Kriegerdenkmale als Kulturobjekte: Trauer- und Nationskonzepte in Monumenten der Weimarer Republik 9783412214432, 9783412207281

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Kriegerdenkmale als Kulturobjekte: Trauer- und Nationskonzepte in Monumenten der Weimarer Republik
 9783412214432, 9783412207281

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kölner historische Abhandlungen Herausgegeben von Jost Dülffer, Norbert Finzsch, Karl-Joachim Hölkeskamp und Eberhard Isenmann Band 50

Kriegerdenkmale als Kulturobjekte Trauer- und Nationskonzepte in Monumenten der Weimarer Republik

von

Michaela Stoffels

2011 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEI MAR WIEN

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung, Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Überarbeiteter Entwurf zur Neugestaltung der Neuen Wache von Heinrich Tessenow, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 413. © 2011 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20728-1

Inhalt

Vorwort ...................................................................................................................... Einleitung...................................................................................................................

9 11

TEIL 1 – GRENZÜBERSCHREITUNGEN DES TRIUMPHALEN HELDEN ZUR (DE-) KONSTRUKTION NATIONALER SELBSTINSZENIERUNG IM UNIVERSITÄREN DENKMALBAU UND -KULT I.

Souveräner Held. Das Kriegerdenkmal der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität ............................................. 1. Formung subjektiver und Verdrängung objektiver Trauer in der Planungsphase des Münchener Universitätsdenkmals .......... 1.1. Konstruktion des generationsübergreifenden Helden. Die Entstehung der Kriegergedächtnishalle ........................................ 1.2. Dekonstruktion des grenzüberschreitenden Helden. Die Erweiterungsphase des Denkmals ................................................

2. Zur Ästhetisierung des triumphalen Kriegstodes ............................... 3. Aggressiver Nationalismus. Rezeptionsrituale am Denkmal ............ 3.1. Totenwächter oder Speerträger? Zu Deutungsspielräumen des Hochschulmonuments ......................... 3.2. Ritual als Gewalt. Denkmalfeiern und die Grenzüberschreitungen des Nationalen ..........

II. Gebeugter Held. Das Kriegerdenkmal der ehemaligen Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin ................................... 1. Zu Ausmaß und Grenzen der Degradierung objektiver Trauer. Die Planungsphase des Berliner Universitätsdenkmals .....................

49 49 51 60 64 73 73 78 90 90

1.1. Generationsüberschreitende Nationalisierung versus Entpolitisierung. Die Kämpfe um Formgebung ................................. 91 1.2. Von studentischer Heldensucht. Experiment mit dem Findling .......... 101 1.3. Tragödie der objektiven Trauer. Denkmal ohne Namen .................... 104

2. Gestalterische Paradoxien. Wechselspiel subjektiver und objektiver Trauer ................................ 108 3. Nationales zwischen Affirmation und potentieller Aggression. Die Rezeption des universitären Kriegsmonuments. ........................ 117 3.1. Kulturelle Vielfalt. Zur schwankenden Wahrnehmung eines hybriden Denkmals............. 117

Inhalt

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3.2. Nationale Einheit. Die Einweihungsfeier des Kriegerdenkmals .......... 121

III. Zerbrochener Held. Die beiden Kriegerdenkmäler der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität ...................................................... 127 1. Vom triumphierenden Helden zum Opfer. Die Planung der beiden Universitätsdenkmale .................................. 127 1.1. Selbstreflexives Totengedenken. Entstehung des ersten Kriegerdenkmals ............................................. 128 1.2. Trauer für den Anderen. Planungsphase des zweiten Kriegerdenkmals ..................................... 136 1.3. Verpflichtet zum Gegenmonument. Die Versetzung von Flamme empor ................................................... 139

2. Von der Sublimation zur Demonstration objektiver Trauer. Zur Gestaltung der beiden Universitätsdenkmäler............................ 2.1. „Zum Zerreißen straff“. Ikonologie des ersten Kriegerdenkmals....... 2.2. Trauer, Trost und Aufklärung. Beschreibung der Ehrenhalle ............. 3. Ende des nationalen Zusammenhalts. Zur Rezeption beider Universitätsdenkmäler. ....................................

146 146 152 155

3.1. Revolutionäre Wiedergeburt. Zur Einweihungsfeier von Flamme empor ......................................... 156 3.2. Mahnende Stille. Die Einweihungsfeier der Ehrenhalle ...................... 160

TEIL 2 – GRENZVERSCHIEBUNGEN DES TRAGISCHEN HELDEN DER OFFIZIELLE DENKMALBAU UND -KULT ZWISCHEN MILITÄRISCHEM UND ZIVILEM TOTENGEDENKEN I.

Zwischen Krieg und Frieden. Das städtisch-bayerische Kriegerdenkmal auf dem Vorplatz des ehemaligen Münchener Armeemuseums ............ 164 1. Vom Miteinander divergierender Trauerkonzepte in der Planungsphase des Denkmals .................................................... 165 1.1. Grenzen militärischer Erinnerungsmacht. Die erste Planungsphase ...................................................................... a) Der Kampf um zivile Aufklärung. Der erste Denkmalwettbewerb b) Die Gedächtniskapelle im Münchener Rathaus als moderate Gegeninitiative .......................................................... 1.2. Ausmaß militärischer Erinnerungsmacht. Die zweite Planungsphase ................................................................... a) Die Durchsetzung nationaler Freigabe. Der engere Wettbewerb .. b) Das bayerische Armeedenkmal als militärisches Identifikationssymbol ...............................................

166 166 176 179 180 182

Inhalt

7 1.3. Zum Spielraum objektiver Trauer im Kriegsmonument. Die Neugestaltung des Denkmalplatzes ............................................... 189

2. Zwischen männlichem Heroen und weiblicher Trauer. Der komplementäre Geschlechtercode und die Denkmalgestaltung 2.1.Die Krypta und das Gesicht des schlafenden Helden ............................ 2.2. Der Denkmalshof und die Gesichtslosigkeit der Opfer ........................ 3. Zum nationalen Potential von Riten am bayerischen Totengrab. .... 3.1. Rezeptionsglück? Kriegerdenkmal unter Blumen und Steinen .............

191 192 199 203 203

3.2. Rezeptionsunglück a) Triumphale Heldensucht. Die Grundsteinlegung ............................ 209 b) Wehrhafte Nation. Denkmalfeiern zwischen 1924 und 1932 .......... 217

II. Zwischen Frieden und Krieg. Die Berliner Neue Wache als Gedächtnisstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs............... 224 1. Vom bloßen Nebeneinander divergierender Trauerkonzepte. Die Planungsphase der Gedächtnisstätte ............................................. 224 1.1. Das preußische Kriegerdenkmal als Reichsehrenmal? Die weitere Planung.............................................................................. 1.2. Gespaltene Trauer. Die engere Planung der Gedächtnisstätte ............................................ a) Wessen Gefallene? Zur Konkurrenz ziviler und militärischer Erinnerungsinteressen ... b) Der beschränkte Architektenwettbewerb ........................................

2. Irritationen. Zur mehrdeutigen Gestaltung des Monuments ............ 3. Nationale Variationen. Rezeptionsformen des Kriegerdenkmals .... 3.1. Die Pressediskurse und die Grenzen des militärischen Helden ........... 3.2. Artikulation kultureller Differenz. Soziales Handeln am Denkmal ...... 3.3. Nation in Waffen. Zur Einweihung der Gedächtnisstätte ....................

225 229 230 234 242 252 253 258 262

III. Weder Frieden noch Krieg. Vom Gegeneinander divergierender Trauerkonzepte in der Planungsphase des Bonner Kriegsmonuments. 270 1. Hain oder Heim? Vom öffentlichen Kriegerdenkmal zum Friedhofsmonument ...................................................................... 270 2. Der Ideenwettbewerb für das städtische Denkmal. Programm und Scheitern des zivilen Helden ..................................... 276

Inhalt

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TEIL 3 – GRENZMARKIERUNGEN DES OPFERS? KIRCHLICHER DENKMALBAU UND -KULT ZWISCHEN RELIGION UND NATION I.

Grenzübertritte. Vom Ortswechsel des Opfers im protestantischen Kriegerdenkmalbau und -kult ................................... 283 1. Vom unschuldigen zum notwendigen Opfer. Das Gefallenendenkmal der Münchener Matthäuskirche ................ 284 1.1. Diskrepanzen der Trauer. Die Planungsphase ..................................... 285 1.2. Unschuldiges und notwendiges Opfer. Zur Formsprache des Kriegerdenkmals .............................................. 290 1.3. Patriotische Grenzüberschreitung. Die Enthüllungsfeier ................... 295

2. Vom notwendigen zum unschuldigen Opfer. Die Berliner Domkirche ......................................................................... 301 3. Vom passiven zum aktiven Opfer. Die Kriegergedächtniskapelle in der Bonner Kreuzkirche .............. 315 3.1. Zur Entwicklung des Totenerinnerns a) Von Opfern und tragischen Helden. Zu den Projekten der ersten beiden Denkmalausschüsse ............... b) Zur Wiedergeburt des triumphalen Helden. Denkmalbau durch den dritten Ausschuss ...................................... 3.2. Sakralisierung des aktiven Opfers und Sublimierung des Leids. Die Gestaltung des Kriegsmonuments ............................................... 3.3. Die Nation als Höchstinstanz. Einweihungsfeier des Denkmals .........

II. Grenzverschiebungen und -markierungen des Opfers im katholischen Denkmalbau ........................................................................ 1. Trauer als Trost und nationale Bestärkung. Die Münchener Kriegerdenkmale Frauendom und Peterskirche ... 2. Trauer zwischen Not und Moral. Das Kriegerdenkmal der Berliner Michaelskirche ............................. 3. Trauer als Tröstung und Aufklärung. Zum Kriegerdenkmalbau im Bonner Münster ................................... Schluss: Die Perspektive auf die Kriegerdenkmale umkehren ................ Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... Abbildungsverzeichnis ............................................................................................ Bibliographie ............................................................................................................. Quellen (Unveröffentlicht 381 – Zeitungen 384 – Monografien 386) .. Literatur ............................................................................................................. Personen- und Ortsregister ....................................................................................

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Vorwort

Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um die überarbeitete Fassung meiner im November 2007 von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln angenommenen Dissertation. Die ursprüngliche Arbeit trug den Namen „Kriegerdenkmale als Kulturobjekte. Vom Ausgleich divergierender Erinnerungs- und Nationskonzepte im Denkmalbau und -kult Münchens, Berlins und Bonns (1918-1933)“ und entstand in den Jahren 2004 bis 2007. Die bis zur Drucklegung auf dem Gebiet der Kriegerdenkmale neue erschienene Literatur wurde – wo möglich – eingearbeitet. Ganz besonders herzlich möchte ich meinem Doktorvater Hans-Peter Ullmann für die engagierte Betreuung in allen Phasen des Projekts danken. Die Dissertation wurde bis zur Drucklegung großzügig von der Fritz Thyssen Stiftung unterstützt. Mein Dank gilt neben dieser wertvollen Form der Förderung auch dem Oberseminar von Jost Dülffer, Ralph Jessen, Margit Szöllösi-Janze und Hans-Peter Ullmann am Historischen Institut der Universität zu Köln, ebenso wie dem Oberseminar von Wolfram Siemann an der Ludwig-MaximiliansUniversität München, in denen ich die Arbeit zur Diskussion stellen durfte. Norbert Nußbaum (Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln) hat – neben dem für diese Arbeit wesentlichen Gedankenaustausch – die Erstellung des Zweitgutachtens übernommen, die Herausgeber der Reihe, Jost Dülffer, Norbert Finzsch, Karl-Joachim Hölkeskamp und Eberhard Isenmann die Prüfung vor Aufnahme in die „Kölner Historischen Abhandlungen“, Elena Mohr vom Böhlau Verlag Köln die kompetente Betreuung in der Drucklegungsphase. Auch ihnen allen gilt mein herzlicher Dank. Diese Studie wäre ohne die großzügige Unterstützung zahlreicher öffentlicher und kirchlicher Archive und weiterer Institutionen so niemals entstanden. Stellvertretend für viele seien genannt: Thomas Becker (Bonn), Christian Fuhrmeister (München), Christine Goetz (Berlin), Godehard Hoffmann (Brauweiler), Norbert Schloßmacher (Bonn), Otto-Karl Tröger (München), Monika von Walter (München), Uli Walter (München). Ganz besonders herzlich aber möchte ich folgenden Menschen danken: María Barros, Nicole Bourgery, Stefan Bürkle, Ana und Nuria Fernandez, Gabino Gonzalez, Edwin Hennig, Rita Hombach, Sandra Kampmann, Josef Neuner, Steffi Schür, Karin Schützeichel, Rita Seiderer, Irmi und Bob Stoffels, Till van Rahden. Diese Arbeit ist meinem Mann Markus gewidmet. Bonn, im März 2011

Michaela Stoffels

Einleitung

Die Menschen, die an einem Denkmal aus anderer Zeit, aus anderem Sinn stehen, begegnen sich nicht, sondern schauen alle hinauf zu einer Sache und stehen um die Sache. Hier aber begegnen sie sich untereinander zwischen gleichem Geschehen. Und es ist kein Ort der Deutung von Bildern, sondern ein einfachstes: Auch Du! 1 Die Kultur ist „dialektisch“, so wahr sie dramatisch ist. Sie ist kein einfaches Geschehen, kein ruhiger Ablauf, sondern sie ist ein Tun, das stets von neuem einsetzen muß, und das seines Zieles niemals sicher ist.2

Nach 1918 wurden in den städtischen Zentren Berlins, Münchens und Bonns hunderte von Kriegsmonumenten initiiert. Allein in Berlin waren dem Massentod 53605 Menschen, ganz überwiegend Soldaten, zum Opfer gefallen, in München wurden ungefähr 13000, in Bonn 2720 Personen im Frontkampf getötet.3 Das waren deutlich mehr Tote, als diese Städte in den Kriegen des vorangehenden Jahrhunderts zu beklagen gehabt hatten. Aus dem massenhaften Tod resultierte eine Massentrauer, die deutlich mannigfacher war, als bisher angenommen. Die soziale Vielfalt förderte Mikrokosmen der Trauer zutage, die sich auf städtischer Ebene innerhalb bestimmter Gruppen durchaus verschiedenartig entwickelten. Dabei nahm deren Zwiespalt zeitweise ein solches Ausmaß an, dass man von einer „andauernden Konkurrenz“ 4 unterschiedlicher Modi der Trauer sprechen kann. Einerseits musste menschliches Leid in einem Ausmaß bewältigt werden, das althergebrachte Ansichten über politisches Heldentum zumindest teilweise zur Disposition stellte. Andererseits mündeten die Identitätskrisen der Nachkriegszeit aber erneut in eine Manifestation des nationalen Wir-Selbst. Die Weimarer Republik benötigte somit wie kaum eine andere Epoche eine Vermittlung zwischen triumphalen und traumatischen Bildern des Kriegstodes.5 1 Fischer, Knappe, S. 40f. 2 Cassirer, Kulturwissenschaften, S. 119. 3 Winter/Robert, cities, S. 77; MNN Nr. 324 v. 27.1.1924; StA Bonn, P30/201n, Schreiben Ra-

deboldt an Wentzler v. 17.12.1929. 4 Knoch, Mediale Trauer, S. 199. 5 Vgl. Giesen, Triumph, S. 33; ders., Tätertrauma, S. 18ff.

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Einleitung

Die nach 1918 in Berlin, München und Bonn errichteten Denkmäler bildeten ein wesentliches Fundament nationalen Selbstverständnisses. Institutionell starke Sozialgruppen konstruierten in ihnen Sinnwelten, die aufs engste mit der kollektiven Identitätsstiftung verknüpft waren. Zugleich war allerdings kein Artefakt der Moderne so sehr durch Identitätsbedrohung und -verlust gekennzeichnet wie das Kriegerdenkmal der Weimarer Republik. Denn nach dem Massentod und der Niederlage des Ersten Weltkriegs offenbarte der traditionelle Denkmalheld erstmals seine Zerbrechlichkeit. Neben die andauernde nationale Funktionalisierung der Toten trat die Krise ihrer bildlichen Repräsentation. Dies war nicht nur eine Folge der allgegenwärtigen Traumatisierung nach dem Ersten Weltkrieg. Bedingt durch den neu geschaffenen demokratischen Staat und die Privatisierung der Gefühle menschlichen Verlusts wurde der Kriegstod am Denkmal auch immer häufiger individuell memoriert.6 Damit bot sich die Chance, die Trauer jedes einzelnen Bürgers zu integrieren. Sie wurde somit nicht mehr nur militärisch einverleibt oder politisch kompensiert, sondern auch sukzessive individualisiert. Dies musste auf alle jene Akteure bedrohlich wirken, die ihre Identität weiterhin aus dem überlieferten Symbol des nationalen Helden bezogen. 7 Das Kriegsmonument in München, Berlin und Bonn war somit ein Produkt der politischen Kultur Weimars und ihrer Spannung zwischen Nation und Demokratie.8 Es widersprach sich in jedem Moment: Im Auge des Betrachters changierte es permanent zwischen Monument und Antimonument.9 6 Ariès, Geschichte des Todes, S. 48, beschreibt, wie die Trauer in der Neuzeit sukzessive aus

der Öffentlichkeit in die Privatheit verlagert wurde; vgl. Kessel, Gefühle, S. 36; Ricciardi, Mourning, S. 3; Winkel, Trauer, S. 288. Den allgemeinen Einstellungswandel zum Kriegstod nach 1918 skizziert Latzel, Sterben, S. 60ff. 7 Koselleck, Kriegerdenkmale, S. 256ff., betont, dass der Kriegerdenkmalbau insbesondere kulturelle Deutungscodes beinhalte. Schließlich rekonstruierten die Monumente unterschiedliche – nationale, lokale und religiöse – Identitäten, die allerdings stets schwankend und unsicher seien; vgl. Straub, Psychoanalyse, S. 87; Giesen, Triumph, S. 2; ders., Liminality, S. 246ff. Diese Arbeit vertritt somit die These, dass weniger die Integrationskraft des Nationalen, als vielmehr die prinzipielle Vereinbarkeit der Denkmalbotschaft mit anderen Loyalitäten deren – breite – Wirksamkeit ermöglichte; vgl. auch Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 266; skeptisch hingegen Assmann, Identität, S. 22f. 8 Aufgrund der Beteiligung von insgesamt 13,2 Millionen deutscher Soldaten am Weltkrieg und dem gleichzeitigen Einsatz von Frauen an der Heimatfront beanspruchten nach 1918 weite Bevölkerungskreise ein Mehr an politischer Teilhabe; Reichardt, „Märtyrer“ der Nation, S. 176f. Zur „Janusköpfigkeit“ der Weimarer Republik, vgl. insbes. Winkler, Weimar, S. 12; Peukert, Republik, S. 11f. 9 Die Denkmalkunst hat im 20. Jahrhundert einen radikalen Wandel durchgemacht. Als Kunst im öffentlichen Raum hat sie die ästhetisch-politischen Revolutionen der Epoche auf unterschiedliche Weise mit vollzogen. Dabei fand eine entscheidende Transformation, weg vom heroisch-figuralen Denkmal im Dienst nationaler Propaganda, hin zum künstlerischen An-

Einleitung

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Diese Untersuchung will einen Beitrag zur Rehabilitierung der deutschen Kriegerdenkmäler leisten. Den Ausgangspunkt hierfür bilden Forschungsansätze, die zu einer Eingrenzung der lange dominierenden Totenkultthese führen. Diese unterstreicht, die Kriegsmonumente seien überwiegend zugunsten eines selektiven, institutionalisierten Gedenkens – extrem – konservativer Kreise funktionalisiert worden. Nur, wenn die Gefallenen nicht starben, sondern im Kollektivkult am Denkmal weiterlebten, so der Kern der Totenkultthese, konnte der gewaltsame Tod zukünftiger Generationen gerechtfertigt werden. 10 Tatsächlich entstanden erstmals nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 in großer Zahl Kriegerdenkmale, die an dieses nationale Gedächtnis appellierten.11 Seit der Jahrhundertwende wurden sie immer häufiger dazu genutzt, den Ersten Weltkrieg symbolpolitisch vorzubereiten.12 Insbesondere in den „Denkmälern der nationalen Sammlung“ 13 setzten sich Teile der Nation als eine geschlossen-militante Gemeinschaft in Szene. Die politische Funktion der Totenmale wurde so zum Selbstzweck und zielte auf eine Zukunft, die es mit Gewalt zu sichern galt. Der Appell an ein nationales Opfer trug zur Stabilisierung rechter Gruppen bei. Gleichzeitig schuf das kultische Ritual eine externe Solidarität, welche die Kriegsplanungen auf soziopsychologischer Ebene unterstützte. Auf den ersten Blick scheint es, als hätten die nach dem Ersten Weltkrieg errichteten Totenmale einen Höhepunkt in diesem Prozess kollektiver Funktionalisierung gebildet. Die Jahre der Weimarer Republik, die als „Krisenzeit der Klassischen Moderne“14 beschrieben worden sind, benötigten wie kaum eine andere Epoche Symbole politischer Stabilität. Erst mit Hilfe lebendiger Gründungsfiguren, meist im Zentrum (halb-) öffentlicher Räume platziert, konnte das timonument, welches die Unsicherheiten der Moderne verkörpert, statt; Young, Memory, S. 234f. Das Antimonument durchbricht das traditionell-lineare Geschichtsbild des Denkmals zugunsten eines offenen Dialogs mit dem Betrachter und zielt primär auf dessen Selbstreflexion ab, Luciano, grief, S. 173-183; vgl. auch Ziemann, Germany, S. 86. 10 Koselleck, Zur politischen Ideologie, S. 6ff., 30ff. 11 Jeismann/Westheider gliedern den politischen Totenkult in drei Phasen; dies., Bürger, S. 26ff., insbes. S. 42. Für die Frühphase von den Freiheitskriegen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, Hagemann, Heldenkult, zusammenfassend S. 340f. Für die Mittelphase bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, Nipperdey, Nationalidee, insbes. S. 164ff.; Mosse, Nationalisierung, S. 84f. Zur dritten Phase der Zwischenkriegszeit, Mosse, Gefallen, S. 127; ders., Kriegserinnerungen, S. 27f.; Behrenbeck, Kult, S. 154. 12 Vgl. Speth, Politische Mythen, S. 215f.; Maas, Kult, S. 215ff. 13 Nipperdey, Nationalidee S. 166. 14 Peukert, Republik, S. 9f. Die neuere Forschung hat diese These allerdings relativiert. Die Weimarer Jahre seien keine einheitliche Krisenzeit gewesen. Vielmehr müsse danach gefragt werden, inwieweit der Krisendiskurs tatsächlich in die Gesellschaft hineingeragt habe; Föllmer, „Krise“, S. 23ff.; Hardtwig, Politische Kulturgeschichte, S. 7f.

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Einleitung

militärische Heldentum perpetuiert und die individuelle Trauer um die Kriegsgefallenen kompensiert werden, so George L. Mosse. 15 Dabei trug eine stark vermännlichte Formsprache dazu bei, das tausendfache Sterben zu marginalisieren und das gesellschaftliche Bewusstsein zu brutalisieren.16 Auch das kultische Ritual habe den tatsächlichen Soldatentod verdrängt und die Wiederaufnahme des Kampfes vorweggenommen. 17 Die Denkmalsymbolik nach 1918 enthülle damit den Weg in eine „Nationalisierung der Massen“.18 Seit den 1980er Jahren hat George L. Mosse die deutschen Kriegsmonumente somit überwiegend als Instrumente eines kollektiven Revanchewillens interpretiert. Die allgegenwärtige Spannung zwischen triumphaler und traumatischer Totensymbolik wurde dabei ignoriert. Auch vom nationalistischen Gefallenenkult abweichende kulturelle Praktiken klammerte Mosse aus.19 Erst Anfang der 1990er Jahre bereiteten Reinhart Koselleck und Michael Jeismann mit ihrem Sammelband „Der politische Totenkult“ einer Differenzierung der Totenkultthese den Weg. Zwar unterstrichen sie weiterhin die überragende Bedeutung moderner Kriegerdenkmäler für die Rechtfertigung des Gefallenentodes. 20 Schließlich wurde seit der Wende zur Neuzeit das gewaltsame Sterben durch den Kult am Kriegsmonument nachdrücklich legitimiert.21 Dabei sollte die Abkehr von transzendenten Sinngebungen hin zur Politisierung des Totengedächtnisses primär den nationalen Zusammenhalt sichern.22 Gleichzeitig relativierten Koselleck und Jeismann durch einen internationalen Vergleich diesen funktionalistischen Ansatz. Indem deutlich wurde, dass der Denkmalbau in europäischen Nachbarländern weniger auf die Planung militärischer Aktionen, als vielmehr auf eine Wiederherstellung der zivilgesellschaftlichen Stabilität gerichtet war, ergab sich als methodische Konsequenz, jedes Kriegerdenkmal zunächst sozialhistorisch, nationalgeschichtlich und ästhetisch zu situieren, um der Gefahr zu entgehen, es kurzerhand einseitig politisch zu interpretieren.23 Hiervon unberührt 15 Mosse, Gefallenenkult, S. 244ff.; ders., Gefallen, S. 127-133; ders., Kriegserinnerungen, S. 27. 16 Ders., Gefallen, S. 123, 133, ders., Kriegserinnerungen, S. 28, 31. 17 Ders., Gefallenenkult, S. 241, 247, 258f.; ders., Kriegserinnerungen, S. 27f., 31, 34. 18 Ders., Nationalisierung, insbes. S. 87ff. 19 Mosse räumt zwar ein, dass private Totenerinnerungen noch unterschwellig im öffentlichen

Gedenken bewahrt würden. Gleichwohl seien sie „unmöglich sinnvoll zu rekonstruieren“, ders., Kriegserinnerungen, S. 27. 20 Koselleck/Jeismann, Totenkult, S. 14. 21 Ebd., S. 12. 22 Ders., Totenkult, S. 11; ders., Grab, S. 43; ders., Zur politischen Ikonologie, S. 37; ders., Zeitschichten, S. 282. 23 So arbeitet beispielsweise der Beitrag von Jeismann/Westheider heraus, dass in französischen Denkmälern nach 1918 der Soldat als Bürger memoriert wurde; dies., Bürger, S. 29; vgl. auch Becker, Kult der Erinnerung, S. 319; Koselleck/Jeismann, Totenkult, S. 10.

Einleitung

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schrieb die Studie jedoch den Kriegsmonumenten der Weimarer Republik weiterhin ausschließlich nationalistische Funktionen zu. Damit erhärtete sie die These vom „Sonderweg“ der deutschen Kriegerdenkmäler.24 Gleichwohl würde es zu erheblichen Missverständnissen führen, wenn man die Forschungen Reinhart Kosellecks allein auf seine Totenkultthese reduzierte. Bereits Ende der 1970er Jahre bezeichnete er in einem programmatischen Aufsatz „Kriegerdenkmale als Identitätsstiftungen der Überlebenden“ neben der Funktionalisierung auch die Demokratisierung als herausragendes Merkmal deutscher Kriegsmonumente. In seinen jüngeren Arbeiten distanzierte sich Koselleck dann weiter von einer einheitlich nationalistischen Interpretation und näherte sich den divergierenden Identitätskonstrukten im Totenmal an.25 Zwar habe die Überlassung der Kriegsgefallenen an nationale Machtinteressen den Denkmalbau nach 1918 stark politisiert; doch sei in der Bildsymbolik stets auch „das Sterben selbst“26 mit gemeint gewesen. Koselleck war sich somit bewusst, dass eine persönliche Auseinandersetzung der Deutschen mit ihren Kriegstoten im Denkmal fortlebte, selbst wenn sie zum Großteil aus der öffentlichen Wahrnehmung verbannt worden war. Auch seine These, die massenhafte Errichtung der Kriegerdenkmale sei von einer Neugeburt der Demokratie begleitet gewesen, in der sich der Bürger nicht weiter als bloßes staatliches Objekt, sondern auch als eigenständiges Subjekt behauptete, verteidigte Koselleck nach der Jahrtausendwende weiter. Dabei betonte er insbesondere den Schwellencharakter der Denkmäler in der Zwischenkriegszeit: Der „Sinn [des Todes sei] nun nicht mehr vorausgesetzt, […] sondern vielmehr gesucht, beschworen und eingefordert“27 worden. Koselleck machte damit deutlich, dass in der Weimarer Republik neben nationale auch verstärkt individuell-demokratische Wertcodices traten, welche die Sinnsuche des Kriegstodes thematisierten und zu alternativen Formen des Trauerns aufriefen. 28 Indem er außerdem unterstrich, dass sich 24 Der These vom Sonderweg deutscher Denkmäler folgten in den letzten Jahrzehnten u.a.

Behrenbeck, Heldenkult, S. 346, 362; Hardtwig, Patriotismus, S. 186f.; ders., Denkmalsdebatte, S. 312f.; Linse, Resymbolisierung, S. 263; Schlie, Denkmäler, S. 80ff.; Kruse/Kruse, Kriegerdenkmäler, S. 111, 128; Saehrendt, Stellungskrieg, S. 9f., 163; ferner Assmann, Lebenden und die Toten, S. 20f.; Geyer, Tod, S. 160; Speitkamp, Kulturpolitik, S. 570f.; Macho, Erinnerung, S. 183; Maas, Ikonographie, S. 195; Kirsch, Mahnmalsdebatte, S. 354. Auch die internationale Denkmalforschung schloss sich größtenteils der Sonderwegsthese an, vgl. stellvertretend King, Memorials, S. 241. 25 Koselleck setzte sich zeitlebens für ein „gerechtes Erinnern“ der Weltkriegstoten ein, wobei er den „elenden Totenkult“ bis zuletzt vehement kritisierte. Dies geht aus einem unveröffentlichten Interview aus dem Jahr 2005 hervor; Koselleck, Krisenerfahrungen, S. N4. 26 Koselleck, Kriegerdenkmale, S. 266; vgl. auch Forner, War Commemoration, S. 515. 27 Koselleck/Jeismann, Totenmale, S. 74. 28 Ebd., S. 78.

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Einleitung

politische und konfessionelle Akteure in je eigener Weise der Monumente bedienten, ordnete er diese nicht weiter einer einheitlichen Totenkultthese unter.29 Vielmehr betonte Koselleck die gruppenspezifische Deutung des Kriegstodes, die zu einem Zerbrechen des gemeinsamen Erinnerungsraums am Denkmal geführt habe.30 Dass dieser Ansatz bisher ohne Nachfolge blieb, zeugt vom vergangenheitspolitischen Konsens, der einer Relativierung des Totenkults lange Zeit im Weg stand. Die These vom antiwestlichen Sonderweg zwischen 1918 und 1945, der in die Inhumanität geführt habe, wurde auch von deutschen Denkmalforschern zementiert, der Wille zum Bruch mit der untragbaren „Katastrophengeschichte“ 31 unter anderem durch Ablehnung der Kriegsmonumente demonstriert. Dies machen insbesondere die historischen Untersuchungen der 1970er bis 1990er Jahre deutlich. Nahezu einstimmig wurde in den Denkmalen ein „dumpfer Heroismus“32 diagnostiziert, der für die Verdrängung des individuellen Sterbens in der Zwischenkriegszeit verantwortlich gewesen sei; gleichzeitig tat man die Trauer als marginales Phänomen ab.33 Ein ähnlicher Ansatz lag auch den kunstgeschichtlichen Arbeiten dieser Zeitphase zugrunde. Sie konzentrierten sich zumeist auf die ikonographisch-typologischen Besonderheiten lokaler Kriegsmonumente.34 Für deren inhaltliche Ausdeutung stellte nicht die Divergenz der Nachkriegsidentitäten, sondern vielmehr ein kohärentes nationales 29 Koselleck, Kriegerdenkmale, S. 260, 265. 30 Ders., Kriegerdenkmale, S. 263. Der Autor betont außerdem das grundsätzliche Über-

schusspotential von Kriegerdenkmälern, dass sich zumindest teilweise dem Stiftungszweck entziehe, ders., Kriegerdenkmale, S. 275. 31 Langewiesche, „deutsche Sonderweg“, S. 64. 32 Jeismann/Westheider, Bürger, S. 29. Unterstrichen wird in dem Aufsatz besonders, dass Denkmäler, die Trauer vermitteln, in Deutschland sehr selten seien, solche hingegen, die einen unverhohlenen Revanchismus verkünden („Im Felde unbesiegt“), zahlreich errichtet worden seien. 33 In der bisherigen Forschung geht man überwiegend davon aus, die individuelle Trauer sei durch vorhandene Machtstrukturen kompensiert worden. Zur dominanten „Kompensationsthese“, vgl. insbes. Mosse, Gefallenenkult, S. 254ff.; s. auch Hagemann, Tod, S. 340. Eine Mittelposition vertritt Sherman, Construction of memory, S. 7, der mit Foucault argumentiert, dass die Trauer durch dominante soziale Strukturen kanalisiert worden sei; ebenso Winter/Sivan, Remembrance, S. 183-190. Dagegen tendiert Moriarty eher zu einer Unterscheidung zwischen einer offiziell-selektiven und einer trauernden Erinnerung, die teilweise außerhalb des öffentlichen Konsenses stand; dies., Private Grief, S. 125f. 34 Scharf, Kunstgeschichte, S. 274-279; Lurz, Kriegerdenkmäler, Bd. 1-4; Bach, Kriegerdenkmals, S. 229-247; Probst, Bilder vom Tode, S. 6-59; Armanski, politische Ästhetik, S. 9-22; Hütt, Unglücklich, S. 8ff.; Weinland, Kriegerdenkmäler, S. 13ff.; dies., Nachwelt, S. 435-444; vgl. allgemein Roowan, Nationaldenkmäler, S. 453ff.

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Geschichtsbild das Material bereit.35 Das zeigt insbesondere die ansonsten verdienstvolle Untersuchung von Meinhold Lurz.36 Auch seiner Analyse von tausenden von Kriegerdenkmälern lag das Deutungsmodell des „deutschen Sonderwegs“ zugrunde. Die vielfältigen Intentionen der beteiligten Akteure wurden dabei ebenso ignoriert wie alternative Funktionen der Denkmäler jenseits des politischen Totenkults.37 Gleichzeitig wurde den Denkmalen des halböffentlichen Raums, beispielsweise von Universitäten oder Kirchen, im Vergleich zum offiziellen Monumentbau nur wenig Beachtung geschenkt.38 Bis zum heutigen Tage täuscht die Totenkultthese damit eine Homogenität des Gefallenengedenkens vor, die so zu keinem Zeitpunkt vorhanden gewesen ist. Gerade in der Weimarer Republik waren die deutschen Monumente in äußerst spannungsreiche soziokulturelle Kontexte eingebettet, in denen das trauernde Totenerinnern permanent neu ausgehandelt wurde. Der Wertekanon am Denkmal war somit stark umkämpft, der tote Held, so könnte man sagen, niemals aus einem Guss. Insbesondere die neuere internationale Forschung zeigt, dass das überlieferte politische Interpretationsmuster des Totenkults das Phänomen des massenhaften Denkmalbaus nur umrisshaft, nicht aber in seiner eigentlichen Vielfalt und Struktur zu erklären vermag. Seit Anfang der 1990er Jahre analysieren deshalb Antoine Prost und Annette Becker, Alex King und Catherine Moriarty die Pluralität der Stimmen im französischen und englischen Denkmalbau der Zwischenkriegszeit, der als das Ergebnis der Verhandlung zahlreicher Gruppen aufgefasst wird. Dabei wird deutlich, dass das europäische Massensterben sowohl die Errichtung nationalistischer als auch patriotischer, republikanisch-ziviler und funeraler Gedenkzeichen in Gemeinden und Behör35 Die Kunstwerke wurden damit so behandelt, als gingen sie in ihrer politischen Funktion

völlig auf. Vgl. hierzu die allgemeine Kritik von Schmitt, images, S. 10; Boehm, Kunstgeschichte, S. 96; Coote/Shelton, art, S. 3ff. 36 Seine Schätzungen liegen bei mehr als 100.000 deutschen Denkmalbauten nach dem Ersten Weltkrieg; Lurz, Kriegerdenkmäler, Bd. 1, S. 22. Ansatzweise werden neben profanen auch sakrale Sinnstiftungen analysiert; vgl. S. 9, 15 u. ders., Kriegerdenkmäler, Bd. 3, S. 189. Dabei erwähnt Lurz beiläufig auch, dass Motive der Trauer nach dem Ersten Weltkrieg deutlich zugenommen hätten; ders., Kriegerdenkmäler, Bd. 4, S. 11, 363-365. 37 Von der dominanten Totenkultthese grenzt sich allerdings eine Studie von Volker Probst zu  profanisierten  Pietà-Darstellungen im Kriegerdenkmalbau ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass dieser Typus weniger der Kriegsverherrlichung, als der Bewahrung eines konservativ-monarchischen Bewusstseins gedient habe; Probst, Bilder vom Tode, S. 95ff. 38 Für die 1990er Jahre war die Konzentration auf künstlerisch herausragende Kriegerdenkmäler typisch; Tietz, Monumente, S. 397-408; Herzogenrath, Denkmäler, S. 445-450. Mitte der 1990er Jahre verschob sich der Fokus der kunsthistorischen Forschung dann immer stärker zu den Denkmälern der – frühen – Bundesrepublik; Reuße, Sprachfähigkeit, S. 189ff.; Jochmann, Denkmalkritik, S. 13f.

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den, Schulen und Universitäten ebenso wie in Kirchen und Vereinen nach sich zog.39 Während dabei das trauernde Totenerinnern in England permanent zwischen patriotischem und funeralem Ausdruck schwankte, scheinen die Soldaten in französischen Kriegerdenkmalen in erster Linie als Bürger, also republikanisch-zivil betrauert worden zu sein.40 Die Denkmale spiegeln neben dem Willen zu nationaler Einheit somit auch eine europaweite Konfliktgeschichte wider – insbesondere dort, wo nationale Deutungen des Kriegstodes zur Disposition gestellt wurden.41 An diese Forschungen knüpft die vorliegende Arbeit an. Sie zeigt erstens, dass der massenhafte Denkmalbau der Weimarer Republik den Untergang des heroischen Kriegsmonuments nach 1945 bereits vorwegnahm. Schließlich markierte das Denkmal der Zwischenkriegszeit den Anfang vom Ende des Helden, indem es die Grenzstellung der Kriegstoten zwischen Helden und Opfern aufzeigte. Zwar waren die persönlich Trauernden im Kriegerdenkmal durchaus noch zu einer nationalen Freigabe ihrer Gefallenen bereit.42 Doch stellte dies nur eine der Trauerformen dar, welche den Denkmalbau der Weimarer Republik geprägt haben. Ihr Spektrum reichte vom Wir trauernder Individuen und Kollektive, welche geneigt waren, ihre Gefallenen erneut zugunsten eines Krieges zu funk39 Diese Typologie wurde insbes. von französischen Denkmalforschern herausgearbeitet; vgl.

Prost, Monuments aux Morts, S. 204ff., ders., Mémoires locales, S. 42ff.; ähnlich Becker, Kult der Erinnerung, S. 320; dies./ Audoin-Rouzeau/ Smith, France, S. 159ff. 40 Prost (Monuments aux Morts, S. 205, 209, 218) und Jeismann/Westheider (Bürger, S. 29) unterstreichen den primär zivilen Charakter der französischen Kriegsmonumente. Zum Schwanken zwischen politisch-patriotischem und individuell-funeralem Totenerinnern im englischen Denkmalbau, vgl. Goebel, Memory, insbes. S. 287; Moriarty, Private grief, S. 125ff. King argumentiert, dass sich die englischen Denkmäler langsam aus ihrer öffentlich-politischen Kommunikationsrolle zurückgezogen und stärker als Vehikel privater Totenerinnerungen gedient hätten, ders., Memorials, S. 246. 41 King, Memorials, insbes. S. 246ff.; Becker/ Audoin-Rouzeau/ Smith, France, S. 166; vgl. auch Winter/ Sivan, Remembrance, S. 10; King, Memorials, S. 6, 26ff.; Moriarty, absent dead, S, 21; dies., Private grief, S. 126ff. Den Gegensatz zwischen demokratischen und nationalistischen Formen des Erinnerns in deutschen Kriegerdenkmalen unterstreichen in jüngster Zeit Brandt, Trauer, S. 260; Saehrendt, Stellungskrieg, S. 9ff.; vgl. auch Brandt, Kundgebungsmacht, S. 209ff; Knoch, Mediale Trauer, S. 198. 42 Das menschliche Leben politisiert sich grundsätzlich erst durch dessen Freigabe („abbandono“) an eine unbedingte Macht über den Tod. Wie diese Unterwerfung individuellen Lebens unter die traditionelle Staatsdoktrin den Menschen einerseits tötbar, andererseits aber auch unsterblich macht, beschreibt Agamben, Homo sacer, S. 100f; vgl. auch Geulen, Agamben, insbes. S. 101ff. Foucault führt aus, dass das Recht der souveränen Macht über Leben und Tod früher ein Absolutes war, während es in der Moderne zugunsten eines reinen Verteidigungsrechts relativiert und eingeschränkt würde; ders., Wahrheit, S. 161f.; vgl. auch Butler, Antigones Verlangen, S. 29.

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tionalisieren, sie somit weitgehend losgelöst vom individuellen Sterben als „triumphale Helden“43 zu memorieren, bis hin zu Individuen und Gruppen, die überwiegend an den Toten und deren persönlichem Erinnern festhielten, also die Schaffung von demokratischen „Opfer“-Monumenten intendierten.44 Zumeist wurden die Kriegsgefallenen allerdings als potentiell tötbar und zugleich als nicht opferbar deklariert, damit zwischen nationaler Freigabe und persönlichem Festhalten als „tragische Helden“45 memoriert, was eine permanente Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Polen des Trauerspektrums ermöglichte. 46 Entscheidend ist, ob diese stärker komplementär oder kompetitiv verlief. Nur eine Geschichte, welche die permanente Verschiebung und Verschränkung trauernder Identitäten am Denkmal mit bedenkt, kann das tatsächliche Ausmaß des Totenkults erfassen. Die symbolische Deutung des Kriegstodes war nicht nur durch einen übersteigerten Nationalismus determiniert, 43 Im Zentrum des souveränen Identitätskonstrukts „triumphaler Helden“ steht die Vorstel-

lung überlegener Subjektivität, die den Tod verachtet und dadurch Unsterblichkeit gewinnt. Es handelt sich um ein Konstrukt von Gemeinschaften, die traumatische Krisen durchleben. Der „triumphale Held“ ist ein typischer Grenzgänger, der durch Mut und Todesverachtung eine scheinbar neue Ordnung schafft, letztendlich allerdings insbesondere dem Fortbestand der eigenen Gemeinschaft dient; Giesen, Triumph, S. 18; vgl. auch Bourdieu, Sozialer Sinn, S. 174. Die Existenz des Helden wird meist in mythische Vorzeiten zurückverlegt, wodurch er als Vorbild sinnstiftend wirken kann; vgl. auch Behrenbeck, Kult, S. 65f.; dies., Heldenkult, S. 145; ferner Schilling, „Kriegshelden“, S. 22-27; Winter, Languages of Grief, S. 42f. 44 Der deutsche Begriff des Opfers ist doppeldeutig, weil er sowohl das aktive Opfern (lat. „sacrificium“) als auch das passive Geopfertwerden (lat. „victima“) bezeichnet, somit zwischen politischer Hingabe und persönlichem Festhalten schwankt. In dieser Arbeit wird der Opferbegriff überwiegend in seiner passiven Form verwendet; vgl. Spaemann, Opferbegriff, S. 12-16; Cancik-Lindemaier, Opfer, S. 113-115, Behrenbeck, Kult, S. 71ff. Zur Komplexität des kulturellen Opfer-Begriffs, vgl. insbes. Janowski/Welker, Opfer, S. 9ff. Damit zeigt das Identitätskonstrukt des „Opfers“ die Grenze an, an der die Zerbrechlichkeit des Nationalen deutlich wird. Eine solche Deutung setzt auch einen kulturellen Diskurs voraus, der den vergangenen Krieg zumindest teilweise als Irrtum anerkennt; Giesen, Triumph, S. 46ff.; ders., Liminality, S. 250. 45 Der „tragische Held“ scheitert zumindest teilweise an den Bedingungen der Außenwelt. Zwar wird sein Tod weiterhin zugunsten eines politischen Kollektivs affirmiert, seine nationale Inanspruchnahme zugleich allerdings durch Integration von Elementen individueller Trauer konterkariert. Hieraus ergibt sich eine komplexe Zone der Unentschiedenheit; Giesen, Tätertrauma, S. 15ff.; ders., Liminality, S. 250ff.; ders., Triumph, S.6.ff.; vgl. auch Agamben, Homo sacer, S. 117. 46 Knoch bezeichnet den medialen Umgang mit dem Massentod im „Zeitalter der Extreme“ (Hobsbawm) als „Gestaltungsraum für die Vermittlung von politischer und persönlicher Trauer“; ders., Mediale Trauer, S. 193. Allerdings ist diese Begriffswahl problematisch, weil auch die persönliche Trauer politisch überformt werden konnte.

