laß einen wissenschaftlichen Mann mich fragen in diesem Zustande alles was ihr wollt und was ihr 85 ich] korr. aus sie kührlich*

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nüzlich haltet um den Zustand gründlich kennen zu lernen, vorausgesezt daß ihr dadurch den Gang der Heilung nicht aufhaltet. Für sündlich würde ich es ansich nicht halten, aber für unnüz. Denn solche Versuche können nie ein befriedigendes Resultat geben weil der Zustand durch die Einwirkung von außen schon gestört wird. Ohne den Willen des Kranken aber seinen Somnambulismus zu solchen Versuchen zu benuzen, das ist gewiß sündlich, weil man keinen Menschen ohne seinen Willen zum Gegenstand eines Versuchs, also zur bloßen Sache machen soll. Ob man aber diesen höheren Zuständen | nahen dürfe oder nicht, darüber möchte ich, außer dem was die Pflichten gegen den Kranken mit sich bringen, gar keine allgemeine Regel geben. Mancher hat Ursach sich vor allem zu hüten was ihn zu sehr aufregt, der thut gewiß besser davon zu bleiben als sich den Kopf damit anzufüllen. Mancher würde gar nichts davon haben als die nuzlose Befriedigung einer eiteln Neugier, und einen solchen würde ich gewiß nie zu einem Kranken dieser Art lassen, denn kein Mensch soll zum bloßen Spektakel gemacht werden. Wer aber sonst in einem persönlichen Verhältniß mit einem solchen steht, wie Jette mit der Fischer, oder wem es wichtig ist sich eine klare Anschauung von der Sache zu verschaffen, warum soll der nicht nahen? So würde ich also Aerzte Naturforscher und Philosophen auch immer zu hellsehenden bringen (versteht sich, daß die Kranken es erlauben, und daß es ihnen nicht schadet) auch wenn sie in den höchsten Verzükungen sind. Aber freilich ist ein Kranker (und davon daß es Kranke sind muß man immer mit ausgehn wenn man die Sache richtig beurtheilen will) keine öffentliche Person, und also gehören auch seine Geistesthätigkeiten nicht ins öffentliche Leben, und das ist der große Unterschied zwischen den Magnetisirten und den alten Propheten. Demohnerachtet aber könnten doch die Aussagen der ersteren eben so zuverlässig sein als die der lezten. – Ueber die Natur dieser geistigen Erscheinungen aber und über ihre Wahrheit denke ich so. Von einem Gegensaz zwischen natürlich und übernatürlich, begreiflich und unbegreiflich weiß ich überhaupt nichts. Alles ist natürlich in dem einen Sinne und übernatürlich in dem andern. Selbst daß der Sohn Gottes Mensch geworden ist muß in einem höheren Sinne natürlich sein. So waren auch die Zustände der alten Profeten natürlich, und so sind es auch gewiß die magnetischen Erscheinungen Hier giebt es wie gesagt keinen Gegensaz, sondern nur eine unmerkliche Abstufung. Auf welchem Punkte die magnetischen Erscheinungen liegen, das ist nun eben noch der Gegenstand der Untersuchung, aber damit man dahinter | komme muß man sie eben beobachten. Im allgemeinen kann 116 zu] unter der Zeile 117 nicht] mit Einfügungszeichen über der Zeile 126 Regel] folgt )zu* 132 wie] korr. aus oder 137 daß] korr. aus muß

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Brief 4346

man wol nur sagen, daß durch die Veränderungen physischer Verhältnisse auf eine Zeitlang Schranken des geistigen Vermögens denen es gewöhnlich unterworden ist aufgehoben werden. In der Aufhebung solcher Schranken liegt aber auch alles höhere und göttliche der alten prophetischen und Offenbarungszeit denn sonst wäre der Mensch während der Weissagung oder Eingebung ja kein Mensch sondern ein anderes Wesen. Das höchst interessante der höheren magnetischen Erscheinungen ist ja eben, daß sie, wenn man sie erst recht verstehn wird unsre Vorstellungen von dem ursprünglichen und wesentlichen Umfang des geistigen Vermögens des Menschen erweitern werden, und damit zugleich auch gewiß manches aus der heiligen und dunkeln Zeit aller Völker aufschließen. Was endlich die Wahrheit und Zuverläßigkeit des Gesehenen betrifft: so giebt es in allem menschlichen eben so wenig einen gänzlichen Gegensaz zwischen Wahrheit und Irrthum als zwischen natürlichem und übernatürlichem. Kein Irrthum auch der allerverderblichste, der nicht an einer Wahrheit hinge, und keine Wahrheit die nicht die Möglichkeit des Irrthums in sich schlöße. Dies gilt auch von den alten Profeten. Theils so oft sie glaubten Gott fordre sie ausdrüklich auf konnten sie darin irren wie jeder Mensch[,] daher auch selbst in der Bibel Beispiele daß sie gegen die Stimme Gottes gekämpft[;] theils sahen sie auch in Bildern; daß sie diese in Worte übersezten, war schon nicht mehr jene ursprüngliche höhere Thätigkeit und konnte einen Irrthum oder Mißverstand enthalten. Eben so ist es mit den Magnetisirten. Sie sehen fast alles in Bildern; daß sie diese in Worte fassen ist schon nicht mehr jene ursprüngliche Thätigkeit in der die gewöhnlichen Schranken aufgehoben sind, sondern großentheils schon eine von dem gewöhnlichen menschlichen Vermögen ausgehende Auslegung und also ist Irrthum darin in höherem Grade möglich als in jenem. Ja man wird bei fleißiger Beobachtung wol bestimmen lernen was jeder Magnetisirte der treu und redlich zu Werke geht mit der größten Sicherheit und was mit der geringsten auslegen und mittheilen kann. Die ursprüngliche erhöhte Thätigkeit muß ja aber nothwendig[,] so gewiß sie eine Aufhebung sonst stattfindender Schranken enthält, und so gewiß im Wesen des menschlichen Geistes in allen seinen Thätigkeiten Wahrheit ist[,] auch eine größere Wahrheit enthalten als die gewöhnlichen Thätigkeiten. Auch dieses aber nur unter der Bedingung, wenn man den Zustand ungestört walten läßt. Darum ist alles bestimmte Fragen immer schon eine Entheiligung des Zustandes (und darin bestand auch der heidnische Frevel der alten Orakel) sondern wenn man ein reines Resultat haben will muß man sich ihn nur ausprechen 160 ja] korr. aus also

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lassen. Und allerdings wer sich einem so erhöhten und befreiten Geist nicht nahen könnte ohne ein solches willkührliches Eingreifen der bleibe lieber davon. Sonst aber kann ich die übertriebene Scheu nicht loben und weiß nicht warum der magnetisirte der ohnehin ein Kranker ist seinen Zustand noch dadurch büßen sollte daß man ihm alle freundliche Berührung versagte. Ich kann das nur Weichlichkeit oder Aengstlichkeit nennen. Es kann | jemand eine besondere Abneigung haben solche Zustände zu sehen, und man kann ihm die zu Gute halten. Aber nur muß man es nicht für etwas besonders sittliches und frommes halten wenn er dieser Abneigung auch da folgt, wo es sonst in dem natürlichen Gang der Dinge liegen würde daß er solche Zustände sähe. Die Fischer schläft jedesmal ein wenn ich zu ihr komme und ihr die Hand reiche; wenn ich nun aus Abneigung dagegen eine solche Freundin meiner Jette gar nicht sehen wollte würde ich mich nicht darum loben. Nanny hat auch eine solche Scheu; sie hat sich aber doch überwunden zur Fischer zu gehn, weil es in den natürlichen Verhältnissen lag, und sie würde sich nun auch gewiß nichts daraus machen wenn sie sie einmal schlafend fände. Doch ich erschrekke daß ich ein ganzes Buch geschrieben habe, und bedaure Dich wegen des Lesens; ich fing schon bei Licht an und konnte keine ordentliche Feder zurecht kriegen. Ich füge nur noch eins hinzu. Wie Du fürchtest das Anschaun solcher Zustände könne einen für das gewöhnliche thätige menschliche Leben verderben, das verstehe ich gar nicht, und Du mußt mir noch einmal erklären wie Du es meinst. Nun noch sonst ein Paar Worte. Meine Gesundheit geht jezt Gott sei Dank so gut als ich nur erwarten konnte; ich habe nur selten ganz leise Erinnerungen des Uebels, fühle mich frisch, bin geistig angeregter als ich es lange gewesen bin, und deshalb auch so fleißig als es sich will thun lassen. Man muß das Eisen schmieden weil es warm ist; und an eine gänzliche Heilung glaube ich nicht, sondern rechne darauf, daß auch wieder schlimme Zeiten kommen werden nach den guten. Eben deshalb aber überarbeite ich micht nicht um diesen Wechsel nicht zu beschleunigen. Von unserer schönen Hofnung, die gewiß nicht wenig zu meinem frischen Leben beiträgt, hat Dir Jette geschrieben. Ich erkenne es recht dankbar und bin sehr glüklich darüber. Gott helfe nur glüklich weiter. Für Deine Reise hieher giebt Dir das auch ein schönes Ziel. Komm nur im eigentlichen Herbst, wenn ich von der Ferienreise die ich doch gewiß irgendwohin mache zurük bin und Jette wieder frisch ist, das heißt Anfangs October dann ist das Kleine denk ich im dritten Monat und Du kannst auch schon etwas Tantenfreude daran haben. Meine Meinung ist, daß wir Dir unsere Jette noch den Sommer über lassen, und ich denke Jette wird sich dazu

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Briefe 4346 – 4350

bequemen. Der Sommer muß ihr ja erst recht gut thun, und die Mutter könnte auch nur wenig für sie thun. Deine Lotte ist uns ein gar lieber Gast und sie erinnert mich oft durch Ton Bewegung und Mienen auf eine unbeschreiblich liebe Art an Dich. Grüße all Dein Volk aufs herzlichste. Daß Furchaus auch nicht einmal ein Wörtchen von sich hören lassen ist doch nicht halb recht. An Jette will ich noch Morgen früh wo möglich ein Paar Zeilen schreiben. Schl.

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*4347. An Immanuel Bekker. Berlin, Anfang Juni 1817 Vom Schreiben.

4348. Von Sauerwald. Berlin, Sonntag, 15. 6. 1817 An / Dem Königlichen Doctor und Professor / Herrn Prediger Schleiermacher / Hochwürden / zu / Berlin [Bl. 28v] Hochwürdiger Herr Sehr Hochgeehrtester Herr Doctor und Professor! ich habe als Inspector bei der Lazareth Anstalt der Preußischen Armee im Lezten Feldzug gedient, und bin von der Berlinschen, dazumal noch Potsdamschen Regierung als Visitator für meine treu geleisteten Dienste notirt, da jedoch wegen der vielen Invaliden diese Versorgung etwas weit Aussehend für mich seyn könnte, so erlaube ich mich, mit diesen Zeilen an Ewr Hochwürden zu wenden. ich habe erfahren daß eine Stelle als Kirchen-Diener bei der Dreifaltigkeits-Kirche vacant sey, ich würde der glücklichste Mensch auf der Welt 233 könnte] folgt )ei* *4347. Erschlossen aus Brief 4350 Z. 3–5 vom 22.6. und Brief 4363 Z. 6–7 vom 20. 7. 1820; in letzterem schreibt Bekker, der Brief sei nicht angekommen. 4348. Überlieferung: H: ELAB, 10405, Nr. 752, Bl. 23. 28. [Datum abgerissen] Schl“.

Empfangsvermerk: „pr

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seyn, wenn Ewr Hochwürden mich diese Versorgung angedeihen ließen, ich bin ein Familien-Vater und bin kaum im Stande mein bißchen Brod bei der jetzigen | so theuren Zeit zu verdienen, und da ich das gesezliche Alter solchen Posten bekleiden zu dürfen, erreicht habe, so glaube ich mit Recht bei Ewr Hochwürden wegen dieser Anstellung keine Fehlbitte gethan zu haben. Die Atteste meines moralischen Karakters so wie zur Versorgung notirte, werde ich auf Ewr Hochwürden Verlangen sogleich einreichen. nach nochmaliger allergehorsamster Bitte ersterbe Ewr Hochwürden allerunterthänigster Diener Sauerwald Bürger, und gewesener Lazareth-Inspector. Schützenstraße Nro. 25 unterer Laden Berlin den 15ten Juny 1817.

*4349. Von Joachim Christian Gaß. Mitte Juni 1817 oder früher Seine kleine Tochter sei gestorben.

4350. An Immanuel Bekker. Berlin, Sonntag, 22. 6. 1817 Herrn / Professor Bekker / Verona [Rückseite des zweiten Blattes] Berlin d 22t. Junius 1817 Schon seit geraumer Zeit lieber Freund habe ich Ihnen auf Ihren Zettel vom Nicht-Schreiben durch einen Nicht-Zettel vom Schreiben geantwor*4349.

Erschlossen aus Brief 4356 Z. 2–4 vom 5. 7. 1817.

4350. Überlieferung: H: University of Chicago Library, Special Collections Research Center, Immanuel Bekker Papers; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 50–53

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Briefe 4350 – 4351

tet; und dabei würde es vielleicht noch eine ganze Weile geblieben sein, wenn nicht Ihr Brief von diesem Monat ohne Tag an die Klasse, den aber Buttmann zuerst in der Gesammtsizung vorgelesen hat, mich plözlich in Athem sezte. Ich erschrekke mich ordentlich darüber, daß Sie so schnell von Verona fort wollen; Savigny glaubt gar nicht an die Möglichkeit den Codex so schnell zu absolviren, und ich denke wenn auch der absolvirt wird so haben Sie doch noch gar nicht die andern Niebuhrschen Sachen entdeckt und die ganze Bibliothek durchstöbert ob nicht noch mehrere rescripta vorhanden. (Nebenbei untersuchen Sie doch auch etwas näher was für theologica auf den andern Blättern unter dem Hieronymus stecken.) Ich hoffe also nicht daß es so grausame Eile haben wird; indeß soll Buttmann sogleich den Geldausschuß zusammen trommeln. Aber was sollen wir nun machen wenn wir zusammenkommen? Ich sehe doch im voraus, es wird darauf hinauslaufen Sie aufzufordern, daß Sie Sich nun, nachdem Sie solange in Italien sind, darüber erklären, was Sie dort zu brauchen gedenken. Denn einen andern Maaßstab haben wir immer noch nicht. Schikken Sie sich also immer hierauf an und sezen Sie alle für das Verhältniss auch wirklich nicht passende Bedenklichkeiten bei Seite. Auch werden Sie uns wol in Kenntniß sezen müssen was für ein ökonomisches Arrangement Sie mit Göschen getroffen haben, oder wenigstens für wie lange Sie durch die erste Bewilligung gedekt sind und von welchem Termin an also die neue laufen soll. Uebrigens hat die Sache selbst ja gar keine Schwierigkeit; ohnerachtet zwischen der Akademie und dem Minister alles noch auf dem alten Flekk ist; wir haben noch keine Antwort, wir haben noch keinen Etat; so daß ich für meine Person auch schon damit umgehe noch einen andern Keil einzutreiben. Ihre Ansicht von Jakobi ist wie ich sie erwartet hatte; auch bin ich nicht böse über seine Meinung von meiner Consequenz. Aber er | hat doch nur in sofern Recht, daß ich seine Grundpfeiler nicht als Grundpfeiler gelten lasse; denn als Meinungen selbst habe ich sie ja nicht angegriffen. Er scheint aber fast mit dem alten Jänicke zusammen zu treffen, der heut vor Acht Tagen mention honorable von mir auf der Kanzel gemacht hat, und als Plewe ihn darüber zur Rede stellte sich damit entschuldigt hat, er habe doch gehört, daß ich den Spinoza in Schuz genommen und der sei ja ein Gottesläugner gewesen. Bei uns ist noch alles beim Alten; denn das Neue war eigentlich auch schon vor Ihrer Abreise geschehen. Daß etwas zwischen Arndt und Nanny vor sei werden Sie eben so gut gemerkt haben als wir. Seitdem ist es denn 16 den] korr. aus das

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zuerst uns unter dem Siegel der Verschwiegenheit und nur seit ganz kurzem öffentlich kund worden. Er will nun nächstens reisen und Anfang September wieder kommen um sie zu haben, so daß Sie menschlichem Ansehn nach das Haus ziemlich werden verändert finden. Meine Frau fängt an täglich unbeholfener zu werden, und in wenigen Wochen werde ich Ihnen auch von dieser Seite etwas neues melden können. – Unser Andocides ist sehr zusammen geschmolzen, indem nun auch Süvern verreist ist; mit meinen Reisen wird es dies Jahr wohl gar nichts werden. Die kleine Schrift über die Synoden hat mich wegen der kürzlich erschienenen Synodalordnung aufs neue aufgehalten, so daß ich nur vor ein Paar Tagen die ersten Bogen des 2ten Theils des Platon an Reimer geschikt habe. Mit Ihrem 5ten Bande haben Sie mich vergessen, und ich habe mich deshalb an Reimer gewendet. Sonst hoffe ich werden Sie durch Göschen alle Berolinensia erfahren. Wenn Sie erst allein sind will ich schon besser aufpassen. Erzählen Sie uns aber doch auch was Sie die 18 Stunden täglich machen wenn Sie nicht auf der Bibliothek sind? Die meinigen grüßen herzlich. Es thut mir leid daß diese Gelegenheit die Göschen wohl sehr angenehm überraschen wird mir so plözlich über den Hals gekommen ist daß ich nur eben das erste beste zusammenraffen konnte. Gott befohlen, und lassen Sie bald von sich hören. Von Herzen der Ihrige Schleiermacher

*4351. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, vor dem 23. 6. 1817 Anweisungen für die Auktion von Heindorfs Bibliothek.

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Erschlossen aus Brief 4352 Z. 16–17 vom 24. 6. 1817.

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Briefe 4352 – 4353

4352. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 24. 6. 1817 Halle den 24t Juny 17. Das Resultat des Bücher Ankaufs ist doch nicht so günstig ausgefallen als es mir anfänglich schien: Bis zum Thesaurus konnte ich nur selbst dabey seyn; wegen der übrigen Sachen hatte ich dem Antiquar befohlen auch selbst bedeutend die Commission zu überschreiten und hofte daher doch noch einiges zu erhalten, die Rechnung die ich erst jetzt erhalte zeigt mir das Gegentheil: auch ist in der That das Meiste zu unerhörten Preisen nur erstanden worden, PDamersS Lexikon z.B. soll mit 13 rth bezahlt worden seyn. Auf beyliegender Rechnung stehen noch einige Sachen die ich für mich gekauft, Sie haben daher nur 81 rth 11 g oder mit Kosten und Einballung 82 rth 11 g zu zahlen, auf jeden Fall aber ersuche ich Sie mir die Rechnung zurükzuschicken, damit ich mit dem Antiquar aufs Reine komme. Die Kiste sollte zu Wasser gehen, der Bruch einer Schleuse aber bey Bernburg wird vermuthlich Herrn PSchwetzkeS der die Besorgung übernommen, nöthigen sich eines Fuhrmanns zu bedienen, so erhalten Sie sie doch schneller. Bey dem Umschlag bleibt es übrigens, denn Ihren Zettel durch Schede erhielt ich erst als ich die Bücher schon erstanden hatte. Alle die hier die trefliche Nanny kennen haben sich unendlich über ihre Verbindung mit Arndt gefreut, wir wünschen nur noch daß er seinem Versprechen gemäß uns diesen Sommer noch besuchte. Dabey erinnere ich noch daß dieser Sommer sehr zu Fußreisen einladet. Carolinen denke ich nun recht fleißig zu sehen, bisher habe ich sie zwar oft aber in zu großer Gesellschaft gesehen; die Kinder sind prächtig: wollte Gott mir würde auch so eins beschert. Tausend schöne Grüße, auch von meiner Frau an Nanny, Arndt wenn er noch da ist, Ihre liebe Frau und Schede’s. Leben Sie wohl Blanc

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Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 93.

Mit einer Rechnung.

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4353. An Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Sonnabend, 28.6. bis Freitag, 4. 7. 1817

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Von wannen ich Ihren lezten freundlichen Zettel erhalten habe bester Graf, der mich zum Schreiben einlud, habe ich nicht erfaren können[,] so viel Mühe ich mir auch gegeben; weil ich hoffte, es sollte mir daraus gleich eine sichere Gelegenheit an Sie zu schreiben hervorgehn. Späterhin sagte mir Nikolovius er würde mir im April eine Gelegenheit schaffen, allein er hat sich nicht gemeldet, und so hat es sich sehr gegen meine Wünsche hingezogen bis jezt. Nun aber muß ich auch wirklich dazu thun wenn Herr von Schön der uns wol künftige Woche verlassen wird einen ordentlich Brief mitnehmen soll. Wo ich den Faden wieder aufzunehmen habe weiß ich warlich nicht mehr; indeß kommt es auch so genau nicht darauf an da seit meinem Austritt aus dem Unterrichtsdepartement das Leben gar sehr aus einem Stükk gewesen ist; sehr wechselnde Gesundheit, viel gute Vorsäze besonders zu schriftstellerischer Thätigkeit von denen gar sehr wenig ist ausgeführt worden abwechselndes Gedeihen auf der Kanzel und dem Katheder je nachdem Gesundheit und Stimmung war, unbefriedigte gute Wünsche | in Bezug auf die öffentlichen Angelegenheiten und eine Gott sei Dank ganz ungetrübte häusliche Zufriedenheit. Im Gebiet der lezteren wird sich in kurzem mancherlei ereignen dem wir von Herzen guten Ausgang wünschen, aber eigentlich auch gar nicht daran zweifeln. Meine Frau nemlich erwartet im künftigen Monat eines Kindes zu genesen, und meine Schwester Nanny ist seit nicht gar langem verlobt mit dem Ihnen ja wol auch bekannten Ernst Moriz A r n d t . Ich wünsche nur daß Sie ihn auch recht kennen, damit Sie Sich von ganzem Herzen mit uns freuen, denn es ist ein gar lieber frischer und in seinem ganzen Leben grundmilder Mensch ohne die mindeste Spur von etwas hartem oder revolutionairem, kurz ich wüßte nicht was mir lieberes hätte begegnen können als diese Verbindung. Er ist eben heute abgereist und wird Anfang September wiederkommen zur Hochzeit. Hoffentlich ist bis dahin auch die Angelegenheit der rheinischen Universität entschieden, an welcher er – so sicher als man bei uns etwas haben kann – die Aussicht hat angestellt zu werden. Sonst | ist alles beim Alten, Frau und Kinder 4353. Überlieferung: H: GStA, Fürstliches Hausarchiv Dohna, 2160; D: Schleiermacher: Briefe an die Grafen zu Dohna, S. 61–66. Mit einem Exemplar der Schrift „Ueber die neue Liturgie für die Hof- und Garnison-Gemeinde zu Potsdam und für die Garnisonkirche in Berlin“. Die Anfangsdatierung ergibt sich aus der erwähnten Abreise Arndts am Schreibtag, welche laut Brief 4356 Z. 27 vom 5. 7. 1817 an Gaß am 28. 6. 1817 stattfand.

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Brief 4353

gesund, und auch meine älteste Schwester ist zwar zu schwächlich um sich in bestimmte Verhältnisse hineinzuwagen und zum Theil sehr leidend, aber doch heiter und im Unterricht der kleinen Kinder so geschäftig als es ihre Gesundheit gestattet, und ist sie leidend, so gereicht es uns zur Freude sie pflegen zu können. Nur unser Haus ist uns zu klein geworden, und wir räumen es im Herbst gänzlich, und nehmen eine Wohnung in dem großen Hause welches Reimer gekauft hat, die uns zugleich wegen des schönen Gartens dahinter das Herausziehen in den Thiergarten erspart. Nun habe ich Sie ganz in meine Häuslichkeit hineingeführt, und damit das beste vorweggenommen denn alles übrige wird weniger erfreulich sein. Meine Amtsverhältnisse schon tragen einen sehr polemischen Charakter. Vielleicht ist die kleine Schrift über die Garnisonliturgie zu Ihnen gekommen das beikommende Exemplar hat von Anfang an für Sie hier gelegen und vergeblich auf Gelegenheit gewartet, nehmen Sie es also immer noch hin. Diese Liturgie ist vom Kabinet ausgegangen, und Niemand will sie auf sich nehmen weder Eylert noch Offelsmeier, und auf jeden Fall ist auch der Hauptübelstand von einer solchen Art, daß ein Geistlicher nicht leicht darauf würde gefallen sein, und also höchstwahrscheinlich der Allerhöchsten Person selbst zuzuschreiben gegen die ich also mit einem sehr ungetheilten Beifall zu Felde gezogen bin. Der Befehl daß die Liturgie in allen Militärkirchen eingeführt | werden sollte war freilich schon gegeben ein Paar Tage ehe meine Schrift erschien, und ist nicht zurükgenommen worden. Hernach hieß es Offelsmeier habe eine Vertheidigung der Liturgie gegen mich geschrieben und dem Könige vorgelegt; ist es wahr so muß doch der König besser gefunden haben sie liegen zu lassen denn erschienen ist sie nicht. Neuerlich hat er nun dem Bischoff Sack aufgegeben eine neue Liturgie für die Domgemeine zu entwerfen, und diesem dann seinen ganz anders gestalteten Entwurf zu einer sehr großen Ähnlichkeit mit jener Liturgie umgearbeitet zurükgeschikt mit der ganz unköniglichen Aeußerung er habe nur einige Kleinigkeiten daran geändert. Da hat sich denn doch das DomMinisterium das Herz genommen großentheils mit meinen Gründen, aber weislich und natürlich ohne auf mich zu verweisen, protestando einzukommen und schließlich zu bitten, daß wenn der König von der Liturgie nicht abgehn wolle, er wenigstens erlauben wolle daß sie vordrukken dürften sie sei vorgeschrieben. Darauf hat er denn doch – gewiß sehr unzufrieden – geantwortet die Sache solle vor der Hand auf sich beruhen bleiben. Jezt habe ich nun in der andern Schrift über die Synodalverfassung einen neuen Kampf begonnen gegen den mir ganz unbekannten Verfasser 44 gelegen] korr. aus gelesen

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des Entwurfs der Synodalordnung. Dies hoffe ich wird mich wenigstens in der königlichen Ungnade nicht weiter bringen indem ich die ursprüngliche Idee des Königs vertheidige gegen die schlechte Umgestaltung welche das Ministerium ihr gegeben hat. | Herr von Schuckmann aber wird mir sehr gram werden über die wiederholte Hinweisung darauf daß die Synodalverfassung nicht ohne ein vom Staatsrath berathenes Gesez in sichere Wirksamkeit treten kann. Denn er hat sich absichtlich gehütet irgend etwas aus seinem Ministerium vor den Staatsrath zu bringen. Was Nicolovius sagen wird, weiß ich nicht. Ihm aber der sich für diese Gegenstände so vorzüglich interessiert muß ich auch am meisten die Schuld beimessen daß ein so schlechtes und ganz zwekwidriges Machwerk hat durch das Ministerium gehn können und ich kann Ihnen überhaupt nicht läugnen er ist seit einiger Zeit durch seine kraftlose Art sich zu benehmen bedeutend in meiner Achtung gesunken, und es kann mir ordentlich bange machen daß es gute und brave Männer von Einfluß [giebt] welche für den Fall daß die Geistlichen und SchulSachen wieder ein eignes Ministerium bilden sollten ihr Augenmerk auf ihn gerichtet haben. Denn ich bin jezt vollkommen überzeugt daß es ihm dazu ganz an Kraft und Sicherheit fehlt. Sondern wenn eine solche Theilung erfolgte: so würden Sie liebster Graf Sich schon bequemen müssen den Schauplaz noch einmal zu betreten; denn Niemand ist dazu so geeignet. Doch hievon zu reden hat Zeit bis der Fall eintritt. Seit ich diesen Brief angefangen hat nun auch das plenum des Staatsraths seine erste Sizung gehabt, und viel erfreuliches wird ja davon unter der Hand erzählt. Es ist von vielen Menschen schön und klar gesprochen worden, die Sizungen sind sehr lebendig gewesen, eine freie Opposition gegen die Minister ist hervorgetreten (Schukmann ist wie gesagt schlau genug gewesen nichts zu bringen | darum hat sie ihn gradezu nicht treffen können.) trefliche Grundsäze sind ausgesprochen worden und haben sich unter den Mitgliedern festgestellt. Kurz es ist sehr viel gewonnen und man kann Gott nicht genug danken daß dieser Schritt endlich geschehen ist. Es wird schwer sein ihn zurükk zu thun, und er muß allmählig weiter führen. Auf Details lasse ich mich nicht ein, die wird Ihnen Herr von Schön besser geben, den Sie doch nächstens ausführlich sprechen müssen. – Wenn sich die Geistlichen in den Synoden nur auch gut machen; was ich meines Orts dazu beitragen kann soll nicht fehlen. Auch das wird dann immer mehr Freude und Antheil an größeren berathschlagenden Versammlungen geben, und so wird man wohl allmählig den Muth gewinnen zu den ständischen Versamlungen zu schreiten. Auch die Prinzen haben im Staatsrath mit großem Interesse zugehört und mitgestimmt, und der Kronprinz, wie mir Eichhorn gesagt hat, gegen Ancillon, woraus ja hervorgeht, daß er

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Briefe 4353 – 4354

sich einige Freiheit zu erhalten sucht. Gott gebe daß das angefangene Werk nun leisen aber sichern Ganges vorwärts schreite und weder übelwollende noch überspannte Menschen es verderben. Noch eins habe ich mir aufgespart zulezt, von unserer Freundin mit Ihnen zu reden. Ihnen hat sie doch gewiß kein Geheimniß daraus gemacht daß sie wahrscheinlich in diesen Tagen förmlich zum Christenthum übertritt. Ich wünsche ihr von Herzen Glükk dazu daß sie sich vom halben zum Ganzen gewendet hat. Seitdem sie durch den Tod ihrer Mutter ganz frei ist haben schon | viele liebe und gute Menschen angefangen an der Aufrichtigkeit ihrer religiösen Aeußerungen zu zweifeln und sich mehr von ihr zurükzuziehn und auch mir war es unverständlich von ihr. Ich bin auch noch nicht im klaren darüber, was sie so lange zurükgehalten hat, da wir uns gar zu selten allein und frei genug sehen, um tiefre Gespräche anzuknüpfen. Ich bin gewiß, es wird ihr noch ein neues und freieres Lebensgefühl aufgehn in der christlichen Gemeinschaft, wiewol sie es noch frischer genießen würde wenn sie nicht grade jezt nach Italien reiste. Auch wir hatten dieses Jahr eine große Reise vor allein die bevorstehende häusliche Freude hat einen Aufschub nöthig gemacht doch jezt würden mich auch die Synoden zurükgehalten haben. Aber nun habe ich Ihnen auch übergenug vorgeschwazt liebster Graf. Lassen Sie mich nun nur noch bitten statt der Kunde aus der dritten Hand mich auch einmal wieder mit unmittelbarer zu versehen von Sich und den Ihrigen. Was ich vernommen war alles freudig und gut nur von Graf Fabian wurde mir nicht recht klar ob er zu einem recht frischen Leben durchgedrungen ist, und von Graf Helvetius Gesundheit haben wir leider Trauriges gehört. Möchte er sich doch entschließen recht gründlich und anhaltend den Magnetismus zu gebrauchen, der sich schon so sehr oft bei organischen Fehlern und innern Verhärtungen höchst wirksam erwiesen hat. Ich mache | sonst nicht gern öffentlich den Apostel dieses Mittels wegen des vielen Geträtsches was immer angeht wenn auch nur die Rede davon ist aber die wunderbare Wirksamkeit in gar verschiedenartigen Fällen ist doch unläugbar. Möchte doch kein Vorurtheil den Graf Helvetius hindern wenn sich kein anderer sicherer Weg zeigt einen Versuch hiemit zu machen mit dem er sich aber ja nicht auf kurze Zeit [wird] beschränken müssen, denn es dauert freilich bisweilen Monate ehe die Natur für dieses Mittel aufgeschlossen wird. Tragen Sie ihm doch diesen meinen Wunsch vor mit den herzlichsten Grüßen. Meine Frau und Schwester empfehlen sich sehr herzlich, und ich bitte Sie mich gelegentlich Allen den lieben Ihrigen in freundliche Erinnerung zurükzurufen. Wann wird die Zeit kommen wo wir uns einmal wiedersehn? – Daß Sie jezt nicht zum Staatsrath gerufen sind ist wol bloß durch Ihre persönlichen Verhältnisse mit Schuckmann veranlaßt; aber ich hoffe

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dieser Stein des Anstoßes wird auch bald aus dem Wege geräumt sein, und so will ich wünschen daß Sie eher hieher kommen mögen als ich daran denken kann einmal nach Preußen zu reisen. Von ganzem Herzen der Ihrige Schleiermacher 4t. Jul. 17

4354. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonntag, 29. 6. 1817

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Einen Posttag früher lieber Freund hätte ich allerdings kommen können mit meiner Sendung allein der ist vergangen weil ich versuchen wollte es ohne Kosten durch Assignation abzumachen: das ist mir aber in der Geschwindigkeit nicht gelungen und so will ich lieber in den sauren Apfel beißen das Geld mit der Post zu schicken. Sie erhalten also hiebei 80 r in 16 Stük Tresorscheinen. Die übrigen 2 r 11 g lassen Sie Sich entweder vom Fuhrmann geben, wenn er noch nicht fort ist dem ich sie dann mit der Fracht bezahle oder von Karoline und ich gebe sie an Schede. Es muß übrigens zu diesen 2 r 11 g noch etwas dazu kommen denn auf der Rechnung stehn noch keine Provisionen für den Commissionär den Sie gebraucht haben. Sie müßten denn gar selbst da gewesen sein, und das würde ich übermüthig finden. Uebrigens ist mir die Kiste lieber zu Lande und bald als zu Wasser nach langer Zeit. – Arndt war noch hier als Ihr Brief ankam und hat Ihren Gruß empfangen aber Gestern ist er über Leipzig gereist[;] wenn er also nicht etwa seinen Rükweg zur Hochzeit über Halle nimmt wird er sein Versprechen wol nicht halten. Was die Fußreise betrifft: so wird es damit schlimm ausehn; denn Ende August sollen die Synoden zusammen kommen und Mitte September Arndts Hochzeit sein; hernach aber ist es doch zu Fußreisen fast zu spät. Die einzige Hofnung wäre also wenn es sich mit den Synoden noch verzögerte und sie näher an Arndts Hochzeit anrükken so daß ich vorher reisen könnte. Dann sollte es noch nach dem Thüringer Walde gehn und Sie könnten Sich hübsch in Naumburg etwa einstellen. Denken Sie nur bei 4354. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 218 f. Zur Datierung: Arndt, der laut Schleiermacher am Vortag abgereist ist, schrieb am 25. 6. 1817 noch aus Berlin an Charlotte von Kathen; am 8.7. traf er in Köln ein (vgl. Ernst Moritz Arndt: Briefe 1, S. 574–576). Brief 4356 Z. 27 vom 5. 7. 1817 an Gaß legt nahe, dass Arndt am 28.6. abreiste; dieser Brief datiert also vom 29. 6. 1817

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Briefe 4354 – 4356

Zeiten darauf daß Sie dann können, wenn die Sache sich thun läßt, es würde mir große Freude machen. Gern hätte ich Ihnen meine Paar Bogen über die Synodalverfassung gleich mitgeschickt allein sie werden erst in einigen Tagen fertig, und da Sie mir noch ein Wort über den Lukas schuldig sind: so sehe ich auch keine Nothwendigkeit mich zu übereilen – Ich habe gar keine Zeit und mache mir auch nichts draus daß in diesem Briefe | nichts weiter steht, da es Ihnen doch wenigstens kein Geld kostet und in der schönsten Verwirrung des Ziehens geschrieben ist. Wir ziehn nemlich heute aus einer Thiergartenwohnung in der wir es nicht aushalten konnten vor Hize und Zug wieder in die Stadt zurükk, nemlich in Reimers Haus wo wir ohnedies vom Winter an wohnen werden, und wo wir auch jezt einen großen Garten zu unserer Disposition haben. Aber die Verwirrung ist gründlich, und ich bin noch auf kein Collegium präparirt, und habe um 6 Uhr Morgens zu lesen. Also leben Sie wohl und nehmen Sie nur noch die schönsten Grüße mit Gedulden Sie Sich nur, Ihnen wird auch schon noch etwas bescheret werden, und sein Sie unterdeß nicht neidisch auf Andre und begehren nicht Ihres Nächsten Kind, ohnerachtet das glaube ich nicht im Gebot steht. Sagen Sie mir auch nächstens ein Wort über die hallischen Universitätsgeschichten. Gott befohlen – Ich hole nur noch nach, daß ich aus Ihrem Briefe gesehn daß Sie wirklich selbst auf der Auction gewesen denn hinter dem Thesaurus habe ich auch kein Blatt mehr bekommen. Also werde ich Ihnen Ihre Commissionsgebühren schon anderweitig gut thun müssen. Vale Schleiermacher

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4355. An Karoline Fischer. Berlin, Sonnabend, 5. 7. 1817 Ich ersuche Madame Dupont der Inhaberin dieses Frau Professorin Fischer mit ihrer Frau Mutter der Frau Superintendentin Lommatzsch unsere Zimmer gefälligst einzuräumen. Schleiermacher 5/7.17. 30 Ihnen] korr. aus d 4355.

Überlieferung: H: BBAW, SN 747/2, Bl. 1

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Gern hätte ich Dir, lieber Freund, gleich nach dem Empfang Deines Briefes geschrieben, um Dir meine herzliche Theilnahme an eurem Verlust zu bezeugen wenn ich nicht erst hätte Merkel sprechen wollen um auch gleich über andere Angelegenheiten etwas sagen zu können, und das verzögerte sich und eine Erwartung reihte sich an die andere und so ist die Zeit vergangen, daß ich nun erst indem er reiset die Feder anseze, um eiligst das nothwendige durchzunehmen. Euren Verlust werdet ihr nun, wie man das so nennt, verschmerzt haben, da ihr ein Gefühl von sicherm Besiz wol nie gehabt hattet. In solchen Fällen ist die Erinnerung an die bewiesene Treue und Sorge für das von der Natur zur Erhaltung nicht bestimmte junge Leben das beste was zurükbleibt und dessen wird sich nun Wilhelmine recht getrösten. Ich habe bis jezt nur Ursach Gott zu danken und erkenne mich in meinem Hauswesen in Demuth für einen ganz vorzüglich begnadigten Menschen | aber ich denke dann oft daran daß wol auch noch Zeiten der Prüfung kommen werden. In etwa 14 Tagen erwartet Jette ihre Niederkunft und bis jezt sind auch hier lauter gute Anzeigen. Von Nannys Verbindung habt ihr freilich sehr gegen mein ausdrükliches Verbot von Steffens gehört. Es übermannte mich in der lezten Stunde so, daß ich es ihm sagen mußte, aber da das ganz gegen Arndts Willen war, mußte ich ihm das strengste Stillschweigen auferlegen. Alle guten Freunde hier habe ich wegen Arndts Wunderlichkeit der den Glükwünschen aus dem Wege gehn wollte und auch glaubte, aber gewiß ohne Grund, seinen Angelegenheiten zu schaden ordentlich belügen müssen, bis er endlich einmal des Morgens beim Weine zuerst seine Braut leben ließ. Es ist übrigens eine herrliche Sache und ich hätte für beide nichts besseres zu finden gewußt. Arndt ist vor acht Tagen nach dem Rhein gereist; Anfang September will er wieder kommen und Nanny holen. Vielleicht kommt bis dahin auch seine Anstellung bei der rheinischen Universität ganz zu Stande. Doch ich will hievon abbrechen um über die kirchlichen | Angelegenheiten noch ein Wörtchen zu plaudern. Die Synodalverfassung wird sich schon machen 4356. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D1: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 136–141; D2: Bauer: Briefe Schleiermachers an Wilhelmine und Joachim Christian Gaß, S. 252 (Ergänzungen zu D1). Mit einem Exemplar seiner Schrift „Ueber die für die protestantische Kirche des preußischen Staats einzurichtende Synodalverfassung“.

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Brief 4356

man muß nur über den ungünstigen Anfang nicht verzagen. Daß die neuen Verhältnisse anfänglich mit den alten sehr durcheinander laufen werden ist natürlich. Der Stand der Consistorien wird vorzüglich schwer sein, und es ist natürlich daß nachdem ihnen die externa abgenommen sind sie mit der Zeit überflüßig werden müssen. Aber jezt müssen sie sich meiner Ueberzeugung nach nicht auflösen lassen wollen, sonst kommt das ganze Organisationsgeschäft entweder an die Regierungen in denen das polizeiliche Element so ungeheuer dominirt oder an die Generalsuperintendenten, die dann nicht etwa Bischöfe mit anderem Namen sondern geistliche Präfecten werden würden. Die rechte Maaßregel für die Consistorien ist jezt nach meiner Ueberzeugung die dem Ministerium überall mit der schärfsten Kritik entgegenzutreten um ihm seine Untüchtigkeit zur Gesezgebung zu zeigen die wirklich ungeheuer ist, und in dieser Hinsicht habt ihr vortreflich manövrirt, fahrt nur immer so fort. Dann aber ist eben so nothwendig die Synoden möglichst zu begünstigen zu erleichtern und zu heben, und das erwarte ich nun auch | von Euch unter des treflichen Merkels Schirm und Leitung ganz vorzüglich. Einige Gesichtspunkte aufzustellen in Bezug auf das Synodalwesen auf einige Besorgnisse hinzuweisen und sie zu heben war meine Hauptabsicht bei der kleinen Schrift die Du hiebei erhältst. Nicolovius gab mir eigentlich früherhin den Anstoß dazu indem er wünschte ich möchte etwas über die Sache schreiben damit die Leute doch merkten was sie mit der Sache anfangen sollten indem er nemlich fürchtete unsere meisten Geistlichen möchten gleichgültig dagegen sein und die Sache unbedeutend behandeln und eben dadurch unbedeutend machen. Davor ist mir eigentlich weniger bange, und ich habe darauf nur indirect zu wirken gesucht. Unterdeß erschien nun der Entwurf, und ich gestehe Dir daß Nicolovius durch diesen einen großen Theil seines Kredits bei mir verloren hat, ein solches Machwerk das entweder ungeheuer dumm oder wahrhaft jesuitisch hinterlistig ist hätte er nicht sollen durchs Ministerium gehen lassen und zwar auf eine so formlose Weise. Man sagt nemlich Ehrenberg habe ihn entworfen und Hanstein und Ribbek die beide GeneralSuperintendenten in Petto sind haben ihn revidirt | und so ist er gezeichnet worden ohne zum mündlichen Vortrag im plenum des Ministeriums gekommen zu sein. Schukmann wird den Entwurf wol nicht sehr protegiren aber er wird sehr böse auf mich sein wegen der Andeutung daß das Synodalwesen in einem etwas größeren Styl behandelt und daß das Gesez darüber dem Staatsrath müsse vorgelegt werden, und ich kann mir keinen größeren Triumph dieser guten Sache über den Ministerialleichtsinn denken als wenn er hiezu dennoch gezwungen würde. Nächstdem scheint mir 59 das] korr. aus daß

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der wichtigste Punkt den ich dir auch sehr empfehle die Communication der Kreissynoden vor der Provinzialsynode. Es ist dies das einzige sichere Mittel die sehr an einzelnen Punkten zerstreuten Einsichten in lebendigen Umlauf zu bringen und die Geistlichkeit allmählig zu beleben und wahrhaft aufzuklären. – Ob mir nun eben des Nachtrags wegen diese Schrift so gut durchgehn wird wie die über die Liturgie oder ob sich Schuckmann zu einer Verfolgung anschicken wird, das steht zu erwarten. Uns reformirte hat Marot eingeladen zu einer Conferenz auf nächsten Dienstag um uns zu erklären ob wir uns mit den Lutheranern vereinigen wollen. Hier werden wol die meisten Stimmen dafür sein; nun aber war neulich Wunster | bei mir und sagte mir ihnen schiene es hart daß es ihnen zugemuthet werde weil nemlich die Lutheraner sich schlecht gegen sie betrügen und erzählte mir unter anderm es sei verboten worden daß ein Reformirter auf einer lutherischen Kanzel predige. Leidet ihr denn dergleichen? Erkläre mir das ein wenig, und wenn wirklich etwas daran ist so thue doch das Deinige erstlich diesen dummen Parteigeist niederzuhalten dann aber auch vorzüglich dazu, daß die Lutheraner bei Gelegenheit des Synodalwesens sehr zuvorkommende Schritte gegen die Reformirten thun. Auch ich werde hier mein möglichstes thun, daß wir als die kleine Kirche nicht zu lumpig erscheinen bei dieser Vereinigung. Die kleine Schreiberei hat nun gar viel größeres gehindert, doch ist daran die viele Zeit die ich auf meine Gesundheit durch magnetisiren, baden, Brunnen trinken habe wenden müssen wol eben so viel Schuld. Kurz die Ethik liegt wieder ganz und außer dem Lukas den Reimer wol an Dich besorgt haben wird ist nichts zu Stande gekommen. Ueber diesen sagst Du mir wol gelegentlich Deine Meinung; so bald erwarte ich es nicht, weil man wirklich das Buch ohne eine genaue Vergleichung nicht lesen kann. Zustimmung erwarte ich für jezt nicht viel aber in der Folge mehr. Ueber die leichtsinnige | und oberflächliche Manier von Eichhorn und Paulus soll denke ich diese Behandlung bald siegen. Vielleicht wunderst Du Dich auch über die Zueignung; allein es schien mir nothwendig dem einseitigen störrigen Buchstabenwesen, was wieder einreißen will, entgegenzutreten und auch etwas zu thun gegen die persönliche Behandlung die de Wette widerfahren ist. So ist mir denn dieses recht aus dem Herzen gekommen und ich denke wer es mißverstehn und mich als einen Partisan von De Wette ansehen kann muß sehr befangen sein. Mit einer solchen Befangenheit und einer höchst buchstäblichen Orthodoxie sind zu meinem großen Leidwesen auch die beiden jungen Sacks von ihrer Reise zurükgekehrt. 95 besorgt] korr. aus g

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Briefe 4356 – 4357

Der älteste ist adjunctus ministerii beim Dom cum spe succedendi geworden, und das wird dem guten Alten, fürchte ich, neue invidia erregen. – Ich will jezt sobald ich kann an die Bearbeitung der Apostelgeschichte gehn, und wünsche sehr, da ich doch wegen Synode und Hochzeit zum Reisen nicht kommen werde, sie vor Anfang des nächsten Semesters zu vollenden. Dann soll noch ein drittes Heft folgen welches besonders untersuchen wird wieviel oder wenig sich aus der Sprache über die Entstehung der Bücher entscheiden läßt, und dies zusammen wird | nun wol mein Hauptwerk in der biblischen Kritik bleiben. Nun muß ich aber auch dem Schreiben ein Ende machen. Mir kommt zwar vor als wäre noch viel zurükk; nun so schreibe ich um so eher wieder. – Deine polemischen Geschichten kenne ich nur vom Hörensagen. Lasse Dich immer herab mir selbst etwas ordentliches davon zu erzählen, und ob es irgend auf deine persönlichen Verhältnisse Einfluß gehabt hat. Man muß übrigens nie aufhören gegen die Maurerei zu kämpfen. – Schmalz bietet Aussöhnung an, ich möchte wissen was er sich darunter denkt! Vom Staatsrath wird dir Merkel mehr sagen können als ich. Man kann nicht froh genug sein, daß dies endlich zu Stande gekommen ist. Es ist ein herrlicher Anfang der Muth machen muß zu mehrerem. Gott befohlen. Die herzlichsten besten Grüße an Deine liebe Wilhelmine. Wie immer von Herzen Dein treuer Freund. Man munkelte vor einiger Zeit Hecker wolle resigniren und Ritschl werde seine Pfarre bekommen. Könntest und wolltest Du nicht etwas thun um denen den Rang abzulaufen. Zum Consistorialdirector kann man doch weder Ritschl noch Nicolovius machen, und ich dächte, Du müßtest den Leuten sehr willkommen sein. Wie herrlich wollten wir zusammenwirken in dieser Verbindung.

4357. An Charlotte von Kathen. Berlin, Sonntag, 13. 7. 1817 Sonntag d. 13t. Jul 17 Liebe Schwester Gestern Nachmittag ist Jette sehr glüklich von einem kleinen Mädchen entbunden worden, und beide befinden sich in dem er4357.

Überlieferung: H: BBAW, SN 753/1, Bl. 75

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wünschtesten Wohlsein. Sie hatte eigentlich auf Acht Tage später gerechnet, indeß ist doch auch nicht das kleinste Zeichen einer frühen Geburt da; das Mädchen ist dick und stark, wie man es nur verlangen kann, hat auch schon bewiesen, daß sie sich auf das Saugen vortreflich versteht. Gestern wache ich nach 5 Uhr auf und finde Jette schon außer dem Bette mit Anziehn beschäftigt. Halb träumend noch fällt mir nicht ein was diese ungewohnte Erscheinung bedeuten kann bis sie sich auf mein Bett sezt und mir sagt es stehe heute bevor, sie habe schon seit zwei Uhr leise Wehen gehabt. Und so hat es sich langsam fortbewegt, so daß sie bisweilen glaubte es werde wieder übergehen bis die Hebamme kam und auch das Gegentheil versicherte. Doch ging sie noch herunter und spazierte mit mir im Garten. Um Mittag legte sie sich auf den Sofa aber die Wehen blieben sparsam und sehr gelind; um zwei Uhr mußte ich sie leider verlassen um Vorbereitung zu halten, und als ich um drei Uhr zurükkam hörte ich in | der Thüre die ersten Töne des eben ankommenden Kindes und konnte noch in dem lezten Theil der Operation bei Jette stehn. Gott sei Dank daß alles so vortreflich gegangen ist, und auch die Länge des Zwischenraums ihr keine schwere Geburt verursacht hat. Der Zustand im Hause ist übrigens sehr lebendig indem die Benda noch bei uns ist die Morgen erst abreist. Und beinahe hätte die auch bei uns niederkommen müssen; denn erst heute haben Arzt und Hebamme entschieden daß sie ohne Besorgniß jedoch nur mit sehr großer Vorsicht reisen könne. Du mußt heute mit diesen flüchtigen Zeilen vorlieb nehmen nur um Dir die fröhliche Nachricht mitzutheilen. Auch bitte ich dich sie weiter zu besorgen nach Garz und Poseriz und Milzow. Der Pistorius sage doch dabei noch hätte ich keinen Erfolg gehabt in ihrem Geschäft ich wollte aber noch einen Versuch machen und erst dann Bericht erstatten. Alles grüßt auf das herzlichste. Nanny hat eben Briefe von Arndt aus Frankfurt bekommen. Alles grüßt aufs herzlichste Dich und Dein ganzes Haus. Dein treuer Bruder F. Schl.

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Briefe 4358 – 4360

*4358. Von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Mitte Juli 1817 oder früher Sein Bruder Helvetius leide offenbar an Herzerweiterung oder Pulsadergeschwulst, sei zur Zeit aber gesund. Vom September bis zum Winter wolle Helvetius nach Berlin kommen.

4359. An Immanuel Bekker. Berlin, Mittwoch, 16. 7. 1817 Herrn Professor Bekker / Verona [Rückseite] Berlin d 16t. Jul. 1817 Zuerst melde ich Ihnen, mein werther Freund, daß meine Frau am Sonnabend den 12ten sehr glüklich von einem Mädchen ist entbunden worden, und daß sich beide so wohl befinden, als man nur wünschen kann. Sie müssen Sich nun für die Ihnen zugedachte Gevatterschaft die Sie doch hoffentlich noch acceptiren werden dieses eben so gut gefallen lassen als wir, daß es nemlich kein Knabe ist. Das Mädchen wird sich um nichts schlechter dabei stehn; sie wird sich gewiß keinen schlechten Mann nehmen wenn sie auf Ihren kritischen Rath hört. Nächstdem habe ich Ihnen zu melden, daß die Akademie in der Voraussezung, daß Ihr Antheil an den 1500 r Sie, Sie mögen sein wo Sie wollen bis Ende August wenigstens durchbringt[,] auf die noch übrigen vier Monate dieses Jahres 400 r für Sie verlangt hat und daß diese bewilligt und angewiesen sind. Ich werde sie also nächstens erheben und Ihrem Auftrage gemäß an Schickler zahlen. Aus einem Briefe von Göschen an Nikolovius hörte ich gestern Stellenweise vorlesen und es ging hervor daß Ihr euch ganz ausschließend mit dem einen codex beschäftigt. Ich sehe nicht recht ein, wie Ihr daran beide zugleich immer arbeiten könnt, und ich wünschte sehr lieber Freund Sie sähen Sich endlich auch nach den andern von Niebuhr entdekten Frag*4358. Erschlossen aus Brief 4364 Z. 35–39 an Henriette Herz. Bei der Versendung von Brief 4353 lag dieser Brief Schleiermacher offenbar noch nicht vor. 4359. Überlieferung: H: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Autogr. I/2462

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menten um und untersuchten ob es sonst nichts giebt. Auch sollten Sie als der eigentliche Akademiker doch einmal einen ordentlichen Bericht an die Klasse erstatten und Sich nicht darauf verlassen daß Göschen Correspondent geworden ist. Ihr Brief an unsere Freundin Herz ist Gestern noch eben zur rechten Zeit gekommen; denn heute reiset Auguste von hier ab, und Morgen soll es weiter gehn. Grüßen Sie sie von uns wenn sie bei Ihnen eintrifft. Von den Fortschritten Ihres Plato weiß und sehe ich nichts. Aber leider wird mir aus Ihren Papieren klar, daß von keiner aus Coniectur aufgenommenen Verbesserung die mindeste Rechenschaft gegeben ist, und Herr Müller wird das wol schwerlich überall nachtragen. Das ist nach meinem Gefühl ein wesentlicher Mangel. Reimer ist abgereist, wollte mir vorher noch Ihren lezten Brief und Ihre Ankündigung zeigen, hat es aber vergessen. Gott befohlen seien Sie und herzlich gegrüßt von uns allen. Schl.

4360. Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, zwischen dem 10. 11. 1807 und 18. 7. 1817

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Könnten Sie mir vielleicht Jemanden vorschlagen, der sich entschließen möchte, eine Hauslehrerstelle auf einem angenehm zwischen Rostock und Doberan liegenden Gute, bey einer bürgerlichen Familie, anzunehmen? Ausserdem, was sich von selbst versteht, wird auch Unterricht im Französischen und auf dem Klavier gewünscht. Es sind 4 zu unterrichtende Kinder da, von welchen jedoch das älteste, ein Mädchen im 14ten Jahre, bald confirmirt wird. Die drey übrigen sind Knaben, von welchen der jüngste 7 Jahr alt ist. Es wird ausser völlig freyer Station ein Gehalt von 150 r N 2/3 versprochen. Kann der Lehrer als ganz vorzüglich empfohlen werden, so ist man allenfalls zu einer mäßigen Erhöhung | des Gehalts erbötig. Unsre N 2/3 stehn noch höher als Gold, der Regel nach 4 2/3 N = 1 Friedrichsd’or. 4360. Überlieferung: H: BBAW, SN 319, Bl. 50. Es lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen, zu welchem der von Konopak aus Rostock zwischen 1807 und 1817 geschriebenen Briefe dieser Zettel gehört. Im Schleiermacher-Nachlass liegt er im Anschluss an Brief 3607 (KGA V/12), der auf den März 1811 zu datieren ist (Bl. 48 f.).

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Briefe 4361 – 4362

4361. Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, Freitag, 18. 7. 1817 Rostock den 18ten Jul. 1817.

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Daß ich meine bleibende Stätte noch nicht gefunden habe, lieber Schleiermacher, daß ich vielmehr Michaelis mit meiner Louise mich von den hiesigen Verwandten und Freunden trenne, um mich in Jena niederzulassen, das habe ich Ihnen schon geschrieben, wenn nicht anders der liebe Idealismus mir einen täuschenden Streich spielt. Wie es sich gemacht, nicht, daß ich den Ruf bekommen, – denn dabey bin ich, wie bey allen, die ich gehabt, ganz leidender Theil gewesen – sondern daß ich ihn angenommen, davon einst mündlich, um das Weitläufige zu vermeiden. Für jetzt nur so viel: Wären nicht ganz besondre von hier aus wirkende Umstände gewesen, ich hätte den Ruf abgelehnt. Denn wenn ich gleich gern | glaube, daß in Jena ein regerer Sinn herrscht für Wissenschaft und Kunst, so habe ich doch für mich die nicht erfreuliche Aussicht, ausser meinen Vorlesungen meine ganze übrige Zeit den Arbeiten bey der Facultät, dem Schöppenstuhl und dem Oberappellationsgerichte hingeben zu müssen, mithin gerade in einem sehr wesentlichen Punkte mich nicht zu verbessern. Säße ich nur erst auf dem Wagen! denn es greift mich nicht wenig an, den Jammer besonders meiner Schwiegermutter anzusehen, wiewohl sie selbst sich nicht enthalten konnte, mir zu sagen, daß ich unter den obwaltenden Umständen gehen müßte. Meiner Louise wird es auch sehr schwer werden; doch ergiebt sie sich mit frommem Muthe darein. Um ihr die Hinreise so angenehm und aufheiternd als möglich zu machen, habe ich mir vorgenommen, mit einem Umwege über Berlin, Potsdamm, Des|sau, Leipzig nach Jena zu gehen, und so sehen wir Sie denn früher wieder, als wir geglaubt hatten. Sie haben uns zwar freundlich Quartier bey sich angeboten; aber für dießmahl wenigstens wollen wir darauf verzichten. Wir werden uns theils nur ein paar Nächte in Berlin aufhalten, theils haben wir auch unser Dienstmädchen bey uns, die auf eignen Antrieb sich bereit erklärt hat, uns nach Jena zu folgen. Daß Sie nur ja nicht verreist sind gegen Ende Septembers! denn um diese Zeit denken wir in Berlin einzutreffen. Sie reisen genug in der Welt herum, und können wohl einmahl zu Hause bleiben, oder Ihre Reise abkürzen. Etwas rechne ich auch auf die Synodalversammlungen. Ihren Rath nehme ich in Anspruch, daß wir die freylich sehr kurze Zeit unsres Dortseyns so angenehm wie möglich für 4361.

Überlieferung: H: BBAW, SN 319, Bl. 99 f.

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meine Louise zu|bringen. Viel gäbe ich darum, träfe sichs so glücklich, daß sie eine große Oper hören könnte. Besuche kann ich und werde ich nur sehr wenige machen; die müssen einem längern Aufenthalte vorbehalten bleiben. Aber die schönsten Theile der Stadt, das Schloß, die Porzellanfabrik p wollen wir in Augenschein nehmen. Ich habe sonst in einem Gasthofe an der Spree, wenn ich nicht irre, hôtel de Russie genannt, mein Quartier gehabt; jetzt wünschte ich es unter den Linden zu bekommen und bitte Sie, mir eins vorzuschlagen. Früher als gegen Ende Septembers werde ich wohl nicht von hier wegkommen, eben deshalb aber, und weil ich auch in Potsdamm, Dessau und Leipzig Ruhepunkte nehmen will, kann ich an keinem Orte mich lange aufhalten, weil ich sonst zu spät in Jena eintreffen würde. Meine Louise grüßt mit mir Sie und die Ihrigen auf das Schönste. Schreiben Sie mir bald, und hüten Sie sich vor dem Glauben, geschrieben zu haben. CG Konopak.

4362. An Luise Gräfin von Voß. Berlin, Sonnabend, 19. 7. 1817 Berlin, den 19ten Juli 1817.

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Es ist freilich sehr spät, gnädigste Freundin, daß ich Ihnen heute erst sage, daß Jette heut vor 8 Tagen sehr glücklich ist entbunden worden. Indeß werden Sie es schon in den Zerstreuungen, die dies herbeigeführt hat und den Arbeiten, mit denen ich jezt wirklich sehr überhäuft bin, verzeihen. Dafür kann ich Ihnen ja nun desto sicherere Nachricht geben von dem fortdauernden ordentlich klassischen Wohlbefinden der Mutter und des Kindes, so daß auch Meier es wieder eine normale Entbindung nennt und Wolfart – denn zu zwei Aerzten sind wir nun einmal verurtheilt auch bei der besten Gesundheit – einen neuen Beweis darin findet für die Wohlthätigkeit seiner Methode. Das Kind ist wieder ein Mädchen, so daß die drei Schleiermacherschen Grazien nun Gott sei Dank beisammen sind. Denn anders will ich sie nicht ansehen. Ich bemerkte zwar neulich selbst, es sei mit 3 Mädchen eine bedenkliche Sache weil man ja nicht wissen können ob es nicht 3 Parzen – jämmerliche alte Jungfern – oder gar drei Furien würden; allein das war mein Ernst nicht, zumal Nicolovius bemerkte, es 4362.

Überlieferung: D: Br. 2, 2. Aufl., S. 325–327

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Briefe 4362 – 4363

gäbe dann keine andre Sicherheit als auf neun Musen los zu steuern, welche Zahl ganz unzweideutig wäre. Nun aber im Ernst gesprochen, glaube ich nicht erst Ihnen sagen zu dürfen, daß ich keine Condolation darüber annehme, daß es kein Knabe ist. Ich bin zu alt und habe auf zu wenig Lebensdauer verständiger Weise zu rechnen, als daß ich mich eines Sohnes, der nun erst geboren würde, recht gründlich freuen könnte, und lege als eine ächt bürgerliche Natur zu wenig Werth auf meinen langweiligen Namen, um dem ohnerachtet, ein großes Verlangen nach einem, der ihn fortpflanzte, zu tragen. Vielmehr ohnerachtet ich kein solcher Heros bin, deren Söhne nach einem römischen Sprichwort die größte Wahrscheinlichkeit haben Taugenichtse zu werden, so hätte ich doch Gott, wenn er mir einen Knaben geschenkt hätte, gar sehr bitten müssen mir nun zu dem Amte baldigst auch den Verstand zu schenken. Denn ich sehe es an Ehrenfried, daß ich an dem Erziehungsverstande, wenngleich ich mir der richtigen Grundsäze mit der größten Sicherheit bewußt bin, von einer gewissen Seite keinen großen Ueberfluß habe. Mit den Mädchen aber scheint es ganz von selbst zu gehen bei den mäßigen Forderungen, die wir beide an sie machen, und so bin ich herzlich zufrieden, nicht wie der Fuchs bei den Trauben, denn ich kann doch etwas andres vorzeigen, was ich wirklich habe und mir es sehr wohl schmecken lasse. Anfangs schrie Alles über die ungeheure Aehnlichkeit mit Gertrud, jezt fängt man an auch Aehnlichkeit mit Elisabeth zu finden und sie soll gar schon – sehr früh – meine Nase haben: kurz, wahrscheinlich wird sie vermittelnd zwischen diesen beiden Extreme eintreten. Sie offenbart schon viel von Gertruds parktischem Verstand und einiges von Elisabeths sanftem Wesen. Gott lasse es beiden ferner gut gehen und nun auch kein Wort weiter davon. Auch von Staats wegen sage ich Ihnen nichts, dazu werden Sie wohl besser unterrichtete Berichterstatter haben. Nachdem troz aller Anstrengungen der Finanzminister doch scheint im Sattel geblieben zu sein, mag er es nun dem Schluß verdanken oder der balance oder sonst einen Kunststück, wozu es in der Kunstsprache keinen Ausdruck giebt, so bin ich etwas abgekühlt, nicht etwa aus Unzufriedenheit oder Gleichgültigkeit, sondern aus Erstaunen, daß man so unmittelbar auf das allerschwerste Problem lossteuert, welches bisher nicht einmal in der Politik ist aufgeworfen worden. Es scheint unserm Genie zu klein nach einer Verfassung zu streben, wobei die Person und die Talente des Königs gleichgültig werden, sondern wir wollen eine erringen, gegen welche die englische Pfuscherei, eine bei der es nämlich auch gleichgültig ist, was der gleichgültige König für Minister hat, und um dies hohe Bestreben recht öffentlich vor ganz Europa zur Schau zu tragen, lassen wir einen als unwissend und unverschämt öffentlich anerkannten ruhig stehen. – Ich bin mit meiner Auf-

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merksamtkeit ganz auf die kirchlichen Angelegenheiten gesteuert, aber für meinen guten Willen werde ich auch schon von der höhern Geistlichkeit für einen zweiten Massenbach verschrien, indem man nämlich die künftigen Synoden sehr sinnreich mit den würtembergischen Ständen, und Ehrenberg oder Hanstein – einer von beiden muß doch den herrlichen Entwurf zur Synodal-Ordnung gemacht haben – mit Wangenheim vergleicht. Dabei gewinnen diese Herren wohl eben so viel als ich verliere; aber ich hoffe man wird mir wenigstens das Indigenat nicht streitig machen können in der Kirche, unter dem Vorwande, daß ich mich erst kürzlich angekauft hätte. Indeß bin ich fest überzeugt, wenn nur die Guten leidlich zusammen halten, es wird auch hier langsam aber besser gehen als man denkt. Und nun lassen Sie mich endlich fragen, wie es Ihnen geht, wie Marien das Bad bekommt, und lassen Sie mich Sie um einige Zeilen bitten.

4363. Von Immanuel Bekker. Verona, Sonntag, 20. 7. 1817 Verona 20 Jul. 17.

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Ich bin mit Göschen einige Tage in Venedig gewesen, und bei der Rückkehr sehr erfreut Ihren Brief vorzufinden, als einen Trost in der Betrübnis, die ich wirklich empfand jene Stadt der Herrlichkeit und der Wunder so bald verlassen zu haben. Auch hatte ich gar lange und ungeduldig darauf gewartet, weil der Nichtzettel vom Schreiben, womit Sie auf meinen Zettel von Nichtschreiben geantwortet zu haben sagen, nicht an mich gelangt ist. Was ich um so herzlicher bedaure als keine Belehrung angemessener und erwünschter hätte sein können denn die unter so hoffnungsreichem Titel angekündigte. Daß Sie Sich wiederholten darf ich nicht erwarten, wie sehr ich es auch wünschen muss. Grausame Eile scheint es mir, wenn Sie erlauben, allerdings zu haben fortzukommen von einem Ort, wo ich mich unnütz fühle, an andere wo ich mir Arbeit vollauf versprechen kann. Daher mir auch die, obenein ohne mein Zuthun verfügte, Ablösung durch Herrn Hollweg höchst genehm ist. Ich werde nun die nächste Woche auf eine genauere Ansicht der übrigen rescripti verwenden, und dann, vermuthlich noch vor Ende des Monats, nach Mailand gehn, wo ich für die Redner Hoffnungen hege. 4363. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 3 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 53–56

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Brief 4363

Von jenen übrigen bitte ich aber die Erwartung nicht etwa so hoch zu spannen, als ich es einen glücklichen Tag lang gethan habe, als mich in einem Latinus zierliche Hexameter in Charakteren von einem halben Zoll Länge und wenig jüngere Columnen eines Historikers aus den Zeiten der Republik angelacht hatten, ehe ich merkte daß jene dem Virgil, diese der ersten Decade des Livius angehörten. In Mailand muss ich Eifersucht von Seiten des Mai besorgen, | und, um der zu begegnen, recht sehr wünschen daß Herr von Humboldt erinnert würde an den Brief, den er uns an den Grafen Saurau nur darum nicht mitgegeben, weil er glaubte der Graf möchte nicht mehr Gouverneur sein. Auch nach Turin, das von Mailand so bequem mitzunehmen wäre, würde mir eine Empfehlung des auswärtigen Departements, wie die in Wien erwirkte, gar wünschenswerth sein. Die Wirksamkeit der letztern haben wir besonders wieder in Venedig zu preisen gehabt, wo uns der Generalgouverneur Graf Goes mit ausgezeichneter Freundlichkeit aufgenommen und die Bibliothek ganz zu unserer Disposition gestanden hat. Es versteht sich daß diese Empfehlungen, um Verwirrung zu vermeiden, auf mich allein ausgestellt werden müsten, da Goeschen wohl noch Monate lang in Verona bleiben wird. Morelli war grade krank, an einer paralise, die in einem Alter von 72 Jahren bedenklich sein mag. Wir haben ihn daher nicht gesehn. An Mustoxidi werde ich den Brief nächstens besorgen. Caratoni ist letzten Winter gestorben. In Padua hat uns Ridolfi geklagt, daß er die Preisprogrammen der Academie nicht erhalten und der Professor der Physik dal Negro, daß die Anzeige, die er von einer durch ihn neu erfundenen Maschine eingesandt, ohne die graziosissima risposta geblieben, die ihm sonst auf ähnliches geworden. Bibliotheken haben wir, vom Rettore magnifico umhergeführt, drei gesehn, del Santo, di Santa Giustina und des Seminariums: in keiner etwas erhebliches von | Handschriften, keinen Buchstaben Griechisch. St. Marcus dagegen wird freilich wohl einige Monate fordern; nur mag ich nicht gleich jetzt wieder hingehn, weil ich genug gesehn habe um zu wissen daß recht besonderes und ungemeines, was man sich je eher je lieber aneignete, nicht vorhanden ist. Und eingeführt bin ich nun einmal. Der fünfte Band meines Plato war noch nicht in Berlin, als ich abreiste; und daß Reimer eine eigne Anweisung erwarte um ihn so bald als möglich an Sie zu liefern, ist mir nicht eingefallen.1 Überhaupt wäre dieser unser Freund ein unvergleichlicher Mensch, wenn man ihm einigen Pedantismus der Ordnung einflößen könnte. Seine Sendung hieher hat mir auch Kummer gemacht. Was ich am meisten wünschte, der Apollonius de syntaxi, den ich unvollendet zurückgelassen, und der 5 Band für Niebuhr, ist nicht dabei: der andere Plato aber auf solchem Papier und so eingeschnitten

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vom Bindfaden daß ich ihn niemandem anbieten darf. Ihre Schrift von den Synoden hätte uns Freude gemacht ohne das Pack anzuschwellen. Der vorläufige Beschluss der Academie, mir für dies Jahr noch 400 r anzuweisen, befriediget mein Bedürfnis hoffentlich ganz. Von Niebuhr habe ich ein Gutachten eingezogen wonach ich in Rom monatlich 100 Thaler brauchen werde. Nun aber ist Rom wegen des ewigen Zuflusses meist längere Zeit verweilender Fremden vermuthlich der Ort in Italien, wo der Fremde einzeln am wohlfeilsten lebt. Ich werde also wohl für die Reise selbst, das Leben | in Wirthshäusern an Orten, wo ich nur kurze Zeit bleibe, und Extraordinaria zu jenen 1200 r leicht noch 400 brauchen, also von der Akademie jährlich 800 in Anspruch nehmen müssen. Diese wünschte ich dann in vierteljährlichen Ratis gezahlt an die Herrn Schickler, die mir dagegen einen neuen Creditbrief ausstellen würden. Vielleicht haben Sie die Güte diese Mühwaltung zu der schon übernommenen zu übernehmen. Boeckh und Buttmann bitte ich Sie herzlich zu grüßen. Von dem Nachlass des Signore Maffei ist hier nur so viel zu erfahren, daß er selbst schon bei Lebzeiten seine Sammlungen großentheils vertheilt hat, weil er niemanden in seiner Familie gesehn der solchen Erbtheils würdig gewesen: das wenige, was in der Familie geblieben, ist während des Krieges veräußert worden; jetzt ist die einzige Statue des Serapis übrig. Was an Corsini gekommen sei, darüber hoffe ich Morelli zu sprechen. Von dem Museum Veronense arbeitet ein P. Venturi an einer treuen berichtigen Ausgabe. – Von den Büchern, die mir Buttmann zu kaufen aufgegeben, habe ich in Venedig, beim Buchhändler Fuchs, die auf dem beiliegenden Zettel gefunden; aber noch nicht gekauft, weil ich sie unmöglich durch ganz Italien herumkutschiren kann, und keinen kurzen Transport zu Gebot habe. Die Herz ist hoffentlich endlich abgereiset: wo ich sie sehn werde, ist nun wieder sehr ungewiss: schwerlich vor Rom. Das Brautpaar zweifelt wohl nicht an meiner aufrichtigen Theilnahme. Lücke und Plewe grüss ich. Gottes Segen über Sie und Ihre Frau und Ihre nun vielleicht schon erfüllte Hoffnung. I.B. 1

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Ich hoffe er hat es anders gehalten mit dem Apollonius. Einen grossen Gefalen thäte er mir, wenn er ein Exemplar davon (ein anständiges muss ich hinzufügen) an Séguier besorgte (M. Maximilien Séguier de Beauvais, ancien préfet de Caen et d’Amiens, Cousin de M. le Président, Baron Seguier, pair de France) dessen Addresse, zumal er jetzt wieder angestellt ist, bei dem französischen Gesandten zu erfahren sein wird

92–97 Ich … wird] mit Einfügungszeichen am linken Rand

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Brief 4364

4364. An Henriette Herz. Berlin, um den 20. 7. 1817 Unserer Freundin. [laut D auf der Rückseite] Liebe Freundin der spätere von diesen Briefen kam Dienstag Abend mit der Post der frühere mit Friz Dohna Mittwoch Mittag an. Ich gab mir Dienstag Abend noch vergeblich Mühe einen Boten nach Zossen zu bekommen und ehrlich gesagt den Einfall eine Stafette zu schicken bekam ich zu spät. Nun ich die Briefe nach München schicken muß und die dortigen schrecklichen Postgeseze kenne weiß ich kein anderes Mittel als den andern Brief der ein klein wenig angesiegelt war auch aufzumachen um diesen hineinzulegen. Den Vaterchen Jakobi grüße doch sehr verehrungsvoll von mir und sage ihm, ich glaube, wir würden uns verständigen, wenn wir uns sprechen könnten, durch Schreiben möchte ich es gar nicht darauf anlegen weil ich in dieser Kunst zu tief unter ihm stände. Unter verständigen aber meine ich nicht grade völlig eins werden, denn daran zweifele ich freilich, sondern nur zu einer übereinstimmenden Vorstellung von unserer Differenz gelangen, die mir Jakobi ganz ander anzunehmen scheint als ich sie sehe. Uebrigens hindern sie in mir gar nicht meine herzliche Verehrung. Aber wie soll ich auf dieses Sprechen hoffen eher als wenn in zwei Jahren aus der Schweizerreise etwas wird und es mir möglich ist dann über München zu gehen. Jette fährt fort sich ganz vortreflich zu befinden, und die Kleine auch welche zwischen Hildegard und Mathilde schwankt. Wolltest Du nun nicht noch das Geheimniß bewahren so bäte ich Dich zu Gevatter um darin Deine Erstlinge zu haben. Indeß Deiner guten Wünsche und daß Dir das Kind doch ans Herz gelegt ist bin ich auch ohne das gewiß. Uebrigens ist die ganze Stadt voll davon, daß Du Dich in Zossen habest taufen lassen; woher das weiß ich nicht. So geht es aber gewöhnlich mit solchen Dingen. Woher es kommt dem habe ich nicht nachspüren können; – von uns geht es nicht aus, es müßte denn sein daß die alte (?) sich in aller Unschuld verschnappt hätte, doch kann ich das auch nicht recht glauben. Ich habe es noch niemandem zugestanden, Arndt hat mich gut eingeübt auf das Lügen. 4364. Überlieferung: D: Heinrich Hahn: Aus dem Nachlass von Henriette Herz, S. 68 f. Mit zwei Briefen (mutmaßlich von Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten an Henriette Herz). Am 12. 7. 1817 wurde Hildegard Schleiermacher geboren. Henriette Herz reiste am 16.7. von Zossen ab, über Leipzig, Franken, Augsburg, München und Tirol nach Italien. Die eingelegten Briefe gingen bei Schleiermacher am 15. und 16.7. ein, der Brief muss wenige Tage danach geschrieben sein.

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Eine unerwartete Freude harrt Deiner in Rom – die vortreflichste Gelegenheit viel englisch zu sprechen. Bunsen nämlich hat eine reiche Engländerin geheirathet und lebt mit ihr als ein großer Herr in Frascati. Ist das nicht eine sonderbare Geschichte? Nach Rom schreibe ich Dir zunächst durch Niebuhr oder Brandis, bis ich Anweisung von Dir bekomme. – Aus Alex. Brief an mich ist nur nachzuholen die Bestätigung von Helvetius Leiden an Herzenweiterung oder Pulsadergeschwulst, doch schreibt A. er sei anscheidend gesund. Im Sept. kommt er vielleicht her und bleibt den Winter. Da will ich ihm noch einmal zureden den Magnetismus zu versuchen. Die Scharnhorst-Dohna ist jetzt hier, ich habe sie aber noch nicht gesehen, sie wohnt leider bei Schmelzer. Friz kommt künftigen Monat mit seinem Regiment durch. – Die beiden Sack sind zurückgekommen, sonst unverändert, aber sie sind in eine etwas widerwärtige Intoleranz und buchstäbliche Orthodoxie hineingekommen aus der sie sich allmälig herausarbeiten müssen. Der jüngste hat bedeutenden Anstoß genommen an meiner Zueignung an Dewette. Meine Schrift über eine Synodalverfassung wird mir hoffentlich die Herzen aller verständigen Geistlichen gewinnen mit Ausnahme derjenigen, welche gern etwas Papst sein wollen. Die hiesigen dieser Art sollen auch sehr aufgeregt sein und davon sprechen daß ich in der Synode eine Rolle spielen wollte wie Maßenbach in der Würtembergischen Ständeversammlung! Neulich war ich mit Nicolovius zusammen bei Eichhorn. Er sprach aber wiewol von der Sache die Rede war kein Wort von meiner Schrift. Ich hätte ihm sonst ins Gesicht gesagt was ich sonst laut genug sage, daß er in meiner Achtung ungeheuer verloren hat dadurch daß er den von mir getadelten Entwurf sanctionirt hat. Der alte Sack hat sich sehr zufrieden über meine Schrift erklärt und das ist mir sehr lieb. Du siehst liebste Jette wie ich alles durcheinander schreibe in den unruhigsten Augenblicken allein ich bin ziemlich durch einander getrieben, und wie auf dem kleinen Tisch alles durch einander fällt so will sich auch in der Zeit nichts schicken. Unsere gute Lotte ist noch ab und zu sehr leidend indeß scheint sie doch im Ganzen in der Besserung zu sein. Alles grüßt und unsere Herzen sind mit Dir. Ein andermal schreibe ich Dir auch mehr aus dem Herzen, als ich jezt kann. Für diesmal hast Du auch billig an Alexanders Briefe genug. Gott geleite Dich und laß es Dir recht wohl gehn. Dein alter Ernst.

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Briefe 4365 – 4367

*4365. An Henrich und Johanna Steffens. Berlin, um den 20. 7. 1817 Seine Frau habe glücklich eine Tochter geboren. Fragt, ob Henrich Steffens Pate werden wolle. Es gehe ihm gesundheitlich gut. Er wolle mit Blanc eine Reise nach Thüringen machen.

*4366. An Heinrich Christoph von Willich. Berlin, Donnerstag, 24. 7. 1817 Henriette Schleiermacher und das gemeinsame dritte Kind der Schleiermachers befinden sich wohl. Anne (Nanny) Schleiermacher und Ernst Moritz Arndt hätten sich verlobt.

4367. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonnabend, 26. 7. 1817 Seitdem die Akademie gleich nach Eingang der verehrten Verfügung Eines hohen Ministerii vom 10ten April, in welcher die Vertheilung des vacanten Burjaschen Gehaltes unter die noch übrigen unbesoldeten Mitglieder abgeschlagen, und sie aufgefordert wurden einen Mathematiker als Mitglied zu wählen, die Gründe, welche sie in ihrem Beschluß geleitet, in einem ausführlichen Bericht entwikkelt hat, sieht sie sich nach beinahe einem Vierteljahr immer noch ohne eine hochgeneigte Antwort. Da aus dem eingegangenen Bericht hervorgeht, daß die andern drei Klassen keinesweges einen Nachtheil der mathematischen bezwekken, und also vorauszusezen *4365. Erschlossen aus Brief 4423 vom 15. 10. 1817 und Brief 4424 Z. 12–15 um den 15. 10. 1817. Der Brief muss nach Hildegard Schleiermachers Geburt (12.7.) geschrieben sein und traf in Breslau erst nach Steffens’ Abreise am 20.7. ein. *4366.

Erschlossen aus Brief 4376 Z. 5–14 vom 12. 8. 1817.

4367. Überlieferung: H: BBAW, II–XVII, Nr. 18, Bl. 62. Empfangsvermerk: „Erhalten den 29t. remit. eodem.“ 3 übrigen] von anderer Hand mit Einfügungszeichen über der Zeile ergänzt 9 und also] von anderer Hand korrigiert aus sondern

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ist, daß sobald durch Vertheilung des Burjaschen Gehaltes nach dem ausgesprochenen Grundsaz die Verpflichtung welche die Akademie gegen bereits vorhandene Mitglieder übernommen vollständig erfüllt ist, sie gern mitwirken werden um etwas befriedigendes für die mathematische Klasse zu thun als jezt geschehen würde, indem mit dem Burjaschen Gehalt doch kein ausgezeichneter Mann so gewonnen werden könnte, daß er im Stande wäre der akademischen Thätigkeit vorzüglich zu leben: so hoffte die Akademie auf eine baldige hochgeneigte Entscheidung. Was sie vorzüglich bewegt diese Sache jezt wieder in Anregung zu bringen und um Beendigung derselben auf das dringendste gehorsamst zu bitten, ist das mehrmals wiederholte Verlangen einiger ihr sehr werthen Mitglieder, welche sie in Gefahr ist in Folge dieser Angelegenheit | aus ihrer Mitte zu verlieren, Einige weil sie es als eine persönliche Zurüksezung ansehen zu müssen glauben, wenn der ausgesprochene Grundsaz gehemmt werden soll, grade indem er auf sie seine Anwendung finden würde, Andere weil sie fühlen, daß wenn die Akademie mit diesem Wunsche nicht durchdringt ihnen aus mancherlei Gründen der Muth und die Neigung diesem Verein einen Theil ihrer Zeit zu widmen ganz verschwinden würde. Wenn nun gleich der Akademie der Austritt dieser Mitglieder höchst schmerzhaft wäre, und bedeutende Arbeiten mit denen sie beschäftiget ist dadurch einen harten und vielleicht unheilbaren Stoß leiden würden so ist doch die Akademie keinesweges gemeint diesen aus der Lage der Sache so natürlich folgenden Umstand als einen neuen Bestimmungsgrund geltend zu machen, wol aber hofft sie Ein hohes Ministerium durch Benachrichtigung davon zu bewegen, daß es der unangenehmen Lage, in welche sie hiedurch gesezt ist, durch eine baldige Entscheidung ein Ende zu machen hochgeneigtest bewirken wolle. Berlin d 26. Julius 1817 Die Akademie der Wissenschaften conc. Schleiermacher An Ein hohes Ministerium des Innern Zweite Abtheilung 14 würde] von anderer Hand korrigiert aus könnte 16 leben] folgen zehn sorgfältig ausgestrichene Zeilen 19 gehorsamst] mit Einfügungszeichen über der Zeile 19 f das mehrmals … Verlangen] wohl von Buttmann korrigiert aus: das Andringen 21 in … Angelegenheit] von anderer Hand korrigiert aus: um dieser Angelegenheit willen 27 f der … Mitglieder] umgestellt aus: der [folgt ein getilgtes Wort] Austritt dieser Mitglieder der Akademie 28 wäre] über )sein würde* 31 diesen … Umstand] von anderer Hand korrigiert aus: dieses 32 neuen Bestimmungsgrund] korr. aus Entscheidungsgrund 33 durch … bewegen] korr. aus werde fühlen, wie wichtig es ihr sein müsse es] mit Einfügungszeichen über der Zeile 35 Entscheidung … wolle] korr. aus hochgeneigte Entscheidung ein Ende gemacht werde

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Brief 4368

4368. Von August Twesten. Kiel, Mittwoch, 30. 7. 1817 Kiel den 30 July 17.

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Schon vor dem Empfange Ihres Briefes, der mir wie meiner Tine eine große Freude gemacht hat, hatte ich mehrmals angefangen Ihnen zu schreiben, und immer war etwas dazwischen gekommen. Nicht besser ist es mir seitdem gegangen, besonders da ich Ihren Lucas gerne vorher lesen wollte. Für diesen sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank. Ich habe ihm schon länger mit gespannter Erwartung entgegen gesehn. Denn meine Vorlesungen über den Eusebius hatten mir die Frage nach dem Ursprung der Evangelien besonders interessant gemacht, und ich hatte beschlossen, nicht eher zu entscheiden, bis ich Ihre Untersuchungen benutzen könnte. Von einem Urevangelium nach Eichhornischer Hypothese, so wie von einer Abhängigkeit des Lucas von Matthäus oder Marcus kann gewiß nicht weiter die Rede seyn. Dies scheint mir von Ihnen mit so vieler Klarheit dargethan, daß ich in Ihre Klage, das Buch sey nicht gut geschrieben, keinesweges einstimmen kann. (Leid hat es mir gethan, daß Sie diese in der Vorrede laut werden lassen. Hätten Sie es nicht selbst gesagt, so würde kein anderer es gemerkt haben. Jetzt wird jeder Recensent rufen: schlecht geschrieben!) Indeß gestehe ich Ihnen, daß ich mich in die Annahme so k l e i n e r, abgesondert und s c h r i f t l i c h vorhandener Stücke noch nicht recht finden kann; vielleicht, weil ich bis jetzt weniger durch Lesen der Evangelien selbst als durch die Sagen der älteren Kirchenschriftsteller in der vorläufigen Beantwortung der Frage bestimmt worden bin. Denn allerdings scheint mir die so constante Sage von einem hebräischen Matthäus, „den sich jeder übersetzt habe so gut er konnte“, nicht ohne Gewicht, indem ich gerade deshalb, weil doch fast keiner den hebräischen Matthäus gesehen haben will, ihre Fortdauer nicht begreife, wenn nicht etwas historisches zum Grunde lag. Dagegen will es mir nicht natürlich scheinen, daß jemand eine einzelne Begebenheit sich hätte schriftlich | aufzeichnen sollen, wenn er nicht auf eine Sammlung ausging. Daß freylich die einzelnen Abschnitte, die Sie nachweisen, nicht als integrirende Theile eines im Voraus entworfenen Ganzen begriffen werden können, daß sie vielmehr kleinere Ganze für sich bilden, und daß der Zusammenhang später, lose, und nur gleichsam außen umgelegt scheint, ist nicht zu leugnen. Hätten wir 4368. Überlieferung: H: BBAW, SN 408, Bl. 23–26; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 293–299 (gekürzt)

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daher ein Gedicht, wie die Werke und Tage des Hesiodus, vor uns, so daß ich mir diese einzelnen Abschnitte vor der Sammlung und Vereinigung als kleinere Gedichte im Gedächtniß und Munde der Leute denken könnte, so fände ich keine Schwierigkeit. Aber daß jemand, der nur so weniges zu merken und zu erzählen hatte, dies hätte aufschreiben sollen, das will mir, wie gesagt, nicht recht wahrscheinlich werden. Anders wäre es, wenn ich mir dächte, daß jemand sammelte, mit der Absicht, das Gesammelte zu einem Ganzen zu vereinigen. Ein solcher würde, was er einzeln von den Augenzeugen erführe, aufzeichnen, um es nicht über anderes Einzelnes zu vergessen. Dabey wäre es mir auch sehr begreiflich, ja es wäre nothwendig, daß jede einzelne Erzählung ein kleines Ganzes ausmachte, mit einem Anfange und Schluß, die sich nicht auf einzelne vorhergehende oder nachfolgende Begebenheiten, sondern unbestimmt auf die allgemeine Vorstellung von Christi Wirksamkeit bezögen; und dieser Charakter würde nicht verwischt werden, wenn auch ein solcher Sammler, ohne Bedürfniß und Gefühl dessen, was eine historische Composition erfordert, endlich daran ginge, das gesammelte Einzelne zusammenzureihen. – Doch ich breche ab, Ihnen Einfälle mitzutheilen, die keinesweges reif genug sind, Ihnen mitgetheilt zu werden. Ich denke aber auf dem von Ihnen gezeigten Wege fortzugehn, bis sich mir ein sicheres Resultat ergiebt, in welchem ich gewiß mit Ihnen zusammentreffen werde. Schieben Sie nur ja die Ausarbeitung des zweyten Theiles nicht zu lange auf. Denn über das Verfahren des Verfassers muß, wie mir ahndet, die Apostelgeschichte fast noch mehr Licht geben, als das Evangelium. Die Dedication an De Wette hat mir ausnehmend gefallen. Daß | dieselbe Ihnen nöthig scheinen konnte, um die wissenschaftliche Freyheit zu vertheidigen, hat mich geschmerzt. Ist es möglich, daß diese bey Ihnen in Gefahr geräth!? – Wie schön und klar haben Sie die Grundsätze ausgesprochen, um welche ich so oft mit Neander gekämpft habe. Ich bin überzeugt, daß dieser dadurch getroffen ist. Denn mehrmals habe ich ihn dahin gehabt, daß er redliches Streben nach Wahrheit sowohl im Allgemeinen für hinreichend erkannte, um sich mit den wissenschaftlichen Forschungen eines andern zu vertragen, als auch dieses De Wetten zugestand. Einmal war er sogar bey Gelegenheit eines öffentlichen Festes in einem Gespräche mit De Wette ganz weich und gerührt geworden, und seine eigne Einseitigkeit schien ihm klar geworden zu seyn. Nur dauerte dergleichen nicht lange. Bey Marheineke scheint mir jede feindseelige Tendenz dieser Art um so häßlicher, weil ich seine Orthodoxie nicht anders als affectirt finden kann. 56 geben] gegeben

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Brief 4368

Wissen Sie übrigens wohl, daß Fries, mithin auch De Wette, unter den Herrnhutschen Theologen viele Anhänger zählen? ich habe davon merkwürdige Beweise in Unterredungen, namentlich mit einem Christiansfelder Geistlichen gehabt. Dabey verträgt man sich auch ganz wohl mit Ihnen, denn man hält Sie und Fries im Grunde für gleichgesinnt, gesetzt auch, daß Sie selbst es nicht zugestehn wollten, weil Sie sich nur nicht die Mühe gegeben haben, Fries recht kennen zu lernen! Ihr Sendschreiben an Buttmann über Wolf, so wie Ihre Kritik der Liturgie der Garnisonskirche waren allerdings hieher gekommen. Das erste habe ich zu vertheidigen gehabt. So hat der Aberglaube an Wolfs Erhabenheit selbst das sittliche Gefühl seines Unrechts gegen Heindorf, welches doch niemand leugnen konnte, überwältigt! Freylich hätte ich gewünscht, daß Buttmann die Abfassung Ihnen ganz überlassen hätte. Denn jetzt fühlte man doch in Ihrem Sendschreiben, daß Buttmann Ihnen nicht bloß zu wenig, sondern auch zu viel gesagt hatte, und der Eindruck des Ganzen wurde dadurch geschwächt. – In Ihrer Kritik habe ich allerdings die Milde bewundert. Es hat mich aber auch gefreut, | daß Sie Savignyn gefolgt waren. Ob Sie durch eine andere Form verhindert hätten, was Sie durch diese nicht verhindern, ist mir zweifelhaft; dagegen würde es mich unendlich schmerzen, wenn ich Ihre Ruhe gestört, dadurch Ihre Gesundheit vielleicht ganz untergraben, und Ihre Wirksamkeit unterbrochen sähe, die dem allgemeinen Besten einen sicherern und größern Gewinn gewährt, als aus einzelnen Bestrebungen dieser Art hervorgehen kann. Die Weise, wie Sie über diese Angelegenheit schreiben, hat mich überaus gerührt, und ich hätte Ihnen um den Hals fallen mögen, um Ihnen auszudrücken, daß Ihre Freunde und Schüler Sie herzlicher zu lieben wissen, als Ihre Feinde Sie jemals werden hassen können. – Schon einmal habe ich mündlich meinen Wunsch gegen Sie ausgesprochen, mehr in der Art zu schreiben, wie Ihr Buch über Universitäten. Mögten Sie nicht auf diese Weise Ihre liturgischen Vorlesungen gemeinnütziger machen? Ich erwarte von Werken dieser Art mehr Erfolg als von polemischen. Bey jenen wird sich dem Gewichte der Gründe niemand entziehen können; die zweyten können wohl gar zu einem eigensinnigen Widersetzen reitzen. – Ihrem Buch über die Synodalverfassung sehe ich mit großem Verlangen entgegen. Wenn Ihre Ethik solchen Arbeiten, wie dem Lukas und dem zuletztgenannten eine Zeit lang nachstehen muß, so lasse ich es mir noch wohl gefallen. Aber dem Plato misgönne ich die Zeit, die der Ethik entzogen ist. Hätte er lieber ungeändert wieder gedruckt werden mögen, wenn die Ethik hätte vollendet werden können! Fast schäme ich mich, Ihnen immer wie ein ungeduldiger Mahner zu erscheinen; und doch würde ich es noch öfter

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thun, wenn ich nur wüßte, daß es Erfolg haben könnte! – Wenn Sie aber Ihre Kränklichkeit darthun wollen, müssen Sie sich nach andern Beweisen umsehn, als nach der Zahl Ihrer Arbeiten. Denn Sie scheinen mir mehr zu arbeiten, als Sie bey noch schwachen Kräften sollten. Dasselbe findet auch Heinrich. Nun machen Sie zwar viel durch die Schnelligkeit gut, womit Sie arbeiten können. Aber strengen Sie sich doch nicht mehr an, als Sie es auf die Länge aushalten können? – Dieser Brief kommt hoffentlich noch früher zu Ihnen, als die frohe Hoffnung | in Erfüllung gegangen ist, die Sie mir angekündigt haben. Gott gebe seinen besten Segen, und mache namentlich auch die Erwartung Ihrer lieben Frau wahr. Denn auch ich, däucht mir, würde die Vermehrung Ihres häuslichen Glückes durch ein Knäbchen mit größerer Freude erfahren, als durch ein Mädchen. Von einem andern frohen Familienereigniß bin ich kürzlich durch die Herz benachrichtigt, nämlich von Nannys Verlobung, ja, wenn ich recht verstanden habe, ihrer nahen Verheirathung. Tine hat mich mehrmals schon erinnert, nebst vielen Grüßen an Sie und Ihre Frau und Kinder auch Nannyn ihre Theilnahme zu bezeugen und ihren Glückwunsch zu überbringen, und ich brauche wohl nicht zu sagen, mit welcher herzlichen Theilnahme ich den meinen hinzufüge. Tine kränkelt seit einiger Zeit, und macht mir dadurch manche Sorge. Sie liegt zwar nicht, magert aber zusehends ab, und verliert an Kräften. Jetzt braucht sie Seebäder, und ich hoffe, mit Erfolg. Mir geht es gut; aber ich sehne mich nach einer Verbesserung meiner äußeren Lage. Da ich sie von Kopenhagen her schwerlich erwarten darf, (theils, weil ich Mitredacteur der Kieler Blätter bin, theils um nicht mir etwas zuzugestehn, was man Falck, den man nicht halten wollte, abgeschlagen hatte) so wünschte ich, so ungern ich mich in mancher Hinsicht von Holstein trennen würde, daß man mich anderwärts mögte gebrauchen wollen. Daß mich mein Wunsch vornämlich nach Berlin treibt, wissen Sie; ich sehe aber freylich nicht ein, wozu man mich dorthin rufen sollte. Sollte man aber noch anders wo jemand bedürfen, der exegetische Collegia über das Neue Testament; Dogmatik, mit der Zeit auch Patristik und Kirchengeschichte, oder der Logik und Pädagogik und andre Philosophica vortrüge, und Sie könnten vielleicht die Aufmerksamkeit auf mich leiten: so würden Sie mir dadurch einen wesentlichen Dienst erzeigen. Denn vielleicht wäre auch für meine Tine eine Ortsveränderung vortheilhaft, obgleich ich auf den Widerstand der ihrigen rechnen müßte. Meine Arbeiten beziehn sich noch immer vorzugsweise auf meine Vorlesungen; und das wird vorläufig nicht wohl anders seyn können, so lange ich noch keinen vollständigen Cyklus derselben ausgearbeitet habe. Es war indeß mein ernstlicher Entschluß, mich an die Beantwortung der Preisfrage

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über die | logischen Schriften des Aristoteles etc. zu machen; indem ich den Aristoteles und die Logik genug zu kennen glaube, um sie beantworten zu können. Aber die Anzahl der Logiken des vorigen Jahrhunderts (es sind deren über 600)! man müßte diese doch einigermaßen kennen, und sich in die Wolfianer hineinlesen. Dazu bietet mir nun weder unsere Bibliothek die Bücher, deren ich bedürfte, noch habe ich dazu großen Trieb, so lange es nothwendigere Studien für mich giebt, die sich unmittelbarer auf meine Bedürfnisse und Vorsätze beziehn. Da nun außerdem meine Vorlesungen mir bald mehrere Arbeiten zuwiesen, als ich geglaubt hatte: so wurde der Vorsatz wieder aufgegeben. Hinzu kam eine gewisse Schüchternheit und Furcht vor – Ihnen. Sie werden das unbegreiflich finden, und recht begreife ich es auch nicht; aber es ist so. Ich dachte mir Sie als Beurtheiler und Richter, und die Furcht, Sie nicht zu befriedigen, die Furcht vor einem Resultate, das mich niederschlagen würde, würde mir die Unbefangenheit genommen haben, deren man zu jeder Arbeit bedarf. Ja, ich gestehe Ihnen, daß mir diese Furcht noch öfter in die Quere treten wird, wenn ich mich entschließen soll als Schriftsteller aufzutreten. Das Lob, welches Sie in politischer Hinsicht den Holsteinern ertheilen, würden Sie vielleicht mäßigen, wenn Sie dem Gange der Dinge mehr aus der Nähe zusähen. An Einsicht sowohl als an Tüchtigkeit fehlt es aller Orten. Woher sollte sie freylich auch bey dem politischen Schlafe, worin wir so lange gelegen haben, und der bey uns nicht einmal durch eine unmittelbare Theilnahme am deutschen Freyheitskampfe verscheucht ist, kommen? Die beiden wichtigsten Beschlüsse der Ritterschaft, die Erklärung, daß bey erneuerter ständischer Verfassung die Besitzer der adlichen Güter keinen Anspruch auf Bevorzugung in der Grundsteuer machten, und daß man bey unbefriedigenden Antworten der Regierung an den Bundestag gehen wolle – beide sind nicht sowohl aus dem freyen inneren Triebe derselben hervorgegangen, als durch Umstände und einzelne Männer abgedrungen. Daher hat auch die erste Erklärung der Ritterschaft das Vertrauen des Publicums nicht gewinnen können, welches den aristocratischen Einfluß mehr | fürchtet, als die völlige Abhängigkeit von einer gutmeinenden Regierung. Und der zweyte Beschluß ist doch halb und halb wieder zurückgenommen, da der Schritt endlich gethan werden sollte, und man will wieder den Weg der Unterhandlung versuchen. In der Ritterschaft selbst giebt es Männer von Gewicht und Einfluß, die unverholen äußern, daß sie sowohl ihre Vorrechte nicht genug gewahrt, als auch zu unpolitisch sich in einen Gegensatz gegen die Regierung gestellt hätten, der, wenn er auch den andern Ständen Nutzen bringen könne, ihnen doch schädlich seyn müsse. Ob nun der Patriotismus einiger weniger die Sache

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zu einem glücklichen Ende führen werde, während ein Theil kaum durch Schaam zurückgehalten wird, den aristocratischen Eigennutz nicht zu viel zu äußern, ein andrer Theil noch an jakobinischer Freyheit und Gleichheit hängt, ein dritter Theil dem politischen Streben mit Uebelwollen begegnet, die meisten aber mit träger Gleichgültigkeit die Sache als bloße Tagesneuigkeit und Stoff der Unterhaltung betrachten – das scheint mir noch sehr zweifelhaft. Am Ende muß doch noch der König aus freyem Entschluß das beste thun, und einige trauen ihm dies zu; ob mit Recht, weiß ich nicht. – Reimern bitte ich Sie meinen Dank zu sagen für seine Bemühung mir Schillers und Wielands Werke zu ergänzen. Ich bin nur in Verlegenheit, wie ich meine Rechnung bey ihm berichtigen soll. Wenn Jansen zurückkehrt, so könnte der vielleicht die Auslage dort für mich machen. Grüßen Sie alle die Ihrigen aufs herzlichste, namentlich auch Lotte. Wenn Sie einmal wieder eine Reise machen, so führen Sie doch noch ihre Frau zu uns; Sie wissen selbst, wie dankbar ich Ihnen für Ihren Besuch seyn würde, so wie wir es für den vom vorigen Sommer sind. Gedenken Sie unserer in Liebe, und bezeugen Sie es auch bald wieder durch einige freundliche Zeilen Ihrem Twesten Auch von der Hensler soll ich grüßen.

4369. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 2. 8. 1817

Berlin d 2t. August

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Wollen wir nun Ernst machen lieber Freund? Da die Synoden auf den 24ten September verlegt sind und Arndt auch seine Ankunft etwas später angesezt hat: so gewinne ich Raum zu einer kleinen Reise, und die will ich anstellen weil ich das noch fast gar nicht kenne, ins Thüringer Waldgebirge. Ich denke den 15ten August meine Vorlesungen zu schließen, weiß aber noch nicht gewiß, ob ich gleich dann oder erst den 17ten reisen kann. 4369. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 219–221

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Brief 4369

Können und wollen Sie mit, was mir ganz außerordentlich erfreulich wäre so holte ich Sie in Halle ab und wir machten uns, aber ohne langen dortigen Aufenthalt auf den Weg. Mein Sinn ist aber dabei ganz vorzüglich auf eine Fußreise gesteuert, und ich rechne auch sehr auf Ihren geognostischen und mineralogischen Unterricht. Es fragt sich also zunächst ob Sie ernstliche Lust haben und ob Sie Sich von Ihren Geschäften und Ihrer | Frau trennen können. Für die Geschäfte müssen ja wol Dohlhoff und Rienäker Ihnen und mir zu Liebe sorgen. Was Ihre Frau Gemahlin betrifft: so wäre es freilich schön sie mitzunehmen wenn es ihr Freude machte und sie mit uns fort könnte. Ich komme mit meinem Wagen und dachte den eigentlich in Gotha oder Rudolstadt oder von welcher Seite wir zuerst in das Gebirge hineingingen stehen zu lassen, so daß wir uns ganz auf unsere Beine und des Himmels Gunst verließen. Ist aber Frau Blank gesonnen mitzureisen und kann sie wenigstens wo es darauf ankommt Berge besteigen und Thäler durchwandern, ei nun so richten wir uns dann anders ein, und fahren überall wo es möglich ist. Mein Wagen wird seine Dienste nicht versagen und wir müssen uns dann nur den Beutel etwas besser spicken. Aber liebster Freund lassen Sie mich r e c h t b a l d Ihre Entschließung wissen. Denn wenn Sie nun leider nicht könnten: so suchte ich mir einen andern Reisegefährten auf. | Aber bedenken Sie Sich recht denn es wird uns so gut nicht wieder geboten. Nur kommen Sie mir nicht etwa mit dem Vorschlag statt des Thüringerwaldes den Harz zu besuchen. Den habe ich zweimal bereiset und vor der Hand genug an ihm so schön er auch ist. Es fehlt ja auch dem Thüringer Walde nicht an Reizen für Ihre Frau wenn sie mit will. Die Wartburg die Gleichen die Liebensteiner Höle, Wilhelmsthal müssen auch aller Ehren werth sein. Da das Papier noch still hält, will ich noch ein Paar andere Worte hinzufügen. Die Heindorfschen Bücher erstlich sind richtig eingegangen aber da ich sie durch Reimers Buchhandlung empfangen habe: so habe ich von den Transportkosten gar keine Nachricht, hoffe aber daß sie wenigstens berichtigt sein werden. Für Ihre dabei übernommene Mühe danke ich nun erst recht freudig da ich im Besiz der Schäze bin Wie steht es nun bei Ihnen mit den Synoden? Wir Reformirte hier (was das Dom Ministerium gethan hat wissen wir indeß noch nicht) haben uns für die Vereinigung mit den Lutheranern erklärt, unter folgenden Bedingungen 1.) daß die Lutheraner auch hierüber befragt würden. (Dies hatte nemlich unser Consistorium gar nicht für nöthig befunden, wodurch die Sache das Ansehn bekam als ob die lutherischen Synoden als solche schon 14 die Geschäfte] über )das erste* 30 ihm] folgt )und*

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von selbst beständen und wir uns nur hinein schieben könnten. | Auf unsere Vorstellung indeß hat es sich nun doch bequemt). 2. Daß für alle übrigen Verhältnisse die reformirte besondere Superintendentur bliebe (welches nach dem schwankenden Ausdrukk des Entwurfs zweifelhaft scheinen konnte.) 3. Daß in den hiesigen Synoden (von denen es noch nicht entschieden ist, ob es eine oder mehrere werden) entweder das Praesidium zwischen Reformirten und lutherischen Superintendenten wechseln oder jede Synode sich selbst einen Praeses wählen solle. Ich würde Ihnen hierüber weil doch ein zusammenstimmendes Handeln sehr zu wünschen ist eher Nachricht gegeben haben wenn ich mich nicht darauf verlassen hätte daß Dohlhoff sie doch durch Marot oder Pauli bekommen würde. Wenn man sich nur überall recht bestimmt gegen den kirchlichen Despotismus erklärt, der durch die GeneralSuperintendenten soll eingeführt werden. Ich fürchte ich habe mich hierüber in meinem Büchlein zu schwach und gelinde ausgedrükt, und werde noch viel mündlich nachzuholen haben. Wenn wie ich vermuthe Ihre Synoden auch erst Ende September sind: so können wir uns unterweges noch viel über diese Dinge besprechen. Sie glauben nicht wie ich mich darauf freue; geben Sie mir also ja keinen Korb und empfehlen Sie mich Ihrer Frau zu einer günstigen Entscheidung auf eine oder die andere Art. Ist sie schnellen Entschlusses so braucht sie ja ob sie mitreisen will erst zu entscheiden wenn ich da bin mich ihr ehrerbietigst dargestellt habe und sie mich darauf angesehn hat ob sie wol mit mir auszukommen gedenkt. Nochmals bitte ich um recht baldige Antwort. Schleiermacher

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Denken Sie auch unterdeß an Hülfsmittel. Den Heim habe ich[,] aber durchaus keine Charte – Ich habe darauf gerechnet, daß Sie von meiner Frauen sehr glüklichen Entbindung durch Karoline wissen. Sie und das Mädchen befinden sich fortdauernd außerordentlich wohl Gott sei Dank. Eben verkündigen die Kanonen daß Prinzess Wilhelm entbunden ist

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54 hierüber] korr. aus hiervon

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4370. Von Immanuel Bekker. Mailand, Sonnabend, 2.8. bis Freitag, 8. 8. 1817 Mailand 2 Aug. 1817. Ich habe schon in Chiari dem Nachtquartier zwischen Verona und hier, angesetzt zu schreiben, mein theurer Freund, um Ihnen zu danken für die rasche Nachricht von dem Begebnis des 12 Juli und für die mir daraus erwachsende neue Dignität in Ihrem Hause: aber die Müdigkeit hat obgesiegt über die Dankbarkeit, an der Sie darum doch nicht zweifeln. Ich war um 3 Uhr Morgens ausgefahren, auf einer Sedia, einem zweirädrigen Karrn, dessen Rücklehne nur bis an den Ellenbogen reicht: so daß ich des Tages Schwüle und Last in ganzer Schwere gefühlt hatte. Auch ist der Weg, nachdem man bei Desenzano über den Gardasee hinaus ist, ziemlich einförmig: zu beiden Seiten Maisfelder, durchschnitten von epheuumrankten (durch Nebengehänge) verbundenen Maulbeerbäumen, in deren Krone der Mais üppig hinein schießt, die Aussicht enge umgrenzend. Nur zur Rechten zieht sich eine mannigfache Kette von Bergen. Das Mädchen für den Knaben thun Sie gewiss sehr wohl utiliter zu acceptiren. Sie wissen wie schon Homer klagt über die Söhne: πολλοὶ μὲν χείρους, παῦροι δέ τοῦ πατρὸς ἀμείνους: die Tochter dagegen wird der Mutter gleichen und den Eidam zu andern Dingen begeistern als väterliches Ansehn erwirkt. Mein kritischer Rath, den sie provociren und verspotten, soll auch nicht ausbleiben, und ich will trachten zu verdienen daß er gehört werde. Daß ich mich in Verona nicht ausschliessend mit dem Codex 13 beschäftigt habe, werden Sie aus dem Bericht sehn den ich vor wenigen Stunden an die Academie geschickt habe. Mit den andern von Niebuhr entdeckten Fragmenten weiß ich nicht recht was Sie meinen: er hat ja nichts entdeckt als den Cajus und die 8 Columnen, wovon nunmehr auch schon eine vollständige Abschrift in Savignys Händen sein muss. Alle übrigen rescriptos hat unser Gönner Quarienti entdeckt: d.h. nachdem er einmal aufmerksam gemacht war, nachgesehn wo schwarze und gelbe Schrift zusammen stünde. Goeschens Ernennung zum Correspondenten hat mich keineswegs in Ruhe gesetzt, wohl aber geärgert: eine Akademie, die noch obenein eine eigne philosophische Klasse hat und zu deren Vorsitzer den Fürsten der Dialektiker, sollte sich keine contradictio in adiecto zu Schul4370. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 5 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 56–62

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den kommen lassen. Vermuthlich wird der Correspondent zum auswärtigen Mitglied avancirt, wann er zurück in Berlin ist. – Sehn Sie doch ein wenig danach, daß mein Bericht aufbewahrt werde, um dereinst für die Vorrede dienen zu können: ich behalte keine Abschrift. Die mathematischen Columnen sind geschrieben wie die Rede pro Scauro und pro Tullio; die theologische Hand des 13 ist sehr ähnlich der des Fronto. Sollte von aufgenommenen Conjecturen nicht Rechenschaft gegeben sein in meinem Plato, so wäre das allerdings ein wesentlicher Mangel, und mir um so verdriesslicher als ich noch in der Ankündigung – die Ihnen freilich Reimer meiner ausdrücklichen Bitte ungeachtet nicht gezeigt hat — das einzige Verdienst meiner Ausgabe darein gesetzt, daß sie von jeder Lesart die Quelle angebe. Aber bei meinen Papieren muss ich Sie doch bitten nie zu vergessen daß die allein zur Stephanschen Ausgabe passen und der meinigen erst durchweg angepaßt werden sollten. Das erfodert nun freilich einige Genauigkeit, deren Mangel mir schlimme Dienste leisten würde. Ich wünschte Sie veranlaßten den Herrn | Müller mir selbst Nachricht von dem Gange der Arbeit zu geben: wie weit der Druck gediehen ist und ob e r nirgend Anstoß gefunden. Von Niebuhr habe ich, schon seit einem Monat, den Auftrag Sie doch ja abzuhalten vom Austritt aus der Academie. Alle solche Erscheinungen, schreibt er, betrüben ihn als Beispiele von der Losheit aller Gesellschaften und von unsrer gänzlichen Unfähigkeit für bürgerliche Verfassungen: er finde ein solches Ausscheiden so verderblich daß er sich kaum denken könne daß die Academie etwas sich selbst so beschimpfendes sollte gethan haben daß der Schritt gerechtfertigt würde. Ist irgend etwas weiter in der Sache erfolgt? — Mailand ist eine großartige Stadt; Verona, das doch auch nicht klein ist, erscheint dagegen provincial. Nur behält es den Vorzug herrlicher Lage an Hügeln und der breiten raschen Etsch gegen die hiesige Ebne und zwei schmale Kanale. Das Amphitheater aber möchte ich reichlich aufgewogen annehmen durch die wundervolle Pracht und Kunst des Doms: Stimme und Athem vergehn beim ersten Anblick des riesenhaften und höchst anmuthigen Werkes. Was muss St. Peter sein, wenn dies nur die zweite Kirche der Welt ist Ferner ist zu rühmen an Mailand daß man da recht gut ißt und leidlich trinkt, wenigstens im albergo della croce di Malta, über den meine Kenntnis noch nicht hinausreicht: die Eise und sonstigen Caffeterieproducte sind in höchster Treflichkeit und Fülle, und erweitern meine Pariser Wissenschaft gar erfreulich. In Verona habe ich Tage lang von Caffe und Limonate gelebt, wehmüthig eingedenk der Fleischtöpfe Ihres Aegyptens.

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Auch die Menschen kann ich nicht schelten. Graf Saurau hat mich ganz höflich aufgenommen, einer seiner Räthe mich ein- und umhergeführt auf der Ambrosiana: derselbe wird mich morgen (den 5) zur Brera geleiten, dem Kaiserlichen Palast der Künste und Wissenschaften; auch der Chinese Hager hat [sich] mir freundlich erwiesen. Nur verweisen mich alle an den Angelo Mai: der Gouverneur freute sich sogar daß ich dem würde Gerechtigkeit schaffen können gegen deutsche Journalisten, die ihn unwürdig behandelt hätten um Niebuhr zu heben: und gerade der flößt mir das wenigste Vertraun ein. Eine der stattlichen Lombardischen Gestalten, die Göthe am Marchese im Meister rühmt, nicht hoch in den Dreißiger, wohlredend, aber fühlbar zurückhaltend und ausholend. Wiewol ich nun schon zweimal bei ihm gewesen, habe ich doch nicht einmal die Catalogen erhalten können: sie seien in andern Händen, in Unordnung, nicht di pubblico usw: indess solle ich vorzüglich bedient werden: nur sei überhaupt wenig vorhanden. Dazu kommt, daß die Bibliothek nicht unmittelbar von der Regierung abhängt, sondern unter dem Patronat der Borromeer steht, der Nachkommen des Stifters. So daß sehr denkbar wird, daß ich in den 3 oder höchstens 4 Stunden, wo die Bibliothek offen ist, sehn werde was es Herrn Mai belieben wird mich sehn zu lassen; und mit Verlangen Ihrer Geldsendung entgegen harren, die mir Flügel gebe nach Turin oder Florenz oder auch Rom, wo es mir denn doch am Ende eben so trostlos ergehn kann: Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten, die meine Lust an dem schönen Italien öfter als Noth thut trüben. Wie anders | könnten Sie es genießen, wenn Sie Sich die Zeit nehmen wollten, die Sie ja doch mit Wucher einbringen werden: denn was ist Magnetismus und schwarze Tropfen gegen Ein Jahr in Freiheit und Ruhe dieser Natur, dieser Kunst geweihte. Und welche Begleitung hätten Sie an Ihrer Frau, während mir Unglückseligem Schlaf und Tabak und Steifheit der Gelenke und Schwäche der Nerven und breite Redensarten und spießbürgerliche Späße die köstlichsten Momente verkümmert haben. — Ich bin von Verona mit dem Rest meines Credits an das hiesige Haus Mirabaud und Compagnie überwiesen: das einfachste wäre also wohl wenn mir die Herren Schickler den neuen Creditbrief unter andern auf dieses stellte. Wiewohl es am Ende auf Eins hinauskommt. — Der Brief von Herrn von Humboldt an den Grafen Saurau wird mir noch immer erwünscht sein, zumal ich noch gar nicht positiv weiß dass an das hiesige Gubernium von Wien aus der Auftrag ergangen sei, der an das Senat ergangen uns in Verona und Venedig so nützlich gewesen ist. In Venedig liegen, unter andern nicht nach Paris gekommenen Platonischen Handschriften, auch noch zwei unverächtliche der Gesetze; eine

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dritte enthält sie zur Hälfte. Diese gedenke ich mir nicht entgehn zu lassen, wie denn Venedig der einzige Ort in Italien sein dürfte wo man seiner Arbeit sicher und Meister ist. Von dem Aristoteles aber besorge ich immer mehr daß ich seiner nicht Herr werde: wo die Zeit hernehmen, und was anfangen mit Leuten wie der Veronesische David? hätte ich einen Gehülfen, à la bonne heure. In Italien zwar wäre damit vielleicht auch noch nicht viel geholfen; aber Paris ließe sich auf diese Weise aufarbeiten, und das wäre eine tüchtige Grundlage. Der wünschenswertheste Gehülfe würde mir Lachmann sein, vermuthlich auch gar nicht abgeneigt. Wird die Akademie jemals anständig dotirt (und sie vergißt doch wohl nicht danach zu trachten), so muß sie immerwährend Collatoren auf Reisen erhalten: durch bloßen Fabrikfleiß wäre großes Heil zu gewinnen. — Die Bibliothek von Brera ist mir gestern und heute (Mittwoch) sehr freundlich und vollständig gezeigt worden: nur enthält sie nichts was ich suchte: eine Menge von Aldinen und andern Ausgaben des 15 Jahrhundert: unter den Handschriften nichts als einen Gregorius Corinthus: herrliche Missalien mit Miniaturen. Den Abend bin ich im Theater della Scala gewesen, mit St. Carlo das größte in Italien: und zwar in der Loge Sr. Excellenz, bei der ich heute zu Mittag esse. — Sein Sie mir herzlich gegrüßt und grüßen all die Ihrigen I.B. (Contrada di S. Vito al Pasquirolo No. 522. presso il Signor Giraud) Bei welchem Signore ich so wohl bedient bin daß als ich so weit geschrieben hatte, | kein Licht zu erlangen war zum Zusiegeln. Daher ich Ihnen noch melden kann, daß ich endlich heute (Freitag den 8) habe anfangen können auf der Ambrosiana zu arbeiten. Mai hat mir 2 Platonische Codices hervorgesucht, von denen der eine ziemlich schlecht aussieht, der andere wenigstens nicht sonderlich bedeutend. Die Stunden sind höchst unbequem gelegt: von 9 1/2 bis 11 1/2 und dann von 4 bis 6: nun ißt hier aber alle Welt um 4, so daß diese Nachmittagsstunden ganz ungenießbar werden; auch sollen häufig Ferien eintreten. Obenein collationire ich in dem großen Saale, wo jedermann Zutritt hat; und Italiener plaudern nicht sachte. Vergleiche ich nun daß ich in Paris, wo ich durchaus ungestört so viel arbeiten konnte als physisch möglich war und wo ich überdies mich meistentheils einer Jugendlichkeit des Fleißes erfreute, die dem älter gewordenen, mit solcher Arbeit überfüllten, unter diesen Himmel versetzten nur für besonders reizende Objecte wiederkehren dürfte – daß ich da für den Plato allein gegen 15 Monate gebraucht habe, so kann ich mich der Furcht nicht erwehren, dass ich, wenn ich auch thue was ich kann, den-

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noch die Akademie leicht unbefriedigt lassen könnte, wofern sie von meiner Reise Früchte in irgend einer bestimmten Quantität erwartet und nicht sich begnügt mit dem was mir der Zufall zuwirft, mehr vermuthlich für meine eigne Bildung förderliches als sofort zur Mittheilung geeignetes. Diese Aussicht vor mir, und um mich her Langeweile vollauf in den vielen Stunden, die neben der Bibliothek leer bleiben, weil ich zum Studiren des Apparats entbehre und auf hiesige Geselligkeit verzichten muss so lange ich nicht italianisirt genug bin um die ganzen Abende bis nach Mitternacht in einer Caffeteria oder einer Opernloge (dergleichen mir schon zwei offen stehn und leicht mehr aufgehn würden) wegzuconversiren, benehmen meinem hiesigen Leben gar viel von dem Reize, den es haben würde in Gesellschaft von Freunden und ohne den ängstlichen Zweck. Kaum werde ich Ausflüge in die Gegend wagen dürfen: und doch könnte ich in einem Tage auf den Borromeischen Inseln sein, in zwein höchstens auf dem Simplon. Doch dahin gehn wir ja zusammen. Die Tage werden merklich kurz; es ist kaum halb 8 und ich kann nicht mehr sehn zum Schreiben. Um so eher werde ich an den Weg nach Rom denken müssen. Leben Sie nochmals wohl; empfehlen mich Ihrer Frau und Ihrer Schwester und schreiben mir ja bald: leider kann ich vor sechs Wochen kaum eine Zeile von Ihnen haben. Von Schede, den ich mit seiner Frau zu grüßen bitte, habe ich hier vor wenigen Tagen einen Mündel getroffen, der, von Neapel kommend, Rudolfi’n ankündigt: nachdem die Oestreicher von dort abgezogen sind, wagt niemand mehr zu reisen, am wenigsten durch Apulien. Ganz der Ihre I.B.

4371. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Montag, 4. 8. 1817 Breslau, den 4 Aug. 17. Ich bin eben im Begriff ins Gebirge zu eilen, wohin ich schon vor 4 Wochen Frau und Kinder vorausgeschikkt hab. So sehr es mich nun auch von 4371. Überlieferung: H: BBAW, SN 287/1, Bl. 115 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 141–144. Mit einem Glückwunsch von Wilhelmine Gaß an Anne (Nanny) Schleiermacher zu deren Verlobung.

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allen Seiten treibt und drängt, so kann ich es doch nicht laßen, Dir, mein theurer Freund, für Deinen lieben Brief und für die überschikkte Schrift herzlich zu danken. Die leztere hat mir ungemein wohlgefallen und ich wünschte nur sie in den Händen aller Geistlichen, besonders der Superintendenten, von denen nur sehr wenige wißen, was sie mit dem E n t w u r f machen sollen und denen man auf jeden Fall (bei uns wenigstens) mit einer kurzen Instruktion wird zu Hülfe kommen müßen. Es ist doch ein elendes Machwerk und fast mögte ich Deine Critik darüber noch zu milde finden. Man muß indeß alles thun, die Angelegenheit wenigstens vorzubereiten und die Geistlichkeit empfänglich zu machen für etwas beßeres, das wohl mit Recht vom Staatsrath und dem künftigen Minister des Cultus erwartet werden darf. Daher denke ich zunächst nur auf dreierlei die Tätigkeit zu richten, auf die Anordnung der Presbyterien, auf die Bildung der Candidaten durch die Synoden und auf eine ernstliche Zucht, deren der geistliche Stand zunächst und am meisten bedarf und die mit aller Strenge muß gehandhabt werden. Sollte es demnächst bald zu einer Provinzialsynode kommen und bis dahin noch nichts entscheidendes von oben erfolgt sein, so wäre der Hauptgegenstand, den Regierungen die so genannte Verwaltung des Kirchen und Schulwesens zu entziehen. Diese Behörden sind in Schlesien das wahre Kreuz der Superintendenten und es ist unmöglich, daß diese Männer anderweitig als fungirende Geistliche und als | Vorsteher der Synoden wirksam sein können, wenn die bisherigen Verhältniße bestehen bleiben. Diese allgemeine Opposition gegen die Regierungen, woran es in keiner Provinz fehlen kann, scheint mir das beste Mittel zu sein, den Synoden und den Consistorien den Umfang und die Grenzen ihrer Wirksamkeit anzuweisen und sicher zu erhalten, und besonders um hierzu mitwirken zu können, habe ich es geschehen laßen, daß Merkel mich zum Generalsuperintendenten vorgeschlagen hat. Denn so sehr ich Dir darin beistimme, daß ein solcher weder Mitglied der Consistorien, noch des Ministeriums sein sollte; so sehe ich doch für jezt nicht, wie es anders zu machen ist, um die Menge der Zwischeninstanzen zu vermindern und etwas mehr Leichtigkeit und Zusammenhang in die gegenseitige Mittheilung und Einheit in die Anordnungen zu bringen. Sehr vieles wird abhangen von der Wahl des künftigen geistlichen Ministers und ich weiß dazu nur zwei Dohna und Merkel, habe aber keine große Hofnung für sie. Jezt ist die Verwirrung in der That etwas Interessantes und es kann mir Freude machen, sie zu vermehren und die Sachen auf den Sand zu fahren. Zur Auflösung der Consistorien aber glaube ich nicht, daß es kommen wird 20 und] folgt ))u**

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Briefe 4371 – 4372

und das beste Mittel es zu verhüten, ist die fortgesezte Opposition gegen die Regierungen, die auch (in Schlesien wenigstens) zum guten Glükk so viel Verkehrtheiten begehen, daß sie es selbst nicht wenig erleichtern, gegen sie zu operiren. Die Deutschreformirten haben sich, wie ich höre, in Berlin mit den Lutheranern vereinigt, die Franzosen aber wollen für sich bleiben. Das hat man dafür, daß man den französischen Cultus bestehen läßt. | Unsre reformirten Brüder werden sich an uns anschließen – wir haben auch deren nur 9 in ganz Schlesien – und ich erwarte nur die officielle Anzeige, um dann sogleich Deinen Wunsch für die hiesige Stadt zu erfüllen. Es gehört mit zu den Wunderlichkeiten des alten Hermes, daß er einen Reformirten nicht auf eine Lutherische Kanzel laßen will; eigentlich aber ist es wohl seine Feindschaft gegen mich, da ich einige mahl in der reformirten Kirche gepredigt habe. Was soll denn das Cirkularschreiben des Ministers an die evangelische Geistlichkeit? Das erste hat doch einen höchst dürftigen Inhalt und die Bemerkung, daß wir uns nicht Protestanten nennen sollen ist ganz zur Unzeit. Diesen Namen müßen wir behalten, so lange es einen Papst giebt; am wenigsten sollten wir ihn j e z t wie ich glaube, öffentlich ablegen. Die Veranlaßung zu meinem Streit mit den FreiMaurern will ich Dir gerne mittheilen und Du wirst mich rechtfertigen, daß ich nicht anders konnte. Der ConsistorialRath Gaupp (bei der Reichenbacher Regierung) ließ 4 Maurerreden drukken und der Recensent derselben in den Provincialblättern äußerte den Wunsch, über das Verhältniß der Maurerei zur Kirche belehrt zu werden. Unglükklicher weise wurde ich von mehreren für diesen Recensenten gehalten, auch erfuhr ich darneben, daß ein sonst von mir geschäzter Geistlicher Maurer geworden sei, weil er geglaubt, ich sei es auch. Dies beides verdroß mich und ich mußte mich öffentlich dagegen erklären. Dies geschah freilich sehr derb, zugleich aber schrieb ich auch an Gaupp und gab ihm das Recht mit mir zu verfahren wie ich mit ihm gethan hatte, wenn er mich auf derselben Verkehrtheit fände. Die Maurer wurden ganz wild und nachdem sie alles Ernstes darauf gedacht hatten, wie sie mich aus Schlesien bringen mögten, erschien endlich drei Monath nachher der Aufsatz in der Isis, dessen | Verfaßer Augusti und Middeldorpf sind. Der erste hat es mir selbst gestanden und was ich ihm erwiedert habe, kannst Du leicht denken und er wird es so leicht nicht vergeßen. Uebrigens hat der Vorfall meiner Wirksamkeit nicht im mindesten geschadet, ja, ich glaube eher gefördert. Und wenn ich einige so genannte Freun75 dessen] deren

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de verloren habe, die ich mißen konnte, so habe ich viel andre gewonnen und bin der guten Sache gewiß förderlich geworden. Ich kann nicht mehr schreiben; aber freuen will ich mich noch recht herzlich Deines zwiefachen häußlichen Glükks. Mögte Dir ein Sohn geboren sein und Dein Geist, Du Guter und Herrlicher, auf ihm ruhen! Tausend Grüße an Deine liebe Henriette, und auch an Nanny mit den einliegenden Zeilen, die mir Wilhelmine zugeschikkt hat. Etwas beßres hätte ich ihr nicht wünschen können, als was ihr Gott verliehen hat; möge sein reicher Segen sie überall begleiten. Was Du mir von einer möglichen Veränderung an der DreifaltigkeitsKirche schreibst, hat mich allerdings sehr aufgeregt, aber doch wüßte ich auf keine Weise etwas dazu zu thun, wenn man nicht von selbst an mich denkt. Und das wird schwerlich geschehen. Ueberlege ich die Sache ganz ruhig, so muß ich es für beßer erachten hier zu bleiben; denn wie auch meine künftigen Verhältniße hier gestellt werden, einen ordentlichen Wirkungskreis habe ich mir hier gesichert und ich muß bekennen, mehr Zutrauen zu genießen, als ich vielleicht verdiene. Es ist nie zu meinem Frommen gewesen, wenn ich für mich selbst etwas gesucht habe und darum will ich den Herrn nicht versuchen. Deine Arbeit über den Lukas hab ich noch nicht gelesen und ich fürchte nicht vor dem Winter daran zu kommen. Die Einleitung hat mir sehr gefallen, auch die Zueignung an de Wette und ich habe darin Deinen Sinn erkannt. Lebe wohl, mein theurer, inniggeliebter Freund, ich bleibe Dir ewig ergeben. Gaß

4372. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 5. 8. 1817 Halle den 5ten Aug 17.

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Mit meinen Collegen ist die Sache besprochen und abgemacht, woher das Geld kommen soll wissen wir zwar noch nicht so recht, meine Frau aber meint es werde sich finden und da muß ich es ja wohl glauben. Für Hülfsmittel ist gesorgt. Ich erhalte von Hoff Beschreibung des Thüringer Waldes und eine gute Charte, der Heim ist zu umständlich und blos geologisch, 4372.

Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 92

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Briefe 4372 – 4373

wir aber gehören doch offenbar in die Classe der gemischten Reisenden. Zu meinen Geschäften paßt die vorgeschlagene Zeit ganz vortreflich, vorausgesetzt, daß wir nicht länger als etwa 14 Tage herumspatzieren, was auch die curtissima supellex höchst rathsam macht. Je eher Sie kommen desto lieber ist es mir, Sie finden ein gutes Zimmer und auch der Wagen kann im Hause bleiben; ich wohne nemlich wieder im alten Hause, nun aber 2 Treppen hoch: ich erwarte [Sie] zwischen dem 17ten und 19ten, bleiben Sie ja nicht länger aus. [Von] allen übrigen jetzt kein Wort, wir wollen denke ich den Lukas die Liturgie und die Synoden wacker durchsprechen. Meine Freude Sie wieder zu sehen ist unaussprechlich: auch meine Frau, obwohl sie nicht mitreist ist höchst vergnügt darüber. Sie sollen hier einmal den Berliner Staub recht abschütteln und Sich so Gott will recht erfrischen. Blanc

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4373. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 9. 8. 1817 Durchlauchtiger Fürst Hochgebietender Herr Staatskanzler Gnädiger Herr Ewr Durchlaucht fühlen wir uns auf das gewährteste verpflichtet für das gnädige Gehör welches Hochdieselben unsern guten Wünschen für unsere studirende Jugend zu schenken geruhen. Wenngleich das Bedürfniß, welches Ewr Durchlaucht ehrerbietigst vorzustellen wir gewagt haben nur ein Bedürfniß der hiesigen Universität ist, indem es auf den übrigen Landesuniversitäten an Beneficien für die Theologie Studirenden nicht in demselben Maaße fehlt: so wäre es doch höchst niederschlagend, wenn, da einmal der größte Theil der künftigen Geistlichen dürftig ist, eine so wie der Herr Minister des Inneren selbst rühmt besezte theologische Facultät je länger je mehr nur zur Zierde und zum Gebrauch für einige wohlhabende Ausländer da sein sollte ohne irgend 4373. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, 223, Bl. 7 f. 6 geruhen.] folgt )und welches wir bei den unseren Angelegenheiten unmittelbar vorgesezten Behörden nicht so glüklich gewesen sind zu finden* 14 ohne] über )nicht aber*

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bedeutenden Einfluß auf die Bildung der Geistlichen des Vaterlandes. Und es würde dieses ein wesentliches Uebel für die ganze hiesige Universität sein, indem allgemein anerkannt ist, daß vorzüglich der Einfluß der Theologie Studirenden auch unter den übrigen akademischen Jünglingen die allgemeinen philosophischen und philologischen Studien in Aufnahme bringt, wie denn dieser schwächer gewordene Einfluß hier schon schmerzlich empfunden wird. In dem Gefühl | also der frohen Hofnung welche nach so manchen fehlgeschlagenen Schritten Ewr Durchlaucht gnädige Aufforderung vom 22ten Juli in uns erwekt beeifern wir uns einen Ueberschlag unserer Wünsche mit den Gründen worauf er beruht Hochdenenselben unterthänigst vorzutragen. Im Ganzen beträgt die Anzahl der Theologie studirenden auf Deutschlands protestantischen Universitäten den vierten Theil der Frequenz. Dies war in den ersten Jahren auch hier das Verhältniß, ja es war noch größer. Indeß konnte es ganz so günstig nicht immer bleiben, weil der immer mehr anwachsende große Umfang der auf vielen andern Universitäten dürftiger ausgestatteten medicinischen Facultät und die allmählige Eröfnung der mit ihr verbundenen wahrhaft königlichen Anstalten und Sammlungen natürlich ein Uebergewicht von jungen Aerzten hieher lockt. Indeß dürfen wir mit Grund hoffen, daß wenn nicht besonders die Theurung der Wohnungen auf die minder wohlhabende Klasse der Jünglinge, welche sich der Theologie befleißigt, abschreckend wirkte, die Theologen wenigstens den fünften Theil der Frequenz fortwährend bilden würden, da sie jetzt bis zum achten herabgefallen sind. Wir würden dann etwa 60 Theologen mehr haben als jetzt, eben soviel als wir früher hatten; und eine solche Zahl ist es daher, für welche wir eine angemessene Unterstüzung wünschen. Die Besorgniß des Herrn Ministers des Innern, es möchten, wenn die Facultät mit einer solchen Wohlthat begnadigt würde, zuviel arme Theologen hieher gelockt werden, klingt, wir können es nicht läugnen, sehr hart, und scheint uns nicht den Sinn auszudrücken in welchem der Staat als Pfleger und Beschüzer der Kirche handeln sollte, da die größten Männer der Kirche, Luther und Zwingli an der Spize, aus den dürftigen hervorgegangen sind | und diese also nicht von dem Gebrauch ausgezeichneter Lehrer auch in den verwandten Wissenschaften, wie allerdings die hiesige Universität sie vor andern darbietet, sollten ausgeschlossen sein. Indessen sind auch unsere Wünsche gar nicht von der Ausdehnung, daß sie durch ein Uebermaaß von Beneficien die Armen von andern Universitä21 empfunden] über )gefühlt* 36 abschreckend] über )nachtheili* 40 daher] über )also*

38 sind] über )ist*

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Briefe 4373 – 4374

ten weg hieher locken könnten: sondern wir wollten nur, daß die nicht ganz Armen in Stand gesezt würden, die hiesige Universität eben so leicht zu wählen als eine andere, und deshalb wünschten wir einer solchen Anzahl die Wohnung und was damit unmittelbar zusammenhängt zu demselben Preise verschaffen zu können, wie sie sie anderwärts finden, oder ihnen den Mehrbetrag zu ersezen. Diesen rechnen wir auf 30 r jährlich; und wenn demnach auch Ewr Durchlaucht gnädige Theilnahme der Facultät zu diesem Behuf der Werth von 1800 r jährlich zugewendet würde: so hoffen wir daß der beabsichtigte Zweck würde erreicht werden. Wir halten diese Summe um so mehr für sehr mäßig, da auch alsdann die theologische Facultät dem Staat noch nicht soviel kosten würde, als auch die am mindesten ausgestattete der übrigen Facultäten an hiesiger Universität. Wenn wir nun von unserm ersten dem Uebel am unmittelbarsten abhelfenden Wunsch ein öffentliches Gebäude durch Königliche Gnade zu Wohnungen für die Studirenden eingerichtet zu sehen ganz abstrahiren müssen: so scheinen uns noch zwei Wege übrig zu bleiben. Entweder daß eine solche Summe unmittelbar jährlich angewiesen, und in den bezeichneten Raten an die dazu qualificirten vertheilt würde. Oder daß für ein Kapital, dessen Zinsen ohn|gefähr diese Summe darstellt, Privathäuser, welche sich zu diesem Zweck eignen, angekauft, und um einen verhältnißmäßig geringen Miethzins, der nur die Reparaturkosten und die Kosten des mitanzuschaffenden nothdürftigen Mobiliars deckte, an Theologie studierende ausgethan würden. Die Aufsicht über diese Häuser und deren Verwaltung würde, um anderwärtige Kosten und Weitläuftigkeiten zu ersparen, die Universität gern übernehmen. Das erste Mittel ist ohnstreitig das einfachere, das zweite scheint in mancher Hinsicht das sicherere zu sein. Welches von beiden aber das ausführbarste sei vermag die Facultät als außer ihrem Kreise liegend nicht zu beurtheilen, und muß es Ewr Durchlaucht hohem Ermessen ehrfurchtsvoll anheimstellen. Ist aber für eines von beiden eine huldvolle Entscheidung erfolgt: so erbitten wir Ewr Durchlaucht hohe Erlaubniß Hochdenselben über die Ordnung wie mit dieser gnädigen Unterstüzung verfahren werden soll damit Mißbräuche verhütet und nur würdige damit betheiliget werden, unsere näheren Vorschläge zur hohen Genehmigung unterthänigst vorlegen zu dürfen. In der getrosten Zuversicht durch Ewr Durchlaucht fortgesezte gnädige Verwendung unsern wohlmeinenden Wunsch auf eine oder die andere Art verwirklicht zu sehn verharren wir in tiefster Verehrung 74 deren] korr. aus die

82 Hochdenselben] mit Einfügungszeichen über der Zeile

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Ewr Hochfürstlichen Durchlaucht unterthänig gehorsame Die theologische Facultät Und in deren Namen der Decan 9/8. Schleiermacher

4374. Von Ernst Moritz Arndt. Köln, Sonntag, 10. 8. 1817

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Lieber Freund. Kündige mich ohne weitere Schlanz (oder, da du selbst wohl nicht kündigen wirst, laß mich von andern kündigen) als P r o f e ß o r E r n s t M o r i t z A r n d t i n K ö l n , wo ich doch bis jetzt mit meinen Sachen noch wohne, da ich im Herbst erst nach Bonn ziehe. A l t e r 47 Jahre; g e b o r e n zu Schoritz im Kirchspiel Garz auf Rügen; Va t e r Ludwig Arndt Pächter und Pfandträger, hat gewohnt in Rügen und Pommern, zuletzt zu Trantow bei Loitz, wo er auch gestorben ist. Hier werde ich mich nicht | aufbieten laßen, da es nicht nöthig ist. Wegen meines Sohns hat es keine Schwierigkeit; er hat keine Vormünder, weil seine Mutter ihm nichts hinterlaßen hat; ein klein peculium aus Pathengeld und andern Kleinigkeiten, die ich in seinen ersten Lebensjahren gewißenhaft für ihn gesammelt habe und bis auf 200 Rthaler erhöht, steht seit Jahren für ihn bei unserm Reimer und hangt von mir ab, da es von mir und nicht von seiner Mutter kommt, die als eine natürliche Tochter eines noch lebenden Arztes | und Profeßors in Greifswald gar keine Mitgabe noch Aussteuer mitgebracht hat; so daß es keiner Auseinandersetzung bedarf und auch keiner Vormünder bedurft hat, wo nichts zu scheiden noch zu verwalten ist. Ist hiebei noch etwas zu thun, so kann dies bei meiner Ankunft in Berlin geschehen. Ich habe allerdings mit seinem mütterlichen Großvater unterhandelt, daß er, der ein vermögender Mann ist, ihm einige hundert Rthaler auswerfen soll. Geschähe das, so müßte er freilich einen Vormund haben; bis jetzt | ist das aber unnöthig und ich muß Vormund und Versorger für ihn seyn Eines in Allem. Doch lege ich hier noch ein Zeugniß bei, das ich wie einen Eid vertreten will. 4374. Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 32 f.; D: Arndt: Briefe 1, S. 581 f. einem Zeugnis über die Vormundsverhältnisse seines Sohnes aus erster Ehe.

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Briefe 4374 – 4376

Noch einmal Glück zur Hildegard oder Mathilde, und viel Glück zur Reise. Grüße lieb Weib und die Kinder Dein E. M. Arndt. Den 10n Aug. 17.

4375. An Immanuel Bekker (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 12. 8. 1817 Decano spectabili Facultatis philosophica Die auf der anliegenden Liste verzeichneten Studiosi Theologiae hören bei unserer Facultät keine Collegia. Ehe wir sie darüber zur Rechenschaft ziehn ersuche ich Ewr Spectabilität diese Liste gefällig in Ihrer Facultät circuliren und auch hernach wissen zu lassen, ob welche von ihnen bei den Lehrern Ihrer Facultät Vorlesungen besuchen Berlin d 12t. Aug. 1817 der Decan der theologischen Facultät Schleiermacher

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4376. Von Heinrich Christoph von Willich. Sagard, Dienstag, 12. 8. 1817 Sag. den 12. Aug. 17 Daß wir auf die erste mittelbare Nachricht, lieber Bruder, deiner VaterFreude mit der unsrigen von Herzen eingestimmt, ohne die formelle unmittelbare zuvor abwarten zu wollen, wirst du wissen, wenn wirs dir gleich nicht sagten. Nun auch das fortgehende gute Befinden beruhigt uns für die Lükke vom 24 Juli, dem Datum deines Schreibens, bis heute, da ich es 4375. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, 11, Bl. 36. Immanuel Bekker war von Michaelis 1816 bis Michaelis 1817 Dekan der philosophischen Fakultät. 4 ich] korr. aus wir 5 circuliren] folgt )zu la* auch] über )uns* welche] folgt )sie* 4376.

Überlieferung: H: BBAW, SN 421, Bl. 36–38

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erhalten durch den geheimen (Registrator) nicht Secretair Otto. So eilig wie er ist, habe ich wenig für ihn thun können – Indes hat er mit uns zu Abend gegessen und meinen Plan in dieser Gegend angenommen. Auch von Schwester Nanny’s Entschluß wissen wir und Moriz Arnd kennen wir ja alle – ich spreche wenigstens mit mehr Zuversicht, als es mir in den meisten Fällen gemüthlich ist, meinen herzlichen Segen zu ihrem Bunde! Damit du mich und alle die Meinen ihr und ihrem Arnd empfelen wollest. Ich soll dich um deine Mitwirkung dringend bitten für den dir bekannten Dr. Ehrichson in Greifswalde und thue es gerne wenigstens, wenn ich gleich selbst nicht seine Würdigkeit zur Professur der griechischen Litteratur daselbst wägen oder messen | kann. Die alte Mutter, die freilich sehr bedrükt durch manche höchst traurige Unfälle, ruft mein und aller edlen Freunde Mitleiden zu seiner Beförderung auf, das eigentlich freilich nichts damit zu thun haben sollte – Indes mag er eine solche Stelle in G r e i f s w a l d e ja wohl ausfüllen können. Die Mutter meint, daß die Akademie ihn auf den nach Berlin gesandten Vorschlag gesezt und sich zu seinen Gunsten geäussert habe. Du wirst wissen, was dabei zu thun ist. In unserm Hause steht Gottlob alles wunderwohl und das ist eine unschäzbare Wohlthat – Im BadeHause schlecht – die Putbusser Anstalt reißt meinen kleinen Versuch gänzlich herunter – da kann man sich dann wieder an sich selbst freuen, daß man bei frohem GleichMuth bleibt und so ist es aufs Wort – Nur die übermässigen Anerbietungen, und vielversprechenden Aufforderungen meiner vornehmen Reisenden, die so oft an jenes partement montes p erinnern, sind mir widerlich geworden. Gezwungen fast hat man mich, umständliche Berichte und Anträge abzugeben – zulezt kamen sie an den Geheimen Rath von Beguelin – ich verlangte sie von ihm zurük, wie Putbus in der Geburt war – er PnammS das übel als Mangel meines Vertrauens – Vor | ein Paar Monaten wiederholte ich dringend mein Verlangen, und die inständige Bitte, mir die Nachricht auch der völligen HofnungsLosigkeit ungesäumt und ohne Scheu zuzustellen, weil ich im Fall derselben und des dadurch mir werdenden Verlustes für meine jezzige Frau in die Berliner Witwenkasse sezzen müsse, das mir mit jedem verspäteten Termine kostbarer würde. Er hat mir gar nicht geantwortet; das ist eine harte Ungerechtigkeit – Ich vertraue deiner Freundschaft, daß du mir in einer so wichtigen Angelegenheit als die leztere ist, beistehen wollest und deinen Verhältnissen, daß du es kannst – Ich bevollmächtige dich angeschlossen dazu und bitte dich, einen Rittergang mit dem Mann, erst mildiglich, dann trozziglich, zu wagen. Es ist mein Eigenthum, das

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Briefe 4376 – 4380

mir aus den Händen gewunden und ich mag nicht suppliziren, wie ich ihm auch geschrieben. Dennoch werde ich meine Arme Anstalt bestehen lassen und wünsche, daß meine Freunde sie dem MittelStande empfelen, der in Putbus unzufrieden seyn soll. Meine Frau ist eben nach Altenkirchen, kehrt heute zurük um des Bobbiner SeeHelden Abschiede beizuwonen – Riane sieht sehr freundlich zu dem PDankeS und meine Söhne werden nun bald kommen – deiner und der deinen Liebe empfolen mit mir Deinem W. | 38

Der Herr Professor Schleiermacher ist hiedurch bevollmächtiget, meinen dem Herrn Geheimen Rath von Beguelin übergebnen Bericht von der hiesigen BadeAnstalt entgegenzunehmen und den Empfang dankbarlich in meinem Namen zu bescheinigen – CvWillich Prediger Sagard den 12ten August 1817.

*4377. An David Schickler. Berlin, Mittwoch, 13. 8. 1817 Übersendet 350 Taler. Das Geld sei für Immanuel Bekker bestimmt und damit nach dessen Anweisung zu verfahren.

*4378. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Garz, vor dem 14. 8. 1817 Über die kommende Kreissynode in Garz, auf der er präsidieren werde und über die er gern Schleiermachers Rat und Meinung wüsste.

*4377.

Erschlossen aus Brief 4454 Z. 7–13 vom 14. 11. 1817.

*4378. Erschlossen aus Brief 4397 Z. 139–141. Zum Datum vgl. die Anmerkung zu Brief 4379 (vor dem 15. 8. 1817).

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*4379. An Charlotte und Johann Philipp Pistorius und Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer. Berlin, vor dem 15. 8. 1817 Ratschläge und Meinungen die kommende Kreissynode in Garz betreffend. Wenn diese gehalten sei, wüsste er gern Näheres über das auf ihr Verhandelte. Seine Gesundheit sei zur Zeit gut.

4380. An die Danziger Friedensgesellschaft. Berlin, Freitag, 15. 8. 1817

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Um dem geehrten Auftrage der vortreflichen Friedensgesellschaft zu genügen, habe ich die Herrn Generalchirurgus D. Rust und D. Meyer gebeten, sich zu der Prüfung des Herrn Aegidi zu vereinigen, und sie auch bereitwillig gefunden. Wenn ich lieber andere ausgezeichnete Männer dazu wählte als Mitglieder der medicinischen Facultät, so geschah es, weil ich besorgte, diese möchten vielleicht zu sehr an eine Art zu prüfen gewohnt sein, welche dem Zweck der Gesellschaft nicht entspräche. Ich theilte beiden das geehrte Schreiben der Gesellschaft mit, und sie vereinigten sich über die vier ersten unter den anliegenden schriftlich beantworteten Fragen; die fünfte fügte ich selbst hinzu. Während aber Herr Aegidi mit Beantwortung dieser Fragen beschäftigt war, reiste Herr D. Meyer nach Carlsbad ehe als ich erwartet hatte, und dies verzögerte die mündliche Prüfung, zu welcher ich nun in Übereinstimmung mit Herrn Rust den Herrn Professor Reicke zuzog. Die darüber aufgenommene Verhandlung lege ich nun der verehrten Gesellschaft ihren Beschluß anheimstellend ergebenst bei. Herr Aegidi ist weder in einem so hohen Grade ausgezeichnet, daß wir uns nicht denken könnten, die Gesellschaft habe einen Maßstab, den er nicht recht erfüllt; *4379. Erschlossen aus Brief 4397 Z. 139–141 (14.9.–21. 9. 1817) und aus Brief 4442 vom 29. 10. 1817. Vielleicht legte Schleiermacher dem Brief seine Schrift über die einzurichtende Synodalordnung (KGA I/9, S. 107–172) bei, die Pritzbuer jedenfalls nach eigener Angabe bei der Synode als Leitfaden diente (vgl. Brief 4397 Z. 139–141, 14.9.–21. 9. 1817). Schleiermacher hat den Brief offenbar kurz vor seiner Wanderung durch Thüringen (15.8.– 9. 9. 1817) geschrieben. 4380. Überlieferung: D: Benrath: Schleiermacher examiniert einen Mediziner für die Danziger Friedensgesellschaft, S. 30 f. Mit einem Protokoll der Prüfung des Medizinstudenten Aegidi. 9 schriftlich] Der Herausgeber druckt: „... (schriftlich??)“, hält diese Lesung also offenbar für unsicher.

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Briefe 4380 – 4383

auf keinen Fall steht er so weit zurück, daß wir ihn könnten verwerfen wollen. Es blieb uns also nur übrig, die Data so gut dies sich thun ließ, vorzulegen, und ich glaube nicht, daß eine ausführlichere Relation über die Prüfung hierzu mehr würde geleistet haben als die gegenwärtige, und ich wünsche nur, daß mit dieser und mit dem ganzen Verfahren die von mir hochverehrte Gesellschaft möge zufrieden sein, der ich für das mir bewiesene Vertrauen herzlich verpflichtet bin. Berlin, d. 15ten August 1817. Schleiermacher.

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4381. An das Innenministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 15. 8. 1817 Einem hohen Ministerio erwiedert die unterzeichnete Facultät auf die verehrliche Verfügung vom 24 Juli gehorsamst daß wenn Hochdasselbe nur die von uns gehorsamst erbetenen Summen geneigtest gewähren will es an Gelegenheit nicht fehlen wird den ersten Preis in einer schicklichen Medaille zu ertheilen. Denn es werden von hiesigen Medailleurs mehrere Denkmünzen zu dem bevorstehenden Jubiläum angefertigt, und die Facultät wird die Wahl haben die gelungenste darunter zu jeder beliebigen Schwere in Gold ausprägen zu lassen; und wir werden nicht verfehlen sobald diese erschienen sind unsere Wahl zur hohen Genehmigung gehorsamst vorzuschlagen Berlin d 15t. August Die theologische Facultät conc Schleiermacher 15/8.

4382. An Henriette Schleiermacher. Dessau, Sonnabend, 16. 8. 1817 An / Frau Schleiermacher / geb. v Mühlenfels / Berlin / Wilhelmsstr. No 73. [Bl. 14v] 4381.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 127, Bl. 14

4382. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/3, Bl. 13 f.; D1: Br 2, S. 323 f.; D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 258 f. (Korrektur zu D1). Neben der Adresse ist gestempelt: „Dessau 17. Aug.“

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Aus Potsdam und Beliz hätte ich Dir die herrlichsten Briefe schreiben können; seitdem bin ich immer dikker und dikker geworden und nun so vollkommen incrustirt, daß ich mir diesem Act des Schreibens für eine große Tapferkeit anrechne. Ich habe nur noch eine schwache Erinnerung davon wie wemüthig und doch auch wie herrlich wohl und dankbar mir zu Muthe war unter dem köstlichen Himmel der in der Ferne wetterleuchtete und zu regnen drohte sich aber immer wieder entschleierte daß die Sterne klar über mir standen. Aber närrisch kam ich mir vor und wirklich fast frevelhaft daß ich so ohne eigentlichen Zweck aus bloßem dunkeln Instinkt mich von euch reißen und allein in den Wagen werfen konnte. Am lebhaftesten besinne ich mich noch auf die köstliche Geschichte daß ich beinahe heute früh wohlbehalten wieder bei euch angelangt wäre. Der Berliner Kutscher nemlich wußte in Beliz die Post nicht, wir fuhren falsch und kamen nun so zu stehen daß die Deichsel nach Berlin sah. Zum Glükk fiel mir die Geschichte ein von dem Lissaer Juden der nach Leipzig reiste, und wie ich mich in den Wagen sezte rief ich noch dem Postillon zu irre Dich nur nicht und | fahre mich nach Potsdam. Der bekam einen ordentlichen Schrekk und fragte Ei wo denn sonst hin? Kurz die ganze Expedition war nach Potsdam gerichtet und alles mußte umgeschrieben werden. Das Dessauer Land hat seinen gewohnten lieblichen Eindrukk auf mich gemacht aber es kommt mir doch wie verwaiset vor weil der alte Herzog todt ist. – Ich gehe nun gleich weiter und denke in Halle noch einige Stunden zu schlafen. Dann würde ich munterer sein aber die Post wäre weg; darum schreibe ich lieber diese Zeilen hier. Gott behüte Dich mein einzig liebes Herz, und das ganze Haus. Und bleibe Deinem herumtreiberischen Mann gut.

4383. Von Johann Christian August Grohmann. Hamburg, Montag, 18. 8. 1817 Hamburg d. 18 Aug. 17. Ew. Hochwürden Verzeihen, daß ich hier mit einem kleinen Buche vor Ihnen erscheine, dessen Sendung Ihnen nur meinen so innigen und angelegentlichen Wunsch 4383. Überlieferung: H: BBAW, SN 293, Bl. 1 f. im Nov.“; mit einem Buch.

Beantwortungsvermerk: „beantw

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Briefe 4383 – 4385

ausdrücken soll, den ich schon in Berlin persönlich bezeugte – Ihnen empfohlen zu seyn und mich Ihrer Gewogenheit und näheren Befreundung erfreuen zu dürfen. Der Zweck meiner Reise nach Berlin war, Sie zu sehen und zu sprechen. Ich habe Sie zum zweitenmale in einer Vorlesung sprechen hören. – Vergeben Sie mir diese kleine historische Erzählung. Sie soll Ihnen die Verehrung zeigen, die ich Ihnen zolle. Sehr hätte ich gewünscht, Sie nach dieser Vorlesung noch einmal sprechen zu können. Aber meine Zeit war zu kurz, ich mußte abreisen. – In Berlin ist von neuem | der Wunsch in mir geweckt worden, in Berlin leben zu können. Würden Ew. Hochwürden etwas zur Erfüllung dieses meines Wunsches beitragen können; wie sehr würden Sie sich dadurch um einen Mann verdient machen, den das höhere wissenschaftliche Leben und das mögliche Fortschreiten in demselben seine erste und heisseste Angelegenheit ist. Ich befinde mich hier in Hamburg nicht glücklich. Das Gymnasium, an dem ich angestellt bin, ist klein, – Reimarus Ebeling ist dahin, – was soll Philosphie in einer Handelsstadt! Ich wünsche mir einen weiteren Wirkungskreis. Und in dieser Hinsicht empfehle ich mich Ihnen, von mir so Verehrter und Gefeierter Mann, auf das innigste. Meine Fähigkeiten sind zwar nicht die ausgebreitetetsten, meine Kenntnisse nicht umfassend – meine Lebensart war bisher immer mühselig und eine | bessere Aeusserung der Kräfte zurückhaltend: aber doch ist mein Wille, gutes zu stiften, kräftig und lebendig. Und ich fühle, daß, wenn mir die Gelegenheit günstig ist, ich etwas vollkomneres leisten werde als ich je bisher zu leisten im Stande gewesen bin. – Ich bitte Ew. Hochwürden auf das innigste, daß Sie mir Ihre Fürsprache und Unterstützung angedeihen lassen mögen, wenn nicht in Berlin ein solcher Wirkungskreis sich zeigen sollte, wo ich könnte angestellt und zu dem regen akademischen Leben zurückgeführt werden! – Mehr als dieses Andeutens meines Wunsches bedarf es ja wohl nicht. Mehrere Worte würden nichts helfen, wenn ich nichts werth bin: und diese wenigen Worte reichen schon zu, wenn in mir noch einiger Werth ist, der genährt und von einer höheren Hand gepflegt zu werden verdient. Uebrigens bedarf es hier ja wohl nicht der ausdrücklichen Bitte, | daß dieser Wunsch aus dem Herzen, der schützenden und in sich tragenden Freundschaft gesagt seyn möge. – Genehmigen Sie die Versicherungen meiner innigsten Hochachtung! Ew. Hochwürden ganz gehorsamster J.C.A. Grohmann. Hohe Bleichen 216. 27 als] die 29 nicht] folgt ))nicht**

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*4384. Von Henriette Schleiermacher, Henriette von Willich, Elisabeth und Gertrud Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 19. 8. 1817 Beschwert sich über den Ton seines Briefes aus Dessau vom 16. 8. 1817.

4385. An Henriette Schleiermacher. Gotha, Mittwoch, 20. 8. 1817 An / Frau Schleiermacher / geb. v. Mühlenfels / Berlin / Wilhelmstr. No 73. [Bl. 2v]

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Da ich mitten in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag nach Halle kam trat ich natürlich im Wirthshaus ab und erschien am Morgen früh im vollen Staate bei Blank der mich erst Abends erwartete zur großen Ueberraschung. Die Frau machte mir auf und war gleich so herzlich erfreut als ich mich nannte, daß mir auch gleich ganz gut gegen sie zu Muthe ward. Auch hat sie mir immer besser gefallen, so daß mir keine Spur von Besorgniß geblieben ist, daß das jezige Glükk sich verlieren könnte, sondern die Leute gehören ganz gut zusammen. Nicht ganz so ist es mit Wucherer der zwar sehr verliebt ist und sie gewiß nicht minder; aber ich habe kein bestimtes Gefühl von einer soliden Basis bekommen. Vornemlich weil Rienäkker Blanks College abwesend war, und erst Montag Mittag wieder kommen sollte ließ ich mich bereden Montags noch da zu bleiben. Ich hörte also Blank predigen, besuchte Wucherer; dann aßen wir allein bei Blank Mittag dann ging ich zu Niemeiers wo ich alles ganz beim Alten fand ihn sehr freundlich und nach seiner Art offen, sie sehr herzlich und erfreut mich immer so unverändert wieder zu finden. Abends waren Leute bei Blanks zu einem ordentlichen gemeinschaftlichen Souper. Montags Vormittags wurden einige Besuche gemacht, Mittags waren wir von Kastners eingeladen auf den Berg. Frau Kastner ist eine sehr heitere verständige | Rheinländerin, mit der sich Nanny gewiß sehr gut stehn wird. Abends waren wir bei Wucherers und um 11 Uhr sezten wir uns in den Wagen fuhren die Nacht durch und kamen Gestern Abend um *4384.

Erschlossen aus Brief 4390 vom 27. 8. 1817.

4385. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/4, Bl. 1 f.; D: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 259 f. (gekürzt). Über der Adresse ist gestempelt: „R3. Gotha“.

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Briefe 4385 – 4386

11 Uhr hier an. In ein Paar Stunden fahren wir nach Waltershausen, was unmittelbar am Fuß des Gebirges liegt und wollen noch heute eine kleine Wanderung machen. Die große geht dann Morgen an. Da hast du die bisherige Geschichte liebes Herz. Zweierlei habe ich nicht dabei berührt, wie du es ja wol selbst weißt, das eine daß wir das herrlichste Wetter gehabt haben, und auch noch Aussicht zu mehr. Denn der Inselsberg ist völlig heiter und der ist hier Profet. Das zweite ist daß mein Herz immer bei Euch gewesen ist immer schon von selbst dann aber hat auch unsere Rheinreise mir Dein Bild oft bestimter vor Augen gebracht – versteht sich alles so weit mich der Schlaf kommen ließ in dem mir Blank den Preis unbedenklich zugesteht. Meine Gesundheit hat sich bis jezt vortreflich gehalten, und so habe ich auch die beste Zuversicht daß Du und Hildegard sich frisch und tüchtig halten werden. Grüße alles herzlich und erinnere Ehrenfried daran daß er eigentlich meine einzige Sorge ist, und küsse ihn und alles Kindervolk auf das väterlichste von mir. Deine Briefe werde ich nun erst erhalten wenn wir von unserer ersten großen Tour hier her zurükkommen. Gotha Mittwoch 20t. August Morgens.

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4386. An Henriette Schleiermacher. Eisenach, Sonnabend, 23. 8. 1817 An / Frau Schleiermacher / geb. v. Mühlenfels / Berlin / Wilhelmsstraße No 73 [Bl. 4v] Eisenach Sonnabend d. 23t. Aug. Eine Viertelstunde nachdem ich meinen Brief in Gotha auf die Post gegeben hatte, traf ich noch dort den Geheimen Rath Regis aus Berlin, der es übernahm Dich grüßen zu lassen und Dich zu versichern daß er mich gesund und wohl gesehen hätte. Hoffentlich hat er es nicht vergessen und so wirst Du beruhigt sein gesezt auch der Brief wäre hernach nicht angekommen. Auch diesen gebe ich mit einigem Gefühl der Unsicherheit auf die Post, da sie erst Morgen abgeht. Drei Tage sind wir nun marschirt recht tüchtig zum Theil im steilsten Gebirge; den zweiten Tag waren wir auf dem Inselsberg wurden auf der Hälfte des Weges durch und durch 4386. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/4, Bl. 3 f.; D: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 260 f. Über die Adresse ist gestempelt: „R3. Eisenach“.

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naß, weil wir aber den guten Muth nicht verloren so wurde der Himmel milde und heiterte sich wieder auf. Von zu großer Hize sind wir auch nicht gequält worden und haben alle Ursach mit dem Wetter sehr zufrieden zu sein. Möge er es uns so erhalten. Denn nachdem wir heute nur einen kleinen Marsch werden gemacht haben um uns gewissermaßen auszuruhn geht Morgen unsere große Dreitägige Tour an. Ist diese vollendet so begeben wir uns von Gotha nach Rudolstadt auf die zweite kürzere Hälfte. Das schlimmste ist, daß erst nach diesen drei Tagen ich Deine Briefe die Du nach Gotha adressirst dort finde. Allein Gott sei Dank ich habe keine ängstliche Besorgniß daß Dir oder Hildegard oder sonst einem unserer lieben etwas übles | sollte zugestoßen sein. Meine Gesundheit hält sich vortreflich keine Spur von Magenkrampf oder auch nur Drukk habe ich bis jezt empfunden, fühle mich auch immer frisch und kräftig und auch die Füße nicht eben angegriffen, die wir freilich nicht verfehlen gut mit Branntwein zu füttern. Ich hoffe zu Gott es soll nun so fortgehn so wird die Reise gewiß sehr wohlthätig wirken. Vorgestern Abend kamen wir vom Inselsberg nach Liebenstein, eben als zum Abendtisch geläutet wurde, so daß wir ohne uns umzuziehn in die Gesellschaft gehen mußten wohin die Herzogin auch kam, die aber weiter keine besondere Notiz von uns nahm. Ihre Tochter ein hübsches Mädchen erinnerte mich sehr lebhaft an Caroline Marwiz. Neben mir saß eine Dame die frappant der Kanzlerin Schroetter, der ältesten Schwester von Dohna in ihren jüngeren Jahren glich; sie saß aber so melancolisch vertieft da daß ich sie nicht anreden konnte, zumal auf der andern Seite der BadeDirector und einige Herren mich sehr in Beschlag nahmen. Wir hielten uns den andern Morgen nur ein Paar Stunden auf um die Annehmlichkeiten des Ortes zu beschauen, und kamen den Abend hier an, wo wir uns zum ersten Mal mit einem selbstgemachten Thee erquikten. Wir werden wol so barbarisch sein und von hier fortgehn ohne auf die Wartburg gegangen zu sein da Blanc auch schon einigemal da gewesen ist. – Erzählbare Begebenheiten komischer Art giebt es noch nicht viel, indeß wird doch der alte Spruch nicht fehlen „Wenn jemand eine Reise thut[“] – aber das spare ich alles auf Wiedersehn beim Thee Grüße und küsse mir Kinder und Schwestern; und allen Freunden sage, daß es an Gelegenheit nicht fehlt ihrer zu gedenken. Blank grüßt auch, und ist für mich ein herrlicher | Gefährte; ich könnte mir außer Steffens keinen besseren wünschen für meine Absichten und meinen Zustand. Also freue Dich nur imer auch mit daß das so gut gelungen ist. 42 schon] korr. aus ei 49 wünschen] korr. aus B

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Briefe 4386 – 4388

Gott erhalte Dich frisch und kräftig und gedenke fleißig Deines Alten, der sich wirklich durch den guten Fortgang dieser Reise ganz vergnügt fühlt. Ich umarme Dich herzlich. Von den dietetischen Vorschriften wird die daß ich Wein genug trinken soll überall wo wir es haben können am besten und mit sichtlich gutem Erfolg beobachtet.

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4387. Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 23. 8. 1817 Berlin d 23 Aug 1817

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Du bist mir nahe mein Lieber und Du fehlest mir – rufe ich mit dem bekanten Dichter St. Dir zu. Kaum sind es 8 Tage seit Du abgereiset bist – mir scheinen es so viel Wochen – so vermißet Dich Deine alte Lotte – deren Kraft sich wieder zu verjüngen scheint – wie unsre liebe Jette sagt – in den ersten Tagen war ich öfters im Begriff für die Stillung Deines Durstes zu sorgen s o hatte ich mich daran gewöhnt wie mag es damit auf Deinen Wanderungen gehen – – wo magst Du Dich Heute befinden? Gott gebe daß wir recht bald befriedigende Nachricht erhalten! – Bey Tische und Abends beym The fehlt uns Allen Deine Gegenwart – denn nahe bist Du Uns doch mit Deinem Geist und Deiner | Liebe – Du Einziger! Gestern und Vorgestern Abend war Nany aus bey Pistors – und Schedens – da waren wir mit dem Karl allein der in der Dämmerung den Kindern Geschichten erzählt und später hir Uns im Cyd vorgelesen hat – Ehrenfried hörte sehr aufmerksam und gespant zu – so viel Vorbereitungen er auch wegen seiner Wanderung nach GroßBören zu machen hat wobey er sich recht feierlich und komisch benimt – wenn er dergleichen im Sinne hat sehe ich ihm gar zu gern zu wie ers treibt – – Heute da er mit seinen Kameraden abmarschiren will ist es kühl und schauerliches Wetter – mögest Du es wärmer haben Du Lieber damit Du nicht leidend nach | Hause kömst – dis ist mein iniges heißes Flehen zu Gott – – Laut meines Tagebuchs – traf Vorgestern 21 Eichhorn und die PFr landS zu gleicher Zeit hier ein – diese bezeugte ihre große Freude an Deiner lieben Frau und Deinen Kleinen die sie Beide vor dem Weggehn begrüßte – – als auch vorzüglich an Trudchen – – so auch Eichhorn der sich gar nicht von dem Garten und alle Deinem Volck trennen konte – er sprach 4387.

Überlieferung: H: BBAW, SN 375/16, Bl. 31 f.

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ein Weilchen mit mir – natürlich auch von Dir und wie du jezt so frisch wärest und von der Braut – – – Denselben Abend erschien Graf Dohna – dem es gar sehr leid that Dich nicht getroffen zu haben worüber Dir Jetchen wohl mehr schreibt | Vorigen Montag Nachmittag war ich P136S und wohnte der FestFeyer der kleinen Töchter bei – die ihre Stimmen beym Wechselgesang des Psalms gar lieblich erschallen ließen – es gieng alles recht Gemeinmäßig zu und ich hatte einen wahren Genuß – Tages darauf reißten Anders nach Potsdamm – von wannen sie Heute zurükkommen – Morgen gehe ich aber nicht hin – weil er in Rüksdorf predigt – – ich werde statt deßen an die Hertz schreiben – Nun mein Lieber habe ich nach meiner Weise mit Dir geplaudert als stündest Du vor mir – denn Du bist und bleibest mir nah – ferne standen wir uns nur wenig trübe Tage – eigentlich war es nur von meiner Seite ein trüber Wahn. Gott segne Dich für alle Freude die Du seitdem mir machtest und sey Dir freundlich für alles Gute was mir in Deinem Hause zufließt – im Geist drück ich Dich an mein liebend Herz Lotte

*4388. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 23. 8. 1817 Das Dienstmädchen Friederike habe nach einer scharfen Zurechtweisung gekündigt; ihr (Henriette Schleiermacher) seien darüber die Tränen gekommen. Schleiermacher solle Frau Niemeyer in Halle fragen, ob sie Rat wüsste. Anne (Nanny) Schleiermachers Gegenwart lasse sie (Henriette Schleiermacher) nicht zum bestimmten Gefühl ihrer Kraft kommen. Ernst Moritz Arndt werde bald in Berlin eintreffen. Über Kontakte zu Karl Schleiermacher (Junior).

42 f und … Herz] am linken Rand 44 Lotte] am linken Rand *4388. Erschlossen aus Brief 4390 Z. 3–4 vom 27. 8. 1817. Zum Inhalt vgl. auch Brief 4391 Z. 11–13 vom 30.–31. 8. 1817.

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Brief 4389

4389. An Henriette Schleiermacher. Suhl, Montag, 25. 8. 1817 An / Frau Schleiermacher / geb. v Mühlenfels / Berlin / Wilhelmstraße No 73. [Bl. 6v] Suhl (25t. Aug. Nachmittag)

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ist eine neu erworbene preußische Stadt am südlichen Abhang des Thüringerwaldes sehr lebhaft von Eisenfabrication aller Art. So früh sind wir noch nie ins Quartier gekommen. Aber wir hatten uns Gestern Abend so nahe als möglich an den Schneekopf gemacht; es war wahrscheinlich die fatiganteste Tagefahrt auf der ganzen Reise. Ich habe sie aber ritterlich durchgemacht und nur meine Stiefeln bedürfen einer kleinen Kur. Heute also gingen wir auf den Schneekopf an einem sehr nebligen Morgen mit etwas Regen doch fanden wir es oben besser als wir glauben konnten. Von da sind wir bis hieher einen zuerst sehr steilen und romantischen und hernach sehr milden und anmuthigen Weg herabgestiegen und wollen hier bleiben um uns zu einer größeren Tour, der lezten auf dieser Hälfte des Gebirges auszuruhen. Mittwoch kommen wir wieder nach Gotha wo ich endlich von Dir zu hören hoffe. Donnerstag gehn wir nach Rudolstadt, und diese zweite Hälfte der Reise wird bei weitem kürzer werden als die erste. Nach gerade wird mir die Zeit sehr lang daß ich nichts von Dir weiß; und wenn mir nicht das Fußgehn – wir haben keinen Spaß damit getrieben und Gestern beinahe 7 Meilen gemacht – ein so bestimmtes Gefühl von Gesundheit gäbe: so würde ich es schon tausendmal bereut haben daß ich euch verlassen habe. Wie mag es nur bei euch gehn! Ob Nanny Gestern aufgeboten worden ist? Nettchen Nebe die ganz kürzlich in PCastelS bei Lippe mit Arndt zusammen gewesen war, und Nanny auf das theilnehmenste und herzlichste grüßen läßt, sagte mir Arndt würde erst im September abreisen, und dann hätte es immer noch bleiben können. – Ob Du in meinem Namen fortfährst die Kleine schon Hildegard zu | nennen? Wie es geht seitdem Frau Schlauch fort ist? Doch jezt wird es freilich gehen so lange der Hauptpeiniger aller Menschen im Hause nicht da ist! Wie sich Ehrenfried aufführt und ob er Dir armes Herz auch nicht gar zu viel Noth macht, da die lezte Instanz fehlt? Denn an den Hauptsachen daß Ihr alle wohl seid, und daß ich Dir am meisten allen andern aber doch auch ein 4389. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/4, Bl. 5 f.; D: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 261 f. (gekürzt). Neben der Adresse ist gestempelt: „Suhl 27. Aug.“

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wenig fehle, daran fällt mir kein ernsthafter Zweifel ein. Das Gehn läßt mir gar viel Zeit Deiner zu gedenken, aber es geschieht nicht anders als mit einer fröhlichen Sehnsucht, und mit dem sich immer erneuernden Wunsch Dich überall zu haben wo es am schönsten ist. So hoffe ich denn, daß auch du mein ohne alle Sorge gedenkst, und nehme deshalb auch jede Gelegenheit wahr Dir zu schreiben. Die Post geht zwar hier erst Mittwoch ab; aber ich glaube doch du bekommst den Brief eher als wenn ich Dir Donnerstag aus Gotha schreibe. Außer Dessau habe ich dir nun schon zweimal geschrieben aus Gotha und aus Eisenach und hoffe es wird alles richtig angekommen sein und wenn es auch wenige Zeilen sind Dir doch Freude machen. Du denkst dann schon daran daß das Reisen den Kopf immer etwas dick macht wenn man in die Häuser kommt; denn draußen bin ich ganz aufgeweckt, und hoffe noch auf der Reise meine Reformationsrede im Kopf fertig zu machen – bis auf das Latein freilich was mich zu Hause noch quälen wird. Allerlei hatte ich mir auch vorgenommen von häuslichen Angelegenheiten in Erinnerung zu bringen, weiß aber jezt nicht mehr recht was es war. Die OfenAngelegenheiten in der Kanonirstraße wird wol die Hauptsache gewesen sein. Alle Freunde grüße doch herzlich, und sage besonders auch der Fischer die guten Nachrichten von meinem wirklich absoluten Wohlbefinden | das ich noch mehr herausstreichen würde wenn ich mich nicht fürchtete es übermüthiger weise zu verrufen. Gott erhalte mich nur so, so bekommst Du einen ganz frischen Mann wieder. Reimers grüße doch gleich bei ihrer Ankunft die wol in diesen Tagen erfolgt auf das herzlichste. Karolinen sage nur daß ich mit ihrer Schwägerin nicht recht hätte ins Leben kommen können; aber Wucherer sei sehr glüklich mit ihr und so werde sich alles finden und geben. Mit der Blanc hingegen bin ich gleich auf einen bekannten und fröhlichen Fuß gekommen und sie hat mir sehr gut gefallen. Und nun mein liebes Herz sei mir Gott aufs beste befohlen mit allen unsern lieben. Die Sehnsucht nach Dir wächst mir täglich aber im wesentlichen wollen wir doch ausführen was wir angefangen und zulezt werde ich vielleicht noch ein Paar Tage in Halle zugeben müssen wozu ich mich um so leichter werde bereden lassen da es nur noch ein Kazensprung bis nach Hause ist.

41 Dessau] über )Halle*

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Brief 4390

4390. An Henriette Schleiermacher. Gotha, Mittwoch, 27. 8. 1817 An / Frau Schleiermacher / geb. v. Mühlenfels / Berlin [Bl. 8v] Gotha d 27t. Aug. Mittwoch Abend

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Hier mein liebes Weib habe ich Deine beiden Briefe vom 19ten und 23ten gefunden. Ich habe mich dabei der Thränen nicht enthalten können aber es waren lauter Freudenthränen; denn sie kamen erst recht ordentlich heraus als ich nach Deinen Briefen auch die Zeilen von dem lieben kleinen Volk las. Mein Herz! wie sind wir doch von Gott begnadigt auf alle Weise und sollten ganz in frohem Dank aufgehn. Dann war mich auch wieder wemüthig beim Einzelnen. Eigentlich nur darüber daß man in der Ferne nur an das Allgemeine denken kann und da bin ich immer nur fröhlich gewesen im Andenken an dich weil ich die feste Zuversicht hatte daß Dir und unserm lieben Völklein nichts schlimmes begegnen könne. An die niederen Sphären des Dienstbotenwesens hatte ich nun aber gar nicht gedacht. Du Arme, daß Du noch immer Noth hast mit undankbaren Menschen, die weder für Deine guten Hofnungen von ihnen einen Sinn haben noch auch erkennen können wie treu Du es mit ihnen meinst. Es ist doch nur eine dumme Empfindlichkeit über ein Wort was die Friedrike wegtrieb und so ist mir eigentlich – Deine Thränen abgerechnet, die eigentlich immer nur über niedrigere Gegenstände fließen sollten, – ganz lieb, daß sich ihre Herzlosigkeit und ihr selbstsüchtiges Wesen so unmittelbar gezeigt hat. Daß Du nicht mehr so hartnäckig darauf bestehst ohne Hülfe zu bleiben ist mir recht lieb; aber es freut mich auch eben so sehr, daß Du Dich nicht ganz durch das Sehen unserer Freundin bestimmen läßt, sondern wo möglich ruhig abwarten willst bis Dir das rechte kommt. Vielleicht ist es ein glüklicher Instinkt daß Du mir aufträgst die Niemeier zu fragen; es soll nicht unterbleiben. Daß Dich Nannys Gegenwart nicht recht zum bestimmten Gefühl Deiner Kraft kommen ließ ist freilich sehr wahr; aber es war eine starke Aeußerung von Kraft daß Du Dich so constant in dem Verhältniß zu ihr gehalten hast, was Dir – nicht mir – einmal als das beste erschienen war. | Als ich Dir aus Dessau schrieb, mein liebes Herz hatte ich Dich ganz ungeheuer lieb; aber Du weißt wie mich das Fahren bearbeitet – Wie stockig werden dir nun erst meine andern Briefe vorgekommen sein! Wenn 4390. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/4, Bl. 7 f.; D1: Br 2, S. 324 f.; D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 262 f. 4 aber] über )denn*

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Du nur nicht wemüthig darüber geworden bist. Unrecht thätest Du mir. Erschöpft eben nicht, aber doch etwas stark umdüstert bin ich doch überall angekommen, und nun der Mangel an Ruhe und äußerem Behagen im Wirthshause dazu macht ohnfehlbar daß ich sehr stark hinter mir selbst zurükbleibe. Ich fühlte es auch wol daß meine Briefe nichts andres sein konnten als Bulletins über meine Gesundheit und meinen Aufenthalt und hoffe gar sehr daß Du auch nichts weiter von ihnen erwartet hast. Ich habe Dir seit Dessau dreimal geschrieben. Einmal von hier nachdem wir Tag und Nacht durch gefahren waren, dann aus Eisenach nach einer ermüdenden Tagereise durchs Gebirge, endlich aus Suhl nachdem wir vom Schneekopf einen großentheils höchst steilen Weg, steiler als die Seifenbahnen von drei Stunden heruntergestiegen waren. Das bringe nur mit in Rechnung mein gutes Herz. Jezt haben wir nun die größte Hälfte unserer Reise vollendet und sind vom vorigen Mittwoch Mittag an bis heute Mittag, also grade sieben Tage beständig auf den Beinen gewesen und haben gewiß dreißig und einige Meilen gemacht. Alle näheren Erzählungen verspare ich, und kann Dir nur sagen daß mir die Reise in jeder Hinsicht höchst belohnend gewesen ist, vorzüglich aber erfreue ich mich des Gesundheitsgefühls welches sie mir gegeben hat. Denn ich habe alles versucht, Anstrengung, Naßwerden durch und durch, Abendluft und die abwechselnde Diät; alles ist mir wohl bekommen; Blank der ganz gesund und frisch ist hat nie nöthig gehabt Geduld mit mir zu haben, und ich habe durchaus meinen Magen nicht gefühlt, auch wenn ich ihm viel zugemuthet. Manchmal hat mich das auf den abentheuerlichen Gedanken gebracht ob nicht die geistigen Arbeiten überhaupt meinem Alter und meinem Körper nicht mehr angemessen wären, und ob es nicht Zeit wäre daß ich an die Landpfarre dächte bei der man mehr in der Natur und für sie leben kann. Wenn ich aber bedenke was ich alles noch vor habe und | schuldig zu sein glaube: so laße ich das wieder fahren; und hoffe auch bei den geistigen Arbeiten soll sich die Gesundheit wenn man ihr nur von Zeit zu Zeit etwas zu gute thun kann noch eine Weile halten. – Am Tage der Schlacht von Beeren haben wir nicht nur der Sache sondern ich auch noch besonders jener Zeit gedacht, wo ich Dich kürzlich erst aufs neue wieder erhalten hatte und nun fürchten mußte Dich neuen Gefahren Preis gegeben zu sehn. Zur innigsten Dankbarkeit gegen Gott und zur reinsten Freude an Dir und mit Dir erregen mich solche Erinnerungen. – Heute ist unsers guten Reimers Geburtstag und wir haben in einem guten Glas Würzburger seine Gesundheit getrunken. 70 Geburtstag] korr. aus Gesundheit

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Briefe 4390 – 4391

Morgen fahren wir von hier über Rudolstadt (wo ich diesen Brief auf die Post gebe aber noch keinen von Dir erwarte, da Du erst Gestern wieder geschrieben haben kannst) nach Saalfeld, machen von da eine dreitägige Reise bis Lobenstein kehren dann nach Rudolstadt, wo ich dann wieder Briefe zu finden hoffe, zurük und machen dann noch eine zweitägige Reise. Dann wird der Rükweg angetreten, und wenn ich auch ein Paar Tage in Halle bleiben muß so denke ich doch Dienstag den 9ten September zurük zu sein. Daß Arndt so viel eher da ist thut mir freilich leid, aber ich denke er wird mich nicht sehr vermissen und wenn ich mich worauf ich es freilich sehr anlegen werde früher aus Hal[le los]reißen kann so ist es nur um Dir eher wieder in die Arme zu flie[gen und so] in Deinen Augen die Spuren Deiner Freude und Deiner Thränen zu sehen Wie bald ich Dir wieder werde schreiben können weiß ich nicht, weil jene Gegenden mehr abwärts von den Poststraßen liegen; auf jeden Fall noch einmal aus Rudolstadt. Herze mir die Kinder und sage ihnen das viele Spaziren auf den großen Bergen mache Vater so müde, daß er nur an Mutter schreiben könne. Dasselbe wird sich wol die gute Lotte von selbst sagen. Unter den KinderBriefen habe ich Ehrenfried sehr vermißt; allein seine Reise hat es mir zur Genüge erklärt. Gott befohlen mein süßes Herz und denke nur immer, daß ich viel besser bin als ich schreibe.

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4391. An Henriette Schleiermacher. Ebersdorf und Rudolstadt, Sonnabend, 30.8. bis Sonntag, 31. 8. 1817 Ebersdorf d. 30t. Aug. 17. Lies nur der alten Lotte gleich diesen Namen liebstes Herz so wird sie sich freuen mich in einem GemeinOrt zu wissen. Wir sind sehr zeitig ins Quartier gerükt, und das giebt mir einige Muße zum Schreiben. Nicht eher freilich; denn ich will noch den Prediger besuchen der wahrscheinlich ein alter Kamerad aus Barby ist, wir wollen noch in eine Versamlung gehn, und haben noch unser mineralogisches Tagebuch von zwei Tagen in Ord4391. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/4, Bl. 9 f.; D1: Br 2, S. 325–328 (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 263 f. (Auszug, Ergänzungen und Kürzungen gegenüber D1)

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nung zu bringen und Studien auf Morgen zu machen. Einiges habe ich noch auf dem Herzen. Zuerst Dich zu fragen liebe, ob Du auch den von mir verheißenen Gevatterbrief an die Willich nicht vergessen hast? Liebes Herze, schreibe ihn doch gleich und laß mich ja nicht im Stich. Dann wollte ich noch meine Freude darüber äußern daß wie es scheint aus Deinem Briefe der lange Karl sich noch getreulich ans Haus hält; sage ihm das und grüße ihn von mir. Beides habe ich neulich in der Eile in Gotha versäumt und hole es darum gleich nach. – Der erste Theil unserer Reise war unstreitig der interessanteste; der zweite will unsere Erwartungen nicht recht befriedigen. Wir haben Gestern eine große Tour gemacht von Saalfeld aus auf die Höhe des Gebirges. Das Saalthal das ist wahr ist entzückend schön und auch sehr interessant in mineralogischer Hinsicht; aber so wie wir dies verließen und mehr auf die Höhe gingen wurde die Natur dürftiger und auch die Menschen hatten nicht das treuherzige fröhliche Wesen welches wir auf der andern Hälfte des Gebirges gefunden und welches uns so sehr erfrischt hatte. Es war der erste Tag wo wir schlecht leben mußten, und wo ich mir mit dem ungerschen Weine half und Blank sich mit Rum; auch der erste Tag | wo ich ein leises Gefühl von meinem Magen hatte. Aber an Krampf ist nicht zu denken gewesen, nicht einmal an Drukk; es war nur ein gewisses Gefühl von Schwere und ein wenig Aufstoßen. Heute merke ich nichts mehr davon. Es ist mir doch immer ganz eigen zu Muthe, wenn ich in einer Brüdergemeine bin; der größte Theil meiner Jugend und der entscheidende Moment für die ganze Entwiklung meines Lebens steht vor mir. Dieser Durchgangspunkt erscheint mir, wie zufällig er auf der einen Seite zu sein scheint auf der andren so nothwendig daß ich mich gar nicht ohne ihn denken kann. Und so wenig ich im Stande wäre in den ängstlichen Beschränkungen einer Brüdergemeine zu leben: so weht mich doch das einfache stille Leben in seinem Gegensaz gegen die eitle geräuschvolle Welt auf eine solche Weise an, daß ich denke und fühle, es könnte dem Geist der Zeit gemäß umgebildet etwas ganz herrliches und beneidenswerthes sein. Morgen gehn wir nach Saalfeld zurük; von da Montag früh nach Rudolstadt wo ich Deine Briefe zu finden hoffe. Dort bleiben wir bis Mittag, gehn dann nach Schwarzburg, machen von dort Dienstag noch eine Tagereise ins Gebirge und Mittwoch denke ich gehn wir bis Jena, wo ich doch einige Leute sehen muß. Dann muß ich auch in Schulpforta mich nach meinem Halbsohn umsehn, so daß wir wol erst Freitag nach Halle kommen. In diesem Falle habe ich halb und halb Blank versprochen in Halle 21 hatten] korr. aus hatte 44 umsehn,] folgt )und*

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Brief 4391

für ihn zu predigen, reise dann aber gewiß noch Sonntag Abend ab. Meine Sehnsucht nach Dir nach dem übrigen Hause und nach dem lieben kleinen Wesen, das Dein Herz so besonders anfüllt, wächst täglich um so mehr, als der Hauptzwekk der Reise in jedem Sinn völlig erfüllt ist. Gesünder und frischer kann ich nicht werden als ich bin, und es giebt auch nur wenig lehrreiches mehr zu sehn, wenn wir uns in den Grenzen halten wollen die eine solche Flugreise ohnedies vorschreibt. Was ich in Jena und Halle noch opfern muß wird mir nur erträglich sein weil es doch auf der Rükreise ist, und mit zu dem Preise gehört um den ich nun einmal wie die Sachen liegen die Reise | erkaufen muß. – Zweimal habe ich von Dir geträumt; das erste Mal etwas verworren, Du warst etwas verstimmt über allerlei Häuslichkeiten. Das zweite mal war die lezte Nacht gegen Morgen wo mir träumte ich käme zurük, fand aber Leute und konnte Dich nur einen flüchtigen Augenblikk allein haben in dem Du mich auf das zärtlichste und süßeste umarmtest. Liebes Herz immer habe ich Dich ungeheuer lieb und es vergeht wol nicht leicht eine Stunde am Tage wo ich Deiner nicht bestimmt gedächte. Es ärgert mich fast, daß ich Dir nicht mehr von der Reise wirklich beschreibend geschrieben habe; nicht um Dir die Gegenden zu mahlen, sondern die Eindrükke und wie sich jedesmal auf verschiedene Weise das Andenken an Dich dazu gesellte. Aber es ging wirklich nicht weil es an ruhiger Zeit und an brauchbaren Materialien – auch diese sind schlecht genug – fast immer fehlte. – Heute Mittag waren wir in Lobenstein, wo ein Fürst Reuß residirt, mit dem ich in Niesky und Barby war. Ich wollte ihn besuchen er war aber verreist. Als wir zusammen waren waren seine Aussichten zur Regierung zu kommen sehr unsicher und wir foppten ihn oft damit. Nun hat er das was das höchste Ziel seiner Wünsche war; aber er hat schon seine zweite Frau und keine Kinder, und ich dachte mir wieviel glüklicher ich vor ihm stehn würde als er sein kann. – Wenn ich nun nur erst wieder bei Dir wäre und alle zerstreuenden Feierlichkeiten wären vorüber und wir wären im stillen Winterleben eingewohnt! Liebes Herz, es kann wol nicht glüklichere Menschen geben als wir immer sein können wenn wir uns die Welt gehörig vom Leibe zu halten und die Kleinigkeiten des äußeren Lebens frisch zu überwinden wissen. Beides werden wir immer mehr lernen! wenn ich bedenke wieviel weiser ich schon mit Dir und wieviel besser durch Dich geworden bin, so kann ich an nichts verzweifeln was noch vor uns liegt. – Gott segne Dich und stärke Dich. Ich muß jezt abbrechen; ich nehme den Brief mit nach Rudolstadt wo ich ihn auf die Post gebe und wenn Zeit ist noch ein Paar Worte zuschreibe. Rudolstadt Sonntag d 31t. Abends. Nach einem sehr schönen nur etwas warmen Marsch sind wir eben hier angekommen – aber meine Hofnung

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Briefe hier zu finden ist leider getäuscht. Es ist sehr einfältig von mir daß ich Dir nicht aufgeschrieben sondern nur Einmal mündlich gesagt wann Du wohin schreiben solltest. Wie leicht kannst du es verwechselt haben und es ist ein lieber Brief nach Gotha gegangen der mir gar nicht zu | Gute kommt. Meine Schuld wäre es und ich dürfte mich gar nicht beklagen. Indeß hoffe ich noch daß der Brief vielleicht nur hat in Jena oder Erfurt liegen bleiben müssen und daß ich ihn übermorgen finde wenn wir hieher zurükkommen. Morgen ziemlich treten wir unsren lezten Gang von hier über Schwarzburg an; und wenn wir so schönes Wetter haben wie heute freue ich mich besonders darauf weil ja Du mit mir da warst. Ob ich Dir dann von hier noch einmal werde schreiben können weiß ich nicht. Vielleicht kommt wenigstens der Brief nicht früher an als ich selbst. Muß ich mich noch ein Paar Tage in Halle aufhalten so schreibe ich noch von dort wäre es auch nur um Dich genau von meiner Ankunft zu unterrichten. Später komme ich auf keinen Fall als Montag Abend. Gott gebe daß ich Dich und alles so frisch und wohl finde wie ich selbst anzukommen hoffe; denn es scheint daß mir die Reise vortreflich bekommen ist. Ich hoffe daß Du vielleicht auch durch die Fischer von mir gehört hast wenn es ihr gelungen ist mich zu sehn, wie ich es oft gewünscht und leise gehofft habe. Aber liebes Herz versäume keinen lieben und geistigen Augenblick der sich Dir darbietet um ihr zu sagen daß sie der kleinen Hildegard Pathe sein soll. Du weißt ja wieviel liebes Du ihr dabei auch von meinetwegen mit dem größten Rechte sagen kannst, und es scheint mir unsicher daß Du es mir aufsparen willst. Mich schmerzt nur so oft ich daran denke daß ich unser Musselchen nicht wiederkennen würde wenn ich es am dritten Orte sehe. Nur noch auf zwei Tage entferne ich mich weiter von Dir; dann geht es wenigstens in beständiger Annäherung. Auch heute Morgen bin ich mit einem Traume von Dir erwacht mein liebes Herz. Mögest Du recht viel frohe Stunden gehabt haben im Besiz unserer theuren Pfänder. Mein einzig liebes Weib wie bin ich Dir immer dankbar dafür daß Du mein bist. Ich drükke Dich an mein Herz und küsse Deine Hand in Gedanken unzählig. Grüße und herze mir das kleine Volk alles aufs innigste. Lotten sage ich brächte ein Paar Gedichte von Albertini mit; noch habe ich sie aber selbst nicht gelesen. Nanny sage ich hätte halb und halb die Hofnung Arndt in Halle aufzufangen und ihn mitzubringen. Tausend lebewol

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Briefe 4392 – 4394

4392. An Abraham Voß. Rudolstadt, Montag, 1. 9. 1817 Rudolstadt Montag d 1t. Sept. 17 Mit einem sehr lieben Freund und Reisegefährten dem Domprediger Blanc aus Halle bin ich Gestern Abend aber zu spät und zu ermüdet um noch Freunde zu sehn hier angekommen, und jezt gleich machen wir noch eine lezte Gebirgsreise zu Fuß über Schwarzburg von der wir M o r g e n gegen Abend zurükzukehren denken. Könnten wir dann die Abendstunden, denn Mittwoch früh reisen wir wieder, noch in Ihrer und Herrn Abekens Gesellschaft zubringen: so würde uns das ein lieber Genuß mehr sein, und wenn wir Morgen bei unserer Rükkunft Ihre Bestimmung darüber hier im Ritter vorfinden so werden wir uns einstellen wohin Sie uns bescheiden. Grüßen Sie unterdeß Herrn Abeken aufs freundschaftlichste. Die Bekanntschaft meines Freundes wird Ihnen gewiß lieb sein. Schleiermacher

*4393. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, vor dem 3. 9. 1817 Beruhigende Nachrichten.

4392. Überlieferung: H: Eutiner Landesbibliothek, Autogr. V.1.5. Voß liegt als Adressat nahe, denn er war wie Abeken Gymnasiallehrer in Rudolstadt, und der Brief ist zusammen mit Brief 2356 an Abraham Voß’ Bruder Heinrich (KGA V/9) überliefert. Schleiermacher hat Voß vielleicht kennengelernt, als er am 5. und 6. 9. 1814 auf einer Reise in Rudolstadt weilte, vgl. Brief 4071, 60; 4083, 59 (KGA V/13). *4393. Erschlossen aus Brief 4395 vom 4.–5. 9. 1817. Der Brief wurde nach Jena adressiert, wo Schleiermacher (laut Brief 4391 Z. 40–43 vom 30.–31. 8. 1817) am Mittwoch, den 3. 9. 1817, eintreffen wollte.

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1. 9. – 4. 9. 1817

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4394. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, Donnerstag, 4. 9. 1817 d 4t. Septmb. 1817

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Mein Lieber wie innig hat mich Dein lezter Brief erfreut und bewegt, ja laut, aus überströhmendem Herzen stimme ich ein in den Dank gegen Gott und das ist ja lange schon der Grundton meiner Gemüthsstimmung – dennoch findet Gott es nöthig mir Stunden der tiefsten Demüthigung und Zerknirschung zu bereiten. Wie schön ist es doch daß deine Gesundheit sich so hält, Gott lasse es doch so fortgehn, übertrieben geschont scheinst du dich eben nicht zu haben sondern eher verdient daß man dich übermüthig schelte. Ich hoffe du bleibst ruhig in Halle so lang Du kannst, wenn ich mich gleich unbeschreiblich nach Dir sehne so wünsche ich doch daß Du von dieser Erhohlungszeit auch nicht einen Tag abkürzest. Wie hast du nur Briefe in Rudolstadt erwarten könne, du weißt Frauen haben nicht viel Nachgedanken und du hattest mir nur Gotha und Jena genannt, dies ist noch mein eigner genialer Gedanke daß ich versuche ob dich diese Zeilen noch in Halle treffen. | Daß Musselchen und ich ganz gesund sind kann ich Dich versichern, ich freue mich sehr darauf wie Du das Kindchen wirst verändert finden. Ich werde es wohl nicht übers Herz bringen können mich länger gegen Hildegard zu sträuben. Arndt ist noch nicht hier und es ist auch die Frage ob er früher komt als Du, der Arme hat auch recht unangenehmen Verlust gehabt, das Dritteil seiner Bücher die er zu Wasser kommen lassen ist gänzlich verdorben, man sieht seinem Briefe an Reimer an (denn Nannyn hat er das Bedeutende dieses Verlustes verhehlt) wie sehr er gelitten durch diesen Schlag, doch war er auch schon ganz wieder aufgerichtet und der Brief schloß ganz fröhlich. Vielleicht treft ihr an einem Tage zusammen. Ich bin so viel gestört mein Lieber daß heute nichts weiter aus meinem schreiben wird, die Schwestern und Kinder alles grüßt herzlich und freut sich auf den lieben Vater und dein armer Wurm sieht mit unbeschreiblichem Verlangen nach Dir aus – mein liebes liebes Herz Gott sei mit Dir Deine Henriette. | Es ist recht gut daß du die Niemeier fragst sonst eigentlich bin ich ganz fest entschlossen keine Gehülfin welcher Art es sei, ins Haus zu nehmen, du wirst schon sehen daß ich Recht habe – 4394.

Überlieferung: H: BBAW, SN 425/1, Bl. 12 f.

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Briefe 4395 – 4396

4395. An Henriette Schleiermacher. Halle, Donnerstag, 4.9. bis Freitag, 5. 9. 1817 An / Frau Schleiermacher / geb. v Mühlenfels / Berlin / Wilhelmstr. No 73. [Bl. 11v] Liebes Herz Dein nach Jena adressirter Brief den ich aber nur durch einen glüklichen Zufall erhielt, da ich dort gar keinen erwartete hat mich aus aller Sorge gerissen. Bange war mir eigentlich nicht sondern ich schrieb es nur der Unordnung der Posten zu daß ich in Rudolstadt ganz leer ausgegangen war. Ich muß nun schon auf den Sonntag hier predigen, und um Nachmittag auch Rienäcker noch zu hören reise ich erst Sonntag Abend und komme also auch erst Dienstag Morgen an. Freilich muß ich auf diese Art zwei Nächte durchreisen; aber es ist auch wieder Gutes dabei; denn theils komme ich nun nicht bei Nacht über die Elbe theils störe ich Deine Nachtruhe nicht, indem ich doch Montag wol nur sehr spät würde gekommen sein. Es brennt mich freilich hier sehr unter den Sohlen; allein es war nicht gut zu ändern daß ich Blancs Predigt auf mich nahm. Wie freue ich mich auf den Morgen wo ich vielleicht ehe Du erwachst schon bei dir bin. Gestern Abend sind wir hier angekommen und Blanc ist mir im Genuß dieser Freude vorangegangen. Freitag d 5t. Sept Heute ist unserer Herz Geburtstag, und Gestern habe ich an Ehrenfried und an Dein Frauwerden vielfältig gedacht.

4396. Von Immanuel Bekker. Mailand, Freitag, 12.9. bis Sonnabend, 13. 9. 1817 Hrn. Dr. Schleiermacher [Bl. 8v] Mailand 12 Sept 17. 4395. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/4, Bl. 11. „Halle 5. Sept.“

Über der Adresse ist gestempelt:

4396. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 7 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 62–65. Mit einer eingelegten Nachricht Niebuhrs an Bekker über seinen Gesundheitszustand.

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4. 9. – 12. 9. 1817

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Um mich zu trösten, liebster Schleiermacher, für die schnöde Vereitlung meiner litterarischen Wünsche habe ich fünf Tage der ersten Septemberwoche auf die Reise nach dem lago di Como und dem lago maggiore gewandt: denn von dem mitten inne liegenden Luganer hat mich die Grenzdogane nur ein kleines Stückchen sehn lassen, weil Lugano ein Schweizerischer Ort ist, nach dem ich [mit] meiner Mailänder Sicherheitscarte nicht hinüber dürfte. Trotz dieser mit aller erdenklichen Grobheit ertheilten Lection und Trotz der groben Prellerei der Fuhrleute Wirthe Führer Schiffer, ja was mehr zu Herzen geht als das alles, Trotz dem Gefühl der Verlassenheit, das um so peinlicher ist je reiner und höher die Freude, die sich sehnt in befreundeter Brust mitgefühlt zu sein, ist mir selten so innig wohl gewesen wie in diesen köstlichen Tagen. Auch bin ich nicht ganz allein geblieben: zwei Tage in Como habe ich mit einem Engländer zugebracht, der die Freiwilligen von Murcia und Granada angeführt und auf seine Kosten ausgerüstet, sobald aber die Cortes aufgelöst sind, erklärt hat er wolle keinem Tyrannen dienen, und nun, mit einer jungen und schönen Frau, auf diesen herrlichen Ufern angesiedelt den Catullus emendirt und Hendekasyllaben spitzt gegen die erlauchte Landsmännin, die eben diese Ufer mit ihrer Schande erfüllt: der erste Engländer gegen den ich eine Regung von Freundschaft empfunden. Von den Borromeischen Inseln will ich Ihnen vertrauen, zu Steuer der Wahrheit oder zu Beurkundung meiner Geschmacklosigkeit, daß des Rühmens zuviel gemacht wird. Nicht nur sind sie gar winzig (der Werder bei Lanke ist größer); dann auch die Gärten mit den steif eckigen Terrassen und die Gebäude mit dem altfränkischen Geräth wenig gefällig. Und von den Früchten dieser Hesperiden scheinen nur die Feigen zu reifen: die Citronen und Orangen waren noch grasgrün. Aber freilich ist es ein seltsamer Einfall die Inseln in abstracto zu betrachten, herausgerissen aus der unvergleichlichen Umgebung, dem Hintergrunde zumal, den drei- und vierfach über einander gethürmten Reihen der mannigfaltigsten Bergformen, die von den himmelhohen Schneegipfeln des Simplon und des Monte Rosa gekrönt werden. – In Como habe ich auch Ihren Auftrag erfüllt und Stracchino für Sie mit gegessen; hoffentlich hat Ihnen der Mund gewässert oder doch das Ohr geklungen. Zurückgekehrt hätte ich sofort abreisen sollen, und des Geldes wegen hätte ich es gekonnt, indem mir Bartholdy, der mit Varnhagen wie vieles andre so auch große Gefälligkeit gemein hat, Credit eröffnete damit ich nicht auf Ihren schwerlich vor Ende dieses Monats anlangenden Brief zu warten brauchte den ich mir nun von hier muss nach Rom nachschicken lassen: da hat mir aber Niebuhrs Fürsorglichkeit einen schlimmen Streich

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Briefe 4396 – 4397

gespielt. Ich hatte ihn um einen Pass gebeten, weil mein Berlinischer, höchst zweckmäßig, Deutsch ausgefertigt ist und nur bis Verona reicht: er läßt mir aber zurückschreiben, um mir das Postgeld zu ersparen | rathe er mir den alten visiren zu lassen. Das geht nun nicht an weil der im Bairischen und Oestreichischen so viel visirt ist daß kein weißer Fleck auf der Rückseite geblieben, und ich stehe bereits fast die ganze Woche in Verhandlung mit der Polizei, verliere meine Zeit, versäume das herrliche Wetter, verzehre mein Geld. Wäre ich gereist, so hätte ich die Herz wahrscheinlich noch in Florenz eingeholt, wo sie jetzt ungefähr sein wird. In Verona hat sie sich nur drei Tage aufgehalten, was doch gar zu wenig ist wenn von der reichen Gegend umher auch nur der Gardasee und die Brücke von Veja mitgenommen werden soll: aber es scheint, der juristische Fleiß hat sich nicht eben stören lassen. Mein letztes Brieflein von ihr ist vom 27 August aus Padua; von wo sie den folgenden Tag nach Venedig wollte. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen wie mich nach der Frau verlangt. Empfehlen Sie mich Savigny, und danken ihm für die Empfehlung von Humboldt. Den Sonntag brachte ich sie an den Grafen Saurau der, früher auch schon von Bartholdy erinnert, versicherte veranlaßt zu haben daß mit Mai gesprochen würde, sobald er nur in die Stadt zurück wäre: den Montag waren die Thüren verschlossen und keiner der Doctoren aufzutreiben. Savigny’s Aufträge müssen sich also gedulden bis ich auf der Rückreise wieder herkomme: denn solch einen zweiten Versuch bin ich schon allein dem Codex der kleinern Redner schuldig, aus dem die schöne Ergänzung des Isäus hervorgezogen worden. Auch einen alten Demosthenes hat mir Mai gerühmt. Und die Nummern der Platonischen Codices, aus denen ich das Gastmahl, den Phädon Phädrus Protagoras Charmides Meno Menexenus Timäus und viertehalb Bücher des Staates verglichen habe, jeden dieser Dialogen nur aus Einem und ohne andre Ausbeute als Bestätigungen, sind 56. 71. 90. so daß einige dreißig Platonische zu erwarten stünden. Daß mir Reimer nicht antwortet ist nicht freundlich; er hätte mir doch so maches zu schreiben. Auch Lücke bitte ich Sie zu mahnen; ich habe mich sehr gefreut zu hören daß wenigstens etwas geschehen ist ihn festzuhalten. Sie selbst werden gewiss nicht vergessen daß Sie versprochen haben mich dafür schadlos zu halten, daß ich nichts mehr durch Göschen aus Berlin höre. Tausend Grüße an alle Ihrigen, also auch an Arndt.

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Endlich bin ich gerüstet mit Pass und Gesundheitszeugnis, und morgen früh geht es fort nach Pavia, und Montag Abend wandle ich in den Marmorstraßen Genuas und zu meinen Füßen rauscht | das alte Mittelmeer. Liebe, liebe Schleiermachers, wärt Ihr bei mir! I.B. Meine Freudigkeit wird gestört durch die Nachrichten von Niebuhr, die Sie aus inliegender Nachschrift zu einem eben eintreffenden Briefe entnehmen mögen, dem zweiten schon den er an mich dictirt. Gebe Gott dass ich ihn gesünder treffe. Ich denke noch diesen Monat bei ihm zu sein.

4397. Von Luise von Willich. Poseritz, Sonntag, 14.9. bis Sonntag, 21. 9. 1817 Poseritz, Sontag d 14t Sept. –17 Morgens nach 9 Uhr

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Wie lange ist es lieber Schleiermacher daß ich nicht zu Dir sprach, ich weiß nicht woher mir die Zaghaftigkeit kömt, Dir nicht mehr so alles auszusprechen wie sonst, da ich mich doch eben so wie sonst innig dazu gedrungen fühle. Und ich weiß es doch wohl – kanns aber nicht endern. Heute vor 6 Jahren um diese Zeit war mir auch ein wenig ängstlich gegen Dich zu Muthe es ist der 14te September, da wir die schöne Reise nach Schlesien antraten. Du kamst im Streit mit den Postillon, der nicht mit 2 Pferden fahren wollte und um meinet willen solltest Du nun noch ein Pferd nehmen – ich wäre in dem Augenblick gerne zu Hause geblieben, und zog Nanny zu Rath, die sagte aber ganz kurz, meine Beste das hättest du früher sagen sollen, nun schweig nur, ich schwieg, aber etwas sehr beklommen sezte ich mich zu Dir im Wagen! Du warst auch ganz still, und erst in Königswusterhausen wo die Pferde gewechselt wurden, ward mir, nachdem Du freundlich sagtest „nun wie gehts Dir?“ beßer zu Muthe. Und bald sehr gut, und ganz frei und froh! wie es mir selten gewesen war. Ich habe eben meine Reisebeschreibung nach gelesen. Wie ich erst nicht ahndete daß Du mich weiter mit nehmen würdest als Bunzlau – und wie Du es thatest, wie mir da zu Muthe war. Wie mir das Herz aufging Schleierma4397. Überlieferung: H: BBAW, SN 427, Bl. 138–140 17 frei] folgt ))u**

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Brief 4397

cher, und ich eine nie gefühlte Glükselichkeit empfand. Und wie ich es alles noch fühle, indem ich es nachlese, jeder Tag, jeder Augenblick ist mir wirklich gegenwärtig! und das Wetter ist wieder eben so, wie unsre Reisetage – Wie gut war es von Dir lieber Bruder, daß Du mich diesen Genuß kennen lehrtest ich will mich daran erfreuen so lange ich lebe das weiß ich wohl. Um 2 Uhr fuhren wir von Berlin ab, und um 8 waren wir in Königswusterhausen – wo Du mir den Beutel mit Geld in meiner Obhut gabst. Wie prächtig war die Nacht, ich konnte nun schon vor Freude nicht schlafen daß Du wieder Freundlich warst, denn ich hatte mich mit dem bestimten Gefühl, ich sei Dir läßtig, im Wagen gesezt. Du hieltst Dich auch ganz munter weil du auf den Weg achten mustest. Der Komet, und der große Bär, stand etwas links, fast grade vor uns, wie wir von Königswusterhausen abfuhren, die Nacht war himlisch, so schön wie in dieser Zeit seit 8 Tagen fast immer die Nächte gewesen sind, von Um 5 Uhr, waren wir in Beskow – weist Du noch Schleiermacher? nein ich weiß noch alles, nun ichs wieder gelesen habe, jede Kleinigkeit, jede | M i n e von Dir – aber bitte, lass d i e s nicht Jettchen und Lotte lesen, Lotte kans nicht begreifen, und Jette spottet meiner – ich bin ihr immer zu alt, dafür. Heute sind wir in Götemiz. Jezt will ich hinunter gehen zu Tante, mit der ich eine Predigt von Dir lesen will. Die Andern sind in die Kirche. Ich Heute nicht – Lieber Schleier, das Kirchengehen – Ich werde gerufen, weil jemand von Glutzow da ist – Dienstag den 16ten. Es war die Struk und Israel da. Wie sie weg waren las ich noch eine Predigt mit der alten Tante. Die Dich dann am Schluß, immer dafür seegnet und in ihr Gebet einschließt. Sie hat nun alle 3 Theile Deiner Predigten, diese Predigten und die Heilige Schrift, läßt sie nicht von sich, und erbaut sich täglich darin. Sie trägt mir oft Grüße an Dich und Jettchen auf, ich sage Dir das lieber Schleiermacher, „man sollte es eigentlich immer wißen wenn man von jemand recht geliebt und geachtet wird“ Du sagtest mir das bei der Gelegenheit, wie meine gute Jette in Bergen gestorben war, und ich Dir von ihr erzählte. Wär es denn für Jettchen auch beßer gewesen? Sieh’ Schleiermacher, wenn man nun weiß, der Andre weiß wie lieb man ihn hat, dann knüpft sich daran doch so natürlich das stille, wenn noch so bescheidne Verlagen, man mögte wieder lieb gehabt sein, und ist nur betrübt wenns nicht ist – Ich war mit Schlichtkrull nun allein nach Götemiz. Es war auch niemand da, als Pastor Pieper mit seinem fürstlichen Sohn. Der sich freut im nächsten Winter mit Jettchen unter 29 daß] das 37 lass] sag 55 ist –] folgt )und wie viel Liebe fühlt man doch hier wieder zu PampfenS – So ging es ihr oft.*

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einem Dache in Berlin zu wohnen, da sie zusammen in die Schule gegangen sind, in Sißow. Die Herren spielten in Götemitz, und ich hatte mit Mutter und Tochter Lotte, einen lieben herzlichen Abend. Die Kathen gab mir einen Brief von Arndt, worin er ihr den Tag seiner Verbindung sagte. Übermorgen also lieber Schleier, führst Du die geliebte Schwester dem geliebten Freunde, und ihrem Glücke zu, und taufst Dein süßes Kind. Mögtest Du es fühlen wie innig Theil ich daran nehme! wie ich wohl mit ganzer Seele bei Euch bin. Wenn Du dies bekömst, ist Eure liebe Nanny nicht mehr bei Euch. Die Freude über ihr Glück wird Euch ihren Verlust leicht machen, aber die Lücke werdet Ihr doch sicher fühlen – Nun alles vorüber ist, und ihr allein bei ein Ander, mögte ich wohl mal ein par Stündchen bei Euch sein. So gern | mögte ich mir Euch denken können wie und wo Ihr lebt. Ich habe diesen Brief angefangen nicht eben in der Meinung ihn grade abzusenden. Es wird mir aber indem ich schreibe anders zu Muthe, Du pflegtest ja immer freundlich auszusehen, wenn etwas bekantes herein trat, warum solltest Du nicht auch meinen Brief freundlich aufnehmen. An Jettchen schrieb ich gleich nach meiner Abreise von Berlin, und es scheint mir doch aus Lottens Brief, als habe sie ihn erhalten, es würde mir unangenehm sein wenn er verlohren wäre, ich hette recht große Sehnsucht ein par freundliche Worte wieder zu erhalten – aber ich mache Euch keine Vorwürfe darüber und klage auch nicht, denn ich weiß wie ungern Jettchen schreibt aber schreibt man sich gar nicht mehr, so wird man sich doch am Ende fremd. Gestern den 15ten – aßen wir in Lieberose Mittag. Die Leute hielten uns für Kaufleute, die zur Leibziger Meße wollten. Gegen Abend kamen wir in Pischongs Kotbus an; wo wir Schach spielten und eine Dame uns Geselschaft leistete. Die Nacht um 12 waren wir in Spremberg. Das Wetter war so milde und schön daß wir woll eine halbe Stunde unter freien Himmel saßen, nachdem wir The getrunken und Kartoffeln gegessen hatten. Ich sehe alle Abend hinaus, wie der Himmel eben so herrlich aussieht, wie vor 6 Jahren, nur der Comet fehlt, der uns damals Krieg und Freiheit brachte. Ich muß dies Schreiben recht aus dem Feuer reißen, eben ruft mich Sophie wieder, ich soll die Geselschaft unterhalten, wir haben immerfort Nachtbesuche – es ist fast zu toll – nun hatte ich mein Frühstük besorgt, und wollte ruhig ’n bischen oben sein, aber ich muß nun gehn – Um diese Zeit vor 6 Jahren fuhren wir M u s k a u schon entgegen da fing das Schöne schon an! da sagtest Du mir daß ich mit ins Gebürge sollte – nein ich muß hinunter. 65 ganzer] folgt )inniger* ben

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89 Schreiben] schrei-

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Brief 4397

Nachmittags – Die Israel will mich abholen mit ihr und eingen Andern nach Garz zu fahren – ich muß die Pistorius sprechen, unsre Geselschaft hat mirs also erlaubt. Ich wäre Donnerstag den 18ten so gerne mit der Kathen und Pistorius zusammen, kann nun aber nicht – Schleiermacher[,] jezt 2 Uhr waren wir in M u s k a u . Wie wunderbar, umfing mich die Ruhe, der stille schöne Friede der mir aus Allem was ich sah entgegensprach. Wie innerlich bewegt und dankbar, für das was ich diesen Tag empfangen hatte sezte ich mich wieder im Wagen wie fröhlich war mir zu Muthe – einen Berg aufwärts, gings nun nach Görlitz, wo wir die erste Nacht ruhten. |

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Sontag den 21ten. Gestern und Vorgestern waren ein par herliche Tage, auf der Koppe, und am Zacken und Kochelfall. Am Kochelfall gabst Du mir einen Brief von Jettchen zu lesen, auch das erhöhte die Freude die ich in mir fühlte; Schleiermacher es ist mir doch in diesen Augenblik als säße ich wieder da. Wie wohl war mir bei Euch Drei. Du Dein Bruder und Deine Schwägerin, wie freundlich und liebevoll liest Ihr mich Eure Schwester sein wüste es doch Dein Bruder und Fritze daß ich es nie vergeßen werde, was sie mir herzliches gaben. Könnte ich es ihnen doch ein Mal zeigen. Weist Du was mir auf dieser Wanderschaft auch so lieb an Euch war?, daß Ihr so oft der alten Lotte gedachtet, wie Ihr sie wohl hinauf t r a g e n mögtet nach der Koppe – oder tragen laßen, das ist ja auch einerlei der Wunsch und der Wille, der aus der Liebe kam, wars was ich d e r guten Schwester gönnte! Nun trägst Du sie ja lieber Bruder, und sanft wird sie ein Mal bei Dir im Herrn entschlafen. Grüße sie doch so recht herzlich von mir! Heute trente ich mich von Dir und dem lieben Schmiedebergern, behalte aber alles was ich empfangen hatte. Mein Glas steht auch vor mir. Eben habe ich ein par Worte von Nanny erhalten, durch die Israel, worin sie uns Jettchens Entbindung meldet sie schreibt „Heute ist hir Taufe“ ihr Briefchen hat aber keinen Datum, „von der alten Lotte, werdet ihr unsern Hochzeitstag wißen“ ich weiß aber von keinen Brief, also bin ich ganz in Konfusion. Arndt giebt den 18ten an, daran haben wir uns gehalten. Aus dem schönen Bonn will Nanny schreiben. In Götemiz habe ich Savinges noch gesehen, sie mögen sich wohl über meine Freude sie zu sehen gewundert haben, aber es war mir so. Ich habe auch sonst gar keine Berliner, außer Profeßor Wolf und seine Familie gesehen, die Frau mogte ich aber gar nicht leiden von den Mann weiß ich

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115 das] daß 123 worin … meldet] am linken Rand von Bl. 139 mit Einfügungszeichen ohne Entsprechung auf den überlieferten Blättern im Text, gehört wohl an diese Stelle.

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nicht recht, so – mogte ich ihn auch nicht. Die Savinge, gefiel der Kathen, und ich hatte sie hir recht lieb. Sie sagte Ihr wärt ihr die Liebsten in Berlin, und wenn sie etwas besonders hätte mögte sie es mit E u c h nur am liebsten theilen – „ob es Schleiermachers mit uns auch so ist, weiß ich nicht“ ich schwieg still denn Lotte hätte eben so gut antworten können – sie war hir aber wirklich auch eine ganz andre Persohn, als in Berlin. Mit der Israel und ein par Stralsunder Damen war ich nach Garz. | Tags zuvor war die Zusammenkunft der Prediger gewesen, wobei der Alte als Probst presidirte. Ich weiß daß Du mit ihm im Wechsel darüber gewesen bist, und Du also weist wie er von der ganzen Sache ergriffen war. Nun war der Tag ganz nach seinen Wünschen ausgefallen. Der liebe Alte war so frisch und heiter, ich muste mich vor ihm auf einen kleinen Stuhl setzen, er saß in der Ecke beim Ofen auf den Sopha. Ich weiß nicht wie von Dir die Rede kam, da sagte er mit einem außerordentlich schönen Ausdruck; ja den „Schleiermach liebt meine Seele“ soll ich ihm den Gruß bringen lieber Onkel? „ja mein Kind thun Sie es wenn Sie ihm schreiben und sagen Sie ihm seine Schrift sei meine Richtschnur gewesen“. Ja setzte er noch hinterdrein, mit gehobner Stimme, der Schleiermacher ist ein v e r t e u f e l t e r Kerl, du wirst wohl wißen wie er das meint. Wie es in Garz sein wird wenn er einmal fehlt weiß ich nicht – Pistorius war schwächer wie sonst, Lotte aber recht frisch. Ich muß ein mal sehn ob es auch Zeit zur Kirche ist? ob Du wohl Heute Morgen predigest? Ich habe noch ein 4tel Stündchen Zeit. Heute schicken wir 2 Wagen und 6 Pferde nach Bergen um uns viel Liebes zu holen, Willichs ganzes Haus, auch Theodor und Luis, die Donnerstag von hir dann nach Berlin abreisen. Profeßor Wolf hat Willich gerathen Theodor aufs Joachimsthalsche Jimnasium zu geben, und Willich hat sich von ihm rathen laßen, Theodor wäre lieber mehr sich selbst überlaßen geblieben, und ich bin überzeugt daß es grade für seine Natur beßer gewesen wäre, und er selbst fühlt wohl das auch – es wäre auch wohl so geworden wenn Wolf nicht mit seinem Rath gekommen wäre. Theodor wohnt nun auch so weit von Euch, daß er gewiß selten bei Euch sein wird, auch bedarf er sehr der freundlichen Aufforderung, weil er einen zu bescheidenen Sinn fast hat, und es wohl gut wäre wenn das Vertraun zu sich selbst lebendiger in ihm würde – ach Schleiermacher um wie vieles kann den Menschen dieser Mangel bringen. „Ich glaube fest, daß der Geist am leichtesten verlohren geht, der sich zu blöde und bescheiden betrachtet, man muß mit kaltem Vertraun zum Altar der Göttin hinzu treten, und dreist ihre Gaben for135 uns] unns 147 Sie] sie Sie] sie

148 Sie] sie 164 fast] folgt ))hat**

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Briefe 4397 – 4398

dern, sonst drängt | sich der Unwürdige vor, und trägt über den Beßern den Sieg davon“. Jetzt muß ich mich anziehn und in die Kirche gehen. Nach Tische soll ich mit der Wusterhuser Tante Schwarz die seit 8 Tagen mit ihrer Tochter hir ist, nach Glutzow, gegen Abend kommen die Sagardschen. Schleiermacher ich kann Dir nicht sagen wie mir Willich ordentlich dabei jammert, daß er Dir so gerne näher bleiben mögte, gerne im b r ü d e r l i c h e n Verhältnis mit Dir leben, und es Dir nicht so ist – glaube nicht a l l e s was du von ihm magst gehört haben, glaube er verdient es nicht – und das ist von Arndt auch nicht recht, wenn er Jettchens Stimmung gegen Willich, durch seine Meinung noch mehr bestärkt hat – Du kannst mirs glauben – er verdient nicht diese Meinung – frag nur Ehrenfried, mögte ich dann immer sagen. Verletzt hat Willich mich wohl auch einmal aber – wo ist der Mensch der nicht seine großen Schwachheiten hätte darf man dann gleich das Gute ganz sinken laßen? – Glaube mir Willich verdient es nicht, – und Jettchen müste das auch wißen. Er dauert mich dabei und er sehnt sich nach dem Beßeren – Welch ein himmlisches Wetter ist es wieder lieber Schleiermacher, wie gönne ich Arndt und Nanny diese Herrlichkeit der Reise noch zu ihrem Glücke. Mein Gott Schleiermacher wie muß den Menschen recht zu Muthe sein, der es wagte zu hoffen auf die Erfüllung der tiefsten Sehnsucht des Herzens, und wenn nun diese Hoffnung erfüllt wird? ja dann ist sie wohl ein Baum des Lebens, und der Himmel auf Erden. Gott seegne, unsre gute Nanny und ihren Arndt und laß zu großen Schmerz, sie nicht erfahren. Die Sagardschen sind hir lieber Schleiermacher, und ich bin so recht froh die Lieben Alle zu sehen! Theodor und Luis gehen nun Donnerstag ab nach Berlin. Zu meiner Freude höre ich daß Willich wegen Theodor noch an Dich geschrieben hat, und es Deinem Rathe überlaßen, ob er allein oder auf dem Gimnasio wohnen soll. Lieber guter Schleiermacher nim Dich Theodors an! und stärke seinen Glauben zu sich selbst. Wähle nun da Willich das Vertraun zu Dir hat, seine nächste Bestimmung in Deine Hände zu legen das Beste für Theodor, und lehre ihm Muth und Vertraun zu haben. Ich habe mich sehr gefreut daß Jettchen die Willich zur Pathin gewählt hat es giebt so etwas doch eine nähere liebende Theilname, die nicht ohne Seegen ist. So lieber Schleier danke ich Euch oft noch daß das süße Lischen mein Pätgen ist. Grüße mein liebes Lieschen Schleiermacher und – ach daß ich den Kindern nicht ganz fremd werde? Unsre kleine Jette haben wir nicht oft gesehen. Sophie hat mich dabei gejammert. Heute hoffe ich wird sie woll auch kommen, denn wir haben Kathens bitten laßen. Schlichtkrull 202 daß] das

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ist nun so freundlich die Fuhre nach Wolgast zu machen da er wohl merkt wie gerne Sophie und ich das Kind der Rühs selbst übergeben wollen. Kathen hätte, wie Lotte meint doch nicht gut weiter als Glewitz fahren können, und ihr ist es daher auch eine Beruhigung daß wir das Kind der Rühs bringen, hetten wir es nicht könen, so wollte sie ihn eine [ ]

4398. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 15.9. bis Dienstag, 16. 9. 1817 Montag d. 15t. Sept.

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Schon am Dienstag wollte ich Ihnen schreiben lieber Freund aber im Tumult ist es doch unterblieben und Sonnabend ging es eben so; nun will ich es durchaus nicht länger aufschieben. Gleich die ersten beiden Postillons fuhren so vortreflich daß ich die Hofnung faßte ich könnte doch noch Montag Abend ankommen. In Dessau mußte ich freilich eine tüchtige Stunde warten und hernach entdeckte sich noch daß in Halle der Wagenschlüssel liegen geblieben war und ich mußte einen neuen kaufen. Wegen dieses Aufenthaltes wurde ich hernach von allen Postmeistern gescholten daß ich so spät käme, und so war ich wirklich Montag noch vor Mitternacht vor dem Hause. Arndt war schon hier, war mit seinem Schaz noch auf und so gelang es denn ziemlich bald auch ins Haus zu kommen. Meine Frau die sich sträflicherweise unlängst gelegt stand wieder auf, Thee wurde gemacht, und Essen herbeigeschafft weil ich erzählte ich hätte den ganzen Tag nur von zwei mal Kaffe gelebt, und so trieben wirs noch bis zwei Uhr. Am folgenden Morgen | wurde die Specialrevue abgenommen und fiel ganz gut aus – nur beim Schuster nicht welcher behauptet ich hätte falsche Schuhe mitgebracht, und ich schließe daher daß die Frauen Ihre Schuhe mit eingepakt haben. Bei mir fand man überdies ein Paket Tabak zuviel. Die Schuhe sind nun ein schlimmer Artikel und brauchten wir bald einen dienstfertigen Reisenden der jedem das seinige wieder zuführte. Die Kopien der Hoffschen Charten sind auch wahrscheinlich in Ihrem Buch zurükgeblieben. – Wollen Sie nun nur keine Revue abnehmen von der Zeit die ich schon hier zugebracht: die ist ganz rein verkrümelt. Es thut mir 4398. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D1: Br 4, S. 221–224 (gekürzt); D2: M 265–266 (gekürzt, Ergänzungen zu D1). Am Ende des Briefes ist von fremder Hand notiert: „Schluß fehlt“. Ob der Brief tatsächlich noch weiterging, ist aber nicht sicher.

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Briefe 4398 – 4399

sehr leid allein bei dem häuslichen Zustande war es doch kaum anders möglich. Die Reformationsrede ist noch nicht so reif daß ich anfangen könnte zu schreiben, und doch wage ich nicht mich dazwischen in irgend eine ordentliche Arbeit einzulassen. Ich size also und warte auf die noch fehlende Inspiration, und habe nun indeß Zwinglis Leben von Hess und Marheinekes Reformationsgeschichte gelesen. Die lezte gefällt mir beim ordentlichen Lesen weit weniger als beim ersten Blättern. Es ist doch gar zu wenig eigentliche Composition darin und in den Auszügen wiederum zuviel fremdartiges mit aufgenommen. Das politische und litterarische ist fast ganz vernachlässigt; und im Styl ist auch der gute Vorsaz sich dem alterthümlichen anzunähern auf der einen Seite ins abentheuerliche | hinein getrieben auf der andern nichts weniger als treu gehalten. Das erste Buch ist auch höchst oberflächlich und würde ohne den literarischen Anhang von Usteri fast gar keinen Werth haben. Dienstag Eines ist nun vorbei nemlich Gestern Abend ist das Kind getauft; übermorgen folgt nun das andere, die Hochzeit. Dann soll es ernstlich an die Rede gehn, die sich wol eher gestalten wird wenn ihr dergleichen nichts mehr im Wege steht. Gepredigt habe ich am Sonntag auch schon wieder und den abgerissenen Faden der Philipper wieder angeknüpft; die Rectoratsgeschäfte habe ich mit Nikolovius Bewilligung auf Schmalzens Naken liegen lassen der sich damit ergözt, da sie mir sehr lästig würden geworden sein Unsern alten Bischoff habe ich bald nach meiner Rükkunft gesprochen; er war entschlossen weder am Reformationsfest öffentlich zu reden (doch wollte er etwas darüber in Drukk geben) noch auf der ersten Kreissynode zu erscheinen wenn nemlich nicht noch etwas bestimmteres über die Verhandlungen vorher erschiene. Es scheint übrigens entschieden zu sein daß nur Eine Synode in Berlin gebildet wird[;] ob der Präses derselben aber gewählt oder vom Ministerio ernannt werden wird weiß ich noch nicht. Einige sagen auch Ribbeck und Hanstein als GeneralSuperintendenten wollten sich selbst vom Praesidio der Kreissynode ausschließen; doch weiß ich das nur als Gerücht. Dann würden wohl die Wahlen zwischen Hekker und Küster schwanken; beide werden zu schwach sein um die Versamlung wenn sie lebendig wird zu regieren. Auch zweifelt man schon ob der festgesezte Termin den 24ten hier wird eingehalten werden können, wie man denn für die große Versammlung noch um | ein Lokal verlegen ist. Ehe ich hievon abbreche lieber Freund wiederhole ich noch den 52 ob] über )was*

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Wunsch daß wir über diese wichtige Angelegenheit uns in möglichst genaue Mittheilung sezen mögen; ich wenigstens will meinerseits dazu thun was irgend möglich ist. – Der alte Bischoff von dem ich wieder abgekommen hat in den lezten Tagen kurz hinter einander zwei jedoch nicht eben bedeutende apoplektische Anfälle gehabt. Ich besorge indeß doch daß ihn uns diese bald rauben, und ich fürchte davon üble Folgen. Denn eine Art von Scheu hat der König doch noch immer gehabt vor seinem alten Lehrer und ich fürchte daß eigenmächtigere Maaßregeln um auf die verkehrteste Weise die gewünschte Einigung herbeizuführen bald genug erfolgen werden. Dabei sehe ich es als eine glükliche Fügung an daß ich mein Haus schon geräumt habe und mir dadurch schon um etwas erleichtert ist wenn es Noth thut meine Predigerstelle niederzulegen – Ueber die Massenbachische Angelegenheit werden Sie nun die amtliche Erklärung gelesen haben; ich füge noch hinzu was in derselben leider nicht gesagt ist, daß seine [A]rrestation auf einem Beschluß des Staatsraths und zwar einem ganz einstimmigen erfolgt ist. Warum er übrigens von Cüstrin nach Colberg geschleppt ist begreife ich auch nicht. Wegen Kretschmanns kann man sich wie es scheint eben so gut rechtfertigen. Er hat nemlich den Fürsten zu Handlungen verleitet in denen er sich die Souveränetät angemaßt und die Landeshoheit des Königs gröblich verlezt hat. Die Regierung verdient übrigens alle diese Mißdeutungen reichlich durch ihr hartnäkiges Verabscheuen der Preßfreiheit. – Ehe ich es vergesse muß ich noch bemerken daß ich leider sehr in Ihrer Schuld weggereist bin denn Sie haben allerlei Auslagen für mich gehabt, und ich war auch noch wegen der Bücher in einem kleinen Rest geblieben. Disponiren Sie doch darüber wie es Ihnen am bequemsten ist. Die herzlichsten Grüße an Ihre liebe Lotte an Rienäker und die andern Freunde. – Arndts sind wirklich gesonnen über Halle zu reisen und gehn wahrscheinlich in der Nacht von Donnerstag zu Freitag von hier ab.

4399. Von Heinrich Christoph und Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, vor dem 18. 9. 1817 Zur Feier den 18ten VIIber 17, unserm wakkern Paar zu Ehren – Endlich, lieber Bruder, wie lange ich dich auch geschont habe, muß ich doch wegen unsrer Söne an dich mich wenden – vorher den oben Gefeier4399.

Überlieferung: H: BBAW, SN 421, Bl. 34 f.

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Brief 4399

ten unsern Gruß, wie wir ihn klingend vorausgeschikt haben in Bobbin – Wir geleiten sie mit unseren herzlichen Wünschen an den Rhein hin, über die FlitterWochen hinaus, ins ruhig heiter häusliche Leben hinein und mit unsern Bitten, der Freunde eingedenk zu seyn. Dann zu meinem Thema: Du wirst mir’s zutrauen, daß ich alle mir zustehende Vorsicht und Umsicht angewandt habe, meinen Sönen die Bahn zu zeichnen und zu ebnen, auf der sie zu ihrem Ziel gehen mögen. In diesem Vertrauen beruhige ich mich wegen aller Rechtfertigung des bisher Geschehenen – Es war mir bei weitem nicht alles gelungen, wie ich’s mir gedacht hatte. Luis 3 Jahre in Heidelberg, Theodor eben so lange auf dem Greifswalder Gymnasio – dorten und hier Mängel und Unvollkommenheiten – ich lies sie für diesen Sommer zu Hause kommen, um sie mit Hülfe competenter Richter kennen zu lernen – in ihren Fortschritten, Neigungen und Kräften und es gung dann an ein Rathfragen, Deliberiren, Beschliessen; wohin es geführt hat, muß ich dir vorlegen. OberAppellationsRath Hagemeister, RegierungsRath Schubert, Professor Wolf, Rühss, Savigny – oft sehr verschiedner Meinung, haben den Endschluß geleitet – Hier aber muß ich beide trennen – Luis, zu wenig grundgelegt durch Schul- und Sprach-kenntnisse, um ein Juriste vom Fach zu werden, hat sich auf die Cameralistik geworfen – jenen Herren obiter dargelegt, wie weit er vorgeschritten und hat es freilich nicht ganz beim rechten Ende angefangen – PAberS: wo und wie weiter – Über das Wo wechselten die Stimmen zwischen Halle, das bald durchfiel; Göttingen und Berlin – Für lezteres wurde ich leichter gestimmt, weil ich meine: dorten wird er wenigstens die verschiednen Zweige dieses weitläuftigen Fachs, selbst | quoad Praxin sicher kennen lernen, um entschlossen einen oder den andern für sich zu wählen – ja vieleicht durch Anscheinung von Bekanntschaften, wozu uns die fleissigen Besuche der Berliner Gelegenheit gegeben, sich irgendwo eine Thüre in irgend ein Collegium öfnen – ja ich dachte gar, er möge neben Fortsezzung seiner Studien sogleich ein Referendariat erhalten können, um nach drei akademischen Jahren mit ein oder zwei noch zu gelegten in irgend ein Collegium eintreten zu können – Halle wäre mir um der geringen Wechsel willen lieber gewesen; Göttingen mag bedeutende Männer in seinem Fach haben – ich bin ungewiß und mögte gerne, wenn du die competentesten Richter dorten entscheiden liessest unter deiner Leitung – so mag er noch eine andre Akademie beziehen; ich mögte es nur gerne so machen, daß es nicht hinterher schlecht gemacht 5 sie] Sie 26 Wo] wo

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heisset und schikke ihn deshalb nach Berlin, um dorten zu bleiben oder weiter zu gehen. Ich kann nur das Geld dazu hergeben, so lange ich kann – Theodor scheint sich zum Theologen aber so fest als frei bestimmt zu haben – Er hat in Greifswalde einen guten Grund gelegt, so weit man es dorten kann; allein der dort etwas kalte Geist genüget mir nicht; zu den Berliner Gymnasien habe ich mehr Vertrauen und er soll noch ein Paar Jahre auf die SchulStudien wenden. In Vorschlag waren das Berliner, das graue Kloster, und das Joachimsthaler Gymnasium – Für lezteres hat mich Professor Wolf gestimmt, auch | der Umstand, daß du deinen Ehrenfried es besuchen läßt, ferner die Einrichtung mit und Aufsicht über die Alumnen, die ich meinem Theodor, nur wegen langsamen Erwachens und Ankleidens, nötig halte und endlich die geringeren Kosten. Ich muss sie zu beschränken suchen, was man auch darüber unbefugt ertheilen möge und würde in dem verheissenen Freitisch eine sehr willkommne Erleichterung finden. Jedoch solltest du, lieber Bruder, aus besondern Gründen ein anderes Gymnasium ihm entschieden nüzlicher halten, so muß der höhere Grund gelten – Mathematik ist sonst mit sein Liebstes und Bestes; und darin mag er ja wohl an Wolf einen tüchtigen Lehrer finden – Für Beide bin ich übrigens in Absicht ihres sittlichen Betragens unbesorgt, fürchte auch für Theodor keine Anstekkung wie sie unter einem grossen Haufen von Knaben und im beisammen Wohnen sonst Gefahr drohet – er ist von gar zarter Schamhaftigkeit in Schuz genommen – Auch Luis wird sich von den Reizungen in seinem Alter und bei seiner Körperfülle nicht hinreissen lassen – Zum Fleiß wird sich ja jeder selbst mahnen; indes würde [ich] dir für eine Ermunterung, für Nachforschung sehr dankbar seyn. Luis scheint mir einige Neigung zu esprit de corps und zu den Geschäften desselben zu haben, die zu weit abführen, darum eben ich ihn nicht gerne nach Halle gehen lasse. Ich bitte dich, ihnen einen Tag wöchentlich zu erlauben und als Onkle zu befehlen, daß sie sich dir zu beqwemer Zeit stellen; ich weiß wohl, daß dir | die Zeit behende – aber es wird ihnen wohlthätig seyn, wenn sie dich, bist du nicht zur Hand, doch deine Hausgenossen sehen und zwar, so viel es seyn kann, Regelmässig – dabei ich dann noch insonderheit bitte, Selbst ihnen das Du zu schenken und von den deinigen auszuwürken; es ist ein ihnen gewohntes Band der Liebe und des Vertrauens und auch der grössere Luis ist kindlich genug, es herzlich aufzunehmen – An Addressen dorthin fehlt es uns nicht – ich gebe den Knaben folgenden Denkzettel mit – Ausser deinem Hause: Gadebusch, ein Vetter; Willkens, desgleichen; Professor Rühss; Rudophi, alte Freunde von mir; Professor 71 sie] Sie

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Briefe 4399 – 4401

Solger; Bodens; JustizRath Wollank, mehrere Tage bei uns gewesen, wakkre Leute; Gräfin Schwerin, steht uns sehr nahe; das Schicklerscher Haus, meiner Frau; Reimers; Kaufmann Busse; ein Herr Simon in Potsdam, Onkle des Luis; Oberstlieutenant von Knobelsdorf und Obristin Piper daselbst; KammerSecretär Otto; Oberkaufmann Schubert, Bruder des RegierungsRaths hier, in Charlottenburg; Oberstlieutenant Kehler, Schwiegersohn der Gräfin Schwerin; GeneralLieutenant von Bismark, Freund meines Bruders; GeheimRath von Savigny u.s.w. Ich nenne sie dir mit Bitte, die mehr oder weniger ihnen nüzlichen und paßlichen zu klassifiziren, an jene sie zu mahnen, sie in Absicht ihrer Einführung zu leiten – daß sie Niemand lästig werden, aber auch nicht scheu bleiben, sich den Menschen aus allen Klassen zu nähern; dem einen oder dem andern kann dieser und jener zum grossen Segen gedeihen – ein junger Mensch muß kein Verhältniß vernachlässigen, keines erzwingen – Gieb ihnen hierin, wie in wichtigeren Angelegenheiten väterlichen Rath – Den GeheimRath von Savigny mögte ich bei dir verklagen; er kam spät, eilig und in solcher Begleitung, daß ich fast Nichts von ihm hatte – Ich schikke diesen Brief vorauf und werden sie zuerst, binnen 8 oder 14 Tagen nach seiner Ankunft, bei dir sich melden; danke dir nur mit einem Worte für deines über die neue Liturgie und dergleichen – umfasse dich und die deinen mit herzlicher Bruderliebe – Dein CvW [Doris von Willich:] Willich wollte seinen Brief mit den Söhnen schicken und nun ist er plötzlich mit Schreiben fertig der Unartige! – Ich komme nun mit meinem Dank für den Antheil den ich an das kleine liebe Päthchen habe später. – Vorläufig einen herzlichen Gruß Euch Lieben Allen

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4400. An Theodor Schmalz (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 20. 9. 1817 Domino Prorectori In Bezug auf Ewr Magnificenz gefälliges Schreiben vom 21ten hujus beehre ich mich zu erwiedern wie die theologische Facultät der Meinung ist der Entwurf einer solchen im Namen der Universität zu erlassenden Admonition stehe leidglich dem Professor eloquentiae zu welchen man um 4400. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 15, Bl. 5 5 dem] korr. aus z

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so weniger durch bestimmte Vorschläge einzuengen brauche als er sich einerseits aus den Acten vollständig unterrichten könne andrerseits sein Entwurf observanzmäßig der Prüfung magnifici unterliege – Uebrigens sei die Sache zumal jezt die meisten Studirenden abwesend sind nicht so eilig, daß sie nicht auf dessen Rükkunft könne ausgesezt bleiben. Berlin d 20t. Sept 1817 Schleiermacher Prodecan

4401. Von Johann Christian Tiemann. Gommern, Sonnabend, 20.9. bis Montag, 22. 9. 1817

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Magnifice, Hochwürdiger, Hochzuverehrender Herr Doctor, Ew. Hochwürden Magnifizenz haben mir schon oft durch Ihre Gehaltvollen Schriften eben so viel angenehme Unterhaltung, als nützliche Belehrung verschafft, besonders aber durch das goldne Büchlein: Über die Synodalverfaßung, mich in meinen Ansichten über die Sache so befestiget und mir so viel neues Licht gegeben, daß ich mich nicht enthalten kann, Denenselben dafür meinen verbindlichsten und wärmsten Dank zu sagen. Besonders bekam ich durch das wiederhohlte Lesen dieses Büchleins und durch die sorgfältige Vergleichung deßelben sowohl mit allen Verordnungen, die mir in den öffentlichen Blättern und in mehrern besondern Rescripten über die Presbyterial- und SynodalVerfaßung zugekommen waren, als auch mit dem Entwurf p erst ein sicheres Filum Ariadneum in die Hand, das uns bei unsern Synodalarbeiten leitete; und ich habe mehreren meiner Amtsbrüder, welche sich in die Sache nicht finden konnten und gar nichts wußten, was sie denn eigentlich in der Synode thun, berathschlagen und verhandeln sollten, den Rath gegeben, sich auf dieselbe Art einen Hodeget zu verschaffen. Ich glaube Ihnen aber meinen herzlichen Dank für Ihre ebenso 9 sind] mit Einfügungszeichen über der Zeile 13 Prodecan] über )Dec* 4401. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/11/1; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 152. 157 f. (Zitate). Beilagen: „Oeffentlicher Vortrag vor der ersten Synode den 11ten 7tbr. 1817.“ (465/11/2); „Abschriftl Bericht an den Herrn GeneralSuperint. Westermeier in Magdeburg“ (SN 465/11/3); „Verhandelt in der ersten Synode auf der Gommerschen Superintendentur, den 11ten u 12ten Sept. 1817.“ (SN 465/11/4). – Beantwortungsvermerk: „beantw. d 20t. Nov. 17.“

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Briefe 4401 – 4402

offene und | freimüthige, als wahre und Lichtverbreitende Mitwirkung in dieser hochwichtigen Angelegenheit – denn das ist sie, sollte sie auch nur ein ephemeres Daseyn haben, wofür uns aber der liebe himmlische Vater behüten wolle! – nicht beßer beweisen zu können, als wenn ich mir die Ehre gebe, Ihnen eine Abschrift unsrer ersten Synodalacten privatim mitzutheilen. Es scheint zwar eine kühne Vermuthung zu seyn, daß Sie bei Ihren mannichfaltigen Geschäften sich die Mühe nehmen werden, solche zu lesen. Allein Sie haben es ja durch Ihre Schrift öffentlich bewiesen, wie sehr Sie Sich für die Sache interessiren und wie ernstlich Sie ihr in ihrem Entstehen eine gute, zweckmäßige Richtung zu geben suchen; und dann weiß ich es aus eigner Erfahrung, wie sehr einem Schriftsteller daran gelegen ist, daß man seine Belehrungen und Rathschläge auffaßt und benutzt; habe also gar keine Zweifel, daß Sie diese Blätter Ihrer Aufmerksamkeit würdigen werden. Leicht möglich, daß Sie mancher Äußerung Ihren Beifall versagen, manche Darstellung ganz anders gefaßt zu haben wünschen. Allein ich beruhige mich dabei mit dem Gedanken, daß Sie das: in magnis voluisse sat est, auf uns gewiß nicht unangewendet laßen. Wenigstens darf ich hoffen, daß Sie den guten Geist, der mich und die übrigen Synodalen bei unsern Arbeiten beseelte, nicht verkennen, und die Offenheit, mit der wir unsre Ansichten und Wünsche hinstellten, nicht misbilligen werden. Es ist zwar notorisch, daß manche von denen, die auf einem hohen Posten stehen, den Mantel hier sehr unzeitig nach dem Winde hängen und mit Berücksichtigung ihrer eignen kleinlichen persönlichen Vortheile sich scheuen, irgend einen Widerspruch zu äußern, oder ihn doch so versilbern und | überzuckern, daß er kaum noch als solcher erscheint. So wars bei uns nicht, und so solls auch, ob Gott will, bei uns nicht werden. In dem Sinn und Geiste eines frommen Luthers und Zwingli – si licet magnis componere parvos – wollen wir handeln – denn hier gilts ja auch eine Reformation – wenn wir auch nicht, wie jener, die Sprache des 16ten Jahrhunderts reden. Nimt man uns aber die Sprache der bescheidenen Freimüthigkeit übel und klopft uns auf die Finger – denn ich habe schon in einigen Berichten gegen alle Einmischung des brachii secularis protestirt und auf die Anfangs uns gegebene Zusage „daß das Heil der Kirche von ihr selbst ausgehen solle“ hingewiesen – so ist es wenigstens nicht meine und der mir Gleichgesinnten Schuld, wenn die ganze Sache ein Phantom wird und der jetzige so günstige Zeitpunct, eine Kirchen- und Schulverbeßerung zu bewirken, ungenutzt dahin fliegt. Diximus et salvavimus animam nostram – wollen wir dann dem durch den frommen Sinn unsers vortrefflichen Königs so schön aufblühenden, aber durch irreligiöse Geburtshülfe verkrüpelten, oder durch schiefe, von der Anthropophobie ver-

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schobene Maasregeln getödteten und bald zu Grabe geförderten Erzeugling mit auf sein Epitaphium schreiben. So weit hatte ich vorgestern geschrieben, als ich auf einer Geschäftsreise bei einem Freunde, dem Herrn Pastor Bodenburg in Klein Lübs, einem sehr gediegenen Manne, von dem Herrn OberConsistorialRath Natorp einen Brief an denselben zu lesen Gelegenheit hatte, worin über das obiectum quaestionis ganz dieselben Gedanken geäußert und auch Ihrer vortrefflichen Schrift mit großen Ehren gedacht wurde. Nur darin scheint er mir zu weit zu gehen, daß er eine PresbyteriatVerfassung geschaffen haben will, wie sie dort unten in Westphalen besteht. | Dazu sind hier die Menschen noch nicht weit genug, können aber vielleicht nach einigen Decennien, wenn die Sache ernstlich gemeint ist und redlich betrieben wird, dahin gebracht werden. Würde es Ew. Hochwürden gefallen, Ihren Geschäften einen kleinen Theil der Zeit abzubrechen und mich einiger Antwort zu würdigen, so würden Sie mich zugleich zu neuem Dank verpflichten, wenn Sie die Güte haben wollten, mir Ihr Urtheil über den beigefügten Vortrag zu eröffnen. Es ist die vorzüglichste Hochachtung, mit der ich die Ehre habe zu seyn Ew. Hochwürden Magnifizenz gehorsamster Diener Tiemann Pastor Superint. Gommern bei Magdeburg den 22sten Septbr. 1817.

4402. An Immanuel Bekker. Berlin, Montag, 22.9. bis Dienstag, 23. 9. 1817 A / Monsieur le Professeur Bekker / fr Grenze / Milan / Contrada de S. Vito al / Pasquirolo No 522 presso / il Signor Giraud. [Rückseite des zweiten Blattes] Montag d 22t. Sept. 17 5

Es werden nun freilich viel länger als Sechs Wochen werden seit Abgang Ihres Briefes wenn Sie wieder von mir hören; aber was wollen die sagen?

4402. Überlieferung: H: University of Chicago Library, Special Collections Research Center, Immanuel Bekker Papers; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 66–71. Mit einem Brief von Herrn Müller an Bekker. 5 Abgang] korr. aus Anfang

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Brief 4402

Morgen werden es vierzehn Tage daß ich zurükkam und Ihren Mailändischen Brief vorfand. Allein ich fand Arndt auch vor und dies sind die unruhigen Zeiten von Taufe Trauung und Abreise gewesen wo ich beim besten Willen nicht zum Schreiben kommen konnte. Seitdem das junge Ehepaar fort ist – es wurde am Donnerstag getraut und fuhr auch in derselben Nacht noch ab – habe ich nur einen Posttag versäumt. Ihre Aufträge habe ich indeß gleich ausgerichtet, von Herrn Müller auch schon vor einigen Tagen das inliegende Brieflein erhalten. Ob aber der Apollonius an Seguier auch schon besorgt ist bezweifle ich da ich selbst ihn noch nicht erhalten habe; ich will aber von Zeit zu Zeit wieder daran erinnern. Mit Ihrer lezten Geldsendung ist in sofern eine Verwirrung vorgegangen daß Schicklers nur 350 r für Sie erhalten haben statt 400. Es war ein Mißverständniß meines Bedienten Schuld daran, aber es war den Tag vor meiner Abreise und soviel zu thun daß ich es nicht noch in Ordnung bringen konnte. Ich werde nun wenn das Gehalt eingeht die zurükgebliebenen 50 r dazu legen dann ist die Sache wieder in Ordnung. Uebrigens habe ich Ihre Aeußerung daß Sie 800 r jährlich von der Akademie zu brauchen denken wohlbedächtig nicht vorgetragen, weil ich denke es ist besser, wenn wir es wo möglich bei den monatlichen 100 r ohne einen allgemeinen Vertrag lassen können. Ueber das erhaltene erbitte ich mir von Ihnen eine Quittung ohngefähr in diesen terminis[:] 400 r Reisegeld für die Monate September [bis] December des laufenden Jahres habe ich in Gemäßheit des Beschlusses der Königlichen Akademie der Wissenschaften aus der Hauptkasse p erhalten. Mit dieser Originalquittung muß Buttmann seine Interims Quittung wieder lösen. – Was Sie wegen des Aristoteles schreiben ist mir eben so unerwartet, als was mir ich weiß nicht wer ganz entgegengeseztes erzählte, nemlich Sie hätten Sich schon mit Brandis zu einer Ausgabe des ganzen Aristoteles vereinigt. So wie dieses gewiß auf einem Mißverständniß beruht, so glaube ich beruht jenes auf einer Mißeinbildung, und ich hoffe in Florenz und Rom werden Sie Ihre Meinung ändern. Es wäre auch wirklich schlimm da die ganze Veranstaltung Ihrer Reise und der Antrag ans Ministerium mit dem Plan einer akademischen Bearbeitung des Aristoteles – wovon ich immer hoffte daß Sie hernach der Director werden sollten wie Boeckh es für die Inschriften ist – in unmittelbare Verbindung gesezt ist. Doch wenn Sie in Florenz sehen was es da giebt und die Handschriften etwas angekostet haben werden Sie erst sagen können wer stärker ist Sie oder die Sache. – Da Sie noch Platonische Codices im Prospect haben ist es ja gut daß der Drukk nicht so unbändig rasch geht; so können die Appendices gleich mit erscheinen. Nur schade freilich daß das beste in Venedig liegt wohin Sie nun wahrscheinlich zulezt kommen. Was Mailand

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betrifft so würde ich geeilt haben Ihren Wunsch einer besondern Empfehlung sogleich zu fördern wenn nicht der Staatskanzler dessen Unterschrift die Interessen doch erst recht wirksam macht abwesend und bis jezt sogar krank gewesen wäre; und wenn ich glaubte daß Sie viel damit gewinnen würden da die Ambrosiana nicht kaiserlich ist. Niebuhr ist durch einen Borromäer hineingekommen und mich wundert daß er Ihnen nicht an diesen eine Adresse gegeben hat. Dadurch hätte er sich besser um die Akademie verdient gemacht als durch seine Protestation gegen unsern Austritt. | Denken Sie länger in Mailand zu bleiben und können diesen Zutritt nicht etwa kürzer durch Graf Saurau erhalten so schreiben Sie doch Niebuhr schleunigst darüber. Die Humboldische Empfehlung übrigens wollte Ihnen ja Savigny noch vor seiner Abreise zuschicken. Stürmen Sie doch ja diese Borromäer auf alle Weise damit Sie wenigstens die Catalogen sehn und eine allgemeine Uebersicht nehmen können um erst danach Ihre weiteren Pläne einzurichten. Um die Zeit die Sie verlieren ist es Jammerschade aber Sie müssen Sich doch ein Studium oder eine Arbeit aussinnen wozu Sie des Apparats entbehren können um soviele von den langen Abenden auszufüllen als sich nicht anmuthiger ausfüllen lassen. Könnten Sie nur fürs erste meine Reformationsrede für mich schreiben die mich zu Tode quält weniger des Lateins wegen als weil mir nichts einfällt was in eine solche Rede hinein wollte. Zu feierlichen Gelegenheiten bin ich ein für allemal verdorben und Boeckh ist mir unerreichbar bewundernswürdig. – Das Zunehmen der Abende wird jezt täglich sichtlicher und ich denke Ihrer mit Schmerzen dabei. Ja ja, es muß auch nicht lauter Herrlichkeit und Himmel voll Geigen geben in Italien! Gott gebe Ihnen nur eine gute Verzweiflung aus der irgend eine tüchtige Arbeit, ernst oder scherzhaft hervorgehe. Ein Paar Hefte Analekten könnten Sie doch Wolf mit leichter Mühe schreiben Was machen Sie mir denn für Vorwürfe wegen Göschens Ernennung? Sie wissen auf Einem Beine kann nichts menschliches stehn. Nun haben wir an Wilken einen anwesenden Correspondenten und so war es ja besser noch einen freiwillig zu haben. Auch sehe ich gar nicht ein warum das Wesen eines Correspondenten in der Abwesenheit bestehn soll. Soll es gar keine losere Verbindung der Akademie mit Anwesenden geben, sondern in Beziehung auf sie jeder Berlinische Gelehrter entweder Mitglied sein oder nichts? Ich finde vielmehr dies ein herrliches Mittel in Zukunft manchen Antrag der bei der Ballotage gewiß durchgehn würde von der Ballota50 wäre;] folgt )Die Gem* vor

53 besser] folgt )he* 81 Berlinische] über der Zeile 83 von]

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Brief 4402

ge abzulenken. Kurz die Sache scheint mir so übel gar nicht, und auch das widersprechende denke ich werden Sie bei näherer Ueberlegung aufgeben. – Ueber unsern projectirten Austritt hätte Sie ja Niebuhr gleich aus seinen eignen Worten beruhigen können daß er nemlich grade dadurch bedingt ist wenn uns die Akademie das Trauerspiel einer gänzlichen Losheit, eines absoluten Mangels an Gemeingeist giebt. Geschehn ist übrigens in der Sache nichts weiter als daß der Minister noch einmal monirt und beschlossen worden ist falls er nicht in 4 Wochen antworte an den Staatskanzler zu gehen. Dazwischen nun aber sind die Ferien getreten, und das ist auch in soweit recht gut als die Sache doch unter Tralles Vorsiz nicht bequem durchzutreiben war. Es wird nun bei der ersten Zusammenkunft von mir der Antrag gemacht werden nun wirklich an den Staatskanzler zu gehn, und ich zweifle nicht am guten Erfolg. Allein ohne unsere Drohung wäre die Sache doch gewiß nicht so weit gekommen.

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Dienstag 23ten. Ich sehe Ihre beiden Briefe noch einmal durch um keine Geschäftssache zu vergessen. Ihren Venetianischen Bücherzettel habe ich gleich an Wilken gegeben, welcher aber versichert die auf demselben notirten Bücher wären sämmtlich vorhanden. Der Turiner Empfehlungen wegen will ich Eichhorn noch einmal erinnern und auch nach Florenz eine vorschlagen. Weiter kommt mir nichts mehr daraus entgegen, als Ihr Wunsch wegen Schickler allein ich hoffe daß Sie das nächste Geld ohnedies nicht mehr in Mailand verbrauchen werden. Die Herz ist vom 22ten–26ten August in Verona gewesen wie Göschen an seine Frau geschrieben. Wir haben von ihr aus Italien noch gar keine Nachricht. Hinter dem herrlichen Tyrol soll der Eintritt in Italien keinen befriedigenden Eindruk gemacht haben welches ich wol glaube. Vor Rom werden Sie diese Freundin nun wol schwerlich sehn da die beiden Damen von Verona nach Venedig gehn wollten. Ob wir aber lieber Freund noch in der Lombardei zusammentreffen das wird lediglich davon abhängen – die göttlichen Bedingungen abgerechnet – ob Sie Sich lange genug in die Handschriften ver|tiefen um uns abzuwarten. Denn vor 1819 hat meine Frau erklärt sich nicht von der kleinen Hildegard trennen zu können. Diese kleine gedeiht vortreflich, scheint das dumme Vierteljahr 14 Tage schneller zurüklegen zu wollen als andere Kinder und ist dem einstimmigen Urtheil zufolge eine Zusammensezung von Elsbeth und Gertrud. Wahrscheinlich will sie es Ihnen dadurch möglichst erleichtern sich eine Vorstellung von ihr zu machen. – Arndt bekam am sogenannten Pol93 gut] folgt )daß*

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terabend noch ein Lebehoch von den Turnern. Es versammelten sich deren wol hundert im Garten, kamen mit Fakeln nach dem Saal gezogen singend, worauf der kleinsten einer eine kurze Anrede hielt, und der größten einer ihm einen herrlichen silbernen Pokal als Ehrengabe überreichte. Arndt antwortete kurz und bündig und unter dem Gesang ein feste Burg ist unser Gott zogen sie wieder ab. Die Hochzeitsgäste des folgenden Tages waren Reimers Dümmlers Eichhorns Hüsers Meyers Schedes und Süverns die eben angekommen waren und noch ganz eilig dazu geladen wurden. Die Meyer sang ein Hochzeitlied welches eine recht artige Travestirung war von Mich ergreift ich weiß nicht wie. Die Leute waren ganz vergnügt beisammen bis Ein Uhr und wir vergaßen nicht der Abwesenden Theilnehmenden Gesundheit auszubringen. – Meine Reise durch den Thüringer Wald habe ich mit Blanc bei leidlichem Wetter zu unsrer großen Befriedigung zurükgelegt. Wir sind in zwei Abschnitten 12 Tage auf den Beinen gewesen und haben in diesen Kreuz und Querzügen beinahe 60 Meilen zurükgelegt. Mir ist diese Kur vortreflich bekommen – nur wage ich noch immer nicht viel zu sizen damit nicht zu plözlich abgebrochen werde, das heißt grade heraus ich bin unerhört faul, wozu indeß der unwohnliche Zustand – meine Bücher schweben eingepakt zwischen beiden Wohnungen – und die Reformationsrede, die mir in den Gliedern stekt und noch immer nicht heraus will nicht wenig beitragen. Doch will ich Morgen anfangen den dritten Band des Platon fertig zu machen den ich mitten abbrechen mußte um zu reisen. Ueber den Fortgang des Ihrigen wird wol die Einlage von Herrn Müller alle nöthige Auskunft enthalten. Süvern aber sagt mir daß Herr Müller nächstens nach Breslau ginge. War Ihnen das schon bekannt? und was für Maaßregeln sind getroffen oder zu treffen um seine Stelle zu ersezen wenn er nicht fertig wird? Er hat zwar gleich bei meiner Rükkunft die Papiere zum Politicus und den folgenden Gesprächen von mir abgeholt, aber ich dächte er könnte mit dem noch übrigen Theil dieser Arbeit vor Weihnachten nicht fertig werden, und so lange bleibt er wol nach Süverns Ausstreuungen nicht hier. Giebt es also hier noch etwas zu arrangiren so erwarte ich Ihre Befehle. Und nun nehmen Sie noch die besten Grüße von den Meinigen und leben Sie wol d.h. italienisiren Sie Sich möglichst ohne Sich zu entdeutschen, entdekken Sie viel, erfinden Sie Zeitvertreib und vergessen Sie uns nicht.

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Briefe 4403 – 4405

4403. An die Theologische Fakultät. Berlin, Dienstag, 23. 9. 1817 Collegae coniunctissimi Aus der anliegenden unmittelbar vor meiner Abreise eingegangenen Verfügung werden Sie ersehen wie das Ministerium die an den Licentiaten Lücke geschehene Uebertragung einer Abtheilung des Seminars im vergangenen Halbjahr mißbilliget. Da ich nun auch für das bevorstehende Semester dringend wünschen muß von der uns zustehenden Freiheit[,] am Seminar auch keinen Theil zu nehmen[,] Gebrauch zu machen: so scheint mir nothwendig zuerst bei Ihnen anzufragen ob einer von Ihnen geneigt ist neben der seinigen auch meine Abtheilung zu übernehmen. Vielleicht kann Herr College Neander sich hierüber auch Namens des abwesenden Herrn Collegen Marheinecke erklären. Berlin d 23t. Septemb. 1817 Schleiermacher

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4404. An Luise von Willich. Berlin, Donnerstag, 25. 9. 1817 Berlin d. 25 Sept. 17 Allein ich war doch immer des Abends zu ermüdet um mehr als das geognostische Tagebuch zu schreiben, zu dessen Redakteur ich ernannt war, sowie Blanc das Amt des Reisemarschalls hatte. | Also ich überredete den Prediger Blanc in Halle, mit mir eine Fußreise in das Thüringer Waldgebirge zu machen; ich reiste noch an demselben Tag wo ich meine Colegia schloß des Abends, es war ein Freitag in dem wohlbekannten Wagen mutterseelenallein von hier ab im schönsten Wetter, kam Sonntag Morgen 2 Uhr nach Halle, hörte Blanc predigen, besuchte die alten Bekannten, war noch Montag Abend bei Ludwig Wucherer der eine Frau hat, welche er erstaunlich liebt mit der ich aber in der Schnel4403. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 43, Bl. 92. Mit einem Schreiben des Innenministeriums. – Unten auf dem Brief folgende Notizen: „Ich für mein Theil kann diese Arbeit nicht übernehmen de Wette“. – „Auch ich habe dazu keine Neigung Neander“. 4404. Überlieferung: h: BBAW, Nachlass Dilthey, 116/2. schrift als „N 71“ erfasst.

Der Brief ist auf der Ab-

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ligkeit wenigstens nicht viel anzufangen wußte, und um 11 Uhr Abends fuhr ich dann mit Blanc ab über Merseburg, Weimar, wo wir aber nur Mittag aßen ohne uns um Göthe zu bekümmern, Erfurt bis Gotha wo wir Dienstag Abends ankamen. Am folgenden Tage fuhren wir noch bis Waltershausen einem kleinen Städtchen am Fuß des Gebirges das wir zu unserm Hauptquartier [machten,] trieben uns P7S Tage bei unangenehmem Wetter im Gebirge herum, waren auf dem Inselsberg etc. Wartburg. [Über] Jena nach Halle zurück. Über 50 Meilen in diesen 12 Tagen gemacht. Als er Montag noch vor Mitternacht von der Reise zurückkehrte war Arndt schon da mit Nanny noch auf. Jette stand auf und die halbe Nacht wurde verplaudert. Die alte Lotte, die Zeitungsschreiberin des Hauses; die alte Lotte hatte aber noch eine besondre Ängstlichkeit, ob auch das Haus würde stehen bleiben und nicht auseinanderfallen wenn Nanny weg wäre. Wie Hochzeit von Arndt und vorher Kindtaufen. Indeß ist Jette fest auf ihrem Vorsatz geblieben, wenigstens zu versuchen, ob sie nicht das ganze Hauswesen ohne weitere Hülfe regieren könnte. | [Doch] es scheint noch bis jetzt sehr gut zu gehen da Lotte auch sehr treulich mithilft. Die kleine Hildegard ist ein ganz liebliches Kind und ich habe mich mit keinem von den andern Kindern so jung schon so viel zu thun gemacht. Alle Leute weissagen, es werde sich früh entwickeln. In acht Tagen Umzug.

4405. An die Sektion des Kultus und öffentlichen Unterrichts (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 26. 9. 1817

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An Ein hohes Ministerium des Innern zweite Abtheilung Ein hohes Ministerium des Innern hat Sich in dem verehrlichen Schreiben vom 7ten August currentis mißfällig darüber geäußert, daß dem Licentiaten Lücke im abgelaufenen SommerSemester ein Theil des Unterrichts im theologischen Seminarium ist übertragen gewesen. Diese im Reglement wenigstens nicht ausdrüklich verbotene Uebertragung wurde durch die Er15 fuhren] folgt ))wir bis** 4405.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 43, Bl. 93

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Briefe 4405 – 4407

klärung des unterzeichneten D. Schleiermacher veranlaßt daß er außer Stand sei während des Sommers an dem Seminarium Unterricht zu ertheilen (wogegen nichts einzuwenden war, da kein einzelnes Facultätsmitglied durch die Statuten gebunden ist, an den Arbeiten am Seminarium Antheil zu nehmen.). Er hat der Facultät diese Erklärung auch in Bezug auf das bevorstehende WinterSemester wiederholt, und die Facultät sieht sich außer Stande der in dem angezognen Rescript ihr ertheilten Anweisung gemäß diesen Unterricht einem der dazu berechtigten ordentlichen Professoren wieder zu übertragen. Die DD. De Wette und Neander haben erklärt daß sie neben ihrer Abtheilung nicht auch noch die neutestamentische übernehmen könnten, und es ist eben so wenig wahrscheinlich daß der noch abwesende D. Marheinecke zu einer solchen Verdoppelung geneigt sein sollte. Sie ertheilte Anweisung veranlaßt uns also zu der gehorsamsten Anfrage von deren hochgeneigter Beantwortung unsere Berathung über die Leitung des Seminars in dem bevorstehenden Semester abhängt, ob es sonach besser ist, daß die Neutestamentische Abtheilung bis auf weiteres cessire. Berlin d 26t. Sept. 1817 Die theol. Facultät.

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4406. An Wernicke. Berlin, Freitag, 26. 9. 1817 Folgende Notizen erbitte ich mir in Bezug auf die anliegende Liste aus dem Album der Universität: 1) Der Student Stimming ist im Albo theologorum inscribirt den 9ten April 1812 und nach seiner Rükkunft aus dem Felde erneuert den 24ten Juli 1814. Sein Abgang ist im FacultätsAlbum nicht bemerkt. Geht darüber aus dem UniversitätsAlbum oder sonst hervor, daß er ein Abgangszeugniß genommen? 8 an] korr. aus in dem] folgt )Unterr* 9–11 (wogegen … nehmen.)] ohne Klammern mit Einfügungszeichen am linken Rand, von de Wette ergänzt 13 f gemäß] mit Einfügungszeichen über der Zeile von anderer Hand ergänzt 16 daß] korr. aus ne 17 wahrscheinlich] korr. aus wahrscheinlicher 4406. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 42 2 der] folgt )Facultät* 5 Geht] korr. aus Was geht 6 oder sonst] über der Zeile 6 f hervor, … genommen?] korr. aus hervor?

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26. 9. – 27. 9. 1817

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2.) Der Student Friedrich Hufnagel aus der Mark inscribirt bis den 17ten April 1815; aus dem Felde zurükgekehrt im April 1816 ist nicht aufzufinden gewesen; constirt aus dem Universitätsalbum etwas über seinen Abgang? 3. Der Student Eberhard Schulz aus Hoexter unterm 11ten October 1816 inscribirt von Göttingen gekommen ist ebenfalls nicht aufzufinden gewesen, constirt etwas über seinen Abgang? Dagegen ist im Album der Universität zu bemerken, daß der Student PMioS aus Magdeburg als Mediciner immatriculirt unterm 21ten April 1816 zur theologischen Facultät übergegangen ist. Berlin d 26t. Sept. 1817 Schleiermacher

4407. Von Anne (Nanny) Arndt. Frankfurt am Main, Sonnabend, 27. 9. 1817 Frankfurt den 27ten

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Gestern Vormittag sind wir nach allerlei kleinen unfällen endlich glüklich hir angekommen, und von Herrn und Frau Eichenberg sehr freundlich empfangen. Wie geht es Euch allen nun, es kömt mir noch ganz sonderbar vor wenn ich denke daß ich nicht wieder nach Berlin zurük Reisen soll. Und was machen meine Süßen, süßen lieben Kinder, hatt mein Lisbettchen, mein süßes liebes auch noch viel geweint, oder ist es bald in sein Bettchen gegangen und eingeschlafen? und meine liebste Dikke und Linchen und Louise. Ich muss immer viel an die lieben Kinder denken, könte ich nur einmal mein Lisbettchen ihr liebes kleines Gesichtchen sehen, schreibt mir auch bald ein klein Brifchen meine lieben Süßen Kinder. Gestern Nachmittag haben wir einen hübschen Spazirgang am Mayn gemacht, und beim zu Hause gehn durch die Stadt manches Haus darauf angesehen, es könte wohl jenes sein wo Gretchen am ende des Tisches saß, nächstens sehe ich auch Göthens Haus. | Ich wolte einen ausführlichen Reisebrif schreiben, komme aber hir nicht dazu, heut Vormittag wollen wir noch allerlei kaufen Nachmittag einen Besuch vor der Stadt machen, und morgen wenn 4407. Überlieferung: H: BBAW, SN 240, Bl. 10 f. Die Datierung ergibt sich daraus, dass Nanny auf der Reise von Berlin nach Bonn (unmittelbar nach ihrer Hochzeit am 18. 9. 1817) schreibt.

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des Wetter gut ist auf die Berge, und erst den Dinstag wieder kommen. Von der Reise nur so viel, daß in Zehlendorf zum abend ein Rad unsers Wagens Brach, wodurch wir eine Stunde vor der Schmide gehalten wurden, den Sonabend kamen wir glüklich in Halle ann, tranken den Abend bei der Schede The, sahen noch Wucherers und Kastners wohnten im Löwen, aßen den Sontag Mittag bei PKrukenbergsS, und waren den Abend mit Wucherers, Blancs, Rinekker, Kastners, und PGudekeS auf dem Berge, Gudeke und Rinekker gefallen mir am besten, Kastner erzählt G e s c h i c h t e n wie Schmalz Anektodten, Sie ist eine nette Frau, die mich aber doch nicht besonders angezogen hatt, Blank hatt einen zu PschönenS Spaß Ton an sich, und Wucherer kann leicht ein rechter ächter Kaufmann werden, die Frau kann noch recht gut werden, die | Blank ist eine gute freundliche Frau, siht aber gar zu wunderlich verkniffen und vermikkert aus, alles, Figur, Gesicht und die kleinen Hände. Ich möchte ihnen allen alle halbe jahre Wilhelmine auf ein par Wochen schikken. Montag früh fuhren wir mit schnellen Pferden und im schönen Wetter weiter, über Merseburg und so weiter, sahen Weimar im Mondschein ganz Reizend ligen und kamen die Nacht in Erfurt ann, welches eine sehr Nette Stadt ist, besahen den andern Morgen die große Glokke und den Dohm, der sehr schön ist und besonders schön liegt, den Abend kamen wir in dem Liebens würdigen Eisenach ann, und den Mittwoch früh um 6 uhr gingen wir schon nach der Reizenden Wartburg und fuhren um 8 uhr weiter, den Mittag um 1 uhr brachen wir in Fach einem Elenden Nest zwischen Eisenach und Fulda recht gründlich ein Rad, und konten erst die Nacht um 2 uhr wieder fort, Donnerstag Abend kamen wir in Gellenhausen ann wo wir die Nacht blieben. Gestern bekamen wir in Hanau ein wildes Pferdt welches gleich hinter der Stadt durchging, eben waren die Thiere im Begriff seit|wärts in einen tifen Graben zu Rennen wo wir wahrscheinlich Hals und Beine gebrochen hätten, wäre der Wagen nicht zwischen den Pferden an einen großen Baum gestoßen, der ihn aufhilt, die Pferde stürtzten zu Boden, der arme Schwager flog weit weg, alles Geschirr war zerrißen, und so wurden wir vor einem schädlichen Fall gerettet, es kamen bald Leute hinzu, die uns wieder auf den Weg halfen und so kamen wir glüklich hir ann. Seid nun alle Herzlich Gegrüßt, und Lebt recht wohl, meine lieben Kinder auch, Grüßt Reimers und Schedens, und theilt ihnen mit waß sie von uns wißen wollen, aus Bonn schreibe ich endlich an die einzelnen, hir habe ich keine rechte Ruhe. Grüßt mir alle Bekante, die Göschen auch, sagt nur wir hätten noch zu Ihr kommen wollen, es wäre aber nicht angegangen, auch die Fischer recht herzlich, Lebt Wohl und schreibt mir bald nach Bonn.

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Was macht klein Hildegard? siht es noch hell und Munter aus seinen blauen Augen? Nanny

4408. Von Johann Jacob Nizze. Starkow, Montag, 29. 9. 1817 Starkow bei Stralsund in Neuvorpommern, am 29sten Septbr 17.

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Wolgeborner, Hochgelerter, Hochgeehrtester Herr Doktor. Entschuldigen Sie, daß ich es wage, Sie in Ihren wichtigeren Geschäften durch eine Zuschrift zu unterbrechen und Ihnen damit einige Zeit zu rauben. Wenn ein unbekannter Mensch mit einer wichtigen Miene vor uns hintritt, so ist uns viel daran gelegen, zuvor zu wißen, wer dieser Mensch ist. Gewiß befinden Sie sich auch in dieser Lage, wenn Sie die Unterschrift dieses Schreibens lesen. Nun wolan denn! vernehmen Sie zuvor gefälligst, wer ich bin. Als Sohn armer Handwerksleute zu Güstrow im Großherzogthum Meklenburg ward ich, da meine Aeltern früh verstorben waren und nichts hinterlaßen hatten, von meinen Verwandten, die der unwandelbaren Meinung waren, mich zu einem Geologen zu stempeln, mit testimoniis paupertatis versehen, in’s Waisenhaus zu Halle geschikt und dort in Schulwißenschaften unterrichtet. Während dieser Zeit war mein Anverwandter, der dies besonders betrieben hatte und von dem ich einige Unterstüzzung hoffen konnte, gestorben. Wie ich nun im Jahr 1784 nach meinem Vaterlande zurükkehrte, um die dermalen zu Büzow sich befindende Landesakademie zu frequentiren, stand ich blutarm da. Mit Unterrichtgeben und Abschreiben ward es mir möglich, mich 2 Jahre in Büzow und nachher 1 Jahr hier in Greifswald unter Erduldung | mannigfaltiger Mühseeligkeiten und Entbehrungen zu erhalten. Nothgedrungen mußte ich die zweite Lehrerstelle an der Schule der kleinen Stadt Loiz in dieser Provinz, die kaum 200 r. iährlich eintrug, im Jahr 1787 annehmen. Im Jahr 1805 erhielt ich das hiesige Pastorat, das, wenn man Naturalien und alles dahin Gehörige 4408. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/9/1; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 151 f. (Zitate). Beantwortungsvermerk: „resp. d 11t. Octob. 17.“

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Briefe 4408 – 4409

zu Gelde veranschlaget, etwas über 300 r. iährlich einträgt. Im Jahr 1807 fielen die unglüklichen Zeitumstände auch für die hiesige Provinz ein. Zwei Militärstraßen, die eine westlich, die andere nördlich, führten alle feindliche Truppen und Transporte bis 1812 hart an dem hiesigen Dorfe nach Stralsund hin und zurük. Wenn man unter solchen Umständen eine zalreiche Familie zu ernähren hat; so kann man sich leicht denken, wie solche wiedrigen Umstände und der Abgang aller Mittel, die Gedanken großer Männer sich einzutauschen, sich anzueignen und die seinigen darnach zu berichtigen und zu ordnen, selbst den regsamsten Geist in tirannische Feßeln legt und ihn nur eine untergeordnete Rolle spielen läßt. Hier haben Sie ein Skilet meiner Lebensgeschichte – es wird Ihnen sagen, daß Sie von mir bei allem guten Willen und natürlichen Anlagen nichts Aufmerksamkeit Erregendes zu erwarten haben, und daß ich bloß um gütige Mittheilung Ihrer Ideen aus dem reichen Schaz Ihrer Kenntniße und Erfahrungen recht andringlich bitten darf. – Sollte es Ihnen nothwendig dünken über mein Verhalten in meiner 30iährigen Amtsführung unter so trüben Auspizien nähere und zuverläßigere Erkundigungen einzuziehen; so mögte ich mich wol auf den hiesigen Herrn Generalsuperintendenten, Herrn Doktor und Profeßor Ziemssen in Greifswald, bei dem ich noch als Student | theologischen Unterricht empfangen habe, berufen. Da Ewr Wolgeborn nun wißen, wer es sich erlaubt, mit Ihnen zu sprechen, so bin ich so frei, ohne Weiteres zu dem eigentlichen Gegenstand meines Schreibens mich zu wenden. Unterm 16ten Junius dieses Jahres ward uns von der Hohen Regierung des hiesigen Bezirks der Entwurf der Synodalordnung für den Kirchenverein beider evangelischen Confessionen im preussischen Staate mit dem Angesinnen mitgetheilt, damit die hiesigen Kirchenlehrer auf der ersten auf den 16ten September dieses Jahres bestimmten Kreissinode ihr umfaßendes und gehörig motivirtes Gutachten darüber abgeben könnten. Ich ward einstimmig von der Barther Kreissinode, zu der das hiesige Pastorat gehört – obgleich ich nicht ein iüngerer Sinodal war und ich einen Ehrenantrag diesr Art ernstlich abzulehnen suchte, wolwißend, daß eine geübtere Feder als die meinige zur Verwaltung des Kreissinodalsekretariats erforderlich sei, zum scriba Synodi Bardensis gewält. Am 14ten September dieses Jahres fiel mir Ihre unter den hiesigen Geistlichen damals noch gar nicht bekannte Schrift Ueber die für die protestantische Kirche des preussischen Staats einzurichtende Synodalverfassung zufällig in die Hände. Ich nahm Ihre Schrift am 16ten September dieses Jahres mit in die Sinodalversammlung und las sie vor. Mir, dem Skriba, ward es einstimmig übertragen, ganz im Geiste Ihrer Schrift mit Berüksichtigung des hiesigen Lokals unser Gutachten abzufaßen. Dies ist von mir

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beschaft und unsere Aeußerung an die Behörden bereits abgegeben. Ich entledige mich hiedurch des Auftrages, Ihnen für die Bekanntmachung dieser Schrift im Namen der hiesigen Sinodalversammlung den innigsten Dank zu bezeugen. Ewr Wolgeborn werden aber auch gütigst erlauben, daß ich hiemit den meinigen noch ganz besonders verbinde. | Eine nachfolgende Kirchenordnung ist versprochen. Wahrscheinlich wird der Entwurf dazu noch weit größer und vielumfaßender, als der Entwurf zur Sinodalverfaßung ist. Die hiesige Sinodalgesellschaft, und ich ganz besonders, wünschen, uns hierauf schon in Zeiten vorzubereiten. Von Ihrer gutmüthigen Freimüthigkeit, von Ihrem bekannten rechtschaffenen Karakter läßt es sich erwarten, daß Sie die angelegentliche Bitte nicht als zudringlich ansehen wollen, wenn ich Sie gehorsamst ersuche, mir Ihre Gedanken über eine neue Kirchenordnung in ihrem ganzen Umfange im Allgemeinen (das Lokal können nur gegenwärtige Augen übersehen) gefälligst mitzutheilen, um mit meinen Amtsbrüdern der hiesigen Sinode mich schon vorläufig mich darüber zu verständigen und uns in Zeiten vorzubereiten. Ich zweifle eben so wenig an der Gewährung meiner gehorsamsten Bitte, als ich auch gewiß überzeugt bin, Ewr Wolgeborn werden diese Zudringlichkeit gütevoll entschuldigen, und die Versicherung der lebhaftesten Hochachtung mit Wolgefallen aufnehmen, mit welcher ich die Ehre habe zu verharren Ewr Wolgeborn gehorsamer J.J. Nizze, Prediger. N . S . Briefe an mich gehen durch Stralsund und werden im Kruge zu Redebass abgegeben.

4409. Von Wernicke. Berlin, Montag, 29. 9. 1817 Gehorsamste Antwort: ad 1. Der Studirende Stimmig hat unterm 6ten Mai dieses Jahres ein Abgangszeugniß erhalten und wird hiebey auf die Anzeige vom 26ten dieses Monats Bezug genommen. 4409. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 42. Diese Antwort an Schleiermacher steht unten auf Brief 4406 vom 26. 9. 1817.

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Briefe 4409 – 4413

ad 2) Ueber den Abgang des Friedrich Hufnagel ergiebt sich aus dem Universitäts-Album nichts. Er hat in diesem Jahre außerdem seine Karte gewechselt und wird also noch nicht abgegangen seyn ad 3) desgleichen in Betref des Schulz aus Hoexter. Berlin den 29 7br. 1817. Wernicke

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4410. An Friedrich Lücke. Berlin, Dienstag, 30. 9. 1817 Hrrn Lic. D. Lücke [Rückseite] DeWette wollte sich mit Ihnen verabreden während der Ferien einen Abend bei mir zuzubringen. Ich habe mich schon lange drauf gefreut höre aber nun gar nichts von der Sache. Machen Sie doch daß wirklich etwas draus wird. Heute und Sonnabend bin ich gewiß zu Ihrer Disposition, auch Donnerstag wenn ich es zur rechten Zeit erfahre[,] Mittwoch und Freitag aber nicht. Lassen Sie Sich die Sache bestens empfohlen sein und kommen je eher je lieber Schleiermacher Dienstag 30ten

4411. Von Amalie Ha(h)ne. Sagard, September 1817 Nannys glückliche Heirat, die ganz den Wünschen entsprochen, erregt ihre grösste Freude. Schleiermachers Frau aber werde sie wohl stark vermissen in der Wirtschaft. 4410. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 215 f. Die Datierung ergibt sich aus dem Schlussdatum „Dienstag 30ten“, das in Lückes Berliner Lizentiatenzeit während der Semesterferien nur auf den 30. 9. 1817 zutrifft. 4411. Überlieferung: h: BBAW, Nachlass Dilthey, 116. Da Anne (Nanny) Schleiermacher und Ernst Moritz Arndt am 18. 9. 1817 heirateten, wurde dieser Brief wohl zusammen mit dem (ebenfalls in Nachlass Dilthey 116 in Regest und Zitat erhaltenen) Brief der Amalie Hane an Henriette Schleiermacher vom September 1817 (kurz vor oder nach der Arndtschen Hochzeit) verschickt.

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4412. An das Innenministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Mittwoch, 1. 10. 1817 Berlin den 1sten October 1817.

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An Ein hohes Ministerium des Innern. Einem hohen Minsterium des Innern verfehlen wir nicht ein Schreiben des hiesigen Stadtgerichts vom 9ten vorigen Monats, wegen Abschätzung des Schleuseschen Grundstücks, worauf ein der Akademie vormals gehöriges Kapital von 5500 rtlr in Friedrich d’or hypothecirt ist, welches zum öffentlichen Verkauf Schulden halber gestellt werden soll, zur Wahrnehmung der Rechte auf dieses Kapital, originaliter zur weitern hochgefälligen Verfügung gehorsamst zu überreichen. Berlin den 1ten October 1817. Secretariat der Akademie der Wissenschaften. Schleiermacher

4413. An Samuel Marot (auch von Konrad Gottlieb Ribbeck und Gottfried August Ludwig Hanstein). Berlin, Sonnabend, 4. 10. 1817

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Ein dem mitunterzeichneten OberConsistorialrath Probst Hanstein gewordener königlicher Auftrag macht eine abermalige Versammlung der gesammten nun zur Synode constituirten Geistlichkeit nothwendig, wozu wir da die möglichste Beschleunigung empfohlen worden Dienstag den 7ten dieses Monats Nachmittag um Drei Uhr anberaumt haben. Wir ersuchen Sie daher Ihre Herren Diöcesanen gefälligst einzuladen, daß dieselben sich um diese Zeit in dem Lokale des FriedrichWilhelmsGymnasiums einfinden wollen. Berlin d 4t. Oct 1817. Schleiermacher Ribbeck Hanstein An Herrn Superintendent Marot Hochwürden

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Überlieferung: H: BBAW, II–VI, Nr. 2, Bl. 10

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Überlieferung: H: ELAB, 10400, Nr. 163, Bl. 4

2 abermalige] korr. aus abers

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Brief 4414

4414. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 4. 10. 1817 Halle den 4ten Octob. 17.

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Erst in diesem Augenblick habe ich das Protokoll unsrer am 25ten September gehaltenen Synode erhalten wovon ich Ihnen, theuerster Freund, den Auszug hier beylege. Ich wollte nicht eher schreiben bis ich Ihnen über diesen wichtigen Punkt etwas bestimmtes mittheilen könnte. Im Allgemeinen bemerke ich noch, daß sich im Ganzen genommen ein ganz guter Geist in der Versamlung gezeigt hat und daß das allzuleise Auftreten lediglich dem Praeses Wagenichts zur Last fällt. Er ist auch Schuld daß der beste Theil der Zeit mit solchen Dingen vertrödelt worden ist die nur die Superintendenten interessiren und worüber nach Erscheinen der KirchenOrdnung doch noch viel nachzuhohlen bleiben wird. Auch war es wohl gut daß meine Collegen und ich dabey waren, denn die Punkte über die Schreibereyen, über Abendmahl und Gelübde, und über die Gewalt der General-Superintendenten sind blos von uns angeregt worden, wobey noch zu merken ist, daß Wagnitz immer den Superintendenten vorgeschoben hat, damit ja nicht die Synode etwa zu viel Gewalt bekommen möchte. Ich schlug noch vor daß die Synode einen permanenten Ausschuß errichten möchte um in dringenden Fällen doch vorhanden zu seyn, man meinte aber dies sey im Moderamen ja schon vorhanden. Sie | fühlen aber wohl selbst, daß das etwas ganz andres ist, indem, hier bey uns wenigstens, Adiunct und Scriba nur die unterthänigen Diener des Superintendenten sind und zu diesem Behufe und in dieser Beziehung gewählt worden sind. Obgleich nun einige wesentliche Punkte allerdings gerügt worden sind, so ist dies doch viel zu leise und viel zu unbestimmt geschehen, was man aber freilich von der Neuheit und Ungeübtheit der Versamlung kaum anders erwarten konnte. Ich lege Ihnen noch die beym SynodalGottesdienst gebrauchten von Niemeyer gedichteten Lieder bey. Ferner erhalten Sie das Reisetagebuch und die Charten, dann noch 2 Exemplare der von Fulda gesamleten Lieder für das ReformationsFest, wenn auch Sie keinen Gebrauch davon machen wollen, so könnte doch einem andern Prediger damit gedient seyn und dem armen Fulda wäre ein reicher Absatz sehr zu 4414. Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 94 f. Mit dem Auszug einer am 25. September gehaltenen Synode sowie mit von Niemeyer gedichteten Liedern für den Synodalgottesdienst, einem Reisetagebuch, Karten und zwei Exemplaren der Liedersammlung von Fulda. 7 allzuleise] allzuleide

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wünschen da er, bey dem geringen Preise von 6 d pro Stük, 100.000. Exemplare absetzen muß ehe er etwas für seine Mühe erhält. – Ueber den späten Abgang dieses Briefes tröste ich mich mit der Hofnung, daß die Berliner Synode wohl noch nicht zu Stande gekommen seyn mag und Ihnen so dieses Pröbchen noch zeigen kann worauf es bey einer solchen Versamlung vorzüglich ankommt, und das wird gewiß auch bey Ihnen das seyn den Praeses von unnützer Zeitverschwendung abzuhalten. Dann ist noch eins bey uns nicht | zur Sprache gekommen und sehr zu wünschen daß man es in Berlin damit recht scharf nehme, und das ist das höchst unbestimmte und subordinirte Verhältniß der Synoden zu den Consistorien. Doch ich mag nicht Feigen nach Athen bringen, Gott gebe den Leuten nur Ohren; hier hat man sich mehreremale auf Ihre Schrift bezogen und ich habe mit Freuden gesehen daß die meisten sie höchlich billigten. Am schwersten hielt es die größere Zahl von der Tüchtigkeit dieser ersten Synode zu überzeugen, doch schien meine Bemerkung einigen Eindruck zu machen, daß zu fürchten sey, daß man uns alles von uns nicht gerügte künftig als Gesetz aufhalsen möchte. Können Sie hindern daß man die Synode in Berlin wie hier mit einem Mittagsmahle beschließe so thun Sie es ja, der Hunger hat die letzten Verhandlungen sehr abgekürzt, wir waren nur von 10 bis 1 beyeinander. In Merseburg wo die Synode schon früher gewesen, soll der Entwurf sehr bitter getadelt und vieles verworfen worden seyn, noch habe ich aber nichts näheres davon erhalten können. Geschieht es so erhalten Sie es sogleich wie ich auch Sie um das wichtigste aus den Berliner Verhandlungen bitte. —— Arndt und seine Frau sind hier gewesen und haben uns einen überaus fröhlichen Abend gemacht, Nanny schien etwas angegriffen, was auch wohl natürlich war. Wir und alle Freunde sind bisher sehr wohl gewesen, neues ist eben nicht vorgefallen. Nun | aber theuerster Freund muß ich Sie recht ernstlich an Ihr Versprechen mahnen mir Ihre Dogmatik auf einige Zeit zu schicken, ich freue mich unendlich darauf, ich denke sie sogleich abzuschreiben und sie dann mit Rienäcker recht ordentlich durchzugehen. Können Sie die ReformationsRede, zu der Gott ja wohl indeß seinen Seegen gegeben haben wird, mit beylegen desto besser. Ich habe bey diesem Feste mein Maul nicht aufzuthun indem hier der Sonabend der Universität überlassen bleibt und die SchulPredigt am Sonntag gehalten wird. Dafür thue ich dann schon indeß das meinige und habe noch Sonntag über die Worte: der Glaube kommt nur aus der Predigt, recht geflissentlich den Vorrang der Predigt beym Gottesdienst als im Wesen der Protestantischen

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Briefe 4414 – 4415

Kirche begründet, gegen die einfältigen neueren Meinungen vertheidigt. Schade nur daß hier nur wenige die Beziehung solcher Vorträge vorsehen, die ich dann auch zuweilen den Leuten deutlich genug mache. Meine Frau, die trotz der Schuhverwechslung Ihnen von Herzen gut ist, grüßt schönstens. Mit den andern Schulden die Sie hier zu haben meinen ist es nichts und die 2. 11 g für die Bücher habe ich schon von Carolinen vor einem ViertelJahre empfangen. Meinen herzlichen Gruß an Ihre liebe Frau und an Schede’s. Auf Ihren nächsten Brief freue ich mich sehr sowohl wegen der Dogmatik als wegen der Synode wozu der Himmel seinen Seegen gebe. Lassen Sie mich nicht zu lange darauf warten. Wucherer hat Steffens im besten Wohlseyn in Dresden auf der Rückreise von Carlsbad und M ü n c h e n getroffen. Leben Sie wohl liebster Schleiermacher Blanc

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4415. Von Anne (Nanny) Arndt. Neuwied und Bonn, Mittwoch, 8.10. bis Sonntag, 12. 10. 1817 Neuwied den 8ten Octo. 1817 Da ich hir ein wenig Zeit habe, so will ich Euch erzählen wie es mir seit Frankfurt gegangen ist. Es war den 3ten Vormittags als ich meinen letzten Brif nach Berlin fort geschikt hatte, es war schön Wetter, wir gingen etwas in der Stadt herum, die mir gar sehr gefält, die vielen alten Wunderbaren Häuser, mit wunderlichen kleinen Thürmen, die vielen engen dunkeln Gäßchen die Kirchen, die auch meist sehr altertümlich außehen, alles dies macht die Stadt für mich sehr Intereßant. Wir gingen in den Dohm, es ist eine schöne Kirche, mit vielen wunderlichen Stein Bildern, am wunderbarsten war mir ein Begräbniß eines Ritters mit seiner Frau, sie sind beide an der Wand in Stein gehauen, in hübscher Ritterkleidung, noch nicht Alt, er auf einem Löwen und sie auf einem Hunde stehend. Wir wanderten lange in der Kirche herum, vor jeder Bank war ein kleiner Fußsteig von Sand gestreut, der orndlich bunt geharkt war, wie die Gänge in den Gärten. Dann gingen wir noch an den Mayn, und so beinahe um die ganze Stadt herum. Den Mittag aßen wir bei Herrn von Blando einem alten zirlichen 4415.

Überlieferung: H: BBAW, SN 240, Bl. 12–19

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Junggesellen der sehr freundlich ist, Herr und Frau Hofmann (von denen ich an Wilhelmine geschrieben habe) waren da, die Sonne war im untergehen als wir nach Hause gingen, und den letzten Abend mit Eichenbergs noch recht vergnügt waren. Den andern Morgen als den 4ten saßen wir um 6 uhr beim schönsten Wetter im Wagen, der uns bis Elfeld fahren solte. Sagt mir nur wie Ihr denn damals gereist seid, daß ihr den Rhein erst in | Elfeld gesehen habt, man siht ihn ja schon bei Biberich ganz herlich, wo der Weg längs dem Fluße bis Elfeld hingeht. In Elfeld nahmen wir gleich einen kleinen Nachen (wie mann hir die kleinen Kähne nent) und fuhren auf Rüdesheim zu, durch alle die berühmten Weinberge, Erbach, Markobrunn, Hochheimer, und wie sie alle heißen. Der Wind war kalt, aber auch gut, und wir fuhren schnell mit unserm kleinen Nachen dahinn. So ungeheuer breit aber wie der Rhein hir ist, habe ich mir ihn nicht vorgestelt, an manchen stellen ist er gewiß so breit, als der Reichardsche Garten lang ist. Einen wunderbaren Eindruk macht es, rechts und Links alle die Höhen mit Reben überdekt zu sehen und nicht einen hohen Baum, ich kann auch nicht sagen daß ich befridigt war. Um 4 uhr kamen wir in Rüdesheim an, hir werden die Ufer hoch und felsig, und der Rhein schmäler und gewaltiger fließend. Wir nahmen eine Stube deren Fenster nach dem Rhein sehen, am jenseitigen Ufer hoch über dem Rhein lag uns gegenüber die Rochus Kapelle, etwas weiter hinn unten an die Berge gelehnt das nette Bingen, an deßen West seite aus einem engen Tahle kommend die Naae in den Rhein fließt, etwas weiter hinn mitten im Strom den alten schauerlichen Hattoschen Mäusetuhrm. Wir gingen gleich etwas herunter und den Rhein entlang, von Rüdesheim an sind die Felsen an den beiden seiten des Rheins sehr hoch, bis Koblenz wo es wieder weiter und Milder wird, wir gingen also dem sich hir in einem schnellen Bogen herum windenden Rhein entlang, bei Bingen und dem Mäusetuhrm vorbei, rechts hingen hoch über | uns die Ruinen einer Burg, weiter hinn sahen wir am linken Ufer schon wieder eine Burg zum Vorschein kommen, die Felsen sind hier hoch und dunkel, und der Rhein flißt so brausend dahinn, es wurde mir ganz Melankolisch zu Muthe, als der Abendschein es noch Wunderbarer außehn machte, ich könte hir in dem sogenanten Rheingau, so Wunderschön es auch ist, nicht Leben, es macht einen gar zu Melankolisch, wir kamen mit der völligsten Dunkelheit zuhause. Den andern morgen Sontag den 5ten gingen wir bei schönem hellen Wetter den morgen um 8 uhr aus, auf den Niderwald, ein schlängender Weg führt erst eine Zeitlang durch Weinberge hoch hinnauf, dann kömt mann durch Felder, kleines Gebüsch mit Obstbäumen vermischt, zuletzt in einen schönen Buchenwald immer höher hinauf, bis mann zuletzt auf der höchsten spitze

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Brief 4415

in einer Ruine die schönste Außsicht hatt, den Rhein tif unter sich, die Burg die gestern hoch über uns war, lag nun ganz klein unter uns, an beiden seiten des Rheins siht mann blaue Berge die sich in weiter ferne immer blaßer erheben, am linken Ufer erheben sich in weiter ferne über all die andern Berge die Wogesen, am rechten ist das Eufel gebürge das höchste, wir saßen lange auf der alten Mauer und schauten in das schöne Land hinnunter bis uns die Zeit an den Rükweg mahnte, um 12 uhr waren wir unten, das Postschiff von Mainz kommend mit dem wir nach Koblenz wolten war schon in Bingen angekommen, wir aßen also in größter Eile etwas Mittag, pakten uns in einen Nachen und fuhren hinüber nach Bingen, wo wir gerade ankamen als es ablegen wolte, | wir bliben auf unsern Koffern sitzend eben auf dem Verdek, und fuhren so zwischen hohen Bergen hinn, die bis hoch herauf mit Reben bepflanzt sind, sehr viele Ruinen ligen rechts und links, auf Felsen klippen bald höher bald nidriger sehr hübsch da, ein hübsches Dorf schlist sich ans andere an, auch ligen die alten sonst berühmten Städte, als Bacharach, Boppard, und Kaub, wo Blücher über den Rhein ging, das Schloß bei Kaub sehr hübsch mitten im Rhein. Das Wetter war kalt und Rauh geworden, ich blieb aber doch oben, weil unten in der Kajüte viele Menschen waren, mehrere junge Leute vertrieben sich die Zeit mit singen, als es aber dunkel ward und sehr kalt musten wir doch herunter, es war sehr Eng unten, gleich vorn in einem abgesonderten kleinen Behältniß hatte die nette junge Frau des Schiffers ihre Wirtschaft, sie kochte an einem kleinen Herde Kaffe für geselschaft, ein 10jähriger Knabe quälte sie und ein 4jähriges Mädchen mit allerlei Unarten, die ihm mehrere Ohrfeigen und Rippenstöße von der Mutter zuzogen, nach einem volbrachten Heulen fing er die Nekkereien wieder ann, er wurde darum von uns Störenfried genant, 3 Engländer die vom großen Haufen abgesondert saßen, ergötzten sich mit uns an disen Streichen. Um 7 uhr kamen wir in Koblenz an, ein Licht wurde angezündet, und jeder schrie und suchte nach seinen sachen, der eine Engländer hatte einen Korb der dem Schiffer gehörte umgestoßen, es erhob sich also ein großes schelten über die Bullmänner, wie sie die Engländer nennen. Montags den 6ten war es sehr schlechtes Wetter, kalt und Wind und Regen, ich blieb den Vormittag zuhause und begnügte mich mit der hübschen Außicht | auf den Rhein, die mann aus den drei Schweizern hatt, und an der SchiffBrükke die zwischen Koblenz und Ehrenbreitstein hin und her geht. Den Mittag waren wir bei Görres, die nach mir zu Eurer Zeit das Eßen aus dem Speisehause holen laßen, die Wohnstube wo der Tisch schon gedekt war, macht einen hübschen Eindruk, mit den vielen Bildern, Görres hatt mir recht gut gefallen, nicht auf den ersten anblik, je länger mann ihn

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aber siht, und sprechen hört desto beßer gefält er, Ruhig, Fest, und doch Lebendig. Sophie Görres ist ein sehr nettes Mädchen, sie hatt mir am besten gefallen, die Frau macht einen eignen Eindruk, ich kann nicht sagen daß sie mir Mißfiel, es war mir aber doch ganz wunderlich mit ihr, sie schien mir so was leichtes jugendliches zu haben, als ob ihr alles Gleichgültig sei, und doch war sie freundlich und gesprächig, wuste überhaubt von allem bescheid worüber die Männer sprachen, von König, Prinzen und Ministern, wuste sie allerlei Lustige Geschichtchen, kurz ich wuste nicht recht was ich aus ihr machen solte, bis der kleine Lange (wie er in Frankfurt genant wird) mich ins klare brachte, der mir sagte sie mache sich gar nichts aus Frauen, und bekümmere sich überhaubt nicht viel um ihr Hauswesen, ihr größtes Vergnügen sei sich den Abend auf den Soffa hinzustrekken, und was kluges sprechen zu hören. Das Wetter war hell geworden und so gingen wir noch spaziren, bestigen die Festung Ehrenbreitstein woran sehr gearbeitet wird, gingen auf die Moselbrükke und ein wenig in der Stadt herum. Dinstag den 7ten war es schön Wetter, wir gingen früh aus, auf einige Höhen um die Stadt ligend, von denen die Höchsten befestigt werden, und wo mann überall die schönste Außicht hatt, kamen um 11 uhr zuhause, frühstükten etwas und | fuhren dann über ann das jenseitige Ufer, wo ein kleiner Fußstieg nach einem hübschen Dorf dicht am Rhein ligend führt, wo ein alter wunderlicher Mann Wohnt, ein Herr Kannonikus Unbescheiden, ein alter Herr der vor 15 jahren als die Franzosen kamen Hauß und Garten in Koblenz um jeden Preiß verkaufte, an das rechte Rheinufer zog und nur wider herüber kam, als [nur] einmal als er etwas bezeugen solte. Hir in Pfaffendorf hatt er sich nun unten an einer Schlucht zwischen 2 Bergen ein Haus gebaut, mit Hof und Ställen, in der Schlucht herauf bis auf den Berg hatt er sich den wunderlichsten Garten und Weinberg angelegt, und einst alles mit eigner Hand gemacht, Felsen gesprengt, und Bäume gepflanzt, kleine Waßerfälle und Springbrunnen angelegt, bald steigt man ein par Stufen herauf wo ein klein gartenhaus um eine große Thränenweide gebaut ist und von ihr Beschattet wird, dann ligt eins wieder tief im Grunde, nun hatt er wieder auf einer Höhe einen Felsen behauen worauf er disen Herbst ein Häußchen Bauen will, kurz der Garten siht ganz feenhaft aus, der alte, einige 60jährige Mann wandelt auch wie ein kleiner Erdgeist drinn herum. Noch viel zauberhafter siht aber seine Stube aus es ist ein großes Zimmer, mit 2 großen Fenstern die er gleich öfnet wenn man herein tritt, und wo mann die schönste Außicht hatt die sich denken läst, den Rhein unter | sich und zur seite, Koblenz gegenüber mit den schönen Höhen die es umgeben, die wände des Zimmers sind ganz überzogen, mit

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Brief 4415

KupferBildern, und Altertühmern aller Art, Dolche Meßer, Bogen, Römische Antike sehr schöne Steine, und viele viele andere sachen, nun hatt er wenigstens 16 Spigel, kleine und große sehr listig angebracht, so daß mann die Außicht aus den Fenstern in jedem Spigel auf eine andere art hatt, dis alles zusammen macht sich aber so ungeheuer Zauberhaft daß ich einen halben Tag hätte da bleiben und alles besehen mögen. Den Mittag waren wir beim Kramsvogel Schulz, der recht dick geworden ist, seine Frau gefält mir beßer als er, sie haben einen kleinen nidlichen jungen von 8 jahren, Klausewitzens waren auch da, und wir waren bis gegen abend recht vergnügt zusammen. Klausewitz hatt mir s e h r gut gefallen. Den Abend im Wirthshause sahen wir bei Tisch unter den mit dem Postschiff angekommenen Fremden, Klensen, der mit Lüke zusammen Wohnt, er ging nach Köln, versprach uns auf dem Rükwege in Bonn zu uns zu kommen und disen Brif mit zu nehmen, der aber nicht fertig war als er gestern kam. Mittwoch den 8ten früh fuhren wir mit dem Postschiff bis Neuwied, wo wir den Tag bleiben wolten, hir sahen wir Lange der in Geschäften hir war, die Frau hatte ich in Koblenz einen Augenblik gesehen, sie hatt einen kleinen jungen von 6 Wochen, und ein kleines allerlibstes, Braunlokkiges Mädchen von 2 jahren, sie läst die alte Lotte | grüßen, in Neuwied wolten wir eigentlich die sachen sehen, die der Prinz uns von Brasilien mitgebracht hatt, es war aber noch nicht ausgepakt, und ein Menschenfreßer den er auch mitbringt, noch nicht angekommen, auf disen war ich sehr begirig gewesen, wie ihr wohl denken könt. Es war schönes Wetter aber Kalt, wir machten einen hübschen Spazirgang mit einem alten Philister, Meier, ehemaliger Hofmeister der Söhne des Grafen Solms Laubach, die jetzt in Berlin sind. Bei Tisch sahen wir ein feines Mänchen, Herrn Hofmann, Römischer Altertümer Sammler, sonst Haubtmann bei der Attellerie, Herausgeber der Brife des Geblibenen Prinzen von Neuwied. Den Nachmittag machten wir nur einen kleinen Gang in den Schloßgarten, weil ich den Vormittag einen Schmerz ins rechte Knie bekommen hatte der mir das gehen sehr schwer machte, hernach als Arndt einen Besuch beim kleinen Profeßor Oken machte (der hir war um die mitgebrachten sachen zu ordnen) fing ich diesen Brif ann, der nun hir in Bonn geendigt wird. Donnerstag den 9ten fuhren wir früh um 8 uhr in einem kleinen Nachen nach Andernach, wo wir in einer halben Stunde ankamen, ein gutes Früstük von Braten, Brodt und Wein einnahmen, und uns dann auf den Weg machten, nach dem eine gute Meile entfernten Kloster Lach und See, 159 war] folgt ))war**

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das Wetter | und die Gegend waren so himlisch, daß ich die Wanderung trotz meines Knies unternahm, diser Tag war auch der schönste auf der ganzen Reise, über die Höhen der Berge gingen wir einen kleinen Fußsteig, durch dikken Buchen und Eichenwald, der das schönste Frühlings Grün hatte, zuweilen kamen wir an stellen wo mann die herlichste Außicht auf Berge und Tähler hatte, so ging es immer fort, bis mann endlich im dichtesten und grünsten Walde von einer Höhe herabsteigend im Tahle rings von bewachsenen Bergen eingeschloßen, den See dunkel Blau Wogen siht, ich habe so was Schönes noch Nie gesehen, der See ist eine kleine halbe Meile lang, ihm zur Linken, rechts die dichtesten Eichen und Buchen, geht mann bis ans alte Kloster, welches am andern ende des Sees ligt, hir ließen wir uns etwas Butterbrodt, Wein und Milch geben und Ruhten, denn mein Knie und Bein taht sehr Weh. Die Wirthsleute sind hir überall sehr freundlich und gesprächig, der Wirth kömt gewöhnlich gleich zu einem und führt das Gespräch, sehr gerne wolten sie immer wissen wo mann her ist, hir kam auch bald der Mann bald die Frau, sie waren hir | wie überall voll von des Kronprinzen Liebenswürdigkeit, der Mann sagte sehr Lobend, er sei so Gemonn (gemein) desto verdrißlicher ist mann über des Königs Brummigkeit, Frau Heidel die eine gebohrne Preußin ist hatt viel darüber zu Leiden, sie erzählte neulich sehr komisch, wie der König als Kronprinz auf einer Reise auch sehr Freundlich gewesen sei, die Mädchen die ihm Blumen gebracht damit geworfen habe, Sie möge es aber gar nicht erzählen, mann könte sonst denken diser Kronprinz würde auch ein so Mürrischer König werden. Nun wir gingen also von Lach einen andern Weg zuhause, wo wir die Berge Links hatten, rechts fruchtbare Felder, im Abendschein sah alles Wundervoll aus, hätte mein Bein mich nicht sehr geschmerzt so wäre ich ganz Seelig gewesen, denn es war ein zu schöner Tag. Wir kamen um halb 8 uhr in Andernach an, fanden in der Wirthsstube eine Geselschaft von Männern und Frauen die auch von Lach gekommen waren, sie gingen bald fort, bis | auf 2 Mädchen, die uns sehr gut gefielen, sie waren still und Einfach. Den andern Morgen als den 10ten fanden wir uns in der Warmen Wirthsstube auf das Postschiff wartend wieder ein, unsere beiden Mädchen von gestern waren auch da, sie fingen ein gespräch mit uns an (Arndts nahmen hatten sie gehört) indem sie sich nach Mühlenfels erkundigten, so kam es dann heraus daß sie Stein hißen, und die eine warscheinlich seine Braut ist, ich glaube ich habe sie errathen, denn die Nichtbraut führte das Wort wenn von Mühlenfels die Rede war. Sie machten eine Fußreise, mit ihrem Bruder und seinem Freunde, Knaben von etwa 15 bis 16 jahren, waren den Tag vorher von Bonn gekommen, das Siebengebirg bestigen, und so über Kloster Lach nach Andernach ge-

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kommen, gingen nun disen Morgen nach Neuwid, wo sie den Tag bei Verwanten bleiben wolten, und dann wieder in die Berge wandern, wo ihr Vater beim Bergwesen angestelt ist. Es war mir sehr Intereßant so unverhoft dise Mädchen zu sehen, die durch Mühlenfels | von uns allen wusten. Um 10 uhr kam das Schiff, es war sehr voll, des schönen Wetters wegen war fast alles oben auf dem Verdeck. Ein Preusischer Ofizir von der recht Aechten art führte das Wort, und muste von einer Kölnerin mit der er sich Nekte manche bittere Wahrheit einstekken. Recht ergötzlich waren ein Schwede und ein Engländer, der Schwede seit zwei jahren für ein Handlungshaus auf Reisen nach allen 4 Weltgegenden hinn, hatte von allen Sprachen etwas abgekrigt, darüber aber sein Schwedisch auf beinahe verlernt, Sprach das Allerlächerlichste Deutsch, sehr Komisch war es ihn mit dem Engländer zu sehen, mit dem er sich gar nicht verständigen konte, auch waren sie die vollkommensten Gegensätze die mann sich denken kann, der Schwede Blond, ein starkes, freundliches und Gutmüthiges Gesicht, Groß und Breitschultrig, in einem Blauen Rok, über den er einen breiten ledernen Gurt Geschnalt hatte, der Engländer, klein, dünn, und Schwarz, daß mann ihn für einen Franzosen hätte halten können, er glupte ganz Wunderlich aus seinen dunklen Augen | hatte 2 Rökke ann und noch einen großen Kalmuk Mantel darüber, den er als es Warm wurde dem Schweden durchaus umhängen wolte. Die beiden waren sehr Lächerlich und Ergötzten die ganze Geselschaft, so fuhren wir Lustig bis Bonn, wo wir gegen 8 uhr ankamen welches ihr in Lottens Brif den ich heute abgeschikt habe Lesen könt. Gebt dise Blätter doch ann Schedens, wenn ihr sie nehmlich entziffern könt, aber mit der ernstlichen Bitte ja keinem Menschen weiter etwas davon zu erzählen, denn die Leute sind ja ganz Toll mit Zeitungsartikeln über uns, Arndt ist schon ganz Böse darüber. Gestern war Klensen von Köln zurük kommend einen Augenblik bei uns, er Versprach zu Euch zu gehen und Euch zu sagen daß er uns gesehen habe. Ich habe heute einen recht einsamen Tag, Stein kam hir durch, und ließ Arndt zum Mittag holen, hernach ging Arndt noch nach Köln, wegen seiner Bücher, ich habe allerlei eingekauft, unter andern einen Hut Zukker, den ich gegen abend an Lotte denkend mit einem Hakkemeßer und | einer Zukkerschere klein gemacht habe, nun sitze ich hir in meiner kleinen warmen Stube, bei einer Taße The und schreibe dis, Morgen habe ich noch viel herum zu laufen und Einzukaufen, um meine Wirtschaft einigermaßen in ordnung zu krigen, vilerlei ist hir gar nicht zu haben, überhaubt ist es hir sehr wie in einer kleinen Stadt in Schlesien, sehr lächerlich ist es wie ich es anstellen muß um mich mit den Leuten zu verständigen, ich muß sehr Acht geben um sie zu verstehen, und mich ihnen verständlich zu machen, mein Mädchen die aus dem Bergischen, also eine Protestantin ist,

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spricht ein bischen deutlicher, doch sind die Leute alle sehr gutmüthig und freundlich, recht wunderlich sehen die Frauen auf den Straßen aus, sie haben große Kattune Mäntel um, die Kappe ist über den Kopf gezogen, und sitzt, da vorne ein Fischbein hinein genäht ist, wie ein Hut, der Weißkohl heist Kapbes, noch lächerlicher ist es mit dem Gelde, das ein | Stüber 2 F e t t m ä n c h e und 4 F ü c h s e hatt habe ich endlich begriffen, was aber ein Blaf ist habe ich noch nicht ergründet. Ein schwarz Brodt (beinahe wie unser Kommiß Brodt) kostet 18 Stüber und a Fettmänche, ein grau Brodt (sehr weißes Roggenbrodt) 6 Stüber, ein weißbrodt, wie bei uns ein Milchbrodt 1 Stüber, der kleine Tahler hatt 60 Stüber, der große oder Brabanter Tahler, hatt 2 kleine oder 120 Stüber, ihr seht also daß Brodt hir Theuer ist, Zukker und Kaffe aber ist Wohlfeiler als bei uns. Morgen gegen Abend kömt Arndt wieder, und Uebermorgen kömt Karl Treu, worauf ich mich sehr freue, auch denke ich übermorgen so weit zu sein um selbst Kochen zu können, worauf ich mich sehr freue, doch scheine ich dazu gebohren zu sein Mädchen im Kochen einzuüben, denn hir Kochen sie nun wieder so wie wir es beide nicht mögen, das Gemüse so faade und mager daß es nach gar nichts schmekt. Nun Lebt Alle herzlich Wohl, Grüßt und Küßt mir meine Süßen Kinder Tausendmal, sobald ich ein wenig in Ruhe binn | werde ich an Sie schreiben. Ist Jette glüklich angekommen? und wie ist sie? Was macht Ehrenfrid, ist er wieder zuhause? Grüßt auch die großen Kinder, die lieben Reimers sehr herzlich, und alle andren Freunde, sobald mein Haus nur etwas mit Gardinen und Sopha Ueberzügen versehen ist schreibe ich an alle denen ich es versprochen. Ist Ludchen in Berlin so grüßt sie aufs Beste. Der Alte Sak ist ja Todt. Lebt herzlich Wohl, und denkt daß ich mit Sehnsucht auf Brife warte, es sind ja 4 Wochen daß ich fort binn, und weiß gar nicht wie es Euch geht. Nanna Wilhelm Scharnerhorst, ist aus Schlesien zurück kommend, auf ein par Tage hir, er ist dick geworden sonst aber der alte, wir waren gestern Abend mit ihm zusammen bei Dohnas.