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sondern wurde ebenso durch divergierende Prozesse des Trauerns geprägt, die sowohl auf die inneren Konflikte bestimmter Denkmalsgruppen, als auch einzelner Akteure selbst verwiesen.47 Bisher hat die Forschung die deutschen Totenmale vor allem eindimensional, vom Nationalsozialismus her, betrachtet. Diese Studie untersucht die Kriegsmonumente nicht wirkungs-, sondern entstehungsgeschichtlich als Produkte trauernder Teilkulturen. 48 Damit soll ihre Historisierung erreicht, sie sollen nicht mehr weiter allein von ihrem „Scheitern“ her betrachtet werden. Ein Bruch mit dem überlieferten Totengedenken war überall dort möglich, wo sich die Akteure am Denkmal ein Stück weit über nationale Bindungen hinwegsetzten. Damit enthüllt diese Studie zweitens auch die vorherrschende Erzählung vom „Sonderweg“ deutscher Monumente als langlebiges (kunst-) historisches Konstrukt. Während die Totenmale bis in den Ersten Weltkrieg hinein noch stärker auf eine politische Zukunft zielten, die es mit Gewalt zu sichern galt, bildete der übersteigerte Nationalismus nach 1918 nur noch eines von zahlreichen Motiven, ein Denkmal zu errichten. Inwieweit es weiterhin gelang, die „Höchstrelevanz“49 des Nationalen zu behaupten, soll in dieser Arbeit ebenfalls untersucht werden. Neben der Planung und Gestaltung rücken dabei vor allem die kulturellen Praktiken am Kriegerdenkmal ins Zentrum der Analyse.50 Zwar erscheint der politische Totenkult auf den ersten Blick eher als homogene, denn als umkämpfte Praxis. Doch konnten selbst dort, wo die Gefallenenfeiern noch überwiegend proklamierten, das Vaterland sei etwas, wofür es sich zu sterben lohne, bestimmte Verhaltensweisen am Kriegsmonument bereits auf einen Zerfall der überlieferten Nationsvorstellungen hindeuten. Kulturelle Proteste, alternative Feiern, aber auch Blumen- und Kranzniederlegungen am Totenmal machten auf Umdeutungen des Kriegstodes aufmerksam, die sich der Anerkennung einer 47 Dieser Arbeit liegt ein breiter Akteursbegriff zugrunde, der sehr unterschiedliche bürgerliche Teilgruppen, wie beispielsweise (anti-) demokratische (Bildungs-) Bürger aus Universitäten, protestantischen und katholischen Kirchen sowie dem Militär, vernunftrepublikanische Professoren, sozialdemokratische bzw. zentrumsnahe Stadtverordneter und, wo möglich, auch Bildhauer und Architekten, in die Analyse einbezieht; vgl. Haupt/ Tacke, Kultur des Nationalen, S. 266. 48 Zum zentralen Stellenwert der Trauer nach dem Ersten Weltkrieg, Knoch, Mediale Trauer, S. 193, 198; Bucholz, death paradigm, S. 191ff.; Davis, World War I, S. 126; Janz, Gefallenenkult, S. 554; ders., Trauer, S. 2. Während Mitscherlich behauptet, dass den Deutschen das Trauern seit dem 19. Jahrhundert langsam abhanden gekommen sei (ders., Unfähigkeit, S. 102), macht Ariès auf den sukzessive gesteigerten Ausdruck der Trauer in der Moderne aufmerksam; ders., Geschichte des Todes, S. 48f.; vgl. auch Ricciardi, Mourning, S. 3. 49 Walkenhorst, Nationalismus, S. 511; vgl. zu diesem Konzept auch Alter, Nationalismus, S. 19ff.; Berlin, Nationalismus, S. 477ff.; Weichlein, Nationalismus, S. 171ff. 50 Vgl. insbes. Bhabha, DissemiNation, S. 218.

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politischen Norm zumindest teilweise verweigerten. Dies macht eine Pluralität des Nationalen am Kriegerdenkmal sichtbar, die zwischen nationalistischer Aggression und demokratischer Partizipation schwankte. Entscheidend war, inwieweit die Vermischung beider Pole noch gelang.51 Erst in den letzten Jahren hat man begonnen, die Zerbrechlichkeit der vermeintlich „harten“ Kriegerdenkmäler wieder zu entdecken.52 Sie gelten nun nicht weiter als unbewegliche Objekte, sondern als durchaus flexible Artefakte mit multiplen Rollen.53 Deshalb dürfen die Kriegsmonumente der Weimarer Republik nicht weiter ausschließlich als politische Waffen abgetan werden, sondern sind als Kulturobjekte zu betrachten und nach der Vermittlung ihrer divergierenden Nations- und Trauerkonzepte zu bewerten. Motive individueller Trauer, die auf die Grenzen der These einer politischen Vereinnahmung des Kriegstodes hinweisen, werden bedingt durch die kulturhistorische Wende in den letzten zehn Jahren immer intensiver diskutiert. 54 Bereits seit Mitte der 1990er Jahre mahnt Jay Winter eindringlich, den erlittenen menschlichen Verlust am Kriegsmonument der Weimarer Republik ernst zu nehmen. 55 Damit machte der englische Sozialhistoriker die Trauer in der Denkmalforschung salonfähig. Zugleich versuchte er, das Totengedenken gesellschaftlich zu verankern, indem er dem trauernden Erinnern eine Mittelposition zwischen Individuum und Kollektiv zuwies. 56 Trotz dieses vielversprechenden interpersonellen Ansatzes wurde das Verhältnis zwischen individuellem und kollektivem Totenerinnern nicht näher erforscht. Die Trauer behandelte Winter in seinen empirischen Analysen überwiegend unter einer traditionellen Perspektive. Sie galt ihm als eine persönliche Verlustreaktion, die auf die An51 Langewiesche, Nation, S. 39. 52 Young, Formen, S. 42ff. 53 Nelson/ Olin, Monuments, S. 33ff. 54 Dies gilt überwiegend für den englischen und französischen Denkmalbau, Winter, War

memorials, S. 79; ders., Communities in mourning, S. 325-357; ders., Languages of Grief, S. 39-45; ders., Remembering War, S. 135ff.; ders., Forms of kinship, S. 54-60; ders., Topoi, S. 27ff.; Winter/Sivan, Remembrance, S. 18ff. Weiterhin Moriarty, L‟iconographie chrétienne, S. 71-85; dies., Private Grief, S. 125-142; dies., absent Dead, S. 12; Hynes, war imagined, S. 269ff.; ders., commemoration, S. 206; Inglis, The Homecoming, S. 583-605; ders., World War One, S. 51; ders., War Memorials, S. 8; Becker, La Guerre, S. 105-111; dies., Kult der Erinnerung, S. 315-25; dies./ Audoin-Rouzeau/Smith, France, S. 165-169; dies., Années Vingt, S. 28; Prost, Memoires locales, S. 41-50; ferner Davis, World War I, S. 126f.; Koshar, German Memory, S. 443. Zu deutschen Monumenten, vgl. erste Ansätze bei Brandt, Trauer, S. 243-260; Ziemann, Front und Heimat, S. 460, Goebel, Memory, S. 5ff. sowie jüngst Bartetzko, Besinnen, S. 33. 55 Winter, Languages of Grief, S. 39; ders., Forms of kinship. S. 54, 59; ders., War memorials, S. 79, 90; Winter/Sivan, Remembrance, S. 6ff.; Winter, Remembering war, S. 140. 56 Winter, Remembrance, S. 9f.; ders., Forms of kinship, S. 59.

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gehörigen der Toten beschränkt blieb.57 Indem er sie zugleich als vorübergehenden Schmerz deklarierte, den es möglichst schnell zu überwinden gelte, näherte er sich dem individualpsychologischen Trauerkonzept Sigmund Freuds an.58 Schließlich könne erst die „necessary art of forgetting“59 ein Weiterleben der Hinterbliebenen ermöglichen. Trauer und Totenkult wurden so letztendlich zu Gegensatzpaaren stilisiert, ihre Nahtstellen weitgehend ignoriert. Die Gegenüberstellung von Trauer und Totenkult will die jüngst erschienene Studie von Stefan Goebel aufbrechen. Diese analysiert, wie die Grauzone zwischen „lived memory and institutionalised remembrance“,60 zwischen individuellem und kollektivem Totenerinnern, von den Akteuren mit Leben gefüllt wurde. Durch die Betrachtung mediävalistischer Motive in deutschen und englischen Kriegerdenkmalen strebt er eine „Synthese zwischen der Trauer- und Funktionalistenschule“61 an. Goebel unterstreicht, dass das einzelne Kriegsopfer durch die Integration in eine traditionelle Symbolwelt sowohl individualisiert als auch nationalisiert, somit zugleich persönlich wie politisch memoriert worden

57 Winter, Communities in mourning, S. 325; ders., War memorials, S. 139. 58 Die traditionelle psychologische Forschung um Sigmund Freud hat die „normale“ Trauer als

Reaktion auf eine menschliche Verlusterfahrung definiert. In einem sukzessiven Prozess, den Freud als Dreischritt von Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten bestimmt, lerne der Trauernde dabei, das Verlorene allmählich in sein Leben zu integrieren und sich dadurch innerlich befreit einem neuen Liebesobjekt zuzuwenden. Die Trauerarbeit führe somit aus ökonomischer Sicht dazu, sich sukzessive vom Verlust der geliebten Person zu lösen, sie also „freizugeben“. Die Durchsetzung des Realitätsprinzips sowie die Trennung von Toten und Lebenden seien somit primäre Ziele der Trauer; Freud, Trauer, S. 198, 209ff. Diese moderne Sicht betont insbesondere den dynamischen Prozess zwischen Erinnern und Vergessen des Verstorbenen, Ricciardi, Mourning, insbes. S. 22-28. Analog entwickelte Mitscherlich in den 1960er Jahren seine einflussreiche sozialpsychologische Theorie der Trauerarbeit, welche die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit als Durcharbeitung mit dem Ziel der Befreiung auffasst; Mitscherlich, Notwendigkeit, S. 982; vgl. Kirsch, Trauer, S. 8f.; Liebsch, Trauer, S. 33; Luciano, Grief, S. 14; Butzer, Trauer, S. 596. Dass Freud dieses Realitätsprinzip später wiederum relativierte, wird u.a. deutlich in ders., Krieg und Tod, S. 392: „[Der Krieg] zwingt uns wieder, Helden zu sein, die an den eigenen Tod nicht glauben können; […] er rät uns, uns über den Tod geliebter Personen hinwegzusetzen; vgl. insbes. Ricciardi, Mourning, S. 22ff. 59 Winter, War memorials, S. 113. Winter stellt die These auf, dass insbesondere in der traditionellen Formsprache des Kriegsmonuments ein sukzessives individuelles „Vergessen“ im Sinne einer Verarbeitung des gewaltsamen Todes möglich sei. Dabei lässt er allerdings die hieraus resultierende Unterwerfung unter einen nationalen Funktionszusammenhang außen vor; vgl. ders., Forms of kinship, S. 41ff., 55ff.; ders., War memorials, S. 94-97, 113f.; ders., Languages of Grief, S. 33,39. 60 Goebel, Memory, S. 5. 61 Ebd.; vgl. ders., „Sleeping dead“, S. 488.

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sei.62 Damit kann er die bisherige Annahme widerlegen, die deutschen Kriegerdenkmäler der Zwischenkriegszeit hätten fast ausschließlich einer Nationalisierung des Kriegstodes gedient, während man an englischen Monumenten getrauert habe. Stattdessen weist er nach, dass die Gefallenen in deutschen Kriegsmonumenten insbesondere in einen nationalkonservativen Kontext eingebettet waren, in dem sie auch betrauert wurden. Nicht der Akt der Grenzziehung zwischen Individuum und Politik, sondern vielmehr das permanente Überschreiten der Grenzen liegt demnach dem Totengedenken am Kriegerdenkmal der Weimarer Republik zugrunde. Auf den ersten Blick scheint somit einer Relativierung der Totenkultthese kaum noch etwas im Wege zu stehen. Erst die genauere Betrachtung zeigt, dass die Untersuchung Goebels erhebliche Probleme mit sich bringt. Denn durch die fortdauernde Reduktion auf ein individualpsychologisches Konzept verbleibt die Analyse der Trauer auf der subjektiven Ebene.63 Die Studie betrachtet diese als rein intrapersonelles Phänomen und lässt das jeweilige soziokulturelle Umfeld außer Acht, welches die Modi des Trauerns mitbestimmte.64 Diese reduktionistische Sichtweise beraubt die Untersuchung allerdings erheblicher Chancen.65 Schließlich war die Trauer kein ausschließlich ins Private abgewandertes, historisch obsoletes Phänomen.66 Sie war bei weitem nicht so kritisch und apolitisch, wie in der Studie angenommen.67 Vielmehr unterlag auch sie, ebenso wie das 62 Ders., Memory, S. 10ff., 247. 63 Nur ein persönliches Gedenken am Kriegsmonument, das als Ersatz für ein authentisches

Grab in der Ferne gedient habe, hätte die Verarbeitung des menschlichen Verlusts ermöglicht, so Goebel. Er siedelt die Trauer damit wiederum ausschließlich in der privaten, von Niemandem zu teilenden Erinnerung an; ders., Memory, S. 2, 286. 64 Die soziologische Einbettung der Trauer hat erst vor einigen Jahren eingesetzt. Grundlage hierfür bildet die Feststellung, dass das Trauern je nach sozialem Hintergrund sehr unterschiedliche Bedeutungen annehmen kann; vgl. die Analysen bei Eng/ Kazanjian, Loss, S. 5ff.; Detloff, Mourning, S. 166ff.; Winkel, Trauer, S. 287; Goldbrunner, Dialektik der Trauer, S. 11f. Zur notwendigen Synthese psychischer und sozialer Phänomene der Trauer, vgl. auch Hirsch, Ethik der Trauer, S. 231. 65 Gerade bei der individuellen Trauer handelt es sich um ein Phänomen, das dem Historiker ständig zu entgleiten droht; Liebsch, Trauer, S. 22; Janz, Gefallenenkult, S. 555. Dies hängt wohl auch mit der sprichwörtlichen „Unsagbarkeit“ der Trauer zusammen, Ecker, Trauer zeigen, S. 10. Zum verbreiteten Vorwurf des Reduktionismus in der Psychoanalyse, vgl. Straub, Psychoanalyse, S. 12ff., S. 18; Gay, Freud, S. 19ff. 66 Vgl. Liebsch, Revisionen, S. 46. 67 Bis heute bildet der höchst einflussreiche Aufsatz Sigmund Freuds „Trauer und Melancholie“ (1917) die maßgebliche Grundlage des aktuellen Trauerbegriffs. Er beruht auf dem Gegensatz zwischen einer individuell stabilisierend wirkenden Trauer, die das betrauerte Subjekt sukzessive freigibt, und dem pathologischen Muster einer Melancholie, die an dem zu Betrauernden festhält. Obwohl Freud in seinen späteren Forschungen diese Sichtweise

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Totenerinnern, dem permanenten Ausbalancieren divergierender Identitäten.68 Die Trauer im Kriegsmonument ging weit über den persönlichen Verlustschmerz hinaus. Zugleich drohte sie permanent vom Totenkult einverleibt zu werden. Zwar gilt die Trauer allgemein als Vorgang, in dem das Subjekt einen menschlichen Verlust mit Hilfe eines persönlichen Erinnerungsprozesses langsam durchzuarbeiten lernt.69 In den Denkmalinitiativen bildete sie aber zugleich das Scharnier, welches die Prozesse des Trauerns, die in den Köpfen der Individuen abliefen, mit gruppenbezogenen Modi der Trauer verband. Bereits Emile Durkheim bezeichnete die Trauer als „Kollektivgefühl“,70 das in der Lage sei, Gemeinschaften zu stabilisieren. Ebenso betonte Ernest Renan, dass „die Trauer mehr [wiege] als Triumphe, denn sie […] gebiete gemeinschaftliche Anstrengungen.“71 Und Sigmund Freud wies in seinem berühmten Aufsatz „Trauer und aufgab und für die Notwendigkeit lebenslangen Trauerns plädierte, war seine frühe Studie bis weit ins 20. Jahrhundert hinein einflussreich; Liebsch, Trauer, S. 18f., 33ff.; ders., Selbst, S. 953; Luciano, Grief, S. 14ff. Erst durch den Vergangenheitsbruch von 1945 wurde diese Trauertheorie teilweise desillusioniert. Ein neuer Trauerbegriff konnte allerdings bis heute nicht etabliert werden. Dies hatte auch eine nahezu „ironisch“ zu nennende gesamtgesellschaftliche Loslösung von der kollektiven Trauer um die Kriegstoten zur Folge; vgl. insbes. Ricciardi, Mourning, S. 2ff. 68 Winter/ Sivan prägten für das Totengedenken am Denkmal den Begriff des „sozialen Erinnerns“; dies., Remembrance, S. 9. Auch Wertsch plädiert dafür, die Dichotomie zwischen individuellem und kollektivem Erinnern, die sich traditionell in gegensätzlichen Methoden der Psychologie und Soziologie ausdrücke, zugunsten eines „funktionalen Dualismus“ zu überwinden; ders., collective remembering, S. 31. Oexle, Erinnerungskultur, S. 11, 18, betont, dass Totenmemoria stets Gruppenbewusstsein schaffe. Und Kansteiner weist darauf hin, dass das Erinnern in den Köpfen von Individuen ablaufen müsse, während die Faktoren, die diesen Prozess bestimmten, innerhalb der Gruppe verhandelt würden; ders., kollektive Gedächtnis, S. 127. Damit grenzt er sich zugleich deutlich von Maurice Halbwachs‟ strukturalistischem Ansatz, nach dem erst Gruppen „erinnerungswürdige Tatsachen“ schaffen, ab; vgl. Halbwachs, Gedächtnis, S. 121; Kansteiner, Meaning, S. 179-197; ähnlich Niethammer, Identität, S. 350-363, 420ff. Halbwachs hat seine These im Spätwerk „Das kollektive Gedächtnis“ allerdings relativiert. Er kam zu dem Schluss, dass dem kollektiven Gedenken stets ein komplexer Prozess der Interaktion zwischen Individuum und Gruppe gegenüberstehe; vgl. Echterhoff/Saar, Halbwachs, S. 16. Zur notwendigen Verbindung von individuellem und gruppenbezogenem Erinnern, vgl. auch Nora, Geschichte, S. 32f.; Müller, Memory, S. 20; Connerton, societies, S. 24-38. 69 Freud, Trauer, S. 209ff.; vgl. auch Butzer, Trauer, S. 596; Rüsen, Historisch trauern, S. 65. 70 Durkheim, Arbeitsteilung, S. 151. Er bezeichnete die Trauer auch als gesellschaftliche Pflicht, deren Funktion in der Stärkung ihres identitätsstiftenden Zusammenhalts bestehe; vgl. Winkel, Trauer, S. 288. 71 Renan, What is a nation?, S. 19.

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Melancholie“ darauf hin, dass das Trauern eben nicht nur auf den „Verlust einer geliebten Person“, sondern auch auf eine an seine „Stelle gerückten Abstraktion, wie Vaterland, […] ein Ideal“72 gerichtet sein könne. Die Trauer um die Gefallenen war somit nicht nur Quelle persönlicher Frustration, sondern ebenso demokratischen Aufbruchs, nationaler Inspiration und nationalistischer Aggression.73 Sie ging nicht nur mit dem Gefühl individuellen Schmerzes, sondern auch des Nationalstolzes und politischen Zorns eine enge Wechselbeziehung ein. 74 Damit war sie mitnichten ein sekundäres Thema der Denkmalgeschichte. 75 Vielmehr fand der Monumentenbau im Zeichen divergierender Formen der Trauer statt.76 Wenn Goebel suggeriert, die Trauer sei eine Reaktion, die aufgrund seelischer Wunden, ausgelöst durch schmerzliche Totenerinnerungen, entstehe, ist dies nicht falsch. Doch beleuchtet dieser individualpsychologische Ansatz nur die eine Hälfte des Trauerkonzepts der Zwischenkriegszeit. Denn die Trauer im Kriegsmonument war nicht nur auf die Verarbeitung des Todes durch die Angehörigen, sondern auch auf das Durcharbeiten eines – wie auch immer gearteten – Identitätsverlusts hin angelegt.77 Zwar dienten die Kriegerdenkmale stets der Memorierung der „Anderen als Anderen“,78 doch waren sie zugleich zu einer „Vereinnahmung der Toten für die Bedürfnisse der Lebenden“ 79 bereit. Der Trauerbegriff im Kriegerdenkmal war somit stets doppelt codiert: Objektive Trauer um die Getöteten, subjektive Trauer um einen persönlichen oder kollektiven Verlust und somit um die eigene, beschädigte Geschichte.80 Die Trauerprozesse im Kriegsmonument bezogen sich zum einen auf das Ableben des 72 Freud, Trauer, S. 197. 73 Vgl. insbes. Liebsch, Trauer, S. 15; Ecker, Trauer zeigen, S. 12ff. 74 Dieser emotionsgeschichtliche Zusammenhang wurde von Historikern bislang kaum un-

tersucht; wie sehr Formen und Ausdruck der Trauer auch vor dem Hintergrund von Gefühlskulturen gedeutet werden müssen, veranschaulicht Koch, Trauer, insbes. S. 284ff. 75 Liebsch, Revisionen, S. 46. 76 Ders., Trauer, S. 19. 77 Erst in jüngster Zeit begann die Forschung disziplinübergreifend die widersprüchliche Natur der Trauer und ihre Dialektik zwischen Ablösung von und Bindung an die Toten neu in den Blick zu nehmen; vgl. u.a. Goldbrunner, Dialektik der Trauer, S. 14ff.; Liebsch, Trauer, insbes. S. 37f. 78 Butzer, Trauer, S. 597. 79 Ebd. 80 Bohrer betont das doppelte Selbstbewusstsein der Trauer, das er auch als ‚kulturelle Identität„ bezeichnet; ders., Trauer, S. 1141; Ricciardi definiert die Trauer als subjektive und objektive Projektion und somit als letzten Endes deutungsoffenes kulturelles Rätsel; dies., Mourning, S. 11; vgl. auch Liebsch, Trauer, S. 15, 61; Assmann, Vergangenheit, S. 110; ferner Butzer, Trauer, S. 597.

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oder der Anderen, zum anderen aber auch auf eine Identitätsbedrohung des Ich oder Wir-Selbst. Auf den ersten Blick schien das Feld der Trauer ausschließlich auf das Leiden einzelner Familienangehöriger beschränkt gewesen zu sein. Bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass uns das Totengedenken am Denkmal – quer zu etablierten Sozialstrukturen – mit der permanenten Vermittlung objektiver und subjektiver Formen der Trauer konfrontiert. Diese bildeten die (Extrem-) Pole eines breit angelegten Trauerspektrums, dessen wichtigste Unterscheidungsparameter einerseits der Einspruch gegen das gewaltsame Sterben durch Festhalten der Kriegstoten, andererseits die Kompensation von Identitätskrisen durch – graduelle – nationale Freigabe waren. Hauptmerkmal überwiegend subjektiver Trauerprozesse, die zur allmählichen politischen Überlassung der Kriegstoten führten, war das Ausgerichtetsein auf das eigene Selbst. Gleichwohl entsprach die subjektive Trauer nicht bloß einer sukzessiven nationalen Hingabe des individuellen menschlichen Verlusts und war nicht nur auf bestimmte Hinterbliebene und deren gebrochene Biografie beschränkt.81 Der Sinn subjektiven Trauerns bestand nicht nur darin, das Opfer des Sohnes oder Mannes affektiv zu kompensieren, indem es politisch legitimiert und sozial anerkannt wurde.82 Auch Sozialgruppen, die mit dem Untergang des Vaterlands 1918 ideellen Verlustängsten ausgesetzt und in der demokratischen Gegenwart niemals angekommen waren, bot die politische Freigabe der Gefallenen die Chance, die eigene Identität zu stabilisieren. 83 Denn durch das gemeinsame Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten des Verlusts am Denkmal konnte dieser wiederum zugunsten eines nationalen Zwecks affirmiert und somit ein Stück weit kompensiert werden. Die politische Vereinnahmung der Gefallenen war in der Lage, innerhalb der Gruppen ein Gefühl kollektiven Stolzes zu erzeugen, das ihre Wunden zu lindern versprach. Insbesondere der Totenkult bot die Chance, die Trauer auf möglichst viele Teilnehmer zu übertragen, die Nation somit „als eine übergroße Familie mit entsprechenden Pietäts- und Loyalitäts81 Ecker, Trauer zeigen, S. 13, 19; Schenk, Einleitung, S. 4; Bucholz, death paradigm, S. 192ff. 82 Hagemann, Geschlecht, S. 374ff.; dies., Heldenkult, S. 340. Janz, Gefallenenkult, S. 560, 567,

bezeichnet die Neigung zur Heroisierung der Toten während des Ersten Weltkrieges als „vermutlich kompensatorische Strategie“ der Hinterbliebenen. Der Heroismus der gefallenen Soldaten übertrug sich dabei insbesondere auf ihre Mütter; ihre Opferbereitschaft ließ zahlreiche öffentliche und private Danksagungen folgen; Evans, Mothers of Heroes, S. 78, 103, 112. 83 Bourke, war, S. 479ff.; zum „Verlierergedächtnis“ von 1918 mit revanchistischem Kern, vgl. u.a. Bohrer, Trauer, S. 1138, welcher der „nationalen Trauer“ der Deutschen nach 1918 „pathologisch-regressive Formen der Melancholie“ bescheinigt. Dies geht zurück auf die Analysen Freuds: Er hatte die abstrakten Verlustgefühle bestimmter Sozialgruppen als „Melancholie“ bezeichnet; ders., Trauer, S. 199ff.; vgl. auch Assmann, Geschichtsvergessenheit, S. 42; Liebsch, Trauer, S. 60.

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banden“84 zu imaginieren und damit den jeweiligen Verlustschmerz ein Stückweit auszubalancieren.85 Die Trauer war in der Zwischenkriegszeit somit ganz erheblichen Bedeutungsverschiebungen unterworfen. 86 Nicht nur die Hinterbliebenen drohten permanent „in Komplizenschaft“87 mit jenen zu treten, die das Kriegssterben als notwendig deklarierten. Insbesondere solche Gruppen, die einen abstrakten Verlust erlitten hatten, wurden vom Ideal des militärischen Helden ergriffen. Subjektiv zu trauern bedeutete also weniger das individuelle Geprägtsein durch eine spezifische Trauerreaktion. Die subjektive Trauer wurde vielmehr kulturell überformt und zugleich politisch handelbar gemacht. Bereits Hegel hatte die persönliche Sphäre in einer untergeordneten Beziehung zum Staat betrachtet. In der Perspektive seines fortschrittlichen Geschichtsbildes wurden permanent junge Männer für den Krieg bereitstellt, die sich nahtlos durch den Tod des Einzelnen reproduzierten. 88 Dementsprechend markierte auch der Kriegstod weniger einen unersetzlichen menschlichen Verlust als vielmehr den Kern kollektiver Sinnstiftung. Die subjektive Trauer nach 1918 war nicht auf eine individuelle Einfühlung, als vielmehr auf eine politische Verpflichtung hin angelegt.89 Allerdings stand die auf das Subjekt bezogene Trauer stets in engstem Wechselverhältnis zu ihrem objektiven Gegenüber.90 Die nationale Hingabe der Kriegstoten war ohne deren – zumindest zeitweise – wirklichkeitsnahe Betrauerung undenkbar. Damit überlappten sich die subjektiven permanent mit den objektiven Elementen der Trauer. Entscheidend war, inwieweit deren Vermitt84 Assmann, Vergangenheit, S. 109. 85 Auch die Geschichte des deutschen Volkstrauertags macht die Fusion individueller und

kollektiver Trauerelemente anschaulich, vgl. Hausen, Germany, S.128ff. 86 Ricciardi, Mourning, S. 4. 87 Liebsch, Revisionen, S. 46. 88 Hoffmeister, Hegel Geschichte, insb. S. 34, 80, 106; Besonders Liebsch unterstreicht den in-

tensiven Einfluss des Idealismus auf das traditionelle Konzept der Trauer. So hat Hegel in seinen Vorlesungen über die Vernunft in der Geschichte ausführlich dargelegt, warum er nur eine unpersönliche Trauer akzeptiere. Die entscheidende Vergleichgültigung sei erst dann möglich, wenn eingesehen werde, dass das Betrauerte dem finalen Zweck der Geschichte zum Opfer gebracht werden müsse; hieraus resultiert nach Liebsch bis heute die Antinomie von Trauer und Geschichte, ders., Trauer, S. 29ff., 50; ders., Revisionen, S. 17f. 89 Vgl. Knoch, Mediale Trauer, S. 197; Assmann, Vergangenheit, S. 109f. 90 Freud fasst dieses Wechselverhältnis in seiner ökonomischen These zusammen: Die Trauer sei von Beginn an zerrissen zwischen nicht zu versöhnenden Aufgaben. Die Trauer zum Anderen verspräche, die Bande nicht zu lösen; so würde man allerdings selbst in den Sog seines Todes geraten. Deshalb sei es notwendig, sich vom Anderen zu befreien, um selbst zu überleben; ders., Trauer, 198, 208f. In der historischen Praxis vermischten und verschoben sich diese beiden Idealtypen der Trauer permanent; sie lassen sich deshalb hier nur unter Akzentuierung einzelner Kriterien voneinander abgrenzen.

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lung noch gelang. Die objektive Trauer bestand insbesondere aus der Verarbeitung individueller und kollektiver Verlusterfahrungen, die auf den toten Anderen gerichtet waren. Hinterbliebene und Sozialgruppen, die hierfür plädierten, waren in der Lage, aufgrund ihrer persönlichen und menschlichen Nähe zu den Kriegsgefallenen von den eigenen Bedürfnissen abzusehen. Sie wollten sich nicht weiter zu einer nationalen Hingabe des Kriegsopfers verurteilen lassen. Deshalb wurde der Kriegstod weniger funktionalisiert, als vielmehr als Nicht-wieder-Gutzumachendes im Spiel gelassen. Man machte deutlich, dass jeder Gefallene einzig war, und versuchte, die Unwiederbringlichkeit der Toten zwischenmenschlich zu verankern.91 Die Frage nach dem Sinn des Kriegstodes wurde individuell reflektiert und an die Gemeinschaft projiziert.92 91 Damit war auch die persönliche Trauerarbeit offensichtlich nur teilweise so „ökonomisch“,

wie Freud es vermutet. Vielmehr scheint es, dass nicht wenige trauernde Angehörige sich ein Leben lang nicht von ihren Toten befreiten und ein Stückweit mit ihnen mitstarben; Liebsch, Revisionen, S. 16ff.; vgl. auch Kollwitz, Tagebuchblätter, insbes. S. 56-59, 62, 65f.; Schulte, Kollwitz‟s sacrifice, S. 194f. 92 Auch in jüngerer Zeit wird immer wieder die Unmöglichkeit einer gelingenden Trauer hervorgehoben, insofern sie sich nicht auf Kosten der Toten vollzieht und somit auf einer Selbstbespiegelung beruht. Eingefordert wird deshalb eine Trauer um die Kriegstoten, die keinen Abschluss der Erinnerung und damit auch keine letztgültige Trennung von Toten und Lebenden kennt. Das Konzept der „historischen Trauer“ will dabei ein tragfähiges Fundament schaffen, um die massenhaften menschlichen Verluste des 20. Jahrhunderts als soziopolitische Ordnungsbrüche zu verstehen. Dabei wird der Sinnverlust durch den Tod der großen Zahl zum Ausgangspunkt für eine gewandelte nationale Sinnbildung; das Wachhalten der Opfergeschichten soll einen kollektiven Identitätswandel unterstützen; vgl. insbes. Rüsen, Historisch trauern, S. 65, 78; Kirsch, Trauer, S. 14ff.; ferner Butler, Gefährdetes Leben, S. 47; kritisch hierzu Bohrer, Trauer, S. 1137ff. Auch das Konzept der „moralischen Trauer“ versucht, die verbreitete Indifferenz gegenüber dem Massentod ins Bewusstsein zu rücken und lehnt ebenso die Loslösung von den Toten ab. Es handelt sich dabei um einen „dritten Weg“, der den menschlichen Verlust der Kriegsgefallenen zwar anerkennt, sich allerdings gleichzeitig von ihm affizieren lässt und dagegen öffentlich aufbegehrt; Liebsch, Trauer, S. 35ff.; ders., Revisionen, S. 22, insb. 109-160; ders., Vom Anderen her, S. 15; ders., Selbst, S. 964ff.; vgl. auch Hirsch, Ethik der Trauer, S. 231ff. Für beide Formen objektiver Trauer gilt es, das Konzept einer Trauer, die erst „im Kontext von Näheverhältnissen“ entsteht (Assmann, Vergangenheit, S. 109) zu erweitern um eine Perspektive, die den unschuldigen Tod unbekannter Dritter mit einschließt. Gerade der serielle Tod der Massen droht die Trauer zum Verschwinden zu bringen, da sich der Tod des Anderen nun als „Fall“ mit anderen Fällen aufsummieren lässt; vgl. insbes. Liebsch, Trauer, S. 20ff. In jüngerer Zeit betont insbesondere Emmanuel Lévinas, dass die ethische Verantwortung für den Anderen nicht von verwandtschaftlichen Verhältnissen abhänge. Sie werde vielmehr von der Andersheit des Anderen ins Leben gerufen; Wenzler, Lévinas, S XIX; vgl. auch Hirsch, Ethik der Trauer, S. 232; Liebsch, Trauer, S. 48.

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Die objektive Trauer bildete somit den untröstlichen „Stachel“93 im Fleisch der nationalen Geschichte. Sie bestand aus einem persönlichen und öffentlichen Einspruch gegen den nationalen Kriegstod. Indem sie dem Sterben für das Vaterland – zumindest teilweise – die Anerkennung verweigerte, fungierte sie als historisches Gewissen.94 Der Gefallenentod wurde nicht weiter idealisiert, sondern vielmehr im Modus „reiner Anschauung“ 95 individuell und realitätsnah präsentiert, was dem demokratischen Wandel Vorschub leistete. Bereits Walter Benjamin hatte den Kriegstod als offene Schuld betrachtet, in der die Lebenden gegenüber den Kriegstoten stünden.96 Die kollektive Verpflichtung für die Zukunft könne nur in einer „Weigerung, sich in der Zukunft [mit dem gewaltsamen Massentod] abzufinden“,97 bestehen. Er wollte somit eine Spannung zwischen Toten und Lebenden provozieren, um die politische Erneuerung zu forcieren. Reinhart Koselleck zufolge ebnete der Bedeutungsverlust unreflektierter nationaler Normen nach dem Ersten Weltkrieg den Weg hin zu einer individuelleren Sinnsuche am Totenmal.98 Diese gravierende Verschiebung im semantischen Spektrum der Denkmäler hatte auch eine Verlagerung der Trauer zur Folge. Zwar changierte sie weiterhin zwischen Subjekt und Objekt, war somit nach wie vor auf eine nationale Neubegründung des Ichs oder kollektiven Selbst und zugleich auf die Toten gerichtet. Im Zentrum des trauernden Totengedenkens am Kriegsmonument stand aber nicht weiter überwiegend die Freigabe der Kriegsgefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens, das im Kult beständig affirmiert und perpetuiert wurde. Die Gefallenen wurden nun nicht mehr vorwiegend hingegeben, ihr Tod somit kompensiert, sondern behaupteten sich auch als eigenständige Individuen. Ihr Sterben wurde zwischen nationaler Vereinnahmung und persönlichem Festhalten so betrauert, dass eine Vermittlung disparater Nachkriegsidentitäten ebenso möglich wurde wie die graduelle Entpolitisierung des Denkmals.

93 Liebsch, Revisionen, S. 31. 94 Ders., S. 31ff. 95 Därmann, Tod und Bild, S. 300. 96 Benjamin, Geschichtsphilosophische Thesen, S. 270ff., 276f.; dabei warnte er insbesondere

vor einer zeitgenössischen politischen Kapitalisierung menschlicher Verluste, vgl. auch Eng/Kazanjian, Loss, S. 1ff.; Außerdem machte er darauf aufmerksam, dass die kollektive Trauer stets zwischen vergangenheits- und hegemoniefixierten sowie zukunfts- und bedeutungsoffenen Prozessen hin- und herschwanke, vgl. Eng/Kazanjian, Loss, S. 2; Liebsch, Trauer, S. 55. 97 Zit. nach Liebsch, Trauer, S. 56. Besonders Adorno plädierte in den 1960er Jahren dafür, nicht auf eine Befreiung des Kollektivs von der Vergangenheit hin orientiert zu sein, sondern dem Anspruch der Toten auf Eingedenken gerecht zu werden; ders., Aufarbeitung, S. 139. 98 Koselleck, Totenmal, insbes. S. 78.

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Außer einer Differenzierung des Trauerbegriffs muss eine Neubewertung der Kriegsmonumente als Kulturobjekte auch die bisherige Denkmalsdefinition überdenken. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Monumente ganz allgemein als Zeichen gedeutet, von denen eine eindeutige politische Lehre ausging.99 Ein leicht zu entschlüsselndes Bildprogramm garantierte deren Lesbarkeit. 100 Dementsprechend galten auch die deutschen Denkmäler der Zwischenkriegszeit zunächst als Überbringer homogener nationaler Botschaften. Dagegen wurde das entpolitisierte Kunstdenkmal kaum beachtet.101 „Für das Kriegermal [war] der [politische] Stoff noch zu mächtig“,102 als dass es durch die Denkmalform allein bezwungen worden wäre, so das Urteil eines Zeitgenossen. Gleichwohl mussten die Anhänger des funktionalen Kriegsmonuments in der Weimarer Republik bereits Einbußen in Kauf nehmen. Schließlich wurde der Bruch mit dem engen Denkmalbegriff durch die Verfassung besiegelt.103 Die Demokratisierung der Denkmalidee begann, den herkömmlichen Monumentbau zu überflügeln.104 Das hatte auch Auswirkungen auf das traditionelle Krieger99 Zum allgemeinen Denkmalbegriff, vgl. Alings, Monument, S. 3-13; Scharf, Kunstgeschichte,

S. 8-19; Bentmann, Kampf, insbes. S. 222-226; Schnabel, Denkmalkunst, S. 415-436; ferner Reck, Inszenierung, S. 184-215. Als Monument wurde das „Standbild eines berühmten Mannes auf einem Sockel, errichtet auf einem öffentlichen Platze“ verstanden, das politische Werte symbolisierte und der appellativen Belehrung der Untertanen diente; Keller, Denkmal, Sp. 1258; Nipperdey, Nationaldenkmal, S. 601. Der Deutung der Denkmäler lag somit ein enger Denkmalbegriff zugrunde. Dieser ließ wissenschaftliche Kriterien solange in den Hintergrund treten, wie die Monumente überwiegend aus dem Blickwinkel nationalpolitischer Interessen beurteilt wurden; Bentmann, Kampf, S. 226-229; Scharf, Kunstgeschichte, S. 14; von Schlosser, Denkmalkultus, S. 2f. Auch kritische Reflexionen zum überbordenden Monumentbau wurden regelmäßig aus der Diskussion ausgeschlossen; Alings, Monument, S. 597f.; Hardtwig, Denkmalsdebatte, S. 310f.; ders., Denkmal, S. 170ff.; Alings, Monument, S. 50f.; Bentmann, Kampf, S. 226; Agulhon, vagabundierende Blick, S. 54-58. 100 Bauer, Monumentalsymbolik, S. 20; Bloch, Denkmal, S. 196-98; ferner Trimborn, Inszenierungen, S. 19. 101 Vgl. insbes. Nelson/Olin, Monuments, S. 2; Young, Memory, S. 239; Scharf, Kunstgeschichte, S. 12; Reck, Inszenierung, S.212. 102 Lübbecke, Kriegerdenkmal, S. 432. 103 Artikel 150 der Weimarer Verfassung stellte sämtliche Denkmäler der Kunst, Geschichte und Natur gleichermaßen unter den Schutz des Staates. Damit gehörte die einseitige Fixierung auf ideologische Wertvorstellungen endgültig der Vergangenheit an; Schuster, Verfassungen, S. 211. 104 Scharf, Kunstgeschichte, S. 12ff., beschreibt die allgemeine Bedeutungsverschiebung nach 1918 als Entwicklung „vom National- zum Kunstmonument“; der Kunsthistoriker Hubert Schrade betont gar, dass die Denkmalabsicht des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Errichtung individueller Erinnerungsbilder lag: „Sie waren Ausdruck des Glaubens an die Eigenwertigkeit des autonomen Individuums“; ders., Nationaldenkmal, S. 8.

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denkmal. Mehrdeutigkeiten traten neben leicht ablesbare ideologische Inhalte. Die politische Appell- wurde zusehends durch eine künstlerisch-kulturelle Vermittlungsfunktion ersetzt.105 Außerdem kam ein Gestaltwandel in Gang: Die Tendenz zum Abstrakt-Architektonischen ist unübersehbar.106 So wurden die figürlichen Kriegerdenkmale nun häufig in Trauerräume integriert, welche die Möglichkeit boten, die Gefallenen auch persönlich zu memorieren und dieses Totengedenken an die Gemeinschaft zu projizieren. „Einfach und schlicht“ 107 gestaltete Namenstafeln drängten die lebenden Heldenfiguren ein Stück weit zurück und insistierten auf der individuellen Gewesenheit der Verstorbenen.108 Die Kriegsmonumente der Weimarer Republik waren somit zwischen ihrer überlieferten nationalen und einer modernen, das Totengedächtnis neu ordnenden Rolle gespalten.109 Diese Kluft ließ eine funktionale Kontrolle immer weniger zu. Ihre innere Dynamik machte sie stattdessen zu polyvalenten Objekten. 105 Das Kriegsmonument der Weimarer Republik war somit zwischen bislang geläufigen

Denkmaldefinitionen angesiedelt. Es kann weder nur als „ein in der Öffentlichkeit errichtetes und für die Dauer bestimmtes, selbständiges Kunstwerk […], das eine Lehre oder einen Appell an die Gesellschaft ableiten“ solle (Spielmann, Manifestation, S. 59; Lurz, Kriegerdenkmäler, Bd. 1, S. 63), noch ausschließlich als „symbolisierendes Konstrukt, das aktuale Bedeutungsansprüche herstellt“, die von der Gesellschaft auf ihre Leistungsfähigkeit hin geprüft werden (Reck, Inszenierung, S. 214f.), angesehen werden. Stattdessen hatten die Kriegerdenkmäler der Weimarer Republik sowohl einen traditionellen Appell- als auch einen modernen Vermittlungscharakter. 106 Die Abkehr von der traditionellen Mimesis und damit von einem festen inhaltlichen Bezug bildet das Hauptmerkmal moderner Skulpturenkunst, wodurch die Frage nach Form-, Material- und Farbwahl nun stärker in den Mittelpunkt tritt; Heckmann, Figur, S. 26ff. Dabei konnte die Architektur – im Gegensatz zur rein figuralen Darstellung – leichter konkurrierende sowie individuelle Erinnerungen einbinden; abstrakte Formgebungen konnten den Kriegerdenkmälern eine innere Freiheit geben; Young, Memory, S. 237, 239. 107 So ein entsprechender Aufruf der Staatliche Beratungsstellen für Kriegerehrung, Leitsätze, S. 11. Die allgemeine Forderung nach “Schlichtheit” der figürlichen Kriegerdenkmäler wurde zwar breit proklamiert, allerdings in der Praxis nur begrenzt umgesetzt. 108 Bereits 1922 wurde in den Leitsätzen zur Errichtung von Kriegerdenkmälern für eine Erweiterung des herkömmlichen Denkmalbegriffs plädiert: auch Gedenktafeln oder Wandgemälde könnten Kriegerdenkmäler sein; o.A., Leitsätze, S. 21. Weinland beschreibt, wie die hohen Verluste des Weltkrieges die Forderung nach einem Erinnerungszeichen für jeden Gefallenen in Form von Namenstafeln aufkommen ließen; dies., Kriegerdenkmäler, S. 86ff. 109 Dies galt gerade auch für die Namenstafeln. Sie konnten einerseits dem individuellen Totenerinnern, andererseits allerdings auch einer seriellen Trauer und somit dem „Verschwinden“ des individuellen Verlusts dienen; Liebsch, Trauer, S. 23f.; vgl. auch Luciano, Grief, S. 175ff.

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Nach 1933 wurde dieser Spielraum zunichte gemacht. Nun fand die konsequente politische Funktionalisierung des deutschen Kriegerdenkmals statt. 110 Zwar wurden die Toten des Zweiten Weltkriegs bereits in den 1950er Jahren als – zivile – Opfer erinnert.111 Erst in den 1980er Jahren überwand das Monument allerdings endgültig die nationalen zugunsten universal-ethischer Werte.112 Seitdem appellieren architektonische Mahnmale an den gewaltsamen Tod als Paradigma eines unwiederbringlichen menschlichen Verlusts, der die ganze Sinnlosigkeit des Krieges deutlich macht.113 Die Denkmäler des Holocaust vergegenwärtigen die Auslöschung des jüdischen Volkes. Diese zeitgenössische Perspektive basiert auf einem strikten Vergangenheitsbruch, der Folge des nationalsozialistischen Vernichtungskriegs war. Dabei werden die Opfer des Zweiten Weltkriegs in einen Erinnerungsdiskurs eingebettet, der auf Gerechtigkeit beharrt und jegliche Funktionalisierung ausschließt.114 Umgekehrt stehen die soldatischen Denkmäler des Ersten Weltkriegs weiterhin unter Generalverdacht, zur inhumanen Kriegsführung beigetragen zu haben. Diese Ansicht wird auch von der Gegenwartskunst reflektiert. Seit den 1970er Jahren hat sie eine ganze Reihe ideologiekritischer „Gegenmonumente“ 115 geschaffen, die eine „strikte Moralgrenze“116 zum vermeintlich nationalistischen Kriegerdenkmal errichten. Die kulturelle Umdeutung des Nationalen am Kriegsmonument der Weimarer Republik wird demgegenüber bis heute ignoriert. Rückt die „Kultur des Nationalen“ ins Zentrum der Betrachtung deutscher Kriegerdenkmale, so bedeutet dies zunächst einen Bruch mit dem bisher üblichen Verfahren, den Totenkult ausschließlich als funktionales Mittel zur Re-

110 Schrade, Nationaldenkmal, S. 9f., beschreibt als Hauptmerkmal des nationalsozialistischen

Kriegerdenkmalbaus sowohl die totale Vereinnahmung des Betrachters als auch „die Gemeinschaft fordernde Architektur und das Raum beherrschende Symbol“; vgl. auch Brandt, Kundgebungsmacht, S. 210f.; Behrenbeck, Kult, S. 295ff.; Koselleck, Zeitschichten, S. 282; Thamer, Denkmalskult, S. 9-35. 111 Derix, Mahnmalen, S.276. 112 Scharf, Kleine Geschichte, S. 19; Bentmann, Kampf, S. 222ff. 113 Young, Formen, S. 36ff.; Derix, Mahnmalen, S. 261ff.; Neumann, Mahnmale, S. 622ff.; zum Typus der Holocaust-Denkmäler, vgl. insbes. Carrier, Monuments, S. 45ff. 114 Zugleich wird allerdings wiederum eine Hierarchie der Toten etabliert, die von Reinhart Koselleck massiv kritisiert wird; vgl. ders., Krisenerfahrungen, S. N4. 115 Young, Memory, S. 240; Jochmann, Denkmalkritik, S. 22f., 142ff. Zu den bekanntesten Gegenmonumenten zählt das 1986 in Harburg von Jochen Gerz u. Esther Shalev-Gerz errichtete Denkmal gegen Faschismus, Krieg und Gewalt; vgl. Lupu, Memory vanished, S. 134ff., auch für eine Kritik an dieser Kunstbewegung. 116 Langewiesche, „deutsche Sonderweg“, S. 65.