*4416. Von Henriette Herz. Florenz, Ende September/Anfang Oktober 1817 266 daß] das *4416. Erschlossen aus Brief 4485 vom 13. 12. 1817 von Bekker. Henriette Herz traf am 11. 10. 1817 von Florenz kommend in Rom ein, ihre Briefe aus Florenz an Schleiermacher und dessen Umkreis muss sie kurz vorher geschrieben haben.

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*4417. An Johann Jacob Nizze. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817

4418. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Sonnabend, 11. 10. 1817 Denenjenigen Herren Synodalen, welche bei der Versammlung vom 7ten dieses nicht zugegen gewesen, beehre ich mich die Verhandlungen des Tages zur gefälligen Kenntnißnehmung ergebenst mitzutheilen mit der Bitte sie mir mit Ihrem vidi nach erfolgter Circulation gütigst zurükzusenden. Die darin erwähnte Abhandlung des Herrn Predigers Herzberg hat Herr OberConsistorialRath Hanstein mir nicht mit zugesandt; sie wird aber auf Verlangen von diesem zu erhalten sein. Schleiermacher 11/10.

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4419. Von Friedrich von Schlegel. Frankfurt am Main, Sonnabend, 11. 10. 1817 Frankfurt, den 11ten Oktober 1817 Werthester Freund, Ich habe Deine Schrift über die Synodalverfassung mit dem größten Interesse gelesen und mich sehr darüber gefreut. Wenn das freundschaftliche Gespräch so lange unterbrochen war, so fängt man am besten mit dem nächsten an; und ich nehme also eben daher die Gelegenheit, Dir die einliegende Ankündigung zu senden und Dich zur Mitwirkung einzuladen, da ich mich sehr freuen würde, wenn Du Antheil daran nehmen und mir über die protestantischen Kirchenangelegenheiten oder auch über irgend *4417.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4408 vom 29. 9. 1817.

4418. Überlieferung: H: BBAW, SN 469, Bl. 1. Mit dem Protokoll der Kreissynode vom 7. 10. 1817. Mit dem „vidi“ mehrerer Synodaler abgezeichnet. 4419. Überlieferung: H: BBAW, SN 373/5/1, Bl. 20 f.; D1: Br 3, S. 436 f.; D2: Kritische Friedrich Schlegel-Ausgabe 29, S. 370 f. Mit der Ankündigung einer neuen Zeitschrift. 6 eben] mit Einfügungszeichen über der Zeile

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einen andern Dir angelegenen öffentlichen Gegenstand Deine Gedanken mittheilen und übergeben wolltest. Die jetzigen Vorgänge in der protestantischen Kirche sind mir in hohem Grade wichtig, und ich möchte wohl mit Dir darüber reden können. | Die Verfassung, die man der Kirche jetzt zu geben (oder neu zu beleben und organischer zu gestalten[)] sucht, wird auch für die Staaten und für ganz Deutschland von sehr wichtigen Folgen seyn. – Die Regierungen werden glaube ich, immer zum Episkopalsystem neigen; das könnten wir wenigstens recht gern sehen und es würde auch selbst für die bürgerliche und ständische Verfassung manches Gute darbieten, wenn Hoffnung wäre, daß es so verständig eingerichtet würde wie in Schweden. Für ein wahres allgemeines Nationalunglück aber würde ich es halten, wenn die heillose anglikanische Kirchendespotie bey den Deutschen Protestanten Nachahmungsversuche hervorlockte; und wenn man vollends aus Instinkt der Herrschsucht dem schönen Institut einer dirigirenden heiligen Synode sich annähert, so ist eine so starke Opposition, wie die Deinige recht erwünscht und nothwendig; | da ich übrigens auch ganz consequent finde (obgleich für mich andern Grundsätzen folgend) wenn Du mehr zu den presbyterianischen Grundsätzen einer wahrhaft r e p u b l i k a n i s c h e n Kirchenverfassung hinneigst. – Doch diese und andre Gedanken, welche sich mir beym Lesen Deiner Schrift erneuerten, müßten im Gespräche mitgetheilt werden und nicht in einem kurzen Briefe. – Laß doch einmal wieder etwas von Dir hören, und theile mir auch mit, was Du sonst etwa neuerdings geschrieben hast, oder woran Du arbeitest. Ein vornehmer Preußischer Staatsmann hat gesagt, Wilhelm habe einen Ruf nach Berlin erhalten. Ich muß aber wohl bezweifeln, daß es wahr sey, da ich gar nichts weiter davon höre. Weißt Du etwas darüber, so theile es mir gefällig mit, und erhalte mir Dein freundschaftliches Andenken Dein Freund F Schlegel Meine Frau grüßt Dich aufs beste und empfiehlt sich Deinem Andenken verte | Hast Du wohl das Werk von S t o u r d z a gelesen (Considerations sur l’Eglise orthodoxe)? – Mir ist einleuchtend, daß hier ein Fall ist, wo die Deutschen Protestanten und Katholiken ein gleiches Interesse haben, und 13 können. |] folgt )Die Regierungen in* 15 für ganz] mit Einfügungszeichen über der Zeile 17 glaube ich,] mit Einfügungszeichen über der Zeile neigen;] folgt )dage* 19 daß] mit Einfügungszeichen über der Zeile 20 f allgemeines] mit Einfügungszeichen über der Zeile 24 Herrschsucht] folgt )zu* 40 verte] am rechten Rand 42 daß] folgt )die* 43 f und … sie] mit Einfügungszeichen über der Zeile

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Briefe 4419 – 4421

daß sie gegen dieses gefährliche und wahrhaft greuelhafte Beginnen (was s c h o n j e t z t hervorzutreten wagt) gemeine Sache machen sollten. Ich bin sehr begierig wie die Ersten unter den Protestanten diese Sache nehmen werden und wünschte sehr Deine Meynung darüber zu wißen. Du würdest mir einen Gefallen erzeigen, wenn Du mir darüber mittheilen wolltest.

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4420. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 13. 10. 1817 Indem ich Ihnen mit Kasten die Dogmatik und die Schuhe schike ohne Ihnen jedoch die Dogmatik in die Schuhe zu schieben – kann ich nur mit ein paar eiligen Zeilen Ihnen für Ihre Sendung danken. – Schon in der Zeitung habe ich mich gewundert, daß Ihre Synode in so wenigen Stunden fertig geworden ist, und war begierig zu hören wie Sie das angefangen. Nun merke ich freilich daß Sie den Synodalentwurf nicht so genau durchgenommen wie ich wenigstens von einer solchen Synode erwartet. Ein Paar Punkte thun mir besonders leid, nemlich daß Sie nicht dagegen protestirt daß die Superintendenten allein die Provinzialsynode bilden und daß Sie nicht besonders bevorwortet, daß zu dieser die Professoren der Theologie zugezogen werden sollten. Man darf doch die Facultäten nicht so ganz von der Kirche trennen, auf die GeneralSynode werden hoffentlich wenig|stens Deputirte von ihnen berufen, allein diese müssen sehr wenig unterrichtet sein, wenn sie nicht auf den Provinzialsynoden gewesen. Ich wünschte daß von jeder Universitätsstadt diese Petition einkäme. – Ihre Art zu stimmen hat etwas gutes aber sie ist sehr langweilig denn ich sehe nicht ein wie nicht auf diese Art über jede bedeutende Frage dreimal müßte abgestimmt werden. – Bei uns ist denn auf einer vom Consistorio unter Hekers Präsidium veranstalteten allgemeinen Versamlung die Vereinigung der ganzen deutschen Berlinischen Geistlichkeit zu Einer Synode beschlossen, und ohnerachtet ich in der Minorität war bin ich doch hernach mit einer bedeutenden Stimmenmehrheit zum Praeses gewählt worden. Aber unsere Versamlung ist bis zum 11ten November ausgesezt weil fast alle glaubten bis zum Reformationsfest keine Zeit zu haben. Nun können wir außer dem 4420. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 224–225 (gekürzt). Mit einem Manuskript zur Dogmatik und Schuhen (vgl. zu den Schuhen Brief 4398 Z. 16–21 vom 15. 9. 17). 2 schieben] korr. aus schaffen

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Synodalentwurf auch noch die Königliche Aufforderung zur Union in Berathung ziehen. Was sagen Sie denn zu dieser? Der gute | König will die Sache gar zu sehr übereilen. Einen Schritt hatten wir schon ehe diese Botschaft erschien beschlossen nemlich eine gemeinschaftliche Communion am Reformationsfest, wobei Brodt gebrochen wird und rein biblische Worte zur Distribution gebraucht. Ueber diesen Schritt soll hernach eine öffentliche Erklärung an die protestantische Kirche gedrukt werden. Doch dies lassen Sie noch unter uns bleiben Meine Reformationsrede ist noch in weitem Felde; einmal habe ich 2 Seiten geschrieben und seitdem bin ich nicht wieder dazu gekommen. Ich werde nun als Praeses auch die Synodalpredigt zu halten [haben] und bin also recht mit Feierlichkeiten überschüttet – ganz gegen meinen Wunsch und meine Natur. Auch die Todesanzeige unsres seligen Bischofs habe ich müssen aus meiner Feder fließen lassen. Nun Gott befohlen grüßen Sie alle Freunde auf das herzlichste – Schleiermacher 13/10

4421. Von Margarethe Amalia Baier. Bobbin, Montag, 13. 10. 1817 Bobbin den 13ten Oc 1817.

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Theuerster Freund Von Ihrem und Ihres Hauses Wohlsein auch von der freudigen Veränderung durch neuen Zuwachs Ihrer Lieben, und durch die Verbindung Ihrer lieben Schwester ist mir Kunde geworden. Ich habe herzlichen Antheil genohmmen. Wie es denn die Art der Alten ist, sie [haben] PmehrS PerfahrungenS, wollen immer noch mehr erleben und es widerfährt ihnen große Gnade wenn der Abend des Lebens ihnen auch noch durch das Glück der Freunde gesegnet wird. Gott erhalte Ihnen auch die Kleine Maid. Der lieben Nanni gebe er im neuen Bunde mit unserm würdigen Arndt Glück und Seegen. Ihnen theurer Freund Gesundheit sich zu erfreuen an all dem Guten | das Sie mit Geist und Hertz selbst dazu lenken. Auch Ihrer lieben Frau geth es wohl. Sie weiß wie lieb ich sie habe und mich also deßen 4421. Überlieferung: H: BBAW, SN 249, Bl. 1 f. d 23t. Octobr" 8 ihnen] Ihnen

Beantwortungsvermerk: „beantw.

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Briefe 4421 – 4423

herzlich freue. Sie wißen daß ich von zwy schweren Krankenlagern und aus großer Schwachheit wieder erstanden bin mir ist große Gnade wiederfahren! Möge ich sie zum Heil anwenden. Ich möchte einmal Ihre Hände faßen Ihnen die freudige Wehmuth auszudrücken mit der ich meine Genesung Preise. Unser Ernst Frank wird spät im Herbst von Heidelberg zurück kommen, wir dürfen hoffen daß er dort seine Zeit gut angewand, und da freue ich mich herzlich ihn wiederzusehn. Wie es aber gewöhnlich den Jungen Männern geth wenn sie von der Universität kommen, da ist denn noch keine weitere Aussicht für sie, ist sehr | ungewiß und im Dunkel wie es ihnen gehn wird. So habe ich auch oft gedacht: Was Ernst denn nun sollte? Ein Gerücht daß der Preusische Prinz August auf sehr vortheilhafte Bedingungen einen Lehrer für seine Kinder sucht hat auch aufmerksam gemacht ob dies vieleicht eine Stelle für Ernst werden könte. Von den Verhältnißen und Umständen, welche diese Stelle errschweren, und unangenehm machen habe ich auch gehört, doch meine ich: darin möchte sich ein vernünftiger Mensch würdig erhalten können, und ich frage Sie theurer Freund. Ist etwas an dieser Sache? Rathen Sie dazu? Können Sie etwas dazu tuhn? so bitte ich Sie, zu erwegen, und zu helfen, und mir Nachricht von Ihrer Meinung zu geben. Kein Mensch weiß daß ich an Sie schreibe selbst die Aeltern sind nicht | auf Ernst verfallen, ich beschloß gleich wie ich das Gerücht erfuhr mich an Sie zu wenden ich weiß Sie werden auch aus Freundschaft für mich, darin nach Ihrer Ueberzeugung handeln. Ich habe Ernst sehr lieb, möchte gern daß er bald an einen Ort, auf eine Stelle kome, wo er seiner Geistigen Ausbildung in die Nähe und unter den Augen würdiger Männer vervolkomnen kann. Darf ich Sie bitten Reimer meinen herzlichen Gruß zu versichern, und besonders auch ihrer lieben Frau sagen Sie freundliches von mir Ihre treu Ergebene Baier. Minchen und ihr Kind leben bei mir. Minchen gemahnt immer mehr und mehr an ihren Schmerz. Das Kind ist ein recht liebliches Mädchen, dem Vater sehr aehnlich. Ist unseres Hauses Freude. Die Mutter wie auch Franks und Hanchen – wüßten sie daß ich an Sie schreibe[, ließen] Sie wieder herzlich grüße.

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4422. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Dienstag, 14. 10. 1817

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Herrn E. F. Schleiermacher. Im Begriff nach Köln zu reisen meiner ersoffenen Bücher und anderer Geschäfte wegen ermahne ich mich und meine Nanna der Pflicht wenigstens einen Laut des Lebens von uns zu geben, damit ihr nicht glaubt, daß wir im Rhein geblieben sind. Nein, es ist schon der fünfte unsrer Bonner Tage; wir sind aber bisher noch rechte Babel[sche] Verwirrungsräthe gewesen und werden es die nächsten zwei Wochen auch noch wohl bleiben, bis sich das Leben mit Tischen Stühlen und Bänken ein wenig zur Ordnung setzt. Übrigens sind wir gesund, und wie es mir däucht gefällt es uns beiden ganz gut im heiligen Ehestande. Hier sende ich Dir ein Papierchen, | das du aufbewahrst. Der liebe Gott wird es ja so fügen, daß es ruhig vermodern kann. Die lieben Hausgenossen und alle Freunde grüße. Gegen Ende des Monats werde ich allen schreiben, auch Reimer wegen einiger nach der Preße seufzender Embryonen meines Herzens und Gehirns, wenn ein böser Dämon sie anders nicht im Keime todtschlägt. Grüße lieb Weib und alle Kinder von mir und Nanna recht innig, küße und segne auch von uns die kleine knospende Wiegenhoffnung. Dein EM Arndt Bonn den 14n Okt. 17.

4423. Von Henrich Steffens. Breslau, Mittwoch, 15. 10. 1817 Breslau. den 15 Octbr. 17 Lieber Schleiermacher! ich bin seit 3 Wochen wieder zu Hause und hätte freilich schon lange deinen lieben, langen Brief beantworten sollen; aber weil ich es doch nicht so kurz und eilig thun wollte, weil ich bei meiner 4422. Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 34; D: Arndt: Briefe 1, S. 591. Papierchen 4423.

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Überlieferung: H: BBAW, SN 396, Bl. 78–85; D: Br 4, S. 225–228 (Auszüge)

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Zurückkunft manches vorfand was mich auf eine störende Weise beschæftigte, und besonders durch einen Besuch der Alberti’s aus Schmiedeberg die 8 Tage bei uns zugebracht haben und erst gestern wegreisten, gestöhrt wurde, so hat es erst jezt geschehen können. Dein Brief hat mir um so grössere Freude gemacht, da er recht heiter scheint und ich hoffe, dass deine Reise nach Thüringen, die du, wie ich weiss, wirklich mit Blanc gemacht hast, deine Heiterkeit noch vermehrt hat. Ich freue mich, mit dir, über die glückliche Ankunft deiner neuen Tochter, und dass alles so gut gegangen. In meinem Nahmen wirst du deine gute Jette Glück wünschen. Es ist doch ein grosses Glück mehrere Kinder zu haben, wenn es auch nur Töchter sind. Obgleich ich dir nicht auf deine schöne, freundliche Einladung Pathe deines Kindes zu seyn, antworten konnte, hoffe ich dennoch, dass du mein erzwungenes Stillschweigen als Annahme betrachtet hast, und dass ich wirklich in einer Art religiöser Verwandschaft mit dir gekommen bin, die mir unendlich angenehm sein würde. Nun bitte ich mir auch den Nahmen meiner Pathin aus. Gott gebe ihr | Heil und Segen und lenke es so, dass ich ihr irgendwie auf eine trostreiche und heitere Weise erscheinen mag. Ich habe nun auch einen Sohn, du wirst ihm, denke ich schon gesehen haben. Es ist mein Brudersohn, ein heiterer, äusserst gutmüthiger achtjähriger Knabe, der zwar durch die Krankheit seiner Eltern, die beide gestorben sind, etwas vernachlässigt ist und bis jezt fast gar nichts gelernt hat, aber einen lebhaften, guten Kopf zeigt. Mit Gottes Hülfe soll er ein tüchtiger Junge werden. In Naturwissenschaft, Geschichte, Geographie und vor allem in Religion werde ich ihm, wie Clärchen, selbst unterrichten. Mir macht er schon jezt viele Freude, Hanne liebt ihm, wie eine Mutter und zwischen Clärchen und den Jungen hat sich ein so schönes und freundliches Verhältniss gebildet, dass sie sich gar nicht entbehren können. Die gröste Schwierigkeit war seine gänzliche Unwissenheit in der deutschen Sprache, die allen Unterricht unmöglich machte, dann meine Reise. Hanne war, wæhrend meiner Reise in Schmiedeberg und der recht geschickte Lehrer der Alberti’schen Kinder beschæftigte ihm wæhrend der Zeit. Das Deutsche hat er zum Verwundern schnell gelernt, aber leider das Dænische vergessen, was doch nicht sein darf. Indessen muss ich doch noch einige Zeit hindurch so hingehen lassen um ihm nicht ganz irre zu machen. Diesen næchsten Montag soll er anfangen die Schule ordentlich zu besuchen. | Ich reiste schon den 20 Julii, mit Urlaub, von hier ab, traf in Hirschberg mit Landrath von Schüz, einer Verabredung in Zibingen gemæss, zusammen, und reiste mit ihm nach Carlsbad. Hier blieb ich 3 ½ Woche und habe den Sprudel nach allen Regeln gebraucht. In Carlsbad traf ich Arnim,

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den herrlichen Dr. Meyer, den ich unendlich lieb gewonnen habe. Diese beide, Schüz, ich, Staatsrath Rehdiger, der kurz nach mir ankam, und eine Zeitlang Major von Eichler, der den Kriegsminister begleitete, kamen alle Tage zum Frühstück zusammen. Das Frühstück nach dem Brunnentrinken ist in Carlsbad der Hauptgenuss, und das fröhliche Zusammenseyn mit Menschen, die, jeder auf seine Weise, zu den bedeutendern gehörten hatte etwas Erheiterndes und Frisches, so dass wir alle jene Stunden zu den glücklichsten zæhlen müsten. Den Mittag brachten wir bald hier, bald da, in Verbindung mit andern zu, und es dauerte nicht lange bis man sich zu unsern kleinen Cirkel, der doch leicht in Carlsbad der interessanteste sein dürfte, anzudrængen suchte, so dass uns an einer guten Compagnie, auch an Frauen, nicht fehlen könnte. Dazu kam noch das fortdauernd schöne Wetter, welches uns erlaubte, in Meyers Wagen, schöne Lustfahrten vorzunehmen. In der That denke ich an meinem Aufenthalt | in Carlsbad nie ohne Freude, und innerlich wie äusserlich erscheint er mir in fortdaurendem hellen Sonnenschein. Ein so heiteres Leben musste meiner Gesundheit wohl förderlich seyn. Das einzige was einen Schatten auf unser fröhliches Zusammenseyn warf, war Stollbergs Tod – ihm, den Constantin und seinen Bruder Anton hatte ich wæhrend des Feldzuges kennengelernt und beide sehr lieb gewonnen. Stollberg war schon so krank, dass ich ihm gar nicht sprechen konnte, und als nun Anton ankam um seinen todtkranken Bruder zu pflegen, als wir alle Mittag mit ihm, mit seinen Schwager Reck und mehreren seiner Verwandten und Befreundeten assen, als in den lezten bedenklichsten Tagen Meyer Stollbergs Arzt ward, musste sein hofnungsloser Zustand uns umso quælender werden, da wir zuweilen durch einen vorübergehenden bessern Anschein getäuscht wurden. – Schüz wollte nach München reisen und ich konnte die Versuchung ihm dahin zu begleiten nicht widerstehen. Das Jahr schien dazu bestimmt mich mit meinen Freunden wieder zu vereinigen. Einen Tag brachte ich in Eger sehr angenehm zu. Schon in Carlsbad traf ich mit Hardenbergs Sohn aus Dennemark, den ich von daher kannte zusammen, und kam ihm selbst dadurch næher. Es hat von seiner Seite nicht an vielen Versprechungen gefehlt, und Koreff will mich, wie immer, vorzüglich protegiren. In Eger war | auch die Bombelles, sonst Ida Brun, die Tochter der Dichterin, ein lächerliches Weib, und Graf Holk, Hardenberg Rewentlows Schwiegersohn, mein alter Freund und Bergers Schwager. Diese luden uns des Abends ein, der Arzt Pöschmann veranstaltete, meinetwegen, ein schönes Diner und mehrere Gäste, die mich als Philosophen, Naturforscher oder Patrioten liebten hatten sich vereinigt mir den Tag angenehm zu machen. Dergleichen ist doch,

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wir sollten es uns nicht heuchlischerweise ableugnen, sehr angenehm. Ich war sehr heiter und da man meinen Rath wegen der Fassung der Quellen forderte, die in einen Moor auslaufen, da man mich nach den Kammerberg, jenen wunderseltsamen Vulkan, den ich schon seit vielen Jahren kannte, hinführte, gerieth ich in einer Art von Begeisterung und hielt einen Vortrag, an Ort und Stelle über die ganze Formation der Gegend, umgeben von andächtigen und gläubigen Zuhörern. Wir reisten durch den Napgrund nach Regensburg, wo mir die Gemæhldesammlung des alten Fürsten von Emmeran, und der Naturforscher und Mönch Heinrich besonders interessant waren. Von da nach Landshuth. Kaum hatte man hier meinen Ankunft erfahren, als eine Menge Professoren sich versammelten und mich den ganzen Tag freundlich umgaben, Walther, ein eifriger Anhænger, Röschlaub, der mich seit langer Zeit liebt, mein alter | Freund Stahl, der Chemiker Fuchs, der blasse Ast, eine traurige Figur, vor allem aber der herrliche Sailer – Er kam nicht von meiner Seite, ein so frommer, heiterer, lustiger, gemüthlicher Greis, dass er nothwendig einen jeden einnehmen muss. Ich habe von ihm nichts gelesen, aber seine Person hat mich für ihm auf immer gewonnen. Bei Stahl brachten wir einen sehr lustigen Abend zu und den Tag darauf reisten wir nach München. Wir blieben da fünf Tage. Wie freuete ich mich hier, nach Verlauf von 15 langen Jahren Schelling wieder zu sehen. Lieber Schleiermacher! Euch beiden verdanke ich so unendlich viel, o möchtet ihr euch beide wechselseitig ganz erkennen. Mit Schelling ist es eine eigene Sache, wir sahen ihm wachsen, sich entwickeln und das Publicum sollte eine jede Stufe seiner Entwickelung theilen, manches erschien um desto gewaltsamer je unreifer es war. Aber ich habe mir nie verhehlen können, dass eine grosse, ja gewaltige Natur und ein durchaus redliches und rücksichtsloses Streben ihm auszeichnet. Das Geständniss, was ich ihm gewesen bin und wie er auch nur zu mir ein so volles Zutrauen habe, dass er seine jezigen Ansichten nur mir anvertrauen konnte, dass er sonst ganz allein steht in seiner Umgebung, hat mich um so mehr erschüttert, weil ich seine grossartige Wahrhaftigkeit kenne. | Er hat sich, und zwar nicht durch einen Sprung, sondern naturgemæss und klar zu einen tiefen reingeschichtlichen Standpunkt durchgearbeitet und sein Weltalter wird, irre ich nicht ein höchst merkwürdiges Gegenstück zu deiner Ethik bilden. Er ist ausserordentlich fleissig und seine tiefe Gelehrsamkeit wird, selbst von seinen Feinden anerkannt – In München fand ich viele Bekannte – unter den merkwürdigsten, dessen persönliche Bekanntschaft ich jezt erst machte, obgleich ich früher mit ihm correspondirt hatte, gehört Franz Baader. Seine Augen sind gross, hell und von einer durchdringenden ja erschütternden Tiefe, aber sein Gesicht, schön, mit

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den feinsten Zügen, hat dennoch etwas, was man, wenn man nur seine Schriften kennt, gewiss nicht erwarten sollte, etwas von einen geglätteten, erfahrnen Hofmann. Er spricht unaufhörlich, ja kein Gespræch wird lästig, dennoch, wenn man sich darinn ergiebt, wird man von seiner geistreichen Art überrascht. Die Worte scheinen ihm, fast bewustlos und ohne alle Anstrengung aus dem Munde zu fallen und dennoch, wenn man sie aufhebt, sind sie nicht selten voll unergründlicher Tiefe. Im Sprechen ist er ebenso gewandt, wie ungelenk im Schreiben. Er ist voll geistreicher Einfälle, so dass es unmöglich ist alle zu erinnern. Einer gefiel mir sehr. Von den alten Goethe, wie er jezt ist, sagte er: | Er sey die Henne, die das Zeitalter ausgebrütet hat, es seyen aber unglücklicher Weise Enten, und nun, da die Jungen frisch und fröhlich herumschwimmen, stehe die alte Henne klucksend und schreiend am Ufer und könne sich gar nicht zufrieden geben. Æhnliche Einfälle folgten, wie ein Bliz aufeinander. Er lebt bei München ganz stille, geht aber alle Vormittage nach der Stadt herein, genau um 11 Uhr um Freunde aufzusuchen und ihnen einige Stunden lang vorzureden, trifft er keinen, so sucht er den ersten den besten auf der Strasse auf, dem er, mit ungläublicher Geläufigkeit die geheimnissreichsten und tiefsten Dinge anvertrauet. So führt er gleichsam ein öffentliches Leben, wie die alten griechischen Philosophen auf die Strassen von Athen. Leider ist er eben so betriebsam, wie tief, und seine irrdische Geschæftigkeit so verworren, wie die geistige. Seine oekonomische Lage ist daher ganz zerstört und zwey Welten, ohne Verbindung stören sich, trüben sich in ihm in steten Widerspruch. So ist er in manchen Unternehmungen, manchen Verbindungen gerathen, die sein Inneres zerrütten. Dahin gehören besonders seine Verbindung mit vornehme Russen, seine Hofnung, dass Kaiser Alexander die Religion | aufhelfen soll, seine Ansicht, dass die griechische Religion ein drittes bewegliches Moment abgeben müste, um den starren Gegensaz zwischen Protestantismus und Catholicismus flüssig und dadurch lebendig zu machen, seine Verbindung mit Sturza, mit den französischen Mystikern, mit den Magnetismus, seine Neigung zur wirklichen frevelhaften Zauberey. Wenn er davon anfængt wird es einem wahrhaft unheimlich zu Muthe, und kurz ich traue ihm nicht. Ich liebe den hellen Tag, mir schaudert für alles Finstere, Næchtliche und um das Christenthum zu befördern mag ich mich weder mit den Teufel noch mit Kayser Alexander verbinden. – Ein anderer war Jacobi. Er ist von meiner lezten Schrift ganz eingenommen. Er trægt es immer mit sich herum, er hat ein ganzes Heft von Noten und Bemerkungen darüber ausgearbeitet, er liesst ganze Stellen daraus seinen Freunden und Bekannten vor, auch hatte er, obgleich ich nie mit

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ihm in Verbindung war, mir ein sehr freundlichen Brief, diesen Sommer geschrieben. Ich sah ihm oft, und obgleich die Zuneigung und der Beifall eines so merkwürdigen Greises mich nothwendig rühren musste, so muss ich doch bekennen, dass sein Erscheinen, in der Mitte zweier veralteter Schwestern, die | ihm auf eine ængstliche Weise beherrschen – keinesweges erfreulich dünkte. Er hat ein schönes, ja eher zartes Gesicht, aber seine Geselligkeit ist mir zu fein, sein Gespræch zu unbedeutend und eine sehr geringe Sorte Eitelkeit bricht aus allem zu klar hervor. Auf mich macht es einen viel angenehmern Eindruck, wenn ein alter Denker starr, als wenn er brey-weich wird. Ja eine solche veraltete Flüssigkeit scheint mir stinkend und widerwærtig. Seine Schwester Lene schien mir fester, mænnlicher und auf jeden Fall bedeutender wie er. Ich sah ihm fast alle Tage – Ausser diesen traf ich Wiebeking, dessen Bekanntschaft ich schon in Carlsbad machte, Schweigger, Tiersch, Schlichtegroll, Scherer u.s.w. Leonhard, der mir seit einem halben Jahr, nach Jahrelangem Ignoriren, auf eine sehr unverstændige Weise in Schriften zu schmeicheln anfängt, und Moll, den ich nie leiden könnte, waren Gottlob nicht da. Am meisten quælte man mich hier, wie auf der ganzen Reise, mit der Mineralogie. Mit die Haaren zog man [mich] zu den verdammten Schubladen hin, da ich doch, in so kurzer Zeit, mich unmöglich mit Steine und mit der Bestimmung des kleinlichsten Details abgeben könnte. Ich musste aber daran. Die grosse Sammlung der Academie war | nach meinem Handbuch geordnet, dass musste ich wohl erkennen. Ich verfluchte meine mineralogische Celebritæt. Nun ist aber in München auch der berühmte Reichenbach, dessen – eigentlich Liebherrs – Werkstatt ich besuchte und auch für die hiesige Universitæt Bestellungen machte. Am meisten rissen mich die hiesigen Kunstschæze hin, der riesenhafte Abguss von den einen Coloss auf Montecavallo, die reiche Gemæhldesammlung. Den grösten Theil der Zeit brachte ich aber doch bei Schelling zu, und verliess ihm erst nach Mitternacht, nach so reichhaltig verlebte Tage, um gegen Morgen Augsburg zu erreichen. Diese herrliche Stadt, mit ihrer reichen, freundlichen Umgebung, hielt mich nur einen Tag fest. Ich bewunderte die Kunstschæze und fand den Stranzky, der sich als Verfasser der berüchtigten Bamberger Theses, nachdem er mich auf einer Fussreise begleitet hatte, vor 16 Jahren auszeichnete, als Medicinalrath und einen andern alten Freund, der als philosophisch-cameralistischer Schriftsteller bekannte, Seuter, als Finanzdirector. Auch hier brachte ich also Mittag und Abend unter alte Freunde, mit lieblichen Erinnerungen zu. Nürnberg | war freilich, seit kurzem, für mich so gut wie 179 seit] seid

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verödet. Hegel war in Heidelberg, Schubert in Meklenburg, Schweigger sah ich in München; aber dennoch war der gute Dr Seebek, mit seine sieben meist schöne Töchter, von welche mehrere schon heirathsfæhig sind, hier und ergözte mich, da ich die zwey Tage fast immer bei ihm zubrachte, nicht allein durch seine liebenswürdige Familie, sondern auch durch seine bedeutende und herrliche optische Entdeckungen. Er hat Farbenfiguren durch doppelte Strahlenbrechung, den Chladni’schen Klangfiguren analog, entdeckt und zeigte sie mir. Er ist einer der gewandtesten und besonnensten Experimentatoren, die ich kenne. Nicht so sehr gefiel mir Kanne. Ja er war mir zuwider. Diese Art der Religiositæt – auch in München macht sie unseelige Fortschritte, ist mir äusserst verhasst. Sollen die düstern Tage, die nach den 30 jæhrigen Krieg Sprache, Wissenschaft und Kunst vertrieben und die Nation so unglaublich versinken liessen hervortreten? Die Frechheit mit welche diese Menschen Gottes herrlichste Gaben, wie sie sich durch hochbegabte Geister kundthun, als der Hölle zugehörig, zu schmæhen wagen hat etwas unbeschreiblich Erbitterndes | in sich. Auch schonte ich ihm nicht. Schüz hat die Schwæche, wenn er einen bedeutenden Menschen irgend eine Behauptung aussprechen hört, gleich, ohne genau zu erwægen, ob es auch wirklich der Fall ist, zu sagen: das ist auch meine Meinung. Das that er auch hier, als Kanne über die Ungöttlichkeit der Wissenschaft, etwas zweideutig äusserte. Nun empörte mich seine geistige Hochmuth und ich wollte auch Schüz zurechtweisen. „Das ist nicht deine Meinung“ sagte ich und zwang Kanne zu der unumwundenen Erklærung, die Bibel sey die einzige Quelle alles Erkennens, der Mensch, von den Teufel verlockt, suche ein Erkennen auf dem eigenen Wege, und das sey die Wissenschaft, die daher aus der Hölle sey. Das war nun freilich Schüz’s Meinung. „Wer, sagte ich, so wie Sie keine Achtung weder für die Offenbahrung in der Geschichte, noch für die in der Natur gehabt, wer ein willkührliches Spiel mit dem Heiligsten, mit den wahrhaften Thatsachen getrieben, der ist zu loben, wenn die Nichtigkeit seines Strebens von ihm anerkannt wird, aber eine gefæhrliche Hochmuth verblendet ihm, wenn er von sich auf andere schliesst, und die göttliche Gabe, die in vielen Menschen ruht, verkennt. Den Menschen in das stille, fleissige Bemühen, wozu er sich berufen fühlt, irre zu | machen ist keinesweges fromm. Ich hoffe es soll Ihnen nicht gelingen. Geschæhe es aber, so könnte eine Zeit kommen, wo Ihnen das Lezte ärger dünken möchte, als das Erste und ich will Sie, auch im Nahmen Gottes, dessen Ruf an einen Jeden ergangen ist, der sich selber innerlich begreift, gewarnt haben“. Er verbarg 222 Das] folgt ))hat**

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Briefe 4423 – 4424

den Ingrimm unter einen erzwungenen Seufzer und gieng fort. Besser gefiel mir der Bekkermeister Becher, ein Mystiker, von dem ich manches bedeutende Wort vernahm. Die Kunstschæze in Nürnberg sind herrlich. Besonders einige Dürer und einige Bilder bei Frauenholz. In Baireuth sah ich ein paar Stunden Jean Paul, berauscht von den Ehrenbezeugungen der Heidelberger, nebenbei aber auch von Baireuther Bier – Wie ganz anders war er vor 3 Jahren, als ich ihm, bei meiner Rückreise von Paris sah! – Seine Frau musste den immer fallenden Faden des Gespræchs aufnehmen – Ich hätte es ihr gerne geschenckt. – Durch Freiberg kam ich spæt Abends im Dunkeln, ich suchte keinen auf, denn hätte ich mich gezeigt so wære ich mit 2–3 Tage nicht fortgekommen – und ich hatte keine Zeit. Aber wunderbar war mir zu Muthe, als ich im Dunkeln einsam | auf die dunkeln Strasse herumgiengen, meine alte Wohnungen aufsuchte und nun von der Erinnerung der Vergangenheit überwæltigt ward. In Dresden blieb ich wieder drei Tage. Hier traf ich Meyer, Euer Tölken, der mir nicht ganz übel gefællt, die Generalin Helvig, den Schweden Atterboom, und in allen Gasthöfen, in der Gemæhldesammlung, in der Kirche, auf den Promenaden ein solches Heer von alten Bekannten, die aus allen Ecken von Deutschland, eben hier waren, dass es kaum auszuhalten war. Einen Tag brachte ich in Herrnhuth zu, mit sehr guten Leuten, die ich schon kannte – zweymahl war ich, das einemahl einen ganzen Tag, von Schmiedeberg aus bei Gneisenau, und kam so zurück von einer der reichhaltigsten Reisen meines Lebens. Die ganze Zeit hindurch hatte ich kaum zweymahl Regen gehabt. Dresden und Gneisenau sezten der Reise die Krone auf. So habe ich in diesem Jahre so viele Freunde und theure Menschen begrüssen können. Mit Tieck verlebte ich 8 ganze Tage, mit Schelling in der kurzen Zeit doch viele schöne Stunden. Nur dich, lieber, theurer Freund! da du mir doch wahrlich, wie irgend einer der Herrlichsten in der Welt, nahe stehst, habe ich nur flüchtig begrüsst. | Sollte es denn gar nicht möglich sein, dass wir uns bald einmahl recht ruhig und einsam sehen, recht innig und traulich wieder zusammen finden könnten? Es ist mir so wichtig, ja nothwendig. Von der guten Nanny und Arndt habt ihr doch gewiss schon Briefe – wie sehne ich mich nach Nachrichten von beiden – sobald ich nur ihre Adresse weiss schreibe ich – Wunderlich muss es euch seyn, nun Nanny fort ist – Wenn aller menschliche Anschein nicht trügt, so muss sie gewiss glücklich werden. Lieber Schleiermacher! ich bitte dich nur über ein paar Zeilen über beide. 261 das] dass

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Und nun zulezt – Carlsbad hat Wunder gethan, ich glaube gewiss, dass ich gründlich wiederhergestellt bin – ich befinde mich durchaus wohl, auch habe ich eine Hauptverænderung vorgenommen. Ich trinke etwas Wein, aber gar kein Rum oder irgendeine Art Liqueur mehr. Du aber, lieber Freund! musst nach Carlsbad, ich bin überzeugt, dass dieses Bad dir vor allem wohlthun, ja ganz heilen wird. Ich lasse dich keine Ruhe, bis du dich entschliessest. Du wirst es erleben – Ich werde nie an dir schreiben, ohne dabei zu sezen – „Und vor allem nach Carlsbad[“] – Grüss deine Frau und Freunde. Gass wird seinen ecclesiastischen Brief schreiben, wenn noch einiges geschehen ist Dein Steffens

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Ich kann es mir fast nicht vergeben liebster Schleier daß ich meiner lieben Nanny nicht noch geschrieben eh sie Berlin verlies, aber sie kent mich und weis daß meine Liebe nicht erkaltet wengleich ein Brief einmahl ausbleibt, wie unbeschreiblich mich ihr Glück freit kann ich kaum ausdrücken, es gehörte mit zu meinen inigsten Wünschen dies vortrefliche Mädchen nach ihrem Wunsch verheirahtet zu sehn ich erwarte nun mit Sehnsucht den mir versprochnen Brief aus Bonn um ihn schreiben zu könen. – Daß sie auf der Hochzeit und Taufe sehr vergnügt gewesen versteht sich von selbst. Wie es mich freut, daß Sie Lieber Schleier so gesund und frisch sind, muß ich Ihnen noch sagen – die | Reise in Gesellschaft des guten Blanc hat Ihnen gewiß recht wohl gethan schreiben Sie uns doch wie Ihnen seine Frau gefält, und ob Er so glücklich ist, wie Er es zu sein verdient. Ihren schönen PlaunigenS Brief, der mir nach Schmiedeberg nachgeschikt ward, habe ich immer, wie Steffens abwesend war beantworten wollen, aber ich bin eine Sünderin im Briefe schreiben. – Daß Steffens so sehr wohl nach seiner Bade-Reise ist sagt Er Ihnen wohl selbst. Sie solten auch nach Karlsbad lieber Freund. An Ihre liebe Frau denke ich oft. Sie wird Nanny sehr vermissen, und hat wohl eine Andere an ihre Stelle als Gehülfin bey den 4424. Überlieferung: H: BBAW, SN 395, Bl. 76. Der Brief wurde wohl zusammen mit Brief 4423 vom 15. 10. 1817 von Henrich Steffens verschickt. 1 daß] das 2 sie] Sie sie] Sie 3 daß] das 4 ihr] Ihr 6 ihrem] Ihrem 7 ihn] Ihr Daß] Das sie] Sie 9 daß] das 15 Daß] Das 18 ihre] Ihre

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Kindern und in der Wirthschaft, grüßen Sie sie herzlich und behalten Sie mich lieb. Hanne

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4425. Von Charlotte (Lotte) Bornemann. Elbing, Donnerstag, 16. 10. 1817 Elbing den 16 October 1817

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Hochzuehrender Herr Vetter Verzeihen Sie daß ich Ihnen mit mein Schreiben beschwerlich falle, ich habe jetzt niemand in Berlin der sich meiner annimt, ich habe das Zutrauen Bester Herr Vetter zu Ihnen, daß Sie meine bitte nicht übelnehmen werden, mein lieber Vater hat 300 rth auf der Baynschen Buchhandlung geliehen gehabt, ich habe gehört die Buchhandlung ist verkauft, ich habe aber noch kein geld erhalten[,] haben Sie doch die Güte Lieber Herr Vetter und erkundigen sich ob ich nicht mein Theil | erhalten kann, und dan Schicken Sie es mir doch hier her, ich bin jetzt bei meiner jüngsten Tochter, Ihr Pahtchen sie ist hier an den Amtmann Rindfleisch verheirathet, sie hat auch schon einen Kleinen Netten Jungen, von 4 Monat, der August ist Prowiser in Conitz, es gefält Ihm recht gud, Ihrer werthgeschätzten Frau Gemalen meiner lieben Cosine bitte ich mich bestens zu empfehlen, mein SchwiegerSohn und beiden Töchter laßen sich Ihnen gehorsamst Empfehlen, ich bitte nochmahl um vergebung daß ich Ihnen bemühe, wenn ich es nicht nöhtig brauchte so würde ich es gewiß nicht thun, meine Witwe einnahme ist sehr Klein, daß ich Kümmerlich damit ferttig werde, ich bleibe mit aller Hochachtung Ihre ergebene Dienerin Bornemann gb Reinhardt NS. meine Adreße ist in Elbing bei dem Amtmann Rindfleisch auf der Hommel

19 sie] Sie 4425. Überlieferung: H: BBAW, SN 257. Beantwortungsvermerk: „beantw d 10ten Novemb“. 3 daß] das 5 daß] das 11 sie] Sie verheirathet] verweihrath sie] Sie 16 daß] das 18 daß] das

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*4426. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Donnerstag, 16. 10. 1817 Bestätigung der Beschlüsse vom 1.10. und Aufforderung, die Berliner Kreissynode auf den 11.11. zusammenzurufen.

4427. Von August Rienäcker. Halle, Freitag, 17. 10. 1817 Halle den 17ten 8br. 1817.

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Ihnen, lieber Freund, und noch mehr der guten Sache meinen herzlichen Glückwunsch darüber, daß Sie zum Praeses der Synode erwählt worden sind. Es hat mir große Freude gemacht, aus mehr denn einer Rücksicht, besonders auch deshalb, weil ich mir denke, daß nun, soweit die Wirksamkeit der Synode dabey eintritt, in Betreff des Unionsprojectes nichts übereilt werden wird. Ich glaube, das Ding hat vielerley Schwierigkeiten und Bedenklichkeiten. Gesetzt nun auch, daß meine Ansichten und Zweifel zum Theil durch Ihren schon längst als irrelevant, um gut juristisch zu reden, niedergeschlagen wären, so kenne ich Sie als liebevoll und nachsichtig, und dann kann Ihnen das, was ich sage, vielleicht doch einen Maaßstab dessen abgeben, worüber viele Leute hiebey zu belehren zu verständigen und zu beruhigen seyn möchten. Wüßte ich, daß das vierte Stück der Nemesis schon in Ihren Händen wäre, so könnte ich mich meines Schreibens überheben, denn daselbst ist manches von dem, was ich jetzt sagen werde | und was ein Resultat ist von Gesprächen und Berathungen die ich früher mit Dohlhoff und Blanc gehabt, bewahrt worden, aber da ich weiß daß Sie jetzt beide Hände voll zu thun haben (und mit den Händen ist es doch am Ende nicht mal abgemacht) so kann Ihnen ein solcher Journalaufsatz leicht entgehen, und darum nun des Vorworts genug.

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Erschlossen aus Brief 4448 vom 5. 11. 1817.

4427. Überlieferung: H: BBAW, Archiv, Schleiermacher-Nachlass, SN 359, Bl. 4–8 17 gehabt,] von anderer Hand mit Einfügungszeichen am linken Rand: „von einem Ungenannten,“

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Brief 4427

Noch abgesehen davon, ob eine Union der beyden Confessionen etwas so höchst wünschenswerthes sey darüber sind wir gewiß beyde einig, daß die Art wie solche im Nassauischen vollzogen worden – indem nemlich die Geistlichen beyder Kirchen zusammenkommen die Sache für thunlich und eben damit für gethan erklären, der Fürst aber dieselbe genehmigt, durchaus unprotestantisch sey. Die Geistlichen machen ja nicht allein die Kirche aus; die Bürger gehören auch dazu und es gebühret ihnen ein Recht der Ab- und Zustimmung. Die Schwierigkeit, sie mit zum Stimmgeben zu ziehen, kann nichts gegen das Recht entscheiden. – Ob jene Union etwas sey, worauf der Geist der Zeit hindeute, darüber ließe sich noch rechten. Vielen Männern, die an Orten leben wo beyde kirchliche Partheyen neben einander wohnen, und auf deren Urtheil doch etwas zu geben ist, ist von | einem Verlangen danach nichts kund geworden. – Man lebt freundlich neben einander, estimirt einer den Andern für protestantisch, allein von einem allgemeinen Triebe nach Vereinigung sind doch keinesweges überall Spuren zu finden. Worauf hier oder da ein Fürst verfällt, vielleicht aus Reminiscenz dessen, was früheren Regenten seines Hauses gethan – und was zu dem, weil die Zeit eine andre war, doch wieder anders angesehen seyn will, das ist, wie gut und brav es auch gemeint seyn mag, doch noch nicht Stimme des Volks, und allgemeiner Wunsch. Hiermit überhaupt ist es res lubrica; die Zeit oder der Zeitgeist oder wie man will, schickt oft Verstocken mit uns und es ist ihnen nicht immer so mit leserlichen Buchstaben an die Stirn geschrieben worauf sie eben lossteuern. – Sagt man, da wo, wie im preußischen Staate es der Fall ist, an einigen Orten reformirte Gemeinen sind, die aus einer so geringen Zahl von Mitgliedern bestehen, daß die Idee kirchlicher Vereinigung zurücktritt, da ist es doch zu wünschen, daß sie sich an größere Gemeinen anschließen, so antworte ich, das wird von selbst geschehen, und wenn auf diese Weise einzelne reformirte Gemeinen und Predigerstellen eingehen, so ist dieß etwas worin | sich jeder Einzelne darum leichter findet, weil er es als ein unvermeidliches Schicksal ansieht, und menschliche Willkühr dabey weniger vortritt. Obgleich die Hand des Herrn überall ist, so bleibt doch für einen Gesichtspunkt und eine Stufe der Betrachtung sehr wahr, was David wünschte: ich will lieber in die Hände des Herrn fallen als in die Hände der Menschen. – Der Grund der von der Klamheit der reformirten Gemeinen hergenommen ist, paßt doch nur für die preußischen Staaten und auch hier nur für einige Orte und es heißt denselben über Gebühr ausdehen und aus einem kleinen Grunde zum großen machen, wenn man deshalb vielleicht eine Verschmelzung beyder Confessionen überall projectirt. Wollte man meinen: Eben eurem Aussterben, ihr Reformirten, dem

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ihr ja doch nicht entrinnen könnt, will man durch diese Verschmelzung zuvorkommen, so paßt diese Rede wieder nur für Preußen, und dann ist wohl zu bedenken daß die reformirten Gemeinen als der kleinere Theil diese Verschmelzung doch immer für eine Suppression ansehen werden. Sie werden sagen, damit wir nicht langsam sterben, tödtet man uns jetzt. – Und wenn also an der Einheit so viel gelegen ist, warum nicht wenigstens die Zeit [lassen, bis] sie von selber herbeygeführt. Warum zufahren und Gefahr laufen Bitterkeit und Mißtrauen in die Gemüther zu bringen? | Es trennt, das können wir nicht in Abrede sezen[,] eine verschiedene dogmatische Ansicht über das Abendmahl – wenigstens in ihrem Ursprunge – beyde Confessionen. Es ist dahin gekommen daß man diesen Unterschied ignorirt hat, sey es, weil man überall auf der gleichen nicht viel zu geben pflegte, sey es, weil man fühlte, daß man trotz dieser Differenz doch in der protestantischen Gesinnung eins sey. Wenn wir aber diese Gesinnung und dieses Gefühl ausgesprochen, wenn es in henotische Formeln eingewickelt und zusammengefaßt werden soll so fürchte ich, wirds den Leuten unter den Händen verfliegen. Manche Dinge hat man dann am wenigsten, wenn man sie recht derb zu faßen zu haben meint, und bey manchen Leuten geht die Freundschaft aus, wenn sie anfangen sich zu dutzen. Die sind nicht die wenigsten, die bey dieser oder jener Abweichung in einzelner Meinung, ordentlich als geriethen sie in Angst und als fürchteten sie das Gegentheil, einander zuriefen: wir sind aber doch einig, statt sich als einige zu behandeln. Die henotischen Formeln, lieber Schleiermacher, Sie ächt protestantischer Vertreter des Geistes, sind doch auch ein Buchstabe über dem der Geist, wie über den Waßern, wenn sie nicht faul und sumpfig werden sollen, schweben muß. Der edelste Spiritus läßt sich wohl am wenigsten einschließen. – Die Art wie das Heilige Abendmahl äußerlich genoßen wird, kanns doch nicht ausmachen, und wenn die lutherische und die zwinglische Ansicht doch künftig wird gelehrt werden müßen – da sie ja beyde auf dem Boden der protestantischen Kirche Wurzel gefaßt haben, warum will man nicht eine lutherische und eine reformirte Weise, das Abendmahl zu genießen, laßen; warum soll jeder sich erst aus der Indifferenz der henotischen Formel sein A oder B aneignen? Warum soll überhaupt nicht in der protestantischen Kirche eine | Mannigfaltigkeit der Gebräuche – nicht in einer Gemeine aber in verschiedenen Gemeinen herrschen, warum soll nicht ein Vater Unser und ein Unser Vater statt finden? Wozu auf eine leibliche Einheit hinaus steuern da wir in der protestantischen Kirche an der geistigen genug haben. In die Klagen derer, die da meinen, es werde sich am Ende bey uns alles ins Einzelne zerbröckeln und zerstückeln, kann ich

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Brief 4427

nicht einstimmen. Der Geist wird schon zusammen halten, die in denen er wohnet. Die ecclesiolae in ecclesia sind gewiß kein Unglück. Oder wollen wir die Herrnhuter auch einpferchen in den Zaun und Zwinger der neuen evangelischen Kirche? – Bey der Art und Weise aber, wie man beyde Confessionen zufrieden zu stellen sucht in Rücksicht auf die Feyer des Abendmahls indem die eine die Oblate, die andre das Brechen derselben steuert, habe ich – unter uns gesagt – wie denn dieß alles bloß Ihnen gesagt ist – an den Spruch gedacht: Handeln und Bieten macht Kaufleute, auch fiel mir recht ein das Abmeßen der Wahrheit mit dem Zollstocke. – Das Uniformiren taugt nicht; in politicis, wo es unter allerhand Namen vorgekommen, haben wirs erfahren, in eccleciasticis taugts vollends nicht. Es ist unprotestantisch. – Soll die Einheit uns stark machen gegen die Katholiken? Nicht jeder Anwachs nach Außen ist eine Verstärkung von innen; es ist die Einigkeit im protestantischen Geiste, was auch hier stark macht. Diese aber ist so feiner, geistiger und edeler Art und Natur, daß sie sich nicht will bergen noch halten laßen, in der Form einer | todten Einerleyheit. – Und werden wir nicht indem wir die Einheit suchen eine neue Parthey in der protestantischen Kirche stiften, die von den Schweizern und Holländern nicht für reformirt, von den Dänen und Schweden nicht für lutherisch gehalten wird? Der Confessionsunterschied ist als eine nun fast 3 Jahrhundert alte Sache, so tief ins Leben eingewurzelt und eingewachsen, daß eine Aufhebung dieses Unterschiedes nicht ohne gewaltsame Reaction auf die bürgerlichen Verhältnisse bleiben kann. Auch hier heißt es so etwas ist leichter gesagt als gethan. Tausende von Schwierigkeiten thürmen sich auf, wenn ich zB an die Stellung der lutherischen Prediger in Rücksicht ihrer Einkünfte und an die der reformirten, wenn ich an die Fundationen die für eine der beyden Partheyen gemacht sind denke, und auch dieserhalb ist die Sache nicht bloß Angelegenheit der Geistlichen, aber auch nicht bloß Angelegenheit der Gewalthaber; zwar würde es vielleicht einem großen Theile nach, an Geschäftskenntniß fehlen die Sache sicher und leise in das rechte Glied zu bringen, diese würden vielleicht unsanft zufahren und den Knoten, statt ihn zu lösen, zerhauen. – Mancherley Anlaß zu Zwiespalt und zu Mißtrauen sehe ich sich hier erheben, und leicht wird die kleinere Parthey über Vervortheilung klagen. – Wer soll denn, daß ich nur eins frage an den wohlthätigen Stiftungen der reformirten Kirche Antheil haben? – Die große evangelische Kirche. Zu dieser liefert aber die lutherische Kirche der Percipienten weit mehr, die reformirte nach Verhältniß weit mehr der zu Percipirenden. – Mit dem Satze daß so noch nie etwas Neues könne ins Werk gerichtet werden, weil dergleichen

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Schwierigkeiten sich ja immer hervorthäten | und daß sonach auch die Reformation, die einen so gewaltigen Riß und Umschwung in die bürgerlichen Verhältnisse gebracht, hätte unterbleiben müssen, lasse ich mich nicht abspeisen und spreche dagegen: Wenn der Gewinn von einer Neuerung nicht überwiegend ist, so hat das Bestehende offenbar den Vorzug; von jenem überwiegenden Gewinn, den die Union haben soll, kann ich mich nicht überzeugen; daß die protestantische Kirche innerlich dadurch stärker werde, ist zu bezweifeln, daß die Erbauung der Einzelnen größer werde, ebenfalls, und wollte man hieher etwa das ziehen, daß der Confessionsunterschied oft drückend werde in den Familien und einer innigeren religiösen Gemeinschaft in den Weg trete, so behaupte ich, daß der, welcher diesen Unterschied also fühlt und empfindet das Bindende deßelben abwirft und daß zB die lutherische Frau mit deren reformirten Manne communizirt oder umgekehrt; dem aber, der sich dazu nicht entschließen kann, wird auch die Vereinigung als etwas drückendes erscheinen. – Die Reformation war ein Werk der Begeisterung; da wird nach den einzelnen Inconvenienzen nicht so hingesehen, sie werden leichter übertragen; hier aber ist die Sache, das Werk einer wohlmeinenden, aber doch leichten Reflexion, und weil es dabey doch etwas nüchtern hergeht, so wird noch viel Calcul kommen in Rücksicht, und da wird dann | jeder um so leichter fühlen, wo es ihm schwer ist und wo er sich gedrückt glaubt. – Die Verschmelzung einer kleineren und einer größeren Parthey (damit ich nochmal darauf zurück komme) nimmt leicht den gehässigen Schein einer Unterdrückung der ersteren an. Die Prediger besonders die reformirten sind in einer eignen Lage; begünstigen sie die Sache nicht, so erscheinen sie in den Augen vieler, besonders flacher und unkirchlicher Menschen, aber auch solcher, die besseren Sinn haben, als engherzig und beschränkt; begünstigen sie dieselbe, so stehn sie in Gefahr, das Vertrauen ihrer Gemeinen – die in ihnen die Vertreter ihrer Rechte sehen – zu verlieren. – Da erscheint mir nun wieder das zweite bedenklicher, als das erste, was wenig oder nichts sagen will. Alles dieß lieber Freund ist n u r z u I h n e n gesagt, im Vertrauen auf Ihre Nachsicht. Denn es ist gewiß manches darin wunderlich und unreif, da ich ehrlich gesagt über die ganze Sache außer jenem Aufsatze, nichts gelesen, noch nicht mal Sacks Schrift. – Ich freue mich darauf mein Raissonement aus der Schanze geschlagen zu haben; bringt es mir doch dann das Ihrige zu. Aber lieber Freund ich muthe Ihnen keinesweges zu mir zu antworten, ehe Sie nicht mit Ihren vielen und wichtigen | Arbeiten, fertig sind. In der Rücksicht ist es vielleicht schon Unrecht, Sie so lange lesen zu laßen. –

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Briefe 4427 – 4428

Gott erhalte Sie samt den Ihrigen gesund. – Grüßen Sie Reimer und gedenken Sie in Freundschaft Ihres A. Rienäcker N.S. Im Fall Sie besondre Lieder zu Ihrem Gottesdienste am Reformationsfest abdrucken lassen, so haben Sie doch die Güte mir ein oder zwei Exemplare davon zu übersenden.

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4428. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 18. 10. 1817 (Alta Germania Nord) / A Monsieur Schleier/macher, docteur en / théologie / Berlin / (Wilhelmsstrasse 73) [Bl. 9 v] Rom 18 Oct. 17. Der Wunsch, einer, wie es scheint, in dem Geldgeschäft, das Sie, mein verehrter Freund, für mich zu übernehmen die Güte gehabt, eingetretenen Irrung ohne Zeitverlust zu begegnen treibt mich auf Ihren erst gestern Abend von Mailand nachgesandt erhaltenen Brief vom 22 September unverzüglich wieder zu schreiben. Sie haben, und zwar, wenn ich recht verstehe, noch im August, an die Herrn Schickler 350 r für mich gezahlt. Wie kommt es dass ich dafür noch kein Aequivalent erhalten habe? Der aus Berlin mitgenommene Creditbrief, auf das Haus Morell in Verona, ist völlig erschöpft: den neuen, den ich sobald in Berlin gezahlt wäre erwarten durfte, hoffte ich zuversichtlich mit Ihrem ersten Schreiben zu erhalten. Das ist nun nicht geschehn, und ohne Bartholdys Gefälligkeit säße ich noch in Mailand. Ist der Creditbrief noch gar nicht ausgestellt (etwa um das den 1 October fällige Gehalt gleich mit aufzunehmen) so wäre sehr wünschenswerth ihn nicht auf das hiesige Haus Torlonia zu erhalten, sondern auf den Preussischen Consul Valentini; dessen Billigkeit eben so gepriesen wird wie jenes jüdischer Wucher gefürchtet. Wenn Sie meine Besorgnis wegen der Aristotelischen Unternehmung aus Faulheit oder andern persönlichen Gründen herleiten, so thun Sie mir 4428. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 9; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 71–73. Beantwortungsvermerk [Bl. 9]: „beantw. d 14t. Novemb“, Erledigungsvermerk [Bl. 9 v]: „Das Geldgeschäft ist abgemacht d 11t. Nov.“.

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Unrecht. Aber ich kann mich auf keine Weise überzeugen daß es möglich sei in höchstens 4 täglichen Stunden, bei vielfältiger Unterbrechung durch unumgängliche Ferien Reisen binnen 2 oder auch 3 Jahre jener Untersuchung eine kritische Basis zu schaffen von der Breite und Festigkeit die doch durchaus unentbehrlich ist. Beharrt die Academie bei ihrem Vorhaben, so kann ich nichts andres rathen als eine Sendung nach Paris, wozu ich mich, aber wahrhaftig nur im Nothfall, selbst verstehn würde, falls ich einen tüchtigen Gehülfen mit bekäme. So sehe ich auch für meinen Plato sobald Dr. Müller abtritt kein Heil, wenn der Druck des Apparats nicht bis zu meiner Rückkehr ausgesetzt wird: die Schuld davon wird Reimer so billig sein nicht mir beizumessen; möglich war es eben so wohl als seinem und meinem Vortheil gemäß auf dem eingeleiteten Wege in diesem Sommer und Herbst fertig zu werden. Daß meine Papiere, auf denen die Hoffnung dereinstiger Revision einzig beruht, nicht aus einer ungewaschnen Hand in die andere gegeben werden, darf ich wohl mit Recht erwarten und fordern. Besondre Appendices gebe ich auf keinen Fall, wie wohl ich sammeln werde was ich kann. Ist die Lateinische Ankündigung gedruckt? Ich vermuthe sie ist es nicht sondern eines Zusatzes, der das spätere Erscheinen der kritischen Bände mit der Aussicht auf Bereicherung derselben entschuldigte, noch immer empfänglich. Den würde ich Sie dann bitten zu machen. Ich hoffe Ihnen nächstens mit einer Gelegenheit, die das Postgeld erspart, ausführlich zu schreiben. Bis dahin sein Sie mir herzlich gegrüßt mit Ihrer Frau und allen Ihrigen. Ich wohne bei Niebuhr. I.B. Mai hat 13 Paulinische Briefe in der Übersetzung des Ulfilas gefunden. Mit dem Platon in Florenz ist es nichts

32 bis] bei 42–47 empfänglich. … I.B.] am linken Rand Rand

48 f Mai … nichts] am oberen

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Briefe 4429 – 4431

4429. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 20. 10. 1817

Spectabilis. Unser Herr College Neander hat in die Promotion des vorgeschlagenen Subjects eingewilligt, falls die Facultät sich mit ihm dahin vereinigen könnte, noch den Senator zu Frankfurt a/M Herrn von Meyer in diese Zahl mit aufzunehmen. Ich trete gern diesem Vorschlage bei, indem ich weniger auf den Geist und die Lehre des Herrn von Meyer als auf die theologischen Kenntnisse und die Gelehrsamkeit desselben sehe. Indem man ihn zum Doctor macht, unterschreibt man doch nicht gerade Alles, was er in seinen Bibeldeutungen vorgetragen hat. Ueberdem beschäftigt er sich jezt mit einem großen Werk gelehrten Inhalts über die Bibel. Ich ersuche Ew. Spectabilität nicht nur um Ihre eigene Erklärung, sondern auch um die Gefälligkeit, diese Sache weiter zur Kenntniß der Facultät zu bringen. D Marheineke 20. Oct. 17.

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4430. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Montag, 20. 10. 1817

Ewr Hochwürden gebe ich mir die Ehre, der gestrigen Verabredung gemäß, ganz ergebenst zu melden, daß von Seiten des Ministerii des Innern die hiesige Synode von dem Zutritt der Stadtverordneten zu der gemeinschaftlichen Abendmahlsfeier der Geistlichkeit benachrichtigt, und das desfalsige Schreiben, 4429. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 106, Bl. 36. Weiter unten auf dem Blatt notiert de Wette: „In diesen Vorschlag kann ich, ohne meiner Überzeugung untreu zu werden, nicht einwilligen, indem ich allerdings der Meinung bin, daß man durch freywillige Promotion des Herrn von Meyer an seinen Meinungen als z.B.: daß nicht Gott, sondern der Teufel die Schlange geschaffen habe, einen gewissen Antheil nähme. Um aber meine collegialische Nachgiebigkeit zu zeigen, noch mehr als ich schon gethan, will ich einwilligen in die von Herrn Collegen Neander vorgeschlagene Promotion des p Geibel in Lübek, von dessen Würdigkeit ich mich unterdeß habe überzeugen lassen. De Wette“. 4430.

Überlieferung: H: BBAW, SN 465/10

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wenn Sie es nicht schon erhalten haben, Ewr Hochwürden doch heute noch eingehändigt werden wird. Achtungsvoll und ganz ergebenst. Ribbeck Berlin den 20. Oct. 1817.

4431. Von Johann Jacob Nizze. Starkow, Mittwoch, 22. 10. 1817 Starkow, am 22sten Oktober 1817.

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S.T. Hochgeehrtester Herr Doktor. Ewr Wolgeborn mir recht erfreuliche Zuschrift vom 11ten dieses Monats kam, durch welche Umstande so verspätet weiß ich nicht, erst am 20sten zu mir. Wenn ich Sie nun sogleich wieder mit einer Zuschrift belagere, so schreiben Sie dies nicht meiner unbescheidenen Zudringlichkeit, wol aber dem ernstlichen Willen zu, nach Maaßgabe meiner Geisteskräfte irgend etwas zum Wol des Allgemeinen beizutragen. Da das in unserer Kreisversammlung abgehaltene Protokoll ein öffentliches Werk ist, so darf ich mir wol die Erlaubniß nehmen, Ihnen das Wesentliche desselben – falls Sie es Ihrer Bemerkung würdig halten mögten – mitzutheilen. – Ich übergehe die einleitende Aeußerung unsers Herrn Vorsizzers – die gegenseitige Erklärung der Synode – den einstimmig gefaßten Entschluß, uns nach § 4 und 5 selbst zu organisiren – in dieser Gestalt den Entwurf paragraphenweise in Berathung zu nehmen und die Vernehmlaßung über viele §§, die Sie sich leicht selbst denken können und manchen Bogen angefüllt haben. Da nach § 21 die Verhältniße und Pflichten der Presbyterien noch nicht vorgelegt sind, so konnte man über § 8 nichts Wesentliches sagen, als daß in sehr vielen Landgemeinen sich nicht immer Personen finden, die zur Verwaltung des Rendanten und Armenpflegeramtes die erforderlichen Kenntniße besizzen, noch weniger gehörige Sicherheit für das Kirchenvermögen und die der Gemeine zustehenden baaren Mittel leisten können. In einem solchen Fall, der sehr häufig eintreten mögte, müße wol dem Ortsprediger die Verwaltung dieser beiden Aemter hinsichtlich des Kirchenvermögens und der Armenpflege – den Aeltesten aber die Aufsicht über die Kirchen- Pfarr- Küstergebäude u.s.w übertragen werden. 4431.

Überlieferung: H: BBAW, SN 465/9/2, Bl. 3 f.

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Brief 4431

A d § 1 7 . Man hielt dafür, daß eine allmonatliche Versammlung des Ortspresbyteriums nicht nothwendig sei. Außerordentliche Vorkommenheiten abgerechnet, wozu dem Vorsizzer das Recht der Zusammenberufung ohnedies zusteht, mögte eine viermalige im Jahr völlig ausreichend sein. Bei öfteren Zusammenkünften würde der Ortsprediger neben den laufenden Amtsgeschäften, der Aufsicht über Schul- und Erziehungswesen, mit Abfaßung der Protokollen, Tabellen, Tagebüchern, Auszügen u.s.w. so überhäuft werden, daß es ihm unmöglich sei, ohne Gehülfen dies Alles vorschriftsmäßig zu beschaffen. Den höhern Behörden aber mögte es ebenfalls an Zeit ermangeln, dies Alles zu lesen und zu beachten. Dies zu häufige Protokolliren würde eine bloße Zeitverschwendung sein, weil im Laufe eines Monats bei einer kleinen Landgemeine oft nichts von Bedeutung vorfallen kann. Man würde sich zweklos quälen irgend etwas der Aufmerksamkeit Würdiges zu sagen, und es würde damit gewiß eben so gehen, wie mit den moralischen Tagebüchern, welche in vorigen Zeiten manche gutmeinenden Erzieher ihren Zöglingen zur täglichen Pflicht auferlegten, und die am Ende nur Scheinheiligkeit und geschminktes Wesen beförderten. A d § 1 8 u n d 1 9 . Die Haltung des im § 19 beschriebenen Tagebuchs und die in das Protokoll des Ortspresbyteriums aufzunehmende Erzälung, der darin benannten Untugenden und Laster, da denselben dadurch eine größere erbitternde Oeffentlichkeit gegeben wird, ward ganz weggewünscht. Wie leicht ist es möglich, daß in ein Tagebuch hier beschriebener Art Irrthümer, wovor Niemand ganz gesichert ist, eingetragen werden. Nicht ieder Kirchenlehrer ist Psichologe – Menschenkenner. Es hat ihm vielleicht an Mitteln, an Gelegenheit und Antrieben gefehlt, sich diese Kenntniß zu erwerben, ohne welche man die meisten Handlungen der Menschen nach den Absichten und Antrieben nicht richtig [zu] ergründen, – iede Falte des menschlichen Herzens genau zu durchspähen und den oft sehr verdekten Karakter seiner wahren Beschaffenheit gemäß zu beurtheilen vermag. Und läßt sich dies wol von einem Kirchenlehrer, den das Zusammentreten günstiger Umstände noch vor dem 25sten Lebensiahr zuweilen schon als Seelenarzt hinstellt, wol erwarten? – Ist es seine Schuld, wenn er hier durch seine Unerfahrenheit Schaden anrichtet? – Jeder Kirchenlehrer hat es mit einer Menge zu thun, wovon er manche nur dem Namen nach kennen kann, deren ieder eine ganz eigene Abhandlung nöthig hätte. Er müßte seine Menschen aufs genauste kennen – ihre ganze Denkungsart und Grundsäzze erforschen – er müßte in einem täglichen Umgange mit ihnen sein – sie in allen Lagen beobachten und selbst sehen, wo ihre Stärke, wo ihre Schwäche ist – man müßte ihm ein Mittel geben,

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Kraft deßen er die geheimsten Falten der menschlichen Seele entwikkeln könne. Dies vermag kein Prediger in einem solchen Umfange, welcher hiezu nöthig ist, um nicht in Irrthum zu fallen, – um nicht Unwahrheiten ins Tagebuch und ins Protokoll zu tragen. In der evangelischen noch weniger, als in der römischen Kirche ist dies möglich, in welcher lezteren der Klerus zalreicher ist und sich zwekmäßiger auf die Menge vertheilen kann. Es giebt nichts, wodurch der Mensch mehr verderbt werden kann, als wenn man sich mit der bloßen Erzälung leerer, oft eingebildeter Vergehungen begnügt; – wenn die Menschen so manches für Laster oder Tugend halten, was keines von beiden ist. Auf unrichtigem Wege sind wir, so lange der Grundsaz zum Grund aller Beurtheilung gelegt wird, daß schon einzelne und noch dazu äußerliche Handlungen den Menschen gut oder böse machen. Man kann sogar alle äußerlichen gottesdienstlichen Gebräuche beobachten, ohne innerlich vollkommen zu sein. Die kristliche Religion fordert mehr als diesen äußerlichen Schein – sie fordert Einfalt und Reinigkeit des Herzens – sie lehrt uns dem Gange der Natur gemäß zu begehren, nichts zu verlangen, was diesem entgegen ist, indem wir beten: H e r r, d e i n W i l l e g e s c h e h e ! Ja, man kann wol kühn behaupten, daß die Kirche selbst ein Hinderniß der Religion und der Sittlichkeit werden kann und Irrthümer verewigen, wenn sie den sittlichen Werth des Menschen mehr nach einzelnen Handlungen, als nach den Absichten und im ganzen Umfange beurtheilt; – wenn sie die Belohnung, welche eigentlich der habituellen Tugend zukommt, ohne weitere Umänderung des Karakters mit der bloßen Beobachtung gewißer Kirchengebräuche verbindet. A d § 3 5 . Die allgemeinen Urtheile waren: man fände es zwekwiedrig und entehrend, daß bei Kirchenvisitazionen der Ortsprediger als Vorsizzer des Presbyteriums ohne besondere Veranlaßung dazu, als verdächtig abtreten soll, um geheime Anklagen gegen sich hervorrufen zu laßen, und man nicht einmal die allgemein anerkannte Rechtsregel: Q u i s q u e p r a e s u m i t u r b o n u s – bei ihm wollte in Anwendung bringen. Dadurch würde nicht Friede und Einigkeit, wol aber der Griff des Mißtrauens recht eigentlich hervorgerufen, und in Thätigkeit gesezt. A d § 4 1 . Man hielt es überflüßig bei der iedesmaligen Eröffnung der Kreissynode das Gelübde: gewißenhaft in der Schrift zu forschen u.s.w. abzulegen. Alles dieses hat der Prediger bei Uebernahme seines Amtes feierlichst und öffentlich angelobet. Der ehrliche Mann hält sein Wort! – – ! Unmöglich aber wird man sich vom Kirchenlehrer weniger Rechtschaffenheit versprechen, als man iedem andern hohen oder niedern Staatsbeamten, von dem man nur e i n mal sich das Gelübde der treuen Pflichterfüllung ablegen läßt. Zwekmäßiger scheint es zu sein, wenn der Superintendent

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Brief 4431

als primus inter pares in der im § 38 vorgeschriebenen Entlaßungsrede voll Geist, Kraft und S[egen] seine Amtsbrüder an ihre übernommenen Pflichten erinnert und sie zur treuen und gewißenhaften Erfüllung derselben im kristlichen Sinn ermuntert. | Ueberhaupt sind in dem mitgetheilten Entwurfe die Befugniße und Gerechtsame der Kreissynoden entweder nicht vollständig genug entwikkelt oder auch zu sehr beschränkt. Sie haben nach diesem Entwurfe, da die Provinzialsynoden durch die Superintendenten, die in den Kreissynoden als primi inter pares bereits berathen haben, wieder berathend erscheinen sollen, alle ihre Wirksamkeit verlohren, indem sie auf der darauf folgenden Kreissynode nicht ihre, etwa gemäßigte, sondern die Berathung und Beschlüße der abgehaltenen Provinzialsynode bloß anhören und vernehmen nach Geist, Sinn und Abzwekkung. Die Superintendenten können aber überdem die Lokalbedürfniße einer Landgemeine selten genau kennen. – Es ist unleugbar, daß Vieles theoretisch gut – vortreflich erscheint, was in der Ausführung unübersteigliche Hinderniße, unausweichbare Anstöße findet und zu den größten Verwirrungen die erste Veranlaßung geben kann. – Faßten die Provinzialsynoden alle Wünsche der besondern Kreissynoden in einem großen Aufsazze zusammen – würde lezterer mit angehängtem wolbegründeten Gutachten in solcher Form der Höchsten Staatsbehörde übergeben, und von dorther angeordnet, was nöthig und zuträglich sei; so mögte man den Nuzzen und die Vortheile, die man von der vorwürflichen Berathung erwartet, am kürzesten und sichersten erlangen. – Die höchste endliche Bestimmung ist des Menschen Glükseeligkeit – kein Mittel führt sicherer zur Glükseeligkeit, als innere Vervollkomnung und Tugend. Diese innere Vervollkomnung in der höchsten Läuterung und Veredelung der menschlichen Abischten, besteht mehr in der Erhabenheit der Gesinnungen als in bloßen glänzenden Thaten und zweideutigen Handlungen. Da werden denn in den Kreisversammlungen die Fragen sich ganz natürlich von selbst entwikkeln müßen: „Wie weit ist die Menschheit in allen Klaßen und Abstuffungen, und besonders die in den niedern in diesem Stükke? – Haben sich ihre Absichten schon auf den höchsten Grad veredelt? Warum ist die Menschheit nicht weiter – warum noch soviel zurük? Sind die gegenwärtigen Anstalten der Kirche zureichend den innern Menschen in iedem Stande auf den möglichsten Grad zu veredeln? – Und wenn sie das nicht sind – wo liegt der Grund, daß die verhofte Wirkung unterbleibt? 129 man den] der

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Was muß geschehen, die innere Vervollkomnung des Menschen in der höchsten Läuterung und Veredelung der Absichten zu befördern – ihn darin weiter zu bringen? Muß nicht, bei Beantwortung dieser Fragen, die Religion von der Kirche sorgfältigst unterschieden werden, damit keine Verwirrung entstehe?[“] Mögte ieder evangelische Kirchenlehrer mit Geist und Herz bei Beantwortung solcher Fragen berathend, stimmgebend und mitentscheidend erscheinen! Mögte endlich die Zeit sich nahen, wo der Mensch in iedem Stande aufgeklärt, gut und fromm würde; dann wäre auch die Wolfart der Menschheit – dann wäre Gottes Reich nahe – dann geschähe sein Wille. Erlauben Sie nun noch, daß ich meine eigenen Gedanken über Manches des befraglichen Entwurfs mittheile. Unleugbar wirken Lehren und Befehle das nicht, was Beispiele wirken, besonders wenn sie von obenherab h e r z l i c h und b e h a r r l i c h mit weiser Um- und Uebersicht gegeben werden. Wozu aller Flitterstaat aus todten und lebendigen Sprachen in dem Entwurfe. In einem solchen Bettelpuz haben wir in der That nicht viel Unähnliches mit den unfleißigen Arbeitern, die man füglich mit den Worten: bleib im Lande und nähre dich redlich! – vor der Thür abweisen muß. Ich gehöre nicht zu denienigen, die das Kind mit dem Bade verschütten, um ganz deutsch sein zu wollen – aber ich verabscheue die Sucht nach ausländischen Wörtern zu haschen und die Muttersprache dadurch herab zu würdigen. Was man nicht hat – doch haben muß, weil es ein unentbehrliches Bedürfniß ist, das muß man leider vom reichern Nachbar borgen oder aus einer alten, oft veralteten Rüstkammer hervorlangen – aber eigene Sachen nicht gebrauchen – fremde Sachen lieber erbetteln, – das ist mehr als Unfleiß – ich mögte es Unwürdigkeit nennen. – So dachte und schrieb ich schon als ich im Jahr 1787 den Schuldienst in Loiz antrat – so habe ich auch meine dermaligen Zöglinge gebildet und manchen harten Kampf deshalb zu bestehen gehabt. – Sagt man nicht K r i e g s r a t h , S t a d t r a t h – warum will man denn nicht auch sprechen: O r t s k i r c h e n r a t h , K r e i s k i r c h e n r a t h , N e u v o r p o m m e r s c h e r K i r c h e n r a t h , Landes-Oberkirchenrath? Warum statt J o u r n a l nicht Tagebuch? Kann nicht R e n d a n t , S p e z i a l v e r w a l t u n g , S u b s t i t u t , S c r i b a u.s.w. recht sehr gut durch R e c h n u n g s f ü h r e r, b e s o n d e r e Ve r w a l t u n g , G e h ü l f e , S c h r e i b e r u.s.w. gegeben werden? Will man solche Benennung schimpflich halten, so begründe und beweise man es g e h ö r i g , wenn man es vermag. Mein Grund ist Achtung für mein deutsches Vaterland, für meine Muttersprache, um sie zu einem höhern Grad von Reinheit und

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Briefe 4431 – 4432

Richtigkeit, Vervollkomnung und Verbeßerung zu befördern, ohn ein Uebertreibung und Neuerungssucht auszuarten und Mißgeburten zu erzeugen. Weg mit diesen fremden Wörtern und Ausdrükken, die wir gar nicht nöthig haben. Deutsche Eigenthümlichkeit in Sitten und Sprache im guten Sinn, sei das Ziel unsers Strebens. – So ein heiliger Geist und Sinn ergieße sich über uns alle – mache uns alle einander schäzbar, und verbinde alle zu treuer Bruderliebe. Bei so einem Geist und Sinn wird der alte Sauerteig rein ausgekehrt, und verhindert, daß durch fremde Hefen eine neue Gährung entstehe, die [die Reifen d]es Faßes wieder sprengt. | Hören Sie meine Gedanken über § 29 des Entwurfs, die in unserer Versammlung nicht sind zur Sprache gebracht, weil sie mir erst späterhin beifielen. Auf der Kreisversammlung der Geistlichen möge iedesmal ein zu behandelnder Saz aufgestellt werden. Z.B. 1) Um so mehr die Absichten des Menschen geläutert und veredelt sind: um so mehr ist er bereitwillig an allem, was die Menschheit angeht, thätigen Antheil zu nehmen. 2) Der bescheidene Mensch ist mehr zur Dankbarkeit aufgelegt, als der unbescheidene 3) Wer hat mehr Verdienst – der Mann, der Gutes einleitet und vorbereitet – oder der das Gute ausführt? 4. Kann der Mann gewißenhaft genannt werden, der es sich erlaubt, in gleichgültigen Dingen zu täuschen. u.s.w. Es mag ein Synodal gewält werden, der den hingestellten Saz in 3 oder 4 Bögen (gedrukt.) behandeln und durchführn [soll]. Jedes Mitglied des Kreises ist pflichtig innerhalb 3 Monaten seine Gedanken, und wie e r den Saz nehmen und behandeln mögte, an den gewälten Verfaßer abzuliefern. Auf der nächsten Kreisversammlung wird von dem Schriftsteller die von ihm abgefaßte Abhandlung vorgelesen und geprüft und danächst mit der gehaltenen Synodalpredigt gedruckt und iedem Prediger des Kreises davon 10 oder 15 Exemplare zugestellt, um sie in seiner Gemeine unentgeldlich zu vertheilen. Es versteht sich, daß der Synodalprediger sowol, als der Verfaßer einer Abhandlung auf dem Titelblatt sich öffentlich nennen müßen. Meinem Dafürhalten nach mögte dadurch mehr, als durch die im Entwurfe vorgeschriebenen Maaßregeln, das gewißenhafte Fortstudiren der Geistlichen befördert werden. Wir würden bei einer weisen und umsichtigen Wal und freimüthiger Behandlung und Durchführung der Säzze dadurch auf die ersten Stände vielleicht vortheilhaft wirken, und an Anse193 sprengt] sprengen

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hen und Würde bei denienigen unwiderstehlich gewinnen, die in manchen Gesellschaften schon dreist behauptet haben, daß durch unsere mit so ernstvoller Miene angefangene Berathung der Kirche nicht viel Heil und Wolfart erwachsen würde. Kirche und Religion werden von diesen Menschen, mehrentheils aus Unkunde in einem Sinne genommen. Wir veredeln dadurch vielleicht den innern Menschen im ersten Stande – man wird unser Uebergewicht fühlen und uns Gerechtigkeit widerfahren laßen. Ihnen, Hochgeschäzter Mann, kann ich meine Gedanken freimüthig darstellen. Belohnung genug für mich, wenn sie Ihrer Bemerkung nicht ganz unwürdig sind, und sie nicht über meine Gedanken so urtheilen (in früheren Jahren habe ich leider diese Erfahrung in Loiz gemacht) wie der Erzbischof von Salzburg Matthäus Lange am 25sten Junius 1530 zu Augsburg über Luthers Reformazion sich erklärte. – Ich lebe arm – aber glükseelig, denn ich lebe unbekannt und werde daher nicht verkannt. Ich lebe zwar im Stillen – im Kleinen; aber ich nüzze in meinem sehr beschränkten Wirkungskreise der Menschheit vielleicht mehr als hundert Andere. Im Grunde ist es auch einerlei, w i e und w o wir wirken, wenn wir nur edel und redlich wirken. Mögten Sie sich überzeugen, daß hier kein Wort steht, was nicht die reinsten Gedanken meiner Seele ausspricht. J.J. Nizze

4432. Von August Rienäcker. Halle, Mittwoch, 22. 10. 1817 Halle den 22 Oct 1817.

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Haben Sie, lieber Freund a gesagt, so mögen Sie auch b sagen, haben Sie das frühere gelesen, so mag dieß Supplement auch Gnade finden vor Ihren Augen. Wie soll es denn (ist das scheint mir keine geringe Schwierigkeit) in den Gegenden werden, wo nun gar keine Reformirten sind? – Auf welche Weise wird man da der lutherischen Kirche beybringen, daß sie das Brodtbrechen einführen? Die Leute werden da sagen, PwieS PwirdS [das] den PPlattenS gefallen; und so sehe ich wieder eine Mannigfaltigkeit herbeygeführt, 228 im] in 4432.

Überlieferung: H: BBAW, SN 359, Bl. 9 f.

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Briefe 4432 – 4437

indem man auf Einheit los geht; aber wenn mans durchsetzen will erbittert und beunruhigt man die Gemüther. Ich wollte überhaupt der König hätte mit seiner Erklärung gewartet; königliche Wünsche werden leicht als Befehle genommen | und so ist zu fürchten, daß von manchen, nicht aus den löblichsten Gründen, die Sache übereilt und nicht auf o r d e n t l i c h e Weise abgemacht wird. – Was ich von dem Brechen der Oblate gesagt, nehme ich natürlich zurück. – Ich glaube, Sie werden als Praeses der Synode, recht viel zu thun bekommen, denn der eine Punct der Union schon will doch vielseitig erwogen seyn. Der Himmel stärke Sie zu Ihrer vielen und mannigfachen Arbeit. – Am Ende lachen Sie, daß ich mit einem Bedenken noch nachrücke, das förmlich oben aufliegt; allein erst im Gespräch mit Blanc bin ich darauf gekommen, und da dachte ich, es könnte auch wohl tausendmal gescheutern Leuten denn ich bin, begegnen, dieses oder jenes nicht PdranS unerkannt, aber doch unbeachtet zu laßen, zu deutsch: es zu vergeßen. – | Die arme Blanc ist leider seit mehreren Wochen kränklich; ein krampfigter Husten plagt sie, und ist zwar keinesweges bedenklich, aber doch sehr lästig. Bey mir ist alles wohl; selbiges möge denn auch Ihr Brief mir von Ihrem Hause zurufen A. Rienäcker

*4433. An Margarethe Amalia Baier. Berlin, Donnerstag, 23. 10. 1817

*4434. An Hermann Baier. Berlin, um den 23. 10. 1817 Gruß an Theodor Schwarz, dem er bald eine kleine Schrift senden werde.

*4433.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4421 vom 13. 10. 1817.

*4434. Erschlossen aus Brief 4465 Z. 2–3 vom 24. 11. 1817. Der Brief wurde wohl zusammen mit Brief 4433 an Baiers Mutter vom 23.10.17 verschickt.

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22. 10. – 25. 10. 1817

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4435. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Freitag, 24. 10. 1817

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Um die mir übertragene Erklärung der Synode über ihre gemeinschaftliche Abendmahlsfeier bin ich bereit Meinen Herren Brüdern den Entwurf dazu am nächsten Mittwoch Nachmittag um 3 Uhr vorzulegen, wenn Sie Sich zu diesem Behuf in dem Saal des FriedrichWilhelms Gymnasiums gefällig versammeln wollen, worüber ich eine Erklärung durch die Herren Superintendenten ergebenst erbitte Schleiermacher 24/10.

*4436. An Andreas Jakob Hecker. Berlin, um den 24. 10. 1817 Über die Vorbereitung zur gemeinsamen Kommunion beim Reformationsfest.

4437. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817

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Der Herr Superintendent Marot hat mich gestern mündlich davon versichert, daß Ewr. Hochwürden sehr geneigt wären am ersten Tage des Reformationsfestes eine gemeinschaftliche Communion zu veranstalten, und mich bei derselben zu unterstützen. Ich nehme dieses gütige Anerbieten mit dem verbindlichsten Danke an, und bis davon gewiß, daß wir ueber die dabei zu beobachtende Form uns bei der auf den Mittwoch den

4435. Überlieferung: H: BBAW, SN 469, Bl. 2. Das Schreiben ist von den Berliner Superintendenten Marot, Küster, Hanstein und Ribbeck abgezeichnet. 3 3] korr. aus 4 *4436. 4437.

Erschlossen aus Brief 4438 vom 25. 10. 1817. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/4

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Briefe 4437 – 4440

29sten von Ihnen veranlaßten Conferenz sehr leicht mündlich vereinigen werden Hochachtungsvoll ganz ergebenst Hecker. Berlin am 25tn October 1817.

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4438. Von Andreas Jakob Hecker. Berlin, Sonnabend, 25. 10. 1817 Ewr Hochwürden ermangele ich nicht, auf Ihr geehrtes Schreiben welches ich erst in diesem Augenblicke erhalten habe, ergebenst zu erwiedern, daß ich zwar am Freitage – wie an jedem Sonn- und Festtage, an welchem eine Communion Statt findet – von der Kanzel die allgemeine Beichte und Absolution ausspreche, auch Donnerstags vorher für diejenigen, welche eine Privat-Vorbereitung in der Sacristei wünschen, dieselbe halten werde, indessen anheimstelle, ob Ewr. Hochwürden, wie es bey Ihrer Gemeinde gewöhnlich ist, die öffentliche Vorbereitungsrede von der Knazel halten wollen? Die Privat-Vorbereitung geht nach 1 Uhr an, die öffentliche könnte also nach 2 Uhr den Anfang nehmen Hecker. B. a. 25 Oct 17 Nachmittag um 4 Uhr.

4439. An August Neander. Berlin, Sonntag, 26. 10. 1817 Sie werden theuerster Herr College aus der Inlage ersehen wie Herr D Marheinecke Ihren Vorschlag an mich gebracht und was unser College DeWette darauf geäußert hat. Auch ich für meine Person sehe weder ein solches Ver4438.

Überlieferung: H: BBAW, SN 465/5, Bl. 2

4439. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 106, Bl. 37. Mit Brief 4429 vom 20. 10. 1817 an Marheineke als Einlage. – Am unteren Rand des Blattes, auf der Rückseite und auf Blatt 38 schreibt Neander: „Ich habe durch meinen Vorschlag nicht die Absicht gehabt, alle Lehren des Herrn von Meyer gut zu heißen, würde aber ihn nicht vorgeschlagen haben, wenn ich unter seinen Meinungen solche gefunden hätte, die ich für widersprechend den Grundlehren und dem Geist des Christenthums hielte. [...] Unter der Voraussetzung, daß die Promotion des Nitzsch eine Gutheißung aller seiner Lehren in sich schließe, kann ich nicht drein willigen. Sonst will ich, da meine Stimme nicht die einzige ist, nachgeben. Neander.“

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25. 10. – 27. 10. 1817

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hältniß zwischen Herrn von Meyer und dem bereits vorgeschlagenen, daß Sie seine Promotion als B e d i n g u n g für die Anderen aufstellen können, unter denen ja ohnedies schon Zwei von Ihnen besonders gewünschte sind. Dagegen hat sich unser College Marheinecke schon mündlich gegen mich für den DeWetteschen Vorschlag erklärt dem ich auch sehr gern beitrete und finde daß Hermes und Geibel ein eben so gutes Paar sind als Heubner und Nitzsch, so daß die ganze Sache nun nur auf Ihrer Zustimmung beruht, von der ich nun herzlich wünsche, daß sie endlich ohne Bedingung sein möge damit wir zu Stande kommen. Ich füge übrigens nur noch hinzu daß ich die Manichäischen Kezereien des Herrn von Meyer auch keinesweges würde haben durch unsere Promotion sanctioniren wollen. Schleiermacher 26/10.

4440. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, um den 27. 10. 1817 Meinen Herren Brüdern theile ich umstehend die Benachrichtigung mit, wie Herr OberConsistorialRath und Probst Ribbeck die Abendmahlsfeier, 4440. Überlieferung: H: BBAW, SN 469/2, Bl. 1v; h: ELAB, 10400, Nr. 178, Bl. 26. Mit der Abschrift eines Schreibens des Berliner Bürgermeisters Büsching an Propst Ribbeck (24.10.), worin die Berliner Geistlichkeit für die Feier am 30.10. in der Nikolaikirche eingeladen wird, am feierlichen Zug des Magistrats und der Stadtverordneten teilzunehmen (Bl. 1), und einem Schreiben Ribbecks (Bl. 2): „Der Gottesdiest in der Nicolai-Kirche wird am Donnerstage den 30sten dieses Morgens um 9 Uhr seinen Anfang nehmen. Nach einem kurzen Anfangsliede wird Herr ConsistorialRath Nicolai in Beziehung auf die Einweihung der Kirche ein Gebet vor dem Altar sprechen. Dann folgt das Hauptlied, die Predigt, einige Verse zur Vorbereitung der Communionfeier, die kurze Ansprache an die Versammlung, Beichte und Absolution, Consecration und Austheilung des heiligen Abendmahls. Die Beichte werde ich knieend sprechen und stelle anheim, ob dabei auch die Versammlung niederknieen will. Statt der sonst üblichen mit Ja zu beantwortenden Fragen schlage ich vor, daß die Versammlung das Amen des Beichtgebets mit einem laut ausgesprochenen gemeinsamen „Amen!“ bekräftige. Die Lieder werden besonders abgedruckt und Jedem ein Exemplar eingehändigt werden. In einem heute bei mir eingegangenen und von mir des Herrn D. Schleiermacher Hochwürden zugestellten Schreiben äussert der hiesige Magistrat den Wunsch, daß die Geistlichkeit mit ihm und dem Stadtverordneten Collegio gemeinschaftlich in Procession zur Kirche gehen möge. Falls dieser Antrag, wie ich nicht zweifle, angenommen wird, werden die Hochgeehrten Herren sich gegen halb 9 Uhr, bei gutem Wetter auf dem Rathhause, bei nasser Witterung aber in dem Louisenstiftshaus oder der alten Probstei auf dem Nicolai-Kirchhof gefällig versammeln. Berlin d. 26 Octbr. 1817. Ribbeck.“

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Briefe 4440 – 4442

deren nähere Anordnung wir ihm einstimmig überlaßen haben, eingerichtet hat, woran ich meines Theils auch nichts vermiße. Auch hoffe ich, daß es Ihnen sämtlich genehm seyn wird, sich an den vorgeschagenen Orten zu versammeln. Das Schreiben des Magistrats lege ich bei, und bemerke nur noch, wie Herr Probst Ribbeck mich mündlich versichert, der Ausdruck, daß wir uns dem Zuge des Magistrats a n r e i h e n möchten, könne nur ein Fehler des Concipienten seyn, indem eine ursprüngliche auch mündliche Verabredung dahin gegangen, daß wir, wie es auch wohl bei dieser Gelegenheit natürlich ist, eben so den Zug eröfnen, wie wir bei der Communion selbst die ersten sind. Schleiermacher.

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4441. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Dienstag, 28. 10. 1817

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Hochwürdiger Herr, Verehrtester Herr Doctor. Euer Hochwürden lesen den Buchstaben eines Mannes, der vielleicht unter ungünstiger Constellation wieder in Ihre Nähe tritt. Einmal erscheine ich vielleicht als ein halber Apostat, aus alter Zeit; nicht einmal das beneficium solidae declarationis, auf das ich doch als guter Lutheraner provociren müßte, dürfte mir in | diesen glüklichen Tagen zu Statten kommen. Dann aber bin ich überdies ein Sachse; und diese mögen predigen und beten, wie sie wollen, so sind das, wie die Berliner Zeitung mit gewohnter Schlauheit erinnert, nur fromme Wünsche. Indessen ergebe ich mich Euer Hochwürden auf Gnade und Ungnade; Sie werden doch gewiß nicht strenger seyn, als Ihre Friedenscommissarien, die unsere Cassen theilen, biß auf die Gesangsbuchs- und Bußtagscollectencasse, aber uns doch die künftigen Almosen freundlich überlassen. Ein | armer Theologe, der einfältig ist und bleiben will sein Lebelang, kan ia nicht mehr thun, als sich ieder, nun schon halb verwundnen, Dichotomie geduldig hinzugeben. Für mein Magazin kommen mir aus Ihren Staaten und aus der Schweiz häufige Synodalproteste und Proclamationen gegen die Vereinigung der beiden Kirchen zu. Ich habe sie aus guten Gründen bisher bei Seite ge4441. Überlieferung: H: BBAW, SN 238, Bl. 7 f.; D: Traulsen: Schleiermacher und Claus Harms, S. 283 f. Beantwortungsvermerk: „beantw. d 6t Dec.“

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legt. Könnten sich Euer Hochwürden vielleicht entschließen, mir von Ihrem Reichthume etwas zuzuwenden? Ich schweige von den Bedingungen, so|lange ich nicht weiß, wie Sie meine Bitte aufnehmen. Was Sie indessen auch beschließen mögen, so schmeichle ich mich doch, daß Sie die Wiederholung einer treuen Versicherung aller Verehrung und Liebe nicht verschmähen werden, mit der ich immer seyn werde Euer Hochwürden gehorsamster Diener, Ammon. Dresden, am 28. Oct. 1817.

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4442. Von Charlotte Pistorius. Garz, Mittwoch, 29. 10. 1817 Garz am Ocbr. P17S.

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Sehr Hochgeschäzter Freund! Ihre theuren Worte wie es sich gebühret zu beantworten, ist mir heute unmöglich, indem ich Ihren Wunsch, die Verhandlungen der hiesigen Synode zu kennen, von Herzen gern befriedigen wollte, und Ihnen also das ganze Protokoll in kleinem Format, übersende. Mein theurer Vater hat sehr für manches darin enthaltene gestritten, und sich vieleicht – ich will nicht sagen einen Feind gemacht – doch – z.B. das Presbyterium sollte g a n z h i n w e g – u.s.w. Manches hat er daher wieder nicht so gestalten können, als er es wünschte – er ging so weit daß einer der Herren die Versamlung verließ – sich indeß jedoch bald besann – und zurückkehrte. Mit einem Worte: Mehrere mochten glauben ihn als einen alten Mann mit ihrer guten Sache unterstützen zu müssen; er zeigte sich ihnen | aber in einer ihnen ganz neuen Gestalt. Durch diesen Eifer hatte er endlich Freiheit und Ruhe gewonnen – ob aber immer? – es kann einem so alten Manne doch mal zu viel werden. – D i e ß a l l e s u n t e r u n s . Mein Vater wünscht 4442. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/7, Bl. 1; D: KGA V/13, S. 344 f. (Nr. 4181), irrtümlich auf 1815 datiert. Mit „Protokoll gehalten in der Probstei zu Garz“ (16.9.) als Anlage (Bl. 2–6). Das Protokoll enthält Anmerkungen der Synode zu Ehrenbergs auf königlichen Befehl besprochenem „Entwurf einer Synodalordnung“ von 1817 (vgl. zu ihm KGA I/9, S. L–LIII), die den Paragraphen des Entwurfs folgen. Dies legt 1817 als Datum des Briefes nahe (vgl. Brief 4408 vom 29. 9. 1817, und Brief 4431 vom 22. 10. 1817).

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Briefe 4442 – 4444

herzlich daß dieses ganze Werk Ihren Beifall haben möge, und bittet sich es aus, an Sie, wenn Sie erst diesen wichtigen Zeitpunkt zurückgelegt haben werden schreiben zu dürfen. Es ist ihm die größte Stärkung und Erquickung die ihm werden kann von Ihnen einen Zuspruch zu erhalten – daher dankt er, so wie Pistorius und ich, Ihnen aufs innigste für Ihre liebe Zuschrift! Gott wird uns den rechten Weg zeigen – der Blick in die Zukunft ist ein Labirinth für mich, in dem nur Schmerz mein wartet. Gott verzeihe dieses Gefühl? – Er ist dennoch so überschwänglich gnädig gegen mich, daß es mich oft bis zum Staube niederbeugt. Beten sie für mich, daß er mir seinen Willen, eine Leuchte sein lasse! – Die herzlichsten innigsten Grüße der theuren Henriette und der lieben Schwester! Gott erhalte Sie Gesund! wie herrlich ist es, daß Sie es sind!! und wie freuet es mich auch um Henriettes willen. – Erhalten Sie uns Ihre Liebe, Ihre Gewogenheit. Ihre Chr. Pistorius. Noch muß ich Ihnen sagen wie wir uns gefreut haben, daß Sie dem grossen Werke an die Spitze gestellt sind! und mein Vater zieht daraus schon die glücklichsten Folgerungen! Gott stärke und behüte Sie: – und gebe Ihnen seinen vollen Seegen dazu!! –

*4443. An David Schickler. Berlin, Oktober 1817 Übersendet 250 Taler. Das Geld sei für Immanuel Bekker bestimmt und damit nach dessen Anweisung zu verfahren.

4444. Von Anne (Nanny) Arndt. Montag, 3. 11. 1817 Bonn den 3ten Nov. 1817 Ihr bösen Leute, wie könt Ihr mich aber auch so ungeheuer lange auf Briefe warten laßen, 4 Wochen binn ich nun fort von Euch, und noch 30 Erhalten … Pistorius.] am linken Rand 31–34 Noch … dazu!! –] am linken Rand von Bl. 1 *4443. 4444.

Erschlossen aus Brief 4454 Z. 15–17 vom 14. 11. 1817. Überlieferung: H: BBAW, SN 240, 20–23

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keine Zeile habe ich gesehen, nein es ist zu arg, ich Sehne mich recht zu wißen wie es Euch Allen geht, ob Ihr Gesund seid, was die lieben Kinder alle machen, Alle Tage hoffe ich auf Briefe, aber immer Vergebens, ich fange nun schon an zu fürchten es möchte jemand von Euch Krank sein, meine Brife aus Frankfurt habt Ihr doch erhalten? Auch wußtet Ihr ja daß wir gegen den 10ten hir anzukommen gedachten da hätte wohl einer schreiben können wenn es auch nur ein Kind gewesen wäre, nun hoffe ich auch auf rechte große und ausführliche Briefe. Neulich fand ich bei Dohnas die Berliner Zeitung woraus ich sah daß du Direktor der Sinode in Berlin bist, das | ist ja wohl ganz was besonderes, daß mann dich dazu gemacht hatt. Vorgestern als am 31tem habe ich wohl viel an Berlin und dich gedacht. Das Fest wurde nehmlich auch durch eine Predigt, in der, den Protestanten eingeräumten Schloßkappelle, gefeiert, da sämtliche Uhlanen in der Kirche waren so war sie zimlich voll, und es war mir ganz Wehmüthig und Gerührt zu Muthe, die rührung verwandelte sich aber bald in einigen Zorn, als die schöne Melodie, Ein veste Burg ist unser Gott: ganz jämmerlich oder vilmehr gar nicht gesungen wurde. Ein Kandidat den mann hatte kommen laßen, hatte eine so gellende laute Stimme, daß er eine wohl 3 mal größere Kirche hätte außfüllen können, auch war mir seine wunderliche Außprache sehr störend, in der Predigt konte ich auch keinen rechten Zusammenhang finden, kurz mann ging zimlich Kühl aus der Kirche. | Wenn du etwa eine an disem Tage gehaltene Predigt drukken läst, so bitte ich dich dafür zu sorgen daß ich sie bekomme, denn du must bedenken daß mann in diser Hinsicht in einer art Barbarei Lebt. Ich binn jetzt schon zimlich Einheimisch hir, wir haben auch allerlei Leute gesehen, doch weniger als die Leute wolten, ich habe aber kein Verlangen nach mehreren, sie sind alle sehr freundlich, gutmüthig, recht gescheut und Tüchtig, mir ist aber doch am wohlsten in meinen vier Wänden, Dohnas sind wirklich die Krone von Bonn, wir sehen sie auch oft und gern, die Kinder sind auch recht Nett, Helvetius wird disen Monat hir erwartet. Die Dohna gibt sich viel Mühe die Leute gesellig zu machen, daher ziht sie uns in manche Geselschaft aus der wir gern weg blieben, Arndt Lacht immer aus vollem Halse, wenn ich anfange zu klagen über die vielen langweiligen Profeßoren die dann | noch kommen werden, und die mann wird sehen müßen, R u k s t u h l ist bis jetzt unser Intereßantester Thetrinker, ja, ja R u k s t u h l , Dohnas fragen alle Tage nach ihm und wollen ihn gerne kennen lernen, nächstens wird sich noch ein junger Mann zum The einfinden, ein Herr von Eunhausen, beim Bergwesen, er ist ein bekanter von 9 daß ] das 22 daß] das auch] aus

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Briefe 4444 – 4445

Lücke, mehr als 2 Leute können wir noch nicht zum The sehen, denn unser Kasten mit Taßen ist statt hir ausgeladen zu werden nach Köln gegangen, von dort haben wir ihn noch nicht. Dafür ist die Gegend aber auch über alles Schön hir, noch gestern Nachmittag fuhren wir mit Dohnas Spaziren, es war das schönste klarste Wetter, und die gegend lag ganz Zauberisch Schön vor uns, die Krone ist immer das Siebengebürg, welches immer mit dem wundervolsten, Schein, | Glanz und Farben vor einem liegt. Vor 14 Tagen war Karl Treu auf einige Tage bei uns, mit disem haben wir dann manche Wanderung gemacht, auch einen Tag nach dem Siebengebürge, den Drachenfels bestigen, Karl Treu hatt sich sehr verändert, es ist ein sehr Netter Mensch, groß Schlank und Blond, still und Ernst, und Freundlich und gut, Arndt siht er aber gar nicht Aehnlich, scheint mir auch überhaubt ein ganz eignes Wesen zu bekommen. In disen Tagen werden wir auch wohl nach Köln wozu ich mich sehr freue, doch wäre es schreklich wenn die Universität nicht hir her käme denn je mehr ich hir von Köln höre desto weniger wünsche ich dort zu Leben, auch fehlt die schöne Gegend ganz in der wir hir Schwelgen. Könte ich doch meinen Kindern einen Korb von den schönen Aepfeln schikken, die es hir in großer Menge gibt, und sehr Wohlfeil, und dich | möchte ich ein par Wochen mit Kramsvögeln füttern, die mann hir den ganzen Winter hatt. Für Jettchen und die alte Lotte habe ich noch nichts aufgefunden was sie besonders erfreuen könte, ja doch, sehr schönes Spelt Mehl gibt es hir, von dem mann die vortreflichsten Klöße Kochen kann, hibei fält mir ein daß ich dich Jettchen bitten wolte mir doch aus deinen Abschriften die von einem abgerührten oder Mehlpudding zu schikken, eine weiß ich ist sehr gut, auch zu Gebaknem Reiß, und von Mine Reimer die Sandtorten abschrift. Sage mir doch wie geht es mit der Amerikanerin, habt ihr Louise und Winkel noch, was macht die kleine Hildegard, das kleine Blauäugige, wie geht es in der neuen Wohnung, und wie habt Ihr Euch darinn vertheilt? alles dies muß ich wißen. Denkt ihr | auch zuweilen an die Reise zu uns, laßt sie Euch ja nicht aus dem Sinn kommen, ich denke recht oft darann und vertheile Euch in gedanken schon in den Zimmern, meine lieben Kinder muß ich einmal hir haben, und sie recht mit Obst füttern und Butter, Brodt und Milch, und sie Spazirenführen. Neulich in der Kirche fiel mir ein, am Ende kömt Schleiermacher noch als Universitäts Prediger hir her. Vorige Woche trat mit einmal Jensen in meine Stube, der hatt sich so lange auf Reisen herum getrieben, wolte nun noch nach Köln und Bremen und so nach Holstein, er läßt dich grüßen, Stumm war er wie gewöhnlich 64 daß] das

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über die Maßen, ich habe mich eine Stunde mit ihm abgequält. Nun Viele Tausend Grüße an alle Freunde und Lieben, an die Kinder vor allen, laßt doch nun endlich von Euch hören. | Was macht die Fischer, ist die Münster noch nicht in Berlin. Viele Grüße an Reimers. Lebt Wohl, Arndt Grüßt, er hatt viel an Zahnschmerzen zu Leiden. Eure Nanna.

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4445. Von Johannes Geibel. Lübeck, Montag, 3. 11. 1817 Lübeck d. 3t. Nov. 1817.

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Innigst verehrter Herr Doctor! Duch den Überbringer dieses, meinen Sohn, wünschte ich Ihnen die kurze Zeit, da ich die Freude hatte, Sie hier zu sehen, ins Gedächtniß zurück zu rufen, und Ihnen noch einmal zu sagen, wie sehr mir Ihre persönliche Bekanntschaft wohlgethan hat. Leider war es mir damals, Ihres Übelbefindens wegen, nicht vergönnt, Ihre Anwesenheit mir so lehrreich zu machen, als ich gern wollte. Indeß habe ich Ihnen doch ins Auge gesehen, und etwas von dem vernommen, was ich gesucht habe. Will’s Gott, so komme ich nächsten Sommer nach Berlin, Ihnen näher, und wenn ich auch weiß, daß ich Ihnen nichts geben kann, so sollen Sie doch sehen, daß ich zu nehmen vermag, und ein Herz habe für den Geber und seine Gabe. Daß mein Sohn die Vorlesungen, welche Sie diesen Winter halten, seiner Unfähigkeit wegen noch nicht | besuchen kann, ist mir leid, ich ersuche Sie aber doch, denselben nicht als einen ganz Fremden zu betrachten, sondern als den Sohn eines Mannes, der Sie von ganzem Herzen achtet und liebt, und ihn gelegentlich Ihrer Ermunterung und Ihres Rathes theilhaftig werden zu lassen. Gott stärke und befestige Ihre Gesundheit, und lasse Sie noch recht viel zum Besten Seiner Kirche wirken, die zwar immer, aber besonders in dieser Zeit der Gährung der geistvollen und freien und doch dabei gebundenen Arbeiten bedarf! Behalten Sie mich in geneigtem Andenken! Ihr ergebener J. Geibel. 4445. 18ten“.

Überlieferung: H: BBAW, SN 288, Bl. 1.

Beantwortungsvermerk: „beantw. d

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Briefe 4446 – 4448

*4446. Von August Neander. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817 Mehrere Studenten hätten ihm gegenüber ihren Unmut darüber geäußert, dass beim Reformationsfest des Gymsasiums zum Grauen Kloster Szenen aus Zacharias Werners „Weihe der Kraft“ aufgeführt werden sollten. Die Theologische Fakultät solle sich beim Gymnasium dafür verwenden, dass die Aufführung unterbleibe.

4447. An Johann Joachim Bellermann. Berlin, Dienstag, 4. 11. 1817 Dienstag 4t. Abends

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Verehrtester Unser College Neander schreibt mir heute Abend ein Billett, mehrere unserer bravsten Studiosen seien bei ihm gewesen, um ihm ihren Schmerz darüber auszudrükken, daß bei der Feierlichkeit Ihres Gymnasiums einige Scenen aus der Weihe der Kraft sollten aufgeführt werden, und fragt mich ob ich nicht veranstalten könnte, daß die Facultät sich deshalb bei Ihnen verwendet. Das Aufführen war mir gleich sehr unwahrscheinlich; ich sehe in Ihrem Programm nach, daß nur Einer eine Stelle aus diesem Stück declamirt, was ja eine ganz andere Sache ist. Die Facultät in Thätigkeit zu sezen würde ich auch in jenem Fall nicht angemessen finden; aber eine freundschaftliche Zeile Ihnen zu schreiben wage ich auch in diesem Fall. Sie wissen ohnstreitig von den im Theater stattgehabten Auftritten. Der akademische Senat hat sich bei dem Aufsehn, welches | diese Sache veranlaßt hat, bewogen gefunden in einer höchsten Orts einzureichenden Vorstellung das Motiv der Studenten in Schuz zu nehmen, und sich über die Unschicklichkeit, dieses Gedicht in eine Verbindung mit dem Reformationsfest zu bringen nach seiner Ueberzeugung kräftig geäußert. Was Sie, Verehrtester, geschehen lassen ist freilich etwas ganz anderes; aber die Leute die *4446.

Erschlossen aus Brief 4447 Z. 3–8 vom 4. 11. 1817.

4447. Überlieferung: H: Stadtbibliothek Berlin, GL 134, Bl. 189 f.; D: Ludwig Geiger: Eine Erinnerung an die Feier des Reformationsfestes in Berlin 1817, Vossische Zeitung, Sonntagsbeilage 44 (1.11.) 1903, Spalte 345 f. 6 der] korr. aus W

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Vornehmen und Hohen zumal wissen es nicht zu unterscheiden; und es würde uns gewiß sehr schmerzhaft sein, wenn die Gegenparthei grade Sie und Ihre Anstalt als Beispiel gegen uns anführen könnte. Wenn Sie mit guter Art eine Abänderung treffen können: so würden Sie uns gewiß alle sehr verbinden. Denn daß es doch in Ihrem Programm gestanden hat, und also hat geschehen sollen, das entgeht dieser Art von großer Welt; geschähe es aber wirklich: so würde sie gewiß Notiz davon nehmen. Es kommen so viele herrliche Sachen über Luther in Ihrem Verzeichniß vor, daß Sie diese Stelle wol entbehren können. Auf jeden Fall mißdeuten Sie mir meine freimüthige Aeußerung nicht die ich dem mir bekannten Gefühl fast | allen unserer Collegen an der Universität schuldig zu sein glaubte. Leider kann ich für meine Person noch nicht übersehen ob es mir möglich sein wird an der schönen Feier Theil zu nehmen. Hochachtungsvoll und ergebenst Schleiermacher

4448. An die Synodalen der Berliner Kreissynode. Berlin, Mittwoch, 5. 11. 1817

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Eine unterm 16ten October – eingegangen den 27 – an mich erlassene Verfügung des Hochwürdigen Consistorii enthält die Bestätigung unserer Verhandlungen am 1ten vorigen Monats, und giebt mir auf Meine Herren Brüder nun definitiv auf den 11 hujus zur Abhaltung der ersten Synode einzuladen, welches ich hiemit schuldigermaßen thue, und Sie ergebenst ersuche sich um 9 Uhr zu der von mir zu haltenden Synodalpredigt in der Dreifaltigkeitskirche einzufinden, um 10 Uhr aber zu der Versammlung selbst im Saale des Friedrich Wilhelms Gymnasiums. Es scheint mir der Würde der Sache angemessen, daß wir auch in der Versammlung jedesmal 4448. Überlieferung: h: ELAB, 10400, Nr. 163, Bl. 5 (Abschrift Samuel Marots in einem Rundschreiben vom 6.11.); D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 292 f. Marot eröffnet sein Rundschreiben: „Meinen hochgeehrten HErren Amtsbrüdern theile ich folgendes Circularschreiben des HErrn Dr u Professor Schleiermacher mit, und ersuche es möglichst schnell weiter zu befördern“. Dann folgt die Abschrift von Schleiermachers Schreiben. Danach fordert Marot seine Diözesanen auf, mit der Unterschrift zusammen ihren Ordinationstag anzugeben. Die Unterschriften mit den Angaben stehen auf Bl. 6.

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Briefe 4448 – 4450

in unserer vollen Amtskleidung erscheinen, und ich sehe voraus daß Meine Herren Brüder hierin mit mir übereinstimmen werden Was die Gegenstände unserer Verhandlungen betrifft: so sind wir durch die bekannten früheren Verordnungen für diesesmal auf die Berathung des Entwurfs zur Synodalordnung allein verwiesen. Es ist zwar seitdem die Allerhöchste, die Vereinigung betreffende, und auch an die Synode gerichtete Aufforderung vom 27 September erschienen, allein da damahls alle Kreissynoden mit Ausnahme der unsrigen ihre diesjährigen Versammlungen schon geschlossen hatten: so kann im Allgemeinen diese Aufforderung nur die Berathung dieser Angelgenheit im künftigen | Jahre gemeint haben, und da das hochwürdige Consistorium diese Aufforderung unserer Synode nicht auf eine besondere Weise, sondern nur den HErren Superintendenten im Allgemeinen mitgetheilt, auch in der eingegangenen Verfügung von diesem Gegenstande gar keine Erwähnung geschieht; so scheint die Meinung zu sein, daß auch wir ihn erst gleichzeitig mit allen andern Kreissynoden im künftigen Jahre berathen sollen; und es bleibt daher für diesesmal ausschließend bei der Berathung des Entwurfs. Da uns dieser hinreichend bekannt ist; so kann es wohl kein Bedenken haben über alle aus demselben unmittelbar sich ergebenden Fragen gleich nach beendigter Berathung, ohne weitere Aussetzung auch abzustimmen. Alle andern Gegenstände die Einer Meiner Herren Brüder möchte zur Berathung bringen wollen sind auf die nächste Synode im künftigen Jahre auszusetzen. Die HErrn Superintendenten aber und die HErren Senioren der Hohen Ministerien der Dom und Parochialkirche ersuche ich ergebenst zum Behuf der bei der Abstimmung zu beobachtenden Ordnung mir gefälligst ein Verzeichniß über Ihr und Ihrer HErrn Diöcesanen und Collegen Dienstalter nach der Ordination gerechnet zukommen zu lassen. Schleiermacher 5/11.17.

*4449. An Anne (Nanny) Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, vor dem 8. 11. 1817 Über den Umzug in die Wilhelmstraße. 35 Diöcesanen] Diecösanen *4449. Erschlossen aus einem Brief von Anne (Nanny) Arndt an Henriette Schleiermacher vom 9.–16. 11. 1817, BBAW, SN 240, Bl. 24 f.

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5. 11. – 9. 11. 1817

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4450. Von Wilhelm August Breyther. Oberröbligen, Sonntag, 9. 11. 1817

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Hochwürdiger Herr, Hochzuverehrender Herr Doctor und Profeßor. Ew. Hochwürden übergebe ich hierdurch ein Schriftchen, in welchem ich meine Gedanken über die Nachtheile, welche damit, daß Theologie Studirende Jünglinge in activen | Militairdienst eintreten sollen, verbunden sind, geäußert habe. Mehrere, welchen ich dießes Werkchen zum Durchlesen gegeben habe, verlangten von mir, daß ich es sogleich drucken laßen sollte; allein ich wage es gleichwohl nicht, weil ich nicht weiß, wie es vielleicht in Berlin aufgenommen werden dürfte, ob ich gleich nicht glaube etwas Nachtheiliges fürchten zu dürfen, weil ich mit möglichster Vorsichtigkeit geredet habe. Zu Ew. Hochwürden wende ich mich vertrauensvoll, und ersuche HochDieselben mir Dero gütiges Urtheil nicht nur über diese Schrift selbst zu ertheilen, sondern mir auch zu sagen, ob ich dieselbe gedruckt oder ungedruckt an den König, oder zum wenigsten an das Ministerium des Innern ohne Nachtheil für mich senden darf. Da der Einwohner meines Orts, welcher Ew. Hochwürden diese Schrift überbringt; sich in Berlin Erbschaftsangelegenheiten halber mehrere Tage aufhalten wird: so ersuche HochDieselben ich gehorsamst mir durch denselben gütigst Ant|wort, woran mir sehr viel gelegen ist, zu ertheilen; denn von derselben wird es abhangen, ob ich mit dieser Schrift hervortrete, oder ob sie in meinem Pulte unbenutzt liegen bleiben wird. Lebenslang werde ich diesen Beweis von großer Güte gegen mich mit dem gerührtesten Danke erkennen, der ich mit der größten Hochachtung verharre Ew. Hochwürden gehorsamster Diener Wilhelm August Breyther Predig. Oberröblingen am 9ten Novembr 1817

4450. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/1/1. Mit einer (handschriftlichen, in SN 465 nicht vorhandenen) Denkschrift über die Nachteile der militärischen Dienstpflicht für Theologiestudenten. (Das Werk blieb offenbar ungedruckt.) – Empfangs- und Beantwortungsvermerk: „empf. d 15t. Nov beantw. denselben“.

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Briefe 4451 – 4454

*4451. An Charlotte (Lotte) Bornemann. Berlin, Montag, 10. 11. 1817

*4452. An David Schickler. Berlin, Dienstag, 11. 11. 1817 Das für Bekker bestimmte Geld sei bei diesem noch nicht angekommen.

*4453. Von David Schickler. Berlin, vor dem 14. 11. 1817 Von Bekker sei nie eine Anweisung gekommen, wohin das für ihn bestimmte Geld überwiesen werden solle. Es solle aber nunmehr durch Valentini an ihn kommen.

4454. An Immanuel Bekker. Berlin, Freitag, 14. 11. 1817 A / Monsieur Bekker. / fr. Grenze / Rome / chez S. E. Mr Niebuhr / Ministre plenipot. de S. M. / le Roi de Prusse [Rückseite] Berlin d. 14t. Nov. 17 Mein theurer Freund in Ihrem Briefe vom 18ten October stellen Sie Sich etwas an als könnte ich auf irgend eine Weise dran Schuld sein daß Sie Ihr Geld noch nicht erhalten haben; indessen ist kein Mensch daran Schuld als Sie Selbst. Denn mir haben Sie keinen andern Auftrag gegeben als Ihr *4451.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4425 vom 16. 10. 1817.

*4452. Erschlossen aus Brief 4454 Z. 16 vom 14. 11. 1817; zum Datum siehe das Erledigungsvermerk zu Brief 4428 vom 18. 10. 1817. *4453.

Erschlossen aus Brief 4454 Z. 16 vom 14. 11. 1817.

4454. Überlieferung: H: University of Chicago Library, Special Collections Research Center, Immanuel Bekker Papers; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 73–75 7 haben] korr. aus hat

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Geld einzucassiren und zu Schiklers abzugeben; ich denke also natürlich daß Sie mit Schiklers Verabredung getroffen haben, und kümere mich also um nichts weiter. So schicke ich am 13ten August meine 350 r hin und bin ganz zufrieden indem ich die Quittung in der Hand habe: so schicke ich im October die 250 r hin, beidemal schreibend das Geld sei für Ihre Rechnung und ersuche ich damit nach Ihrer Anweisung zu verfahren. Schicklers aber lassen das Geld liegen, weil Sie ihnen keine Anweisung gegeben haben und warten daß eine kommen soll. Endlich komt Ihr Brief, und nun schreibe ich an Schicklers, die mir dieses antworten und auch daß sie nun sogleich das Geld durch Valentini an Sie übermachen werden. Also mein werthester suchen Sie die Irrung nur hübsch bei Sich Selbst. Ich bin nur Schuld an der Verzögerung von vielleicht 2 Posttagen nach Eingang Ihres Briefes vom 18ten. Diese Schuld müssen Sie mir erlassen indem das Reformationsfest und die Synodalangelegenheiten es mir in den ersten Tagen unmöglich machten weder zu Schicklers zu gehn noch zu schreiben. Wenn Niebuhr Berliner Zeitungen bekommt, so wissen Sie vielleicht schon, daß die hiesige Geistlichkeit mich zum Praeses in ihren Versammlungen ernannt hat, und diese mir völlig unerwartete Ehre giebt mir fortwährend viel zu thun. Die lateinische Rede habe ich denn glüklich zusammengeflickt, wobei mir Boeckh sehr freundlich die Dienste der lezten Hand geleistet. So viel konnte er freilich nicht thun daß er sie aus dem genus tenue heraus gehoben hätte; aber im Pomp hätte ich mich doch mit Marheinecke nicht messen können, und ich suchte also bloß durch einige starke Gedanken mich zu heben, welches mir auch in einem gewissen Grade scheint gelungen zu sein. Das Ganze wird nun mit einer Vorrede von Boeckh Namens der Universität gedruckt und dann sollen Sie es mit einer guten Gelegenheit erhalten. Uebrigens fehlt es hier nicht an interessanten Begebenheiten, die Ministerialveränderungen sind zwar nicht gründlich genug, aber doch immer erfreulich, bei weitem aber für den Augenblik aufregender sind die Skandale welche sich über eine Wartburgische Studentenversammlung erhoben haben, so daß bei uns alle einzelnen die dort gewesen über alles was dort ist vorgenommen worden sollen vernommen werden. Das Publicum ist über die Veranlassung uneins. Einige suchen sie in der verbrannten UlanenSchnürbrust, andere im verbrannten Ancillon und Kampz und noch Andere in Anreizungen diplomatischer Personen welche die Besorgniß verbreiten die dortige Versamlung wäre vom Tugendbund 14 ihnen] Ihnen 27 lezten] korr. aus nächst 37 f Studentenversammlung] korr. aus Studentt

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Briefe 4454 – 4456

geleitet worden und die Studenten hätten auf revolutionäre Projecte das Abendmahl genommen. Welches ist nun von allem das lächerlichste? Was den Platon betrifft so hoffe ich haben Sie Müllers desiderata durch Buttmann erhalten. Müller ist immer zwar abgereiset allein zum Glük hat er Ihre Papiere mitgenommen, so daß die Sache nicht in andere Hände kommt. Ob Sie auch so noch wünschen daß sie aufgeschoben werde stelle ich Ihnen anheim, ich habe deshalb noch nicht mit Reimer gesprochen, und bitte Sie auch ihm lieber selbst zu schreiben, weil wir so viel eher zu einem entscheidenden Resultat kommen. Nächstdem bitte ich Sie sehr dringend, sobald Sie in Rom eine Ueberzeugung bekommen haben wie es mit den Aristotelicis steht und wieviel Freiheit zu arbeiten Sie bekommen können, mit Berüksichtigung dessen was Sie von Florenz (welches ich für den Hauptpunkt für den Aristoteles hielt) nun gewiß genauer wissen, ein officielles Wort über diese Sache an die Klasse zu schreiben indem Ihre längere Sendung sich doch eigentlich hierauf bezieht. Ist es mit dem Aristoteles nichts, und wünschen Sie doch Ihren Aufenthalt in Italien zu verlängern so geben Sie uns ein anderes Project welches die Akademie adoptiren könnte an die Hand, damit wir wenigstens einen schiklichen Vorwand finden Sie länger dort zu lassen. Aber Sie böser Freund! wie können Sie, wenn auch nur Eine eilige Seite, schreiben ohne wenigstens eine Silbe von unserer Freundin zu sagen. Grüßen Sie sie herzlich und sobald etwas Ruhe wäre sollte sie ordentliche Briefe erhalten. Bei uns ist, bis auf leider! meinen Bedienten alles wohl. Die kleine Hildegard hat etwas gekränkelt wahrscheinlich durch Erkältung, es ist aber vorübergegangen, und ich hätte mir beinahe einige Rippen ausgefallen sie sind aber diesmal noch ganz geblieben. Alles grüßt herzlich Schl.

*4455. An Wilhelm August Breyther. Berlin, Sonnabend, 15. 11. 1817

52 einem] mit Einfügungszeichen über der Zeile *4455.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4450 vom 9. 11. 1817.

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14. 11. – 16. 11. 1817

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4456. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 16. 11. 1817

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An Ein hohes Ministerium der geistl Sachen u des öffentl Unterrichts In dem ganz gehorsamsten Bericht vom 1ten Juli anni currentis hatte die unterzeichnete Facultät sich für die beste am ReformationsSäcularfest zu krönende Abhandlung einen Preis von 150 r der auch huldreich bewilligt und ertheilt worden ist, und falls mehrere würdige Arbeiten eingegangen noch ein zwiefaches Accessit von 100 r und 50 r erbeten. Nun haben wir freilich nur Gelegenheit eine Abhandlung zu krönen, weil an dem bestimmten Termin nur Eine Abhandlung eingegangen war. Wir wissen indeß daß wenigstens einer von unseren ausgezeichnetsten Studirenden an diesem Gegenstande fleißig gearbeitet hat und nur von der Zeit übereilt die Sache aufgegeben, und wir würden um so mehr wünschen ihn zur Vollendung ermuntern und auch nachträglich noch belehren zu können als der Empfänger des Hauptpreises ein Ausländer war dieser aber ein Inländer ist. Das übrig bleibende würde uns höchst erwünscht sein um die diesjährige gewöhnliche Prämiensumme dadurch zu erhöhen. Da aber unsere Hofnung diese 150 r auch nachträglich zu erhalten nur auf einer mündlichen günstigen Aeußerung | des Herrn Staatsministers von Schuckmann Excellenz beruht so sind wir so frei Einem hohen Ministerium der geistlichen Sachen und des öffentlichen Unterrichts unsere ganz gehorsamste Bitte daß diese Summe ihrem Zwek, der Belohnung von Studirenden unserer Facultät möge gewidmet bleiben und uns zu dem Ende huldreichst angewiesen werden nochmals ausdrüklich vorzutragen Wir verbinden hiermit das gehorsamste Gesuch die Druckerrechnung für die Diplome der am Säcularfest promovirten Doctoren ebenfalls bei der Kasse der wissenschaftlichen Anstalten präsentiren zu dürfen,

4456. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 127, Bl. 17. 12 belehren] Kj. ehren 18 sind] folgt )s* frei] folgt )unsere Bitte* 25–31 Wir … einzuziehen.] mit Einfügungszeichen am linken Rand

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Briefe 4456 – 4458

da diese Ausgabe ohnstreitig zu den Verhandlungen des Festes gehört, und es uns in diesem Falle nicht schicklich scheint die Kosten von den Promovirten selbst einzuziehen. Nomine facultatis conc Schleiermacher 16/11.17. legi D Marheineke de Wette

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4457. Von Lauter. Sonntag, 16. 11. 1817

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Hochwürdiger Herr, Hochgeehrtester Herr Doctor. Erst heute habe ich Ihre Schrift, über die p Synodal-Verfassung, in meiner Lesegesellschaft erhalten, und sie hat mir ein so hohes Vergnügen gewährt, daß ich nicht umhin kann, Ihnen dafür meinen Dank abzustatten. Nach meiner Ueberzeugung kann aus der ganzen Synodal-Verfassung, aus der Vereinigung der reformirten und lutherischen Christen, und aus Allem, was man noch thun mag, nichts Großes für die evangelische Kirche entstehen, so lange diese Kirche der Willkühr des Ministers des Cultus untergeordnet bleibt, der bald wie ein Zedlitz nichts als Licht, bald wie ein Woellner nichts als Finsterniß, und bald wie ein Schuckmann gebietet, daß statt Hanstein’s christlicher Lehre für Kinder der Catechismus Luthers wieder in die Schulen eingeführt werden soll, der doch nach dem Urtheil aller Sachverständigen seine Zeit überlebt hat und mit den jetzigen anderen Schulbüchern im größten Contraste steht. – Die evangelische Kirche muß sich in einem hohen g e i s t l i c h e n und nicht w e l t l i c h e n Rath constituiren, wenn sie nicht wie bisher ein Spielball in den Händen der weltlichen Minister des Cultus seyn soll. – Ew. Hochwürden sind gerade der Mann, der dies am | besten sagen kann! – – – – 29 durch] folgt )durch* 4457. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/6, Bl. 1; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 151 (Erwähnung). Beilage (Bl. 2 f.): „Entwurf zu einer guten und festen Gründung des Kirchen- und Schulwesens im preuß. Staate.“

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Ich erlaube mir daher, Ihnen hiebei einen kurzen Entwurf zur festen Gründung des Kirchen- und Schulwesens in unserm Staate zu überreichen, mit der Bitte, ihn zu prüfen, zu verbessern und ans Licht zu stellen. Er enthält wenigstens einige Erfahrungen, die es wohl verdienen, daß sie beachtet werden. Nehmen Sie gütigst die Versicherung an, daß ich mich mit der größten Hochachtung und Werthschätzung unterzeichne, Ew. Hochwürden ganz gehorsamster Diener Lauter. den 16t. Novbr 1817.

4458. Von Immanuel Bekker. Rom, Montag, 17. 11. 1817 Herrn D. Schleiermacher / d.G. [Bl. 10v] Rom 17 Nov. 17.

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Ich hoffe, mein verehrter Freund, Sie haben das Blatt erhalten, das ich von hier gleich nach meiner Ankunft an Sie geschickt, um den schon in Mailand erwarteten und noch immer nicht empfangenen Creditbrief, wo möglich, herzubeschwören. Es thut mir gar leid Ihnen Mühe zu machen und Zeit zu rauben: leider muss ich. Von der Stadt, che già fù capo ed or è coda del mondo, wird Ihnen die Herz geschrieben haben, die ungleich mehr sieht und in rosigerm Lichte, als mir vergönnt ist, der ich täglich von acht bis zwölf bei den Augustinern collationire, und überhaupt mein Hiersein nicht als Zweck betrachten darf, sondern als Mittel zu einem wahrscheinlich unerreichbaren Zwecke. Eine Freude habe ich gehabt, Przystanowski hier wieder zu finden. Nun ist aber auch der schon wieder weit, zurückkehrend nach Deutschland. Er wünschte eine Stelle in Bonn: könnte ich ihm dazu helfen! Niebuhr, der mich mit der dankwerthesten Freundschaftlichkeit behandelt, befindet sich wohl, seitdem er aus Frascati herein ist. Desto übler

4458. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 10; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 75 f. 5 erwarteten] erwartetet

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Briefe 4458 – 4461

geht es dem armen Brandis, der morgen nach Neapel reist, damit ihm andere Luft bekomme. Marcuccio ist wirklich ein schönes Kind Wieviel von meinem Plato fertig sei, wüste ich herzlich gern: daß der Druck der Anmerkungen ausgesetzt werde, bis ich ihn selbst leiten kann, ist wohl unumgänglich. Meine Papiere sorgfältig bewahrt zu wünschen wird mir um so natürlicher, je geringere Ausbeute alle Italienischen Codices geben. Von Ihrer Gesundheit, Ihren Arbeiten, Ihrem Anteil an der Synode sein Sie bestens gebeten um Nachricht. Glück und Heil zum 21! Meine treuste Ergebenheit Ihrer Frau. I.B. (dal ministro di Prussia, piazza Montanara, palazzo Orsini).

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*4459. An Johannes Geibel. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817 Geibel dürfe ihn seinen Freund nennen. Über die Arbeit der Berliner Synode.

4460. Von Konrad Gottlieb Ribbeck. Berlin, Dienstag, 18. 11. 1817

Ew Hochwürden beehre ich mich, nach Ihrem Verlangen, ganz ergebenst anzuzeigen, daß ich mit Ihrem Beschlusse, das Protocoll der bisher stattgefundenen Synodalberathungen nicht circuliren zu lassen, sondern solches bei der nächsten Versammlung zur Unterschrift vorzulegen, völlig einverstanden bin; *4459. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4445 vom 3. 11. 1817. Zum Inhalt vgl. Brief 4473 vom 12. 2. 1817. Mit einer Ehrenpromotionsurkunde der Berliner Theologischen Fakultät und einem Exemplar der „Amtlichen Erklärung der Berlinischen Synode über die am 30sten October von ihr zu haltende Abendmahlsfeier“. 4460. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/8; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 187 (Inhaltsangabe)

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auch der Herr Propst Hanstein findet das Letzte, aus den von Ewr Hochwürden erwähnten Gründen, rathsamer. Mit größter Achtung Ewr Hochwürden ganz ergebenster Dr. Ribbeck Berlin den 18. Nov. 1817.

4461. An Karl Heinrich Sack (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817

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An Den Herrn Prediger Sack junior HochEhrwürden Um den Licentiatengrad bei unserer Facultät zu erlangen ist statutenmäßig ein Examen erforderlich, zu welchem wir Sie einladen Sich Sonnabend den 13ten December Mittags um Ein Uhr auf dem Senatszimmer der Universität einzufinden; nächstdem gehört dazu eine öffentliche Disputation über eine Dissertation oder über Theses. Wollen Sie zu diesem Behuf die uns eingereichte Abhandlung welche wir mit Vergnügen gelesen haben druken lassen: so ertheilen wir dazu gern unsere Einwilligung. Ziehen Sie aber vor über Theses zu disputiren: so ersuchen wir Sie uns diese vorher mitzutheilen. Die Erlangung der Licentiatur schließt aber an und für sich noch nicht die Erlaubniß ein Vorlesungen bei der Universität zu halten; sondern hiezu wird außer Ihrer Anzeige in was für Fächern Sie zu lesen gesonnen sind, idem die Erlaubniß nur für diese ertheilt wird, noch erfodert eine öffentliche Vorlesung in freiem Vortrage. Wollen Sie diese Vorlesung unmittelbar auf die Disputation folgen lassen, so würde dadurch das Verfahren abgekürzt, und es soll uns auch genehm sein. Wir stellen Ihnen anheim zu der Disputation und Vorlesung Ihrerseits die weiteren Anstalten zu treffen, und sich dann über einen Termin mit uns zu einigen. Nomine facultatis Schleiermacher 20/11. 4461. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 106, Bl. 35. 2 HochEhrwürden] folgt )Zu E* 4 13ten] folgt )Sept* 11 ein] folgt ))sich**

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Briefe 4462 – 4465

*4462. An Johann Christian Tiemann. Berlin, Donnerstag, 20. 11. 1817 Tiemanns Erwartung den weiteren Aufbau einer Presbyterialverfassung betreffend sei offenbar trübe. Zu strenge Kirchendisziplin bringe Heuchler hervor; als Sanktionen reichten ein Tadel durch das Presbyterium und ein temporärer Ausschluss vom Genuss des Abendmahls aus. Tadelt den Vorschlag der Magdeburger Kreissynode, ein allgemeines Religionslehrbuch einzuführen. Gegen unwürdige Geistliche sei die Disziplinargewalt der Superintendenten nicht hinreichend. Über Parochialzwang und Dimissorialien. Die Gemeinden könnten mit der Zeit selbst die Kosten für die Synodalversammlungen bestreiten. Über die Frist, neugeborene Kinder zur Taufe zu bringen.

4463. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Donnerstag, 20. 11. 1817 Halle den 20 Nov. 17 Ich hoffe meine frühere kleine Sendung ist durch die Buchhandlung in Ihre Hände gekommen, mein Geehrtester Freund. Hier erfolgt ein Nachtrag der sich ebenfalls Ihrer freundlichen Aufnahme empfiehlt und besonders in seinem letzten Abschnitt auf Ihr Urtheil darüber begierig ist. Ich bin fast willens es dem PKönigS zu schicken, und mit einem ofnen Bericht als ein ganz unbefangen Dastehender zu begleiten, worin gesagt werden soll, woran sich hier allein die Sache stößt, die Ihnen so sehr am Herzen liegt. Mit meinen übrigen Äußerungen werde ich es wohl diesem und ienem nicht recht gemacht haben. Aber das muß ia so seyn wenn die Freyheit erhalten werden soll. Sehr gefreut habe ich mich Ihrer Wahl zur Synode; und sehr verlangt mich nach dem Resultat der ersten, wenn Sie uns ia wohl etwas werden hören laßen. Ich empfehle mich verbindlichst und herzlichst Ihr Niemeyer *4462. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4401 vom 20.–22. 9. 1817. Zum Inhalt vgl. Brief 4470 vom 29. 11. 1817. – Mit einem Exemplar der Erklärung der Berliner Kreissynode zur gemeinsamen Abendmahlsfeier. 4463. Überlieferung: H: BBAW, SN 342, Bl. 11. Mit einer Druckschrift, vielleicht „Akademische Jubelpredigt bey der Feyer des 3ten Säcularfestes der Kirchen-Reformation“ (Halle 1817). – Beantwortungsvermerk: „beantw d 8t. Jan 1818“.

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Was soll doch mit der Welt werden wo die PBrotgierS und PeinS P S PJünglingS sie erzürnen PoderS sollen? Aber sind die Alten nicht Schuld daran. Es [wird] ihnen wie dem Hexenmeister gehen!

*4464. An Luise von Willich. Berlin, Mitte November 1817

4465. Von Theodor Schwarz. Wiek, Montag, 24. 11. 1817 Wiek den 24ten Nov. 1817.

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Aus Ihrem Briefe an Baier habe ich gesehn, daß Sie auch meiner freundlich gedacht und eine kleine Schrift mir haben zusenden wollen; ich habe aber nichts erhalten – gerne hätte ich Ihre Ansicht über unsre neue projecirte Synodalordnung vernommen, doch in unsern Buchhandlungen geht es so träge zu, daß man verzagen muß Bestellungen der Art zu machen, weil es alt ist, wenn es ankommt –. Wollen Sie mich also an dergleichen Theil nehmen laßen, so müßen Sie es mir grades Weges von Berlin senden und Reimern dazu antreiben. Auf unsrer ersten Sinode in Bergen wäre das wichtigste beinahe ganz übersehn worden; Ich drang darauf gleich anfangs: – „wie den Synoden, im Bunde mit den Presbyterien, eine gesezgebende Stimme zu Theil werden könne, so dass der Kirche eigenthümlich Leben selbstständig, und frei sich entwikle und überhaupt zur Sprache komme, was uns Noth sei – die Gesamtstimme des Clerus und der Presbyterien müße entscheiden, nicht die Consistorien auf unsre B e r i c h t e willkührlich v e r f ü g e n . | Der Landesherr wolle diese Stimme, als die seines christlichen Volkes, ehren und in Kraft stellen oder die Sache zur neueren Berathung den Synoden übergeben; nicht aber von oben herab entscheiden, es möge paßen oder nicht – Erfahrung müße zum Grunde gelegt werden, damit man nicht länger mit *4464. Erschlossen aus Brief 4475 Z. 28–32 vom 5. 12. 1817. Danach erhielt Luise von Willich den Brief, als sie in Stralsund bei Charlotte Cummerow weilte; dort war sie ungefähr vom 14. bis zum 21. 11. 1817. 4465.

Überlieferung: H: BBAW, SN 389, Bl. 1–4

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Brief 4465

Ideen sich berausche und in schönen Worten sich ergehe, woraus nichts w i r k l i c h e s entstehn könne[“] – u.s.w. aber dieser Punkt, worauf alles ankam, ward bis zulezt hinaus geschoben und nur im Abschied nehmen b e r ü h r t –, so sehr auch Baier und ich auf E r n s t drangen! Die lieben Leute wollten eben nach Hause, denn es ward ihnen zu spät!! – [(]Das unter uns!) ich fühlte es mit tiefem Schmerz; doch mögen verborgne Samen kommen und bald aufgehn; Gotte gebe es! – Aber davon wollte ich Ihnen eben nicht schreiben, Baier mag Ihnen mehr davon sagen! Über die gewünschte Vereinigung der beiden evangelischen Confessionen möchte ich Ihnen Heute meine Herzensmeinung sagen und meine Überzeugungen aussprechen; so weit dieses Blatt es erlaubet – von Mund zu Mund möchte es beßer gehn – doch nehmen wir, wie es ist! | Die Verschiedenheit in der Feier des heiligen Abendmahls, der Hauptunterschied beider confessionen, hänget nicht allein am Worte, sondern ist Sache des Gefühls – die vorschlägliche Vermittlung: – „Der Herr sprach“ das ist u.s.w. – scheint mir nicht zulänglich –! es wird dadurch ein H i s t o r i s c h e s , abgekältet durch den Blik in die Vergangenheit, was ein ewig l e b e n d i g e s und g e g e n w ä r t i g e s sein soll, in dem es dem Verlangenden dargeboten wird – ein Mahl der ewigen Liebe –. Wozu auch die Wiederholung: „Der Herr sprach –“! da dieses schon in den Einsetzungsworten vorkömmt? mir scheint es, wenn nicht weiter, doch abgeschmakt – ja pedantisch und sehr fern vom Geist des Stifters –. Lieber dürre Verstandesform: – „d a s b e d e u t e t –“ womit sich gewiß auch viel Treue und Hingebung verbinden kann, denn in einem gewißen höhern Bewußtsein kömmt es gar nicht auf das arme Wort an –! Soll aber das G e f ü h l a u s g e s p r o c h e n werden, so heiße es schlechteweg, wie Luther verlangte: – „das ist“ – denn das Dogma der transsubstantiation, in seinem grobern und abergläubigern Sinne ist längst begraben, das heidnische darin hat das Feuer | der Reformation verzehrt –; in seinem höhern himmlischen Sinne aber, als Gemeinschaft des Herrn, Gemeinschaft in Fleisch und Blut und Z u e i g n u n g seines Opfertodes, wird es ewig bleiben. Da heißet es nicht anders als – „d a s i s t “ – wie schön und Kindlich ist diese Form! e s i s t ein Brod des Lebens und ein lebendiger Trunk, w i r k l i c h , l e b e n s k r ä f t i g , g e g e n w ä r t i g – Es ist eine Verwandlung durch Glauben, nicht durch das Kreutz des Priesters noch durch die weihenden Worte, sondern durch deren Liebe –! wer nicht unterscheidet den Leib und das Blut des Herrn, dem dient es zum Gerichte – Warum? – er glaubet nicht und liebt nicht und wird verhärtet am heiligen Tisch – „wer nicht mit ihm, der ist wider Ihn“ –. 59 wider] wieder

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Treten Sie also hinüber, denn wir wollen beide ja die Wa h r h e i t ; nicht mit humanem Indiffenrentism auf halben Wege uns entgegen kommen und etwas v e r a b r e d e n , was weder kalt noch warm ist! – Mögen die Reformirten Luthern immerhin das Verdienst laßen, die Wahrheit von Gott zu seiner Zeit am t i e f s t e n g e f ü h l t und am g l ü k l i c h s t e n a u s g e s p r o c h e n zu haben, denn das beweiset schon seine Biebelübersetzung. | Es war nicht Eigensinn, daß er so sehr bestand auf – „das ist“ – sondern ein tiefer I n s t i n k t des Rechten der ihn leitete und der uns jenen Frieden giebt, so über unsre Vernunft ist –; Mögen die Reformierten mit uns Lutherischen in diesem Geiste zusammen treten; ohne Limitationen; so wird es beiden Theilen zur Läuterung der Erkenntniß und zur Stärkung in den Glaubenswahrheiten sehr förderlich sein können – da Sie, lieber Schleiermacher jezt an der Spitze vieler Geistlichen stehn und Ihnen recht eigentlich, wie ich höre, das Kirchliche übertragen ist – (wozu ich, beiläufig gesagt, mich herzlich gefreuet habe, denn ich weiß ja, wie es Ihnen Ernst ist) – so komme ich jezt wohl an den rechten Mann und darf hoffen, daß meine Worte nicht vergeblich sind, sollten sie auch nur zu einer näheren Erörterung Sie veranlaßen; Übrigens bilde ich mich nicht ein, Ihnen hiemit etwas neues zu sagen (was ist neu?) aber ich wollte es doch s a g e n eben, wie ichs meine, denn es ist auch mir Ernst und so mag es zum Guten führen –. | Der Unterschied beider Confessionen der Evangelischen Kirche scheinet bisher, auch geschichtlich nachzuweisen, der des G e f ü h l s und des Ve r s t a n d e s zu sein. Wir schwanken mit dem Gefühl zwischen dem Katholicism und Ihrem Bekenntniße; Sie Reformierten machen mit dem Verstande eine entschiednere Opposition –. Ihr Ritus hat eine gewiße Einfachheit im Dienste des unsichtbaren gewonnen, die der unsrige zu entbehren scheint, aber es fehlet Ihnen dagegen die Stärke des S y m b o l s , das Element des Wunderbaren und das eigentliche Mysterium des Glaubens – W i r stehn mehr im Sinn und Gemüthe, S i e mehr im Verstande und in den guten Werken, beides soll sich ergenzen; aus den geheimen Quellen des Sinns und Herzens soll die rechte Mündigkeit im Glauben erwachsen, wie die Bäume an den Waßerbächen –. Die Entwöhneten von der Milch sind nicht Gottes Kinder, aber wir sollen uns doch auch an stärkerer Speise gewöhnen und ablegen was Kindisch (nicht kindlich) ist. | Ein solcher frommer Verstand, aus den Tiefen des Gefühls erwachsen, von Liebe gepflegt, wirft nach und nach alles zufällige und angehäufte ab und ergreifet das EwigNothwendige in der Lehre und in dem Geiste Jesu Christi –. So wird unser Glaube Z e i t g e m ä ß ; nicht durch Anpaßungen, Limitationen und Vernünfteleien, wie Marheineke und Andere versuchen; sondern durch ein

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Briefe 4465 – 4467

stärkeres und e n t w i k k e l t e r e s Leben, wie Paulus schreibt: – „Als ich ein Mann ward, thät ich ab, was kindisch war –“ Dazu mögen Reformierte und Lutheraner sich freundlich und treulich die Hände bieten: Sie u n s , damit unser Lehrbegriff schärfer bestimmt werde und eine reinere F o r m gewinne (denn viele wißen nicht was sie glauben und wollen) – wir Ihnen, damit das M y s t e r i u m nicht verschwinde und Gottes Wort nicht Menschen-Weisheit werde, denn was kein Auge gesehn ...... uns hat er es geoffenbaret durch seinen Geist. Lassen Sie uns b l e i b e n am Worte, so wird die Wahrheit uns frei machen – davon sprach ich am Reformationsfeste und wir fühlten einen | festen Bund mit allen evangelischen Christen –. Das Wörtlein (εστι) ist die W i r k l i c h k e i t , sie geht über alle Reflektion und Idee, mögen wir nichts ab noch hinzu thun, sondern nehmen, was uns gegeben wird und uns des erfreuen! – —— Meine Frau und Kinder sind gottlob gesund und grüßen Sie und die Ihrigen. Wir haben das Reformationsfest in großer Versammlung mit Andacht und, wie ich hoffe, nicht ohne Seegen, vollbracht. Vorbereitende Wochenpredigten und Kinderlehren, (Luthern und die Reformationsgeschichte betreffend) hatten die Gemeinde auf diese Feier gehörig vorbereitet. Sie schienen alle sehr ergriffen von diesem großen Anlaß. —— Noch wünschte ich schließlich Ihre Gutachten, wie die Frau von der Lanken, reformierter Confession, und Ihr vormaliges Kirchkind in Stolpe, bei uns zum heiligen Abendmahl gehn könne? denn sie ist es nicht wehrend ihres ganzen Hierseins und es dürfte ihr dies ein Hinderniß dünken –! ich muß mit ihr darüber reden und könnte ihr zur Beruhigung, wenn sie es wünscht, auch von Ihnen etwas darüber sagen – Antworten Sie mir bald und leben Sie wohl. Ihr Schwarz

4466. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817 An Ein hohes Ministerium der geistlichen Sachen des öffentlichen Unterrichts und des Medicinalwesens 4466.

Überlieferung: H: BBAW, II–XVII, Nr. 18, Bl. 66

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24. 11. – 27. 11. 1817

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Die Akademie der Wissenschaften sieht sich noch immer ohne einen hochgeneigten Bescheid in Bezug auf ihre wiederholten Anträge über das erledigte Burjasche Gehalt. Indem sie sich, als die Sache selbst betrifft, auf ihren gehorsamsten Bericht vom 3ten April dieses Jahres und was die Ursachen weshalb sie eine baldige Erledigung dieser Angelegenheit wünscht auf den späteren Bericht vom 26ten Julius beruft, nimmt sie sich die Freiheit ihren Antrag Einem hohen Ministerio der geistlichen Sachen und des öffentlichen Unterrichts nochmals gehorsamst in Erinnerung zu bringen. Berlin d 27t. Novemb. 1817 Die Akademie der Wissenschaften conc. Schleiermacher Buttmann Tralles Erman

4467. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 27. 11. 1817

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Der hochgeneigten Aufforderung vom 11ten September gemäß hat sich die Akademie der Wissenschaften dahin vereinigt, sofern fortwährend die beiden Stellen eines Akademischen Chemikers und eines Professors der Chemie an der Universität verbunden bleiben sollen den Herrn OberBergrath Karsten in Breslau in Vorschlag zu bringen so daß wenn Ein hohes Ministerium den Ruf an ihn gelangen läßt und er ihn annimmt, sie ihn als ordentliches Mitglied, jetzt mit dem ehemaligen Klaprothschen Gehalt, in Zukunft aber mit dem jetzt noch von Herrn Achard bezogenen eigentlichen Gehalt des Chemikers der Akademie zu versehen, anerkennen wird. Berlin d. 27t. Nov. 1817. conc Schleiermacher Erman Tralles Buttmann

6 ihren] folgt )B*

9 f Einem … Unterrichts] mit Einfügungszeichen am linken Rand

4467. Überlieferung: H: BBAW, II–III, Nr. 18, Bl. 100 Rand statt im Text )Bergrath*

4 f OberBergrath] am linken

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Briefe 4468 – 4470

*4468. An Anne (Nanny) Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, Freitag, 28. 11. 1817

4469. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 29. 11. 1817 Halle den 29t Nov. 17. Ueber einliegende kleine Schrift erbitte ich mir Ihr freundschaftliches Urtheil. Meine Collegen, die von der Abfassung nichts wußten, sind mit dem Aufsatze zufrieden zweifeln aber nur ob es de tempore sey ihn herauszugeben. So viel ist gewiß, daß unsre lutherischen Collegen, die jedes ruhigen Urtheils unfähig sind, die Bekanntmachung als eine Kriegserklärung aufnehmen würden. Andrer Seits erweckt auch das wunderbare Schweigen aller öffentlichen Blätter über die Angelegenheit seit dem Reformationsfeste die Vermuthung, auch bey mir, daß die von Oben her so ungeschickt angegriffene Sache wohl gar jetzt wieder einschlafen könnte und in diesem, b e y u n s nicht undenklichem Falle, möchte ich freilich nicht dazu beytragen sie zu wecken. Die lutherischen Prediger wenigstens hoffen stark darauf daß nicht weiter die Rede davon seyn werde. Darum habe ich beschlossen erst Ihren lang ersehnten Brief über die SynodalVerhandlungen abzuwarten, und ersuche Sie jetzt mir nach Durchsicht der Schrift zu sagen, ob Sie mit dem Aufsatze selbst zufrieden sind und dann was Sie von dem weiteren Verlauf der Sache glauben und ob Sie es wohl gethan halten daß diese Schrift erscheine. Auf jeden Fall aber ersuche ich Sie sie mir baldigst zurükzuschicken um mir die unsäglich Arbeit einer neuen Abschrift zu ersparen. Von allem übrigen nächstens so bald wir den versprochenen Brief von Ihnen haben. Alles ist hier wohl, gebe Gott daß es eben so bey Ihnen und mit Ihnen sey. Leben Sie wohl theuerster Schleiermacher Blanc

*4468.

Erschlossen aus Brief 4497 Z. 8–10 vom 11. 1. 1818.

4469. Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 96. Beantwortungsvermerk: „beantw. d 6t. Dec.“ Mit einer handgeschriebenen Schrift, wohl zu Fragen der Kirchenunion.