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produktion einer homogenen Nation zu beschreiben. 117 Tatsächlich hat die Forschung den Gefallenenkult lange Zeit als symbolischen Ausdruck einer festgefügten Ordnung der Toten und Lebenden analysiert. Ein stabiler Diskurs vom „Sterben für das Vaterland“ habe die Feiern dominiert und die „Massen“118 sukzessive nationalisiert, so die Denkmalforscher. 119 Auf der Ebene des Totenkults schienen die Kriegsmonumente somit endgültig ihren Zweck zu erfüllen: daran zu erinnern, dass das Nationale durch den Glauben an die notwendige Hingabe des Lebens an die Gemeinschaft seit Generationen fest verwurzelt sei.120 Dies weist einerseits auf eine instrumentelle Erklärung des Nationalismus hin, der zufolge die Kulte zumindest einem Teil der politischen Rechten dazu dienten, an nationalistische Werte zu appellieren und die jeweilige Gemeinschaft zugunsten ihrer machtpolitischen Ziele zu funktionalisieren. Andererseits wird ein streng strukturalistisches Denken deutlich, das die Kriegerdenkmale in erster Linie als Bestandteil einer unausweichlichen historischen Entwicklung begriff.121 Demgegenüber macht die internationale, stärker kulturhistorisch orientierte Denkmalforschung bereits seit den 1990er Jahren die Notwendigkeit einer analytischen Differenzierung deutlich. 122 Die traditionelle Vorstellung einer homogenen Nation am Denkmal wird aufgebrochen und in Frage gestellt. Zwar gilt weiterhin als unbestritten, dass bestimmte Erinnerungsfiguren, darunter insbesondere das Kriegerdenkmal, die Nation als „Gedächtnisgemeinschaft“123 erst ausformen halfen. Neben dieser zentralen Integrationsfunktion der Monumente wird nun aber auch deren konfliktives Potential deutlich. Tatsächlich betrachtet 117 Vgl. hierzu insbes. Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 255ff.; Borutta, Kultur, S. 480ff. 118 Hingegen weist Borutta darauf hin, dass die Massen „weder monolithisches noch passives

Objekt anonymer Prozesse oder symbolischer Manipulationen“ waren; ders., Feste, S. 264. 119 Als wichtigster Vertreter der These einer „Nationalisierung der Massen“ gilt weiterhin

Mosse, Nationalisierung, insbes. S. 87ff.; ders., Gefallenenkult, S. 241ff., ders., Gefallen, S. 133. 120 François/Siegrist/Vogel, Die Nation, S. 25. 121 Hobsbawm, Nation und Nationalismus, S. 23, definiert den Nationalismus als Doppelphä-

nomen, das von oben konstruiert, von unten wahrgenommen wurde; vgl. auch Gellner, Nationalismus und Moderne, Berlin 1991. 122 Winter, Remembering war, S. 135ff.; Winter/Sivan, Remembrance, S. 17; King, Memorials, S. 9ff.; Koshar, Monuments, S. 11f.; Forner, War commemoration, S. 534f.; Moriarty, Private grief, S. 130ff.; Prost, Monuments aux Morts, S. 210ff. 123 Echternkamp/ Müller, Nationalismusforschung, S. 16. Pierre Nora hat die französischen Kriegerdenkmäler erstmals in das Konzept der „Lieux de Mémoire“ integriert und sie somit als symbolische Konstrukte gedeutet, anhand derer die Funktionsweise des nationalen Gedächtnisses analysiert werden kann (ders. (Hg.), Lieux de Mémoire, Paris 2000); Vor ihm hatte Maurice Halbwachs als Erster (ders., La Topographie légendaire des évangiles en Terre Sainte, Paris 1941) den Gedächtnisbegriff auf Denkmäler angewandt. Bezüglich der deutschen Gedächtnisorte, vgl. Etienne François, Hagen Schulze (Hg.), Deutsche Erinnerungsorte, München 2001.

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die internationale Forschung das Denkmalkollektiv – wie in der jüngeren Nationalismusforschung allgemein –, nicht mehr als ontisch-determiniert, sondern als vorgestellt und konstruiert.124 Unterschiedliche Akteure konnten mit dem Totenkult somit durchaus verschiedenartige politische Werte verbinden. 125 Wurden neben der militärisch-nationalen Öffentlichkeit auch alternative Gruppen wie (Vernunft-) Republikaner, Hinterbliebene und Geistliche zum Ritual zugelassen, waren diese durchaus in der Lage, den vorherrschenden nationalen Diskurs durch ihre spezifischen Rede- und Verhaltensweisen zumindest teilweise außer Kraft zu setzen.126 Hinzu kommt, dass die Kulte durch Teilnehmer und Zuschauer nicht selten verschiedenartig wahrgenommen wurden.127 Auch die alternative Verarbeitung politischer Strukturen, beispielsweise in Form kultureller Proteste oder durch Blumen- oder Kranzniederlegungen, weist auf Umdeutungen des Nationalen hin, die sich neben dem politischen Totenkult auf informell-halböffentlicher Ebene entwickelten. Dies zeigt, dass die Rezeption der Kriegerdenkmale zu keinem Zeitpunkt ein mimetisches Abbild der Ziele ihrer Initiatoren darstellte. Die Kriegsmonumente waren nicht nur Medien einseitiger politischer Propaganda und Manipulation; sie dienten auch der Vermittlung divergierender Konstruktionen von Nation. So fragt sich, welche Wahrnehmungen und soziale Handlungen neben dem politischen Totenkult existierten und welchen Wandlungen das Nationale durch die symbolische Praxis am Denkmal ausgesetzt war.128 124 Der Konstruktcharakter des Nationalen liegt auch dieser Arbeit zugrunde. Die Nation

erscheint nun nicht mehr als objektive Konfiguration, sondern als variables Deutungsmuster und Sinnkonstrukt, das durch Symboliken und Kulte interaktiv erzeugt wird; Anderson, Erfindung, S. 14ff.; Breuilly, Nationalismus, S. 256; Walkenhorst, Nation, S. 24; E. Hobsbawm/ T. Ranger, The Invention of Tradition, Cambridge 1983. 125 Bereits Thomas Nipperdey hat die politischen Denkmalfeste des 19. Jahrhunderts auf die Repräsentation unterschiedlicher nationaler Idealtypen hin analysiert (ders., Nationalidee, S. 133-173). Dieser Aufsatz gilt als der Beginn der modernen historischen Denkmalforschung. Nipperdey entwickelte dabei Überlegungen zu den Denkmälern des 19. Jahrhunderts weiter, die Franz Schnabel im Jahr 1939 veröffentlicht hatte. Dabei machte er auch darauf aufmerksam, dass sich Nationsbildung erst in einem „dynamischen Prozess der Identifizierung“ vollziehe und warnte davor, die Ikonologie eines Denkmals mit einem bestimmten Nationalbewusstsein gleichzusetzen (ders., Nationalidee, S. 134); vgl. auch Schnabel, Denkmalkunst, S. 415-436; Boockmann, Utopie, S. 161; Bauer, Monumentalsymbolik, S. 17ff. 126 Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 267; Borutta, Feste, S. 246; vgl. auch Janz, Trauer, S. 382. 127 Diese Arbeit analysiert somit nicht mehr nur jene Sozialgruppen, die den Nationalismus am Kriegsmonument verbreiteten, sondern auch die Verankerung nationaler Dispositionen in der Gruppe der Denkmalsrezipienten; Borutta, Kultur, S. 483. 128 Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 269.

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Der aus kulturwissenschaftlichen Ansätzen entwickelte Begriff des Nationalen macht somit deutlich, dass an den Kriegerdenkmalen verschiedene Varianten nationaler Ordnung um Deutungsmacht konkurrierten.129 Diese Arbeit nimmt – neben den Strukturzusammenhängen – insbesondere die kulturellen Umdeutungen des Nationalen in den 1920er und frühen 1930er Jahren in den Blick. 130 Dabei erscheinen die Denkmalfeiern nicht mehr nur als Rituale nationalistischer Sinnstiftung und heroischen Kriegssterbens, sondern auch als Kulte der Trauer unterschiedlicher Identitäten mit hoher Polyvalenz und Vielschichtigkeit. 131 Deutlich wird, wie durch Prozesse kultureller Vermittlung der nationale Raum am Denkmal laufend neu erschaffen wurde. Um die gängige These vom deutschen „Sonderweg“ zu relativieren, wird auch untersucht, ob sich die nationalen Strukturen mit alternativen Wahrnehmungen und Praktiken verbinden konnten und, wenn ja, inwieweit es hierbei gelang, die divergierenden Identitäten auszubalancieren.132 Deutlich wird so, dass in den Kriegsmonumenten der Weimarer Republik eine Vielfalt von Nationskonzepten existierte, die mit der Idee eines übersteigerten Nationalismus nicht kommensurabel waren.133 Fast scheint es, als

129 Walkenhorst, Nation, S. 26. Erst in seinen späteren Arbeiten zur Transformation der To-

tenmale im 20. Jahrhundert machte Koselleck auf deren permanentes Schwanken zwischen Sinnstiftung, Sinnforderung und absoluter Verzweiflung, die keinen Sinn mehr finden kann, aufmerksam und verwies auf die unterschiedlichen nationalen Funktionen deutscher Denkmale der Zwischenkriegszeit; Koselleck, Totenmale, S. 65-68, 74. 130 Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 256. 131 Echternkamp/ Müller, Nationalismusforschung, S. 7. Die Beziehung zwischen Politik und Ästhetik im Kriegerdenkmal ist damit weniger durch dessen Erbauer oder Rezipienten determiniert, sondern wird vielmehr permanent neu vermittelt; Lehmann/Wellenreuther, Nationalism, S. 123; vgl. auch Geimer, Bilder, S. 32. 132 Tatsächlich war Nationale am deutschen Kriegsmonument so flexibel, das es sich andauernd mit divergierenden Identitäten zu verbinden wusste; Geulen, Metamorphose, S. 358f.; Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 262; vgl. auch Janz, Trauer, S. 389. 133 Die Vielfalt vorhandener Nationalismen und Nationskonzepte nach 1918 harrt bis zum heutigen Tag einer eingehenden Untersuchung, die durch einschlägige Aufsätze und Überblicksstudien bisher nur teilweise abgedeckt werden konnte, Haupt/Tacke, Kultur des Nationalen, S. 256; vgl. insbes. Mommsen, Nationalismus, S. 83ff.; Reichardt, „Märtyrer“ der Nation, S. 173ff.; Breuer, Nationalismus, S. 160ff. Alter betont, dass es „den“ Nationalismus nicht gäbe, sondern nur dessen „vielgestaltige Erscheinungsformen“; ders., Nationalismus, S. 17; vgl. auch Langewiesche, Nation, S. 17; Echternkamp/Müller (Hg.), Nationalismus, S. 3-10; Müller, Denkmale des Krieges, S. 200f.; Machtan, Nationale Selbstbilder, S. 825, spricht in diesem Zusammenhang von nationalistischen Teilkulturen. Die genaue Analyse von Wahrnehmungen und Praktiken am Kriegerdenkmal kann darüber Auskunft geben, inwieweit Rezipienten und Nation „ontisch“ miteinander verschränkt waren; Breuer, Nationalismus, S. 24; vgl. auch die Definition bei Berlin, Nationalismus, S. 479.

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könnten die Denkmale gar als Allegorien für die Ungelöstheit des Nationsproblems in der Zwischenkriegszeit verstanden werden.134 In der politischen Krise der Weimarer Republik beschworen die „verdrängte Niederlage“135 sowie die sozialen und kulturellen Bedingungen, unter denen der Krieg verarbeitet wurde, unterschiedliche Nationsvorstellungen herauf. Hatten bürgerliche Teilgruppen in den Kriegerdenkmälern nach 1870/71 das Nationale zunächst aufs Engste mit der Monarchie verknüpft, pochten sie nun, in den nach 1918 errichteten Kriegsmonumenten, zumindest teilweise auf einen integralen Nationalismus. 136 Speziell der staatsferne Teil des universitären Bildungsbürgertums verfocht ein gewaltbereites Nationskonzept. 137 Damit scheint es zunächst, als hätten die mehrfachen Verlustängste der Hochschulangehörigen zu einem geschlossenen Denkmalkult geführt, dessen Hauptmotiv Formen subjektiver Trauer bildeten.138 Erst bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass nur ein Teil der Bildungsbürger militante Feiern an den Universitäten verankern konnte. Dies zeigt, wie groß die Vielfalt der Nationskonzepte und Nationalismen in den Denkmälern der Weimarer Republik tatsächlich war.139 Der politische Totenkult war dauerhaft nicht in der Lage, divergierende Deutungen des Kriegstodes zu kanalisieren und den nationalen Diskurs am Denkmal zu nivellieren. Stattdessen stieß das Deutungsangebot des „Sterbens für das Vaterland“ stets dort an Grenzen, wo die Chance bestand, Identitätskonflikte öffentlich auszutragen. Bereits diese kurzen Ausführungen zeigen, dass der politische Totenkult am Denkmal zu Unrecht die Existenz einer eindeutigen nationalen Doktrin sugge134 King, Memorials, S. 241, unterstreicht die Wahrscheinlichkeit subnationalen Erinnerns auch

für deutsche Kriegerdenkmäler und macht auf die bestehende Forschungslücke aufmerksam; vgl. auch Koshar, Building Pasts, S. 230; Conrad, Christoph/Conrad, Sebastian, Nation, S. 22. 135 Heinemann, Niederlage, S. 254ff. 136 Reichardt, „Märtyrer“ der Nation, S. 174f. beschreibt, wie der monarchistische Nationalismus in der Weimarer Republik vor der schwierigen Aufgabe stand, gegen den bestehenden Staat anzugehen; zum ambivalenten Nationsbildungsprozeß - zwischen Integration nach Innen und Abgrenzung nach Außen -, vgl. Langewiesche, Nation, S. 39f.; Anderson, Erfindung, S. 15ff.; ferner Müller, Nation, S. 353; Berlin, Aufstieg des Nationalismus, S. 313. 137 Dies erklärt auch ihre Brückenfunktion für die Nationalsozialisten im rechten Lager, Reichardt, Märtyrer der Nation, S. 174ff.; Mommsen, Erste Weltkrieg, S. 80. 138 Vgl. Berlin, Nationalismus, S. 492, der einerseits deutlich macht, wie eng die Verbindung unverheilter geistiger Wunden mit dem Bild der Nation als unzerbrüchliche Gemeinschaft der Lebenden und Toten ist, andererseits allerdings auch erklärt, dass dies keine hinreichende Bedingung für den Nationalismus sei. 139 Echternkamp, Nationalismus, S. 6; die unterschiedlichen Typen des Links- und Rechtsnationalismus, sowie des sog. Völkischen und Neuen Nationalismus beschreibt ausführlich Breuer, Nationalismus, S. 27ff.

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riert. Tatsächlich war das Nationale in der Zwischenkriegszeit nie abschließend bestimmbar.140 Einerseits schien der Denkmalkult als Einheitskult permanent divergierende Nationskonzepte zu überwölben und zu verbindlichen Bestandteilen einer nationalistischen Ideologie zu machen. 141 (Um-) Deutungen des Kriegstodes wurden vermischt und harmonisiert und deren Konsensflächen mobilisiert, in der offenkundigen Absicht, ein Maximum an nationaler Sinnstiftung zu erzielen. Andererseits wurde dieser Prozess laufend durch die alternativen Praktiken und Wahrnehmungen der Denkmalsakteure konterkariert.142 Aus den lokalen Kriegsmonumenten homogene Nationskonzepte abzuleiten, gliche somit dem Versuch, die Folgen des Ersten Weltkrieges ein weiteres Mal zu negieren. Unbestritten ist, dass allein der demonstrierte Anspruch auf nationale Einheit dem Totenkult eine gewisse Wirkung einbrachte.143 Die Forderung politischer Akteure, die eigenen nationalistischen Vorstellungen mit den Interessen breiterer Bevölkerungskreise zu verknüpfen und so die Effizienz der Denkmale zu steigern, zeigte in der Weimarer Republik sichtbare Erfolge. Gleichwohl verkennt diese funktionale Perspektive das Ausmaß an kulturellem Wandel und Polyvalenz, das den Kriegerdenkmalbau und -kult der Nachkriegszeit geprägt hat. Man ist gut beraten, die Denkmale nicht von ihrer tatsächlichen Geschichte abzuschneiden. Um die Totenmale genauer zu untersuchen, bieten sich insbesondere kulturwissenschaftliche Methoden an. Als wichtiger Vorläufer einer Synthese von Kunst- und Kulturgeschichte gilt das Werk des Kulturphilosophen Aby Warburg. Er deutete die symbolischen Verdichtungen in der Kunst der Weimarer Republik als Antwort auf die gesellschaftlichen Erfahrungen der Zeit. Die kul-

140 Die Nation wird in dieser Arbeit somit als ein Phänomen verstanden, das sich in einem

kulturellen Prozess der Aushandlung verschiedener Gedächtnisse ständig neu konstituierte, Müller, Nation, S. 353; Langewiesche, Nation, S. 17, 27; Confino, Nation, S. 7, Fritzsche, Memory, S. 99; Koselleck, Nation, S. 394; Alter, Nationalismus, S. 25ff., verweist darauf, dass die Nation aus subjektiven Aspekten – dem politischen Willen zur Selbstbestimmung – wie objektiven Gegebenheiten konstruiert sei; vgl. auch Estel, Nation, S. 61, 66f. 141 Bhabha, DissemiNation, S. 217ff.; Agulhon, vagabundierende Blick, S. 59. 142 Nationales polarisiert, weil es eine Einheit der Auffassungen suggeriert, wo keine besteht. Tatsächlich ist die vorgestellte Ordnung der Nation auch für konkurrierende und gegensätzliche Wertvorstellungen offen; Walkenhorst, Nation, S. 26. Der Denkmalkult kann somit auch als Schnittstelle zwischen den totalisierenden Mächten des „Sozialen“ als homogener, auf Konsens gerichteter Gemeinschaft und solchen Kräften, welche die spezifischere Referenz auf die strittigen Interessen und Identitäten der Bevölkerung bedeuten, aufgefasst werden; Bhabha, DissemiNation, S. 218. 143 Langewiesche, Nation, S. 16; Berlin, Nationalismus, S. 474.

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turellen Symbole der Nachkriegszeit galten ihm als „Ausgleichserzeugnisse“,144 welche die inneren Konflikte des Menschen zugleich offenbarten wie bändigten. Nur durch genaues Hinsehen zeigten sich die „Symptome“145 solcher psychologischer Vorzustände, die durch die Einheit des Bildes quasi begraben worden seien. Damit forderte Warburg dazu auf, die menschliche Kultur dort zu betrachten, „wo sie leidet“. 146 Die Spuren des sozialen Gedächtnisses könnten unter günstigen Voraussetzungen wiederum reaktiviert und entladen werden.147 In seiner Nachfolge plädiert Georges Didi-Huberman dafür, die Bilder dort anzuschauen, „wo [noch] Platz ist für eine mögliche Krise und die Asche nicht erkaltet ist.“148 Damit wertet die Kulturwissenschaft die Position der Kriegerdenkmäler deutlich auf. Sind sie auf den ersten Blick nur vom politischen Totenkult her lesbar, gewähren sie bei näherer Betrachtung einen tiefen Einblick in die permanente Umdeutung der Trauer und des Nationalen in den Jahren der Weimarer Republik.149 Ebenso wie Warburg plädierte auch sein Zeitgenosse Ernst Cassirer dafür, die Artefakte nicht nur auf ihre scheinbare Aussage hin, sondern als dynamischen Ausdruck sozialer und psychischer Kräfte, als Resultat von gesellschaftlichen Konflikten zu untersuchen.150 Das wird insbesondere in seiner Symboltheorie 144 Diers, Mnemosyne, S. 88. „Die polaren Gegensätze herauszutreiben, bewusst einander zu

konfrontieren, bedeutet die Fähigkeit zu entwickeln, sie produktiv, ‚energetisch‟ zu bewältigen“, so Warnke, Vier Stichworte, S. 72; vgl. Gombrich, Biographie, S. 213-227; Boyer, collective memory, S. 199f. Sicherlich liegt hier auch eine gewisse Seelenverwandtschaft mit der Psyche Warburgs vor; vgl. Gombrich, Biographie, S. 280-294. Zur Kritik an der einseitigen Wertung Warburgs als schizophrenem Gelehrten, vgl. insbes. Raulff, Privatbibliothek, S. 28; Möseneder, Kulturgeschichte, S. 73; Hofmann, Pathosformeln, S. 37. 145 Warnke, Vier Stichworte, S. 64; erst durch die „Pathosformel“ – als Bezeichnung einer heftigen Bewegung im Bildkörper, als symbolischer Ausdruck „leidenschaftlicher Erregung“ – sei der Zugang zu dem fundamentalen Bilddimension des „Symptoms“ möglich. Sie diene als Sprengmittel in anthropologischen Grenzsituationen; vgl. insbes. Didi-Huberman, Warburg, S. 16f.; ders., L‟image survivante, S. 273ff.; Diers, Mnemosyne, S. 92; Röckelein, Mnemosyne, S. 162ff. Zu den Gefahren der „psychologischen Ästhetik“ Warburgs, vgl. Wuttke, Kulturwissenschaft, S.6ff. Didi-Huberman definiert das „Symptom“ mit Warburg als ein labiles Zeichen, das insbesondere dort auftauche, wo man es nicht erwarte; ders., l‟invention warburgienne, S. 157. 146 Zit. nach Didi-Huberman, L‟Estétique. 147 Zur Theorie des sozialen Gedächtnisses bei Warburg, vgl. Diers, Mnemosyne, S. 80ff.; Roeck, Psychohistorie, S. 242; Gombrich, Biographie, S. 323-347; Kany, Warburg, S. 174ff. 148 Didi-Huberman, L‟Estétique. 149 von Henneberg, Monuments, S. 41ff. 150 „Auf der einen Seite steht das Leben, auf der anderen Seite steht das Reich ideeller, an sich geltender, objektiver Werte. Beide Momente können niemals in einander aufgehen und sich völlig durchdringen. […] Denn was das Leben eigentlich will, ist nichts anderes als seine

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deutlich. 151 Nach Cassirer konzentriert sich in der symbolischen Form nicht irgendein beliebiger Ausdruck, sondern der „Abdruck eines in der Seele erzeugten Bildes“.152 Die Erfahrungen des leidenden, hoffenden Menschen flössen direkt in die Entstehung von Kunstwerken ein. Dabei könne die Affektspannung nur dann abgeleitet und stabilisiert werden, wenn die Sinneseindrücke in „einem einzigen Punkt zusammengedrängt“153 und fixiert würden.154 Cassirer begriff diesen Prozess der Symbolisierung als ein Zusammenspiel gegenläufiger Tendenzen von Wort und Bild. Während die symbolische Bildform stets die affektiven Vorzustände offenbare, tendiere die Begriffsbildung zur Artikulation einer effektiven Gesamtsicht auf die Welt.155 Letztere sei vor allem bei Anwendungen im größeren Kreis typisch.156 Der Kerngedanke der kulturwissenschaftlichen Methode, der insbesondere von Warburg und Cassirer grundgelegt wurde, lautet also: Die Welt kann nicht anders erfahren werden, als dadurch, dass ihr fortwährend Bedeutung verliehen wird.157 Symbolische Bilder und Handlungen entstehen und verändern sich permanent vor dem Hintergrund des Wandels inhärenter Sinnhorizonte. 158 Gerade die Kriegsmonumente der

eigene Bewegtheit und seine strömende Fülle. Es kann diese innere Fülle nicht herausstellen, nicht in bestimmten Gebilden sichtbar werden lassen, ohne daß diese Gebilde selbst zu Schranken werden – zu festen Dämmen, an die seine Bewegung anprallt, und an welchen sie sich bricht“; Cassirer, Kulturwissenschaften, S. 119f.; 115f., 128 f.; Raulff, Privatbibliothek, S. 43; vgl. auch Habermas, Kraft, S. 61; Paetzold, Cassirer, S. 99, 105f. 151 Cassirer definiert das Symbol als das „aus Sinnlichem und Sinnhaften Zusammengewachsene in der „Untrennbarkeit der sinnlichen und geistigen Elemente der Formbildung“. Er lehnt die Trennung von Form und Inhalt rigoros ab: „Die Form ist Ausdruck, Symbol und Widerschein des Inhalts“; Bast, Kulturphilosophie, insbes. S. 305-307, 323f.; Habermas, Kraft, S. 60ff.; Paetzold, Cassirer, S. 43-53; zur Definition der „symbolischen Form“, Cassirer, Begriff, S. 174f. 152 Cassirer, Begriff, S. 176; vgl. Habermas, Kraft, S. 12f.; Gebhardt, Symbolformen, S. 48. 153 Cassirer, Begriff, S. 176. 154 Nur wenn das Bewusstsein einen sinnlichen Gehalt ganz aus sich selbst heraus erzeuge, könne die Kluft zwischen fluktuierenden Deutungen und statischer Symbolik im Bild überwunden werden. „In diesem hat das Bild aufgehört, ein bloß von außen Empfangenes zu sein“; Cassirer, Begriff, S. 177. 155 „Dialektische Natur der Symbolisierung: Der bannenden Tendenz zur gestalthaften Gerinnung einzelner prägnanter Erfahrungen läuft die begriffsbildende Tendenz zu Verallgemeinerung und Unterscheidung entgegen“; Habermas, Kraft, S. 13f., 20. 156 Habermas, Kraft, S. 13. 157 Vgl. Reckwitz, Kulturbegriffe, S. 2ff. 158 Diese Arbeit plädiert somit dafür, Kultur als Produkt des Wandels individueller und kollektiver Bedeutungszuschreibungen anzusehen, Reckwitz, Kulturbegriffe, S. 14ff.; Daniel, Kultur, insbes. S. 450; Tschopp, Neue Kulturgeschichte, S. 596ff.; vgl. auch Burke, Kultur-

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Weimarer Republik mit ihrer niemals ganz zu klärenden Spannung zwischen divergierenden Trauer- und Nationskonzepten dokumentieren diese Kontingenz und Historizität des Symbolischen ebenso wie die Durchbrechung eines linearen Geschichtsverständnisses der Moderne und Nicht-Moderne.159 Die variablen Deutungscodes der Trauer und des Nationalen lassen sich nur dann analysieren, wenn deren bisherige (kunst-) historische Betrachtung deutlich erweitert wird. Die Kriegsmonumente sind, soweit möglich, in ihrem konkreten Entstehungs- und Rezeptionszusammenhang zu untersuchen. Die Denkmalplanungen und die ihnen zugrunde liegenden divergierenden Trauerprozesse erzählen zunächst auf unterschiedliche Weise vom Massensterben im Ersten Weltkrieg. Denn die Trauer um die Toten bildete sich nicht entlang nationaler Grenzen, sondern innerhalb der spezifischen Identitäten von Individuen und Gruppen aus. 160 Sie schufen Totengedächtnisse zuerst für den eigenen Gebrauch. Dabei war von der Stärke nationaler Konstrukte, die in der Überwölbung divergierender Trauerprozesse lag, in den Denkmalplanungen anfangs nur wenig zu spüren.161 Es scheint vielmehr, als hätten in den Komitees Streit und Konflikt den Normalzustand gebildet. Inwieweit es gelang, als Reaktion hierauf einen Verhandlungsstil durchzusetzen, welcher die unterschiedlichen Trauerkonzepte bündelte, muss deshalb genau analysiert werden.162 Deutlich wird dabei auch, wie eng die Trauerarbeit mit der Arbeit am Vergessen verzahnt war.163 Erst eine Untersuchung „durch die Hintertür“, welche die negierten Denkmalsymbole aufdeckt, bringt die unterschiedlichen Formen trauernden Totenerinnerns trennscharf zur Geltung. Welche Deutungen des Kriegstodes wurden nach und nach aus der Denkmalplanung ausgeklammert? Die Betrachtung der Gestaltungsprozesse hilft, die Konstruktion des trauernden Totenerinnerns weiter zu differenzieren. Im Gegensatz zur Planungsphase war das Ergebnis der Gestaltungsprozesse für den externen Gebrauch bestimmt. Es wurde der Schritt vom Privaten ins Öffentliche zurückgelegt. Damit stieg auch der Druck nach sozialer Rechtfertigeschichte?, S. 7ff., Sieder, Kulturwissenschaften, S. 18f.; ferner Lipp, Kulturgeschichte, S. 211ff.; Dörner, Kulturforschung, S. 101. 159 Kultur wird somit, ausgehend von einem bedeutungsorientierten Kulturbegriff, verstanden als Feld, in dem die Sinnentwürfe von Individuen und Kollektiven permanent neu ausgehandelt werden; vgl. u.a. Daniel, Kulturschock, S. 200; dies., Kultur, S. 456. 160 Damit besteht diese Arbeit auch auf einer breiten sozialhistorischen Fundierung des Kriegerdenkmalbaus; vgl. Haupt/Tacke, Kultur des Sozialen, S. 255. 161 Müller, S. 16, 353; Reichardt, Märtyrer der Nation, S. 174ff. 162 Berlin, Nationalismus, S. 478; vgl. auch Adloff, Kollektives Handeln, S. 312ff. 163 Hölscher, Geschichte und Vergessen, S. 1-17; Tanner, Erinnern/Vergessen, S. 77-80; Speitkamp, Denkmalsturz, insbes. S. 12f. Auf die grundsätzlichen Zusammenhänge von Bildproduktion und -negation macht auch Bredekamp, Bilderkämpfe, S. 12, aufmerksam.

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gung. Auf der Suche nach gesellschaftlicher Legitimation schrieben die Initiatoren ihre singulären Trauerkonzepte in eine spezifische Denkmalsymbolik ein. Dabei mussten Teile des trauernden Totenerinnerns auf der Strecke bleiben, um eine Sprache zu sprechen, welche die jeweilige Gemeinschaft verstand. Die Formgebung wird insbesondere auf ihre (halb-) plastischen und architektonischen Elemente hin untersucht und mit Hilfe der kunsthistorischen Methodik entschlüsselt.164 Dabei sollen die Einzelmotive beschrieben, stil- und typengeschichtlich eingeordnet sowie nach den ihnen zugrunde liegenden Sinnstiftungen des Kriegstodes analysiert werden. Mit welchen ästhetischen Mitteln ließen sich divergierende Trauerformen im Denkmal bündeln? Und wo verblieben Risse im Gestaltungskonzept, die einer objektiven Trauer um die Kriegstoten Raum gaben? Auf den ersten Blick scheint es, als ob die Denkmäler kollektives Verhalten geprägt hätten, indem sie nationale Bilder physisch verankerten.165 Dabei ist man sich allerdings einig, dass die Einwirkung nicht ausschließlich auf ein ideologisches Konzept „von oben“ zurückgeführt werden darf. Vielmehr muss auch die Bereitschaft der jeweiligen Gesellschaft, die nationalen Botschaften aufzunehmen, untersucht werden. 166 Eine weitere Differenzierung der Rezeptionsprozesse am Kriegerdenkmal ist somit dringend geboten. Denn nur wenn es gelingt festzustellen, welche Denkmaltypen und -kulte politische Wertorientierungen potentiell festigen konnten und wo Freiräume für eine Umdeutung des Nationalen verblieben, kann die Kluft zwischen Anspruch und Realität im Weimarer Denkmalbau überwunden werden. Damit soll auch die generelle Annahme widerlegt werden, die sozialen Trägergruppen könnten die gesellschaftliche Funktion ihrer Kunstwerke bereits im vor hinein bestimmen. Jenseits der expliziten 164 Hierzu dient insbesondere die Dreischrittmethode Erwin Panofskys, wobei hier der Phä-

nomensinn – als primärer Sinnschicht – und der Bedeutungssinn – als sekundärer Sinnschicht – im Vordergrund stehen sollen, da die ikonologische Gesamtbetrachtung auch die Planungs- und Rezeptionsphasen der Denkmäler enthält; ders., Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst (1932/64), in: Ekkehard Kämmerling (Hg.), Bildende Kunst als Zeichensystem, Bd. 1, Köln 1987, S. 185-206; vgl. auch Bourdieu, Habitus, S. 126ff.; Zur Adaption der kunstwissenschaftlichen Methode in der Geschichtswissenschaft, vgl. insbes. Rainer Wohlfeil, Das Bild als Geschichtsquelle, in: HZ 243 (1986), S. 91-100. Zur Kritik an Wohlfeils Methode, vgl. insbes. Knauer, „Dokumentsinn“, S. 43ff.; Signori, Bilder, S. 11ff.; Rüsen, Kunst, S. 4. Eine kritische Sicht auf die Entwicklung der Ikonologie in der Kunstgeschichte – von der Forderung Warburgs nach einer „kunstgeschichtlichen Kulturwissenschaft“ bis zur bloßen inhaltsdeutenden Variante – bieten Diers, Mnemosyne, S. 82ff.; Didi-Huberman, l‟invention warburgienne, S. 148f.; Möseneder, Kulturgeschichte, S. 77f. 165 Vgl. Weichlein, Nationalismus, S. 189ff.; Mosse, Gefallen, S. 122ff. 166 Vgl. Kaschuba, Nation als Körper, S. 298.

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Absichten seiner Initiatoren konnte die Symbolik des jeweiligen Kriegerdenkmals einen erheblichen Bedeutungsüberschuss in sich tragen.167 Die Rezeption von Monumenten entspricht einer sozial „vermittelten Entschlüsselung“.168 „Ein jedes Werk [wird] zweimal gemacht, nämlich einmal vom Urheber und einmal vom Betrachter“,169 formuliert Bourdieu in seiner „Soziologie der Symbolischen Formen“. Daraus folgt, dass stets eine semantische Diskontinuität zwischen dem geschichtlichen Kunstwerk und seinen aktuellen Sinnstiftungen existiert. Typisch ist dabei die unterschiedliche Wahrnehmung der Betrachter, nicht ihre Übereinstimmung.170 Die Entschlüsselung der Zuschauerreaktion ist methodisch schwierig, weil über die tatsächliche Einwirkung der Kriegerdenkmäler nur wenig bekannt ist. Möglich ist allerdings eine Annäherung an die Problematik von Seiten des Denkmals. Die übliche nationalistische „Leseschablone“171 kann dadurch umgangen werden, dass man zunächst die rezeptionsleitenden Signale des Denkmals analysiert und anschließend ihre  tatsächlichen  Einwirkungen mit Hilfe von Feiern und Kulten überprüft.172 Dabei weisen kulturelle Proteste bereits auf mögliche Differenzen in der Deutung des symbolischen Kriegstodes hin. Und Blumen- und Kranzniederlegungen geben wichtige Hinweise auf die tatsächliche Wirksamkeit der jeweiligen Denkmalbotschaft. Die Arbeit konzentriert sich auf die städtischen Zentren Münchens, Berlins und Bonns. 173 Denn nur, wenn man bei der Wirklichkeit der Stadt ansetzt, können die Trauerkonzepte und nationalen Bilder trennscharf erfasst werden. Dabei werden sowohl die Mikroebene sozialer Symbolsprachen - anhand universitärer und kirchlicher Denkmalprojekte - als auch gesamtstädtische 167 Vgl. Bourdieu, Praktische Vernunft, S. 61; ders., Photografie, S. 19f.; ders., Tote, S. 18ff. 168 Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 163; ders., Tote, S. 136f.; vgl. auch Bal, cultural Analysis, S.

11; Boltanski, Rhetorik, S. 153. 169 Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 175. Auch Didi-Huberman hält die Spaltung zwischen dem,

„was wir sehen […] und dem, was uns betrifft“, für unausweichlich; ders., Metapsychologie, S. 11. 170 Darauf weist auch Burke hin; vgl. ders., Eyewitnessing, S. 181. 171 Nach Bourdieu nehmen die meisten Betrachter von Artefakten Zuflucht zu „Leseschablonen“, die der gesellschaftlich vorherrschenden Definition der objektiven Sicht der Welt entsprechen und deren Verstoß zunächst Abwehr hervorruft; ders., Photografie, S. 87ff. 172 Vgl. auch Kemp, Betrachter, S. 246; Belting, Bild-Anthropologie, S. 15ff.; von Hülsen-Esch, Umgang mit Bildern, S. 475; Korte, Spielfilm, insbes. S. 44; Schirmer, nation-building, S. 160. 173 Als einführende kunsthistorische Studie zu Berlin: Weinland, Kriegerdenkmäler; zu Münchener Kriegsmonumenten einige Erläuterungen in: Geyer, Verkehrte Welt, insbes. S. 123ff.; zu Bonner Denkmälern allgemein (bis 1914): Schmidt, Bonn, S. 193ff.; zu Bonner Kriegerdenkmälern nach 1914, Stoffels, Erinnerungsparadigmen, S. 353ff., Seiderer, Kriegerdenkmäler, S. 131ff.

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Kriegsmonumente untersucht.174 Beide zielten in unterschiedlichem Maße darauf ab, divergierende Trauerkonzepte in ein verbindliches Nationskonzept zu überführen. Die enge räumliche Beziehung der Monumente lässt wertvolle Rückschlüsse auf die Homogenität der Bevölkerung zu. Insbesondere die beiden Großstädte bildeten Synekdochen, in denen sich die bayerische und preußische Gefallenensymbolik verdichtete. Während dabei die Sozialmacht des Kriegshelden in München noch weiterhin gesellschaftlich übergreifend als verbindlich angesehen wurde, war in Berlin und Bonn die Solidarität mit den Kriegsopfern bereits zu weit verbreitet, als das sich der nationale Mythos wiederum durchgreifend hätte etablieren können. In den untersuchten Kriegsmonumenten sind deshalb auch regional betrachtet deutlich divergierende Konzepte der Trauer und des Nationalen erwartbar. In München setzte bereits kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs ein Bauboom ein. Bis 1923 wurden etwa 23 Kriegerdenkmäler im Stadtzentrum errichtet, darunter 13 militärische und mindestens zehn kirchliche.175 Die Weimarer Republik war somit eine Zeit lebhafter Diskussionen um eine monumentale bayerische Gedenkkultur. Dabei nahm das konservative Münchener Bürgertum eine vergleichsweise geschlossene Haltung ein.176 Zwar war die städtische Bevölkerung seit der Kriegsniederlage und Revolution in zwei Lager gespalten. Während die (extrem) rechten Gruppierungen ihre überkommenen politischen Privilegien beibehalten oder restaurieren wollten, bestanden die Anhänger der (Unabhängigen) Sozialisten auf einer – radikalen – Demokratisierung des Staates.177 Allerdings konnten die divergierenden (Kriegs-) Deutungen mit Hilfe des Kriegerdenkmalbaus wiederum gebündelt werden. Dabei räumte die politische Rechte der Betrauerung der Kriegsgefallenen eine solche Symbolmacht ein, dass sie das individuelle Totenerinnern tendenziell einverleibte und die objektive Trauer marginalisierte. Die bayerischen Kriegerdenkmäler machen somit die effektive Homogenisierung des politischen Raumes deutlich. Diese Arbeit analysiert zum einen das Münchener Universitätsdenkmal und das städ174 Zum mikrohistorischen Ansatz, vgl. auch Winter, Remembering war, S. 135; weitere all-

gemeine Überlegungen bei Haupt/Müller/Stuart, Regional Identities, S. 15ff.; Möller, Regionalismus, S. 20; Wirsching, Region, S. 30; Applegate, Regions, S. 1159ff.; Geyer, Verkehrte Welt, S. 16. 175 Zwischen 1923 und 1933 flachte der Bauboom in München wieder ab; im Stadtzentrum wurden bis zum Ende der Weimarer Republik insgesamt mindestens 40 Kriegerdenkmäler sowie ungefähr 25 kirchliche Gedächtnismale errichtet; vgl. insbes. StA München, ZA 186. 176 München besaß im Jahr 1925 knapp 681000 Einwohner, immerhin 29 Prozent waren als Angestellte oder Beamte tätig; zu den lokalen Wahlergebnissen, vgl. Rudloff, Notjahre, S. 355f. 177 Zu den allgemeinen Entwicklungen in München während (Räte-) Revolution und Weißem Terror, Large, Hitlers München, S. 118ff.

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tisch-bayerische Kriegerdenkmal im Hofgarten, die in den Jahren 1920/22 bzw. 1920/25 errichtet wurden. Beide Totenmale geben einen tiefen Einblick in die Konstruktion symbolischen Heldentums im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt. Zum anderen steht die kirchliche Deutung des Kriegstodes im Mittelpunkt der Betrachtung. Insbesondere die Denkmalbauten der protestantischen Oberpfarrkirche St. Matthäus (1920/21) sowie der katholischen Frauenund Peterskirche (1922/26) geben Aufschluss über den Stellenwert objektiver Trauer im Zentrum Münchens.178 Die meisten Kriegerdenkmäler in der Mitte Berlins wurden direkt nach dem Ersten Weltkrieg initiiert. Allerdings zog sich deren Errichtung meist noch über Jahre hin.179 Denn das überwiegend sozialistische Berlin war in der Frage des trauernden Totenerinnerns tief gespalten. 180 Das hauptstädtische Bürgertum nahm im Kriegerdenkmalbau eine doppelsinnige Haltung ein, die zwischen unterschiedlichen Trauerkonzepten hin- und herschwankte. Zwar hatten sich die Berliner Eliten einer Demokratisierung bereits teilweise geöffnet.181 Insbesondere staatsnahe Sozialdemokraten plädierten für eine objektive Memorierung der Opfer. Gleichwohl war die Republikfeindschaft – insbesondere in universitären und protestantischen Kreisen – noch weit verbreitet. Dort hielt man hartnäckig am überkommenen nationalen Wertekonsens fest. 182 Die Arbeit untersucht zunächst das zwischen 1919 und 1926 erbaute Kriegerdenkmal der Friedrich-Wilhelms-Universität sowie das preußische Ehrenmal Neue Wache, das in den späten Jahren der Republik entstand. Beide Monumente vermitteln einen Eindruck von der tiefen kulturellen Zerklüftung im Herzen der deutschen Hauptstadt. Deutlich wird, wie zäh jeweils um eine Vermittlung divergierender Trauerkonzepte gerungen wurde. Dies zeigen auch die Denkmalinitiativen im Berliner Dom (1919/32) sowie in der zweitgrößten katholischen Kirche der

178 Auch die jüdische Gemeinde hat ihren Kriegsgefallenen auf dem Israelitischen Friedhof

(Schwabing) 1925 ein Denkmal errichten lassen. Leider lagen hierzu insgesamt zu wenige Quellen vor; vgl. Bayerische Israelitische Gemeindezeitung 1 (1925), S. 3, Gefallenengedenkfeier; StA München, ZA 186. 179 Die meisten Kriegerdenkmäler wurden erst ab 1926 tatsächlich errichtet. Weinland, Kriegerdenkmäler, S. 140f., listet 55 erbaute Kriegerdenkmäler zwischen 1918 und 1933 auf. Zu den zahlreichen kirchlichen Denkmälern, vgl. Architektenverein Berlin (Hg.), Sakralbauten, S. 366ff. 180 Zu den Ergebnissen bei den Stadtwahlen zwischen 1921 und 1929, Büsch, Demokratie, S. 63. Berlin hatte im Jahr 1920 rd. 3,8 Mio. Einwohner; zur demographischen Entwicklung der Stadt, Büsch, Demokratie, S. 13ff. 181 Büsch, Demokratie, S. 28; Scheffler, Berlin, S. 231ff. 182 Noch dazu konnten die (extrem) rechten Gruppierungen im Laufe der Weimarer Republik weitere Stimmgewinne erzielen; Büsch, Demokratie, S. 61ff.

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Hauptstadt, St. Michael (1921/22), in denen sich letztendlich eine überwiegend objektive Trauer um die Kriegstoten durchsetzte. In Bonn schuf man bereits Denkmäler, als der Erste Weltkrieg noch tobte. Allerdings verhinderte die anschließende sechsjährige französische Besatzung manches Bauprojekt. Die Auseinandersetzung um ein differenziertes trauerndes Totenerinnern erreichte in Bonn erst zwischen 1926 und 1932 ihren Höhepunkt. Am Ende der Republik besaß die Stadt mindestens 22 Kriegerdenkmäler.183 Die Bonner Bürgerschaft war allerdings, was die symbolische Deutung des Kriegstodes anging, noch zerklüfteter als die Berlins.184 Während die zentrumsnahe Mehrheit der Bevölkerung überwiegend eine objektive Betrauerung der Opfer unterstützte, traten staatsferne militärische und protestantische Eliten vehement für die Verteidigung ihrer subjektiven Interessen ein.185 Die Arbeit betrachtet zum einen die beiden Universitätsdenkmäler, zum anderen das städtische Kriegsmonument auf dem Bonner Nordfriedhof. Die Kriegsmonumente wurden allesamt in den Jahren 1926 bis 1930 geplant sowie errichtet und zeigen, wie konkurrierend die Trauerprozesse in der rheinischen Stadt häufig verliefen. Dies wird auch anhand der Dualität kirchlichen Totenerinnerns deutlich, das hier durch die Denkmäler der beiden großen Kirchengemeinden, der evangelischen Kreuzkirchen- sowie der katholischen Münstergemeinde (1921 und 1932) repräsentiert ist. Zunächst soll mit Hilfe von Bauakten den Trauerkonzepten im (halb-) öffentlichen Raum nachgespürt werden. Einen Überblick über die Planungs- und Gestaltungsphasen der mittlerweile zerstörten Kriegerdenkmale bieten vor allem die Bauunterlagen der Stadtarchive München und Bonn sowie des Landesarchivs Berlin. Ihnen sind sowohl harte Fakten als auch weiche Informationen zu entnehmen. Wichtig erscheinen dabei Aussagen über die Zusammensetzung der Denkmalkomitees ebenso wie Hinweise über die Etablierung bestimmter Trauerprozesse und -kämpfe. Dem „Vergessen“ partikularer Symboliken lässt sich vor allem anhand nicht realisierter Denkmalentwürfe nachspüren. Dabei wird durch die Erschließung der Bauakten ausgewählter Denkmäler eine Inneneinsicht gewährt, welche den Blick nicht weiter auf die vermeintlich individuellen 183 Diese Zahl beruht auf einer Auswertung des Bauaktenbestands im StA Bonn sowie der

Inventarisationsliste des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland. 184 Das Bildungs- und Besitzbürgertum übte bis in die Weimarer Republik hinein einen starken

sozialen Einfluss in Bonn aus. Zum einen war die Stadt von der Universität geprägt. Zum anderen war Bonn eine der Städte mit der höchsten Millionärsdichte des Kaiserreichs; das besitzende Bürgertum war in der Stadt hoch angesehen; Höroldt, Bonn, S. 105ff. 185 Bonn besaß zwischen 1925 und 1933 rund 95.000 Einwohner, von denen knapp 79% katholisch und 19% protestantisch waren (die restlichen 2% gehörten der jüdischen und altkatholischen Religionsgemeinschaft an); Vogt, Bonn, S. 444, 494ff. Zu den Ergebnissen der Kommunal- und Reichstagswahlen zwischen 1924 und 1932, Vogt, Bonn, S. 496, 511.