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4470. Von Johann Christian Tiemann. Gommern, Sonnabend, 29. 11. 1817 Sr. Hochwürden Magnifizenz, / Dem Herrn D. Schleiermacher, / O.O. Lehrer der Theologie an der Uni/versität / zu / Berlin [Bl. 6v] Gommern bei Magdeburg den 29sten 9br. 1817. 5

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Hochwürdiger Herr, Hochzuverehrender Herr Doctor, So leicht ich mir auch den Aufschub der Antwort von Ew. Hochwürden aus Dero häufigen, besonders durch die eingetretenen Synodal- und Reformationsarbeiten vermehrten Geschäften erklären konnte, so vermag ich es doch nicht zu verhehlen, daß ich mich herzlich nach derselben sehnete. Desto inniger war gestern nach meiner Zurückkunft von einer mehrtätigen Inspectionsreise meine Freude, als ich Ihre geehrte eben so gehaltvolle als ausführliche Zuschrift vorfand, wofür Ihnen mithin ich recht frölichen Dank sage. Ehe ich mir aber die Ehre gebe, Ew. Hochwürden über Deroselben Bemerkungen meine Ansichten vorzulegen, kann ich dem Drange meines Herzens nicht widerstehen, Ihnen den aufrichtigsten Glückwunsch zu Ihrem 50sten Geburtstage abzustatten, den Sie, wenn er auch spät kommt, | dennoch die Güte haben werden für das anzunehmen, was er ist, für den ungeschminkten Ausbruch derjenigen Ergebenheit, Hochachtung und Liebe, die ich, obwohl Ihnen unbekannt, schon lange im Herzen für Sie hege. Möge die göttliche Vorsehung Sie noch lange Jahre zum Segen seiner Kirche erhalten und Ihnen Kraft geben, in allen Ihren Lebensverhältnissen, vornämlich als Präses der Berliner Synode, zu welchem Sie durch Gottes Fügung gewählet wurden, für das Reich der Wahrheit und Tugend des Guten recht viel zu wirken! Fac vota rata Deus! Daß meine Vorstellung von einem zweckmäßigen und heilsamen Fortgange der nach meiner Ansicht eben nicht unter den günstigsten Auspicien begonnenen Presbyterial- und Synodalverfaßung, nach Ew. Hochwürden Ausdruck trübe sei, kann ich nicht leugnen. Es kommt mir – um ganz aufrichtig und offenherzig zu seyn – bei allem, was von oben herab in dieser Sache, die der Kirche ganz allein überlaßen werden sollte, geschehen ist, vor, als ob man dem Kinde, welches unser frommer König so lieb hat, 4470. Überlieferung: H: BBAW, SN 456/3, Bl. 1–6; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 19. 157 f. (Zitate). Mit einem Exemplar von Johann Christian Tiemann: „Ein Versuch über Lucian’s Philosophie und Sprache“ (Zerbst 1804).

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Brief 4470

nur einen bunten Rock anzöge (Genesis 37,3) um Seine Augen von dem, was eigentlich geschehen sollte und was wahrhaftig noth thut, abzulenken, wonach mithin die Form vor der Hand nur ein religiöses Ansehen bekommt, der Geist aber entweder ganz der alte bleibt oder doch so gebunden und eingeschnürt wird, daß er sich nicht frei in jener bewegen kann. Und was mich jetzt noch in dieser allerdings trüben Vor|stellung stärkt, ist die neue (in nro. 17 unsers Amtsblatts anni currentis bekannt gemachte) Organisation der Kirchen- und SchulCommißionen, wodurch wir von den Regierungen und so gradatim von den höhern Civilbehörden abhängig gemacht werden. Was aber diese im Allgemeinen für ein Interesse für die Kirche und ihre gute Verfaßung haben, ja wie hämisch und tückisch insgemein derselben entgegen arbeiten, das lehrt die Erfahrung zur Gnüge. Die Kirche muß ihr eignes gegen alle Einmischung des brachii secularis sicher gestelltes geistliches Regiment haben, an deßen Spitze nur der Landesfürst steht, der schon dafür sorgen wird, daß keine Papistische Hierarchie entstehe, wenn diese nicht auch schon in dem genio seculi einen Damm fände, den sie nicht überschreiten kann. Dies letztre wißen die recht gut, welche jetzt mit listiger Hindeutung auf Hierarchie als ein durch die normalen Erfahrungen verhaßt gewordenes Schreckbild ein geistliches Kirchenregiment zu hintertreiben suchen, bedienen sich doch aber deßelben unaufhörlich, weil sie eben so gut wißen, daß sie die Fürsten damit am ersten schrecken können. Und dies giebt mir einen neuen Grund für obige trübe Aussicht. Ich könnte noch manchen Umstand anführen, der mir dafür Nahrung darbietet, wenn ich nicht fürchten müßte, damit Ew. Hochwürden beschwerlich zu werden oder Ihnen Dinge zu sagen, die Sie schärfer sehen und richtiger beurtheilen als ich. Nur eins kann ich nicht unberührt laßen, daß man nämlich gar keinen Grund sieht zu vermuthen, die Presbyterien und Synoden werden mit einer excecutorischen Gewalt | versehen werden, um ihre Berathungen und Beschlüße zu realisiren. Und so lange wir die Ausführung von den Civilbehörden erbetteln sollen oder solche ihrer Willkühr überlaßen bleibt, läuft die ganze Einrichtung auf ein leeres Spielwerk hinaus. Ich leugne die innere Kraft der Wahrheit nicht, sondern ehre ihren Einfluß auf die menschlichen Gemüther so redlich, als irgend jemand. Nur muß der Wahrheit selbst erst Bahn gemacht werden; es muß eine Form geschaffen werden, in welcher sich der Geist der Wahrheit frei bewegen kann. Will man es aber aufs Gerathewohl ankommen laßen, wie die Wahrheit sich künftig wirksam erweisen werde, so bedarf es auch keiner Presbyterial- und SynodalVerfaßung. Ew. Hochwürden haben die Güte mich hier zu erinnern, daß eine strengere Kirchendisciplin auf der andern Seite Heuchler machen werde. Dies

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will ich nicht ganz in Abrede stellen. Allein die äußere Kirche leidet durch einzelne Heuchler nicht so viel, als durch die zahllose Schaar von offenbaren Religionsverächtern, Religionsspöttern und Religionsfeinden, von denen sie jetzt gedrängt wird; und wenn die Heuchler nur gezwungen sind, die Wahrheit zu hören, so können wir im Vertrauen auf ihre innere Kraft sicher hoffen, daß ihrer viele dadurch gewonnen werden. In Hinsicht auf das Schul- und Armenwesen ist die Disciplin noch nothwendiger, ja ich behaupte, daß ohne sie hier gar nichts geschehen könne. Mag der Heuchler seine Kinder gern oder unwillig zur Schule schicken, wenn er sie nur schickt; mag er mit Liebe oder gezwungen zur Armen-Caße geben, wenn er nur giebt. Jenes willige Schicken und Geben erhöht | nur seinen eignen moralischen Werth, durch den die Sache selbst nichts gewinnt. Wenn Ew. Hochwürden den Satz in unsern SynodalActen tadeln, in welchem wir ein allgemeines Lehrbuch vorschlagen, so darf ich es wagen zu bemerken, daß wir hier sind misverstanden worden. Denn erstlich ist es dem Wahrheitliebenden und Kenntnisreichen Prediger nicht schwer, aus jedem, auch dem unvollkommensten Lehrbuche zu machen, was er will; und die einfältigen Pfarrherren brauchen einen Hodeget sehr nothwendig. Zweytens war unser Absehen hauptsächlich auf die Schullehrer gerichtet, die einen Leitfaden für sich und ihre Zöglinge in Händen haben müßen, und wenn der eine diesen, der andre jenen Catechismus braucht, so hat der Bauer Recht, der mich vorgestern bat, ich möge doch dem Pfarrer erlauben, sein 14tehalbjähriges Mädchen auf Ostern mit zu confirmiren, weil er an einen andern Ort zöge, wo dann das Kind schon die dritte Lehre bekäme. Und allerdings wird den armen Kindern die sanfte und leichte Jesusreligion schwer und widerlich gemacht, wenn sie bald in diese, bald in jene Lehrart sich hinein arbeiten sollen, drittens konnte es unsre Meinung gar nicht seyn, den weltlichen Behörden vorzuschlagen, daß s i e hierüber etwas befehlen sollten; sondern der Sinn unsers Vorschlags ist der, daß die oberste kirchliche Behörde, die geistlichen Directoren aller Synoden und Presbyterien ein allgemeines Lehrbuch anordnen möchten, damit im Unterricht alles εὐσχημόνως καὶ κατὰ τάξιν geschehe. Ew. Hochwürden sind ferner nicht mit uns einverstanden, wenn wir den Satz so im Allgemeinen hinstellen, daß die Prediger sich nicht dazu verstehen, die Denuncianten gegen einander zu machen, und Dieselben er|innern uns eben so wohl daran, daß es an unwürdigen Mitgliedern des geistlichen Standes nicht fehle, als daß die Aufsicht des Superintendenten bei weitem nicht hinreiche, diese zur Zucht und Strafe zu ziehen. Beides 73 stellen] seyn

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Brief 4470

gebe ich, wenn von Preußischen Superintendenten, diesen mit keiner Autorität begabten Lastthieren, die Rede ist, gern zu; denn die Sächsischen Superintendenten, dergleichen ich selbst einige Jahre war, haben dazu Mittel genug in Händen, wenn sie sie nur brauchen wollen; aber von der Zucht und Strafe reden wir auch in jenem § nicht, sondern nur davon, daß den Superintendenten, ohne das quaestionirte Denunciren der Prediger, Wege genug offen ständen, sich von der Amtsführung und dem sittlichen Verhalten seiner Diözesanen zu unterrichten. Zucht und Strafe aber muß, wo die Exanorthosen des Superintendenten nicht ausreichen wollen, von der Synode angewendet werden, w e n n ihr dazu hinlängliche Autorität gegeben wird. Was den Parochialzwang und die Dimissorialien betrifft, so ist es übel genung, daß die obern Behörden sich nicht, ehe sie über so etwas Verfügungen erlaßen, gehörig ins Klare setzen, sondern die größern städtischen Verhältniße mit den ländlichen durcheinander werfen. Aber auch abgesehen davon, so kann ich doch mit meinen Synodalen die Dimissorialien nur höchstens in dem einzigen Falle billigen, wenn es auf Beichte und Abendmahl ankommt. In Ansehung der übrigen actuum ministerialium aber können wir dem Ministerialedict vom 9ten Dezember vorigen Jahres schlechter|dings nicht beistimmen, ohne zugleich viele wackere Prediger an den Pranger zu stellen. Ein geachteter Pfarrer meiner Diöces machte die unglückliche Erfahrung, daß es der Gemeine einfiel, ihm die gerechtesten Forderungen zu verweigern, und als er sich nun, nachdem alle desfallsigen Vorstellungen bei der γενεᾷ σκολιᾷ καὶ διεστραμμένῃ fruchtlos erschöpft waren, genöthigt sahe, sein Recht durch einen Proceß zu erhalten, so kamen die Leute weder zur Kirche noch zum Abendmahl. Hätten sie dazumal schon von den Dimißorialien gewußt, so hätten sie von andern Predigern taufen, trauen, begraben laßen p. Welche Entehrung des braven Mannes wäre das gewesen! Dieselben meinen: die Prediger müßten unter einander treulich zusammen halten und ein andrer Amtsbruder müßte da, wo ihm Animosität hervorleuchte, einen solchen, der seinen Pfarrer verließe, entweder gar nicht oder nur nach einer derben Strafpredigt annehmen. Aber, aber! Auri sacra fames; quo non mortalia coges pectora! Exempla sunt in promptu. Ew. Hochwürden sagen, die Gemeinden würden allmälig disponirt werden können, den größten Theil der durch die Synodalzusammenkünfte verursachten Kosten zu übernehmen. Allein verzeihen Sie mir gütigst meine Freimüthigkeit, wenn ich dies für eine schöne Hoffnung erkläre, die nie erfüllt wird. Und wie soll es bis dahin werden, als die aurea aetas erscheint, in der sich die Gemeinden dazu willig finden laßen dürften? In dieser ferrea sind sie durch den Krieg bis wenigstens auf eine Generation hinaus so

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erschöpft, und werden von den Finanziers durch Auflagen ohne Maas und Zahl so niedergedrückt, daß mans ihnen nicht verdenken kann, wenn sie sich von einer andern Seite her keine neuen Lasten aufbürden laßen. Wenn Dieselben mir die Frage vorlegen: glauben Sie nicht, daß schon der Tadel des | Presbyteriums als Sittengerichts und die wenn auch nur temporäre Ausschließung vom Sacrament ein sehr wirksames Mittel (zur Verhütung moralischer Excesse) werden wird, so beantworte ich solche unbedenklich mit nein. Die Leute entfernen sich jetzt selbst schon so sehr vom Abendmahl, daß das ἀνάγκασον εἰσελθεῖν von uns angewendet werden muß, und ich bin gewiß, daß wenn ich jemals einen zurückwiese, er nicht nur nie wiederkommen, sondern auch noch mehrere gegen mich aufwiegeln würde. Ich kann den Thomasius nicht vergeßen, welcher seinen auditoribus (zu welchen mein seliger Vater einst gehörte) in collegio gesagt hat: man müße erst ex bestiis homines machen, ehe man ex hominibus Christianos machen wolle. Gott hat mich lange genug leben und predigen laßen – ich bin 65 Jahr alt und stehe 43 im Predigtamte – um Erfahrungen über den religiösen und christlichen Sinn und Geist der Menschen zu machen, und habe die Überzeugung, daß ich nicht als ein tristis et severus senex, sondern genau nach den Erscheinungen urtheile, wie sie mir ins Auge springen. Die Kirche ist – besonders in den beiden nächsten Dezennien und vorzüglich in diesen letzten – in eine solche Zerrüttung gerathen, daß wenigstens eine ganze Generation hindurch der Stab ‫ חבלים‬angewendet werden muß, wenn ihr aufgeholfen und nur christliche Loyalität wieder hergestellt werden soll, ehe man – diese Zeit erlebe ich nicht – von dem Stab ‫ נעם‬wird Gebrauch machen können. Sacharia XI,7. Christus und seine Apostel gebrauchten jenen auch, wenn dieser nicht ausreichte, und hatten eine Gewalt dazu, die ihnen niemand nehmen konnte. Uns hat der Stab die, welche wir noch haben könnten, entzogen, und ich kanns dem alten ehrwürdigen Luther nicht verzeihen, daß er seine Kirchenparthei, als er sie der heillosen Despotie des Pabstes entriß, nicht nur ohne alles eigne Regiment hinstellte, da es ihm doch nach meiner Ansicht nicht schwer hätte fallen können, ihr eins zu schaffen, sondern sie auch im übertriebenen Zutrauen den weltlichen Regierungen in | die Arme warf. Welche Früchte das getragen hat, haben wir vor Augen. Daher faßte ich neue Hoffnung, als von einer Synodalverfaßung etwas verlautete. Aber sie sinkt – ich bekenne es unverhohlen – diese so freundliche Hoffnung mit jedem Tage immer mehr, und ich sehe jetzt nichts weiter, als eine nichts wirkende Veränderung der äußern Form. Gott gebe, daß ich mich täusche! und dann soll mein letzter Odemzug ein Dankgebet zu Gott seyn, daß er Friedrich Wilhelm sandte, um der sichtbaren Kirche Jesu eine beßre Gestalt zu geben.

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Briefe 4470 – 4471

Rücksichtlich der Taufe bin ich der Meinung, daß da man nun einmal den von Christo vorgezeichneten Weg: Lehret und taufet, umgekehrt hat, es auch bei der in der ersten christlichen Kirche angeordneten Kindertaufe bleiben und für diese Religionshandlung ein bestimmtes Gesetz da seyn müße. Denn sonst sehe ich nicht ein, was man für ein Recht hätte, jemandem zu wehren, sein Kind erst nach 3, 6, 10 Monaten, vielleicht erst im 4ten, 5ten Lebensjahre taufen zu laßen, woraus eventuell große unchristliche Unordnung entstehen würde. Das körperliche Wohl- oder Übelbefinden der Mutter, welches letztre so oft zur Entschuldigung der Unordnung gebraucht wird, steht mit der Taufe ihres Kindes in gar keinem Zusammenhang. Ich habe 17 Kinder am 3ten und 4ten Tage nach ihrer Geburt taufen laßen, ohne daß dies für mich oder meine Frau eine andre Unbequemlichkeit gehabt hätte, als die wir uns durch Bewirthung unsrer Gäste, welche auch gern mit wenigerm fürlieb genommen hätten, selbst machten. Jene lag im Bette und mir fehlte es nie an hülfreichen Händen, die ich bei einer einfachen Behandlung der Sache hätte entbehren können. Jetzt sagt mir die tägliche Erfahrung, daß die Aufgeklärten und aufgeklärt seyn Wollenden, die Vornehmen und Vornehmthuenden durch die längere und immer längere Verzögerung der Taufe dem größern Haufen (der aber auch schon anfängt, jenen nachzuahmen) anstößig werden. Also setze man ein für allemal eine Norm für die Taufe fest, und damit jedes Christenkind getauft d.h. more religioso solemni in die christliche | Kirchengemeinschaft aufgenommen werde, je früher desto beßer. Ausnahmen finden von jeder Regel Statt, doch dürften diese hier nicht ohne Genehmigung der Synoden, welche dafür der höchsten geistlichen Behörde verantwortlich blieben und deshalb jährlich eine specielle Nachweisung darüber geben müßten, und nicht anders, als bei denen, die zahlen könnten, gegen gewisse verhältnismäßige Dispensationsgebühren an die SynodalCasse, welcher man schlechterdings einen Fonds verschaffen muß, Statt finden. Doch ich muß, wenn ich bei fortgesetzter Expectoration Ew. Hochwürden nicht zum Unwillen zu reizen fürchten soll, zum Schluß eilen und entledige mich daher des schuldigen Danks für die Güte, mit der Sie mir ein Exemplar der mir noch unbekannt gebliebenen amtlichen Erklärung p übersandt haben. Mit großem Interesse habe ich sie gelesen und ehre ihren eben so einsichtsvollen als humanen Verfasser. Jetzt erlaube ich mir nur dies dabei zu bemerken, daß so bedeutend und für den beßerdenkenden Theil angenehm auch der erste Schritt in der Vereinigung der beiden protestantischen Kirchen bei dem gemeinschaftlichen Genuß des heiligen Abendmahls immer seyn mag, doch nach meiner Ansicht nicht viel damit gewonnen sei, wenn ihm nicht der zweyte: Vereinigung in der Lehre und

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im Bekenntnisse, folgt. Ich bescheide mich zwar sehr gern, von den umfaßenden Kenntnissen eines Professoris Theologiae nur ein ganz kleines Maas zu besitzen, und will von Herzen gern Belehrung und Zurechtweisung annehmen; aber doch darf gegen Ew. Hochwürden ich kein Gemeimnis daraus machen, daß ich der Meinung sei, die letzte Vereinigung könne nicht schwer seyn. Denn in der Doctrin de sacra coena haben wir Lutheraner ja den Buchstabenglauben unsers ehrwürdigen Reformators längst verlaßen und wenn wir gleich der Formel τοῦτο σημαίνει uns nicht bedienen, so statuiren wir doch keine realem praesentiam corporis et sanguinis Christi mehr, ob man gleich bisher Bedenken trug, dies freimüthig und öffentlich zu bekennen; | und in der Lehre de praedestinatione drehte sich ja vom Anfang her der Streit nur um Worte. Möchten Ew. Hochwürden mir nicht nur die Weitläuftigkeit dieser dissertatio epistolaris, sondern auch die Zutraulichkeit zu gute halten, mit der Ihnen auch diesmal ich meine Ansichten vorlegte! Zur innigsten Freude werde ich mir es rechnen und mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie es der Mühe werth finden, mich fernerhin Ihrer Zurechtweisungen zu würdigen. Da mir noch ein Exemplar von den Kindern meiner ehemaligen Muße übrig ist, so wage ich es, Denenselben solches hiermit als einen kleinen Beweis meiner herzlichen Dankbarkeit für die mir gütigst zugesandte gehaltvolle Piece zu überreichen. Vielleicht gefällt es Ihnen in einer müßigen Stunde, dies – in nro. 29 der allgemeinen Litteraturzeitung von 1807 recensirte – Büchlein, welches von meiner damaligen Oberbehörde freundlich aufgenommen wurde und die Folge hatte, daß mir das Schulwesen, so wie überhaupt das Ephoralische Amt in dieser Diöces übertragen wurde, durchzublättern. Es ist die vollkommenste Ehrerbietung, mit der ich beharre Ew. Hochwürden ganz gehorsamster Diener Tiemann.

*4471. An Johann Christian August Grohmann. Berlin, November 1817 Es werde für Grohmann schwer sein, in Berlin eine Stelle zu finden. Fichtes Professur sei noch unbesetzt. *4471. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4383 vom 18. 8. 1817. Zum Inhalt vgl. Brief 4498 vom 12. 1. 1818.

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Brief 4472

4472. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, Sonntag, 30.11. bis Dienstag, 9. 12. 1817 Bonn den 30ten Nov. 1817 Sontag

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Helvetius ist gestern Abend angekommen, wir haben ihn aber noch nicht gesehen auch noch keine Brife erhalten, und ich hofe so indeß auf eine reiche Ernte, obgleich ich es ein wenig unrecht finde daß Ihr alle Briefe mit ihm schikt, da Ihr ja doch wißen mußtet daß er beinahe 4 Wochen unterwegs sein würde, es soll dismal verzihen sein wenn Ihr Euch beßern wolt, welches ich sehr hoffe, da ihr doch nun wohl völlig Eingerichtet und in Ruhe seid, doch nun kömt die WeinachtsZeit wieder die wenigstens dich Entschuldigen wird, und so wird es wohl immer gehen, ich muß also meine Hofnung auf die Kinder und die alte Lotte richten, wenn dise aber ihre Brife immer so groß einrichtet daß sie auf eine gelegenheit warten müßen, so ist der vortheil für mich wieder verschwunden. Durch einen Zufall haben wir heute wieder Gottesdinst gehabt, ein Prediger aus dem Bergischen der hir durchreißte wurde aufgefangen, die Prediger aus hisiger Gegend scheinen aber alle, bei einem unangenehmen Organ, mit der ungeheuersten Lunge begabt zu sein, denn auch dieser | Schrie, bei s e h r mittelmäßigen Dingen die er sagte, so fürchterlich daß mir die ohren weh tahten. Doch wie sehr es einem eigentlich Bedürfniß ist in die Kirche zu gehen, lernt mann hir kennen, denn mann geht gern hinn wenn mann auch was untergewöhnliches hört. Eine recht gute Predigt hatt uns heut vor 8 Tagen Herr Nebe gehalten, er hatt auch ein sehr hübsches Organ, und sieht überhaubt sehr gut auf der Kanzel aus, mann hoft ihn als Prediger zu bekommen, welches wohl sehr zu Wünschen wäre, seine orndliche deutsche und einfache Sprache, hatt mich für ihn eingenommen, und obgleich seine Predigt mir ein wenig zu sehr auf der Erde blieb, so schien mir doch etwas in ihm zu sein, was in Zukunft wohl einen höhern Schwung nehmen kann, und, ich solte wohl gar nicht darüber sprechen, da ich zu sehr verwöhnt binn durch Schleiermacher. Gestern war hir ein wahrer Frühlings Tag, die Sonne schin Warm und ein lauer Wind wehte wie im März oder Aprill, wir machten gleich nach Tisch einen großen | Spazirgang, am rechten Ufer den Rhein hinunter, bis wo die Sieg in ihn hinnein fält, etwas weiter ins Land hinnein, gingen wir durch fruchtbare Felder 4472.

Überlieferung: H: BBAW, SN 240, Bl. 27–30

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und große Dörfer zurük, bei mancher hübschen alten Abtey vorbei, die sich der Ruine nähern, so kamen wir mit Sonnenuntergang zuhause. Daß es wirklich wie im Frühling war kanst du aus disen Blümlein sehen, deren ich an dem ganz grünen Boden in menge Pflükte, so ist das Wetter bis jetzt hir noch immer gewesen, zwar oft trübe, aber doch Mild. Den 9ten December. Ich danke dir für deine wenn auch geflügelten Worte, ich binn dadurch doch ein wenig einheimisch bei Euch wieder geworden. Dohna war gekommen als ich grade nicht zuhause war, ich habe also allerlei waß er von Berliner begebenheiten erzählte nicht mit angehört, welches mir sehr leid tuht. Es ist mir lieb daß ich mir Euch nun ruhig in der neuen Wohnung denken kann, ein klares Bild kann ich mir aber doch nicht davon machen, obgleich ich die Zimmer kenne, versuche ich es, so sehe ich Euch immer in den Zimmern worinn ich Euch verließ, oder im Kannonir Hause. Das du so bedrängt mit der Zeit bist tuht mir sehr Leid, Jettchen | laß mich aber ein Ermahnend Wort zu dir Reden, wie du es ja von mir gewohnt bist, es ist nicht möglich daß du bei der menge Kindern mit zwei Mädchen fertig werden kanst, das sehe ich aus der Ferne so gut als in der nähe, du must eine in der Küche, eine bei den Kindern und eine haben, die Wäscht Plettet und ein wenig Näht, denke dir nur was die Wäsche außer dem Hause koßtet bei so vielen Kindern, hir wißen die Leute sich beßer mit Dinstbothen zu versehen, eine Familie die ich kenne, wo Mann Frau und 9 Kinder sind, die 3 Aeltesten sind aber Mädchen von 10 bis 14 jahren, wo nie oder doch sehr selten Geselschaft im Hause ist, und hir wo alles so nahe beisammen ist, wo mann fast alles im Hause hatt, sind bis jetzt 4 Mädchen gewesen, der schlechten Zeiten wegen hatt die Frau eine abgeschaft, es tuht ihr aber sehr Leid, denn sie kann nun mit nichts fertig werden. Ich wolte ich könte einige von meinen ruhigen Stunden mich zu Euch hinzaubern, und wenigstens die Kinder Anzihen und ihnen ihr 11 Brodt geben, denn das ewige still sitzen ist mir oft sehr zu Last, meine kleine Wirtschaft ist bald besorgt, und wenn ich nicht einmal in den Keller kriche um nach den Aepfeln zu sehen, oder auf den Hof um in den Holzstall zu sehen, so brauche ich nicht die Treppe herunter zu gehen, gekocht | wird oben, in einer kleinen Stube der meinigen gegenüber, du soltest einmal die lächerliche Kochanstalt sehen, erst kam es mir wie für einen Bettler vor, nun finde ich eß aber ganz vortreflich, es ist nehmlich ein kleiner Eiserner Ofen, oben ist ein Dekkel drauf den mann abnehmen kann, da setzt mann nun ein gefäß darauf und kocht, dann ist zwischen dem Ofen und der 50 das] daß

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Briefe 4472 – 4473

Röhre eine art von Blecherner Trommel angebracht, ein klein endchcn Röhre führt aus dem Ofen das Feuer in dise Trommel (oder Trümche) wie sie hir sagen, ein Dekkel zum abnehmen wie auf dem Ofen, es kocht hir eben so Gut wie vorn auf dem Ofen, und da mann immer Steinkohlen Feuer hatt, so kocht alles sehr schnell Weich, auch hatt mann hir lauter Eiserne Kochgeschirre die nicht so schwarz machen wie die Berliner, und es kocht alles ganz vortreflich, dazu hatt mann hübsche Blechdekkel, die auf jedes Gefäß paßen, meine Küche ist also mit Blech und Eisen versehen, erst kamen mir dise Koch Einrichtungen sehr Mangelhaft vor, jetzt finde ich sie aber sehr angenehm, besonders mein kleiner Ofen mit dem Trümche, kömt mir ganz reizend vor, Räuchnicht kann nun durchaus nichts werden, auch nicht leicht Anbrennen, sondern es Schmort alles so hübsch auf gelinder Glut, mann kann nicht leicht schmakhafter | Gemüse Kochen als auf dise art, ich denke dabei oft an Aschenprödel Friderike, bei der immer alles Räuchnicht wurde, und an Schleiermacher, und Wünsche oft wenn ich Euch doch zuweilen Bewirten könte. Nun will ich aber auch aufhören von meinen Kochgeschichten, heute ist hir der erste Frost Tag, worüber ich sehr glüklich binn, das Laue Wetter war mir über geworden, in diser hinsicht liebe ich nun einmal den Norden. Durch einen Brif von Reimer haben wir erfahren daß Eichhorn hir her kömt, das ist nun wohl wieder eine gelegenheit auf die ihr gewartet habt mit schreiben, es tuht mir sehr leid daß ich es nicht gewußt habe, ich hätte dich sonst gebeten mir einige kleinigkeiten mit zu schikken die hir wenigstens nicht so gut zu haben sind, solte sich wieder eine gelegenheit finden, so sei so gut und schikke mir eine Elle feine glatte Gaase, und eine Elle durchzogen, aber breite zwischenräume, zu Fräsen, bei Nathan hatte ich welche gefunden die 7 Streifen hatte aber hübsch dicht zusammen, so weitläuftig mag ich sie nicht leiden, auch möchte ich gerne 12 Ellen silberne platt schnur vom Wilhelmsplatz, wie du sie von Gold um deinen rothen Schaal hattest, aber | ein klein wenig breiter wie deine war, villeicht besinst du dich, ich hatt um mein schönes Blaues Kleid solche Silbernen Schnur, nur ein wenig breiter wie deine goldne, villeicht kömt Mühlenfels über Berlin zurük, der muß mir dis mit bringen, das Geld schikke ich durch Eichhorn, auch für meinen Schuster, welches ich in den Todt vergeßen habe, als ich mir hir die ersten Schuhe machen ließ, fiel es mir mit Schrekken ein, solte Eichhorns Reise sich villeicht verzögert haben, so suche doch auf der Porzelan Fabrik eine Taße mit des Kronprinzen Bild zu bekommen, Eichhorn kann sie ja Bezahlen hir krigt er das Geld wieder, wir wolten sie hir Verschenken. Bitte vergiß 72 das] daß 107 des] deß

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doch nicht von Mine Reimer die Abschrift zur Sandtorte, ich hätte sie so gern zu Weinachten gehabt, frage auch ob man Puder in ermangelung des Kraftmehls nehmen kann, denn all der gleichen ist hir leider nicht zu haben. Nun Lebe herzlich Wohl, und sei nicht böse über alle dise Aufträge, wenn du einmal Zeit hast so schreibe mir etwas von der Fischer, und schreibe überhaubt, und mit der Post, nicht immer nur mit alten Gelegenheiten. Grüße die Fischer und auch die Voß, auch die Münster. Weinachten kömt Karl Treu, da | sind wir doch nicht so ganz Einsam, ich denke mir den Weinachts Abend werden wir wohl bei Dohnas sein. Nanny Lieber Schleiermacher ich muß dich doch auch mit ein par zeilen begrüßen und dich etwas fragen, ich habe nehmlich in Köln den alten Weinhändler Herrn Mumm und deßen Schwager Herrn Schloßer kennen gelernt die beide aus Elberfelde sind, und mich also als eine halbe Landsmännin ansehen, sie haben beide in ihrer Jugend eine Familie Schleiermacher gekant, in der gegend von Elberfelde, mit der ihre Familien viel Umgegangen, diser Schleiermacher sei aber dort weg und nach Wesel gegangen, sie wolten nun von mir wißen, ob er in Wesel geblieben, und ob dis unser Großvater gewesen sei, dis wuste ich nun aber alles nicht, sage mir doch was du davon weist. Von wem ist denn das Gedicht, an Arndt ihr wißt es doch wohl, ich kann keinen einzigen unter allen Berliner Bekanten in W auffinden als Docktorchen, sage mir doch von wem es ist. Wirst du nun nicht bald etwas von dir hören laßen? Alte Lotte laße ich Grüßen und danken für den langen Brif. Viele Grüße ann Reimers und Schedens.

4473. Von Johannes Geibel. Lübeck, Dienstag, 2. 12. 1817

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Innigst verehrter Freund! Am 28ten November habe ich die Diplome und Ihren lieben Brief erhalten, und ich wünschte, daß ich im Stande wäre, Ihnen zu sagen, wie ich durch beides bewegt worden bin, wie Freude, Beschämung, Dankbarkeit, und wie soll ich alles nennen? abwechselnd mein Gemüth erfüllten. Doch Sie kennen ja das menschliche Herz, und so sage ich Ihnen denn zuvörderst 4473. Überlieferung: H: BBAW, SN 288, Bl. 2 f. Dec. 17“.

Empfangsvermerk: „erhalten d 5t.

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Briefe 4473 – 4475

nur, daß ich das für mich hochbedeutende Geschenk der Hochwürdigen theologischen Facultät mit dem tiefsten und lebendigsten Danke annehme. Zwar darf ich die mir im Diplom beigelegten Prädicate nur mit der größten Beschränkung mir zuschreiben, nur wiefern sie das Ziel sind, dem ich mit ganzer Seele entgegenstrebe, aber fest vertrauend, Gott werde mein ernstes Bemühen nicht | ohne Seinen Segen lassen, denke ich, mich nie der Wahl der Facultät unwürdig zu zeigen. Was mir durch dieselbe verliehen worden ist, empfange ich aus der Hand unseres Herrn, der die Herzen und die Schiksale der Menschen lenkt, und vernehme darin seinen Ruf, mit neuer Liebe Sein heiliges Werk zu treiben. – Und so von neuem gelobe ich denn Ihm, und nehme Sie zum Zeugen, daß ich Ihm mein ganzes Leben weihen, daß ich die Erkenntniß und Verbreitung Seiner Wahrheit meine erste Sorge sein lassen, daß ich Ihm, ohne Rücksicht zu nehmen auf mich und die Welt, treu sein will bis in den Tod! Er helfe mir und stärke mich! Amen. Diese meine Erklärung bitte ich vorläufig den Mitgliedern der Hochwürdigen Facultät mitzutheilen. Ich behalte mir vor jedem derselben noch besonders meinen Dank abzustatten, weil es mir eine grosse Freude ist, mich bei dieser Gelegenheit mit solchen verehrten Männern in persönliche Verbindung zu setzen. Sollte es indeß in der Ordnung sein, daß ich an die Facultät überhaupt schreibe, | so ersuche ich Sie, dies doch durch meinen Sohn mich wissen zu lassen. Nun noch ein Wort in Beziehung auf Ihren lieben Brief! Daß Sie mein Freund sind, haben Sie mir ja wahrhaftig ausgezeichnet genug bewiesen, und daß Sie mir erlauben, Sie auch also anzureden, macht mir das Herz leicht und froh. Wären nur ausgezeichnete Talente, nur grosse Gelehrsamkeit das, was die Freundschaft begründet: so würde ich von Ihnen weit entfernt stehen müssen. Da aber die Liebe zum Höchsten, der reine Sinn und Eifer für Wahrheit die Herzen vereint, so weiß ich, da diese gewiß nie in mir erlöschen sollen, mich ewig mit Ihnen verbunden. Sie werden mit den Früchten Ihres Geistes mich nährend, mich mit sich empor nehmen! Für Ihre amtliche Erklärung danke ich Ihnen recht herzlich. Sie enthält in der That nur Worte christlicher Weisheit, und ich hoffe nun mit Zuversicht, die Berliner Synode werde recht viel wirken, theils zur Aufhebung der unglücklichen, oft so sehr störenden Spaltung in der evangelischen Kirche, theils zur Belebung des Geistes der Geistlichkeit, da Sie an ihrer Spitze stehen. Auf die Synodalbeschlüsse bin ich jetzt besonders in Beziehung auf das erste sehr aufmerksam, denn die Schwierigkeiten, | die zwar nicht in der Sache, sondern in den bis jetzt bestehenden Einrichtungen und Abgrenzungen liegen, sind nicht gering. Wird man, da die Reformirten durch alle Kirchspiele zerstreut wohnen, neue Kirchspiele bilden? oder wird man alles beim Alten lassen? Das erste zu thun, wird grossen Wider-

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spruch finden, das letzte aber wird auch die alte Trennung noch fortdauern lassen. – Es ist auch hier von einer Vereinigung beider Confessionen die Rede gewesen, und besonders hat sich unser würdiger Bürgermeister Overbeck recht dafür interessirt, aber man weiß noch nicht über die äusseren Hindernisse hinweg zu kommen. Ich hoffe, Sie zeigen uns den Weg! – Die Synoden sind gewiß als Belebungsmittel des Geistes jetzt nothwendig. Gemeinschaftlich muß unser Streben sein, oder es kommt nie etwas Rechtes heraus. Männer, wie Sie, werden dann schon dem Dinge die wahre Richtung geben, und dafür sorgen, daß mit der Wahrheit auch die Freiheit bestehet ohne welche die erste nur leerer Schall ist. Wahrscheinlich komme ich nächstes Jahr im Anfange des Julius schon nach Berlin, und nicht ohne Hoffnung grossen Gewinnes für Geist und Herz. Was Sie indessen an meinem Sohne thun, vergelte Gott reichlich Ihren Kindern! Mit der wärmsten Vereehrung Ihr ergebener J. Geibel Lübeck den 2ten Decbr. 1817.

*4474. Von Friedrich Karl Köpke. Berlin, Anfang Dezember 1817 oder früher Liste und Berechnung zu Büchern aus dem Nachlass Wedekes. Eines der Bücher (von Willem Surenhuis) sei offenbar nicht bei Schleiermacher angekommen.

4475. Von Luise von Willich. Greifswald und Poseritz, Freitag, 5. 12. 1817 bis Mittwoch, 14. 1. 1818 Greifswald den 5t. Decembr -17 Seit 14 Tagen bin ich hir lieber Schleiermacher, um die Schildenern mit ihre 6 Kindern in den Masern zu pflegen und der unerfahrnen neu zugegangnen *4474.

Erschlossen aus Brief 4480 vom 12. 12. 1817.

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Überlieferung: H: BBAW, SN 427, Bl. 141–144

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Brief 4475

Köchin zu Hülfe zu kommen. Ich war eben in Stralsund, weil die Cummerow es wünschte, ihre Tochter war nach Schlesien verheirathet und sie fühlte sich nach ihrer Abreise so verlaßen daß sie in der ersten Zeit nicht allein sein mogte. Sie war auf mich verfallen – ich war grade in Sagard, wo ich 14 Tage bleiben wollte. Allein, ihre Bitte war so dringend, daß es nicht ab zu schlagen war, ich konnte es wenigstens nicht, da ich immer in meinem Herzen Dankbarkeit für sie fühlte aus jener Angstvollen Zeit, da Ehrenfried starb – Sie stand uns da so treu bei in der Noth daß ichs nie vergeßen kann – Ich reiste also zu ihr, freilich ein wenig beklommen, denn nie fühlte ich mich ihr eigentlich nahe, und ich fürchtete mich, ihr nicht das geben zu können was sie hoffte. Indeß ging es beßer als ich glaubte. Ihre Umgebungen sind so recht Gemüthlich | daß mir gleich wohl wurde. Sie hatte mir ein allerliebstes Zimmer eingerichtet, besonders einladend war ein Secretair mit dem schönsten Schreibgeret. Ich stand nun Morgens recht früh um 5 Uhr auf, und war nun fleißig auf meiner eigenen Hand. Um 9 kam die Cummro zu mir um mir guten Morgen zu sagen, und zu erforschen wie sie mir alles recht angenehm machen könne um mich länger zu behalten. Sie war in ihrem H ä u s l i c h e n Leben wirklich viel liebenswürdiger und natürlicher wie ich sie sonst kannte, und es wurde mir bald ganz heiter und unbefangen bei ihr zu Muthe, und ich führte wirklich ein liebenswürdiges ja fast poetisches Leben. Fleißig war ich dabei, aber ganz poetisch kam mirs wirklich vor, wenn mich um eilf etwa, die Töne ihrer Harfe riefen, ich nahm dann meinen Ramen, worin ich eine liebe Arbeit hatte, und ging zu ihr wärend der Musik blühten dann die Rosen unter meinen Händen auf – Nachmittags machten wir Besuche, oder nahmen Besuch an, oder fuhren ins Konzert, so hatte ich auch die Freude bei meinem lieben Rosengewinde einen Brief von Dir | zu bekommen, Du kannst denken lieber Schleiermacher welche Freude er mir machte hette ich mich nicht geschämt, ich hätte vor Freude weinen können. So aber, freute ich mich fürs erste dass er so fein geschrieben war und legte ihn dann in meinen Korb um ihn recht still in meinem lieblichen Zimmer allein zu lesen. 8 Tage ohngefehr war ich da gewesen und – da die Cummro von der Struk Sophie hatte bitten laßen mich doch zu bereden länger zu bleiben, und ich also sah daß es ihr wirklich Ernst war meine Geselschaft angenehm zu finden (was ich nicht begreifen kann) hatte ich mich eben entschlossen bis zum Markt zu bleiben –, ich stikte eben und sie saß mir gegen über, da kam ein Expreß aus Greifswald mit der Bitte ich möge mir gleich einen Wagen nehmen und kommen weil die Schildener und alle 33 dass] das

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Kinder krank wären, und Julchen ohne alle Weibliche Hülfe – Ich war natürlich bald entschloßen und die Cummrow wurde mir in diesem Augenblick wirklich lieb. Es that ihr leid mich reisen zu laßen, doch war sie meine Meinung, „ja dort ist Noth und hir nicht“ und ich reiste – und einen größren Kontrast kann man sich schwerlich denken als mein Leben zwischen dort und hir – Alles bis auf Schildener war krank der es sehr zu erkennen schien daß ich kam. Julchen war s e h r krank – Ich kam den Abend | an, nahm 2 Kinder bei mir in der Stube und die andern neben an mit der Wärterin – und hatte Gelegenheit meine Kröpfe zu versuchen, aber mir war sehr wohl dabei, denn es war gar keine Gefahr und das Herz ohne Furcht und Angst, so liegt für mich eine wahre Freude drin ein Mal zu wißen und zu fühlen daß ich erleichtere und erquicke. Ich bin nun 14 Tage hir und habe das Haus gar nicht verlaßen könen. Nun ist es bald volbracht, die Kinderchen sind alle schon hergestellt, und sind allerliebst. Julchen ist auch wieder auf, doch will ich die Wirtschaft behalten bis ich reise damit sie recht kräftig wird – und dann hoffe ich v o r Weihnachten in Poseritz zu sein, weil ich weiß daß Sophien es lieber ist. Lieber Schleiermacher ich kann Dir gar nicht sagen mit welcher Sehnsucht ich an Euch und den Kindern denke – ach hörte ich doch von den Kindern ein Mal. Muhrbeck sagt mir Ehrenfried sei außer Hause – ich weiß daß ihm das als Strafe gedacht ist – und – ach Gott gebe doch, daß er gut und reines Herzens wird! ich habe an Pfund geschrieben lieber Schleiermacher und ihn gebeten mir von Ehrenfried zu schreiben – wie mag es wohl mit der | kleinen Jette gehen? Schleiermacher lieber Bruder, bewahr ihr Gemüth! und führe sie dem Himmel zu. Was macht Lieschen? mein süßes Lieschen spricht sie wohl mal von mir, oder ist ihr kleines Herz ganz erfüllt von Nanny und Arndt? Könnte ich doch zwischen durch wißen ob wohl die Kinder meiner gedenken. Nun die Herz fort ist, die es so schön versteht mit wenig Worten das schönste Stillleben zu malen, verlire ich Euch ganz aus den Augen. Ich treffe mich immer bei Euch im lieben Kanonirhäuschen – und kann mich gar nicht trennen von Deiner Stube und den hübschen Saal – Nun muß ich nach dem Eßen sehen. Poseritz den 14t J. –18. Das nach dem Eßen sehen lieber Schleiermacher hat’n bischen lange gedauert, vom 5ten December bis zum 14 Januar – Doch habe ich nicht die ganze Zeit am Feuerherd gestanden, wenn gleich oft genug. Ich kam nicht bis zum Weihnachtsfest zu Hause, und wäre auch jezt noch nicht los gekommen, wenn nicht die Nachricht von dem plötzlichen Tode der

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Briefe 4475 – 4477

Leibmedicin in Bergen mich | bestimmt hätte, auf meine Abreise zu bestehen, Sophie ist durch dergleichen immer sehr angegriffen, und war allein[,] da Christine Willich die bei ihr war nun zu Hause muste. Die Arme hatte die Mutter nicht mehr am Leben gefunden, sie war wie Onkel Schwarz, vom Schlage befallen, war im tiefen Schlaf versunken, und nicht wieder erwacht. „Sophie“ und Christine die jüngste und älteste Tochter sind nun noch mit Leuten im Hause der Mutter doch, ist das Haus verkauft, und sie werden sich trennen und die Eine im Kloster und die andre bei Freunden leben. Seit 8 Tagen bin ich nun wieder zu Hause. Ich traf Willich zu meiner Freude in Stralsund wie ich dort ankam aus Greifswald, und reiste gleich, D o n n e r s t a g in voriger Woche mit ihm nach Poseritz, Freitag mit ihm nach Garz, wo sie mir immer den Gefallen thun sich zu freuen wenn ich komme. Ich traf Lotte recht wohl, den Alten zwar im Bette, aber äußerst lebendig und herzlich, ich brachte ihm ein großes Marzipan Herz mit, das war ihm eine rechte Lust, ich muste vor sein Bette | sizen und er trieb seinen Spas mit das schöne Hertz. Pistorius der Arme war wie immer, still und freundlich, doch besorgt er die kleinen Amtsgespräche jezt mit vieler Treue, wozu keine S t i m m e erfordert wird, denn die fehlt ihm ja leider ganz. Nachmittags kamen die Götemitzer und ich überraschte auch sie, und war herzlich froh auch sie gleich zu sehen. Von den Kindern war niemand mit als Lottchen, auch der neue Lehrer, ein wahrer Jüngling. Ich wohne diesen Winter nicht oben sondern unten in der kleinen Stube, die ich mir möglichst angenehm zurecht gemacht habe. An der Wand nach den Gartenkammern steht mein Bette, es ist Ehrenfrieds Bettstelle, ich denke fast jeden Abend an ihn und schlafe dann sanft und ruhig darin. Gegen den Fenster über habe ich mir von einer kleinen Kinderbettstelle einen kleinen Sofa stilisirt, und bilde mir nun ein daß es einer ist – sonst schlief die kleine Jette drin, und ich konnte ihr Morgens aus meinem Bette die Hand reichen da lag der kleine Ehrenfried noch in der Wiege, und Jettchen PpatterteS mit der Ruthe – aber sie kann die Geschichte | nicht wieder. Tags sitze ich mit mein Spinrad da wo sonst Dein Bild hing, die Wand ist leer geblieben seit Ihr das Bild weg namt, und Du bist nun vierfach dort. Du S e l b s t lieber Schleiermacher – 2 Bilder und die schöne Büste – und die Kinder welch ein Reichthum. Sag lieber Bruder warum mir die Trähnen in den Augen kommen? Wie schön scheint die Sonne in das Zimmer hinein! ich bin im Garten gewesen, es ist wie Frühling – o die schöne Sonne! nein Gott verläßt die Seinen nicht.

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Habe ich Dir denn recht herzlich genug gedankt für Deinen Brief? weist Du es wohl, wie sehr ich es erkenne? – Pfund hat mir nicht geantwortet – Oft ist mir so unruhig um Ehrenfried zu Muthe – Gott seegne und b e h ü t e ihm. Von Nanny habe ich einen lieben Brief und ich werde ihr bald wieder schreiben. Grüße Jettchen und Lotte, und die Kinder herzlich. Nichts gar nichts höre ich von den Kindern. Lebe wohl lieber Bruder! Gott erhalten Dich!! und laß Dir keinen Schmerz der Trennung erfahren – Erzählen kann ich Dir weiter nichts. Doch ja, ich habe einen schönen l a n g e n Brief aus Rom gehabt von der treuen Jette. Schlichtkruls grüßen herzlich Luise. Sage Caroline Schede, ich hätte Ihren Brif in Stralsund vor gefunden und würde ihr bald schreiben. Grüße auch Wilhelmine und Reimers. Grüße doch Theodor, Alwine, kleine Jette und Ehrenfried – allen dreien werde ich sehr bald schreiben.

*4476. An Christoph Friedrich Ammon. Berlin, Sonnabend, 6. 12. 1817 Tadelt Ammons Äußerungen über die preußisch-sächsische und lutherischreformierte Dichotomie.

4477. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 6. 12. 1817 Berlin d 6t. Decemb. Wenn ich Ihnen von unsern Synodalverhandlungen schreiben soll so müßte ich Ihnen eigentlich gar nicht schreiben denn erstlich ist es verboten und 132 f Sage … Reimers.] vom linken Rand auf den linken Rand von Bl. 142v überlaufend *4476. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4441 vom 28. 10. 1817. Zum Inhalt vgl. Brief 4482 (12. 12. 1817). 4477. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br. 4, S. 228 f. Mit vier Exemplaren der „Orationes in solemnibus ecclesiae per Lutherum emendatae saeculariis tertiis in Universitate litterarum Berolinensi d. III. Novembr. A. MDCCCXVII. habitae“ (Berlin o.J. [1817]).

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Briefe 4477 – 4479

zweitens sind sie noch nicht zu Ende. Ich hoffte Mittwoch sollte die lezte sein allein es sind noch neue Dinge zur Sprache gekommen oder vielmehr alte wieder aufgewärmt worden so daß ich nun gar nicht dafür stehn kann wie lange es noch dauert. Mit dem Synodalentwurf sind wir übrigens längst fertig, und nur deswegen noch activ, weil das Consistorium uns ausdrüklich aufgetragen hat, alles was zur Unionssache gehört mit in Berathung zu ziehen, und nun sind die Leute auf die lieben externa gerathen und ich weiß nicht, wie bald sie sich davon loswickeln werden. Sie sehen daraus daß die Unionssache keinesweges eingeschlafen ist: sie ist nur bei uns durch den Befehl daß der neue ritus schon in allen Kirchen abwechselnd gebraucht werden soll so übergestürzt daß man nicht gleich | weiter kann sondern erst die Schnitzer gut machen muß. Nemlich es communiciren nun, da es auch gar nicht mehr das Ansehn einer Religionsveränderung hat viele lutherische bei den Reformirten und da wir nun für die parochialpflichtigen Handlungen, Taufe und Trauung keinen andren Maaßstab haben als die Communion: so leiden die Lutheraner und es fängt an ihnen besorglich zu werden wie weit das gehen könne. Ein Interimisticum (da man doch die Gemeinen nicht eher ganz zusammenschmelzen kann bis der neue Ritus ganz allgemein ist) fängt an dringend nothwendig zu werden; aber ich habe erklärt ich hielte es für zu dringend als daß es den langsamen Weg der Synodalverhandlungen durch die Provinzialsynode gehn könne, sondern dieses interimisticum müsse durch die Behörden gegeben werden. Sie haben den Fehler gemacht diesen königlichen Gedanken ohne Widerspruch durchgehn zu lassen; mögen sie sich nun auch herauswickeln – fiat iustitia pereat mundus. Was | unsere Verhandlungen über den Synodalentwurf betrifft so sind sie im Ganzen gut ausgefallen, nur mußte freilich bei uns alles milder ausgedrükt werden als es andere Synoden gethan haben. Und ich konnte mich drüber um so eher beruhigen, da ich schon so manche Verhandlungen aus unserm Consistorialbezirk kenne, welche in demselben Sinne weit derber aufgetreten sind. Warnen aber möchte ich noch vor der Erlaubniß die wir unserm Scriba ertheilt das Protokoll zu Hause auszuarbeiten. Er thut es mit großem Fleiß; aber es bekommt fast unausbleiblich eine minder kräftige Gestalt, und es kann doch auch bisweilen Gefahr eintreten, daß nicht genau das ausgedrükt wird, was gemeint gewesen ist. Was Ihren Aufsaz betrifft: so gebe ich demselben meinen ungetheilten Beifall, und Sie werden dadurch gewiß nicht etwas wecken was sonst eingeschlafen wäre. Wie Sie aber das meinen daß die Lutheraner ihn als eine Kriegserklärung ansehn werden, das begreife | ich gar nicht und muß ich darüber Ihre nähere Erklärung erwarten. Nebenbei schicke ich Ihnen zwei Exemplare un13 ritus] folgt )bei* 17 parochialpflichtigen] korr. aus H

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serer UniversitätsSecularfeier, worin denn auch meine Rede steckt. Sie müssen aber das Latein derselben nicht mir allein zuschreiben sondern den lezten Puz daran hat Boeckh gemacht. Indeß hoffe ich allmählig doch auch in das Schreiben hineinzukommen da es nun wol öfter Noth thun wird. Das andere Exemplar ist nemlich für Rienäcker. Doch schicke ich lieber gleich noch 2 für Knapp und Niemeier mit, die Sie gelegentlich abgeben lassen können und Niemeiern sagen sobald ich zu Athem käme würde ich ihm schreiben Was Sie zu meiner Rede sagen werden gegenüber Schuckmann Nicolovius und Hanstein gehalten bin ich neugierig. Buttmann hat gesagt die Geistlichen – denn die ganze Geistlichkeit fast war zugegen – hätte sehr vergnügt dazu ausgesehn wie die kleine Kaze ihnen eine Kastanie nach der andern aus dem Feuer geholt habe. Bei mir ist auch Gott sei Dank alles wohl, und so wollen wir uns nur gute Fortdauer wünschen. Von Herzen der Ihrige Schleiermacher

*4478. An Gustav Anton von Mühlenfels. Vor dem 9. 12. 1817 Gute Nachricht über Ludwig von Mühlenfels.

4479. An Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Dienstag, 9. 12. 1817 Unser lieber Eichhorn dem ich herzlich wünsche ohne alle Unfälle und vorzüglich recht gesund zu Euch zu kommen ihr lieben Geschwister kann *4478.

Erschlossen aus Brief 4479 Z. 63–65 vom 9. 12. 1817.

4479. Überlieferung: H: BBAW, SN 739/2, Bl. 1 f.; D1: Br 2, 2. Aufl., S. 333 f. (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 268 f. (gekürzt, Ergänzungen zu D1). Mit einem Exemplar der gedruckten Berliner Festreden zum Reformationsjübiläum („Orationes in solemnibus ecclesiae per Lutherum emendatae saecularibus tertiis in Universitate litterarum Berolinensi d. III. Novembr. A. MDCCCXVII. habitae“, Berlin o.J. [1817], darin S. 14–27 Schleiermachers lateinische Rede: „Oratio in solemnibus ecclesiae per Lutherum emendatae saecularibus tertiis in Universitate litterarum Berolinensi die III. Novembris A. MDCCCXVII. habita“ [KGA I/10, S. 1–15]), Kupferstich-Portraits Schleiermachers, einem Exemplar der „Amtlichen Erklärung der Berlinischen Synode über die am 30sten October von ihr zu haltende Abendmahlsfeier“ (KGA I/9, S. 173–188) und mit nachgesandten Briefen.

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Brief 4479

Euch zwar alles erzählen was sich begeben hat nicht nur im öffentlichen Leben sondern auch in unserm häuslichen Kreise und die Kleinigkeiten wird doch Lotte gewissenhafter berichten aber dennoch kann ich mich nicht enthalten meine Sendung mit einigen Worten zu begleiten. Zuerst nämlich erhältst Du lieber Bruder unsere UniversitätsSäcularfeier worin mein saurer Schweiß die lateinische Rede drin stekt. Bis auf einigen Puz den mir Boeckh erst dabei gemacht hat ist sie doch glüklich zu Stande gekommen, zwar nicht in dem hochpathetischen Styl wie Marheineckes Vorrede, aber der ist mir auch im Deutschen zu wenig natürlich als daß ich mich hätte im lateinischen hineinzwängen können. Daß das ganze CultusMinisterium dabei war und das Alles hat mit anhören müssen ist freilich viel; noch merkwürdiger aber ist daß es grade das | lezte war was Schukmann in diesem Ministerium mit anhören mußte; denn den andern Morgen bekam er die Notiz von der Veränderung. Da er nun statt der geistlichen Sachen das Bergwerk bekommen hat: so hat man den Vers auf ihn angewandt. flectere si nequeo superos, Acheronta movebo Nach meiner Rede, während der er kirschbraun war vor Zorn und keinen Blick auf mich wendete kam er mit der äußersten Freundlichkeit an mich heran und hielt mir ein großes Gespräch über die Studentengeschichte wegen der Weihe der Kraft, die Ihr wol auch aus den öffentlichen Blättern kennt, und von der Euch Eichhorn noch manches nachträglich erzählen kann, so wie auch von den Untersuchungen über die Wartburggeschichte, die auch ein höchst lächerliches Stük sind. – Nächst der Rede nun erhaltet Ihr ein Paar Exemplare von dem neuen Kupferstich meine Wenigkeit vorstellend. Die Studenten brachten mir an meinem Geburtstag die Originalzeichnung in schönem Ramen und mehrere Exemplare des Stichs. Der Stich ist ähnlicher als das Bild, weil Bolt noch etwas hineingearbeit hat, und findet im Ganzen viel Beifall. Uebrigens hat sich Euer Liebling Elsbeth schriftlich dafür verbürgt daß Ihr an meinem Geburtstag im schönsten Rheinwein meine Gesundheit würdet getrunken haben. Ist es also nicht wahr, so habt Ihr sie compromittirt und das beschämt Euch sehr. An Deinem Geburtstag Arndt soll es wenigstens gewiß nicht fehlen, und die kleinen Dirnen sollen auch | mit anstoßen. Daß die Geistlichkeit mir die ganz unerwartete Ehre erzeigt hat mich zum Präses der Synode zu ernennen wird Euch auch wol nicht entgangen sein. Es macht mir Noth und Sorge genug und scheint nun am Ende noch ziemlich stürmisch werden zu wollen weil es bei dem Unionswesen, was zur Sprache kommen mußte, auch auf das liebe Mein und Dein ankommt. Das liebste bis jezt ist 23 aus] korr. aus auf 34 das] korr. aus sie

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mir dabei, daß es mir Gelegenheit verschafft hat, die „amtliche Erklärung“ abzufassen, die ich auch beilege, und die doch der ärgsten Uebereilung einen kleinen Damm vorlegt. Uebrigens freue ich mich sehr zu den Reformirten zu gehören, denn der entschieden liberalere Geist findet sich durchaus bei diesen. Der alte Hermes den ich besuchte um ihm sein Diplom zu bringen, und der sich auch in der Synode immer wacker und brav gezeigt hat, läßt Dich sehr grüßen lieber Arndt und war noch ganz voll von dem fröhlichen Mittag den Du ihm gemacht hast Gneisenau ist seit einigen Tagen hier, und ich habe ihn sehr frisch und auch ziemlich gelaunt gefunden. – Plehwe der auch wegen der Wartburg im Verhör war und über den sich ein schweres Ungewitter zusammenzog ist glüklich wieder durchgekommen. Er hat dem König ein großes sehr freies scriptum geschikt mit viel herrlicher Gottseligkeit und noch leidlich verworren; und der König hat es nicht nur beherzigt und darin seine gute Gesinnung erkannt, sondern auch weil es für ihn allein geschrieben wäre es Niemand weiter mitgetheilt. Dieser sehr hübsche Zug hat mich wieder ganz aufs Neue grimmig auf die Leute gemacht | die nicht das Herz haben dem Manne die Wahrheit zu sagen; denn geschähe es nur auf die rechte Art so würde er sie schon hören. Aber sie wollen leider nichts in der Welt als Schuhknecht spielen! – – Die politischen Sachen sofern Ihr sie noch nicht wißt wird Eichhorn Euch schon erzählen. Die gute Nachricht von unserm Mühlenfels habe ich sobald ich nur dazu kommen konnte seinem Vater mitgetheilt; ich glaube ich konnte es mit etwas mehr Nachdrukk thun als Jette. Ein Paar Briefe die noch seitdem eingelaufen sind lege ich auch mit ein, und hoffe daß nun wenigstens von Kölln keine mehr herkommen werden. Im Hause ist bis auf alte Lotte die nun einmal nicht gesund sein kann und etwas Husten und Schnupfen unter Groß und Klein alles frisch und die kleine Hildegard fährt fort sich freudig zu entwikeln. Karl hat sein Port d’epee, und wenn er nun auch noch eine feine Uniform auf dem Leibe hat: so glaube ich wird er vor der Hand ganz glüklich sein. Gott befohlen. Jette wird Dir lieber Arndt nächstens schreiben. – Noch Eins Lotte Hochwächter in Posen ist Braut mit einem Hauptmann Pless der nächstens hier erscheinen wird. Recht etwas gründliches und tüchtiges verspreche ich mir von der Sache nicht nach Luise Bendas Aeußerungen. Von Herzen Euer treuer Bruder F. Schl. Berlin d 9t. Decemb. 17. 43 der] korr. aus den 45 f durchaus] korr. aus m

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Briefe 4479 – 4482

Aus Garz auch viele Grüße. Mir war auch als hätte ich noch eine kleine Einlage allein ich finde sie nicht und das muß also wol schon lange her und sie bereits in Deinem Hause sein.

4480. An Friedrich Karl Köpke. Berlin, Freitag, 12. 12. 1817 Herrn / Professor Köpke / Wohlgebohren [Umschlagblatt] In der Berechnung, mein theuerster Herr Professor, welche Sie mir gefälligst zugeschikt haben, waltet noch ein kleiner Irrthum ob, den ich doch erst berichtiget sehen möchte damit wir uns nicht noch mit einer Nachrechnung zu quälen haben. Sie sagen nemlich voraus ich hätte den Surenhusius nicht erhalten; dieser steht aber eben so gut als die anderen Bücher hier bei mir, Wedekes Name findet sich darin, und unten auf dem Rücken die Nummer 87 welches Ihnen vielleicht am ersten helfen kann den Preis zu erfahren. Auf dem Zettel den mir Herr Nicolovius mit schikte war er auch mit aufgeführt, so daß ich ihn auch gewiß mit vollem Recht besize. Haben Sie doch | die Güte dieses in Ordnung zu bringen wenn Sie es ohne Weitläuftigkeit können, damit ich in Stand gesezt werde mich meiner Schuld vollständig zu entledigen. Berlin d 12t. Dec. 1817 Schleiermacher ich sollte mich noch entschuldigen daß ich diese Bemerkung so lange anstehen lassen; allein ich war in zu vieler Geschäftsbedrängniß.

4480. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher

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9. 12. – 12. 12. 1817

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4481. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 12. 12. 1817

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An das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten Die Akademie hat der verehrlichen Verfügung vom 24ten November zufolge ihre physikalische Klasse über Herrn Wuttig befragt dieselbe aber sich dahin geäußert, daß die übrigens nicht unverdienstlichen Arbeiten des Herrn Wuttich ihr zwar hinreichend bekannt sein, sie aber in denselben keinen Grund finden könne in Bezug auf die Besezung der Klaprothschen Stelle ihre Aufmerksamkeit auf ihn vorzüglich zu richten sie vielmehr auf ihren früher von der Akademie auch schon angenommenen Vorschlag Herrn Karsten zu berufen beharren müsse, weshalb die Akademie sich auf ihren gehorsamsten Bericht vom 27ten November bezieht. Berlin d 12t. Decemb. 1817 Die Akademie d. W. conc Schleiermacher Erman Tralles Buttmann

4482. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Freitag, 12. 12. 1817

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Hochwürdiger Herr Doctor, Verehrtester Herr und Freund. Euer Hochwürden auf der Stelle für Ihre geneigte Zuschrift zu danken, halte ich mich durch unwiderstehliche Gründe verbunden. Einmal, weil mich die Bemerkung entschuldigt, daß ich mir einen scherzenden Ton über unsere politische Dichotomie gar nicht erlaubt haben würde, wenn ich nicht vollkommen sicher | gewesen wäre, daß Euer Hochwürden über diese Ansicht weit erhoben sind. Dann aber auch darum, weil das politische Zermalmen, oder Verschmelzen alter, vielleicht wesentlicher und der Kirche zu4481. Überlieferung: H: BBAW, II–III, Nr. 18, Bl. 109 5 übrigens … unverdienstlichen] mit Einfügungszeichen am linken Rand 7 Bezug] korr. aus Beziehung 11 27ten November] von anderer Hand eingetragen; Schleiermacher hat eine Lücke gelassen und am linken Rand vermerkt: „inseratur datum ex actis“. 4482.

Überlieferung: H: BBAW, SN 238, Bl. 9 f.; D: KGA I/10, S. 21, Sachapparat

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Briefe 4482 – 4485

lezt zuträglicher Religionsformen die freimüthigste Erklärung gegenseitig zu fordern scheint. Wie die Sachen nun stehen, vergleiche ich beide Kirchen mit zwei Fürsten, welche die Güter der Krone gemeinschaftlich, die des Hauses aber besonders verwalten. Jene drücken die gemeinen Lasten und Zeit, diese sind persönlich ver|schuldet und zur Veräusserung reif. Nun wirft man sie eilig auf neuen Credit zusammen, ist aber weder einig über den Einsaz, noch über den Auszug. Wie man hier liquidieren kan ohne Inventar und Besizstand, vermag ich nicht abzusehn. Ich habe mich darüber offen genug erklärt, und Euer Hochwürden werden mich wenigstens von dem Verdachte der Furchtsamkeit nun vollkommen freisprechen. Strafen Sie mich dafür, wo und wie Sie wollen; nur erhalten Sie Ihr persönliches, mir in der That unschäzbares Wohlwollen Euer Hochwürden gehorsamster Ammon. Dresden, am 12. Dec. 1817.

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*4483. Von Henriette Herz. Rom, vor dem 13. 12. 1817

4484. An Unbekannt. Berlin, Sonnabend, 13. 12. 1817 oder früher Herr Frenzel hat mir eine Liste derjenigen Societäten geschikt, welche bisher die Abhandlungen der Akademie erhalten haben. Die besondere lateinische Firma aber die jede derselben hat ist mir aber unbekannt, und ich ersuche Sie also um die officielle oder wo diese etwa fehlt gutachtliche lateinische Adresse, um die Absendung endlich besorgen zu können. *4483.

Erschlossen aus Brief 4485 vom 13. 12. 1817.

4484. Überlieferung: H: BBAW, II–XVI, Nr. 130, Bl. 8 f. Das Billet ohne Jahresangabe steht zwischen Listen vom Dezember 1815 und von 1820/21. Es wird nicht lange nach der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress geschrieben sein, also 1816 oder 1817. – Unter „Lateinisch“ hat der Adressat ergänzt: „Regiae Scientiarum Societati Gottingensi / Regiae Academiae Belgicae Amstelodami /“ „Bavaricae Monachii /“ „Taurinensi / Regio Scientiarum Instituto Parisiensi /“ „Societati Londinensi /“ „Academiae Petropolitanae /“ „Suecicae Holmiae“.

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12. 12. – 13. 12. 1817

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Das Circular der philologischen Klasse wegen Herrn Niebuhr bitte ich möglichst zu beschleunugen. B 13t. Dec. Schleiermacher 10

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Verte | Deutsch 1.) Societät der Wissenschaften in Göttingen 2.) Batavische (?) Akademie zu Amsterdam 3.) Akademie in München 4 dito Turin 5) National Institut (?) in Paris 6.) Societät der Wissenschaften in London 7.) Akademie in Petersburg 8.) dito Stockholm | Lateinisch

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4485. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 13. 12. 1817 (Alta Germania / Nord) / Monsieur Schleiermacher / docteur en théologie / Berlin /Wilhelmsstraße 73 [Bl. 12v] Rom 13 Dec. 17. 5

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Ich danke Ihnen, bester Schleiermacher, für Ihren Brief vom 14 November, scheue mich aber und schäme mich zu antworten, nicht weil Sie schelten, sondern weil ich in dem öden und flauen Leben, das ich nun hier wieder führe, täglich mehr verschrumpfe, und verarme, im grösten Bedürfnis der Mittheilung nur noch zum Empfangen, nicht zum Erwiedern geschickt. Nehmen Sie also auch diesmal wieder mit dem nothdürftigen und geschäftsartigen vorlieb. Zuerst vom Gelde. Ich habe Göschen, der diese Angelegenheit mit den Herrn Schickler für mich mit besprochen hat, so verstanden, daß ich nach Erledigung des aus Berlin mitgenommenen Creditbriefs ohne weiteres einen neuen erhalten würde gegen neue Zahlung. Habe ich falsch verstanden, so ist das allerdings nicht Ihre Schuld. Indess begreife ich doch auch 4485. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 11 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 76–79

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Briefe 4485 – 4486

nicht, wie ich Ihnen die Schuld könne beigemessen haben, wenn nicht etwa durch schiefgerathenen Ausdruck. Der sei denn nun bereut und abgebeten. Das zu Neujahr fällige haben Sie die Güte liegen zu lassen, bis es mit dem den 1 April fälligen zusammen, wieder an den Consul Valentini, angewiesen werden kann. Niebuhr hat, in einem Brief an Reimer, eine Zahlung durch Wechsel empfohlen: es scheint mir aber billig den Leuten nicht zu oft mit Abändrungen lästig zu fallen, am wenigsten mit solchen aus denen leicht neue Unbequemlichkeiten entstehn könnten. Die Quittung über die zu Anfang dieses Monats mit den andern 200 Thalern erhaltenen 400 habe ich vor acht Tagen an Buttmann eingeschickt. Müllersche Desiderata zum Plato sind weder durch Buttmann noch durch sonst jemanden an mich gelangt: denn das Blatt, das Sie in Ihren vorletzten Brief eingelegt, können Sie nicht meinen. Daß er meine Papiere zum Glück mitgenommen, gebe der Himmel: leicht könnte es auch zum Unglück geschehn sein, und ich würde schwerlich darein gewilligt haben, hätte ich befragt werden können. Der Druck ist, so viel ich wenigstens weiß, ohne allen Grund unterbrochen worden: ihn noch länger unterbrochen zu wünschen, habe ich jetzt den sehr triftigen Grund, daß die nicht füglich besonders zu gebende Nachlese von Lesarten ergiebiger ausfällt als sie anfangs versprach, so wohl der Quantität nach (ich werde in wenigen Wochen fast zu allen Dialogen das Dutzend Codices voll haben) als der Qualität, indem hier zu Lande die neusten und schlechtgeschriebensten Codices den meisten Gehalt zeigen, so daß auch eine Auswahl nach äußern Kennzeichen mit gutem Gewissen nicht zu machen scheint. Indess will ich nicht eigensinnig sein. Will doch aus mir nichts Rechts und nichts Ganzes werden: warum soll es mein Buch besser haben? Sagen Sie das Reimern, an den ich nicht wohl schreiben kann: die Reihe ist seit langer Zeit an ihm. Über den Aristoteles habe ich an die Klasse, meiner Meinung nach hinreichend, berichtet aus Mailand um die Mitte des Septembers. Eine Erklärung, die ich darauf erwartete, ist nicht erfolgt, wohl aber habe ich Gelegenheit gehabt mich mehr und mehr zu überzeugen, daß ich auch in der längsten Zeit, die ich der Academie und die Academie mir zumuthen dürfte, für diesen Zweck nur armseliges Stückwerk schaffen könnte, das ich obenein bezahlen müste mit Verzichten auf alle Gunst des Zufalls, deren Hoffnung allein den Aufenthalt in diesem seltsamen Lande, wo man kaum reisen, geschweige denn leben kann, erträglich macht. Ich darf und mag mich zu nichts anderm anheischig machen als zu arbeiten so viel ich kann: was und wieviel muss meinem Urtheil und meinem Gewissen anheim gestellt bleiben. Genügt das der Academie nicht, so bleibt mir nichts übrig als ihr für alle weitere Unterstützung zu danken und mich mit eigenen

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Mitteln zu behelfen: bis nach Hause werden die ja reichen. Freilich wäre es besser, ich hätte die Thorheit nicht began|gen abzustehn von der Forderung, die ich vor meiner Abreise an das Ministerium that. Oder wäre jetzt Aussicht zu erlangen, was damals verweigert wurde? Hohe Zeit wäre es. Fällt die Entscheidung hierüber, die ich Sie angelegentlich bitte zu betreiben, erwünscht aus, so würde ich den nächsten Sommer im Neapolitanischen zubringen, theils in Monte Cassino theils in einigen andern Benedictinerklöstern, den Winter darauf wieder hier sein, und mit Anfang des Frühlings 19 über Cesena, Ravenna, Florenz nach Venedig und Mailand zurückgehn. Hoffen läßt sich an allen diesen Orten, wenn ich frei suchen darf, viel und mancherlei: daß mich die liebste Hoffnung in Mailand nicht täusche, steht in Ihren Händen. Von unsrer Freundin habe ich Ihnen nicht geschrieben, weil ich wuste daß sie Briefe von sattsamer Länge an Sie sowohl als an alle Glieder Ihrer Familie theils schon von Florenz theils nun wieder mit Hedemanns hat abgehn lassen. Auch sehe ich sie selten; denn des Vormittags bin ich vier Stunden bei den Augustinern, und des Abends kommt sie zu aller Welt eher als zu Niebuhrs. Unterwegs habe ich zu leiden gehabt von empfindsamer und übelnehmischer Tugendhaftigkeit, und hier wieder reizt die unablässige Kunstbegeisterung zum Widerspiel, wie die Unbefangenheit, mit der sie dem Papste vorgestellt sein und christlichen Privatgottesdienst einrichten will, zur Verwunderung. Bei dem allen bin ich natürlich von Herzen froh sie hier zu haben. Ihre Reformationsrede heiße ich im Voraus willkommen, so wie alles was Sie von Universität Academie und Synode mittheilen. Bedenken Sie daß von allen diesen hohen und höchsten Dingen nur durch Sie Kunde hieher gelangen kann. Denn an Niebuhr wird wenig geschrieben. Er ist übrigens (schöner Übergang) in Ansehung des Aristoteles ganz meiner Meinung. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau. Was gäbe ich darum den Weihnachtsabend bei Ihnen zu sein! I.B.

4486. Von Samuel Christian Gottfried Küster. Berlin, Freitag, 19. 12. 1817 Es ist in dem Protocoll mit Anführung der von mir vorgetragenen Gründe bemerkt worden, daß ich meine Unterschrift verweigert hätte. Da nun meine Gründe im Fortgange der SynodalVerhandlungen nicht gehoben 4486.

Überlieferung: H: BBAW, SN 465/5, Bl. 3

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Briefe 4486 – 4490

sind: so würde ich, wenn ich dennoch unterschriebe, mit mir selbst in einen unverzeihlichen Widerspruch gerathen. Noch muß ich zugleich bemerken, daß ich die von mir in der Synode nur mündlich vorgetragene Erklärung meiner Superintendentur hinterher schriftlich, und zwar in originali, zu den Acten gegeben und gebeten habe, sie diesen so anzuschliessen, daß sie unfehlbar mit diesen zu den höhern Behörden und in der Folge zu der Provinzialsynode übergehen könne. Es ist aber in dem Protocoll der geschehenen Einrichtung gar nicht gedacht worden und deshalb muß ich meine ergebenste Bitte hierdurch erneuern. Küster den 19 Decemb. 1817

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4487. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 20. 12. 1817 Ewr Magnificenz beehre ich mich in Antwort auf die geneigte Aufforderung vom 4ten hujus ergebenst anzuzeigen daß die theologische Facultät die ihr zugetheilten 70 r in 2 Prämien von 40 u von 30 r getheilt, und die von 40 r dem Stud theol Schnay aus Schlesien zuerkannt, die zweite aber noch auf eine neue Concurrenz ausgesezt hat, wonach Ewr Magnificenz ich ergebenst anheimstelle das weitere in Bezug auf den p Schnay zu veranlassen. Berlin d 20t Dec. 1817 Der Dekan d. th. Fac. Schleiermacher

4488. Von August Friedrich Heydemann. Insterburg, Sonnabend, 20. 12. 1817 Ew. Hochwürden haben durch Ihre Schrift über SynodalEinrichtung in weite Entfernungen gewirkt. Mögte die Anlage Ihren aufgestellten Ideen homogen vor Ihnen erscheinen! 4487.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 31

4488. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/4, Bl. 1; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 151 (Erwähnung). Anlage (Bl. 2–5): „Synodal-Verhandlung der Insterburgischen Dioecese zu Georgenburg am 11ten Septbr. 1817.“ – Vermerk: „empf u beantwortet d 1t. Jan. 1818.“

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19. 12. – 24. 12. 1817 5

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Ermüden Sie nicht, würdiger Mann! diese Angelegenheit welche jezt in’s Stocken zu gerathen scheint, im Auge zu behalten und zu leiten. Genehmigen Sie den Ausdruk meiner innigsten Verehrung Heydemann Superintend. Insterburg den 20t. Dezembr 1817

4489. Von Johann Traugott Jacobi. Neumarkt, Montag, 22. 12. 1817

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Hochwürdiger, Hochgelehrter, Hochzuverehrender Herr Doctor, Die innige Verehrung, die Ew. Hochwürden durch Ihre Schriften meinem Geiste und Herzen einflößten, giebt mir die Freimüthigkeit, Ihnen inliegende Darstellung der Jubelfeier der Kirchenverbesserung hiesigen Orts, hochachtungsvoll zu übersenden mit der ganz ergebensten Bitte, Sie nachsichtsvoll aufzunehmen, mir aufrichtige Belehrungen darüber gütigst mitzutheilen, und die herzliche Versicherung zu genehmigen, daß ich mit den Gesinnungen der ausgezeichneten Hochachtung zu seyn die Ehre habe Ew. Hochwürden ganz ergebenster Diener Jacobi. zweiter Evangel. Prediger hieselbst Neumarkt d. 22sten Decbr. 1817

4490. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 24. 12. 1817 Ew. Spektabilität muß ich mit Bezug auf das Cirkulare vom 10ten vorigen Monats hierdurch ergebenst ersuchen, mir schleunigst diejenigen Studirenden Ihrer Fakultät gefälligst nahmhaft zu machen, welche im abgelaufenen 4489. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/5. Beantworuntgsvermerk: „beantw 2t. Jan. 18.“ Mit einer Dokumentation des Reformationsjubiläums in Neumarkt. 4490.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 218, Bl. 1a

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Briefe 4490 – 4495

Semester in derselben öffentliche Proben des Fleißes abgelegt haben, weil die Einreichung der halbjährigen Tabellen an das Ministerium mit diesen Anzeigen der vier Fakultäten verbunden nicht länger verzögert werden kann. Berlin den 24n Dezembr. 1817. Der Rektor der Universität. D. Marheineke.

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Decano spectabili facultatis theologicae.

4491. An den Vorstand der Singakademie zu Berlin (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Freitag, 26. 12. 1817 Die Akademie der Wissenschaften hat ihren jedesmaligen vorsizenden Sekretar bevollmächtiget alle Privatgesuche um Benuzung des akademischen Lokals zu was immer für Zweken ohne weiteres abschläglich zu beantworten und es kann also der Fall für welchen die Herren Vorsteher der Singakademie die billigen Vorsorgen der Akademie in Anspruch nehmen nicht eintreten welches ich ebenfalls zu Ihrer Beruhigung sogleich ergebenst zu erwiedern nicht verfehle. Berlin d 26t. Dec 1817 Der vorsizende Sekretar der Akademie Schl.

4492. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 29. 12. 1817 Ewr Magnificenz beehre ich mich auf das gefällige Schreiben vom 24ten December ergebenst zu antworten, daß bei meiner Facultät keine öffentlichen Proben des Fleißes vorgekommen sind, über welche nicht schon an4491. Überlieferung: H: BBAW, II–II, Nr. 11, Bl. 8. Das Schreiben antwortet auf eine Anfrage der Singakademie vom 16.12., ob nach dem Brand des Schauspielhauses die sonst von der Singakademie genutzten Räume des Akademiegebäudes für auswärtige Künstler in Anspruch genommen werden könnten (in derselben Akte, Bl. 7). 4492.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 218, Bl. 1b

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24. 12. 1817 – 4. 1. 1818

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derweitig an das Ministerium berichtet worden wäre oder berichtet werden müßte. Berlin d 29t. Dec. 1817 Dekan d. theol. Fac. Schl

*4493. An August Friedrich Heydemann. Berlin, Donnerstag, 1. 1. 1818

*4494. An Johann Traugott Jacobi. Berlin, Freitag, 2. 1. 1818

4495. Von Karl Ludwig Gronau. Berlin, Sonntag, 4. 1. 1818

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Hochwürdiger Herr Doctor und Professor! Sehr Wehrtgeschäzter Herr Amtsbruder! Sie verzeihen es mir, wenn ich mir die Freiheit nehme, Ihnen als unserm verehrten Praeses, einige Äußerungen über unsre Vereinigung zu erkennen zu geben; die ich Ihnen mit vollem Vertrauen eröffne, doch mit der Bitte, davon keinen allgemeinen Gebrauch zu machen! Zuforderst also eine Entschuldigung meiner öfftern Abwesenheit, und wenigen Theilnahme an unsern SynodalVersammlungen. Es ist warlich! nicht Abneigung oder Mißfallen an der nun durch Gottes Güte veranstalteten – und hoffentlich bestehenden – Vereinigung mit unsern Evangelischen Brüdern, – die ich vielmehr immer gewünscht habe, und wozu ich von ganzem Hertzen die Hand biete. Es ist eine körperliche Beschwerde, des nun bald 77Jährigen Alters, die mich abhält, einer Ver*4493.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4488 vom 20. 12. 1817.

*4494.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4489 vom 2. 12. 1817.

4495. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/3; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 195 (Zitat)

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Briefe 4495 – 4496

sammlung, die doch immer | einige Stunden währet, oft beyzuwohnen. Zwar gehet mir mein verehrter Amtsbruder Herr Koch, mit gutem Beyspiel vor, und beschämt mich sogar, da er noch höhere Jahre zählt, als ich; allein er ist von diesen Beschwerden, darüber ich klagen muß, frey. Aufrichtig gestanden – so hätte es nach meiner Meinung immer beym Alten bleiben können; wir näherten uns ja schon einander, haßten und verketzerten uns nicht mehr, und wenn wir es allmälig einführten vice versa in lutherischen und reformirten Kirchen zu predigen, und auch wohl gemeinschafftlich die sacra zu administriren, so würde die Vereinigung mit der Zeit von selbst herbeygeführt worden seyn, da es indeßen nun officiell geschiehet, so bin ich es auch sehr zufrieden, und traue es meinen sämmtlichen hochgeehrten Amtsbrüdern zu; daß sie mit allem Ernste, das beste der Kirche Jesu zu befördern streben werden! Nur wünschte ich, daß in unsern Versammlungen ein anderer Geist herrschen möge, als ich bey meiner Gegenwart, in der vorlezten Sizung bemerkt habe – nicht der Geist des Eigennutzes – und des Egoismus – sondern der Geist der Wahrheit, der Sanftmuth und Bruderliebe. Ich muste Ihre Kaltblütigkeit bewundern, und zweifle fast, ob ich nicht, troz meines Alters, an Ihrer Stelle, | in leidenschafftliche Hitze gerathen wäre. Doch das würde freilich der guten Sache geschadet haben! Ob eine allgemeine Liturgie so durchaus nothwendig sey, bezweifle ich fast. Sie stets und ohne Ausnahme verbotenus beyzubehalten, und nie davon abzuweichen, würde ich für Zwang halten, den ich immer gehaßt habe, daher ich auch bey Taufen und Copulationen, meine eigenen Aufsätze gebraucht habe, ohne mir daraus Vorwürfe zu machen. Ich wünschte auch, daß unser jetziges Vorbereitungs und Abendmahls Formular beybehalten werde; da ich es nach meinem Urtheil zweckmäßig und erbaulich finde. Ich gehöre noch immer unter die so genannten, oft mit Recht, oft mit Unrecht, verschrienen Orthodoxen, ohne mich doch zu den Zeiten eines Woellner und Hermes vorgedrängt zu haben, oder anderer Meinungen zu verachten, und sie deshalb weniger zu schätzen. Denn ich habe selbst in manchen außerwesentlichen Stücken der GlaubensWahrheiten, meine eigene Vorstellung und Meinung, die ich aber nie auf der Kanzel oder im Religions Unterricht der Kinder angebracht habe. Bey dem neu anzufertigenden Gesangbuche, wünschte ich gar sehr, daß so manche alte Kernlieder nicht anstatt verbeßert, v e r w ä ß e r t oder ganz ausgemerzt und mit andern Aesthetisch-zierlichen, aber nicht C h r i s t 51 Aesthetisch-zierlichen] Aestethisch-zierlichen

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l i c h h e r z l i c h e n vertauscht würden! Wird aber nicht der Ankauf eines neuen Gesangbuchs, hier und da manche Unzufriedenheit erregen? | Wich wundert auch, daß die sonst so Preißwürdige BibelGesellschafft, nicht auch zweckmäßige Auszüge aus der Bibel besorgt – freilich nicht im neuen Geschmack, sondern ganz nach des guten Luthers Übersetzung – denn ich glaube daß dieses in mancher Absicht nüzlich seyn würde! Verzeihen Sie mein langes Schreiben. – Allein ich hielt es für Pflicht Sie mit meinen Gesinnungen bekannt zu machen. Meine Laufbahn wird bald geendigt seyn. Die Abnahme meiner Kräffte macht mir mein Amt oft beschwerlich. Indeßen danke ich Gott, für das, was ich noch zu leisten im Stande bin. Auch daß er mir gute Kollegen gab, die mir mein Alter so treu und liebevoll erleichtern helfen. Für die Freundschafft und liebe, die Sie meinem Enkel PGaaliS beweisen, danke ich Ihnen herzlich, und empfehle ihn Ihrer fernern Gewogenheit und gutem Rathe. Ich hege die Hoffnung, daß er einmal ein geschickter und gewißenhaffter Prediger der Gemeine Jesu werden wird! Mit dem Wunsche, daß der Allerhöchste Ihnen bey Ihren so wichtigen und vielen Geschäfften, Kraft und Stärke schenken möge, und mit der Versicherung meiner wahren Hochachtung und aufrichtigen Bruderliebe verbleibe ich Ew. Hochwürden treu ergebenster Diener und Amtsbruder Gronau. Berlin den 4. Januar 1818.

*4496. An August Hermann Niemeyer. Berlin, Donnerstag, 8. 1. 1818 Bittet Niemeyer um ein Urteil über seine Schrift an Ammon.

*4496. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4463 vom 20. 11. 1817 und aus Brief 4526 Z. 2–7 vom 12. 3. 1818. – Mit einem Exemplar seiner Schrift „An Herrn Oberhofprediger Ammon über seine Prüfung der Harmsischen Säze“ (KGA I/10, S. 17–92).

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Brief 4497

4497. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, Sonntag, 11. 1. 1818 Bonn den 11ten Januar 1818

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An Jettchen oder Schleiermacher. Eure Sendungen durch Eichhorn sind dann wirklich wie ich hofte und Ahndete den Tag vor Neujahr hir angekommen, Eichhorn selbst ist aber noch in Koblenz, wo er auch wohl noch eine zeitlang bleiben wird, Arndt ist gestern auf ein par Tage zu ihm gereist, ich benutze also meine Einsamkeit, um Euch zu erzählen wie wir hir die Weinachstzeit verlebt haben. Zuerst sage ich Euch Dank für alles überschikte, bemerke aber nur daß die Brife vom 28ten November also beinahe 2 Monate alt sind, wie viel Brife sind in der Zeit zu Euch gereist von mir nehmlich. Der Weinachts Abend war ganz anders als ich es mir erst gedacht hatte, zu Dohnas wurden wir nicht gebeten, das hatte ich auch schon aufgegeben, Karl Treu wurde erwartet, war aber gegen Abend noch nicht hir, wir machten also in der Dunkelstunde unsern gewöhnlichen Spazirgang, es war ein ganz wundervoller Abend, helles Frost Wetter, der Himmel mit Sternenglanz übersät, und der Vollmond stig dunkel und glühend hinter der Stadt herauf, Arndt hatte mir schon gesagt daß er mir nichts schenke, weil er nichts wiße, es war mir sehr lieb, denn ich hatte auch nichts andres als ein Uhrband für ihn, das beschloß ich dann auch, wenn Karl nicht noch käme bis zum GeburtsTage zu laßen, damit er aber doch das Vergnügen hätte etwas Geld für mich auszugeben, bestelte ich mir einen Wachsstok, ein P S Finger aus ein P S Chokolade. Karl Treu kam den Abend nicht, um 7 uhr kam Herr Heidel | und Herr Nebe, der den ersten Festtag hir Predigen wolte, sie tranken The mit uns, und ich hatte gelegenheit von meinem großen Napfkuchen den ich Gebakken hatte, und der sehr gut gerathen war, anzubringen, um 9 waren wir wieder allein, Dohnas schikten und ließen bitten wir möchten doch ein wenig hin kommen, PweilS Arndts Gevatter ein StatsRath Jacobi (Sohn des Waldemar Jacobi, und Bruder des kleinen Salamander) aus Düßeldorf da sei, wir gingen also hinn, die beiden Knaben waren noch unter ihren Spilsachen, und Glühten und waren begeistert, ich dachte dabei an unsere Kinder wie die wohl auch noch auf seien, Scharnhorst war auch da, wir blieben bis nach 11 uhr und gingen dann zuhause. Den ersten Festtag hatten wir Kirche, übrigens waren wir still zuhause, gegen 4497.

Überlieferung: H: BBAW, SN 240, Bl. 31 f.

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Abend kam Scharnhorst, nach einer weile ging die Tühr auf, und Karl Treu mit Mühlenfels und noch einem jungen Mann ein Freund von Mühlenfels, traten herein, wir freuten uns sehr, besonders daß Mühlenfels mit gekommen war, den wir noch nicht gesehen hatten, und der nun erzählen mußte von Berlin und Pommern und der Wartburg. Den andern Morgen als an Arndts GeburtsTag, stand ein Kuchen mit lichtern, einige Blumen | die ich mit vieler mühe bekommen hatte der Fischer ihr Blumenglas Einweihend, mein Geschenk in 6 seidnen Schnupftüchern bestehend, auf dem Früstüks Tisch, auch Karl Treu bekam sein kleines Weinachtsgeschenk in zwei Kragen bestehend nun erst. Den Mittag waren natürlich Mühenfels und Herr Walther bei uns, und blieben auch den Abend, wo wir noch durch den ehrlichen Simon überrascht wurden, der zu Arndts GeburtsTag kam, zum The kam noch der kleine Gnom, wie ich ihn nenne, Profeßor Kladen, der seit einiger Zeit hir seine Wunderdinge treibt, so war denn eine ganze Geselschaft beisammen, es wurde denn auch der Berliner Freunde und namentlich Schleiermachers Gesundheit getrunken, welches freilich an seinem Geburtstage nicht geschehen war, da wir allein zuhause waren so fand sich keine Gelegenheit zum Gesundheit trinken obgleich wir seiner oft Gedachten, mit dem schönen Rheinwein ist es hir überhaubt eine große Fabel, mann bekömt hir gar keinen recht guten, als u n g e h e u e r Theuer, den gewöhnlichen den mann hir hatt, nehme ich nicht in den Mund, als unter Waßer so sehr ich auch guten Rheinwein liebe. Simon wolte den andern Morgen mit den beiden jungen Leuten wieder | fort, er durfte aber nicht, sondern muste bis Sontag bleiben, Karl Treu blieb bis den Tag nach Neujahr all die Zeit waren wir still zuhause daraus könt ihr sehen wie still und einsam wir leben. Nun habe ich auch genug erzählt, ich bitte mir von Euch ein Aehnliches aus. Die armen Dümlers es ist ja schreklich daß sie wieder ihr Kind verlohren haben. Wie geht es der Göschen, und der Fischer, grüße sie doch von mir. Sehr gern möchte ich Hildegard sehen, ich kann mir gar nicht denken wie das kleine Ding Außiht, hatt sie denn ihr Schwarz Köpfchen noch? Den Tag nach Arndts GeburtsTag als wir eben bei Tisch saßen, kamen die Schuhe von den Kindern an, worüber ich mich unbändig freute, haben die kleinen sie denn wirklich selbst genäht? sie machen hir viel Aufsehn, weil mann dise Arbeit hir gar nicht kent, ich zeige sie vor wo ich nur kann als ein Geschenk von meinen kleinen Nichten, ich habe aber erst zweimal angehabt, denn das Frost Wetter ist leider wieder vorbei es ist ganz Milde und Feucht, so daß ich vorgestern noch mit dem unterschlage Tuch ausgegangen binn. Der Kupferstich siht lächerlich genug aus, wie alle andern Aehnlich und auch nicht, eß ist mir aber sehr

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Briefe 4497 – 4499

lieb einen zu haben und er wird nächstens unter Glaß und Rahmen in meiner Stube hängen. Lebt nun Wohl und laßt von Euch hören. Nanna.

4498. Von Johann Christian August Grohmann. Hamburg, Montag, 12. 1. 1818 Hamburg d. 12. Jan. 18

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Ew. Hochwürden Erlauben mir eine nochmalige Zuschrift, besonders als Rechtfertigung meines Herzens und zugleich Danksagung für die gütige Antwort, mit welcher Sie mich beehrten. – Mein Aufenthalt in Berlin war sehr kurz, weil ich, um meine gute Mutter zu sehen, nach Hamburg eilte. Mein kurzer Aufenthalt in Berlin war berechnet, um Männer zu sehen, die mich in meinem idealen Streben so oft begeistert haben. Ich sahe diese – so war ja mein Wunsch und der Zweck meines so fröhlichen Aufenthalts in Berlin erfüllt. Lassen Sie mich dieses, Verehrungswürdigster Mann, nicht weiter ausführen! die Anwendung würde meiner herzlichen Sprache einen Anschein von Fremdartigkeit geben, die überdies dem wahren und grossen Verdienste sehr unangenehm seyn würde. Gern | hätte ich Sie so oft gesprochen. Aber wie dürfte ich es wagen! ich wußte, daß Sie mit so vielen Geschäften überhäuft waren und überdies – lassen Sie mich es bekennen – hielt mich eine gewisse Scheu von einer grösseren und oftmaligen Zudringlichkeit ab. Ich weiß ja wohl, was ein uninteressanter Besuch – einem mit wahren Verdiensten gekönten Interesse seyn kann! Eben so hielt mich auch diese Scheu ab, Ihnen auch nur das geringste von meinem gewagten Wunsche in Berlin zu leben, laut werden zu lassen. Meine schriftstellerische Laufbahn ist nicht die glänzendste, ich bin bei allem meinem redlichen wissenschaftlichen Streben doch so ziemlich ein Unbekannter, dies Gefühl hielt mich ab mich freimüthig vor Ihnen zu äussern. Die Aeusserung glaubte ich mehr einem Briefe aufsparen zu dürfen; da ja der Brief nicht erröthet. | Sie machen mir nicht viel oder gar keine Hofnung auf Berlin. Ich danke Ihnen für diese Redlichkeit der freimüthigen Sprache. Mir ist sie lieber als Erregung von Hofnung. An die Fichtesche Professur habe ich gar nicht 4498.

Überlieferung: H: BBAW, SN 293, Bl. 3 f.

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gedacht. Sie ist mir zu groß – ich würde an redlichem Bestreben Fichten nichts nachgeben und doch würde die Professur durch mich – zwar besetzt, aber nicht ersetzt seyn. Ich frage und bitte Ew. Hochwürden discret nur um den Rath, ob Sie es für zu gewagt halten würden, wenn ich ohne alle weitere Aussicht nach Berlin käme, um erst nach und nach eine passende Stelle zu finden, wenn ich durch Vorlesungen gezeigt hätte, daß ich derselben nicht ganz unwürdig wäre. Ich sehne mich nach Thätigkeit, nach wissenschaftlicher Thätigkeit. Diese kann ich in Hamburg nimmermehr finden. Erst dann wenn Sie mir einen solchen Rath gütigst ertheilt | haben, würde es an mir seyn, meinen Muth und meine häuslichen Verhältnisse zu prüfen, in wie fern diese geeignet seyn möchten, das Ungewisse mit Hinterlassung des Gewissen und allenfals Erträglichen zu wagen! – Sehen Sie diesen ganzen Brief für den aufrichtigsten Wunsch meines Herzens an, Ihnen empfohlen zu seyn und Ihre Liebe zu besitzen. Mit inniger – inniger Achtung Ew. Hochwürden ganz ergebenster Prof. Grohmann hohe Bleichen 216.

4499. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Sonnabend, 17. 1. 1818 Bonn den 17 Jan. 18.

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Ich komme von Koblenz, wo ich ein 8 Tage mich unter lieben Freunden habe umtreiben müßen, und finde nun, da ich mein bischen Vernunft zusammennehmen und dir für deinen lieben Brief auch von uns etwas Artliches und Zierliches erzählen wollte, theils, daß viele Briefschmiererei – ich habe ganze Aktenstöße heute abfertigen müßen – theils auch, daß unser geringes und unbedeutendes Leben hier zu Erzählungen, die lustig seyn könnten, wenig Stoff giebt. Zuerst herzlichen Dank für die lieben Nachrichten und für alles Übersandte, am meisten für das Bild, das allerdings ähnlich doch ein wenig zu 4499. Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 37 f.; D: Ernst Moritz Arndt. Ein Lebensbild in Briefen, S. 170 f.

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Briefe 4499 – 4500

sehr gesteift ist; doch wie wenige können die losen Geister faßen? – Ich habe mir, da ich die Bühne und die handelnden Personen kenne, auch in der Ferne ein ziemlich richtiges | Bild von dem ganzen Spektakul gemacht und Lüge und Verzierung meistens richtig von der Wahrheit gesondert, wie ich aus deinem Briefe und aus unsers Eichhorns mündlicher Erzählung sehe. Zuweilen ärgert einen der leere Lärm um Nichts, aber doch sollte er einen auch freuen, weil man sieht, wie wenig die, welche aus heilloser Feigheit und Dummheit alle kräftigen Geister der Zeit ersticken mögten, im Stande sind, ihren schweren Inhalt zu begreifen. Es wird sich wohl alles durchdrängen zur tüchtigen Geburt; denn ohne Gedränge wird doch nichts. Wenn wir nur erst den Anfang von Ständen hätten; die werden ja dem Überfluß von Polizei zu Leibe gehen, wodurch so viele nichtige und nichtswürdige Hetzerei genährt und alle Liebe und Treue, wenn es möglich wäre, im Keim getödtet werden könnte. | Wir leben hier still und zufrieden und warten der Zeit, wo auch ein geistiges Leben beginnen kann; jetzt schläft es hier in fauler Gutmüthigkeit, wie trotz der ungeheuersten Begebenheiten an so vielen Orten. Übrigens werden wir, wie mir deucht, gegen Johannis wohl Streite über Namen unter uns zu schlichten haben. Nun wie Gott will und schickt; ohne die kleinen Freibeuter bei Tische und im Garten kann freilich die glücklichste Ehe zuletzt ein trockenes und freudenloses Ding werden. Unsern lieben Eichhorn den unwankend treuen und redlichen Mann habe ich sehr munter und wohl aussehend gefunden, obgleich er, wie billig, in Koblenz vor dem Riß sitzt und alle ersten Anläufe und Anfälle aufnehmen muß. Von Stein habe ich einen Brief gehabt, und Einladung auf ein paar Monate zu ihm nach Frankfurt zu kommen; was ich aber jetzt, wie nahe es mir | auch geht, wegen mancherlei Arbeiten und meiner lieben jungen Frau ablehnen mußte. Er ist sehr thätig in ständischen Sachen und preßt von Westfalen her. Görres hat in eben der Angelegenheit eine Addresse mit vielen tausend Unterschriften bei der jüngsten Audienz dem alten Herrn übergeben, der sich im Ganzen sehr liebenswürdig nimmt. Dohnas sind wohl, Helvetius leidlich, Clausewitz – einer der trefflichsten hellsten und redlichsten Männer im Heere – schleppt einen fröhlichen und muthigen Geist immer noch im gichtischen Körper herum. Gott mit Dir! und Gesundheit soviel als Arbeit! Ich und Nanna grüßen euch alle sehr, auch die Kindlein jedes besonders und das viel bestrittene Patlein. Dein EMA.

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4500. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 17. 1. 1818 Halle den 17ten Januar 18.

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Ich freue mich, daß der Doktor med. Schultze mich bey seiner Abreise nach Berlin fragt ob ich Briefe dahin zu besorgen hätte, denn ohne diese Aufforderung hätte ich wohl heute noch nicht geschrieben. Es ist hier so wenig neues vorgefallen und das was man erwarten soll wird einem so verleidet daß es nicht den Briefträger PDregerS lohnt deshalb zu schreiben. Auf Ihr günstiges Urtheil über meinen Aufsatz und über die Lage der Angelegenheit habe ich ihn abdrucken lassen wie Sie aus der Einlage sehen. Er ist nun zwar hier viel gelesen und wenig gekauft worden, wie das denn so geschieht, auch so weit ich es erfahren gut aufgenommen worden, so daß mir selbst Niemeyer sehr verbindlich darüber geschrieben, aber wo bleiben solche Worte des Friedens und der ruhigen Verständigung bey dem unbegreiflichen Verfahren der Regierung? Von der Sache selbst, ob sie hier anwendbar sey, wie man darüber denke, wie sich die Aeußerlichkeiten in Ordnung bringen ließen; darüber erwartet man Anfragen und Aufträge von den Consistorien, aber davon ist und bleibt alles still als wäre gar nicht von Vereinigung die Rede. Dafür aber erhalte ich heute vom Magdeburger Consistorium die Anzeige, daß nach einem Ministerial Reskript die Vereinigung beyder Partheyen überall n a c h g e l a s s e n sey, unter der Bedingung jedoch, daß bey der Feyer des Abendmahls man sich der ungesäuerten Semmel bediene und diese vermöge eines blechernen cylindrischen Stechers in Scheiben von 2 Zoll Durchmesser | und 3 Linien dick absteche. Was sagen Sie dazu? Solcher Unsinn wird nun so hingeworfen ohne daß man erfährt woher er kommt, was die verschiedenen Kirchen dazu sagen, ohne nur der Synoden Erwähnung zu thun. Niemeyer hatte nun schon vor einigen Wochen einen Brief aus Halberstadt mitgetheilt worin diese sauberen Nachrichten enthalten waren, wir zweifelten schon an der Wahrheit, weil wir noch immer nichts davon erfuhren, bis wir dann heute die Bestätigung erhielten. Ich weiß noch nicht was wir thun werden aber ich meine gegen solche kindische Neuerungen müsse man sich auf das ernstlichste setzen. Die Größe der Kamaschenknöpfe mag man auf diese Weise immerhin bestimmen, aber das Abendmahlsbrodt wie die Kinder die Kartoffelscheiben zur Knallbüchse zu durchlöchern scheint mir doch etwas gar zu abentheuerlich. Nimmermehr wird unsre Gemeinde sich dergleichen ge4500. Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 97 f. Brief 4469 vom 29. 11. 1817).

Mit einem Aufsatz von Blanc (vgl.

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Briefe 4500 – 4501

fallen lassen, und wenn es so fort geht möchte wohl aus der ganzen Unionsangelegenheit gar nichts werden, woran auch nichts verlohren wäre. Noch ist die Sache nicht zum Stadtgeschwätz geworden, aber sie wird es gewiß nur allzubald und nicht auf die erbaulichste Weise werden. Mit großem Vergnügen habe ich Ihre lateinische Rede gelesen und stimme mutatis mutandis Buttmanns Urtheil ganz bey. D. Knapp ist mit Ihrem Latein sehr wohl zufrieden, weniger mit Marheinikes und am wenigsten mit dem Eingange des Ganzen wo auch in der That wunderliche Floskeln und Kratzfüße vorkommen. Mit dem Abschreiben der Dogmatik bin ich fertig, | Rienäcker der einige Wochen nicht wohl gewesen[,] ist noch zurück. Noch kann ich Ihnen nichts darüber sagen als daß mich die Construction des Ganzen und vieles Einzelne was ich zu verstehen glaube entzückt. Vieles aber bedürfte der lebendigen Besprechung und wird sich auch in der Folge kaum schriftlich abmachen lassen. Wenn es nur glückt mit Rienäcker die Sache ordentlich durchzugehen so werden wir Ihnen gemeinschaftlich schreiben, ich sage wenn es glückt, denn bey Rienäckers finsterer Laune, wenigstens in seinen nähern Umgebungen, kann ich nicht bestimmt darauf rechnen obwohl schon die Rede davon gewesen ist. Ich muß hier abbrechen da der Brief gleich fort soll: möchten Sie mir nächstens tröstliche Nachrichten von muthigen Beschlüssen der Berliner Synode melden, denn wenn die nicht den unreifen Worten ein Ende macht so sehe ich nicht wo es hinaus soll. Gott erhalte Sie und die Ihrigen auch in diesem Jahre gesund, meine Frau ist wohl und empfielt sich bestens. ganz der Ihrige Blanc

4501. Von Johann Ludwig Cassius. Lissa, Sonnabend, 17. 1. 1818 Hoch-Würdiger Hochgelehrter Hochverehrter Herr Professor! Ew. Hoch-Würden wird es freuen, daß Ihre Abhandlung „über die für die protestantische Kirche des preußischen Staats einzureichende Synodal4501. Überlieferung: H: BBAW, SN 465/2; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 151 (Erwähnung). Mit einem Manuskript über die kommende Synodalverfassung.

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verfassung“ schon das Gute gewirkt hat, daß meine Anmerkungen über den „Entwurf zu einer Synodalordnung[“] u.s.w. nicht das Unheil stifteten, das sie hätten stiften können – Noch aber zur Zeit erhielt ich sie, während ich mundirte das Meinige, und so einlenkte. Eben darum bin ich so frei, diese meine, den Kreissynoden bestimmte, Anmerkungen mit zu theilen, um sie Ihrem Urtheile zu unterwerfen, da ich eben hierdurch schüchtern gemacht bin, vornämlich, da ich freimüthig spreche. Könnte es nicht aber auch verfänglich seyn? Zwar bin ich immer beherzt gewesen, auch dann da man das Leben noch liebt – umso mehr izt in dem Alter, da die wenigen Jahre, die mir noch übrig seyn können, und bei abgestumpften Sinnen, keinen so großen Werth mehr haben. Aber kann es nicht das große heilsame Werk hintertreiben – ihm unübersteigliche Hindernisse in den Weg legen? Was man wünscht glaubt man auch leicht, so wünsche ich also, daß Ihr Beifall meine Arbeit krönen möchte. Daß Sie sie, dem Staate sogar, nicht nur den Kreissynoden durch den Druck vor zu legen werth achten – Jezt ist das Eisen warm; | wenn wir dieß nicht wahrnehmen, so ists geschehn. Wenn wir Theologen nicht jezt durchreden – das Joch abschütteln, das uns die Juristen über den Nacken geworfen haben, so bleibt es beim Alten – Schon dem Verewigten Bischof Sack schrieb ich, daß uns die Juristen unter der Scheere haben, daß Synoden heilsam und unumgänglich seyn würden – daß Bischöfliche Weihe uns der Englischen – die andre Confession aber uns nähern würde – Das aber schrieb ich, als ich dem Verewigten, die dieß beabsichtigende Correspondenz des Oberhofpredigers D. Ernst Jablonski mit der Post zuschickte; worauf derselbe meine Arbeit, über meine Erwartung, nicht nur wohl aufnahm, sondern auch der Commission des Cultus vorlegte – So wäre es auch izt über meine Erwartung, wenn Sie – der Gefeierte, vor meine Arbeit – vor die Arbeit eines Unbedeutenden, der am äußersten Ende des Preußischen Staats lebt, eine Vorrede setzen ließen, und ihr eine Bedeutung gäben. Oder daß Sie erlaubten dieses oder auch ein Andres, als Zuschrift vor zu setzen. Oder auch beides. Da wir hier noch nicht wissen, wann die Kreissynoden ausgeschrieben werden möchten, so würde mit dem Druck zu eilen seyn. Haben Sie die Gewogenheit meinem Sohne, auf diesen Fall, die Anweisung hierzu, zu geben, durch welchen ich so frei bin, Ihnen dieses ein zu händigen, und freue mich daß er Gelegenheit erhält, während seines Aufenthalts auf dem Joachimsthal, mit Ihnen in Berührung zu kommen, und einen Sporn mehr zu seiner Ausbildung zu erhalten. 22 das] daß

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Briefe 4501 – 4504

Halten Sie einem Unbekannten seine Dreistigkeit zu Gut, mit welcher er es wagt Ihnen lästig zu fallen, und nehmen die Huldigung an, die er Ihnen mit Tausend Andern Ihnen huldigend bringt, als Ew. Hoch-Würden aufrichtiger Verehrer Caßius GeneralConSenior Lissa den 17ten Jenner 1818.

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4502. Von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, Mittwoch, 28. 1. 1818 Die Verfügung an das Consistorium in Magdeburg, mit beygelegten Pröbchen ungesäuerten Semmelbrods und Empfehlung des blechernen Stechers, ist auf ein ausführliches Decret des Herrn Hanstein bey Minister von Schuckmann angefertigt worden, am 29 October vorigen Jahres als ich nach Wittenberg verreiset war. Dies zu vertraulicher Nachricht! Zur Geschichte der preußischen Bischöfe, worüber wir neulich sprachen, kann Ich Ihnen, da eben die Acten auf meinem Tische liegen, Folgendes mittheilen: unterm 6 December 1700 wurde dem Dr. Ursinus, mit Assistenz des Dr. von Sanden, die Salbung aufgetragen und er z u d i e s e m E n d e zum ersten Oberhofprediger, Consistorial und Kirchenrath ernannt. Unterm 24 December 1702. wurden beyde Ursinus und von Sanden zu Bischöfen ernannt auf folgende Weise: Dennoch Seine Majestät den p Ursinus zu dero Königlicher Salbung als Consecratorem und Bischof (den von Sanden als assistirenden Bischof) gebraucht haben, und diesen ihm beygelegten Charakter continuiret und ihn für dero Bischof von Jedermann erkannt und gehalten wißen wollen: Als haben p p p —— Vergeßen Sie nicht die Vorschläge wegen der Theologie Studirenden! Ihr N. 28. Jan.

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Überlieferung: H: BBAW, SN 465/8

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4503. Von Prinzessin Marianne von Preußen. Berlin, wohl Mittwoch, 28. 1. 1818 Mittwoch

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Ich bin beauftragt von dem Autor des beykommenden Buch’s es Ihnen zu übergeben, schon früher sandte er durch einen Buchhändler Ihnen ein Exemplar zu, was sich aber verlohren hat. Es ist ein sehr braver Mann und recht verehrungswerth in seinem Würkungskreise, in dieser Hinsicht kann ich nicht anders wie ihn Ihnen zu empfehlen, er wird stolz | darauf sein wenn Sie sein Werk gütig annehmen wollen. Mit wahrer Achtung Ihre Freundin Marianne Prinzessin von Preussen

4504. An Prinzessin Marianne von Preußen. Berlin, Donnerstag, 29. 1. 1818

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Durchlauchtigste Prinzessin Gnädigste Frau Euer Königlichen Hoheit danke ich aufs unterthänigste für das mir gnädigst zugesendete Buch. Es muß mich freuen, daß das mir früher bestimmte Exemplar verloren gegangen, indem ich es nun wegen der glüklichen Art wie es mir zugekommen mit verdoppeltem Interesse lesen und mich bemühen werde darin eine Veranlassung zu finden in nähere Verbindung mit einem Manne zu kommen dem Eure Königliche Hoheit ein so vortrefliches und rein aus Ihrem Herzen kommendes Zeugniß geben Mich HöchstIhrer gnädigen Gewogenheit empfehlend ersterbe ich in tiefster Verehrung Eurer Königlichen Hoheit unterthänigster Schleiermacher Berlin d 29t. Jan. 1818. 4503. Überlieferung: H: BBAW, SN 325, Bl. 1. Mit einem Buch. Die Datierung ergibt sich aus Schleiermachers Antwort – wohl einen Tag später (Brief 4504). 4504.

Überlieferung: H: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, D 22, Nr. 22/11, Bl. 454

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Briefe 4505 – 4507

4505. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, Sonnabend, 31. 1. 1818 Bonn den 31ten Januar

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Lieber Schleiermacher, der überbringer all dieser unendlichen Brife ist Herr Heidel, den ich gebeten habe einen Abend bei Euch The zu trinken oder Mittag da zu Eßen, und sich Alle Kinder Zeigen zu laßen, um mir von allen erzählen zu können, auch kann er Euch von uns erzählen, und wie es hir außiht. Du bist wohl so gut und schikst die einlage an die Herz, die alte Lotte laße ich Bitten den Brief an die Bornemann zu besorgen, und die andern Briefe laßt Ihr wohl auch besorgen. Deinen Kupferstich finde ich doch nur sehr wenig Aehnlich besonders auf den ersten Anblik macht er einen lächerlichen Eindruk, siht mann ihn länger so findet mann mehr Aehnlichkeit, am Aehnlichsten finde ich immer noch die Schadosche Zeichnung, doch ist es mir sehr lieb daß du uns diese geschikt hast. Arndt kömt dis mal wohl nicht zum schreiben an einen von Euch, er hatt viele andere Brife nach Pommern und Schweden zu schreiben, und sitzt überhaubt so im Arbeiten drin, daß nichts mit ihm anzufangen ist, weiß Gott warum ihr Euch Alle Todt Arbeiten wolt. | Wenn du kanst so erfülle doch Luise Benda ihre Bitte wegen der Predigten, sie bat mich so angelegen darum, ich habe gestern einen Brif von Ihr gehabt, sie klagt daß Sie gar nichts von Euch weiß, Sie und die Kinder sind Wohl, auch Lotte Hochwächter schrieb mir, sie ist ja ganz vergnügt, Gelacht habe ich als ich hörte daß der Bräutigam auch ein Witwer ist, Louise meint es würde ihr doch schwer werden mit den beiden fast Erwachsenen sehr Leichtsinnigen Töchtern fertig zu werden, da ist ein Liebenswürdiger Jüngling, an dem für unser eins nichts mehr zu Erzihen ist, freilich angenehmer als Stifsohn. Die alte Lotte Grüße ich Tausendmal, sie soll nicht Böse sein daß ich Ihr dis mal nicht Schreibe, es ist mir aber unmöglich, ich habe mich ganz Lahm Geschmirt an Brifen die ich schreiben m u ß t e , sie soll mir nur durch Heidel einen langen Brif schikken, treibe doch alles was nur kann zum Schreiben. Lebt nun alle Wohl und bestens von uns gegrüßt. Nanny 4505. Überlieferung: H: BBAW, SN 240, Bl. 33. Das Jahr ergibt sich aus dem Hinweis auf den Überbringer des Briefes, der Schleiermacher noch unbekannt ist und für dessen Bekanntschaft er sich in Brief 4528 Z. 4–7 vom 14. 3. 1818 bei Arndts bedankt, und aus der Erwähnung des Kupferstichs, den auch Brief 4497 Z. 71–74 vom 11. 1. 1818 erwähnt. – Mit Einlagen, u.a. an Henriette Herz und Charlotte Bornemann. 15 daß] das 21 daß] das

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4506. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 3. 2. 1818

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Magnifice Meines Wissens ist im Senat beschlossen worden daß die quaestionis Schemata publica auctoritate gedruckt und unter die Lesenden vertheilt werden sollten. Ewr Magnificenz gefälliges Schreiben vom 31ten praecedentis enthält hiervon nichts. Wenn aber den Professoren jedem einzeln zugemuthet werden soll sich diese Listen selbst zu besorgen so fürchte ich wenig Bereitwilligkeit zu finden. Ich bitte also ergebenst um Erläuterung ob von jedem Beschluß hat abgegangen werden müssen. Ist dies wie ich hoffe nicht der Fall so werde ich mir die Freiheit nehmen in dem Circular zu bemerken daß die Listen zur rechten Zeit auf Veranstaltung Ewr Magnificenz würden vertheilt werden. D. d. th. Fac Schleiermacher 3/2.18.

4507. Von Luise von Willich. Poseritz, Dienstag, 3. 2. 1818 Poseritz den 3t Febr. –18 7 Uhr Abends

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Ich habe mich so heiß gesponnen, daß ich mirs nun wohl zeugen kann, ein par Worte zu Dir zu sprechen, lieber Schleiermacher, eigentlich führt mich eine Bitte zu Dir. Sieh lieber Schleiermacher ich bin so recht sehr unruhig daß ich gar keine Nachricht von Euch erhalte, und ich wollte Dich recht herzlich bitten mich aus dieser Unruhe zu helfen, wenn es nicht wirklich so ist wie ich fürchte daß jemand von Euch oder den Kindern krank ist – Bald fürchte ich Du bist krank, bald Jettchen bald eins von den Kindern – Manchmal kann ich nicht davon einschlafen – ach hilf mir doch mit ein par Worte aus dieser Unruhe. 4506.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 72, Bl. 9

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Überlieferung: H: BBAW, SN 427, Bl. 145 f.

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Briefe 4507 – 4508

Es geht Morgen, Mittwoch eine Gelegenheit nach Stralsund, dann kann dieser Brief Morgen noch mit der reitenden Post abgehen, und die andre Woche könnte ich Antwort haben Du schreibst ja so viel Bücher wie leicht ists Dir nicht einen Brief zu schreiben, ach thue es doch. | An der alten Lotte habe ich auch vergeblich geschrieben, Du bist der Einzige aus Deinem Hause der mir geschrieben hat seit ich vorigen Johanes von Berlin reiste, und Du wirst mich nicht länger in Sorge laßen – Gestern den 2 F e b r u a r waren wir in Gartz. Du schriebst mir an diesen Tage ein Mal lieber Bruder, es ist lange her, Jettchen und die Kinder waren noch nicht bei Dir, Du sagtest so treu und gut „laß uns immer an diesem Tage besonders einander nahe sein und des lieben Heimgegangenen gedenken“ Ich war Euch nahe lieber Bruder, und es war mir als gedächtet auch Ihr meiner in Liebe. Dieses Jahr hatten wir den 2ten wieder am Mondtage, wie da, als Ehrenfried starb. Am Sontage gingen wir zum heiligen Abendmal, und Nachmittags kamen die Götemitzer, doch die Kathen nicht mit weil sie nicht ganz wohl war. Gestern Mondtag den 2ten Februar waren wir mit | den Götemitzern in Garz. Es war Pistorius Geburtstag. Des Alten Geburtstag war nicht gefeiert, niemand von uns war da, weil Lotte fürchtete es mögte den Alten der mehrere Wochen sich sehr schwach gefühlt hatte zu sehr angreifen, und bat sie Alle n i c h t zu kommen. Am Geburtstage aber war der Alte ungewöhnlich wohl und stark und heiter, und schrieb uns schon hertzliche Worte für ein kleines Geschenk was Sophie ihn den Morgen sandte. Es that ihm nur leid daß wir nicht da waren und so ging der schöne Tag still hinn. Gestern war der alte liebe Vater wieder so frisch und heiter und milde, daß es einem recht erkvikte. Pistorius sah sehr elend aus, Lotte war wohl, sie las mir ein liebes schönes Lied von Arndt vor, was er zu des lieben Vaters Geburtstag geschickt hatte, ich habe es jezt leider nicht, werde es aber nächstens schicken, es athmet innige Sehnsucht nach der Heimath, und treue Liebe zum alten | alten Vater. Sontag will ich und Lotte, u n d Lotte – u n d Lotte, nach Bonn schreiben. Daß es ihnen wohl geht, Arndt aber einen großen Verlust an Büchern gehabt wist Ihr wohl gewiß. Von hir kann ich Dir nun nichts weiter erzählen, es geht recht gut und der Winter gleitet so milde vorüber. Mir ist fast kein Winter so gut in Poseriz gewesen, als dieser. Vieles macht, daß ich hir unten näher bei 44 Lotte –] folgt ))das**

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Menschen bin. Auch bin ich nicht so allein wie sonst es hat sich unsrer Häuslichkeit noch ein junges Mädchen angeschloßen – zwar ist sie uns eine Fremde, doch das Vertraun was sie hatte hir mit Liebe aufgenommen zu werden, macht sie uns lieb – Ihr kennt sie nicht, sie lebt in diesem Augenblick in einem drückenden Verhältniß in Stralsund – weshalb sie wünschte 6–8 Wochen hir zu sein. Es ist ein fein gebildetes Mädchen, die älteste Tochter von Ralph Schneider, sie hat aber viel Schmerz gehabt und hat ihn noch – Sehr angenehm ist mirs daß sie die Heitere spielt. Lebe wohl lieber Schleiermacher! Sieh ich sehne mich so sehr nach Nachricht von Euch, habe aber nun schon jeden Posttag eine leise Furcht w a s es bringen wird – bis er dann vorüber ist, ohne etwas gebracht zu haben – ach schreib bald! Eure Luise Grüße Jettchen und Lotte ach wär doch niemand krank –! Grüße a l l e Kinder

4508. Von Caroline Opitz. Sorau, Freitag, 6. 2. 1818 Seiner Hochwürden / des Herrn D. Friedrich Schleiermacher / der G. G. O. O. Profeßor an der / Universität / zu / Berlin [Bl. 2v] Sorau den 6. Feb. 1818 5

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Es ist sehr gewagt von mir, mein Verehrter Herr Docktor daß sich eine Ihnen von Persohn, Unbekandte, durch gegenwärtige Zeilen zu nähern sucht; allein, solte Ihnen aus Ihren JugendJahren, von Ihrer guten PflegeMutter nicht manchmal der Nahme Erselius aus Sorau genant worden sein? mit welchen sie so nahe verschwistert war, und solte daher die Tochter, von der alten Tante und Pathe Erselius nicht gütige Verzeihung von Ihnen erwarten dürfen, da sie in ihren Briefen uns oft Ihre Güte gegen ihre eigne Kinder geschildert hat? Diese anerkandte Güte, nehme ich bei meiner Freiheit an Sie zu schreiben in Anspruch, und gehe nun zu dem 63 f Grüße … Kinder] am linken Rand von Bl. 145 4508. Überlieferung: H: BBAW, SN 346, Bl. 1f. 11 ihre] Ihre

8 sie] Sie

10 sie] Sie

ihren] Ihren

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Briefe 4508 – 4510

Gegenstandt, den mir das Glück mich mit Ihnen zu unterhalten verschaft über. Überbringer dieses, ist der Sohn, meiner verewigten Schwester, der Superintendent PJunckenS, den ich hiedurch da er völlig unbekandt in Berlin ist, Ihrer gütigen Leitung und Rath empfehlen will; daß er, der zeither in Sprottau als Conräcktor, und nun als hier erwählter SubRäcktor, sich zum Examen in Berlin einfinden mus | ist der natürliche Gang, für welchen er, wie ich erwarte auch nicht zagen darf, allein wenn er diesen Gang unter Ihrer gütigen Leitung antreten darf, ist dieses wohl ein Glück um welches ich Sie, Theuerster Herr Vetter nicht genung bitten kan, ich kann nicht läugnen, daß dieser gute junge Mann meinen Herzen sehr nahe angeht, da stets sein Benehmen uns Freude machte, und ich daher mit wahren sorgsamen Muttergefühl, diese Bitte an Sie thue. Doch Sie werden gewies auch wißen wollen, wer nun die kecke Schreiberin dieses ist, seit 3 Jahren, Witwe des verewigten Kaufmann Opitz, der in seinen 39 Jahren starb, ich setze meine Geschäfte, und erziehe meinen einzigen Sohn, zu meiner künftigen Stütze unter Gottes Leitung fort, oft sehr schwer, aber doch mit festen Muth, daß Gott, Wittwen und Weisen nicht verläst, an Sie Bester Herr Docktor und Ihren geliebten Geschwistern hat sich ja auch dieser Satz bewährt, daß Gott, Mittel und Wege hat, auch ohne leiblichen Vater, Versorger zu sein. Nochmals bitte ich recht herzlich um Verzeihung, wobei | ich noch diese anschließe, mir wenigstens mündlich versichern zu laßen, daß Sie mir nicht zürnen, mit wahrer Achtung empfihlt sich bestens, die sich glücklich schätzt nennen zu dürfen Ihre ergebne Verwandte Caroline verw. Opitz gb. Erselius

*4509. An Henriette Herz. Berlin, Sonnabend, 14. 2. 1818

*4509.

Erschlossen aus Brief 4510 Z. 2–4 vom 14. 2. 1818 an Bekker.

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6. 2. – 14. 2. 1818

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4510. An Immanuel Bekker. Berlin, Sonnabend, 14. 2. 1818 B. 14.II.18

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Bedauert, sich wegen der verfrühten Reise des „königlichen Bruders“ kurz fassen u. sich mit eiliger Zusendung der Reformationsrede u. „... des eben geschriebenen Briefleins an die Herz (Henriette!) ...“ begnügen zu müssen. „... Geben Sie der doch auch die Predigt die ich ... erwähnt habe ... Mit dem Platon bin ich jetzt beim Hipparch und Minos und ... thut es mir auch leid Ihre Papiere nicht zu haben meiner Anmerkungen wegen ...“. Ferner über den ungeklärten Verbleib gewisser Schriftstücke sowie über den Zweck von Bekkers Reise u. die diesbezüglich fehlende Antwort vom Ministerium: „... Und zusehr muß man es doch mit der Bombardierung bei einem neuen Minister, der alles erst kennen lernen muß, nicht verderben...“ Erwähnt, daß es auf Wunsch „mehrerer Menschen, die auch besonders meine Zuhörer sind noch einmal Politik zu lesen...“ beabsichtige u. im Begriff sei, eine Streitschrift gegen Ammon zu verfassen, „der auf eine höchst hämische Art über unsere ... Versuche hergefallen ist ... Im Sommer werde ich ein neues Collegium lesen ...“. Schließt mit Grüßen an Niebuhrs Frau u. Frau v H[umboldt] und fragt an: „Sehen Sie Bunsen viel und treiben Sie vielleicht etwas mit ihm? ...“. Schl.

4510. Überlieferung: D1: Stargardt Autographen 508 (1953), Nr. 127 (Erwähnung); D2: Stargardt Autographen 519 (1955), Nr. 212 (Erwähnung); D3: Hartung und Karl 40 (1983), Nr. 2540. Laut D3 „E. Br. m. U. – Kl. Einriß an d. Faltstelle. Gebräunt. Tinte tls. durchgeschlagen.“ D3 nennt Wilhelm von Humboldt als Adressaten. Dazu Patsch: Der Schatz der Briefe Schleiermachers, S. 270: „Der bei Hartung & Karl 1983 versteigerte Brief Schleiermachers vom 14. 02. 1818 kann nicht an Humboldt gerichtet gewesen sein, da dieser damals in London weilte, der Brief aber nach Rom ging. Die Hg. [Arndt/Virmond: Schleiermachers Briefwechsel, S. 92] haben ihn daher zu recht bereits in den Briefwechsel mit Bekker eingereiht ... [allerdings versehentlich unter dem 4. 2. 1818]. Dieser Brief – den ich vor der Versteigerung gesehen habe, aber natürlich nicht exzerpieren durfte, leider – wurde von der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz erworben und verschwand auf dem Postweg! Eine Sicherheitskopie war vorher nicht gemacht worden. Ob er je wieder auftaucht?“ – Bei dem in D1 und D2 angebotenen Brief („1 S. 4o und 6 S. 8o.“, mehr nicht angegeben) handelt es sich offenbar um diesen Brief und vielleicht um Brief *4509 (14. 2. 1818) an Henriette Herz. 9 Bekkers] H.’s

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Briefe 4511 – 4512

4511. Von Johann Wilhelm Schneegans und Carl Christoph Eberts. Kreuznach, Montag, 16. 2. 1818 Kreutznach den 16t Febru. 1818.

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Hochwürdiger Herr Profeßor! In der Anlage beehren wir uns Euer Hochwürden die Verhandlungen unserer Synode vom 21ten präteriti mitzutheilen. In Betreff unserer Vereinigung müßen wir Euer Hochwürden bemerken, daß in der Abendmahlsformel D e r verwendet war, und M e i n . heißen sollte, und daß wir im Gebät des Herren uns den Pleonasmus gefallen liesen, um für den Augenblick die Gemüther zu beruhigen, bey unserer ProvinzialSynode aber etwas allgemeines hierüber beschließen werden. Weder das BeichtGeld noch die Besoldungen haben bey uns die Vereinigung aufgehalten, weil jeder Pfarrer behält was er jetzt hat, oder wenn das Beichtgeld wegfällt, er von der Gemeine dafür entschädiget wird | und für den Augenblick das Allmosen diese Entschädigung reicht, bis es anders regulirt ist. Wir verharren mit vollkommenster Hochachtung Euer Hochwürden ergebenste Diener Eberts Schneegans P.S. Wir beehren uns noch Euer Hochwürden zu sagen, daß in unserm Sinne und Geiste alle Verhandlungen der Niederländischen Synoden, und auch des größten Theils der unseres Regierungs-Bezirks ausgefallen sind, und wünschen doch auch etwas hierüber aus Ihrer Gegend zu erfahren Seiner Hochwürden des Herrn Profeßors Schleiermacher zu B e r l i n

4511. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/3; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 160 (Zitat). Anlage (Bl. 2–9): „Verhandlungen der Synode von Kreuznach vom 21. Januar 1818“.

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16. 2. – 18. 2. 1818

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4512. An Claus Harms. Berlin, Mittwoch, 18. 2. 1818 Berlin d. 18t. Febr 18

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Theurer Mann Als ich vor zwei Jahren in Kiel war kam ich zu früh um Ihre Bekanntschaft zu machen und das that mir sehr leid. Jezt thut es mir noch mehr leid daß das erste unmittelbare und persönliche Verhältniß in welches ich zu Ihnen trete darin besteht daß ich Ihnen anliegend eine kleine Schrift übersende in welcher ich des Gegenstandes wegen nicht umhin konnte von Ihren Thesen und zwar wie es mir ums Herz ist nicht lobend zu reden. Vielleicht hätte ich die herzliche Achtung, die ich für Sie hege, dabei noch wärmer audrücken, und die Uebereinstimmung die sonst zwischen uns stattfindet stärker ins Licht sezen können; allein das würde doch in dieser Verbindung zu geflissentlich ausgesehn und also den rechten Eindruck verfehlt haben. Darum habe ich mich dessen enthalten, oder vielmehr darum ist es mir nicht eingefallen. Jezt kommt es mir vorzüglich nur darauf an daß | Sie die Sache sehen und nehmen mögen wie sie ist, darum sollen Sie das corpus delicti aus meinen eignen Händen erhalten und darum wende ich mich selbst an Sie. Davon bin ich fest genug überzeugt daß Sie wenn Sie irgend des Mannes frühere Schriften kennen an Ammons Gemeinschaft und wenn sie sich auch als die submisseste Schülerschaft anstellt keine Freude haben können. Fehlt Ihnen die Kenntniß des Mannes was ja leicht sein kann, so kann meine Schrift sie einigermaßen suppliren. Aber daß er Sie nur gemißbraucht hat um ganz andere Absichten zu erreichen, davon hoffe ich muß meine Schrift Ihnen die anschaulichste Gewißheit geben. So daß ich auch glaube über die Art wie ich gegen jenen verfahren habe mich nicht weiter rechtfertigen zu dürfen, nur daß ich Sie bitten muß seine ganze Schrift auch noch aus dem besonderen Gesichtspunkt anzusehen einer sächsischen Feindschaft gegen Preußen, die ihm jedoch ebenfalls nicht Ernst ist denn er ist ja noch viel zu jung in | Sachsen sondern womit er sich nur bei den Sachsen beliebt machen will. Auch will ich Ihnen nicht vorenthalten daß er sich früher nicht nur mündlich gegen unsern Gesandten in Dresden sondern auch schriftlich in Briefen hieher erboten hat für 4512. Überlieferung: H: UB Leipzig, Sammlung Taut; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 310–313. Mit einem Exemplar seines Buches „An Herrn Oberhofprediger Dr. Ammon“ und einem seiner „Predigt am zweiten Tage des Reformations-Jubelfestes“. Laut Brief 4591 Z. 2–29 vom 19. 7. 1818 hat Twesten diesen Brief an Harms nicht weitergeleitet sondern zurückgehalten. 4 that] korr. aus thut 16 delicti] korr. aus di

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Briefe 4512 – 4513

das Unionswerk seinerseits mitzuwirken. Man hat das abgelehnt theils aus Mangel an persönlichem Vertrauen, theils weil in der That die Sache auf diese Weise nur als eine Landessache behandelt werden kann. Was aber den Tadel betrifft, den ich über Sie ausgesprochen habe: so hoffe ich zunächst daß es niemanden und am wenigsten Ihnen so vorkommen wird als hätte ich Sie und Ammon in einen Topf geworfen. Und so fest ich entschlossen bin über alles was mir diese Schrift zuziehn kann sofern es meine Person betrifft das ruhigste Stillschweigen zu beobachten so gewiß werde ich es nicht fehlen lassen mich genügend zu erklären wenn ein Mißverständniß dieser Art zum Vorschein kommen sollte. Sonst kann ich freilich von meinem Tadel Ihrer Thesen nichts zurüknehmen, und ich kann nur wünschen daß Sie Selbst bei ruhiger Ueberlegung nicht das wesentliche von dem was Ihnen dabei vorgeschwebt aber die ganze Art und Weise zurükwünschen mögen. Kann meine Kritik dazu etwas beitragen so werde ich mich | freuen. Was die Form betrifft: so kann ich Sie nur brüderlich und herzlich bitten den unangenehmen Eindruck, den manches auf Sie machen kann, nicht zu tief wurzeln zu lassen, und zu bedenken wie vieles grade hievon nicht sowol gegen Sie gerichtet ist als gegen die Art wie Ammon Ihre Thesen ergriffen hat. Und nun nur noch die Bitte, lassen Sie mich bald ein wo möglich beruhigendes Wörtchen hören; denn daß Sie nöthig finden sollten Sich gegen mich öffentlich zu vertheidigen glaube ich kaum. – Ihre Reformationspredigten haben mich sehr erfreut, und ich lege eine von mir, die wol nicht in den Buchhandel gekommen ist bei. Es ist vielleicht schwer einen stärkeren Gegensaz in der Behandlungsweise bei einer so großen Uebereinstimmung in den Grundsäzen zu finden, und darum wollte ich gern daß Sie beide neben einander stellen könnten. Sagen Sie unserm Freund Heinrich daß ich seine Sendung empfangen hätte und mich nächstens selbst bedanken würde. Es muß wol in der Nähe von Kiel damals ein Schiff mit Spezereien gestrandet sein, daß der Weihrauch wohlfeil war; denn gespart hat er ihn nicht. Grüßen Sie auch meinen lieben Twesten welcher Ursache hat über mein langes Stillschweigen zu schelten; aber er weiß ja wie es mit dieser Unart zugeht. Und nun sein Sie mir herzlich Gott befohlen und lassen Sie mich auch hier den Wunsch wiederholen daß Freunde und Feinde Ihnen Ruhe lassen mögen. Schleiermacher

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4513. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 21. 2. 1818 Berlin d 21t. Febr.

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Da haben Sie etwas! was werden Sie nur dazu sagen? Viele Leute behaupten Schmalz wäre milde behandelt gegen Ammon. Aber dieser erscheint mir auch offenbar heuchlerisch und boshaft. Denn eine solche Art einzulenken, und dabei zu versichern man wäre seinen Principien treu geblieben ist nicht ehrlich. Und seine Ausfälle auf hier sind offenbar boshaft. Wobei Sie noch bedenken müssen daß er vor nicht gar langer Zeit sich mündlich und schriftlich erboten hat zur Union mitzuwirken. Dies habe ich, weil es eine Privatmittheilung ist, nicht benuzen wollen, aber doch darauf angespielt so daß er selbst es merken wird. Kurz ich habe das beste Gewissen. Neugierig bin ich aber doch was er machen wird wenn er sich von diesem Schlage besinnt. Es wird Ihnen nicht entgehen daß mein lezter Monolog darauf angelegt ist ihn von einigen weitläuftigen Proceduren abzuhalten die ihn zu nichts führen | könnten, mir aber doch jezt ungelegen kämen, weil ich andere Dinge zu thun habe. Auch habe ich mich nicht enthalten können denen Leuten die uns die Unionssache verderben durch ihre abgeschmakten Maaßregeln einen Wink zu geben, daß sie nicht etwa denken ich habe es um ihrer grauen Augen willen gethan und ich würde ihnen auch gelegentlich die Kastanien aus dem Feuer holen. Hanstein war sehr gespannt auf die Schrift er hat sie nun, hat aber noch kein Wörtchen hören lassen, wahrscheinlich weil er seinen Text auch drin gefunden hat. Und so hoffe ich wird sie mir auch keine königliche Gnade zuziehn. Doch nun genug davon.1 Ihre Verlagshandlung hat sehr Unrecht daß sie nicht eine Parthie Exemplare gleich hieher geschikt und eine Anzeige in den hiesigen Zeitungen besorgt hat; sie hätte gewiß hier ein gut Geschäft gemacht. Leider habe ich vergessen Sie unter dem Text namentlich zu citiren | Daß der Harms mit davon gewußt hat thut mir leid; ich hätte ihm sonst seine Thesen gerne geschenkt aber nun ging es nicht. Ich habe ihm einen freundlichen und möglichst beruhigenden Brief dazu geschrieben, und bin gespannt auf den Effekt. – Aber ist es nicht Schade daß mit solchen Sachen 4513. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 230–231. Mit einem Exemplar seiner Schrift gegen Ammon: „An Herrn Oberhofprediger D. Ammon über seine Prüfung der Harmsischen Säze“, Berlin 1818. 27 vergessen] korr. aus nam 30 freundlichen] korr. aus mö

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Briefe 4513 – 4516

die Zeit hingeht? Ich glaube ich habe beinahe vier Wochen um und um alle müßigen Stunden an das Ding gesezt. Nun aber lieber Freund ergeht eine dringende Bitte an Sie um baldige Zurüksendung meiner Dogmatik. Ich will im Sommer anfangen zu lesen – anfangen nämlich weil ich diesmal ein Jahr lesen will – und wiewol das erst im April angeht so muß man sich doch jezt schon die Sache durch den Kopf gehn lassen, und auch dazu brauche ich wol mein Heft. Sehr lieb wäre es mir, wenn ich vorher mit Ihnen sprechen könnte, da Sie doch meinen es müßte gesprochen sein; und ich kann Ihnen nicht sagen was es mir für eine | Freude sein würde wenn Sie in den Ferien auf einige Tage herkämen. Sie brauchen ja nicht einmal eine Predigt zu versäumen. Die Verfügung von der Sie mir schreiben ist ungeheuer dumm. Warum protestiren aber die Consistorien nicht wenn ihnen so etwas zukommt, sondern betragen sich bloß als Abschreibemaschinen? Die Leute die unmittelbar mit dem König verhandeln können ihm am wenigsten widersprechen; wenn aber in solchen Fällen übereinstimmende Protestationen von den Consistorien kämen, so müßten die doch vorgetragen werden. Aber die Leute sind alle so miserabel, daß es unaussprechlich ist. Gott befohlen. Lassen Sie sich zu Herzen reden und kommen Sie. Schlafstelle kann ich Ihnen zwar nicht anweisen vor dem 1ten April aber wir können doch sonst den ganzen Tag zusamen sein. – Meine Frau grüßt Sie; im Hause geht alles gut. Auch von Nanny sind gute Nachrichten. Grüßen Sie mir Ihre Frau und möchte sie nur auch recht gesund sein. Schl. 1

Ein garstiger Drukfehler ist noch stehn geblieben Seite 65 „sich zu uns“ lies uns zu sich.

*4514. Von Johann Albrecht Friedrich Eichhorn. Vor dem 25. 2. 1818 Hardenberg gewinne Vertrauen; es geschehe, was geschehen könne.

44 ihnen] korr. aus I *4514.

56 f Ein … sich.] am unteren Rand

Erschlossen aus Brief 4528 Z. 26–29 vom 14. 3. 1818.

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21. 2. – 26. 2. 1818

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4515. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 2. 1818

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Auf den Bericht des Senats vom 23ten vorigen Monats wegen der zu Prämien vorgeschlagenen Studirenden ist die Universität mittelst Reskripts vom 16ten hujus benachrichtiget worden, daß der Rendant der wissenschaftlichen Kasse angewiesen sey, den prämirten Subjekten gegen deren Quittung die ihnen bewilligten Summen auszuzahlen. Ich ersuche daher Ew. Spektabilität hierdurch ergebenst, den Studirenden Schnay wegen der ihm von Ihrer Fakultät zuerkannten 40 rthr hiernach gefälligst zu instruiren. Die der theologischen Fakultät nach der Repartition vom 23 Juli vorigen Jahres noch zukommenden 30 r. sind auf den Antrag des Senats bis auf weitere Anweisung bey der wissenschaftlichen Kasse asservirt worden. Berlin den 25n Febr. 1818. Der Rektor der Universtät. D Marheineke Decano spectabili facultatis theologicae.

4516. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Donnerstag, 26. 2. 1818

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Magnifice Infolge der an mich ergangenen Aufforderung vom 2ten die aber erst den 10ten eingegangen beehre ich mich die Liste anliegend mit den theils aus den Alben theils aus den gegenwärtigen Untersuchungen über den Fleiß der Studierenden sich ergebenden Bemerkungen zurükzusenden. Zugleich bemerke ich ergebenst daß die Aufführung der Rectoratszahl und die Nummer der Matrikel in dieser Liste zu nichts hilft und die Aufsuchung der Namen in Alben gar nicht erleichtert. Dagegen wäre sehr wünschenswerth wenn künftig Jahreszahl und Monat der Immatriculation auf dieser Liste aufgefürt würde. Berlin d 26t Febr. D. Dek. d. th. Fac Schl. 4515.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 32

4516.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 44

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Brief 4517

4517. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 28. 2. 1818 Halle den 28t Feb. 18.

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Was ich zu der Abfertigung Ammons sage? was anders als daß ein solcher heimtückischer mantelträgerischer heuchlerischer Bursche nicht hart genug kann gegeisselt werden, und daß es nur schade ist, daß Sie Sich haben damit bemühen müssen. Niemeyern fürchte ich ist, aus m e h r e r e n Gründen, die Dosis etwas zu stark, ich schickte ihm die Schrift und in seinem RücksendungsBillet steht viel Bedauern über die erneuerten Streitigkeiten, über das Lachen derer die draußen sind, und trotz Ihrem Monolog, die kleine schadenfrohe Befürchtung, daß man auch Sie wenn man älteres und neueres zusammenstellen wollte in einige Verlegenheit bringen könnte. Dem Manne wird auch etwas bang glaube ich, obgleich er sich doch immer so ziemlich auf dem IndifferenzPunct gehalten hat, von wo aus man ja ganz schicklich rechts und links die Arme ausbreiten und wie es die Natur des Hebels mit sich bringt die eine erheben die andre senken kann. – Dem ehrlichen Harms ist eine solche kleine Abkühlung auch schon recht, er ist wirklich etwas verwöhnt und nicht wenig eitel. Aber wo haben Sie das her mit den neuen 10 Geboten, ich kann es nicht finden. Bey Gelegenheit Ihrer Dialektik gegen Harms und mehr noch gegen Ammon p. 18 möchte ich doch einiges erinnern. Die Gleichstellung der Reformirten und Katholiken ist freilich sehr dumm und hämisch zugleich, aber sollte es nicht wirklich einen Sinn geben in welchem man sagen könnte die Reformirten halten sich mehr am Wort als die Lutheraner. Zeigt nicht selbst die ganze äußere Einrichtung | unsrer Kirchen, namentlich daß wir auch nicht einmal den Namen Altar kennen, daß das Symbolische mehr bey uns zurüktritt, das lebendige Wort aber überall das Vorherschende sey. Unstreitig hat das Lutherthum noch viel mehr pfäffisches ja papistisches, obgleich sie es nicht Wort haben wollen und eben daher bey der Vereinigung ins Gedränge kommen; sie haben sich so lange gebährdet wie wir und möchten doch gern heimlich ihr altes Wesen um des Volkes und ihres Eigennutzes willen beybehalten. Auch der gemeine Mann bey uns fühlt das und hält sich für besser unterrichtet als den Lutheraner. So etwas hat gewiß dem Harms dunkel vorgeschwebt und Ammon hat es nur boshafter gedeutet: er verdient daher völlig jene dialektische Geissel, aber sagen Sie mir 4517. Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 99 f.; D: Blanc: Briefe an F. Schleiermacher, S. 63–65 18 Ihrer] ihrer

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giebt es nicht Dinge und Verhältnisse von deren Realität wir dennoch überzeugt bleiben, wenn sie auch dialektisch gänzlich vernichtet würden? schwerlich würden Sie auch diese Waffe unter andern Umständen und gegen einen andern gebraucht haben. Die Dogmatik schicke ich zurück weil ich muß: ich zwar habe sie mir ganz abgeschrieben, Rienäcker aber ist kaum auf der Hälfte und das ist deshalb schlimm, weil ich einzelne Worte nicht habe herausbringen können und nun die Möglichkeit wegfällt daß er sie etwa errathen könnte; doch ist meines Wissens keins von Bedeutung darunter. Noch habe ich ehrlich gesagt nicht das Recht mit Ihnen darüber zu sprechen, die Sache ist von zu großer Bedeutung als daß ich es eher thun könnte als bis ich das Werk wenigstens ein paarmal durchgelesen. Das ist aus einem Grunde noch nicht geschehen | den ich Ihnen nun schon sagen muß und nur bitte daß Sie mich nicht auslachen. Ich habe nemlich ein großes, d.h. weitläuftiges opus vor, und da ich es nur seit einigen Wochen erst angefangen, so ist auch der Eifer noch groß. Ich unterrichte seit etwa einem Jahre meine Schwägerin und einige andre Mädchen von 14–15 Jahren, gratis und vielleicht frustra, in omni scibili, wobey mir die Geographie den Leitfaden giebt. Der Vater der einen, der Buchhändler Eberhard ist von meiner Methode so entzückt, daß er mich plagt ich soll ein Lehrbuch dieser Art ausarbeiten, und nachdem ich mich lange besonnen ist es beschlossen und es mögen wohl schon 8 Bogen fertig seyn. Eine sehr reich ausgestattete Einleitung, die noch nicht ganz fertig, lehrt das Wichtigste aus der mathematischen und physischen Geographie, letztere ungleich reichhaltiger als ich es sonst wo gesehen hätte. Dann sollen die einzelnen Länder dran, von der Geographie nur das wirklich interessante, Alterthümer &ce, dann aus der Geschichte jedes Landes nur das wahrhaft bedeutende, keine ekelhafte Chronologie der Fürsten; ebenso einiges über Litteratur, Sprache u.s.w. Sie sehen daß ein gewisser Tact bey der Auswahl das einzige Verdienst dieser Arbeit seyn kann, wirft es aber einigen Verdienst ab, so ist es mir doppelt angenehm. Es ist auf 3 bis 4 Bände berechnet. Wenn Sie diese Art von Arbeit nicht mögen, so sagen Sie es mir nur ehrlich und ich werde Ihnen | nicht viel mehr darauf antworten können als: magister artium venter, und vielleicht daß ein solches Buch, so wie die Leute nun einmal sind, nützlich seyn mag. Aus der Reise nach Berlin kann diesmal unmöglich etwas werden, das Fest ist zu nahe, der Arbeit genug, und meine Frau ist leider seit einigen Wochen wieder nicht ganz wohl, was freilich, wie die Erfahrung mich gelehrt nichts auf sich hat, indeß möchte ich mich doch nicht grade jetzt entfernen.

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Briefe 4517 – 4520

Jammern soll man nun zwar nicht, auch ist mir für die Folge nicht bange, aber gestehen müssen Sie doch, daß wir mit unsren kirchlichen Angelegenheiten in rechten Sümpfen waten. Beinahe möchte man sich freuen, was von einer andern Seite doch auch wieder nicht erfreulich ist, daß alle diese Verkehrtheiten obwohl sie laut genug in der Muttersprache verhandelt werden, auf das Volk so gut wie gar keinen Einfluß äußern; wenigstens gewiß keinen nachtheiligen für unsre Hallische Kirche; unser Verhältniß zu ihr ist so gut als es sich nur jetzt erwarten läßt, und nur äußere Rüksichten und die Erwartung baldiger entscheidender Einrichtungen halten eine Menge Familien ab sich ganz zu uns zu halten. Tausend Dank und tausend Grüße, an Ihre Familie und alle Freunde, namentlich auch an Arnd und seine Frau. Gott befohlen Blanc

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*4518. An Christian Gottlieb Konopak. Berlin, Februar 1818 Konopak solle bei seinem Kollegen Christoph Martin nachfragen, ob die von diesem redigierte Zeitschrift „Neuer rheinische Merkur oder der deutsche Vaterlandsfreund“ Beiträge über den Missbrauch der Zensur abdrucken würde.

4519. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 1. 3. 1818 Magnifice Die theologische Facultät hat nunmehr die zweite Prämie von 30 r dem Studiosus Ristow aus Pommern zugesprochen, wovon Ewr Magnificenz ich hiedurch ergebenst in Kenntniß seze und um Veranlassung des weiteren bitte. Berlin d 1t. Merz 1818 D. Dek d th. Fac Schl. 1/3 *4518. 4519.

Erschlossen aus Brief 4520 Z. 26–29 vom 4. 3. 1818. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 33

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4520. Von Christian Gottlieb Konopak. Jena, Mittwoch, 4. 3. 1818 Jena den 4ten März 1818

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Ostern ist vor der Thüre, mein lieber Schleiermacher, und noch sahen Sie von hier aus keinen Brief von mir. Desto eher aber kann ich Ihnen mit etwas mehr Gewißheit schreiben, da ich nach gerade aufhöre, ein Neuling im Orte zu seyn. Es geht mir hier ganz wohl. Manches vermisse ich, Vieles habe ich aber auch besser gefunden. Was ich Böses gefunden, habe ich gerade so erwartet, bin also nicht getäuscht worden, nämlich daß Uebermaß an praktischen Arbeiten. Meine collegialischen Verhältnisse sind ganz gut; nähern Umgang habe ich inzwischen nur mit Münchow, Hasse Martin und Ziegesar. In unserm OberAppellationsGerichte sind die Verhandlungen größtentheils sehr anziehend, theils durch die Wichtigkeit der Gegenstände, theils durch die Art der Behandlung. Möge nur die Menge der Arbeiten darin nicht zunehmen! hätte ich mit dem Schöppenstuhle nichts zu thun, dann wäre ich zufrieden, hätte dann Muße genug auch zum Studium. Alles lie|gen lassen, um diese Muße zu gewinnen, geht denn doch auch nicht; lieber einmahl darüber da sprechen; wo es Eingang finden kann, und von wo Hülfe zu erwarten steht. Darüber vergehen nun aber Manchem die besten Jahre seines Lebens; mir sind sie ja vielleicht schon vergangen. – Doch weg mit diesen Klagen, die Sie schon mehrmahls von mir haben hören müssen! Meine Louise ist so gefaßt in die neuen Verhältnisse getreten, und erträgt so muthig die Trennung von den Ihrigen, daß ich mich um so mehr über sie freue, je besorgter ich war, daß das Ganze auch auf ihre Gesundheit einen nachtheiligen Einfluss haben möchte. Sie läßt Sie und die Ihrigen freundlich grüßen. Mit Martin habe ich in Ihrem Auftrage gesprochen. Recht gern wird er Beyträge, den Mißbrauch der Censur betreffend, für seinen Merkur annehmen. Das nur sage ich Ihnen, weil ich nur wegen dieses Gegenstandes von Ihnen beauftragt war; gewiß aber wird, wenn Sie auch sonstige Herzensergießungen wollten aus|strömen lassen, der Merkur Ihnen dafür willig ein Bette bereiten. – Die Censur erinnert mich sehr natürlich an unsre Preßfreyheit, und diese an Dieß und Jenes, was hier, nicht ganz im Uebereinstimmung mit ihr geschehen ist, was man, von Aussen gedrängt, vielleicht thun zu müssen geglaubt hat. Es ist fast unbegreiflich, wie die 4520.

Überlieferung: H: BBAW, SN 319, Bl. 101 f.

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Briefe 4520 – 4522

Feier auf der Wartburg einen so großen Eindruck hat machen, ich möchte sagen, einen so großen Schrecken hat verbreiten können. Ist sie in politischer Hinsicht wichtig geworden, so ist sie es wahrlich nur durch das Gewicht geworden, welches man auf sie gelegt hat. Und was ist alles darüber, und mit wie vielen Lügen, in öffentlichen Blättern ausgeschüttet worden! Auch Ihr Herr von Kamptz hat sich zu mancherley Schritten dadurch veranlaßt gefunden, auch zu einer, so Gott will, rechtlosen Deduction über Injurien, worüber ich neulich irgendwo das sehr gelinde Urtheil las, sie sey schwerfällig. Es läßt sich keine geistlosere Behandlung des Gegenstandes denken. | Wenn Sie Ihren Savigny und Göschen sprechen, so richten Sie viele Grüße an sie aus von mir. Durch sie werden Sie auch erfahren können, wann wir den Abdruck des Gajus zu hoffen haben, und geben mir dann wohl einige Nachricht darüber. Wir, wenigstens Einige von uns, sehnen uns sehr nach dem herrlichen Fund, und kümmern uns wenig darum, wenn dieß oder jenes Gesicht zu verstehen giebt, es sehe nicht ab, wie man so viel Aufhebens von der Sache machen könne. Schedens grüßen Sie mir vielmahl von mir und von meiner Frau, ausserdem von mir einige Mitglieder Ihrer gesetzlosen Gesellschaft, den Müller, den Buttmann, den Balan, und wer sonst, Ihnen bewußt, von meinen Bekannten sich darunter befindet. Wenn Sie den Poselger sprechen, so sagen Sie ihm, wenn ich einst auf längere Zeit nach Berlin käme, so wolle ichs ihm abbitten, daß ich nicht bey ihm gewesen, ob ich gleich kaum einer Sünde deshalb mich zeihen kann, da mein letzter Aufenthalt ein so sehr kurzer gewesen. – Und nun leben Sie mit allen Ihrigen, die ich herzlich grüße, recht wohl, und schreiben Sie mir bald. Konopak.

4521. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Donnerstag, 5. 3. 1818

An Ein hohes Ministerium der Geistlichen Unterrichts und MedicinalAngelegenheiten Zweite Abtheilung 4521.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 219, Bl. 41

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Der Student Theologiae Weber aus Pommern ist am 23ten Januar gestorben und wir haben an ihm einen der ausgezeichnetsten Jünglinge unserer Facultät verloren. Er war als Mitglied des Seminars seit Michaelis 1816 Inhaber des einen Stipendii, und wie wir vernehmen hat er noch die lezte rate von Michaelis 1817 bis Ostern 1818 zu erheben, die Hauptcasse der wissenschaftlichen Anstalten verlangt aber da er inzwischen gestorben zur Auszahlung eine besondere Autorisation von Einem hohen Ministerio Wir glauben daß die Auszahlung an sich um so weniger ein Bedenken haben kann als die Stipendienraten eigentlich prae numerando erhoben werden, und der Weber die in Frage stehenden 50 r schon am 1ten October anni praeteriti konnte erhoben haben. Ein hohes Ministerium bitten wir daher ganz gehorsamst die Hauptkasse hochgeneigtest anzuweisen, diese 50 r gegen eine Interims|Quittung der Facultät zu zahlen welche seinerseits gegen eine von dem Vater des Verstorbenen auszustellende Quittung ausgetauscht werden soll. Berlin d. 5t. Merz 1818 Die theol. Fac. Schl 5/3.