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Trauerprozesse am Denkmal verengt. Auch die methodische Prämisse der Intentionalität, wonach die Absichten der Denkmalinitiatoren die Bedeutung des Monuments zu jedem Zeitpunkt determinierten, kann mit Hilfe dieser Quelle hinterfragt werden. So zeigt sich, dass die Bedeutungsproduktion der Monumente nur teilweise intentional verlief. Die fotographischen Sammlungen der Städte ergänzen das vorhandene Material. Präzise Informationen über soziale Träger bieten neben zeitgenössischen Stadtchroniken und Presseartikeln auch die Vereinsakten. Über die im öffentlichen Raum errichteten Denkmäler - insbesondere dem Münchener Kriegerdenkmal, der Neuen Wache und dem Bonner Kriegsmonument - liegen umfangreiche Archivunterlagen vor. Sie betreffen die Planungsphasen ebenso sowie die endgültige Gestaltung und Einweihung der Monumente. Diese Bestände werden ergänzt durch die Publikationen in zahlreichen Architektur- und Kunstzeitschriften, Veröffentlichungen der Künstler, Zeitungsquellen sowie durch die Reproduktion in städtischen Touristenführern oder auf Postkarten. Auch anhand der Stadtverordnetenprotokolle können die in der Öffentlichkeit kursierenden Argumente nachvollzogen werden. Die Kriegerdenkmäler des halböffentlichen Raums scheinen dagegen auf den ersten Blick flüchtiger zu sein als ihre öffentlichen Gegenstücke. Unterlagen zur Planung religiöser Kriegerdenkmäler sind insbesondere enthalten in den Bau-, Pfarr- und Konsistorialakten kirchlicher Archive. Sie umfassen auch Photos und Entwurfsskizzen. Will man den Trauer- und Nationskonzepten im universitären Raum nachspüren, muss der Ablauf der Planungsprozesse anhand von Senatsprotokollen und -niederschriften und von Bauakten geprüft werden. Aufschluss über die Rezeptionsprozesse der Denkmäler bieten die zeitgenössischen Universitätschroniken und die Lokalpresse, die oft ausführlich über die Gefallenenkulte berichteten. Diese Arbeit trägt mittels einer kulturgeschichtlichen Analyse ausgewählter Kriegerdenkmäler von München, Berlin und Bonn zu einer Relativierung der politischen Totenkultthese bei. Zugleich werden die permanenten Vermittlungen divergierender Trauer- und Nationskonzepte im Denkmalbau und -kult deutlich. Zunächst betrachtet die Studie hierzu die universitären Kriegsmonumente und deren Trauer- und Nationskonzepte von den sozialpolitischen Krisen der beteiligten Professoren- und Studentenschaft her. Die Leitfrage des ersten Teils lautet, inwieweit an den Universitäten von München, Berlin und Bonn eine Sublimierung objektiver Trauerprozesse noch gelang. Dabei ist insbesondere zu beschreiben, wie in den einzelnen Hochschulen die Aushandlung zwischen einzelnen Trauerformen verlief und welche Totenerinnerungen dabei vergessen wurden. In einem zweiten Schritt sind dann die möglichen Risse im Gestaltungskonzept der Kriegerdenkmäler, die auf kulturelle Freiräume hinweisen, genau zu prüfen. Inwieweit die nationalistische Aggression die Chancen auf eine

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zivilgesellschaftlich-demokratische Partizipation an den Universitätsdenkmälern Münchens, Berlins und Bonns unmöglich machte, wird drittens anhand der Denkmalkulte und -feiern sowie alternativer Praktiken, wie beispielsweise Kranzniederlegungen, zu untersuchen sein. Der zweite Teil dient der Analyse gesamtstädtischer und regionaler Kriegerdenkmäler in München, Berlin und Bonn, womit sozial übergreifende Trauermuster und Nationskonzepte in die Betrachtung einbezogen werden. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, inwieweit die Ausbalancierung zwischen einer nationalen Deutung des Kriegstodes und den divergierenden lokalen Identitäten noch gelang. Es wird analysiert, wie der Ausgleich divergierender Trauerkonzepte verlief, wo es zu einer gegenseitigen Verstärkung kam und wo – im Umkehrschluss - die objektive Betrauerung der Kriegstoten zu einem bloßen Neben- und Gegeneinander trauernder Totengedächtnisse führte. Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, wie und ob in der Denkmalgestaltung die Klüfte der Trauer fortbestanden. Hierbei ist insbesondere die Gestaltung figürlicher und architektonischer Denkmalsmotive zu analysieren. Die abschließende Betrachtung der Rezeptionsphasen des offiziellen Kriegerdenkmalbaus soll erhellen, inwieweit eine nationale Homogenisierung des politischen Stadtraums durch den Totenkult tatsächlich erreicht wurde und wo im Gegenzug die stete kulturelle Umdeutung des Nationalen eine solche verhinderte. Im dritten und letzten Teil werden ausgewählte protestantische und katholische Kriegerdenkmäler auf die graduelle Vermittlung ihrer divergierenden Trauer- und Nationskonzepte hin untersucht. Die Leitfrage lautet, inwieweit sich in den kirchlichen Denkmälern eine objektive Betrauerung der Kriegstoten etablieren konnte. Zunächst stehen die Kämpfe der Gemeindemitglieder um ein homogenes trauerndes Totenerinnern während der Planungsphase der Monumente im Zentrum der Analyse. Von wem und warum wurde der Gefallenen weiterhin überwiegend subjektiv als nationalen Helden gedacht? Und wo konnte sich eine objektive Betrauerung jedes einzelnen Kriegstoten allmählich durchsetzen? Die Gestaltungsphasen der Kriegsmonumente veranschaulichen dann anhand (halb-) plastischer und architektonischer Bildelemente die symbolischen Deutungen des Kriegstodes im kirchlichen Umfeld. Abschließend betrachtet diese Arbeit die Einweihungsfeiern der religiösen Denkmäler auf die ihnen zugrunde liegenden Nationskonzepte hin. Dabei ist auch zu fragen, ob Hinterbliebene in den Ablauf der Denkmalfeiern integriert und deren Wunsch nach objektiver Betrauerung ausreichend respektiert wurde.

Teil 1 Grenzüberschreitungen des triumphalen Helden Zur (De-) Konstruktion nationaler Selbstinszenierung im universitären Denkmalbau und -kult

„Wie der Fall Erzberger beweist, sind die Desperados, die politische Morde begehen, […] vorwiegend in akademischen Kreisen zu suchen,“ beklagte die Arbeitsgemeinschaft für Erziehung und Völkerversöhnung im September 1921 gegenüber dem Reichsministerium des Inneren und fügte hinzu, dass sie „mit wachsender Unruhe die […] zunehmenden Provocationen der Universitäten [verfolge], an denen der reaktionäre Geist geradezu Orgien [feiere].“ 1 Diese Schilderung zeigt, wie weit die Gewaltbereitschaft an den Hochschulen nach 1918 bereits fortgeschritten war. Auch die Mitglieder der Münchener, Berliner und Bonner Universität erschufen sich mit Hilfe militanter Gründungsfiguren neu. Auf den ersten Blick scheint es, als hätten die universitären Denkmäler ausschließlich dazu gedient, die Gefallenen zugunsten eines weiteren Krieges zu funktionalisieren, sie also losgelöst von ihrem individuellen Sterben zu memorieren. Erst wenn man die Monumente genauer betrachtet, werden auch Grenzüberschreitungen des triumphalen Helden deutlich. Während die Trauer um die Toten im Denkmal der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität noch überwiegend sublimiert wurde, kam es an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität bereits zu einem gewissen Ausgleich unterschiedlicher Modi des Trauerns, und an der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität trat deren Spaltung gar offen hervor. Nicht mehr der souveräne Held stand im Mittelpunkt des Totengedenkens – er wurde vielmehr zum entmenschlichten Opfer hin verschoben. Dies zeigt, wie instabil der nationale Diskurs vom „Sterben für das Vaterland“ in den Universitätsdenkmalen tatsächlich war. Die Monumente der Weimarer Republik bedürfen deshalb dringend einer Neubestimmung.

1 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 1, 20, Bd. III, U I 2685, Schreiben Arbeitsgemeinschaft für

Erziehung und Völkerversöhnung Hamburg an Reichsministerium des Inneren v. 17.9.1921.

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I. Souveräner Held. Das Kriegerdenkmal der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität

Die Entstehungsgeschichte des Kriegerdenkmals der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität ist bereits mehrfach untersucht worden. Dabei steht bis heute der Polyklet’sche Speerträger als Sinnbild kollektiven Opferwillens im Zentrum der Analyse. 2 Diese Perspektive auf das Denkmal ist verständlich, gerade vor dem Hintergrund seines beträchtlichen Anteils an der universitätsinternen Vorgeschichte des Nationalsozialismus. 3 Die Frage nach möglichen symbolischen Ambivalenzen bleibt dabei allerdings unberücksichtigt. Insbesondere von der Gedenkhalle, welche den Raum um die Jünglingsfigur füllte, wurde bisher keine Notiz genommen. Unzweifelhaft bildete der Speerträger das Zentrum des Hochschulgedächtnisses. Von ihm gingen entscheidende nationalistische Imaginationen aus. Gleichwohl widerspricht die Untersuchung von Kriegsmonumenten als Kulturobjekten einem Zugang, der lediglich die politischen Intentionen der Denkmäler erschließt, deren kulturelle Semantik aber ausblendet. Das objektive Trauern wurde im Münchener Universitätsdenkmal zwar überwiegend sublimiert, war allerdings dennoch nicht völlig verschwunden. Erst die Betrachtung des universitären Planungs-, Gestaltungs- und Rezeptionsprozesses macht Ausmaß und Grenzen des nationalistischen Totengedenkens deutlich.

1. Formung subjektiver und Verdrängung objektiver Trauer in der Planungsphase des Münchener Universitätsdenkmals Fast 70% der über 8000 Münchener Studenten hatte im letzten Kriegsjahr an der Front gekämpft.4 Ungefähr 1225 Studierende sowie 18 Dozenten kehrten aus der Massenschlacht nie wieder zurück.5 Nicht wenige von ihnen hatten bereits in 2 Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 74-91; Schneider, Polyklet, S. 484-489. 3 Vgl. Mosse, Gefallenenkult, S. 249. 4 Jahrbuch 1914-1919, S. 199. Damit lag der Anteil um 13% über dem deutschen Durchschnitt;

BStZ Nr. 55 v. 7.3.1915. Allerdings waren nur 37% der Münchener Dozentenschaft an den kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt (Quote von 1917), was wohl auf den deutlich erhöhten Altersschnitt zurückzuführen ist; BayHStA, MK 11058, Schreiben Rektorat v. 6.12.1917. 5 UAM, Gefallenenliste 1914-18; vgl. auch Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 17ff.; BStZ v. 19.1.22.

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den ersten Gefechten von Langemarck ihr Leben gelassen.6 Die Überlebenden quälte nicht selten die Frage nach einer angemessenen Sinngebung des Kriegstodes.7 Und die Hinterbliebenen forderten die Anbringung von Gefallenenbildern, um ihre Söhne und Männer individuell zu betrauern. 8 Demgegenüber wollten zahlreiche Professoren, vom „Bankrott“9 ihrer Generation erschüttert, die schmerzhafte Gegenwart überwinden - eine Forderung, der sich ein Großteil der Münchener Studentenschaft anschloss. 10 Schließlich waren die Universitätsangehörigen durch den Übergang in die Weimarer Republik in eine schwere Identitätskrise geraten. Die Kriegsniederlage, insbesondere aber die Flucht der bayerischen Königsfamilie im Jahr 1918, hatte zur Erosion des gesamten psychosozialen Bezugssystems geführt. Für eine Mehrzahl der Studenten- und Professorenschaft galt die Anwendung von Gewalt nicht weiter als letztes, sondern als durchaus legitimes Mittel zur Stabilisierung ihres überkommenen Sozialstatus. So konnte auch das bayerische Freicorps unter Franz Ritter von Epp die sozialistische Episode an der Münchener Universität durch blutiges Eingreifen beenden. In dieser politisch radikalisierten Atmosphäre gedieh ein Kriegerdenkmal, das den tatsächlichen Kriegstod sublimierte und an die Kampfbereitschaft der Akademiker appellierte. 6 Zum Langemarckmythos, vgl. u.a. Bessel, Kriegserinnerungen, S. 130; Hüppauf, Lange-

marck-Mythos, S. 44ff., sowie den zeitgenössischen Bericht in Vorwärts Nr. 530 v. 11.11.1929 („Die Lüge von Langemarck“). 7 Witkop, Kriegsbriefe, Nachwort; Hettling/ Jeismann, Epos, S. 207-214; Hüppauf, Tod, S. 70f.; Germania Nr. 526 v. 11.11.1928. Der Germanistikprofessor Philipp Witkop (Freiburg) hatte zwischen 1916 u. 1930 - in insgesamt vier Auflagen - eine Sammlung von Kriegsbriefen gefallener Studenten editiert, in denen insbesondere die Sinnfrage und die Friedenssehnsucht einzelner Studenten deutlich wurden. Dies zeigt, wieweit die Einheit der „Frontgeneration“ ein politisches Konstrukt war. Der Münchener Universitätssenat kam überein, sich der Initiative Witkops nicht anzuschließen und stattdessen die Briefe der gefallenen Münchner Studenten selbst zu editieren; UAM, Senatsprotokoll v. 27.10.1917. So erschien bereits 1918 eine apologetische Sammlung von Feldpostbriefen katholischer Studenten, bearbeitet von dem deutschnationalen Professor für katholische Theologie, Georg Pfeilschifter (1870-1936; Universitätsrektor 1922/23); Böhm, Führerprinzip, S. 614; Akademische Monatsblätter Nr. 3 v. 15.12.1918, S. 20; ders., Nr. 4 v. 25.1.1919, S. 33. 8 UAM, Senatsprotokoll v. 15.12.1917. 9 Vgl. Gründel, Sendung, S. 64ff. 10 Ein Großteil der studentischen „Frontgeneration“ – die Jahrgänge zwischen 1890 u. 1900 - insbesondere aber der „Kriegsjugend“ - die Jahrgänge zwischen 1900 u. 1910 - wollte die Republik gewaltsam überwinden. Bereits im Juni 1920 erreichten die Waffenverbände (der Waffenring sowie der Deutsch-völkische Schutz- und Trutzbund) bei den ASTA-Wahlen knapp 50% der Stimmen; im November 1920 wurden gar über 50% erzielt; Bayerische Hochschulzeitung Nr. 4/5 v. 23.6.1920; ders., Nr. 10 v. 27.11.1920. Zum Engagement der Studenten in den Münchner Freicorps, Akademische Monatsblätter Nr. 12 v. 16.10.1919.

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1.1. Konstruktion des generationenübergreifenden Helden. Die Entstehung der Kriegergedächtnishalle Das nationalistische Gefallenengedenken, das die Entstehungsphase des Münchener Universitätsdenkmals wesentlich geprägt hat, wird nur anhand eines Rückblicks auf die unmittelbare Vorkriegszeit verständlich. Bereits 1913 war ein Großteil der Studentenschaft stark politisiert.11 Insbesondere die Mitglieder der losen Waffenverbände erschufen sich in Huldigungen an das bayerische Königshaus permanent neu. Dabei bildete die Heiligsprechung der monarchischen Gegenwart den Kern kollektiver Identität. Im November 1913 zogen über 2000 Studenten anlässlich der Thronbesteigung Ludwigs III. über die Maximilianstraße zur Residenz und von dort weiter zum Denkmal der Bavaria auf der Theresienwiese, wo hunderte Fackeln verbrannten. 12 Gegenüber diesem Bekenntnis zur Monarchie lehnten die studentischen Corps im Jahr darauf eine Beteiligung an der Reichsgründungsfeier ab.13 Auch in Teilen der Münchener Professorenschaft war der Fixpunkt „Deutsches Reich“ keineswegs unangefochten. Die studentischen Regelverstöße wurden in aller Regel toleriert. 14 Nur wenige, wie der Staatsrechtler Karl Rothenbücher, hatten den Mut, eine scharfe Zurechtweisung der völkischen Gruppen zu fordern.15 11 Vgl. auch Nipperdey, Studentenschaft, S. 19ff. 12 Die Veranstaltung, die von den Waffenverbänden organisiert worden war, sorgte an der

Hochschule für erhebliches Aufsehen; MNN, Nr. 579 v. 13. 11.1913, Nr. 580 v. 14.11.1913; zur nationalen Bedeutung von Fackelzügen, vgl. Horn/ Warstat, Flamme, S. 112f. Dies zeigt auch, wie sehr ein Großteil der Münchner Studenten noch mit dem alten Nationalismus verwachsen war, der gesellschaftliche Hierarchien für selbstverständlich hielt; Breuer, Nationalismus, S. 27f. Die katholischen Studentenverbindungen, die am 15.11.1913 eine Beschwerde über den Fackelzug des losen Waffenverbandes in Umlauf brachten, konnten dem kaum etwas entgegensetzen; UAM, Senatsprotokoll v. 15.11.1913; vgl. auch Kater, Rechtsradikalismus, S. 95ff. 13 UAM, Senatsprotokoll v. 24.1.1914; MNN v. 17.1.1914. Der Reichsgründungstag gehörte seit 1912 offiziell zum festen Bestandteil der universitären Festkultur. 14 UAM, Senatsprotokoll v. 24.1.1914. Rektor von Mayr lehnte ein scharfes Vorgehen gegenüber den studentischen Corps, welche die Reichsfeier 1914 sabotiert hatten, ab. Die Unsicherheiten hinsichtlich der geografischen Zugehörigkeit wiesen auch auf eine generelle Ambivalenz des Nationalen an der Münchener Hochschule hin; vgl. zum Konzept der „territorialen Paranoia“, Bhabha, DissemiNation, S. 209f.; Berlin, Aufstieg des Nationalismus, S. 313f. 15 Professor Karl Rothenbücher (1880-1932) sprach sich dafür aus, sämtliche Verbindungen vorzuladen und zu ermahnen; UAM, Senatsprotokoll v. 24.1.1914. Er war später im „Weimarer Kreis“ aktiv; Döring, Weimarer Kreis, S. 102; Jahrbuch 1932/33, S. 9-11; Böhm, Studium, S. 96.

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Im Ersten Weltkrieg wurde das Verhältnis der Universität zur Nation neu verhandelt. Zahlreiche Studenten kämpften und fielen für das Reich, womit der nationale Legitimationsdruck sukzessive anstieg. Ab 1916 drängte man deshalb die Forderung monarchistisch gesinnter Professoren nach festlicher Begehung der traditionellen Königsfeiern zurück, wogegen die Reichsgründungsfeiern einen deutlichen Aufschwung erfuhren.16 Sie wurden von nun an feierlich begangen und mit dem Gedenken an die 1870/71 gefallenen Studenten verknüpft. Dies nahm zugleich das Andenken an die Kriegstoten vorweg.17 Erstmals wurden die Gefallenen im universitären Rahmen betrauert: „Den Verlust, welchen die Menschheit erlitten, indem der Lebensfaden so vieler ihrer teuren Angehörigen vor der Zeit abgeschnitten wurde, beweint gemeinsam mit den nächsten Angehörigen auch die so oft als Alma mater gepriesene Universität. In ihre mütterlichen Arme nimmt sie die heimkehrenden Krieger auf […]. Sie möchte dem Volke seine Not lindern und den Trauernden Trost spenden.“18

Indem Rektor Hermann von Grauert in seiner Festansprache von 1916 insbesondere die affektiven Attribute der Hochschule hervorhob, gelang es ihm, zwischen objektiver und subjektiver Trauer zu vermitteln. Dabei wurde das Leid der Familienangehörigen nicht weiter sublimiert. Im Gegenteil: Während des Krieges war man offenbar bereit, das kollektive Gefallenengedenken an den Erfahrungen trauernder Hinterbliebener auszurichten. Der Kriegstod wurde nicht weiter funktionalisiert, sondern in erster Linie als menschlicher Verlust memoriert. Allerdings codierte von Grauert das Trauern ausschließlich weiblich. Das mütterliche Sinnbild der Hochschule, die Alma mater, sollte die Angehörigen trösten. Damit nahmen Universitätsangehörige und Öffentlichkeit die Be16 Ausschließlich die Reichsgründungsfeier 1915 wurde mit Rücksicht auf den Krieg annulliert.

Dies geschah auf Antrag des gemäßigten Professors für Nationalökonomie Walter Lotz (1865-1941), der in engem Austausch mit dem Sozialreformer und Wirtschaftswissenschaftler Lujo Brentano stand; UAM, Senatsprotokoll v. 19.12.1914; Döring, Weimarer Kreis, S. 258; Böhm, Führerprinzip, S. 612. 17 UAM, Senatsprotokoll v. 10.1.1916. Allerdings fiel die Diskussion um die Reichsgründungsfeier 1916 äußerst kontrovers aus. Erst nachdem zahlreiche Anträge auf eine moderate Gestaltung abgelehnt worden waren, wurde einem Antrag auf Gedenken an die Gefallenen von 1870/71 stattgegeben. 18 Von Grauert, Ansprache anlässlich der Stiftungsfestfeier der Universität am 1.7.1916, S. 2 (das Stiftungsfest wurde am 26. Juni jeden Jahres begangen. Dabei gedachte man der Gründung der Universität 1472 in Ingolstadt; UAM, M SS 0119, S. 34). Zur Person Professor Hermann von Grauerts (1850-1924): Historiker, 1919-24 Präsident der Görresgesellschaft), Döring, Weimarer Kreis, S. 240; von Grauert, Gedanken, S. 2, 40; ders. Weltfriedens, S. IV. Von Grauerts ältester Sohn starb im Dezember 1917 im Feld; vgl. Akademische Monatsblätter Nr. 7 v. 25.4.1918.

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trauerung letztendlich als bloß privaten Affekt wahr, den man auf den familiären Umkreis reduzierte. 19 Nicht der öffentliche, moralische Protest gegen den Kriegstod stand im Zentrum der universitären Erinnerungskultur, sondern eine vorübergehende Tröstung. Diese konnte auch kritische Stimmen gegen den Kriegstod zum Schweigen bringen.20 Im dritten Kriegsjahr 1917 ließ der Senat Fotografien der Toten an den Wandflächen des Universitätshauptgebäudes befestigen. Die Porträtbilder wiesen auf eine überwiegend objektive Betrauerung der Gefallenen hin.21 Als äußerliches Gedächtnis versahen sie die Erinnerung zunächst mit der Pflicht, den Anderen als Anderen in seinem Tod zu belassen, anstatt ihn zugunsten des Nationalen zu vereinnahmen. Im Unterschied zu einer Ästhetisierung der Gefallenen im figürlichen Kriegerdenkmal wurde der Betrachter existenziell mit der tatsächlichen Gewesenheit der Toten konfrontiert. Damit regten die Fotografien auch zur Reflexion über die Unschuld des Kriegsopfers an. Diese Kunstform verpflichtete die Hochschulangehörigen, die Unwiederbringlichkeit der Toten nicht weiter zu sublimieren, sondern das gewaltsame Sterben als Nicht-zu-Bewältigendes im Spiel zu lassen.22 Für ein solches Gedenken der Gefallenen setzte sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit allerdings nur eine Minderheit der Universitätsangehörigen ein. Schließlich kreisten ihre Gedanken weniger um die menschlichen Verluste als vielmehr um die Verlustängste des eigenen Ich.23 Das überwiegend selbstreflexive Erinnern war insbesondere durch den Sturz der bayerischen Monarchie und die Verschiebung der Machtverhältnisse innerhalb der städtischen Eliten befördert worden.24 Ein sozialistischer Arbeiter- und Soldatenrat hatte 1919 die Leitung der Münchener Regierungsgeschäfte übernommen, was die universitären 19 Liebsch, Trauer, S. 51f.; s. auch Breuer, Nationalismus, S. 33, der beschreibt, wie der völkische

Nationalismus von geschlechterpolitisch motivierten Abstufungen durchzogen war. 20 Vgl. Shklar, Ungerechtigkeit, S. 49. 21 UAM, Senatsprotokoll v. 15.12.1917. An der Technischen Universität München war bereits

1916 der Vorschlag gemacht worden, den Angehörigen jeweils eine Fotographie aus der provisorisch bebilderten Gedenktafel, die im Rektoratszimmer errichtet worden war, zu überreichen; HATUM, RA.XIV.3, I. Fasz., Schreiben v. 29.2.1916 u. v. 20.5.1916. Insgesamt 292 Studenten hatten an der Technischen Hochschule ihr Leben gelassen; HATUM, RA.XIV.3, I. Fasz., Notiz v. 15.12.1922. 1925/26 errichtete man zwei provisorische Gedenktafeln vor der Aula, die erst nach Fertigstellung des Erweiterungsbaus ersetzt werden sollten; HATUM, RA.XIV.3, I. Fasz., Notiz v. 7.1.1925; Schreiben Rektorat v. 17.2.1926. 22 Vgl. Därmann, Tod und Bild, S. 299f., 473; Bourdieu, Photografie, 101f. 23 Horn, Trauer schreiben, S. 33. 24 Das bayerische Königshaus war das erste in Deutschland, das abdanken musste, Large, München, S. 122ff.; vgl. auch Langewiesche, Eberhard-Karls-Universität, S. 358ff., insbes. S. 365; Tietze, Hochschulen, S. 220ff.

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Hierarchien massiv bedrohte. Denn nun wurde ein revolutionärer Hochschulrat ins Leben gerufen, der grundlegende Veränderungen in den Studienbedingungen ausarbeitete. Zugleich erklärte man Rektorat und Senat für abgesetzt und drohte einem Teil der Professorenschaft mit Kündigung.25 Von dem bevorstehenden Privilegienverlust fühlten sich die Hochschulangehörigen bis ins Mark getroffen. Schließlich war ein Großteil noch aufs engste mit dem bayerischen Königtum verwachsen, wie die Rektoratsantrittsrede des Geographen Erich von Drygalski 1921 zeigt: „Ungewarnt und ohne Verschulden musste der König seine Hauptstadt verlassen, der in einem langen Leben voll Mühe und Arbeit nur das Beste für sein Land gedacht und gewollt. Auch die Universität hat sich naher Beziehungen zu ihm erfreut. […] Die Zeiten sind nicht besser geworden, seit er uns verließ. So haben wir seine letzten Jahre, fern der Heimat, nicht nur mit tiefer menschlicher Anteilnahme, sondern auch in dem Gedanken an das verlorene Gute verfolgt.“26

Aus dem Sturz der Monarchie und den darauf folgenden Identitätskrisen resultierte überwiegend eine subjektive Trauer, die auf den Verlust des eigenen Selbst gerichtet war. Während die Professorenschaft für die Rückkehr zum Status quo der Vorkriegszeit plädierte, pochte ein Großteil der studentischen „Frontgeneration“, insbesondere aber der „Kriegsjugend“ – welche die Front nicht kannte – auf einen Neubeginn jenseits der bürgerlichen Werteordnung. 27 Die „Alten“ 25 Vgl. Akademische Monatsblätter Nr. 8 v. 23.5.1919. Im April 1919 war ein Teil der Münchener

Professorenschaft von der Absetzung bedroht; vgl. Gantner, Wölfflin, S. 323. So war der – offen mit den Nationalsozialisten sympathisierende – Professor Freiherr von Bissing am 23.2.1919 von der Räteregierung verhaftet worden, was universitätsintern hohe Wellen schlug; BayHStA, MK 11022, Schreiben Bayerisches Staatsministerium an Zentralrat v. 26.2.1919; Böhm, Studium, S. 97. 26 Von Drygalski, Rektoratsantrittsrede, S. 3; Professor Erich von Drygalski (1865-1949) war Geograph und Polarforscher. 27 Jarausch, Deutsche Studenten, S. 141-151, wertet den Rechtsruck der Studenten nach 1918 als Protest gegen die Erwachsenen im Sinne eines Generationenkonflikts. Ursache für die Verschärfung des Konflikts sei insbesondere die wirtschaftliche Verelendung der Studenten gewesen. Zur „Frontgeneration“ der zwischen 1890 und 1900 geborenen Studenten, Herbert, Generation, S. 116; zum Konstrukt einer einheitlichen Frontgeneration, Bessel, Front generation, S. 121-123; Roseman, Imagined Communities, S. 191. Zum - teilweisen - Widerspruch zwischen der „Frontgeneration“ und der zwischen 1900 und 1910 geborenen „Kriegsjugend“ , Schwarz, Studenten, S. 103. Tatsächlich hatte die studentische „Kriegsjugend“ – im Gegensatz zur Frontgeneration – weitgehend übereinstimmende positive Erfahrungen an der „Heimatfront“ gemacht; Roseman, Imagined Communities, S. 192. 1920 hatte ein Großteil der Frontgeneration die Universität wieder verlassen; Herbert, Generation, S. 116ff.; Nipperdey, Studentenschaft, S. 47; Gründel, Sendung, S. 132; Bessel, „Front generation“, S. 133ff.; Giesen, Generation, S. 61ff.; Stambolis, Mythos Jugend, S. 209f. Zur Generationen-

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hatten schließlich den Krieg verloren und die nationale Ehre verraten.28 In dieser Situation war es dringend notwendig, den Generationenkonflikt wiederum in ein Prinzip des Zusammenhalts umzudeuten. Nur die Propagierung eines intergenerationellen Kampfwillens konnte die gespaltenen Gedächtnisse bündeln. Für diese Haltung zahlten die Universitätsmitglieder allerdings einen hohen Preis, wie die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln sowie die Annäherung der Hochschule an den Nationalsozialismus zeigt.29 Der Hitlerputsch wurde an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität aktiv unterstützt. Annährend 2000 völkisch-nationalistische Studenten veranstalteten am 10. November 1923 eine gewalttätige Demonstration zugunsten des „Führers.“ Während bei dem Schlichtungsversuch Kurt Huber - später als Mitglied der Weißen Rose hingerichtet - verletzt wurde, lehnte der Universitätssenat eine Bestrafung der gewalttätigen Studenten kurzerhand ab: „Der Studierende Sauermann ersucht um Bestrafung des Studierenden, welcher die Versammlung im Lichthofe am Montag geleitet hat […]. Der Rektor bemerkt, der Studierende habe sich ihm zwar vorgestellt, er habe aber den Namen nicht im Gedächtnis behalten.“30 Die nationalsozialistischen Sympathisanten konnten offenbar bis in forschung allgemein, vgl. die Überlegungen bei Zinnecker, Text, S. 41f.; Schuman/Scott, Generations, S. 377. Zu Generationserfahrungen nach 1918 allgemein, Peukert, Weimarer Republik, insbes. S. 94-100; Mommsen, Generationskonflikt, S. 50ff. Zu den älteren Hochschullehrern (Jahrgang um 1870), die mit dem Reichsgedanken groß geworden waren und deren Identität nach dem Krieg massiv bedroht war, Ringer, Hochschullehrerschaft, S. 99f.; Sontheimer, Hochschullehrer, S. 215ff.; ders., Deutschland, S. 98ff.; Titze, Hochschulen, S. 220ff.; ferner Mosse, Gefallenenkult, S. 243ff. 28 Vgl. Kater, Generationskonflikt, S. 220. 29 So nahm die Errichtung des revolutionären Hochschulrats unter Volkskommissar Landauer ein blutiges Ende. Dem war bereits die Ermordung Ministerpräsident Eisners durch den Münchener Studenten Anton Graf Arco-Valley (am 21.2.1919) vorausgegangen; vgl. Böhm, Studium, S. 95. Die sozialistische Episode an der Hochschule wurde durch den Einmarsch radikaler Freikorps unter Franz Ritter von Epp brutal niedergeschlagen; vgl. UAM, Senatsprotokoll v. 5.4.1919. Von nun an gaben die dem Waffenring nahe stehenden völkisch-nationalistischen Verbindungen den Ton an der Hochschule an, Rösch, NSDAP, S. 48; Hoffmann-Curtius, Doryphoros, S. 78; Large, München, S. 139, 148, 200. Insbesondere der Betriebsrat des ASTA war seiner Zeit nach der äußersten Rechten orientiert; vgl. Protokoll Goldenberger v. 27.10.1927 in BayHStA, MK 69113; ferner Böhm, Führerprinzip, S.34. Angehörige der Universität lieferten sich immer wieder Straßenkämpfe gegen Anhänger der Räteregierung, Jahrbuch 1914/19, S. 77. Um die notwendigen Kraftreserven zu mobilisieren, wurden die jüngeren Studentensemester „zum sofortigen Eintritt“ in die Einwohnerwehrregimente aufgerufen, UAM, Senatsprotokoll v. 3.6.1919; s. auch Ziemann, Germany, S. 85ff. 30 UAM, Senatsprotokoll v. 14.11.1923; vgl. Large, München, S. 243, 270; Böhm, Studium, S. 97. Bereits bei der Reichsgründungsfeier v. 18.1.1923 hatte Rektor Georg Pfeilschifter vom „unveräußerlichen Lebensrecht auf einen Platz an der Sonne“ gesprochen; zit. n. UAM, MSS

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die Leitungsebene der Hochschule hinein mit Unterstützung rechnen. Es überrascht nicht, dass sich auf dem Campus zugleich „ein auffallend starker Antisemitismus, um nicht zu sagen Judenhaß“31 breit machte. Um die Gefallenen zu memorieren, befasste sich der Münchener Universitätssenat schon bald mit der Errichtung von Gedenktafeln.32 Dabei wich das Motiv objektiver Trauer allerdings rasch einem Spiel mit dem Opfer.33 Bereits im August 1919 wurde die Forderung erhoben, neben den Gefallenen auch die Namen der studentischen „Revolutionsopfer“ 34 in die Ehrentafeln aufzunehmen.35 Außerdem beschloss der Senat, zusätzlich solche Universitätsangehörige zu integrieren, die als Heeresmitglieder in der Heimat gestorben waren.36 Eine entsprechende Denkmalinschrift sollte sämtliche Identitäten bündeln. Durch die bloße Vervielfältigung der Namen und durch die Zusammenfassung divergie01119, S. 35. Die Verbindungslinien zwischen dem Generationenkonflikt und dem Aufstieg des Nationalsozialismus ziehen Kater, Generationenkonflikt, S. 217ff. und von Olenhusen, Aufstieg, S. 266f. 31 Akademische Monatsblätter Nr. 4 v. 25.1.1919. Der jüdische Chemieprofessor und Nobelpreisträger Richard Willstätter verließ 1924 aufgrund zahlreicher antisemitischer Angriffe die Universität München. An den Mauern klebten seinerzeit vielfach Plakate wie „Deutsche Studenten, lasst Euch nicht von fremdländischen Lehrern unterrichten“ usw.; vgl. Sauerbruch, Leben, S. 384ff.; Willstätter, Leben, S. 338ff.; ferner Böhm, Führerprinzip, S. 47. 32 UAM, Senatsprotokoll v. 27.8.1919. Dem Senat gehörten im Jahr 1919/20 insgesamt 16 Mitglieder an. Als Nationalisten können zumindest die Professoren Pfeilschifter, von Drygalski, von Bissing und Endres gelten, die mit ihrer politischen Meinung auch an die Öffentlichkeit traten. Dagegen plädierte Rektor Friedrich Müller für eine Trennung von Wissenschaft und Politik; Müller, Individualität, S. 3. Die weiteren Senatsmitglieder waren: Eduard Weigl (Prorektor), Göttler, Wenger, Kisch, Fabricius, Borst, von Pfaundler, Mayr, Voit, Sandberger, Paul; Jahrbuch 1914-1919, S. 9. Sie können überwiegend als „schweigende Mehrheit“ bezeichnet werden. Methodisch besteht stets die Gefahr, „die Äußerungen [der Wenigen] gleichzusetzen mit den Meinungen „der“ Professorenschaft“; Langewiesche, Eberhard-Karls-Universität, S. 368. 33 Vgl. Horn, Trauer schreiben, S. 40. 34 Dies waren jene Studenten, die im Kampf um die „Befreiung“ der Hochschule von den sozialistischen Besatzern an der Seite der Freicorps ihr Leben gelassen hatten. Die Bezeichnung weist bereits auf die grundsätzlich negative Codierung der sozialistischen Erhebung an der Hochschule hin. 35 UAM, Senatsprotokoll v. 27.8.1919. Zunächst wurde eine gesonderte Überschrift für die „Revolutionsopfer“ gefordert, die allerdings letzten Endes nicht umgesetzt wurde, UAM, Senatsprotokoll v. 11.12.1920. 36 UAM, Senatsprotokoll v. 12.2.1921. So wurde in die Gefallenenliste beispielsweise auch der wissenschaftliche Assistent Bruno König aufgenommen, der durch einen Unfall im Heimaturlaub gestorben war, UAM, Gefallenenliste 1914-18, S. 2; Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 17.

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render Opferkategorien wurde die Chance auf ein objektives Erinnern allerdings deutlich vermindert.37 Schließlich war das Massensterben nur noch teilweise als Ergebnis des Krieges erfahrbar.38 Der politisierte Index löschte die persönliche und menschliche Nähe zu den Gefallenen ein Stückweit aus. Indem man der reaktionären Revolutionskämpfer genauso gedachte wie der eigentlichen Kriegstoten, wurde das kollektive Opfer zugunsten des Nationalen perpetuiert. In den Namenstafeln appellierte der Senat an ein geschlossenes Generationengedächtnis, welches das Paradoxale des jugendlichen Kriegstodes minimierte und eine zukünftige Kampfbereitschaft implizierte.39 Insgesamt scheint es, als habe die Nennung der Namen somit zumindest teilweise als „Maske“ gedient. Die tatsächliche Erinnerung an die Gefallenen wurde sublimiert, die Trauer vom Kriegstod abgelöst und in Richtung einer nationalen Freigabe der Toten verschoben, die generationsübergreifend wirksam werden konnte.40 Auch der Entstehungsverlauf der Denkmalsfigur spiegelt die Konstruktion eines nationalistisch geprägten Bildgedächtnisses wider. Bereits im Februar 1920 stimmte der Senat dem Vorschlag des Forstwissenschaftlers Max Endres zu, in der Mitte der geplanten Ehrenhalle die Kopie einer griechischen Statue aufzustellen.41 Es scheint so, als habe die Hochschulleitung die Bedeutung des neoklassizistischen Speerträgers für das universitätsinterne Erinnern erkannt. 42 Schließlich konnte mit Hilfe des antikisierenden Jünglings das Ideal des Klassischen erreicht und eine vorbildliche Wirkung erzeugt werden, welche die Übereinkunft der Generationen zu sichern versprach.43 Die Finanzierung der Figur wurde zügig bewilligt. Endres und sein Kollege Vincenz Schüpfer hatten die Bereitstellung von Mitteln aus Überschüssen des Universitätswaldes in Aussicht 37 Vgl. auch UAM, Senatsprotokoll v. 17.12.21. Insgesamt waren allein sechs von 18 toten

Universitätsbeamten nicht an der Front gefallen, UAM, Gefallenenliste 1914-18, S. 2; zur Bedeutung des Überlebens der Namen als Vehikel der Erinnerung, Margalit, Ethics of memory, S. 18ff. 38 Liebsch, Trauer, S. 23f. 39 Vgl. Kamper, Körper, S. 33. 40 Horn, Trauer schreiben, insbes. S. 28-40; Liebsch, Trauer, S. 26f. 41 UAM, Senatsprotokoll v. 21.2.1920. Mehrere Sitzungen des zuständigen Denkmalsausschusses waren dem vorausgegangen. Neben Max Endres und dem Architekten German Bestelmeyer waren auch der berühmte Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin und der Archäologe Paul Wolters an der Entscheidung im Ausschuss beteiligt. Max Endres, der als Forstwissenschaftler starke nationale Interessen verfolgte, hatte gemeinsam mit German Bestelmeyer 1907-09 bereits das Großprojekt der Universitätserweiterung geleitet, Schüpfer, Festschrift, S. 3. Beide standen hinter der Errichtung einer Jünglingsfigur, während Wölfflin dem eher kritisch gegenüberstand. 42 Vgl. UAM, Senatsprotokoll v. 11.12.1920. 43 Vgl. auch Young, Memory, S. 239.

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gestellt.44 Und die Präsentation eines Gutachtens von German Bestelmeyer, der den Denkmalstandort kurzerhand festgelegt hatte, tat ein Übriges. 45 Hingegen wurden alternative Symboliken des Kriegstodes negiert. Der Einwand des berühmten Kunsthistorikers Heinrich Wölfflin, die Errichtung des Speerträgers habe für ihn „nichts unmittelbar Einleuchtendes,“46 wurde vom Senat praktisch ignoriert.47 Die klassischen Philologen Eduard Schwartz und Carl von Kraus erhielten im Frühjahr 1920 den Auftrag, die Inschriften für Figur und Gedenktafeln zu entwerfen. 48 Dabei wurde versucht, fluktuierende Deutungen des nationalen Kriegstodes zu vereinheitlichen. 49 Den beiden Philologen stand, was die Be44 Zusätzlich ließ die Kostenspanne zwischen den Hochschuldenkmälern Münchens und

Berlins die Errichtung einer antiken Jünglingsfigur sinnvoll erscheinen. Schließlich wendete die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin angeblich 300000 Mark für ihre Ehrentafeln auf, wogegen für das Münchener Universitätsdenkmal zunächst nur ungefähr 10000 Mark veranschlagt worden waren. Dies macht auch die Rivalität zwischen der bayerischen und deutschen Hauptstadt deutlich, die nur durch ein prestigeträchtiges Objekt besänftigt werden konnte. Das grundsätzlich spannungsgeladene Verhältnis verschärfte sich 1920, als Berlin (und die Siegermächte) die bayerischen Einwohnerwehren unter großem Protest für aufgelöst erklärten; Large, München, S. 185ff; UAM, Senatsprotokoll v. 21.2.1920. Der Vorschlag Schüpfers und Endres’, die Mittel den jährlichen Überschüssen des Universitätswaldes zu entnehmen, wurde genehmigt. Insgesamt wurden 70000 Mark zur Verfügung gestellt; BayHStA, MK 39528, Schreiben des Verwaltungsausschusses v. 16.4.1920; BayHStA, MK 39528, Bestätigung des Kultusministeriums v. 15.7.1920. Tatsächlich schätzte die Universität Berlin den Kostenaufwand im Juni 1920 auf 350000 bis 400000 Mark (GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 38f.). 45 Professor German Bestelmeyer (1874-1942) leitete von 1907 bis 1909 die Erweiterung der Universität. Er war somit mit den Raumverhältnissen in der Universität genaustens vertraut. Bestelmeyer war extrem national gesinnt und ein konservativ-retrospektiver Architekt; Ab 1924 war er - nach Professuren an der TU Dresden und Berlin - auch Präsident der Akademie der Bildenden Künste München; nach 1933 vertrat er für einige Jahre das nationalsozialistische Bauen. Bestelmeyer war Schüler August Thierschs und Heinrich von Schmidts; Koch, Bestelmeyer, S. 166ff.; Stahl, Bestelmeyer, S. 5; ders., German Bestelmeyer, S. VIIIff. 46 In UAM, Senatsprotokoll v. 21.2.1920 wird deutlich, dass Wölfflin die Einholung weiterer Sachverständigengutachten gefordert hatte. 47 UAM, Senatsprotokoll v. 21.2.1920. Zu Heinrich Wölfflin, vgl. insbes. Gantner, Autobiografie, S. 289f., 303f. sowie UAM, E II 3611. 48 Eduard Schwartz war Altphilologe und 1919 gezwungen worden, von Straßburg nach München überzusiedeln, Schwartz, Krieg, S. 2ff. Seine Reichsgründungsrede von 1925 fiel eindeutig antidemokratisch aus: „Die böse Phrase, dass wir uns von Potsdam zu Weimar bekehren müssten, treibt noch ihr spukhaftes Unwesen in unserer republikanischen Demokratie;“ zit. n. UAM, M SS 0119, S. 41. 49 Cassirer war überzeugt, dass „erst wenn diese Absonderung [gelänge], wenn die Anschauung auf einen einzigen Punkt zusammengedrängt und gewissermaßen auf ihn reduziert [sei],

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schriftung der Gedenktafeln und der antikisierenden Skulptur anging, zunächst ein gespaltener Kollegenkreis gegenüber. Während ihr Vorschlag auf Einmeißelung des Spruchs der griechischen Epheben in den Figurensockel sofort auf Zustimmung stieß, der kämpferische Generationenbund somit zügig besiegelt wurde, verlief die Diskussion um die Überschrift der Gedenktafeln äußerst widerspruchsvoll.50 Es war die Ambivalenz des Nationalen, welche die Kontroverse bestimmte. 51 Erst nach langem Meinungsaustausch einigte man sich - gegen die Befürworter eines bayerischen Bezugs - auf ein Bekenntnis zu Deutschland. Die Universitätsangehörigen sollten für „des Deutschen Reiches Ehre und Größe“52 gefallen sein. Damit wurde das gewaltsame Sterben allerdings wiederum sublimiert, die Toten ein weiteres Mal hingegeben und zugunsten eines nationalen Wertekonsenses funktionalisiert. Die Hierarchisierung der Totennamen nach „Dozenten, Beamten und Studierenden“53 betonte zudem die sozialen Differenzen, was den Prinzipien des Alten Nationalismus entsprach.54 Eine triumphale Auferstehung des universitären Helden als Identitätskonstrukt nationalistischer Gruppen konnte nur gelingen, wenn das Gedenken an die Toten möglichst verdrängt wurde.55 Dies macht die Planungsphase des Münchener Hochschuldenkmals deutlich. Mit Hilfe einer Ergänzung der Gefallenennamen durch sogenannte „Revolutionsopfer“, einer entsprechenden Tafelinschrift sowie der ideellen Kopie des griechischen Speerträgers schuf der Senat zunächst die Grundlage für ein Bildgedächtnis, das generationsübergreifend wirksam werden konnte. Dabei wurde die Trauer größtenteils vom Leiden abgelöst und zugunsten der nationalen Bedürfnisse einer zerklüfteten Studentenund Professorenschaft vereinnahmt. Ein solches Ausmaß an Realitätsferne konnte bis zur gewalttätigen Wiederholung des Vergangenen führen. In der

hieraus das mythische Gebilde [entspränge].“ Cassirer, Begriff, S. 123; vgl. auch Habermas, Kraft, S. 13. 50 Der (Teil-) Spruch der Epheben - der griechischen Wehrpflichtigen von 18 bis 20 Jahren lautete: „Wir waren einst als Jünglinge voll Heldenkraft! Wir aber werden einstens noch viel stärker sein!;“ Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 5; Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 79. Zusätzlich wollte man folgende Unterschrift hinzufügen: „Aufgerichtet am… Den Toten zum Gedächtnis, den Lebenden zur Hoffnung, den Kommenden zum Vorbild.“ Allerdings war der nötige Platz auf der Tafel hierfür letztendlich nicht mehr vorhanden, UAM, Senatsprotokoll v. 11.12.1920. 51 Bhabha, DissemiNation, S. 209; Breuer, Nationalismus, S. 27f. 52 UAM, Senatsprotokoll v. 11.12.1920; dabei sollte die Überschrift so festgesetzt werden, dass die Revolutionsopfer inbegriffen wären. 53 Ebd. 54 Breuer, Nationalismus, S. 27f. 55 Vgl. Giesen, Triumph, S. 1-4.

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Erweiterungsphase des Monuments sollte der Instrumentalisierung der Gefallenen allerdings beträchtliche Hindernisse in den Weg gestellt werden.

1.2. Dekonstruktion des grenzüberschreitenden Helden. Die Erweiterungsphase des Denkmals Spätestens seit 1926 befand sich die nationalistische Anhängerschaft an der Universität in der Defensive. Das hatte insbesondere äußere Ursachen. Denn die Übernahme der bayerischen Regierungsgeschäfte durch Ministerpräsident Heinrich Held hatte zu einer relativen Beruhigung der politischen Lage in München geführt.56 Die NSDAP war aus dem gescheiterten Putsch von 1923 geschwächt hervorgegangen. 57 Über die Beurteilung der Ereignisse vom 9. November kam es immer öfter zu heftigen Diskussionen innerhalb der Münchener Bevölkerung.58 Dieser politische Stimmungsumschwung wirkte sich auch universitätsintern aus. So zogen nach der Regierungsübernahme Helds sukzessive Vernunftrepublikaner in den Universitätssenat ein. 59 Höhepunkt war die Wahl Karl Vosslers zum Rektor des Akademischen Jahres 1926/27.60 Sie veranlasste den nationalistisch gesinnten Teil der Professorenschaft zu einer symbolischen Kraftprobe. In den Jahren seit der Errichtung der Gedenktafeln war die Zahl der getöteten Universitätsmitglieder nochmals gestiegen.61 Deshalb führte der Univer56 Rudloff, Notjahre, S. 353ff.; Large, München, S. 264ff. 57 Large, München, S. 273ff. 58 Vgl. auch BayHStA, MK 39528, Schreiben MK an Rektorat v. Juli 1926 (Nr. 29657), S. 2. 59 Darauf deutet auch hin, dass anlässlich der Jahrtausendfeier der Rheinlande am 20.6.1925

Hermann Oncken in München die Festrede hielt. Er hatte zunächst dem Kreis der „Gemäßigten“ angehört, sich dann aber immer mehr aus der Politik zurückgezogen; Döring, Weimarer Kreis, insbes. S. 69, 102, 193. 60 Vossler gehörte dem Weimarer Kreis verfassungstreuer Hochschullehrer an; Döring, Weimarer Kreis, S. 260. „Meine politischen […] Überzeugungen sind von denen der Mehrheit der Dozenten, der Studenten, der höheren Universitätsbeamten […] so weit entfernt, dass mein Auftreten als Rektor höchst wahrscheinlich einen Missklang […] bringen würde,“ so Vossler 1926, zit. n. UAM MSS 0119, S. 74ff. Trotz seiner politischen Haltung wurde Vossler zum Rektor gewählt; vgl. UAM, E-II-N, Schreiben Vossler an den damaligen Rektor Wien, o.D. Er war der einzige Rektor, der während der Zwischenkriegszeit die Fahnen der Republik hisste, wofür er die Missbilligung der Senatsmehrheit sowie großer Teile der Studentenschaft in Kauf nehmen musste; UAM, Senatsprotokoll v. 18.12.1926; VB Nr. 50 v. 2.3.1927; Fränkischer Kurier Nr. 17 v. 18.1.1927; vgl. auch Vossler, Politik, S. 4ff.; ders., Ansprache, S. 19-22; ferner Böhm, Führerprinzip, S. 46. 61 Man verzeichnete nun insgesamt 1279 Gefallene; BayHStA, MK 39528, Nr. 3740/27.

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sitätssenat eine Abstimmung über die Ergänzung der vorhandenen Namen durch. Auf Antrag von Rektor Wilhelm Wien wurde im Januar 1926 mehrheitlich beschlossen, auch einen nationalsozialistischen Studenten - den während des Hitlerputschs an der Feldherrnhalle gefallenen Leutnant Casella - in die Tafeln aufzunehmen. 62 Wiederum wurde eine generationenüberschreitende Opfergemeinschaft konstruiert und eine rückwärtige Wiederholung des Krieges anvisiert. Doch diesmal trat der Sublimation des Kriegstodes heftiger Protest entgegen. Die freie, größtenteils republikanische Hochschulgruppe brachte im Allgemeinen Studentenausschuss einen Antrag ein, der zum Ziel hatte, die Gedächtnistafeln vor dem Parteienkampf zu schützen. Im Zentrum stand die Forderung, die Aufnahme des toten Studenten Casella auf den Ehrentafeln für die Gefallenen des Weltkriegs zu verhindern.63 Eine Mehrheit des Allgemeinen Studentenausschusses stimmte dem Antrag zu. Dies zeigt, dass zumindest ein Teil der Münchener Studentenschaft ein alternatives Totengedenken anstrebte. Gleichzeitig äußerte auch das bayerische Kultusministerium „die ernstesten Bedenken“ 64 gegen die Anbringung des Namens. Schließlich sei „Casella im Kampfe gegen die von der Staatsregierung zur Abwehr aufgebotene Truppenmacht gefallen;“ 65 auch die Regierung habe „in der Erfüllung ihrer Dienstpflicht Opfer zu beklagen“ 66 gehabt. Selbst vor der Androhung einer aufsichtlichen Anordnung schreckte das Ministerium nicht zurück. Trotz dieses breit angelegten öffentlichen Protests hielt der Senat zunächst an seiner Entscheidung fest: „Der Senat ist bei diesen Beschlüssen von der Auffassung ausgegangen, dass die Universität den Idealismus der studierenden Jugend in der Hingabe an das Vaterland zu ehren habe. In dem besonderen Falle des Leutnants Casella ist zu berücksichtigen, dass in den Unruhen des 9. November auch die Studenten, die sich auf der Gegenseite befanden, der Überzeugung waren, für nationale Interessen in den Kampf zu ziehen. Unter ihnen befanden sich viele der besten unserer vaterlandsliebenden Jugend, die nicht anders glauben konnten, als daß sie für das Wohl des deutschen Vaterlandes zum Kampf gerufen würden.“67 62 UAM, Senatsprotokoll v. 30.1.1926 und v. 12.5.1926. Der Antrag wurde mit zwölf gegen

zwei Stimmen beschlossen. 63 Für eine objektive Schilderung des Hergangs, MZ Nr. 207 v. 29.7.1926; der ausführliche

Antrag v. 9.6.1926 ist abgedruckt in BStZ Nr. 130 v. 10.6.1926 und MP Nr. 131 v. 11.6.1926; vgl. auch die scharfe Attacke auf den ASTA in VB v. 12.6.1926. 64 BayHStA, MK 39528, Nr. 27223 v. 15.6.1926. 65 Ebd. 66 Ebd. 67 BayHStA, MK 39528, Nr. 2683 v. 28.6.1926, S. 1f. Diese nazifreundliche Haltung war durchaus typisch für einen gewissen Teil der Professorenschaft. So äußerte sich beispielsweise der Historiker Karl-Alexander von Müller folgendermaßen über den Hitlerprozess: „Es sind deutsche Männer, die aus leidenschaftlicher Liebe zu Deutschland gehandelt haben“, MZ Nr. 100 v. 10.4.1924.

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Auf der Grundlage, dass der radikalisierte Teil der Münchener Studentenschaft das Vaterland beim Hitlerputsch auf vorbildliche Weise vertreten habe, war eine universitätsinterne Abgrenzung vom Nationalsozialismus kaum möglich. Allerdings betonte der Hochschulsenat seine Absicht, Casella auf einer separaten Ehrentafel aufzuführen. Zugleich bezichtigte der Vorstand des Allgemeinen Studentenausschusses die freie Hochschulgruppe, einen falsch lautenden Antrag veröffentlicht zu haben.68 Es wurde suggeriert, die Abstimmung im Allgemeinen Studentenausschuss habe auf einem Missverständnis beruht. Tatsächlich habe sich eine Mehrheit für die Anbringung Casellas auf einer separaten Ehrentafel ausgesprochen. Man befände sich somit ganz auf der Seite des Senats. Solche Beschwichtigungsversuche in einer mittlerweile „politischen Angelegenheit“69 akzeptierte allerdings nur ein Teil der Münchener Bevölkerung.70 Nicht wenige hielten dagegen an der Auffassung fest, dass Casella - gleichgültig, auf welcher Tafel er verzeichnet würde - „beim Kampfe gegen die eigenen Volksgenossen und bei Begehung einer hochverräterischen Handlung“71 gefallen sei. Auch das bayerische Kultusministerium wiederholte mit einem Hinweis auf seine hohe politische Verantwortung das ausgesprochene Verbot. 72 Dies zeigt, dass die Hochschulangehörigen sowie die Münchener Bevölkerung in der Frage der Betrauerung der gewaltsam Getöteten zutiefst gespalten waren. Während die Münchener Universitätsleitung den Gefallenentod zugunsten eines Generationen überschreitenden nationalen Konsenses vereinnahmen wollte, traten Vertreter einer moderateren Politik, wie die freie Hochschulgruppe, für einen Wandel der Gedenkkultur ein. Das bayerische Kultusministerium begründete seine ablehnende Haltung damit, dass die „innenpolitischen Gegensätze in besonders starkem Maße bei der Beurteilung der Ereignisse vom 9. November 1923 hervortreten [würden] und daß es deshalb mit der ihm obliegenden Verantwortung nicht in Einklang zu bringen [sei], wenn es den Streit erneut entfachen [würde].“ 73 Dies unterstreicht, dass auch ein Teil der Münchener Bevölkerung mittlerweile auf Distanz zum militanten Totengedenken gegangen war. Allerdings beruhigten sich die Gemüter erst, als die Angelegenheit Ende Juli 1926 in einem persönlichen Gespräch zwischen dem zuständigen Kultusminister und dem Universitätsrektor behandelt und beschlossen wurde, den Vollzug des Senatsbeschlusses zumindest bis Ende des Sommersemesters 1927 auszusetzen.74 68 Vgl. hierzu insbes. MNN Nr. 169 v. 20.6.1926; vgl. auch MZ Nr. 207 v. 29.7.1926. 69 BayHStA, MK 39528, Nr. 29657 v. Juli 1926. 70 Arminius, Nr. 26 v. 18.7.1926. 71 BK Nr. 163 v. 12.6.1926. 72 BayHStA, MK 39528, Nr. 29657 v. 20.7.1926. 73 Ebd. 74 Ebd.

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Wie massiv gleichwohl das nationalistische Gedenken in Teilen der Hochschule weiterwirkte, macht die Jahrhundertfeier der Universität vom 26. und 27. November 1926 deutlich.75 Bereits am Abend des ersten Festtages veranstaltete der Korporationsausschuss, in dem über 67 studentische Verbindungen vereinigt waren, zum Gedenken der gefallenen Kommilitonen einen Fackelzug.76 Dabei wurde den jüdischen Korporationen ein gemeinsames Chargieren mit den übrigen studentischen Verbindungen verweigert.77 Diese Gruppierungen wurden demonstrativ ausgeschlossen.78 Eine solche massive antisemitische Grenzmarkierung war möglich, obwohl die Feier überwiegend politisch-moderat ausfiel und somit eine Sonderstellung innerhalb der universitären Festkultur der Jahre einnahm. Das zeigt, wie tief das völkisch-nationalistische Gedankengut bei einem Großteil der Universitätsangehörigen verankert war und wie dringend deren souveräne Identität einer symbolischen Neukonstruktion bedurfte. Nur ein knappes Jahr nach der Jahrhundertfeier wurde wiederum ein nationalistischer Hochschullehrer zum Rektor gewählt.79 In diesem Zusammenhang trieb der Senat die Aufstellung der geplanten Gefallenentafeln nochmals voran.80 Rektor Vincenz Schüpfer rechtfertigte die beschlossene Ergänzung der Namen explizit mit „wiederholten Anfragen von Angehörigen der Gefallenen.“81 Erst Ende 1928 beschloss der Universitätssenat, in die geplanten Gedenktafeln zukünftig nur noch die Namen „solcher Studenten aufzunehmen, bei denen zwei 75 Vgl. UAM, D-X-44. 76 Der Lehrkörper der Universität legte gleichzeitig Kränze am Kriegerdenkmal und am

Denkmal König Ludwig I. nieder; MNN, Sonderbeilage v. 26./27.11.1926, S. 8; MAAZ Nr. 310 v. 15.11.1926; vgl. auch Verzeichnis über die Jahrhundertfeier in UAM, E II 3448. 77 Dies ging auf den Wunsch des Waffenrings zurück. Karl Vossler verurteilte das Verhalten des Korporationsausschusses und nahm gleichzeitig hin, dass dieser das Chargieren bei allen künftigen Universitätsfeiern verweigern wollte; BayHStA, MK 69942, Nr. 5238/26 v. 12.1.1927 und Nr. 455 v. 8.2.1927. Dagegen verteidigte der Universitätssyndikus Einhauser das Verhalten der Korporationen: „Das gemeinsame Chargieren […] ist der sichtbare Ausdruck für eine engere Gemeinschaft innerhalb der Studentenschaft. […] Es ist ausschließlich die Auffassung der Gemeinschaft selbst und ihr Wille, der jeweils Grenzen zieht und dies muss so bleiben. […];“ BayHStA, MK 69942, Abschrift v. 11.1.1927. 78 Die indirekten Folgen für die jüdischen Mitbürger beschreibt ein anonymes Schreiben an den Oberbürgermeister Münchens v. Dezember 1926 in StA München, BUR 76912; vgl. auch MP Nr. 278 v. 1.12.1926. 79 Der Forstwissenschaftler Vincenz Schüpfer war Vorsitzender der Darlehenskasse der Deutschen Studentenschaft und Leiter des Wohlfahrtsamtes; UAM, E-II-3073, Schreiben Rektor Pfeilschifter an Kultusministerium v. 2.8.1923; vgl. zu seiner politischen Ausrichtung insbes. die vertrauliche Mitteilung Konrad Beyerles in BayHStA, MK 69113, Protokoll Goldenberger v. 27.10.1927. 80 UAM, Senatsprotokoll v. 1.12.1928. 81 BayHStA, MK 39528 Nr. 3740/27 v. 5.1.1927 und Nr. 1265 v. 13.3.1928.

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Voraussetzungen zusammenträfen: dass sie an Kampfhandlungen teilgenommen [hätten] und dass sie infolge ihrer Kriegsdienstleistung gestorben“82 seien. Damit wurde eine Verdrängung des tatsächlichen Kriegstodes kategorisch ausgeschlossen.

2. Zur Ästhetisierung des triumphalen Kriegstodes Mit der Kriegergedächtnishalle schufen der Architekt Theodor Kollmann sowie die Bildhauer Bernhard Bleeker und Georg Römer ein Monument, das ambivalent angelegt war.83 Dem griechischen Speerträger, der mit Hilfe des neoklassizistischen Stils eine überwiegend nationalistische Aussage transportierte, stand in der Gedenkhalle eine zwiespältige Botschaft der Trauer gegenüber. Aus diesem Spannungsfeld zwischen mimetischer Figur und halbplastischer sowie architektonischer Form gewann die Anlage ihre innere Dynamik.84 Betrat man den Raum um das Kriegerdenkmal, fiel zunächst dessen sakraler Charakter ins Auge (Abb. 1).85 Die dreischiffige, im ersten Stock östlich des universitären Lichthofs gelegene Ehrenhalle ruhte auf vier Stützen und zehn polygonalen Wandsäulen, die ein Kreuzgratgewölbe trugen. 86 Dies erinnerte insbesondere an den Typus der romanischen Hallenkrypta. Der angestrebte Eindruck wurde durch neogotische Maßwerkfenster im Osten der Halle verstärkt.87 Erst eine genauere Betrachtung macht deutlich, dass deren Ornamentik auch zu profanen Effekten Anlass gab. Denn die reich dekorierten Pfeilerkapi-

82 UAM, Senatsprotokoll v. 1.12.1928. 83 Vgl. Geiger, Universität, S. 11f.; Ministerialrat Kollmann war ab 1910 Vorstand des Univer-

sitätsbauamtes und wurde 1923 in die Oberste Baubehörde berufen; BayHStA, OBB Akten 17913, Schreiben v. 26.3.1936. 84 Vgl. Reuße, Sprachfähigkeit, S. 45. 85 Zu folgendem Bestelmeyer/Stempel, Erweiterungsbau, S. 106ff.; Biller/Rasp, München, S. 76f.; Geiger, Universität, S. 11f. 86 Da der Jochgrundriss querrechteckig war, mussten die Rundbögen teilweise gestelzt werden. Gleichzeitig lag der Scheitelpunkt höher als die das Gewölbejoch begrenzenden Gurtbögen; vgl. den Grundriss in Bestelmeyer/Stempel, Erweiterungsbau, S. 106; Binding, Formenlehre, S. 122f. 87 Dabei handelte es sich jeweils um zwei Rundbogenfenster mit zweibahnigem Maßwerk, die von einem weiteren Rundbogen zusammengehalten wurden; das Bogenfeld war durch Maßwerk gegliedert, deren Scheitel trug einen Kreis mit einbeschriebenem Vier- oder Sechspässen, die von dreiblättrigen Nasen umgeben waren; Binding, Formenlehre, insbes. S. 86f.

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telle lehnten sich an korinthische Kapitelle an, die Schäfte der Stützen waren aus Marmor gefertigt.88 Die Halle fügte sich - vom westlichen Haupteingang her gesehen - harmonisch in die Gesamtanlage des Hauptgebäudes ein (Abb. 2). Schon auf dem Weg hinauf zum Kriegerdenkmal ergab sich für den Betrachter ein überwältigender Eindruck. Über dem antikisierenden Lichthof öffnete sich eine prächtige Kuppel, die das bayerische Königtum mit Hilfe neoklassizistischer Stilmittel überhöhte. 89 Unterhalb der östlichen Stirnwand des Hofes, links und rechts der Treppenanlage, fiel der Blick auf die monumentalen Sitzfiguren König Ludwigs I. und Prinzregent Luitpolds von Bayern. 90 Und im Bogenfeld oberhalb der Stirnwand wurde ein Glasmosaik sichtbar. 91 Erst dahinter lag - im östlichen Piano nobile des Lichthofes - die Kriegergedächtnishalle, deren historistische Architektur zwischen sakralen und profanen Elementen schwankte. Von zentraler Bedeutung waren die vier in den Blendbögen der nördlichen und südlichen Hallenwand befestigten Marmortafeln, die jeweils über drei Meter breit und zwei Meter hoch waren.92 Von ihnen ging zunächst - wie von einem Grabstein - ein direkter Verweis auf die Kriegstoten aus. Der Namensindex, der in schwarzer Schrift die Tafeln bedeckte, verwies auf die Abwesenheit der Gefallenen und appellierte an die Hinterbliebenen, am Stein Fürbitte zu halten.93

88 Das Kapitell bestand aus nur einem Kranz Arkantusblättern, über dem Ranken hinaus-

wuchsen. Ein gewölbtes Arkantusblatt war jeweils auf die obere Ecke platziert und ersetzte die üblichen Eckvoluten. Die Schäfte und Basen der Pfeiler waren allerdings nicht aus Marmor, sondern einem alternativen Material gefertigt worden. 89 An den Lichthof fügten sich vier kreuzgewölbte Arme an. Auch die achteckige Kassettendecke sowie die Marmortäfelungen erinnerten an die Bauten des antiken Rom. Die Zentralhalle vermittelte zwischen den ursprünglichen Ost-West-Achsen des Alt- und Neubaus (des sogenannten Gärtner- und Bestelmeyerbaus); vgl. den Grundriss in Bestelmeyer/Stempel, Erweiterungsbau, S. 106ff. 90 Die beiden Figuren waren von Ackerberg und Bleeker 1911 nach antiken Vorbildern geschaffen worden. Ludwig I. hatte die Universität von Landshut nach München verlegen lassen; er war ein großer Förderer der Künste („Ludwigstraße“) und verehrte wie Prinzregent Luitpold insbesondere die griechische Kunst; die Kriegerdenkmalfigur des Speerträgers hatte insofern sicherlich auch in der ehemaligen bayerischen Monarchie einen Fürsprecher. 91 Das von Julius Diez gefertigte Mosaik stellte den Born der Wissenschaft dar, an dem zwei geflügelte Genien Wache hielten. Oberhalb der symbolischen Darstellungen der einzelnen Fakultäten knieten auf eigenartig stilisierten Schildkröten zwei Putten, die eine Tafel mit der Inschrift „Per aspera ad astra“ in Händen hielten; Bestelmeyer/Stempel, Erweiterungsbau, S. 106ff.; Biller/Rasp, München, S. 76. 92 Vgl. Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 3, 17ff. 93 Dahm, Epitaph, S. 144. Nach christlicher Glaubensauffassung sind Namensnennung und Existenz einer Person aufs engste miteinander verbunden; so verweist das Motiv der Na-

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Oberhalb der Gedenktafeln war jeweils ein hoch reliefierter Kriegerkopf angebracht (Abb. 3 u. 4). Die Sterbenden waren nicht primär als Kämpfer, sondern als schmerzerfüllte Soldaten dargestellt. Hier wurde der Krieg nicht weiter als Schauplatz triumphalen Heldentums, sondern als Quelle des Leids memoriert. Zwar trugen die sterbenden Soldaten weiterhin einen Stahlhelm als Gefechtsemblem. Ihre schmerzvolle Mimik ließ sie allerdings eher als fremdbestimmte Objekte denn als aktive Subjekte des Krieges erscheinen.94 Diese Individualität der Kriegerköpfe widersprach dem klassischen Ideal. In seiner Philosophie der Kunst hatte Georg Wilhelm Friedrich Hegel festgestellt, dass „die ganze Sphäre des Subjektiven […] aus dem Inhalte der Skulptur auszuschließen“ und nur „die wesentliche Natur des Geistes“95 darzustellen sei, wolle man eine vorbildliche Wirkung erzielen. Das Herausarbeiten eines subjektiven Gesichtsausdrucks wies somit gerade nicht auf eine Politisierung, sondern auf die Individualisierung der Trauer hin. Dabei scheint es zunächst, als dass durch die leidende Darstellung insbesondere weiblichen Angehörigen ein affektiver Zugang ermöglicht werden sollte. 96 Denn in den Gesichtern lag eine Empfindsamkeit und Empathie verborgen, die auf die absichtliche Feminisierung der Kriegerköpfe schließen lässt. Gleichwohl gingen von den Sterbenden auch symbolische Ambivalenzen aus. Schließlich erschien ihre Physiognomie noch ganz lebendig: Augen und Mund waren halb geöffnet.97 Nicht das tatsächliche Sterben war somit dargestellt - stattdessen hatte der Bildhauer die verstummenden Gesichter zugunsten lebender Zweitgesichter verdeckt.98 Damit konnte mensauslöschung in der Bibel wiederholt auf den Tod eines Menschen bzw. auf die Erinnerung an ihn (Deut. 29, 20/ Deut. 7, 24; 7, 9); Margalit, Ethics of Memory, S. 18ff. 94 Vgl. auch Bessel, Krieg, S. 301f. 95 Hegel, Philosophie der Kunst, S. 172. 96 Kemp, Betrachter, S. 247. 97 Den Toten wurde hier wiederum ein Wesen zugeordnet – und nicht der Anfang einer Ver-Wesung dargestellt, wie bei Totenmasken allgemein üblich; Schmölders, Totenmaske, S. 189. 98 Die Kriegerköpfe waren von dem Münchener Bildhauer Bernhard Bleeker (1881-1968) geschaffen worden. Bleeker hatte zwischen 1915 und 1918 als Oberjäger am Ersten Weltkrieg teilgenommen, seit 1917 war er als künstlerischer Beirat für die Ausgestaltung von Kriegergräbern zuständig und damit vom direkten Militärdienst befreit, 1919 wurde er zum Mitglied der Akademie der Bildenden Künste in München ernannt, 1924 entstand die erste Version eines „Toten Kriegers“ für das Münchener Kriegerdenkmal. Bleeker galt als Hauptvertreter der neoklassizistischen Monumentalskulptur in der Tradition von Hildebrands und fertigte zahlreiche Bildwerke für die Nationalsozialisten an, u.a. auch eine zweite Version des „toten Kriegers“ für die Gruft des Tannenbergdenkmals (1935); er hatte deshalb nach dem Krieg den umstrittenen Ruf eines „Nazibildhauers“ inne; MKr, MKV 4990, Nr. 7942; Schmoll gen. Eisenwerth, Plastik, S. 160; vgl. auch Merkel, Portrait, S. 100.

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das Gedächtnis des Betrachters in die Zukunft gelenkt, der menschliche Verlust zumindest teilweise verschwiegen werden. Die Gedenktafeln dienten somit der Vermittlung divergierender Modi der Trauer. Erinnerten sie einerseits daran, die Gefallenen individuell als Verstorbene zu memorieren, entwerteten sie andererseits dieses religiöse Ursprungsmotiv und halfen mit, den tatsächlichen Kriegstod zu sublimieren. Damit konnten sie – ebenso wie die Denkmalinschrift – auch zu einer politischen Freigabe der Toten beitragen. „In dem großen Kriege MCMXIV – MCMXVIII starben für des Deutschen Reiches Ehre und Größe von den Dozenten, Beamten und Studierenden der Ludwig-Maximilians-Universität […]“99, lautete der Sinnspruch, der oberhalb des Namensindexes zu lesen war. Er bildete ein klares Bekenntnis zum nationalistischen Wertekonsens alter Prägung, der das gewaltsame Sterben grundsätzlich legitimierte. Indem man die Gefallenen, entgegen des zeitgenössischen Ideals politischer Gleichheit, in drei Gruppen eingeteilt hatte, wurden die sozialen Unterschiede innerhalb der Hochschule noch zusätzlich markiert. Auch das für die Gedenktafeln gewählte Material des Marmors trug zu einer Hierarchisierung der Gefallenen bei.100 Im Gegensatz zu den Tafeln, die zwischen Leben und Tod, subjektiver und objektiver Trauer hin- und herschwankten, trug die Bronzeplastik eindeutig das Gesicht des lebenden Helden (Abb. 5 u. 6). Dargestellt war eine gen Osten schreitende, nackte männliche Figur, die eine Lanze auf ihrer linken Schulter trug. Zunächst erinnerte sie an einen jugendlichen Sportler, der in lockerer Gebärde seine Waffe schulterte.101 Assoziiert werden konnte auch eine Wächterfigur inmitten der Totentafeln.102 Erst dem gebildeten Betrachter erschloss sich, dass es sich bei dem über zwei Meter hohen Jüngling um eine Kriegerskulptur der Antike handelte.103 Die Jünglingsgestalt stellte eine Kopie des berühmten Speerträgers 104 von Polyklet dar. Der Bildhauer Georg Römer 105 hatte die Skulptur

99 Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 17. 100 Tatsächlich galt Marmor zumindest bei den Vertretern der Avantgarde in den

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1920er-Jahren als antiquiert; man konstatierte, dass die Verwendung von Marmormaterial nicht mehr in Frage komme, weil es einer überkommenen Politikauffassung nahestünde; Fuhrmeister, Materialikonographie, S. 71. Die Tafeln waren aus demselben Material gearbeitet wie die Pfeilerschäfte in der Ehrenhalle. Wolters, Ehrenhalle, S. 21. Ebd., S. 5ff. Die Gesamthöhe der Figur betrug 2,12 Meter; der Sockel war ungefähr einen halben Meter hoch. Damit besaß der Jüngling eine Gesamthöhe von knapp 2,50 Meter; Wolters, Ehrenhalle, S. 4. Der Speerträger ist ein Werk des berühmten griechischen Bildhauers Polyklet, ca. 440 v. Chr.; vgl. Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 74f.

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1921 mit Hilfe des Archäologen Paul Wolters geschaffen, wobei insbesondere der „Torso Pourtalès“ 106 als Vorlage gedient hatte. Wesentlich ist, dass die Forschung bereits seit einigen Jahrzehnten die Identität dieser Figur zu kennen glaubte. Man war der Überzeugung, dass sie den jungen Kriegshelden Achill – eine Hauptfigur des homerischen Epos der Ilias - verkörpere:107 „Achill dürfen wir ihn mit seinem ursprünglichen Namen wieder nennen und uns die eigentliche Bedeutung dieser hochgemut, stolz und frei dahin schreitenden Kriegergestalt damit noch eindringlicher klären. Keine blutlose Abstraktion ist es, sondern jener uns allen vertraute Held, der die Erfüllung seiner menschlichen, von der Treue gebotenen Pflicht langem, ruhmlosen Altern vorzog. So schreitet er durch die Reihen unserer Toten, ihnen verwandt an Gesinnung und gleich ihnen für uns lebend in unzerstörbarer Jugendkraft.“108

Gerade aus dieser Gleichsetzung der Denkmalsfigur mit einer Gestalt der griechischen Mythologie bezog das Kriegsmonument seine innere Dynamik. Denn im Gegensatz zu den Wandtafeln, die zwischen objektiver und subjektiver Trauer oszillierten, repräsentierte die Skulptur den Triumph der universitären Gemeinschaft mit Hilfe einer erneuten Hingabe der studentischen Jugend. Bereits in der Antike war aus dem jungen Achill ein Krieger mit übermenschlicher Kraft konstruiert worden.109 Seine vermeintlich übernatürlichen Kräfte machten ihn zu einer Grenzfigur, welche die Schranken zwischen dem Diesseits und Jenseits überqueren konnte. So galt er auch als nationale Gründungsfigur versprengter 105 Zur Kunst Römers, Riezler, Römer, S. 89, 98. Der Bildhauer Georg Römer (1868-1921)

schuf 1919 zusätzlich für die protestantische Münchener Christuskirche Gedenktafeln, welche „die Furchtbarkeit des Krieges und das Leid der Opfer“ veranschaulichten; PA Christuskirche, Nr. 264, Bl. 13. 106 Zum künstlerischen Entstehungsprozess des Jünglingskörpers, vgl. ausführlich Schneider, Polyklet, S. 484f.; Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 75f. Speziell der Kopf wurde einem neapolitanischen Bronzeexemplar des Doryphoros, das in einem Münchener Museum ruhte, entnommen; der „Torso Pourtalès“ galt als Vorlage mit der „größten Energie plastischen Empfindens“; Wolters, Ehrenhalle, S. 16f. 107 Zur Entwicklung der Polyklet- und Speerträgerforschung zwischen Winckelmann und Furtwängler, vgl. insbes. Schneider, Polyklet, S. 479-484; Wolters, Ehrenhalle, S. 24; Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 74f. 108 Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 4. 109 Die homerische Sage berichtet hauptsächlich über die Taten des Achill vor Troja; Achill wird hier als unbeherrschter Held dargestellt, dessen ungemäßigter Zorn zur folgenreichen Zwietracht unter den Griechen führt. Allerdings gilt Achill trotz seiner niederen Affekte nicht als Bösewicht. Denn seine Wut wird als heiliger Zorn gewertet und erscheint somit als gerechtfertigt; Müller Hofstede, Achill, S. 31ff.; Roscher, Achilleus, S. 11-23. Didi-Huberman betont die Abwesenheit eines absoluten Ursprungs der antiken Klassik und besteht auf ihrer Konstruiertheit; ders., L’image survivante, S. 87.

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Gemeinschaften. Achill musste nicht unbedingt nach vorgegebenen Regeln handeln. Vielmehr konnte er sie permanent neu schaffen und hatte damit eine außergewöhnliche Position inne; er stand über den Gesetzen und war ultimativer Souverän. Dadurch konnte er gerade im Moment fundamentaler Krisen einen neuen Horizont der Möglichkeiten eröffnen. 110 Im Antlitz des Kriegshelden Achill waren die Gefallenen somit nicht weiter tot. Vielmehr bildeten sie die lebendigen Gründungsfiguren einer generationsübergreifenden Opfergemeinschaft. Seitdem die Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg den nackten Körper im Namen wahrer Männlichkeit wieder entdeckt hatte, standen kraftstrotzende Darstellungen im Zentrum nationaler Wiedergeburt.111 Auch der Speerträger errichtete ein heiles Gegenbild zu den im Krieg zerfetzten männlichen Körpern. Seine Proportionen waren ästhetisch wohl geformt, so wie es die klassische Norm forderte.112 Nicht die übertriebene Darstellung ausgeprägter Muskelpartien stand im Vordergrund, sondern vielmehr die Wiedergabe mäßiger Muskelschwünge unterhalb glatter Haut.113 Kein Minenspiel und keine Suggestion von Gesten oder ausladenden Bewegungen lenkten von der inneren Sammlung der Statue ab. Allerdings verfehlte die Skulptur dennoch in einer Hinsicht das klassische Ideal. Der Körper des Jünglings war bei näherer Betrachtung weniger monumental als vielmehr detailgenau gearbeitet. Die Augen waren durchbrochen und durch steinerne Augäpfel ergänzt worden; die Wimpern wurden mit Hilfe von Bronzeblech ausgeformt. Auch Lippen, Brustwarzen, Haare und Nägel an Füßen und Händen waren wirklichkeitsnah gestaltet.114 Hierdurch verlieh der Bildhauer seiner Gestalt eine gewisse Individualität, die ihr den einheitlich vorbildlichen Charakter ein Stückweit nahm. Zwar stand die Detailgenauigkeit der Figur auf den ersten Blick in Widerspruch zum klassischen Ideal. Allerdings erlaubte dies auch, die Wiedergeburt des studentischen Helden lebensnah vorzubereiten.

110 Vgl. Giesen, Triumph, S. 15ff., 20. 111 Mosse, Nationalismus, S. 61f.; Baxmann, Körper der Nation, insbes. S. 355. 112 Warburg bezeichnete die im Psychischen liegende Begründung ästhetischer Entscheidun-

gen als “psychologische Ästhetik.“ Stil ist damit nicht mehr alleine ästhetisches Geschmacksurteil, nicht mehr autonom. Er ist kulturpsychologisch zu hinterfragen; Wuttke, Kulturwissenschaft, S. 5f. 113 Wolbert, Nackten, S. 125. Die Abwendung von der naturalistischen Darstellung und die Rückkehr zu eindringlicher Klarheit und Symmetrie war ein typisches Merkmal des Neoklassizismus von Hildebrands, dem sich auch sein Schüler Römer verpflichtet fühlte; Merkel, Portrait, S. 95ff. Im (Bildungs-) Bürgertum galt generell ein einseitiges Athletentum als unvornehm und als Zeichen sozialer Inferiorität; Möhring, Marmorleiber, S. 200f. 114 Wolters, Ehrenhalle, S. 17; Mosse, Nationalismus, S. 65.

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Im Speerträger gaben die toten Körper der Gefallenen ihre Repräsentation an einen bloßen Erscheinungskörper ab. Die Wahrheit über den Kriegstod wurde zugunsten eines neuen Körperglücks verdeckt.115 Das verwendete Material unterstützte diese Deutung. Denn die Bronze mit einem Überzug aus Asphaltlack ermöglichte eine Farbgebung, die dem Jüngling einen gebräunten Hautton verlieh. 116 Er wurde in unmittelbarer Nähe der großen neogotischen Maßwerkfenster aufgestellt, die das Gebäude nach Osten hin abschlossen und viel Tageslicht zuließen (Abb. 7). 117 Durch das auflockernde Spiel von Licht und Schatten auf der Bronze konnten feinste Nuancierungen und dramatische Akzente erzielt werden.118 Hier kam auch die zeitgenössische Analogie zwischen Sonne, Licht und nationaler Regeneration zum Tragen.119 Die Wahrnehmung des Jünglings als von innen heraus bewegtem Körper wurde durch die Reize der bronzenen Oberfläche deutlich gesteigert.120 Neben den sicht- waren es zusätzlich die greifbaren Qualitäten der Figur, wie die Dreidimensionalität und die Glätte ihres Materials, welche den Widerspruch von Leben und Tod endgültig negierten und somit zum Grenzübertritt animierten. Mit der Kriegerfigur wurde auch der Code geliefert, wie sie zu deuten war. Das erhöhte die Lesbarkeit des Denkmals und beugte eventuellen Missver-

115 Belting, Bild-Anthropologie, S. 92, verbindet die Überhöhung des Körpers vor allem mit

totalitären Bewegungen; vgl. auch Kamper, Körper, S. 50; Levsen, Männlichkeitskonstruktionen, insbes. S. 115ff. 116 Wolters, Ehrenhalle, S. 18f.; Merkel, Portrait, S. 40, betont den „Expansionstrieb“ der Bronze, der auf äußere Bewegungen hinweise und somit aktiven Charakter habe; Möhring unterstreicht die Bedeutung der „modischen“ Hautfarbe Braun und die Ablösung der Marmor- durch Bronzestatuen nach dem Ersten Weltkrieg, dies., Marmorbilder, S. 256. 117 Zur politischen Symbolik der Sonne um 1900, Warnke, Politische Landschaft, insbes. S. 145f. 118 Merkel, Portrait, 41. 119 Mosse, Nationalismus, S. 65, 68, führt aus, dass die nationale Regeneration durch Sonnenlicht spätestens ab den 1890er Jahren zu einem beständigen Bestreben rechter Kreise wurde. Im arischen Sonnenmythos galt die Sonne als Urkraft. Die Verbindung von nationalem Griechen- und Deutschtum erfolgte über die Konzeption äußerer Schönheit durch sonnengebräunte Haut. „Arisierte“ Griechen hatten außerdem blondes Haar und blaue Augen; Möhring, Marmorbilder, S. 237ff., 254ff. Die politische Codierung des Speerträgers wird auch anhand zeitgenössischer Fotografien deutlich. Für öffentliche Zwecke (Postkarten etc.) wurde die Kampfbereitschaft des Speerträgers durch die Überbelichtung der Muskelpartien besonders betont. Dagegen wurde die Figur innerhalb wissenschaftlicher Veröffentlichungen (Wolters, Ehrenhalle, S. 7, 9f.) ohne besondere Lichteinwirkung wiedergegeben. 120 Panofsky, Perspektive, S. 268ff., erläutert einige Merkmale der klassisch-antiken Kunst als reiner Körperkunst.

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ständnissen vor.121 Von dem schlichten, zweifach gestuften Sockel des Doryphoros leuchtete in goldener Schrift der Spruch der Epheben: „Wir waren einst als Jünglinge voll Heldenkraft!“ „Wir aber werden einstens noch viel stärker sein!“122

Dieses Zitat aus der Vita des Plutarch deutete auf die Wechselgesänge hin, welche die spartanischen Chöre anlässlich vaterländischer Feste gesungen hatten.123 Wesentlich für die Deutung der Inschrift war, dass die mittlere Zeile des Chorgesanges der jungen Männer - „Und wir sind es noch, versuche das, wer will“ - auf dem Sockel weggelassen wurde. Versteht man die spartanischen Sänger jeweils als Vertreter einer Generation, wurde damit die mittlere Alterskohorte ausgeschlossen - somit jene, die an der Universität etwa der „Frontgeneration“ entsprach. Die Kriegerfigur sollte offenbar insbesondere die jüngste Studentengeneration ansprechen, die den Krieg nicht miterlebt hatte und ihn mit Idealismus betrachtete. Nur diese konnte die nationale Zukunft sichern.124 Der Repräsentation politischer Machtverhältnisse am Kriegerdenkmal diente auch der Denkmalsstandort.125 In geradezu imperialer Manier hatte der Senat die Jünglingsfigur nicht nur im Zentrum der Kriegergedächtnishalle, sondern gleichsam im Herzen des gesamten Universitätsgebäudes errichten lassen. 126 Dabei hatte man sie, wie auf einer gestaffelten Bühne, vertieft in Szene gesetzt (Abb. 8).127 Die massiven Pfeiler erinnerten an die Idylle griechischer Arkaden, hoben somit nochmals den erhabenen Bezug hervor.128 Inwieweit die Strategie symmetrischer Gestaltung die angestrebte politische Ordnung reflektierte, beschrieb bereits 1896 Georg Simmel:

121 Vgl. Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 175. 122 Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 79. 123 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 3, S. 304. 124 Gründel, Sendung, S. 65, spricht in diesem Zusammenhang auch von einer beabsichtigten

„Isolierung der Frontjugend von der Nachkriegsjugend.“ 125 Vgl. Giesen, Triumph, S. 29f. 126 Der Speerträger steht bis heute im Zentrum des sogenannten „Gärtnerbaus“ des Univer-

sitätshauptgebäudes; Bestelmeyer/Stempel, Erweiterungsbau, S. 106ff.; vgl. zur Zentralität von Standorten auch Belting, Bild-Anthropologie, S. 155ff.; Kamper, Körper, S. 29ff. 127 Wie schon durch von Hildebrand propagiert, wurde der Raum hier gewissermaßen in Schichten zerlegt, die vom Betrachter von vorne bis hinten durchdrungen werden sollten; Beloubek-Hammer, Bildhauerkunst, S. 8. 128 Vgl., auch Nagel, Falschwörterbuch, S. 132ff.; ders., Krieg, S. 39.

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„Die symmetrische Anordnung macht die Beherrschung der Vielen von einem Punkt aus leichter. Die Anstöße setzen sich länger, widerstandsloser, berechenbarer durch ein symmetrisch angeordnetes Medium fort, als wenn die innere Struktur und die Grenzen der Teile unregelmäßig und fluktuierend sind.“129

Zentralistische Gestaltungen sind bis heute hierarchischen, nicht selten totalitären Herrschaftsformationen eigen. 130 Sie haben das Ziel, die vielgestaltigen Teilkörper der Nation auf einen möglichst eindeutigen und gesellschaftlich nützlichen Gesamtkörper zu reduzieren.131 Vom zentralen Universitätsstandort betrachtet war eine Vereinheitlichung des Totenerinnerns somit besonders leicht abrufbar.132 Über die Konstruktion des Raumes wurden politische Machtverhältnisse etabliert und soziale Ungleichheiten manifestiert.133 Dabei privilegierte der Raum ein nationalistisches Gefallenengedenken, schloss allerdings auch die objektive Trauer nicht vollkommen aus.134 Deutlich wurde, wie die (halb-) plastischen und architektonischen Elemente im Denkmal der Münchener Universität in eine fruchtbare Spannung zueinander traten. Die Kriegergedächtnishalle war höchst ambivalent aufgebaut. Während der architektonische Raum zwischen einer religiösen und neoklassizistischen Konnotation hin- und herschwankte, oszillierte die Symbolik der Totentafeln zwischen dem individuellen Festhalten sowie einer erneuten politischen Freigabe der Gefallenen. Zwar scheint es zunächst, als hätten die Kriegerköpfe über den Tafeln überwiegend der Verarbeitung persönlicher Verlusterfahrungen gedient; bei näherer Betrachtung wird allerdings auch hier eine nationale Sinnstiftung sichtbar. Zudem lag dem Speerträger ein Gewaltpotential zugrunde, das bis zur 129 Simmel, Soziologische Ästhetik, S. 82; vgl. Nerdinger, Monumentalität, S. 87. 130 Panofsky, Perspektive, S. 260f., 287, negiert allerdings die Möglichkeit der Herstellung eines

völlig homogenen Raumbildes mit Hilfe der Zentralperspektive. Denn der Raumeindruck sei immer auch von der unmittelbaren Wahrnehmung bestimmt; diese hänge insbesondere von der frei wählbaren Lage eines subjektiven Blickpunkts ab. 131 Kamper, Gewalt, S. 2. 132 Binder, Gedächtnisort, S. 199f.; Giesen macht allerdings darauf aufmerksam, dass zentrale Erinnerungsorte meist auch Zentren alltäglichen Lebens darstellten, wo die Pietät gegenüber dem Heiligen dauerhaft nur schwer einzuhalten war; ders., Triumph, S. 34. 133 Löw, Raum, S. 47, 49ff.; nach Bourdieu bildet der angeeignete physische Raum nur eine Reproduktion des sozialen Raums; vgl. insbes. Bourdieu, Raum, S. 26f. Bourdieu fragt insbesondere, inwieweit die Lokalisierung an einem Standpunkt des physischen Raumes die Vorstellung der Akteure von ihrer Stellung im sozialen Raum – und damit ihr praktisches Handeln – zu affizieren vermag. 134 Auffällig ist dabei insbesondere die binäre Codierung: Während der Männlichkeit Geist und Kultur zugeordnet wurde (Speerträger), verband man die Weiblichkeit vor allem mit Natur (Kriegerreliefs). Damit wurde im Denkmal indirekt auch das traditionelle Geschlechterverhältnis aktualisiert; vgl. auch Löw, Raum, S. 50.

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Bekämpfung vermeintlicher Feinde führen konnte. Einer politischen Instrumentalisierung des Münchener Universitätsdenkmals stand somit nicht viel im Wege.