4522. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 6. 3. 1818

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An Ein hohes Ministerium der Geistlichen Unterrichts u. MedicinalAngelegenheiten Die unterzeichnete Facultät hat sich bereits an Ein hohes Ministerium mit der Bitte gewendet den Licentiat D. Lücke durch Ertheilung einer außerordentlichen Professur an die hiesige Universität fester zu binden. Auf diese Bitte sind wir aber doch das eine Mal abschläglich das andere Mal gar nicht beschieden worden. Wogegen freilich hernach Herr Lücke auf

3 aus Pommern] mit Einfügungszeichen über der Zeile 5 als] korr. aus s 12 der] mit Einfügungszeichen über der Zeile 13 haben.] folgt )Wir bitt* 14 f anzuweisen,] folgt ))daß sie** 16 eine … dem] über )die Quittung des* Vater] korr. aus Vaters 4522. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 179, Bl. 12 f. 4 f außerordentlichen] korr. aus ordentlichen 5 f Auf diese] korr. aus Diese

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Briefe 4522 – 4524

2 Jahr eine Gratification von 400 r hochgeneigt ist bewilliget worden. So sehr aber die Facultät sich dieser Anerkennung seiner Verdienste dankbar gefreut hat, so darf sie doch Einem hohen Ministerio nicht verbergen, daß dadurch jener Zwek ihrer Verwendung nicht erreicht sei. Junge Gelehrte welche sich für den theologischen Lehrstuhl qualificirt haben sind gegenwärtig so selten, und Herr Lücke’s ausgezeichneter Werth kann sich bei seiner auch litterarisch bedeutenden Regsamkeit so wenig verbergen, daß er, zumal mehreren ausländischen Universitäten kürzlich ihre Fonds vermehrt worden sind, vielleicht jetzt schon einen Ruf hätte, wenn nicht die Meinung entgegen wirkte, daß er nicht so leicht unserer Universität möchte ent|rissen werden können. Allein diese Meinung wird sich bald verlieren, wenn nicht etwas wirksames geschieht um ihn hier anzusiedeln; und es wäre Herr Lücke, der durch lange Studien die Unterstüzungen eines nicht ausgezeichnet bemittelten Vaters erschöpft hat, nicht zu verargen, wenn er, da ihm für den Ablaufstermin jener Gratification keine Zusicherung gegeben ist, die erste Gelegenheit wahrnähme die ihm eine feste Stellung und die Möglichkeit ein Hauswesen zu begründen darböte. Für die Universität aber wäre dies ein wichtiger Verlust, den wir nicht zu ersezen wüßten. Die ordentlichen Mitglieder der Facultät sind, wie die Lectionsverzeichnisse ausweisen, hinreichend damit beschäftiget jeder seine Hauptdisciplinen vorzutragen, in denen er seine Ansichten vollständig entwikeln kann; alle zum Theil sehr wichtigen Nebenfächer aber, Litterargeschichte, Hermeneutik, Kritik, Behandlung der apokryphischen Bücher p müßten gänzlich unberührt bleiben, wenn wir nicht eine solche Hülfe hätten, die Herr Lücke auf eine sehr rühmliche Weise und mit vieler Treue geleistet hat. Wie auch das Seminarium nicht in seiner Vollständigkeit hätte erhalten werden können, wenn er nicht eingetreten wäre, ist Einem hohen Ministerium bereits bekannt. Um daher uns selbst wenn die Unsicherheit seiner Lage Herrn Lücke nöthigen | sollte einen auswärtigen Ruf anzunehmen von aller Schuld freisprechen zu können wagen wir es unsern gehorsamsten Antrag daß Ein hohes Ministerium geruhen wolle dem Licentiat Lücke eine außerordentliche theologische Professur mit einer angemessnen Besoldung auszuwirken nochmals zu wiederholen. Berlin d. Merz 1818 Die theol. Fac. Schl. 6/3.18 D Marheineke D Neander. de Wette 10 hat,] mit Einfügungszeichen über der Zeile 11 jener] über )der* einem

40 einer] korr. aus

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4523. Von Christoph Friedrich Ammon. Dresden, Sonnabend, 7. 3. 1818

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Euer Hochwürden Haben mich in der vorigen Woche mit einer gedrukten Epistel beehrt, die Sie noch schriftlich mit dem Hornschluße eines gedoppelten Uebels begleiteten. Ich fand die Sache anders: denn schrieben Sie die Wahrheit nicht, so ist das gut für mich; und schrieben Sie die reine Wahrheit, so ist das gut für Andere und für mich. Aber welche dieser Sätze Sie auch ergreifen mögen, immer bin ich der Meinung, daß wir besser thun würden, uns künftig auf die geschriebenen Visitencarten zu beschränken. Mit fränkischer Biederkeit bietet Ihnen daher die Hand zum Frieden Euer Hochwürden gehorsamster, Ammon. Dresden, am 7. März 1818.

4524. An Friedrich Lücke. Berlin, vor dem 9. 3. 1818 Herrn / D. Lücke [Rückseite]

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Sie wissen liebster Lücke daß Sie mich heute zu DeWette bringen sollen. Ich muß das Gehn des Abends noch fürchten und weiß nicht anders als zu fahren. Nach der Akademie will ich im Sprechzimmer sein, wohin ich um halb Sieben Uhr den Wagen bestelle[.] Wollen Sie Sich dort auch einstellen so ist es schön; wo nicht, so erscheine ich mit dem Wagen vor Ihrer Wohnung. Schleiermacher

4523. Überlieferung: H: BBAW, SN 238, Bl. 11; D: Traulsen: Schleiermacher und Claus Harms, S. 285 4524. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 216. Der Brief muss vor Lückes Ernennung zum Professor in Berlin am 9. 3. 1818 und nach seiner Ankunft in Berlin im Sommer 1816 geschrieben sein. 4 der] korr. aus dr

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Briefe 4525 – 4526

4525. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Donnerstag, 12. 3. 1818 Breslau den 12 Mz 18.

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Ich bin eben im Begriff zu einem Geschäft nach Glogau zu reisen, und es können daher nur wenige flüchtige Zeilen sein, die Du hier erhältst und wozu sich die Gelegenheit eben darbietet. Der Ueberbringer derselben, ein Student R i c h t e r, will zur Fortsetzung seiner theologischen Studien nach Berlin gehn; ein solcher Entschluß bei einem Schlesier ist schon lobenswerth und verdient Aufmunterung, ich habe es ihm daher nicht versagen wollen, ihn Dir zu empfehlen und Dich um den freien Besuch deiner Collegien und wo er es sonst bedürfen sollte, um einen guten Rath für ihn zu bitten. Sein Streben ist achtungswerth und darum verdient er der Unterstützung, deren er sehr bedarf. Er muß seinen Weg zu Fuß machen und weiß nicht, wovon er in Berlin bestehen will, hofft aber, Gott werde ihn wohlwollende Herzen finden laßen, welches ich ihm wohl wünschen mögte. Er gehörte hier auch zu meinen Schülern und so hoffe ich, er wird schon etwas vorbereitet sein zu Deinen Vorlesungen. Hiernächst, mein lieber theurer Freund, will ich doch nicht unterlaßen | Dir zu sagen, welche Freude Du Deinen Freunden und mir gemacht hast durch Deine Schrift gegen Ammon. Ich habe sie schon dreimahl gelesen, gleich eine Anzeige davon für Wachlers Annalen gemacht und lese sie gewiß noch öfter. Hätte ich doch bei Dir sein und Dich in meiner Freude recht innig an mein Herz drükken können! S o muß man Leuten dieser Art in ihrer wissenschaftlichen Haltungslosigkeit entgegentreten und das verborgene ungeistliche Wesen, das darneben ist, an das Licht ziehen. Alle Redlichen müßen dies billigen und alle protestantischen Theologen in ganz Deutschland daran Theil nehmen. Abgesehen von der verdienten Züchtigung, die dem Ammon wiederfährt und in seiner Person dem zahlreichen Heer derer, die ihm gleichen, muß Deine Schrift nothwendig anregend wirken und das ernsthafteste zur Sprache bringen – die Verworfenheit, die von Kathedern und Kanzeln in Besitz genommen hat, einen traditionellen Kirchenglauben zu lehren, den sie selbst nicht glauben, ein Unheil das nachtheiliger auf die Kirche wirkt als alles andre. Du weist, daß ich nicht zu diesen gehöre und ich danke Gott, der mich herrlich geleitet und zu | Dir geführt hat; aber seit ich Deine Schrift gelesen, denke ich Tag und 4525. Überlieferung: H: BBAW, SN 287/1, Bl. 120. 120a; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 144 f.

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Nacht daran. Was Ammon thun wird, der nicht schweigen darf, aber, so viel ich sehe auch nichts zu sagen hat, als altägliche Tiraden über die Veränderlichkeit der menschlichen Erkenntniß, und wie das ganze Heer der Sächsischen Theologen zum Schutz ihres Heiligen gegen Dich aufstehen wird, wiewohl Du meinst, er sei selbst ein gar kunstreicher Mann, das ist doch nur die lustige Seite bei dieser Sache; die weit ernsthaftere aber die, daß keine Wissenschaftlichkeit, ohne Frömmigkeit möglich ist. Das ist aber die Rede, die Felix immer nicht hören will und den Apostel zur gelegnen Zeit wiederbestellt, die aber nie kommt. Daß neben dem allen Deine Schrift auch höchst belehrend für mich gewesen und es gewiß für viele sein muß, will ich nicht besonders herausheben. Gerne schriebe ich mehr und noch recht vieles, wenn ich könnte. Aber Du erhältst einen längern Brief durch Winterfelds, die in einigen Wochen nach Berlin reisen. Lebe wohl, mein herrlicher Freund, grüß deine Frau und Reimers, wie wir Euch und behalt uns lieb. Steffens grüßt. Gaß

4526. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Donnerstag, 12.3. bis Dienstag, 24. 3. 1818 Halle d 12t. Marz 18

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Εδωκαν αὐτῳ πιεῖν ὄξος μετα χολης μεμιγμενον· και γευσαμενος, ουκ ηθελε πιειν – das, mein Hochgeehrter Freund war meine erste Empfindung als ich Ihr Sendschreiben gelesen hatte. Ob die Mischung in der gutmüthigen Absicht des SchmerzLinderns und Betäubens geschehen ist, mögen Sie selbst am besten wißen. Sie werden kaum wollen, daß man sie Ihnen als Strafrede zutraue. Um zu urtheilen, wozu Sie mich auffordern, müßte ich selbst ein Büchlein wo nicht ein Buch schreiben, was Ihnen weniger Freude machen möchte als mir, da wir beyde wißen, wie schwer es ist, sich in Schriften ganz zu verständigen, was oft ein kurzes Gespräch vermag. Also heut nur dieß – daß mich die bittre Arznei zwar sehr auf Ammon, der mein alter Feind ist, verdroßen hat, und wie der ganze Harms mit seinem unleidlichen PAntiSsprüchen mir zu wider gewesen ist; was er auch wohl selbst geahndet haben mag, da er sie mir nicht gesandt hat wie er sonst mit allen seinen Schriften | zu thun gepflegt, da doch meine kleinen PCo4526.

Überlieferung: H: BBAW, SN 342, Bl. 12 f.

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Briefe 4526 – 4528

mentariaS wohl eine kleine Gegengabe verdient hätten; – dann: daß ich in der Hauptsache ganz und gar mit Ihnen einverstanden bin und vieles nicht anders mochte gesagt wißen, als Sie es gesagt haben; – endlich aber auch: daß der Ton als Ganzer nun einmal nicht der Ton ist, der mir zusagt, weil er meiner – freundlichen oder schwachen – Natur zu fremd ist; am wenigsten da, wo so entschieden in dem Gegner „bewußte Falschheit und Heucheley[“] (in meinem Auge das Abscheulichste von Allem!) vorausgesetzt, und er eben darum unschonend gegeißelt wird, was der NB. e r w i e s e n e Heuchler allerdings verdient. Das ist mir aber der Punct bey dem ich immer anstoße. Es verändert sich in uns allen psychisch wie körperlich so vieles ohne daß wir es merken und wißen wie es zugeht. Wer möchte den Einfluß der Luft und des Clima leugnen? | Aber die a b s i c h t l i c h e Umwandlung ist doch etwas anderes. Sind freylich die Thatsachen e r w i e s e n , die Ihr Brief PvorrechnetS, – dann ist es schlimm. Die Vergleichung früherer Äußerungen mit spätern ist mir auch so eine Sache. Ich fürchte, der Punct wird Ihnen die meisten Repliken zuziehn, wo vielleicht alle Ihre Freunde sagen müßen: Hier PsitztS du selber! – Sie haben zwar die Einwürfe bevorwortet „(Seite 90) Ich weiß doch, wie das alles in mir zusamenstimt“ Aber, lieber Freund wer weiß das nicht? oder glaubt es wenigstens zu wißen? Und wer wem es geradhin zur Pflicht machen, Augustinische Retractationen zu schreiben? Soll ich Ihnen ganz offen meine Meinung mittheilen, die ich auch wohl einmal öffentlich äußere, so ist mir unendlich leid, daß dem schönen ReformationsFest dieß Controversenwesen folgt, und daß auf solche Extremitäten wie Harms samt Ammon, ein solches Gewicht gelegt wird. Was müßen doch die Weltleute zu uns Theologen denken? Ammon hatte große Sünde, das werde ich ihm, wenn ich irgend Anlaß habe, eben so freymüthig sagen, daß er den Harms so | wichtig macht. Aber er verdiente, dünkt mich, eben darum, selbst nicht für einen so wichtigen Mann gehalten zu werden. Sollte dann aber ie darüber geschrieben werden, nun dann – bloß die Sache, nicht die Person. Ich fürchte das Persönliche wird ihn zu Persönlichem provocirt haben, und das ists eben, was seit Aristophanes Zeiten die Zuschauer belustigt hat, ohne der Sache zu helfen. Hier haben Sie meine Ansicht. Nun habe ich noch allerley zu fragen, noch ehe Ammon PfrägtS, sofern er PmitredetS.

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So viel war geschrieben als hunderterley dazwischen kam, zu reden, P S ohne Zahl, Antiken Antiharmsiana und was nicht sonst. Das wichtigste aber – der Entschluß auf einige Tage nach Berlin zu kommen. Und so soll denn nicht PeinstS nur der Faden aufgenommen, sondern, wenn Sie es wollen, darf gemeinschaftlich fortgesponnen werden. Also heut nur eine Anmeldung bey Ihnen. Trotz meiner kleinen Differenz der Ansicht darf ich nicht besorgt um eine freundliche Aufnahme seyn; wärs auch nur um meiner Begleiterin willen, die sicher willkomen ist. Ihr P S Niemeyer

*4527. Von Friedrich Samuel Theodor Pritzbuer und wohl auch von Charlotte Pistorius. Garz, vor dem 13. 3. 1818 Er sei wieder so gesund, dass er zu Ostern wieder predigen wolle.

4528. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, Sonnabend, 14. 3. 1818 Herrn / Professor Arndt / Bonn [Bl. 42] Berlin d 14t. März 18

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An Arndt Du sollst schönen Dank haben lieber Bruder, daß Du uns den Freund Heidel zugeschikt hast; das ist ein Ehrenmann der uns recht lieb geworden *4527.

Erschlossen aus Brief 4528 Z. 65–68 vom 14. 3. 1818.

4528. Überlieferung: H: GStA, I. HA, Rep. 76 I, Anhang II, Schuckmann Nr. 55, Bl. 40–42; h1: GStA, I. HA, Rep. 77, Tit. 21, Lit. Sch, Nr. 6, Bl. 36 f.; h2: GStA, I. HA, Rep. 77, Tit. 21, Lit. Sch, Nr. 6, Bl. 128 f.; D1: Arndt: Nothgedrungener Bericht 2, S. 117–120 (ohne Postskript); D2: Müsebeck: Neue Briefe, S. 228 f. (kleine Korrekturen gegenüber D1, ohne Postskript). Möglicherweise mit einem ein paar Wochen alten Brief von „wenig unterrichteten Leuten“; das Postscriptum kann sich jedoch auch im ironischen Modus auf seinen eigenen Brief beziehen.

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Brief 4528

ist, und ich glaube auch daß ihm ganz wohl bei uns gewesen ist, wiewol wir ihn nicht so oft gesehen haben als wir gewünscht hätten. Von dem dortigen Zustand der Dinge haben auch seine Aeußerungen mir ein klareres Bild gegeben als man anderwärts her bekommt; denn in den Reden eines solchen Mannes kann man gar leicht unterscheiden was die allgemeine Stimme ist. Des Staatskanzlers langer Aufenthalt gefällt mir hier aus der Ferne gar nicht. Er ist zu lange da um nichts zu thun, und doch hört man bis jezt wenig. Indeß gestehe ich Dir gern ich fürchte mich weniger vor dem Nichtsthun so ungünstig es auch wirken muß als davor daß ein ständisches Wesen in der Eile höchst pfuscherisch zusammengestoppelt wird. Wir haben miteinander über diesen Gegenstand nicht viel gesprochen meines Wissens; aber mir sind Provinzialstände die lange vor einer allgemeinen repräsentativen Versammlung | hergehen etwas sehr bedenkliches, nemlich für einen Staat in der Lage und von der Zusammensezung des unsrigen. Denn je selbständiger die einzelnen Provinzen sich fühlen ohne auf eine starke Weise an den Mittelpunkt gebunden zu sein, um desto leichter und leichtsinniger werden sie bei der ersten Krisis an eine andere Herrschaft übergehn. Nur wenn Provinzialstände mit einer allgemeinen Repräsentation innig verbunden sind erreichen sie den Zwekk die Eigenthümlichkeit und das unmittelbare Lebensgefühl in den Provinzen zu erhalten ohne daß der Verband mit dem Ganzen dadurch leidet. Von Eichhorn habe ich zwar vor einigen Wochen ein kleines ziemlich beruhigendes Briefchen erhalten, der Staatskanzler gewinne Vertrauen, es geschehe auch was den Umständen nach geschehen könne, und dergleichen. Ich glaube das alles gern; aber die Leute werden nicht begreifen warum denn den Umständen nach nicht mehr geschehen könne, und werden bald sagen daß er nur verspricht und nicht hält. Görres Addresse ist ein recht erfreuliches und kräftiges Wort; einiger burschikosen Ausdrükke hätte er sich eben so gut enthalten können. Außer dem akademischen Sprechzimmer habe ich leider wenig Leute in dieser | Zeit gesehen und kann nicht einmal sagen wie der Eindrukk im Ganzen gewesen ist. Der König soll verdrießlich darüber sein und das würde ich glauben wenn ich es auch nicht gehört hätte. Seine Persönlichkeit wird immer ein ungeheures Hinderniß sein die allgemeinen Angelegenheiten vorwärts zu bringen; nie wird sich der Mann in ein frei öffentliches Wesen finden lernen, und wie ihm schon die Universität hier zu viel ist, wie sollte er je eine frei redende Versammlung in seiner Nähe dulden. Ich glaube, muß es endlich einmal so weit kommen, so begiebt er sich während der 18 allgemeinen] korr. aus repr

25 f erhalten] korr. aus erreichen

34 f Außer] über )Außerd*

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Sizungen an einen seiner Lieblingsörter Paris oder Petersburg. Neulich hat Beyme die alte Bekanntschaft wieder angeknüpft und mich zu sich geladen und ich glaubte ein Wunder Gottes zu hören als auch der mir sagte, er sei überzeugt es werde keine Generation vergehen so würden alle europäische Regierungen Parlamente an ihrer Seite haben. Mich hat es getrieben daß ich mich in eine theologische Fehde verwikkeln mußte, indem ich die hohlen Anmaßungen des Dresdner Pabstes nicht ertragen konnte; er hat eben so hohl wieder geantwortet und ich habe heute eine Duplik in die Drukkerei geschikt. Ich hoffe nun ist es vorbei; ich wüßte wenigstens nicht wie er es anfangen | müßte wenn ich nöthig finden sollte ihm noch einmal zu antworten. Ich verschone Dich mit den Sachen, weil sie dich doch nicht genug interessiren können, und ich die Ammonschen nicht einmal hier habe um sie dir mitzuschicken Wie herzlich wir uns über eure guten Hofnungen gefreut haben, darüber brauche ich wol nichts zu sagen. Ja wohl fehlt ohne die Kinder immer das volle Lebensbewußtsein, und ein gewisses Gefühl von Unsegen muß auch die reinste Liebe erkälten. – Wie unersezlich die Kinder das Gemüth erfrischen das erfahre ich täglich, und auch schon an der kleinen Hildegard, mit der ich mir mehr zu thun mache als mit den andern in diesem Alter geschehen konnte. Deine Frau scheint ja auch der natürlichen Entwiklung ihres Zustandes ohne Bangigkeit entgegenzusehen, und das ist mir besonders erfreulich und von guter Vorbedeutung. Aus Pommern habe ich nur gestern gute Nachrichten gehabt. Unser alter Vater in Garz hat sich ganz wieder erholt und will im Fest wieder predigen, ja ich habe schon wieder einige selbst geschriebene Zeilen von ihm. Die Kathen ist auch wieder leidend gewesen an ihrem gewöhnlichen Uebel, und meint sie wird noch lange mediciniren müssen. Putbus hat nun auf 5 Jahr bei Reimer gemiethet zu unsrer großen Freude; so ist uns im Sommer der Garten am wenigsten verkümmert. Nun Gott befohlen Schleiermacher Der Brief hat ein Paar Wochen hier gelegen. Allein da er von so wenig unterrichteten Leuten herrührt so glaubte ich würde es nicht schaden.

75 f Der … schaden.] am linken Rand von Bl. 40

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Briefe 4529 – 4532

4529. An Friedrich Lücke. Berlin, Montag, 16. 3. 1818 Herrn / Lic. Lücke / Mohrenstr 35. [Rückseite] Wie geht es denn zu daß wir uns gar nicht mehr sehen? Können Sie Sich nicht mit DeWette einen Abend diese Woche bereden; wenn nicht heute was wahrscheinlich doch zu spät ist dann zunächst den Donnerstag. Dann ist auch die Ammonsche Sache fertig und wir können uns daran ergözen. Eine zweite Frage ist die ob Sie etwa Lust haben mir die Nachmittagspredigt am zweiten Ostertage abzunehmen? Es ist nicht so schlimm wenn man sie sich zur Vormittagspredigt macht, und dazu würde dann zwekmäßig sein, daß Sie hernach bei uns äßen. Ueberlegen Sie Sich die Sache; aber machen Sie Sich ja kein Gewissen daraus mir die Predigt abzuschlagen wenn Sie nicht recht ordentlich Lust dazu haben. Schleiermacher 16/3.

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4530. Von Philipp Karl Buttmann. Berlin, Mittwoch, 18. 3. 1818 An H Schleiermacher zur Mittheilung des wesentlichen Inhalts an Hn Reimer Aus der Inlage geht zuvörderst hervor daß die bestimmten 6 Jahrgänge welche Herr Reimer ablassen will gerade von denen sind wovon noch ein b e d e u t e n d e r Vo r r a t h vorhanden ist. Dies allein glaube ich muß hier entscheiden, da das angebliche Gegentheil davon die Ursach der Verfügung war. Es muß also wol Herrn Reimer davon Nachricht gegeben werden, so wie auch von der von Herrn Sotzmann am Ende angegeben Ursach seiner früheren Weigerungen. 18 Merz 18 Buttmann 4529. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 218 4530. Überlieferung: H: BBAW, II–XVI, Nr. 151. Mit Anlagen (in derselben Akte ohne Blattzählung), und zwar einer Abschrift der Verfügung des Innenministeriums vom 14. 8. 1817 und einem Schreiben von Sotzmann vom 17. 3. 1818.

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16. 3. – 23. 3. 1818

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4531. An August Twesten. Berlin, Donnerstag, 19. 3. 1818 Herrn / Professor Twesten / Kiel [Rückseite]

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Es thut mir sehr leid, daß mir Herr Rathjen erst jezt sagt daß er reiset; ich würde sonst die Gelegenheit wahrgenommen haben Ihnen recht ordentlich zu schreiben. Nun muß ich schon den Verlauf der Ferien abwarten. Doch will ich Ihnen lieber mit ein Paar Zeilen selbst sagen daß ich mich mit dem ganzen Hause wohl befinde, und Sie bitten mich doch mit ein Paar Zeilen ins klare darüber zu sezen wie Harms meine Missive aufgenommen hat. Ich wünschte so herzlich daß ihn diese freilich bittere Arzenei nicht erbitterte und daß ihn sein böser Genius nicht etwa in ein Verhältniß mit Ammon hineinzöge wovon er weder Freude noch Ehre noch Segen haben könnte. Indeß fange ich an zu fürchten denn wenn es gut auf ihn gewirkt hätte so würde er wohl schon geantwortet haben. Ich versichre Sie aber daß mein Brief an ihn ganz herzlich und wirklich dringend gewesen ist. Herzliche Grüße an die Ihrigen, und auch Heinrich bringen Sie mich freundlich in Erinnerung. Nächstens mehr Ganz von Herzen der Ihrige Schleiermacher 19/3 18.

4532. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Montag, 23. 3. 1818 Berlin d 23t. Merz 1818

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Ammon wird wol seine flausenmacherische Antwort auch baldigst nach Halle besorgt haben und so schicke ich Ihnen nun auch meine Gegenrede in duplo mit Bitte das andere Exemplar an Niemeier zu besorgen. Dieser gute Freund hat mir auf meine Zusendung noch nicht geantwortet, wahr4531. Überlieferung: H: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Autogr. I/396/1; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 313 (gekürzt) 4532. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 231–234. Mit zwei Exemplaren von Schleiermacher: „Zugaben zu meinem Schreiben an Herrn Ammon“, Berlin 1818.

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Brief 4532

scheinlich um die Ammonsche Gegenschrift aufzuwerten und mir dann mit vorsichtiger Weisheit sagen zu können in solchem Wasser finge man solche Fische. Doch diesen Triumf wird er noch öfter haben können wenn erst die Recensenten kommen Ihrer Meinung aber was die Dialektik betrifft bin ich gar nicht; vielmehr halte ich das grade für den charakteristischen Unterschied, daß die Dialektik alles anerkennen muß und nur den Schein vernichten kann, und nur die Sophistik auf das Vernichten ausgeht. Den Unterschied den Sie meinen erkenne ich auch recht sehr an, aber nur erstlich liegt er nicht in dem Gegensaz zwischen Wort und Sakrament, sondern er geht gleichmäßig durch den Gebrauch des Wortes und des Sakramentes durch, und dann ist er auch nicht ein Gegensaz der Kirchen am wenigsten der protestantischen wie sie sich constituirt haben und von dieser Constitution aus weiter entwikkelt. Doch ich habe jezt nicht Zeit dieses ausführlicher auseinander zu sezen | und muß erst sehen wie weit wir schon durch diese bloß negativen Winke eins werden. Daß Sie nicht kommen ist recht Schade; ich wünschte nur daß Sie um desto eher sich entschließen möchten mir über das was Ihnen in der Dogmatik bedenklich ist zu schreiben. Auch sehe ich gar nicht ein was Sie Sich eigentlich zieren; was man in einem Briefe schreibt macht ja gar keine so großen Ansprüche. Ich könnte aber grade jezt Ihre Andeutungen recht sehr gut brauchen. Uebrigens lebe ich der guten Zuversicht daß wenn Sie meine Stellung billigen Sie auch meine ganze Dogmatik billigen müssen, ich meine daß es höchstens einzelne Abirrungen oder Undeutlichkeiten sein können was Ihnen Anstoß gegeben hat. – Die Hauptsache die mir noch zu fehlen scheint ist eine recht klare Entwiklung des Unterschiedes zwischen dem immanenten Dogma und dem transcendenten oder mythischen. Dies werde ich vorzüglich jezt in der Einleitung hinzuzufügen suchen. Komme ich nun auf etwas bedeutendes nicht, was zu bessern wäre so werfe ich die Schuld auf Sie. Mit den kleinen Ferien, die für mich nur halbe sind, weil ich die Politik noch fortlese, weiß ich gar nicht recht was ich machen soll. Für jezt stecke ich in einer Untersuchung über des Aristoteles drei Ethiken, die ich endlich einmal fertig machen muß um sie in der Akademie vorzulesen, und | dann soll ich nun noch meinen ganzen Leisten und Zuschnitt für die Psychologie erfinden. Diese Tollheit, auf die ich gar nicht recht weiß wie ich gerathen bin, werde ich schwer büßen müssen. Außerdem haben mich De Wette und Lücke fast gezwungen einen Aufsaz zu versprechen für ein theologisches Journal was sie herausgeben wollen. Da will ich, nur weiß ich noch nicht recht unter welcher Form, meine Meinung über den Rationalismus

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und Supernaturalismus eröffnen; die Form sei aber welche sie wolle so muß ich dazu noch eine Menge Zeugs lesen. Dies führt mich noch einmal auf die Ammoniana und ich hoffe daß in meiner Zugabe manches besonders aber dieses Ihnen gefallen soll. Absichtlich habe ich in dieses hoffentlich mein leztes Wort soviel Keime zu gründlichen Erörterungen hineingelegt daß ich hoffe Ammon im Bewußtsein seiner Ungründlichkeit und Schwabbelei wird einen Schrekk bekommen: auf jeden Fall hoffe ich ist die Sache durch mein gänzliches Stillschweigen auf seine Ausfälle aus dem Gebiet der Persönlichkeit ganz herausgespielt. Böttiger hat während Ammon an seiner Antwort schrieb hieher gemeldet, er fasse sie in einem sehr gemäßigten Ton ab, und es werde wol von keiner Seite ein Triumflied gesungen werden. Ist nun meine Zugabe keines so begehre ich auch keines. Was aber die Recensenten vorbringen werden, das soll gewiß von mir ganz unbeantwortet bleiben. Es ist mir so schon eine bedenkliche Betrachtung daß wenn ich einmal meine vermischten Schriften | herausgebe die polemischen Recensionen einen so bedeutenden Theil ausmachen, und es wäre mir schon ganz recht, wenn ich, so wie ich mit dem Philosophen für die Welt angefangen habe mit dem Theologen für die Welt endigen könnte. Es ist nun entschieden daß wir den Hegel herbekommen, und von August Wilhelm Schlegel munkelt es auch sehr stark. Ich bin neugierig wie sich beides machen wird. Unser Lücke soll endlich zu meiner Freude Professor extraordinarius werden. Das ist aber auch alles was ich bis jezt von dem neuen Minister zu sagen weiß, und alles dies war schon unter Schuckmann angeknüpft. Gott befohlen und die besten Wünsche für die Gesundheit der kleinen Frau Noch Eins. Meine Frau ist schon ganz in Entzücken über Ihr Buch, und im voraus überzeugt daß es etwas vortrefliches werden wird. Also können Sie denken ob ich drüber schelten kann. Ich kann nur sagen, daß auf der einen Seite ich selbst gern dergleichen machte, auf der andern es mir doch leid thut daß Sie nicht etwas theologisches machen können. Und ich wollte nur man machte Sie mit Gewalt zum Professor dann müßten Sie schon. Schl.

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Briefe 4533 – 4534

4533. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 25. 3. 1818 Infolge eines Reskripts vom 13ten dieses Monats ist die Hauptkasse der hiesigen wissenschaftlichen Anstalten angewiesen worden dem Studenten Ristow aus Pommern die ihm von Ew. Spektabilität Fakultät zuerkannten 30 r. auszuzahlen, wovon ich denselbsen gefälligst zu benachrichtigen bitte. Berlin den 25n März 1818. Der Rektor der Universität D. Marheineke

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Decano spectabili facultatis theologicae.

4534. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 28. 3. 1818 Halle den 28t März 18. Nur einige Zeilen, liebster Schleiermacher die ich freilich auch Niemeyern hätte mitgeben können der dieser Tage nach Berlin reist; ich möchte ihm aber, ehrlich gesagt, keinen UriasBrief mitgeben. Des Mannes theologische Weisheit ist nemlich innerlich über Ihre Schrift gegen Ammon empört, das ist vorgestern als wir uns bey Schütz auf dem Jubelfeste trafen mehr herausgekommen als ihm vielleicht lieb ist. Die Gerechtigkeit muß ihm indeß werden daß er Ammons Verfahren tadelt, aber nur nicht von der rechten Seite; das empört ihn aber nicht, daß der Mann heuchelt und verläumdet, aber daß er zur U n z e i t dogmatische Streitfragen aufrührt. Ueberhaupt zeigt sich hier wenigstens ein erbärmlich kleinlicher Partheygeist und Sie können nur immer annehmen, daß alle hiesige lutherische Prediger höchst unzufrieden sind daß man einen vornehmen sächsischen Oberhofprediger so derb angepackt hat. Die Unionssache ist ihnen allen ein Greuel, weil sie dabey zu verlieren fürchten, weil es im Ganzen genommen das Ansehen für den L a y e n gewinnt, als müßten sie sich uns nähern, 4533.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 35

4534. Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 101 f. fried Schütz als Beilage.

Mit Thesen von Christian Gott-

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weil sie wohl fühlen wie die besten ihrer Gemeindeglieder von jeher dahin neigten. Und obwohl dies alles nicht von uns ausgeht so legen sie es uns doch zur Last, vielleicht weil der König es | betreibt und die der Zahl nach ihnen so unbedeutend scheinende Parthey der Reformirten dadurch und durch solche Stimmen wie die Ihrige eine ihnen anstößige Bedeutung gewinnt. Beinahe möchte ich glauben Ammons Unwille käme aus einer ähnlichen Quelle; er hat vermuthlich die Angriffe andrer Reformirter; z.B. Stangens: k i n d i s c h e P r o g r a m m e A m m o n s , und eben dessen Rügen seiner schlechten Latinität noch nicht vergessen; und so gerathen die guten Leute am Ende gegen uns in die ehemalige Stellung der Katholiken gegen die Reformation. Ammon, Niemeyer und andre, Harms wohl nicht, wissen recht gut was GlaubensTactik ihnen ist. In der That habe ich mich gewundert daß Sie Ammon noch mit Ihrer Zugabe beehrt haben, denn so schlechte Fechterkünste wie in seiner Antwort sind mir nicht leicht vorgekommen. Niemeyer wird in sofern damit zufrieden seyn, daß die Sache abgethan scheint. Nächstens wird hier Ihr erstes gegen Ammon, und vermuthlich wohl auch seine Antwort, wie ich höre von Wegscheider recensirt werden, das wird also nicht viel seyn: etwa so: S c h l e i e r m a c h e r h a t R e c h t , a b e r e r i s t z u b i t t e r, denn so einem muß doch auch bange werden. Ich lege Ihnen hier die Schützeschen Thesen bey, weil Sie sie vielleicht noch nicht haben; ich mochte diese platten Späße nicht vertheidigen hören und bedaure Knapp und andre die dabey zugegen seyn mußten. Auf Ihren Aufsatz in dem neuen theologischen Journal bin ich höchst gespannt, wie überhaupt auf das ganze Werk: Gott gebe ihm Fortgang, daß wir doch endlich einmal eine ordentliche theologische Zeitschrift | erhalten. Ueber die Dogmatik schreibe ich das nächstemal gewiß, wenn Sie mir versprechen dabey zu helfen und zwischen den Zeilen zu lesen, d.h. das Ungeschick des Ausdrucks zu übersehen. Nur wüßte ich nicht was Sie damit machen wollten. Daß Sie mich liebhaben gehört zum Glück meines Lebens, daß Sie etwas an mir finden was Sie lieben können; aber daß Sie von mir fordern zu dürfen glauben, was ich entschieden nicht leisten kann, das kann mich oft ängstigen. Das kommt davon her wenn man sich nicht oft sieht. Kommen Sie daher doch ja diesen Sommer Gott befohlen Blanc

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Brief 4535

4535. An Friedrich Heinrich Jacobi. Berlin, Montag, 30. 3. 1818 Berlin d 30t. Merz 18

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Verehrtester Mann Lange bin ich nicht so ernsthaft böse auf einen lieben Freund gewesen als jezt eben auf Göschen, der mir erst in diesem Augenblik Ihren freundlichen Auftrag ausgerichtet und Ihren Brief an Reinhold mitgetheilt hat. Doch daß ich ihm auch nicht unrecht thue, daß Sie nicht recht glauben wollten ich hielte von Ihnen viel und recht von Herzen, das hat er mir lange schon gesagt, und mir dadurch den Stachel eines Verlangens zurük gelassen mich gegen Sie auszusprechen gegen den ich mich aber bäumen mußte weil ich kein Recht zu haben glaubte dieses Verlangen zu stillen. Nun ich dieses erhalte verlangt er auch Ihren Brief gleich wieder zurük, und ich kann Ihnen also nicht wie ich gern möchte einen Brief schreiben der statt eines Buches wäre oder noch besser wo möglich statt eines Gesprächs, sondern muß mich mit einigen geflügelten Worten begnügen. Das ist sonst nicht meine Art; es ist mir zu jugendlich. Aber wiewol selbst schon etwas alternd muß ich wol wieder jung werden indem ich vor Sie hintrete Ihnen eine Verehrung nicht auszusprechen sondern nur anzumelden, welche | aus den schönsten Zeiten meiner Jugend, die aber bei mir ziemlich spät eintraten, her ist, und mich seitdem immer begleitet hat. Aus Ihren Schriften aus den Erzählungen lieber Menschen hat sich mir ein Bild gestaltet, von dem Sie wol selbst wissen müssen wie sehr es das Gemüth fesseln kann. Und wenn Sie geglaubt haben daß ich mich abweichender Ansichten wegen verpanzern müsse gegen die Wirkungen dieses Bildes: so kann mich das nur betrüben; aber anklagen kann ich Sie deshalb nicht. Denn was hatten Sie für einen Grund mich auszunehmen aus dem großen Haufen jener kalt absprechenden höhnischen philosophischen Jugend in die ich doch auch mit eingewachsen war und der ich von ferne ähnlich genug mag gesehen haben? Hierüber also sage ich auch nichts weiter, son4535. Überlieferung: H: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Autogr. I/2350; h: Klassik Stiftung Weimar, Goethe-Schiller-Archiv Weimar, JacobiNachlass, 51/II,4,8 (Abschrift von Bernhard Jacobi); D1: Ein Brief von Schleiermacher an Friedr. Heinrich Jacobi, S. 376 f. (aufgrund der Abschrift, gekürzt); D2: Ein Brief von Schleiermacher an Friedrich Heinrich Jacobi, S. 403–406 (aufgrund der Abschrift); D3: Cordes: Der Brief Schleiermachers an Jacobi, S. 208–211 (aufgrund der Abschrift, verbessert gegenüber D2); D4: Schleiermacher: Brief an Jacobi, hg. Arndt/Virmond, S. 394–398 8 zurük] korr. aus gel 10 Recht] folgt )dazu*

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dern ich gehorche nur Ihrem Ruf eine Verständigung über die verschiedenen Ansichten zu versuchen. Ich kann es aber wirklich nur in der dreisten Voraussezung daß Ein Wort das andere geben wird, und ich würde mir, so dreist auch diese ist, doch unbescheiden vorkommen, wenn ich mehr als dieses versuchen wollte. Sie weisen mich selbst an Ihren Brief an Reinhold, und in diesem finde ich die Klage, welche sich durch alle Ihre Schriften hindurchzieht, in ein paar einfache Formeln aufgestellt an die ich mich recht gern halte um Ihnen meine Differenz von Ihnen daraus fürs erste eben so einfach vorzulegen. Sie sind mit dem Verstand | ein Heide mit dem Gefühl ein Christ. Dagegen erwiedert meine Dialektik Heide und Christ sind als solche einander entgegen gesezt auf demselben Gebiet, nämlich dem der Religion; haben auf dieses Verstand und Gefühl so gleiche Ansprüche, daß sie sich theilen könnten in die entgegengesezten Formen? Die Religiosität ist die Sache des Gefühls; was wir zum Unterschiede davon Religion nennen, was aber immer mehr oder weniger Dogmatik ist, das ist nur die durch Reflexion entstandene Dolmetschung des Verstandes über das Gefühl. Wenn Ihr Gefühl christlich ist, kann dann Ihr Verstand heidnisch dolmetschen? Darin kann ich mich nicht finden. Mein Saz dagegen ist also der ich bin mit dem Verstande ein Philosoph, denn das ist die unabhängige und ursprüngliche Thätigkeit des Verstandes und mit dem Gefühl bin ich ganz ein Frommer und zwar als solcher ein Christ, und habe das Heidenthum ganz ausgezogen oder vielmehr nie in mir gehabt. Sie sind aber, wie wir Alle wissen, mit dem Verstande auch ein Philosoph, und – gegen alle welche glauben katholisch werden zu müssen – fest entschlossen immer fort zu philosophiren und darin sind wir schon vollkommen einig denn ich will mir auch das Fortphilosophiren in alle Ewigkeit nicht nehmen lassen. Wenn Sie also sagen, daß Sie zugleich mit dem Verstand ein Heide sind so kann das immer nur heißen, daß Ihr philosophirender Verstand nicht mit seiner Philosophie zugleich dasjenige annehmen kann was er aus Ihrem christlichen Gefühl dolmetschen muß. Aber gewiß wenn Sie ein heidnisches religiöses Gefühl hätten, so würde er was er aus diesem dol|metschen müßte auch nicht annehmen können und Sie nennen diese Negation nur heidnisch weil sie ihren Grund darin hat daß Ihr Verstand nicht über die Natur hinaus will. Meiner will aber auch nicht darüber hinaus; allein weil ich auch durchaus in keinen Widerspruch hinein will so habe ich mich auf den Fuß gesezt mir von niemanden nachweisen zu lassen wo die Natur ein Ende hat. Wenn nun mein christliches Gefühl sich eines göttlichen Geistes in mir bewußt ist, der etwas anderes ist als 45 Ihr] korr. aus ein

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Brief 4535

meine Vernunft so will ich es nie aufgeben diesen in den tiefsten Tiefen der Natur der Seele aufzusuchen; und wenn mein christliches Gefühl sich eines Gottessohnes bewußt wird der von dem besten Unser eines anders als durch ein noch besser unterschieden ist so will ich nie aufhören die Erzeugung dieses Gottessohnes in den tiefsten Tiefen der Natur aufzusuchen, und mir zu sagen daß ich den andern Adam wol eben so bald begreifen werde als den ersten oder die ersten Adams, die ich auch annehmen muß ohne sie zu begreifen. Dies ist meine Art von Gleichgewicht in den beiden Wassern; sie ist freilich auch nichts andres als ein Wechselsweise von dem einen gehoben und von dem andern versenkt werden. Aber Lieber, warum wollen wir uns das nicht gefallen lassen? Die Oscillation ist ja die allgemeine Form alles endlichen Daseins und es giebt doch ein unmittelbares Bewußtsein daß es nur die beiden Brennpunkte meiner eignen Ellipse sind aus denen dieses Schwanken hervorgeht und ich habe in diesem Schwanken die ganze Fülle meines irdischen Lebens. Meine Philosophie also und meine Dogmatik sind fest entschlossen sich nicht zu widersprechen; aber eben des|halb wollen auch beide niemals fertig sein, und so lange ich denken kann haben sie immer gegenseitig aneinander gestimmt und sich auch immer mehr angenähert. Ich glaube daß ich nach dieser Aeußerung kaum noch nöthig habe Ihnen mein Bekenntniß abzulegen über die jezige Rükkehr zum Buchstaben im Christenthum. Eine Zeit trägt die Schuld der andern, weiß sie aber selten anders zu lösen als durch eine neue Schuld. Durch das gänzliche Vernichten des Buchstaben war aller geschichtliche Zusammenhang aufgehoben, und es ist nur dieselbe Tollheit ihn aufzuheben im religiösen und ihn aufzuheben im politischen. Der mußte also hergestellt werden; aber wenn man nun nach Tieks vortrefflichem Ausdrukk das Stük zurükschrauben will, so ist dadurch der geschichtliche Zusammenhang nur auf eine entgegengesezte Weise aufgehoben. Die Bibel ist die ursprüngliche Dolmetschung des christlichen Gefühls und eben deshalb so feststehend daß sie nur immer besser verstanden und entwikkelt werden darf. Dieses Entwiklungsrecht will ich mir als protestantischer Theologe von Niemanden schmälern lassen. Allerdings aber bin ich dabei der Meinung die dogmatische Sprache wie sie sich seit Augustin gebildet hat sei so tief und reichhaltig daß sie jeder möglichen Annäherung der Philosophie und der Dogmatik gewachsen sein wird wenn man sie verständig handhabt. Doch dieses will ich lassen und nur noch was die Differenz unserer Philosophie anlangt mich zu Ihrem andern Saze wenden, Es gebe kein drittes zur Naturvergötterung und zum Anthropomorphismus. Denn 70 ich] folgt )es*

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mir ist gesagt worden Sie meinten ich könne eben deswegen nicht viel von Ihnen halten weil das Fundament Ihrer Philosophie die Idee eines persönlichen Gottes sei und ich diese aufhöbe. Dieses Fundament haben Sie | nun auch in dem Briefe an Reinhold in jenem Saz ausgesprochen. Wenigstens scheint mir beides dasselbe. Weil Sie kein drittes sehn, und weil Sie die Natur nicht vergöttern wollen, so vergöttern Sie das Bewußtsein. Aber, Lieber, eine Vergötterung ist allerdings in meinen Augen das eine eben so gut als das andere. Und eben diese Einsicht, daß beides nur eine Vergötterung sei, ist für mich das dritte. Wir können einmal aus dem Gegensaz zwischen dem idealen und dem realen oder wie Sie ihn sonst bezeichnen wollen, denn das gilt mir gleich, nicht heraus. Können Sie Gott als Person irgend besser anschauen als Sie ihn als natura naturans anschauen können? Muß Ihnen eine Person nicht nothwendig ein endliches werden, wenn Sie sie Sich beleben wollen? Sind ein unendlicher Verstand und ein unendlicher Wille etwas anderes als leere Worte, da Verstand und Wille indem sie sich unterscheiden sich auch nothwendig begränzen? Und fällt Ihnen nicht, indem Sie Verstand und Willen zu unterscheiden aufgeben wollen auch der Begriff der Person in sich selbst zusammen? Dasselbe finde ich aber auch auf der andern Seite. Der Anthropomorphismus, oder lassen Sie mich lieber sagen I d e o morphismus ist aber unvermeidlich auf dem Gebiet der Dolmetschung des religiösen Gefühls; ob der H y l o morphismus1 nicht eben so unentbehrlich ist auf der Seite der Naturkunde will ich nicht entscheiden weil ich zu wenig davon verstehe. Jenes aber bediene ich mich auf jenem Gebiet eben wegen jener Einsicht mit vollem Recht während ich auf dem Gebiet der Philosophie behaupte, daß der eine Ausdrukk eben so gut ist und eben so unvollkommen als der andere, daß wir einen realen Begriff des höchsten Wesens gar nicht aufstellen können daß aber alle eigentliche Philosophie nur in der Einsicht bestehe, daß diese unaussprechliche Wahrheit des höchsten Wesens allem unsern Denken | und Empfinden zum Grunde liege, und die Entwiklung dieser Einsicht ist eben das was meiner Ueberzeugung nach Platon sich unter der Dialektik dachte. Weiter aber glaube ich können wir auch nicht kommen. Das sei mein Eines Wort; lassen Sie mir nun die Hofnung daß es ein anderes geben wird, sei es auch nur dieses verehrter Mann, daß Sie mich in Ihrem Herzen absolviren von dem worauf Ihr Unglaube an meine Verehrung Ihrer sich gründete. Es fällt mir eben noch etwas ein um unsere Differenz zu erläutern, von Ihrem Bilde aus, daß sich Ihnen die beiden Massen nicht vereinigen wollen. Mir wollen sie sich auch nicht vereinigen; 111 Lieber] lieber 113 sei] über )ist* 141 sich] korr. aus S

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Briefe 4535 – 4536

aber Sie wünschen diese Vereinigung und vermissen sie schmerzlich und ich lasse mir die Trennung gefallen. Verstand und Gefühl bleiben auch mir neben einander aber sie berühren sich und bilden eine Galvanische Säule. Das innerste Leben des Geistes ist für mich nur in dieser galvanischen Operation, in dem Gefühl vom Verstande und dem Verstand vom Gefühl, wobei aber beide Pole immer von einander abgekehrt bleiben. Ihren Freund Reinhold habe ich – freilich war es nur ein flüchtiges Viertelstündchen – im Herbste 1816 kennen gelernt. Er hat mich gar freundlich und herzlich aufgenommen, leider konnte ich wenig Nuzen davon ziehn, weil ich unendlich leidend und erschöpft war. Aber ich bedaure es mit Ihnen, daß er von den trokenen Felsparthien nicht wegzubringen ist. Es ist dies der Unsegen der nach meiner Erfahrung und nach meinem Gefühl immer darauf ruht wenn man nur philosophirt, wenn nicht entweder eine reale Beschäftigung mit Geschichte oder Naturwissenschaft die Speculation immer befruchtet, oder ein künstlerisches Streben sich damit verbindet, und die erstarrende Wirkung des bloß formellen Stoffs mildert. Aber | so gemüthvoll und liebenswürdig ist mir Reinhold erschienen daß ich mit Ihnen die Ueberzeugung theile, daß die Trokenheit nicht in ihm ist. Wird es mir nun so gut werden auch Sie noch zu sehen und mich an dem liebevollen und auch die Schwächen des Alters mit liebender Ergebung tragenden Greise zu erbauen, der mehr als ich es von irgend einem Einzelnen zu sagen wüßte für mich zwei Zeitalter darstellt und verknüpft! Wer weiß, es ist mir schon viel mehr geworden als ich hoffen durfte. Möge Ihnen nur das Frühjahr neue Kräfte geben, damit mir die Aussicht noch lange offen bleibe! Und verzeihen Sie wenn ich Ihre Aufforderung gemißbraucht habe; die Absicht war kürzer als die Ausführung. Von Herzen Ihr dankbarer und ergebener Schleiermacher. 1

Doch möchte ich das ja nicht atomistisch genommen haben, sondern wie es die lebendigste Physik mit sich bringt

143 Vereinigung] folgt )nicht* 172 f Doch … bringt] mit Einfügungszeichen am linken Rand

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4536. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Montag, 6. 4. 1818 Bonn den 6n April 18.

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Es ist wohl lächerlich, wenn ein Mensch, von dem man billig voraussetzt, daß er zu viele Zeit übrig hat, damit beginnt, daß er über Eile klagt. Aber so geht es mir in der That. Ich habe nemlich das eigene Verhängniß auf mir, daß, wenn ich die Stunden für bestimmte Eile und gemeßenes Maaß mal ankurben muß, auch gewöhnlich ein ganzer Haufe Menschen und Geschäfte zugleich auf mich eindringt. Und so geht es mir eben heute, wo ich so recht in Muße allerlei abzuthun meinte. Also wird kurz und gut, was fast vielleicht breit und schlecht geworden wäre. Habe Dank, lieber Bruder, für alles Mitgetheilte. Ich kann dir wenig wiedergeben. Wir leben hier bis jetzt so ziemlich ohne Leben und jeder treibet das Seine für sich so gut er kann. Ich bereite mich indeßen vor, als wenn ich einmal thätig werden könnte, und stöbere Altes durch, was die letzten 6–8 Jahre gelegen hat, von welchem Einiges quinteßenzisirt anderes vulkanisirt wird: auch ein chemischer Proceß, oft der beste, immer der sicherste. Unsern Eichhorn habe ich überhaupt nur ein paar Tage in Koblenz gesprochen, und auch da nur so viel, als er Zeit | und Athem hatte; denn er muß freilich für Vieles und für Viele einstehen. Jetzt verspricht er uns auch nur ein paar Stunden für einen Durchflug, nicht mal eine Nacht. Was du schreibst und anmerkst über die Stände, unterschreibe ich ganz. Aber wir Arme müßen sagen: beßer etwas als gar nichts; und das ist eine Hoffnung, daß wann der Pudel erst mit den Vorderfüßen im Waßer steht, sich durch Gottes Gnade Schalke finden werden, die ihn ganz hinein stoßen. Bei unserer Kraftlosigkeit und Philisterei, wo doch der Oberste, wie es in morschen Monarchien fast unvermeidlich ist, mit seiner Natur mehr einwirkt, als man glauben sollte, würden freilich ziemlich leblos und zum Theil nicht antikephalisch sondern antipodisch eingerichtete Provincialstände allerdings Gefahr von schlimmer Absonderung bringen. Aber so schlimm ist es bei uns und überhaupt in Teutschland, daß noch mehrmals ein fremder Büttner mit dem eisern blutigen Klöpfel nöthig scheint, um das germanische Gefäß, das so viele natürliche Anlage zur Spakrigkeit hat, die immer zu Waßer gehen muß, mit seinen Dauben etwas zusam|menzutreiben. Es ist wahrlich nichts als der Glaube und das Gefühl eines ungeheuren innern Lebens, 4536. Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 40 f.; D1: Ernst Moritz Arndt. Ein Lebensbild in Briefen, S. 179–181 (gekürzt, ohne Postskript); D2: Arndt: Briefe 1, S. 626–628 (ohne Postskript). Mit Einlagen.

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Briefe 4536 – 4537

das in der alten Germania umzurollen scheint, was uns Zuversicht und Verkündigung für die Zukunft seyn kann. Wir scheinen noch lange gewälzt und gehobelt werden zu müßen, ehe aus unsrer ungestalten Figur nur eine leidliche Kugel werden kann, die sich mit eigener Anziehung und Abstoßung unter den übrigen in ihrer Bahn bewegen kann. Du hättest uns wohl mittheilen können, wie du dem Jupiter Ammon die unprophetischen Bockshörner abgestoßen hast. Zu uns kömmt dergleichen alles sehr langsam. Etwas scharf wirst du die Ammoniaca wohl bereitet haben. Dank für deine lieben Wünsche für unser verborgenes Glück. Der liebe Gott wird ja alles zum Glück lenken; wenigstens hat meine stille Freundlichkeit es wohl verdient, wenn es auch auf meine Rechnung nicht fallen kann. Das liebe Weib nimmt und gebärdet sich bei allem Menschlichen und Natürlichen recht tüchtig und natürlich und so wird der Himmel ihr das Natürlichste ja auch zur Freude werden laßen. | Von dem kleinen Zukünftigen wird übrigens immer wie von einem Kerl gesprochen; ich weiß nicht, ob das allen Leuten so geht; aber was endlich herauskömmt, es soll gleich lieb seyn. Wird ja auch bei der Schöpfung daran gar nicht gedacht nach dem plattdeutschen Sprichwort Lat’t warden, wat’t watt, Segt de Erpel un tratt. Von Rügen habe ich auch Briefe gehabt in den letzten Wochen. Gott erhalte nur vor allen die Kathen recht lange. Es ist doch ein freundliches lichtes Gestirn auf Erden ein solcher Mensch. Grüße Jettchen die Lotte die Kindlein insgesammt und alle Freunde. Gott erhalte dich gesund! Das ist das Beste, womit man sich durch das Übrige schon durchbeißt. EMArndt. Einlagen besorge zeitigst an die Behörden und auf die Post.

4537. Von August Twesten. Kiel, Montag, 6. 4. 1818 Kiel den 6 Apr. 18. Dieser Brief wird Ihnen eine spätere Antwort scheinen, als er doch wirklich ist; denn erst gestern sind mir Ihre, zwar nur wenigen aber doch lieben 4537. Überlieferung: H: BBAW, SN 408, Bl. 27 f.; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 313–317 (gekürzt)

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Zeilen zugekommen, lieb besonders auch, weil sie mir mehr verheißen. Ich eile, Ihnen Ihre Frage zu beantworten. Schon vor 6 Wochen hatte ich einen Brief über die Harmsischen Thesen an Sie angefangen; die Ankunft Ihrer kleinen Schrift gegen Ammon unterbrach die Vollendung. Diese hat denn allerdings nicht gut auf Harms gewirkt, und Ihre Zuschrift [hat] diese Wirkung nicht auslöschen können, liege die Schuld nun an seiner falschen Deutung derselben, oder daran, daß er glaubt, Ammon, der sich zuerst zu seinen Gunsten erklärt hat, nachdem er bis dahin nur Schmähungen und Kränkungen erfahren hatte, nicht aufgeben zu dürfen. Ich höre, daß er Ihnen in einem gedruckten Sendschreiben antworten will. Sonst hat er gegen mich von Ammon nie so gesprochen, als wenn er ihn besonders schätzte; ob dies aber nicht seinen Grund in meiner von Anfang an sehr entschieden geäußerten Geringschätzung gegen Ammons Theologie hat, will ich nicht entscheiden; denn Harms gehört zu denen, die durch augenblickliche Eindrücke sehr bestimmt werden, und ist sich daher in Meinungen und Aeußerungen ungleich. Natürlich ist es aber, daß er gegen Ammon aus Dankbarkeit einige Zuneigung hat, da dieser der erste war, der ihm brieflich, und nachher in seiner bittern Arzney auch öffentlich seine Zustimmung versicherte. Auch höre ich, daß Ammon fortwährend mit ihm correspondirt, und Harms ist sehr empfindlich für Lob und Tadel. Daraus werden Sie denn auch begreifen, daß Ihr Tadel ihm um so mehr wehe thun mußte, je mehr er Sie schätzte. Der Grund desselben leuchtet ihm aber aus eben dem Mangel weniger ein, durch welchen er ihn verdient hat, aus Mangel an Wissenschaftlichkeit. Da er nun die Folgen empfindet – den Triumph seiner Gegner, die nicht aufhören, ihm Ihr Urtheil als Bestätigung des ihrigen vorzuhalten – da seine Bewunderer nicht verfehlen, Sie gegen ihn zu tadeln: so tritt ihm das, was er zu Ihrer Rechtfertigung von Ihnen selbst, von andern, ja von sich sonst wohl zu vernehmen vermögend seyn würde, zurück gegen das Gefühl der Kränkung, die er dadurch glaubt erfahren zu haben, daß Sie ihm die Fehler des Ausdrucks wegen dessen, was er beabsichtigte, nicht verziehen; die Stimme einzelner, oder vielleicht eines einzigen – die meinige – verhallt gegen die allgemeine von Freund und Feind, die ihn in seinem Urtheile bestätigt. | Daß ich mit Ihrem Urtheile einverstanden seyn würde, haben Sie gewiß nicht anders erwartet; und wirklich hatte ich ungefähr dasselbe über die theses in meinem angefangenen Briefe an Sie ausgesprochen, nur noch etwas stärker, weil ich fand, daß selbst Harmsens Persönlichkeit, seine sonstigen Ansichten, seine ganze Behandlung des Christenthums ihm die Sprache der Theses nicht erlaubten; aber ich habe hier einen schweren

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Brief 4537

Kampf, um mein Urtheil über Ihre Schrift zu verfechten, fast nur von Ritter unterstützt. Die einen sehen Sie als Feind, die andern als Freund an, und das letzte ärgert mich noch mehr als das erste. Denn schwerlich haben Sie von der Gemeinheit einen Begriff, womit Harms von seichten Köpfen zerrissen und beschmutzt wird; solche Menschen sich auf Sie berufen zu hören, ist in der That nicht zu ertragen. Dagegen giebt es denn Lobpreiser, denen jedes gegen Harms ausgesprochene Wort ein Verbrechen ist. Mir hat es Leid gethan, daß Sie genöthigt gewesen sind, sich gegen Harms zu äußern; aber dem Ammon habe ich die Zurechtweisung von Herzen gegönnt, obgleich ich doch eine so geringe Meinung von ihm nicht gehabt habe, als er durch seine Antwort erweckt. Gewünscht hätte ich, um deren willen, die sich in den Ton der Ironie nicht zu finden wissen (und dazu gehören doch wirklich recht viele sonst einsichtige und achtungswürdige Leute) daß Sie gegen Ammon lieber in der Sprache Ihrer Kritik der Liturgie der Garnisonskirche geredet haben mögten; Sie würden von vielen besser verstanden seyn. Ihre Erklärung über die Vereinigung der Kirchen hat dieser hier doch manche Stimmen gewonnen, die derselben früher abgeneigt waren. Mir wäre es dabey lieb gewesen, wenn Sie die Zwinglische Ansicht weniger hervorgezogen hätten. Denn freylich halte ich mit Ihnen dafür, daß, weil sie vorhanden ist, keine Uebereinkunft in Ansehung des Dogma möglich war, wodurch sie ausgeschlossen würde, und dies mußten Sie gegen Ammons Forderung einer solchen geltend machen; aber doch scheint es mir in der vereinigten Kirche eine Maxime seyn zu müssen, sie allmählich zurücktreten zu lassen. Denn so wenig ich glaube, daß der Gegensatz zwischen Luther und Calvin eine Trennung der Kirche bewirken dürfe; so wenig ich glaube, daß dieser Gegensatz beym Volksunterricht nur zur deutlichen Erklärung kommen könne, wenn man bey dem religiösen und practischen Momente der Lehre stehn bleibt und keine unzeitige Polemik einmischt: so scheint mir doch der Gegensatz zwischen Zwingli und Luther bedeutender und einflußreicher, als daß, so lange er besteht, und unvermittelt besteht (d.h. so lange nicht der Zwinglianismus durch den | Calvinismus gemildert oder vielmehr erhoben wird) eine rechte Vereinigung länger, als der gemeine Indifferentismus in Ansehung dieser Lehre dauert, sich halten könnte, und wie es mit dem Katechumenenunterricht in dieser Hinsicht gehalten werden solle, sehe ich auch nicht recht ein. Ich mögte indeß hierüber, wie über die Ausdehnung der Kirchenvereinigung, über die Mittel, wodurch sie herbeygeführt werden soll, und den Punct, bis zu welchem Sie vorgerückt sind, mir gerne noch Ihre Meinung und einigen Bericht erbitten, theils zu eigner Belehrung, theils um bey

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dem, was auch unter uns in Gesprächen darüber verhandelt wird, über manches, worüber ich gefragt werde, bestimmtere Auskunft geben zu können. Ueber Harms theses bin ich schon lange aufgefordert, und endlich entschlossen, einige Worte in den Kieler Blättern zu sagen, um einige Angriffe, bey denen selbst wichtige Lehren unserer Confession nicht geschont sind, und die hier übel gewirkt haben, in ihrem wahren Lichte darzustellen, und dabey überhaupt den Standpunct zu bezeichnen, den die Mitglieder der Geistlichkeit doch nicht hätten verlassen sollen, wenn man es auch den Layen verzeihen kann, durch Harms eigne Schuld ihn verfehlt zu haben. Kommt es zur Ausführung dieses Entschlusses (man spricht hier nämlich von einer Verfügung, ähnlich der im Schmalzischen Streit, wodurch vielleicht der Fortsetzung dieser Streitigkeiten ein Ziel gesetzt werden dürfte) so empfehle ich Ihnen den kleinen Aufsatz zum voraus zur freundlichen Aufnahme und nachsichtigen Beurtheilung, wobey Sie namentlich die Rücksicht auf den hiesigen Stand der Dinge nicht unterlassen dürfen, mit in Anschlag zu bringen. Mögten Sie vielleicht zum bessern Gelingen dadurch beytragen, daß Sie, etwa in einem Briefe an mich, Ihr Urtheil über Harms näher bestimmten und erläuterten? – Später wünsche ich auch, als Fortsetzung jenes Aufsatzes, die Gültigkeit der Symbole in unserer Kirche zu erläutern, worüber ebenfalls die entgegengesetztesten Ansichten bey uns zum Vorschein gekommen sind, indem die einen es völlig als nicht vorhanden ansehn, die andern der Verbindlichkeit desselben eine Ausdehnung geben, wobey am Ende niemand, der es redlich meint, in der Kirche bleiben könnte. Was meinen Sie zu folgendem Vorschlag: wenn man eine Sitte der früheren christlichen Kirche wieder erneuerte? so wie damals ein neugewählter Bischof andern Bischöfen zugleich mit dem Notificationsschreiben seiner Wahl zur Beurkundung seiner Rechtgläubigkeit sein Glaubensbekenntniß zuzusenden pflegte, könnte so nicht auch der bestellte Prediger angehalten werden, als Glaubensbekenntniß eine Abschrift der 21 Artikel der Augsburgischen Confession abzugeben, worin er bemerkt hätte, in welchen Puncten er anderer Meinung sey, und wo er nur eine bestimmte Erklärung ihrer Ausdrücke für seine Ueberzeugung gelten lassen könne? eine Synode entschiede dann, ob er mit diesen Hinzufügungen und nähern Bestimmungen zugelassen werden könne oder nicht, | und auf dies sein eigen Bekenntniß würde er dann verpflichtet. So wie sich im Römischen Staate in den Edicten der Prätoren ein ius tralatitium unterscheiden ließ, aus welchem sich später als ein allgemein geltendes Recht das edictum perpetuum bildete: so würde sich in diesen Bekenntnissen mit der Zeit wohl unterscheiden lassen, was allgemeiner Kirchenglaube, und was nur

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statthafte oder unstatthafte Abweichung Einzelner wäre, und so würde eine gewisse Beweglichkeit des Symboles mit derjenigen Festigkeit vereinbar werden, ohne welche kein Glaube Kirchenglaube seyn kann. – Für heute muß ich abbrechen, und einiges, worüber ich Sie noch fragen wollte, auf einen andern Brief verschieben. Halten Sie nur ja Ihre Zusage, und schreiben Sie bald ausführlicher. Meine Frau läßt Sie aufs herzlichste grüßen; sie ist Ihre recht eifrige Vertheidigerin gegen alle Harmsianer, die Ihnen Unrecht thun wollen. Sie ist guter Hoffnung, und verspricht mir zum May die Freuden des Vaters zu denen des glücklichen Ehemannes. Bis jetzt befindet sie sich dabey außerordentlich gut; ich hoffe, daß auch die Entbildung glücklich seyn wird, obgleich ich mich bisweilen der Furcht nicht enthalten kann. Mir geht es sehr wohl, nur meine Augenflecke machen mir mitunter Sorge. Grüßen Sie vielmals Lotte, Ihre liebe Frau und Ihre Kinder. Wollten Sie auch wohl Marheineke gelegentlich danken für seine Zusendung der Reformationsreden? Mir haben besonders Ihre hübschen und gewichtigen Worte gar sehr gefallen. Sie werden wohl nichts dagegen haben, daß wir eine Uebersetzung derselben in die Kieler Blätter aufnehmen? Leben sie wohl, und behalten Sie mich in freundlichem Andenken. Mit der größten Verehrung und Liebe Ihr Twesten.

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4538. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 7. 4. 1818 Ewr Magnifizenz überreiche ich anliegend ergebenst die unterm 24ten praecedentis eingeforderte Liste mit der Bemerkung 1.) Daß ich den p Schroener und Pyllemann nicht mit aufgeführt welche beide sich bereits vor mehreren Wochen bereit erklärt ihren Abgang zu bewerkstelligen 2.) Daß ich alle diejenigen mit aufgenommen bei denen in unserm Album ein Abgang mit dem Zusaz quo tempore non liquet bemerkt ist. Denn dieser Zusaz beweiset deutlich genug den Mangel einer officiellen Notiz

4538. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 48. einer Liste.

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3.) Muß ich um Entschuldigung bitten die drei lezten mit aufgeführt zu haben welche erst im Oct 1814 inscribirt sind und also auch erst Michaelis dieses Jahres ihre Matrikel erneuern müssen Berlin d 7t. April 1818 Der Decan d. th. Fac Schleiermacher Rectori magnifico

4539. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, Donnerstag, 9. 4. 1818 Breslau, den 9 Apr 18.

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Ein kleines Briefchen, mein theurer Freund, worin ich Dir den Ueberbringer, einen Studenten von hier empfohlen habe, wird jezt schon in Deinen Händen sein, weshalb ich zu dem, was ich Dir darin schrieb mit dieser guten Gelegenheit noch einiges hinzufügen will. – Ammons Antwort so wenig wie Dein Nachtrag ist bis jezt zu uns gekommen, ich kann Dir also noch nichts weiter darüber sagen, als was mein Brief enthält und was ich Reimer geschrieben habe. Solche Schriften kommen gewöhnlich erst spät zu uns – so ist bis jezt die Uebergabe der Adreße von Görres noch in keinem hiesigen Buchladen – weshalb ich Dich bitten will, wenn Du so etwas ausgehen läßt – welches denke ich noch wohl öfter geschehen wird, es mir gleich zu schikken, wenn Du auch nicht dazu schreiben kannst. Lange habe ich nichts in der theologischen Literatur mit so großer Theilnahme gelesen, als Dein Schreiben an Ammon und ich kann mich unmöglich von dem Gedanken trennen, daß diese Anregung ohne Theilnahme bei andern und ohne Erfolg bleiben sollte. Hier kann keine Partei sagen, daß sie Dich nicht verstehe, und was zunächst zur Entscheidung kommen muß, wenn es in der Theologie und in der Kirche beßer werden soll, nemlich worauf der innere Glaubensgrund bei den Geistlichen beruhen müße und wie ohne diesen ihr ganzes übriges Thun nichtig sei, ist hier so klar ausgesprochen | daß niemand zweifeln kann, weder woran er mit Dir sei, noch worauf es bei ihm selbst am meisten ankomme. Durchdringt ein solcher Sinn wieder unsre Geistlichkeit, so wird auch die Vereinigung der 4539. Überlieferung: H: BBAW, SN 287/1, Bl. 121 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 145–147 (Auszüge)

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Briefe 4539 – 4540

protestantischen Confeßionen ganz von selbst erfolgen; kehrt aber jener Geist nicht wieder, so fürchte ich noch allerlei Verwirrungen von dem, was bisher dafür geschehen ist. – Deine lateinische Rede und Deine Predigt am Reformationsfest hast Du mir auch nicht geschikkt und obwohl ich Dich eigentlich dafür strafen sollte, so will ich es doch nicht thun, weil ich Dich so lieb habe und hoffe, Du wirst Dich darin beßern. Die Schrift über den Lukas hat allerdings zu meinen – ich muß leider bekennen – wenigen Winterstudien gehört und ich habe sie mit dem Lukas sehr aufmerksam durchgelesen, muß es aber noch eben so mit den übrigen beiden Evangelien wiederholen, die für diesmahl nur gelegentlich nachgesehen sind. Im Allgemeinen wird Deine Ansicht vom Entstehen der Evangelien wohl unbedenklich die herrschende werden, weil sie die natürlichste ist und sich geschichtlich nicht wiederlegen läßt, weshalb es mich sehr verdrießt, daß mit wenigen Ausnahmen, bisher so ungenügend und fast ohne alle Gründe dagegen aufzustellen und tiefer in die Sache einzugehen, darüber ist geurtheilt worden. Ueber Einzelnes will ich mir noch gar kein Urtheil anmaßen z.B. über deine Ansicht der Parabel | vom ungerechten Haushalter, die mir zu künstlich scheint, ich auch bezweifeln mögte, daß die damahligen Zuhörer diesen Sinn mögten gefunden haben. Daß die Schrift dem de Wette dedicirt ist, kann vielleicht auch von guten Folgen sein und schon scheint es mir nach seinen neuern Aeußerungen, daß sein Streben weniger einseitig ist und eine andre und beßre Richtung nimmt. Von meinem Treiben während des Winters habe ich wenig zu sagen. Neben zweien Collegien, die gelesen sind, hat mein übriges Geschäftsleben fast alle meine Zeit in Anspruch genommen, mich aber auch auf den Gedanken gebracht ein Jahrbuch für das Schlesische Kirchen- und Schulwesen heraus zu geben, das schon zur Hälfte abgedrukkt ist und bald in Deinen Händen sein wird. Ich bin nun lange genug in der Provinz um den Zustand des Ganzen in Beziehung auf Kirche und Schule übersehen und wie ich glaube auch auf die rechte Weise auf das Ganze einwirken zu können. Auch hat es bis jezt an einem Mittelpunkt gefehlt, worin sich die Beßern vereinigen und von wo sie eine Anregung bewirken könnten. Dies beabsichtigt die gedachte Schrift, die jährlich erscheinen soll und es wird mir lieb sein, wenn sie Dir nicht mißfällt. Du wirst darin auch einen ziemlich ausführlichen Bericht über die ersten Synodalarbeiten finden, weshalb ich darüber nichts weiter sagen will. Diesen Sommer les ich Homiletik, die bei | uns eigentlich noch gar nicht gelesen ist. Dies scheint mir auch nothwendig, denn es wird ungeheuer schlecht gepredigt, auch wenn man nur auf das Technische sieht. Vielleicht erhalten wir auch nächstens eine Kirche und dann kann ich auch dann und wann einen Studenten predigen

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laßen. Ich muß aber das Collegium ganz neu machen, denn was ich davon finde paßt doch nicht zu dem Ganzen der Theologie, wie es sich in mir gebildet hat. Im Geschäftsleben bin ich auch noch auf dem alten Flekk. Altenstein scheint zunächst die Schukkmannschen Reste abzuarbeiten, denn wir erhalten Resolutionen auf Anträge die Jahr und Tag alt sind. Was dann kommen wird mag der Himmel wißen. Die kleinen Nekkereien des Ministeriums gegen die Consistorien hören ohnerachtet der Geschäftsinstruktion nicht auf und man sucht uns zu beschränken wo man kann weshalb wir es auch an den gehörigen Protestationen dagegen nicht fehlen laßen. – Endlich scheints werden wir in unsrer Fakultät auch einen Collegen erhalten den von Cöllen aus Marburg. Er soll viel wißen, schwer hören, aber doch ein guter Docent sein. Ich bin leidlich mit meiner Gesundheit aus dem Winter gekommen und hoffe für dies mahl der Reise nach Carlsbad überhoben zu sein. Meine liebe Wilhelmine leidet an allerlei Uebeln, weshalb es noch von der Entscheidung des Arztes abhängt, was im Sommer geschehen soll. Wie gehts Euch? wie Deiner Schwester am Rhein? Laß doch ein mahl etwas von Dir hören. Tausend Grüße an die Deinen und Reimers. Lebe wohl! Gaß.

4540. An Luise von Willich. Berlin, Sonnabend, 11.4. bis Sonnabend, 9. 5. 1818

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11 April 1818. P S P S PweiseS gestern und vorgestern mit dem Wetter. – Jezt ist meine Gesundheit Gott sei Dank so gut daß ich mir wünschen kann daß sie noch eine Weile so bleibe. Donerstag geht wieder der Unterricht 6 Uhr Morgens an und wenn ich gleich nicht mehr den angenehmen Weg durch den Thiergarten zu machen habe, hoffe ich doch, er soll mir recht ebenso lieb sein als im vorigen Jahre. Ehrenfried PinS PGesellschaftS PnaheS PbeiS PSolgerS und ich bin PbaldS PvSor ihm. Offenbar nicht PCarlS PderS auPchS PnachS PWagenS PgeschicktS. PMeinungenS PsinSd sehr geteilt. Jette z B. mag es gar nicht. Eine Zeichnung der Alberthal will die Schede auch noch vermitteln. 4540. Überlieferung: h: BBAW, Nachlass Dilthey, 116/2. Zum Schlussdatum vgl. Brief 4557 Z. 1–2 vom 27.5.–6. 6. 1818. 10 Alberthal] es folgt ein eingeklammertes Fragzeichen

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Briefe 4540 – 4542

Denke daß ich vor kurzem auf einer [Gesellschaft] zu der ich hir im Hause eingeladen war – P S große PFeteS – bei dem Generalchirurgus Rust der hier im Hause wohnt – mir ganz unerwartet, Eleonoren angetroffen habe und den ganzen Abend mich so mit ihr beschäftiget daß es ordentlich Aufsehn PunterS den Leuten machte. Ich geleitete sie noch nach dem Wagen und trennte mich von ihr mit dem Spruch, daß alles habe so kommen müssen und daß Gott alles am besten wissen müsse. Uebrigens ist sie völlig unverändert und hat sich auch äußerlich außerordentlich wohl erhalten. | Die alte Lotte war vor Wunder außer sich, als ich es am andern Morgen erzählte, und ich glaube, ganz heimlich wundert sie sich, daß Jette nicht eifersüchtig ist. Pinchen Schwerin miPtS der Bardeleben war da und sagte Luise werde jezt wol in Puzar sein (P S PundS PdieS PBlitschS wol durch Willichs?) PGesternS P S PunsS Benda P S. P S P S PichS PHerderscheS PAhnungS PanS. Hat einen Text zu einer Kirchenmusik gemacht dh. aus Bibelsprüchen und Liederversen zusammengesezt, PanS PdenS PistS PMüheS P S. Hat PsichS PzuS PPfingstenS PzuS PallenS P S und auPchS PzuS P S 8 Tage Ferien gemacht um einen kleine Auflage fertig zu machen P S P S P S P S P S. Habe PhierS PmirS ein kleines Arbeitsplätzchen im Gebieth des Gartens zurecht gemacht und da habe ich schon heute den ganzen Vormittag auPsS PdenS PgöttlichstenS PWerkenS gelesen.

4541. An die Theologische Fakultät. Berlin, Montag, 20. 4. 1818 Collegae coniunctissimi Nissing hat sich dahin erklärt, daß er noch bis Michaelis warten wolle weil er noch nicht fest genug im hebräischen sei. Dagegen haben sich nach unserer Sizung noch gemeldet Schütze (der lezte Redner) und Barkow und 14 und] folgt ))u** 4541. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 223, Bl. 20. Unten auf dem Blatt notieren de Wette, Neander und Marheineke ihre Zustimmung. Schleiermacher vermerkt dort noch: „Nach diesem bringt auch noch Wigand PmirS, weil er seine Zeugnisse noch nicht abgegeben, von mir vergessen Pden HofrathS in Anregung und trägt seine Zeugnisse nach. Sollen beide Klassen gleich sein so muß man ihn noch in die philologische sezen“.

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ich schlage also vor den Barkow provisorisch in die historische und den Schütze in die philologische Abtheilung zu nehmen und erbitte mir hierunter Ihre Einwilligung oder Einwendung Schleiermacher 20/4.18.

4542. Von Johann Friedrich Gottlieb Delbrück. Zeitz, Dienstag, 21. 4. 1818 Zeitz den 21t April. 18.

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Erlauben Sie, Verehrter Freund, daß ich den Ueberbringer Herrn Fischer, welcher die hiesige Stiftsschule verlassen hat, um in Berlin Theologie zu studieren, Ihrem gütigen Wohlwollen zu Rath und That, und bei dieser Gelegenheit auch noch selber zu freundschaftlicher Theilnahme empfehle, wobei ich Ihnen für Alles, was ich seit meiner Entfernung von Berlin in Ihnen, das Kirchliche betreffenden Schriften, Belehrendes, Stärkendes und auch Ergözliches gefunden, meinen herzlichen Dank wiederhole, in der Voraussetzung, daß Göschen, Er und Sie, diesen bereits abgestattet haben. Meine Berufslage ist drükkender und unerfreulicher geworden seit dem mein geliebtes Weib, vielleicht mit in Folge der gänzlichen Umgestaltung ihrer äußern Verhältnisse, von einer bedeutenden Krankheit befallen ist, deren Nachwehen ich fürchte, weil die Genesung sehr langsam geht. Der Anblick unsers, Gott sey Dank! blühenden Kindes tröstet uns beide. Wir | beide bitten Sie, Ihrer würdigen Gattinn unsere Hochachtung zu bezeugen mit dem Wunsche, daß sie an dem jüngsten Töchterchen ebenso viel Freude haben möge als wir an unserm Rudolph. Und wenn die Wärterinn Ihres Töchterchens Ihre Zufriedenheit in demselben Grade verdient als wir hoffen und wünschen, so sey sie von uns gegrüßt! Mit wahrer Verehrung ergebenst Delbrück.

4542. Überlieferung: H: BBAW, SN 267, Bl. 3. 1t Aug“.

Beantwortungsvermerk: „beantw d

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Briefe 4543 – 4546

4543. An Samuel Marot. Berlin, Freitag, 24. 4. 1818

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Allerdings halte ich meine Predigerstelle auch für eine solche welche zur Verbesserung notirt werden muß. Denn es kann meiner Ueberzeugung nach Niemand von dem Ertrage derselben ohne drükende Nahrungssorgen leben; und man sollte nie darauf rechnen daß ein Prediger das fehlende zu seinem Unterhalt durch ein Nebengeschäft supplire, indem dabei nur gar zu leicht das Predigen zum Nebengeschäft wird. Die gegenwärtige Verbindung aber dieser Predigerstelle mit einer Professur ist etwas ganz zufälliges. Wollte man aber dieselbe zu einer Zeit, wo die nöthigen Verbesserungen aller Predigerstellen aufgenommen werden sollen diese nicht mit auf die Liste sezen: so könnte ich für meine Person es mir wohl gefallen lassen aber man würde hernach wenn bei einem andern | Inhaber die Nothwendigkeit eintritt das Nachsehn haben weil der rechte Zeitpunkt versäumt worden und daran wollte ich wenigstens nicht Schuld sein. Darum füge ich zu beliebigem Gebrauch die geforderten Nachweisungen bei Schleiermacher 24/4.18.

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4544. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Mittwoch, 29. 4. 1818

Ew Spektabilität erhalten in der Anlage abschriftlich das von dem Rendanten der wissenschaftlichen Kasse Kriegsrath Schroeder in Betreff der Anfrage wegen des Studirenden Busch eingegangene Antwortschreiben, wobey ich ergebenst bemerke, daß da nach Ausweisung des UniversitätsAlbums außer dem Studirenden der Theologie Busch sich nur ein Mediziner, welcher ein Ausländer, dieses Namens auf der Universität befindet, 4543. Überlieferung: H: ELAB, 10400, Nr. 9, Bl. 15; D: Reich: Schleiermacher als Pfarrer, S. 457 4544. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 39. Mit einer Abschrift eines Schreibens von Kriegsrat Schroeder.

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die von dem Ministerium einem Busch ertheilten Unterstützungen wahrscheinlich nur diesem zugeflossen seyn können. Berlin den 29n Aprill 1818. Der Rektor der Universität. D. Marheineke. Decano spectabili facultatis theologicae.

*4545. An Johann Theodor Woide. Berlin, Winter oder Frühjahr 1818 Übersendet die Protokolle der Berliner Kreissynode vom 11. November bis 10. Dezember 1817 und stellt dafür 2 Rth 4 Ggr in Rechnung.

4546. Von Dorothea (Doris) von Willich. Sagard, Freitag, 1. 5. 1818 Sagard den 1 May 1818.

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So selten auch unsre Söhne schreiben, so wißen wir doch aus ihren Briefen, daß sie einen freundlichen Zutritt in Ihrem Hause, lieber Bruder! haben. – Recht lange schon habe ich mir vorgenommen, Ihnen einen recht herzlichen Dank dafür zu sagen und mit diesem Dank mögte ich gerne auch noch die Frage verbinden; wie sind Sie, lieber Schleiermacher mit den Söhnen zufrieden? – An ihr sittliches Betragen zweifle ich nicht aber wie wird es mit den Studien? – Theodor geht gewiss emsig dem vorgeschriebenen Gange nach aber Luis? – Angebohrne Trägheit und frühe versäumter Unterricht halten ihn wohl immer noch zurück! – Wie wird, wie kann es mit ihm werden? Ich sehe die Zeit kommen, wo Willich nicht mehr so große Summen für Luis aufwenden kann und alle Hofnung den Rest des väterlichen Vermögens zu retten, scheitert. – Willich meint, Luis könnte vielleicht, wenn Willich ihn von Michaelis an jährlich 200 r gäbe das Uebrige für die ersten 4–5 Jahre leihen. – Ist das wohl zu wagen? – Ganz im dun*4545. 4546.

Erschlossen aus Brief 4650 vom 26. 9. 1818. Überlieferung: H: BBAW, SN 421, Bl. 39

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Briefe 4546 – 4548

keln liegt mir Luis Zukunft. Er selbst ist jezt muthiger als je und spricht von einer Anstellung als Referandarius zu wann? sagt er nicht. – Erst heute habe ich Luis geschrieben, daß Willich nur noch bis Michaelis gänzlich für ihn sorgen könnte. – Da diese Nachricht ihn vielleicht muthlos machen könnte, so wollte ich Sie, lieber Bruder bitten, einmal ein Wort mit Luis zu reden, was ihn vielleicht beruhigen könnte. – Dürfte ich hoffen, daß Luis wirklich einen Weg ginge auf welchen nach 4–5 Jahren eine Anstellung zu hoffen wäre so würde ich diesem Plane mit mehr Muth entgegen sehen! – Schreiben Sie, lieber Bruder mir doch einmal gelegentlich Ihre Meinung darüber. – Ihrer lieben Frau und den Kindern herzliche Grüße. Ihre Willich.

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4547. Von Gustav Laue. Berlin, Montag, 4. 5. 1818 Hochwürdiger Herr! Hochgeehrtester Herr Doctor und Professor! Im Vertrauen zu Ew. Hochwürden wohlwollen und gütigen Gesinnungen wage ich es, Ihnen eine dringende Bitte ganz gehorsamst vorzutragen. Mein Vater der pensionirte Krieges- und Steuerrath Laue in NeustadtEberswalde hat zwar dem Staate eine lange Reihe von Jahren gedient, allein sehr beschränkte Einkünfte und eine zahlreiche Familie von 14 Kindern, von denen ihm acht durch den Tod größtentheils schon erwachsen und namentlich in den beiden letzten Französischen Kriegen entrissen sind; besonders aber auch die schweren Lasten in der kriegerischen Zeit von 1805 bis 1815, in welcher er noch Hauseigenthümer war, haben es ihm unmöglich gemacht, sich ein eigenes Vermögen zu erwerben. Jetzt muß er in einem hohen Alter von beinah 70 Jahren von einer sehr geringen Pension leben und hat außer mir noch für zwei seiner Hülfe bedürftige Geschwister zu sorgen. Ich habe, wie Ew. Hochwürden bekannt ist, zu Anfange des Aprils die Universität hieselbst bezogen, um Theologie zu studiren; bin aber unter den angezeigten Umständen meines Vaters aller eigenen Hülfe entblößt, und überdies auch ohne Aussicht einer fremden 4547. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 41. Mit Zeugnissen über die eigene Armut und über den Abgang vom Gymnasium Prenzlau. Aktenvermerk Schleiermachers: „ad Acta Vertheilung des akademischen Collectenfonds.“

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Unterstützung. Dazu kommt noch, daß wenn ich auch selbst durch eigene Thätigkeit im Unter|richte für mein Fortkommen hieselbst wirksam sein wollte, sich dieselbe wegen meiner wankenden Gesundheit doch nur auf wenige Stunden beschränken kann. Da ich nun erfahren habe, daß ein Fond zur Unterstützung hülfsbedürftiger Studirender bei Einer Hochlöblichen Universität hieselbst niedergelegt ist, so fordert mich die dringendste Noth dazu auf, Ew. Hochwürden als Curator dieses Fonds ganz ergebenst zu ersuchen: „mir doch einige Unterstützung aus demselben geneigtest zufließen zu lassen.“ Zu größerer Beglaubigung meiner wirklichen Bedürftigkeit einer solchen Unterstützung nehme ich mir die Freiheit ein testimonium paupertatis von einem Wohllöblichen Stadtgerichte zu Neustadt-Eberswalde und zur Darlegung meiner persönlichen Würdigkeit mein Abgangszeugniß von dem Gymnasium zu Prenzlau ehrerbietigst beizulegen, um deren gütige Zurückgabe ich aber gehorsamst bitte. Ich kann meiner ganz ergebensten Bitte weiter nichts hinzufügen, als Ihnen die Versicherung geben, daß ich jede Gelegenheit benutzen und alle meine Kräfte aufbieten werde, um mich einer solchen Wohlthat recht würdig zu machen. In der gewissen Erwartung, keine Fehlbitte gethan zu haben, ist es die allervollkommenste Hochachtung, mit der ich mich unterzeichne Ew. Hochwürden ganz ergebenster Diener Gustav Laue studiosus theologiae Jägerstraße No. 72 zwei Treppen hoch wohnhaft. Berlin den 4ten Mai 1818.

4548. Von Immanuel Bekker und Henriette Herz. Rom, Sonnabend, 9. 5. 1818 (Alta / Germania Nord) / Monsieur Schleier/macher / Berlin / Wilhelmsstraße / N. 73 [Bl. 15v]

4548. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 15; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 79 f.

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Briefe 4548 – 4549

Rom 9 Mai 18. Ich hoffe zuversichtlich nächsten Montag Brief und Geld von Ihnen zu erhalten, mein theuerster Freund: aber auf den Unfall daß ich nichts erhielte muss ich doch anzeigen daß ich fast nichts mehr habe. Denn um die Mitte Junis wird die Vaticana geschlossen und muss ich reisefertig sein. Wahrscheinlich gehe ich nach Florenz und, wenn da die Ferien anfangen, Anfangs October nach Neapel In der Vaticana arbeite ich seit Ostern, auf Niebuhrs Verwendung, ganz unbehindert. Daher ich auch so weit vorwärtsgekommen bin daß ich zu j[e]dem Platonischen Dialoge, Gesetze Staat Critias und Minos ausgenommen, nunmehr alles in allem 12 Codices habe: bei welcher Grenze ich stillstehn will, falls mir nicht irgend etwas Ungemeines in den Wurf kommt. Drei Codices der Gesetze und des Staates werden mich noch die nächsten fünf Wochen beschäftigen. Spreu ist nicht alles was ich dresche, und läßt mir die Academie meine bisherige Einnahme, wozu sie ja, sobald ich, was freilich in weitem Felde scheint, Gehaltszulage erhalte, beträchtlich weniger beizusteuern hat, so darf ich allerdings hoffen auch für manchen andern Autor nicht unnütz zu arbeiten. Von den hiesigen Codices des Aristoteles wird Brandis über acht Tage ein Verzeichnis an die Academie einsenden, das meine Scheu vor diesem Chaos hoffentlich erklären und entschuldigen wird. Daß die Academie ihn unterstützte, ist für die Sache wenigstens so sehr als für ihn zu wünschen. Von hiesigen Stadtgeschichten wird Ihnen die Herz wohl schreiben, wenn sie nur erst die Briefe erhalten hat, die sie von Ihnen und den Ihrigen seit undenklicher Zeit erwartet. Das seltsame Gerücht von ihrem Katholischwerden sollte sich Göschen ad notam nehmen und eine ernstliche Ermahnung und Verwarnung an seine Schwägern ablassen. Tausend Grüße an Ihre Frau und Schwester und an Reimer. | 15v

[Henriette Herz:] Lebt Ihr alle noch lieben Leute? ich hoffe es und seid Ihr nur auch gesund so will ich Euer unbegreifliches Schweigen schon ertragen; indeß bin ich doch um meine gute Lotte nicht ganz ohne Sorge. Tausend Grüße ihr und denen die meiner gedenken – den Kindern besonders. J.

25–30 Von … Reimer.] am linken Rand

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4549. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 11. 5. 1818 Berlin d 11t. May

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Endlich seze ich mich hin lieber Freund um Dir zu schreiben eben nachdem ich meine lezte Pfingstpredigt abgehalten, hoffentlich sind Winterfelds noch hier; dann sollen sie nicht nur diesen Brief mitnehmen sondern auch zu Büßung meiner Sünden nachträglich die Rede und die Predigt und meine lezten akademischen Sachen und meinen Kupferstich, der doch auf jeden Fall weit besser ist als der frühere, von vielen Menschen höchst ähnlich gefunden wird und fast nur meiner Frau nicht gefällt. Daß Dir meine Ammonsbeize so wohl gefallen hat und besonders daß Du sie von der höchst ernsthaften Seite ansiehst wie ich sie gemeint macht mir große Freude. Ammons Antwort wird nun doch endlich bei Dir sein mit meiner Zugabe, und ich wollte Du zeigtest auch noch beides an und machtest etwas aufmerksam darauf wieviel ich dem Ammon geschenkt. Wenn es mir irgend darauf angekommen wäre einen Wiztrumpf zu erlangen was für Stoff hätten nur allein seine verdrehten Bilder gegeben! ich habe es aber absichtlich verschmäht. Wie ich höre soll Ammon auf meine Zugabe eine Erklärung irgend in einer Zeitung haben abdrukken lassen die mir aber noch nicht zu Gesicht gekommen. | Außerdem wird gedrukt an einem Buch des Leipziger Tittmann gegen mich, welches wahrscheinlich so ungesalzenes Zeug sein wird wie sein Supranaturalismus, worauf ich mich also gewiß nicht einlasse. Was mir aber leid thut ist daß sich Harms die Eitelkeit und den Ammon blenden läßt. Ich habe ihm meine Schrift selbst geschikt mit einem höchst freundlichen Briefe, worin ich ihm mein Bedauern bezeigte daß ich mich bei dieser Gelegenheit auch gegen ihn hätte erklären müssen. Ich bat ihn sehr, nicht zu glauben daß ich ihn und Ammon in einen Topf würfe und warnte ihn recht brüderlich vor der näheren Verbindung mit diesem Menschen. Ich bezeugte ihm meine aufrichtige Schäzung seines Bestrebens im Ganzen, nur daß ich freilich nichts zurüknehmen könnte was ich gegen die Thesen gesagt. Allein meine Mühe ist vergeblich gewesen, er ist erbittert und will mir, wie mir Twesten schreibt gedruckt antworten. Indeß hoffe ich es soll ihm nicht gelingen mich in 4549. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D1: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 147–151 (gekürzt); D2: Bauer: Briefe Schleiermachers an Wilhelmine und Joachim Christian Gaß, S. 252 (Hinweis auf Kürzung in D1)

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Brief 4549

einen weiteren Streit mit ihm zu verwickeln, der ohne allen Nuzen nur den Wahn der flachen Rationalisten nähren würde als ob ich einer ihrer Genossen wäre. Dies ist mir ärgerlich genug; indeß ich denke es soll sich bald von selbst aufklären. Es ist nämlich im Werk daß De Wette und Lücke zusammen ein theologisches Journal herausgeben wollen, und da haben sie mich fast gezwungen etwas in das erste Stük zu geben und das soll sein eine allgemeine | Kritik der supranaturalistischen und rationalistischen Streitigkeiten. Vorher aber habe ich noch eine auch hiehergehörige Kleinigkeit unter der Feder, für den Reformationsalmanach, über den Werth der symbolischen Bücher. Ich mache dazu die ganze Pfingstwoche Ferien sehr gegen meine Gewohnheit, und wünsche nur, daß mir nicht zuviel Störungen kommen um fertig zu werden. Wenn mir beides gelingt: so denke ich habe ich in der Sache das meinige gethan bis einmal meine Dogmatik herauskommt. Diese habe ich mir jezt in zwei Halbjahre getheilt um die Einleitung die doch einen großen Theil meiner philosophischen Theologie enthält ausführlicher als sonst zu behandeln und bis jezt schreibe ich noch immer nach dem Collegio recht ordentlich auf. Dasselbe thue ich auch mit der Psychologie einem ganz funkelnagelneuen Collegio, dem stärkstbesezten was ich noch gehabt habe solange ich hier bin; denn ich habe 130 Zuhörer. Wie es recht werden wird weiß ich noch nicht; bis jezt ist es leidlich gegangen. Bei der Erklärung paulinischer Briefe geschieht nun aber nichts dies halbe Jahr für meine künftige Ausgabe, außer daß ich wo es noch nicht geschehen ist den Chrysostomus und Theodoret für die Anmerkungen excerpire. – Wenn mir nur nicht die Leute alle weis machen wollten ich thäte viel; ich werde dadurch am Ende noch ganz zum Bärenhäuter. Ich finde es erschreklich wie wenig ich nun seit vielen Jahren zu Stande gebracht habe, und daß es nun gar mein Schiksal zu werden scheint mir so kleine Dinge abgehn zu lassen. Dich hingegen preise ich glüklich um Deine vielseitige Thätigkeit, und habe mich ordentlich erschrocken als ich die Ankündigung deines Journals las. Es wächst Dir | freilich gewissermaßen zu, und wird sehr nüzlich wirken aber quälen wird es dich auch nicht wenig. Die Synodalsache scheint nun ganz zu ruhen. Warum weiß ich nicht. Erst hörte ich sagen die Provinzialsynoden könnten doch nicht eher berufen werden bis die GeneralSuperintendenten eingesezt wären. Ich habe Nicolovius auf alle Weise demonstrirt daß das hieße die ganze Sache verderben indem sich so viele Synoden auf das stärkste gegen die GeneralSuperintendenten erklärt hätten wie sie im Entwurf vorgeschlagen wären, 32 zu verwickeln] über )einzulassen* 42 nur] korr. aus mir berufen werden

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und daß man doch provisorisch nur für jede einen Praeses ernennen sollte. Das leuchtete ein aber ich habe auch nichts weiter davon gehört. Jezt wird wieder gesagt es sollte erst die Unionssache auf allen Kreissynoden berathen werden und also zweite Versammlungen angesezt. Außerdem aber höre ich daß der Minister den Generalbericht des hiesigen Consistoriums beim Vortrag schon mehrere Male hat zurüklegen lassen. Warum weiß ich nicht; ich bin mit Altenstein in gar keiner Verbindung, er sucht mich nicht auf, und ich werde mich gewiß nicht an ihn andrängen. Könntet ihr nicht dort etwas thun um der Sache einen neuen Stoß zu geben? Vielleicht Du in Deinem Journal. Denn läßt man sie faul werden so hat man sich nicht nur erschreklich blamirt, sondern es geht auch viel gutes verloren das sich gewiß allmählig gebildet hätte. Läßt man sie untergehn, dann werde ich freilich hernach mit der Geißel drunterfahren müssen und das thäte ich sehr ungern. So scheint auch wie ich aus einigen Aeußerungen die mir der alte Hecker heute gemacht hat schließen muß die ganze Unionssache am Beichtgelde zu scheitern, und das wäre erst eine rechte Schande. Ich schreibe indeß nichts weiter darüber da ich erst nähere Erkundigungen einziehn will. Das | weiß ich wol wenn Du an des alten Heckers Stelle wärest unsere Gemeinen sollten bald unirt sein. Und geht auch die Sache so lahm so sollte man nur die Union einzelner Gemeinen durch besondere Commissionen möglichst begünstigen dann würde allmählig die Sache den andern über den Kopf genommen. Die geistlichen Räthe im Ministerium sind gar zu erbärmlich und ich wollte ich könnte Dich hereinschaffen. Doch nun auch kein Wort mehr von odiosis. Von meinem Hause kann ich Gott sei Dank nichts als Gutes sagen. Meine Frau hat sich entschließen müssen an Nannys Stelle eine Gehülfen zu nehmen die aber mehr die Specialaufsicht über die Kinder mit ihr theilt. Es ist eine Mamsell Siebenhaar deren Bruder Du vielleicht hier gekannt hast, ein seelengutes Mädchen die recht gut einzuschlagen scheint. Unsere kleine Hildegard macht uns unendliche Freude, und besonders ich habe nie mit einem Kinde so früh soviel zu thun gehabt so daß sie auch ganz verzogen auf mich ist. Die Arndt scheint ja sehr glüklich zu sein, woran sie auch vollkommen recht hat, und erwartet im Juli ihre Niederkunft was mich auch gar herzlich freut, nur bin ich nicht ganz ohne Sorgen da es doch etwas spät ist für ein erstes Kindbett. Uebers Jahr will sie daß wir sie allesammt besuchen sollen, und so werde ich mich denn für dies Jahr mit irgend einer Gebirgsreise begnügen, wenn ich nur gute Gesellschaft dazu finde. Reimer zwar hat die Idee nach Salzburg zu reisen aber die ist mir 103 daß] folgt )ich*

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Briefe 4549 – 4551

fast zu brillant für meinen Beutel. Denn nächstdem daß ich nichts rechtes zu Stande bringe | ist meine nächste Noth die daß so ungeheuer viel Gold drauf geht bei einem höchst einfachen und in manchen Stüken sogar beschränkten Leben. Ich weiß nicht woran es liegt, aber es ist einmal so. Rhediger sagte mir neulich Wilhelmine sei ordentlich krank; ich hoffe es ist nicht bedeutend, und führt vielleicht zu etwas besserem als das Kränkeln. Laß doch bald gute Nachricht hören. Reimer ist vor einigen Tagen von Leipzig zurükgekommen und seine Frau erwartet wol noch diesen Monat ihre Entbindung. In seinem großen Kinderhäuflein giebt es zwar auch bisweilen Anstöße aber es ist doch nichts bedeutendes. – Steffens grüße wenn ich ihm nicht sollte schreiben können und gieb ihm die Doubletten ab; doch hoffe ich noch Morgen dazu zu kommen. Da ich von odiosis nicht mehr reden wollte sollte ich auch wol nicht von der Kabinetsordre an die Koblenzer reden, die Du ja wol auch in der Hamburger Zeitung wirst gelesen haben. Mir war gleich Anfangs als ich die Adresse las bange, daß so etwas kommen möchte, aber nun nach 6 Monaten dachte ich es wäre alles vorbei. Ist es nicht als wollte man sich bald möglichst ein neues Jahr 1806 bereiten? Man sagt es sei eine noch viel schlimmere mit Untersuchungen gegen die Urheber im Werk gewesen die habe der Staatskanzler glüklich abgewandt und so sei denn endlich diese sehr gemilderte hinter seinem Rücken abgesandt worden. Das lezte wäre ja eigentlich ganz gegen den Kontrakt doch will ich diesen Punkt nicht verbürgen. Dennoch will Hardenberg wenn der König fort ist wieder an den Rhein gehn und verlangt auch daß die Universität in Bonn im Herbst soll eröfnet werden. Nun Gott befohlen lieber Freund, und er bessers. Schl.

*4550. Von der Lutherischen Jubelstiftung. Mitte Mai 1818 oder früher Aufruf zur Unterstützung einer Stiftung zugunsten armer Verwandter Martin Luthers. 125 der] folgt )König* *4550. Erschlossen aus Brief 4556 Z. 11–16 vom 23. 5. 1818 und Brief 4674 Z. 12–17 vom 27. 11. 1818. Zur Sache vgl. KGA I/14, S. XCII–XCVII.

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4551. An Immanuel Bekker. Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818 Monsieur le Professeur Bekker / Rome / fr. Grenze. / dal Ministro di Prussia / Piazza Montanara, Pa/lazzo Orsini. [Rückseite des zweiten Blattes] Berlin d 16t. Mai 1818 5

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Zuerst lieber Freund auch vom Gelde. Ich habe in 2 Posten kurz nach einander an Schicklers gesandt 831 r 8 g nemlich 400 r von der Akademie für Januar–April dann zwei Gehaltquartale vom Januar–Juni und 31 r 8 g Dekanatsgebühren die mir Lichtenstein mit einer Berechnung zugeschikt hat. Vor einigen Tagen habe ich für Sie eine Ministerialverfügung empfangen vermöge deren Ihnen von dem Bargeschen Gehalt 200 r zuerkannt sind welche vom 1ten Merz des vergangenen Jahres gezahlt werden sollen. Sie haben also am 1ten Juli über 300 r dieses Gehaltes zu disponiren und ich erwarte nur Ihre Anweisung und dann gelegentlich die Quittungen und zwar abgesondert 1.) eine über 400 r aus dem Fonds für wissenschaftliche Zweke der Akademie. 2.) eine über akademisches Gehalt vom – doch ich will lieber erst Schröder fragen wie diese gestellt werden sollen wegen des dazwischen fallenden Jahresschlusses. Sie sehen diese Sache ist endlich beendigt und der Minister hat uns erklärt sie wäre nur durch ernste Ueberlegungen über das Wohl der Akademie verzögert worden, zugleich will er eine Commission ernennen um Vorschläge über Verbesserung des gesammten Zustandes der Akademie zu machen. Wir sind also wieder voll guter Hofnungen, und ich werde nicht unterlassen Ihnen von Zeit zu Zeit über diesen interessanten Gegenstand Nachrichten mitzutheilen. Von diesen Hofnungen ist nun auch die philologische Klasse erfüllt und will um so weniger von ihrem großen und wichtigen Unternehmen der Ausgabe des Aristoteles ablassen, noch sich dieselben durch andere kleinere aus den Augen rüken lassen. Mit den homerischen Scholien will sie überdies nicht gern etwas zu thun haben, weil sich gar nicht berechnen läßt, was Wolf ausheken kann, und dann doch ein Einzelner leichter und angenehmer eine Fehde führt als eine Corporation. Eben so weiß sie die attischen Redner in Ihren Händen allein vollkommen wohl versorgt, und sieht gar keinen Grund an dieser Arbeit einen Antheil in Masse zu nehmen. Daher hat sie mir aufgetragen Sie aufs 4551. Überlieferung: H: University of Chicago Library, Special Collections Research Center, Immanuel Bekker Papers; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 81–87. Mit einer weiterzugebenden Einlage.

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Brief 4551

neue auf das dringendste zu ersuchen Sich ja den Aristoteles zum Hauptaugenmerk zu machen. Ihre Aeußerung wegen Brandis ist so gleich aufgenommen worden und der Minister bereits völlig geneigt Brandis Aufenthalt in Italien zu diesem Behuf zu verlängern und was ihm als Reisegeld ausgezahlt worden hierauf in Anrechnung bringen zu lassen, worüber Brandis selbst das nähere baldmöglichst zukommen wird. Ja wir führen schon im Schilde im Gefolge der Vorschläge die wir zu machen denken Brandis in eine genauere Verbindung mit dieser Arbeit und mit der Akademie überhaupt auf längere Zeit zu bringen. Doch ist das natürlich noch in weitem Felde. Wenn also diese Genossenschaft Ihre Lust für den Aristoteles zu arbeiten vermehrt so thun Sie Sich nur gleich mit Brandis zusammen zu bestimmteren Entwürfen und Vorschlägen; rechnen Sie auch bei der großen Bereitwilligkeit welche der Minister zeigt mit uns darauf, daß, gesezt auch Brandis könnte und wollte nicht lange genug in Italien bleiben, Ihnen andere Hülfe nicht fehlen wird und machen Sie nach Ihrer Kenntniß von der Pariser Bibliothek und nach denen die Ihnen zu Gebote stehn von den Italiänischen Bibliotheken den für das Ganze gedeihlichsten und für Sie angenehmsten Plan den Sie können. Thun Sie dabei auch etwas auch Freundschaft für mich, denn Sie wissen wohl daß dieser Gedanke daß die Akademie den Aristoteles bearbeiten solle ursprünglich der meinige ist und mir gar sehr am Herzen liegt. Und was könnten Sie denn auch selbst auf diesem Felde noch rühm|licheres thun als nach dem Platon nun auch dem Aristoteles eine neue Gestalt geben. Denn es ist ja natürlich daß Sie hernach hiebei eben so die Hauptperson sein werden wie Boeckh bei den Inschriften. Ich wollte ich könnte Ihnen das lebhafteste Interesse für diese große Arbeit einflößen die eines der Hauptwerke ist welche die Kritik noch zu vollbringen hat; und ich könnte recht bald der Nachricht entgegensehen von einer gründlichen Vereinigung mit Brandis und von durchgreifenden Entwürfen die Sie zusammen gemacht. Den Gedanken daß Sie uns in die Verlegenheit sezen könnten uns den Kauf aufzusagen lasse ich mir gar nicht nahe kommen, und ich wüßte auch gar nicht welche Art von Unmuth es sein könnte dem Sie Sich so hingäben. Warlich es giebt keine Zeit, die man lieber außer Deutschland zubringen möchte als die gegenwärtige; auf Rosen wird hier nicht gewandelt sondern jedes vaterländische Interesse fast jeden Augenblik aufs tiefste verwundet. Doch davon will ich lieber nicht weiter reden. Daß Sie von den Angelegenheiten hören mögen in die ich besonders verflochten bin freut mich sehr; aber viel Gutes weiß ich auch nicht davon 35 f Aufenthalt] folgt )über* 69 Daß] korr. aus S

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zu sagen. Das Synodalwesen liegt seit den ersten Zusammenkünften ganz still, wahrscheinlich weil man im Ministerium zu unbeholfen ist, und nicht weiß was man zuerst thun soll. Denn daß Altenstein der Sache nicht günstig sein sollte will ich nicht hoffen. So lahmt auch die Unionssache, und wird am Ende, wenn man nicht von oben herab umsichtiger verfährt, an den Lumpereien der Accidenzien scheitern. Ich für meine Person soll mich unterdeß mit der ganzen Welt streiten; ich werde es aber wol bleiben lassen. Der Ammon wahrscheinlich hat den Tittmann in Leipzig aufgehezt der ein ungeheuer dummes und gemeines Buch gegen die Vereinigung geschrieben hat. Auch Harms hat gegen mich geschrieben ohnerachtet ich ihn aufs freundlichste dagegen gewarnt und ihn auf das vertraulichste versichert er thäte sehr unrecht wenn er es thäte denn ich wäre gar nicht sein Gegner und wollte es niemals sein. Ich habe seine Schrift noch nicht gesehen und weiß also auch noch nicht was ich dabei thun werde – am liebsten wenn es irgend möglich ist, schweige ich; wo nicht so will ich mich bemühen feurige Kohlen auf sein Haupt zu sammeln. Was übrigens noch kommen mag denke ich gelegentlich abzumachen in einer Abhandlung die ich noch diesen Sommer schreiben will für ein neues theologisches Journal was De Wette und Lücke (der Professor extraordinarius in partibus infidelium geworden ist, nemlich für Bonn ernannt und hier lesend) gemeinschaftlich herausgeben wollen. Uebrigens versplittert sich leider Gottes viel Zeit in diesen Kleinigkeiten die ich auch herzlich gut gemeint habe, von denen ich aber doch nicht sehe daß sie viel ausrichten. Denn am Ende ist auch der Schrek, den ich den theologischen Zweizünglern beibringen wollte durch die Behandlung des Ammon, nur etwas sehr vorübergehendes und nur die Rachsucht bleibend, die ich übrigens Gott sei Dank gar nicht fürchte. Ich lese übrigens diesen Sommer wieder von 6–9 Uhr Morgens und zwar von 6–7 Psychologie, ein ganz neues Collegium und das stärkst besezte was ich noch gehabt habe denn ich habe 130 Zuhörer; habe aber so wenig dazu können vorarbeiten, daß ich kaum die Hand vor Augen sehe. Desto weniger kann ich natürlich an andere Arbeiten denken. Meine Untersuchung über die Aristotelischen Ethiken hat ein Paar Schritte weiter gethan, und die Akademie wird sie wol dieses Jahr zu Ende fördern; aber nicht einmal den zweiten Theil vom Lukas werde ich zu Stande bringen. – Im Hause steht Gott sei Dank alles wohl und die kleine Hildegard ist unsere besondere Freude; sie scheint sich schneller als die andern Kinder gethan haben geistig zu entwikeln. Aber freilich bleibt sie körperlich etwas zurükk weil sie zu sehr erregt ist. Dagegen ist nun nichts zu thun als daß man den Prozeß nicht selbst noch beschleunigt. Eine Schönheit scheint sie übrigens nicht zu werden, ihre Züge sind eine Mischung von Elsbeth und

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Briefe 4551 – 4552

Gertrud. Auch diese fahren fort zu gedeihen und tummeln sich im Garten treflich herum. Frau und Schwester grüßen herzlich, die lezte aber kränkelt sehr. Wie es mit Mailand werden wird weiß ich noch nicht. Nanny besteht so dringend darauf daß wir sie im künftigen Jahre mit allen Kindern besuchen sollen und beides will sich doch wegen kaum Zeit und Geld nicht recht vereinigen. Dies Jahr hätte meine Frau (die an einer Mamsell Siebenhaar eine sehr wohlthätige Hülfe bekommen hat) vielleicht wol Lust zu einer Reise aber ich sehe doch nicht, wie sich eine so große sollte anstellen lassen, da ich den Leuten nicht mit dem besten Theil ihrer Seele daran gehen kann, und so habe ich mich doch weislich eingerichtet, daß das beste zulezt kommt. – Alles sonst geht hier seinen alten Gang und ich wüßte auch gar nichts zu erzählen. Der lächerliche Hierodulenstreit ist Ihnen doch gewiß zu Ohren gekommen ich fürchte indeß, daß bei den Hofleuten auch die gelehrtesten und gründlichsten Vertheidigungen dem armen Hirt doch nicht helfen. Unsere griechische Gesellschaft hält ihren gewohnten Tritt und macht damit im Pausanias nur sehr langsame Fortschritte. Hegel kommt nun gewiß als Professor der Philosophie her und vielleicht auch August Wilhelm Schlegel. Die Frequenz hält sich ziemlich. – Die Reimer hat vor zwei Tagen einen tüchtigen Knaben geboren und befindet sich ganz wohl. Eben schikt mir Schröder die Antwort. Sie schiken mir eine Quittung für 1ten Merz 17 bis ultimo Juni 18 über 266 r 16 g und eine pro Juli– September über 50 r. Die Stempelbogen will ich schon besorgen. Ich werde indeß das Geld auch auf Interimsquittung von mir erheben können, und Sie können mit den Quittungen wenn Frau von Humbold schon weg ist lieber warten bis sich eine Gelegenheit findet, wenn Sie mich nur anweisen wollen ob ich auch mit diesem Geld wie bisher verfahren soll. – In der Schnelligkeit sehe ich noch nach ob es noch etwas in Ihren Briefen zu beantworten giebt, und finde es schreklich daß der lezte noch vom December ist. Aber zu beantworten ist nichts mehr; denn über den Platon haben Sie Sich ja mit Reimer verständigt. Uebrigens hat dieser mir gesagt daß der Engländer sich auf der Messe freilich sehr beklagt hätte, daß das Werk noch nicht ganz da sei. Allein ich bin auch sehr der Meinung daß Sie nun Ihre dortigen Collationen erst vollenden. Dieses so wie daß Sie troz des Aristoteles nicht blind und taub sein sollen für das was der Zufall Ihnen in die Hände spielt versteht sich ja von selbst, und Sie können wol glauben daß die Aka|demie sich selbst nicht so im Lichte steht Ihnen dergleichen Schranken sezen zu wollen. Sondern die Meinung ist nur Sie sollen den 132 17] mit Einfügungszeichen über der Zeile

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Aristoteles wirklich in Gang bringen, ohne sich dadurch abhalten zu lassen, daß sich in wenigen Jahren nur wenig thun läßt, und Sie sollen auf den Aristoteles immer wieder zurükkommen damit er im Gang bleibe. Die Mittel werden sich dann schon finden wenn nur erst irgend eine Uebersicht da ist. Und nun Gott befohlen, es wird auf den Brief gewartet. Sie sehen an dem Raume liegt es nicht daß ich nicht mehr schreibe, sondern bloß an der Zeit. Aber ich wollte besonders wegen der vorläufigen Nachricht Brandis betreffend welche mir für die ganze Sache von der größten Wichtigkeit zu sein scheint auch nicht Einen Posttag länger warten. – Ihre andern Wünsche an das Ministerium denke ich lassen Sie jezt noch ein wenig ruhen, bis wir sehn was die Vorschläge der Akademie für einen Gang nehmen. Sagen Sie mir aber baldigst ob es Ihr Wunsch ist wenn es sich auf eine vortheilhafte Art machen ließe, Sie ganz von der Universität zu lösen und an die Akademie allein zu heften? Die leztere würde gewiß demselben ganz beistimmen. – Grüßen Sie die Berlinerinnen und Niebuhrs herzlich, und geben die Einlage ab. Ganz und von Herzen der Ihrige Schleiermacher Berlin d. 16t. Mai 18. Jette wollte noch selbst einen Gruß unterschreiben aber sie sagt mir eben ab weil das Kind sie fordert. Denken Sie Sich ihn also selbst und das recht freundlich und herzlich.

4552. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonnabend, 16. 5. 1818

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Die theologische Facultät reicht ihre Vorschläge ein wegen der Stipendien und Prämien für die Seminaristen In Bezug auf Eines hohen Ministerii verehrliche Verfügung vom 27ten praecedentis bemerken wir ganz gehorsamst, daß unsere die Zahlungen betreffenden Vorschläge immer abgesondert gewesen sind theils weil sie halbjährig müssen eingereicht werden, theils weil wir oft gegen Ende eines Semesters noch nicht wissen, wen wir für das nächste behalten, welches 4552. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 219, Bl. 43 1 f Die … Seminaristen] am linken Rand 5 gewesen] mit Einfügungszeichen über der Zeile sind] folgt )eingereicht worden*

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Briefe 4552 – 4554

doch wegen der Vorschläge zu den Stipendien die praenumerando erhoben werden erst entschieden sein muß. Was nun das abgelaufene Semester betrifft so bringen wir für die große Prämie von 60 r den Studiosus Schnay aus Schlesien dessen treuer und eifriger Fleiß diese Auszeichnung verdient und für die kleinere von 40 r den Studiosus Bahnson aus Holstein ganz gehorsamst in Vorschlag. Die durch den Tod des Weber erledigte Stipendienrate von 50 r aber bitten wir gehorsamst vom 1ten April currentis ab dem Bahnson verleihen zu wollen, der sich unser aller vollkommene Zufriedenheit erworben hat. Von dem Stipendio des Weber sind nur noch 25 r übrig | pro Januar – Merz welche Ein hohes Ministerium seinen Erben nicht bewilliget hat. Ueber diese behalten wir uns gehorsamst vor am Ende des laufenden Semesters unsere gehorsamsten Vorschläge zu machen wo diese Summe uns bei der verstärkten Anzahl der Seminaristen willkommen sein würde, wiewol wir unsere Ueberzeugung nicht zurükhalten können daß da der Weber das Ganze schon im October erhoben haben kann seine Erben nicht ohne Ansprüche darauf sind. Berlin d 18t. Mai 1818 Die theol. Fac. Schl 16/5.18 An Ein hohes Ministerium der geistlichen Unterrichts u MedicinalAngelegenheiten Zweite Abtheilung

4553. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 16. 5. 1818 Herrn Dr. Schleiermacher [Bl. 16v] Rom 16 Mai 1818. Ich bereue den Nothschuss, den ich vor acht Tagen, in freilich gereizter Ungeduld, gethan habe. Denn endlich habe ich d[as G]eld erhalten, wie11 60 r] über der Zeile 11 f dessen … verdient] mit Einfügungszeichen am linken Rand 12 40 r] über der Zeile 14 50 r] mit Einfügungszeichen über der Zeile 20 diese Summe] mit Einfügungszeichen über der Zeile statt im Text )sie* 22 der] über der Zeile 4553. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 16; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 81

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wohl statt erwarteter 1000 r nur 1200 fl, die ich nicht zu berechnen weiß. Sollte mich die Academie, ohne mir ein Wort zu sagen, um ein Drittel heruntergesetzt haben? Das kann ich nicht glauben und könnte ich nicht leiden. Collationiren, und in Italien collationiren ohne einmal bequemes Auskommen zu haben und die Mittel überallhin zu gehn wo es Noth thut, ist ein Auftrag den ich aufgeben muss sobald er sich so stellt. Haben Sie die Güte mich darüber bald zu belehren oder durch ein weniger beschäftigtes Glied der Classe belehren zu lassen. Denn von Ihnen Mittheilungen zu hoffen scheint allerdings zu kühn, für mich wie für die Herz. Um die es mir fast besonders leid thut, seitdem sie sich in dem entzückenden Rom verlassen zu fühlen anfängt und von papistischem Eifer und Unverstand in immer engeren Kreisen geängstet wird. Daß Sie Ihre Zeit besser anwenden, und zum Theil im Kampf gegen ähnliche Ungethüme, würde uns trösten, wenn wir nur von solchem Kampf andre Kunde erhielten als durch die allgemeine Zeitung. Trotz dem allen sind wir die Ihrigen von ganzem Herzen. I.B.

4554. Von Christian August Brandis. Rom, Sonnabend, 16. 5. 1818

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Hochwohlgeborener Verehrtester Herr Profeßor Von der nicht eben erfreulichen Arbeit, deren Erfolg ich beylege, erwarte ich zur Entschädigung die längst gewünschte Gelegenheit zu erhalten mich Ihnen mit dem unveränderlichern Gefühl der aufrichtigsten Verehrung und zwar ausführlich mittheilen zu können; nun aber hat sie mich bis so kurz vor Abgang der Post beschäftigt, daß mir keine Zeit bleibt das nöthige sie selbst betreffende hinzuzufügen. Sie sei durch Beckers Wunsch veranlaßt, hat er selbst berichtet: und er mag es verantworten, daß ich das etwas starke Briefpaket ohne besondere Berechtigung dazu absende. Mir dagegen bleibt es zu entschuldigen, daß ich nicht, wie billig zu erwarten, eine saubere Abschrift, sondern den aus einzelnen Antworten entstandenen Entwurf einreiche: mögen die Herrn der Academie es der Mühseligkeit 4554. Überlieferung: H: BBAW, SN 259/1, Bl. 1 f. Mit einer Liste in Rom befindlicher Aristoteles-Handschriften. 5 unveränderlichern] Kj. unveränderlichen

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Brief 4554

einer solchen Arbeit, besonders auf Italienischen Bibliotheken, gütigst verzeihn; außerdem wünschte ich die Absendung nicht länger aufzuschieben, und heute war durchaus nicht mehr Zeit zu einer Abschrift. Uebrigens habe ich nur noch zu bemerken, daß ich die wenigen Codices, deren Material und ungefährige Altersbestimmung nicht angegeben, zufälliger Weise nicht habe erhalten können und gelegentlich die näheren Bestimmungen nachliefern werde: alle übrigen habe ich sorgfältig durchgesehen und war durch die Mangelhaftigkeit der Cataloge dazu gezwungen. Der bedeutenden Anzahl der angeführten Codices ohngeachtet, habe ich weniger erhebliches gefunden, als ich erwartet. Nur ein sehr alter Codex ist vorhanden (Nro 1), und höchstens 3 bis 4 die über das dreyzehnte Jahrhundert hinausgehn können: was ich mit der Bestimmung „nicht neu“ angeführt mag wenig älter oder jünger als Nro 80 seyn, also ins Ende des 13ten oder zu Anfang des 14ten Jahrhunderts fallen: bey weitem der grösste Theil dieser Codices aber gehört in die letzten Jahre des 14ten und das 15ten Jahrhunderts. Die Altersbestimmungen habe ich sehr im allgemeinen gehalten, weil Beckers Scepticismus um so begründeter erscheint, je mehr Codices man handhabt. Dem Verzeichniß der Vaticanischen Codices habe ich für jetzt nur das der Augustiner zufügen können: die Bibliothek des Klosters di S. Maria sopra Minerva wird wohl gewiß nichts erhebliches enthalten: von der Bibliothek der Familie Barberini ist der Catalog über die ersten und bedeutendsten 200 Codices seit geraumer Zeit verunglückt und der Bibliothekar so ungefällig, daß man nichts ohne bestimmte und genaue Angabe erhalten kann: die | Bibliotheken der Chiesa Nuova aber und der Familie Chigi sind bisher unzugänglich gewesen. Wenn sich die Gelegenheit giebt werde ich das hierher gehörige nachliefern. Ferner habe ich die Lateinischen Codices der Vaticanischen Bibliotheken nicht berücksichtigt, weil zur einigermaßen ersprießlichen Benutzung ein für mich ganz neues Studium der Uebersetzungen nöthig gewesen wäre, das mich jetzt zu weit geführt haben würde. Sollte die Academie, wie Profeßor Becker es vorgeschlagen, mir bis zu meiner Anstellung in Bonn, einen Theil der Vorarbeiten zu einer Ausgabe des Aristoteles übertragen wollen, so glaube ich, nachdem ich jetzt den Vorrath der Aristotelischen Codices genau habe kennen gelernt, unter der Voraussetzung, daß ich bis Michaelis 1819 daran arbeiten könnte, folgendes leisten zu können: Vergleichung zu der physischen Abtheilung, zu den 3 Werken der Ethiken, Oeconomik und Metaphysik, zu jedem Buche etwa 6 Codices – die besten in Italienischen Bibliotheken vorhandenen, collationirt, natürlich zu einigen mehrere zu andern weniger, wie die Beschaffenheit des Textes und der Hülfsmittel es fordert. Außerdem würde ich Ex-

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cerpte aus den ungedruckten Commentatoren zu diesen Büchern liefern, was sich von Collationen in besondren Codicibus oder Ausgaben findet benutzen und elenchi vom Aristotelischen Vorrath andrer Bibliotheken liefern. Hierzu glaube ich mich anheischig machen zu können, da ich schon Collationen zu der Metaphysik, den Büchern de anima und einigen andern, außerdem Auszüge aus ungedruckten Commentaren zu den Büchern de Coelo, der Meteorologie, der Ethik (Rhetorik) und einiges zur Metaphysik besitze. Wollte man freilich die Bücher mit 12 oder mehreren Handschriften verglichen haben, so würde ich neben der Metaphysik nur die ethische oder physische Abtheilung übernehmen können. Eben so könnte ich nicht alles versprochene leisten, wenn ich etwa schon Ostern in Bonn seyn müßte. – Das Organon möchte ich nicht gern übernehmen, weil ich mich überzeugt habe, daß gerade da weniger die Benutzung handschriftlicher Hülfsmittel Noth thut, und weil diese Arbeit bey so beschränkter Zeit, mich ganz ausschließlich beschäftigen würde. Zur Bearbeitung der naturhistorischen Abtheilung aber fehlen mir durchaus die nöthigen Kenntnisse. Ueber die äußern Bedingungen, die erfordert würden um mich der Arbeit ganz ungestört unterziehn zu können, hat schon Profeßor Becker vor mehreren Wochen geschrieben. Meine Stelle könnte ich nicht wohl beybehalten; denn wie sehr auch Niebuhr mit seiner seltenen Güte alles thun würde meine Geschäfte mich so einrichten zu lassen, daß sie mich weniger in dieser Arbeit störten, müsste doch mancher Tag ausfallen; und außerdem würde ich wenn ich neben den Secretariatsgeschäften täglich 7 bis 8 Stunden collationiren sollte, | durchaus keine Zeit zum eigentlichen Studiren übrig bleiben. Auch könnte ich es Bunsen bey aller seiner Freundschaft nicht anmuthen den Sommer über, wo die hiesigen Bibliotheken geschlossen sind, und die andren Italienischen zu benutzen wären, die Geschäfte meiner Stelle unentgeltlich zu übernehmen. Also nur wenn das Ministerium des Cultus mir die 600 r, die es mir als Interimsgehalt in Berlin bewilligen wollte, für Italien gäbe und die Academie etwa 400 r hinzufügte, würde ich mich der Arbeit unterziehn können. Daß ich mit Freude Hand ans Werke legen würde, darf ich wohl nicht erst sagen: ich fühle bey meinen Arbeiten oft genug das Bedürfniß eines gereinigteren Aristotelischen Textes und würde im Zusammenleben mit Profeßor Becker, der sich mir so sehr freundschaftlich erweist, treffliche Gelegenheit zu philologischen Uebungen haben. Auf der andern Seite würde ich freilich den Aufenthalt in Berlin, der mir so sehr förderlich werden könnte, aufopfern müssen. So würde mein eigner Entschluß schwer genug werden, um so lieber überlasse ich es der Entscheidung der Academie.

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Briefe 4554 – 4555

Hier von Rom wäre manches zu berichten, besonders von dem catholischen Unwesen: es ist widrig dieses Scheinleben in einem halbverwesten Körper, vorzüglich wenn es, schwach wie es ist, um sich greifen möchte. Eine kürzlich hier erschienene Schrift: la voix de l’église Catholique aux Protestans de bonne foi par Martin de Noirlieu ist ein so anmaßlicher Bekehrungsversuch, wie er wohl in einem halben Jahrhundert nicht unternommen seyn mag, und immer wieder dieselben Unhaltbarkeiten. Lustig ist der vielleicht nur für mich neue Beweis, daß der Synagoge das Supremat der Kirche nur bedingt, dem Römischen Bisthum unbedingt beygelegt sey. Auf eine höchst unverschämte Weise wird von den Reformatoren und der Reformation geredet und das mit Schein von Milde und Humanität. In angehängten Briefen an eine Deutsche und Russische Dame werden Fingerzeige gegeben, wie eine bekehrte oder dem catholischen Glauben geneigte Hausfrau der Kirche durch Anwendung der dem andren Geschlecht zu Gebot stehenden Waffen dienen könne. Und dergleichen Erbärmlichkeiten würken! Täuscht nicht alles, so ist Fräulein Klein im Begriff sich der sogenannten Mutter Kirche in die Arme zu werfen. Die jungen Deutschen Künstler fangen an, wie es scheint, verständiger zu werden und zu begreifen, daß Ueberzeugung etwas andres sey, als das irre wage Wähnen und geistliche Gelüsten nach kirchlichem Tand. Die übergetretenen sind bis auf einen oder zwey ganz ehrlich überzeugt, daß was sie etwa Christliches in der catholischen Kirche kennen gelernt, ihr durchaus | eigenthümlich sey, weil sie von der evangelischen Lehre durchaus nichts gewusst. Leider giebt es ja auch in Deutschland viel irres Gerede über religiöse Gegenstände: mit Ungeduld sehen wir Ihrer Schrift gegen das symbolische Unwesen entgegen, verehrtester Herr Profeßor. Gott sey Dank, daß es bey vieler Kränklichkeit der Zeit nicht an einigen Männern fehlt, die mit Kraft und sichrer Hand das Dürre auszuschneiden wissen, wo es Noth thut. Niebuhr grüßt herzlichst: nach einem höchst traurig verlebten Jahre fühlt er sich gesünder als im letzten Jahre in Deutschland und Gott sey es gedankt, auch heiterer. Sein kleiner über alle Erwartung kräftiger Knabe trägt viel dazu bey ihn aufzuheitern. Auch Bunsen läßt sich Ihnen mit herzlichster Verehrung empfehlen: mit sehr glücklicher innerer Stimmung und Mischung und unter äusserlich sehr günstigen Verhältnissen, wird er den Erwartungen derer, die ihn näher kennen, gewiß entsprechen. Jetzt räumt er was von seiner Arbeit über das Attische Erbrecht rückständig war, auf, um dann [um] so ungestörter zu den Sprachuntersuchungen überzugehn. Darf ich noch bitten, im Fall mir das Ministerium des Cultus verfügt haben sollte, daß ich nach Berlin zu gehn habe, mir die Entscheidung der

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Academie, wenn sie etwa eine Veränderung jener Verfügung bewürkte, nach Florenz (unter der Addresse des Herrn Banquier Louis Wolff) zu senden? Denn in Folge einer solchen Verfügung würde ich ohne Aufenthalt dorthin abreisen, um noch einiges zu meinen Zwecken auf der Laurentiana benutzen zu können, und dann, wenn keine andre Bestimmung kommt, von dort über Venedig nach Deutschland zurückzukehren. Herrn Profeßor von Savigny hoffte ich heute die im vorigen Frühling durch Krankheit unterbrochenen Vergleichungen zum Ulpian übersenden zu können; ich muß es aber bis zum nächsten Posttag verschieben, weil ich in letzter Woche den Codex nicht erhalten konnte: übrigens wird diese Vergleichung sehr mager ausfallen. Wollen Sie gütigst mich ihm wie Herrn Profeßor Boeckh, Buttmann, Göschen empfehlen? und Ihrer Frau Gemahlin meinen ehrerbietigsten Gruß sagen? Endlich aber und vor allem bitte ich mir die gütige Gewogenheit zu erhalten, die mir um so theurer ist, je mehr ich mich von innigster Verehrung durchdrungen fühle, mit der ich mich nenne Hochwohlgebohren Hochzuverehrender Herr Profeßor Ew. Hochwohlgebohren ergebensten Ch.A. Brandis Rom den 16t May 1818.

4555. An die Lutherische Jubelstiftung. Berlin, vor dem 23. 5. 1818 Der Zweck der Jubelstiftung sei sehr zu unterstützen, doch das Ganze müsse in noch größerem Umfang unternommen werden. Die gesamte männliche, von Luthers Geschwistern abstammende Jugend solle durch angemessene Unterstützung in den Mittelstand versetzt werden. Er, Schleiermacher, wolle selbst dafür wirksam sein. die Unternehmung des Vereins möge eine solche Ausdehnung und der Plan derselben eine solche Gestalt gewinnen, daß eine Wirkung daraus hervorgehe, welche die Lutherfamilie zu einer bleibend geschichtlichen erhöbe 4555. Überlieferung: h: BBAW, SN 283, Bl. 1. Erschlossen aus Brief 4556 Z. 11–16 vom 23. 5. 1818 (Zitat) und Brief 4674 Z. 17–26 27. 11. 1818 (Regest). Zur Sache vgl. KGA I/14, S. XCVII–XCIX.

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4556. Von Friedrich Fröbel. Keilhau, Sonnabend, 23. 5. 1818

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Hochverehrtester Herr Professor und Doctor, Gern hätte ich Ew Hochwürden früher die Resultate der fernern Fortentwickelung und Ausbildung des Vereins für ein lebendiges Denkmal Luthers mitgetheilt, wenn sie sich früher zu einem bestimmten geschlossenen Ganzen zusammengefügt hätten. Allein es waren der Einzelheiten zu viele, als daß dieß hätte eher als bisjetzt geschehen können. Welche Form jetzt der Verein, und welchen Fortgang er genommen hat, ersehen Ew Hochwürden wohl am besten aus der Anlage, einem besondern Abdruck des Aufsatzes, welcher von den Thüringschen Stellvertretern des Vereins in das 127 Stück des Allgemeinen Anzeigers der deutschen vom 14ten May ist eingerückt worden. Ich hoffe daß Ew Hochwürden sich durch diesen Aufsatz überzeugen, wie lebhaft die Thüringschen Glieder des Vereins wünschen, daß Ihr Vorschlag: „die Unternehmung des Vereins möge eine solche Ausdehnung, und der Plan derselben eine solche Gestalt gewinnen, daß eine Wirkung daraus hervorgehe, welche die Lutherfamilie zu einer bleibend geschichtlichen erhöbe“, verwirklicht werden könne, und daß sie, diese Glieder des Vereins bisjetzt schon das von Ihnen schriftlich Mitgetheilte soweit benutzen, als es die ihm jetzt zu Gebote stehenden geringen Mittel | nur immer erlaubten. Dieser Gebrauch konnte freilich bisjetzt nur darin bestehen: einmal, dem Unternehmen gleich bey seinem erstmaligen authentisch öffentlichen Erscheinen die Gestalt zu geben, welche ihm für die Zukunft jede nöthig zu findende Erweiterung möglich machte; und zweitens darin, daß er sich bemühte sämmtliche jugendliche, erziehungsbedürftige Glieder der Lutherfamilie kennen zu lernen. Ob das erstere, nämlich der Geist und die Gestalt des für ein ganz allgemeines Publicum bestimmten Aufsatzes dieser Forderung entspreche, werden Sie selbst entscheiden. Was die Früchte des 2ten, nämlich der Nachforschung über die erziehungsfähigen Luther betrifft, so gedenkt auch dieser im Allgemeinen der gedachte Aufsatz. A c h t sind deren, welche gegenwärtig, und zwar der bisherigen Angabe nach von 2 verschiedenen Linien abstammend: 4 aus dem Familienstamm von Heinz Luther, deren Stammort Möhra ist, und deren Glieder jetzt in der Umgegend des genannten Ortes wohnen; 4 andere aus einem in Schmal4556. Überlieferung: H: BBAW, SN 283, Bl. 1–4; D: http://opac.bbf.dipf.de/exist/apps/ briefedition-friedrich-froebel/fb1818-05-23-01.xml. Mit einem Aufsatz aus dem Allgemeinen Anzeiger der Deutschen, 1818, Nummer 127 (14. Mai), Sp. 1381–1386.

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kalden wohnenden, aus 4 Familien bestehenden Familienstamm, welche seit Langem wie der Inspector Löber in Schmalkalden in seiner Beschreibung des 3ten ReformationsJubelfestes in Schmalkalden bemerkt, seine Abkunft von Jacob Luther, Dr. Martin Luthers Bruder herleitet, aufgefunden sind. Die erstern 4 Luther aus dem Stammorte Möhra sind: E i n Sohn des Georg Luther, Tagelöhners und dießjährigen Feldhüters | zu Möhra, Johann Nicolaus Luther. Dieser ist schon in der von Herrn Propst Hanstein und Herrn Hofprediger Sack mitgetheilten Geschlechtstafel genannt. Z w e y Söhne des Friedrich Luther, Tagelöhners und Gartenarbeiters zu Liebenstein: 1) Daniel Luther, den 20ten July dieses Jahres 14 Jahr alt. Dessen ist ebenfalls in jener Geschlechtstafel, doch ohne Namen, gedacht worden. Es ist dieß ein Knabe mit Leben und Feuer, sein Blick ist gesund, bestimmt, lebhaft, ob sich gleich auch auf seinem Gesichte schon der Druck ausspricht, in welchem diese ganze Familie lebt, und welchen man noch deutlicher auf den Gesichtern seiner noch erwähnt werdenden beiden ältern Brüder liest. Er zeigte mir da ich bey der Abholung seiner Vettern durch seinen Ort kam und seine Familie besuchte, eine bedeutende Strecke den Weg; bei dieser Gelegenheit konnte ich ihn lange beobachten. Sein ganzes Wesen interessirte mich je länger je mehr für ihn. Er bezeigte viel Lust etwas zu lernen, ob es gleich merkwürdig ist, daß auch von ihm wie früher von Ernst Luther in der Schule und von der Mutter gesagt wurde, das Lernen fiele ihm schwer, und mit dem Lesen und Schreiben wolle es mit ihm nicht recht fort; ja seine Augen blitzten mit Bestimmtheit als er aus dem Schicksal seiner Vettern für sich die Hoffnung zog, daß auch wohl ihm noch seine Lernlust befriedigt werden könnte. Ich hätte ihn deshalb sehr gerne gleich in Gesellschaft mit meinen beiden andern mit mir genommen, | und die ihn zu beglücken scheinende Hoffnung erfüllt, wenn mir dieser Schritt erlaubt gewesen wäre. Ob er gleich schon aus der Schule ist, so hoffte er es sich doch noch möglich zu machen, wenigstens 1 Jahr in die Schreib- und Rechenstunde nach einem etwas abgelegenen Dorfe gehen zu können. Sonst ist er über seine Zukunft noch unbestimmt, doch wünschte er ein Schlosser zu werden, welches wohl natürlich ist, da dieß die vorzüglichsten Handwerker seines Ortes sind. 2) Johann Michael Luther, 18 Jahr alt. Dieser ist in jener Geschlechtstafel übersehen worden. Er möchte sehr gern das Schlosser- oder Messerschmidt-Handwerk lernen; allein da dieß eine bedeutende Summe kostet, und sein Vater ohne alles Vermögen ist, so ist ihm dieß auszuführen nicht möglich. Doch scheint er auch ohne alle die Kenntnisse von Rechnen und Schreiben zu seyn, ohne welche sich wohl jetzt kaum noch irgendwo in

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Brief 4556

einer Stadt ein nur etwas geschickter Handwerker finden mag, und weshalb schon er zu den Erziehung bedürftigen Luthern gerechnet werden muß. – Auf dem Gesichte dieses spricht sich der meiste Druck aus, ja sein Gesichtsausdruck ist finster, wohl gar mürrisch zu nennen. Auf meine Frage über den Grund desselben sagte er mir: „ich arbeite Tag und Nacht, am Tage (für 24 Groschen rheinisch) als Gartenarbeiter, und Nachts als Zuschläger bey den Messerschmidten; allein ich kann nichts vor mich bringen, was ich verdiene reicht | kaum zum täglichen Unterhalte hin, woher soll der heitere zufriedene Sinn kommen?“ (Ein dritter Sohn ist Adam Luther, dessen auch in jener Geschlechtstafel, jedoch ohne Nahmen, schon gedacht ist, der aber nicht mehr zu den Erziehung fähigen Luthern von uns ist gerechnet worden, weil er Lichtmeß schon 23 Jahr alt war. Er ist jetzt pflichtmäßig Soldat in Meiningschem Dienste, in welchem er noch 1 Jahr zu stehen hat. Dann wünschte er die Erlernung der Weberprofession fortsetzen zu können, aus welcher er früher wegen Mangel an den nöthigen Mitteln hat heraustreten müssen.) In dem Vater dieser Familie spricht sich noch klar der ächte Character und Sinn der Lutherfamilie dieser Linie aus, in dem er große Ähnlichkeit mit den großen starken Gesichtsformen seines Bruders Nicolaus, Kuhhirten in Möhra, und ein von vieler Biederkeit zeigendes, ernstes Betragen hat. Aber der Gesichtsausdruck auf den Gesichtern seiner Söhne hat der große äußere Druck sehr getrübt, und ich glaube daß diese Familie die gedrückteste der Lutherfamilie dieser Linie ist; ja mich dünkt daß dieser Druck diese Familie endlich bürgerlich und moralisch zu vernichten droht. Ich gestehe, daß ich sehr wünsche, die Mittel des Vereins möchten von einem solchen Umfange werden, daß dieser Familie hülfreich unter die Arme gegriffen, und besonders für die Belehrung und | Ausbildung der jüngern Glieder noch etwas wirksames geschehen könne. Diesen Wunsch, dünkt mich, muß der Anblick dieser Familie in dem Gemüthe Jedes hervorrufen, der sie auch nur äußerlich mit dem, der uns die Freyheit des Geistes und des Wirkens wiedergab, in Zusammenhang setzt. Würden sich hierzu dem Vereine dadurch die Mittel zeigen, daß das Bedürfniß nach Unterricht und Erziehung der beiden jüngern Söhne dieser Familie befriediget würde, so könnte wohl die Herzoginn von Meiningen das Gesuch um die etwas frühere als gesetzliche Entlassung des in Ihren Diensten stehenden ältesten Sohnes nicht versagen, und ich würde dann mich bemühen einen von mir gekannten, für diesen Kreis gebildeten und ganz biedern und rechtschaffenen Webermeister, welcher zugleich Färber und Linnenfabricant ist, zu gewinnen, der sich unter möglichst billigen Bedingungen 86 worden] folgt ))kann**

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dazu entschlösse, ihn als Weberlehrling zu sich zu nehmen. Der Luther würde hier in einen achtbaren Kreis einer Bürgerfamilie kommen, in welchem sich ihm auch noch Mittel zeigen würden sich im Rechnen und Schreiben die nöthigen Kenntnisse anzueignen. D e r 4 t e L u t h e r, ohne Zweifel ebenfalls aus dem Möhraschen Stammhause ist ein 10–12jähriger Luther im Dorfe Dietdorf bey Salzungen in der Diözes des Herrn Generalsuperintendenten | Nebe in Eisenach. Nach der Aussage dieses ist dieß ein Knabe von sehr vielen Anlagen. Selbst habe ich diesen Knaben nicht gesehen; doch interessirte sich der Herr Generalsuperintendent Nebe auf das lebhafteste für ihn. Eben so sind mir d i e a n d e r n v i e r 9–13jährigen L u t h e r i n S c h m a l k a l d e n persönlich unbekannt, und ich konnte bey meiner Durchreise durch Schmalkalden von den Familienvätern dieser Luther nur den ältesten persönlich sprechen, welcher in seinem ganzen Wesen auch den Charakter der Lutherfamilie, Kräftigkeit und Rechtlichkeit, aussprach. – Alle diese Luther treiben bürgerliche Gewerbe, ohne jedoch wohlhabend zu seyn, und sind, wie mir von dem Herrn Inspector und Oberprediger Löber selbst versichert wurde, sehr rechtliche Leute. Dieß ist dasjenige, was mir von den in dem Aufsatze gedachten Acht gegenwärtig schon erziehungsfähigen Luthern bekannt wurde. Was ich Ew. Hochwürden noch weiter über die Fortentwicklung und den Fortgang des Vereins im Einzelnen auszusprechen hätte, bitte ich Sie sich aus meinem Briefe an den Herrn Professor de Wette gefälligst mittheilen zu lassen, die Personalien dieses Briefes dagegen gütigst dem Herrn Professor de Wette mitzutheilen. Mögen Sie hochverehrter Herr Professor nach diesen Mit|theilungen nun entscheiden, wie am sichersten die von Ihnen vorgeschlagene Erweiterung und Ausdehung des Planes am zweckmäßigsten zu erreichen ist, und möge es Ihnen gefallen sich darüber, so wie Sie mir Hoffnung machten, schriftlich auszusprechen. Meine Freunde Langethal und Middendorf empfehlen sich Ihnen, und grüßen Sie von Herzen. Ich aber empfehle mich besonders Ihrem gütigen Wohlwollen, grüße Sie auf das herzlichste und bitte Sie von mir die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung zu genehmigen, mit welcher ich mich unterzeichne Ew. Hochwürden ergebenster FWA Fröbel Keilhau den 23sten May 1818. Abgegangen den 1sten Juny.

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4557. Von Luise von Willich. Putzar, Mittwoch, 27.5. bis Sonnabend, 6. 6. 1818

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Gestern den 26ten Mai erhielt ich Deinen Brief lieber Schleiermacher, den Du am 11ten Aprill angefangen, und am 9ten Mai geschloßen hattest. Hättest Du ihn doch der Post mit gegeben, so wär er wohl früher in meine Hände gekommen, strafe mich nur nicht länger mit dieser Schonung des Portos, s o sehr ist es nicht meine schwache Seite, und mit Freuden bezahlte ich jeden Brief von Euch, und sollte es wirklich nur ein Kinderbrief sein, durch E u e r schreiben werde ich nicht arm. Du hattest mir versprochen in den Osterfährien zu schreiben, da habe ich dann in der Fährienzeit oft gedacht: nun schreibt Schleiermacher wohl, und d a n n kann ich den Brief haben. Wie die Zeit ganz vorüber war, machte ichs mit Pfingsten wieder so, und so verging auch diese Zeit in lieber Erwartung, ohne daß sie mir etwas brachte; Ich habe es mir zu fest vorgenommen, mich über so etwas nicht mehr zu grämen – doch freuen that ich mich so recht herzlich, als ich nun Deinen lieben Brif erhielt. Versprich mir nur immer mal wieder etwas, lieber Schleiermacher ich habe doch eine gar zu große Freude daran, und wenn Du es versprichst, w i l l s t Du es doch, und ich glaube dann daran, und habe in diesem Glauben schon Freude, ist die Zeit dann vorüber ohne Erfüllung – nun ich hatte doch den Glauben und die Hoffnung. Wie Dein lezter Brief kam hatte ich schon 4 Seiten an Dich geschrieben, den Brief laße ich nun liegen, denn ich antworte Dir nun lieber auf Deinen Brief, worin mich über Alles interreßirt, daß Du Eleonoren gesehen, und mit ihr gesprochen hast! Schleiermacher es hat mich recht tief bewegt, ich weiß nicht klar warum – Mein Gott, daß Du so ruhig mit ihr sein konntest, Sieh’ d a s ist so schön lieber Schleiermacher! ich mögte wohl wißen, ob es eben so in Dir gewesen wäre, wenn Du nicht so glüklich wärst, als Du es jezt bist, wenn Dein Herz unausgefüllt geblieben wäre, Du Dich allein gefühlt hettest, und s o sie wieder gesehen! – Ja, wohl auch dann hettest | Du ihr den Seegen mit gegeben, daß Gott alles am besten wißen müße! Wenn Leonore ein gutes Gewißen hatte, wie glüklich muß sie dann gewesen sein Dich noch ein mal, s o wieder zu sehen, auf gewiße Weise Dich zu haben. So hatte sie sich wirklich nicht verendert? Nein Schleiermacher es ist doch gar zu wunderbar daß Du sie so unerwartet wieder sahst! und gar 4557. Überlieferung: H: BBAW, SN 427, Bl. 147–149. te von Kathen an Luise von Willich. 5 Portos] Portors

Mit einem Brief von Charlot-

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zu schön, daß Du ihr frei entgegen gingst – aber wie war s i e denn wohl? das kann ich mir nun wieder gar nicht deutlich machen, mir deucht wenn Du s o zu ihr Dich wandtest – nein ich hette mich in ihrer Stelle in 2 Minuten vor Freude todt geweint, und hette mich aus der ganzen Geselschaft gar nichts gemacht. Wie lebhaft wird mir jene Zeit – Ich mögte Dich wohl sprechen wie damals, als Du mir das erste Mal von ihr, und Deinem Verhältnis erzähltest, wir saßen in der Carußellaube, ich hielt Dich für recht sündhaft, daß Du sie ihrem Manne nehmen wolltest. Lieber Schleiermacher wart Ihr denn beide ganz unbefangen, gleich? ach lieber Schleiermacher komt doch diesen Sommer her, ich mögte Dich gern so viel noch fragen – Wie viel hat mir Ehrenfried von Euch erzählt. Ich weiß noch die ersten Worte die er mir darüber schrieb, als er mit Dir, in Berlin bei ihr gewesen war! Ich kannte Dich erst da, durch ihn und Deine Monologen, ich fühle noch wie mir bei Ehrenfrieds Brief zu Muthe war! Die schöne Zeit! Mir ist immer als müste ich Ehrenfried dieses erzählen er ist mir so gegenwertig geworden! so ist mir oft als müste ich ihn dis und jenes schreiben, innig mit ihm theilen. Eifersüchtig würde ich auch nicht in Jettchen ihrer | Stelle, so im vollen Gefühl Deiner Liebe, und Deines Glücks. Wäre d a s nicht, ja dann könnte es doch schlim werden mit etwas Eifersucht – s o aber, ich glaub in Jettchens Stelle besuchte ich sie – doch ich kann darüber nicht reden. den 6t Juny. Morgend früh. Den Gestrigen Tag mögte ich Dir wohl beschreiben lieber Schleiermacher doch da Du weder die hiesige Gegend noch Menschen kennst, so mag es auch zu gleichgültig für Dich sein. Aber ich dachte doch so recht herzlich an Euch, und ich wünschte mir, mein Gefühl, für mich selbst nur, in Harmonischen Worten aussprechen zu können, was ich leider nicht kann, ach und auch Music fehlt mir – es muß mir immer alles in der Brust bleiben lieber Schleier, sieh’ davon wird sie dann manchmal so voll, sie weiß sich nicht auszusprechen als in Trähnen der Wehmuth oder Freude. Dieser Frühling ist doch wieder so gar schön und herlich! Gottlob daß immer wieder der Schne geschmolzen ist – und dann die Blüthen wieder kommen und alle Vögel, die man im Herbst mit Sehnsucht nachsieht, wenn sie sich in der klaren Luft versammeln und sich zu rufen und dann Scharenweis hoch über einem wegziehen ach dann mögte man die Flügel auch haben, und könnte man gleich zum Himmel hinauf fliegen. 65 Schleier] schleier

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Brief 4557

Gestern habe ich die schöne Luft genoßen vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Vorgestern, stand ich um 4 Uhr auf, um an Dich zu schreiben, aber ich kam nicht dazu. Gestern wollte ich gut ausschlafen, wachte aber früh auf, und dachte, es ist schade daß nicht mal eine Waßerfahrt gemacht wird, (ich sehe den See, darauf viele Schwäne sind, aus meinen Fenster) und so schlief ich wieder ein. Gegen 6 kam das Mädchen und wekte, mich, der Graf ließ mir sagen, es sei schönes Wetter ich möge mich schnell anziehen, wir wollten auf den See fahren, die jungen Schwäne sollten gelähmt werden. Die beiden ältesten Töchter welche neben mein Zimmer an schlafen und ich, waren bald reisefertig, und nachdem im Gartenzimmer der Graf schon mit dem Frühstük unser wartete, gingen wir zum See, deßen Fläche still und eben war. Die Gräfin war nicht mit, der Graf die beiden Töchter und ich | machten die Geselschaft aus. Nun wurde mit 3 Kähnen Jagt gemacht auf die jungen Schwäne, so wie die Alten die Gefahr merkten zogen sie die jungen in den Schilf hinein, in der größten Eile – und zogen dann stillergeben ihre Bahn. Die den Schilf nicht früh genug erreichten, und von uns ereilt wurden, suchten erst die Jungen zu verteidigen, doch musten sie dem Schicksaal unterliegen. Die Jungen wurden in dem Kahn geholt, und ein Flügel gelähmt und dann den Alten sogleich wieder gegeben. Einge 30 sind das Jahr gelähmt, die dann im Herbst geschlachtet werden. Gegen 10 Uhr waren wir wieder zu Hause. Beim Frühstük hatte der Graf gesagt, „wenn sie nur wüsten, wie ich Heute schon für ihr Wohl gewirkt habe“ was?, wollte er aber nicht sagen nun wir zu Hause kamen, wurde uns gesagt wir müsten uns schnell anziehen, es würde zu Mittage nach Spandekow gefahren. Das Amt Spandekow hat früher den Schwerins gehört jetzt besizt es der König, worüber sie mit ihm in Verhandlung sind, Pienchen kann Euch das genauere erzählen. Spandekow ist eine alte feste, Burg, die in der herlichsten Umgebung liegt – es stehen noch die alten Mauern, worauf Neueres gebaut ist, einge Säulen haben sich noch gehalten, so war ich im Knappensaal, der nun zum Wirtschaftszimmer benutzt wird, es stand wirklich noch der Kamin da woran die Knappen geseßen hatten – das hohe Gemäuer um den Schloßplaz sieht aus so fest in einander verwachsen, wie die Granitwand beim Kochelfall, auch sind die Mauern von Granitstein aufgeführt, und man sieht noch die spuren von den Kugeln die sie nicht zerstöhren konnten. Spandekow hat sehr freundliche Bewohner und da wir angemeldet waren, wurden wir sehr anmuthig aufgenommen. Auch ich wurde allenthalben herum geführt, und ich kann Dir nicht sagen w i e mich alles interreßirt hat! Ein junger Mann in der Geselschaft fuhr uns, auf dem Burggraben rund um die Schloßmauern, in einem klei-

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nen Kahn den er gut zu lenken wuste, und ich habe nun einen deutlichen Begriff bekomen | von einer alten festen Burg. Über dem alten Thor wo man hinein fährt, ist in Stein aus gehauen die alte Ahnenfrau, und ihr Ehegemal, darunter eine Inschrift die sich im Archiev befindet und die der Graf mir vor gelesen hat, denn im Stein ist sie jezt nicht mehr zu lesen. Der Graf ist jezt ausgeritten, wenn er zurük kömt will ich ihn bitten mir die Inschrift zu suchen dann schreibe ich sie ab, und lege sie bei; Wenn man weiß daß die Ahnenfrau deren Bild man aus gehauen sieht, das Schloß hat erbaun laßen, so sieht man dies steinerne Gebild wirklich mit Ehrfurcht an, die fromen gefallteten Hände das bescheiden gesenkte Haupt – ich kan’s nicht sagen mit welchem wunderbaren Gefühl ich unter dies Thor weg fuhr, nachdem ich früher schon die Inschrift kannte. Lieber Schleiermacher ich möchte wohl mal mit D i r in Spandekow sein, wirklich würdest Du eine große Freude daran haben, es ist so wunderbar wie herrlich und reizend! – Wärst Du doch mit Deinen Dewette dahin gegangen. Ich war so erfüllt davon daß ich gar nicht einschlafen konnte. Auf jeden bedeutenden Punkt bin ich gewesen der Wirth selbst war so gütig wie er mein Intereße sah, nicht zu ermüden mich auf alles aufmerksam zu machen, und eben so die freundliche Wirthin, nur war die Zeit zu kurz, die Frau meinte, wenn ich mal wieder käme nach Putzar, dann wolle sie mich abholen, und was ich jezt nur flüchtig sehen kann, müße ich dann einge Tage still genießen. Laß Dir doch von Pienchen das Ganze, wunderschöne genauer beschreiben, hir wirds zu weitläuftig. Heute ists nun Sonabend den 6ten, Heute habt Ihr gewiß im Garten gefrühstükt, mit all den Kindern. Ich freue mich immer für Euch, wenn es Sonabends und Sontags schönes Wetter ist. Heute kommen die Busower der Graf wenigstens hat sie gebeten. Morgen früh müßen beide Grafen in Geschäfte verreisen, die beiden Gräfinnen, begleiten mich bis Anklam, wo wir ins T h e a t e r g e h e n –! und die Nacht zusammen in Anklam bleiben, Mondtag, den 8ten trennen wir uns dann dort, Gräfin Lottchen nach Putzar, Gräfin Gustchen nach Busow, ich nach Greifswald. In Greifswald, denke ich zu Mittag schon zu sein, denn die kleinen Schimmel gehen im Schnellmarsch | und den 9ten, Nachmittags bringen mich die Schimmel nach Stralsund dort ist jezt Markt, und habe ich die Markt Angelegenheiten beendigt suche ich nach Poseriz zu kommen. Du hast Dich öfter theilnehmend nach Lottchen in Schweden erkundigt, lieber Schleier. Da ich diesen Winter viel mit ihr im Wechsel gewesen bin, und sie mir ihr ganzes Herz aufgeschloßen hat, so will ich Dir sagen 120 das] daß

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was ich von ihr Dir sagen darf – sie ist nicht glücklich, und kann es mit Hjort nicht werden – Einen Brif bekam ich von ihr wie Willich krank war und er keinen so großen Schmerz ertragen konnte – doch muste Hülfe geschaft werden. Ich theilte Sophie und Schlichtkrull den Brif mit ich schlug vor, da ich weiß daß Lottchen nicht in Sagard sein will – sie sollten ihr auf ein Jahr etwa den Aufenthalt bei sich anbieten, ich wolle mir so lange anderswo aufhalten. Sophie hat nun Lottchen geschrieben, o h n e ihren Mann mit den Kindern zu ihr zu kommen. Willich schrieb ihr früher und hat es wiederholt gethan, sie möge zu ihm in seinen Arm und in sein Haus kommen mit allen Kindern, nur Hiort müße bei den Seinigen bleiben, bis er sie und seine Kinder ernähren könne – Lottchen hat nun eine Meinung gegen die Willich gefast – weshalb sie nicht zurükkehren mag ins Väterliche Haus – und läßt sich durch nichts diese Meinung, die w i r k l i c h die Willich nicht so verdient, nehmen – Ganz kann ich Dir Lottchens traurige Lage nicht schildern – ich bin von ihrem lezten Briefe fast krank geworden – Gott gebe daß sie sich entschließt, sich wenigstens auf einge Zeit, von den erbermlichen Menschen zu trennen – Dann bezieht sie mit dem jüngsten Kinde mein Zimmer in Poseriz, und ich sehe zu wo ich so lange bleibe. Lieber Schleier, außer Dir und Jettchen erfährt es aber niemand daß ich Euch dies geschrieben habe? bitte? – Von der Pistorius habe ich vor eingen Posttagen auch einen lieben Brif, Gottlob daß alles wieder beßer wird. Meine lezte Nachricht von der Kathen lege ich auch bei. Wohl gönnte ich es Dir die liebe Kathen ein mal bei Dir zu haben, auch ihr gönnte ich es, doch will sie gar nicht davon hören. H e r z l i c h danke ich Dir daß Du mir einmal etwas über Ehrenfried sagst – ach Schleiermacher er war als Kind so milde und freundlich – es war die Hefftigkeit nicht seine Natur – Gott seegne doch Dein Bemühen! und laße ihn zum guten Menschen werden! Lebe wohl theurer lieber Bruder, liebe Jette, und gedenkt in Liebe Eure Luise Lieber Schleiermacher willst Du Sacks und Eichhorns nicht mal von mir grüßen? auch Pichong?