3. Aggressiver Nationalismus. Rezeptionsrituale am Denkmal Die Untersuchung der Denkmalrezeption ist methodisch schwierig, weil über die konkreten Wahrnehmungen des Universitätsmonuments nur wenig bekannt ist. Um sich dessen zeitgenössischer Aufnahme gleichwohl anzunähern, ist es wesentlich, in einem ersten Schritt potentielle Rezeptionsangebote auszuloten sowie vorhandene Rezeptionsvorgaben zu analysieren.135 Inwieweit die Verbreitung eines aggressiven Nationalismus im Zentrum der Denkmalpraxis stand und ob die Repräsentation des Nationalen im Laufe der zwanziger Jahre einen Wandel erfuhr, soll dann in einem zweiten Schritt untersucht werden. Dabei werden insbesondere die Einweihungsfeiern ebenso wie die ab 1926 regelmäßig stattfindenden nationalsozialistischen Heldengedenkfeiern und die Kranzniederlegungen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.

3.1. Totenwächter oder Speerträger? Zu Deutungsspielräumen des Hochschulmonuments Betraten trauernde Angehörige oder Passanten die Kriegergedächtnishalle vom Haupteingang her, durchschritten sie zunächst den Lichthof und situierten sich dann vor den Gedenktafeln. Anzunehmen ist, dass sie dabei insbesondere über die reliefierten Köpfe in eine Kommunikation mit dem Denkmal eintraten.136 Schließlich handelte es sich hierbei um empathische Darstellungen sterbender Soldaten, die auch die Perspektive des Betrachters einzunehmen vermochten. Die Kriegerköpfe waren zum einen in der Lage, trostspendend zu wirken, weil sie Schmerz und (Mit-) Leiden zum Ausdruck brachten. Zum anderen konnten sie durch die Repräsentation eines Zustands zwischen Leben und Tod – auch dazu dienen, das Opfer des Sohnes oder Mannes affektiv zu kompensieren. Wahrscheinlich ist, dass der Betrachter seine Aufmerksamkeit stets jenen Bildele-

135 Kemp, Betrachter, S. 247, unterscheidet zwischen Rezeptionsvorgabe und -angebot, je

nachdem, ob der Betrachter direkt adressiert wird oder das Artefakt auf eine offenere Reaktion hin angelegt ist. 136 Vgl. Kemp, Betrachter, S. 247.

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menten zuwandte, die den eigenen Konflikt zwischen Festhalten und Freigabe der Toten am besten zu lösen versprachen.137 Den Speerträger nahmen die Hinterbliebenen und Passanten – schräg hinter der Figur stehend – überwiegend im Zusammenhang mit den Namenstafeln wahr (Abb. 9).138 Wie ein solches Rezeptionsangebot aussehen konnte, macht ein 1934 veröffentlichter Aufsatz Paul Wolters deutlich. 139 Der Münchener Archäologe interpretierte die Figur anhand antiker Quellen überwiegend als „Totenwächter.“140 Ihre Legitimation gewinne sie erst aus der „wahren geistigen Beziehung“141 zu den Gefallenentafeln, so Wolters. Der Speerträger besteche, wie schon der ungerüstete Achill, vor allem durch seine Nacktheit. Damit stehe nicht das Kämpfertum, sondern vielmehr ein ziviles Heldentum im Zentrum der künstlerischen Schöpfung. Auch der klassische Normgedanke des antikisierenden Jünglings wurde von Wolters deutlich relativiert: „Diese Jünglingsgestalt ist eben doch keine ‚Konstruktion’, deren Verhältnisse ‚Zirkel und Maßstab’ zahlenmäßig festgelegt haben, in denen dann all ihr Verdienst beschlossen sein müsste. […] Noch etwas weiter zu gehen, unter bestimmten Umständen bewusst in Gegensatz zum Gesetz, d.h. zu der beobachteten wirklichen Form zu treten, wird als wahre künstlerische Kraft in einer anderen Künstlergeschichte gepriesen.“142 Wolters wollte somit den Speerträger vom Vorbild des griechischen Skulpturenideals lösen. Indem er daran erinnerte, dass Georg Römer keine maßstabsgetreue Kopie der Antike, sondern eine künstlerische Neuschöpfung innerhalb der Grenzen des Gegebenen habe ausführen wollen, relativierte er den potentiell gewalttätigen Charakter der Figur.143 Auch für die Lanze habe Römer 137 Zum Phänomen „selektiver Aufmerksamkeit“, das dazu dient, aus der Vielzahl von visu-

ellen Reizen eines Kunstwerks diejenigen auszuwählen, die für die Bedeutungszuschreibung relevant sind, vgl. Zschocke, Blick, S. 53. 138 Die Wahrnehmung von Kunstwerken entspricht somit einer „sozial vermittelten Entschlüsselung“; Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 175; vgl. von Beyme, Kunst und Politik, S. 43; Cassirer, „Tragödie der Kultur“, S. 120. 139 Paul Wolters (1858-1936) war Professor für Archäologie und Vorsitzender der Bayerischen Anstalten für Wissenschaft und Kunst (bis 1933). Er wurde 1935 seines Amtes als Direktor der Antikensammlung enthoben; sein Sohn Wolfgang war 1916 im Krieg gefallen; UAM, E II 3627. 140 Wolters, Ehrenhalle, S. 5. Wolters lehnte sowohl die Bezeichnung Speerträger als auch die Namensgebung Doryphoros – was in etwa „Leibwächter eines verschollenen Machthabers“ bedeutet - als „leere Tatsächlichkeiten“ ab; Wolters, Ehrenhalle, S. 5. 141 Ebd., S. 5. 142 Ebd., S. 6,9,11. 143 Ebd., S. 5ff., insbes. S. 12; das eigenständige Arbeiten entsprach tatsächlich einer Grundforderung von Hildebrands’; Beloubek-Hammer, Bildhauerkunst, S. 9.

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absichtlich ein moderates Motiv gewählt, so Wolters: Es sei „eben ein sehr großer Unterschied, ob der Krieger dem Speer mit locker spielenden Fingern nur so viel Halt gibt, als nötig ist, um sein Abgleiten von der Schulter zu hindern, oder ob er dessen ganzes Gewicht trägt, bereit, ihn mit bewusstem Wollen auf sein Ziel zu lenken.“144 Tatsächlich sei der Speerträger nicht durch sein äußerliches Getue, sondern durch seine innere Haltung charakterisiert. Die Wirkung der Skulptur liege in ihrem Ethos.145 Allerdings waren die Rezeptionsvorgaben des Speerträgers eindeutiger, als von Wolters beschrieben. Denn die Studenten und Dozenten, die sich dem Denkmal täglich von den nördlich und südlich gelegenen Hörsälen her seitlich-frontal näherten, nahmen den ins Tageslicht getauchten Jüngling überwiegend als kampfbereite Gestalt wahr. Indem der Jüngling auf einer perspektivischen Bühne - inmitten neoklassizistischer Arkaden - in Szene gesetzt worden war, durch die spezielle Bearbeitung der Bronze intensiv erstrahlte und zusätzlich einen kämpferischen verbalen Code mitlieferte, konnte das Interesse des Betrachters sicherlich geweckt werden. Schließlich ließ die lebendige Präsenz der Skulptur, ihr Volumen im Raum, die Gefallenen quasi „auferstehen“ und forderte zum Körpervergleich auf. Der Ausdruck objektiven Trauerns, der von der Gedächtnishalle ausging, lag demgegenüber im Dunklen. Besonders angesprochen von der Plastik fühlten sich sicherlich solche Studenten und Dozenten, für die der Tod den Moment des höchsten Triumphs darstellte. Hierzu gehörten insbesondere die Hochschulmitglieder, die einem völkischen Nationalismus anhingen.146 Es ist davon auszugehen, dass sie die Jünglingsfigur als kämpferisches Vorbild wahrnahmen. Deutlich wird somit, dass die Rezeption der Plastik je nach individuell-physischem Standpunkt des Betrachters neu ausgehandelt wurde, wobei allerdings eine nationalistische Sinnstiftung deutlich überwog.147 Bereits in der Antike hatten Kopien des Speerträgers in den Wandelgängen von Gymnasien gestanden und als ästhetische Vorbilder für die Epheben der Oberschicht gedient. 148 „Durch die tägliche Gelegenheit, das schönste Nackende zu sehen, wurde ihre Einbildung erhitzt, und die Schönheit der Formen wurde ihnen eigen,“149 so schilderte Winckelmann die zeitgenössische Verin-

144 Wolters, Ehrenhalle, S. 22. 145 Ebd., S. 24; vgl. auch die Erläuterungen zum Doryphoros von Wolters in Anton Springer

(Hg.) Handbuch der Kunstgeschichte, Leipzig 1920, S. 281. 146 Der Rektor des Studienjahres Oswald Bumke sprach in seinen Erinnerungen davon, dass

„die Studenten [des Studienjahres 1928] größtenteils braun“ gewesen seien; Bumke, Erinnerungen, S. 136. 147 Horn, Tod/Tote, S. 580. 148 Wolters, Ehrenhalle, S. 25; vgl. auch Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 74f. 149 Winckelmann, Kunst, S. 152.

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nerlichung der Skulpturen.150 Die ästhetische Attraktion, die in eine Verdoppelung des heroisierten Körpers mündete, konnte sich auch an der führenden Hochschule Bayerns als wirksam erweisen.151 So wurden am Münchener Speerträger regelmäßig studentische Dramen aufgeführt.152 Sie aktivierten direkt die körperliche Vorbildfunktion der Figur. Der Jüngling konnte damit seine Haltung auf den jeweiligen Betrachter und dessen innere Bilder übertragen.153 Dabei ist anzunehmen, dass die Nachahmung der Skulptur nicht nur einer ästhetischen, sondern auch einer militanten Selbstinszenierung diente. 154 Denn ideale Schönheit und männliche Disziplinierung wurden in der Zwischenkriegszeit aufs engste verbunden. Statue und Körper, Bronze und Fleisch ergänzten sich gegenseitig. Auffällig ist, dass innerhalb der Aufführungen auch die Inschrift chorisch rezitiert wurde. Durch diese aktive Benennung des militanten Generationencodes konnte die Verinnerlichung zusätzlich gesteigert werden. 155 Damit drohte auch die Differenz zwischen Kunst und Leben, zwischen Tod und Leben zu verschwinden. Außerdem scheint es, als habe man zur körperlichen Disziplinierung der Studenten auch lebende Abbilder des Speerträgers benutzt. Leibhaftige Kopien des Jünglings waren besonders geeignet, als Vorbilder zu dienen, denen die Studentenschaft nacheifern konnte.156 Insgesamt waren solche Körperanalogien durchaus zeittypisch.157 150 Dabei bot die Nachahmung der griechischen Kunst für Winckelmann auch die Möglichkeit

einer nationalen Erhebung; vgl. Möhring, Marmorleiber, S. 188ff., 226. 151 Wolbert, Nackten, S. 124ff. Zur zeitgenössischen Wahrnehmung von Jünglingen, vgl.

Herrmann, „Jüngling“, insbes. S. 209f.; Belting, Bild-Anthropologie, S. 169-173, beschreibt, wie sich in der griechischen Kunst sukzessive eine Distanz zur bloßen Versinnlichung auftat. 152 Geiger, Universität, S. 11. 153 Belting, Bild-Anthropologie, S. 143ff.; Bal, cultural analysis, S. 11. 154 Eisenstadt stellt die Funktion von Altersgruppen in primitiven und modernen Gesellschaften gegenüber. Gerade in einer „primitiven“, auf öffentlichen Altersgruppen fixierten Gesellschaft wie dem alten Griechenland sei der junge Athener im Gymnasium durch ältere Altersgruppen zu militärischem Gehorsam erzogen worden; diese Verbindung hätte sich aufgrund der Harmonie zwischen Familienstrukturen und politischen Wertorientierungen natürlicherweise ergeben; ders., Generation, S. 295ff.; vgl. auch Möhring, Marmorbilder, insbes. S. 169ff. 155 Geiger, Universität, S. 11; Vondung, Manipulation, S. 18ff., erklärt, dass die Verbindung von Laienspiel und chorischer Dichtung das Gemeinschaftsgefühl der Jugend erhöhe; dabei stellt er auch die Verbindungslinie zum nationalsozialistischen Feierstil her. 156 Das studentische Amt für Leibesübungen, das wesentlich durch die Deutsche Studentenschaft betrieben wurde, war darauf angewiesen, sportliche Aktivitäten der Studenten notfalls unter Zwang durchzusetzen: „Die Pflege, Kräftigung und Beherrschung des Körpers [muß] ein unerlässlicher Bestandteil der erstrebten akademischen Bildung selbst werden“, Bayerische Hochschulzeitung v. 20.11.1920, S. 35; s. auch Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S.

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Der Speerträger war somit äußerst wandlungsfähig. Während er einerseits den Triumph des militärischen Helden vorwegnahm, eröffnete er andererseits den Weg hin zu einer objektiven Trauer. Allerdings barg die stilistische Ausführung des Jünglings doch erhebliche Gefahren in sich. Denn im Neoklassizismus verlor eine Figur meist schnell ihr Eigenleben. Schließlich war sie nur noch anhand der Spuren ihrer eigenen Geschichte sichtbar und in einer scheinbar idealen Kopie verkörpert. Ihre Heiligkeit machte sie zur Fassade, welche die Machtinteressen nationalistischer Gruppierungen verschleierte. Tatsächlich hatte Georg Römer eine Figur geschaffen, die in der klaren Überschaubarkeit ihrer Formen überwiegend ein Vertreter des Hildebrandschen Neoklassizismus war. 158 Die Gefahren, die mit diesem Stil einhergingen, erkannte wohl auch Paul Wolters ein Jahr nach der nationalsozialistischen Machtergreifung. Deshalb versuchte er, die Rezeptionsvorgaben des Speerträgers zu relativieren. Allerdings kam diese Stellungnahme zu spät. Denn das „Nachleben“ 159 der Antike hatte längst seine Gespenster hervorgezaubert und sich auf brutale Weise einer Versöhnung divergierender Totengedächtnisse entgegengestellt.160

83f.; ebenso Schneider, Polyklet, S. 489; Vertinsky/McKay, Disciplining bodies, insbes. S. 23-29. 157 „Gleichwie im antiken Griechenland“, so Hans Surén 1925, „muß auch das deutsche Volk zur Freude an der Nacktheit und zur Beurteilung schöner Körper erzogen werden […]. Die höchste Anerkennung wird der Harmonie gehören, die in strahlender Gesundheit und Kraft den gestählten Körper mit edlem Geist verbindet“, Hans Surén, Deutsche Gymnastik, Berlin 1925, S. 37ff.; vgl. auch Wolbert, Nackten, S. 178ff., der Surén in das Umfeld des frühen Nationalsozialismus einordnet; Möhring, Marmorleiber, S. 9. Auch die Filmkunst der 1920er Jahre übertrug beispielsweise in „Wege zur Kraft und Schönheit“ den spontanen Szenenwechsel vom griechischen Gymnasium hinein in eine Naturlandschaft voll athletischer Helden; Mosse, Nationalismus, S. 66. 158 Merkel, Portrait, S. 95ff. 159 Didi-Huberman beschreibt das „Nachleben“ Aby Warburgs als strukturelles Konzept, welches die Geschichte öffne und anachronistisch gestalte: „Jede Zeit hat die Renaissance der Antike, die sie verdient.“ Anders formuliert habe jede Zeitepoche die antiken Renaissancen, die für sie lebensnotwendig seien und sie in symbolischer Hinsicht unterstützten. Aby Warburg lehnte eine lineare Entwicklung von der Barbarei zur Zivilisation ab; vgl. Didi-Huberman, L’image survivante, S. 84-87, 113f. 160 Vgl. auch die kritische Interpretation bei Schneider, Polyklet, S. 488; ferner die Erläuterungen zur „Antikenrezeption als Strategie der Krisenbewältigung“ bei Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 96f.

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3.2. Ritual als Gewalt. Denkmalfeiern und die Grenzüberschreitungen des Nationalen Die Einweihung des Kriegerdenkmals an der Münchener Ludwig-MaximiliansUniversität fand im Rahmen der Reichsgründungsfeier vom 18. Januar 1922 statt.161 Damit konnte die Niederlage von 1918 aus dem Hochschulgedächtnis getilgt, die Reichsgründung als ruhmreicher und identitätsstiftender Fixpunkt über die Zeit des Ersten Weltkrieges hinweg bis in die Gegenwart hinein verlängert werden. Dieser Anschluss an die universitäre Festtradition macht deutlich, dass für die Einweihungsfeier eine vergangenheitsorientierte, nationalistische Ideologie leitend war, die das Ende des Ersten Weltkrieges ausgeblendete.162 Eine solche Rückkehr zu vergangenem Ruhm war nur auf Grundlage der Verkoppelung widerstreitender Totengedächtnisse möglich. Dies macht bereits die Ausschmückung des Festsaals deutlich (Abb. 10). Der Lichthof war an vielen Stellen schwarz verhüllt, die Wände waren mit Lorbeerbäumen und Kiefernkränzen geschmückt. Auf dem ersten Absatz der östlich gelegenen Haupttreppe - zwischen den Sitzfiguren König Ludwigs I. sowie des Prinzregenten Luitpold - erhob sich ein hoher schwarzer Katafalk. Der darauf liegende Sarg war mit der schwarz-weiß-roten Fahne des alten Reiches und mit einem lorbeerumkränzten Sturmhelm bedeckt. Zu den Seiten ragten Flammenbecken empor. 163 Direkt vor dem Katafalk standen fünf studentische Offiziere der alten Reichswehr, mit Helm, Degen und Kriegsauszeichnungen bestückt. Sie verkehrten den Appell des Grabes an die Abwesenheit der Toten in sein Gegenteil. Hierzu trug auch der altflandrische Gobelins bei, der den Zugang zur östlichen Freitreppe hinter dem Katafalk verdeckte. Dargestellt war der Kriegsheld Herakles, die Säulen des Atlas tragend. Wie Achill galt auch Herakles als Grenzüberschreiter und Überwinder des Todes. 164 Die Ausgestaltung des neoklassizistischen Lichthofs vermittelte somit zwischen einem individuellen Festhalten und der

161 Zum folgenden Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier; vgl. auch MNN Nr. 25 v.

18.1.1922. 162 Horn, Tod/Tote, S. 580; vgl. auch Balke, Wiederholung, S. 644, der betont, dass die –

griechische – Erinnerung „rückwärts wiederhole“, also vom Grenzfall einer identischen Reproduktion her konzipiert sei. 163 Horn/Warstat, Flamme, S. 113, beschreiben, dass Feuer und Flamme in der Festkultur des deutschen Nationalismus fest verwurzelt waren. Die lodernde Flamme repräsentierte dabei den Sieg des Lichts über das Dunkel bzw. des Frühlings über den Winter. Das Feuer stand im germanischen Mythos für die Kräfte der Sonne, die dem Menschen Stärke verleihen sollten; vgl. auch Vondung, Manipulation, S. 17. 164 Lurker, Symbolik, S. 290f.

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Freigabe der Kriegstoten, wobei eine kampfbereite Inszenierung des Nationalen allerdings bei weitem überwog. Die Notwendigkeit der Verknüpfung trauernder Teilkulturen wurde auch in der räumlichen Anordnung der Festteilnehmer deutlich. Mit Fanfarenklängen von der Empore läutete um 11 Uhr vormittags der Einzug des Rektors, der Professoren in Amtstracht sowie der Ehrengäste durch die Gedächtnishalle hinunter in den Lichthof die Feier ein. 165 Dabei schritt der Festzug an den Chargierten der studentischen Vereinigungen vorbei. Diese hatten sich mit ihren Fahnen und Baretten in herausgehobener Position auf der großen Freitreppe – ähnlich einem Altar – positioniert. Abgeordnete der Korps säumten die Ehrenhalle, wogegen dem Lehrkörper der Universität und den Ehrengästen nur der niedriger gelegene Lichthof vorbehalten war. Diese Markierung eines Oben-Unten im Sinne der Umkehrung des Generationen-Schemas konnte auf die Teilnehmenden sicherlich identitätsstiftend wirken. 166 Schließlich hob die Inversion der Hierarchien gerade jene Gruppierungen hervor, welche die Vergangenheit subjektiv betrauerten. Die Repräsentation studentischer Souveränität wurde von den Teilnehmern als „höhere“ Realität wahrgenommen. Die Hierarchisierung trug zu einer nationalistischen Bestärkung bei. 167 Inwieweit die Zuschauer, insbesondere die Hinterbliebenen, die im Lichthof Platz genommen hatten, diese Deutung rezipierten, scheint fraglich. Schließlich befanden sich gerade unter ihnen Personen, die für ein objektives Erinnern der Kriegstoten plädierten. Zudem inkorporierten sie die nationalistische Sinnstiftung des Kriegstodes kaum, da sie in die Gruppierung eines Oben-unten nur am Rande einbezogen waren. Wahrscheinlich ist, dass aktive Teilnehmer und passive Zuschauer mit der Einweihungsfeier somit durchaus unterschiedliche politische Werte verbanden, die während der Feier nur teilweise harmonisiert wurden. In seiner einführenden Gedächtnisrede rekonstruierte der Rektor der Universität, Erich von Drygalsky, die soziale und personale Identität der gefallenen Studenten:168 „Die Träger der Namen, welche jene Tafeln verzeichnen, haben wir vor dem Kriege in unseren Hallen gesehen, wie sie sich Wissen erwarben und arbeiten lernten, zu ihrer Freude und zum Heil ihres Volkes […]. Wir sahen sie dann zu den Fahnen eilen. […] Den Schicksalen unserer

165 Zum folgendem, vgl. insbes. Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 8ff.; vgl.

auch Vondung, Manipulation, S. 114. 166 Bell, Ritual theory, S. 100. 167 Ebd., insbes. S. 36, 101ff. 168 Vgl. Giesen/Junge, Nationalismus, S. 297.

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Kommilitonen im Felde sind wir in tiefer Erregung gefolgt […]. Viele Trauernachrichten haben uns schon damals ereilt, doch die nachdrängenden Kommilitonen haben die gelichteten Reihen immer wieder gefüllt, um selbst das höchste Opfer zu bringen, mit Gott für ihre Vaterland und ihren König, Deutschland über alles.“169

Die Betonung des Wissensdurstes und Fleißes der Hochschulangehörigen hatte eine vermittelnde Funktion. Indem von Drygalski die zivilen studentischen Leistungen der Gefallenen an erster Stelle hervorhob, stellte er den menschlichen Verlust in den Mittelpunkt, ohne jedoch die pflichtgemäße Loyalität gegenüber dem Nationalen zu unterminieren. Im zweiten Teil seiner Rede traten dann Lebende und Tote in eine vorgestellte Kontinuität. Das Sterben für das Vaterland wurde sakralisiert und zum „höchsten Wert“ 170 erhoben. Durch diesen zweideutigen Auftakt konnte es dem Redner gelingen, zivile und militante Nationskonzepte zumindest teilweise zu überwölben und zu verbindlichen Bestandteilen einer nationalistischen Ideologie zu machen. Gleichzeitig passte von Drygalski durch das Spiel mit unterschiedlichen Bedeutungen – wie dem Vaterlands- und Nationsbegriff – den Redeinhalt flexibel an die Bedürfnisse der Teilnehmer an. Im zweiten Teil der Ansprache ging der Rektor dann zum dominanten Argumentationsschema eines aggressiv-völkischen Nationalismus über:171 „So weiteten sich die Plätze des Krieges […]. Das ist kein Phantasiegebäude gewesen und auch kein künstlich gewolltes Eroberungsbild, sondern es war der Raum, den die friedliche Arbeit des deutschen Volkes schon vor dem Kriege erfüllt hatte. Unsere Heere haben ihn dann erfasst, um diese Arbeit auch für die Zukunft zu sichern. Denn kein strebendes Volk darf sich auf die enge Scholle beschränken, die nur einen Teil dessen enthalten kann, was der Fortschritt der Menschheit bedarf […]. Wer das Können zur Entwicklung der Erde hat, der hat dazu auch die Pflicht und das Recht […]. In der Not des Krieges trat das Empfinden hierfür in der Heimat zurück, und man glaubte an Herrschsucht, wo doch nur der Wille zur freien Betätigung vorlag. Dunkle Gewalten, die dieses nicht verstanden […], gewannen die Übermacht. […]Alles Große, […] alles Schöne entschwand unserem Blick; die Mahnungen und die Taten unserer Geschichte wurden vergessen […]. Vergessen der Stolz und der männliche Mut, vergessen der Ruhm und die Ehre, vergessen das heilige rote Blut der todesmutigen Heere.“172

Dieser latent kampfbereite Teil der Rede, der endgültig die Vorherrschaft des Nationalismus begründete, war in höchstem Maße zukunftsweisend. Indem von Drygalski die Eroberung des Raumes als legitimes Interesse, ja, als Pflicht des deutschen Volkes hinstellte, appellierte er insgeheim an die Anwesenden, den 169 Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 9. 170 Zur Höchstrelevanz der Nation für den Nationalismus, vgl. insbes. Alter, Nationalismus, S.

19ff.; Berlin, Nationalismus, S. 477ff.; Weichlein, Nationalismus, S. 171ff. 171 Vgl. Langewiesche, Nation, S. 39; Weichlein, Nationalbewegungen, S. 46f. 172 Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 10f.

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Krieg fortzusetzen. Die Rede unterstrich somit den Gedanken militärischer Expansion mit imperialen Zügen. Durch die doppelte Autorität des Rektors, der höchster Würdenträger der Universität und zugleich Professor der Geografie war und somit als Fachmann auf diesem Gebiet galt, besaßen seine Worte eine Macht, die auf einen großen Teil der Zuhörer einwirken konnte. Schließlich befand sich der Rektor im Zentrum der Institution, als dessen Repräsentant er sprach.173 Zugleich wurden sämtliche Bezüge ethischer Art, die einer Eroberung im Wege stehen konnten, abgestreift, wie die Anspielung auf pazifistische Universitätsmitglieder zeigt. Damit vollzog die Rede auch eine massive soziopolitische Grenzziehung innerhalb der Hochschule. 174 Der abschließende Reim diente nochmals der endgültigen Sublimation objektiver Trauer mit Hilfe einer nationalen Kompensation.175 Dabei hob das Zitat des „heiligen, roten Bluts“, das in völkischen Gruppen besonders verbreitet war, die latente Kampfbereitschaft, die von dieser Rede ausging, ein weiteres Mal hervor.176 In der letzten Passage seiner Ansprache verlagerte von Drygalski die vorgestellte Kontinuität von Lebenden und Toten dann in die Zukunft. Er mahnte die Anwesenden, die Gefallenen weniger als Tote, denn vielmehr als lebendige Gründerfiguren einer erneuerten Kampfgemeinschaft zu begreifen: „Unsere Kämpfer seien uns auch hierbei das Vorbild. Denn wo der eine fiel, trat der andere an seine Stelle […]. Wir brauchen nicht Worte, sondern Taten. […] Dann werden auch die vom Sturm gerissenen Lücken sich füllen und alle Wege zusammenführen zu einer breiten gemeinsamen Bahn. […] Wir stehen […] an dem Riesenleichnam des deutschen Volkes. […] Wir beugen uns vor den dunklen Wegen der Vorsehung und ahnen in ihnen ein höchstes Ziel, auch wo wir es nicht sehen.“177

Nach diesem Teil der Rede, der insbesondere den kämpferischen Generationenzusammenhalt beschwor, beschloss von Drygalski seine Ansprache mit einem Gedicht: „Denn ich erkannte, ja du bist ein Grab, Jedoch ein Grab voll Auferstehungsdrang! 173 Unter den Geographen hatte sich bereits um die Jahrhundertwende eine Politisierung von

staatlichen Raumordnungen durchgesetzt, in deren Zentrum ein deutsches Mitteleuropa stand. Es entstand so ein geographischer Nationsbegriff; Langewiesche, Staat, S. 377; zur Macht der Sprache, vgl. Audehm, Bourdieu, S. 114. 174 Zur sozialen Zwietracht in der nationalen Einheit, u.a. Müller, Nation, S. 356. 175 Gedichte dringen - indem sie stilisierte Informationen für den wiederholten Gebrauch zur Verfügung stellen - schneller als nicht fixierte Wörter in das Gedächtnis der Zuhörer ein; Balke, Wiederholung, S. 642ff.; Connerton, societies, S. 58. 176 Vgl. Breuer, Ordnungen, S. 65f. 177 Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 11.

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O deutsches Volk, ich ruf es dir hinab Und mische mich in deiner Seher Sang. Dir werden noch die Osterglocken schallen, Wie keinem Volke sie geklungen sind! Dein tiefes Wirken wird dem Herrn gefallen, Und hoch erheben wird er dich, sein Kind.“178

Indem Gedichte stilisierte Informationen für den wiederholten Gebrauch zur Verfügung stellen, dringen sie schneller als nicht fixierte Wörter in das Gedächtnis der Zuhörer ein. Der Ausschluss bestimmter syntaktischer Formen und eine begrenzte Flexibilität in der Intonation tragen zusätzlich zu dieser Einwirkung bei.179 Mit Hilfe des abschließenden Reims und durch religiöse Zitate gelang es von Drygalski, die Ansprache zusätzlich mit einer christlichen Semantik anzureichern und somit deren Legitimität weiter zu untermauern. Anschließend zementierte der Vorsitzende des Allgemeinen Studentenausschusses, Edmund Stoeckle, als Vertreter der Münchener Studentenschaft endgültig die generationelle Kontinuität.180 Den Kern seiner Rede bildete das Gelöbnis einer absoluten Treue zum Vaterland. 181 Der Nachkriegsjugend schrieb er die Aufgabe zu, die Nation in einem erneuten Kampf zu erlösen, wobei das zukünftige Todesheil bereits vorweggenommen wurde. Dieser Gedanke stand auch im Mittelpunkt seines abschließenden Gedichts: „Die Freiheit heißet deutsche Freude, Die Freiheit führt den deutschen Reih’n, Für sie zu leben und zu sterben, Das flammt durch jede deutsche Brust, Für sie um großen Tod zu werben, Ist deutsche Ehre, deutsche Lust!“182

Wiederum wurde hier die Dominanz eines aggressiv-völkischen Nationalismus deutlich. Stoeckle sah in der Freiheit nicht weiter einen individuellen, sondern einen organischen Begriff, der die Einzelnen dem nationalen Einheitswillen unterstellte. Indem der studentische Vertreter den Wert der Freiheit in einen zukünftigen Krieg integrierte, pervertierte er sie zugleich zum freudigen Sterben

178 Ebd., S. 12. 179 Connerton, societies, S. 60. 180 Stoeckle war Mitglied der katholischen Studentenverbindung Aenania; BStZ Nr. 145 v.

26.6.1922. 181 Vgl. auch Levsen, Studenten, S. 150, die beschreibt, dass bei Tübinger Totenfeiern durch die

studentische Nachkriegsgeneration meist ein Schwur an die Toten formuliert wurde. 182 Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 14.

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für die Nation. Damit hatte die Konstruktion eines triumphalen Heldentums ihren Höhepunkt erreicht. Unter Beethovens „Trauermarsch“ schritten anschließend die Ehrengäste, der Lehrkörper und die Vertreter der Studentenschaft die Stufen der Gedächtnishalle empor, um an den Gedenktafeln Kränze niederzulegen. Erst nach dem offiziellen Ende der Feier durften auch die Angehörigen der Gefallenen die Ehrenhalle betreten. Deutlich wurde, dass die Reinszenierung eines aggressiven nationalen Selbst im Mittelpunkt der Einweihungsfeier stand, wogegen die objektive Betrauerung der Toten überwiegend sublimiert wurde. Inwieweit die Zeremonie allerdings tatsächlich handlungssteuernde Wirkung entfaltete, ist fraglich. Schließlich befanden sich die Zuschauer während der Feier in einer passiven Rolle. Zwar ist es wahrscheinlich, dass die aktiven Teilnehmer die durch Ansprachen und Gruppierung demonstrierte aggressiv-völkische Haltung direkt inkorporierten. Um diese allerdings körperlich zu speichern, musste der politische Totenkult am Denkmal rituell vollzogen werden. Die Einweihungsfeier der beiden Ehrentafeln vom 19. Januar 1929 hob sich zunächst deutlich von der Zeremonie von 1922 ab, da es sich nur um eine halbstündige „Vorfeier“ zur eigentlichen Reichsgründungsfeier handelte. Sie fand in schlichtem Rahmen statt. Vormittags um zehn Uhr dreißig zog zunächst der Lehrkörper in seinen Talaren gemeinsam mit ungefähr 150 Ehrengästen - unter ihnen auch Kronprinz Rupprecht und Ministerpräsident Heinrich Held - vom östlich gelegenen Senatszimmer zur Ehrenhalle, wo der Zug von Fanfaren begrüßt wurde. 183 Ein beträchtlicher Teil der Gedächtnishalle war schon durch die Chargierten der studentischen Korps besetzt. Während diese gemeinsam mit den Ehrengästen in der Halle verblieben, belegte die Professorenschaft die nördlichen und südlichen Stufen, die zum Lichthof hinunterführten. Dort hatten bereits zahlreiche Studenten und Hinterbliebene ihre Plätze eingenommen. Anders als im Jahr 1922 war somit die Verbindungstreppe hinauf zur Kriegergedächtnishalle diesmal nicht mit Korpsstudenten, sondern mit Professoren besetzt, was auf eine deutliche Umcodierung des Nationalen verweist. Nicht mehr ein gewaltbereites Totengedächtnis, sondern vielmehr der Wille, zum nationalen Status quo zurückzukehren, stand im Mittelpunkt der Feier. Die Zeremonie beinhaltete ausschließlich eine Gedenkrede des Rektors Oswald Bumke, der zwischen der objektiven und subjektiven Betrauerung der Kriegsgefallenen hin- und hergerissen schien:

183 Eine Liste der eingeladenen Ehrengäste findet sich in UAM, D-X-28.

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„Noch einmal müssen wird die Wunden berühren, die der Krieg der Alma mater geschlagen hat, noch einmal den Schmerz aufzittern lassen um die Söhne, die wir heute als Männer notwendiger brauchten als je. […] Man ehrt den Heldenmut nicht, indem man ihn als etwas Vergangenes preist, und dem Heldentod wird man nicht dadurch gerecht, dass man jammert über einen verlorenen Krieg […]. Wenn etwas verpflichtet, so ist es das Blut, und wenn etwas wortreiche Lippen stumm machen kann und dafür lebendig das entschlossene Wollen, so ist es der Tod. […] Gewiss, unsere Aufgaben sind andere geworden, und niemand wird Deutschlands Krankheit und Deutschlands Not heute noch mit den Mitteln von 1914 zu heilen versuchen. Aber wo bewusstes Leben, […] da ist auch der Glaube, und wer überhaupt glaubt, kann das nicht glauben, dass […] ein ganzer deutscher Frühling geopfert worden ist für ein Phantom. Wir sehen den Weg und wir kennen den Führer nicht, aber wir glauben an den Weg zur Einigkeit und Freiheit und wir wollen ihn gehen, wo er sich zeigt. Und so soll diese Feier in einem Gelöbnis bestehen, und es soll mehr sein als eine leere, herkömmliche Feier, wenn jetzt das junge und das alte Deutschland […] Kränze niederlegen an diesen Tafeln zum Dank für die Treue, als Bekenntnis zur Pflicht.“184

Zwar appellierte Bumke in seiner Ansprache wiederum mit Hilfe eines völkisch-nationalistischen Vokabulars an die Universitätsangehörigen, sich für den zukünftigen Kampf zu rüsten. Zugleich machte er allerdings auch auf die Schmerzen der Trauernden aufmerksam und lehnte eine einfache Wiederholung des Krieges ab. Der Rektor funktionalisierte die Feier somit zwar nochmals zugunsten eines latent gewaltbereiten Totengedächtnisses, schien allerdings permanent zwischen einem nationalistischen Erinnern sowie einem stärker objektiven Gedenken zu schwanken. Diese Deutungsverschiebung des Kriegstodes wurde in der nationalen Presse äußerst positiv aufgenommen: „Der diesjährige Rektor [äußerte] sich ziemlich vorsichtig,“185 lautete ein Urteil des „Dortmunder Generalanzeigers“. Gleichwohl stieß der Deutungswandel innerhalb der Hochschule nur auf wenig Verständnis, ja, er wurde sogar auf breiter Front abgelehnt: „Eine nicht geringe Anzahl von Universitätsprofessoren hielt offenbar die Formen, die für diese Feier gewählt wurden, der Hochschule nicht für würdig, denn in den Reihen des Professorenkollegiums sah man sehr breite Lücken,“ so der „Dortmunder Generalanzeiger“.186 Es war diese weite Kluft zwischen kultureller Praxis und sozialer Realität, die letztendlich zum Scheitern des einsetzenden politischen Wandels führte. 187 Nirgendwo wird dies deutlicher als in der anschließenden Reichsgründungsfeier. 184 UAM, D-X-28, Ansprache des Rektors bei der Enthüllung der Gedenktafeln in der

Speerträgerhalle v. 19.1.1929. 185 GA für Dortmund Nr. 22 v .22.1.1929. 186 Ebd. 187 Bell, Ritual theory, S. 33f., verweist darauf, dass kulturelle Praktiken dann zum Scheitern

verurteilt sind, wenn sie sich nicht in die aktuelle Form der sozialen Organisation einfügen lassen.

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Direkt nach der kurzen Einweihungsfeier zogen die Anwesenden weiter in die Große Aula, um dort der Reichsgründung zu gedenken. Die Rede, die Oswald Bumke nun hielt, führte die gerade vollzogene Umcodierung des Nationalen wiederum ad absurdum: „Wir haben noch einmal den Treuesten, ohne die wir des Reiches Geburtstag heute denn doch wohl nicht mehr zu feiern vermöchten, wir haben den Toten die Treue gelobt. Denn der große Krieg war ja nur ein Abschnitt in dem Kampf um das Deutschtum, im Kampf um den deutschen Gedanken und um das Recht des Deutschen, zu sein. Der Krieg ist zu Ende, aber der Kampf geht weiter, und wir können nur hoffen, dass ihn in nicht allzu ferner Zeit ein wirklicher Friede endgültig beschließt.“ 188 Dies zeigt, wie sehr der Rektor – ebenso wie ein Großteil seiner Universitätskollegen – weiterhin in einem völkischen Nationalismus gefangen war.189 Auf dieser Grundlage konnte ein Wandel der universitären Erinnerungskultur praktisch ausgeschlossen werden. Die Anhänger des Nationalsozialismus lehnten die Universitätsfeiern von vorneherein ab. Ihnen war wohl bewusst, dass sie sich nicht den bestehenden Erinnerungsmustern unterwerfen wollten.190 Stattdessen schufen sie ein eigenes, rituelles Gedächtnis der Kriegstoten, welches äußerst expansiv und lebendig war. Seit dem 9. November 1926, dem Jahr der Gründung des Nationalsozialistischen Studentenbundes an der Münchener Universität, hielten die nationalsozialistischen Studenten jährlich Heldengedenkfeiern vor dem Speerträger ab.191 Dabei 188 UAM, D-X-48, Ansprache Bumke in der Aula bei der Reichsgründungsfeier. 189 Auch die weiteren universitären Feste weisen nur auf einen flüchtigen Wandel der Erin-

nerungskultur hin. So wurden beispielsweise sämtliche Verfassungsfeiern an der Münchener Hochschule unterdrückt. Obwohl die Arbeitsgemeinschaft republikanischer und demokratischer Studenten das Rektorat jährlich um Überlassung eines Raumes bat, wurden deren Bitten regelmäßig abgewiesen; vgl. insbes. UAM, D-IX-32, Rektorat an Arbeitsgemeinschaft republikanischer Studenten v. 3.7.1924. Einzig am 24. Juli 1930 konnte eine Feier zur Ehren der Reichsverfassung abgehalten werden, anlässlich derer Erhard Auer, der sozialdemokratische Vizepräsident des Landtages, die Ansprache hielt. Die Münchener Professorenschaft blieb der Zeremonie allerdings bis auf wenige Ausnahmen fern; Anwesend waren ausschließlich die Professoren Vossler, Bayerle, Lerch und Maurenbrecher. UAM, D-X-48, Schreiben Rektor an republikanisches Studentenkartell v. 21.7.1930; Bericht des Rektors v. 26.7.1930; vgl. auch BayHStA, MK 69182, Schreiben Rektorat an Kultusministerium v. 18.8.1930; Frankfurter Zeitung Nr. 551 v. 26.7.1930; MP Nr. 171 v. 28.7.1930. 190 Connerton, societies, S. 10, weist darauf hin, dass Revolutionäre stets die Erinnerungsgewohnheiten der überkommenen Regime ablehnten. 191 Zur Gründung und Entwicklung des NSDStB in München, vgl. insbes. Rösgen, Katholischen Studentenverbände, S. 37-43.

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waren die wesentlichen Bestandteile der Zeremonie - eine Kranzniederlegung an der Jünglingsfigur, deren Schleife zwei sichtbare Hakenkreuze trug, sowie eine kurze Ansprache - bereits im vor hinein festgelegt.192 Entgegen der vermeintlichen Harmlosigkeit verbarg sich hinter dem Ritual allerdings ein hohes Gewaltpotential.193 Denn kein Fest konnte performativer sein als das Gedenken an den Hitlerputsch vom 9. November 1923.194 So wie der „Führer,“ der an diesem Tag regelmäßig vom Bürgerbräukeller zur Feldherrnhalle zog, dabei mit brennenden Fackeln und Trauermusik der 16 Märtyrer des Putsches gedachte, also den Mythos des triumphalen Todes erst begründete, erschufen auch die nationalsozialistischen Studenten im Ritual am Speerträger die Geschichte neu. Denn das politische Fiasko von 1923 wurde hier nicht als Niederlage, sondern als sinn erfülltes Ereignis rekonstruiert, das bereits auf den 30. Januar 1933 sowie auf den Zweiten Weltkrieg hindeutete. Die Feiern nahmen den endgültigen Sieg der Bewegung mittels eines absoluten Gehorsams vorweg, der nur durch einen triumphalen Todeswillen erreicht werden konnte.195 Das inneruniversitäre Potential objektiven Kriegserinnerns wurde damit sukzessive zerstört. Der Ort des Rituals, die Jünglingsfigur im Zentrum der Universität, erleichterte wesentlich seine Einverleibung. Schließlich bestätigte die ästhetisch-militante Schönheit des Speerträgers gerade jene triumphale Körperdisposition, welche die Mitglieder des Bundes vereinte. Die Einrichtung eines nationalsozialistischen Stehconvents, der seit dem Wintersemester 1927/28 täglich um elf Uhr beim Speerträger stattfand, erhöhte die Verinnerlichung kampfbereiter Prinzipien zusätzlich.196 Dabei tru192 Vgl. UAM, D-X-42a, Schreiben der Freien Hochschulgruppe v. 1.12.1926; Notiz Rektors

Vincenz Schüpfer v. 5.11.1927; Schreiben des NSDStB v. 7.11.1928; mit Schreiben v. 13.3.1929 verbot Rektor Oswald Bumke die Niederlegung des nationalsozialistischen Kranzes am Speerträger; an den Gedenktafeln konnte dieser allerdings weiterhin angebracht werden. 193 Weder die Rektoren Karl Vossler noch Vincenz Schüpfer wagten es, dem nationalsozialistischen Kult Einhalt zu gebieten. Erst Rektor Bumke verbot die Praktiken - aufgrund starken Außendrucks - zumindest teilweise; UAM, D-X-42a, Schreiben Bumke v. 13.3.1929; vgl. den Pressebericht im BT v. 23.2.1929 und die lapidare Stellungnahme Bumkes in BayHStA, MK 69182, Schreiben Bumke v. 4.3.1929. 194 Connerton, societies, S. 42ff; vgl. Behrenbeck, Opfermythos, S. 155f.; Brandt, Kundgebungsmacht, S. 211f. 195 Tatsächlich war bei den nationalsozialistischen Heldengedenkfeiern eine strenge Anwesenheitspflicht vorgeschrieben; UAM, D-X-42a, erste Anordnung für das Wintersemester 1927/28 v. 3.11.1927. 196 Die diesbezügliche „Erste Anordnung für das Wintersemester 1927/28“ lautete folgendermaßen: „Alle Mitglieder des nationalsozialistischen deutschen Studentenbundes haben sich unverzüglich am Stehconvent des Bundes zu melden, der täglich um 11h vor dem Speerträger im 1. Stock der Universität stattfindet. Auskunft an Interessenten ebenfalls

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gen die anwesenden Studenten gar die nationalsozialistische Parteiuniform - das sogenannte „Braunhemd“ -, was ihre politische Legitimation in den Augen der übrigen Hochschulangehörigen zusätzlich untermauerte.197 Bis in das Jahr 1929 hinein verhallten alle Mahnungen hinsichtlich dieser politischen Besetzung des Speerträgers ungehört.198 Selbst die mutige Initiative des Vorstands des Universitätsbauamtes, Franz Geiger, der bei der Langemarckfeier vom 18.11.1928, die mit Kranzniederlegungen an Speerträger und Gedenktafeln einherging, das Gebinde der Nationalsozialisten kurzerhand entfernen ließ, zeigte keinerlei Wirkung.199 Hierfür war neben der Hochschulleitung insbesondort. Teilnahme Pflicht, bei Verhinderung ist schriftliche Entschuldigung notwendig“; UAM, D-X-42a, schriftliche Notiz von Alfons Weber. 197 UAM, D-X-42a, Erste Anordnung des NSDStB für das Wintersemester 1927/28 v. 3.11.1927; vgl. auch BayHStA, MK 69182, Schreiben Einhauser an MK v. 1.7.1929; Connerton, societies, S. 35. Erst 1930 wurde den nationalsozialistischen Studenten das Erscheinen in Parteiuniform verboten; BayHStA, MK 69182, Schreiben Goldenberger v. 15.11.1932. 198 So beispielsweise UAM, D-X-42a, Schreiben der Freien Hochschulgruppe v. 1.12.1926, in dem Rektor Vossler „von der Empörung Kenntnis gegeben wird, die weite Kreise der Münchner Studentenschaft“ bezüglich des Kranzes „mit zwei deutlich sichtbaren Hakenkreuzen“ am Speerträger beherrsche. Und weiter: „Große Teile der Münchner Studentenschaft sehen es mit Schmerz und Entrüstung, wie ein dem Gedächtnis der Toten gewidmeter Raum durch ein Abzeichen des Parteikampfes und der Rassenhetze entweiht wird. […] Eure Magnificenz würden viel zum Frieden der Universität beitragen können, wenn Sie für die Entfernung dieser Abzeichen wirken könnten.“ Gleichwohl lautete die handschriftliche Notiz Rektor Vosslers hierzu: „Mündlich erledigt in dem Sinn, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werden kann.“ 199 Oberbaurat Franz Geiger (*1880) wurde von nationalsozialistischer Seite als „Totenschänder“ bezeichnet (vgl. VB Nr. 272 v. 23.11.1928). Rektor Bumke hatte alle Mühe, das Verhalten Geigers als „Missverständnis einer Anordnung“ zu entschuldigen; UAM, D-X-42a, Schreiben Bumke an Kultusministerium v. 27.11.1928. Bereits am 9.11.1928 hatte Geiger das Rektorat gebeten, die nationalsozialistische Kranzniederlegung am Speerträger zukünftig nicht mehr zuzulassen und stattdessen den am Tag der Rektoratsantrittsrede üblichen Kranz bereits am 9.11. vor der Figur niederzulegen; UAM, D-X-42a, Notiz Enzinger v. 9.11.1928. Diese Bitte verhallte ungehört. Auch nach 1933 widersetzte sich Geiger wiederholt den Anordnungen der Nationalsozialisten. Noch 1937 erklärte er gegenüber einem Gaustudentenführer, der die Große Aula mit Hakenkreuzen schmücken wollte: „Wenn Sie Hakenkreuzfahnen aufmachen wollen, dann gehen Sie in den Matthäuserbräu oder in den Hackerbräu. In die große Aula der Universität kommen mir keine Hakenkreuzfahnen hinein.“ Deshalb wurde ihm mehrfach mit „Verhaftung oder mit Dachau“ gedroht; im Juni 1937 suspendierte man Franz Geiger von seinem Dienst; BayHStA, OBB Akten 17795/2, insbes. Schreiben NSDAP an Gaustudentenführer Doerfler v. 9.6.1937, sowie NSDAP an Gauleitung v. 10.6.1937.

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dere der Einfluss von Syndikus Einhauser verantwortlich.200 Im Juni 1929 wurde aus dem vermeintlichen Spiel allerdings bitterer Ernst. Auf die überraschende Äußerung Rektor Bumkes vom März 1929, die Niederlegung des nationalsozialistischen Kranzes am Speerträger nicht weiter zulassen zu wollen, reagierten die Mitglieder des nationalsozialistischen Studentenbundes zunächst mit einer Flugblattaktion. Als dann aber die Hakenkreuzschleifen eines an den Gedenktafeln niedergelegten Kranzes abgeschnitten wurden, antworteten sie sofort mit Gewalt, insbesondere gegenüber jüdischen und sozialistischen Studenten.201 Es scheint so, als seien die im vorhergehenden Ritual am Kriegerdenkmal geweckten Aggressionen hier erstmals öffentlich freigesetzt worden. Dabei ist durchaus denkbar, dass die Nationalsozialisten selbst die Hakenkreuzschleifen entwendeten, somit die eigene Ordnung mutwillig zerstörten, um eine Legitimation für den offenen Kampf zu schaffen.202 Das weist auch darauf hin, wie risikobehaftet das nationalsozialistische Ritual in seiner Anfangszeit noch war.203 Wie intensiv die Gruppierung versuchte, ihre politische Macht auszuweiten, wird auch daran deutlich, dass am 28. Juni 1929 wiederum ein nationalsozialistischer Kranz am Speerträger niedergelegt wurde. Hierauf reagierte Rektor Bumke abermals lediglich mit einem scharfen Verweis.204 Ebenso wie die Einweihungs- und nationalsozialistischen Feiern zeigen auch die regelmäßigen Kranzniederlegungen am Denkmal, wie weitgehend die Uni200 In Bumkes Memoiren wird Einhauser als „heimlicher, aber entschiedener Nationalsozialist“

bezeichnet; Bumke, Erinnerungen, S. 136; Böhm, Führerprinzip, S. 35, beschreibt den Syndikus dagegen lediglich als „erfahrenen Verwaltungsfachmann […] in einflussreicher Stellung.“ Tatsächlich hatte Einhauser beispielsweise die schriftliche Initiative Geigers v. 9.11.1928, die Kranzniederlegung von Nationalsozialisten am Speerträger nicht länger zuzulassen, zu den Akten befördert; vgl. UAM, D-X-42a, Notiz Einhauser v. 5.12.1928. 201 Vgl. zur Verstümmelung der Hakenkreuzschleife 1929 insbes. die ausführlichen Protokolle in BayHStA, MK 69182. 202 Eine solche mutwillige Destruktion war für Nationalsozialisten durchaus typisch. So kam Professor Nawiasky in seinem Bericht über die Münchner Universitätskrawalle vom Juni 1931 auch auf die Wesenszüge nationalsozialistischer Studenten zu sprechen und grenzte deren selbstzerstörerisches Verhalten deutlich vom Ethos bürgerlicher Studenten ab; Nawiasky, Universitätskrawalle, S. 36-38; vgl. zum „Fall Nawiasky“ insbes. BayHStA, MK 40798. 203 Köpping/Rao, Rausch, S. 25f. 204 „Heute, am 28. dieses Monats nach der Kundgebung gegen die Kriegsschuldlüge, hat die Nationalsozialistische Hochschulgruppe, wiederum ohne die Genehmigung der Universitätsbehörden nachgesucht zu haben, einen Kranz am Speerträger niedergelegt und auch dabei ist eine Ansprache gehalten worden. Ich spreche hierüber der Hochschulgruppe meine schärfste Missbilligung aus und mache sie auf die ernsten Folgen aufmerksam, die weitere Verstöße gegen die akademische Ordnung für die Gruppe haben müssten“; UAM, D-x-42a, Schreiben Rektorat an NSDStB v. 28. Juni 1929.

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versitätsangehörigen das objektive Gefallenengedenken sublimierten. Anlässlich zahlreicher Gelegenheiten, wie dem Langemarck-Gedenktag, dem Jahrestag der Reichsgründung, den Bundesfesten studentischer Corps und eben dem Tag des Hitlerputschs, wurden Kränze an den Gefallenentafeln und am Speerträger niedergelegt, die bis in die Spätphase der Weimarer Republik nahezu ausschließlich mit den Farben des alten Reiches oder mit Hakenkreuzen versehen waren. Eine rückwärtige – gewalttätige – Wiederholung stand somit weiterhin im Zentrum der Gedenkpraxis.205 Erst 1931 durfte auch der Klub demokratisch gesinnter Studenten einen Kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife an den Tafeln anbringen, womit der Gefallenen als Kriegsopfer gedacht wurde.206 Dies wies zwar auf eine gewisse Öffnung der universitären Erinnerungskultur hin, blieb aufs Ganze gesehen allerdings ein singuläres Ereignis. Denn die rechtsgerichtete Deutsche Studentenschaft legte nach wie vor bei zahlreichen Gelegenheiten Kränze nieder, auf denen die Toten als „Heldensöhne“ oder als „deutsche Gefallene“ benannt wurden.207 Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Rezeption des Monuments somit überwiegend einer nationalistischen Funktionalisierung der Toten Vorschub leistete. Weder kulturelle Proteste noch alternative Feiern am Totenmal machen auf einen Wandel im Totenerinnern aufmerksam, der sich der Anerkennung dieser politischen Norm verweigerte. Die objektive Trauer wurde somit am Denkmal überwiegend verdrängt, auch wenn sie nicht völlig verschwunden war. Dieses diente in den Einweihungsinsbesondere aber in den rituellen nationalsozialistischen Feiern vorwiegend einer politischen Identitätsstiftung des universitären Kollektivs, die es mit Gewalt zu sichern galt.208 205 BayHStA, MK 69113, Haushaltsausschussprotokoll v. 15.3.1929. Wilhelm Högner

(1887-1980, SPD, 1954-57 bayerischer Ministerpräsident) warf Staatsminister Goldenberger Untätigkeit hinsichtlich der nationalsozialistischen Propaganda an der Hochschule vor; der Kulturminister erwiderte, dass es insgesamt keinen „Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten“ gäbe. Bei den Kranzniederlegungen wurde meist auch die im südlichen Lichthof errichtete Gedenktafel für die Gefallenen von 1870/71 mitbedacht. 206 UAM, D-X-42a, Schreiben des Klubs demokratisch gesinnter Studenten v. 24.6.1931. 207 UAM, D-X-42a, Schreiben Studentenschaft an Rektorat v. 7.1.1931; vgl. auch Bericht des Rektorats über Schleifenentfernung von einem Kranz der Nationalsozialisten v. 25.3.1931. 208 Die Münchener Universität wurde während eines Bombenangriffs 1944 weitgehend zerstört. Allerdings konnte der repräsentative Kern des Gebäudes, der Lichthof und die ehemalige Ehrenhalle, originalgetreu wiederaufgebaut und 1958 wiederum eingeweiht werden. ährend man die Gefallenentafeln nicht mehr rekonstruierte, errichtete man eine zweite Bronzekopie des polykletischen Speerträgers in der Gedächtnishalle. Sie wurde mit der knappen Sockelinschrift „Doryphoros von Polyklet“ versehen. Die ursprüngliche Rezeptionsgeschichte des Speerträgers scheint seitdem überwiegend in Vergessenheit geraten zu sein; mittlerweile dient er auch als universitärer Werbeträger (vgl. www.lmu-shop.de).

II. Gebeugter Held. Das Kriegerdenkmal der ehemaligen Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin

Das Kriegerdenkmal der ehemaligen Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität ist bisher ausschließlich vom politischen Totenkult her untersucht worden. Der „lebende, tote Held“ 1 habe am Monument eine kampfbereite Gemeinschaft inszeniert und damit die zukünftige Kriegsrevanche propagiert, so die Forscher. Diese funktionale Perspektive ist verständlich, gerade vor dem Hintergrund der Stärke des Neuen Nationalismus an der Berliner Hochschule. Gleichzeitig verdeckt sie allerdings die tatsächliche Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Kriegsmonuments, die auch von der Zerbrechlichkeit des Denkmalhelden zeugt. Schließlich wurde der Kriegstod – bedingt durch den neu gegründeten preußischen Staat – im symbolischen Totenbild nicht weiter nur idealisiert. Erst eine genaue Betrachtung zeigt, dass der eigentliche Zweck des Monuments nicht ausschließlich auf die rückwärtige Wiederholung des Krieges, sondern auch auf eine zivilgesellschaftliche Erneuerung gerichtet war. Während noch die Mehrheit der extrem nationalistisch gesinnten Berliner Studentenschaft an der Wiedergeburt des triumphalen Helden festhielt, gestand schon ein Teil der Professorenschaft die Kriegsniederlage ein. Das bedeutete allerdings nicht, dass man die Gefallenen im Universitätsdenkmal nun überwiegend als unschuldige Opfer memorierte. Vielmehr plädierte die Hochschulleitung dafür, das Kriegssterben zu sublimieren und es zugunsten einer allgemeinen nationalen Bestärkung zu funktionalisieren. Allerdings eignete sich das Berliner Universitätsdenkmal nur noch begrenzt für einen direkten Revancheappell.

1. Zu Ausmaß und Grenzen der Degradierung objektiver Trauer. Die Planungsphase des Berliner Universitätsdenkmals Die Planungsphase des Berliner Universitätsdenkmals wurde insbesondere durch die Schärfe geprägt, mit der die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität und das preußische Kultusministerium ihre Erinnerungskämpfe austrugen. 2 Während einflussreiche Teile der Berliner Professoren- und Studentenschaft auf ein nationalistisches Denkmalsymbol drängten - wobei die Vorschläge der Jugend die der „Alten“ an Radikalität noch übertrafen - lehnte der zuständige Minister eine 1 Hoffmann-Curtius, Kriegerdenkmal, S. 87; vgl. auch dies., Antikenrezeption, S. 93-96. 2 Dabei waren die Positionswechsel der Akteure im sozialen Raum hier stärker ausgeprägt als

beispielsweise im Münchener Universitätsdenkmal; vgl. Bourdieu, politische Feld, S. 89.

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nationalistische Vereinnahmung der Kriegsopfer von Beginn an ab.3 Dem Willen zur Herstellung eines generationsüberschreitenden Monuments standen insbesondere entpolitisierende Intentionen gegenüber.4 Das galt insbesondere für die erste und zweite Planungsphase, die durch die beiden Kultusminister Haenisch und Boelitz geprägt wurden. Das Kriegerdenkmal der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität entwickelte sich somit höchst widersprüchlich. Eine Funktionalisierung der Gefallenen zugunsten eines militanten Nationalismus wurde mehrfach negiert. 1.1. Generationsüberschreitende Nationalisierung versus Entpolitisierung. Die Kämpfe um Formgebung Nach dem Beginn des Weltkrieges stand zunächst ein individuelles Festhalten der Toten im Zentrum der Erinnerungskultur an der Berliner Hochschule. So hatte der Senat bereits im ersten Kriegsjahr beschlossen, seinen gefallenen „Söhnen“5 eine schlichte Gedenktafel zu weihen. Anzunehmen ist, dass diese Initiative insbesondere auf gemäßigte Senatsmitglieder, wie den Rechtshistoriker Theodor Kipp, den Staatsrechtler Gerhard Anschütz und den Historiker Hans Delbrück zurückging.6 Allerdings wurde das Denkmalprojekt nur wenige Monate später revidiert. Denn Rektor Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff,7 ein glühender Nationalist, lud die Trauer seit 1915 politisch auf. Wie seine Tagebuchnotizen offenbaren, sollte die geplante Errichtung einer „Säulenhalle am

3 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 65. 4 Tanner, Erinnern/Vergessen, S. 79; Bredekamp, Bilderkämpfe, S. 332f. 5 Vgl. Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin (Hg.), Enthüllung, S. 3; Jochum-Bohrmann, Lederer, S.

123. 6 Im Studienjahr 1914/15 war Theodor Kipp Rektor der Universität. Er war Professor für

Römisches Recht und gehörte dem Kreis der politisch „Gemäßigten“ an; 1915 hatte er die Berliner „Gegeneingabe“ unterschrieben; Döring, Weimarer Kreis, S. 258. Später leitete Kipp den akademischen Hilfsbund der Universität; Berliner Hochschul-Nachrichten Nr. 1 v. 16.11.1919, S. 12. Auch Gerhard Anschütz und Hans Delbrück, die in demselben Jahr dem Senat angehörten, galten als politisch gemäßigt; Döring, Weimarer Kreis, S. 25ff.; Balk, Friedrich-Wilhelms-Universität, S. 207. 7 Ulrich v. Wilamowitz-Moellendorff (1848-1931), klassischer Philologe, war 1915/16 Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität. Er gehörte 1916 - gemeinsam mit Reinhold Seeberg und Eduard Meyer - zu den Initiatoren des annexionistischen Aufrufs; Döring, Weimarer Kreis, S. 127, 269. 1914 hatte er den sogenannten „Oktoberaufruf“ initiiert; Meier, Weltkrieg, S. 692f. Zu seiner politischen Haltung, vgl. auch v. Wilamowitz-Moellendorff, Kriegswinter, S. 10ff., 22f.; ders., Heroentum, insbes. S. 116; ders., Anfang, S.2f., 65.

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Abschluss des Hintergartens“ 8 insbesondere einer Vereinnahmung der toten Soldaten dienen. Als vorbildlich nannte er dabei ein Denkmal der deutschen Marine: „In Wilhelmshaven ist die Kapelle zu einem Mausoleum unserer Flotte in unvergleichlicher Schönheit umgeschaffen. Da ward mir erzählt, daß alle Sonntage eine Mutter kommt, um vor der Tafel, auf der ihres Sohnes Name steht, zu beten. So sollten Enkel und Urenkel mit Stolz ihren Helden auf dem Denkmal suchen können.“ 9

Für von Wilamowitz-Moellendorff ging die geplante Bildsymbolik somit weit über die objektive Trauer weiblicher Familienangehöriger hinaus. Das Denkmal sollte nicht nur zur Linderung individuellen Leids, sondern auch zu einer Sublimation des gewaltsamen Todes führen. Dabei ordnete er das Totenerinnern letztendlich widerstandslos dem Politischen unter. Schließlich sollten auch kommende Generationen stolz „ihre“ Namen in den Tafeln suchen und dabei an nationale Werte wie Treue und militärische Pflichterfüllung erinnert werden.10 Indem der Rektor das realitätsnahe Ursprungsmotiv der Tafeln insofern degradierte, wurde das Gedenken wiederum auf eine politische Verpflichtung hin angelegt. Diese „totalisierende Einordnung“ 11 objektiven Trauerns in ein Konzept kollektiven Triumphs war ein typisches Merkmal des universitären Denkmalbaus. Nach dem Weltkrieg wurde sie durch einen vielsagenden Sinnspruch Reinhold Seebergs ins Leben gerufen. 12 Anlässlich einer Trauerfeier für die

8 v. Wilamowitz-Moellendorff, Erinnerungen, S. 291. 9 Ebd. 10 Liebsch, Trauer, 30, 50f. 11 Habermas, Kraft, S. 13. 12 Reinhold Seeberg (1859-1935) zählte – als Gegenspieler Adolph von Harnacks – zu den

bekanntesten Professoren für protestantische Theologie seiner Zeit. Er übte an der Berliner Universität und in diversen hochschulpolitischen Organisationen starken Einfluss aus; Graf, Seeberg, S. 619. Im Ersten Weltkrieg dürfte er der „mit Abstand aktivste, aggressivste und publizistisch einflussreichste Propagandist des totalen Krieges“ gewesen sein, Kaufmann, Seebergs, S. 207; Döring, Weimarer Kreis, S. 268. Bereits 1915 war er im „Unabhängigen Ausschuss für einen deutschen Frieden“ für maximal-annexionistische Kriegsziele eingetreten. Seeberg war auch später kirchlich betont deutschnational orientiert, Meier, Weltkrieg, S. 694, 706; Seeberg, Seeberg-Adresse, S. 126; ders., Vergewaltigung, S. 236; Hoffmann-Curtius, Kriegerdenkmal, S. 88-90. Seeberg unterstützte aktiv den rechtsextremen Verein Deutscher Studenten, der rassistisch-antisemitische Tendenzen aufwies; er stellte sich auch dem Berliner Hochschulring Deutscher Art als Mitorganisator zur Verfügung; zur Ausbreitung des Hochschulrings, Herbert, Generation, S. 121ff.; allgemein Schwarz, Studenten, S. 168-174; Kater, Rechtsradikalismus, S. 22; vgl. auch die Festrede Seebergs anlässlich der ersten Ver-

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Gefallenen der Universität am 24. Mai 1919 im Berliner Dom erläuterte der Rektor das zukünftige Denkmal folgendermaßen:13 „Im Garten hinter unserer Universität, da sollte unter dem dunkeln Grün heimischer Bäume ein stiller Pfad führen zu einem schlichten Denkmal. Auf Tafeln stehen die Namen der Gefallenen, auf heimischem Fels erhebt sich die Gestalt, welche unseren Dank und unsere Erinnerung verkörpert. Und auf dem Felsblock mögen die drei Worte stehen: I n v i c t i s v i c t i v i c t u r i ! – Invictis: Ein Wort stolzen Dankes an unsere Helden. Victi: Ein wehes Bekenntnis unserer Erniedrigung. Victuri: Der Ausdruck des Glaubens, dass wir trotz allem siegen und leben – es kann beides bedeuten – werden.“14

Durch diesen Textcode bündelte der Professor den Symbolgehalt des späteren Monuments, lange bevor es tatsächlich errichtet wurde. Dabei kamen die unterschiedlichen Modi der Trauer an der Hochschule nirgends deutlicher zum Ausdruck als in der zentralen Denkmalsinschrift „invictis - victi - victuri.“ 15 Zunächst erschienen die jungen Studenten als unbesiegte Helden, die in der Vergangenheit einen Kampf begonnen hatten, der nicht umsonst war, sondern in einen künftigen Sieg mündete („invictis“). Dass Seeberg dieses militante Generationengedächtnis an den Anfang stellte, überrascht nicht. Schließlich war die Hochschule nach dem Krieg stark politisiert. Im Jahr 1920 gehörte bereits eine Mehrzahl der Berliner Studentenvertretung deutsch-völkischen Gruppierungen an.16 Auch Seeberg selbst sympathisierte mit den Zielen des völkischen Nationalismus.17 Gleichwohl nahm der Sinncode auch Bezug auf ungleiche Erinnerungsinteressen. Indem der Rektor die Universitätsangehörigen an zweiter Stelle als „victi“ bezeichnete, wurde nicht mehr nur eine revanchistische Wunde memoriert, sondern auch die Verletzung des eigenen Selbst affirmiert. Schließlich hatte der Erste Weltkrieg bei zahlreichen Professoren, Hinterbliebenen und Kriegsteilnehmern zu einem massiven Identitätsverlust geführt. Da Seeberg die allgegenwärtige Traumatisierung nicht weiter negierte, sondern vielmehr in das anstaltung des Hochschulrings am 12.12.1919 in Berliner Hochschul-Nachrichten Nr. 1 v. 8.1.1920, S. 16. 13 Vgl. Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Trauerfeier, S. 1-27; DAZ Nr. 251 v. 24.5.1919; VZ Nr. 262 v. 24.5.1919. 14 Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Trauerfeier, S. 16. 15 „Den Unbesiegten – die Besiegten – die leben werden/ die siegen werden“. 16 Berliner Hochschul-Nachrichten Nr. 5 v. 2.3.1920; Berliner Hochschul-Nachrichten Nr. 5./6. v. Februar-März 1921, S. 74; Deutsche Finkenschaft, Deutscher Waffenring, Deutscher Hochschulbund u. Deutsche Gruppen besaßen in der Studentenvertretung 69 von 100 Sitzen. 17 Zwar verschärfte Seeberg seine antisemitische Polemik insbesondere ab 1918/19; physische Gewalt gegenüber den Juden lehnte er allerdings zumindest bis Anfang der 1930er Jahre strikt ab; Graf, Seeberg, S. 662ff.

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universitäre Selbstverständnis einband, bot sich die Chance, das Spektrum der Trauer graduell zu verschieben. Obwohl der Rektor den Kampf der studentischen Jugend voranstellte, war das universitäre Gefallenengedenken nicht mehr allein auf eine gewalttätige Wiederholung des Vergangenen, sondern auch auf den Ausgleich trauernder Teilkulturen hin angelegt. Dies ermöglichte insbesondere ein geschicktes Wortspiel. So sollte der zukünftige Wiederaufstieg der Gemeinschaft („victuri“) sowohl mit militärischen („siegen“) als auch zivilen Mitteln („leben“) erreicht werden können.18 Die geplante Denkmalinschrift war auf eine nationalistische Aggression ebenso wie auf eine nationale Inspiration hin gerichtet. Die Gefallenen wurden damit zwar als tötbar, zugleich aber nicht weiter als opferbar deklariert. Gleichwohl kreiste das geplante Denkmal nur am Rand um eine objektive Betrauerung der Gefallenen. Es galt ganz überwiegend einer Rekonstruktion des kollektiven Selbst.19 Diesem überwiegend subjektiven Totengedächtnis der Hochschulangehörigen lag das Geschichtsbild Georg Wilhelm Friedrich Hegels, einem der berühmtesten Söhne der Universität, zugrunde. Für den preußischen Staatsphilosophen, auf den das Monument mannigfach Bezug nahm, hatte die objektive Trauer höchstens rituellen Sinn. Schließlich gab es keinen unersetzlichen Einzelnen und insofern auch keinen irreversiblen Verlust. Die Gesellschaft reproduzierte sich über die Generationen hinweg durch das Opfer der Individuen. 20 Diese Grundhaltung sollte während der Planungsphase des Denkmals noch für reichlich Konfliktstoff sorgen. Im November 1919 wurden Rektor Eduard Meyer erstmals Modellentwürfe des Berliner Bildhauers Eberhard Encke vorgelegt. 21 Geschickt hatte der 18 Bei dem Sinnspruch handelte es sich somit um einen Code, der bewusst ambivalent angelegt

war. In der Öffentlichkeit war er äußerst umkämpft. So zweifelten beispielsweise die Frankfurter Zeitung (v. 11.7.1926) und der Vorwärts (Nr. 141 v. 25.3.1926) nicht an seinem nationalistischen Gehalt und warnten vor einer pazifistischen Fehldeutung, während die VosZ (Nr. 507 v. 15.10.1920) und die Germania (Nr. 316 v. 11.7.1926) die Inschrift stärker zivil deuteten. 19 Breuer, Nationalismus, S. 33. 20 Vgl. Liebsch, Trauer, S. 50-55; Seeberg hatte seinem Sinnspruch den dialektischen Dreischritt von These, Antithese und Synthese zugrunde gelegt. Der Dialektik Hegels stand Seeberg wohl auch deshalb nahe, weil sie ein wesentliches Strukturmuster der Bibel bildete; Seeberg hatte den Philosophen intensiv rezipiert; vgl. insbes. Graf, Seeberg, S. 668f.; Hirschberger, Philosophiegeschichte, S. 162ff. 21 Eduard Meyer (1855-1930), war Althistoriker und gehörte dem alldeutsch-annexionistischen Flügel der Berliner Professorenschaft an; Berliner Hochschul-Nachrichten 5. Heft, Februar 1925, S. 51-53; von Ungern-Sternberg, Meyer, S. 37ff. Nach dem Krieg war er im Ausschuss deutschnationaler Hochschullehrer aktiv, ders., S. 61ff. Meyer war im Hintergrund auch am

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Künstler die politische Deutung des Kriegstodes, die in einem engeren Initiatorenkreis kursierte, in eine adäquate Symbolsprache übersetzt.22 Zu vermuten ist, dass das Modell überwiegend nationalistischen Charakter trug. Seeberg und Meyer sowie die völkischen Gruppierungen der Berliner Studentenschaft favorisierten zügig die gefertigten Skizzen. 23 Dagegen kritisierte das preußische Kultusministerium, das sich als Grundstückseigentümer in die Planungen einschaltete, die Arbeiten vehement. Der sozialdemokratische Kultusminister Konrad Haenisch bestand darauf, auf die Enckeschen Entwürfe zu verzichten und stattdessen einen beschränkten Denkmalwettbewerb auszuschreiben. 24 Dabei sollte die „Aufgabe so gestellt werden, daß die plastische Lösung des Gedankens ‚invictis victi victuri‘ in eine Architektur eingegliedert [werden könne], die dem Gedächtnis der Gefallenen [gelte]; ihr Namen [sollten] genannt werden. Diese Art der Lösung [bedinge] also das Zusammenarbeiten von Architekt und Bildhauer,“25 so der Minister.

Kapp-Putsch von 1920 beteiligt; Glatzer, Berlin, S. 72; er stand auf Regierungsliste der Umstürzler. 22 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 16. Eberhard Encke (1881-1936) war Sohn des bedeutenden kaiserlichen Hofbildhauers Erdmann Encke; 1907 hatte er den Rompreis der Berliner Akademie der Künste erhalten und schuf 1924 ein revanchistisches Kriegerdenkmal für das Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2 (nackter Jüngling mit sich erhebender Faust), was ihn den Ruf eines extrem rechtsgerichteten Künstlers einbrachte; Borchert, Garnison-Friedhof Hasenheide, S. 59. 23 Leider ist über die konkrete Form der Entwürfe nichts bekannt; die Senatsprotokolle und Akten des Denkmalausschusses zählen zum Kriegsverlust. Klar ist jedoch, dass die Entwürfe Enckes bis in den Mai 1920 hinein favorisiert wurden; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 37f. Auch die Berliner Studentenschaft hatte Mitte Februar 1920 zur Unterstützung der Enckeschen Entwürfe aufgerufen. Gleichzeitig hatte Encke einer Besichtigung des Entwurfs zugestimmt; Berliner Hochschul-Nachrichten Nr. 5 v. 2.3.1920, S. 61. 24 Der zuständige Kultusminister war zwischen 1918 und 1921 Konrad Haenisch (SPD); Möller, Parlamentarismus, S. 606-609; Haenisch wollte den Militarismus der Zeit durch eine breite Volksbildung ersetzen und die Kunst von jeder Parteinahme fernhalten; Haenisch, Kulturpolitik, S. 29ff., insbes. S. 154-57; ders., Staat, S. 56ff. 1921 beklagte er, dass der weitaus größte Teil der akademischen Dozenten „zu den Fahnen der Rechten“ schwöre und die Wahlen zu den Studentenausschüssen fast überall starke deutschvölkische Mehrheiten ergäben. In Berlin sei das Verhältnis des Fortschrittsblocks zu den Deutschvölkischen mit einer Zweidrittelmehrheit für die Völkischen besonders günstig; BT, Morgenausgabe, Nr. 59 v. 5.2.1921. 25 Vgl. GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 19f.; allerdings war die enge Zusammenarbeit von Bildhauer und Architekt nur in der Entwurfsphase des Denkmals gegeben. Die Ausführung lag meist in Händen des Bildhauers; vgl. GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 118f.

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Während der engere Initiatorenkreis die Gefallenen somit überwiegend von seiner eigenen, beschädigten Geschichte her memorierte, wollte das preußische Kultusministerium eine stärker objektive Betrauerung der Toten garantieren. Haenisch war wohl bewusst, dass nur eine (halb-) architektonische Lösung die tatsächliche Dimension des massenhaften Kriegstodes vor Augen führen konnte. Erst eine räumliche Anlage, die zur Selbstreflexion des Betrachters einlud, war in der Lage, das Denkmal zumindest teilweise zu entpolitisieren und die Gefallenen als Tote zu memorieren.26 Eingebettet in eine Gedenkarchitektur konnte der menschliche Verlust niemals vollständig zugunsten einer Wiedergeburt des kollektiven Helden sublimiert werden. Deutlich wird, dass das preußische Kultusministerium die Trauer um die Kriegsgefallenen somit individualisieren und zugleich objektivieren wollte.27 Zwar war die Friedrich-Wilhelms-Universität ursprünglich als neoklassizistischer Baukörper mit monarchistischem Anspruch errichtet worden. Seit dem frühen 19. Jahrhundert hatte sie allerdings durch ihre geistige und gesellschaftliche Nutzung überwiegend liberale Züge angenommen. 28 Insofern war es durchaus denkbar, dass das Denkmal auch einen subtilen Einspruch gegen die vorherrschende Sinnstiftung des Kriegstodes repräsentierte und insofern einen Wandel im Gefallenengedenken provozierte. Die Positionen zwischen Universität und Ministerium verhärteten sich immer mehr. Im Januar 1920 sollte der Erinnerungskampf offen losbrechen. Zwar bestätigte die Berliner Universität zunächst den Vorschlag des preußischen Kultusministeriums und stimmte einer beschränkten Ausschreibung des Denkmalprojekts zu. Zugleich beharrte der zuständige Rektor aber darauf, die endgültige Auswahl des Modellentwurfs im Alleingang zu treffen: „[…] Die Entscheidung soll von Rektor und Senat in Fühlung mit der Regierung und unter Mitwirkung anerkannter Sachverständiger gegeben werden“.29

Hiergegen protestierte Kultusminister Haenisch jedoch aufs Schärfste. Schließlich war eine Bedeutungsverschiebung des Totenerinnerns an der Universität nur durchsetzbar, wenn objektive Maßstäbe stärker als bisher die Debatte bestimmten. Erst durch eine Integration der Trauer um die Anderen konnte eine Einverleibung der Kriegstoten verhindert werden. Um dies sicherzustellen, war 26 Böhme, Toten, S. 27. 27 Zur den kunstpolitischen Ansprüchen des Ministeriums Haenisch, vgl. Kratz-Kessemeier,

Kunstpolitik, S. 164ff. 28 Bredekamp, Wissenschaft, Kap. 3. Die Universität war ursprünglich als Prinzenpalais erbaut

und erst 1810 an Wilhelm von Humboldt übergeben worden. 29 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Schreiben Universität an Kultusministerium

v. 13.1.1920.

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das Kulturministerium stärker an den Planungen zu beteiligen. In einem Schreiben vom März 1920 forderte Konrad Haenisch deshalb vehement die Ausweitung des eigenen Entscheidungsspielraums: „Bei der grundlegenden Bedeutung der Frage, wie die Architektur des Universitätsgebäudes und das Denkmal […] in Übereinstimmung mit einander gebracht werden, behalten der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten und ich uns die endgültige Zustimmung ausdrücklich vor“.30

Während der sozialdemokratische Kultusminister somit weiterhin auf einer harmonischen Verbindung zwischen Universitätsbau, architektonischer Anlage sowie figürlichem Kriegsmonument beharrte, damit eine Aushandlung objektiver und subjektiver Modi der Trauer anstrebte, plädierte der Hochschulsenat für eine nationalistische Schließung des Denkmals und somit für den Anspruch, einen einseitigen politischen Appell in die Universität zu tragen: „Ihre Erklärung, daß die definitive Entscheidung in der Denkmalssache in den Händen des Ministeriums liege, hat mich […] aufs äußerste überrascht. […] Gegen die Überlassung der definitiven Entscheidung an das Ministerium habe ich einmal das Bedenken, dass dadurch nicht nur die Erledigung weiter verschleppt, sondern auch die Diskussion von neuem in weitestem Umfang eröffnet und noch uferloser werden wird, als neulich. Vor allem maßgebend aber ist, dass dadurch dem Senat eine Stellung zugemutet wird, die er nach meiner Überzeugung nicht einnehmen kann. Wenn er in dieser Frage überhaupt, als der offizielle Vertreter der Universität, eine Entscheidung treffen soll, so muss diese definitiv sein; er kann sich […] nicht auf eine Supervision durch andere Instanzen einlassen. Wenn das von ihm gefordert wird, so kann ich dem Senat nur empfehlen, von der ganzen Sache zurückzutreten […] und ich bin überzeugt, das der Senat dieser Auffassung beitreten wird.“31

Das Antwortschreiben zeigt, inwieweit Initiatorenkreis und Universität den politischen Gehalt des Denkmals bereits im vor hinein fixiert hatten. Dagegen wollte der Kultusminister ausschließlich ein Kriegerdenkmal akzeptieren, dass den demokratischen Anspruch auf Eingedenken der Toten respektierte. Nur die schrittweise Ablösung der nationalistischen durch individuelle Maßstäbe des Totenerinnerns konnte die Universität diesem Ziel näher bringen. Nach zähem Ringen einigte man sich darauf, dass beide Parteien dem auszuwählenden künstlerischen Entwurf zuzustimmen hätten.

30 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 30f. Der Kultusminister hatte auch

gegen die Inschrift Bedenken erhoben und „für diese die Zustimmung des Staatsministeriums“ gefordert; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Schreiben Universität an Kultusministerium v. 15.3.1920. 31 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 36f.

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Der Wettbewerb wurde bereits im Voraus zahlenmäßig beschränkt: „Vorsichtig, man kann auch sagen ängstlich,“32 so die „Frankfurter Zeitung“, sei die Auswahl der Künstler getroffen worden. Dieses Urteil überrascht, wenn man die Vielfalt der beteiligten Bildhauer- und Architektenpaare betrachtet. Zwar waren German Bestelmeyer und Hugo Lederer sowie Hermann Muthesius und Eberhard Encke überwiegend nationalkonservativ gesinnt. Peter Behrens und Georg Kolbe sowie Hans Poelzig und Herbert Garbe gehörten jedoch schon einer modernen Architekten- und Bildhauergeneration an, die sich von der traditionellen Darstellung des Kriegstodes überwiegend befreit hatte.33 Die kontroverse Zusammensetzung des Künstlerkreises lässt auch Rückschlüsse auf die Struktur der Denkmalkommission zu. Tatsächlich bestand sie aus Hochschullehrern unterschiedlicher Couleur.34 Während der vom Universitätssenat abgeordnete Reinhold Seeberg das Kriegerdenkmal zugunsten einer kollektiven Wiedergeburt vereinnahmen wollte, lag dem Engagement Max Dessoirs 35 und Wilhelm Waetzoldts 36 eine entpolitisierende Haltung zugrunde. 37 Allerdings konnte Seeberg mit seiner Stimme, die den Hochschulsenat repräsentierte, den Verlauf der Verhandlungen wesentlich beeinflussen. Und Rektor Meyer war in der Lage, sich in enger Abstimmung mit Seeberg die Entscheidung über den Entwurf vorzubehalten.38 An keiner Stelle trat der Grundkonflikt zwischen den Vertretern überwiegend subjektiven und objektiven Trauerns so deutlich zutage wie in der zentralen

32 Frankfurter Zeitung v. 4.3.1920. 33 Vgl. Berger, Bildhauerei, S. 426, die davon ausgeht, dass die beiden letztgenannten Künst-

lerpaare – entsprechend ihrer gewohnten Ausdrucksform – expressionistische Entwürfe schufen. 34 Neben dem Kunsthistoriker Professor Adolph Goldschmidt als Habilitationsvater von Wilhelm Waetzoldt waren Carl Justi, Ferdinand Noack, Reinhold Seeberg, Max Dessoir und Waetzoldt in der Denkmalkommission vertreten. 35 Zu Dessoir, vgl. insbes. Döring, Weimarer Kreis, S. 256, der ihn als „Gemäßigten“ einstuft. Dessoir wurde 1936 aus der Universität Berlin entlassen; vgl. auch Dessoir, Erinnerung, insbes. S. 71-73; Dessoir, Reichsgründungsfeier 1928, S. 3, 24. 36 Wilhelm Waetzoldt (1880-1945), Kunsthistoriker, war zwischen 1919 und 1927 Geheimer Oberregierungsrat im preußischen Kultusministerium. Als Hochschullehrer in Halle schloss er sich früh der reformpädagogischen Bewegung an, welche die autonome Entwicklung der Persönlichkeit und die Überwindung des Obrigkeitsstaats anstrebte; 1927 bis 1933 leitete er als Generaldirektor die Staatlichen Museen zu Berlin; 1933 wurde er von den Nationalsozialisten des Amtes enthoben; Schenk/Meyer, Denkweisen, S. 152ff. 37 Vgl. Kratz-Kessemeier, Kunstpolitik, S. 268f. 38 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 36f.

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Kommissionssitzung vom 4. Mai 1920. 39 Während Waetzoldt erklärte, „die Diskussion über alle Encke’schen Entwürfe ablehnen zu müssen,“ 40 womit dieses Projekt endgültig gescheitert war, sprachen sich Seeberg und Meyer vehement gegen die Realisierung moderner Entwürfe aus. Betrachtet man die ausgestellten Modelle, wird schnell deutlich, warum. So verweigerte sich beispielsweise Poelzigs Darstellung vollkommen einer nationalistischen Deutung des Kriegstodes. Stattdessen hatte er eine Monumentalpyramide geschaffen, welche die menschlichen Kriegsschicksale versinnbildlichte (Abb. 11 u. 12).41 Pathosformelhaft stellte er die innere Zerrissenheit der Zeitgenossen dar, die zwischen einer erneuten nationalen Freigabe und dem individuellen Festhalten der Kriegstoten hin- und herschwankten. Letzteres kam insbesondere in einer heftigen, an den Spätbarock erinnernden Aufwärtsbewegung zum Ausdruck, die einer lodernden Flamme glich.42 Kolbes Entwurf zeigte hingegen eine männliche Figur, die eher die verletzbaren Merkmale der zeitgenössischen Jugend als ihre aggressive Männlichkeit widerspiegelte.43 Zu sehen war ein zarter, nackter Jüngling, der aus kubistisch anmutenden Gewandfalten herauszuwachsen schien. Diese Wirklichkeitsnähe der Darstellungen lehnten die Vertreter der Universität vehement ab.44 Schließlich konnten die nationalen Werte der Hochschule nur

39 Bei der Sitzung der Denkmalkommission am 4.5.1920 waren Meyer, Seeberg, Dessoir,

Waetzoldt, Stadtbaurat Ludwig Hoffmann sowie der Vertreter der Studentenschaft, Biertimpel, anwesend. 40 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 37f. 41 Hans Poelzig (1869-1936), Architekt und Maler, war zwischen 1919 und 1921 Vorsitzender des Deutschen Werkbundes und Mitglied der Novembergruppe, ab 1923 Professor an der TH Berlin. Poelzig war ein typischer Vertreter des neuen modernen Bauens; 1933 musste er seinen Direktorenposten (an der Freien Staatsschule für freie und angewandte Kunst) auf nationalsozialistischen Druck hin räumen; Biraghi, Poelzig, insbes. S. 94ff.; Posener, Poelzig, insbes. S. 145; Glatzer, Berlin, S. 166; vgl. auch Hoffmann-Curtius, Kriegerdenkmal, S. 97f. 42 Vgl. Horn/ Warstat, Flamme, S. 115. 43 Georg Kolbe (1877-1947), Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und der Freien Secession Berlin, ging kunstpolitische Fragen überaus pragmatisch an. Wegen seiner modernen Stilhaltung war er in den frühen 1920er-Jahren äußerst umstritten; Berger, Kolbe, insbes. S. 63-75; Kuhn, Plastik, S. 86-88. Bei dem Kriegerdenkmalsentwurf handelte es sich um den sogenannten „trauernden Jüngling“. Die Schwester von Käthe Kollwitz, Lisbeth Stern, kommentierte das Denkmal folgendermaßen: „Von den Plastiken ist besonders schön der Knabenakt von Georg Kolbe, der ziervoll und zart wie eine Blume aus dem Gefalte eines Tuches herauswächst“; zit. n. Berger, Bildhauerei, S. 426; vgl. auch Hoffmann-Curtius, Kriegerdenkmal, S. 98f., sowie den Entwurf für ein Gefallenendenkmal (1925) in Binding, Kolbe, S. 42. 44 Der Bildhauer Rudolf Belling fühlte sich durch den Wettbewerb zu einem kritischen Gegenentwurf aufgefordert. Aus Protest gegen die Glorifizierung des Krieges modellierte er

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verteidigt werden, wenn man die Bilder gebrochener Humanität und Männlichkeit möglichst ausgeklammerte. Nur die Darstellung eines gebeugten Helden, der das Trauma der eigenen, beschädigten Geschichte wiederum in einen zukünftigen Triumph einband, war in der Lage, das kollektive Selbstbild zu untermauern. Dies zeigt auch, wie eng das Totenerinnern an der Berliner Hochschule mit der Arbeit am Vergessen verzahnt war. Schließlich fand man in der Denkmalfrage notgedrungen zu einem Kompromiss. Der Bildhauer Hugo Lederer und der Architekt German Bestelmeyer erhielten den Zuschlag zur Errichtung des Monuments. Im Zentrum des Modellentwurfs zeichnete sich eine kniende Kriegergestalt ab, die „bei aller Trauer über das erfolglose gewaltige Ringen doch furchtloses Vertrauen in die Zukunft des Vaterlandes“ 45 zum Ausdruck brachte (Abb. 13). Dies macht die engere Funktion des „Gedächtnismals“46 deutlich: Es sollte weniger einer objektiven, als vielmehr dem Ausgleich subjektiver Modi der Trauer dienen. Dabei zielte die Jünglingsfigur allerdings nicht nur auf eine Wiederholung des Krieges, sondern auch auf eine zivile Erneuerung ab. Zwar war sie stets zum Kampf bereit – zugleich schien sie bereits auf eigentümliche Weise gebeugt. Aufgrund der Intervention des Kultusministers wurde im Nachhinein noch ein zweiter Entwurfsvorschlag erarbeitet. Dabei entfernten die Künstler insbesondere Stahlhelm und Schild des Jünglings, die militaristisch gedeutet werden konnten. Außerdem wurde dem Kriegsmonument eine stärker räumliche Perspektive gegeben.47 Neben der Denkmalfigur fasste man nun noch die Errichtung einer architektonischen Anlage unter Nennung der Gefallenennamen ins Auge. Dies degradierte die objektive Trauer nicht weiter zu einem rein persönlichen Affekt. Geplant war vielmehr, sie an herausragender Stelle zu präsentieren und somit die Unwiederbringlichkeit der Toten an die universitäre Gemeinschaft zu projizieren. Die Namen sollten links und rechts der Skulptur auf hohen Steinpfeilern aufgelistet werden. Am 22. Juni 1920 äußerte sich Wilhelm Waetzoldt folgendermaßen über das Ergebnis: „Für den neuen Entwurf Ledeeine „vergoldete und blutrot gefärbte Kugel auf schräger Ebene mit der Aufschrift „Wofür?“; vgl. Nerdinger, Belling, S. 68; Elsen, Sculpture, S. 124f. 45 Erläuterungen der Künstler zum Gedächtnismal in GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 46. 46 Auf diesen Begriff bestanden die beiden Künstler und setzten sich dadurch vom traditionellen Denkmalsbegriff ab; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 46. 47 Dabei wurden zum einen die bisherigen Gedenktafeln durch Pfeiler ersetzt, zum anderen der Stahlhelm auf dem Kopf des Jünglings gegen eine stilisierte Frisur eingetauscht und das Schwert in seiner linken Hand entfernt (zurück blieb hier nur das Schild); vgl. die Erläuterungen der Künstler zum Gedächtnismal in GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 46f.; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 38 (Rückseite), sowie VosZ Nr. 507 v. 15.10.1920 (Max Osborn).