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Hochgeehrtester Freund Auch bei uns ist die Vereinigung der Evangelischen Kirche, für welche Sie so ausgezeichnet thätig gewirkt haben, und deren Schicksal bei einer Gemeine, deren würdiger Seelsorger Sie gewesen, Ihnen nicht gleichgültig seyn kann, zu Stande gekommen. Am 1sten AdventsSonntag des vorigen Jahres haben wir sämtliche Geistliche in der großen Kirche das heilige Abendmal gemeinschaftlich nach dem neuen ritus genoßen und administrirt. Von der reformirten Gemeine hatten sich indeß außer Hering und der verwittweten Frau Hofpredigerin und ihrer Schwester (meine Frau war in den Wochen) nur wenige eingefunden. Indeß scheint es doch allen recht zu seyn, daß ich, während die Lutheraner Alles Trennende aufgaben, von unserer Seite Eins that, von unserm Tisch zu ihrem Altar übergegangen bin. Sonst ist natürlich Alles beim Alten geblieben. Meine Filialgemeinden, wo die Lutheraner indeß den neuen ritus noch nicht eingeführt haben, bestehen aber darauf nachdrüklich und flehentlich, daß ich sie nicht verlaßen, sondern nach wie vor besuchen soll. | Mit den Meinigen befinde ich mich durch Gottes Güte im erwünschtesten Zustande. Ich habe 4 Kinder, Marie; Wilhelmine; Heinrich; und Hugo. Durch die Frau Hofpredigerin hoffe ich über Sie und Ihre theure Familie erfreuliches zu erfahren. Haben Sie die Güte mich mit meiner lieben Frau, die Ihrer mit Verehrung gedenkt, Ihrer würdigen Gemahlin zu empfehlen, und die Einlage gelegentlich an unsern Reimer zu geben. Mit innigster Verehrung Ihr gehorsamster Diener und Freund Metger. Stolpe d. 28. Mai 1818.

*4559. An Christlieb Benjamin Hering. Berlin, vor dem 30. 5. 1818 Kondoliert zum Tod von Frau Hering. Ihm und seiner Familie gehe es gut. 4558. *4559.

Überlieferung: H: BBAW, SN 330, Bl. 67.

Mit einer Einlage an Reimer.

Erschlossen aus Brief 4560 Z. 2–4 vom 30. 5. 1818.

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4560. Von Christlieb Benjamin Hering. Stolp, Sonnabend, 30. 5. 1818

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Sehr hochgeschätzter Freund! Ich danke Ihnen hertzlich für Ihre Teilnahme an dem herben Verluste den ich durch den Hingang meiner treuen und liebevollen Gattinn mit der ich 42 Jahr in Liebe und Freundschafft verlebt habe, erlitten. Wohl muste ich wünschen, daß bei dem schweren Leiden so sie besonders die letzten 6 Monate erduldet, ihrer Quaal ein Ende gemachet und der Höchste sie auflösen möchte; für die Zurükgebliebenen besonders aber für mich ist dies traurige Ereignis höchst schmertzhafft; und hat eine grosse Veränderung in meiner Lebensweise zur Folge. Ich stehe als beinahe 70järiger Greiß nun gantz isolirt in meinem grossen Hause da, und obzwar die Arnold als eine gute Tochter sich meines Hauswesens nach Kräfften annimt, so hat sie doch mit sich und ihren vielen Kindern hinlänglich zu thun, so daß ich mich gröstenteils fremden Menschen anvertrauen muß. Meinen gewöhnlichen Sommeraufenthalt in Reitz habe ich auch aufgegeben, weil die Einsamkeit daselbst mir nicht zusaget, und ich in der Stadt doch mehr Zerstreuung habe. Die einzige Gesellschafft die ich noch täglich um mich habe, ist die 6järige Tochter meiner verstorbenen Albertine, ein liebes Geschöpf, an dem meine Seele hängt, | die ich aber auch nicht lange behalten werde, weil ihre GrosMutter die Generalin von Schönermark p sie in Zeit von 8 Wochen nach Breslau abholen wird. auch an diesen schmertzhafften Verlust werde ich mir gewöhnen müssen, und mich um so mehr darin zu finden wissen, da dieser Schritt zu ihrer Erziehung höchst nothwendig ist. Übrigens Tröste ich mich damit, daß mein Ziel auch nicht mehr ferne sein kann. Meine HandlungsGeschäffte habe ich gröstenteils bis auf die Schiffe, aufgegeben; und auch von diesen würde [ich] mich gerne losmachen, aber bei der jetzigen Beispiellos elenden Conjunctur ist daran nicht zu denken. Zu meinem Verdruß habe ich durch eingetretene Concurse mehrere Landgüter auf den Halß bekommen, die mir auch nicht viel Freude gewären, indem solche ziemlich devastirt, und viel Geld erfordern um sie wieder in guten Zustand zu versetzen. es thut mir leid Ihnen sagen zu müssen, daß die 30 r so Sie dem jungen Waldow geliehen, wohl verloren sein werden, ich habe mit dessen Vater darüber gesprochen, aber er hat sich von diesem liederlichen Sohne gantz 4560. Überlieferung: H: BBAW, SN 303, Bl. 30 f. 5 sie] Sie 12 ihren] Ihren 19 ihre] Ihre 22 ihrer] Ihrer 31 Sie] sie

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losgesagt, indem er nicht nur das | seinige durchgebracht, sondern auch ausserdem viele Schulden gemacht welche zu bezahlen, seine Kräffte (nach seiner Behauptung) übersteigen[;] wahr ist es, daß er bei seiner sehr starken Familie, welche sich bei seiner jungen Frau jährlich vermehret, eine grosse Last auf dem Halse hat, und seine anderweitigen Verhältnisse berüksichtigen muß; auch hat er alles gethan, um den jungen Menschen fortzuhelfen, und mehremahle seine Schulden bezahlt, aber nirgends hat er, in den verschiedenen Carrieren, worin er ihm verholfen, Stich gehalten. Sie werden dahero schon diese 30 r vor der Hand in den Schornstein schreiben müssen, wo er sich jetzt aufhalten mag, weiß der Vater nicht, und glaubt daß er ausser Landes gegangen, da er nirgends für seine Gläubiger sicher ist. Daß Sie sich mein werter Freund mit Ihren verehrten Angehörigen wohl, zufrieden, und gesund befinden, freuet mich hertzlich, und wünsche daß der Höchste Ihnen beständig bis zu Ihrem fernsten LebensZiele dabei erhalten möge, woran ich stets den wärmsten Anteil nehmen werde. Erhalten Sie mir ferner Ihre Freundschafft, so wie ich immer sein und bleiben werde Ihr treuer Freund & Diener C. B. Hering. Stolpe den 30 May 1818

4561. Von Claus Harms. Kiel, Frühling 1818 Herr Doctor. Eine bessere Anrede als diese kahle und kalte hätte ich früher gebraucht und ich würde jetzt noch eine Anrede brauchen, die Urtheil, Gesinnung 4561. Überlieferung: D: Harms: Briefe zu einer nähern Verständigung, S. III–VI. Harms antwortet in diesem offenen Brief, der das Vorwort zu seinen „Briefe[n] zu einer nähern Verständigung über verschiedene meine Thesen betreffende Puncte“ darstellt (einer Reaktion auf den durch seine Thesen angestoßenen Streit), auf Schleiermachers Zuschrift vom 18. 2. 1818 (Brief 4512). Twesten kündigte Schleiermacher in Brief 4537 Z. 8–14 vom 6. 4. 1818 Harms’ gedruckte Antwort an. Mit dem Datum vom 9. 6. 1818 konnte Harms’ weiland Lehrer und Freund Friedrich Ernst Christian Oertling die „Briefe“ seinerseits mit einem Sendschreiben beantworten. Harms’ offener Brief an Schleiermacher wird also im April oder Mai 1818 verfasst sein.

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Brief 4561

und Empfindung ausdrückte, wenn nicht solche alle, so viele ich wenigstens kenne, in Ihrem anderweitigen neuesten Briefwechsel vor der Welt auf eine Art gebraucht wären, daß man sie wol prostituirt nennen könnte. In der That scheint mir für meine Absicht in unsrer Sprache nichts übrig zu seyn, als etwa die Uebersetzung von ῏Ω δαιμόνιε noch, welche Anrede im Griechischen allerdings meine Absicht zum Theil fassete, die ich aber einer schon bekannten Uebersetzung halber in einem Briefe, wie dieser ist, nicht wählen kann noch mag. Allein, warum ich denn gedruckt auf Ihre Schrift und den sie begleitenden Brief antworte, fragen sie vielleicht, Herr Doctor. O Sie können Sich dieses leicht Selbst erklären, wenn Sie Sich erinnern, wie doch in manchem Widerspruch Ihr Buch und Ihr Brief mit einander stehen. Keine Anführung aus diesem! außer wenn Sie Selbst eine verlangen sollten. Dann bitte ich noch, daß Sie mir einiges Ehrgefühl zutrauen, so viel nur, daß ich es doch wol nicht leiden könne, wenn jemand mich öffentlich verhöhnt und privatim durch treuherzig gesprochnes Lob sich wieder, wie ers meint, mit mir versöhnt. Bey solcher Gestalt der Sachen müsssen Sie eine gedruckte Antwort sogar erwartet haben. Herr Doctor, Sie sind mein Lehrer, mein Meister gewesen, und was ich geworden bin, wenn ich etwas geworden bin, das bin ich zum großen Theil durch ihre geistvollen Schriften geworden, werde und will auch immer ihr Jünger bleiben. Dieses dankbaren Erkenntnisses bin ich so voll, daß ich selbst diese, freylich nicht schickliche, Gelegenheit nicht vorbeygehen lassen kann, um es Ihnen und vor einem großen Publikum zu sagen. Aber, als wenn Sie diese meine Gesinnung gewußt und einmal mit einem also gegen Sie Gesinneten in verdrießlicher Stunde es nicht genau hätten nehmen wollen, so haben Sie Sich mir und vor einem großen Publikum gewiesen als – meinen Meister? nein, ich kann es nicht anders nennen, als meinen Schulmeister. Wie Sie Ihr Wohlwollen, Ihren Wunsch, Ihren von jeher gehegten Tadel, Ihre Bangigkeit um den „lieben Mann,“ – wie Sie das ausdrücken an seinem Ort, ich finde das richtig und völlig in ein Bild gefasset, wenn ich sage: so thut ein Schulmeister, der bey Gelegenheit, da er doch einmal im Strafen begriffen ist, einem andern Schüler, der auch nicht ganz rein vor seinen Augen erfunden, zugleich einige Hiebe abgiebt und dabey die Worte herablächelt: Da siehst du doch, wer Ich bin und wer du bist. Daß ich dieses so hinnehme, Herr Doctor, dazu bin ich doch zu weit in Jahren vorgerückt, das leiden auch meine amtlichen Verhältnisse kaum, wie ich denn gerade an der Stelle von Ihnen getroffen bin, die ich, zumal während des Thesenstreits, für die gesichertste hielt. Wie kommen doch meine Predigten daran? Ich war verwundert, deren Tadel da zu hören, einen solchen und von Ihnen. Hier ist der Ort nicht,

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es zu vertheidigen, daß ich unter vielen Predigten ein paar ohne Text habe drucken lassen, die ich vielleicht nicht einmal ohne Text gehalten habe; auch dürfte mir diese Vertheidigung vor Ihnen nimmer gelingen. Ich dächte sonst, wenn Predigten nur überhaupt biblisch wären, an welcher Eigenschaft, beyläufig, die Ihrigen mir einen Mangel zu haben scheinen, so könnten die Augen der Vorgesetzten den seltenen Mangel eines Textes wol übersehen, wie auch meine wirklichen Herren Obern mir dieserwegen zum wenigsten keinen Tadel zu erkennen gegeben haben. Sie hingegen, Herr Doctor, „als geistlicher Obere, würden das gewiß nicht dulden.“ Also drückt man sich doch kaum aus, mit dieser Superiorität, wenn man sie hat; wenn man sie aber nicht hat, so giebt man sich mit ihr dem Verdacht des Stolzes und eines lächerlichen Stolzes hin. Ich dächte, diese Redensart käme einem reformirten Prediger, schon wegen der Verfassung seiner Kirche, gar nicht in den Sinn, geschweige in die Feder. Was soll davon aber die Welt sagen, daß Sie, ein reformirter Prediger, Sich als den geistlichen Obern in der lutherischen Kirche auch nur denken können? und, so wird man es auslegen, durch eine größre Aufmerksamkeit, als von lutherischen Obern selbst bewiesen wird, Sich der lutherischen Kirche als solchen empfehlen? Ist die Vereinigung der beyden protestantischen Kirchen schon soweit gediehen? wird die lutherische insonderheit fragen. Der ich angehöre, die mir die wertheste ist, unterlasse ich nicht, allwo ich kann, hierüber zu beruhigen, für welche Absicht mir gerade in diesen Tagen eine Notiz vor Augen kam, die ich selbst hier mitzutheilen um so weniger Anstand nehme, da sie, nach Ihren Schriften über die Union abzunehmen, auch Ihnen nicht bekannt zu seyn scheint. Es wäre, dünkt mich, besser gewesen, wenn das Publikum eine geschichtliche Nachricht von den frühern Unionsversuchen bekommen hätte und von dem jetzt in einigem Umfange bereits gelungenen Versuch, wie ganz derselbe vor reichlich hundert Jahren nicht hat gelingen wollen. Oder hieße das etwa das Netz auswerfen vor den Augen der Vögel? – So steht in Unschuldige Nachrichten von Alten und Neuen Theologischen Sachen, 1703, S. 523: „Hierauf kam zum Vorschein d e r E n t w u r f f E v a n g e l i s c h e r, u n d s e h r l e i c h t e r M i t t e l z u r Ve r e i n i g u n g d e r P r o t e s t a n t e n in 8. von 2 Bogen, welchen ein Reformirter verfertiget, und darinnen behaubtet, das Haubtwerk komme auf die Kirchen-Ceremonien an, man solle nur dieselben vereinigen, so werde sich das andere leicht geben. Diesen hat Herr D. Adam Rechenberg in Leipzig in einer Disputation, de cultu Dei externo falso unionis Protestantium Principiio, wohl wiederleget.“ Sie fassen, Herr Doctor, wie es meinem schwächern Gesichte vorkommt, eine Sache mit den Fingerspitzen der Vernunft an, die nach dem

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Briefe 4561 – 4562

Zeugniß der Kirchengeschichte mit der vollen Hand des Glaubens will angefaßt und aufgestellt werden. Beydes, der Zeit nach durch Ihr Gutachten von 1804, und Ihrem jetzigen Range nach sind Sie einer der ersten Lehrer der neuen, wie sie genennet wird, evangelischen Kirche, aber am Glauben, mittelst dessen Macht Kirchen gebaut, gefüllt und geherrlicht werden, an diesem, wie anerkannt groß und vielbegabt Sie in manchem andern Betrachte sind, am Glauben gerade scheinen Sie mir und vielen andern noch mehr einigen Mangel zu leiden. Wie kann man auch, daß ich nur einen kleinen Beleg gebe, den Vorschlag in Ihrem andern Gutachten von 1804, S. 151, der auf eine Kirche mit dem Abendmahl und auf eine Kirche ohne das Abendmahl hinausläuft, anders aus der Mangelhaftigkeit Ihres Glaubens und aus einer glaubenswidrigen Uebergewalt Ihrer andern Geisteskräfte erklären? Daher mich dünkt, es müssen noch neue Dinge in der neuen Kirche zum Vorschein kommen und das erborgte zwiefache Glaubenbekenntniß nach erhaltenem eigenthümlichen wieder zurückgegeben werden, ehe sie uns auf andre Art gefährlich wird als wie bisher durch ihren dogmatischen Indifferentismus, der freylich ein leidiger und nicht genug zu beachtender Feind ist. Mir indeß wird hierauf, zwar von Ihnen nicht, doch von Mitlesern wahrscheinlich zur vermeintlichen Beschämung wegen meines Sectengeistes (Kirchengeist sollte es doch wol heißen?) das preußische Religionsedikt von 1787, vielleicht mit einer Spittlerischen Nutzanwendung, zu Gemüth geführt werden, darauf ich denn freylich weniges mehr als dieß werde entgegnen können, daß beyde der Glaube und der Unglaube seitdem eine andere Gestalt angenommen haben, dieser alt und jener jung geworden ist. Vor allen, Herr Dr., hat aber das mir leid gethan, was auch mein persönliches Verhältniß zu Ihren Verhältnissen sehr gestöret hat, daß Sie in Ihrer Schrift wider Herrn Dr. Ammon so laut und rein und stark Ihre feste fernere Anhänglichkeit an dem Lehrbegriff der reformirten Kirche ausgesprochen, und alle, die anders von Ihnen dachten in diesem Punct, die Reformirten freylich beruhigt, aber die Lutheraner beunruhigt haben. Wahrlich, das ist mein Schmerz gewesen, den Ihre Schrift mir gemacht hat, daß ich selbst fortan die jungen Theologen, die von Ihnen zurückkommen, mit voriger Freude und Hoffnung nicht begrüßen kann und nicht mit voriger Zuversicht denen, die ins Ausland gehen wollen, rathen kann: Geht zu Schleiermacher. Wenn das offene Bekenntniß dieselbe rückwirkende Kraft auf Sie hat wie auf andre Menschen, so möchten Sie künftig geneigter seyn, als Sie es sonst gewesen sind, dem reformirten Lehrbegriff Anhänger 109 allen] Kj. allem

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Frühling – 1. 6. 1818

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zu gewinnen. Ich weiß, welchen Dienst Sie der lutherischen Kirche geleistet haben; – wäre ich dessen auch für die Zukunft gewiß! – Hiermit lege ich diesen Brief an die Stelle hin, wo ich den Ihrigen fand. Was folgt, wenn Sie es durchlaufen, möchte das Ihnen weniger misfällig seyn und verächtlich, als die Thesen es leider gewesen sind. Harms.

4562. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Montag, 1. 6. 1818

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Ein hohes Ministerium hat uns in dem verehrlichen Bescheide vom 16ten Merz auf unsern unterm 10ten desselben Monats wegen des jezigen Professor Lücke gemachten Antrag an dasjenige verwiesen was seinetwegen an die Universität erlassen worden, und wir haben daraus leider ersehen daß dem Professor Lücke seine eigentliche Bestimmung an der neu zu errichtenden rheinischen Universität ist angewiesen worden. Indem jedoch in dem an uns ergangenen hohen Erlaß die weitere Entschließung noch vorbehalten ist: so wagen wir es mit Bezug auf unsere in dieser Sache früher gehorsamst eingereichten Vorstellungen Einem hohen Ministerium nochmals zu erkennen zu geben, daß wenn vielleicht, was wir nicht wissen, dem Professor Lücke selbst eine Anstellung an der rheinischen Universität in mancher Hinsicht wünschenswerther sein möchte als die von uns für ihn gehorsamst erbetene bei hiesiger Universität, wir bei unsern gehorsamsten Vorstellungen nicht von der Rüksicht auf seine persönliche Zufriedenheit sondern lediglich von der auf das Bedürfniß unserer Facultät sind geleitet worden. Das Bedürfniß, welches ganz unerledigt bleiben würde, wenn Herr Professor Lücke nach Bonn versezt würde, empfehlen wir daher Einem hohen Ministerio nochmals so dringend als gehorsamst mit dem Bemerken daß wir noch immer nach Lage der Sachen niemand in Vorschlag zu bringen wüßten der uns zu Abhelfung desselben eben so geeignet schiene. Berlin d 1t Jun. 1818 Die theol. Fac. Schl Vidi de Wette D Marheineke Neander 4562. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 179, Bl. 15 12 von] über )für* 14 f von … das Bedürfniß] über )von unserm Gefühl* 16 Herr] über )d*

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Briefe 4563 – 4564

4563. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Dienstag, 2. 6. 1818 Mit Bezug auf das an Ew. Spektabilität unterm 12ten vorigen Monats so wie an die übrigen Herrn Dekane gerichtete Umlaufschreiben ersuche ich Sie hierdurch ergebenst mir nunmehr gefälligst ungesäumt ein Verzeichniß derjenigen Studirenden Ihrer Fakultät zukommen zu lassen, welche im verwichenen Semester öffentliche Proben des Fleißes abgelegt haben, da der vorschriftsmäßige Termin herannaht, zu welchem dem Ministerium die halbjährigen Tabellen in Betreff der Universität eingereicht werden müssen. Berlin den 2. Jny 1818. Der Rektor der Universität D Marheineke.

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Decano spectabili facultatis theologicae.

4564. Von Julius Wegscheider. Halle, Donnerstag, 4. 6. 1818 Halle, den 4ten Jun. 1818. Erlauben Sie mir, Verehrter Herr Doctor, mit Vermeidung aller Titulatur, als einer lästigen Fessel brieflicher Mittheilungen, mich in einer Angelegenheit vertrauensvoll an Sie zu wenden, zu deren, allen guten Protestanten wünschenswerthen Förderung Sie bereits so wohlthätig gewirkt haben, und welcher sich hier leider fast unüberwindliche Hindernisse entgegen zu stellen scheinen. Aus der Beilage werden Sie ersehen, daß die unterzeichneten hiesigen Professoren, mit denen sicher mehrere der übrigen hiesigen Einwohner übereinstimmend denken, auf meine Veranlassung dem hiesigen lutherischen geistlichen Ministerium den Wunsch geäussert haben, auch in den hiesigen lutherischen Kirchen das Abendmahl nach dem neuen oder eigentlich ältesten Ritus feiern zu können, und welche wenig erfreuliche 4563.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 218, Bl. 2

4564. Überlieferung: H: BBAW, SN 414, Bl. 1 f. Mit Akten über ein Gesuch der Hallenser Professoren an das lutherische geistliche Ministerium, beim Altarsakrament allgemein das Brotbrechen einzuführen.

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Antwort Ihnen darauf geworden ist. Zur Erklärung der letztern muß ich bemerken, daß sie vorzüglich durch folgenden Umstand motivirt ist: Die hiesigen lutherischen | Prediger sind leider noch auf das Beichtgeld, als einen nicht unbeträchtlichen Theil ihrer Einkünfte angewiesen, während die reformirten Prediger gar keine Accidenzien, sondern lediglich fixe Besoldung genießen. Jene fürchten daher, wiewohl ohne besondern Grund, daß, wenn bei ihren Gemeinegliedern die Meinung verbreitet wird: ein ächter Lutheraner könne auch mit Brotbrechen das Abendmahl würdig feiern, viele dieß benutzen würden, künftig in der reformirten Kirche zu communiciren, wodurch dann die lutherischen Prediger einen Theil ihres Beichtgeldes einbüßen würden. Daß die Regierung die höchst wünschenswerthe Einrichtung treffe, das Beichtgeld gänzlich abzuschaffen und die Prediger für diesen Verlust durch eine fixe Besoldungszulage zu entschädigen, läßt sich wohl kaum erwarten, da der Betrag des Beichtgeldes allein im Herzogthum Sachsen zu v i e r z i g t a u s e n d Thalern von den Predigern selbst angeschlagen ist. Mit dem Vorschlage aber, daß die einzelnen Gemeineglieder durch eine freiwillig zu übernehmende Steuer den Verlust des abzuschaffenden Beichtgeldes decken möchten, findet man bei dem leider noch immer fortdauernden Druck der öffentlichen Abgaben gar kein Gehör. Überdieß muß ich noch bemerken, daß viele unter uns durch die neulichen Verordnungen über das bei dem | Abendmahl anzuwendende B r o t m a a ß und den S t e c h e r, und durch das Gerücht, daß man in Berlin bereits von der Vereinigung völlig zurückgekommen sei mit schädlichen Vorurtheilen gegen dieselbe erfüllt sind, welche die Prediger eben nicht geneigt seyn möchten zu entfernen. Unter diesen Umständen ersuche ich Sie, Verehrter! mir und meinen Collegen durch einige Zeilen Ihr Gutachten gefälligst zu erkennen zu geben über das, was wir etwa von Seiten der Regierung zu hoffen, und was wir selbst für die Realisirung unsres Wunsches ferner zu unternehmen haben möchten. Es würde sehr unrühmlich für unsere Universität seyn, wenn in ihrer Umgebung nicht dasselbe zu Stande gebracht werden könnte, was in kleinen Landstädten z.B. Lippstadt ohne alle Schwierigkeit ganz einstimmig ins Werk gerichtet ist, und was, wenn der jetzige Zeitpunct versäumt wird, vielleicht noch ein Jahrhundert unausgeführt bleibt. Mit Vergnügen sehe ich einer gütigen Erfüllung meiner Bitte sowie einer kräftigen Abfertigung der eiteln Sophismen Ihres neuen Sächsischen Gegners, des Herrn Tittmann, dessen notorisiche moralische Schlechtigkeit sich auch seinen Schriften mittheilt, entgegen und beharre mit aufrichtigster Achtung Ihr ganz ergebenster D. J.A.L. Wegscheider

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Briefe 4565 – 4567

4565. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 8. 6. 1818

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Durchlauchtiger Fürst Hochgebietender Herr Staatskanzler Der Hofbauinspector Professor Rabe hat von Seiner Majestät dem Könige den Auftrag erhalten das AkademieGebäude in seiner ganzen Ausdehnung unter den Linden aufs schleunigste neu einzurichten und für die zeitigen Besizer interimistische Lokale zu beschaffen. Disem Allerhöchsten Auftrage wäre es gemäß gewesen, daß der p Rabe davon der Akademie der Wissenschaften oder dem hohen Ministerium der Geistlichen Angelegenheiten bei Zeiten Nachricht gegeben und sich von den Bedürfnissen dieses wissenschaftlichen Instituts unterrichtet hätte. Weit entfernt hiervon das geringste zu thun hat er sogar den Haupteingang zu ihrem Lokale sperren und durch Schutt unbrauchbar machen, und an dem Nebeneingang und der Kastellanwohnung Einreißungen vornehmen laßen, ohne daß die Akademie der Wissenschaften auch nur eine Benachrichtigung erhalten hätte. Als diese sich endlich genöthigt sah bei dem hohen Ministerium über die ihr bevorstehenden Veränderungen Anfrage zu thun, und der Rabe von diesem aufgefordert wurde über die Lage der Sache zu berichten hat er diesem die Anzeige gemacht, daß die Akademie der Wissenschaften alle Räume welche sie im beständigen Gebrauch hat baldmöglichst verlassen, und das von ihm nach eignem Gutdünken und ohne irgend eine Rüksprache mit der Akademie bestimmte Lokal beziehen müsse. Denn | wenn der p Rabe in seinem Bericht an das hohe Ministerium sich darauf beruft dem mitunterzeichneten Professor Buttmann wenigstens unter der Hand von den getroffenen Maaßregeln benachrichtigt und dessen Billigung erhalten zu haben: so hat dieser gegen eine solche Behauptung ausdrüklich protestirt p wie Euer Hochfürstliche Durchlaucht aus der Anlage zu ersehen geruhen wollen. Die Königliche Akademie der Wissenschaften welche von gerechtem Unwillen über diese ihrer Würde und ihren Ansprüchen an das in Rede stehende Gebäude ganz unangemessene und in jeder Beziehung unanständige 4565. Überlieferung: H: BBAW, II–II, Nr. 1, Bl. 5 9 bei … gegeben] mit Einfügungszeichen am linken Rand, folgt im Text )Anzeige gemacht* 12 unbrauchbar] folgt )zu* und] über der Zeile 19 baldmöglichst] folgt )räumen müsse und dies ist das erste was die Akademie von der ganzen Sache erfahren hat.* 19–21 verlassen, … müsse.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 25 f wie … wollen.] mit Einfügungszeichen am linken Rand

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Behandlung welche ihr von einem einzelnen Baubeamten widerfährt tief durchdrungen ist, weiß bei der Unmittelbarkeit des Auftrags, den der p Rabe erhalten, keinen andern Ort, wo sie ihre Beschwerde niederlegen könnte, als Euer Durchlaucht hohe Person. Sie sieht sich aber um so mehr genöthigt diese Beschwerde zu führen und Euer Durchlaucht unterthänigst zu bitten dem p Rabe sein bisheriges Betragen verweisen und ihn zu den nöthigen Communicationen mit der Akademie anhalten zu lassen als sie aus dem bisherigen alle Ursache hat zu befürchten, daß auch bei der Einrichtung eines neuen bleibenden Lokals für sie der Rabe willkührlich und ohne alle Kenntniß von der öffentlichen Stellung und der ehrenvollen Bestimmung dieses wissenschaftlichen Instituts verfahren möchte. Berlin d. 8t. Junius 1818 Die Königliche Akademie der Wissenschaften concipit Schleiermacher legit et probavit Buttmann Tralles

4566. An Unbekannt. Berlin, Montag, 8. 6. 1818 Berlin 8.VI.1818

4567. An Charlotte von Kathen. Berlin, Anfang Juni 1818 Es hat mich immer recht geschmerzt liebste Lotte daß seit geraumer Zeit der brieflichen Mittheilung unter uns so wenig gewesen und immer weni33 sich] korr. aus S

35 den] über )einem*

4566. Überlieferung: D: Henrici Autographen 108 (1926), Nr. 379. Brief m.U. Berlin 8.VI.1818. 4 Seiten. 8o“.

Laut D „Eigh.

4567. Überlieferung: H: BBAW, SN 753/1, 89 Arndt/Virmond: Schleiermachers Briefwechsel, S. 152 datieren den Brief auf 1827. Der Brief muss aber zwischen Hildegards und Nathanaels Geburt geschrieben sein, wohl im Frühjahr oder kurz danach. Dass Charlotte von Kathen das Bett hüten musste, dass sie von Charlotte Pistorius darüber informiert wurde und dass Schleiermacher Charlotte von Kathen in Berlin wünscht, schreibt Luise von Willich in Brief 4557 Z. 171–175 vom 27. 5. 1818; dieser Brief wurde also kurz nach Erhalt des Briefes von Luise von Willich geschrieben.

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Briefe 4567 – 4569

ger geworden ist, nie aber habe ich es so tief gefühlt als seit der Nachricht von Deinen anhaltenden und wiederholten Zufällen. Fremd werden wir uns dabei wol innerlich nicht ich weiß wenigstens wie oft Dein liebes Bild meiner Seele begegnet und wie es mich immer erquikt – ausgenommen wenn ich dich leidend und Deinen lieben häuslichen Kreis besorgt um dich denken muß. Lottens Brief der uns nach Deinen eignen beruhigenden Aeußerungen recht tief erschütterte sagt zwar alle Noth wäre nun vorbei aber PHardersS die uns Gestern durchreisend erschienen sind machen uns aufs Neue bange ob nicht ihre Nachrichten von einem neuen Rükfall doch später sind als Lottens Brief so daß uns gar sehr nach ein Paar Worten verlangt und daß ich dich aufs dringendste bitten möchte laß doch bis Deine Gesundheit dauerhaft hergestellt ist die Kinder recht oft wenn auch nur ein Paar Zeilen Nachricht uns geben. Warum ist doch das Frühjahr das sonst fast alle Menschen neu belebt Dir so feindselig. Liebste Lotte ich weiß nicht ob Du fühlen kannst wie es mich bewegt wenn ich mir denke daß du uns hättest entrissen werden können. Wie wenig ich auch | von dir lese und erfahre so lebst du mir doch. Das heißt nicht, Dein liebes Bild läßt sich auffrischen und verbleicht nicht, denn verbleichen wird es mir doch nicht wenn Du auch hinübergehst. Aber es kann in jedem bedeutenden Augenblik und so oft wir es wollen in Deiner eignen Wahrheit vor mich treten, und hernach würde ich doch nur meinem Gefühl überlassen sein wenn ich Dich herbeiriefe. Doch laß mich davon schweigen liebste Lotte und laß uns bald wissen daß wir wieder sicher auf dich rechnen dürfen. Dein Mann und Dein liebes Häuflein werden auch wie neu geboren sein wenn sie alle Sorge hinter sich haben, wiewol Kathen gewiß hernach sagen wird „Was ists nun weiter, sterben müssen wir ja doch Frau! ich hatte mir das schon alles gedacht wie es sein würde wenn du todt wärst.“ Dergleichen bringt er gewiß heraus aber wir wissen doch wie es mit ihm stehe – Uns liebste Lotte geht es unverdient wohl, und in unsrer kleinen Hildegard blüht uns wieder ein neuer Segen auf. Von meiner Gesundheit kann ich nur wünschen daß sie so bleibe, und von meiner Jette kann ich Dir gar nicht sagen wie wunderlieb sie ist. Es freut mich daß, wie Luise wenigstens schreibt mein Bild Dir gefallen hat. Hätten wir nur so etwas von Dir – oder viel mehr Kämst Du nur einmal zu uns Dich ein wenig auszuruhn und zu pflegen und etwas mit uns zu leben. Gott stärke Dich liebe Schwester. Grüße herzlich alles was Dein ist. Dein treuer wenn gleich stummer Bruder 4 Zufällen] korr. aus Anfällen 28 sagen] korr. aus sagt

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Anfang Juni – 13. 6. 1818

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4568. An Friedrich Lücke. Berlin, Sonnabend, 13. 6. 1818 Herrn / Professor Lücke [Rückseite]

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Sie kommen doch wohl mit DeWette lieber Freund? Und wenn es nicht gegen bessere Pläne verstößt so wäre es gar schön wenn Sie etwas früher kämen damit man den Thee im Garten trinken kann. Ist etwa D Kalkar in Ihrer Gesellschaft so bringen Sie ihn doch mit. Schleiermacher 13/6 18

4569. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 13. 6. 1818 (Alta Germa/nia Nord) / Monsieur Schleierma/cher / Berlin / Wilhelmsstraße / 73. [Bl. 18v] Rom 13 Juni 1818 5

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Sie werden, noch eher als ich Ihren Brief vom 16 Mai, ein Paar von mir erhalten haben, die meine Ungeduld nach Nachrichten von Ihnen ziemlich ungebärdig aussprechen. Verzeihen Sie das dem Verlassenen, der umgeben im Hause von weinerlicher Bänglichkeit, draußen von platt dummem Catholicismus, wenig Trost findet in Handschriften, die da sind numerus, tempus consumere nati. Für das Geld wiederhole ich meinen Dank. Was noch eingeht bis zum ersten October, bitte ich Sie wo bisher niederzulegen und dann 800 r wieder an Valentini anweisen zu lassen. Quittungen kann ich nicht füglich einschicken, da über die Abreise der Frau von Humboldt, die zunächst, niemand weiß wann, auf einen Monat in ein Bad bei Perugia geht, diplomatisches Dunkel gebreitet ist. Vielleicht indess durch Balan, den wenigstens Niebuhr noch immer erwartet, Gott weiß mit welchem Ärger. 4568. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 219 4 Ist] korr. aus Wen 4569. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 17 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 87–89. Unter der Adresse vermerkt Schleiermacher: „Für die Akademie“.

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Briefe 4569 – 4570

Am Aristoteles geschehe Ihr Wille. Ich habe die hoffnungslose Schwierigkeit des Unternehmens so oft und so ausführlich vorgestellt, daß ich im voraus entschuldigt bin, wie wenig ich auch leisten mag. Schwerlich mehr als eine Übersicht von den Codices der Hauptbibliotheken und Vergleichung von einigen der vornehmsten für einzelne Schriften. Denn weder kann | ich den Platon aufgeben, in den ich mir einbilde tiefer und tiefer einzudringen, noch kann ich länger in Italien bleiben als spätestens bis zu Ostern 1820. Dann habe ich 6 Jahre kollationirt, einen weit größern Theil menschlichen Lebens, als so mechanischer Verrichtung geopfert werden sollte. Es bleibt also nothwendig daß die Academie die Mittel gewinne nach meiner Rükkunft eine geraume Zeit lang und an verschiedenen Orten fortcollationiren zu lassen. Freilich ist das auch in mancher andern Beziehung höchst wünschenswerth. Von der Universität zu scheiden wird mir schwer: meine Pflicht gegen dieselbe dereinst vollständig zu erfüllen ist immer eine meiner liebsten Hoffnungen gewesen, so wenig es auch geschienen haben mag. Indess sehe ich voraus daß ich, wann ich zurück bin, die ersten Jahre nicht lesen kann und mit dem bösen Gewissen, das die Folge davon sein würde, weniger und schlechter arbeiten müste als vielleicht sonst vergönnt wäre. So könnte es mir freilich nicht anders als willkommen sein der Academie allein anzugehören. Der Minister würde auch nichts dagegen haben, indem er mir, durch Nicolovius an Niebuhr, geantwortet hat, mein Gesuch solle zuge|standen werden nur wolle man versuchen ob nicht mein Gehalt ganz auf die Fonds der Academie gelegt werden könne. Die Schwierigkeit wird sein soviel auszumitteln, als ich nunmehr brauchen würde, wenn ich, den Vorschriften Ihrer Ethik gemäß, trachtete aus einem Mann ein Mensch zu werden, wie ich, trotz der Bärenhaftigkeit an die mich Nanny so – freundlich erinnert, sehr ernstlich gewilligt zu sein eingestehe. Die Herz würde Ihnen schreiben wenn sie nicht erst vorgestern, mit der Schlegel etc, nach Genzano gezogen wäre. Zum Glück scheint die Schlegel vernünftig: sonst wäre, bei der Herz unentschiedenem Wesen und ihrem System des Ignorirens und Ertragens, gar sehr zu befürchten daß ihr auch an dem herrlichen See von Remi das Leben verbittert werden möchte durch die immer steigende Unart der über die Hälfte catholischen Auguste und ihren ganz catholischen Freundinnen. Ich gehe in acht Tagen mit Brandis, der sich bestens empfiehlt, nach Florenz, wo ich hoffentlich freier athme und Sie gesprächiger begrüße. 45 sie] Sie

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An Ihrer Reise nach Italien erlauben Sie mir noch nicht zu verzweifeln. Bonn wird anziehender, je später Sie es sehn: aber die Seen und der Dom von Mailand und, was Sie nicht abtrennen dürfen, die wundervollen Reize Venedigs winken völlig reif zum Genuss. Leben Sie wohl und danken Ihrer Frau für den freundlichen Willen, den sie wohl noch einmal Zeit findet zu bethätigen. I.B. Grüßen Sie Reimer, der mir Ihre letzte Schrift mit einer Sendung von Dümler an Bunsen versprochen hatte, aber nichts geschickt hat. Hat er meine Papiere von Müller zurück?

4570. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Sonnabend, 13. 6. 1818 Halle den 13ten Juny 18.

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Recht oft habe ich in dieser Zeit an Sie gedacht, mein theuerster Schleiermacher, und recht oft gewünscht Sie möchten auf einige Zeit im Kreise Sie herzlich liebender Menschen den Unmuth vergessen den das widerwärtige Geschreibsel Ihnen doch wohl verursacht. Nicht leicht hat mich eine Schrift so verstimmt und verdrossen als das nichtswürdige Ding von Titmann. Dieses boshafte Ignoriren weltbekannter Verhältnisse, dieses hämische und gemeine Absichten Unterschieben, das jämmerliche Verdrehen und nicht sehen wollen des rechten Streitpunkts verdiente warlich eher jede andre Antwort als eine schriftliche. In dem ersten Zorn hatte ich nicht üble Lust ihm privatim zu schreiben; diese Lust verging mir aber bald als ich hörte, wie jämmerlich der Mensch überhaupt sey. Wie sehr ich Sie aber bedaure, daß Sie am Ende doch wohl ihn werden abfertigen müssen können Sie leicht denken. Lustig ist es übrigens daß Leipzig eine Rolle übernimt die Wittenberg, wenn die alten Verhältnisse noch beständen, sich schwerlich würde haben nehmen lassen, und indessen ein Wittenberger Professor der Theologie, Weber, hier der erste gewesen ist, der um seine Liberalität zu zeigen das Abendmahl bey uns genossen hat. – Harms Schrift hat mir von einer andern Seite weh gethan. Man möchte den Mann gern lieb haben und es geht doch nicht. Wie deutlich redet doch verletzte 56–59 dürfen, … I.B.] am linken Rand 58 sie] Sie Rand von Bl. 17v

60–62 Grüßen … zurück?] am linken

4570. Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 103; D: Blanc: Briefe an F. Schleiermacher, S. 65–67. Beantwortungsvermerk: „beantw. d 19t. Jun.“.

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Briefe 4570 – 4573

Eitelkeit und gereizte Persönlichkeit aus seinem Briefe, und wie ist es möglich, daß der Mann der sich Ihren Schüler nennt Sie bisher so wenig gekannt, oder die unschuldigen Worte: daß Sie für Ihre Person es auch ferner mit der reformirten Schule halten würden, so ungeschickt misverstehen konnte, wo schon der Ausdruck Schule ihn eines besseren hätte belehren sollen. Die übrigen Briefe sind doch entsetzlich unbedeutend und confus und die beyden letzten hätte er doch ja nicht schreiben sollen, denn von solchen Ansichten zur Inquisition sind nur wenige Schritte. Also ist es doch wirklich wahr, daß es Menschen giebt die da glauben Protestanten zu seyn weil sie in einigen Lehrpuncten von den Katholiken abweichen; übrigens aber vollkommne Katholiken sind, denn den Unterschied, ob ich auf die Symbolischen Bücher oder auf das | Tridentinische Concilium schwöre, das eine oder das andre für das non plus ultra halte, den vermag ich nicht einzusehen. Und der Mann, der aller wissenschaftlichen Untersuchung, zum mindesten gesagt, Bley an die Füße binden möchte, der meint Ihr Schüler zu seyn! Der Mann mag dabey doch wohl ehrlich seyn, aber er kann auch nicht über den Buchstaben weg kommen; da fällt einem wohl das Göthesche: Und rund herum ist schöne grüne Weide, ein. – Was werden Sie nun thun? oder haben Sie vielleicht den Titmann schon unter der Feder? und wie mag Hanstein dabey zu Muthe seyn? wenn er nur etwas Ehre im Leibe hat so sollte er doch die so hämisch angegriffene amtliche Erklärung, die zwar nicht aus seiner Feder geflossen, aber doch von ihm mit unterschrieben ist, auch mit vertheidigen helfen. Eine Erklärung der Synode, die jedem das Seine gäbe, wäre mir zwar des Königs wegen sehr erwünscht, aber eben deshalb ist sie nicht sehr wahrscheinlich. Und was wird nun aus der ganzen UnionsSache, soll es bey den unreifen Versuchen in einigen Gemeinden bleiben, die denn auch wohl wie Oehl und Essig wieder auseinander laufen werden, und soll die Synode umsonst Monate lang darüber gerathschlagt haben. Von den Resultaten wissen wir ohnehin nichts und das ist in der That ein merkwürdiges Beyspiel von collegialischer Verschwiegenheit. Oder wird es der König in diesem Jahre allen Synoden zur Berathung vorlegen. Eine unbeschreibliche Freude hat mir Wucherer gestern gemacht in dem er mir Ihren Kupferstich geschenkt. Ich bin ganz außerordentlich damit zufrieden, Zeichnung und Stich beydes ist vortreflich. Meine Frau schrie vor Freuden auf als ich ihr das Bild ohne die Unterschrift vorhielt, und kaum werde ich es erhalten daß es in meiner Stube hänge; die kleine Frau hat sie ordentlich ins Herz geschlossen. De Wette’s Bild, das er mir zugleich gegeben, steht da weit nach und über die Aehnlichkeit kann ich nicht urtheilen.

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Ich wohne diesen Sommer in Giebichenstein und befinde mich bey dem täglichen Herein und Hinausgehen vortreflich; es ist eine kleine Vorübung zu einer Fußreise. Nur mit meiner armen Frau will es noch immer nicht ganz gut gehen, seit mehreren Monaten hat sie nur wenige ganz gesunde Tage gehabt und die letzte Kälte hat ihr einen derben Anfall zugezogen. Jetzt ist sie wohl wie seit lange nicht: gebe Gott daß es nicht abermals ein täuschender Schein sey. Ich muß schließen, der Brief soll gleich fort. Gott behüte Sie und geben Sie bald erfreuliche Nachricht von Sich und den Ihrigen. Von Herzen und ganz der Ihrige Blanc

4571. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonntag, 14. 6. 1818

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Außer der Ewr Magnificenz schon anderweitig officiell bekannten Rede welche der Studiosus Schmarsow pro stipendio gehalten ist eine andere öffentliche Probe des Fleißes in der Facultät nicht vorgekommen, welches ich in ergebenster Antwort auf das Schreiben vom 2ten hujus anzuzeigen nicht verfehle Berlin d 14t. Jun. Der Dek. d. theol Fac.

*4572. An Karl Georg von Raumer (auch von Georg Andreas Reimer). Berlin, vor dem 15. 6. 1818 Einladung zur Teilnahme an einer Fußwanderung im Salzburger Land.

*4573. An Henrich Steffens (auch von Georg Andreas Reimer). Berlin, vor dem 15. 6. 1818 Einladung zur Teilnahme an einer Fußwanderung im Salzburger Land. 4571.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 218, Bl. 3

*4572.

Erschlossen aus Brief 4578 Z. 61–63 vom 20. 6. 1818 an Blanc.

*4573.

Erschlossen aus Brief 4578 Z. 61–63 vom 20. 6. 1818 an Blanc

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Briefe 4574 – 4577

*4574. An August Hermann Niemeyer. Berlin, vor dem 17. 6. 1818

4575. Von August Hermann Niemeyer. Halle, Mittwoch, 17. 6. 1818 Halle den 17 Jun. 18.

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Wenn gleich, mein hochgeehrter Freund Ihr Schreiben eine späte Gabe war, so war sie doch desto erfreulicher, und ich wünschte mir nur auch in diesem Augenblick Muße, um über manche Puncte über die ich gerade von Ihnen nicht mißverstanden zu seyn wünsche, etwas ausführlicher seyn zu können. Das steht Ihnen aber noch bevor, und könnte leicht wortreicher werden als Sie am Ende wünschen werden, um die frühere Wortkargheit zu compensiren. Heute geht dies nicht; aber ich kann unmöglich dem Drange widerstehen, ein Paar Zeilen an Sie abzusenden, da ich eben, kurz vor Abgang der Post, ein Consistorialschreiben zu Gesicht bekommen, wovon ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Kaum habe ich meinen Augen getraut, daß s o e t w a s vom Ober Consistorium ausgehen konnte. Sie merken schon, daß ich von den B r o d t - oder S e m m e l m a a ß e n und den PStichfindernS rede. Sagen Sie mir, lieber Freund um Gotteswillen, wo denken die Urheber solcher Verordnungen hin? Aus | mehreren Briefen anderer Geistlichen, hatte ich schon davon munkeln gehört, verstand aber nicht, was sie eigentlich meinten. Nun komt nur auf einmal die ganze Bescherung! Ists denn nicht möglich daß dieser – ich habe gar keinen Namen für die Bezeichnung – also dieser schreckliche Mißgriff, um nichts schlimmes zu sagen, vor dem Auge der Christenheit verborgen bleibe, oder auf irgend eine Art unterdrückt werde? Gott! was werden die – die draußen sind – was werden die Katholiken und die Harms und die Ammons – und die Zeloten beyder Kirchen – und was werden die WeltLeute dazu sagen? Daß doch auch immer so etwas von P r e u ß e n kommen muß! Es giebt leider Gottes! der Antipreußen so viele! Wie werden sie wieder – unter anderm meine Nachbarn die Sachsen – ins Fäustchen lachen, daß solche Kleinigkeitskrämerey in die heiligsten Dinge gemischt wird. Ich weiß, daß viele Pre*4574. 4575.

Erschlossen aus Brief 4575 Z. 2–6 vom 17. 6. 1818. Überlieferung: H: BBAW, SN 342, Bl. 14 f.

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vor dem 17. 6. – vor dem 20. 6. 1818 30

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diger gradehin dagegen protestiren werden. Wird es denn nicht die Synode der Hauptstadt | zuerst thun? – Gewiß wird sie es! Sicher, denke ich, haben S i e schon kräftig geredet und gehandelt. Der neue PHofMinisterS soll ia, sagt man, nicht der e i s e r n e Mann seyn. So werden Sie auf ihn wirken können. Wir haben in unserm Staat schon so viel einmal Ausgesprochnes wieder zurückgenommen, daß ein Beyspiel mehr nicht schaden wird. Es ist mir ordentlich frey um die Brust geworden, daß ich nun den Unmuth gegen Sie habe ergießen können. Ich möchte einen f l i e g e n d e n B r i e f daraus machen können, damit Sie ihn desto eher erhielten. Dann würde ich auch um so eher PdaS ein Paar Worte der Beruhigung und des Trostes für mich und andere bekümmerte Brüder erhalten können. Versagen Sie mir diese nicht. Sey es noch so wenig – Sie erwerben sich ein Verdienst, denn mich hat lange keine Verfügung in dem Grade gekränkt, da ich überzeugt bin, daß sie das eingeleitete Gute, so wie es Ihre A m t l i c h e E r k l ä r u n g PvorlebeS, wieder rückgängig machen wird. Einen zerstochenen Leib wird man noch weniger als einen gebrochnen gut heißen. Ich empfehle mich und mein Haus herzlich Niemeyer

*4576. An Julius Wegscheider. Berlin, vor dem 20. 6. 1818 Gutachten über den in Brief 4564 (4. 6. 1818) mitgeteilten Antrag Hallenser Professoren beim lutherischen geistlichen Ministerium, beim Altarsakrament allgemein das Brotbrechen einzuführen. Er, Schleiermacher, wolle auf Tittmanns Schrift „Ueber die Vereinigung der evangelischen Kirchen“ nicht reagieren, empfehle aber Wegscheider, Tittmann mit einer scharfen Rezension zu antworten.

*4577. Von Anne (Nanny) Arndt (auch an Henriette Schleiermacher). Bonn, vor dem 20. 6. 1818 Sie erwarte täglich ihre Entbindung und sei guten Muts. *4576. Erschlossen aus aus Brief 4578 Z. 16–18 vom 20. 6. 1818 an Blanc und Brief 4595 vom 24. 7. 1818. *4577.

Erschlossen aus Brief 4578 Z. 71–73 vom 20. 6. 1818.

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Brief 4578

4578. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Sonnabend, 20. 6. 1818 Ei ei lieber Freund! was machen Sie mir für falsche Ausrechnungen. Das kommt doch davon her wenn man sich nicht gegenwärtig genug ist. Noch habe ich mir keinen Unmuth nahe kommen lassen über dieses Zeugs und ich eile um so mehr Sie von der unangenehmen Vorstellung zu befreien. Ich habe im Tittmann geblättert soviel ich konnte ohne aufzuschneiden, und das war schon genug um unmuthig zu werden wenn mich das Ding überhaupt hätte afficiren können. Hernach habe ich einen Versuch gemacht es ordentlich zu lesen; aber ich bin im zweiten Bogen sizen geblieben, nicht etwa um dem Unmuth zu entgehn, sondern der reinen Langenweile wegen, es war mir unmöglich durchzukommen, und ich überließ es andern die hierin stärker sind als ich. Aber auch was mir diese referirt[,] hat mir nicht die mindeste Lust gemacht den Tittmann abzufertigen. Es wäre auch ein zu böses Beispiel; am Ende könnte jeder sächsische Pfarrer von hinterm Zaune her glauben er dürfe nur einen Brief an mich drucken lassen: so müsse ich auch antworten. Da heißt es also principiis obsta. Ich habe | auch Herrn Wegscheider, der vor einiger Zeit unter derselben Voraussezung an mich schrieb, dasselbe gesagt und das Schaaf seiner recensirenden Schur empfohlen. In den Provinzialblättern hat der jüngere Sack das Ding recensirt, sehr milde, aber doch so, daß die ganze Nichtigkeit davon einleuchtet, und ein Paar solche Recensionen werden ja wol vollkommen genug sein. Um Harms thut es mir aufrichtig leid; er wird sich durch diese Briefe um keinen Schritt weiter bringen, sie sind weder gründlich noch geistreich genug um das ungründliche zu verbergen, und der an mich ist gar schlecht. Ich will aber soviel an den Mann wenden, daß ich ihm noch einmal geschrieben schreibe um ihm die Beharrlichkeit in meiner guten Meinung und meine guten Wünsche zu zeigen. Das ist mir doch lieb daß vom Ammon gar wenig die Rede ist in seinen Briefen Ueber die Verpflichtung auf die symbolischen Bücher kommt eine kleine Abhandlung von mir in den Reformationsalmanach. Ich fürchte sie wird den Meisten unbedeutender erscheinen als sie gemeint ist, weil die Hauptsachen gleichsam nur beiläufig ausgesprochen sind. Sollte sie über mein Erwarten Sensation erregen so ist sie vielleicht nur der Vorläufer von etwas größerem. – Ribbek und Hanstein scheinen sich ganz still halten zu 4578. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 234–237 23 ungründliche] korr. aus gründliche 26 meine] korr. aus meines Wünsche] korr. aus Wunsches

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wollen, und ich glaube auch daß sie ganz recht haben, denn es fehlt ihnen an Zeit an Gelehrsamkeit und an der Fertigkeit in einer solchen Art der Darstellung. Die amtliche Erklärung officiell gegen einen solchen Mann wie | Tittmann zu vertheidigen halte ich auch für bedenklich weil es zu weit führen würde. – Die Unionssache lassen Sie nur gehen und sein Sie nicht zu ungeduldig. Allerdings wird die Sache das nächste Mal vor alle Synoden kommen, und wahrscheinlich werden sie es leichter haben als wir; man wird durch unsre Verhandlungen klug geworden sein und die Sache mehr in bestimmte Fragen fassen. Nur Eine Synode hat uns übrigens um Mittheilung unserer Verhandlungen gebeten und der haben wir eine Abschrift zugestanden. Uebrigens lieber Freund will ich Ihnen, wenn Sie es wollen, von dem wesentlichen unsrer Vorschläge von denen sich aber manches natürlich nur auf die hiesige Localität bezieht, mittheilen was ich nur weiß. Denn von den externis gestehe ich Ihnen habe ich manches vergessen und müßte erst nachschlagen. Im Einzelnen geschieht übrigens fortwährend manches und das halte ich für jezt für den besten Weg. Jede wirklich unirte Gemeine ist ein Pfeiler, der nicht leicht wieder umzureißen ist, und auf diese wird hernach das Gewölbe aufgesezt Ist denn etwa Ihr Geburtstag gewesen, daß Wucherer Sie mit den beiden Bildern beschenkt hat? Das liebste dabei ist mir zu sehen daß die kleine Frau mich ins Herz geschlossen hat. Solche Weiberherzen sind gar anmuthige kleine Wohnungen für unser einen. Möchte es ihr nur recht gut mit ihrer Gesundheit gehn. Uebrigens ist meine Frau mit dem Bilde gar nicht zufrieden, und viel besser mit einer Zeichnung die seitdem die Alberthal von mir gemacht hat. Zu was für einer Fußreise | bereiten Sie Sich denn vor? Wenn die Kreissynode früh genug und die Provinzialsynode spät genug gehalten wird so habe ich nicht üble Lust mit Reimer nach Salzburg zu gehn. Könnten Sie die Tour mitmachen, das wäre herrlich. Wir haben auch schon an Steffens und Raumer deshalb geschrieben aber noch keine Antwort erhalten. Reimer will voran nach Dresden und wir finden uns in Herrnhut, wo eben der große Synodus der Brüdergemeine gehalten wird[.] Dann würden wir wol durch Böhmen und vielleicht durch Steyermark nach Salzburg und dann über München und Nürnberg zurük. Reizt Sie das nicht? Was macht Ihr Buch? Davon schreiben Sie ja kein Wort. Bei mir pausirt alles; die laufenden Geschäfte nehmen mich so hin daß ich vergeblich von einer Woche zur andern gewartet habe an meine Apostelgeschichte zu kommen. – Von Nanny haben wir die besten Nachrichten, sie erwartet 62 an] über )nach* 65 Böhmen] folgt )üb Mün*

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Briefe 4578 – 4579

täglich ihre Entbindung; etwas bange ist mir bei ihr vor dem ersten Mal sie selbst scheint sehr gutes Muthes Die Bonner Universität läuft nun auch vom Stapel. Aber was sagen Sie zu Koreffs Erhebung? Ich fürchte der Gräuel ist noch vollständiger und der Staatskanzler läßt ihn auch die geistlichen Sachen vortragen. Gott bessers. Leben Sie wohl und grüßen Sie alle Freunde herzlich. Schleiermacher Berlin d 20t. Jun. 18.

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4579. Von Luise von Willich (auch an Henriette Schleiermacher). Garz, Sonnabend, 20.6. bis Sonntag, 21. 6. 1818 Gartz, Sonabend den 20t Juni –18. Morgens um 7. Ich soll Dir einen freundlichen guten Morgen sagen, vom alten Vater der noch behaglich sein Pfeifchen im Bette raucht, und eben seinen Kaffe getrunken hat. Lotte grüßt Dich auch, sie kann das Bette noch nicht verlaßen, und ich bin seit ein par Tagen bei ihr, um sie etwas heraus zu pflegen. Ihr Bette steht in der Vorstube, an der Wand gegen der Stubenthür, des Alten Bette im Zimmer neben an. Gegen 6 ist diese Region schon in Bewegung, ich schlafe in der Kammer neben Lottchens Stube, um halb 6 bin ich auf, damit ich fertig bin wenn der Kaffe komt, dann mag der Alte gar zu gerne jemand vors Bette haben, und Lotte schickt mich gleich zu ihm so wie der Kaffe kömt, dann muß die Thüre offen bleiben damit sie den lieben alten Vater hören kann der immer wohlthätiger auf alles wirkt was ihn umgiebt. Du solltest ihn doch noch ein mal sehen. Die arme Lotte hat sehr gelitten, und ist zum dritten mal zurük gesunken – da ist sie denn natürlich manchmal verzagt gewesen. Jezt wird es mit Gotteshülfe beßer gehen, sie ist wohl nicht vorsichtig genug gewesen. Sie fängt nun wieder an, auf zu stehen, und hat Gestern statt i n , auf dem Bette gelegen. Wärend ich in Putzar war hat sie krank gelegen – Doch wollte sie und die Kathen selbst, daß ich die Pferde nicht zurükgehen laßen 79 20t.] korr. aus 1 4579.

Überlieferung: H: BBAW, SN 427, Bl. 150 f.

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sollte, sonst ist mir jezt als wäre Lotte die Pflege nötiger gewesen da in Putzar der Graf selbst der treuste Pfleger war. Wer weiß aber ob ich in Garz nicht auch krank geworden wäre, denn halb krank reiste ich wirklich von Poseriz ab, ich mögte es mir nun nicht merken laßen, und ich fühlte daß die frische Luft, die Bewegung und der Glaube einen Kranken vielleicht Sterbenden zu erkvicken mich gesund machte. Die milde Natur des F r ü h l i n g s und der Gräfin machten mich bald ganz frisch wieder, doch hielt ich es für Unrecht | länger als nötig da zu bleiben, wo ich nun nichts mehr zu thun hatte, da ich wohl fühlte daß der Pistorius meine Nähe lieb sein muste. Eine gar wunderbare Schickung war es lieber Bruder, daß grade j e z t die Pferde u n g e f r a g t von Schwerins geschickt wurden – wäre ich bei Euch so wollte ichs Euch erzählen – ach in so kleinen Begebenheiten fühlt man oft doch s o lebendig daß man unter Gottes Führung lebt! Den 12ten kam ich wieder in Poseriz [an], ich reiste von Stralsund mit der Israel, und erkannte darin wieder mein Reiseglük, sie wollte eben wieder nach Glutzow und brachte mich nach Poseritz, wo ich noch die liebe Tante Baier fand, auch Minchen mit ihrem süßen schönen Kinde, und unsre gute Mariane. Sophie war leider nicht ganz wohl, doch war es nur Erkältung. Tante Baier ist durch die Liebe ihrer Kinder PleiseS und linde durch den Winter geführt, hin und wieder drohte die Krankheit wieder doch Gott schüzte sie, und sie ist gesund und ihr Geist frisch und lebendig. Minchen hat sich auch dem stillen heitern Leben wieder mehr zugewandt, und sie lebt mit ihrem Kinde in frommer Liebe und Freude. Mariane ist immer kränkelnd, wenn auch nicht krank, ach wagte sie es nur einmal übers Waßer zu schwimmen wüste sie es nur wie das Herz sich erweitert wenn man neue Gegenden sieht, wenn auch fremde Menschen einen mit Liebe entgegen kommen – aber freilich, manchem entgeht sie auch wieder was ihr schwer werden würde – Doch, lieber Schleier i m m e r werde ich Dir dankbar bleiben für Dein schönes Schlesien! nie werde ich es vergeßen. Sollte ich noch wohl mal wieder bei Euch sein? lieber Bruder? liebe Schwester? – ich mag mir darüber gar nichts denken, weil ich es nicht kann – kömt doch das Beste oft unerwartet. Doch bin ich ein Mal wieder bei Euch, dann muß ich auch thätig sein können! Sieh Jettchen, wenn ich auch nur ein par Monathe da wäre, wir wollten uns dann doch das wirtschaften umgehen laßen, Du eine Woche | und ich eine Woche – lache mich nur nicht aus mit meiner blühenden Phantasie, doch e i n s hoffe ich, eh ich sterbe! das Eine wird kommen, daran verzage ich nicht, denn Gott wird es wollen.

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Briefe 4579 – 4581

Den 12ten kam ich zu Hause, und den 13ten (Sonabends) z e u g t e n Minchen und ich, uns einen Wagen nach Götemitz, und waren ein par Stunden da. Ich fand die Kathen außer Bette und viel stärker als ich vermuteht hatte. Krüger, ihr Arzt kam aber auch, und ermahnte sie zur G e d u l d , woran es ihr im Leben noch nie gefehlt hat, warnte sie vor zu großer Heftigkeit, die ihrer Seele ganz fremd ist – und meinte, sie müße sich noch lange sehr in Acht nehmen was wohl das Wahrste ist. Die Kathen hat Vertraun zu Krüger, obgleich es sie auch stöhrte, daß er sie selbst doch gar nicht kennt. Die liebe Lotte trug mir auf, lieber Schleier Dir bald zu schreiben, und Nachricht von ihrem Befinden zu geben, damit rechtfertige ich nun mich, daß ich schon wieder schreibe. Ich schickte nur gerne mit Morgender Post diesen Brif ab, allein Morgen wird Bier von hir nach Götemitz geholt, und dann bekommen wir wieder Nachricht, die ich Euch noch gerne mittheilen wollte weil wieder in diesen Tagen ein gefährlicher Zeitpunkt gewesen, wovon wir noch nicht wißen wie die Kranke ihn überstanden ich laße daher den Brief noch liegen. Daß Malchen Baier bei Euch, in mein Berlin, ist, erfuhr ich wie ich zu Hause kam, ich muß ihr dahin schreiben w i e herzlich gönne ich es ihr, und wie freut es mich daß sie bei R e i m e r s wohnt, nun wird sie erst glücklich sein! da Mine die Gütigkeit und Liebe selbst ist! und wie wird Ludchen und Jettchen für sie sorgen. Du besorgst mir doch ein Briefchen an sie? Sage Jettchen ich hatte guten e c h t e n Katun zu 3 Gr. im Stralsunder Markt für mich gekauft (freilich nicht feinen | nur zur Decke[)] – und hatte wohl an sie gedacht, doch da ich keine Antwort auf meine Anfrage erhalten so habe ich für sie nichts kaufen können. Nun will ich zu meiner Kranken; Übrigens lieber Schleiermacher kommen nun schon wieder Nachmittags Reisende. Vorgestern war hir ein Prepositus Visbeck der Dich kannte, und bei Dir in Berlin gewesen war, vor 2 Jahren, mit der Frau vormals Prediger Gerling, der vor 2 Jahren in Puttbus war, er gefiel uns sehr, doch sie ist viel liebenswürdiger, sie war nur eine Stunde hier, vor Lottchens Bette, aber wir schieden herzlich von einander! ich wollte ich könnte sie Dir beschreiben, wäre sie schöner so mögte ich sie mit Carvaggios Frau vergleichen – so lieblich klug, und demüthigen Sinnes. Ich mein die Frau vom Mahler Carvaggio, deren Bild mir so lebendig vorschwebt als hette ich sie gesehen – so ist wirklich diese Gerling, doch vielleicht kenst Du sie. Die Israel ist eben gekommen, und weiß daß die Kathen in diesen Tagen im Garten gewesen ist, das ist ein gutes Zeichen, beunruhigt Euch also nicht

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zu sehr. Sobald ich nun in Götemitz gewesen bin, und sie schreiben von dort vielleicht nicht selbst so gebe ich Euch wieder Nachricht, bis Ihr über beide liebe Kranke ganz ruhig sein könnt. Mine Reimer und Ludchen haben doch wohl meinen Brief aus Putzar nicht bekommen ich bat sie so sehr mir wißen zu laßen wenn Mine entbunden sei, nun habe ich es mit herzlicher Theilnahme von Tante Baier erfahren. Schleiermacher Schreib mir doch mal von der Fischer, und b i t t e ! grüße sie von mir! ist sie gesund geworden? An Ehrenfried hatte ich in Putzar geschrieben, und da ich den Morgen meiner Abreise Deinen Brief versiegelte, vergaß ich in der Zerstreuung den Brief einzulegen, sage ihn das, und daß er den Brief der in Poseritz in meinen Schreibtisch liegt, haben soll, wenn ich nun wieder schreibe, wenn er auch ein wenig alt wird. Was machen Schedens? grüße sie herzlich, und laß mich doch nicht ganz vergeßen werden Eure Luise

*4580. An Christian August Brandis. Berlin, vor dem 22. 6. 1818 Erteilt Brandis im Namen der Akademie den Auftrag zur Aristoteles-Edition. Fragt, ob Brandis sich an der philosophischen Preisfrage der Akademie für 1818 versuchen mag.

4581. Von Theodor Schmidt. Langensalza, Montag, 22. 6. 1818 Langensalz. 22. Jun. 1818. Das Vertrauen, was nicht Ew. Wolgeboren persönliche Bekanntschaft in mir weckt, da ich nicht das Glück hatte in Berlin zu studieren und als *4580.

Erschlossen aus Brief 4610 vom 10. 8. 1818.

4581. Überlieferung: H: BBAW, SN 383. Mit einer handschriftlichen Arbeit über Platons Parmenides. – Beantwortungsvermerk: „beantw d 31t. Aug. 18.“.

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Brief 4581

Schüler zu Ihren Füßen zu sitzen, sondern was Ihre philosophischen Schriften, soweit sie mir bekannt geworden, einflößen, bestimmt mich in einer Angelegenheit mich an Sie zu wenden, in welcher Sie allein die nöthige Competenz haben dürften. Es ersucht Sie nämlich ein junger Mann, dessen philosophische Schriftchen seinen Namen wohl nicht über die Mauern der Universitätsstadt, wo er sich aufgehalten, verbreitet haben, ein Urtheil zu fällen über seine Arbeit, die er Ihnen in beiliegendem Manuscript überschickt, und über einige Gedanken die er in diesem Schreiben vorzulegen sich die Freiheit nimmt. Aus ursprünglicher Neigung für das Studium der Philosophie habe ich mich mit den Hervorbringungen der neuern Philosophie, vorzüglich aber mit Platons Schriften beschäftigt. Die Gründe, warum mich grade dieser Geist mehr anspricht als mancher andere, auseinander zu setzen, wäre für Sie, den Kenner, langweilig, nur erwähnen möchte ich, daß mich nicht blinde Vorliebe fortreisst, und daß ich frei zu sein wünsche von jeder starren und hartnäckigen Einseitigkeit. | Unter den Werken Platons, die nicht alle von gleicher Bedeutsamkeit sind für das Ganze seiner Philosophie, glauben die meisten daß der Parmenides zu den wichtigsten gehöre, einige, wie die Neuplatoniker, daß er den Mittelpunkt der platonischen Philosophie selbst bilde. Gleichwohl dürfte jeder andern platonischen Schrift der Platz, wo sie hingehöre, und die Art, wie sie in den lebendigen Organismus der platonischen Philosophie eingreife, besser bestimmt sein, als dieser, und über sie möchten bisher nur Ahndungen, wenig Gewißheit ausgesprochen worden sein. Sie, Wolgeborner, haben den Parmenides, mehr beachtend, wenn ich nicht irre, seine ausgebildete Dialektik als Form, denn seinen behandelten Stoff, als Schlusstein an das Ende der ersten Reihe der platonischen Schriften geordnet, und somit eingestanden, daß Platon in ihm, als einem Jugendwerk, die Dialektik als Methode habe zu ihrer Vollendung bringen, und als Stufe betrachten wollen, von welcher aus in die zweite stoffzeugende Reihe empor zu klimmen sei. Auf der andern Seite haben Sie sich aber doch nicht enthalten können, in den vielen bedeutsamen Winken Ihrer Einleitung auszusprechen, daß im Parmenides das Höchste, die Einheit des Denkens und Seins mehr als in irgend einem andern Buche Platons behandelt sei, und behaupten damit, daß die Dialektik nicht blos als Methode in ihm geübt worden, das heißt als leere logische Form, sondern als stofferfüllte. Friedrich Ast (Leben und Schriften Platons. S. 239 ff) hat den Parmenides in der Folge der platonischen Gespräche zwar weiter vorgerückt, als Sie, aber seine Selbständigkeit und sein höheres Interesse so ganz verkannt, daß er ihn nur als Ergänzung von Theätetos, Sophistes und Politikos ansieht.

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Ausserdem wiederholt er noch manche schon von Ihnen gerügte Fehler; z.B. daß der | verlohrne Schluß des Parmenides die rechte Auflösung des dunkeln Räthsels enthalte, und manche Schwächen Tennemanns, und beurkundet, daß er den Parmenides wenig begreift. Was für eine Bedeutung der Parmenides für den tiefsinnigen Hegel habe, hat dieser Treffliche, soviel ich weiß, nirgends auseinander gesetzt, daß er ihn aber überhaupt für das größte dialektische Kunstwerk des Alterthums halte, hat er in der Einleitung zur Phänomenologie und in der objektiven Logik genugsam gesagt. Doch vermuthe ich, und vielleicht nicht ohne Grund, daß an der Stelle seiner objektiven Logik, wo er von der Rückkehr des Seins in sich selbst handelt, Platons Parmenides nicht unbenutzt geblieben ist. Könnte dieß bewiesen werden, so wäre Hegels Ansicht über den Parmenides als ein nicht blos formelles, sondern mit dem tiefsten Gehalte, nämlich der Rückehr des Seins in sich selber, erfüllten Werkes zweifellos. Was den Proklos betrifft, so dürfte dieser dem Parmenides, da er den Neuplatonikern überhaupt das Gefäß aller von ihnen sogenannten platonischen Theologie gilt, ebenfalls einen spätern Rang in der Reihenfolge der Dialogen angewiesen haben, als Sie, wäre nur überhaupt jenen Männern der Gedanke die Hervorbringungen Platons in einen philosophischen Organismus einzugliedern, vor die Seele gekommen, wie er von Ihnen neuerer Zeit erfunden und großentheils ausgeführt ist. Bei diesen und noch andern zum Theil entgegengesetzten Ansichten über die dem Parmenides gebührende Stelle unter den übrigen Büchern Platons, und über sein Verhältniß zum Ganzen der platonischen Philosophie, glaubte ich | daß der Ungewißheit nicht anders abgeholfen werden könne, als durch eine besondere Bearbeitung desselben, abgesehn und ganz getrennt zuerst von seinem Verhältnisse zu den übrigen Gestalten der platonischen Gruppe, und daß seine Bedeutung in der Mitte dieses dann nicht mehr dunkel bleiben würde, wenn erst die verschiedenen Theile der Einzelgestalt selbst sattsam geprüft, mit einander verglichen, und ihr Ganzes, was sich, wie nicht zu leugnen ist, künstlich in das Innere kehrt, nach aussen gewendet wäre. Denn so lange die Theile des Parmenides verworren oder doch unverbunden neben einander liegen, verbirgt sich der Punkt, wo es in die Einheit der platonischen Composition eintrifft. Meine Arbeit übernimmt daher dieß, den Parmenides als organisch zusammen hängendes, in ganze Einheit zusammengebildetes Kunstwerk darzustellen, als fremden Zweck bei Seite lassend das, wie er in das Leben des ganzen Platonismus eingeboren ist. Sie verschmäht demnach alle übrigen platonischen Werke einzeln sowohl als im Ganzen zu benutzen.

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Brief 4581

Überzeugt daß die Bearbeitung eines Kunstwerkes, wie es selbst, eine dichterische Seele enthalten, oder daß sie selbst Kunstwerk sein müsse, sah ich wohl ein mit welchen Schwierigkeiten ich zu kämpfen hätte. Eine noch bedeutendere erschien mir die, das Kunstwerk innerhalb seiner Grenzen darzustellen, in welchen es sich selbst erzeugt hat, und nicht gering die Gefahr eigenes hineinzutragen und als abartendes ihm anzueignen. Ich versuchte zuerst dem Parmenides die zufällige dialogische Form zu nehmen, was bei ihm, wie kaum bei einem andern Werke Platons unbeschadet des Ganzen geschehen kann, da besonders die bei weitem größte zweite Hälfte den Anblick eines Vorherfertigen darbietet, dem beim Aufschreiben der Verfasser noch das dramatische Gewand umgehängt hat. Diesen Theil habe ich, da es | fast überall angieng, in Schlußreihen geordnet. Mehr zwar als dieser zweite, scheint der erste am Umfange geringere Theil die dialogische Form zugleich mit und an seinem Inhalte hervorzubilden. Zuerst dürfte aber wohl dieses Theiles wegen die Abstreifung des dialogischen am ersten leicht nachgesehn werden, sodann ist man aber selbst gezwungen, da Platon nicht nach Art schlechter Historiker fremdes sammelt und mit schlechtem Heft Stoffe zusammenklebt, sondern er nur so aufnimmt, daß er es dem eigenen Leben verähnlicht, den einseitigen Satz des Zenon, mit welchem das Buch beginnt, überhaupt alles von den beiden Eleaten gesprochene als platonisches Glied des platonischen Ganzen anzusehn, und hat die Erlaubniß das Dramatische in fortlaufende Rede umzusetzen. Aus demselben Grunde der organischen Aneignung des Fremden möchte die etwa zu machende Ausbeute aus den magern eleatischen Bruchstücken kaum zur Erklærung der Einzelnen frommen, für den Parmenides in seiner Einheit aber ganz unnöthig sein. Nach vorläufiger Entfernung des mehr Zufälligen, weil es zufällig ist, suchte ich darauf dem Parmenides seine Eigenthümlichkeit abzugewinnen, so wie jedes Werk Platons sein eigenes Leben lebt, und das Gesetz seiner Bildung abzulauschen. Abzulauschen, sag’ ich, da hier nicht blos ein öfteres sondern ein feineres und fast unbemerktes Sehn zur Entdeckung leitet. Ich fand in der absichtlichen Abgebrochenheit der einzelnen Theile und des ganzen Werkes, – ihm fehlt wohl nur der dramatische Schluß – in der Herbeiführung der sonderbarsten Ergebnisse, nichts als eine Nachahmung des unbegrenzten Seins selbst, dessen einzelne Gestaltungen sich um so überraschender bilden, je unverbundner sie sind, um so wunderbarer erscheinen, je mehr sie mit dem Unsichtbaren und Übersinnlichen grenzen. | Das Gesetz der Behandlung des Seins hat aber Platon im Parmenides vorgezeichnet, und es durfte nur auf seine eigenen Erfindungen angewendet werden. Jenes Gesetz ist aber kurz gesagt, das der Allbezüglichkeit und Wechselwirkung. Nur das

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Wechselverhältniß der kleinern und größern Theile konnte den Parmenides enthüllen. Wie ferner die Dialektik im Parmenides nur jene vollendete wird indem sich Form und Stoff in einem Höheren vereinigt, zu welchem sich die leere Form wie ein zerbrechliches Gerüste verhält, und wie sie den organischen Gang der Natur wiedergebend, oft einem kleinen entkeimt, das frühere kleine aber nicht aufhebt, sondern es einem allgemeineren eingebiert in regelmäßiger Bildung allmählig fortschaffend, so durfte die Darstellung der einzelnen Theile des Parmenides an sich und im Verhältnisse zu einander, nicht ein blos äusserliches Räsonnement sein, sondern sich so zu sagen in die einzelnen Erzeugnisse einimpfen und sich mit ihnen fortbilden; noch konnte sie springend und späteres vorausnehmend früheres erklären wollen, sondern überall, an jeder Stelle nur soviel wiedergeben, als von ihr geboten wird. Denjenigen möchte freilich das letzte Verfahren nicht angenehm sein, die sogleich beim Anfange leichten Spieles das Ganze in lieblicher Gestalt in sich aufnähmen, oder, wie sie sich ausdrücken, in nuce besäßen, als nach und nach mühsam mit fortgeleitet bis zum Ende, und einem vollendeten Genuß gelangen, die also von dem Erklärer fordern, daß er widernatürlich die Frucht auf die Knospe folgen lassen soll. Wenn schon die Ausführung dieses Gesetzes der Dialektik in der Erklärung des Parmenides nicht leicht war, so entstand doch noch größere Besorgniß vor der Gefahr, ich möchte mehr von eignen Ansichten dem hellenischen | Denker anheften, als die seinigen entwickeln. Die Gefahr ist um so größer, wenn nicht zu leugnen ist, daß zwar Platons umfassender und tiefer Plan im Parmenides wie vortrefflich erfunden, so auch im Ganzen wenigstens ausgeführt worden, daß aber im einzelnen nicht weniges unvollendet geblieben ist. So z.B. fast die ganze Reihe von physischen Begriffen, durch welche das Eins geleitet werden, selbst in den vollkommnern Reihen R I und R II, das Verhältniß des quantitativen Eins zum relativen in R II, das Verhältniß des Andersseins zum Nichtsein in – R I, und anderes noch. An allen diesen Stellen das Halbe zu ergänzen, das Schwankende bestimmter zu machen, wäre Sache der Verbesserung gewesen, nicht der kunstgemäßen Darstellung eines Kunstwerkes. Ich wagte daher im Bezug auf jene physischen Begriffe nichts als zu zeigen, wie sie an einander gekettet worden, und unterließ es, so leicht es auch gewesen wäre, in anderer Verbindung und umfassender das Wesen jener Begriffe neben den platonischen hin darzustellen. Überhaupt glaubte ich nicht gleich einem Recensenten belasten zu dürfen, an dessen Ausführung Platon mit offenbarer Sorgfalt gearbeitet hatte, und dessen Nicht-Vollendung nicht seinem philosophi151 Nichtsein] Nichtseins

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Briefe 4581 – 4583

schen Tiefsinn, wohl aber andern für jetzt noch unbesiegbaren Hindernissen zuzurechnen ist, sondern nur dem Zwecke der Kunstdarstellung gemäß das an das Licht hervorzuziehen, was durch absichtliche Abgebrochenheit der kleinern und größern Theile und durch die übrigen Mittel der Kunsttäuschung ins Dunkel gestellt worden war. Meine Arbeit soll sich also der Idee nach so zum Parmenides selbst verhalten, daß sie nicht ein ihm äusserliches, sondern in seine Kunst eingezeugt die eine entschleierte versichtbarte Seite desselben ist, die platonische Urschrift die räthselhaft verdeckte. Ob die Ausführung der Idee entspricht, weiß ich nicht. Eine große Übereinstimmung, fast | Gleichheit im Bezug auf die am Ende von mir ausgemittelte Grundidee des Parmenides habe ich zwischen meiner Ansicht und der des Proklos gefunden, den ich nach Endigung meiner Arbeit verglich, wiewohl ich auf ganz andere Weise dazu gekommen bin, als er, und im Einzelnen nicht einmal etwas mit ihm gemein haben mag. Was zuletzt den griechischen Text betrifft, so habe ich Gelegenheit gehabt einige von Ihnen, mehrere von Heindorf und Bekker verworfene Lesarten wieder zurück zu rufen, und einige Stellen die auch nach den beiden letztern noch nicht hergestellt schienen, zu verbessern. Das Manuscript von diesem kritisch-philologischen Theile Ihnen zur Ansicht zu schicken, glaubte ich, hieß das Maaß der Zumuthungen überfüllen. Überhaupt bitte ich Sie, um Ihre von andern Geschäften in Beschlag genommene Zeit zu schonen, nur die Stellen meiner Arbeit einer Ansicht zu würdigen, wo die Verhältnisse der einzelnen Reihen dargestellt sind, und die Ineinsbildung des ersten und zweiten Theiles. Meine Arbeit mag Ihnen gefallen, oder nicht gefallen, theilen Sie mit Ihrer bekannten humanen Freimüthigkeit Ihr Urtheil mit. Ich konnte weder unter meinen gelehrten Freunden in meiner Vaterstadt Gotha, noch unter meinen Universitätslehrern in Jena und Göttingen einen finden, der sich so tief mit Platon beschäftigt hätte, wie Sie, und dem ich mich lieber anvertraute als Ihnen. Verzeihen Sie daher meine Bitte. Mit der Dankbarkeit des Schülers werde ich Ihre Mühe anerkennen. Es empfiehlt sich Ihrem Wohlwollen mit ausgezeichneter Hochachtung Ew. Wolgeboren ergebner Dr. Theodor Schmidt. Conrector.

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22. 6. – 26. 6. 1818

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4582. Von Samuel Gottlob Frisch. Freiberg, Freitag, 26. 6. 1818

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Hochwürdiger Herr Hochgeehrtester Herr Doctor! Ew. Hochwürden werden diese kleine Schrift gütig aufnehmen. Ich sende sie Ihnen, um eine Gelegenheit zu haben, Ihnen meine innige Verehrung zu bezeugen. – Wenn die historische Kunst des Lukas nicht zureichte, die Fragmente der LebensBeschreibung Jesu und seiner Apostel, welche er zusammenbrachte gehörig zu verschmelzen: so scheint mirs doch, als habe er zwekmäßig gesammelt und zusammengestellt. Welchen Zwek seine Darstellungsart und seine Auswahl gehabt habe, versucht diese kleine Schrift auszuführen, deren zweyter Theil etwas mehr als der erste bedeutet, wenn das Ganze überhaupt einen kleinen Werth hat. Mit großem Verlangen sehe ich dem zweyten Theil Ihres Lukas entgegen. Mit wiederholter Bezeugung der innigsten Verehrung Ew. Hochwürden ganz Eigner D. Samuel Gottlob Frisch Freyberg im Erzgebirge den 26sten Jun. 1818.

*4583. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, um den 26. 6. 1818 Seine Frau habe am 24.6. nach 40stündigen Geburtsleiden ein Mädchen geboren, das nach wenigen Minuten verstorben sei.

4582. Überlieferung: H: BBAW, SN 282 B. Mit einem Exemplar seiner Schrift „Diss. inaugural. Utrumque Lucae commentar, de vita, dictis fatisque Jesu et Apostolorum non tam historicae simplicitatis, quam artificiosae tractationis indolem habere“. – Beantwortungsvermerk: „beantw d 31t. Aug.“ 4 sie] Sie *4583. Erschlossen aus Brief 4588 Z. 8–12 vom 11. 7. 1818 von Twesten. Dieselbe traurige Nachricht schrieb Arndt am 25. und 26.6. an Johanna Motherby, Johanna Quistorp, Charlotte von Kathen und Charlotte Pistorius (Arndt: Briefe 1, S. 647–649).

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Briefe 4584 – 4585

4584. Von Johanna Steffens. Breslau, Mittwoch, 30. 6. 1818 oder früher den 30sten PJunS Liebster Schleier, wir schicken Ihnen hiermit einen recht lieben und sehr gebildeten Reihnländer zu, Herrn B ö d i n g , mit dem es uns die kurze Zeit die wir Ihn kennen, recht wohl geworden ist, Er denkt sich einge Wochen in Berlin aufzuhalten; Steffens hatte Ihm auch eine Empfehlung an Reimer mit geben wollen, kömt aber heute nicht dazu. Mit Verlangen sehe ich einen Brief von Nanny entgegen, sie läst mich recht warten. Mutter schreibt mir daß Haxthausen in Berlin ist, Sie müssen Ihn herzlich von uns grüßen, wenn Er doch hier her käme. Herr von Schmäling ist mit seiner Frau bey uns gewesen, Er gefält uns sehr gut, und auch sie scheint eine gute Frau zu sein, ich bedaure die armen Leute herzlich, hierher verbant zu sein. Steffens denkt morgen Manuscripte an Reimer zu schicken, und Ihnen lieber Freund dabey zu schreiben. Grüßen Sie Ihre Lieben herzlich von uns Allen Hanne 75v

umgekehrt | Wenn Sie den Herrn Böding erlauben des Abends Thee bey Ihnen zu trinken werden Sie Ihn erfreuen das hat Er bey uns auch getahn, es liegt Ihm am freundlichen Umgang viel, Er ist ein reicher Gutsbesitzer vom Reihn der Glückliche!

4584. Überlieferung: H: BBAW, SN 395, Bl. 75. Zur Datierung: Raumer berichtet in seinen Memoiren, dass der Hauptmann Wilhelm von Schmeling, der auch an Raumers Seite im Turnstreit stand, 1817 nach Breslau kam (Karl von Raumer: Karl von Raumers Leben, Stuttgart 1866, S. 273). Der Brief von Anne Arndt, auf den Johanna Steffens wartet, könnte eine Nachricht über die für Juni 1818 erwartete Geburt ihre ersten Kindes sein (welches dann kurz nach der Geburt starb). Haxthausen könnte, als er 1818 von Göttingen nach Bökendorf heimkehrte, einen Umweg über Berlin gemacht haben. Die Datierung auf den 30. Juni 1818 ist wahrscheinlich, denkbar wäre jedoch auch der 30. Juni 1817 oder der 30. Januar 1818. 7 sie] Sie 8 daß] das 10 sie] Sie

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4585. Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Freitag, 3. 7. 1818 Halle den 3ten July 18.

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Den Titmann wollen wir also laufen lassen, obwohl ich die schönste Gelegenheit gehabt habe mein Müthchen an ihm zu kühlen. Wegscheider sagte mir nemlich der ihm bestimmte Recensent sey krank geworden und fragte mich ob ich Lust hätte die Arbeit zu übernehmen. Da packte mich aber der Ekel ein solches Ding mehreremale durchzulesen, es schien mir ominös meine RecensentenLaufbahn grade damit zu eröfnen und ich schlug es aus. Auch schien es mir nicht gut daß sich besonders reformirte Stimmen, und soviel ich weiß bis jetzt diese allein dagegen erheben sollten. Wir werden hier, wenn die Unionssache auf der Synode zur Sprache kommt, keinen leichten Stand haben und ich bedaure im voraus den armen Dohlhoff huius anni praeses, dem bey solchen Gelegenheiten gern das kalte Blut abgeht. Die Sache wird bey einigen, namentlich bey dem Ihnen ja wohl noch erinnerlichen Eisfeld, an der Marktkirche, den hartnäckigsten Widerstand finden und deshalb wäre es wohl gut wenn wir, wenn auch nur von den Hauptzügen dessen unterrichtet wären, was Sie in Berlin darüber festgesetzt haben. Ob die externa als HauptHinderniß werden vorgeschoben werden weiß ich nicht, desto gewisser aber nach Kenntniß der Personen, daß sie heimlich die Hauptsache ausmachen werden, und einige Winke über die Art wie man diese Dinge bey Ihnen behandelt hat wären uns überaus willkommen. Da es sündlich wäre mehr von Ihnen zu verlangen als nur die Grundzüge dessen worüber man sich vereinigt oder was man vorgeschlagen hat, so bitte ich | Sie nur um diese, damit wir doch einigermaßen vorbereitet in der Synode erscheinen mögen; um so mehr da ich keinen Augenblick zweifle daß Wagnitz sich die für ihn tauglichen Notizen gewiß heimlich verschaft hat. – Glauben Sie übrigens ja nicht daß mich das hin und wieder erhobene Geschwäz geistloser Zionswächter muthlos gemacht hat, vielmehr ist es mir sehr lieb daß diese Sache erst jetzt, wo doch offenbar ein besserer theologischer Geist wieder erwacht ist, und nicht etwa vor 20 Jahren zur Sprache gekommen ist, wo es vielleicht leichter gewiß aber auch schlechter gegangen wäre. Meine Fußreise werde ich diesmal wohl zu Wagen machen. Ich denke nemlich mit meiner Frau und Wucherers die nächste Woche den Harz zu besuchen, wenn der Himmel uns freundlicher ist als in dieser. Versteht sich 4585.

Überlieferung: H: BBAW, SN 253, Bl. 104 f.

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Briefe 4585 – 4587

aber daß ich im Gebirge den Wagen nicht viel belästigen und den Hammer nicht vergessen werde. Zu so großen Dingen wie Ihre Salzburger Reise fehlt es mir durchaus an Geld. Vielleicht könnten sich meine Umstände in Kurzem etwas verbessern; ich höre nemlich daß ich zum Prediger an dem hier neu eingerichteten Irrenhause bestimmt bin, obwohl es mir noch nicht offiziel angezeigt ist. Obwohl ich noch gar keinen Begrif habe von dem was dabey zu thun wäre, so tröstet mich doch die Ueberzeugung daß wenigstens hier niemand ist der brauchbarer dazu wäre und da Gutike, der Arzt des Institutes mein Freund ist, so wird wenigstens Uebereinstimmung der Ansichten, die hier wohl das Wesentlichste ist herschen. Haben Sie je an so etwas gedacht und wissen Sie mir | irgend einen Rath darüber zu geben so bitte ich Sie flehentlich darum, damit ich mich doch nicht gar zu verkehrt dabey anstelle. Gern schlüge ich es ganz aus, wenn ich nicht die Ueberzeugung hätte daß dann nur ein eben so ungeschickter, der nicht einmal einen ernstlichen guten Willen dazu brächte, angenommen werden würde. Auf Ihren Aufsatz für den ReformationsAlmanach bin ich höchst begierig. Wie steht es denn mit der neuen theologischen Zeitschrift und Ihrer Abhandlung für dieselbe, mit der Philosophie des Sokrates u.s.w. Es ist eigentlich schändlich daß ich Sie daran erinnere jetzt wo Sie über Mangel an Muße klagen und ich aus leidiger Erfahrung selbst weiß wie Zeitversplitternd für mich der Auffenthalt auf dem Lande ist. Kommt Ihre Reise zu Stande, so können Sie gar nichts besseres thun als Ihren Rückweg über Halle nehmen wo Sie in der Stadt wie auf dem Lande ein gutes Quartier finden sollen. Das letzte wäre wirklich das beste um einige Tage auszuruhen und einmal recht ungestört auszuplaudern. Gott behüte Sie. Meine Frau grüßt herzlich, wie ich die Ihrigen. Blanc

*4586. Von Berend Kordes. Kiel, vor dem 11. 7. 1818 Dankt für die Zusendung eines Exemplars der Streitschrift gegen Ammon an die Universitätsbibliothek Kiel. *4586.

Erschlossen aus Brief 4588 Z. 172–174 vom 11. 7. 1818.

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Sie haben mir auf meinen geschriebenen Brief gedruckt geantwortet: ich kehre es um und antworte Ihnen auf den gedruckten noch einmal geschrieben. Zunächst um Ihnen zu sagen wie leid es mir thut, daß Ihnen mein Brief nicht mehr als ein freundliches Achselklopfen gewesen ist. Doch ich mache Ihnen darüber keinen Vorwurf, sondern ich möchte Ihnen nur prophezeihen – denn ich thue das auch wohl einmal, wenn ich nur die rechten Leute vor mir habe – daß der Unmuth, den Sie gegen mich empfinden, sich wieder verlieren wird. Nur das kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß die Art, wie Sie in Ihren Briefen von meinem Briefe reden, mir deshalb nicht gefallen hat, weil sie gar leicht die Leser irre führen kann, sich ihn ganz anders zu denken als er war. Dafür wäre es mir lieber gewesen, Sie hätten ihn abdrucken lassen, wiewohl ich einsehe, daß Sie das nicht thun konnten, wegen dessen was über Herrn Ammon darin steht. Auch wünsche ich keineswegs, daß Sie diese Aeußerung als eine förmliche Aufforderung dazu ansehen. Denn die Mißverständnisse, die etwa dadurch verhütet werden könnten, sind mir nicht wichtig genug, um deshalb Herrn Ammon noch einmal auf denselben Fleck zu schlagen, und zwar in einer Form, die doch vor das Publicum nicht gehörte. – Was die Sache betrifft: so wünsche ich recht sehr, Sie erst wieder in Ruhe zu wissen. Ich glaube wohl, daß Sie des Streitens nicht überdrüssig sind, und daß Sie sich dabei nicht unbehaglich fühlen; aber ich gestehe Ihnen, ich erwarte wenig Nutzen davon. Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß dieser Streit eine so allgemeine Theilnahme erregt hat; allein die gute Wirkung, die hiervon ausgehen muß, ist auch schon sicher gestellt. Mir ist aber bange, daß Sie selbst durch längeren Streit sich in einer Einseitigkeit festsetzen möchten, in der Sie sich auf die Länge nicht wohlbefinden können, und durch welche Sie bei dem großen persönlichen Einfluß, den Sie immer haben werden, leicht einen Nachtheil stiften können, der nicht wenig von dem Guten wieder aufhebt, was Sie bewirken. Vielleicht finden Sie auch bei der genauesten Prüfung diese Besorgniß unbegründet; aber auch dann müssen Sie mir verzeihen, da sie doch nichts anders sein kann, als ein reines Wohlmeinen. 4587. Überlieferung: D1: Heinrici: D. August Twesten, S. 323–325; D2: Stargardt 560 (1962), Nr. 1082 (ergänzt die Datumszeile). Laut D2: E. Br. m. U. 3 S. 8o. Mit Adresse. – Der Brief wurde zusammen mit dem Brief an Twesten vom selben Tag verschickt, von diesem aber nicht an Harms weitergegeben (vgl. Brief 4591 Z. 61–86 vom 19. 7. 1818).

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Briefe 4587 – 4588

Was meine Verhältnisse zur Lutherischen Kirche betrifft, so werden sie immer dieselben bleiben, die sie immer gewesen sind, wie sehr man mich auch von jenseit mit einem hic niger est als einen entschlossenen Anhänger Calvins ausschreien mag, und unsere Holsteinischen Jünglinge mögen Ihnen ferner berichten, wie ich mich darin halte. Gerade jetzt habe ich mich in etwas verwickelt, wozu ich mir Ihre Unterstützung erbitten möchte. Sie wissen vielleicht, daß sich in Thüringen ein kleiner Verein gebildet hat, um ein paar einzelne Seitenverwandte Luthers besser zu erziehen. Diesem möchte ich gerne eine größere Ausdehnung geben, daß nämlich alle Abkömmlinge seiner Brüder durch eine angemessene Erziehung in den bürgerlichen Mittelstand möchten erhoben werden, damit dann desto leichter jeder der sich auszeichnet zu einer höheren Bestimmung möge entwickelt werden können; und ich möchte es zu einer Nationalangelegenheit der deutschen Protestanten machen, daß ein Verein gegründet werde, der hierzu immer die nöthige Berathung und Unterstützung hergebe. Ich bin eben dabei, diese Sache unter den Gutbesitzern und sonst Vermögenden in Schlesien und Preußen in Gang zu bringen, und wenn Sie es in Holstein thun wollen, so würde das gewiß von großer Wirkung sein. Sind erst dem Zweck angemessene Subscriptionen entweder als Stock oder als jährlicher Zuschuß gesichert, so wird es dann nicht schwer sein, die Sache angemessen zu organisiren, und ich werde Ihnen darüber wenn Sie mir keinen Korb geben, meine anderen Gedanken zur Mittheilung an die dortigen Theilnehmer vorlegen. Und nun muß ich auch abbrechen und Sie Gott befehlen, der auch Ihre Angelegenheiten zum Wohl der Kirche leiten wolle. Er führe uns alle immer mehr dahin, nichts anderes im Auge zu haben als die große Sache, der wir uns gewidmet haben.

4588. An August Twesten. Berlin, Sonnabend, 11. 7. 1818 Erst, mein lieber Freund, wollte ich das Buch von Harms abwarten, indem bald nach Eingang Ihres Briefes verkündet ward, es werde unverzüglich erscheinen; es hat aber gar lange gewährt ehe wir es hier zu sehen bekom4588. Überlieferung: H: Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, 13553; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 318–323 (gekürzt). Mit Brief 4587 vom 11. 7. 1818 an Harms als Einlage.

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men haben; hernach sind die bekannten 999 Abhaltungen eingetreten, und zulezt habe ich den Muth verloren an Sie zu schreiben weil gar nichts verlautete von der für den Mai angekündigten Entbindung Ihrer lieben Frau. Denn es ist doch gar übel an einen Freund zu schreiben wenn man nicht weiß ob man sich mit ihm freuen oder mit ihm weinen soll. Allein vor ein Paar Tagen haben wir hier die traurige Nachricht erhalten daß die arme Nanni nach sehr schweren 40stündigen Geburtsleiden eines Mädchens genesen ist, das nach wenigen Minuten die Augen wieder geschlossen hat. Seitdem ist mir durch die Betrachtung wie zeitig man immer die schlimmen Nachrichten erfährt der Muth für Sie gewachsen, und ich will mich provisorisch mit Ihnen und Ihrer lieben Tine herzlich freuen mag es nun ein Knabe sein oder ein Mädchen was sie Ihnen gebracht hat oder gar ein Pärchen und nur ein wenig schmollen daß Sie mir nicht einmal eine Karte geschickt haben da ich mir halb und halb Rechnung gemacht hatte auf einen Gevatterbrief. Denn damit sollten Sie doch nicht auf meinen verheißenen längeren Brief gewartet haben. Diesen hat wie manches andere die Psychologie verschlungen die ich zum ersten Male lese und an die ich ohne bestimte Vorbereitung gegangen bin so daß ich mich nun in einem fort vorbereiten muß | und aus der Hand in den Mund lebe. Daß ich bei dem guten Harms keinen bessern Erfolg haben würde ahndete mir beinahe. Es liegt indeß nicht bloß an dem Mangel an Wissenschaftlichkeit sondern auch an einem gewissen Ueberfluß von Persönlichkeit, den er je länger je mehr in diese Sache legt; und dies ist es was mir dabei am meisten leid thut denn dadurch thut er der Sache Schaden. Die Briefe habe ich wirklich nicht ordentlich durchlesen können, sie sind gar zu holsteinisch und auch in dieser Hinsicht hat die Persönlichkeit geschadet indem sie eine kleinliche Behandlung veranlaßt hat. Ich bin durch diese Briefe ordentlich irre geworden ob Harms nicht von vorne herein vielleicht nur eine provinzielle Absicht gehabt hat. Kurz inconsequent finde ich die Art wie er die Sache führt durchaus. Meinte er nur Holstein und die Altonaer Bibel so hatte er noch eine Ursache mehr keine solche Form zu wählen wie die Thesen; hat er die ganze Kirche gemeint so mußte er nicht so völlig provinziell fortfahren. Im großen Publicum hat er sich und der Sache durch diese Briefe gewiß Schaden gethan. Den an mich verzeihe ich ihm gern, aber für heilsam halte ich es auch nicht, daß er dadurch den Wahn unterhält als gehöre ich seinen Gegnern an. Desto fester steht bei mir der Entschluß jede Gelegenheit wahrzunehmen um das Gegentheil zu 13 Sie] korr. aus sie

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Brief 4588

zeigen. Nur in die Fehde selbst möchte ich mich nicht noch einmal mischen. Ein Holsteinischer Geistlicher welcher kürzlich hier war hat erzählt Harms sei vor eine Commission gefordert. Darüber kann er sich nun freuen; etwas günstigeres für ihn hätten seine Gegner nicht aussinnen können, und ich hoffe er wird sich nun auch des weiteren Schreibens enthalten können; denn das wünsche ich doch recht sehr – Wolverstanden nämlich nur in dem Zusammenhange mit der durch die Thesen eingeleiteten Fehde. Diese scheint mir in einen solchen Gang hineingespielt zu sein durch Schuld beider Theile, daß wenig ersprießliches mehr herauskommen kann. Das Wort was Sie sagen wollen möge dann das Schlußwort sein, und wird auch gewiß lehrreich für beide Theile die polemische Praxis beleuchten und so die Sache für künftige ähnliche Fälle nüzlich machen. So wenigstens verstehe ich aus Ihrer Andeutung Ihre Absicht. – Was die allgemeine Frage über die Gültigkeit der Symbole in unserer Kirche betrifft, so habe ich einen kleinen Aufsaz darüber für den Reformationsalmanach geschrieben | den ich auch Ihrer freundlichen Aufnahme empfehle. Ich fürchte nur er wird die Wenigsten befriedigen und von Vielen für oberflächlich gehalten werden was er meiner Ueberzeugung nach nicht ist. Wohl aber ist mir hintennach vorgekommen als stände nicht alles an seiner besten Stelle und sei also auch nicht ins stärkste Licht gesezt. Der Hauptgedanke ist aber daß unsere symbolischen Bücher unser Vereinigungspunkt gegen den Katholicismus sind, und als solcher eine unbeschränkte Verbindlichkeit für alle Protestanten haben müssen, daß es aber in unserer Kirche eine verkehrte Idee war innere Streitigkeiten durch symbolische Bücher ausgleichen zu wollen. Die Haltung des Aufsazes ist aber rein praktisch und das habe ich wie es scheint nicht recht zu handhaben gewußt. Ihr Aufsaz wird also durch den meinigen auf keine Weise entbehrlich gemacht werden. Und ich kann nicht sagen wie sehr ich vorzüglich eine geschichtliche Zusammenstellung des Ganges den die Verpflichtung auf die Symbole in den protestantischen Ländern genommen hat für nöthig halte. Ihrem Vorschlage aber lieber Freund kann ich diesmal meinen Beifall nicht geben. Die Kirche würde dadurch offenbar weit mehr gespaltet erscheinen als jezt. Wieviel ganz entgegengesezte Entscheidungen würden herauskommen und mit wie kleiner Majorität! wieviel zu nichts führende und schlecht geführte Streitigkeiten würden zum Vorschein kommen! Auch geht Ihr Vorschlag meines Wissens weit über die Praxis der alten Kirche hinaus indem Sie über jeden Prediger gleichsam ein Synodalgericht niedersezen. Was soll es 41 f Nur … mischen.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 66–70 Ihr … halte.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 75 kommen] korr. aus gekommen

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auch helfen, daß einer noch so ehrlich seine Abweichungen von der Confession in einzelnen Punkten angiebt, da er ja nicht wissen kann wie lange er bei diesen Abweichungen bleibt oder wie bald ihm andere entstehen? Jede einzelne Ueberzeugung kann man doch nur als Durchgangspunkt ansehn, und alles kommt darauf an, daß jeder im Geist mit ihr übereinstimmt. Mir gefällt mein Vorschlag besser, nur das gegen den Katholicismus gerichtete recht fest auch äußerlich aufzustellen alles übrige aber der freien innern Ausbildung zu überlassen die man doch durch Verpflichtungen nicht hemmt sondern nur durch lebendige Institutionen und freie Einwirkungen leiten kann, und so sehen wir ja schon jezt die unchristliche Flachheit sich wieder verlieren ohne daß buchstäbliche Verpflichtungen aufgelegt würden. Daß ich auch in Ihrer Gegend in Bezug auf die Kirchenvereinigung nicht ganz tauben Ohren gepredigt, freut mich. Aber ich begreife nicht in welchem Sinne Sie mir den Vorwurf machen, daß ich die Zwinglische Ansicht mehr als billig hervorgezogen hätte. Ich habe ja durchaus nichts gethan als nur ihres Daseins in der reformirten Kirche zu gleichen Rechten mit der Kalvinischen erwähnt da wo ich es mußte um zu zeigen daß man bei uns schon lange eine Einheit der Kirche habe bei verschiedenen Meinungen über das Abendmahl. Ich bin mir keiner Stelle bewußt, die auch nur den Verdacht erregen könnte als seze ich die Zwinglische Meinung über die Kalvinische. Meinen Sie es aber nur so, daß ich sie hätte ausdrüklich tadeln sollen so glaubte ich mich dazu gar nicht berechtigt, da es hier auf keine Weise darauf ankommen konnte meine Meinung über die Sache ins Klare zu sezen. Ich glaube auch nicht daß man in der vereinigten Kirche der Zwinglischen Ansicht gradezu entgegen arbeiten müsse. Die Vereinigung muß in dieser Hinsicht sich stüzen – nicht auf den Indifferentismus der eben zum Glück die Trennung so schlecht gestüzt hat, aber – auf der Ansicht daß alle drei Meinungen nur gradweise verschieden sind theils im Auftreten gegen den Katholicismus, theils in dem Werth, den | sie für den Christen, der ohnedies in der geistigen Gemeinschaft mit Jesu lebt, auf die äußere Handlung legen. Sobald man einsieht daß der Unterschied nur ein gradueller nicht ein specifischer ist – und diese Einsicht glaube ich kann jeder Katechumene der überhaupt hierüber einer Meinung bedarf durch den Unterricht erlangen – so kann die Vereinigung wol bestehen auch ohne daß die Zwinglische Meinung die jezt offenbar auch in der lutherischen Kirche die meisten Anhänger hat, gradezu ausgerottet wird. Wenn ich Ihnen aber sagen soll wie weit wir mit der Vereinigung gekommen sind 94 Rechten] über )Theilen* 97 mir] mich

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so ist das eine schwierige Aufgabe. Einige einzelne Gemeinen sind völlig vereinigt; daß dies nicht häufiger geschieht hängt daran daß theils noch nicht alle Gemeinglieder sich zum neuen Ritus gewendet haben, theils aber – und dies ist offenbar das größere Hinderniß – daran daß es so schwer ist die äußeren Verhältnisse zu ordnen. Bis jezt ist die Sache im allgemeinen erst vor die hiesige Synode gebracht und wird erst im Herbst vor die übrigen kommen. Wir haben vorgeschlagen daß in jeder Provinz die amtlich bestehenden Agenden revidirt, was darin polemisch gegen die andre Confession ist modificirt und dann alles in Eine ProvincialAgende zu beliebigem Gebrauch zusammengedrukt werden soll. Sobald an einem Ort wo lutherische und reformirte Gemeinen zusammen sind der neue Ritus allgemein geworden ist soll zur völligen Vereinigung eine Commission niedergesezt werden um die Verhältnisse des Kirchenvermögens und die Einkünfte der Geistlichen zu reguliren, das Beichtgeld aber soll jedem Einzelnen nach einem billigen Durchschnitt aus öffentlichen Fonds vergütet werden. Dies ist nun leider der Punkt über welchen bei uns das meiste Mißtrauen herrscht, denn der König hat zwar versprochen zuzutreten aber die Geistlichkeit glaubt nicht daß die Financiers ihn dazu werden kommen lassen. Ueberdies fürchtet sie, daß wenn das Beichtgeld abgeschafft ist die freie Wohlthätigkeit der Gemeinglieder keinen andern Anknüpfungspunkt finden wird. Nachdem nun im Herbst die Kreissynoden sämmtlich über die Vereinigung gehört worden[,] sollen gegen Ende des Jahres die Provincialsynoden gehalten werden, und da wird wol die Sache etwas mehr zur Reife kommen. Noch eine Apologie möchte ich führen über den Ton in dem ich gegen Ammon geschrieben. Ich kann aber nichts andres sagen, lieber Freund, als daß ich hierüber gar keine Ueberlegungen anstelle, ich konnte nur so schreiben oder gar nicht. Wie wenig ich auch Künstler bin in der Ausführung so sehr bin ich es doch in der Conception. Der Impuls zum Werk entsteht mir nicht anders als mit den Grundzügen und dem Ton desselben zugleich, und ich kann nur entweder ganz folgen oder mir die Sache ganz aus dem Sinne schlagen. Daß ich nun das leztere hier nicht gethan, thut mir noch immer nicht leid, und ich bin in der vollkommensten Ruhe über alles was noch daraus entstehen mag. Ist Ihnen Tittmanns Gewäsch vorgekommen? ich überlasse ihn den Recensenten. Das andere saubere Stük „der Katechismus der wahren Religion[“] von Christian Timotheus ohne Verlag scheint sehr im Finstern zu schleichen, ist auch zu erbärmlich um einige Berüksichtigung zu verdienen. Von unserer Freundin Herz wissen Sie wol durch Niebuhrs. Ich wünsche nur daß die NeoKatholiken, von denen sie umgeben ist, es ihr nicht

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zu arg machen. – Es ist mir noch möglich gewesen vor Abgang der Post die kleine Einlage an Harms zu schreiben. Ich schicke sie Ihnen offen; Sie können sie ja leicht wenn Sie es nöthig finden mit ein wenig Oblate schließen. Daß Sie ganz unangemessen finden sollten sie abzugeben fürchte ich nicht; denn so ganz aus dem Herzen wie sie mir gekommen ist kann ich nichts schlimmes davon erwarten. An Heinrich hoffe ich ja auch noch nach Kiel schreiben zu können. Und was werden Sie denn für einen Entschluß fassen? Denn wie ich höre wünscht man Sie auch nach Bonn. Leider fürchte ich nur Sie sind zu fest eingewurzelt. Die herzlichsten Grüße an Ihre Tine und Dore und lassen Sie bald von Sich hören. – Den Gedanken meine Reformationsrede zu übersezen werden Sie wol aufgeben; denn Deutsch kann sich das wol gar nicht ausnehmen – und überhaupt nahm es sich nur aus dem Minister und der hohen HofGeistlichkeit gegenüber. Meine Frau und Lotte grüßen herzlich. Schleiermacher Berlin d. 11t. Julius 1818. Herrn Professor Kordes sagen Sie doch es freue mich daß mir der Zufall einen Brief von ihm verschafft allein ich hatte keinen Antheil an dem auf die Bibliothek gegebenen Exemplar meiner Streitschrift.

4589. Von Wiese. Berlin, Freitag, 11. 7. 1818

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Hochwohlgebohrener insonders Hochzuvererender Herr Professor. Sie werden gütigst verzeihen, daß ich Ihnen Incomandiere, allein von Ihrer Güte und Menschenliebe im voraus überzeugt, wage ich eine Bitte an Sie. Da ich in erfahrung gebracht habe, daß der angestellte Balgetreter, an der Heiligen DreifaltigkeitsKirche mit Tode abgegangen ist, so wolt ich Sie gütiger Herr Professor höfligst ersuchen, und bitten wann der Posten noch Vakant sein solte, mich dazu behülflich zu sein. 172–174 Herrn … Streitschrift.] am linken Rand der ersten Seite 4589.

Überlieferung: H: ELAB, 10405, Nr. 284, Bl. 20

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Briefe 4589 – 4591

Ich bin ein Mann der mit seiner beiden Hände [Arbeit] bey den jetzigen traurigen Zeitpunkt, eine Frau mit 6 Kinder zu erhalten hat, ich weis aber jetzt nicht mehr, da das Faberiecksfach gäntzlich danieder liegt, wie ich es anfangen sol, daß ich meine zahlreiche Familie, mit Ehren durch bringen sol. Ich bin es aber doch als Vater meine Kinder schuldig alles aufzubiethen was in meinen Kräften steht. ich verharre in tiefster Hochachtung der PosamentierMeister Wiese MarggrafenStraße Nom 28. Berlin den 11ten July 1818.

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4590. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 19. 7. 1818

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Bei Einem hohen Ministerio ist schon früher von Seiten der Universität gehorsamst in Anregung gebracht worden, daß der so sehr wünschenswerthen Ausbildung akademischer Docenten auf unserer Universität nicht zwekmäßiger aufgeholfen werden könne als durch ein RepetentenInstitut, und Ein hohes Ministerium hat sich damals diesem Gedanken nicht abgeneigt gezeigt. Die unterzeichnete Facultät ist jezt eben in dem Falle unter den jungen Männern, welche ihre Studien hier vollendet haben, einen zu besizen, welcher uns ganz geeignet scheint die akademische Laufbahn mit glüklichem Erfolg zu betreten, und der dennoch ohne eine solche Unterstüzung genöthigt sein würde seinem Wunsch zu entsagen. Es ist dieses der einem hohen Minister bereits aus unsern Berichten über das Seminarium und auch vom ReformationsSäkularfest her rühmlich bekannte bisherige Studiosus Theologiae Olshausen; und wir würden es als einen Gewinn für die theologischen Wissenschaften ansehn zumal er sich auf die historischen Fächer vorzüglich legen würde wenn Ein hohes Ministerium mit ihm den Anfang machen wollte | ihn als Repetenten bei unserer Facultät anzusezen. Ein hohes Ministerium wird aber gewiß mit uns die Ueberzeugung theilen daß wenn der Zwek erreicht werden soll junge Männer den akade13 daß] das 4590. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 48, Bl. 3 3 Ausbildung] folgt )auf*

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mischen Studien zu erhalten ihnen auch eine so bedeutende Unterstüzung zu Theil werden müsse, daß sie nicht genöthiget wären zu viel von ihrer Zeit dem Unterrichten oder andern mit dem erwählten Beruf nicht genau zusammenhängenden Beschäftigungen zu widmen. Wir halten deshalb 300 r jährlich die auf 3 Jahre verliehen werden für das minimum womit solche Stellen müßten dotirt werden. Wenn Ein hohes Ministerium uns mit einer huldreich genehmigenden Antwort erfreut: so sehen wir zugleich Hochdesselben gnädiger Aufforderung entgegen uns über die näheren Bedingungen gehorsamst zu äußern welche an den Genuß dieses Benefizes möchten zu knüpfen sein. Wie wir auch hoffen zu einer zweiten solchen Stelle – und zwei möchten wol für unsere Facultät nicht zu viel sein – ebenfalls bald ein sehr würdiges Subject in Vorschlag bringen zu können. Die theol. Facult. Schl 19/7 An Ein hohes Ministerium der Geistlichen Unterrichts und MedicinalAngelegenheiten

4591. Von August Twesten. Kiel, Sonntag, 19. 7. 1818 Kiel den 19ten July 18.

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Wenn ich schon vorher mein Unrecht fühlte, daß ich Ihnen die, im Ganzen recht glückliche, Entbindung meiner Tine von einem Mädchen zu melden anfangs verschoben, dann versäumt hatte, so wurde durch Ihren lieben Brief dies Gefühl noch lebendiger angeregt. Doch glaube ich Entschuldigung zu verdienen. Anfangs war es die eigne Ungewißheit, ob ich mich zu freuen oder baldigem Schmerz entgegen zu sehn hätte, die mich zum Aufschieben veranlaßte; dann die Voraussetzung, daß Sie doch schon davon würden gehört haben, und der Vorsatz, Ihnen in den bevorstehenden Sommerferien unter andern über die Harmsischen Angelegenheiten recht ausführlich zu schreiben. Die Entbindung erfolgte ziemlich leicht, aber zu früh; deshalb war das Kind außerordentlich klein, und wir fürchteten es nicht zu behalten. Es war freylich verhältnißmäßig lebendig und stark, es 20 daß] folgt )welche* 23 minimum] folgt )der*

25 genehmigenden] über )bejahenden*

4591. Überlieferung: H: BBAW, SN 408, Bl. 29–31; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 326–334 (gekürzt)

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fehlte aber meiner Tine an Milch, und da wir uns beide sehr vor den Ammen scheuten, auch eine solche nicht sogleich zu haben war, so mußten wir uns entschließen, mit Füttern nachzuhelfen; dabey wollte es anfangs nicht recht gedeihen, Krankheit kam hinzu, und die Besorglichkeit der Aerzte, Verwandten und Freunde nahm auch uns den Muth, den wir noch immer aus den lebendigen Augen der Kleinen schöpften. Jetzt geht es seit einem Paar Wochen besser, das Kind nimt sichtlich zu, und wir hoffen über die Zeit der Gefahr hinweg zu seyn. – Mögte doch Nanny auch, wie wir, mit der Furcht und Besorgniß davon gekommen seyn! uns beide hat es recht geschmerzt, statt der frohen Nachricht, die wir auf Veranlassung der Herz über sie nächstens zu hören hofften, diese betrübende zu erhalten. Tine hatte schon mit rechter Freude für unsere Agnes dem kleinen Gespielen entgegen gesehn, den wir in Bonn zu finden hofften. Es scheint aber, daß manche Hoffnung, die wir auf Bonn setzten, sich zerschlagen will, ehe es sich noch entschieden hat, ob wir selbst hinkommen. Doch darüber nachher. Die Harmsischen Briefe haben auf mich einen so unangenehmen Eindruck gemacht, daß ich seit ihrer Erscheinung wenig mit ihm zusammengekommen bin, den Vorsatz, selbst zu schreiben, ganz aufgegeben, und bereut habe, Sie zu einer Erklärung in Ansehung seiner aufgefordert zu haben. Es war vornämlich der Brief an Sie, der mich so verdroß; ich hatte den Ihrigen an ihn gelesen, hatte mehrmals mit ihm darüber gesprochen, und demnach zwar eine empfindliche Beantwortung erwartet, aber keine so durchaus schiefe und wahrhaft Ammonsche, keine solche, die nicht einmal von dem wirklichen, sondern von einem affectirten Harms ausgegangen ist. Dies wird mir immer mehr bey seinem Treiben das Widrige, daß er sich nicht nur in seinen Einseitigkeiten festrennt, und der gereitzten Persönlichkeit immer größeren Einfluß gestattet, sondern daß er sich auch in ein Wesen gewaltsam hineinarbeitet, was gar nicht das seinige ist, daß er unwahr wird, und ganz andere Vorstellungen von sich zu erwecken sucht, als der haben kann, der ihn kennt. Schon die Thesen hätte e r gerade so nicht schreiben sollen. Sack bemerkt sehr richtig bey den Thesen über | die evangelisch-lutherische, k a t h o l i s c h e , und reformirte Kirche, daß diese eigentlich zu den übrigen nicht paßten, und auf einen ganz anderen theologischen Charakter hindeuteten; ich hätte ihm sagen mögen, daß dies fast die einzigen wären, die zu Harms paßten. Wenn nun aber gar der, der nicht selten seltsam genug über Bibel und biblische Personen (ihre Auctorität, ihre Inspiration u.s.w.) urtheilt, mit Besorgniß dem Einfluß eines calvinistischen Lehrers auf lutherische Theologen entgegensehn will, das ist doch zu arg! Ich mögte nicht gern, daß Sie hierüber schlimmer urtheilten,

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als es in Harms wirklich ist. Es geht bey ihm aus von eigner Unsicherheit, und nöthig gehaltener Unterwerfung unter das, was er für Charakter der Kirche hält, der er dient; es führt eben oft hin auf Aeußerungen, wobey ich nicht mehr begreife, wie derselbe Mann darauf kommen kann, den ich in andern Dingen so ganz entgegengesetzt habe urtheilen hören. Dabey fahren dann Freunde und Feinde, vorzüglich wohl auch der fortdauernde Zusammenhang mit Ammon fort, schädlich auf ihn einzuwirken. Ihren Brief ihm zu übergeben, habe ich mich nicht entschließen können; ich habe daher von der Erlaubniß Gebrauch gemacht, die Sie mir zu geben geschienen, ihn allenfalls zurück zu halten. Ich fürchtete nämlich, daß er keinen andern Eindruck auf ihn machen würde, als Vermehrung seiner Eitelkeit, und die Meinung, die er auch bey dem vorigen äußerte, daß Sie ihn nur auf Ihre Seite zu bringen trachteten; so wie ich ihn kenne, so wie ich glaube, daß er Ihren Brief aufnehmen würde, habe ich das Gefühl, daß Sie sich durch denselben etwas gegen ihn vergeben würden, daß Sie sich, in seiner Meinung, in ein Verhältniß zu ihm stellen würden, was Ihnen nicht angemessen ist. Ich habe mir freylich gesagt, daß Sie ja seinen Brief vor sich hatten, daß ich also vielleicht nicht das Recht habe, hier anders zu handeln, als Sie gehandelt haben; aber ich habe den Mann vor mir, und glaube, Sie würden den Brief nicht schreiben, wenn Sie ihn auch vor sich hätten. Urtheilen Sie indeß anders, so ist nichts verlohren; Sie brauchen mir nur mit der nächsten Post zu schreiben, daß ich ihn dennoch abgeben solle; eine Reise, die er morgen nach Dithmarschen macht und von der er erst in reichlich 8 Tagen zurückkommt, läßt mir die Möglichkeit offen, ihn erst nach Empfang Ihrer Antwort an ihn abzugeben, weil ich ihm denselben doch nicht hätte nachschicken können. – In Ihren Plan wegen Luthers Nachkommen würde er übrigens kaum eingehn können, weil seine Verbindung mit Ammon ihm eine solche Verbindung mit Ihnen unmöglich macht. Wollten Sie mir aber eine kurze ostensible Anzeige der Absicht und des Planes zusenden, so zweifle ich nicht, daß hier im Lande sehr viele dafür gewonnen werden können, da ohnehin schon am Reformationsfeste in Einer Stadt wenigstens für Luthers Nachkommen gesammelt ist, wie ich höre mit Erfolg. Was die andern Briefe betrift, welche seiner eigentlichen Vertheidigung gewidmet sind, so haben Sie wohl nicht mit Recht auf eine bloß holsteinische Tendenz der Thesen daraus geschlossen. Deutlich hat er es | sich freylich wohl selbst nicht gemacht, worauf er eigentlich ziele; er hat aber doch wiederholt geäußert, daß er nicht Holstein allein meine. Weil aber seine Gegner vorzüglich aus Holstein sind, und weil diese die Thesen ganz holsteinisch genommen haben, konnte auch seine Antwort nicht allgemei-

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ner ausfallen. Dazu kam dann aber, außer dem Ueberfluß an Persönlichkeit, den Sie sehr wahr bemerkt haben (und der sich leider bey aller Gelegenheit zu sichtbar äußert) und der Absicht, Belesenheit und literärische Kenntnisse zu zeigen (deren Mangel ihm von vielen sehr plump und beleidigend vorgeworfen war) Uebereilung, wodurch seine ohnehin verworrenen Gedanken noch mehr sich klar zu entwickeln verhindert wurden. Sie werden bemerken, daß die ersten einleitenden Briefe auf etwas sehr ausführliches angelegt sind; zuletzt geht aber alles bunt durch einander. Ueber den Plan, den er befolgen wollte, werden Sie lächeln. Er wollte den Ursprung des Verderbens der Kirche durch die vier Kategorieen, Quantität, Qualität etc. durchführen. Bey der Relation und Modalität aber wollte es nicht mehr fort; dabey bricht er daher ab. Zu dieser Uebereilung ward er äußerlich veranlaßt. Der König, ich weiß nicht durch wen gereitzt, hatte gewollt, er solle wegen einiger Thesen aufgefordert werden sich zu verantworten. Dazu wollte es unsere oberste Behörde, die Deutsche Kanzley, nicht gerne kommen lassen. Ein Mitglied derselben bat daher Falck (der früher in der Kanzley gewesen ist) er möge doch Harms um Beeilung seiner öffentlichen Vertheidigung ersuchen. Harms beeilte sich dann, kam aber doch zu spät. Die Kanzley hatte schon vorher der dringenderen Anforderung des Königs genügen und einen Vortrag darüber machen müssen, worauf zwar keine Commission ernannt, aber dem Landesconsistorium aufgegeben wurde, von Harms über einige der anstößigsten Thesen seine Erklärung einzufordern. Wie ich höre, hat sich Harms darauf nicht eingelassen, sondern auf bestimmte Angabe der Puncte gedrungen, worüber man ihm Vorwüfe glaube machen zu können. Obgleich dies gerade der Weg ist, um Schritte herbeyzuführen, die mehr Aufsehn machen, so glaube ich doch nicht, daß etwas Uebles für Harms daraus erfolgen wird. S i e mögte ich nun allerdings um der Sache wegen bitten, es gelegentlich auszusprechen, daß Sie es mit Ihren Aeußerungen über die Thesen nicht so gemeint hätten, als wollten Sie die Flachheit und Erbärmlichkeit, die sich in den Ansichten seiner Gegner meistens an den Tag legt, durch Ihr Ansehn begünstigen; um Harms willen aber, Ihrer früheren Erklärung über ihn, daß Sie, obgleich Sie ihn sonst achteten, doch die Thesen nicht billigen könnten, gelegentlich die an die Seite zu stellen, daß Sie, obgleich Sie mit seinen Thesen unzufrieden wären, doch seine Talente wie seine christliche Denkungsart zu achten nicht aufhörten. – Denn das brauche ich ungeachtet alles Bisherigen wohl nicht hinzuzufügen, daß auch mir Harms, so böse ich bisweilen auf ihn bin, im Ganzen doch noch immer lieb und werth bleibt; daß ich bedaure, ihn oft auf so falschem Wege zu

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erblicken, daß aber doch das Gute und Achtungswerthe an ihm das Schlimmere in meinen Augen bey weitem überwiegt, daß ich daher, so wenig ich mich entschließen kann, ihm einen Brief | von Ihnen zu übergeben, in welchem er das, was ihn beschämen sollte, nicht zu würdigen, sondern nur einen Triumph seiner Eitelkeit darin zu finden wissen wird, doch wünschte, ihn gegen die öffentlichen ihm wiederfahrnen Beschimpfungen durch ein ehrenvolles Urtheil von Ihnen in Schutz genommen zu sehn. Aber freylich, wo soll das geschehn, wenn Sie gegen Tittmann, und also überhaupt wohl nicht schreiben wollen? – ich mögte Sie doch bitten, es zu thun. Ich habe freylich das Tittmannsche Product nicht gelesen, doch weiß ich, daß es auf manche Leute viel Eindruck gemacht hat, und daß Sie von vielen für geschlagen geachtet sind. Ihn den Recensenten zu überlassen scheint mir deshalb kaum rathsam, weil die einen (z.B. die Leipziger) die Schrift ganz vortrefflich finden, die andern aber nicht auf die Weise würdigen werden, wie Sie es wollen. Achten Sie ihn aber Ihrer directen Polemik unwürdig, könnten Sie doch nicht die Gelegenheit benutzen, um allgemeiner belehrend über den wichtigen Gegenstand sich auszusprechen? Daß Sie dies thun würden, schien auch Bleeks Meinung zu seyn (der mir, beyläufig, viele Grüße an Sie aufgetragen hat.) Für die Nachrichten über die bis jetzt im Vereinigungswerk gemachten Fortschritte danke ich Ihnen herzlich. Ich hätte aber geglaubt, daß Sie schon weiter wären. Mit der Aufhebung des Beichtgeldes scheint es allerdings auch mir eine misliche Sache, aus demselben Grunde, aus welchem Sie in Ihrem Buch über Universitäten gegen die Abschaffung des Honorars stimmten. Werden Sie nicht zugleich die, nach der Synodalordnung ja allgemein einzuführenden Presbyterien benutzen, um auch dem Volke seinen Antheil an der Vereinigung einzuräumen? Das scheint mir wünschenswerth, so wenig Gewicht ich auch den Einwendungen derer beylege, welche zu glauben scheinen, als müßten eigentlich die Geistlichen dabey das Zusehn haben. – Ueber Ihre Erwähnung der Zwinglischen Ansicht in Ihrer Schrift haben Sie mir, durch Erläuterung Ihres Zwecks dabey, meine Scrupel genommen; daß Sie aber das Verhältniß derselben zur Calvinischen und Lutherischen als graduelle, nicht als specifische Verschiedenheit ansehn, begreife ich noch nicht recht, wie ich Ihnen denn auch gestehe, daß ich nicht umhin kann, die Verbreitung der zwinglischen Ansicht auch in der Lutherischen Kirche, die ich nicht in Abrede stelle, mit zu den Krankheiten der Asthenie zu rechnen, woran dieselbe leidet. Mit der Zwinglischen Ansicht scheint mir theils jene Herabwürdigung der Kirche und aller kirchlichen Institute, wodurch diese für den Glauben etwas zufälliges und

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unwesentliches, bloße Erweckungs und Lehrmittel werden, indem die nothwendige Einheit des Innern und Aeußern verkannt wird – welcher Herabwürdigung ich den Verfall unsers kirchlichen Lebens ganz vornämlich glaube zuschreiben zu müssen – theils selbst ein gewisser Pelagianismus wesentlich zusammenzuhängen, der sich ebenfalls schon in den ersten Streitigkeiten mit Luther an den Tag legte; denn selbst über die 13 Artikel, worüber man sich zu Marburg vereinigte, w a r d man mehr einig, als | man darüber einig w a r ; vielmehr zeigen sich auch darüber in den Schriften beider Partheyen vorher und nachher Differenzen, die ich nicht von bloß feindseeliger Deutung der Lutheraner ableiten mögte. Deshalb kann ich denn auch noch nicht anders urtheilen, als daß der Zwinglianismus, so wie er einst in der reformirten Kirche fast schon in den Calvinismus sich zu verlieren im Begriff war, so auch jetzt als etwas abnehmendes und sich verlierendes gesetzt werden müsse, wenn das Leben der evangelischen Kirche gedeihen soll. Mein Brief ist schon zu lang geworden und meine noch übrige Zeit zu kurz, als daß ich auf eine weitere Begründung dieser Meinung jetzt eingehn könnte; vielleicht machen Sie diese vorher noch überflüssig, wenn Sie sich entschließen, der Entwickelung Ihrer Ansicht eine kleine Schrift zu widmen, die, wie ich glaube, gerade jetzt einem allgemeinen Bedürfniß abhelfen würde. Ihrer Abhandlung über die symbolischen Bücher sehe ich mit Freude entgegen, und werde wenigstens viel daraus lernen, wenn ich auch nicht weiß, ob ich Ihrer Meinung werde beytreten können. Vielleicht habe ich diese aber auch noch nicht ganz verstanden. Wollen Sie nämlich die symbolischen Bücher bloß als Gränze gegen den Katholicismus betrachtet wissen, nach der andern Seite aber keine Gränze ziehn, so kann ich Ihnen nicht beystimmen; denn ich könnte wahrlich viel eher mit den Katholiken in Einer Kirchengemeinschaft leben, als mit solchen, bey denen die Ansichten mancher Neuprotestanten, z.B. Tieftrunks, herrschend würden. Wollen Sie aber die Puncte, welche in den symbolischen Büchern im Gegensatz gegen die Katholiken fixirt wurden, z.B. die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben, als das allgemein anzuerkennende angesehn wissen, so daß z.B. auch die pelagianisirenden Neuprotestanten eben sowohl dadurch ausgeschlossen würden, als die semipelagianisirenden Katholiken, so hätte ich nichts dagegen. Nur weiß ich dann nicht, wie Sie ähnliche Einrichtungen umgehen wollen, als die von mir vorgeschlagenen. Die Schwierigkeiten, welche dieselben drücken, verkenne ich nicht, und sehe vornämlich ein, daß sie durch practisches Ungeschick gar sehr vermehrt werden würden. Die vielleicht entstehenden Trennungen werde ich aber kaum für ein Unglück halten. Denn schlimm scheint es mir, wenn sich trennt, was zu-

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sammengehört, z.B. Reformirte und Lutheraner; aber gut, wenn auseinanderbleibt, was nicht zusammengehört, was verbunden sich nur stören und gegenseitig schwächen kann. Sie berufen sich freylich auf die Erfahrung, daß unchristliche Flachheit sich wieder verliere, ohne daß buchstäbliche Verpflichtungen aufgelegt werden. Aber verliert sie sich wirklich? – Sie sprechen indeß auch von der Leitung durch lebendige Institutionen – und dagegen, wenn | ich nur erst das W i e recht erkenne, gebe ich gern alle Vorschläge buchstäblicher Verpflichtung auf. – So fest gewurzelt bin ich denn doch hier nicht, wie Sie glauben, obwohl fest genug, um nicht ohne manchen Schmerz verpflanzt werden zu können. Was mir den Entschluß nach Bonn zu ziehn am schwersten macht, ist die Unsicherheit, ob die Rheinprovinzen nicht bald einmal bayerisch oder hessisch oder Belgisch oder was sonst werden (denn gegen die Franzosen werden wir uns hoffentlich doch vertheidigen können.) sodann auch der Katholicismus, vor welchem mir Niebuhr und Brandis bange gemacht haben. Doch habe ich mich entschlossen und meine Bedingungen Süvern zugeschickt. Wenn er nur bald genug antwortet! ich glaubte schon gestern Antwort erwarten zu dürfen; erhalte ich sie nicht in wenigen Tagen, so muß ich doch zurücktreten; denn man dringt hier schon so lange auf peremtorische Entscheidung, daß ich nicht länger als diese Woche warten kann, meinen Abgang oder mein Hierbleiben zu erklären. Vielleicht sind aber auch meine Forderungen Süvern zu hoch; ich konnte aber nicht anders ohne offenbahren Verlust für die Zukunft, wo meiner Frau ein Paar Besitzungen hier im Lande zufallen, die wenig werth sind, wenn wir nicht hier bleiben. Sind Arndts jetzt in Bonn, so daß ich mich etwa an sie wenden könnte, wenn wir nach Bonn zögen, um dort Wohnung für uns zu miethen? – Sie schreiben mir gar nichts von Ihrer Gesundheit; ich deute mir dies Schweigen als gutes Zeichen. Sie schreiben aber auch nichts von der Ethik und dem zweyten Theil des Lucas. Soll ich dies auch als gutes Zeichen deuten? Meine Tine läßt Sie aufs herzlichste grüßen, und wünscht Ihnen bald unsere kleine Agnes zeigen zu können. Meine freundlichsten Grüße an Ihre liebe Frau, an Ihre Lotte und die Kinder. Mit unveränderlicher Liebe und Verehrung Ihr Twesten.

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4592. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Montag, 20. 7. 1818

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Einem hohen Ministerio wird erinnerlich sein, daß nach Untersuchung der Veronesischen Handschriften der Professor Bekker seinen Aufenthalt in Italien vorzüglich noch verlängert zum Behuf einer von der Akademie beabsichteten großen kritischen Bearbeitung des Aristoteles. Nun befindet sich gegenwärtig noch in jenem Lande der Legationssekretar Dr Brandis welcher schon seit längerer Zeit mit dem Aristoteles beschäftigt einen Theil seiner dortigen Muße auf Vergleichung Aristotelischer Handschriften verwendet hat und von dessen Kenntnissen sich die Akademie höchst wünschenswerthe Beiträge zu diesem großen Unternehmen verspricht. Er ist auch nicht abgeneigt ihr seine Arbeiten zur Disposition zu überlassen und noch einige Zeit in Italien zu bleiben um vereint mit Professor Bekker in kritischen Arbeiten fortzufahren. Seine mäßigen Wünsche gehen nur dahin daß Ein hohes Ministerium, wenn es zur Verlängerung seines Aufenthaltes die Erlaubniß giebt, ihm die jährlichen 600 r die ihm zu einem interimistischen Aufenthalt hier bestimmt waren auch dort belassen, und die Akademie ihm 400 r zulegen möge. | Zu dem lezten ist die Akademie bereit und wird unter Genehmigung Eines hohen Ministerii diese Summe auf die Rükstände eines Fonds zu wissenschaftlichen Unternehmungen anweisen, und sie fragt gehorsamst bittend an ob die Umstände gestatten daß von Seiten Eines hohen Ministerii über den D. Brandis und die 600 r ihren Wünschen gemäß verfügt werde; indem sie zu bedenken giebt daß es ein großer Verlust für dieses viel Zeit und Kräfte erforderndes Unternehmen sein würde, wenn so günstige Umstände als sich hier darbieten unbenuzt bleiben müßten Berlin den 20 Jul. 1818 Die Akademie d. W. conc. Schleiermacher An Ein Hohes Ministerium der Geistlichen u UnterrichtsAngelegenheiten 4592. Überlieferung: H: BBAW, II–VIII, Nr. 252, Bl. 30. Die positive Antwort des Ministeriums auf den Antrag (23. 7. 1818) liegt in derselben Akte, Bl. 31. 7 dortigen] mit Einfügungszeichen über der Zeile Vergleichung] folgt )mit* Aristotelischer] korr. aus Aristotelischen 8 und] folgt )sich* 11 und] folgt )sich* 13 f wenn … giebt,] mit Einfügungszeichen am linken Rand 14 jährlichen] mit Einfügungszeichen über der Zeile 18 eines] korr. aus ihres wissenschaftlichen] korr. aus W 20 den … und] mit Einfügungszeichen am linken Rand 22 es] über )nicht* 23 f unbenuzt] folgt )sein*

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*4593. An Ernst Moritz Arndt (auch von Henriette Schleiermacher). Berlin, vor dem 24. 7. 1818 Verspricht, Nicolovius an die Verpflichtungen des Minsteriums gegenüber Nebe zu erinnern.

4594. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Freitag, 24. 7. 1818

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Indem wir Einem hohen Ministerio den geehrtesten Dank dafür sagen, daß Hochdasselbe in die früher von uns geäußerten Wünsche mit so erfolgreicher Verwendung hat eingehn wollen genügen wir zugleich der an uns in der hohen Verfügung vom 22ten Juni ergangenen Aufforderung, indem wir folgende Punkte ganz gehorsamt in Vorschlag bringen. 1.) Wenn die früher von uns erbetene Summe gleich für immer hätte bewilligt werden können so würden wir noch einmal die Frage aufgenommen haben, ob es vielleicht rathsamer wäre einer Anzahl Studirender durch Ankauf oder Miethung eines oder mehrerer Häuser die freie Wohnung in natura zu geben. Unter den gegebenen Umständen aber ist es etwas anderes als [an] die eine Spende in baarem Gelde zu diesem Behuf nicht zu denken, und die Frage kann nur sein von der zwekmäßigsten Entschädigung und Verwendung. Wir gehen hiebei von dem in unserem früheren Vorstellen an des Fürsten Staatskanzlers Durchlaucht angegebenem Maaßstabe aus, daß Wohnung und was dazu unmittelbar gehört einem unbemittelten Studirenden hier etwa 30 r theurer | zu stehen kommt als auf anderen Universitäten: so wünschen wir die Summe von 1800 r in 60 solche Portionen getheilt *4593. Erschlossen aus Brief 4605 vom 5. 8. 1818. Zum Inhalt vgl. Brief 4668 Z. 5–17 (23. 11. 1818). 4594. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 223, Bl. 10 f. h: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 223, Bl. 11–15. Datierung anhand von Schleiermachers Aktennotiz: „Circulirt zur gefälligen Durchsicht und Bemerkung. Schl. 24/ 7.18“. 3 an] über )von* 5 indem … bringen.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 6 1.)] davor )Es scheint uns für eine Stiftung* 10 in] korr. aus im

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2.) Wenn ferner die Stiftung den Zwek erreichen soll die Frequenz der Theologen auf hiesiger Universität zu vermehren und wo möglich auf das sonst gewöhnliche Verhältniß zu bringen: so muß, wie uns schon jeder der hier studiren will, und sich durch seine Umstände dazu eignet eine gewisse Wahrscheinlichkeit haben zum Genuß dieses beneficii zu gelangen. Wir wünschen daher, daß jeder, welcher sich dazu meldet, in die Liste getragen werde, und dann in seiner Reihe in den wirklichen Genuß einrücke. Dies kann aber doch einen solchen Erfolg nur haben wenn der Genuß auf eine bestimmte Zeit beschränkt wird, und wir würden ganz gehorsamst vorschlagen, daß in der Regel das beneficium nur ein Jahr genossen, ausnahmsweise aber und in dem Fall verlängert werden könnte, wenn wenig Expectanten vorhanden wären. 3.) Diejenigen, welche sich auf die erste Aufforderung melden würden, müßten nach der Reihe wie sie in dem Album der Facultät eingeschrieben sind aufgenommen werden. 4.) Um indeß ohne weitläuftige Untersuchungen doch die minder bedürftigen zurükzuhalten müßten auf die ordentliche Liste nur diejenigen eingetragen werden welche auf die gewöhnliche Weise durch gerichtliche Zeug|nisse ihre Bedürftigkeit bescheinigen könnten, Andere aber nur auf eine supplementarische Liste, so daß sie nur dann eintreten wenn es an Expectanten der ersten Art fehlte. Doch wünscht die Facultät sich vorzubehalten daß sie in einzelnen Fällen aus eigner Kenntniß ihrer Mitglieder von den Umständen eines Studirenden das Armuthszeugniß suppliren dürfe. 5. Eben so scheint es uns billig daß auf jeder Liste die Inländer den Ausländern vorangingen, und daß dies nicht nach dem oft sehr zufälligen Geburtsort, der im Album angegeben wird, sondern nach dem Wohnort der Eltern oder dem Siz der Vormundschaft müßte bestimmt werden. 6.) Da aber auch der Fall eintreten kann daß ein an sich Armer schon durch andere beneficia hinlänglich versorgt ist, und dies namentlich durch die volle Portion des Churmärkischen Stipendii geschieht, so würden wir ferner vorschlagen daß der Besiz dieses Stipendii von dem Genuß der Miethsentschädigung ausschlösse. 7.) Uebrigens scheint uns die Facultät am besten geeignet das Benefiz zu verwalten, und zwar so, daß der jedesmalige Dekan die Meldungen zu 20 Universität] über )theolog* 25 einrücke.] folgt )Der Zwek* 29 wenn] folgt )nur* 31 Diejenigen,] folgt )schon* 39–42 Doch … dürfe.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 52 Uebrigens] über )Hiernach* uns] mit Einfügungszeichen über der Zeile am besten] über )es beim*

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Protokoll nimmt, aber nur nach einem Beschluß der Facultät ein Aspirant wirklich auf die Liste gesezt werden kann. 8. Jeder der zum wirklichen Genuß gelangt erhält darüber eine Bescheinigung der Facultät mit Bemerkung des termini a quo und ad quem von welcher ein Duplikat dem Rendanten der Kasse zugefertigt wird, und erwirbt dadurch das Recht für den vierteljährigen oder monatlichen Antheil seinem jedesmaligen Wirth eine Anweisung auf die Kasse zu ertheilen. Es würde | zwar leichter und bequemer sein den baaren Betrag den Theilnehmern selbst auszuzahlen; allein es scheint auf diesem Wege eine größere Sicherheit zu entstehen daß die Unterstüzung ihrem Zwek gemäß verwendet werde. Wem das Geschäft des Rendanten am zwekmäßigsten aufgetragen werden könne, ob einem von den Officianten der Kasse für wissenschaftliche Institute oder dem Universitätsquästor stellt die Facultät dem höheren Ermessen gehorsamst anheim. 9.) Ein Theilhaber kann im Lauf seines Jahres durch Vergehungen und namentlich durch solche welche die Unterschrift des consilii abeundi nach sich ziehen das Benefiz verlieren 10.) Daß das Benefiz durch Abgang von der Universität und durch Uebergang in eine andere Facultät erlischt scheint schon in seiner Bestimmung zu liegen 11. Eben so versteht es sich von selbst, daß die Facultät ein jährliches Verzeichniß der Percipienten und Expectanten mit Bezug auf das vorjährige Einem hohen Ministerio einzureichen hat Wir haben diese Punkte noch nicht in der Gestalt eines Reglementsentwurfs vorgelegt weil wir erst der Zustimmung Eines hohen Ministerii in ihrem wesentlichen Inhalt sicher zu sein wünschten, und bitten, uns mit der verehrlichen Aeußerung hierüber zugleich die Erlaubniß zu einer angemessenen Bekanntmachung in den öffentlichen Blättern und einem Anschlag an die hiesigen Studirenden baldmöglichst hochgeneigt zu ertheilen, damit wir noch vor Ablauf des Semesters die Meldungen der Studirenden empfangen können, indem wir voraussezen daß die Unterstüzung selbst mit Anfang des neuen akademischen Jahres werde beginnen dürfen D. theol. Fac conc Schleierm An Ein hohes Ministerium der Geistl Unterrichts u Medicinalangelegenheiten 64 am zwekmäßigsten] mit Einfügungszeichen am linken Rand 68 kann] folgt )sich* 77 noch] mit Einfügungszeichen über der Zeile 80 hierüber] folgt )uns* 85 dürfen] über )können*

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4595. Von Julius Wegscheider. Halle, Freitag, 24. 7. 1818 Halle, den 24sten Jul. 18.

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Ew. Hochwürden gütige Aufnahme und Erwiederung meines ersten Schreibens läßt mich Ihre Verzeihung hoffen, wenn ich mich abermals schriftlich an Sie wende, um Ihnen von dem Erfolge meiner fernern Bemühungen für das ehrwürdige Unionsgeschäft Nachricht mitzutheilen. Ihrem mir gütig ertheilten Gutachten gemäß habe ich aufs neue durch mündliche Unterredungen die gute Sache zu fördern gesucht, aber leider abermals die Gewißheit davon getragen, daß das leidige Utile jener die Hauptschwierigkeit entgegensetzt. Mehrere der lutherischen Geistlichen, welchen das Gesuch der Universitätsmitglieder, um Einführung des neuen Ritus zu gewissen Zeiten, übergeben war, haben mich geradezu versichert, daß nur die Besorgniß: sie möchten dadurch am Beichtgelde, als einem ihnen noch sehr wichtigen Theile ihrer Einnahme, verlieren, sie zu Gegnern der Union mache, daß sie aber alle Versuche, ihnen von Seiten der Gemeinen eine Entschädigung für dasselbe zu verschaffen, welche Versuche freilich auch bei den Gemeinen selbst nicht leicht Eingang finden möchten, aus mehreren Rücksichten abzulehnen genöthigt wären. Was die von ihnen bei Anwendung des neuen Ritus befürchteten Spaltungen und Mißhelligkeiten in den Gemeinen betrifft, so gründet sich die Besorgniß derselben lediglich auf | die Erfahrung, daß, nachdem hier um Ostern dem hier garnisonirenden Militär, ohne Rücksicht auf die Confession des Einzelnen, in der reformirten Kirche das Abendmahl nach dem neuen Ritus gereicht war, e i n i g e hiesige Familien sich mißfällig hierüber geäussert hatten. Da sich nun überall bei den hiesigen lutherischen Geistlichen eine ähnliche widrige Stimmung gegen die Confessionsvereinigung offenbart, so habe ich bis jetzt nichts weiter von ihnen erlangen können, als das Versprechen, daß sie bei der nächsten Synode den Gegenstand nochmals aufs reiflichste überlegen wollten, wobei sie mich zugleich dringend aufgefordert haben, bis dahin nichts weiter zur Realisirung des ihnen geäusserten Wunsches zu unternehmen. Andere Äusserungen, die mir bei dieser Gelegenheit zu Ohren kamen, als: man könne sich von dem Wohlthätigen der Union gar 4595. Überlieferung: H: BBAW, SN 414, Bl. 4 f. Mit einem Druck der Rezension zu: J.A.H. Tittmann: Über die Vereinigung der evangelischen Kirchen, Leipzig 1818 (ALZ 34 [1818], Bd. 2, Nr. 175 [Juli], S. 561–566; 176 [Juli], S. 569–574). – Beantwortungsvermerk: „beantw 20t Aug.“

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nicht überzeugen, man müsse ja nichts übereilen, die Oblate sei ein Adiaphoron, oder sie sei gar selbst vorzüglich geeignet, das Übersinliche beim Abendmahl anzudeuten (!) die Reformirten Kirchen wollten, da wir doch das Brotbrechen von ihnen annehmen sollten, nicht einmal den Gebrauch der Lichter (über dessen Annahme oder Nichtannahme, nach meiner Meinung, doch lediglich jede einzelne Gemeine die Entscheidung bei sich belassen bleiben sollte) sich von uns dagegen gefallen lassen, und ähnliches glaube ich mit dem Mantel der Liebe bedecken zu müssen. Sie werden, Verehrtester Herr Doctor, hieraus ersehen, wie wenig leider ohne entscheidende Maaßregeln der | Regierung zur Abschaffung des Beichtgeldes für die Förderung der Union hier zu hoffen ist. Möchte doch jene bei so manchen unerklärlichen Geldbedürfnissen auch einmal für einen solchen Zweck etwas zu verwenden im Stande und geneigt seyn. Da eine solche Entschädigung zunächst an solchen Orten erforderlich seyn würde, wo Gemeinen beider Confessionen vorhanden sind, so könnte jene Ausgabe keinesweges bedeutend seyn. Für mich bleibt unter den gegenwärtigen Umständen wol nichts andres für jetzt zu thun übrig, als das verheissene Resultat der neuen Synodalberathungen abzuwarten, welches ich nicht verfehlen werde, Ihnen sogleich mitzutheilen. Was die Tittmannische Gegenschrift betrifft, so kann ich nicht umhin, Ihre Entschlüsse, diesen in doppelter Hinsicht schlechten Scribenten keiner Antwort zu würdigen, den vollkommensten Beifall zu geben. Da der sehr tüchtige Recensent, welchem die Anzeige jener Schrift übertragen war, verhindert wurde, dieselbe zu liefern, so ist beikommende etwas eilig gefördert worden, die wenigstens hinreichend seyn wird, den nachtheiligen Eindruck zu schwächen, den die Tittmannische Arbeit wirklich hin und wieder gemacht hat. Sehr angenehm würde es mir seyn zu erfahren, daß auch Sie nicht unzufrieden mit der Einlage sind, welche ich mir die Erlaubniß nehme, Ihnen hiebei zu übersenden, da ich nicht weiß, ob Sie die hiesige Litteraturzeitung regelmäßig zu lesen Muße finden. Mit unwandelbarer Achtung Ihr ergebener Wegscheider

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Briefe 4596 – 4601

*4596. Von Ernst Moritz und Anne (Nanny) Arndt. Bonn, um den 24. 7. 1818 Antwort auf Brief 4593 (vor dem 24. 7. 1818)

4597. Von Friedrich Karl von Savigny (auch an den Reorganisationsausschuss). Berlin, Montag, 27. 7. 1818 In Gemäßheit des Sitzungsprotokolls vom 9 Juli dieses Jahres ersuche ich Sie, in meiner Abwesenheit den Vorsitz des Ausschusses übernehmen, und dieses den übrigen Mitgliedern durch einen Umlauf anzeigen zu wollen. Ich überschicke Ihnen hiebey A c h t F a s c i k e l A c t e n , nämlich 1 volumen Acten unsres Ausschusses 1 volumen Etats der Akademie, aus der akademischen Registratur. 6 volumina Ministerialacten, die Beylagen mit eingerechnet. Ich bringe zugleich in Erinnerung, daß nach der genommenen Abrede diese Akten kommen sollten: den 20 Juli an Herrn Schleiermacher zu einem Gutachten über die A r beiten. den 20 August an Herrn Buttmann -------------- G e l d v e r h ä l t n i s s e den 20 September an Herrn Böckh -------------- M i t g l i e d e r den 20 Oktober an Herrn Linck ----------------- I n s t i t u t e . Nun ist freylich die damals erwartete vorläufige Ministerialentscheidung noch nicht ergangen. Ich stelle indessen anheim, ob nicht dennoch dieser verabredete Umlauf statt finden könnte, indem das Durchlesen und Excerpiren der Acten, was wohl am meisten Zeit hinweg nehmen wird, auch ohne Rücksicht auf jene Entscheidung vorgenommen werden kann. Berlin den 27 Juli 1818. Savigny An H. Schleiermacher. *4596. Erschlossen aus Brief 4605 Z. 4–9 vom 5. 8. 1818. Dieser Brief ist auf dem Weg verlorengegangen. 4597.

Überlieferung: H: BBAW, II–I, Nr. 3, Bl. 38.

Mit mehreren Bänden Akten

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um den 24. 7. – 1. 8. 1818

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4598. An den Reorganisationsausschuss. Berlin, Donnerstag, 30. 7. 1818

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Den Herren Mitgliedern des Ausschusses p beehre ich mich die Einlage zur gefälligen Kenntnißnahme für etwa vorkommende Fälle ergebenst mitzutheilen mit dem Bemerken daß ich mich bestreben werde den Aktenumlauf in der beabsichtigten Art zu fördern. Berlin d. 30t. Jul. 1818 Schleiermacher

*4599. An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, Ende Juli 1818 Fragt, wie es mit Twestens Ruf nach Bonn stünde.

*4600. An Johann Friedrich Gottlieb Delbrück. Berlin, Sonnabend, 1.8.18

4601. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 1. 8. 1818 Rectori Magnifico Die Untersuchung über den Studienfleiß im lezten WinterSemester habe ich endlich so gut als die Umstände zuließen vollendet, und verfehle nicht Ewr Magnificenz das Nöthige darüber zu berichten. 4598. Überlieferung: H: BBAW, Archiv, II–I, Nr. 3, Bl. 39a. Mit Brief 4597 vom 27. 7. 1818 als Einlage. Der Brief ist abgezeichnet von Buttmann, Tralles, Erman, Linck (Link), Rudolphi, Böckh und Fischer. *4599.

Erschlossen aus Brief 4613 Z. 1–3 vom 12. 8. 1818.

*4600. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk in Brief 4542 vom 21. 4. 1818 von Delbrück. 4601.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 51

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Briefe 4601 – 4604

Die beiden Studiosi Koberstein und Neue erklären, daß sie keine theologischen Vorlesungen gehört, weil sie sich ganz den philologischen Studien gewidmet. Ich stellte ihnen die Unschiklichkeit vor unter diesen Umständen in der theologischen Facultät zu bleiben. Sie machten auch gegen den vorgeschlagenen Uebergang zur philosophischen keine Einwendung sondern versprachen ihn zu bewirken. Ich habe sie demnach aufgefordert mir ihr signum facultatis zu bringen damit ich auch darauf den mir bekannt gemachten Uebergang bemerken könne, und sich dann bei Ewr Magnificenz und dem Dekan der philosophischen Facultät zu melden. Der Studiosus Mix aus Magdeburg entschuldigte sich damit daß es ihm gänzlich an Subsistenzmitteln fehle und er in diesen beiden Semestern soviel Unterricht ertheilt habe, daß ihm nicht möglich gewesen Collegia zu besuchen, sondern er sich darauf beschränken müssen seine früheren Hefte zu repetiren. Er habe sich aber soviel gesammelt daß er im nächsten Semester seine Stu|dien ordentlich fortzusezen gedenke. Eine solche Lage erregt Mitleiden und da mir der junge Mann in seinen Aeußerungen nicht übel gefiel so habe ich ihm versprochen daß die Facultät auf seine Unterstüzung Bedacht nehmen wolle. Endlich aber der Studiosus Krause aus Pommern warf offenbar nur weil er wol weiß, daß ihm hievon das Gegentheil nicht bewiesen werden kann, die Entschuldigung hin daß er in beiden Semstern ein publicum bei Herrn D. Neander besucht und tröstete mich übrigens damit, daß er schon seit Ostern von Hause die nöthigen Verfügungen wegen seines Abganges erwarte. Ich behalte mir vor falls er nicht abgehn sollte zu versuchen, ob nicht auf den Grund seines Unfleißes seine Exmatriculation kann bewirkt werden. Was wegen des Schröner und Pyllemann welche schon längst versprachen ihren Abgang zu vollziehen es aber immer noch nicht gethan haben, weiter zu thun sei muß ich Ewr Magnificenz ergebenst anheimstellen. Berlin d 1t. Aug 1818 Der Dekan d. theol. Fac. Schleiermacher

6 gehört,] folgt )und* sich] mit Einfügungszeichen über der Zeile 25 Semestern] folgt )drei* 28 Abganges] folgt )zu*

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*4602. An Anne (Nanny) Arndt. Berlin, vor dem 2. 8. 1818 Über die Wahl des ersten evangelischen Pfarrers für Bonn. Über die bevorstehende Sommerreise. Twestens würden vielleicht nach Bonn ziehen. Ehrenfried von Willich sei ein wackerer Schwimmer geworden.

*4603. Von Georg Heinrich Ludwig Nicolovius. Berlin, vor dem 2. 8. 1818 Twesten müsse die Zusicherung aller von ihm geäußerten Wünsche bezüglich seines Rufes nach Bonn schon in Händen haben.

4604. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, Montag, 3. 8. 1818 Bonn den 3ten August

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An Schleiermacher. Gestern Abend erhilt ich deinen Brief, lieber Schleiermacher, für den ich dir herzlich danke, und ihn gleich heute beantworte, damit du noch vor der Reise dise Zeilen bekömst. Was ich von den Kirchlichen Angelegenheiten weiß, ist dises, daß Allerdings Nebe wohl vor den beiden andern, von den Kirchenräthen vorgeschlagenen, bei der Gemeine die meisten Stimmen haben würde, und daß es bis jetzt der Gemeine nicht eingefallen, daß sie das Wahlrecht nicht habe, Gewählt ist aber noch nicht, auch weiß ich aus sicherer Quelle, daß dem Kölner Konsistorium aufgetra*4602. Erschlossen aus Brief 4604 vom 3. 8. 1818, Brief 4605 Z. 2–4 vom 5. 8. 1818 und Brief 4613 Z. 5–10 vom 12. 8. 1818. *4603.

Erschlossen aus Brief 4613 Z. 1–3 vom 12. 8. 1818.

4604. Überlieferung: H: BBAW, SN 240, Bl. 34 f. Das Jahr ergibt sich aus der erwähnten Besetzung der Bonner Predigerstelle (vgl. Brief 4605 Z. 2–4 vom 5. 8. 1818). Der Brief wurde offenbar zuerst an Arndt nach Aachen geschickt, der ihn dann zusammen mit seinem eigenen Brief (Brief 4605 vom 5. 8. 18) nach Berlin schickte.

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Briefe 4604 – 4605

gen ist, noch nicht Wählen zu laßen, weil die Gemeine nicht das Wahlrecht habe, die Konsistorjalräthe wolten aber dagegen berichten. Dann weiß ich nur von Arndt, daß er sehr dagegen ist, daß einer der Profeßor ist, auch zugleich Prediger der Evangelischen Gemeine sei, es sei für einen zu viel, weil hir die Menschen mehr vom Prediger verlangen als bei uns, das heist mit Besuchen und dergleichen Dingen, es hätte also einer, der blos Prediger sei, volkommen zu tuhn, es könne in diser Hinsicht sehr gut ein Universitäts Prediger neben einem andern bestehen, so dachten wir uns auch immer Karl Sak hir. Dann ist Arndt auch sehr für Nebe, besonders in der hinsicht, weil er das Katolische Wesen hir | aus dem Grunde kent, und mit Ernst und Würde und Festigkeit, dagegenstehen würde welches durchaus Nothwendig ist, von Karl Sak fürchtet er, daß er etwas von dem Mistischen Wesen Angestekt sei, und dis wäre für hir sehr schlimm. Es tuht mir Leid daß Arndt über dergleichen nicht schreiben mag, sonst wäre es villeicht gut wenn du wüßtest wie es hir steht, und wie unzufriden mann mit der Regirung ist, daß sie in Religions sachen so Lau handelt, daß der Katolische Schloßer, der wie Friedrich Schlegel zu den höchst Papistischen Katoliken gehört, dise stelle bekommen hatt, davon ist wohl Nicolovius schuld, mit dem Arndt auch in diser hinsicht sehr unzufriden ist, und wenn es gar Wahr ist, waß das gerücht sagt, daß Friedrich Schlegel, der auf dise art aus dem Östrichschen Kabinet verbant ist, nun von der Preußischen Regirung Angestelt wird, und grade hir, wo es am schädlichsten ist, so wird Arndt ganz Außer sich sein. Der gute Delbrük in Düßeldorf ist auch halb Katolisch, und paßt auch gar nicht zu der Stelle die er bekleidet. Sprich nur mit Schulz über dise Dinge, der wird dir dann erzählen, es wäre für hir schade wenn er in Berlin bliebe, doch auch villeicht gut, er kann | über manches beßer urtheilenn weil er nun dis Wesen hir kent. Es scheint mir nach allem zimlich gewiß, daß Karl Sak die stelle bekömt, welches mir um seinetwillen auch recht lieb ist, ein tüchtiges Haus, welches nur inwendig etwas ausgebaut werden muß, nebst Garten und Hoff ist schon Gekauft, und hatt eine reizende Außicht, man sorgt überhaubt für den künftigen Prediger soviel mann kann. Eichhorn ist nicht durch Bonn gekommen, doch denke ich ist er bei Arndt in Aachen gewesen, von dem ihr schon Brife hättet, wenn nicht wie ich vermuthe, ein Brif von ihm an mich, mit Brifen an Euch verlohren gegangen wäre, es geht ihm gut, und so den 12ten erwarte ich ihn zurük. Unser lieber Karl Treu, ist ein großer Mensch, Gesund an Seele und Leib, und wirklich ein rechter sehr lieber, guter und frommer Junge, mit stillem, ernstem und freundlichem Wesen, an dem 11 das] daß

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Arndt recht seine Freude haben kann und auch hatt. Er ist fleißig, und wird wohl noch ein jahr auf dem Gümnasium bleiben, um recht fest zu werden, ob er dann erst sein soldaten jahr abmachen wird, oder gleich Studiren, ist noch unbestimt, villeicht läst sich beides vereinigen. Freilich Wohnt die Dohna auf dem Lande, sie hatt sich etwas übereilt mit disem Entschluß, da er nach Aachen ins Bad ging, nun ist sie dort | eingewohnt, und bleibt wohl noch disen Monat, ich bin zweimal draußen gewesen, und sie besucht mich auch öfter, da es nur 3 stunden von hir ist, und sie Wagen und Pferde bei sich hatt. Gestern bin ich auch zum erstenmal wieder zu Fuß (eine stunde von hir) in Oberkaßel bei Lippes gewesen, es ist mir gar nicht schwer geworden, worüber ich mich sehr freute, du sihst hiraus daß meine Kräfte wieder ziemlich hergestelt sind, die Lippischen Kinder fallen mich jedes mal mit der Frage ann, warum ich denn keine Kinder hätte die [ich] ihnen mit brächte, da habe ich sie dann auf künftigen Sommer vertrößtet, wenn Ihr kämt, da wolte ich ihnen eine menge Kinder mit bringen. Also Twestens hir her? es freut mich, und ich werde gewiß gern für sie tuhn waß ich kann, mit Wohnungen wird es freilich fürs erste noch sehr schlimm hir werden, für die Zukunft wird Gebaut. Von Müllers weiß ich, auch von Aachen. Grüße Müllers von mir, und ermahne Jettchen zum Schreiben. Auch meine lieben Kinder Grüße mir Tausendmal, also Ehrenfried ist ein solcher Schwimmer, wie geht es denn sonst mit ihm, auch vom langen Karl habe ich lange nichts orndliches gehört. Kömt denn Karl Sak bald? ich hoffe sehr auf die Handschu. Lebt nun alle recht Wohl und schreibt bald wieder. Reimers und die Fischer bitte ich zu grüßen. Wie geht es denn in der Hitze, in Eurer Mittäglichen Wohnung? N. Arndt.

4605. Von Ernst Moritz Arndt. Aachen, Mittwoch, 5. 8. 1818 Aachen den 5n Aug. 1818. Die letzten Worte, die du meiner Nanna geschrieben hinsichtlich der Bonner Predigerstelle fordern mich mitten in meiner Faulheit, die beides Hitze und Waßer verursachen, auf dir darüber Einiges zu melden. Zugleich sage 4605.

Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 42 f.; D: Arndt: Briefe 1, S. 651 f. (gekürzt)

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Briefe 4605 – 4606

ich dir, daß ich dir und Jettchen auf eure lieben Briefe vor etwa 12 Tagen von hier sehr feine Antworten geschrieben haben, die von Nanna eingeschloßen aber nebst dem Briefe verloren sind. Das ist einmal mein Schicksal mit manchen Briefen, obgleich ich jeden Brief auf die Post mit eignen Händen getragen. Nehmt es also für empfangen an. Nun zur Sache: Lange genug hin und her ist in Bonn von dem Kirchenrath (deßen Mitglied ich bin) und dem Konsistorium in Köln mit löblicher preußischer Langsamkeit geredet geschrieben und verhandelt, bis die Sache so weit war, daß zur Wahl eines Predigers geschritten werden konnte. Schon waren 3 Kandidaten von dem Kirchenrathe vorgeschlagen und das Konsistorium um Ansetzung eines Tages und Sendung eines Kommissarii gebeten, um durch Stimmenmehrheit der Berechtigten aus diesen dreien einen zu wählen, da ist die ganze Sache suspendirt worden. Von den 3 Kandidaten, unter welchen ein Pfarrer | zu Mühlheim und einer vom Lande, hatte Nebe wohl die meiste Wahrscheinlichkeit für sich gewählt zu werden, da er den meisten Bewohnern Bonns als ein geschickter und wackerer junger Mann bekannt ist. So steht die Sache jetzt; was die Mitglieder des Kirchenraths dazu sagen, weiß ich nicht, da die Einrede eben gleich nach meiner Abreise geschehen ist. Sie ist nun nicht ganz mehr ohne Knoten und Dornen, da die Gemeinde durch Unterzeichnung eine jährliche Summe für den Pastor und Schullehrer festgemacht hatte, welche die königliche Bewilligung um einige hundert Reichsthaler übertrifft, dadurch also auf ein Wahlrecht fußte, was hier auch durchaus in allen Städten das Übliche ist. Die königliche Dotation beträgt nemlich jährlich 1000 Francs – darauf ist aber hier nicht viel zu fußen, weil alle Pfarrer in dem Lande, welches jüngst noch mit Frankreich verbunden war, wenigstens 500 Francs von der Regierung empfangen und doch im Besitz des freien Wahlrechts sind. Jetzt ist auf die Mithülfe der Unterzeichnung | schon ein Schulmeister berufen und mancherlei Eintheilung gemacht; ich fürchte also nicht ohne Grund, daß mehrere Mitglieder der Gemeinde etwas aufsätzig werden und alle fast gewiß ihre Unterzeichnung zurücknehmen, weil sie nun als willkührlichen Eingriff der Regierung ansehen werden, was vor ein paar Monaten, als mehr res integra war, ihnen wohl nicht so gedäucht hätte. So ist die reine Lage der Sache. Schon einige Mitglieder des Kirchenraths haben früher gesagt: man solle warten, vielleicht übernähme der König die weitere Dotirung des Pfarrers mit der Ernennung, vielleicht könne die Stelle leichter für die Gemeinde – mit einer theologischen Profeßur verbunden werden, aber die Mehrheit ist entschieden gegen diese Ansicht gewesen und hat vorgezogen aus eigener Wahl einen Pfarrer zu haben, der ihr mehr kostet!

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Und dieser Ansicht bin ich gefolgt, weil mir, wenn irgendwo anders, in der Wahl ihrer Seelsorger die Menschen scheinen frei seyn zu müßen. So ist und steht die Sache und, abgesehen von des braven Sacks Persönlichkeit, muß ich mir selbst und meinem Worte treu bleiben | muß auch hier alles von mir ablehnen, was nur den Schein der Doppeltheit geben könnte, welchem die Leute hier leider zu viel nachspüren. Sonst geht es mir wohl, nur daß ich manche Tage durch Sonne und Waßer schmählich habe schwitzen müßen; und auch jetzt bin ich in Faulheit aufgelöst. Um 5–6 Tage bin ich fertig, reise dann auf ein paar Tage nach Spa und von da über die Berge der Eifel zu Hause und hoffe, mein freundliches Kind wieder frischer und muthiger zu treffen. Viele Grüße an Jettchen Lotte die Kinder, und alle Freunde und Glück auf die Reise, wenn es dazu kömmt. Dein EMA.

4606. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Sonnabend, 8. 8. 1818

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3.) An den Herrn Professor D. Schleiermacher hier. Auf dem Grund einer hohen Ministerialverfügung fordern wir Sie hiermit auf, die hiesige Stadtgeistlichkeit der lutherischen und deutschreformirten Kirchen binnen 4 Wochen zu einer Kreissynode zu versammeln und auf derselben eine gründliche Verhandlung über folgende Gegenstände zu veranlaßen. Zuvörderst ist der Entwurf der Synodal-Ordnung nochmals vorzunehmen und was bei der vorjährigen Berathung etwa noch unerledigt geblieben seyn sollte, zu erledigen. Demnächst sind die Resultate dieser Berathung, wo sie dies erfordern, einer neuen Prüfung zu unterwerfen. Ferner ist die Unionsangelegenheit für die Provincialsynode weiter vorzubereiten. Sodann sind auch die im Entwurf der Synodal-Ordnung § 41 angegebenen folgenden Artikel zu besprechen und endlich ist die anliegende Anleitung zum Entwurfe der Kirchenordnung, so weit es die Zeit gestattet, in Berathung zu nehmen, wobei wir bemerken, daß, wenn in der dieser Anleitung vorstehenden Anweisung von den Synoden verlangt wird, sich genau an die Ordnung und Folge der Anleitung zu halten, es doch denjenigen Synodalen, welche dazu geneigt seyn möchten, nicht benommen seyn 4606. Überlieferung: H: GStA, I. HA, Rep. 99, Nr. 1867, Bl. 121v. plar der Anleitung zum Entwurfe der Kirchenordnung.

Mit einem Exem-

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soll, einen Entwurf nach eigener Idee und Anordnung dem Synodalprotokolle beizufügen. Dieses Protokoll aber werden Sie, da nach der Allerhöchsten Bestimmung noch in diesem Jahre eine Provincialsynode gehalten werden soll, ungesäumt und längstens binnen 6 Wochen mittelst Berichts bei uns einzureichen nicht ermangeln. Berlin d. 8ten August 1818. Königl. Consist. der Prov. Brandenb. Hierbei 1 Exemplar der Anleitung zum Entwurfe der Kirchenordnung aus der Consistorial-Registratur.

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Warum schicken Sie mir den Beckerschen Brief noch einmal, den Sie mir längst mitgetheilt haben? Gleich damals habe ich Ihnen mündlich geäußert, daß ich Beckern nicht Unrecht geben könne; und da Sie mich durch die wiederholte Zusendung herausfordern: so muß ich schließlich dasselbe wiederholen. Ist die beabsichtigte Ausgabe wissenschaftlich vortreflich – aber dann war desto weniger Grund Beckers Rath und Zustimmung nicht einzuholen, der gewiß nichts andres als die wissenschaftliche Vortreflichkeit im Auge hat – so kann Becker in der Materie unrecht haben. Das verstehe ich nicht. In der Form aber hat und behält er vollkommen recht. Denn da er der zu der Sache abgesendete Akademiker war Goeschen aber in dieser Reihe gar nicht | stand und erst in Folge dieser Sendung Correspondent geworden ist: so konnte auch nur Becker in diesem Gegenstand die Akademie repräsentiren, Göschen aber gar nicht. Auf die Freude der J u r i s t e n hat die Akademie gar keine Rüksicht zu nehmen, sondern nur auf die Würde der Wissenschaft und hernach auf ihre eigene – Den Brief der Klasse in corpore vorzuenthalten hatten Sie nach meiner Ueberzeugung schwerlich ein Recht ihn Savigny mitzutheilen gewiß gar keins da dieser nicht einmal Mitglied der Klasse ist. Unter den gegenwärtigen Umständen könnte ich Beckern auf diesen Brief nicht anders antworten als auf einen mir von Ihnen mitgetheilten Privatbrief an Sie und in keinem andern Sinne als völlig ihm beistimmend in Absicht auf seine Ansprüche. Es scheint mir aber von der äußersten Nothwendigkeit daß der Brief | schleunigst der Klasse mitgetheilt werde 4607.

Überlieferung: H: BBAW, II–VIII, Nr. 252, Bl. 29 f.

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und dann werde ich mein äußerstes thun um Beckers wohlbegründetes Interesse zu vertreten. So natürlich es ist, daß Sie Göschen nichts von Beckers Brief gesagt haben, eben so natürlich ist es daß ich Beckern nichts sage von der Art wie er aufgenommen worden ist. Er würde sonst eben so irre werden in dem höchst bedeutenden Fleiß, den er dem Interesse der Akademie mit der größten persönlichen Aufopfrung (da er sich in Italien so gänzlich mißfällt) widmet. Aber eben deshalb ist es dringend nothwendig daß diese Sache zu einer definitiven und formalen Entscheidung komme, und ich trage darauf an, daß das in der nächsten KlassenSizung geschehe. Schleiermacher 9/8.18.

4608. An Samuel Marot. Berlin, Montag, 10. 8. 1818

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Nach einer Verfügung des Hochwürdigen Consistorii unserer Provinz, welche ich seiner Zeit mündlich mitzutheilen nicht verfehlen werde, soll unsere Synode noch Laufe dieses Monates zusammenberufen werden, um vorzüglich über die nunmehr von Einem hohen Ministerio der geistlichen p Angelegenheiten emanirte Anleitung zum Entwurf einer Kirchenordnung sich zu berathen. Dem gemäß beehre ich mich Sie und Ihre Herren Diöcesane zu Anhörung der Synodalpredigt, welche in Auftrag des abwesenden Herrn Propst Ribbeck Herr Propst Hanstein halten wird, und zu der unmittelbar darauf folgenden ersten Zusammenkunft auf Dienstag den 18ten dieses Monats 9 Uhr in die Domkirche ergebenst einzuladen, und ersuche Sie zugleich Sich so einzurichten daß die nächsten Versammlungen Mittwoch den 19ten und Freitag den 21ten in den Nachmittagsstunden von 4 Uhr ab können gehalten werden. Außer der erwähnten Anleitung werden in dieser Sizung noch die Berichte des Synodalausschusses über das in der Zwischenzeit vorgefallene, und der wegen des Gesangsbuchs niedergesezten Commission vorkom-

4608. Überlieferung: H: ELAB, 10400, 163, Bl. 9; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 294 f. 10 18ten] korr. aus 19 Monats] Morgens

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Briefe 4608 – 4609

men, und ich werde Namens des Moderamen die versprochenen Vorschläge zu Festsezungen über den Gang und die Verfahrungsweise in unsern Zusammenkünften vorzulegen haben. Diese vorläufigen Vorschläge machen billig den Anfang und ich werde sie gleich in der ersten Zusammenkunft zur Beratung bringen, ersuche daher auch Sie und Ihre Herren Diöcesane brüderlichst diese Sache nach Maaßgabe unserer bisherigen Erfahrung in reife Ueberlegung zu ziehen damit auch Ihre etwan abweichenden Ansichten und Wünsche gleich mit können berüksichtigt werden. Nächstdem denke | ich werden die erwähnten Berichte weil sie sich auf ante acta beziehen zu erwägen und die nöthigen Beschlüsse darauf zu fassen sein, und dann werden wir zu Prüfung der Anleitung als unserm Hauptgegenstand übergehen können. Sollte einer der Herrn Synodalen noch anderweitige Anträge zu machen gesonnen sein: so bitte ich ergebenst mir diese vor Eröfnung unserer ersten Zusammenkunft mir ganz in der Kürze ihrer Substanz nach schriftlich verfaßt zuzustellen damit sie noch in der ersten Versamlung verlesen werden und zeitig zur allgemeinen Kenntniß gelangen können. Die Berathung über solche darf aber natürlich erst auf die über die Anleitung folgen. Damit sich nun mit diesem Hauptgegenstand unserer diesjährigen Sizung jeder vorher gehörig bekannt machen könne, habe ich um ein Exemplar davon für jeden Synodalen gebeten. Der bereite Vorrath hat indeß dazu nicht hingereicht, und in der Voraussezung daß theils die Mitglieder des Hochwürdigen Consistorii schon als solche ein Exemplar erhalten haben, theils die Herrn Superintendenten von dem Consistorium selbst werden bedacht werden übersende ich Ihnen anliegend ergebenst 5 Exemplare für die Herren Schlemüller Pauli Elsner Pischon und Gossauer Indem ich Sie bitte dieses auf das schleunigste Ihren Herren Diöcesanen gefälligst mitzutheilen, und sie auch zur Einzahlung ihres Beitrages zur SynodalCasse bei der ersten Versamlung aufzufordern bitte ich Sie schließlich die Versicherung meiner brüderlichen Hochachtung zu genehmigen Berlin d. 10t. August. 1818 Schleiermacher

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4609. Von Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818 Florenz 10 Aug. 18.

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Zum Aristoteles, lieber und verehrter Schleiermacher, wächst mir der Muth. Freilich habe ich noch nichts verglichen außer der Nikomacheischen und der großen Ethik in Einem Codex, aber auch in einem so alten und guten daß ich mit Einem oder zwei der Art zu allen Aristotelischen Schriften unbedenklich die ganze Ausgabe unternehmen möchte. Und die Beschränkung auf wenige wird überdies schon dadurch unumgänglich, daß der Schwall der wenig oder nichts versprechenden zu groß ist um zu erlauben, was beim Plato allenfalls erlaubt ist, durch Vergleichung aller sich aller vergleichungswerthen zu versichern. Jene wenigen werden nun aber ziemlich zerstreut sein. In Rom wissen wir nur Einen, vom Organon: in Venedig ist vermuthlich auch nur der Eine von der Thiergeschichte, den ich bereits gebraucht habe: was in Mailand sei, wird schwer halten auszumitteln. Es könnte also wohl nöthig werden nach Wien und Paris zu gehn, vielleicht nach England: ist dazu Zeit vorhanden und Geld? In der Laurentiana haben wir bisher nur die üblichen drei Stunden gehabt; von morgen an sind uns fünf verwilligt, von 8 bis 1. Diese Verwilligung verdanken wir zum Theil dem Präfecten der Bibliothek, Francesco del Furia. Nicht seiner litteraren Würdigkeit halber, aber wohl weil er noch mancherlei Dienste leisten kann, wünschte ich die Academie ernennte ihn zum Correspondenten: würde das Diplom unverzüglich ausgefertigt, so fände es hoffentlich eine Gelegenheit in meine Hände zu gelangen gegen die Zeit wo ich zum dritten Mal her käme, d.h. etwa im April oder Mai des nächsten Jahres. Denn mit den höchstens vierzig Tagen, die uns dieses Mal vor den Ferien noch übrig sind, reichen wir, da ich was für den Plato und die Redner vorhanden ist nicht liegen lassen darf und manches unbedeutendere der Abwechslung zu Liebe nicht liegen lassen mag, so wenig aus, daß wir wahrscheinlich, wenn wir wieder kommen, genöthigt sein werden zu dem hier zu Lande fast unerhörten und dringender diplomatischer Unterstützung bedürftigen Gesuch um die Erlaubnis Codices nach Hause zu nehmen. Hätte ich einen Titel oder Orden, so wäre die, im östreichischen Italien, wahrscheinlich leichter zu erhalten. Gleiche Gunst wie für Furia darf ich mit besserm Gewissen für den höchst gefälligen Bibliothekar der Riccardiana erbitten, den Abate Fran4609. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 19; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 90–93

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cesco Fontana, einen Hauptcruscanten (membro residente), den auch Niebuhr hoch hält wegen gründlicher Kenntnis seiner vaterländischen Geschichte und Litteratur. Sollten nicht überhaupt Vorsteher bedeutender Bibliotheken, zumal handschriftlicher, die wünschenswerthesten Correspondenten sein? Nicht nur könnten sie Notizen aller Art in Fülle spenden, wenn jemals wieder beliebt werden sollte was jetzt freilich für statutenwidrig zu gelten scheint, mit den Correspondenten zu correspondiren: sondern auch für fahrende Academiegenossen sind sie bei weitem die wichtigsten und brauchbarsten Bekanntschaften. | Was haben Sie zu meiner Protestation gegen die Ausgabe des Cajus gesagt? Ich weiß nicht mehr wie ich mich ausgedrückt, aber so viel weiß ich, daß, wenn die übrigen Blätter dem Probeblatt ähnlich sind, bezeichnet mit demselben Stempel der Unsicherheit Dürftigkeit Halbheit, die Academie ihre Auslage an Gelde erstattet erhält mit gar geringer Einnahme an Ehre, indem der Gesammtheit aufgehalset wird, was schwerlich irgend ein einzelnes Glied der Klasse sich verstehn möchte auf seine Rechnung zu nehmen. Ich setze übrigens voraus daß Herr von Savigny der Klasse den Brief von Niebuhr mitgetheilt, worin alle die Mängel und Verstöße im Einzelnen nachgewiesen sind, von denen ich nur den allgemeinen Eindruck ausgesprochen habe. Daß Niebuhr keine Abschrift erhalten hat, ist unverzeihlich, ich muß es wiederholen: keiner hat wie er das Zeug dem Autor aufzuhelfen und ihn auszustatten, keiner hat gegründeteres Recht daran, und keiner bedarf mehr der Aufheiterung, die ihm diese Arbeit ohne allen Zweifel gewährt hätte. Daß Niebuhrn eine Tochter geboren ist, wissen Sie wohl schon. Im September zieht er nach Genzano in die Wohnung der Herz, die dann nach Neapel geht, so daß ich die große Frau vermuthlich erst den Winter in Rom wiedertreffe. Ich habe an sie geschrieben, aber sie antwortet nicht. Möge sie in dem wunderlichen Kreise, der sie umgiebt, die Ruhe finden, die sie hoffte als ich sie zuletzt sah. Der intolerante Zelotismus ihrer Lieblinge, der beiden Veits, hat sich bei neulichen Gelegenheiten wieder auf das gehässigste kundgegeben. Die Reise von Rom hieher war wunderschön: zu Wagen bis Montefiascone, wo wir den echten est wiedergefunden haben, und Orvieto, dann zu Pferde nach Todi und Assisi, zu Fuß nach Perugia, zu Kahn über den Trasimen, und so weiter nach Cortona und Arezzo, immer im hellsten und wärmsten Sonnenschein, über den reichsten Wechsel von Bergen und Thälern und Seen. Wie oft habe ich Sie und Ihre Frau zu mir gewünscht! Auch hier geht es uns gar wohl. Die Stadt gefällt mir über die Maaßen, seitdem ich das schwüle und schmutzige Rom dagegen halte. Heiß ist es

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freilich sehr, caldo febbrile: aber wenn wir die gesetzte Zeit zerflossen sind in der Laurentiana, wo man, wegen der dünnen Mauern und der unzäligen Fenster, zwei Grad Wärme mehr genießt als in der übrigen Stadt, erfreuen wir uns um so mehr der Kühle in den hochgewölbten Zimmern unsers palazzo. Leben Sie wohl und empfehlen mich Ihrer Frau und Schwester. Erinnern Sie auch Ihre Kinder an mich, denen ich fürchten muss fremd zu werden, während sie mir, in den vielen Momenten brütender Unthätigkeit, so liebe Rückerinnerung gewähren. Von Reimer hoffe ich bald Nachricht über meine Platonischen Papiere. Schedens grüßen Sie bestens, wie auch Boeckh Buttmann Süvern. Ist über meine Geldverhältnisse in der Academie noch immer nichts entschieden? Ist es wahr daß Heinrich nach Bonn kömmt? und wenn es wahr ist, wer hat die unselige Wahl auf dem Gewissen? Ob die mineralogische Stelle schon vergeben sein mag? Von ganzem Herzen Ihr I.B.

4610. Von Christian August Brandis und Immanuel Bekker. Florenz, Montag, 10. 8. 1818

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Hochwürdiger Hochzuverehrender Herr Doctor Mein Dank für Ihr gütiges Schreiben, das mich in Rom nicht mehr traf, sollte von der Anzeige begleitet werden, wie die mir nun zum Beruf gewordene Arbeit hier in Florenz begonnen und was geschehn die äußern Hindernisse, die solchen Unternehmen in Italien so sehr im Wege stehn, zu beseitigen: daher die Verspätung. Wie sehr mich Ihr Vertrauen erfreut und daß ich mir angelegen seyn lasse diese Freude, wie sie bestimmt ist, wirken zu laßen, das spricht sich ja so nur durch die That, nicht durch Worte aus. Daß wir für unsre Arbeiten jetzt endlich mehr Zeit gewonnen wird Bekker schreiben und Vorschläge hinzufügen, wie uns die Academie diese Vortheile erhalten und vielleicht noch förderlichere verschaffen könne. Durch ihn werden Sie noch erfahren, daß er nicht nur völlig entschloßen ist am Aristotelischen Unternehmen thätigen Theil zu nehmen, sondern 4610. Überlieferung: H: BBAW, SN 259/1, Bl. 3 f. aus antiken Aristoteles-Kommentaren.

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Brief 4610

durch Vergleichungen zu der Nicomachischen und großen Ethik schon Hand ans Werk gelegt hat. Er wünscht wenigstens einmahl sämtliche Aristotelische Schriften mit guten Handschriften selbst zu vergleichen, um sich mit dem Ganzen bekannt zu machen: und so werde ich dagegen einige Vergleichungen zu den logischen und naturwissenschaftlichen Schriften sehr gern übernehmen. Für das Organon möchte es wohl bestimmt hinreichend seyn sich auf wenige ganz vorzügliche Handschriften zu beschränken: vor allem wird also der schöne Römische Codex (Nro 1. in meinem Verzeichniß) zu vergleichen seyn: eine Arbeit, die Bekker übernommen hat. Hier findet sich für’s Organon durchaus nichts von ähnlicher Bedeutung: wir lassen daher was sich hier dahin gehöriges findet außer Acht, bis wir gesehn, wie weit jener Codex reicht, und bis wir erfahren, ob nicht in einigen andern Bibliotheken ähnliches zu erwarten steht. Etwas schlimm ist’s mit der großen Maße ungedruckter Commentare zum Organon: denn wiewohl ich überzeugt bin, daß sehr weniges von ihnen zu erwarten, müssen sie doch wohl durchgelesen und zum Theil excerpirt werden, um sichere Notizen darüber mittheilen zu können. Ich werde mich dieser Arbeit, die Bekkern nicht zuzumuthen ist, keinesweges entziehn: daß sie aber großen Zeitaufwand erfordern wird, vorzüglich da ich mit diesem Zweige Aristotelischer Commentatoren am wenigsten bekannt bin, bedarf wohl kaum der Erinnrung. In Rom, wo eine so reiche Saat davon vorhanden und wo uns vergönnt ist sieben Stunden und länger auf der Bibliothek zu arbeiten, wird sich diese Arbeit am füglichsten unternehmen lassen: dort also werde ich sie nach unsrer Rückkehr beginnen, wenn ich anders die Genehmigung der Academie | erhalte. – Wie viel von Vergleichung von Handschriften für den Aristotelischen Text zu gewinnen, wage ich noch nicht zu bestimmen: für die meisten Schriften möchte allerdings Vergleichung weniger vorzüglicher Codices ausreichen: für einige, namentlich die Metaphysik, Probleme und einige kleinere Schriften möchte dagegen wohl alles nicht geradezu unbedeutende zu vergleichen seyn. Hier haben mich bis jetzt Vergleichungen zu der Nicomachischen Ethik (auf der Biblioteca Riccardi) und zu den Physicis, den Büchern vom Himmel und περὶ γενέσεως καὶ φθορᾶς (auf der Laurentiana) beschäftigt: der ethische Codex hat wenig Ausbeute gegeben: etwas mehr der physische: er mag aus dem 14ten Jahrhundert seyn und ältere sind mir für diese Schriften bisher nicht vorgekommen. Morgen werde ich die Benutzung einer Handschrift der Metaphysica, die zugleich den Commentar des Alexander enthält, beginnen: sie ist nicht allein älter, als alle metaphysischen, die sich hier oder in Rom finden, sondern nächst dem Römischen Organon und der von Bekkern verglichenen Ethik die älteste mir bekannte Aristotelische Hand-

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schrift. Möge der innere Gehalt den Forderungen, die man daran zu machen berechtigt ist, entsprechen. Für kein Aristotelisches Buch möchten bedeutende Handschriften so wünschenswerth seyn. Aus dem Commentar des Alexander, oder von wem er sonst seyn mag, werde ich die für Kritik und Geschichte irgend wichtigen Stellen ausziehn und die Uebersetzung der Sepulveda mit dem Original vergleichen. Eine vollständige Abschrift würde zu viel Zeit nehmen. Doch fragt sich, ob die Academie nicht diese wie einige andre Commentare zum Aristoteles abschreiben laßen möchte: denn wiewohl sich wohl schwerlich irgend einer zu vollständigem Abdruck eignen möchte, wäre der Besitz von Abschriften immer sehr wichtig: und wünschenswerth, wenn die Abschriften gerade jetzt besorgt würden, so daß wir sie mit guten Exemplaren vergleichen könnten. Ueber die Kosten solcher Copien bin ich noch nicht im Stande Notiz zu geben: doch würden sie schwerlich sehr bedeutend seyn. Soweit jetzt meine Kenntniß des Ungedruckten der Art reicht, möchte ich vorschlagen Abschriften nehmen zu lassen von drey nur in Lateinischen Uebersetzungen vorhandenen Commentaren: des Alexander und Syrianus zur Metaphysik und des Dexippus zu den Categorien (letzterer auch der Form wegen ganz merkwürdig)[.] Unter den ganz ungedruckten, soviel ich ihrer bisher kennen gelernt, scheinen mir die bedeutendsten Asclepius (ἀπὸ φωνῆς Αμμωνίου τοῦ Ερμείου) Commentar zur Metaphysik und Aspasius zum zweyten | Theil des siebenten Buches der Ethik. Was ich bisher zu den übrigen Büchern der Nicomachischen Ethik, zu den Büchern von der Seele, der Meteorologie und der Rhetorik gefunden, scheint mir kaum der Abschrift werth: sorgfältige Auszüge werden wohl sicher ausreichen. Daß ohne die genaueste Benutzung der Commentare sich an Constituirung des Aristotelischen Textes durchaus nicht denken lasse, davon bin ich fest überzeugt: und ohne den Bestimmungen der Academie vorgreifen zu wollen, habe ich mir diese Arbeit für die ersten Jahre nach unsrer Rückkehr, in denen Bekker mit der Vollendung seines Platon beschäftigt seyn wird, vorläufig bestimmt. Bis dahin werde ich Gelegenheit haben mit dem hierher gehörigen gedruckten Apparat ziemlich bekannt zu werden und aus dem ungedruckten das bedeutende zu sammeln. Leider ist von diesen Anecdotis viel weniger zu erwarten, als ich gehofft hatte: die Philologen des 15ten und 16ten Jahrhunderts haben sehr wohl gewußt das Brauchbarere zur Bekanntmachung auszufinden. – Die Uebersetzungen habe ich bisher ganz unbeachtet gelassen und doch sehe ich wohl ein, daß wenigstens sorgfältige Notizen von dem Vorhandenen nicht wohl zu umgehn sind. Findet sich denn gar nichts Literarisches, wodurch man für eine solche Arbeit einen Leitfaden gewönne? – In München findet sich eine Aldiner Ausgabe mit an dem Rand

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Briefe 4610 – 4611

gemerkten variis lectionibus von der Hand des Victorius: ich habe sie mir zu einigen Schriften auf der Durchreise ausgezogen und bin begierig, ob sich hier in Florenz Handschriften finden werden aus denen sie genommen seyn könnten. Doch zweifle ich fast an einem guten Erfolg dieser Untersuchung, da Victorius nach Sitte seiner Zeit nur vorzüglich bedeutende Lesarten bemerkt, alle geringfügigeren Varianten unbeachtet gelassen hat. – Ueber des Felicianus Uebersetzung der Commentare zur Ethik habe ich, soweit sichs in der Eile thun laßen wollte, Untersuchungen angestellt und lege die Resultate bey. Ich habe mir erlaubt zugleich Auszüge aus ungedruckten Commentaren zum ersten und siebenten Buch hinzuzufügen: sie werden hinreichen zu zeigen, wie diese Commentatoren ihren Text behandelt. Der Commentar zum letzten Theile des siebenten Buches ist wohl ohnstreitig bedeutender, als der zu den vier ersten Büchern, und wohl mit dem gedruckten Commentar zum dritten und vierten Buch zu vergleichen: die erheblicheren Notizen habe ich ausgezogen und beygelegt. Ihren Untersuchungen über die Commentare zur Ethik sehe ich mit Ungeduld entgegen: noch mehr freilich den Resultaten Ihrer Forschungen über die Aristotelischen Ethiken selbst. | Möchten Sie, hochverehrter Herr Doctor, auch die chaotische Metaphysik Ihrer Critik unterwerfen: sie bedarf es in Wahrheit. – Daß wir nachdem die hiesigen Bibliotheken geschloßen (d.h. den ersten October) uns nach Neapel wenden, den Winter in Rom zubringen und dann auf einige Monate nach Florenz zur Vollendung der angefangenen Arbeiten zurückkehren werden, wird Bekker geschrieben haben. Erlauben Sie mir noch einige Worte über meine öconomischen Verhältnisse. Allerdings muß ich fürchten, daß eine jährliche Annahme von 1000 r, da soviele Reisen zu machen, nicht ausreichen wird. Wenn nun, wie das ja zu hoffen ist, im nächsten Jahre die Bonner Academie zu zahlen beginnt, so wäre nur für jetzt zu sorgen. Dürfte ich daher vorschlagen, daß mir die Academie der Wissenschaften die mir bestimmte Unterstüzung von 450 r für das volle Jahr 1818 bewilligte und wo möglich bald (an die Gebrüder Benecke) auszahlen liesse? Von der Legazionskasse habe ich im April das letzte Gehalt bezogen, den 22ten Juny Rom verlassen; die Aristotelischen Arbeiten aber beschäftigen mich schon über ein Jahr, und seit März ununterbrochen. Ihre gütige Vermittelung, hochverehrter Herr Doctor, muß ich auch hier wagen in Anspruch zu nehmen. Vom Ministerio der geistlichen Angelegenheiten habe ich noch immer keine Mittheilung erhalten: wahrscheinlich weiß man, daß ich durch Sie die Anweisung in Italien zu bleiben, erhalten habe. Mich an der Beantwortung der schönen philosophischen Preisfrage zu versuchen würde ich mir unter andern Umständen schwerlich versagt haben: aber hier in Italien waren der Schwierigkeiten zu viele: besonders der Mangel auch an den nothwendigsten Büchern ein nicht zu beseitigendes

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Hinderniß. Dieselben Schwierigkeiten dauern fort: außerdem wird mir Aristoteles zu einer solchen in einer bestimmten Frist zu vollendenden Arbeit fürs erste wohl nicht Muße lassen. Twesten hat wohl ernstlich an die Beantwortung der Frage gedacht: ihm aber ließen die Vorlesungen nicht Muße. In Rom scheint ja alles auf die Spitze gestellt zu werden: die Schweizer Bevollmächtigten haben, wie ich höre, ihr Recreditiv übergeben, mit den Hannöverschen Unterhandlungen steht’s schlimm und Bayern ist sehr ungehalten, daß der Pabst Frauenbergs Investitur standhaft verweigert. Möchte doch die catholische Geistlichkeit in Deutschland den Zeitpunkt zu benutzen wissen. Leider aber scheint von ihr gerade das Gegentheil zu fürchten zu seyn. Eine Verpflichtung für die höhere Deutsche Geistlichkeit wenigstens einige Jahre in Rom zuzubringen, möchte jetzt vielleicht heilsam seyn: ein solcher Aufenthalt müsste wohl hinreichen zu enttäuschen: freilich sieht man leider an vielen Deutschen Landsleuten wieweit man’s mit dem nicht sehn und wollen bringen kann. Von Niebuhrs Vorschlägen dem Unwesen zu begegnen sind Sie ohne Zweifel unterrichtet. Darf ich bitten mich dem Andenken Ihrer Frau Gemahlin bestens empfehlen zu wollen? Mit innigster Verehrung Ihr ergebenster Ch.A. Brandis Florenz den 10ten Aug. 1818. [Bekker:] Antwort trifft uns schwerlich mehr in Florenz, wo wir nach dem 30 September nichts mehr zu suchen haben: addressiren Sie also, bitten wir, an Bunsen in Rom, al Campidoglio, palazzo Caffarelli, al secondo piano. I. B.

4611. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg (auch an die anderen Präsides der Kreissynoden). Berlin, Montag, 10. 8. 1818 Außer den in unserer Verfügung vom 8ten hujus namhaft gemachten Gegenständen der Besprechung auf der diesjährigen Kreissynode, sollen zu Folge einer Hohen Ministerialverordnung noch folgende zwei Puncte auf derselben in Berathung gezogen werden. 158–161 [Bekker:] … B.] am linken Rand 4611. Überlieferung: H: GStA, I. HA, Rep. 99, Nr. 1867, Bl. 127 f. Dieses Konsistorialschreiben wurde laut seiner Überschrift in dem hier abgedruckten Konzept an die Präsides

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Briefe 4611 – 4612

Es ist nämlich bei Einem Hohen Ministerium der Geistlichen Angelegenheiten einmal darauf angetragen worden, die Verfügung zu treffen, daß die Würde eines Superintendenten von dem Vater nicht unmittelbar auf den Sohn übergehen dürfe, indem eine solche Nach|folge für die Mehrzahl der Synodalen darum selten erfreulich seyn könne, weil der Superintendent, wenn er sein Amt eine lange Reihe von Jahren hindurch bekleidet hat, mit mehreren Mitgliedern seines Sprengels durch Verschwägerung oder auf andre Art gemeiniglich in nähere Verbindung komme, und ein Mann von nicht festen Grundsätzen dadurch leicht verleitet werde, seine näheren Lieben, in amtlicher Hinsicht, nicht nur ungleich freundlicher und nachsichtiger als die andern Brüder zu behandeln, sondern sie auch den Geistlichen Oberen von ihrer Lichtseite, die übrigen Amtsbrüder dagegen, vielleicht selbst die Besseren, von der Schattenseite darzustellen und dadurch vielleicht auf ihr äusseres Glück nachtheilig zu wirken. Gehe nun die Würde eines Superintendenten von dem Vater auf den Sohn über, so dauere dasselbe Verhältnis fast immer fort; der treueste Lehrer bleibe vielleicht sein ganzes Leben hindurch verkannt, indes die Näherverbundenen ihr Wesen nach wie vor ungestört forttreiben. Sodann ist das genannte Hohe Ministerium ersucht worden, eine Verordnung zu erlaßen, wodurch Privatpatronen verpflichtet würden, bei Einreichung der Vocation eines von ihnen erwählten Pfarrers oder Schullehrers schriftlich ihr Ehrenwort zu geben, daß die dem Pfarr- oder Schulamts-Candidaten keine lästige Bedingung gemacht, oder mit ihm einen nachtheiligen Vergleich abgeschlossen haben, oder durch Mittelspersonen haben abschließen laßen, indem durch dergleichen Privat|vergleiche die Pfarr- und Schulstellen, selbst die minder einträglichen, gar oft ungemein

der brandenburgischen Kreissynoden geschickt: „1.) An den Herrn Professor D. Schleiermacher, Hier. 2.) An den Herrn Superintendenten Spieker in Frankfurth. 3.) An den Herrn Superintendenten Schulze in Crossen. 4.) An den Herrn Superintendenten Röhrich in Soldin. 5.) An den Herrn Superintendenten Zedelt in Warnitz. 6.) An den Herrn Superintendenten Rall in Woldenberg. 7.) An den Herrn Superintendenten D. Fritzsche in Dobrilugk. 8.) An den Herrn Superintendenten Wegener in Züllichau. 9.) An den Herrn Superintendenten Reichhelm in Prenzlow. 10.) An den Herrn Probst Richter in Angermünde. 11.) An den Herrn Superintendenten Ewald in Rathenow. 12.) An den Herrn Superintendenten Wegener in Wittstock 13.) An den Herrn Superintendenten Tiebel in Nauen. 14.) An den Herrn Superintendenten Stöwe in Potsdam. 15.) An den Herrn Superintendenten Seyffarth in Belzig. 16.) An den Herrn Probst Hoppe in Bernau. 17.) An den Herrn Superintendenten Bävenroth in Fehrbellin. 18.) An den Herrn Superintendenten Baldenius in Wusterhausen an der Dosse. 19.) An den Herrn Superintendenten Mann in Strausberg. 20.) An den Herrn Superintendenten Gibelius in Wilmersdorf bei Fürstenwalde. (H. G. S.)“ 29 indem] über )sintemal*

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verschlechtert würden und die früheren Verbote nicht hinreichend gewesen wären, diesen Unfug zu hindern. Ueber diese beiden Anträge haben Sie Sich in Absicht auf deren Zuläßigkeit, Motivirung und der deshalb zu treffenden Remedur, und zwar, was den Letzteren betrift, mit Berücksichtigung der nach dem Allgemeinen Land-Rechte Theil 2. Titel 10. § 73 sequentes und Titel 11. § 613 und 614. darüber bereits feststehenden Bestimmungen, mit Ihren Synodalen gründlich und ausführlich zu berathen und die Resultate dieser Berathung dem Synodalprotokolle mit einzuverleiben. Berlin d. 10ten Aug. 1818. Königl. Consist. der Prov. Brand. Nicolai/s.a.

4612. An Philipp Konrad Marheineke (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818

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Die theologische Facultät hat um die ihr angewiesene Summe von 125 r durch Concurrenz zu vertheilen zwei Themata ein historisches und ein exegetisches zur freien Wahl der Concurrenten aufgestellt und nach Maaßgabe der eingegangenen Arbeiten den beiden Studiosis Westfal und Uhlmann jedem 30 r dem Gallasch 25 r und dem Ristow und König jedem 20 r zuerkannt Ewr Magnificenz ersuche ich ergebenst hievon Kenntniß zu nehmen und die zuerkannten Summen an die Prämirten welche davon schon benachrichtigt sind gefälligst zahlen zu laßen Berlin d 12t. Aug. 1818 Die theol Fac Schl. Rectori magnifico

4612. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 210, Bl. 44 2 durch Concurrenz] über der Zeile

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Brief 4613

4613. An August Twesten. Berlin, Mittwoch, 12. 8. 1818 Mit rechter Herzensbeklemmung lieber Freund habe ich, sobald ich Ihren Brief erhielt an Nicolovius – denn Süvern war schon verreist – geschrieben, um zu hören wie die Sachen stünden, und war nicht eher ruhig bis ich die Antwort hatte daß die Zusicherung aller Ihrer Wünsche schon in Ihren Händen sein müsse. Ich begrüße Sie also nun mit den herzlichsten Wünschen für Ihre künftige Lage. Arndts sind schon seit ihrer Verheirathung in Bonn und Sie können Sich also getrost an sie wenden, ich habe es auch Nanny schon geschrieben, die sich gewiß ungeheuer freuen wird da sie auch Tine sehr lieb gewonnen. Was für Hofnungen auf Bonn haben sich denn aber schon zerschlagen? Daß Sie meinen Brief an Harms nicht abgegeben lasse ich mir gefallen, da ich es ja Ihrem Urtheil anheimgestellt, und freilich alles darauf ankommt den Mann vor sich zu haben. Geibel denkt übrigens völlig eben so wie Sie. Das | einzige Uebel ist nur, daß weil ich nicht glaubte daß Sie ihn zurükbehalten würden, ich ein Paar Mal gelegentlich gesagt habe ich hätte ihm geschrieben, und daß also möglich ist er erfährt es. Würde Ihnen das nicht unangenehm sein? Es ist freilich nur eine Möglichkeit; aber ich kann wenigstens nichts mehr dagegen thun, da mir nur das Factum erinnerlich ist ich aber nicht mehr weiß wo und wie. – Damit nun die Lutherische Sache nicht darunter leide so schike ich Ihnen ein Paar Worte die ich in der größten Eile aufgeschrieben und die Sie verbessern können wie Sie wollen. Es kommt ja jezt nur darauf an, daß der Grundgedanke ausgesprochen und denjenigen die wol bereitwillig wären ein Maaßstab in die Hände gegeben werde. Es ist mir verdrießlich genug daß ich nicht eher habe zum Schreiben kommen können; denn wenn Sie es nicht noch ordentlich in Gang bringen so möchte mir Holstein ganz entgehen, denn ich wüßte nicht an wen ich mich wenden sollte. Thun Sie also noch ja was Sie können Mich über Harms und die Thesen noch einmal zu erklären finde ich unter den gegenwärtigen Umständen gar nicht nöthig. Was ich zu Harms | Lobe gesagt ist ja so vollkommen ernsthaft und klar daß es hieße mir selbst nicht trauen wenn ich es noch einmal wiederholte. Und wie wenig ich seinen Gegnern angehöre das wird sich wol noch bei manchen Gele4613. Überlieferung: H: Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, 13554; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 334–336 (gekürzt). Mit einem Entwurf für eine Werbeanzeige für die Stiftung zugunsten armer Familienangehöriger Luthers. 28 noch] korr. aus mit 32 das] korr. aus daß

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genheiten zeigen. Ueberhaupt muthen Sie mir nur nicht zu noch mehr kleines zu schreiben; ich muß jezt machen daß ich an etwas großes komme. Der Sommer ist wieder so hingegangen mit nichts. Jezt macht mir die Synode den Kopf warm und wenn ich die hinter mir habe muß ich mich wahrhaftig in den Wagen werfen. Es ist auch diesen Sommer ein Zuströmen von Fremden gewesen die uns ganz unmittelbar angingen, erst Malchen Baier, dann meiner Frauen Bruder mit seiner Frau, dann Geibel dann Müllers aus Bremen, daß an gar nichts zu denken war. Eine solche Kleinigkeit habe ich nun doch noch auf dem Halse Ueber den Rationalismus und Supernaturalismus, und ich weiß noch nicht wann ich dazu kommen soll sie zu schreiben. Uebrigens lieber Freund will ich wirklich nicht gern die pelagianischen Protestanten ausschließen; denn sie können und sollen sich ja doch nicht zu einer eignen Kirche constituiren sondern wo nicht sie selbst doch ihre Nachkommen sollen wieder gewonnen werden. Nämlich vorzüglich deswegen weil jene Denkart gar keine | kirchliche ist und meiner Ueberzeugung nach keine wirkliche Gesellschaft auf diesen Principien ruhen kann. Aber eben darum verliert sich auch die unchristliche Flachheit, und muß immer schwächer werden je stärker die Gesellschaft ist. Und nun muß ich aufhören. Geibel oder Bahnsen sollen diese Zeilen mitnehmen. Geibels Bekanntschaft habe ich erst jezt gemacht (denn in Lübek war ich zu elend,) und er ist mir ein sehr lieber Freund geworden. Meine Gesundheit ist übrigens im Ganzen sehr gut gewesen, in den lezten Wochen zwar weniger aber doch gar nicht so daß ich etwas besorgte. Ich duplire jezt und lese täglich 4 Stunden von 6–10 Uhr. Daraus sehn Sie schon daß ich ziemlich auf den Beinen bin. Meine Frau und Lotte grüßen herzlich. Gott gebe Euch beiden viel Freude an der kleinen Agnes. Ich würde übrigens immer auch lieber füttern als eine Amme nehmen, wiewol es vielleicht nur ein aristokratischer Eigensinn ist. Wie ist es denn wenn Ihr reist? kommt ihr über Berlin? Dann kommt doch nicht eher als Anfang October wenn ich von meiner bis jezt freilich noch ganz ungewissen Ausflucht zurük bin. Herzliche Grüße an die liebe Tine. Schleiermacher 12t. Aug. 18.

39 meiner] korr. aus meines nachgetragen

53 (] innerhalb der Zeile nachgetragen )] innerhalb der Zeile

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Briefe 4614 – 4616

4614. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Sonnabend, 15. 8. 1818 Spectabilis Im dießjährigen Sommersemester des theologischen Seminars waren in der historischen Abtheilung die Studirenden Olshausen, Bahnson, Holz, Jonas, Winkler und Barkow. Dreyen derselben war die Aufgabe zu einer Abhandlung gestellt, welche Holz und Winkler geliefert haben, Jonas bis jezt schuldig geblieben. Jonas beiden Abhandlungen erfolgen hiebei; sie zeugen von Fleiß und Kenntnissen. Solange die Aufsätze nicht eingegangen waren, wurde mit dem Lesen von Augustin Confessiones fortgefahren. Alle haben sich mit geringem Unterschied dabei als der lateinischen Sprache mächtig und als theilnehmend an der Sache bewiesen. Berlin, am 15. Aug. 1818. D Marheinecke

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4615. Von Marie von Kleist. Berlin, Sonntag, 16. 8. 1818 Berlin den 16t August Schenken Sie mir theurer, würdiger, lieber Profeßor, Ihre vortreffliche Predigt, senden Sie mich als Ihren Jünger damit aus, den Bösen Geist aus zu treiben. Sehn Sie es ist Ihre Pflicht würdiger Mann, mir diese Bitte zu gewähren, so wie es die des Artztes ist, ein Recept für auswärtige Kranke aufzusetzen – Ihre Predigt hat mir Heute einen wahren Kunst Genuß gewährt, ich war entzückt und hätte gern Beifall geklatscht, ganz unruhig saß ich auf meiner Bank, weil ich ruhig sein mußte. O! schenken Sie mir diese herliche, Christlich Platonische, Predigt, für mich, für meine Kinder, meine Neffen und Nichten, so wie für alle, die ich liebe, denen ich gern 4614. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 43, Bl. 107. Mit zwei Abhandlungen von Jonas. 4 Jonas,] folgt )und* 5 Abhandlung] Hier vermerkt Schleiermacher (mit Einfügungszeichen am linken Rand): „Über die Entstehung und Fortbildung der symbolischen Lehre von der Höllenfahrt Christi“. 4615. Überlieferung: H: BBAW, SN 315. Die Datierung auf das Jahr 1818 ergibt sich aus dem Umstand, dass Marie von Kleist in Berlin lebte und der 16.8. auf einen Sonntag fiel.

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das Große, das Hohe das Heilige, das Selige des Wirkens, mit Ihrer Hülfe, zeigen mögte – | Überzeugen Sie sich lieber Profeßor, daß wenn gleich ich scheinbar kalt und Prosaisch herum gehe – ein Hohes Treiben in mir ist, oder war, denn bey Manchem Mensch tritt sein eigentliches Seyn, durch das Leben heraus, andere werden durch die Ereigniße ihres Lebens, in sich, zurück gewiesen, und sie wandeln wie ihre eigne Gespenste herum – Schenken Sie mir Ihre Predigt Ihr Amt Ihre Pflicht, Ihre Schuldigkeit erfordert das von Ihnen, auch wenn es Ihnen etwas Mühe giebt – Das Würken Ihres Amts, ist ja das Ihres Lehrers und erstreckt sich auf uns alle – Marie Kleist

4616. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818

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Magnifice Unter den seit Michaelis 1815 inscribirten welche, den Listen zufolge keine Vorlesungen besuchen, finde ich folgende deren Abgang weder bei uns noch früherer Erkundigung zufolge im Universitätsalbum notirt ist, und die auch bis zum 31sten nach Anzeige der Registratur ihre Erkennungscharten nicht erneuert haben. 1815. August J.F.W. Zernial aus Hannover 1816. Januar Rohstack und Vatke May Friedrich August Schultze aus der Lausiz Ohne Angabe Westhof Schulz aus Hoexter Mellinghof Rheinthaler Helm Lorenzen 1817 April Brückner Ferdinand Benecke aus der Mittelmark Weitenkampf Struensee August Ferdinand Schultze aus der Mittelmark 4616. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 52. 3 f weder … Universitätsalbum] statt )nicht* mit Einfügungszeichen am linken Rand 5 die] folgt )wahrschein*

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Briefe 4616 – 4618

Da nun diese gewiß wegen unterlassener Erneuerung der Charten von Ew Magnificenz sind am schwarzen Brette citirt und im Nichterscheinungsfall für ohne Anzeige abgegangen sind erklärt und im Album gelöscht worden: so ersuche ich Ew Magnificenz ergebenst mich gefälligst zu unterrichten, welche von ihnen ich als abgegangen notiren und über welche als Anwesende die Untersuchung fortsezen soll. Berlin d 17t. Aug 1818 Der Dekan d. theol. Fac Schl.

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4617. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Montag, 17. 8. 1818 Magnifice Indem ich mit den Untersuchungen über den Studentenfleiß in dem nun ablaufenden Semester beschäftiget bin stoße ich abermals auf den Christoph Friedrich Schulze aus der Priegniz, welcher unterm 31ten Merz 1817 unter dem Dekanat des Herrn D. Neander mit einem Zeugniß No II des Joachimsthalschen Gymnasiums im FacultätsAlbum eingetragen ist und von welchem ich schon einmal aus der Registratur die Anzeige bekommen daß ein solcher nicht immatriculirt sei Ich habe die Sache schon einmal im Senat vorgetragen fühle mich aber, da hierauf nichts erfolgt ist gedrungen Ewr Magnificenz nochmals zu ersuchen über diesen sonderbaren Fall die nöthigen Untersuchungen anzustellen. Ich wenigstens will mich, wenn mit dem signum facultatis, welches dieses Subject besizen muß, ein Mißbrauch getrieben wird, außer aller Verantwortlichkeit gesezt haben. Berlin d 17t. Aug. 1818 Der Dekan d. th. Fac. Schl

22 f Nichterscheinungsfall] folgt )etwas über die verfügt worden* 23 f für … worden] mit Einfügungszeichen am linken Rand 24 mich] folgt )von dem was sich ergeben hat* 4617.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 53

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4618. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Dienstag, 18. 8. 1818

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Wenn wir in unserm früheren gehorsamsten Antrage wegen Ernennung des Studiosus Olshausen zum Repetenten uns nur vorbehalten noch ein nicht minder qualificirtes Subject in Vorschlag zu bringen: so geschah es nur weil wir nicht wußten ob der welchen wir einstimmig im Sinne hatten in der Lage wäre in dieses Verhältniß gleich einzugehn. Wir sind nun mit ziemlicher Gewißheit davon unterrichtet und säumen nicht Ein hohes Ministerium eben so angelegentlich als wir für den Olshausen gethan zu bitten auch ihn auf diesem Wege dem akademischen Leben zu gewinnen. Es ist nämlich der auch Einem hohen Ministerio aus unsern Berichten über das Seminarium schon vortheilhaft bekannte Candidatus Theologiae Bleek aus Holstein. Er hat sowol durch seine Ausarbeitungen als durch die ganze Art seiner Studien uns die größten Hofnungen erwekt daß er es zu einer ausgezeichneten theologischen Gelehrsamkeit bringen und daß davon die schönsten Früchte zu erwarten sein werden, wenn er nur in den Stand gesezt werde sich ausschließlich den Wissenschaften zu widmen. Ungern haben wir ihn Berlin verlassen und die ersten Schritte thun sehn um sich dem Predigerstande zu widmen, in dem wir nicht wissen ob er eben so vor andern hervorragen werde; aber nun wir erfahren daß er dort gleich abbrechen könne säumen | wir nicht ihn Einem hohen Ministerio aufs dringendste zu empfehlen. Da Bleek sich mehr auf Auslegung und Kritik, Olshausen aber mehr auf eigentliche Kirchen und Dogmengeschichte gelegt hat so wären gerade für die Hauptfächer zwei sehr hofnungsvolle junge Männer gewonnen unter denen wir jedoch was Eigenthümlichkeit des Geistes und Scharfsinn betrifft dem Bleek noch den Vorzug geben würden. Wir glauben es nicht besonders bevorworten zu dürfen, daß beide Holsteiner sind, da zu einer Partheilichkeit für diese Landsmannschaft von unserer Seite kein Grund denkbar ist, und eben so wenig fürchten wir daß dieser zufällige Umstand Ein hohes Ministerium abhalten könnte unsere Wünsche ungetheilt zu erfüllen. Berlin d. 18t. August 1818 Die theolog. Facultät. Schl

4618. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 48, Bl. 4 5 Lage] folgt )sein* 7 wir] über der Zeile gethan] über der Zeile 20 Bleek] über )er* Kritik,] folgt )und* 21 aber] mit Einfügungszeichen über der Zeile 28 zufällige] mit Einfügungszeichen über der Zeile könnte] folgt )einen von* 29 ungetheilt] mit Einfügungszeichen über der Zeile

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Brief 4619

4619. Von Friedrich Gottfried Carl Pfeffer. Aken, Dienstag, 18. 8. 1818

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Hochwürdiger Hochgelehrter Herr! Höchst zu verehrender Herr Doctor! Als ein Ihnen ganz unbekannter Prediger wage ich es, an Sie zu schreiben, mein Herz gegen Sie auszuschütten in Betreff der großen Union, deren wirksamer Beförderer Sie sind, und vielleicht dereinst gütige Auskunft über manches zu erhalten, was mich ängstigt und betrübt. Wohl fühle ich meine Dreistigkeit; allein ich hoffe, der Mann, der als Präses der Berliner Synode und als Autor so kräftig für die gute Sache handelt, auf den alle Freunde der Union mit sehnsüchtiger Erwartung hinschauen, dieser Mann werde nicht zürnen, wenn ich mich in einer Angelegenheit an Ihn wende, die Ihm wie mir die höchste und theuerste ist. Ich bin lutherischer Prediger in der kleinen Preußischen Stadt Aken bey Dessau, und außer meiner Gemeine ist hier im Orte noch eine reformirte Kirche mit einem besondern Prediger. Wir beide fühlten uns entzükt und hingerissen von der bekannten Erklärung Seiner Majestät und beschlossen einmüthig, dem frommen Beispiele unsers Königs zu folgen. Das Magdeburgische Konsistorium, an das wir uns deßhalb wandten, beförderte unser | Vorhaben mit solchem Eifer, daß es uns selbst durch eine besondere Estafette eine Probe des Abendmahlbrodtes zusandte. So haben wir denn mit Gottes Hülfe bey unsern Gemeinen den evangelischen ritus zu ihrer großen Freude eingeführt und wünschen eine gänzliche Verschmelzung beider Brudergemeinen. Da tritt nun plötzlich ein Gegner der guten Sache auf, wo wir ihn am wenigsten fürchteten, in unserm Konsistorium selbst, in dem t h e i l s der erste Rath desselben, ein reformirter Geistlicher und gewaltiger Philosoph, der Dr. Mellin, sich überall öffentlich auf das stärkste und heftigste dawider erklärt und laut versichert hat, er werde es nie zugeben, daß in unserer Provinz auch die kleinste refomirte Gemeine mit einer lutherischen vereinigt werde, t h e i l s der Chef des Konsistoriums, Oberpräsident Freiherr von Bülow ein famöses Buch herausgegeben hat, welches hauptsächlich gegen die Union und nebenbey gegen die angeblichen hierarchischen Entwürfe einiger Geistlichen gerichtet ist. Unter diesen Umständen durfte ich mich freilich nicht wundern, wenn das Konsistorium auf unsere deßfalsi4619. Aug.“

Überlieferung: H: BBAW, SN 466/6.

Beantwortungsvermerk: „beantw d 31t.

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gen Anfragen und Gesuche theils ausweichend theils ganz und gar nicht geantwortet hat. Wenn nun gleich diese bittere Erfahrung meinen Eifer für die Union nicht ge|mindert hat: so muß es mich doch innig betrüben, zu sehen, daß gerade die geistliche Behörde unserer Provinz dem bestimmten Wunsche unseres Königs geradezu entgegen wirkt. Manches andere Niederschlagende kommt dazu. Der Superintendent Greiling in Aschersleben behauptet in einem gedrukten Schreiben an die Preußischen Synoden: Die Begeisterung für die Union gehe nur von den Lutheranern aus, und werde von den Reformirten durch Kälte, selbst durch entschiedne Abneigung, erwiedert; und in dem neuesten Oppositionsblatt vom 14 August heißt es: Es scheint, als wenn der wichtige Gegenstand über die Vereinigung der beiden evangelischen Kirchen im Preußischen nicht mehr mit dem Feuer und heiligen Ernst behandelt werde, welche er im letzten Herbst so würdig erzeugt hatte. Gewiß ist wenigstens, daß eine Menge Schreier oft mit den einfältigsten Gründen oder mit den Spitzfindigkeiten scholastischer Dogmatik dagegen sich erhoben haben, und daß ihr Geschrey nicht ohne Wirkung geblieben ist. Wahrlich, es scheint der Fluch auf unserm teutschen Vaterlande zu lasten, daß keine große und edle Idee laut werden kann, ohne von geistesarmen Pedanten und übelwollenden Obskuranten solange bekrittelt, gedeutelt und bespöttelt zu werden, bis der größte Theil des ersten mächtigen Eindruks verloren gegangen ist. Soll es mit der Union auch so gehen? Das möge Gott verhüten! Gewiß bleibt es, das Volk erklärt sich überall, wo man ihm die Sache | rein und wahr vorstellt, laut dafür, und wenn es gleich von jenen elenden Subtilitäten nichts weiß: so fühlt es sehr wohl das Ehrhebende, Christliche und Heilsame der Vereinigung; und wenn jemals so mag man hier sagen: vox populi vox Dei! Möge nur Gott unsern edeln König noch lange zum Heil der evangelischen Kirche erhalten! Möge wenigstens bey unserer höchsten geistlichen Behörde der ursprüngliche Eifer fortglühen, der leider bey mancher andern Behörde erloschen ist; möge endlich (dieß ist mein sehnlichster Wunsch) das geistliche Ministerium von Zeit zu Zeit Nachrichten über das Fortschreiten des großen Werks ins Publikum gelangen lassen, um die Zweifelmüthigen zu stärken, und die trägen Herzen zu weken! Es drängte mich, meine Hoffnungen und Wünsche mitzutheilen, und da ich Niemand weiß, dem ich sie lieber eröffnen und von dem ich lieber belehrt werden möchte, als eben Sie, Hochwürdiger Herr! so habe ich nach langem Bedenken Sie mit diesem Briefe behelligt. Verzeihen Sie meiner Kühnheit, und

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Briefe 4619 – 4620

sollten Ihre Arbeiten es einst erlauben: o so beehren und erfreuen Sie mich durch einige tröstliche Worte. Mit der Versicherung meiner unbegränzten Verehrung unterzeichne ich mich Ew. Hochwürden gehorsamster Diener der Prediger Pfeffer. Aken den 18ten Aug. 1818.

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4620. An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Mittwoch, 19. 8. 1818 Um Sie gewiß erst von Ihrer Harzreise zurükkommen zu lassen habe ich die Beantwortung Ihres Briefes aufgeschoben und bin hernach ins Trödeln gekommen so daß ich nun beinahe fürchte – da ich höre bei andern Consistorien ist die Sache früher zur Sprache gekommen – Ihre Synode könnte gehalten sein ohne daß Sie von unsern Principien der Union wegen unterrichtet sind. Ich eile nun da mir die geschlossenen Collegia eine kurze Muße lassen Ihnen das wesentliche zu melden. Unsere amtliche Erklärung und also den Grundsaz „daß es zur Vereinigung keiner dogmatischen Ausgleichung bedürfe“ voraussezend haben wir zuerst die größte Freiheit der Gemeinen festgestellt und erklärt, daß nicht eher an eine wirkliche Union verschiedener Gemeinen gedacht werden könne bis jede für sich ganz freiwillig den neuen ritus angenommen habe wenigstens so daß nur Einzelne zurükbleiben, die man als Ausnahme behandeln könne. Dann sollten an Simultankirchen die beiden Ministerien und Presbyterien zusammentreten und sich nach ihrer Anciennität einrangiren wobei nur zu bemerken sei daß kein reformirter könne als Diakonus angesehen werden da sie alle Pastoren sind. Wo aber rein reformirte und lutherische Gemeinen sind | müßten sie entweder, wie das in vielen kleinen Städten angehn würde, in Eine zusammengeschmolzen werden, welches durch eine eigne Commission zu bewirken sei, oder es müsse eine neue Parochialeintheilung gemacht werden und die reformirten Kirchen eine dem Stande ihrer Kirchenbücher angemessene Parochie erhalten, welches für die andern dadurch ausgeglichen würde, daß ihnen nun die in ihren Parochien vorhan4620. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Autographen-Sammlung, Schleiermacher; D: Br 4, S. 237–240 14 sollten] korr. aus sollte

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denen ehemaligen reformirten für die dem Parochialzwang unterworfenen Handlungen (bei uns nur Trauungen und Begräbnisse) verpflichtet würden. Es sollte dann aus allen in einer Provinz officiell gebräuchlichen Agenden eine gemeinschaftliche gebildet werden mit Hinweglassung alles dessen was polemisch an den Confessionsunterschied erinnern könnte, und daraus dann ein jeder Geistlicher Freiheit haben zu gebrauchen was er wolle. Von Katechismen sollen eben so vorläufig der kleine lutherische und der Heringsche promiscue gebraucht werden können nur daß der erste in den Antworten vom Sakrament eine kleine Abänderung erleiden müsse. Das lezte war ein harter Punkt denn viele meinten man dürfe doch an Luthers Werk nicht rühren. Es ward aber eingewendet, er bliebe doch unverändert in Luthers Werken und in den Ausgaben der symbolischen Bücher und so ging denn dies auch durch. Bei uns aber war der schlimmste Punkt der interimistische Zustand der dadurch eingetreten ist daß par ordre in allen Kirchen abwechselnd nach dem neuen ritus communicirt | wird da denn viele, weil es nun einerlei sei auch bei den reformirten Predigern communiciren bei denen sie doch immer in die Kirche gingen. Da ward denn beschlossen da der König daran Schuld sei müsse er den Verlust des Beichtgeldes vom Act an ersezen, übrigens aber für Trauung und Begräbnisse sollten alle als in der Parochialverbindung angehörig angesehn werden in der sie vor dem Reformationsfest standen. Was nun das Beichtgeld nach der Union betrift so fußte man darauf daß seine Abschaffung und Ersezung schon früher beschlossen gewesen, gab aber zur Erleichterung der Sache zu bedenken daß die Abschaffung doch da gar nicht nothwendig sei wo es nichts zu uniren gebe wodurch denn die ungeheure Summe gar sehr gemäßigt wird. – Dies sind die Hauptpunkte auf die ich mich besinne. In dem allgemeinen Ausschreiben zur zweiten Sizung ist bei uns den Synoden ausdrüklich zur Pflicht gemacht „die Unionssache für die Provincialsynode vorzubereiten[“], also wird sie bei Ihnen gewiß auch vorkommen, und es wird alles darauf ankommen die Lutheraner zu überzeugen daß es mit ihrem Verlust nicht so arg werden wird als sie befürchten.1 Sie haben dort übrigens eine schöne Geschichte gemacht mit den Professoren, Wegscheider hat mit mir darüber correspondirt und ich habe am Ende Hanstein gebeten dem Wagniz doch den Kopf zurechtzusezen und das soll er hoffe ich recht gut leisten. Macht ihnen nur begreiflich daß wenn Ihr bei euch den neuen ritus einführt was sie euch doch nicht wehren können sie dann noch viel mehr riskiren daß Viele zu Euch übergehen ohne daß sie irgend eine Entschädigung dafür fordern könnten. Ich glaube 43 Begräbnisse] korr. aus b

61 sie] über )ihr*

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Briefe 4620 – 4621

daß ihr durch diese Maaßregel wenn ihr unter euch einig seid alles durchsezen | könnt. – Gestern ist unsere erste Synodalversammlung gewesen, in welcher aber nur eine von mir entworfene Ordnung des Verfahrens debattirt und fast einstimmig und vollständig angenommen wurde. Nun wird es an die Kirchenordnung gehn. Ich habe übrigens ein gutes Beispiel geben wollen und einen Antrag bekannt gemacht den ich hernach zur Berrathung bringen wolle, nämlich daß ein eignes Formular bei der Taufe unehelicher Kinder möge entworfen und eingeführt werden in welchem auf ihre besondre Lage Rüksicht genommen werde. Schon beim Ablesen erhoben sich einige alte Stimmen, das ginge nicht die Juristen würden es nicht erlauben. Denen will ich denn gut nach Hause leuchten wenn die Sache selbst zur Sprache kommt. Ich wünschte nur derselbe Antrag würde von mehreren Seiten gemacht es ist das natürlichste Stükchen Kirchenzucht womit man anfangen könnte. Theilen Sie meine Ueberzeugung so wollte ich Sie gesellten Sich mir zu. Kommt die Sache hernach von meheren Provinzialsynoden an das Ministerium so muß sie doch Eindruk machen. – Unsere neue Ordnung zwekt nun auch dahin ab daß mehr regelmäßig gesprochen werden soll als in der vorigen Sizung geschehen ist; die Leute haben die Nothwendigkeit davon so sehr eingesehen daß sie es selbst strenger gefaßt haben als ich es vorgeschlagen hatte. Dadurch hoffe ich werden die Tüchtigen ein großes Uebergewicht bekommen. Meine Collegia habe ich am Freitag geschlossen und zulezt noch hinter einander 9/4 Stunden Psychologie und 6/4 Stunden Exegese gelesen. Sie sehen daraus daß die Brust noch gut ist. An demselben Vormittag hatte ich hernach noch Katechisation und NachMittags eine Conferenz. Am Ende der künftigen Woche denke ich zu reisen und werde mich freuen wenn ich vorher noch etwas von Ihnen höre. Von Herzen viel Grüße an die liebe Frau der Ihrige Schl B. d 19t. Aug. 1818. 1

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Etwas sehr wesentliches könnten auch die der Union günstigen lutherischen Gemeinglieder thun, wenn sie anfingen bei der Beichte nur den wirklichen Beichtgroschen zu entrichten und ihre freien Gaben an andere Gelegenheiten zE den 95 Jahreswechsel zu knüpfen. Dann würde bei dem Ministerio die Furcht vor der Union sehr bald verschwinden.

67 wollen] über der Zeile 68 daß] folgt )hernach* 70 Ablesen] korr. aus Abf was … verschwinden.] am linken Rand

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19. 8. – 20. 8. 1818

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4621. An Julius Wegscheider. Berlin, Donnerstag, 20. 8. 1818

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[ ] [Wir wissen nicht, was die Lutheraner] machen wollen wenn die Reformirten bei sich den neuen ritus einführen. Denn da die Lutheraner doch wissen, daß viele Lutheraner so communiciren so werden sie dann immer mit Recht sagen können sie änderten ihre Confession nicht wenn sie bei den Reformirten zum Abendmahl gehn. Schon dadurch also kann den Geistlichen die Sache ganz aus den Händen gespielt werden, und es scheint auch für ihr utile keine größere Sicherheit zu geben als eben die Union selbst. – Bei dieser noch immer dort herrschenden Stimmung bin ich neugierig wie die Synode den Auftrag, den sie ohnstreitig erhalten haben wird „die Unionssache für die Provincialsynode vorzubereiten“ auffassen und erfüllen wird. – Wie aber ein ganzes Stadtministerium sich daran kehren kann wenn einige Familien die man eben vereint eines besseren leicht belehren könnte, sich mißfällig über etwas äußern, das verstehe ich nicht Die Hallische Litteraturzeitung bekomme ich zwar regelmäßig zu Gesicht, und auch Ihre Recension des Tittmann würde mir also gewiß nicht entgangen sein; allein ich habe sie durch Ihre gütige Mittheilung bedeutend früher erhalten und fühle mich Ihnen also sehr verbunden. So auch für die Sache selbst. Denn diese Recension und das was Herr Sack in unserm Provincialblatt darüber gesagt, können schon manchem widerstehen, und die Lorbern die Herrn Tittmann etwa die Leipziger LiteraturZeitung flechten möchte | werden doch wol jedermann sehr verdächtig erscheinen. Ich danke es Ihnen daher sehr daß Sie Sich für mich aufgeopfert haben und daß ich mich nun meinen Entschluß nicht brauche gereuen zu lassen. Vielleicht komme ich auf dem Rükweg von einer kleinen Reise, die ich in Acht Tagen anzutreten denke, über Halle und habe Gelegenheit Ihnen persönlich meine Hochachtung darzubringen. Doch Sie werden wol auch in den Ferien nicht zu Hause bleiben. Von Herzen also Ihr ergebenster Schleiermacher Berlin d 20t. Aug. 1818.

4621. Überlieferung: H: Klassik Stiftung Weimar, Goethe-Schiller-Archiv, 96/2553. Empfangsvermerk: „Den 3t Spt. 18.“ 4 Recht] folgt )nicht*

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Briefe 4622 – 4623

4622. Von Carl Gustav von Brinckmann. Stockholm, Donnerstag, 20. 8. 1818 Stockholm den 20. August 1818. D i e s , liebster Schleiermacher! sei noch kein B r i e f ; nur ein Zeichen des Lebens, ein freundliches Echo aus den Tagen, die nicht mehr sind, aber deren E r i n n e r u n g doch eben so wenig s t i r b t , wie der allverbreitete Wiederhall, sobald dieser auch nur durch die leiseste Stimme fernherächzender Sehnsucht geweckt wird. Wenn ich Dir lange nicht schrieb, so war daran eigentlich das Bedürfniß Schuld, mich nicht so wol über E i n z e l n e s , als über A l l e s mit Dir zu unterhalten. Ganze Bände an Dich wurden in meinem Kopfe entworfen, aber auf das Papier kamen solche noch immer nicht – weil mich die Traurigkeit über eine so dürftige Mittheilung oft verstimmt und mutlos machte. Ich habe Jahre gebraucht, um r u h i g e n t b e h r e n zu lernen, was das Schick|sal mir so erbarmungslos raubte – das L e b e n unter f r e i g e b i l d e t e n D e n k e r n ; denn erlauben möchte ich es mir doch nie, meine Verbannung nach T h u l e so verächtlich zu beseufzen, wie der arme, g e m ü t l o s e Ovid. Ich habe geschwiegen, mein Lieber! während eine Welt sich umgestaltete; aber es ist mir viel daran gelegen, daß D u doch endlich mit Einem kurzen Wort erfahrest, daß m e i n I n n e r e s unter allen diesen Umwälzungen a u f r e c h t g e b l i e b e n ist. In Verhältnisse verwickelt, wo nicht a l l e s zu retten war, habe ich m i c h s e l b s t nicht einen Augenblick verloren; und ich wage dreist zu behaupten, daß ich in den verhängnißreichsten Prüfungen, als S t a a t s m a n n , als B ü r g e r und als M e n s c h s o gehandelt, daß ich wohl spät noch manches zu v e r s c h m e r z e n , aber nicht das mindeste zu b e r e u e n habe. Die Freunde meiner Jugend können | in dieser Rücksicht mit mir z u f r i e d e n sein, und d i e s war, mehr als der leicht zu erschmeichelnde Beifall des Augenblicks, bei jedem entscheidenden Schritt, der Wunsch und die unerläßliche Bedingung meines Handelns. E u e r n Ta d e l , E u r e M i ß b i l l i g u n g zu verdienen, wäre mir unerträglich gewesen; aber fern sei es von mir, Euer L o b darüber zu verlangen, daß ich Eurer würdig blieb. Hängt es wol von dem w i r k l i c h s i t t l i c h g e b i l d e t e n Menschen ab, plözlich ein ganz a n d e r s , sich selbst widersprechendes We s e n zu werden? Ich dächte eben so wenig, wie es von dem 4622. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D1: Telegraph für Deutschland 11 (1848), Nr. 5, S. 144–146; D2: Brinckmann: Briefe an Friedrich Schleiermacher, S. 91–93 10 mich] folgt )immer wieder* 16 umgestaltete] korr. aus umgestaltet hat

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geübten Denker abhängt, auf Einmal ein flacher Dummkopf zu werden. Die kleine L e v i n – i c h nenne s i e nie ohne Ehrfurcht und Dankbarkeit; denn kein Weiser des Jahrhunderts hat s o wohlthätig auf mich gewirkt, wie dieser w e i b l i c h e M e n s c h – sagte einmal im Scherz: „Die Tu g e n d ist viel ä r g e r als eine L e i d e n s c h a f t . Die leztere läßt sich doch besiegen; aber d e n möchte ich sehen, der | sich von der erstern wieder frei machen könnte, wenn sie seiner sich Einmal völlig bemeistert hatte. Er mag aufhören ein h e i l i g e r zu sein; wird aber gewiß kein f r e i e r, sondern nur ein s c h l e c h t e r und k l e i n m ü t i g e r Te u f e l .“ Sie s p ö t t e l t e das wol eigentlich nur so hin; aber es enthielt, wie bei i h r oft der leichtsinnigste S c h e r z , tiefe und gediegene Wahrheit. Und nun, mein theurer, unvergeßlicher Freund! sieh’ das Eis als gebrochen an. Erwarte von mir – bald „J ü n g l i n g s f r a g e n “ aller Art; denn nur von einem We i s e n , wie D u von jeher w a r s t und b l i e b s t , wünsche ich Belehrung über tausend Dinge, die ich in Eurer Welt des W i s s e n s und des N i c h t - w i s s e n s nicht mehr recht zu b e g r e i f e n vermag, vielleicht nur, weil mir irgendwo die neue L o s u n g des Tages fehlt. Warum versteh’ ich aber D i c h noch, wie immer? Ganz dumm kann ich ja da doch nicht sein. Ich umarme dich mit heiliger ewig unverlezter Freundschaft. v. Br.

4623. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818

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Ein Studirender der Theologie Christoph Friederich Schulze aus der Priegnitz gebürtig, welcher nach Ew. Spektabilität gefälligen Anzeige vom 17ten dieses Monats unterm 31ten März 1817. auf hiesiger Universität immatrikulirt worden seyn soll, befindet sich im Universitätsalbum sowenig verzeichnet, als in den einzelnen über die Studirenden geführten Büchern. Es muß daher in Betreff desselben ein Irrthum von Seiten des Herrn Dekans, der ihn eingetragen, obwalten, weshalb ich Ew. Spektabilität hierdurch ergebenst ersuche, dessen Namen in Ihrem Album zu löschen. Berlin den 21n Aug. 1818. Der Rektor der Universität D. Marheineke 4623.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 54

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Briefe 4624 – 4627

4624. Von Philipp Konrad Marheineke. Berlin, Freitag, 21. 8. 1818

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Von denen Studirenden Ihrer Fakultät, über deren Abwesenheit oder Abgang Ew. Spektabilität in der an mich unterm 17ten hujus erlassenen Zuschrift nach Anleitung der Kartenliste nähere Auskunft zu erhalten wünschen, ist der Studirende Vatke der einzige, welcher auf ergangene Citation seine Karte gewechselt hat und der Mellinghof derjenige, dessen Abgang feststehet, weshalb Ew. Spektabilität in Betreff desselben das Nötige in Ihrem Album bemerken können. Die andern waren nach Anzeige der Pedellen abwesend, da aber diese die Citation bis spät im Frühjahr verzögert hatten, es daher möglich ist, daß einige Studirenden durch Krankheit veranlaßt genöthigt gewesen sind, zum Anfange des Sommersemesters zu ihren Familien zu weichen, und erst zum bevorstehenden Semester hier zurükkehren dürften; so habe ich bestimmt, die öffentliche Citation am schwarzen Brett bis kurz vor dem Anfange des neuen halben Jahres auszusetzen, | und wenn sie alsdann nicht erscheinen, sie als abgegangen im Album notiren zu lassen, wozu eine halbjährige Abwesenheit an und für sich berechtigt. Berlin den 21n August 1818. Der Rektor der Universität. D. Marheineke.

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4625. An Philipp Konrad Marheineke. Berlin, um den 23. 8. 1818 Magnifice Mir scheint die Sache wegen des Christoph Friedrich Schultze aus der Priegnitz damit nicht erledigt daß sein Name im Album gelöscht wird: sondern man muß wissen wie er dazu gekommen inscribirt zu werden und muß ihn aufzufinden und sich des signi facultatis das er erhalten wieder versichern, damit kein Mißbrauch mit demselben getrieben werde. Un4624.

Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 56

4625. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 11, Bl. 55. Zur Datierung hilft der Aktenvermerk links unten: „mund. den 24ten W“. 2 wegen des] korr. aus mit dem

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maaßgeblich würde eine Anfrage bei dem Joachimthalschen Gymnasio von welchem er abgegangen und eine Erkundigung bei dem damaligen Dekan, unter welchen Umständen und auf welche Veranlassung er inscribirt worden das erste sein. Die Löschung werde ich übrigens vornehmen D. Dek. d theol. Fac.

4626. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Donnerstag, 27. 8. 1818 Herrn / Professor Lücke [Rückseite]

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In der Voraussezung daß es dabei bleibt, daß wir heute Abend zusammen bei DeWette sind, wäre es ja ganz anmuthig wenn wir die Reise zusammen machen könnten. Sagen Sie mir also doch, was Ihnen bequemer ist, daß ich Sie oder daß Sie mich abholen, und wann? Schleiermacher Donnerst. früh.

4627. Von Joachim Christian Gaß. Breslau, vor dem 30. 8. 1818 Breslau, den Hierbei, mein theurer Freund, erhältst Du das Jahrbuch. Du denkst überall viel zu gut von mir und so scheinst Du auch geglaubt zu haben, ich werde 4626. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 217. Der Brief muss zwischen Lückes Ernennung zum Professor (am 9. März 1818) und seinem Abgang nach Bonn (Ende September 1818) geschrieben sein. Der späteste mögliche Termin vor Schleiermachers Abreise Richtung Bayern ist Donnerstag, 27. 8. 1818. 4627. Überlieferung: H: BBAW, SN 287/1, Bl. 117 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 151–154. Mit dem „Jahrbuch des protestantischen Kirchen- und Schulwesens von und für Schlesien“. – Beantwortungsvermerk: „beantw 31t. Aug“. Diese Antwort erreichte Gaß erst nach der Rückkehr aus Karlsbad; Gaß muß also spätestens um den 3. September abgereist sein, so dass dieser Brief (8 Tage vorher) spätestens am 29.8. geschrieben ist.

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Brief 4627

mich auf eine große Zeitschrift von vielen Heften einlaßen und die Sache gleich im Großen treiben. Das geht nicht; einen Band wie diesen kann man wohl alle Jahr zusammen schreiben, oder zusammenschreiben laßen und ich glaube man kann in solchen Dingen eher zu viel als zu wenig thun. Die gewählte Form scheint mir auch die angemeßenste und das Unternehmen hat bereits Beifall und Theilnahme unter den Geistlichen gefunden. Mir ists lieb, darin ein Mittel zu haben, auf den ganzen geistlichen Stand in der Provinz einwirken und so auch hier zunächst die öffentliche Meinung über die Art wie die kirchlichen Angelegenheiten betrieben werden, leiten zu können und mich in dem rege gewordnen Streben hülfreich zu erweisen. Darum würde es mir sehr lieb sein, wenn Du mit der Idee und Ausführung nicht unzufrieden wärst. Besonders wünsche ich, Du könntest den Aufsatz über unsre Synodalverhandlungen gelegentlich durchsehn. Hoffentlich sind Deine Landsleute nicht die schlechtesten in dieser Angelegenheit, und es war meine Absicht, dies dem Ministerio begreiflich zu machen. Darum will ich nicht leugnen, daß ich unsern Synoden etwas nachgeholfen und manchmahl von dem meinigen untergeschoben habe, ich denke aber in einer Zusammenstellung, wie diese kann so etwas nicht schaden. Bei dem Ministerio werde ich durch den Aufsatz auch nicht sehr gewinnen; ich habe das Buch bereits an Altenstein geschikkt, Nicolovius und Süvern erhalten es auch nächstens und ich bin sehr darauf gefaßt, etwas zurecht gewiesen zu werden. | Ich will nur wünschen, daß sie nicht das Maas überschreiten, sonst sez ich mich zur Wehre und nöthigen Falls vertritt mich die ganze Schlesische Geistlichkeit, denn soweit hab ich es bei ihr gebracht, daß sie in meine Gesinnung keinen Zweifel mehr sezt. Mit der Synodalangelegenheit scheint man nun doch etwas vorschreiten zu wollen. Denn ohnlängst ist uns angezeigt, die Provinzialsynode solle im September gehalten werden und man habe dazu einen Präses ernannt, den man uns nächstens anzeigen werde. Dieser Zusammenkunft sollten indeß noch Kreissynoden vorangehen, noch ein Mal über den Entwurf und über die Vereinigung der Confeßionen und dergleichen berathen. Dies haben wir den Leuten ausgeredet und ihnen rein heraus gesagt, der Entwurf werde in der zweiten Berathung eben so wenig Glükk machen als in der ersten, über die Unionssache sei man einverstanden und für die Provinzialsynode Materie genug vorbereitet, übrigens aber klar zu verstehen gegeben, man müße die Sache ordentlich treiben, da man doch nicht mehr zurükkönne. Unser Merkel zeigt sich dabei recht tüchtig und ich hab es daher für meine Pflicht gehalten, ihm das Jahrbuch zu dediciren und ihm öffentlich ein herzliches Worth darüber zu sagen. Ich bin sehr glükklich unter einem solchen Manne arbeiten zu können. Du meinst, die geistlichen Mitglieder

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des Ministeriums taugten nicht, das ist wahr, aber die weltlichen sind um nichts beßer. Nikolovius hat mir – unter uns gesagt – vor einiger Zeit einen sauersüßen Brief geschrieben, es sehr entschuldigt, daß ich für jezt nicht GeneralSuperintendent werden könne und sich dabei auf Dich berufen, daß Du zu solchen Kirchenbeamten nur eigentliche Geistliche und keine Mitglieder | aus den Landeskollegien haben wolltest. Das Ganze ist fast lächerlich gestellt und es thut mir wahrhaft leid, daß der Mann mich nach achtjähriger Arbeit in diesen Dingen so wenig kennt. Ich habe ihm aber auch ordentlich darauf gedient. Man weiß doch eigentlich gar nicht, was man will. Für die zu Schlesien geschlagenen Lausitzschen Kirchen hat man einen GeneralSuperintendenten ernannt, jedoch ohne den Titel. Es scheint mir fast, daß die Bülowsche Schrift die Leute stutzig macht und das wäre erbärmlich genug. Ich kenne das Ding selbst nicht, sondern nur die breite und mattherzige Wiederlegung Eures guten Küsters und sehe daraus, daß Schrift und Gegenschrift wohl gleich wenig sagen wollen. Wie es Altenstein eigentlich meint mögte ich wohl wißen. In der Hauptsache geht es um nichts beßer als bei Schukkmann, aber freigebiger scheint er zu sein und ihm wenigstens mehr Geld zu Gebote zu stehn, denn wenn wir die Hälfte von dem erhalten, wozu er Hofnung macht, so wollen wir sehr zufrieden sein. Für das, was Du mir geschikkt hast, danke ich Dir freundlich, besonders für das Bild, das uns herzlich erfreut hat. Daß Du Dir als Schriftsteller kleine Dinge abgehen läßt, ist wahr, aber sie scheinen fast mehr zu wirken, als Deine größern Arbeiten. Mit der Liturgie für das Militair ist doch eine verständige Veränderung vorgenommen; die Schrift über das Synodalwesen ist sehr fleißig gelesen und hat offenbar den Leuten Muth gemacht, eine freie Sprache zu führen und die Schrift gegen Ammon, der sich Dir gegen über doch höchst erbärmlich ausnimmt, wird gewiß manchen zum Nachdenken bringen und was Du noch schreibst über die symbolischen Bücher und über den R a t i o n a l i s m u s und S u p r a n a t u r a l i s m u s und wie das Zeug sonst genannt wird, die Verwirrung lösen helfen, worin man sich umhertreibt. | Ammon scheint mir doch ganz verlaßen zu sein und selbst seine zahlreichen sächsischen Schmeichler stellen sich nicht zu seiner Vertheidigung, wie ich vermuthete. Tittmanns Schriftlein ist so ungesalzen und langweilig, daß ich sie nicht zu Ende bringen konnte und über des Harms Brief an Dich und des gewiß gutmüthigen Mannes Empfindlichkeit habe ich lächeln müßen. Was er diesem Briefe angehängt hat, sind fruchtlose Klagen, schon ad nauseam gehört und helfen nichts, die Mißverständniße auszugleichen. Ich hab ihn daher in der Recension auch kurz abgefertigt, mich aber auch mit Ammon nicht weit eingelaßen, der Mensch

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Briefe 4627 – 4631

verdient es nicht. Zu einer ordentlichen und würdigen Polemik scheint es noch nicht kommen zu wollen und die Leute sind eben so arm an einer tüchtigen Dialektik, wie an Glauben und Frömmigkeit. Doch hoffe ich, die Anregung wird von Berlin aus fortgehn, wenigstens wünsche ich es und bedaure nur, nicht dabei helfen zu können. Ich habe schon angefangen, etwas über die wissenschaftliche Behandlung des Christenthums zu schreiben, ich sehe aber nicht, wie ich es vollenden will, vollends da ich mich mit dem Jahrbuch eingelaßen habe. Soll aus unserm Kirchenwesen in der Provinz etwas werden, so hab ich noch viel zu thun und darf mich nicht sonderlich höher versteigen. Auch weiß ich, daß Ihr dort es viel beßer machen werdet als ich. – An unserm neuen Collegen Cölln haben wir einen lieben und vielwissenden Mann erhalten, schade, daß er schwerhörig ist. – Wie es uns sonst geht, will ich noch an Reimer schreiben und Dich daher auf deßen Brief verweisen. In 8 Tagen geh ich nach Carlsbad und stekke mitten im Abmachen vieler Sachen, das vorangehen muß. Wie viel lieber käm ich zu Euch, oder reiste mit Euch, aber ich soll nicht. Könnten wir uns aber doch nicht irgend wo sehen, in dieser Zeit? Doch dies wollte ich mit Reimer besprechen. Grüß die Deinigen, Gott erhalte Dich mit Ihnen. Lebe wohl und behalt mich lieb! Gaß.

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4628. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Sonntag, 30. 8. 1818 Herrn / Professor Lücke [Rückseite] Ich hoffe doch weiß ich es nicht gewiß daß unser Strohwittwer diesen Mittag bei uns ißt. Wollen Sie nun auf die Ungewißheit allenfalls auch mit uns allein vorlieb nehmen zu müssen auch kommen so würde es gar hübsch sein Schleiermacher Sonntag früh 97 In] Ich 4628. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 218. Der Brief muss zwischen Lückes Ernennung zum Professor (am 9. März 1818) und seinem Abgang nach Bonn (Ende September 1818) geschrieben sein. Der späteste mögliche Termin vor Schleiermachers Abreise Richtung Bayern ist Sonntag, 30. 8. 1818. 2 diesen] korr. aus den

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vor dem 30. 8. – 31. 8. 1818

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4629. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Sonntag, 30. 8. 1818 Herrn / Professor Lücke [Rückseite]

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Wollen Sie nicht heut Abend zu uns kommen lieber Freund? DeWette kommt auch. Man sieht Sie ja gar nicht mehr wenn man Sie nicht citirt. Schleiermacher Sonnt

*4630. An Unbekannt (in Ostpreußen). Berlin, vor dem 31. 8. 1818 Aufforderung zur Unterstützung einer Stiftung zugunsten von Martin Luthers armen Verwandten.

4631. An Samuel Gottlob Frisch. Berlin, Montag, 31. 8. 1818

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Ewr Hochwürden danke ich verbundenst für die gütige Zusendung Ihrer Schrift die genauere Beherzigung derselben wird für mich erst angehn wenn es mir vergönnt sein wird den zweiten und dritten Theil meines Lukas (der dritte wird alles was die Sprache betrifft zusammennehmen und dabei besonders 4629. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 217. Der Brief muss zwischen Lückes Ernennung zum Professor (am 9. März 1818) und seinem Abgang nach Bonn (Ende September 1818) geschrieben sein. Der späteste mögliche Termin vor Schleiermachers Abreise Richtung Bayern ist Sonntag, 30. 8. 1818. *4630. Erschlossen aus Brief 4632 Z. 82–89 vom 31. 8. 1818; zum Inhalt vgl. auch Brief 4588 vom 11. 7. 1818 an August Twesten. 4631. Überlieferung: H: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Autogr. I/1854; D1: Hauswedell & Nolte 232 (1979), Nr. 998 (Regest und Zitat); D2: Bassenge 48 (1996), Nr. 1926

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Briefe 4631 – 4632

die Gersdorfsche Theorie beleuchten) auszuarbeiten, womit ich wenn sich keine besondren Hindernisse entgegenstellen im Winter den Anfang zu machen gedenke. Für jezt gestehe ich gern daß die Hauptidee mir eben so wenig als irgend ein anderer sonst dem Lukas beigelegter besonderer Zwek recht einleuchten will schon deshalb weil meinem Gefühl nach | ein solcher Zwek, zumal wenn man dem Lukas soviel eignes zuschreibt als Ewr Hochwürden thun, sich weit bestimmter und ausdrüklicher verrathen müßte. Auf jeden Fall wird mir die Gelehrsamkeit Ihrer Schrift nüzlich sein und der Scharfsinn derselben auch den meinigen aufregen Eine kleine Reise die ich im Begriff bin zu unternehmen wird mich ganz in Ihrer Nähe vorbeiführen; allein die Eilfertigkeit derselben wird mir nicht gestatten Ihnen persönlich die ausgezeichnete Hochachtung zu bezeugen mit welcher ich die Ehre habe zu sein Ewr Hochwürden ganz ergebenster Schleiermacher Berlin d. 31t. Aug 1818.

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4632. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 Berlin d 31t. Aug 18 Wenn wie ich hoffe Morgen unsere SynodalConferenzen geschlossen werden so seze ich mich Uebermorgen früh mit Reimer in den Wagen um über Dresden und Prag nach Salzburg zu reisen und über München und Bayreuth zurück. Da ist es denn wol die höchste Zeit, daß ich vorher noch etwas von mir hören lasse. Du siehst uns haben sie nicht losgelassen mit noch einer KreisSynode aber sie haben uns die erzhölzerne Anleitung zum Entwurf der Kirchenordnung zum Berathen gegeben, wie sie uns denn überhaupt immer scheinen voranschieben zu wollen. Indem sie aber zur Bedingung gemacht dieses Ding Punkt für Punkt zu verfolgen: so haben sie dadurch die Freiheit und Nuzbarkeit der Berathung gar sehr beschränkt, und ich werde ihnen im Begleitungsbericht darüber meine Mei4632. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 154–157 3 mich] folgt )Morgen*

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nung sagen. Es ist übrigens weit mehr bloß eine Gemeineordnung als eine Kirchenordnung. Um doch mit einem guten Beispiel eigener Anträge voranzugehn, denn die müssen doch auch kommen habe ich denn einen angekündigt, daß man nemlich antragen sollte auf ein eignes Formular für die Taufe unehelicher Kinder damit endlich der Skandal aufhöre daß die ehelichen und unehelichen | Kinder pele mêle getauft werden, man auf die besondere Lage der unehelichen Rüksicht nehmen könne und doch die Kirche einigen Mißfallen an der Sünde zeigen könne. Gleich bei der Ankündigung erhoben sich die Stimmen das ginge nicht an, denn die Juristen würden es nicht erlauben. Morgen soll es nun zur Berathung kommen, da will ich den alten Herren das noch eintränken und wir wollen sehen wie es gehn wird. Ueber Deine GeneralSuperintendentur hat Nikolovius auch mit mir gesprochen, und es hat freilich seine Richtigkeit daß – vorzüglich auf meinen Antrieb – unsere Synode gegen GeneralSuperintendenten mit der Gewalt die ihnen der Entwurf beilegt gänzlich protestirt, von den GeneralSuperintendenten aber als Vorsizern der ProvinzialSynode gewünscht hat es möchten nicht Mitglieder geistlicher Behörden sondern rein kirchliche Personen sein, und zwar aus dem ganz einfachen Grunde weil die sämtlichen ernannten Mitglieder derselben schon Superintendenten, also Beamten, sind. Du nun (da doch ganz Schlesien nicht füglich Eine Provinzialsynode bilden kann schon wegen der großen Entfernungen[)] hättest offenbar Unrecht wenn Du Deine jezige Wirksamkeit gegen die eines GeneralSuperintendenten – wenigstens so wie wir ihn wünschen – austauschen wolltest. – Uebrigens habe ich noch gar keine Vorstellung wie es mit den ProvinzialSynoden werden soll. Verheißen ist nachdrücklich daß dies Jahr (im November) noch eine gehalten werden solle; aber ich wette sie sind noch weder über das Praesidium einig, noch darüber wie viel | ProvinzialSynoden es geben soll, noch hat irgend jemand eine bestimmte Vorstellung davon wie das Verfahren kann eingerichtet werden. Kurz ein so erbärmliches Ministerium was die geistlichen Glieder betrifft, giebt es gar nicht, und die weltlichen Süvern Koerner und Schulz sind mir doch hundertmal lieber. Dein Jahrbuch kann sehr gut wirken ihnen Licht anzuzünden wenn Du die Synodalverhandlungen eine Weile auf diese Art verfolgst. – Die Bülowsche Schrift habe ich auch nicht gelesen; aber Aufsehen soll sie sehr viel gemacht haben und Bülow und Mellin sollen sich allen Unionsversuchen auf das dreistigste widersezen so daß ich im Begriff bin Lärm darüber zu schlagen. 49 widersezen] über )entsagen*

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Briefe 4632 – 4635

Altenstein hat offenbar wenigstens mehr Eifer für die Unterrichtsabtheilung als für die geistliche indeß besser scheint doch Alles zu gehn als bei Schuckmann die Leute sind nur zu schlecht. So hat uns Hanstein in der Synode verrathen im Ministerium sei man zu dem Beschluß gekommen daß das Beichtgeld nicht würde ersezt werden können. Es kann sein daß Altenstein mit dran Schuld ist weil er die StaatsCasse für die UnterrichtsAbtheilung so ungeheuer in Anspruch zu nehmen scheint. Großentheils aber liegt die Schuld gewiß an den Leuten, die ihm den einfachen Unterschied nicht an die Hand gegeben haben, daß allerdings vom Ersaz des Stolmäßigen Beichtgroschens die Rede sein könne und nicht von den freiwilligen Geschenken, und daß man wenn das Beichtgeld abgeschafft wird den Gemeinen dieses bekannt machen und sie auffordern müsse ihre freiwilligen Gaben an andere Veranlassungen zu knüpfen. Macht | man es so so kann die Summe gar so ungeheuer nicht sein. Ueberdies der Union wegen brauchte es nur da abgeschafft werden wo reformirte und lutherische Gemeinen an Einem Orte bestehn und dann wird es auf die Tage zurükgeführt ganz eine Kleinigkeit Wegen der ProvinzialSynode scheint hier auch noch große Noth zu sein. Doch das unterm Siegel der strengsten Verschwiegenheit. Man will Niemand vor den Kopf stoßen und so sollen Ribbek Hanstein und Ehrenberg jeder eine dirigiren, und um das lezte zu motiviren wollten sie eine besondere reformirte ProvinzialSynode machen. Doch sollen sie davon wieder abgekommen sein. Daß Du Merkel so schön geehrt hast hat mich recht gefreut. Und nun habe ich auch für Dich und ihn noch eine Angelegenheit die ich Euch beiden empfehlen möchte. In Thüringen hat sich eine Gesellschaft zusammen gethan um ein Paar Abkömmlinge von Luthers Brüdern zu erziehn. Ich wollte dies gern in etwas großes verwandeln so daß alle Kinder dieser Familie so erzogen und ausgestattet werden könnten, daß sie in dem mittleren Bürgerstand ihren Plaz nähmen damit hernach ein jeder Talentvolle desto leichter eine wissenschaftliche oder sonst höhere Laufbahn einschlagen könne. Ein Fonds von 3000 r jährlich würde das vollkommen leisten. Dieser müßte durch Subscription in den protestantischen Provinzen Deutschlands zusamengebracht werden und die Subscribenten dann die Verwalter und den Erziehungsrath wählen. Nach Holstein und Preussen habe ich mich so eben verwandt und möchte es zunächst durch euch in Schlesien in Anregung bringen. Der Adel und die Kaufmannschaft müssen natürlich am meisten thun, und ich denke die könntet Ihr beide wol zwek62 den] korr. aus der

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mäßig bearbeiten. Ueberlege Dir die Sache und schreite dann baldigst zum Werk. – Gott befohlen Grüße Wilhelminen herzlich. Den 6ten oder 8ten October komme ich zurük. Ganz Dein Schl

*4633. An Friedrich Gottfried Carl Pfeffer. Berlin, Montag, 31. 8. 1818 Bittet Pfeffer, den Brief im Oktober zu beantworten.

*4634. An Theodor Schmidt. Berlin, Montag, 31. 8. 1818

4635. An Friedrich Lücke. Berlin, zwischen Mitte März und Ende August 1818 Herrn / [Pro]fessor Lücke [Rückseite]

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Zu Hause sind wir gewiß Morgen Abend und Sie werden uns sehr willkommen sein mit Ihrem Gast. Schade nur daß Sie uns Morgen früh fehlen müssen. Schl. *4633. Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4619 vom 18. 8. 1818; zum Inhalt vgl. Brief vom 15. 1. 1819 von Pfeffer (BBAW, SN 349). *4634.

Erschlossen aus dem Beantwortungsvermerk zu Brief 4581 vom 22. 6. 1818.

4635. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 216. Der Brief muss zwischen Lückes Ernennung zum Professor (März 1818) und seinem Abgang nach Bonn (September 1818) geschrieben sein. Anfang September 1818 reiste Schleiermacher in Richtung Bayern ab.

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Brief 4636

4636. Von Wilhelm Bäumer. Bodelschwingh, Montag, 31. 8. 1818 Bodelschwingh bey Dortmund in der Grafschaft Mark den 31. August 1818.

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Hochehrwürdiger; Hochzuehrender Herr Doctor; Von der vereinigten evangelischen Synode der Westfälischen Mark dazu beauftragt und aufgemuntert von dem Herrn Consistorialrath Natorp wage ich es, obgleich Ihnen ganz unbekannt, mich doch zuversichtlich an Sie zu wenden und Sie mit den unter uns gepflogenen Verhandlungen in Hinsicht sowohl der Vereinigung beyder evangelischen Kirchen unserer Provinz als auch der Begründung einer neuen Kirchenverfassung bekannt zu machen und Sie zu bitten uns mit Ihrem Urtheil und Ihrem Rathe nützlich zu werden. Es ist Ihnen bekannt, daß in unserm Lande, wie in den Ländern Jülich, Cleve und Berg die reformirte Kirche seit Einführung der Reformation sich der Presbyterialverfassung erfreute. Nach derselben werden die Angelegenheiten der einzelnen Gemeinden von den Presbyterien derselben, die jährlich zur Hälfte erneuert werden, und bey denen der Prediger den Vorsitz führt, geleitet. Zwölf bis fünfzehn Gemeinden bilden einen Klassicalbezirk der durch die Klassicalversammlung, welche durch 2 Deputirten von jeder Gemeinde, dem Prediger und Einem Ältesten sich bildet, representirt wird. Ein auf drey Jahre erwählter Inspector führt bey derselben den Vorsitz und bringt deren Beschlüsse zur Ausführung. Die Synodalversammlung, bestehend aus sechs Deputirten von jeder Klasse, nehmlich aus den beyden Moderatoren, zwey Predigern und zwey Ältesten representirt die Kirche der ganzen Provinz; bey derselben hat ein auf 3 Jahre gewählter Praeses den Vorsitz. Eine Generalsynode bestehend aus 6 Deputirten von jeder Provinzialsynode versammelte sich alle 3 Jahre und ordnete alle allgemeinen Kirchenangelegenheiten; diese wurde jedoch durch Abreißung der jenseitrheinischen | Länder, Cleve und Berg von den Franzosen aufgelöst und hat sich seit 24 Jahren nicht mehr versammelt. Diese Versammlungen des Presbyteriums, der Klasse und Synode sind in unserm Lande die anordnen4636. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/1/1, Bl. 1–4; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 221–225. 239 f. (Zitate). Mit Entwürfen zur Verfassung der rheinischwestfälischen Kirche. – Notiz und Beantwortungsvermerk Schleiermachers: „Ueber ihre Wahl und Prüfungen beantw d 27t Merz 19“.

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den und richtenden Behörden in kirchlichen Angelegenheiten. Die Inspectoren führen die Aufsicht über die Prediger, Kirchenvorstände und Schulen ihres Kreises halten jährliche Kirchenvisitationen, leiten die PredigerWahlen und Ordinationen, vermitteln Streitigkeiten der Gemeinden untereinander und der Prediger mit ihren Gemeinden und legen über alles dieses der Klassicalversammlung jährlich einen Bericht vor. Die Praesides der Synoden führen die Aufsicht über die Moderatoren der Klassen und stehen miteinander und mit den Provinzial-RegierungsBehörden in Briefwechsel. Diese unsere Verfassung gründet sich auf eine 1662 von dem großen Churfürsten bestätigte und von allen Regenten unsers Landes genehmigte Kirchenordnung; sie hat noch jetzt gesetzliche Kraft und wir haben sie bisher freylich oft im Kampf mit den Regierungsbehörden der Provinz die nicht selten Eingriffe in dieselbe thaten bisher dem Wesen nach erhalten. Die Verfassung der lutherischen Kirche unsers Landes ist der der reformirten ähnlich, nur mit dem Unterschiede, daß die Stellung der Presbyterien bey ihr eine andere ist, daß die Ältesten nicht an den Klassical- und Synodalversammlungen Theil nehmen, der Praeses synodi nach der bestehenden Observanz lebenslänglich in officio bleibt und die Landesregierung in derselben einen weit größern Einfluß hat. Auch standen die lutherischen Kirchen der Länder Jülich, Cleve, Berg und Mark nicht miteinander im Synodalverbande wie die reformirten. Die Vorzüge unserer Verfasung vor der sogenannten Consistorial-Verfassung haben uns die Erfahrung und eine Vergleichung mit unsern Nachbarn gelehrt. Es möchte wohl in unserm ganzen Staate kein regerer kirchlicher Gemeingeist gefunden werden als in unserm Lande; Nirgends möchten wohl die Gemeinden williger seyn zur Beförderung kirchlicher Zwecke beyzutragen und sich Aufopferungen gefallen zu laßen. In den Herzogthümern Jülich und Berg wird in manchen Gemeinden das Predigergehalt so wie die Auslagen die der Gottesdienst | erfordert großentheils oder ganz von den Gemeindegliedern aus eigenen Mitteln aufgebracht. Es zeigt sich bey uns im Allgemeinen noch ein lebhaftes Interesse an den öffentlichen Gottesverehrungen; so wie die Gemeinschaft des Predigers mit seiner Gemeinde noch eine genaue und innige ist, in alle Verhältnisse des Lebens eingreift und für beyde Theile wohlthätig würkt. Die Verbindung der Prediger miteinander ist enger, der Weteifer unter denselben lebendiger, das Ansehen der Geistlichkeit größer und ihr Einfluß würksamer als in den meisten andern Provinzen unsers Staates. Daß wir deshalb unsere Verfassung um jeden Preis zu erhalten wünschen, dies wird uns Niemand verargen.

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Brief 4636

Eine große Freude verursachte uns die Nachricht der König wolle die Synodalverfassung allgemein in seinem Staate einführen; aber sehr wurde sie herabgestimmt als uns das Consistorium mit dem bekannten Entwurf zu der neuen Synodalverfassung bekannt machte. Es trat eine Deputation aus den Ländern Jülich, Cleve, Berg und Mark bestehend aus 18 Predigern, zwar nicht unter Auctorität der Regierung, aber doch dazu von den Synoden ernannt am 19ten August vorigen Jahres in Duisburg zusammen um sich über den mitgetheilten Entwurf zu berathen. Das einstimmige Urtheil fiel dahin aus, daß überhaupt K e i n e S y n o d e n besser seyen, als solche deren Stellung höchst schwankend, deren Competenz nicht bestimmt sey, deren Beschlüsse ohne gesetzliche Kraft wären, kurz die wohl als überlegende aber nicht als beschließende Behörden constituirt seyen und bey welchen den Presbyterien jedes Stimmrecht genommen. Es wurde der Entwurf selbst als untauglich weitern Berathungen über diesen Gegenstand zum Grunde gelegt zu werden, verworfen. Dieser Convent setzte zugleich die Punkte fest, die einer wahren PresbyterialVerfassung zum Grunde liegen, die als Grundsätze anzusehen sind auf welchen die bisherige Kirchenverfassung dieser Provinzen ruht, und die bey allen vorzuschlagenden Veränderungen in derselben nie aufgegeben werden dürften und sollten. | Diese Punkte sind folgende: 1) Die Gemeinden haben das Recht ihre Prediger durch freye Wahl zu ernennen. 2) Die anordnende und richtende Auctorität in rein kirchlichen Angelegenheiten beruht allein bey den Versammlungen des Presbyteriums der Klasse und Synode. 3) Diese Versammlungen können nur dann gesetzliche, die Kirche wahrhaft representirende Versammlungen seyn; wenn die durch die Verfassung bestimmte Zahl Ältesten bey denselben mit den Predigern ein gleiches Recht des Vortrags und der Stimme hat. 4) Die Moderatoren und Praesides werden von der Klasse und Synode durch freye Wahl und nur auf bestimmte Zeiträume ernannt. Die Verhandlungen des Duisburger Convents wurden allen Klassen mitgetheilt, deren Gutachten über den vorgelegten Synodalentwurf derselben gemäß ausfielen. Einzelne Klassen erklärten sogar, daß sie nur unter Annahme der bemerkten Punkte sich für competent halten konnten ferner über Veränderungen in der Verfassung und Kirchenordnung zu berathschlagen, weil die Vollmachten der Presbyterien zur Theilnahme an den Klassicalversammlungen ausdrücklich die Bestimmung enthalten, daß in denselben nichts beschlossen werden dürfe, was der bestehenden Kirchen-

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ordnung entgegen sey; ja sie verwahrten sogar in den abgehaltnen Protocollen feyerlich die Rechte ihrer Gemeinden gegen jede Veränderung die die wesentlichen Grundsätze unserer Presbyterialverfassung aufheben würde. Kurz darauf den 18ten und 19ten September vorigen Jahres versammelten sich beyde evangelische Synoden unserer Provinz, nach einer schon das Jahr vorher getroffenen Verabredung zur gemeinschaftlichen Reformationssaecularfeier in Hagen. Beyde Synoden constituirten sich zu Einer Einzigen, erklärten, daß die Verschiedenheiten in den Lehren beyder Kirchen nicht von der Art seyen, daß wegen derselben künftig eine Trennung fortdauern dürfe, beschlossen dieselbe Verfassung, Kirchenordnung und Liturgie und | daßelbe Gesangbuch in Zukunft anzunehmen und äußerlich jeden Unterschied zu verwischen. Es wurden Commissionen zur Entwerfung einer VerfassungsUrkunde und Kirchenordnung zur Auswahl eines Gesang und Choralbuchs und zur Anfertigung eines Katechismus ernannt der die Stelle des Heidelberger und kleinen lutherischen vertreten solle. Der Verfassung und Kirchenordnung sollten die oben bemerkten 4 Punkte zum Grunde gelegt werden. Als Mitglied der Verfassungscommission arbeitete ich einen Entwurf zu einer Verfassungsurkunde aus, die in der beyliegenden Quartalschrift sich abgedruckt findet, und nach vorher gepflogenen Berathungen mit zwey mir zur Seite gesetzten Predigern eine auf diesen Entwurf gegründete Kirchenordnung, die im nächsten Stück der beyliegenden Zeitschrift erscheinen wird. Auf der diesjährigen gemeinschaftlichen Synodalversammlung gehalten zu Unna den 18 und 19ten August wurde der beyliegende Entwurf zu einer Verfassung dahin genehmigt, daß er den fernern Berathungen über diesen Gegenstand zum Grunde gelegt werden solle. Alle Presbyterien unsers Synodalbezirks sind aufgefordert ihre Bemerkungen über denselben an mich gelangen zu laßen, ich soll dieselben ordnen, der Verfassungscommission vorlegen, damit dieselbe die nöthig scheinenden Veränderungen in demselben berathe. Der dann veränderte, oder unverändert gebliebene Entwurf soll von der nächsten Synode genehmigt und dem Könige zur allerhöchsten Genehmigung vorgelegt werden. Eben so ist auch die von mir gemeinschaftlich mit 2 andern Predigern entworfene Kirchenordnung bey allen Presbyterien in Umlauf gesetzt damit sie ihre Bemerkungen über dieselbe abgeben. Der bemerkte Entwurf hat ebenfals bey den Synoden des Rheinisch-Bergischen Landes fast ungetheilten Beyfall erhalten. Da wir Prediger der Westfälischen Mark und auch die der Länder Jülich, Cleve und Berg, die mit uns nach denselben Grundsätzen arbeiten

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und daßelbe Ziel vor Augen haben, uns als befangen in unsern Ansichten und Meinungen und partheyisch eingenommen für die Presbyteriale Kirchenverfassung betrachten müßen; so ist es unser Wunsch das Urtheil | eines höher stehenden, unbefangenern und mehr competenten Richters über diesen Gegenstand zu vernehmen, und zu erfahren wie dieselbe von andern Synoden unsers Landes betrachtet wird. Wir glauben alle, daß den Arbeiten an der Kirchenordnung nothwendig eine Verfassungsurkunde vorhergehen müße, die die Stellung der Kirche gegen den Staat, die einzelnen Behörden in derselben und so auch die Art und Weise bestimmt wie die Kirchenordnung zu Stande gebracht werden und gesetzliche Kraft erhalten könne; wie diese Aufgabe in dem beyliegenden Entwurf gelöst sey dies stelle ich Ihrer Beurtheilung anheim. Wir alle, die Synodalmitglieder der Grafschaft Mark und ich darf hinzusetzen des Rheinisch-Bergischen Landes haben den Entschluß gefaßt fest an der Presbyterial-Verfassung, deren wir uns bisher erfreuten, zu halten, so lange uns nicht die Ueberzeugung wird, daß eine andere dem kirchlichen Wohl förderlicher, oder auch nur nothwendig in den Verhältnissen der bürgerlichen Obrigkeit zu ihren Unterthanen begründet sey. Zutrauungsvoll wende ich mich Namens meiner Brüder an Sie, in einer allen Lehrern Vorstehern und Gliedern der evangelischen Kirche wichtigen Angelegenheit. Das Vertrauen der Geistlichkeit unserer Hauptstadt hat Sie ehrenvoll an die Spitze derselben gestellt. Die allgemeine Stimme aller derer die zu einem solchen Urtheil berechtigt sind erklärt Sie für einen unserer scharfsinnigsten und gelehrtesten Theologen; und manches kräftige, eindringliche Wort das Sie zum Publikum redeten beweist Ihren Eifer für das kirchliche Wohl und deßen Beförderung. Eine allgemeine Freude verursachte bey uns Ihre Schrift: über die im preußischen Staat für die protestantische Kirche einzurichtende Synodalverfassung; und wir alle glauben in Ihnen einen Beförderer eines freyen, selbstständigen kirchlichen Gemeinwesens zu sehen. Sie werden meine Zudringlichkeit entschuldigen mit der wahrhaft reinen Absicht die uns alle, Glieder unserer Synode beseelt und mit dem Wunsch den wir haben, daß wo möglich alle Provinzialsynoden unsers Landes miteinander oder doch mit der Synode der Hauptstadt | in Briefwechsel treten, oder doch ihre Ansichten und Beschlüsse in Druckschriften bekannt machen möchten. Noch möge es zu meiner Entschuldigung gereichen, daß mich der Director Snethlage mein Lehrer, Verwandter und Freund, an den ich mich früherhin in dieser Angelegenheit wandte, an Sie gewiesen hat.

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Sollten Sie wünschen die Verhandlungen unserer vorjährigen Synode zu sehen; so bin ich gern bereit Ihnen die Acten derselben zuzusenden. Indem ich mich Ihrem gütigen Wohlwollen empfehle verbleibe ich mit der ausgezeichnetsten Hochachtung Ihr ergebenster Diener Bäumer

4637. An Immanuel Bekker. Berlin, um den 1. 9. 1818 Firenze / A Monsieur / Monsieur le Professeur / Bekker / Via Maggio No 1876 / Pal. Ginorino / Firenze [Rückseite]

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Es gereicht mir zur großen Freude liebster Bekker daß Sie Sich nun mit Freuden an den Aristoteles machen, und ich bin überzeugt ein recht gutes Werk gethan zu haben indem ich Sie nicht losließ. Ihre Geldverhältnisse können jezt nicht in Ordnung gebracht werden da eine große Regeneration der Akademie im Werk ist. Also lassen Sie es unterdeß nur so schleichen. – Ihre Protestation habe ich aus allen Kräften vertreten, und Buttmann genöthigt die Sache ordentlich an die Klasse zu bringen was aber nun doch erst nach den Ferien geschehen wird. Von Niebuhrs Brief an Savigny ist mir übrigens bis jezt nichts zu Ohren gekommen. Ich wollte Buttmann darum fragen aber er war eben nach Göttingen und Frankfurt gereist. – Brandis sagen Sie nur, ich hätte noch ganz nach seinem Antrag den Bericht an das Ministerium abgefaßt und Tralles würde die Rimesse an Beneke besorgen. Ihm selbst kann ich nicht schreiben und auch Sie müssen alles fehlende verzeihen denn ich bin eben im Begriff in den Wagen zu steigen um mit Reimer nach Salzburg und München zu reisen. Ich gebe Ihnen also nur noch meine besten Wünsche für Ihre ferneren Unternehmungen mit und meinen Neid über alles Schöne was Ihnen wird und was Sie immer nicht gehörig zu würdigen scheinen die lezte Reise ausgenommen von der Sie doch PnachS PWürdenS erbaut sind. Gott befohlen. Von Herzen der Ihrige Schleiermacher | 4637. Überlieferung: H: University of Chicago Library, Special Collections Research Center, Immanuel Bekker Papers. Laut Brief 4632 Z. 2–5 vom 31. 8. 1818 an Gaß wollte Schleiermacher am 2.9. die Reise nach Salzburg antreten. Der Brief ist unmittelbar davor geschrieben. 15 besorgen.] folgt )EP Sum*

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Briefe 4637 – 4639

[von anderer Hand auf dem Umschlag:] Den 1sten erhalten und denselben Tag abgesandt. – Der Brief des Staatssekretairs nach Ravenna an den Legaten ist Donnerstag abgegangen. Brandes’ Brief habe ich heut richtig erhalten. Vorgestern habe ich ihm wieder geschrieben und P S doch lieber gleich nach Rom. Wir sind alle wohl. Niebuhr kommt den 29sten nach Rom. Leb wohl. Dein PCBS PBonnS, von Schleiermacher im PUmschlagS PbemerktS

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4638. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, um den 1. 9. 1818 Ein hohes Ministerium der Geistlichen Unterrichts und Medicinalangelegenheiten ersucht die unterzeichnete Akademie in Bezug auf die früheren Verhandlungen gehorsamst die Zahlung von 400 r aus den Rükständen des Fonds für wissenschaftliche Unternehmungen für das laufende Jahr an den Professor Brandis in Italien für die in Gemeinschaft mit dem Professor Bekker übernommenen akademischen Arbeiten hochgeneigt zu genehmigen und die Kasse zu autorisiren sie gegen interimistische Quittung des vorsizenden Secretars auszuzahlen. Beide Gelehrten sind in der erwünschtesten Thätigkeit und im Begriff sobald die Bibliotheksferien in Florenz angehen sich nach Neapel zu begeben. Berlin d Sept. 1821 Die Akademie der Wissenschaften conc. Schleiermacher Tralles

4638. Überlieferung: H: BBAW, II–VIII, Nr. 252, Bl. 34. Die positive Antwort des Ministeriums vom 7.9. liegt in derselben Akte, Bl. 35. Demnach ging der Antrag am 5.9. ein. Am 2. 9. 1818 wollte Schleiermacher mit Reimer seine Reise nach Österreich antreten; den Brief hat er kurz davor konzipiert. 3 f aus … Unternehmungen] mit Einfügungszeichen am linken Rand 11 1821] dahinter von anderer Hand: (1818?)

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4639. Von Julius Wegscheider. Halle, Donnerstag, 3. 9. 1818 Halle den 3ten Sept. 18.

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Da ich, Verehrtester! bei einer morgen anzutretenden Reise jetzt wohl die angenehme Hoffnung aufgeben muß, Ihr mir so sehr werthes Schreiben vom 25sten vorigen Monats mündlich zu beantworten und Ihnen meinen verbindlichsten Dank dafür auszudrücken; so eile ich Ihnen noch vor meiner Abreise einige flüchtige Zeilen zuzusenden. Die hiesige Synode hat die Union in ihren Beschlüssen als wünschenswerth dargestellt, doch große Schwierigkeiten derselben angedeutet, indeß auch Vorschläge zu ihrer Beseitigung beigefügt. Von Seiten des hiesigen Lutherischen Ministeriums ist mir vorläufig der neue Beschluß eröffent, daß dasselbe geneigt sei, den Mitgliedern der Universität, welche das Ihnen bekannte Gesuch unterzeichnet haben, beim Abendmahl Brot darzureichen, während den übrigen Communicanten daneben Oblaten dargeboten werden sollten. Gegen diesen sonderbaren Syncretismus, der ganz unserem Zweck, die Union zu fördern, zuwider laufen würde, habe ich vorläufig mündlich protestiren zu müssen geglaubt, worauf mir der Herr Consitorialrath Wagnitz erklärte, daß unser Wunsch | nur durch einen Befehl von oben realisirt werden könnte, welcher auch durch die Beschlüsse der Synoden wahrscheinlich veranlaßt werden würde. Recht sehr würde ich mich freuen, wenn dieses Resultat durch die Synoden herbeigeführt werden sollte; denn ohne ein solches scheint hier wirklich gar nichts ausgerichtet werden zu können. Gegen eine Entschädigung der Prediger durch die Gemeinen in Beziehung auf das Beichtgeld protestiren die Prediger und auch die Gemeinen selbst; und so wird auch hiebei wol die Regierung ins Mittel treten müssen. Erlauben sie mir jetzt noch, Verehrtester, Ihnen folgenden Wunsch mitzutheilen: Da ich höre, daß man zur Besetzung der theologischen Lehrstellen auf der neuen Universität Bonn auf sehr unbedeutende Concurrenten Rücksicht nimmt, mein Freund, der D. Gieseler, jetzt Director des Gymnasiums zu Cleve, aber recht sehr eine Anstellung auf jener Universität wünscht, und da er sich in hohem Grade zu einer solchen qualificirt, besonders für das Fach der Exegese des Neuen Testaments, Kirchengeschichte, auch Dogmatik –: so ersuche ich Sie inständig, das bereits bei dem Ministerium eingegebene Gesuch desselben durch Ihr einflußreiches Für4639.

Überlieferung: H: BBAW, SN 414, Bl. 6

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Briefe 4639 – 4641

wort gelegentlich zu unterstützen. Ich bin fest überzeugt, das er jeder Empfehlung Ehre machen wird. Mit der Bitte um gütige Verzeihung meines Anliegens empfehle ich mich Ihrem ferneren mir theuren Andenken angelegentlichst Wegscheider.

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4640. An Henriette Schleiermacher. Dresden, Donnerstag, 3.9. bis Freitag, 4. 9. 1818 An Frau Jette. [Bl. 2v] Dresden Donnerstag Abend. Da sind wir mein liebes Herz, sind schon auf der Gallerie gewesen, haben Friedrichs besucht, und wiewol in einigem Regen auf der Brücke gestanden, und überall habe ich Deiner gedenken können, und wie ich mich damals besonders freute daß Dir alle diese schönen Eindrücke wurden während Du unser erstes Kind unter Deinem Herzen trugst. Wir sind aber viel später angekommen als wir geglaubt hatten nämlich erst heute Mittag. Es war schon ein Fehler daß der Fuhrmann bis Treuenbriezen bedungen war, daraus ist enstanden daß wir uns überreden ließen über Wittenberg und Torgau zu gehn, und da haben wir besonders auf dem lezten nicht mehr preußischen Theil des Weges die Meilen so lang und die Postillions so faul gefunden daß wir unsere Rechnung ganz ohne den Wirth gemacht hatten. Der einzige Gewinn den wir dabei gemacht haben und auf den ich auch gerechnet hatte war daß wir den Meissener Dom gesehen und den schönen Weg von Meissen nach Dresden gemacht haben, zwar in trübem Wetter und etwas Regen aber doch zu unserer großen Freude die durch die ungeheure Fruchtbarkeit des Weinstocks und der Obstbäume noch erhöht wurde. Morgen Vormittag gehn wir nun noch auf die Gallerie und die hiesige Ausstellung, die eben los ist und Nachmittag entweder noch einmal auf die Gallerie oder zu den Antiken und Sonnabend früh um 4 Uhr reisen wir nach vorangeschikten Laufzettel nach Prag wo wir Sonntag Vormittag einzutreffen hoffen freilich wahrscheinlich zu spät um noch eine Kirchenmusik zu hören aber doch nicht zu spät um 4640. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/5, Bl. 2 13 gefunden] mit Einfügungszeichen über der Zeile 15 f Meissener … den] mit Einfügungszeichen über der Zeile

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die Stadt in ihrer Sonntagspracht zu sehn. Das Nachtdurchfahren ist mir sehr gut bekommen und ich befinde mich vollkommen wol. Leopold fragte mich heute Abend schon ob er mir Deine Suppe sollte kochen lassen aber ich fand dazu keine Veranlassung und habe lieber eine Portion Macaroni gegessen und ein Paar Gläser Würzburger dazu getrunken. Auf der Gallerie haben wir übrigens einen ganz neuen höchst freundlichen aber auch höchst süßlichen und widrigen Inspector gefunden, dessen Qual wir uns nun heute müssen gefallen lassen, Morgen denken wir auf unsere eigne Hand zu existiren. – Meine beiden Gefährten sind indem ich dies geschrieben schon zu Bette gegangen und ich will es nur auch thun. Mögest Du nun recht gut ruhn und über den Kindern, die Du neben Dir hast mein nicht ganz vergessen. F r e i t a g Heute habe ich keine Zeit mehr gefunden; Vormittag die Ausstellung und Gallerie, Nachmittag haben wir die Wasserfahrt nach dem Linkschen Bade gemacht und wollen nun noch den Sonnenuntergang auf der Brühlschen Terrasse genießen und den Abend mit Friedrichs zubringen. Gott befohlen grüße alles herzlich und namentlich von Deinem Alten

4641. An Henriette Schleiermacher. Linz, Mittwoch, 9.9. bis Donnerstag, 10. 9. 1818 Linz d. 9t. Septemb.

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Es hat mir sehr leid gethan liebstes Herz daß in Prag zu viel Verwirrung war um Dir zu schreiben, eine Stunde wäre mir wol dazu gewesen in der ich aber über die Verwirrung zu verdrüßlich war. Von Dresden habe ich Dir nichts mehr zu erzählen. Sonnabend früh fuhren wir um 4 Uhr Morgens ab bei gar schönem Wetter. Von Arbesau aus machte ich den Gang zu Wilhelms Grabe nach glüklich überstandener Angst über den verlorenen Schlüssel den ich in einer andern Tasche fand. Wir liefen weil wir bestellte Pferde hatten im schärfsten Schritt in der schärfsten Mittagshize von einem Mädchen aus der Post geführt die von der ganzen Sache mit großem Interesse sprach auch, daß dies Jahr wieder die Armen wären gespeiset worden. 34 und] folgt )vorhin* 4641. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/5, Bl. 3 f.; D1: Br 2, S. 328–331 (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 277–279

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Das kleine Blumengärtchen war in gutem Stande, und wie gerührt mir zu Muthe war brauche ich nicht zu sagen. Aber ein Monument mit einer passenden Inschrift vermißte ich schmerzlich, und das muß auch noch hinkommen. Unserer lieben Freundin sage daß ich ihrer dort besonders gedacht. Auch unseres Freundes Alexander natürlich, dem wir leider kein anderes Denkmal als in unseren Herzen stiften können. – In Tepliz wurden wir leider ein Paar Stunden aufgehalten die wir nicht einmal benuzen konnten weil uns alle Augenblik die Pferde weiß gemacht | wurden, und so kamen wir nach durchfahrener Nacht erst Sonntag Morgens nach Neun Uhr in Prag an das schon auf den ersten Anblik mit seinen zahllosen Thürmen einen imposanten Eindruk macht. Aber das köstlichste ist freilich der Anblick vom Hradschin. Das Volk aber scheint ganz stumpf zu sein für diese Herrlichkeiten und für die großen Erinnerungen die darauf ruhen, und scheint sich nichts weniger träumen zu lassen als daß es mit dem Protestantismus und der Religionsfreiheit auch seine ganze Würdigkeit verloren habe. Von den Kirchen sind viele eingegangen und außer dem alten Dom die gangbarsten aus der späteren jesuitischen Zeit also von schlechtem Geschmack. Der Dom aber ist ein herrliches unausgeführtes gothisches Gebäude mit wenigen guten Gemälden, aber die ganze böhmische Geschichte liegt darin begraben. (Ekelhaft war der grobscharlachmäntlige Küster der uns herumführte) Eine Kirchenmusik haben wir gehört ganz in dem neuen opernartigen Stil, in diesem nicht schlecht; herrliche Stimmen, ein sehr geschiktes Spiel einer treflichen Orgel. Kunstwerke haben wir in der ständischen Gallerie, die eine schöne Idee ist und mir die böhmischen Großen weit über die Engländer stellt nicht unbedeutende gesehn. Eine andere Privatsammlung ist uns entgangen weil wir zo spät davon erfuhren, und zu sehr – und das waren eben die Qualen der Zeitversplitternden Verwirrung – von Reimers Bekannten und Zunftgenossen in Beschlag genommen wurden. Friedrichs hatten uns gesagt die Dresdner Gegend sei kleinlich gegen die | Prager. Ohnerachtet die Aussicht von der Dresdner Brücke selbst schöner ist als von der Prager, auch die Moldaubrücke selbst nur prächtiger als die Dresdner aber nicht schöner so muß ich ihnen doch Recht geben schon allein wegen des Blickes vom Hradschin und wegen des Eindruks der Gebäude. Ordentlich Schauder haben mir erregt[,] religiösen das unermeßliche der JesuiterGebäude, politischen das eben so ungeheure des Wallensteinischen Schlosses. Die anderen Paläste der Fürsten und Grafen sind nur auf eine angenehme Art im älteren Style grandios. Was soll ich aber von den verfallenen Kirchen 24 Herrlichkeiten] korr. aus Herrlichkeit

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und Klöstern sagen? Den Protestantismus hat man dem Volk mit der unerhörtesten Grausamkeit genommen,1 und den Katholicismus kann man am vermodern und verfaulen nicht hindern. Wir fuhren am Montag Abend (weil wir uns nicht wollten noch eine Nacht von den Wanzen zerbeißen lassen) um 10 Uhr ab. Das Land ist hier auf eine angenehme Art hügelig. Erst in der Gegend von Budweis, einer wirklich ganz weißen Stadt mit einem verhältnißmäßig sehr großen Marktplaz fängt es an wieder mehr bergigt zu werden, und erst gegen Morgen kamen wir wieder in das eigentliche Gebirge, welches hier das Elbgebiet vom Donaugebiet scheidet und je länger je anmuthiger ward. Zwischen Tabor (einer alten festen Stadt die einen tüchtigen Eindruk macht, wo wir einen kurzen Mittag hielten) und Budweis hatten wir sehr schlechtes Wetter gehabt so daß uns bange ward ob wir nicht würden unsern Plan ändern müssen. Eine Zeitlang mußten wir alle drei hinter den heruntergelassenen Scheiben sizen. Allein je schöner gegen Morgen die Berge wurden um desto klarer wurde auch das Wetter, und so sind wir im schönsten Sonnenschein und mit den besten Hofnungen über die Donau kutschirt und in dieser stattlichen | Stadt eingezogen, wohnen auf dem Marktplaz wo wir lauter vierstökige Häuser mit italienischen Dächern vor uns haben, und einen kolossalen Springbrunnen dessen Sonne über den Heiligen noch über die Häuser hervorzuragen scheint. Gegen die Donau mit ihren Ufern ist die Elbe bei Dresden mit den ihrigen ein Kind. Einen Theil des morgenden Tages bringen wir mit Lustfahrten auf der Donau zu, und würden schon nach Tische fort wenn wir uns nicht übereilt und Wäsche zum waschen gegeben hätten. Es wird sich aber schon etwas finden um auch den Nachmittag auszufüllen und übermorgen geht es in aller Frühe auf Salzburg zu. – Wegen des Schreibens richte Dich nur nach dem was Reimer an Mine geschrieben; aber da ich nun einen Posttag in München verliere: so schreibe mir ja nach Nürnberg. Wie mich nach den ersten Nachrichten von Dir und unseren Lieben verlangt kann ich Dir nicht sagen. Nur das fatigante der Reise tröstet mich drüber daß ich Dich nicht bei mir habe. Du hättest sie in dieser Art nicht ausgehalten (seit gestern vor Acht Tagen ist dies erst die vierte Nacht, die wir im Bett zubringen werden) und ohne so zu verfahren hätten wir uns auf unser ganzes Project nicht einlassen können. – Nun gute Nacht mein einziges Herz Dir und allen Lieben im Hause D 10t Ich wollte noch zuschreiben wie es mit unserer Wasserfahrt abgelaufen im Ganzen sehr schön. Aber sie drohen die Post werde geschlossen also kann ich Dir nur das herzlichste Lebewol sagen. Morgen früh brechen

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wir auf und Morgen Nachmittag gehn unsre Fußwanderungen an. Meine Gesundheit ist Gott sei Dank vortreflich. Gott behüte Euch alle, grüße alles namentlich und denkt meiner fleißig

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An Frau Jette. 1

Dieser Schwanz ist keinesweges von einem Einschlaf, sondern von einem Anstoß von Reimer, der mir den mit der Pfeife im Munde eingeschlafenen Leopold zei95 gen wollte.

4642. An Henriette Schleiermacher. Frankenmarkt und Salzburg, Freitag, 11.9. bis Sonnabend, 12. 9. 1818 Freitag d 11t. Abends F r a n k e n m a r k t auf der Straße von Linz nach Salzburg

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Da bin ich schon wieder liebes Herz. Wir haben unsern Plan des Wetters wegen geändert. Es war uns nicht gut genug um eine 6tägige Fußreise zu beginnen und so sind wir auf dem graden Wege nach Salzburg weil wir dort allenfalls auch in schlechtem Wetter doch etwas thun können und in einem solchen Mittelpunkt unsre Pläne besser nach der Beschaffenheit des Wetters einrichten können. Wir haben heute nur 12 kleine Meilen gemacht aber einen Umweg genommen um den Traunfall zu sehn, und haben uns ein Paar Stunden lang von diesem herrlichen Schauspiel – zu dem Natur und Kunst sich vereinigen um es auf eine eigenthümliche Weise interessant zu machen – nicht losreißen können so daß wir erst um Acht Uhr von unserm Postillon mit den herrlichsten Tönen in dies Nachtquartier eingeblasen worden sind. Es ist ein kleiner Marktfleken; aber wir fanden eine dreifenstrige Stube mit drei aufgemachten Betten, ein paar hübschen Kommoden und Spiegeltischen, und eine Fleischsuppe mit kleinen Makaronis und drei gebakene Hähndel waren bald fertig. Morgen denken wir gegen 10 Uhr Vormittags in Salzburg zu sein etwas Stadt zu besehn und die nöthigen Instructionen einzusammeln um Uebermorgen mit Gottes Hülfe unsere Alpenreise anzutreten. | Der Himmel hat uns heute einige tüchtige 93–95 Dieser … wollte.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 4642. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/5, Bl. 5 f.; D1: Br 2, S. 331–333 (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 279–281 (gekürzt, Ergänzungen zu D1)

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Regengüsse zugesendet, nur am Traunfall – dessen Beschreibung ich mir aufs mündliche verspare – hatten wir zum Glük schönes Wetter. Und am Abend macht es auch ganz gute Miene. Das Land diesseit der Donau ist noch schöner als das jenseitige. Wo es über die Berge ging fuhren wir durch die schönsten Tannenwälder, denen sich die schlesischen nicht vergleichen lassen und die Thäler waren die schönsten reichlich gewässerten Wiesen, die Hügel der fruchtbarste Boden, auffallend wenig Ertoffelfelder, die Wintersaat theils bestellt theils schon aufgegangen, Kirschbäume wie die Eichen und überall ein Segen von Aepfeln Birnen Pflaumen und Trauben. Auf unserer Wasserfahrt bei Linz kauften wir 20 große Pfirsische für etwas 2 1/2 g unser Courant. Trauben aber waren sehr theuer. Das Volk ist gar gut; einige recht hübsche Wirthinnen sind uns aufgestoßen die doch recht tugendsam aussahen. Ein großer Wechsel von Gestalten besonders weiblichen, bald schlank und anmuthig bald kurz untersezt und kräftig. Bei Linz trugen die schönen schlanken Gestalten ihr Obst und Gartengewächs in großen flachen Kübeln mit den weißesten Tüchern zugedekt auf dem Kopfe zu Markt. Auch die Männer sind ein guter derber treuherziger Schlag. Alles was sich auf das unmittelbarste Leben bezieht ist gut und schön, die Bauerhäuser in den Fleken und Dörfern massiv mit Schindeln gedekt, grüne Jalousien vor den Fenstern, die Kathen wie Alpenhäuschen. Alle Fabrikation aufs äußerste vernachläßigt; selbst das herrliche steyrische Eisen durchaus | schlecht gearbeitet. Mit dem Gelde ist es eine närrische Wirthschaft. Bei uns haben wir leichtes und schweres hier hat man nur zu leichtes und zu schweres. Das zu leichte sind die Scheine die einem alle Augenblike unter den Händen zerreißen so daß unsere Tresorscheine dagegen Pergament sind, und das zu schwere ist das Kupfergeld wo 8 d Courant die Größe und Dicke eines Thalers hat. Nur jezt sind wir in einem provisorischen (das heißt erst im lezten Kriege wieder gewonnenen und noch nicht ganz österreichisch wieder eingerichteten[)] Lande wo es Silbergeld giebt. Bei uns gehn Geld und Scheine neben einander. Hier im provisorischen Lande gelten keine Scheine, und im alten Lande sieht man kein Silber so daß noch an der Grenze von beiden die gemeinen Leute den Werth des Silbers gegen das Papier nicht kannten. Die Verwaltung scheint mir in allen Stüken noch viel peinlicher drückender und unverständiger als bei uns, wovon ich Dir mündlich manche lustigen Beispiele erzählen will. Alles dies zusammengenommen muß einen hier eine unendliche Sehnsucht anwandeln nach einer größeren Einheit Deutschlands damit auch dies herrliche Land mehr von dem Geiste des Ganzen möchte angeweht und bearbeitet werden. – Der Katholicismus übrigens erscheint hier sehr mild, viel weniger Heiligenbilder Bigotterie und Wallfahrt als in Böh-

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men, und unser Protestantismus den wir beim Besehen von Kirchen und sonst öffentlich genug zur Schau tragen scheint die Leute weder zu ängstigen noch zu ärgern. In Prag sahen sie uns doch bisweilen scheel an daß wir kein Weihwasser nahmen und uns nicht kreuzten. – Von unserer | Donaufahrt will ich noch etwas nachholen. Wir mußten sie auch des Wetters wegen theilen. Wir fuhren Vormittags oberhalb der Stadt hin. Ob die Donau hier viel breiter ist als der Rhein auf unserer Fahrt weiß ich nicht zu bestimmen aber der Strom im Ganzen schneller, die Breite gleichförmiger, die Ufer weit höher und majestätischer aber weniger unterhaltend. Unser Ziel war ein Kloster welches vor 600 Jahren zwei kinderlose Brüder mit ihrem ganzen Grundbesiz gestiftet haben. Aber in diesen 600 Jahren ist aus diesem Kloster auch kein einziger ausgezeichneter Mensch hervorgegangen. Von dem berühmten Prälaten konnte doch nur gerühmt werden daß er viel Unglük glüklich überstanden habe. Nachmittags fuhren wir unterhalb der Stadt, und hier wird die Donau bald sehr viel breiter als der Rhein und erscheint mit ihren vielen Inseln in ihrer ganzen eigenthümlichen Majestät. Die Ufer sind hier nur an einer Seite gebirgig allein das dauert nur ein paar Meilen. Von einigen Pistolenschüssen glaubt ich kaum daß sie das jenseitige Ufer erreichen würden, aber sie thaten es doch und machten ein vielfältiges prächtiges Echo. – Verzeih wie ich Dir alles hinschreibe, ich wollte da du nicht da bist ich könnte es dir recht lebendig machen, allein ich weiß schon daß das nicht meine starke Seite ist, und es wäre viel besser Du könntest reisen und ich zu Hause bleiben. – Finden kann ich wol schwerlich Morgen einen Brief von Dir; mich verlangt aber ungeheuer darnach. Gott gebe doch daß alles im Hause gut gehe; ich kann nicht dazu kommen mir irgend einen Unfalll besorglich zu denken; aber mein Denken nach Hause ist immer das herzlichste Gebet und das lebendigste Gefühl daß mein Heil und Leben nur bei Dir und den Kindern ist. Gute Nacht! es ist Zeit daß ich schlafen gehe, Morgen früh um 4 Uhr soll es fort. Salzburg Sonnabend Abend. Wir sind in einem anmuthigen Wechsel von Nebel und Regen angekommen auf den Alpen liegt Schnee. Nachmittags indeß ward das Wetter so gut, daß wir die schönen Punkte der Stadt in Augenschein nehmen konnten. Morgen bleiben wir noch hier und hoffen das Wetter wird sich bekehren. Ist es nur leidlich so geht es übermorgen fort; was wir aber thun werden wenn es ganz schlecht wird wissen wir noch nicht. Ich bitte Dich noch da es doch möglich ist, daß eben dieses 72 Mensch] korr. aus Mönch

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Laviren uns länger aufhält Pischon aufzutragen daß er für den möglichen Fall noch die Nachmittagspredigt vom 11ten October an Deibel oder jemand anders überträgt. Bei unserer ersten Zurükkunft hoffe ich gewiß einen Brief von Dir zu finden; daß heute noch keiner da war ist wol ganz natürlich. Gott befohlen. Von der Stadt und unserm weitern Ergehen nächstens. Leider regnet es schon wieder. Ich werde keine Gelegenheit Dir zu schreiben vorbeigehen lassen. Grüße mir alles aufs herzlichste. Lotte wird nun [auc]h gesehn haben wo ich an Karls Geburtstag gewesen bin, und sage ihr ich hätte seiner gleich des Morgens im [ ]ugen gedacht. Möchte ich nun bald Gutes von Euch hören ihr Lieben. Noch eines könnte mir Pischon besorgen, falls nämlich mein Loos welches Du in einem von den kleinen Schubfächern meines Sekretärs links finden wirst in der 3ten am 8ten September gezogenen Klasse etwas gewonnen haben sollte mir bei Mazdorfs bestellen daß sie mir ein besagtes zurüklegen

4643. An Henriette Schleiermacher. Berchtesgaden und Abtenau, Dienstag, 15.9. bis Sonntag, 20. 9. 1818 Dienstag 15t. Abends Berchtesgaden.

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Ich habe eine zu große Sehnsucht Dir zu schreiben mein liebes Herz um Dir zu sagen wie gut es uns seit meinem lezten ergangen ist wie immerfort ich Dein gedenke, und wünsche daß Du das schöne mit mir theilen könntest, zugleich aber auch einsehe daß Du es nicht anders als wenn ein weit größerer Zeitaufwand möglich wäre genießen könntest. – Die Zeit in Salzburg ist auch nicht verloren gewesen. Die Menschen an die wir uns dort gehalten ist eine Buchhändlerfamilie Zaunried. Der Mann ist im großen Brande umgekommen und die Familie hat den größten Theil ihres Vermögens eingebüßt. Reimer hat sich Verdienste um sie erworben durch be106 ihr] korr. aus ihm )Mazdorfs Dir*

108–112 Noch … zurüklegen] am linken Rand

108 nämlich] folgt

4643. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/5, Bl. 7 f.; D1: Br 2, S. 333–338 (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 281–288 (Ergänzungen und Kürzungen gegenüber D1)

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trächtliche Sammlungen die er für sie gemacht, und war also mit der größten Verehrung aufgenommen. Die Frau eine kreuzbrave fromme Frau die sich mit großer Standhaftigkeit und Kraft in ihrem Unglük genommen, ein etwas schwächlicher schüchterner Sohn aber zwei sehr gute liebe Mädchen von denen mir die jüngste 19jährige am besten gefallen. Sonnabend Nachmittag gingen wir mit dem Sohn durch und um die Stadt die zwei halbe Monde um den Fluß bildet von Bergen umkränzt aber freier als Heidelberg die öffentlichen Gebäude grandios in dem Styl der alten geistlichen Fürsten angelegt, auch die Kirchen grandios aber nicht im besten Geschmak doch auch nicht widrig überladen, überall Spuren eines ehemaligen Wohlstandes aber auch des jezigen Verfalls, und allgemeine Unzufriedenheit mir der östreichischen Regierung, die in der größten Ruhe und Unbefangenheit jeden Theil des Ganzen wegen untergehen läßt. Am Sonntag Vormittag machten wir mit einem Commis der Handlung der ihr sehr herzlich zugethan scheint einen Spaziergang in einen benachbarten Schwarzenbergischen Landsiz A i g e n , wo wir eine sehr einfache verständige Gartenanlage fanden in der ein oft wiederholter natürlicher Wasserfall den Hauptpunkt bildet und eine herrliche Aussicht auf das hohe Gebirge und die Stadt an jedem Punkt wieder anders das Auge sättigt. Mittags aßen wir mit der Familie und machten Nachmittags in Gesellschaft des Commis und der jüngsten Tochter eine Spazierfahrt zuerst in ein ehemaliges erzbischöfliches Lustschloß H ö l l a b r u n n wo ein unerhörter Reichthum scherzhafter Wasserkünste die Hauptsache war, von da aber in die Marmorbrüche des U n t e r b e r g e s , eines Berges der hier zu den niedrigen gehört und doch beinahe der Schneekoppe gleichkam. Die Brüche sind natürlich ziemlich unten; aber wir hatten noch einen Weg etwas höher hinauf zu einem herrlichen Wasserfall (es giebt hier nicht das kleinste Wasser was nicht purzelte) und dann in der Marmormühle Milch Honig und Butter von der ersten Güte. Abends hatten wir einen Schullehrer eingeladen der sehr gut Bescheid im Gebirge weiß und dabei etwas botanisirt, dessen Frau mußte aber auch nachkommen weil sie, in der Brandverwirrung schlecht untergebracht nur Einen Hausschlüssel habe in einem weitläuftigen Gebäude wo keins das andere hören kann. Als ich die endlich an den Eßtisch complimentirt hatte kam die ganze Zaunriedsche Familie mit dem Vormund der Kinder der durch uns | Reimer selbst seinen Dank abstatten wollte, und so hatten wir in einer kleinen Stube mit 2 Betten und eben soviel sehr sichtbaren Nachttöpfen eine große Gesellschaft. Freilich aßen nur wir 5; aber Wein Obst und Zukerwerk schmekten der ganzen Gesellschaft gut. Montag früh machten wir noch mit den Zaunriedschen Kindern einen Spaziergang auf den K a p u z i n e r b e r g , von einem Kloster so genannt

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das wir aber nur streiften um uns zu der sehr behaglichen Gartenanlage eines reichen sehr wunderlich gelaunten Kaufmanns zu begeben der uns unter tausend Späßen ohne alle Anmaßung in Haus und Garten herumführte und uns alle Schönheiten der immer wechselnden entzükenden Aussichten auf Stadt Fluß und Gebirge in voller Muße genießen ließ. Dann ging es noch auf ein altes Schlößchen auf der Spize des Berges, von wo herab wir uns vorzüglich amusirten österreichisches Militär manövriren zu sehn. Leopold PwucherteS dabei das eine Fräulein in seinem Eifer so ein daß mir angst und bange wurde. Gegen 2 Uhr gingen wir dann in Begleitung unseres Schullehrers um dessentwillen wir den halben Tag zugegeben hatten hieher. In der ersten Stunde wurden wir durch und durch naß, und die Wolken lagen so dick in den Schluchten und auf den Bergen und ich that mein Bestes um den Humor der Gesellschaft aufrecht zu halten. Hernach heiterte es sich auf und wir kamen hieher im schönsten Wetter. Der Weg ist sehr schön. Die beschneiten Riesen kamen einer nach dem andren zum Vorschein, wir gingen längst einen muthigen Bergstrom, sahen die herrlichsten Alpenwiesen auf allen Höhen und das glükseligste strozendste Rindvieh, und Leopold schoß immer dazwischen und brachte oft das überraschendste Echo hervor. Zulezt zog Ein Berg der Wa z m a n n , seine Spize ist 9000 Fuß über die Meeresfläche erhaben, der ganz pyramidalisch zuzugehn schien und bis tief herab beschneit war unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich. Er veränderte allmählig seine Gestalt und entwikelte näher dem Fleken zwei große durch einen tiefen und breiten Einschnitt getrennte Hörner. Die Stadt lag schon im Abendduster als wir ankamen. Heute Morgen erwachten wir unter den schönsten Auspicien eines blauen Himmels und einer klar aufgehenden Sonne und machten uns um 7 Uhr auf den Weg nach dem K ö n i g s s e e dessen ganz herrlich dunkelgrünes Wasser überall von hohen Bergen eingeschlossen ist, die so unmittelbar aus dem Wasser emporstarren daß man fast nirgends auch nur aussteigen kann als an einer mit einem Monument verzierten Insel die wir aber vorbeifuhren und an einem mit kleinen Gartenanlagen geschmükten Wasserfall den wir erst auf dem Rükweg berührten. Unser Weg ging ans Ende des Sees (1 1/2 Stunden brauchten wir darauf zu) wo uns ein Jägerhaus an das sich ein Kloster lehnt aufnahm, und von hier traten wir dann in Begleitung eines Jägers einen kleinen Alpenweg an. Dieser ist nun äußerst reichhaltig gewesen. Wir haben an 10 Gemsen gesehn ein halb Duzend kleine Lawinen gesehn und gehört, und das Ende unseres Weges war ein kleiner Gletscher, so daß wir auf dem Wege von einer starken Stunde eigentlich das ganze Alpenle61 den] korr. aus s

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ben durchgemacht haben. Für mich ward das Interesse noch erhöht durch einen botanisirenden Gärtner der manches kannte und mit glüklichem Auge | auffand was mir fremd war. Mitten auf dem See ist eine Stelle – die einzige an der erlaubt ist zu schießen – mit einem vortreflichen Echo. Die wurde denn auch redlich benuzt. Der Wiederhall rollt wie ein Donner, und wenn der erste fast aufhören will fängt der zweite noch stärker an bis allmählig beide verhallen. Dieser See von schroffen Felswänden umgeben in dem sich die beschneiten Alpen spiegeln, 106 Klafter tief ruhig wie ein Spiegel im herrlichsten Sonnenschein war etwas einzig schönes. Unterwegens wurde ohnerachtet aller dieser Schönheiten auf dem Schiff noch aus dem Liederbuch zu allgemeiner Erbauung aber nicht auf das allerreinste gesungen. Nach unserer Rükkunft hatte ich noch ein interessantes mineralogisches Gespräch mit dem Professor Kaiser aus Norwegen, den ich in Berlin gesehn und der mich in Salzburg aufgesucht hatte und nach uns hieher gekommen war. Hernach – unser Schullehrer hatte mit dem Gärtner den Rükweg angetreten – besahn wir noch ein merkwürdiges Waarenlager von hiesigen Arbeiten in Holz und Knochen, wo wir einige Kleinigkeiten für die Kinder eingekauft haben. Dann hatten wir noch einen Besuch von einem katholischen Geistlichen, einem Bruder jenes Salzburgischen Vormundes, der mir gar wohl gefallen hat, so daß wir mit einem Bruderkuß und mit thränenden Augen Abschied genommen haben. – Es ist eine herrliche frische Mondnacht, und ich habe gute Hofnung vom morgenden Wetter. Wir haben eine etwas starke ermüdende Tagesfahrt vor uns, die aber vorzüglich am Ende uns lohnen soll durch einen der schönsten Punkte im Gebirge. Ich werde diesen Brief ziemlich zusammengeknüllt mitnehmen müssen und ihn wol erst von Gastein aus abschicken können. Wir haben nach Salzburg Ordre gegeben uns die Briefe nachzuschicken. Gott gebe daß daraus keine Verwirrung entstehe die mich darum bringt denn ich habe die größte Sehnsucht darnach, wiewol ich der besten Zuversicht lebe daß Gott euch ohne Schaden behüten wird. – Wir trinken immer auf Wilhelmstraße 73 und machen uns nichts daraus daß Frau von Burgsdorf und Herr PLannS auch mitlaufen. Gestern am Geburtstage des kleinen Wüterichs haben wir seiner besonders gedacht. Wenn mich nur Hildchen noch kennt! Gott befohlen mein liebes einziges Herz. – S o n n t a g d 2 0 t . Wol hätte ich eher Zeit gehabt fortzufahren; allein da ich doch keine Gelegenheit hatte den Brief abzuschicken so wollte ich lieber warten bis sich unser Schiksal zum Guten oder zum Schlimmen entschiede. Das Wetter hat und einige Tage sehr geneckt. Unsere Mittwochstagesfahrt war ganz herrlich, 98 schönes.] folgt )Nach uns*

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nicht sowol des Endpunkts als des ganzen Weges wegen. Wie oft habe ich bedauert daß keiner von uns zeichnen konnte. Beschneite und bewachsene Berge, Felswände Alpenriesen Wasserfälle, immer anders und immer schöner bald enge Thäler, bald PSeitungenS wo wir uns im Kreise von Bergen eingeschlossen fanden und wo das Echo des Terzerolls herrlich erklang. Leopold der seit wir einen Führer haben den Tornister trägt nahm sich ganz idyllisch aus. Mit zwei Alpensträußchen ist er seitdem immer gegangen eins im Knopfloch und eines an der Müze, das Terzerol im Gürtel und das Pulverhorn an der Seite. Zehn Stunden machten wir an dem Tage die wol 7 unserer Meilen betragen und befanden uns sehr wol. Am Donnerstag wollten wir 14 Stunden machen bis Gastein wenn der Himmel günstig gewesen wäre. Allein nach den ersten drei Stunden fing es an zu regnen und das verdarb nicht nur unsern Plan sondern auch einen Theil unserer Freude an dem Wege, der sonst noch schöner gewesen wäre als der gestrige, theils durch ähnliche Parthien – wir hätten in beiden Tagen 50 der schönsten Landschaften aufnehmen können, theils besonders durch die Aussicht das P i n z g a u hinauf, ein hohes Thal dessen | oberes Ende sich bis gegen die Grenzen Tyrols erstrekt. Vielleicht ist es auch Dir dem Namen nach bekannt durch ein Lied, das eine Zeitlang in Berlin viel gesungen wurde „die Pinzgauer wollten wallfahrten gehn“. In diesem Liede werden die Leute grob geschildert. So habe ich sie aber nicht gefunden. Wir mußten am Donnerstag nach 6 Stunden weges um uns zu troknen in einem Marktfleken einkehren der an den Grenzen des Pinzgaus liegt, und fanden da am Tisch mit anderen Leuten einen ächten Pinzgauer bei Bier und Branntwein. Er that sich bald mit Fragen zu uns, und nachdem er herausgebracht daß wir Preußen wären brach er in Lobeserhebungen Preußens aus, ward sehr treuherzig entwikelte ganz gesunde politische Begriffe und eine sehr derbe Betrachtung der oesterreichischen Regierung, wobei er immer Preußen und Baiern als die Stüzpunkte Deutschlands darstellte. Ein schöner kräftiger Mensch, groß stark Adlernase feine klare Augen, schöne männliche Farbe. Draußen hat er noch Leopolden um den Hals gefaßt und geküßt. – Wir gingen noch 2 Stunden und mußten uns wieder troknen, und da wir keine Pferde fanden um noch näher an Gastein zu kommen und der Regen gar nicht nachließ mußten wir uns ins Quartier legen. Essen wurde gemacht und um halb Acht Uhr sagte ich, Kinder es ist schreklich spät, wir müssen zu Bett gehn und das ward einmüthig angenommen. Pferde hatten wir uns auf den anderen Morgen bestellt, und fuhren 2 Meilen in einer herrlichen wilden Schlucht, in welcher der Gasteinbach uns 134 Mit] korr. aus m

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immer schäumend entgegenstürzte. Da es nicht mehr regnete gingen wir die lezte Meile bis zum Bade zu Fuß, bestellten uns nur Quartier, und traten gleich den Weg nach dem Goldbergwerk an. Da gab es drei Stunden zu steigen. Wir waren dann einige hundert Fuß höher als die Schneekoppe aber wir hätten noch 2 Stunden zu steigen gehabt um die Spize des über 8000 Fuß hohen Berges zu erreichen. Reimer fuhr nicht mit ein, ich hatte aber die Freude Leopold zuerst den Bergbau zu zeigen. Durch Schnee waren wir schon im Steigen reichlich gegangen, als wir aber aus dem Stollen herauskamen schnie es sehr stark, tiefer unten regnete es, und der Himmel sah so aus, daß wir die Hofnung ganz aufgaben unseren Plan auszuführen. Sonnabend früh nachdem wir uns noch am Gasteiner Wasserfall ergözt traten wir unsern Weg zu Fuß an; allein nach der ersten Meile mußten wir wieder zur Post greifen, und auf diese Weise kamen wir den Abend in Werfen an ziemlich entschlossen heute nach Salzburg zurükzukehren und dann unsere Rükreise anzutreten. In der Nacht ward noch dazu Reimer so krank daß er eine Lungenentzündung befürchtete allein nach einem glüklichen Schweiß blieb ihm nur noch eine Mattigkeit zurük die sich bald verlor, und da sich ganz unerwartet der Himmel auf das herrlichste aufklärte fuhren wir nur eine Station und begaben uns dann zur weiteren Verfolgung unseres Plans wieder auf die Beine und so sind wir in A b t e n a u angekommen von wo wir Morgen früh unsern Weg nach H a l l s t a d t fortsezen wollen. – Auch meine Gesundheit ist ein Paar Tage nicht sonderlich gewesen. Ich habe mit heftigem Aufstoßen gekämpft, welches ein Paarmal ganz bedenklich zu werden drohte. Allein durch Vorsicht und zwekmäßige Diät habe ich es dahin gebracht daß das Uebel nicht fortgeschritten ist, und da nun die Luft wieder rein und ruhig ist sind meine Besorgnisse verschwunden. Wo möglich schike ich Morgen diesen Brief aus Hallstadt ab und Uebermorgen hoffe ich die Deinigen in I s c h l zu finden wohin wir sie aus Salzburg haben nachschikken lassen. Gott gebe daß sie nichts als Gutes enthalten mögen von Dir und allen unsren Lieben. Bald sind es drei Wochen und noch weiß ich nichts von euch das sind die Bitterkeiten des Reisens. Grüße alles liebe Kindervolk, alte Lotte, Philippine und Karl, und alle Freunde. Vergiß auch den ehrlichen Winkel nicht. – Ein frischer Ostwind scheint dauerhaftes Wetter zu versprechen, und das könnte unsere Reise krönen, Reimern halte ich sehr vorsichtig. Wir haben heute nur eine ganz kurze Reise gemacht, und machen morgen auch nur 7 Stunden. Sage auch der Fischer daß ich ihrer gar oft gedenke. Dein aber gedenke ich gar nicht viel oder wenige Male sondern immer bist Du in mir

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*4644. Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 Sie habe das Bett hüten müssen. Eichhorns haben sich auf Rügen wohlgefallen.

*4645. Von Henriette Schleiermacher und Ehrenfried von Willich. Berlin, wohl Sonnabend, 19. 9. 1818 Beruhigende Nachrichten. Über das traurige Schicksal der Frau Göschen. Über momentane Geldknappheit. Über ihre Furcht, allein unten im Haus zu schlafen.

4646. An Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Regensburg, Donnerstag, 24. 9. 1818 Regensburg d. 24t. Sept.

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Es scheint wol die höchste Zeit daß wir nach Hause kommen da die Briefe immer sparsamer werden so daß vom 30ten August bis zum 19ten September niemand geschrieben hat. Deswegen weiß ich auch Ehrenfried gar nicht zu entschuldigen; denn wenn er auch in dem Augenblick wo die lezten Briefe abgingen keine Zeit hatte: so sollte er doch schon früher ein Briefchen bereit gehalten haben. Daß du arme Lotte wieder einige Tage hast das Bette hüten müssen hat uns gar Leid gethan; ich hoffe indeß es wird ohnerachtet auch die Fischer zugleich im Hause war keiner von Euch beiden an Pflege gefehlt haben. Sind doch hülfreiche Hände genug da. Daß *4644. Erschlossen aus Brief 4646 vom 24. 9. 1818 und Brief 4647 Z. 37 vom 25. 9. 1818; vermutlich wurde er zusammen mit dem Brief 4645 von Henriette Schleiermacher vom 19. 9. 1818 verschickt. *4645. Erschlossen aus Brief 4647 Z. 11–21 vom 25. 9. 1818; zum Datum vgl. Brief 4646 Z. 2–8 vom 24. 9. 1818. 4646.

Überlieferung: H: BBAW, SN 767/B, Bl. 12 f.

9 wird] folgt )dir*

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Briefe 4646 – 4647

erst noch eine Correspondenz nach Radensleben geführt worden ist ehe Mine mit den Kindern gereiset ist hat mich etwas überrascht. Ich fürchte sie werden darüber das schönste Wetter versäumt haben. Uns hat es auf unserer ganzen Reise durch Tyrol fast unausgesezt begünstigt, und durch die beiden Tage in München haben wir [es] nicht nur in der Stadt sondern auch zum Spazie|renfahren sehr gut nuzen können. Nur am Sonntag auf dem Rükwege hieher fing das Wetter an schlecht zu werden und scheint sich erst jezt wieder allmählig erholen zu wollen. Mit Gottes Hülfe denken wir nun Montag den 29ten von hier abzureisen, den Mittwoch in Prag anzukommen, den Donnerstag dort zu bleiben den Sonnabend in Dresden anzukommen Sonntag und Montag dort zu bleiben und also Mittwoch den 8ten October zu Hause einzutreffen. Wir hätten hier nicht kürzer bleiben können, zumal ein Paar Tage das Wetter auch nicht die kleinste Ausflucht erlaubte und Benda etwas an Katarrh leidet, und ein Paar schöne und vergnügte Tage müssen wir doch mit den hiesigen Geschwistern noch haben. Unsere liebe Jette muß es sich also schon noch einmal gefallen lassen daß wir an ihrem Geburtstage nicht anwesend sind, sondern dessen nur in Dresden gedenken können. Sie mag es sich mit Minna und Lina besprechen ob sie den Tag selbst mit ihren Freundinnen begehen, oder die ganze Feier versparen will bis nach unserer Rükkunft. Da ich aber bei der Abreise ungewiß ließ, ob ich nicht schon Sonntag den 5ten October wieder zu Hause sein würde: so bitte ich Dich es Herrn Grahl mit einem freundlichen Gruße sogleich in Erinnerung bringen zu lassen, er möge noch für die Frühpredigt | an diesem Sonntage sorgen. Wie wir uns nun nach allem genossenen Guten und Schönen dessen wirklich sehr viel gewesen ist, wovon ich aber alles nähere auf die mündliche Erzählung verspare, auf die Heimkehr auf das Haus und alle lieben Freunde recht von Herzen freuen, das brauche ich wol nicht zu sagen. Die Kinder werden ja wol nicht länger als Acht Tage in Radensleben geblieben und also in gutem Zuge des regelmäßigen Lebens wieder sein, wenn wir zurükkommen. Gott gebe daß wir alles gesund finden, und auch dich so daß du das Getöbs und alles unvermeidlich aufregende einer solchen Rükkunft glüklich bestehen kannst. Auch unsre Freundin Karoline wird ja wol von ihrer Sommerausflucht zurük sein, und alles beim Alten bis auf die jungen Freunde die unterdeß Berlin verlassen haben. Die frohe Nachricht von unseres Kronprinzen Verlobung haben wir mit freudiger Rührung in München erhalten; denn so lange wir im Oesterreichischen waren haben wir von der Welt gar nichts erfahren und keine 11 ist] über )sind*

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Zeitung in die Hand bekommen. Uebrigens habe ich nicht bemerkt daß wir polizeilich wären beobachtet worden. | Bewillkommne unsere lieben Eichhorns noch besonders in unserm Namen; es freut mich sehr daß sie auf Rügen sich wohl gefallen haben. Wenn Bleek dabei geblieben ist gar keine Reise unterdeß zu machen: so wird er so gelehrt geworden sein daß ich mich in eine Nußschale verkriechen werde wenn ich ihn wiedersehe. Möchte er nur zu aller Gelehrsamkeit auch endlich Professor geworden sein. Und nun lebe wohl liebste Lotte grüße alle unsrigen und unsere Hausgenossen so viele deren da sind, und Gott behüte alles bis wir uns wiedersehn. Sollte sich in unserm Reiseplan noch etwas ändern so daß wir früher oder später als Mittwoch ankämen: so schreibe ich noch ein Paar Worte wenn anders die Postgelegenheit es zuläßt. Dein alter getreuer Friz

4647. An Henriette Schleiermacher. Salzburg, Freitag, 25. 9. 1818

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S a l z b u r g F r e i t a g d 2 5 t Hier sind wir nun wieder und unsere Fußreise ist im Ganzen doch zu unserer großen Befriedigung geendet. Ein Paar Tage war uns das Wetter noch sehr günstig auf den schönsten Punkten, zulezt hat es uns wieder so schicanirt daß wir einen kleinen Theil unseres Entwurfs aufgeben mußten. Als wir aber Gestern früh hier ankamen sezte es sich wieder ins schöne um. Die Zeit ist indeß abgelaufen; wir PverbrauchenS heute den Tag noch hier auf eine anmuthige Weise und auf den Abend spät fahren wir nach München. Finde ich in München den D. Ringseis so lasse ich mich von ihm magnetisiren. Denn mein Magen hat sich aller Vorsicht ohnerachtet doch spüren lassen, indeß ist es nie arg und anhaltend gewesen. – Hier habe ich denn auch Deinen ersten und bis jezt einzigen Brief ohne Datum gefunden und Gott herzlich gedankt das alles bei euch gut ist denn ein Paarmal – aber freilich später als Dein Brief sein kann – hatte ich trübe Ahnung besonders über die süße kleine Hildegard. Ehrenfried danke für sein Briefchen; er hätte mir aber hübsch schreiben 58 deren] oder: davon 4647.

Überlieferung: H: BBAW, SN 779/5, Bl. 9

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sollen wie es ihm in der Schule geht und ob die neuen Zeichenstunden bei Marquard glüklich angegangen sind. Warum hat aber Jettchen nicht geschrieben die sollte ja die erste sein? Der armen Göschen Schiksal hat mir wohl geahnet. Tröste sie doch recht freundlich, und laß | Dich nicht durch zu ängstliche Besorgniß abhalten da ja sonst niemand dort krank ist. Dein ökonomisches Leidwesen thut mir auch leid; aber jede Fürsorge käme doch jezt zu spät. Ich wollte Dir noch Geld wegen Müllers da lassen allein du thatest ja gar nicht dringend sondern meintest auszukommen und es stellten sich noch ein Paar Rechnungen ein. Hoffentlich wirst Du entweder zu dem Gelde in meinem Schreibtisch oder zu Schede Deine Zuflucht genommen haben. Gar ernstlich hättest du es doch mit dieser Sorge nicht nehmen sollen – die ökonomische Not ist ja noch immer glüklich überstanden worden, warum sollte sie es nun nicht? Wenn Wein kommt mußt du doch zu Bezahlung der Fracht und Accise Geld leihen; wenn der glückliche 1te October noch nicht da ist. Mache nur, das ich ganz genau übersehn kann was Du vom OctoberGelde genommen hast und wofür, damit meine Rechnungsbücher in Ordnung bleiben können. In München hoffe ich wieder einen Brief von Dir zu finden. Möchte er nur eben so tröstlich sein als der erste. Wegen Deiner Furcht kann ich gar nicht schelten; sie kommt mir sehr natürlich vor, und Du hättest imer Winkeln unten schlafen lassen können oder den langen Karl. Wie geht es denn mit dem? – Der alten Lotte herzlichen Dank für ihre Nachrichten. – Ich hoffe daß von meinen Briefen keiner, also auch nicht die Bestellung an Pischon daß er noch für die Predigt am 11ten sorgen möchte verloren gegangen ist. – Einmal schreibe ich gewiss noch. Gott behalte euch alle in seinem gnädigen Schuz. Grüße alles liebe Volk und alle Freunde Daß ich so klein geschrieben habe ist aus Papiermangel geschehen. Wir konnten nichts bei uns führen und unterwegens war es nur von der schlechtesten Qualität zu haben

4648. Von August Twesten. Kiel, Freitag, 25. 9. 1818 Kiel den 25 Sept. 18. Sie haben denn doch Recht behalten mit Ihrer Voraussetzung meines Festgewurzelt seyns im Holsteinischen Boden, mir aber ist dies eine Erfahrung ge4648. Überlieferung: H: BBAW, SN 408, Bl. 32 f.; D: Heinrici: D. August Twesten, S. 336–339 (gekürzt)

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wesen, die mir ein, ich kann nicht sagen wie schmerzliches Gefühl erregt, und vielleicht immer erregen wird. Den ersten Sturm von Seiten meiner Aeltern, Schwiegerältern, der Hensler u.s.w. hatte ich glücklich überstanden; dem zweyten konnte ich nicht wiederstehn. Es giebt kaum eine größere Verlegenheit, als wenn solche, die man wahrhaft lieb hat, einen gewissen Entschluß als Beweis der Liebe ansehn. Zuerst konnte ich mich immer hinter die Unmöglichkeit, in meiner dermaligen Lage hier sorgenfrey leben zu können, ziehn; unglücklicher Weise hatte ich, da ich, um meinen Schwiegerältern das endliche Resultat der gepflogenen Verhandlungen anzukündigen, selbst nach Husum gegangen war, auf die Frage, ob ich dann, wenn nun n o c h von Kopenhagen das Anerbieten eines solchen Gehalts, wie ich es für Bedingung des Bleibens erklärt hatte, käme, meinen Entschluß nicht ändern würde: keine geradezu ablehnende Antwort geben mögen, weil mir dies, in der Voraussetzung der Unmöglichkeit einer solchen Inconsequenz, nicht nöthig schien. Die Behörde in Kopenhagen hatte aber wahrscheinlich gemeint, daß ich nach einer theilweisen Bewilligung meiner Forderungen eben so wenig von meiner Erklärung, im Fall der Nichtbewilligung abgehn zu wollen, Ernst machen | würde, als Falck bey der gänzlichen Verweigerung seiner Bedingungen. Deshalb wurde Anfangs die Ertheilung des Abschiedes verzögert, dann die Bittschrift der Studenten, die mich hier zu behalten wünschten, als eine Veranlassung benutzt, um mir, mit Bezeugung der Ungeneigtheit des Königs mich zu entlassen, mehr zu bieten, als ich vorher gefordert hatte. Die Schwiegerältern waren hier, wie das Anerbieten kam; jetzt wurde meine frühere Aeußerung geltend gemacht, alle Motive der Liebe und Anhänglichkeit aufgeboten, die Zuneigung der Studirenden, das Wohlwollen der Regierung, die von Niebuhr geäußerte Besorgniß über das Verhältniß zu den Katholiken in den Rheinprovinzen, einige allerdings bedenkliche Zufälle in der Gesundheit meines Schwiegervaters, dessen Hinscheiden freylich meine Gegenwart im Lande erfordern würde, um sein in Grundstücken angelegtes Vermögen der Familie zu erhalten. Natürlich mußte dies alles Eindruck auf mich machen, dem ich aber doch kaum nachgegeben haben würde, wenn ich ein anderes Mittel gewußt hätte, mich aller Bitten und Anmuthungen zu erwehren, als die durch das Preußische Ministerium bestätigte Unauflöslichkeit des gegebenen Worts. Ich hätte freylich wohl voraussehn können, daß man mich, bey dem erklärten Wunsche, hier zu bleiben, nicht würde binden wollen; doch betrachtete ich noch immer die Versetzung nach Bonn als das wahrscheinlichere, und ließ in dieser Erwartung noch nach Abgange meines Briefes nach Berlin eine Wohnung in Bonn miethen. Jetzt bin [ich] | in der Stimmung, die nach so mannigfaltigem Hin und Her zerren natürlich ist; ich kann selbst über die Annehmlichkeiten des Hierbleibens noch zu keiner rei-

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Briefe 4648 – 4650

nen frohen Empfindung kommen, wiewohl ich auch jetzt nicht wüßte, daß ich in irgend einem Moment anders hätte handeln können; ich wünschte, daß ich diese Zeit erst weit hinter mich hätte. Für den Plan zur Versorgung der Lutherschen Nachkommen werde ich nun ferner thätig seyn können, und alles aufbieten, um hier etwas zu Stande zu bringen. Ich denke auch Harms dafür in Bewegung zu setzen, wenn er erst mit seiner Verantwortung fertig ist. Daß er von Ihrer Aeußerung, ihm geschrieben zu haben, hören sollte, ist mir nicht wahrscheinlich; im schlimmsten Falle würde ich ihm gerade zu sagen, daß und warum ich ihm Ihren Brief nicht habe übergeben wollen; er ist von mir gewohnt, daß ich ihm meine Meinung gerade und aufrichtig sage. Natürlich aber wünsche ich, brauche Sie aber auch gewiß nicht erst zu bitten, daß Sie von diesem Briefe weiter nicht reden. Glauben Sie ja nicht, daß ich Sie zu mehr Kleinigkeiten auffordern werde, wenn ich weiß, daß Sie an etwas Größeres, d.h. an Ihre Ethik oder an die Fortsetzung des Lucas gehn wollen. Ihrer Abhandlung über den Supranaturalismus und Rationalismus sehe ich aber mit Begierde entgegen, wiewohl ich ja im Allgemeinen weiß, wie Sie sich darüber erklären werden. In Ihrer Ansicht über die Unzweckmäßigkeit oder vielmehr Unmöglichkeit einer abgesonderten pelagianischen Kirche gebe ich Ihnen vollkommen | Recht; weiß aber doch nicht, ob man gegen den Pelagianismus der Kirchenlehrer nicht Maaßregeln wünschenswerth finden könnte, dergleichen man früher in dem Festhalten des Symboles fand, gestehe aber gern, daß bey allen denen, die man ergreifen könnte, die Inconvenienzen j e t z t , da es einmal so steht wie es steht, leicht größer seyn dürften, als die Vortheile. Auch ich schicke mich jetzt zu 2 größern Arbeiten an, über welche ich mir den genaueren Bericht noch vorbehalte (denn jetzt muß ich eilen, wenn Hasselmann, in dem Sie einen recht wackern jungen Mann kennen lernen werden, den Brief noch mit haben soll) die erste ist zunächst für eine Vorlesung bestimmt, mit der ich mich lange getragen habe, nämlich eine solche Einleitung ins Neue Testament, als wozu Sie die Idee, ich weiß nicht ob in Ihren Vorlesungen oder in Ihrem Buch über die Encyclopädie, entworfen haben; mit der zweyten denke ich öffentlich aufzutreten, nämlich einer Darstellung des Augustinus und seiner Zeit. Daß Neander einige Tage hier gewesen ist, werden Sie gehört haben. Es wird mir schwer zu begreifen, wie er sich bey seiner Art zu leben noch die Lebendigkeit erhält, die doch in seinem Buch über die Gnostiker nicht zu verkennen ist. Meine Tine konnte sich gar nicht recht in ihn finden; besonders hat ihre Bekanntschaft mit Ihnen Neandern großen Abbruch gethan, weil sie sich eingebildet hatte, er müßte Ihnen doch in etwas glei-

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chen. Es hat daher dies Mal eine ganz besondere Bedeutung, wenn sie Sie recht viel und herzlich grüßen läßt. Grüßen Sie von mir Ihre liebe Frau, Lotte, und, wenn Sie ihr schreiben, auch Nanny bestens. Ihr Twesten.

*4649. Von Henriette Schleiermacher. Berlin, vor dem 26. 9. 1818

4650. Von Johann Theodor Woide. Königsberg, Sonnabend, 26. 9. 1818

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Hochwürdiger Hochgelehrter Hochgeehrtester Herr Professor! Der Studiosus der Theologie, Herr Mandzelowski, welcher nach Marburg reiset, wünscht bei seiner Anwesenheit in Berlin das Glück zu haben, Ew. Hochwürden seine Hochachtung bezeigen zu dürfen. Um ihm dazu beförderlich zu werden, versprach ich ihm ein Schreiben an Ew. Hochwürden, bei seiner Abreise von hier mitzugeben. Ew. Hochwürden bitte ich daher ganz ergebenst um Entschuldigung, wenn ich meinen gehorsamsten Dank für die mir gütigst mitgetheilte Abschrift der Synodal-Verhandlungen so spät abstatte, und mich zugleich unterstehe, die liquidirten 2 r 4 g Copialien durch Herrn Mandzelowski zu überreichen. Ich erlaube mir noch die Versicherung hinzuzufügen, daß ich die mir gemachte Bedingung in ihrem ausgedehntesten Sinne treulich erfüllen werde. Es ist die vollkommenste Hochachtung, mit welcher ich die Ehre habe, mich zu zeichnen als Ew. Hochwürden ganz ergebenster Diener Woide. Königsberg in Preußen, den 26ten September 1818. *4649.

Erschlossen aus Brief 4652 vom 2. 10. 1818.

4650. Überlieferung: H: BBAW, SN 466/9, Bl. 2; D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 157 (Zitat). Empfangsvermerk: „pr. 12t. Octob.“

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Briefe 4651 – 4652

4651. Von Friedrich Lücke. Großbodungen, Donnerstag, 1. 10. 1818 Herrn Professor Dr. Schleiermacher / Hochwürden / in / Berlin. / d.E. [Rückseite] Großbodungen den 1sten Octob. 18. Nur ein Paar Worte des unerwartet plötzlichen Abschiedes aus dem liebgewonnenen Kreise Ihres Hauses, theuerst[er] Freund! Ich weiß, was ich verliere, indem ich von Ihnen gehe, namentlich und am meisten, von Ihnen und DeWette. Was ich wiedergewinne, – davon sehe ich nur die äußersten Umrisse, das Alleinstehen, und Selbstständigwerden, auch wenn Sie wollen, die leichtere und sorgenfreyere Einrichtung meines Hauses. Dieß eben ist’s, was mich einigermaßen tröstet, und war es auch, was mich bewog, bey dem Minister auf Bonn zu verharren. Gleichwohl fühle ich nur zu sehr, das A l l e i n und S e l b s t ist doch nichts ohne die Gemeinschaft, wie die war, in welche Sie mich aufgenommen. Nun ist kein sehnlicherer Wunsch in mir, als in dieser Gemeinschaft auch in der Entfernung zu verbleiben und Ihnen die Probe zu geben, daß Sie keinen Unwürdigen darein aufgenommen, und daß obwohl ich nicht Ihr Schüler im Hörsaale gewesen, ich doch Ihr und DeWettes Schüler im edelsten S[inne des] Wortes seyn und heißen will. Lassen Sie nur die freundliche und zuneigungsvolle Rede, wie sie im mündlichen Gespräch herrschte, auch ferner im schriftlichen Umgange unter uns hören. Selten werde ich Sie stören, aber zuweilen antworten Sie mir doch wohl, wenn ich frage und gern wissen möchte. Wie Sie mir vor Allen zuerst entgegenragten, als ich mich nach Berlin sehnte, und wie Sie mich aufnahmen und annahmen, als ich hinkam, und wie Sie mich immer werther gehalten, und was ich Ihnen im Leben und in der Wissenschaft verdanke, – kann ich das je vergessen? Eben so wenig, als die schönen und fröhlichen Stunden im Kreise Ihrer Familie, von denen ich mehr für mein künftiges Leben gewonnen habe, als nur den Genuß. Für das Alles meinen herzlichsten, liebevollsten Dank – und dem ganzen Hause, Groß und Klein, Alt und Jung meine freundlichsten Grüße. Ich kann aber nicht von Ihnen scheiden, ohne der verschwisterten Familie in dem schönen Garten zu gedenken. Dem ganzen heitern und biederen Kreise, vor Allen dem jugendlichen Hausvater und der landsmännischen Hausfrau meine herzlichsten Grüße und Wünsche! 4651. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Autographen-Sammlung, Friedrich Lücke; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 219 f.

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Ostern hole ich die Braut heim; wollte Gott ich könnte sie gleich heimführen. Sie sitzt neben mir und erwiedert nicht nur alle freundlichen Grüße von Ihnen und der Gleichnamigen Freundin: sondern bittet recht herzlich um ein liebreiches Andenken, wenn auch ihrer nicht mehr, wie sonst bey Ihnen beym fröhlichen Becherklang gedacht wird. – Leben Sie wohl! Gott erhalte Sie, unter so vielen, die Sie recht lieb haben, auch nur dem treuergebenen Fr. Lücke.

4652. An Henriette Schleiermacher. Nürnberg, Freitag, 2. 10. 1818 An / Frau Jette [Bl. 11v] Nürnberg Freitag 2t. Oct.

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In München liebes Herz fand ich Deinen zweiten Brief aber ohnerachtet wir noch einen Tag zugegeben haben und 4 Tage dageblieben sind bin ich doch nicht zum Schreiben gekommen so sehr bin ich aus einer Hand in die andere gegangen, und es würde noch ärger gewesen sein wenn ich mich nicht ausdrüklich vor den vornehmen Leuten gehütet hätte. Man kann sich in München übrigens des Respects nicht erwehren. Die Stadt ist stattlich, an sich nicht sehr groß aber sie hat nun auch ihre Thore eingerissen und sich dadurch für unendlich erklärt so daß jezt an den äußersten Enden unverhältnismäßig große Pläze und Gebäude entstehn. Am meisten Respect aber flößen die großen wissenschaftlichen und Kunstanstalten ein die doch großentheils aus einer Zeit herrühren wo der Staat noch weit kleiner war. Große Unzufriedenheit mit der Regierung findet man auch aber dabei doch ein festes Zusammenhalten und viel Hofnung auf die Constitution zu deren Eröfnung – gegeben und beschworen ist sie schon – jezt die Anstalten gemacht werden. – Die Menschen haben mir so viel Freundlichkeit bewiesen, daß ich es nicht genug rühmen kann, und der alte Jakobi war ordentlich gerührt vor Freude. Wir haben uns miteinander zu verständigen gesucht. Darin sind wir nun freilich nicht | viel weiter gekommen als nur zu finden worin die Differenz eigentlich liegt, und er hat es immer mit der größten Freundlichkeit angehört wenn ich ihm sagte 4652. Überlieferung: H: BBAW, SN 779/5, Bl. 10 f.; D1: Br 2, S. 338–340 (gekürzt); D2: Meisner: Schleiermacher als Mensch 2, S. 285 f. (Auszug, Ergänzung zu D1)

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das schiene mir sein Grundirrthum zu sein, daß er diese Differenz mit einer andern vermenge und ihren Grund in der Gesinnung suche. Ich habe den Mann sehr lieb gewonnen und mir auch das Schreiben vorbehalten. Auch mit den Schwestern bin ich gleich auf sehr guten Fuß gekommen und wir haben uns viel genekt und gestritten. Wir haben alle drei alle Mittage da gegessen immer mit einiger Gesellschaft, und ich war immer soviel möglich der erste und lezte da. Schelling war verreist, woraus ich mir nicht sehr viel gemacht habe, zumal weil ich seine neuesten Sachen noch nicht gelesen habe, was ich schwer hätte verbergen können und was seine Eitelkeit sehr unangenehm würde afficirt haben. Mancher interessante Mensch von der zweiten Ordnung ist mir noch entgangen; aber ich hatte vollkommen genug für die kurze Zeit, zumal auch Gemälde und Bildwerke wollten gesehen sein. Bibliothek und Münzcabinet haben ohnedies nur einen flüchtigen Blikk bekommen. Wir kamen Sonnabend Abend in München an – auch in sehr schlechtem Wetter was uns aber hernach nicht incommodirt hat – und reisten Mittwoch Abend wieder ab. Gestern früh kamen wir in Augsburg an, besahen das Rathhaus mit seiner Gemäldesammlung, den Dom, durchstrichen etwas die Stadt und fuhren nach einem kurzen Mittagessen wieder ab und die Nacht durch. Wieviel wir hier zu sehen haben wissen wir noch nicht, hoffen aber Morgen Nachmittag wegzukommen und den Sonntag Nachmittag und Abend bei Jean Paul zuzubringen. – Augsburg erinnert sehr an Frankfurt am Main Nürnberg aber hat einen viel alterthümlichern Charakter, und auch seine Umgebungen troz der schlechten und unfruchtbaren Gegend zeugen von großem Verkehr und Wohlstand von ehedem. Reimer ist ausgegangen um zu sehn ob Briefe da sind, die ich gar sehr hoffe, und ich habe unterdeß die in München versäumte Zeit wahrgenommen. – Unsere Briefe aus Linz konntest du erst nach dem Abgang dieses zweiten erhalten, und es wird also hoffentlich keine Sorge in Dir aufgekommen sein. Uebrigens ist diesmal das lezte Mal daß wir schreiben können ohnerachtet Reimer ein Paar Tage in Leipzig bleiben muß. Diese sind für mich die unangenehmsten weil ich so gründlichen | Widerwillen gegen Leipzig habe und auch mit den dortigen Gelehrten gar nichts anzufangen weiß. Vielleicht gehe ich auf irgend eine Art allein nach Halle wo ich diese Tage viel erfreulicher zubringen kann. Meine Gedanken sind nun schon gar stark nach Hause gerichtet in großer Freude Euch alle wiederzusehn aber auch in einiger Angst über alle Arbeiten die sogleich auf mich warten, und die mich schwerlich werden gleich zu einem recht ruhigen Genuß kommen lassen. Doch das weißt du ja schon wie es ist; Vieles von der Reise wenn Du es genauer wissen willst habe ich dem Erzählen aufgespart und dazu werden wir ja die Theestunden brauchen können. So hast auch

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du ja alles nähere interessante von der Fischer verspart. Vergiß nur nicht Dich allmählig mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß Napoleon wirklich noch im Junius wohlbehalten auf S. Helena gewesen ist, und Deine Auslegungsregeln darnach einzurichten. Es wäre wirklich Deines Strebens nach Klarheit unwürdig, wenn Du darauf beständest dies noch immer nicht zu glauben. – Ueber unsere Ankunft ist noch nichts genaues zu bestimmen; vor heute über acht Tage ist aber gewiß nicht drauf zu rechnen. Reimer kommt zurük und leider ohne Briefe. Angst macht mir das nun aber nicht aber es ist doch sehr unangenehm daß ihr den rechten Posttag versäumt habt. Nun kommt die Post erst Morgen Mittag. Wir werden allerdings nicht eher abreisen bis wir unser Schiksal erfahren; aber wir können kein Wort mehr erwidern sondern müssen jezt unsre Briefe abschicken. Hättest Du wie ich Dich gebeten den 19ten hieher geschrieben so hätten wir einen Brief gefunden. Etwas schelten möchte ich wirklich. – Für unsere hiesigen Absichten ist das Wetter auch nicht sehr günstig denn es regnet und die hiesigen Gebäude sind ziemlich dunkel. Gott befohlen mein Herz wahrscheinlich bis auf Wiedersehn. Grüße alle Kinder obgleich keines wieder geschrieben hat und also Ehrenfried allein die Krone bleibt. Die Fischer wird mir doch schon erlauben müssen daß ich dich mehr liebe als sie; da kann ich nicht umhin kommen. – Von Ringseis habe ich mich einmal magnetisiren lassen und hätte es gern öfter gethan die Zeit war aber nicht auszumitteln. Uebrigens geht es mit meiner Gesundheit troz der Jacobischen Diners und des Nachtfahrens recht gut – Grüße alles im Hause und außer dem Hause. Gott führe uns glüklich wieder zusammen.

4653. An das Konsistorium der Provinz Brandenburg. Berlin, Freitag, 16. 10. 1818

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Ein Hochwürdiges Consistorium der Provinz Brandenburg muß ich zuvörderst wegen der, über den gesetzten Termin verspäteten, Einsendung der diesmaligen SynodalVerhandlungen gehorsamst um Entschuldigung bitten. Wenn ich meine ErholungsReise noch auf die beabsichtigte Weise vollenden wollte, konnte ich die Anfertigung der Reinschrift nicht abwarten, als welche auch erst jezt bey meiner Rückkunft vollendet worden ist, und 4653. Überlieferung: H: GStA, I. HA, Rep. 99, Nr. 36, Bl. 24–26 (von Schleiermachers Hand nur die Unterschrift); D: Geck: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, S. 20 (Erwähnung)

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welche ich mich nun beeile Einem Hochwürdigen Consistorio mit folgenden Bemerkungen gehorsamst vorzulegen. Es war der Synode sehr erfreulich, bey ihrer Eröfnung zu hören, daß ihre Vorschläge wegen des beharrlichen Ausschußes und der GesangbuchsCommission höheren Orts genehmigt worden. Nun war der Wunsch sehr lebhaft, daß auch die Commißion zur Aufsicht über die Candidaten schon hätte in Thätigkeit treten können, und daß eine geneigte Vorbescheidung erfolgt sein möchte über die Art, wie bey ihrer eigenthümlichen Zusammensetzung die hiesige | Synode in der ProvinzialSynode solte repräsentirt werden, zumal nun von Zusammenberufung der leztren keine Sitzungen der KreisSynode mehr statt haben werden. Da meine Erklärung, eine Ordnung für den Hergang in den Verhandlungen betreffend, Einem Hochwürdigen Consistorio mit den vorjährigen Synodalverhandlungen zugegangen war, und keinen Widerspruch gefunden hatte, so nahm ich keinen Anstand die Verhandlungen mit diesem Gegenstand zu eröffnen. Die nach den getroffenen Modifikationen redigirte Ordnung ist natürlich nur vorläufig, und bittet auch nur um eine provisorische Genehmhaltung, bis die definitive Synodalordnung theils das nöthige ausdrücklich feststellen, theils das übrige den freyen Verabredungen der Synode überlaßen wird. Es ist in dieser Punctation von den Ausbleibenden nicht die Rede, und es wird Einem Hochwürdigen Consistorio, wenn es die Liste der Anwesenden durchläuft, nicht entgehen, daß ein paar Synodalen durchaus keiner einzigen Versammlung beigewohnt haben, der | eine von beiden war zwar anfänglich verreiset, und der andere unwohl; allein da hernach beide alle ihre Amtsgeschäfte verrichtet haben: so machte ihr berharrliches Ausbleiben, ohne doch andere Entschuldigungen beyzubringen, einen nachtheiligen Eindruck. Es scheint indeß bey der Beschaffenheit unserer Synode beßer, daß hierüber etwas von der vorgesetzten Behörde festgestellt werde, als daß Vorschläge zu einer Censur beharrlich ausbleibender Mitglieder von dem Moderamen der Synode ausgehen. Mit der Berathung der Anleitung zum Entwurf einer Kirchenordnung wird Ein Hochwürdiges Consistorium diejenige Nachschrift zu haben geneigt sein, zu welcher die Aufgabe, streng bey den §.§. der Anleitung zu bleiben, zu berechtigen scheint, indem dadurch eine zusammenhängende Mittheilung über die einzelnen Gegenstände nicht sehr begünstiget ward. Wenn demohnerachtet die in der verehrlichen ConvocationsVerfügung den Einzelnen ertheilte Erlaubniß eigene Entwürfe einzureichen nicht benutzt worden: so mag dies wohl in der bescheidenen Erwägung und dem guten Vertrauen seinen Grund haben, daß die Arbeiten der Provinzial|Synode

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auf eine zweckmäßigere und sicherere Weise, als Entwürfe eines Einzelnen, diesen höchst wichtigen Gegenstand seiner Vollkommenheit näher bringen werden. Daß wir uns überheben könnten, den SynodalEntwurf und die Unionssache noch einmal zu berathen, war die einmüthige Stimme der Synode, welche voraussetzte, daß dies mehr den übrigen Synoden der Provinz gelten solte, als uns. Indeß habe ich auf den Grund dieser Stelle der verehrlichen Verfügung die Synodalen wiederhohlt aufgefordert, wenn Jemand noch nachträglich über jene Gegenstände etwas beyzubringen wüßte, dieses nach der Kirchenordnung zum Vortrag zu bringen. Auch die durch die spätere Verfügung vom 10ten August uns zugekommenen Berathungsgegenstände wurden mit lebhafter Theilnahme aufgenommen, als ein erfreulicher Beweiß von der Geneigtheit der hohen Behörde, die kirchlichen Gesetze nunmehr den Synoden zum Gutachten vorzulegen. In der Gesangbuchs-Angelegenheit hat die Synode sich auf die frühere Genehmigung berechtiget gehalten, weiter vorzuschreiten. Die aufgestellten Grund|sätze konnten freylich nur sehr allgemeine Züge enthalten, vorzüglich, um sich über manche bey der Sammlung neuer Gesangbücher bisher nicht zum Vortheil der Sache befolgte Maximen zu verständigen, und alles wird auf den Geist ankommen, der in der Ausführung walten wird, zu welcher Gott seinen Beystand und gutes Gedeihen geben wolle. Berlin den 16t. October. 1818. Schleiermacher

4654. Von John Philippart. London, Sonnabend, 17. 10. 1818 Private Military Library, Whitehall, London 17th October 1818 Sir 5

I trust my motive will be received as an excuse for this intrusion. I am desirous of recording authentic accounts of the most distinguished Princes, Statesmen, Public and Literary Characters of Europe in the same manner 53 den] Kj. dem 4654.

Überlieferung: H: BBAW, SN 350, Bl. 3

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Briefe 4654 – 4657

as I have written those of all the British Generals in my Work the Royal Military Calendar and in other publications Edited by me. From the plan of the undertaking those individuals who afford assistance for the purpose of rendering it accurate cannot be regarded as their own Historiographers, which would be objectionable: They simply narrate facts, and leave the colouring to the Editor. If therefore you would be so obliging as to direct my being supplied with a sketch of your career either written in French, or English I should have the greatest pleasures in paying to it every attention, and observe the almost confidence towards the communication. It is my wish to accompany the Memoir by such Documents and Papers as you may consider essential to the full accomplishment of the object I have in view: and also to embellish | the Work with your Portrait if I can be honoured and obliged with one. Should this meet your attention I will do myself the honor of communicating further on the subject. I have the honor to be With every consideration Sir Your most obediant humble servant John Philippart Dwight PsecSretary to His Royal Highness the Duke of Kent Monsieur P S Le Professeur Schleiermacher

*4655. An Antonio Maria Vassalli-Eandi. Berlin, Sonnabend, 31. 10. 1818 Begleitbrief zur Übersendung eines Bandes Akademieabhandlungen an die Akademie der Wissenschaften in Turin.

*4655. Erschlossen aus der Antwort, Brief vom 21. 7. 1819 (BBAW, II–XVI, Nr. 63, Bl. 5 f.) sowie seinem Brief vom 15. 12. 1819 (ebenda Bl. 13. 13a).

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4656. Vom Konsistorium der Provinz Brandenburg (auch an die Berliner Kreissynode). Berlin, Donnerstag, 5. 11. 1818

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An die hiesige Synode p Schleiermacher Das Königliche Ministerium für die Geistlichen Angelegenheiten hat in Beziehung auf die zwischen dem lutherischen Prediger Müller und dem reformirten Prediger Pfeiffer zu Oranienburg entstandene Streitigkeiten eine Verfügung erlassen welche mehrere die Unionssache betreffende Bestimmungen enthält, und zugleich als Bescheid auf unsere Anfrage wegen einer P S in hiesiger Stadt gelten kann. Der hiesigen Synode wird daher eine Abschrift jener Verfügung hiemit zugefertigt Berlin, 5. Nov. 1818 K. Cons. der Provinz Brdburg Heinsius. Ritschl.

4657. An Anne (Nanny) Arndt. Berlin, Sonnabend, 7. 11. 1818 Berlin 7. Nov. (1818)

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In Bayreuth brachten wir einige Stunden bei Jean Paul zu, den ich auch ganz unverändert fand ... Jean Paul von A.W. Schlegels Hochzeit und Ehe erzählen zu hören, war höchst komisch. Seit einigen Tagen sind wir gar sehr durch eine Zeitungsnachricht incommodiert worden, als ob aus Arndt’s Professur nichts würde. Erwähnt Savigny. 4656. Überlieferung: H: GStA, I. HA, Rep. 99, Nr. 36, Bl. 23v einer Verfügung des Kultusministeriums.

Mit der Abschrift

4657. Überlieferung: D1: Henrici Autographen 115 (1927), Nr. 337 (Regest und Zitat); D2: Berend: Jean Pauls Persönlichkeit, S. 229 (nennt die Adressatin; Ergänzung). Laut D1: „Eigh. Brief, 4 Seiten. 8o. Inhaltsreicher Brief“; Zitat nach D2 (erster Absatz) und D1 (zweiter Absatz); Regest nach D1. 2 f In … fand] D1 und D2 3 f Jean … komisch.] D2 5 f Seit … würde.] D1

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Briefe 4658 – 4660

*4658. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, um den 7. 11. 1818 Fragt nach Weinen und nach einem Herrn Heidel.

4659. An das Kultusministerium (auch von der Theologischen Fakultät). Berlin, Sonntag, 8. 11. 1818

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Einem hohen Ministerio überreichen wir anliegend unsere gehorsamsten Vorschläge zu einer Ordnung für das RepetentenInstitut. Wir sind dabei von dem zwiefachen Gesichtspunkt ausgegangen auf der einen Seite diese jungen Männer nach Maaßgabe dessen was von ihnen billig erwartet werden kann den Studirenden auf eine möglichst ungezwungene Weise nüzlich zu machen, auf der andern aber Mißgriffen und Mißbräuchen möglichst zuvorzukommen. Die sub No 9 enthaltene Beschränkung ist von dem was in Göttingen gilt herübergenommen und wir glaubten dadurch allen Ansprüchen welche die Repetenten ungehöriger Weise machen könnten am besten vorzubeugen. Die übrigen Bedingungen gehen wie wir glauben so einleuchtend aus jenen beiden Gesichtspunkten hervor, daß wir uns vorläufig überheben, sie näher zu motiviren. Die näheren Bestimmungen über die Aufsichtsführung der Facultät | scheinen uns mehr in die FacultätsStatuten zu gehören, welche wir gleichfalls Einem hohen Ministerio bald vorlegen zu können hoffen. D. th. Fac conc Schleiermacher 8/11.18.

*4658. Erschlossen aus Brief 4662 Z. 12. von E.M. Arndt (Mitte November 1818). Der Brief wurde wohl zusammen mit Brief 4657 an Anne (Nanny) Arndt vom 7. 11. 1818 verschickt. 4659. Überlieferung: H: HU Berlin, Archiv, Theologische Fakultät, Nr. 48, Bl. 9. 5 auf … Weise] mit Einfügungszeichen am linken Rand Weise] folgt )wirklich* 10 Bedingungen gehen] über )Punkte sind* 12 Die … Bestimmungen] mit Einfügungszeichen über )Was*

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um den 7. 11. – 14. 11. 1818

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4660. An das Kultusministerium. Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818

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Die Zeit, in welche meine Erholungsreise fiel, war für den Auftrag, mit welchem S. Excellenz der Herr Staatsminister von Altenstein mich beehrten, insofern ungünstig, als auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten die Vakanzen eingetreten waren. In Salzburg fand ich weder Tanner noch Sambüchler zu Hause, aber ich hörte, daß beide mit ihrer gegenwärtigen Stellung bei der Degradation und dem Verfall der dortigen Anstalten unzufrieden wären. An dem ersten würde man einen guten Professor der Theologie haben, der auch Philosophica lesen würde; der andere ist freilich Ordensgeistlicher und also wohl abhängiger. In München habe ich selbst nur die Bekanntschaft des dortigen Professor Kopp gemacht. Er ist ein Philologe, wie man sie in der katholischen Kirche jetzt selten finden wird, und seit längerer Zeit beschäftigt, die Schätze der dortigen Bibliothek für den Aristoteles zu benutzen. Er ist dort Oberlehrer, aber nach allem, was ich von den Herren Thiersch und Niethammer gehört, ist er derjenige, der bei einem höchst mittelmäßigen Direktor das Ganze eigentlich gehen macht. Besonders zufrieden und einer Versetzung abgeneigt schien er nicht zu sein, indeß mußte ich aus Herrn Niethammers Äußerungen schließen, daß die Behörde alles tun werde, um ihn zu halten. Seitdem hat ein von dort kommender Reisender ausgesagt, Herr Kopp wünsche sehnlich fort und tue Schritte, um sich eine Anstellung in der Schweiz zu schaffen. Es würde also unmaßgeblich zu eilen sein, um ihn zu erwerben. Meiner Überzeugung nach könnte ihm die Direktion eines Gymnasii mit Zuversicht anvertraut werden. Mit seiner Kirche steht er wenigstens in einem äußerlich guten Vernehmen. Die Männer, die ich sonst nahmhaft machen kann, kenne ich nur durch das Urteil anderer und vorzüglich durch Herrn Thiersch. Unter den Münchner Professoren rechnete er vorzüglich die Herren Erhardt und Hocheder am Erziehungsinstitut als gute Philologen von tüchtigen Lehrgaben, vorzüglich den ersteren. Dann den Professor Sieber am Lyzeum. Dieser leht hauptsächlich Physik und Chemie; er rühmt ihn aber auch als einen tüchtigen Lateiner. Er ist Priester und von anerkannter Würdigkeit 4660. Überlieferung: D: Lenz: Geschichte der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 4, S. 351 f. Laut D mit Marginal von Süvern: „Abschrift des Eingeklammerten, und zwar bis zur ersten Klammer [In München habe ich ... ausbilden würden.], ist dem Konsistorio in Koblenz und bis zur zweiten [in die Wagschale zu legen.] dem Konsistorio in Köln zur Nachricht und Berücksichtigung zuzufertigen“.

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Briefe 4660 – 4662

des Charakters. Es schien mir, als ob diese Männer ihrer Lage nach nur unter vorteilhaften Bedingungen und wenigstens mit der Aussicht auf ein Direktorat würden gewonnen werden können. Von jüngeren Männern hatte eben ein Herr Huber, den ich nur flüchtig sah, seinen Kursus im philologischen Institut vollendet und ein sehr vorteilhaftes Examen bestanden, war aber noch ohne Anstellung. Herr Thiersch sagte mir aber, ich würde in Landshut unter den Alumnen des dortigen Klerikal-Seminars einige als Lehrer wenigstens recht brauchbare Subjekte an den Herren Leis, Rühs und Freudensprung finden, welche sich in einer günstigen Lage noch weiter ausbilden würden. Ich kann nicht unterlassen, zu erwähnen, daß Herr Thiersch mir sagte, er sei bereits von der Regierung in Köln vor dem Jahr ersucht worden, ihr Lehrer vorzuschlagen, habe auch das seinige getan; allein teils habe die Regierung keine vorteilhaften Bedingungen stellen können, teils habe verlautet, daß ein paar dort wirklich angestellte mit der ganzen Lage des Schulwesens nichts weniger als zufrieden wären. Es war mir leider nicht möglich, die Sache genauer zu erforschen, aber es dürfte nicht unwichtig sein, bei etwa anzuknüpfenden Unterhandlungen gegen ein ungünstiges Vorurteil, welches sich von daher in bezug auf preußische Berufungen erhoben haben könnte, etwas in die Wagschale zu legen. Mit dem Bedauern, daß unter den angezeigten Umständen und bei der Flüchtigkeit meiner Reise ich nur solche Notizen zu sammeln im stande gewesen bin, verbinde ich den Wunsch, daß doch auch unter diesen etwas Einem hohen Ministerio von Nutzen sein möge.

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4661. An Friedrich Christoph Perthes. Berlin, Sonnabend, 14. 11. 1818 Von den Selectis e scholis Valckenaerii in Novum Testamentum editore Wassenbergh Amsterdam bei ten Hengst ist der zweite Band erschienen, welchen ich mir zu dem erst kürzlich erhaltenen ersten baldigst erbitte. Schleiermacher 14/11.18.

4661. Überlieferung: H: Staatsarchiv Hamburg, Perthes, Nachlass Friedrich Perthes I, Mappe 43a, Bl. 152

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4662. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Mitte November 1818

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Ein paar Worte, mein lieber Bruder. Du scheinst meine Frau zu fragen, und sie fragt mich, ob ich denn Profeßor bin oder ob man mich an- und wieder abgesetzt hat. Ich komme mir vor, daß ich es bin: wenigstens sitze ich seit 16 Tagen – älter ist unser akademisches Leben nicht – mit in unserm Senat und habe seit 3 Tagen meine Vorlesungen angefangen, freilich vor einer kleinen Heerde; denn die Zahl unserer Gesellen kann etwa 30 seyn. Doch hab’ ich wohl munkeln gehört, daß gewiße Leute sehr thätig seyn sollen mich zu nichts zu machen und wenigstens als nichts auszuschreien. Vielleicht, daß mein kleines Schicksal auf dem geheimnißvollen Kongreß auch geheimnißvoll abgemacht wird? Doch wie es falle: Deus providebit. Du fragst nach Weinen und nach dem Mann Heidel. Wir haben ihn | in vier Wochen nicht gesehen. Der wackere Mensch muß im Schweiß seines Angesichts für Weib und ein halbes Dutzend Kinder Brod schaffen: er sitzt jetzt in der Eifel und baut für 500 Reichsthaler einem reichen Bleiwerker eine Maschine. Der junge Wein ist gut aber sehr theuer. Der eigentliche Rheinwein ist uns hier theuer gemacht durch das neue Zollsystem; wenigstens wird das Vorwand des gewaltigen Aufschlagens. Von den einheimischen preußischen Weinen ist der rothe Aarwein der beste, wird aber (N.B. der ganz PgrüneS) wirklich an der Stelle jetzt mit 50–55 Rth. Preußisch Kurant das Ahm bezahlt. Dies zur Nachricht. Übrigens befehl ich euch Gott und wünsche euch alles Gute. Grüße alle Kinder sehrest. Dein EMA.

4662. Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 39; D: Arndt: Briefe 1, S. 659 f. (auf Mitte Oktober datiert). Die Datierung ergibt sich daraus, dass die Universität Bonn am 18. 10. 1818 offiziell eröffnet wurde (die eigentliche Arbeit aber etwas später begann) und dass Schleiermachers Brief 4657 an Anne (Nanny) Arndt vom 7. 11. 1818 schon eingegangen ist.

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Briefe 4663 – 4665

*4663. An Christian August Brandis. Berlin, vor dem 21. 11. 1818 Die Akademie rechne damit, für 1819 die Reisen und Bibliotheksrecherchen für die Aristoteles-Edition noch weiter bezuschussen zu müssen.

*4664. Von Luise von Willich. Vor dem 21. 11. 1818 Gruß zum Geburtstag.

4665. Von Immanuel Bekker. Rom, Sonnabend, 21. 11. 1818 (Alta Germania / Nord) / A l’académie Royale des / sciences / Classe de philosophie. / Secrétaire M. Schleier/macher / Berlin [Bl. 21v] Rom 21 Nov 1818. An Ihrem Geburtstag, Verehrtester, wendet sich Gedanke und Hand wie von selbst zu Ihnen, wiewohl noch verstört und müde von mehr als anderthalbmonatlichem Herumtreiben, während dessen ich über vierzig Tage im Wagen zugebracht. Sein Sie mir denn gegrüßt mit den herzlichsten Wünschen. Zunächst was Sie der Klasse mittheilen mögen. Unser Aufenthalt in Florenz ist nicht fruchtlos gewesen – für den Platon zwar habe ich nichts als die Beruhigung gewonnen daß aus den dortigen Handschriften, und vorzüglich aus den im Catalog gepriesensten, kaum noch Schreibfehler zu holen sind, die ich nicht längst anderswoher hätte. Aber für die kleineren Redner, mit Ausnahme des Isokrates und des Aeschines, habe ich Handschriften gefunden, wenn nicht wie ich sie wünschen muste, doch bessere *4663.

Erschlossen aus Brief 4666 Z. 86–89 vom 21. 11. 1818.

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Erschlossen aus dem Brief vom 14.–23. 3. 1819 (BBAW, SN 427, Bl. 156v).

4665. Überlieferung: H: BBAW, SN 250, Bl. 20 f.; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Boeckh und Bekker, S. 93–97

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als ich irgendwo verglichen weiß, reich an Berichtigungen einzelner Wörter und gar nicht arm an Ausfüllungen oder wenigstens Anzeigen und Begränzungen von Lücken. Bedeutend ältere haben wir für den Aristoteles benutzt oder zur Benutzung bei einer zweiten Anwesenheit ausgesucht – nur sind deren weit mehr als wir auch dann hoffen dürfen zu erschöpfen, wofern nicht die Academie uns auf die Weise, die ich mir erlaubt habe vorzuschlagen, den guten Willen des Bibliothekars und die Teilnahme der Regierung sichert. Mit dem ersten October fangen in der Laurentiana und in allen beträchtlichen Bibliotheken Italiens Ferien an, die meist bis mitten in den November dauern. Es galt also soviel Zeit nicht zu verlieren. Wir versuchten unser Glück zuerst in Ravenna und fanden, mit Empfehlungen an den Cardinal Legaten und die wenigen noch übrigen Camaldulenser gerüstet, freundliche Aufnahme. Das Kloster Classe, von seiner ursprünglichen Stätte 3 Miglien jenseit der Stadt schon bald nach 1512 in die Stadt gelegt, ist jetzt verwandelt in ein Collegio d.h. ein Liceo convitto nebst zugehörigen Normalschulen: bei dieser Umwandlung ist die Bibliothek aus andern aufgehobenen Klöstern bereichert worden; aber auch vieles von dem alten Besitz verschleudert. Die Griechischen Handschriften haben wir alle durchgesehn und aufgezeichnet: keine darunter ist bedeutend außer dem durch Invernizzi bekannten Aristophanes, den ich durchaus verglichen habe. Überdies habe ich die Scholien zu den Thesmophoriazusen abgeschrieben und alle Angaben Invernizzis geprüft, nicht ohne Grund und Nutzen, da der heillose Mensch nicht nur ungenau verfahren ist, sondern auch, wo er die Ehre des Codex, der nun einmal aus dem 8 oder 9 Jahrhundert sein sollte, retten zu können vermeinte, frischweg gelogen hat, indem er eigenmächtige Aenderungen für vorgefundene Lesarten ausgegeben. Früher als wir erwarteten mit dieser Arbeit fertig sahen wir auf dem Rückwege noch die Malatestiana in Cesena, die unter ihren 15 Griechischen Handschriften einen schon geschriebenen Demosthenes auf Pergament und einen, die Gesetze abgerechnet, vollständigen Plato besitzt, von Aristotelischen aber nur Übersetzungen. Dann gingen wir die Küste von Rimini bis Ancona hinunter, und weiter über Loretto Macerata Spoleto Terni nach Rom, nur auf anderthalb Tage, weil die Vaticana noch geschlossen war und herrliches Wetter südwärts lockte. Leider haben die Bibliotheken im Königreich unsrer Erwartung nicht entsprochen. Auf Monte Casino sind in allen 6 Griechischen Handschriften, deren zwei Gedichte und | Predigten des Gregorius Nazianz enthalten, die dritte Briefe des Heiligen Dorotheus, die vierte eine nichtsnutze Grammatik, die fünfte

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23 Bücher der Ilias mit Interlinearien und zum Theil mit der Paraphrase; die sechste war nicht zu finden. Auf Lacava gibt es keinen Griechischen Buchstaben. Die Königliche Bibliothek endlich in den Studien zu Neapel enthält zwar in einigen hundert Handschriften so ziemlich die vorhandenen Autoren sammt und sonders, die seltensten nicht ausgenommen: aber sie sind auch alle, vermuthlich auf Eine Bestellung des Alexander Farnese, von so schmählich jungen Händen auf so gemeines Papier geschrieben, daß, bevor nicht alle andern Bibliotheken aufgearbeitet sind, dieser keine Zeit geopfert werden darf. Überdies ist das, zum Theil nasenlose, Personal höchst unfreundlich; ich habe mich begnügen müssen die ersten 1200 Verse des Agamemnon mit dem Codex des Triclinius zu vergleichen. Hier haben wir gestern wieder von der Vaticana Besitz genommen, hoffentlich ungestörten, bis im Frühling Angelo Mai kommt; der zum ersten Custode berufen ist. So habe ich denn wieder vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernet. Wenn ich Ihnen aber das Schöne nicht zu würdigen scheine, das mir auf diesen Reisen allerdings wird, so möchte ich Ihnen nur auf wenige Tage, das Unschöne gönnen, das eben diese Reisen bringen, so lange ich, zu arm für die Post, genöthigt bin mich von Vetturinen umherschleppen zu lassen. Würden Sie tagtäglich um 2 oder 6 geweckt zu einer Tagefahrt von höchstens sechs Meilen, säßen dann eingepfercht mit Krethi und Plethi in einer plumpen carrozza oder allem Unwetter Preis gegeben auf einem halsbrechenden calessino, müsten gegen Mittag per rinfrescaro zwei reichliche Stunden still liegen, an Orten wo kaum für die Thiere Unterhalt ist, bekämen Sie Abends in der Herberge schiefe Gesichter vom Wirth der Sie es büßen läßt daß er für Ihren pasto vom Vetturin nicht die Hälfte dessen erhält was er Ihnen abpressen würde, und hätten Sie endlich Sich glücklich zu preisen wenn Sie in dem schmutzigen Bett, das Sie wohl selbzweiter besteigen, nur von gewöhnlichem Ungeziefer geplagt werden, nicht wie Brandis vor vierzehn Tagen in Castellamare gebissen worden daß ihm noch jetzt der Arm geschwollen ist: so würden auch Sie, besorge ich, auf die Länge einiger Verstimmung zugänglich. Dauern würde die freilich nicht: aber zu dauern pflegt sie auch bei mir nicht, sondern ich kann Ihnen ehrlich versichern daß ich am Meer, am Apennin, an Pästum und Pompeji Freude gehabt in reichem Maaß. Und doch wie unerfreulich ist das gewöhnliche Leben, woraus ich zum augenblicklichen Genuss dieser Herrlichkeiten auftauche und worein ich gleich wieder zurücksinke: welch ein ertödtender Wechsel gedankenloser Arbeit und genußlosen Müssiggangs. Übrigens ist dergleichen Reisen nichts weniger als wohlfeil: 3 Scudi täglich für Einen gehen leicht drauf. Daher denn auch Brandis bereits zuge-

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setzt hat, und die weitern Wege, die uns im nächsten Jahre bevorstehn, wo wir den Winter in Paris sein müssen, mit seiner bisherigen Einnahme nicht unternehmen kann. Meine Einnahme stockt wieder. Ich glaubte die Anweisung der 800 r von dem am 1 October für mich fällig gewesenen Gelde früh genug erbeten zu haben: doch hat | Valentini noch nichts erhalten. Haben Sie die Güte der Verspätung nachfragen zu lassen. Durch längere gerathe ich in peinliche Verlegenheit. Von dem Gelde das nach dieser Sendung bei den Herrn Schickler stehn bleibt oder zu Neujahr einkommt bitte ich Sie sechzig Thaler an Dümler zu zahlen, abschläglich auf eine Rechnung die ihm Brandis schuldig ist. Daß sich meine Geldverhältnisse überhaupt noch nicht in Ordnung bringen lassen, drückt mich mehr als Sie zu glauben scheinen: nel mezzo del camin di nostra vita verlangt mich sehnlich nach der Begründung eines bürgerlichen und häuslichen Lebens, ohne das auch mein wissenschaftliches nimmermehr gedeihen wird. Was ich wünsche, wissen Sie: vornehmlich zwar und möglich frei der Academie anzugehören, aber doch auch, wenn es irgend angeht, an der Universität so viel Theil zu behalten, als heilsam sein dürfte, wenn die Academie dereinst Schüler derselben gebrauchen wollte zu Missionen in Bibliotheken oder zur Beihülfe bei der Redaction der ganz eigentlich gesellschaftlichen Arbeiten, die sie seit kurzem zu versuchen anfängt, denen sie aber doch gewiss in der Regeneration, die Sie ankündigen, das nöthige Übergewicht über die ganz ungesellschaftliche Memoirenthätigkeit sichern wird. – Empfehlen Sie mich Ihrer Frau, und grüßen Reimer, dem es vielleicht endlich gelegen ist meine so oft wiederholte Frage nach der Beendigung des Textes vom Plato und nach den Schicksalen meiner Papiere zu erledigen. Von Buttmann soll ich Auskunft schaffen ob er ein vor zwei Jahren an ihn abgesandtes Diplom, das ihn als Mitglied der archäologischen Societät (so heißt sie, denk ich) in Neapel proclamirt; erhalten habe. Tausend Grüße von der Herz, die sich zu erholen anfängt von ihrer Reise nach Neapel. Augustens Übertritt (am 9) ist wohl schon bekannt in Berlin. Bei Niebuhrs alles wohl. Möchten Sie uns bald von Sich hören lassen, und mehr als das dürftige letzte Mal. I.B.

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Brief 4666

4666. Von Christian August Brandis. Rom, Sonnabend, 21. 11. 1818 Alta Germania / Nord / l’Academie Royale des / Sciences / Classe de philosophie. Secré/taire M. Schleiermacher / à / Berlin / fr. [Bl. 6v] Hochverehrter Herr Doctor Wie wir in der Hoffnung auf unsren Ferienreisen irgendwo etwas des Berichts werthes zu finden, bisher zu schreiben verschoben, und wie unsre Hoffnungen überall getäuscht worden, wird Bekker gemeldet haben. Ich beschränke mich daher darauf von der Fortsetzung meiner Arbeiten in Florenz Bericht zu erstatten. Als ich zuletzt schrieb war ich im Begriff die Vergleichung eines ziemlich alten membranaceus zur Metaphysik zu beginnen und hatte mir vorgesetzt zugleich den in demselben Codex enthaltenen Commentar des Alexander und aus einem andern Laurentianus die Scholien des Asclepius zu excerpiren. Die Vergleichung ist in der That ergiebig gewesen: offenbar ist diese Handschrift von den Römischen, deren ältesten ich im vorigen Winter verglichen, und den übrigen Florentinischen, der Art nach verschieden: und wenn die zwey alten Codices der Metaphysik, die sich den Catalogen zufolge in Venedig und Paris finden, ebenso viel gutes liefern, so wird sich der Text sehr bedeutend beßern lassen: manche Stellen scheinen freilich unheilbar und mögen zum Theil in sehr frühen Zeiten nicht anders gelesen seyn. Die Bearbeitung der Commentare habe ich in Florenz nur anfangen können; sie durchzuführen würde, da uns nur fünf Arbeitsstunden täglich vergönnt waren, mir leicht die übrige Zeit des Semesters gekostet haben. Ich habe sie mir für Rom oder Paris vorbehalten, wo wir mehr Muße haben werden. Wünschenswerther wäre es freilich, daß die Academie, wie vorzuschlagen ich mir schon neulich erlaubte, den Commentar des Alexander nach der alten Florentiner Handschrift abschreiben liesse. Meinen Vorschlag auch Abschrift von Asclepius nehmen zu lassen möchte ich dagegen, nachdem ich mit ihm näher bekannt geworden, zurücknehmen; er ist im ganzen sehr dürftig und unerträglich weitläuftig: sorgsame Auszüge werden wohl bestimmt ausreichen. – Vergleichung zu der Meteorologie aus demselben Codex, den ich zu der Physik, de caelo, de generatione et corruptione verglichen, ist, wie für jene Bücher, ziemlich dürftig ausgefallen, wiewohl der Codex nicht zu den schlechtern gehört. – Weit weniger noch haben drey in der Laurentiana befindliche Codices der Poli4666.

Überlieferung: H: BBAW, SN 259/, Bl. 5 f.

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tik und Oekonomik geliefert: ja so wenig, daß ich mit Bekkers Zustimmung keinen derselben | durchcollationirt, sondern aus jedem nur einige Bücher verglichen habe, so daß alle drey zusammen nur eine vollständige Vergleichung liefern. Leider ist sehr zu fürchten, daß auch die in andern Bibliotheken vorhandenen Handschriften der Politik ähnlicher Art seyn werden: alle sind den Catalogen zufolge, so viele ich ihrer durchgesehen, sehr jung, und eine Neapolitanische, aus der ich einiges zur Probe verglichen, sowie die Römischen, deren Vergleichung ich angefangen, durchaus nicht ergiebiger. Dennoch scheinen nicht alle, so weit ich jetzt zu urtheilen im Stande bin, nicht alle Abschriften eines und desselben ältern Codex zu seyn. – In den letzten 10 Tagen unsres Aufenthalts in Florenz haben mich drey andre dort befindliche Handschriften der Metaphysik beschäftigt. Vollständige Vergleichung schienen sie nicht zu verdienen: doch habe ich besonders aus einem bedeutende Partien, und aus allen dreyen die schwierigeren Stellen zu vergleichen angefangen: die Vollendung dieser Arbeit musste ich bis zur Rückkehr nach Florenz verschieben. Auf ähnliche Weise denke ich die in Rom befindlichen metaphysischen Handschriften zu behandeln: denn wiewohl Vergleichungen zur Metaphysik aus dergleichen Codicibus aus dem XIV und XV Jahrhundert überhaupt wenig bedeutende Lesarten und fast keine einzige liefern, die nicht der ältere Florentiner schon hätte, möchte doch wohl eine solche Arbeit nothwendig seyn, theils um Beyträge zur Geschichte des Aristotelischen Textes zu gewinnen, theils um selbst der Möglichkeit etwas wichtiges zu übergehn vorzubeugen: vollständige Vergleichung solcher Handschriften aber würde ohne Zweifel sehr unnüz seyn und sehr viel Zeit nehmen. Hier in Rom wird mich zuerst Politik und Metaphysik nach dem in Florenz befolgten Plan beschäftigen: dann werde ich einige Handschriften zu den physischen Schriften, grösseren und kleineren, vollständig, die übrigen theilweise vergleichen: darauf zu den mathematischen Büchern; und erst wenn diese Vergleichungen vollendet mich zu den ungedruckten Commentaren wenden, und zwar zuerst zu den sehr wenigen, die der Vaticana eigenthümlich zu seyn scheinen: manches andre wird für Venedig, Mailand und Paris aufbehalten bleiben müssen. – Einer der schwierigsten und [zwar ein] bisher noch nicht angefangener Theil unsrer Arbeit wird die Behandlung der Lateinischen Uebersetzungen seyn: und wenigstens Notizen müssen doch wohl geliefert werden. Ich erlaube mir die Frage zu wiederholen, ob nicht irgend etwas einigermassen genügendes über Aristotelische Uebersetzungen geschrieben und zu haben ist? | Nach vorläufigem Plan soweit er aus Durchsicht der gedruckten Catalogen sich entwerfen ließ, hoffen wir bis Ende Septembers nächsten Jahres

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Briefe 4666 – 4667

unsre Arbeiten in Italienischen Bibliotheken vollenden zu können, und wünschen es umso lebhafter da wir im entgegengesetzten Fall mindestens sechs bis sieben Wochen durch die Herbstvacanzen verlieren würden: denn was sich in diesen Ferien, die allen grösseren Italienischen Bibliotheken gemein sind, thun ließ, haben wir diesmahl abgemacht: und wiewohl unsre weitläuftigen, ermüdenden und kostspieligen Reisen durch die östlichen und südlichen Gegenden Italiens nur das traurige Resultat ergeben haben, daß Ravenna, Caesena, Monte Cassino, Neapel usw. überhaupt sehr wenig und für unsern Zweck gar nichts brauchbares enthalten, so müssen wir doch froh seyn dieses Resultat in einer Zeit gewonnen zu haben, in der uns die übrigen Bibliotheken geschlossen waren Ich glaube aus Ihrem und Profeßor Buttmanns verehrten Briefen schliessen zu dürfen, daß [ein] Gesuch um einige Zulage fürs nächste Jahr 1819 der Academie nicht ganz unerwartet kommen werde und leider sehe ich mich auch gezwungen es zu wagen. Die Reisen dieses Jahrs, zu deren Theilnahme Profeßor Bekker in der Hoffnung eines günstigeren Erfolgs ausdrücklich verpflichtete, haben sehr bedeutend gekostet und mich überzeugt, daß die des nächsten Jahres – nach Florenz, Modena, Mailand, Venedig (denn da schon Ende August die Ambrosiana geschlossen wird, müssen wir zuerst nach Mailand gehn), Turin, Paris – und der Aufenthalt an diesen Orten nicht unter 1500 r Preußisch Courant bestritten werden können. Vom Ministerio darf ich wohl nicht auf Zulage rechnen, wenigstens nicht ohne daß die Academie darauf antrüge, an diese also muß ich mich wenden, wolle sie mir nun aus ihren Mitteln den Zuschuß auswerfen oder vom Ministerio auswirken: und Ihre Fürsprache wage ich auch hier wieder in Anspruch zu nehmen. Mögen Sie nur überzeugt seyn, verehrtester Herr Doctor, daß ich diese Bitte nicht wagen würde, wenn ich irgend Mittel wüsste sie zu umgehn. In diesem Jahr kann ich etwas zusetzen; im nächsten nicht. Noch bitte ich ergebenst mir gütigst anzeigen zu wollen welche Zahlungstermine die Academie fürs nächste Jahr bestimmen wird, und ob ich Quittungen einzusenden habe? Was aus Rom zu berichten wäre wird Bekker, der sich vorgenommen einen sehr langen Brief zu schreiben, vorweggenommen haben. Doch sage ich auf die Gefahr, daß es zweymahl gesagt werde, wie wir Niebuhrn, der freundschaftlichst grüsst, und die seinigen wohl gefunden – mögte er nur häufigere und ausführlichere Nachrichten aus und über Deutschland erhalten. Auch Bunsen, der sich Ihnen mit aufrichtigster Verehrung empfehlen lässt, gehts wohl: seine junge treffliche Frau kränkelt leider seit einiger Zeit – Folge des letzten bösartigen Sommers, der fast keinen Deutschen in Rom verschont gelassen. Darf ich nun noch bitten mich dem gütigen

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Andenken Ihrer Frau Gemahlin empfehlen zu wollen? – Mit innigster Verehrung und Dankbarkeit Ihr ergebenster C.A. Brandis Rom den 21 Novemb. 1818.

4667. Von Friedrich Lücke. Bonn, Sonnabend, 21. 11. 1818 Bonn den 21sten Nov. 1818.

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Schon vor acht Tagen ließ mir Frau Arndt Ihre freundliche Mahnung sagen und ich würde gleich zur Stelle so lieber Auffordrung gefolgt seyn, hätte ich mir nicht schon lange den heutigen Tag dazu ausersehen, Ihnen, selbst in der weiten Ferne, näher zu seyn, als sonst. Nur zu gut ist mir die zweymahlige Mitfeyer dieses Tages im Gedächtniß, als daß ich mich nicht sehnen sollte, heute mit unter den Glückwünschenden zu seyn, die Ihnen heute ihre Treue und Liebe an das mehr als sonst bewegte Herz legen. Vorzüglich ist es das junge Volk, das besser als viele von den Alten weiß, was Sie uns und den Kommenden sind und noch seyn werden, welches sich heute zu Ihnen drängt und Ihnen mitten unter gehäßigen Reden und Anklagen der Zeit recht fühlbar macht, daß Gott Ihre Gaben und Arbeiten reichlich segnet; Sie nannten es einmahl gegen mich ein gutes Volk. Zu diesem lassen Sie mich auch gehören und lesen Sie nur aus den geschriebenen Buchstaben, die Sie ja oft so schön in Geist und Leben verwandeln, die treue und innige Gesinnung heraus, daß ich Ihnen viel, was ich nennen könnte, mehr noch aber Unnennbares verdanke und deshalb Zeit meines Lebens Ihr Schuldner seyn und bleiben werde. So lange schon, daß ich die gänzliche Trennung nicht ahndend, von Ihnen schied und immer noch, fast stündlich, sehne ich mich aus meiner halben Verbannung in das irdische Paradies zurück nach Ihren Kreisen. Das volle rasche Leben, in welchem alle Kräfte der Liebe feurig ineinandergreifen, hat einen eigenen Zug und ich schäme mich nicht zu sagen, wie es mich jetzt noch mehr zieht, als, da ich nur in halber Kunde davon mich 4667. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Friedrich Lücke; D: Christophersen: Friedrich Lücke 2, S. 220–225. Beantwortungsvermerk: „beantw d 8t. Mrz 19“. 10 Sie] sie

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zum ersten Mahl an Sie wendete. Meine hypochondrische Natur sieht freylich oft Schlimmeres, als wirklich ist, aber ich kann selbst in heitren Momenten kein rechtes Herz fassen zu diesem neuen und gleich im Anfang durch die menschliche Sünde langsamen und immer wieder sich hemmenden Leben. Hindernisse giebts überall, aber wenn so Viele hindern, wer soll überwinden? Gewiß wissen Sie aus andern Berichten, wie weit die Universität an den wunderschönen RheinUfern gediehen ist, oder wie weit noch nicht; ich will nur hinzufügen, daß die protestantischen Theologen diesen Winter nichts weiter zu thun haben, als auf Ostern zu hoffen, da bey dem Mangel an Wohnungen die Studenten nicht unterkommen werden. Sack predigt, und ich studiere im Stillen fort für künftige Zeiten, nur zuweilen durch Dekanats Unterschriften | gestört in meiner unangenehmen Muße. Bücher habe ich, aber wie viel nicht! An eine Bibliothek ist nicht zu denken fürs erste. Was hier ist, ist meist nur Philologisches. Mir geschieht das ganz Recht. Denn als ich fast ganz satt von der Göttinger Bibliotheksschwelgerey nach Berlin kam und das erste halbe Jahr mich auf der Bibliothek gar nicht sehen lies, obgleich ich ein dickes Buch schrieb und auch eine Vorlesung hielt, fragte mich Buttmann, warum ich nicht käme und ob ich Alles aus den Fingern söge. Hier in Bonn sollte mich die Frage nicht treffen. Leider muß ich es jetzt so machen. An unserm Sack habe ich einen recht lieben und treuen Collegen, mit dem ich mich hier besser vertrage, als in Berlin, wo jeder von uns glaubte, Wunder wie weit wir von einander abwichen, wenn ich sagte, die Apokalypse wäre nicht Johanneisch, und er es behauptete, mehr aus Frommheit, als aus wissenschaftlichem Widerspruch. Wir kommen einander näher und wundern uns über die eingebildeten Abweichungen, denn ich wenigstens meine in den meisten Dingen nichts anderes, als sonst. Gestern aber mußte ich lachen: Meine Bücher haben auf der faulen Rheinfahrt viel gelitten und namentlich eins, was mir unter vielen so lieb ist, Ihr Sendschreiben über den ersten Timotheusbrief ist fast ganz stockig geworden. Sack wollte daraus Spaßweise schließen, Ihre Ansicht sey falsch, man sähe es ja an dem Buche, das nicht widerstehen könnte. Ich aber behauptete das Gegentheil, weil kein Buchstabe angegriffen und die summa summarum ganz deutlich sey; an dem Titel aber und Ihrer Auctorität auf dem Titel, der am meisten verloren hatte, sey für die Sache nichts gelegen. Sacks Eifer, die hiesige Gemeine zu gründen und zu festigen, ist herrlich; er will sie auf das Unionswerk, wofür wir beyde gleich stark begeystert gegen Zweifelnde und Gleichgültige streiten müssen, gründen und hat vergangenen Sonntag eine schöne und kräftige Predigt darüber gehalten.

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Was uns beyde nur zuweilen zum Zank reitzt, ist, daß er Alles für Meier in Frankfurt giebt, und nichts für DeWette, den er immer noch für zu ketzerisch ansieht, ohne | dessen Meinungen und Ansichten recht zu kennen, ich aber das Gegentheil behaupte. Überhaupt aber sehe ich aus seiner Vorliebe für Meier und aus andern Urtheilen Anderer, daß wir uns gar sehr zu hüten haben, um die Verehrung der Geistreichen und Salbungsvollen auf Kosten tiefer, arbeitsvoller und beschwerlicher Forschungen nicht zu sehr überhand nehmen zu lassen. Es schadet dieß gewiß mehr, als man auf den ersten Blick glaubt. Wenn wir nur erst wüßten, wer unsre speziellen und auch unsre katholischen Collegen seyn werden! Kein Mensch weiß hier davon. Und doch ist die Auswahl von unendlicher Wichtigkeit, denn die Stellung der beyden Partheyen zu einander bey dem Wirrwarr katholischer, papistischer, ästhetischer, künstlerischer und antiquarischer Ansichten und Vorlieben ist hier sehr gefahrvoll und fordert große Umsicht. Ich lese jetzt dergleichen Zeitschriften, um mir den Geisteszustand beyder Partheyen in der Gegenwart recht klar zu machen; zumahl da auf Neutestamentliche Exegese und KirchenGeschichte, welche letztere ich mir nach langem Sehnen danach eigends zugelegt habe, Alles Andere Andern lassend, fast am meisten ankommt. Unser lieber Arndt ist mit seiner sittlichen und echtchristlichen GeschichtsAnsicht und seiner protestantischen Begeysterung ein rechtes Bollwerk und eine sichere Stütze für uns. Aber einen recht tüchtigen protestantischen Philosophen müssen wir haben, mit Calker reichen wir nicht aus und Windischmann hat seine Philosophie wie mir scheint, wirklich katholisch gemacht; er will sich an die Theologen ganz anlehnen und scheint den rechten Unterschied und die rechte Einheit philosophischer und theologischer Betrachtung nicht zu wissen. Man spricht von Brandis, und er schreibt mir auch davon. Wenn er nur bald käme! Es ist Noth am Mann, da die Regierung einmahl eine katholische und protestantische Philosophie zu scheiden sich vorgenommen hat, worüber die Bönner, ja andre Rheinländer als über Mangel an Aufklärung im Preußischen spotten. Daß Twesten nicht kommt, kommen wollte und doch nun nicht will, kann ich ihm kaum verzeihen. Freylich ist er dadurch großen Unbequemlichkeiten entgangen, in Hinsicht auf Wohnung und dergleichen, denn | Heinrich war nahe daran, zu bivaquiren mit seiner ziemlich starken Familie und bis diese Stunde weiß er noch nichts Sicheres von seiner Sache: aber er ist auch einem schönen Wirkungskreise entgangen und mir hat er die schöne Freude des Mitwirkens mit ihm verdorben. – Man sagt, Herr von Schlegel oder vielmehr Frau von Schlegel werde den Paulus nach sich

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ziehen. Was sollen wir aber mit dem politischen Theologen und seinen tollen Commentarien und seiner verzerrten Schreibweise. Lieber Schlegel verloren, der wenn er auch nicht in Berlin wohnt, doch absolut Berliner Miethzins bezahlen (450 Berliner Thaler) will; seine Vornehmheit ist ohne Grenzen und ich glaube nicht, daß er sich hier auf lange gefallen wird. Mir ist der Mann etwas unheimlich und zu sehr an Hofluft gewöhnt, von der doch Deutsche Gelehrte von jeher fern gewesen sind. – Ich bin daran, einen Commentar zum Johannes zu schreiben. Mit dem Evangelium fange ich an. Darin will ich all’ meine Kraft vereint haben für diesen Winter, all’ meinen Trost und meine Seligkeit darin suchen. Ich erinnere mich, von Ihnen gehört zu haben, daß Sie den Prolog nicht für echt halten. Nur einige wenige w a r u m weiß ich. Da Sie nun aber in solchen Dingen immer so Ihre eigene Art haben, Ihre eigenen Gründe, so möchte ich Sie doch wohl bitten, mir Einiges davon zukommen zu lassen, was und wie Sie die Sache meinen. Sehen Sie, das ist nun eben das Unglück, daß ich hier so allein bin und Keinen habe, der langerfahren und gereifter in diesen Dingen mit mir darüber sprechen möchte und könnte. Immer muß ich darauf zurückkommen, daß ich mich zurücksehne dahin, wo erst meine volle Lust und Liebe in der Wissenschaft und in ihren höchsten Aufgaben ihren Ursprung empfangen. Ich sorge für ein häusliches Leben, das ich, so Gott will, Ostern beginnen werde. Denken Sie wohl noch zuweilen an die Henriette, mit der Sie mich oft geneckt haben? Kommen Sie nur im August her, dann soll Ihnen das freundliche und heitere blonde Mädchen für die herzliche Theilnahme an unserm Glücke danken. Sie freut sich recht darauf, Sie zu sehen; im Bilde, meint sie, sähen Sie zu ernst aus, so könnten Sie aber nicht wirklich seyn, da Sie so gern ihretwegen mit mir gescherzt hätten. Nun aber – verzeihen Sie, daß ich Ihrer Mahnung vielleicht zu sehr gehorcht habe. – Glück und Segen von Gott für dieses neue Jahr, in welchem wir Sie hier begrüßen werden. Allen im Hause meinen herzlichsten Gruß, vor allen der lieben Hausfrau, deren Freude heut gewiß sehr groß ist. Auch dem lieben Reimer und seinem gastlichen Hause mein treues Gedächtnis. Grüßen Sie DeWette. Ihr Lücke. Wie ist’s denn mit dem theologischen Journal? Wie weit ist die Apostelgeschichte? Unser Lutherisches geht nun auch zu Grund.

138 f Wie … Grund.] am linken Rand

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4668. Von Ernst Moritz Arndt. Bonn, Montag, 23. 11. 1818 Bonn den 23n Nov. 1818.

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Weil noch Zeit oder vielmehr, weil Eichhorn, der dieses mitnehmen soll, noch nicht hier ist, um mit Kaisern und Königen geschwind durchzurauschen, so setze ich mich hin, dir, lieber Bruder, ein paar Worte zu schreiben Zuvörderst erinnere ich dich deines und des von Nicolovius gewinkten Versprechens vom vorigen Sommer hinsichtlich Nebes. Dieser war mit zwei Predigern grade zur Wahl vorgeschlagen zum Pastor der hiesigen Gemeinde und wäre bei der Zuneigung der Menschen wahrscheinlich Pastor geworden, als das ministerielle Halt ein! für unsern Sack ankam. Dieser wird nun wahrscheinlich wohl die Stelle erhalten – und das ist auch gut; aber um den Nebe, der ein geschickter und durchaus wackerer Mann ist, thut mir es doch auch leid, und ich mache dir es zur Pflicht, wie du in jenem Briefe sie dir selbst aufgelegt hast, Nicolovius, welchem ich auch schreiben werde, die Obliegenheit, welche das Ministerium gegen Nebe hat, ins Gewißen zu reden: so daß, wenn in Köln oder Koblenz oder sonstwo in dieser Gegend eine angemeßene | Stelle ist, deren Besetzung von dem Ministerium abhangt, diese Pflicht nicht vergeßen werde. Wie es uns hier geht? Herzlich langsam mit allem. Bisher haben wir – mit Buttmann zu reden – den großen Aacher coitum seinen Theil Schuld daran mittragen laßen; wir werden ja nun bald sehen, wie viel ihm davon zukam. Bis jetzt sind wir etwa 12 Profeßoren und 30 Studenten stark. Lüderliche Figuren giebts auch, und unter diesen nimmt sich mein berühmter Nachbar Herr von Schlegel – er wohnt hart neben mir – lächerlich vornehm und eitel und mit französisch springender Art – doch ist es ein Springbock dem die teutsche Schwere in den Knochen sitzt – auch jämmerlich genug aus. Steffens jüngstes Buch hab ich gelesen, nicht ohne eine Art Jammer, wohin Eitelkeit treiben kann. Hier, wo so viele ächte Blitze schießen und treffen, erscheint doch auch aus lauter vornehmer Apriorität und eben wegen dieser Apriorität der lächerlichste Dünkel und die lächerlichste Dummheit – Karrikaturen | aus den Karrikaturen – die idealisch vornehm seyn will und sich meistens in einem sophistischen Kreise dreht, wohinein sie sich selbst gezaubert hat. Ist es nicht zum Erbarmen, daß dieser Geist 4668. Überlieferung: H: BBAW, SN 239, Bl. 44 f.; D: Ernst Moritz Arndt. Ein Lebensbild in Briefen, S. 190–192

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sich endlich auch noch in das Jämmerliche hineinzerren laßen wird? ist nicht diese Apriorität die albernste, womit wir leider in so vielen teutschen Büchern heimgesucht werden, die uns endlich beweisen will, welche Verhältniße ein Schweinkofen oder ein Misthaufen zu der Sternen- und Geisterwelt habe? Und schimmert der Mann in dieser Eitelkeit nicht oft in die Lüge hinüber, daß mir zuweilen gewesen ist, als streife ich an den vornehmen und leeren Schein eines Adam Müller? Wer die Armen und ihren Jammer und ihre Noth jetzt nicht von ganzem Herzen anbetet und nicht ganz aus dem innersten Herzen fühlt, daß wir mit der alten Priesterschaft dem alten Adel und vielem alten Bettel durchaus nichts mehr machen noch schaffen können und daß der Grund des jetzigen Lebens und Strebens in Kirche Staat und Kunst durchaus demokratisch seyn muß, der mag die Wahrheit nicht treffen und hat auch | kein Recht die Thorheiten und PÜberaußigkeitenS und Überladungen der Zeit mit so vornehmer Gebärde anzufallen, zumal wenn er selbst mit all seinem Streben und Schweben doch nicht zum Mann gefertigt ist. Was uns betrifft, so schnarcht meine süße Hälfte jetzt schon, und wir befinden uns im Ganzen leidlich wohl. Der Herbst ist mild und göttlich schön, und wenn die Eisbären mit ihren Gebirgen Wort halten vom Nordpol alljährlich dem Südpol zuschwimmen zu wollen, so könnte unser Alter sich die letzten 20–30 Jahre noch ein wenig wärmen. Frohes Leben und viele herzliche Grüße. Lisbethchen sage, daß ich mir ein kleines Kräutergärtchen am Rhein gekauft habe, worin ihr eine Weinlaube gebaut werden soll. Sie soll nur kommen und sich drein schließen laßen Gute Nacht! Dein EMA.

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4669. Von Carl Gustav von Brinckmann. Stockholm, Dienstag, 24. 11. 1818 Stockh. den 24. Novbr. 1818. Der heutige Brief, mein theurer Freund! soll Dir eigentlich nur anzeigen, daß ein früherer an Dich wahrscheinlich schon seit ein par Monaten die Welt durchstreift, und sich vielleicht eine Weile an der T i b e r ausruhet, ehe er in Deine Hände kömt. 4669. Überlieferung: H: BBAW, SN 260/1, Bl. 91 f.; D: Brinckmann: Briefe an Friedrich Schleiermacher, S. 93 f.

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Ich empfand nämlich vor geraumer Zeit lebhafter als je das Bedürfniß einer innigern Wieder-Vereinigung mit den Vertrauten meiner Jugend. Ein zufällig erneuerter Briefwechsel mit Niemejers befeuerte diesen Wunsch noch mehr, und ich freute mich dabei nicht bloß meiner e h e m a l i g e n , sondern meiner noch fortblühenden G e i s t e s j u g e n d . Du erinnerst Dich doch, daß w i r von jeher übereinkamen, es sei im Grunde n i e d e r t r ä c h t i g a l t z u w e r d e n , und ich | hoffe, daß Du, schon an Jahren jünger als ich, dem Vorsatz einer ewigen Jugend unverändert treu geblieben bist. In dieser Stimmung schrieb ich Dir dann mit einigen von hier abreisenden Freunden schon im August; da ich aber kein Wort von der Italienischen Reise unsrer Freundin Herz wußte, so schloß ich Deinen Brief bei i h r ein, und n u n höre ich, daß solcher von Dir höchst unschuldiger Weise als n o n - a v e n u angesehen werden kann. Ich muß also schon meine damalige Bitte um Erneuerung unsers Briefwechsels, aufs dringendste wiederhohlen. Wie leicht wird es d i r im Vollgenuß aller geistigen Schätze des lebendigen Deutschlands, einem dürftigen, halberstarrten Barbaren | des Nordens großmütig Allmosen zu ertheilen! Alles was i c h Dir versprechen kan, ist eine noch frische E m p f ä n g l i c h k e i t für das innere Leben des Menschen und der Wissenschaft; denn je weniger mich die hiesige Aussenwelt anzieht, desto inniger und heimischer suche ich mich anzusiedeln auf der friedlichen Insel des Gemüts. Auch habe ich hier recht wohl den Eifer klösterlicher E i n s i e d l e r für die Gegenstände des Denkens und Wissens begreifen gelernt; denn ich befinde mich seit Jahren, was die geistige M i t t h e i l u n g betrift, ungefähr in der nämlichen Lage. – Wohl aber mag ich eben deswegen noch gewaltig zurücksein; welches mich so manche neuere Schriften bei Euch vermuten | lassen; wo es mir unmöglich ist, u n s r e ehemaligen Ansichten wiederzuerkennen. Daß w i r b e i d e aber wesentlich verschieden d e n k e n sollten, will mir durchaus noch nicht in den Kopf. – Also bitte und beschwöre ich Dich, mein edler Freund und Lehrer! mich ja nicht als einen ganz verjährten N i c h t d e n k e r zu verstossen. Es soll alles auf die freundliche Aufnahme dieses eilfertigen Vorläufers ankommen; giebst du mir das Geringste Gehör, so begehre ich nichts besseres, als Dir meine Beichte und meine Zweifel mit althernhutischer Offenherzigkeit darzulegen. Ich umarme Dich mit der herzlichsten und dankbarsten Freundschaft und Ergebenheit. Dein v. Br. 37 giebst] Giebt

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4670. Von Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Dienstag, 24. 11. 1818 Ew. Hochwürden werden aus der vorstehenden Bemerkung des Herrn Professor Buttmann gewiß ersehen, daß das Schreiben des Herrn p Sotzmann nicht bei ihm zu finden sey. Den 24 Nvbr. 1818. Frentzel.

*4671. Von Henriette Herz. Vor dem 25. 11. 1818 Über ihre zusammen mit Berthel Thorwaldsen unternommene Exkursion nach Neapel (4.9.–5.10.), gesundheitliche Probleme dabei sowie die allmähliche Besserung ihrer Gesundheit.

4672. An Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Donnerstag, 26. 11. 1818 Auf jeden Fall muß doch das Protokoll zu finden sein in welchem von dem Schreiben des Herrn Sotzmann die Rede ist; auch noch ein früheres worin von der Sache die Rede ist denn in dem anliegenden ist gar nicht beschlossen, daß Herr Sotzmann gefragt werden soll, sondern der Antrag des Herrn Reimer ist simpliciter angenommen. Ich muß bitten dieses genau zu PacturitirenS. Die Mühe alle Protokolle durchzusehen ist so groß nicht. Zugleich erbitte ich mir die wo ich nicht irre neulich von Herrn Sotzmann angefertigte Inventur über die sämmtlichen MemoirenBestände. Schleiermacher 26/11.18 4670. Überlieferung: H: BBAW, II–XVI, Nr. 151, Bl. 19. Diese Mitteilung hat Frentzel auf einen Zettel von Buttmann geschrieben, auf dem dieser notiert, er finde Sotzmanns Schreiben nicht. *4671. Erschlossen aus Brief 4674 vom 27. 11. 1818 und einem Brief vom 14. 3. 1819 an August Twesten (Stadt- und Landesbibliothek Dortmund 13555). 4672. Überlieferung: H: BBAW, II–XVI, Nr. 151, Bl. 19v. auf der Rückseite von Frenzels Brief 4670 vom 24. 11. 1818.

Das Schreiben findet sich 1 in] korr. aus w

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*4673. Von Anne (Nanny) Arndt. Bonn, vor dem 27. 11. 1818 Helvetius Graf zu Dohna-Schlobitten sei von seiner Reise wohlbehalten in Bonn angekommen und wolle jetzt in Ostpreußen ein Landleben anfangen. Er sei jetzt sicher, dass seine körperlichen Übel nicht von einer Herzerweiterung herrührten.

4674. An Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Freitag, 27. 11. 1818 Des / Königlichen Staatsministers / Herrn Grafen zu Dohna pp / Excellenz / auf / Schlobitten / b. Mühlhausen in Preußen. / Zur Reitpost / d. 28t. Novemb. [Rückseite] 5

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Vorgestern geliebtester Graf erhielt ich den inliegenden Brief uns[erer Freun]din, und eile ihrem Wunsch gemäß ihn Ihnen mit der nächsten Post die Morgen Abend abgeht zuzusenden. Ich wollte mich schon lange einmal wieder in Ihr Gedächtniß zurükrufen, und freue mich daß dieser Auftrag meinen guten Vorsaz beschleunigt. Von unserer Freundin sind Sie nun im Besiz der reichlichsten Nachrichten; ich habe nur einige Worte im Umschlag erhalten, die mich über ihr Befinden und und ihre Verhältnisse beruhigen, und weiß Ihnen nichts hinzuzufügen. Aber schon länger habe ich mich in einer Angelegenheit an Sie wenden und um Ihre Unterstüzung bitten wollen. Es hat sich am Reformationsjubiläum eine Gesellschaft in Thüringen zusamengethan um die Erziehung einiger von den noch vorhandenen Verwandten Luthers zu übernehmen und auch einen kleinen Anfang gemacht, nämlich Zwei Knaben einem in der Gegend von Rudolstadt neu entstandenen Erziehungsinstitut anvertraut. Diese Gesellschaft hat sich auch an mich gewendet, aber ich habe ihr erwiedert ich könne mich nur lebhaft dafür interessiren wenn die *4673. Erschlossen aus Brief 4674 Z. 54–58 Stadt- und Landesbibliothek Dortmund 13555 vom 27. 11. 1818. Der Brief ging vielleicht zusammen mit Ernst Moritz Arndts Brief 4662 Stadt- und Landesbibliothek Dortmund 13555 (Mitte November) oder Brief 4668 vom 23. 11. 1818 ein. 4674. Überlieferung: H: GStA, Fürstliches Hausarchiv Dohna, 2149; D: Schleiermacher: Briefe an die Grafen zu Dohna, S. 67–69. Mit einem Brief von Henriette Herz. Abriss am oberen Rand. Unter der Unterschrift steht von Alexander Grafen zu Dohna-Schlobittens Hand das Datum „27 November 1818“, wohl das abgerissene Datum des Briefes. 7 zurükrufen] folgt ))wollen** 16 Knaben] folgt )in*

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Briefe 4674 – 4676

gute Absicht in einem größeren Umfang aufgefaßt würde. Ein würdiger Zwek schiene mir nur der die ganze Familie von Luthers Brüdern aus dem niederen Tagelöhnerstande in dem sie größtentheils existiren in den mittleren Bürgerstand durch eine zwekmäßige Erziehung und Fürsorge zu erheben, indem von diesem Stande aus es jedem Individuo leicht wird wenn es besonders begabt ist eine öffentliche Laufbahn einzuschlagen und sich eine geschichtliche Bedeutung zu verschaffen. In diesem Sinne habe ich versprochen wirksam zu sein. Und wenn man im Stande ist einen Fonds von 3000 r jährlich zusammenzubringen: so ist die Erreichung des Zweks von dieser Seite mehr als gesichert. Ist die gegenwärtige Jugend die aus 8 Köpfen, glaube ich, besteht im Bürgerstande zwekmäßig untergebracht und eingerechnet so wird es hernach nur auf den Zuschuß zur gleichmäßigen Erziehung ihrer Kinder, auf Stipendien und dergleichen ankommen. In diesem Sinn nun bin ich für die Sache thätig, und wollte Sie fragen ob Sie glauben in Preußen etwas dafür thun zu können? Es kommt vorzüglich darauf an die Beiträge so [viel als] möglich sicher zu stellen, und das kann doch nicht besser geschehn – da eine RealSicherheit sich in den wenigsten Fällen leisten läßt, als wenn die Interessenten einer Provinz sich in eine Gesellschaft vereinigen welche sich immer wieder zu ergänzen sucht. Dem Ausschuß einer solchen würden dann natürlich auch die Rechnungen mitgetheilt und er würde zu der thätigen Fürsorge und Aufsichtsführung wenigstens mittelbar zugezogen werden können welches alles sich leicht finden wird wenn erst eine Wahrscheinlichkeit ist den ganzen Plan zu realisiren. Ich gedenke auch an Herrn von Schön und an Merkel in diesen Tagen zu schreiben so wie ich auch schon meine Holsteinischen Freunde gebeten habe die Sache dort in Gang zu bringen. Sie sehen ich will Deutschland in den äußersten Enden umfassen; aber das halte ich auch für das Beste um zum Ziel zu kommen. Deutschland ist etwas kernfaul und man muß es von der Rinde aus behandeln und beleben. – Was mich betrifft liebster Graf so habe ich vor einigen Tagen mein halbes Hundert erfüllt und auch dabei soviel herzliche Theilnahme und Liebe erfahren daß ich dadurch recht aufs neue erfrischt worden bin wenngleich auch das Gefühl, daß ich nicht weiß wie ich dazu gekommen bin und wie ich es verdienen soll mich demüthigt. Aber diese Demuth erfrischt auch. Im Hause ist bis auf die kleine Hildegard die sehr schwer zahnt und uns einige Tage rechte Sorge gemacht hat alles wohl und meine Frau hat sich auch in diesem kleinen Hauskreuz außerordentlich bewährt. Meine Schwester Arndt schreibt mir, daß Graf Helvetius sehr wohlbebehalten und mit der vollen Ueberzeugung von seiner Reise dort angekommen ist, daß seine Uebel nicht von einer Herzenserweiterung herrühren. Aber daß er noch im Winter nach Preußen zurük und dort ein Landleben anfangen will, gefällt mir nicht und ich glaube doch er sollte ein südwestlicheres Klima suchen. – Wenn der Staat auf den Einfall kommen sollte diesen

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Brief zu lesen: so wundert er sich gewiß nichts von sich darin zu finden; aber so gern ich wollte, ich wüßte wahrhaftig nicht was ich Ihnen aus diesem Gebiet schreiben sollte. Mein Interesse daran hat sich gewaltig abgestumpft. Sollten einmal bedeutende Zeiten eintreten so wird es schon wieder erwachen. Von meiner schönen Herbstreise durch einen Theil von Salzburg und Baiern erzähle ich Ihnen ein andermal wenn ich weiß was Sie interessirt zu hören. Jezt empfehle ich mich Ihnen und allen den Ihrigen auf das angelegenste und herzlichste Schleiermacher

4675. An Karl Heinrich Frentzel. Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818

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In der anliegenden Verfügung vom 14ten October 1817 wird eines Berichtes der Akademie vom 21ten August 1817 erwähnt. Dieser muß doch zu finden sein und wenn Ewr Wohlgebohren nicht das Concept zu den Akten gebracht haben: so müßte bei Herrn Professor Tralles in dessen Praesidium die Sache fällt nachgefragt werden. Schleiermacher 29/11.18. Zugleich bitte ich das auf dem Umschlag jener Verfügung entworfene Schreiben mundiren zu lassen.

4676. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 29. 11. 1818 An Ein hohes Ministerium pp In einem der Akademie von Einem hohen Ministerio unterm 14ten October vorigen Jahres geneigtest mitgetheilten Bericht des Kriegsrath Sotz4675. Überlieferung: H: BBAW, II–XVI, Nr. 151, Bl. 22. Oben auf einen Bericht Frentzels an die Sekretare geschrieben, wo es heißt, über ein von Reimer in Antrag gebrachtes Tauschgeschäft (vgl. in derselben Akte, Bl. 21) sei in den Akten nichts zu finden (28.11.). – Mit einer Verfügung des Innenministeriums vom 14. 10. 1817 (in derselben Akte, Bl. 14). 8 das] korr. aus den 4676.

Überlieferung: H: BBAW, II–XVI, Nr. 151, Bl. 23.

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mann vom 10ten September desselben Jahres erbietet sich derselbe zu einer vollständigen Inventur der in seiner Verwahrung befindlichen Denkschriften der Akademie. Da die Akademie hierüber nichts weiter erfahren; ihr aber daran gelegen ist von den vorhandenen Beständen unterrichtet zu sein so fragen wir gehorsamst an ob der p Sotzmann diese Inventur vorgenommen hat, und erbitten uns im bejahenden Falle die hochgeneigte Mittheilung des von ihm angelegten Verzeichnisses. 29te November 1818. Die Akademie der Wissenschaften Schl 29/11.18.

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4677. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 3. 12. 1818 An Ein hohes Ministerium der Geistlichen Unterrichts und Medicinal Angelegenheiten Die physikalische Klasse der Akademie der Wissenschaften hat sich bewogen gefunden den besonders durch seine optischen Untersuchungen rühmlich bekannten D. Seebeck privatisirend zu Nürnberg als ordentliches Mitglied der Akademie in Vorschlag zu bringen und die Akademie hat ihn in einer statutenmäßigen Wahlversammlung am 26ten November gewählt. Diese Wahl indeß kann nur realisirt werden wenn Ein hohes Ministerium das Mittel finden sollte wenigstens bis akademische sich dazu eignende Fonds erledigt werden dem D. Seebeck ein solches Gehalt anzuweisen, wodurch ihm die Vertauschung seines wohlfeilen Wohnortes mit Berlin für seine zahlreiche Familie möglich würde. Wir wagen dieses als unsern dringenden Wunsch auszusprechen indem wir seine Erwerbung als einen großen Gewinn für die Förderung dieses wissenschaftlichen Gebiets unter uns ansehn, und erwarten hierüber Eines hohen Ministerii hochgeneigte Aeußerung, verbinden aber 5 f Denkschriften] korr. aus A 10 29te … 1818.] von Frentzel ergänzt 4677. Überlieferung: H: BBAW, II–III, Nr. 18, Bl. 117. Aktennotizen am linken Rand: „Circulirt bei den Sekretaren zur Beisezung Ihrer gefälligen Bemerkungen. Schleiermacher 3/12.18.“ – „Ist zu mundiren, u das Concept zu den betreffenden Acten zu nehmen Schleiermacher 5/12.18.“. 7 am … November] mit Einfügungszeichen am linken Rand 12–14 wagen … und] mit Einfügungszeichen am linken Rand

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damit zugleich die gehorsamste Bitte im bejahenden Fall die Königliche Bewilligung für ihn als ordentliches Mitglied geneigtest einzuholen. Die historisch philologische Klasse | brachte eben so die Herren Oberbibliothekar Wilken und Professor Rühs in Vorschlag von denen ersterer bereits seit längerer Zeit Correspondent der Akademie war, und beide wurden in derselben Versammlung gewählt. Wir bitten gehorsamst auch für diese die Königliche Bestätigung geneigtest einzuholen, und bescheiden uns für diese erst dann ein akademisches Gehalt in Antrag zu bringen wenn nach den aufgestellten Grundsäzen ein Gehaltsminimum für jeden offen sein wird. Berlin d 3t. Decemb. 1818 Die Akademie der Wissenschaften Schl Erman Tralles Buttmann

4678. An das Kultusministerium (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Dienstag, 8. 12. 1818

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In Bezug auf die unterm 18ten Junius uns hochgeneigtest abschriftlich mitgetheilte Verfügung Eines hohen Ministerii an den Professor Rabe beehren wir uns gehorsamst anzuzeigen daß der p Rabe bis jezt noch keine Art von Mittheilung an das Sekretariat der Akademie gemacht Sollte er also Einem Hohen Ministerio Zeichnungen eingereicht haben: so ist die Zufriedenheit der Akademie mit denselben nicht vorauszusezen und wir erbitten uns gehorsamst deren Mittheilung. Sollte er sie nicht eingereicht haben so bringen wir diese Angelegenheit Einem hohen Ministerio auf das dringendste und gehorsamste in Erinnerung indem sonst zu besorgen steht es werde etwas gebaut werden was für die Zweke der Akademie vielleicht völlig unbefriedigend ist Berlin d 8t. Decemb. 1818. Schleiermacher 8/12 16 gehorsamste] mit Einfügungszeichen über der Zeile 17 Mitglied] folgt )im verneinenden als außerordentliches Mitglied* 18 f Oberbibliothekar … Rühs] umgestellt aus Professor Rühs und Oberbibliothekar Wilken 4678. Überlieferung: H: BBAW, II–II, Nr. 1, Bl. 9 in] über )hochgeneigte*

10 und] korr. aus in

gehorsamste

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Briefe 4679 – 4680

4679. An Karl August Fürst von Hardenberg (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Donnerstag, 10. 12. 1818 Durchlauchtiger Fürst Hochgebietender Herr Staatskanzler Ob Euer Hochfürstliche Durchlaucht auf unsere ehrerbietigste Anzeige vom 8ten Junius anni currentis wegen unserer künftigen Lokale etwas an den Professor Rabe zu erlassen geruht haben ist uns nicht bekannt geworden, wenigstens hat es gewiß nichts gefruchtet, indem der Rabe, ohnerachtet er auch unterm 18ten Junius von dem Ministerium für die Geistlichen Unterrichts und MedicinalAngelegenheiten aufgefordert sich mit dem Sekretariat der Akademie zu besprechen, hierzu auch nicht den mindesten Schritt gethan. Je mehr nun der Bau fortrückt und je weniger die Akademie Ursache hat zu glauben, daß der p Rabe von ihren Zwecken und Bedürfnissen sich einige Kenntniß verschafft, um desto mehr hält sie sich verpflichtet Ewr Hochfürstliche Durchlaucht nochmals gehorsamst zu bitten hochgeneigtest zu veranlassen daß der Rabe die Zeichnung zu dem künftigen Lokale der Akademie ihr mittheile damit sie vortragen könne was in seinen Entwürfen mangelhaft ist indem sonst zu besorgen steht daß die Akademie der Wissenschaften ein unzwekmäßiges und dürftiges Lokale erhalte, und ohnerachtet der großmüthigen Freigebigkeit Seiner Majestät des Königes vernachläßiget erscheine und weit hinter dem zurük bleibe was anderwärts für Institute dieser Art geschehen ist Berlin d 10t. Decemb 1818 Die Akademie d. Wissenschaften conc Schleiermacher Tralles Buttmann

4679. Überlieferung: H: BBAW, II–II, Nr. 1, Bl. 10 4 8ten] korr. aus 18t 15 zu] folgt )V* 18 daß] folgt )die ohnerachtet der Königl Freigebigkeit Sr Majestät dennoch* Wissenschaften] folgt )weit hinter demjenigen* 19 erhalte, und] folgt )weit*

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10. 12. – 17. 12. 1818

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4680. Von Karl Heinrich Gottfried Lommatzsch. Annaberg, Donnerstag, 17. 12. 1818 Sr. Hochwürden / des Herrn Professors D. Schleiermacher / zu / B e r l i n . [Bl. 2v]

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Hochwürdiger, Innigstverehrter! Längst trieb mich das Herz, Ew. Hochwürden für die liebevolle Theilnahme zu danken, welche Sie den Meinen in Berlin bewiesen, und nun soll ich diesen Dank aussprechen, nachdem das Schmerzlichste, was mich treffen konnte, der Tod meiner guten Mutter, mich ausser Fassung gesetzt hat. Doch Sie fühlen und ahnen meinen Schmerz, denn Sie haben die vollendete Dulderin geehrt, darum sagt Ihnen auch das kurze, flüchtige Wort, was mein Herz für Ihre Liebe vorplaudert. Gott sey gepriesen, daß er die arme Fischer, daß er die Mutter Ew. [Hochwürden] als Freund und Wohlthäter finden ließ. Die gute That belohnt sich selbst und segnet Sie und Ihr liebes Haus; nur meine Wünsche kann ich hinzufügen, daß der Allliebende Ihnen reichlich vergelten wolle, was Sie an den Meinen thaten. Hätte ich nur Ihr Wort an meiner | Mutter Grabe vernommen, es würde mir heilbringenden Trost verkündet haben. Lassen mir Ew. es zukommen, wenn es möglich ist. Mein Herz ist zerrissen. Die Vollendete hatte große Verdienste auch um mich, und wie viel hat sie geduldet! Einer meiner liebsten Gedanken war, sie sollte zum Frühjahr, wenn es möglich wäre, zu mir ziehen, um den Rest ihrer Tage hier in Ruhe zu beschließen. Vergeblicher Wunsch! – Doch sie ist eingegangen zu einer höhern Ruhe. Viele Lieben habe ich schon dort, auch liebe Kinder, und zwey Gattinnen. Erfreulicher, sehnsuchtsvoller wird mir deßhalb der Hingang dorthin seyn. Im Geiste ergreife ich Ihre Bruderhand und tausend Dank sagt Ihnen dabey mein Herz. Möge der Himmel Ihnen alles gute schenken, was Sie so reichlich verdienen! Möge Ihr edles, geniales Wirken noch lange im höchsten Seegen fortdauern! Verlassen Sie | die Meinen nicht! so würde ich bitten, wenn diese Bitte nicht überflüßig wäre. Nur darum bitte ich, daß Sie väterlich meinem Bruder rathen, seine Gesundheit nicht durch übermäßiges Sitzen zu untergraben, denn der Herr D. Ennemoser hat mir deßhalb Besorgniße eingeflößt. Genehmigen Ew. übrigens, unter herzlicher Begrüßung an alle Ihre Lieben, die Versicherung der aufrichtigsten Verehrung und Liebe, mit der ich beharre Ew. Hochwürden ganz ergebenster und treu verbundenster Lommatzsch Sup. Annaberg den 17n Decbr 1818. 4680.

Überlieferung: H: BBAW, SN 322

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Briefe 4681 – 4682

4681. An Ernst Moritz Arndt. Berlin, Sonnabend, 19. 12. 1818 An Arndt. [Bl. 5v]

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Noch lieber Bruder bin ich nicht dazu gekommen die Steffensschen Bücher zu lesen – denn zu den Karrikaturen ist nun noch das Turnziel hinzugekommen das du wol seit Deinem Briefe auch wirst erhalten haben. Das Ganze ist eine unselige Geschichte. Daß die Strafe nicht ausbleibt für das was in guter Meinung gefehlt wird und für die Verunreinigungen welche menschliche Schwachheit in das Gute hineinbringt das ist ganz in der Ordnung. Daß dabei aber nicht wie gewöhnlich die Schlechten die Werkzeuge sind sondern wieder trefliche und wohlgesinnte Männer wie Steffens einer ist, und zwar auf eine solche Weise, daß auch ihnen wieder die Strafe für das was sich dabei unreines hineinmischt nicht ausbleiben kann, das ist eine betrübte Geschichte, und es wird schwer dabei frischen Muth und kräftige Haltung zu bewahren. Steffens thut mir leid, und er wird gewiß härter dafür gestraft werden als er verdient. Hab ich die Sachen gelesen so will ich ihm dann recht ehrlich meine Meinung schreiben. Helfen wird es auch nicht. Euern Schlegel grüße zwar von mir wenn er nach mir fragt, aber beneiden thue ich ihn euch nicht. Die Keime zu dieser Vereitelung waren | zwar schon vorhanden in jenen frühen Zeiten, als ich ihn viel kannte – aber sie so völlig ausgewachsen und zum Gipfel gesteigert zu sehn wäre mir doch ein zu unangenehmer Anblick. Auch glaube ich nicht daß er hier ein gutes Element wäre. Darum will ich es ihm auch gönnen wenn er gegen das Ministerium seinen Willen in Bonn zu bleiben durchsezt. Daß das Ungewitter welches gegen dich aufzog glüklich abgeleitet ist darüber wollen wir uns doch immer freuen, man sieht doch daß es noch gewisse Grenzen giebt über welche der Einfluß der schändlichsten Ohrenbläsereien und der eignen persönlichen Erbärmlichkeit nicht hinausgeht, das heißt daß die Schlechtigkeit zum Glück ihre eigene Feigheit nicht überwinden kann, und ich hoffe an der soll sie auch noch früher oder später ersticken. – In der Ferne haben nun gar die Leute gefabelt ich wäre über Friedrich den 2ten öffentlich als Dein Gegner aufgetreten, womit wol nur meine unschuldige Akademische Rede gemeint sein kann, die der ehrliche Pischon in unserm Provinzialblatt hat abdrucken lassen. 4681. Überlieferung: H: BBAW, SN 739/2, Bl. 4 f.; h: GStA, I. HA, Rep. 77, Tit. 21, Lit. Sch, Nr. 6, Bl. 54; D1: Arndt. Nothgedrungener Bericht, S. 115–117; D2: Br 2, 2. Aufl., S. 353 f. (Korrekturen und Kürzungen gegenüber D1) 9 Männer] korr. aus w

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19. 12. – 20. 12. 1818

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Wir sind nun erwartend, was wir Euch neues zum Neuen Jahr werden senden können. Denn noch wird alles in der Stille gebraut, und wir werden ja sehn ob man uns das alte trokne Brodt des Aachener Kongresses durch ein Paar Ministerialver|änderungen wird genießbar machen. Wenn nicht etwa Humboldt sie erzwingt wird man auch dazu zu schwach sein. Von Koreffs Allmacht spricht die ganze Welt; wenigstens ist unsers sonst guten Altensteins Unterwürfigkeit unter ihn sehr sichtbar. Ich für meine Person habe nichts gutes davon zu erwarten denn ich bin Koreff sehr derb entgegen getreten und sehe der Explosion von seiner Seite täglich entgegen. Aber ich lasse alles ganz ruhig herankommen. Die Leute haben mich bereden wollen etwas gegen die Stourdzasche Miserabilität zu schreiben. Noch habe ich das Ding nicht vollständig gesehn; aber die Proben scheinen mir zu schlecht, und es haben sich schon zuviel Stimmen erhoben als daß ich glauben könnte die meinige wäre auch noch nöthig Deines Geburtstages mein lieber Bruder werden wir hier mit den Freunden fröhlich gedenken und Dir ein gutes und gesegnetes neues Jahr wünschen. Deine Frau grüße mir bestens; ich schreibe ihr auch bald wieder. So auch vertröste mir Lücke und Sack, daß ich in den Weihnachtsferien wol die Zeit finden würde ihnen zu antworten. Unser Kindchen ist Gott sei Dank nun endlich wie ich hoffe in gründlicher Besserung. Gott befohlen. Von Herzen Dein treuer Bruder Fr S. B. d 19t. Dec. 18.

4682. An Karl Freiherr von Stein zum Altenstein (auch von der Akademie der Wissenschaften). Berlin, Sonntag, 20. 12. 1818

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Hochgeborner Freiherr Hochgebietender Herr Staatsminister Da die Eile welche Ewr Excellenz uns auflegen nicht gestattet bei den sämmtlichen Mitgliedern umzufragen wem vorzüglich damit gedient sein möchte bei dieser feierlichen Gelegenheit am Hofe zu erscheinen: so kön43 bereden] korr. aus h 4682.

Überlieferung: H: BBAW, II–VI, Nr. 1, Bl. 12

3 bei] folgt )unse*

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Briefe 4682 – 4683

nen wir nicht anders als den vorsizenden Sekretar, und den des vorigen Quartals unsererseits hiezu beauftragen. Jenes ist der mitunterzeichnete Schleiermacher und dieses der mitunterzeichnete Tralles und stellen wir Ewr Excellenz gehorsamst anheim diese mit in das Namensverzeichniß hochgeneigtest aufzunehmen; so wie wir über Zeit Art und Kostüm Ewr Excellenz nähere gnädige Anweisung erwarten. Berlin d 20t. Dec. 1818 Das Sekretariat der Akad. d. W. conc. Schleiermacher 20/12.18.

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4683. An Joachim Christian Gaß. Berlin, Montag, 28. 12. 1818 Berlin d 28t. Dec 18 Wenn ich mit Gewißheit weiß wer von uns zulezt geschrieben hat so will ich sterben. Ich habe zwar die feste Ueberzeugung, daß ich Dir vor meiner Abreise geschrieben; aber schwören will ich doch nicht drauf geschweige wetten. Denn es geht mir leider oft so daß ich mir nach einiger Zeit fest einbilde einen Brief geschrieben zu haben den ich schreiben wollte; und jezt bin ich vollends mit meinen Briefen in Verwirrung gerathen und habe keine Zeit heraus zu kommen. – Dem sei nun aber wie ihm wolle: so muß ich Dich doch fragen, was für Teufeleien Ihr denn da in Breslau anstellt, und wie Du Dich dazu verhältst. Noch bin ich nicht dazu gekommen Steffens Karrikaturen zu lesen, und eigentlich graut mir auch zu sehr davor. Es ist mir schon in Blättern so manches schiefe und haltungslose vor den Augen vorbei gegangen, daß ich mich schwerlich an etwas darin recht erfreuen werde, und bis jezt thut es mir rein leid daß er das Buch geschrieben hat. Auch hatte ich vorher eine Ahndung davon daß es nicht gut ablaufen würde. Hier hat er sich leider bei den meisten wohlgesinnten Menschen unendlichen Schaden gethan, und ich muß ganz darauf Verzicht leisten ihn zu vertheidigen und mich nur darauf beschränken den Leuten zu sagen es sei weder so arg noch überhaupt so wie sie sich einbilden. Aber er hat so unerhörte Unvorsichtigkeiten begangen, daß man nicht dagegen aufkommt. – Doch der mag nun sehen wie er sich allmählig 4683. Überlieferung: H: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Handschriften-Abteilung, Schleiermacher; D: Schleiermacher: Briefwechsel mit Gaß, S. 157–160

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wieder heraus reißt; aber warum wollen denn alle Leute die auf der Turnseite stehn das Feld räumen? Carl Raumer will weg, der ehrliche Schmehling will weg, und neulich sagte man gar Merkel wolle seinen Abschied fordern. Das lezte wolle nun Gott verhüten! Denn wahrhaft die dumme Stänkerei ist doch soviel nicht werth, daß man einen solchen Plaz dabei aufs Spiel sezen soll. Und fordert er den Abschied wer weiß wenn der Staatskanzler grade einen hat, mit dem er nirgend hin weiß (wie man zE sagt er wolle Rother | gern los sein) was er noch thut. Mein Gott man muß doch um solche Lumpereien die sich in einigen Wochen wieder verloren haben, nicht große Dinge anfangen. Auch Raumern wenn er nicht etwa Schlesien sonst schon überdrüßig hat verdenke ich es sehr. Er wird in Halle warlich auch kein Paradies finden. Ich kann Dir gar nicht sagen wie mich diese ganze Geschichte verdrießt! Doch nun von etwas anderm. Ein Reisejournal wirst Du nicht verlangen. Es ist mir eben sehr gut gegangen, wiewol das Wetter nicht immer wie gemahlt war sondern uns einigemal recht ordentlich geneckt hat. In München habe ich mich mit dem alten Jacobi recht gefreut, und möglichst gesucht mich mit ihm zu verständigen. Doch will ich nicht behaupten, daß mir das gelungen ist. Aber es ist ein gar liebenswürdiger Mann, und ich hoffe doch etwas lieb hat er mich auch gewonnen. Im Oesterreichischen habe ich keinen Menschen kennen gelernt außer ein Paar reichen Kaufleuten in Salzburg die einigen Anflug von Geist haben aber durch den häufigen Herrenwechsel vom politischen Interesse so abgespannt sind daß sie die ganze Sache nur ironisch nehmen – und einen alten katholischen Landpfarrer von recht viel theologischem Interesse und mehr Kunde als ich glaubte. In München habe ich auch den Pfarrer Gossner, einen Katholiken von der Liebe zur Gerechtigkeit aus dem Glauben kennen gelernt, der mir sehr wohl gefallen hat, tüchtig fest, frei. Schelling war nicht da. Franz Baader ist ein geistreicher philosophischer Geck Schlichtegroll ein unbedeutender Mann. Roth hinter dem stekt etwas; aber er war für die kurze Zeit zu verschlossen Thiersch ein guter Philologe, etwas philiströs. Der Kirchenrath Schmid ein ächter H o f prediger Niethammer ernster als ich ihn sonst gekannt habe. In Bayreuth habe ich ein Paar Stunden bei Jean Paul zugebracht und gefunden daß man ihn sehr verläumdet; ich habe ihn ganz unverändert ge|funden. Von Leipzig machte ich einen kleinen Abstecher nach Halle, und seit meiner Rükkunft bin ich eigentlich noch nicht zu Athem gekommen. Du hast mich so getriezt lieber Freund daß ich nun wirklich meine Dogmatik schreibe. Aber freilich auf eine etwas 30 muß] folgt )fr*

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Briefe 4683 – 4684

närrische Art und so daß noch eine ganze Weile drüber hingehn kann. Als ich im Sommer die Einleitung las dachte ich noch an nichts, und erst im November in der Aussicht auf meinen Geburtstag dachte ich er solle mich in einem tüchtigen Werk finden. Ich fing also an im ersten Theil nachzuarbeiten und zugleich die Einleitung anzufangen. Als ich aber den zweiten Theil anfing war ich im ersten bedeutend zurük, ließ ihn liegen und fing den zweiten an. Vom zweiten habe ich nun die erste Hälfte Von der Sünde ausgelesen, und habe auch im Schreiben nur so viel zurük daß ich in dieser Ferienwoche nachkomme. Vom ersten Theil ist aber nur die Lehre von der Schöpfung ausgearbeitet und von der Einleitung nur die Einleitung, so daß wenn ich auch nun wirklich im Schreiben mit der Vorlesung gleichen Schritt halte ich doch noch entsezlich viel nachzuholen habe, und da ich im Sommer 2 neue Collegia lesen will, nicht weiß wie das Ding werden soll. Was ich bis jezt gemacht habe gefällt mir nicht übel, aber es sticht doch gar wunderlich gegen alle andern Dogmatiken ab, und ich glaube die Leute werden sagen ich hätte etwas absonderliches machen wollen, woran sie mir doch sehr unrecht thun werden denn ich kann nur eben nicht anders. Acht bis zehn Bogen sind doch vielleicht alles zusamengerechnet schon geschrieben. Im künftigen Jahre wünschte ich doch gar sehr daß es fertig würde. – Die Unächtheit des Epheserbriefes wird mir beim Lesen auch noch immer gewisser und die Aechtheit meiner Dialektik auch, aber die hat noch lange Zeit. Der Mensch hat nun seine 50 Jahre auf dem Rücken, und muß sich auf nichts unnüzes mehr | einlassen, sondern nur das nöthigste thun. Predigten wollen die Leute wieder gedrukt haben, die ich seit Trinitatis über den christlichen Hausstand gehalten und das muß ich noch nebenbei besorgen. Uebrigens haben mir die guten Freunde hier meine 50 Jahr auf eine recht freundliche anmuthige Weise angestrichen, und ich kann auch nicht anders sagen als daß mir seitdem ganz besonders wohl in meiner Haut zu Muthe gewesen ist Noch wollte ich Dich bitten mir doch Nachricht von eurer ProvinzialSynode zu geben. Die unsrige ist ausgesezt bis auf den Merz weil Ribbek nicht eher alle Protokolle verdauen kann. Ich möchte nun gern von allen Seiten einigen Bericht haben, um hier desto besser gesattelt zu sein, wenn ich anders noch darauf komme, worüber ich noch nichts weiß. Auch muß ich Dich fragen ob ich Dir nicht in dem supponirten Briefe auch über die Lutherstiftung gesprochen und Dich gebeten habe mit Merkel zu besprechen ob sich nicht etwas erklekliches dafür in Schlesien thun läßt? Habe ich es nicht so will ich es nachholen sobald Du mich dazu aufforderst.

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Etwas Hauskreuz haben wir auch seit meinem Geburtstage gehabt, unsre kleine Hildegard ist sehr sehr krank gewesen, und erholt sich nur sehr langsam. Es rührt wol von den Zähnen her aber der Kopf war so afficirt daß ich eine Gehirnlähmung fürchtete. Jezt ist sie wieder ganz munter aber noch schwach. Und nun grüße Frau und Kinder zum fröhlichen Neujahr und seze Dich flugs hin und schreibe auch einen ordentlichen Brief. Von Herzen wie immer Dein Schl.

4684. Von Gustav Wiggers. Rostock, Mittwoch, 30. 12. 1818

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Hochwürdiger, Die große Verehrung, welche ich gegen Ew Hochwürden als Gelehrten hege, so wie das Verhältniß der Frendschaft, in welchem Sie mit der von mir so sehr geliebten Gräflich Vossischen Familie stehen, gibt mir das Zutrauen, mich an Sie mit der Bitte um eine literarische Gefälligkeit zu wenden. Schon seit mehreren Jahren arbeite ich an einer Geschichte des Augustinianismus und Pelagianismus vom Anfange der pelagianischen Streitigkeiten bis auf Luther. Ich habe diese Geschichte in 4 Perioden getheilt. Erste Periode. Vom ersten Auftreten des Pelagius und Caelestius in Afrika im Anfange des 5ten Jahrhunderts bis zur Annahme des Augustinischen Systems als Glaubens der ganzen Christenheit auf der dritten oekumeni|schen Synode zu Ephesus im Jahr 431. Z w e i t e P e r i o d e . Aufblühen des später so genannten Semipelagianismus durch Cassianus und dessen Anhänger bis auf die Verdammung der angeblich semipelagianischen Meinungen auch in Gallien auf der zweiten Synode zu Orange (Concilio Arausicano secundo) 529. D r i t t e P e r i o d e . Fortdauer und weitere Verbreitung der wahren semipelagianischen Denkart im Occident, die man aber für ächtaugustinisch ausgab, und Einführung des Semipelagianismus in die Dogmatik des Occidents, welchen man jedoch nicht dem Cassianus, sondern auffallend genug 4684. Überlieferung: H: BBAW, SN 420, Bl. 2 f. 14t. Apr. 19.“.

Beantwortungsvermerk: „beantw.

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Briefe 4684 – 4685

dem Augustinus selbst zuschrieb, bis auf die Verdammung des Augustinus in der Person des Mönchs Gottschalk auf einer Synode zu Mainz 848 und auf einer Synode zu Chiersy (Carisiacum) 849. V i e r t e P e r i o d e . Herrschaft des Semipelagianismus durch das ganze Mittelalter bis auf Luther. Die erste Periode soll den ersten Band ausmachen, der auch den besondern Titel führen wird: Versuch einer pragmatischen Darstellung | des Augustinianismus und Pelagianismus vom Anfange der pelagianischen Streitigkeiten bis auf die dritte oekumenische Synode. Diesen ersten Band habe ich beinahe ganz ausgearbeitet, und es fehlt nur noch die letzte Feile. Er enthält etwas über 60 geschriebene Bogen, und dürfte gedruckt ein Alphabet betragen. Er ist ganz aus den Quellen geschöpft. Zur Aufgabe habe ich es mir dabei gemacht, nicht nur das Augustinische und Pelagianische System vollständiger und genauer darzustellen, als es bis jetzt geschehen ist, sondern auch – was ich bei Allen, die über diesen Gegenstand geschrieben haben, so sehr vermißte – pragmatisch zu entwickeln, wie die Urheber beider entgegengesetzten Systeme im Verfolge des Streits dieselben nach und nach ausbildeten, bis sie endlich in der vollendeten Gestalt da standen, in welcher jeder, der sie kennt, ihre Consequenz bewundern muß. Für diesen ersten Band – der also schon ein für sich bestehendes Ganze bilden wird – suche ich jetzt einen soliden Verleger. Und da möchte ich mit Niemandem lieber in Unterhandlungen treten, als mit dem Herrn Reimer, der | mir von mehreren Seiten auf das vortheilhafteste bekannt geworden ist. Ich trage aber Bedenken, mich geradezu an Herrn Reimer zu wenden. Daher meine Bitte an Ew Hochwürden, die Anfrage an ihn gelangen zu lassen, ob er geneigt sey, den Verlag dieses Buchs zu übernehmen, und mich dann, wenn auch nur in wenigen Zeilen, mit seiner Antwort bekannt zu machen. Erklärt sich Herr Reimer zur Uebernahme des Verlags geneigt, so sollen Ew Hochwürden weiter keine Mühe von mir haben, und ich werde dann unmittelbar mit ihm in schriftliche Unterhandlungen treten. Macht er aber seinen Endschluß abhängig von dem Urtheil, welches Ew Hochwürden über den Werth des Manuscripts fällen, so bin ich – wenn Ew Hochwürden mir die Erlaubniß dazu geben – gerne bereit, Ihnen das Manuscript zur Prüfung vorzulegen. Wem sollte ich lieber ein Urtheil über den Werth meiner Arbeit zugestehen, als gerade Ew Hochwürden, und von wem sollte ich mich lieber belehren lassen, als von Ihnen?

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Entschuldigen Sie die Beschwerde, welche ich Ihnen verursache, mit dem Vertrauen, welches ich zu Ihnen hege, und genehmigen Sie die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung, mit welcher ich die Ehre habe zu seyn EwS. Hochwürden gehorsamster Diener Gustav Wiggers Cons. Rath u Professor. Rostock den 30sten Dec. 1818.

4685. An Carl Gustav von Brinckmann. Berlin, Donnerstag, 31. 12. 1818 Berlin d 31t. Dec. 18

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Wie erfreulich kamen mir mein theurer Freund nach so langer Zeit die dennoch gleich erkannten Züge deiner Hand! Und noch erfreulicher kam mir Deine Frage nach der ewigen Jugend entgegen. Denn ich gestehe Dir unverholen dies beharrliche Zurükziehn von Deinen deutschen Freunden, da es nicht mich allein traf sondern Gräfin Voss es eben so bedauerte, und ich überall wo ich nach Briefen von dir fragte nur Nein zur Antwort erhielt, erregte mir eine wehmüthige Besorgniß als habe auf irgend eine Weise die Frische Deines Gemüthes der Zeit untergelegen. Nun freue ich mich zwiefach daß Du nach der Jugend des Geistes nicht als nach einem verlorenen Schaze fragst, und daß ich Gott sei Dank mit eben so gutem Gewissen antworten kann. Wieviel jünger ich an Jahren bin weiß ich nicht genau; ich habe vor wenig Wochen auf eine recht fröhlich festliche Weise mein 50tes Jahr vollendet und ich kann rühmen daß ich weder meine geistige Productivität noch meine Empfänglichkeit geschwächt fühle. Das erste mußt Du mir leider aufs Wort glauben da ich seit mehreren Jahren mit nichts bedeutendem öffentlich aufgetreten bin. Aber das Hervorbringen liegt in den Vorlesungen. Noch in den lezten Jahren habe ich eine Politik eine Dialektik eine Psychologie nach meiner eigenen Weise vorgetragen, von denen ich hoffe wenn sie auf dem Papier ständen sollten sie sich Deines Beifalls erfreuen; und im nächsten Jahre denke ich an die Aesthetik zu 4685. Überlieferung: H: Trolle-Ljungby, Brinkmanska-Arkivet; D1: Br 4, S. 240–243; D2: Karoline von Humboldt: Neue Briefe, S. 149 (Ergänzung zu D1) 8 Besorgniß] korr. aus Besorgnisse 10 Jugend] korr. aus Frische

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Brief 4685

gehn. Freilich hat aber auch das Leben unter der Jugend und für die Jugend eine besondere erheiternde Kraft; und wenn wir uns gleich stellen können an innerer Jugend: so gebührt Dir offenbar der Vorrang da das Leben am Hofe und wie Du ja schreibst in einer nicht unmittelbar ansprechenden Umgebung die eigene Kraft eher aufreibt als unterstüzt. Und dabei habe ich noch Frau und Kinder vor Dir voraus. Zwei habe ich erheirathet und dreie gezeugt, und das wächst frisch und lustig um | mich herum. Es gehört wol wenig dazu unter so günstigen Umständen das verstoken und versteinern fern von sich zu halten. Was unsere so oft besprochenen allgemeinen Ansichten betrifft so bin ich mir eben nicht bedeutender Veränderungen bewußt, und sehen wir auf den innersten Grund so ist er gewiß noch ganz derselbe. Eine Dogmatik, die ich mich endlich überwunden habe zu schreiben, weil ich glaube daß es Noth thut, über deren Ausarbeitung aber das künftige Jahr leicht noch hingehen möchte wird Dir zeigen daß ich seit den Reden über die Religion noch ganz derselbe bin, und in diesen hast Du ja doch auch den Alten wieder erkannt. Dasselbe geistige Verständniß des Christenthums in derselben Eintracht mit der Speculation und eben so von aller Unterwerfung unter den Buchstaben befreit soll hier, aber in der strengsten Schulgerechtigkeit auftreten. Sonst ist freilich in unserer deutschen Welt in dieser Hinsicht ein wunderliches Wesen; nachdem die Leute sich so lange von der flachen Aufklärung haben gängeln lassen werden sie nun theils katholisch theils geben sie sich in die buchstäblichste Orthodoxie hinein, theils werden sie wunderliche Frömmler. Man muß es nun der närrischen Welt lassen, daß sie aus einem Extrem in das andere übergeht; allmählig findet sie sich doch wieder zurecht. Daß allemal Einige dabei untergehn ist nicht zu vermeiden; man muß das ansehn wie eine andere Epidemie. Aus mir wissen sie aber immer noch nicht was sie machen sollen bald ein Atheist, bald ein Herrnhuter. Ich hätte mir deshalb eher des Himmels Einfall versehen als daß mich die hiesige Geistlichkeit zum Synodalpräses ernennen würde – was auch in diesem lezten Jahr meine Zeit sehr zerstükelt | hat. Doch wie ich hoffe nicht auf eine ganz unfruchtbare Weise. Meine kleinen theologischen Productionen sind wol nicht über die Ostsee gekommen? Ich wollte wenigstens daß Du die lezte etwas bedeutendere, Ueber das Evangelium des Lukas gesehen hättest. Es ist der Anfang meine Ansicht über die Evangelien mitzutheilen, und ich wüßte gern Deine Meinung wenigstens über die Art von Kritik die da geübt ist. – Meine Abhandlungen der Akademie erhaltet Ihr für Eure Akademie. Es ist gut wenn man manchmal so etwas machen muß: 58 Abhandlungen] folgt )übe*

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und ich bin auf diesem Wege jezt in eine Reihe von Untersuchungen über den Aristoteles gerathen die ich leider nur in sehr großen Zwischenräumen und sehr abgerissen verfolgen kann. Meine Stellung sowol in der Synode als in der Akademie bringt mich in mancherlei Berührungen mit der Regierung, und ich stehe in dem vollständigen Ruf, auf das gelindeste gesagt, eines Oppositionsmannes. Daß aber Viele es so weit treiben mich für einen Jakobiner auszuschreien gehört zu den lächerlichsten Mißverständnissen da ich selbst in der wildesten Revolutionszeit immer ein Monarchist gewesen bin. Da es mich in meiner Wirksamkeit nicht stört, und mir nicht so leicht jemand etwas anhaben kann übersehe ich dieses Geträtsch in der größten Ruhe. Du wirst auch aus meinen Abhandlungen sehen, daß ich mich in meinen politischen Grundsäzen eben so wenig geändert habe, als in meinen religiösen. Du siehst ich bin Dir mit einer recht geschwäzigen Beichte vorangegangen, und fordere Dich nun zur baldigen Nachfolge auf. Wenn ich gleich leider schon von Frau von Helwig gehört habe daß Du noch immer | mit den alten körperlichen Uebeln zu kämpfen hast so mußt Du doch bei Deinem ungeheuern Talent die Zeit zu benuzen, weshalb ich Dich noch täglich bewundere indem ich meine eigene Unfähigkeit schelte in Deiner jezigen Muße die vortreflichsten Sachen arbeiten können. Indeß fürchte ich, da Du zu denen gehörst die alles vollenden, wie ich zu denen die alles ungeleckt und ungefeilt in die Welt schicken daß wir doch noch auf die Früchte dieser Muße werden warten müssen. Mache mich wenigstens einigermaßen zum Vertrauten was wir zu hoffen haben. Aber gieb auch lieber Freund die alte Tugend und Meisterschaft des Briefschreibens nicht auf. – Von unsern alten Herrnhutischen Bekannten sind Baumeister und Staeheli auf dem Synodus heimgegangen. Doch das weißt du wol schon. Den leztern hatte ich im vorigen Jahr auf einer Reise durch Thüringen besucht. Dies Jahr war ich etwas im südlichen Deutschland und habe zu meiner großen Freude des alten Jacobi Bekanntschaft gemacht, bei dem natürlich auch Deiner gedacht wurde. Es ist ein liebenswürdiger Greis aber ihn über die zwischen uns obwaltenden Differenzen ins Klare zu sezen hat mir in der flüchtigen Zeit nicht gelingen wollen. Schelling war nicht da, und Baader ist mir, wie geistreich er auch sei, als ein unerträglicher Narr erschienen. Herr Benedickt will mir diesen Brief besorgen ich hoffe daß Du ihn um so eher und sichrer erhältst und mich nicht lange auf den zweiten wärten läßt. Unveränderlich der Deinige Schleiermacher

Abkürzungen und editorische Zeichen Archive der Briefmanuskripte Literaturverzeichnis

Abkürzungen und editorische Zeichen Im vorliegenden Textband finden sich folgende Abkürzungen, die nicht am Ort, im Archiv- oder Literaturverzeichnis oder im Duden (Rechtschreibung) aufgelöst sind ALZ BBAW Br D d e.g. ELAB &c Ew, Eur. g., G., gr., Gr. ggr., Ggr. GStA H. H h i.e. KGA Kj. korr. NB NS p pp r., R., Rth., rth. r sg., s. SB SN SW

Allgemeine Literatur-Zeitung Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Archiv Aus Schleiermacher’s Leben. In Briefen Den, Doctor, (im textkritischen Apparat:) Druck den, dieser usw.; Pfennig exempli gratia (z.B.) Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin etc. Euer (Hochwürden) Groschen gute Groschen Geheimes Staatsarchiv Berlin Herr (im textkritischen Apparat:) Handschrift (Original) (im textkritischen Apparat:) Abschrift it est Schleiermacher: Kritische Gesamtausgabe Konjektur korrigiert nota bene Nachsatz perge, praedictus, praenominatus perge perge, pergite Reichsthaler recto (Vorderseite) Silbergroschen Schleiermacher-Bibliothek Schleiermacher-Nachlass Schleiermacher: Sämmtliche Werke

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Abkürzungen und editorische Zeichen

Thl., Thlr., Thr. v zE, ZE

Thaler verso (Rückseite) zum Exempel

P S [ ] [ ] [...]

unsichere Lesart Ergänzung der Bandherausgeber im Text: Überlieferungsverlust im Text: Auslassung früherer Herausgeber oder Abschreiber Streichung des Schreibers oder Abschreibers versehentlich nicht durchgeführte Streichung Seitenwechsel in der Vorlage Zeilenbruch Lemmazeichen bei Briefnummern: erschlossener Brief Regest oder Ergänzungen durch Herausgeberinnen und Herausgeber

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Literaturverzeichnis Das Literaturverzeichnis führt die (selbständig erschienenen) Druckschriften auf, die in den Brieftexten sowie in den Apparaten und der Einleitung der Bandherausgeber genannt sind. Werke klassischer Autoren (z. B. Platon, Vergil, Shakespeare) sind nur aufgenommen, wenn auf eine bestimmte Ausgabe Bezug genommen wird. Folgende Grundsätze sind besonders zu beachten: 1. Die Verfassernamen und Ortsnamen werden in der heute gebräuchlichen Form angegeben. 2. Ausführliche Titel können in einer sinnvollen Kurzfassung wiedergegeben werden, die nicht als solche gekennzeichnet wird. 3. Werden zu einem Verfasser mehrere Titel genannt, so bestimmt sich deren Abfolge nach Gesammelten Werken, Teilsammlungen und Einzelwerken. Gesammelte Werke und Teilsammlungen werden chronologisch, Einzelwerke alphabetisch angeordnet. 4. Bei anonym erschienenen Werken wird der Verfasser in eckige Klammern gesetzt. 5. Für die Ordnung der Sachtitel ist die gegebene Wortfolge unter Übergehung eines am Anfang stehenden Artikels maßgebend. Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin, Berlin 1815–1900 Allgemeine Literatur-Zeitung (ALZ), Jena: Expedition 1785–1803; Halle: Schwetschke 1803–1849 Allgemeiner Anzeiger der Deutschen, Gotha: Becker 1806–1829 Arndt, Andreas und Virmond, Wolfgang: Schleiermachers Briefwechsel (Verzeichnis) nebst einer Liste seiner Vorlesungen, Berlin und New York: De Gruyter 1992 (= Schleiermacher-Archiv, Bd. 11) Arndt, Ernst Moritz: Ein Lebensbild in Briefen. Nach ungedruckten und gedruckten Originalen. Hg. Heinrich Meisner und Robert Geerds, Berlin: Reimer 1898 ––: Briefe, Bd. 1–3. Hg. Albrecht Dühr, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1972–1975 —: Nothgedrungener Bericht aus seinem Leben, 1. und 2. Theil, Leipzig: Weidmann’sche Buchhandlung 1847

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Bassenge: Auktion 48, Berlin 1996 Bauer, Johannes (Hg.): Briefe Schleiermachers an Wilhelmine und Joachim Christian Gaß. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte 47 (1928), S. 250– 278 Benrath, Adolph: Schleiermacher examiniert einen Mediziner für die Danziger Friedensgesellschaft. In: Mitteilungen des westpreußischen Geschichtsvereins 21 (1922), S. 29–32 Berend, Eberhard (Hg.): Jean Pauls Persönlichkeit, München: Müller 1913 Blanc, Ludwig Gottfried: Briefe an Friedrich Schleiermacher, Berlin: Litteraturarchiv-Gesellschaft 1909 (= Mitteilungen aus dem Litteraturarchive in Berlin, NF, Bd. 2) Brinckmann, Karl Gustav von: Briefe an Friedrich Schleiermacher. Für die Litteraturarchiv-Gesellschaft in Berlin herausgegeben [von Heinrich Meisner und Erich Schmidt], Berlin 1912 Christophersen, Alf (Hg.): Friedrich Lücke (1791–1855). Teil 2: Dokumente und Briefe, Berlin und New York: De Gruyter 1999 (= Theologische Bibliothek Töpelmann; Bd. 94) Cordes, Martin: Der Brief Schleiermachers an Jacobi. Ein Beitrag zu seiner Entstehung und Überlieferung. In: Zeitschrift für Theologie und Kirche 68 (1971), S. 208–211 Frisch, Samuel Gottlob: Utrumque Lucae commentar, de vita, dictis fatisque Jesu et Apostolorum non tam historicae simplicitatis, quam artificiosae tractationis indolem habere, Freiberg 1817 Geck, Albrecht: Schleiermacher als Kirchenpolitiker, Bielefeld: LutherVerlag 1997 (= Unio und Confessio, Bd. 20) Geiger, Ludwig: Eine Erinnerung an die Feier des Reformationsfestes in Berlin 1817. In: Vossische Zeitung 1903, Nr. 513 (1.11.) (= Sonntagsbeilage Nr. 44), Sp. 345 f. Hahn, Heinrich: Aus dem Nachlass von Henriette Herz. In: Nord und Süd. Eine deutsche Monatsschrift 63 (1892), S. 58–74 Harms, Claus: Briefe zu einer näheren Verständigung über verschiedene meine Thesen betreffenden Puncte. Nebst einem namhaften Briefe, an den Herrn Dr. Schleiermacher, Kiel: Akademische Buchhandlung 1818 Harnack, Adolf: Geschichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 1,1–3, Berlin: Reichsdruckerei 1900 Hartung & Karl: Auktion 40, München 1983 Hauswedell, Ernst: Antiquariatskatalog 93, Hamburg 1951 Hauswedell & Nolte: Auktionskatalog 232, Hamburg 1979

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Literaturverzeichnis

Heinrici, Georg: D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen, Berlin: Hertz 1889 Henrici, Karl Ernst: Auktionskatalog 108, Berlin 1926 —: Auktionskatalog 115, Berlin 1927 Hoff, Karl Ernst Adolf von und Jacobs, Christian Wilhelm: Der Thüringer Wald besonders für Reisende geschildert, Gotha: Ettinger 1807 Humboldt, Karoline von: Neue Briefe. Hg. Albert Leitzmann, Halle: Niemeyer 1901 Jacobi, Friedrich Heinrich: Werke. Gesamtausgabe, Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 1981 ff. ––: Von den Göttlichen Dingen und ihrer Offenbarung, Leipzig: Fleischer 1811 Walter Jaeschke (Hg.): Religionsphilosophie und spekulative Theologie. Quellenband, Hamburg: Meiner 1994 (= Philosophisch-literarische Streitsachen, Bd. 3,1) Jahrbuch des protestantischen Kirchen- und Schulwesens von und für Schlesien, Breslau 1817–1818 Lenz, Max: Geschichte der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, Bd. 1–4, Halle: Buchhandlung des Waisenhauses 1910–1918 Lehmus, Adam Theodor Albert Franz: Der Protestantismus; drey Gespräche, veranlaßt durch die Pflaumische Frage und Bitte an die gesammte protestantische Geistlichkeit in Teutschland, Ansbach 1817 Meisner, Heinrich (Hg.): Schleiermacher als Mensch. Sein Werden und Wirken. Familien- und Freundesbriefe, Bd. 1–2, Gotha: Perthes 1922/ 23 Neuer rheinische Merkur oder der deutsche Vaterlandsfreund, Jena: Bran 1817–1819 Orationes in solemnibus ecclesiae per Lutherum emendatae saecularibus tertiis in Universitate litterarum Berolinensi d. III. Novembr. A. MDCCCXVII. habitae, Berlin: Unger o.J. (1817) Reformations-Almanach, Erfurt: Keyser 1817–1821 Reich, Andreas: Schleiermacher als Pfarrer an der Berliner Dreifaltigkeitskirche 1809–1834, Berlin und New York: De Gruyter 1992 (= Schleiermacher-Archiv, Bd. 12) Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Denkmal der Schrift von den göttlichen Dingen &c. des Herrn Friedrich Heinrich Jacobi, Tübingen: Cotta 1812 Schlegel, Friedrich: Kritische Friedrich Schlegel-Ausgabe (KFSA), Paderborn: Schöningh 1958 ff.

Literaturverzeichnis

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—: Schriften zur Kritischen Philosophie 1795–1805. Hg. Andreas Arndt und Jure Zovko, Hamburg: Meiner 2007 (= Philosophische Bibliothek, Bd. 591) Schleiermacher, Friedrich: Kritische Gesamtausgabe (KGA). Hg. H.-J. Birkner u. a., Berlin, New York und Boston: De Gruyter 1980 ff. —: Aus Schleiermacher’s Leben. In Briefen, Bd. 1–2, Berlin: Reimer 1858 —: Aus Schleiermacher’s Leben. In Briefen, Bd. 1–4 (Bd. 1–2 in 2. Auflage; Bd. 3–4 vorbereitet von Ludwig Jonas. Hg. Wilhelm Dilthey), Berlin: Reimer 1860 —: Briefwechsel mit August Boeckh und Immanuel Becker. Hg. Heinrich Meisner, Berlin: Litteraturarchiv-Gesellschaft 1916 (= Mitteilungen aus dem Litteraturarchive in Berlin, NF, Bd. 11) —: Schleiermachers Briefe an die Grafen zu Dohna. Hg. J. L. Jacobi, Halle: Strien 1887 —: Briefwechsel mit Joachim Christian Gaß. Hg. Wilhelm Gass, Berlin: Reimer 1852 ––: Ein Brief von Schleiermacher an Friedr. Heinrich Jacobi. Mitgetheilt von B. Jacobi. In: Der Kirchenfreund für das nördliche Deutschland 1 (1837), S. 373–377 ––: Ein Brief von Schleiermacher an Friedrich Heinrich Jacobi. In: Deutsche Zeitschrift für christliche Wissenschaft und christliches Leben 1 (1850), S. 400–406 ––: Brief an Jacobi, 30. März 1818. Hg. von Andreas Arndt und Wolfgang Virmond. In: Walter Jaeschke (Hg.): Religionsphilosophie und spekulative Theologie. Quellenband, Hamburg: Meiner 1994 (= Philosophisch-literarische Streitsachen, Bd. 3,1), S. 394–398 [—:] Amtliche Erklärung der Berlinischen Synode über die am 30sten October von ihr zu haltende Abendmahlsfeier, Berlin: Realschulbuchhandlung 1817 —: An Herrn Oberhofprediger Ammon über seine Prüfung der Harmsischen Säze, Berlin: Realschulbuchhandlung 1818 ––: Predigt am zweiten Tage des Reformations-Jubelfestes in der Dreifaltigkeits-Kirche gesprochen, Berlin 1818 —: Ueber die neue Liturgie für die Hof- und Garnision-Gemeinde zu Potsdam und für die Garnisonkirche in Berlin, Berlin: Realschulbuchhandlung 1816 —: Ueber die Schriften des Lukas ein kritischer Versuch, Bd. 1, Berlin: Reimer 1817 —: Zugaben zu meinem Schreiben an Herrn Ammon, Berlin: Realschulbuchhandlung 1818

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Schmidt, Sarah: „Es ist doch sehr fatal, dass wir so weit auseinander sind“ – Stationen einer Freundschaft zwischen Steffens und Schleiermacher aus Briefen und Dokumenten. In: Sarah Schmidt und Leon Miodonski (Hg.): System und Subversion. Friedrich Schleiermacher und Henrik Steffens, Berlin und Boston: De Gruyter 2018, S. 33–64 Stargardt, Joseph A.: Autographen 461, Berlin 1942 —: Autographen 508, Marburg 1953 —: Autographen 519, Marburg 1955 —: Autographen 560, Marburg 1962 Steffens, Henrich: Was ich erlebte. Aus der Erinnerung niedergeschrieben, Bd. 1–10, Breslau: Max 1840–1844 Telegraph für Deutschland, Hamburg: Hoffmann & Campe 1838–1848 Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen, Berlin: Unger 1798 Tiemann, Johann Christian: Ein Versuch über Lucians von Samosata Philosophie und Sprache, Zerbst: Füchsel 1804 Tittmann, Johann August Heinrich: „Ueber die Vereinigung der evangelischen Kirchen“, Leipzig: Cnobloch 1818 Traulsen, Hans F.: Schleiermacher und Claus Harms. Von den Reden Über die Religion zur Nachfolge an der Dreifaltigkeitskirche, Berlin und New York: De Gruyter 1989 (= Schleiermacher-Archiv, Bd. 7)