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rer-Bestelmeyer kann ich mich einsetzen. Er zeigt eine recht geschickte Lösung vor allem der Namensfrage.“ 48 Der Kompromissvorschlag entsprach somit überwiegend den Vorstellungen des Kultusministeriums. Einer Vermittlung zwischen den gegensätzlichen Polen der Trauer schien nichts mehr im Wege zu stehen. Dass bis zur Errichtung des Kriegsmonuments noch Jahre vergehen, die Planung so nie realisiert werden sollte, ahnte in diesem Moment wohl kaum jemand.49

1.2. Von studentischer Heldensucht. Experiment mit dem Findling Bereits zu Beginn der Planungsphase hatten die Berliner Dozenten einen namhaften Betrag zur Errichtung des Kriegsmonuments gespendet. Zusätzlich standen der Universität Gelder aus Prozessmitteln bereit.50 Allerdings reichten diese Summen zur Begleichung der anfallenden Unkosten bei weitem nicht aus. Die Kosten des Denkmals sollten über 350000 Mark betragen, wovon bis 1922 erst rund ein Drittel gedeckt war.51 In dieser Situation geriet der Senat zusehends unter Druck. Denn die überwiegend nationalistisch gesinnte Studentenschaft hatte im Sommersemester den Antrag eingebracht, statt der vorgesehenen Denkmalsanlage einen einfachen Findlingsblock im Universitätsgarten zu plat48 Wilhelm Waetzoldt in GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 38. 49 Bereits Anfang des Jahres hatte Rektor Meyer angemahnt, dass „ein Aufruf [an die Bevöl-

kerung] erst erfolgen [solle], wenn die Entscheidung über das Denkmal gefallen [sei]“; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 27. Die breite Öffentlichkeit erfuhr deshalb erst nach dem Abschluss sämtlicher Verhandlungen im Oktober 1920 von dem beschlossenen Projekt. Der Aufruf ist abgedruckt in GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 45. Erstmals durfte die Öffentlichkeit das Denkmalsmodell in der alten Universitätsaula besichtigen; vgl. auch GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 38. Die Reaktion in der Berliner Presse war gespalten; vgl. BT Morgenausgabe, Nr. 472 v. 15.10.1920; DAZ Nr. 517 v. 20.10.1920. Selbst die Hochschuldozenten, die nicht dem Senat oder der Kunstkommission angehörten, mussten vor der Besichtigung der in der neuen Aula ausgestellten Entwürfe zunächst eine Erlaubnis des Rektors einholen; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 27. Die Strategie der Geheimhaltung war typisch für die Art und Weise, mit der die Universität unter erheblichem Zeitdruck die Entstehung des Denkmals forcierte. 50 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 23f. 51 NPZ Nr. 532 v. 27.11.1922. Tatsächlich hatten die freiwilligen Sammlungen an der Universität bis Sommer 1922 nur 43000 Mark erbracht; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 38. Von Seiten des Kultusministeriums wurden insgesamt rd. 60000 Mark zur Verfügung gestellt; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 19f., 65. Auch Mittel aus dem Landeskunstfonds wurden in Aussicht gestellt, konnten allerdings letzten Endes nicht bewilligt werden; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 38.

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zieren.52 Diese symbolische Abgrenzung vom ursprünglichen Projekt war kein Zufall. Tatsächlich hatten die Erlebnisse des Krieges an der Heimatfront, aber auch die Nachkriegszeit, wie der Spartakus-Aufstand 1919 und der Einsatz studentischer Freicorps an der Ostgrenze, zu einer fortschreitenden Radikalisierung der Studentenschaft geführt. Bei einem Großteil der Kriegsjugend galt der Neue Nationalismus mittlerweile als politisch untauglich. Stattdessen propagierte man einen völkischen Nationalismus, der antimodern und zugleich kompromisslos ausfiel.53 Die ausgewählte Denkmalssymbolik spiegelte die politische Haltung der Kriegsjugend wider. Der Findling ähnelte dem deutsch-völkischen Wesen der Studenten in „schroffer Kälte“; 54 er war „sachlich“ 55 , „grobknochig“ 56 und hart. 57 Dies hatte ihn bereits seit der Reichsgründung in nationalen Kreisen beliebt gemacht.58 Die vermeintlich germanischen Findlingsgräber waren schon nach 1870 für die kollektive Selbstvergewisserung einer verspäteten Nation geradezu prädestiniert gewesen. Mit ihrer Hilfe hatte man sich nachträglich historische Wurzeln sowie eine eigenständige Gedenktradition verliehen. Schließlich konnte das Material des Findlings, der Granit, als typisch nordisch angesehen werden. 59 Den einigenden Symbolgehalt des Steins hatten insbesondere die völkischen Teile der Studentenschaft für sich entdeckt. Nicht eine Vermittlung zwischen subjektiven und objektiven Modi der Trauer sollte somit im Mittelpunkt des universitären Gefallenengedenkens stehen, sondern vielmehr die generationsüberschreitende Wiedergeburt des Nationalen. Weshalb der Universitätssenat der Initiative des nationalistischen Teils der Studentenschaft nachgab, konnte nicht eindeutig ermittelt werden. Fest steht jedoch, dass ein Großteil mit den politischen Zielen der Studentenschaft sympathisierte. Für die Auswahl des Findlings sprachen zudem pragmatische Gründe. Denn der unbehauene Granit war wesentlich günstiger und schneller zu beschaffen als eine aufwendig zu fertigende Denkmalsanlage. Der Steinblock sollte in vier Metern Höhe spitz zulaufen und ausschließlich den Sinnspruch

52 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 64. 53 Vgl. Herbert, Generation, S. 120; Breuer, Nationalismus, S. 33f. 54 Gründel, Sendung, S. 31ff., 81ff. 55 Ebd. 56 Von Seeger, Denkmal, S. 28. 57 Lutz, Kriegerdenkmäler, Bd. VI, S. 194; von Seeger, Denkmal, S. 28; Fuhrmeister, Findlinge, S.

86. 58 Fuhrmeister, Findlinge, S. 86. 59 Dagegen galt die Kultur des Marmors als typisch griechisch; Fuhrmeister, Materialikonogra-

phie, S. 241ff.

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„Invictis - victi - victuri“ in bronzenen Lettern tragen.60 Damit wurde allerdings eine politische Sinnstiftung präsentiert, die sich vom geplanten Denkmalprojekt deutlich abhob. Denn die Namen der Toten wurden auf dem Findling nicht weiter memoriert. Vielmehr dominierte ihn nun die Inschrift auf spitz zulaufendem Stein, der auch als Waffe gedeutet werden konnte. Das zukunftsoffene drohte somit einem einseitig militanten Totenerinnern zum Opfer zu fallen. Zugleich strebte man die vollständige Sublimation der objektiven Trauer an. Im Sommer 1922 liefen die Vorbereitungen zum Denkmalbau auf Hochtouren. Der Findling wurde in Windeseile bestellt, das Fundament errichtet und der Tag der Einweihung bestimmt. Dies zeigt, wie die Nationalisten versuchten, ihre Handlungsoptionen auszuweiten. Erst in letzter Minute gelang es Kultusminister Otto Boelitz, der erst aus der Zeitung von den Denkmalplänen erfahren hatte, den Bau zu stoppen. 61 Aufgrund „künstlerischer Rücksichten wie mit Rücksicht auf die architektonische Umrahmung des Platzes“ 62 wurde die geplante Errichtung von offizieller Seite verboten.63 Wiederum schob man pragmatische Gründe vor, um eine politische Radikalisierung an der Hochschule zu verhindern. Im November 1922 einigten sich Seeberg und Waetzoldt, anstelle des kostspieligen Entwurfs Lederer/Bestelmeyer in naher Zukunft eine „Lösung in Form eines in einfacheren Kunstformen gehaltenen Grabmals“64 anzustreben. Die Ablehnung der nationalistischen Initiative brachte allerdings einen erheblichen Aufruhr innerhalb der Studentenschaft mit sich: „Hals über Kopf wird vom Ministerium eine Sitzung einberufen, in der von Seiten der Behörden künstlerische Bedenken gegen den Plan der Denkmalserrichtung geltend gemacht werden. Es wird betont, dass ein unbehauener Stein nicht in den durch den Eindruck des klassizistischen Gebäudes beherrschten Universitätsgarten passe. Der Herr Minister fürchte, 60 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 64; vgl. BMP Nr. 484 v. 2.11.1922;

Vorwärts Nr. 523 v. 4.11.1922. 61 Otto Boelitz, DVP, war zwischen 1921 und 1925 preußischer Kultusminister; 1925 trat er

vorzeitig zurück; Möller, Parlamentarismus, S. 606-609. Zu seiner politisch liberalen Haltung, Boelitz, Bildungsleben, S. 15, 27f., 39; ders., Bildungswesens, S. 157; Kratz-Kessemeier, Kunstpolitik, S. 262ff. Boelitz war ein vaterländisch eingestellter Vernunftrepublikaner. Bei der Errichtung des Findlings reagierte man mit Recht verstimmt: schließlich handelte es sich um die Inanspruchnahme staatlichen Grund und Bodens, das Fundament war bereits gesetzt; vgl. auch die Aufzeichnungen von Krüss, Ministerialdirektor im preußischen Kultusministerium v. 23.11.1922 in GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 65. 62 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 65. 63 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 63. Angeblich war der Kriegerdenkmalbau aufgrund der Einwände des städtischen Friedhofsdirektors und Vorsitzenden des Ausschusses für Kriegerehrungen, Hannig, endgültig gestoppt worden; Hoffmann-Curtius, Kriegerdenkmal, S. 107. 64 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 65.

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seinen Posten zu verlieren, wenn er die Ausführung eines so unkünstlerischen Denkmals durch die größte deutsche Universität zulasse. […] In diesem Fall scheinen aber die Bedenken des Ministeriums derart theoretisch und dogmatisch, dass man kaum glauben kann, dass sie allein die Haltung des Ministeriums bestimmt. Sollten vielleicht andere Gründe tiefer liegen?“65

Schon zum zweiten Mal war ein ausschließlich nationalistisches Denkmalprojekt an den Bedenken des Kultusministeriums gescheitert. Dabei argumentierte man wiederum pragmatisch-künstlerisch mit der notwendigen Übereinstimmung zwischen Architektur und künftiger Skulptur. Obwohl diese Begründung durchaus schlüssig war, setzte sie auf Seiten der radikalisierten Berliner Studentenschaft erhebliche Aggressionen frei. Zahlreiche Verbalattacken auf das preußische Kultusministerium folgten. Um es vorwegzunehmen: Letzten Endes musste das Kultusministerium dem Drängen der Universitätsangehörigen auf Errichtung eines überwiegend selbstreflexiven Kriegsmonuments nachgeben.

1.3. Tragödie der objektiven Trauer. Denkmal ohne Namen In der engeren Planungsphase ging die Initiative des Denkmalbaus vollständig auf das Kultusministerium über. Boelitz fühlte sich in seiner Position als Leiter der Kunstverwaltung nicht nur zur Unterstützung zeitgenössischer Kunstprojekte verpflichtet.66 Seit Ablehnung der jüngsten Denkmalsinitiative war er auch unter massiven Druck der rechtsgerichteten Studentenschaft geraten, die ihm eine absichtliche Verzögerung der Angelegenheit vorwarf.67 Sollten weitere politische Unruhen an der Hochschule verhindert werden, musste zügig an das Ursprungsprojekt angeknüpft werden. Bereits im Januar 1923 hatte Boelitz die Gewinnung von Granitgestein, das als Grundlage der Denkmalsfigur diente, in die Wege geleitet.68 Die Freilegung des Materials ging maßgeblich auf die finanzielle Unterstützung der Deutschen Bank Berlin zurück. Sowohl der Minister als auch sein Kunstreferent Waetzoldt 65 NPZ Nr. 532 v. 27.11.1922. 66 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 58. 67 So scheuten die Studenten nicht davor zurück, den Minister immer wieder in der Presse

anzugreifen. Im März 1923 warfen sie ihm beispielsweise eine dilatorische Behandlung der Denkmalsangelegenheit vor. Gleichzeitig wurde ein weiterer Vorstoß zur Errichtung eines Findlings gemacht; man schlug vor, die bisher gesammelten Gelder „der Stärkung des nationalen Widerstands“ im Ruhrgebiet zur Verfügung zu stellen und stattdessen einen einfachen Denkstein zu errichten; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 67. Zu den Spannungen zwischen Kultusminister und Berliner Studentenschaft, vgl. auch Berliner Hochschul-Nachrichten, 4. Heft, Januar 1925, S. 43, in der Boelitz lapidar als „wenig kreativer Kopf“ bezeichnet wird. 68 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 69f.

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unterhielten zu dem Kreditinstitut enge Beziehungen. 69 Allerdings wurde die Finanzierungsfrage aufgrund der steigenden Inflation immer prekärer. Auch der kurzerhand durch Waetzoldt ins Leben gerufenen „Vereinigung von Spendern zur Errichtung eines Kriegerdenkmals in Berlin für die gefallenen Studenten der Berliner Universität“70 waren in dieser Situation die Hände gebunden.71 Wollte sich der Zusammenschluss namhafter Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, dem unter anderem auch Friedrich Ebert, Max Liebermann und Andreas Hermes angehörten, ursprünglich mit einem allgemeinen Aufruf an die Bevölkerung wenden, entschied man sich aufgrund der zugespitzten politischen Lage - das Ruhrgebiet war seit Jahresanfang besetzt – nur für ein eingeschränktes Bittgesuch. Im Laufe des Mai 1923 bat Staatssekretär Carl Heinrich Becker insgesamt neun Kreditinstitute, die alle in engem Geschäftskontakt zur Deutschen Bank standen, um finanzielle Unterstützung bei der „Vollendung und Errichtung“ 72 des Universitätsdenkmals. 73 Dabei wurden insgesamt Einnahmen in Höhe von 8,7 Millionen Mark erzielt, was allerdings bei weitem nicht den Erwartungen des Kultusministers entsprach.74 Um die Beschaffung des Materials dennoch fortführen zu können, musste das Ministerium weitere 35 Millionen Mark vorschießen. Die vorübergehende Finanzspritze erwies sich allerdings als Dauergeschenk.75 Schließlich hatte das Denkmalprojekt noch bis zu seiner Errichtung unter der starken Geldentwertung zu leiden.76 69 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 72. 70 Der Spendenaufruf ist zu finden unter GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt

76. 71 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 71; der Vereinigung wurde die Ge-

meinnützigkeit zuerkannt, womit die Spenden einkunftsmindernd angesetzt werden konnten. 72 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 72. 73 Carl Heinrich Becker (1876-1933, parteilos) amtierte zwischen April und November 1921 sowie ab 1925 als preußischer Kultusminister, Möller, Parlamentarismus, S. 606; sein vorzeitiges Abtreten 1930 führte in prominenten demokratischen Kreise Berlins zu großer Bestürzung, Braun, Weimar, S. 289f.; Wende, Becker, S. 316-330; 1928 startete Becker gemeinsam mit Ministerpräsident Braun eine Initiative mit den Ziel, die „versteckten Versuche zur Pflege monarchischer Überlieferung“ in den universitären Reichsgründungsfeiern „nach Möglichkeit niederzuhalten“. Allerdings scheiterte er am traditionellen Selbstbestimmungsrecht der Hochschulen; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. I, Nr. 20, Bd. III, Blatt 20-31, 74ff., hier 76. 74 Die Beträge gingen Ende Mai bis Anfang Juni 1923 auf dem Spendenkonto ein; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 82-91. 75 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 93. 76 Als Honorar erhielt Lederer von den Studenten einen Kopfbeitrag von 0,50 RM für zwei Semester; die Sachkosten wurden überwiegend von der Universität getragen; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Notiz v. 8.10.1925.

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Trotz vielfältiger Bemühungen sahen sich Boelitz und sein enger Mitarbeiter Waetzoldt immer wieder den Beschimpfungen der Berliner Studentenschaft ausgesetzt. 77 Im Februar 1925 äußerten rechtsgerichtete Gruppierungen der Hochschule folgende Behauptung: „Nach Beendigung des Krieges veranstaltete die Berliner Universität eine Sammlung zwecks Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen der Universität. Den einen Teil dieses Geldes verschlangen die Entwürfe der Künstler, den anderen die Inflation. Darauf nahm die Studentenschaft die Angelegenheit in die Hand. Die Baukosten wurden durch Sammlung aufgebracht, die Feier für die Enthüllung des Denkmals festgesetzt, als das Kultusministerium, […] wahrscheinlich aus politischen Gründen, die Errichtung des Denkmals in der vorgesehenen Form unterband. Das preußische Kultusministerium musste sich allerdings verpflichten, die Kosten für die Ausführung des Denkmalsentwurfs des Professor Lederer aufzubringen und die Enthüllung wurde für Anfang 1925 versprochen. Doch man hört von nichts. Hätte man der Studentenschaft die Angelegenheit überlassen, so wäre die selbstverständliche Pflicht, den im Weltkriege gefallenen Helden ein Ehren- und Gedenkmal zu setzen, erfüllt.“78

Diese öffentliche Verdrehung der Tatsachen verärgerte Waetzoldt zutiefst. Schließlich wäre das Denkmalprojekt ohne das Engagement des angesehenen Kulturpolitikers so niemals zustande gekommen.79 Hinzu kam eine gravierende Veränderung der politischen Rahmenbedingungen. Als die DVP Anfang 1925 aus der Regierung ausschied, musste auch Boelitz vom Amt des Kultusministers zurücktreten. 80 Deshalb erklärte er seine Zusammenarbeit in der Frage des Kriegerdenkmalbaus für beendet. Alle weiteren Planungsschritte sollte die Hochschule nun eigenhändig tätigen. 81 Dieser erzwungene Alleingang hatte allerdings gravierende Folgen, wie ein Blick auf die Namensfrage zeigt. Zunächst scheint es, als ob die fehlende Verzeichnung der Namen auf den Denkmalpfeilern ausschließlich auf den andauernden finanziellen Engpass zurückzuführen gewesen sei. Tatsächlich hatte Boelitz bereits 1922 darauf hingewiesen, dass von der Errichtung der Pylonen – also auch der Namensgravur – links und rechts der Skulptur aus wirtschaftlichen Gründen Abstand genommen werden müsse: „Mein Kunstreferent [Waetzoldt] hat den Versuch gemacht, […] die erforderlichen Beträge aufzubringen, die wenigstens eine Ausführung und Aufstellung des Kernpunktes der Anlage, also der Figur Lederers ermöglichen würden. Auf Errichtung der Pylonen wird von vornherein im Hinblick auf die Höhe der Kosten verzichtet werden müssen.“82 77 Insbes. GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 93f. 78 DZ Nr. 61 v. 6.2.1925. 79 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 114. 80 Kratz-Kessemeier, Kunstpolitik, S. 269. 81 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 103, 105, 107f. 82 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 58, Schreiben vom 11.12.1922.

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Boelitz war sich wohl bewusst, dass die Errichtung der zentralen Denkmalsfigur – um des politischen Friedens willen – absolute Priorität hatte. In Zeiten der Geldentwertung war er deshalb gezwungen, zunächst nur die Skulptur anfertigen zu lassen. Es kann davon ausgegangen werden, dass ihm diese Entscheidung nicht leicht gefallen ist. Schließlich hatte das Kultusministerium stets gedrängt, dass erst die Namensnennung eine objektive Betrauerung der Gefallenen gewährleisten könnte.83 Diese Ansicht teilte auch Ministerialrat Waetzoldt. Noch im Mai 1925, nachdem immerhin zwei der vier Pylonen finanziert waren, betonte dieser: “Ich habe die Reduktion auf 2 [Pylonen] immer bedauert, weil ich darin eine wesentliche Beeinträchtigung der ganzen künstlerischen Struktur der Denkmalanlage gesehen habe. Ob es möglich sein würde, die Mehrkosten für zwei [weitere] Pylonen aufzubringen, bleibt noch dahingestellt.“84 Dagegen war der zuständige Universitätsrektor Gustav Roethe von vorneherein bereit, auf eine Beschriftung der Pfeiler zu verzichten. Selbst als ihm der ausführende Bildhauer diese noch nachträglich anbot, lehnte er ab: „Ich wiederhole nochmals, dass wir jederzeit bereit sind, um die Vollendung des Denkmals schnell zu ermöglichen, auf die Beschriftung bis auf weiteres zu verzichten. Wenn Lederer diese Beschriftung jetzt durchaus haben will, so habe ich fast den Eindruck, als ob er dadurch noch einige Zeit zu gewinnen hofft.“85

Für den Nationalisten Roethe bildeten die Namen ein rein willkürliches Element der Denkmalanlage. Aus seiner Sicht konnte die Beschriftung der Pfeiler unterbleiben. Bereits 1914 hatte der Germanistikprofessor verkündet: „Der Tod für das Vaterland bildet sich für uns alle um in ein allbeherrschendes Gefühl tieffreudiger Lebensbejahung […]. In diesem gespannten, sehnsüchtigen Harren erscheint das Leben fast nur darum als ein Gut, weil es den Tod für das Vaterland ermöglicht.“86 Dieses Manifest freudigen Opfertums ließ ihm auch nach dem Ersten Weltkrieg keinerlei Raum für eine objektive Betrauerung der Gefallenen.87 Damit gab die Kluft zwischen universitärer und ministerieller Deutung 83 Kratz-Kessemeier, Kunstpolitik, S. 267. 84 Seit dem Studienjahr 1924 waren wiederum zwei Pylonen zur Ergänzung der Denkmalsfigur

vorgesehen; erst als deutlich wurde, dass auch die Mehrkosten für zwei weitere Pylonen aufgebracht werden konnten, wurden diese im Oktober 1925 noch angefordert; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 118, 126f. 85 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 104. Lederer war allgemein für seine Unzuverlässigkeit hinsichtlich der Einhaltung von Terminen bekannt; vgl. zu seinen Arbeiten am Bismarckdenkmal Hamburg (1901-1906) Schilling, „Distanz halten“, S. 154. 86 Roethe, Vaterland, S. 29. 87 Der Germanistikprofessor Gustav Roethe (1859-1926), der sowohl 1923/24 als auch 1925/26 Universitätsrektor war, gehörte der völkischen Fraktion der Universität an; er war zweiter Vorsitzender des kurz nach der Novemberrevolution gegründeten Ausschusses

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des Kriegstodes letztendlich den Ausschlag für ein überwiegend subjektives Totenerinnern.88 Eine Wiederauferstehung des gebeugten Helden als Identitätskonstrukt universitärer Gruppen konnte nur gelingen, wenn die divergierenden Kulturen der Trauer im Berliner Hochschulmonument integriert wurden.89 Dies macht die Planung des Universitätsdenkmals deutlich. Durch den Seebergschen Bildcode „invictus, victi, victuri“ und die Auswahl des Entwurfs eines niederknienden Kriegers, der zwischen Fall und Wiederaufstieg schwankte, wurde zunächst die Grundlage für ein Bildgedächtnis geschaffen, dass die gegensätzlichen Deutungen des Kriegstodes miteinander verband und so das universitäre Selbstverständnis neu begründete. Dabei hatte die Hochschule allerdings stets auf die Mitsprache des preußischen Kultusministeriums zu achten. Mit Hilfe eines zweiten Entwurfsvorschlags, der die militaristisch deutbaren Motive im Denkmal eliminierte, zugleich die Umsetzung einer architektonischen Pfeileranlage und die Nennung sämtlicher Gefallenennamen forcierte, wollte das Ministerium die universitäre Trauer stärker entpolitisieren und zugleich objektivieren. Dass dies selbst nach Jahren zähen Erinnerungskampfes nur partiell erreicht, der Namensindex niemals verzeichnet wurde, war den politischen Gegebenheiten der Zeit zu schulden.

2. Gestalterische Paradoxien. Wechselspiel zwischen subjektiver und objektiver Trauer Die Gestaltung des Berliner Universitätsdenkmals durch Hugo Lederer90 und German Bestelmeyer unterschied sich wesentlich vom bayerischen Hochschulmonument. Während der Münchener Speerträger im Zentrum des Hauptgebäudes gen Osten voranschritt, wurde die Bewegung in Berlin von der Statik deutschnationaler Hochschullehrer und für seine politische Indoktrination im Hörsaal bekannt; Döring, Weimarer Kreis, S. 61, 267; Judersleben, Roethe, S. 280-288; Berliner Hochschul-Nachrichten 6. Heft v. September 1926, S. 50f. (Nachruf); BT Abendausgabe, Nr. 294 vom 24.6.1922; vgl. auch Roethe, Gedächtnisfeier, insbes. S. 3; Vorwärts Nr. 141 v. 25.3.1926. 88 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 123ff. 89 Vgl. Giesen, Triumph, insbes. S. 1-4. 90 Der Bildhauer Hugo Lederer (1871-1940) schaffte 1901 den Durchbruch mit dem Hamburger Bismarck-Denkmal; er avancierte daraufhin zu einem der meistbeschäftigten Auftragskünstler seiner Zeit. Ab 1910 schuf er die Denkmäler der ersten beiden Berliner Rektoren Fichte und v. Savigny am Eingang zum Universitätshauptgebäude Unter den Linden; 1916-21 war Lederer Hochschullehrer an der Akademie der Künste Berlin; danach übernahm er das Meisteratelier von Louis Tuaillon; nach 1933 blieben ihm allerdings größere Aufträge versagt; Hoffmann, Denkmalsplastik, S. 44; Krey, Lederer, S. 70ff.

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gebremst. Die Figur verkörperte keinen kampfbereiten Gestus, sondern einen transitorischen Moment. Im Vergleich zum militanten Münchener Jüngling wurde hier ein Grenzübertritt deutlich, der vom Trauma zum Triumph, von der Krise zur Wiederauferstehung führte. Die Figur war weniger auf eine nationalistische Aggression als vielmehr auf eine kollektive Bestärkung hin angelegt. Auch die objektive Trauer wurde in den gebeugten Helden integriert – selbst wenn man sie bei genauerer Betrachtung degradierte. Denn er war durchaus in der Lage, sich den Schmerz der Trauernden einzuverleiben und ihn zugunsten einer kollektiven Wiedergeburt aufzulösen. Im Zentrum der Denkmalsanlage ruhte eine über zwei Meter große, in Knie-Sitz-Haltung befindliche männliche Gestalt auf breit ausgeprägtem, pyramidalem Sockel.91 Sie war im Begriff, sich zu erheben (Abb. 14). Noch berührte der bis auf einen Lendenschutz nackte Jüngling mit seinem linken Knie den Boden und hielt in der linken Hand ein fallendes Schild; seine rechte Hand fiel kraftlos über das Knie hinab. Allerdings stieg die rechte Beinlinie bereits deutlich an, und auch die Nackenlinie war kraftvoll gestrafft, während die Gestalt den unbehelmten Kopf gesenkt hielt.92 Es war gerade diese Hybridität der Darstellung, welche eine Vermittlung zwischen den an der Hochschule kursierenden Paradigmen der Trauer ermöglichte. Zwar war der zukünftige Kampf hier bereits angedeutet; zugleich übertraf die kontemplative Haltung des Jünglings dessen Aktionswillen bei weitem. Und seine gebeugte Position konnte auch den Schmerz der Hinterbliebenen integrieren, da sie psychisches Leid reflektierte. Auf den ersten Blick konnte man meinen, bei dem Berliner Jüngling handele es sich um eine neoklassizistische Skulptur. Es ließen sich durchaus formale Anklänge an die Antike, wie beispielsweise an den „knienden Perser,“93 finden. Dieser stilistische Vergleich war allerdings nur begrenzt aussagekräftig.94 Zwar hatte die Gestalt eine ideale Physiognomie: „[Das griechische Profil] besteht darin, daß Stirn und Nase fast in gerader Linie stehen. […] Denkt man sich eine Linie von der Nasenwurzel bis nach dem unteren Teil der Öffnung des Ohres, so muß sie mit jener einen rechten Winkel machen,“ führt Hegel in seiner Philosophie 91 Die Jünglingsfigur war etwa 2,20 Meter hoch und stand auf einem verhältnismäßig niederen,

ca. 1,00 Meter hohen, horizontal ausgebildeten, zweifach abgestuften pyramidalen Sockel; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 47, 111. 92 Er war mit einer stilisierten Haartracht, einem den Kopf umfassenden Haarwulst, dargestellt, der nur von weitem an eine Helmform erinnerte. Die stilisierte Haartracht zeigte Lederer erstmals bei einer Arbeiterfigur seines Krupp-Kriegerdenkmals und wiederholte sie später noch häufiger; vgl. Jochum-Bohrmann, Lederer, S. 126. 93 Hoffmann-Curtius, Kriegerdenkmal, S. 103; vgl. auch Brendel, Kneeling Persian, S. 63f. 94 Krey, Lederer, S. 49: „Allerdings wäre es falsch, wenn wir den Hang zur Symmetrie, die Monumentalisierung der Form auf eine Beeinflussung durch [klassizistische] Hildebrandsche Ideen herleiten würden. Der Mensch und Künstler Hildebrand blieben Lederer fremd.“

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der Kunst aus. 95 Diesen klassischen Gesichtsproportionen hatte sich Lederer angenähert. Auch die Überschattung der Augen durch vorstehende Brauen entsprach einer Vorgabe des Philosophen: „Das tiefliegende Auge macht eine schöne Wirkung, besonders durch den Schatten, der in dasselbe hineinfällt. Zu den Augen gehören auch die Augenbrauen als einem besonderen Schmuck des Menschen.“96 Wesentlich ist, dass Lederer seinem Jüngling dabei keine Miene aufzwang. Vielmehr hatte er eine Gestalt in „konzentrierter Blicklosigkeit“ 97 geschaffen, was ihr einen erhabenen, überindividuellen Charakter verlieh.98 Der Kriegstod wurde idealisiert dargestellt: „Das heroische Individuum ist der Sohn seiner Familie und nicht eine individuelle Persönlichkeit […]. Nach […] gewöhnlichen Vorstellungen ist das Individuum persönlich für sich, und wofür es zu stehen hat, ist seine eigene, partikulare Handlung. Im stoischen Verhältnis findet diese Trennung aber nicht statt,“99 so Hegel in seiner Philosophie der Kunst. Damit verbot die vorbildliche Ästhetik dem Bildhauer von vorneherein, die Figur in ihrem inneren Zwiespalt zwischen objektivem Schmerz und subjektivem Willen darzustellen. Statt des Aufbegehrens gegen das gewaltsame Sterben sollte der steinerne Held nationale Hingabe demonstrieren.100 Von dieser Lehre war auch das Kriegsmonument durchdrungen. Allerdings konnte trotz dieser ästhetischen Vorgabe auch noch ein realitätsnaher Zugang zum Kriegstod erreicht werden. Denn in der gebeugten Haltung des Jünglings lag eine Empathie und Empfindsamkeit verborgen, welche auch eine individuelle Reflexion über das gewaltsame Sterben ermöglichte. Der Jüngling war so sehr in sich versunken, dass der Kriegstod als Quelle psychischen Leids memoriert werden konnte. Die Jünglingsfigur wies allerdings zugleich über das klassische Motiv des niederstürzenden Persers hinaus. Im Berliner Jüngling sollte nicht ausschließlich ein tragischer Fall dargestellt werden. Es handelte sich vielmehr um die eigentümliche Verbindung von Niederlage und Wiederauferstehung. Dargestellt war

95 Hegel, Philosophie der Kunst, S. 177. 96 Ebd., S. 179. 97 Ullrich, Uta, S. 10. 98 Hegel kommentiert die Augenpartien der Skulpturen folgendermaßen: „Im Blick liegt die

Seele. Der Geist konzentriert sich darin. Das Auge sieht wesentlich heraus und ihm manifestiert sich die Mannigfaltigkeit der Welt. […] Ebenso deutet das Auge auf das Innere, und man sieht durch dasselbe in die Seele des Individuums. Das Skulpturbild drückt aber wesentlich das nach innen Gehende, nicht das nach außen Gehende aus“; ders., Philosophie der Kunst, S. 173. 99 Hegel, Philosophie der Kunst, S. 46f. 100 Vgl. insbes. Liebsch, Trauer, S. 50ff.

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ein Gebeugter, der sich im Glauben an die kollektive Zukunft erhob.101 Lederers Stilpluralismus vereinte schon früh den zeittypischen Hildebrandklassizismus mit dem Begasbarock zu einem eigenen, monumentalen Ausdruck.102 Diese kontrastreiche Synthese zwischen der klassizistischen Beherrschung der Form und dem Drang zu ihrer barocken, leidenschaftlichen Entfaltung war es, die Lederer die Schaffung eines transitorischen Zustands erlaubte.103 Erst durch das Ineinandergreifen unterschiedlicher Stile wurde die ambivalente Grundhaltung des Jünglings deutlich. Die Gestalt war einerseits im Formalen gebändigt und gab sich der Niederlage und Trauer hin, setzte sich allerdings andererseits, wie von einer inneren Leidenschaft durchschüttelt, demgegenüber zur Wehr.104 „Lederer zwingt sich zur Ruhe, bändigt seine Kraft, verwehrt ihr das Schweifen ins Ungeheure,“105 so der Kunstkritiker Alfred Kuhn im Jahr 1921. Und weiter: „Seine Leiber werden von irgendwelchen Kämpfen und Leidenschaften durchschüttelt und wehren sich gegen die Bändigung im Formalen.“106 Es scheint so, als habe erst dieser Stilpluralismus die Integration der unterschiedlichen (Toten-) Gedächtnisse ermöglicht. Der Körper des gebeugten Helden war monumental gearbeitet. Trotz der idealisierten Darstellung waren seine einzelnen Körperpartien weniger ästhetisiert, als vielmehr in geometrische Formen zerlegt wiedergegeben. 107 „Breite, heftig aneinanderstoßende Flächen“108 schufen einen Riesenleib „von mächtigen geschwellten Formen“ der „flächenhaft verbreitert [wurde], zusammengeschlossen in blockhafter Empfindung.“109 Die kraftvollen Muskeln des Oberkörpers und der Arme waren in Trapez- und Kugelformen zerlegt, der Kopf näherte sich einem Würfel an. Die einzelnen Körperpartien wurden somit aufgelöst und zugleich in die Monumentalität des Gesamtkörpers eingebunden. 101 Vgl. die treffende Interpretation bei Jürgens-Kirchhoff, Niedergeschlagene Soldaten, S. 430;

dagegen bezeichnet Berger, Bildhauerei, S. 426, die Figur schlicht als „muskelstrotzenden Kauernden“. 102 Merkel, Porträit, S. 163-171; Lederer fühlte sich insbesondere den vitalen, leidenschaftlichen Plastiken Franz von Stucks verbunden; Krey, Lederer, S. 37. 103 Krey, Lederer, S. 49ff., 72. 104 Pölzl-Malikova, Metzner, S. 42. 105 Kuhn, Plastik, S. 78. 106 Ebd. 107 Auch diese Formgebung lässt sich auf Hegel zurückführen. Wenn dieser meinte, dass die Vermittlung geschichtlicher Wahrheit nur durch die schöne Gestalt möglich sei, bedeutete dies keineswegs, dass er weitere Gestaltungsmöglichkeiten ablehnte. Im Gegenteil: für Hegel war das Ideal der Kunst für jede Epoche und Kultur auf eigene Weise zu definieren; Berr/ Gethmann-Siefert, Ästhetik-Vorlesung, S. XXXIf. 108 Kuhn, Plastik, S. 78. 109 Ebd., S. 79.

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Dies schuf letztendlich einen kubischen Ausdruck, der von der Vorstellung eines mimetischen Körpers weit entfernt lag. Mit Hilfe seines Monumentalstils hatte Lederer stattdessen einen übermenschlichen Ausdruck geschaffen.110 Indem der Künstler die Denkmalfigur einerseits zerlegte und andererseits wieder zusammenfügte, gelang es ihm, die divergierenden Paradigmen der Trauer, die an der Hochschule kursierten, symbolisch zu bündeln. Durch die Entwicklung von Figur und Sockel in die Horizontale wurde die Wahrnehmung sozialer Inklusion zusätzlich verstärkt.111 Auch die Tatsache, dass der Künstler Granitgestein verarbeitete, das einen schweren, blockhaften Eindruck machte, trug zur kollektiven Wirkung bei. Denn die kubischen Ausmaße dieses Gesteins begrenzten den detailgenauen Ausdruck der Figur. Gleichzeitig eignete sich Granit besonders zur Darstellung allgemeiner Gefühlsstimmungen. Er wurde mit „Ruhe und Erhabenheit“112 gleichgesetzt und galt als „Sinnbild der [germanischen] Urkraft.“113 Insgesamt wirkte das Denkmal somit durch seine ruhenden Massen als „Ausdruck eines kollektiven Geistigen.“114 Es drückte weniger den Drang nach aktiver Verdoppelung eines kämpferischen Körpers als vielmehr den Willen zur Übernahme eines passiven Gemeinschaftsgefühls aus.115 Dies wurde durch den „Reliefcharakter der ganzen Anlage“116 unterstrichen. Die Denkmalsfigur war nicht als Freiplastik gearbeitet. Vielmehr sollte sie vom Betrachter ausschließlich frontal wahrgenommen werden. Das Merkmal der wahren Dreidimensionalität, die Möglichkeit, sich um das Denkmal herum zu bewegen und es zu betasten, entfiel.117 Damit verweigerte sich das Kriegsmonument zugleich einer körperlichen Verinnerlichung. Zwar ging von ihm weiterhin der latente Wille zum militärischen Kampf aus; gleichzeitig brachte die Figur aber auch den Wunsch nach einer gewaltlosen Wiedergeburt des Nationalen zum Ausdruck. Die lateinische Inschrift auf dem Sockel brachte die Aussage des Kriegerdenkmals auf den Punkt. Sie lautete:

110 Zeitlebens blieb sein bevorzugtes Sujet die Darstellung des Helden im kraftgespannten

Männerkörper; Krey, Lederer, S. 57; Hoffmann-Curtius, Antikenrezeption, S. 95. Seine Modelle fand Lederer vor allem im Sport; vgl. Krey, Lederer, S. 20. 111 Die soziale Inklusion war das Hauptprinzip des Neuen Nationalismus an der Hochschule; vgl. Breuer, Nationalismus, S. 33; Brandt, Kundgebungsmacht, S.180. 112 von Seeger, Denkmal, S. 28. 113 Fuhrmeister, Materialikonographie, S. 243. 114 Max Osborn, VosZ Nr. 165 v. 11.7.1926. 115 Merkel, Porträt, S. 40; Fuhrmeister, Materialikonographie, S. 241ff. 116 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 47. 117 Spies, Kontinent, S. 26.

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Invictis – Victis – Victuri118 [den Unbesiegten – die Besiegten – die leben werden/ die siegen werden].

Zum einen wurde hier eine durch den Krieg ausgelöste Traumatisierung eingestanden, zum anderen stellte man die Figur wiederum in eine Kontinuität der Zeiten zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die letzten Endes in eine Wiedergeburt des Nationalen mündete. Das begriffliche Identitätskonstrukt markierte also einerseits einen Vergangenheitsbruch, andererseits band es die traumatischen Wurzeln des Selbst in einen zukünftigen Triumph ein. Die Spannung zwischen imperfekter Vergangenheit und idealer Ordnung einer Zukunft, die auf kriegerischem wie zivilem Weg erreicht werden konnte, wurde zu einer erneuten Kraftquelle, mit deren Hilfe die innere Spaltung der Hochschule überwunden werden sollte.119 Auch der Denkmalstandort schuf ein konzentriertes Bildgedächtnis. Trat man an das Kriegerdenkmal heran, fiel zunächst dessen naturverbundene Aufstellung ins Auge (Abb. 15). Tatsächlich war das Monument außerhalb des Universitätshauptgebäudes errichtet worden. Es hatte am nördlichen Rand des hinteren Gartens, axial zum Mittelbau des Hauptgebäudes, im sogenannten Kastanienwäldchen, Platz gefunden. Die Naturnähe verlieh ihm einen friedlichen Charakter. Schließlich wurde es mitten unter hohe Bäume gestellt, durch deren Kronen das Licht gedämpft einfiel. Dieser Eindruck wurde durch die Sträucher an der Rückseite des Universitätsgartens verstärkt.120 Bei genauerer Betrachtung wird allerdings deutlich, wie sehr der Standort am „Abschluss gegen die Straße“121 auch politisch besetzt war. Denn schräg gegenüber der angrenzenden Dorotheenstraße befand sich der so genannte Hegelplatz mit einer Porträtbüste des Universitätsgelehrten, zu dessen geschichts- und kunstphilosophischen Thesen das Kriegerdenkmal eindeutige Bezüge herstellte:122 „Hinter

118 Das Originalzitat scheint von Reinhold Seeberg zu stammen; vgl. die – leider fehlerhaf-

te - Übersetzung und die Erläuterungen bei Lurz, Kriegerdenkmäler, Bd. IV, S. 306, 338f. Es verbreitete sich schnell in der deutschen Öffentlichkeit, schon 1920 erschien es beispielsweise auf dem Titelblatt der „Krieger-Zeitung“, Hausen, Germany, S. 135f. 119 Vgl. Giesen, Triumph, S. 2ff.; Horn, Trauer schreiben, S. 44. 120 Vgl. auch VosZ Nr. 507 v. 15.10.1920. 121 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 46 (Erläuterungen zum Gedächtnismal von Lederer und Bestelmeyer). 122 Auch ein Vergleich der Gartenanlage mit dem populären Denkmaltypus des Ehrenhains legt nahe, dass das Kriegerdenkmal primär einer kollektiven Betrauerung der Kriegstoten dienen sollte. Dabei galt der Wald als „Kraftquell des deutschen Volkes“, der sich durch einen Besuch der „eigenen Unvergänglichkeit“ versicherte. Er wurde als Symbol des deutschen Wesens in seiner „Ursprünglichkeit, Innerlichkeit und Treue“ angesehen. Die

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der [Denkmals-] Gestalt ragt das Riesenhaupt des größten Geistes [Hegel], der an unserer Hochschule gelehrt hat, mächtig empor,“123 kommentierte Seeberg die Platzwahl am Tag der Einweihung und machte somit deutlich, wie bewusst das Kriegsmonument in den freien Raum zwischen Hegelplatz und Dreiflügelanlage der Universität hineinkomponiert war. Dabei unterstrich er einmal mehr die zentrale Bedeutung des Staatsphilosophen für das universitäre Gedenken. Es war der Glaube an die Hegelsche Dialektik der Geschichte und an die Überwindung von Gegensätzen, welcher den Kern des symbolischen Gedächtnisses bildete. Zugleich gestand Seeberg auch die Einverleibung der objektiv Trauernden ein: „Vor der Gestalt breiten sich die beiden Flügel der Universität aus, wie Arme der Mutter, die bereit ist, den […] Sohn an ihr Herz zu ziehen,“124 so der Professor zur Errichtung des Denkmals an der Rückseite der universitären Dreiflügelanlage. Indem die Alma mater sämtliche Gefallenen und Kriegsteilnehmer unter ihren Schutz stellte, konnte es ihr zum einen gelingen, das Leid der Familienangehörigen ein Stückweit zu lindern. Der Kriegstod wurde hier nicht weiter funktionalisiert, sondern als menschlicher Verlust memoriert. Zum anderen drohte die Trauer, von Seeberg ausschließlich weiblich codiert, allerdings zugleich als privater Affekt wahrgenommen zu werden. Denn nicht der öffentliche Protest gegen den Kriegstod stand im Zentrum dieses Totenerinnerns, sondern eine vorübergehende Tröstung. Diese konnte auch zur Sublimation der objektiven Trauer führen. Auf den ersten Blick erinnerten die sieben Meter hohen Steinpfeiler, die – in Zweiergruppen – links und rechts hinter der zentralen Denkmalsskulptur postiert waren, an friedliche Baumsilhouetten.125 Allerdings wirkten ihre schlanken, hoch aufragenden Schäfte kaum besänftigend, sondern vielmehr bedrohlich und hart.126 Ihre freistehende, sich nach oben verjüngende Rechtecksform ähnelte

zeitgenössische Diskussion um Errichtung eines Heiligen Hains in Bad Berka schildert insbes. Ziemann, Erinnerungsort, S. 72ff., hier S. 74. 123 Aus der Ansprache Seebergs anlässlich der Denkmalseinweihung; Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Enthüllung, S. 16. 124 Ebd. 125 Die Dorotheenstraße verläuft bis heute parallel zur Straße ‚Unter den Linden‘ in nördlicher Richtung. Um genügend Platz für die Figur zu lassen, war der mittlere Abstand der Pfeiler etwas größer ausgefallen; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 46. Zunächst war geplant, die Pfeiler - wie in einer Säulenhalle, vgl. die ursprünglichen Planungen Ulrich v. Willamowitz-Moellendorffs - um das Monument herum anzuordnen; allerdings wurde dieser Plan wegen eines notwendigen Standortwechsels wieder fallengelassen; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 41. 126 Vgl. Warnke, Politische Landschaft, S. 148.

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der Gestalt eines Obelisken.127 Jedoch schlossen sie nicht, wie üblich, mit einer kleinen Pyramide ab. Dem eigentlichen Steinpfeiler folgte vielmehr eine Kämpferplatte, auf der ein viereckiger, kleiner Sockel mit Eisernem Kreuz ruhte. Am unteren Ende der Pfeiler waren je vier Kranzhalter angebracht. Obelisken dienten von jeher der Begrenzung von Diesseits und Jenseits. Im alten Ägypten wurden sie paarweise vor Tempeln errichtet, um den Übergang von der menschlichen zur göttlichen Welt zu bezeugen. Auch die Steinpfeiler des Universitätsdenkmals waren auf eine solche fundamentale Begrenzung hin angelegt. Nach den künstlerischen Erläuterungen sollten sie einem „hohen Lettner in einem Kirchenraum“128 gleichen. Diese Metapher erscheint zunächst unverständlich, befand sich doch hinter den Steinpfeilern kein sakraler Raum, sondern schlicht die angrenzende Straße. Erst wenn man den Betrachterstandpunkt bewusst nach außen verlagerte, ließ sich die architektonische Eingrenzung wahrnehmen. Bei der Ansicht von der Straße her bildete die Denkmalanlage einen Ort, der – kaum einsehbar – durch eine massive Grenzmarkierung von der Außenwelt abgeschirmt war. 129 Die Steinpfeiler fungierten in den Augen der Künstler somit weniger als Träger objektiven Gefallenengedenkens, sondern vielmehr als politische Grenzposten, die einen heiligen Bezirk - in dessen Zentrum die Wiedergeburt des Helden stand - schützen sollten. Mehr als 1000 Universitätsangehörige hatten im Ersten Weltkrieg ihr Leben verloren. Geplant hatte die Denkmalkommission ursprünglich, auf den vier Pfeilerflächen je 256 Gefallenennamen, durch Blattornamente unterteilt, einzumeißeln.130 Die Anbringung der Namen war vom Kultusministerium gar als ausschlaggebend für die Genehmigung des Denkmalbaus bezeichnet worden. Nachdem dieses Ziel allerdings gescheitert war, ging von den Pylonen kein einziger Hinweis auf die Kriegstoten mehr aus.131 Stattdessen verlieh der Rektor des 127 Unten besaßen die Steinpfeiler 93 cm, oben nur noch 87 cm Durchmesser; GStA, I. HA

Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 47, 111; vgl. Binding, Formenlehre, S. 182. 128 GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 46. Der kirchliche Lettner als

durchbrochene Mauer diente ursprünglich der Trennung zwischen dem Chor der Mönche und Geistlichen sowie dem Laienraum. 129 Üblicherweise war der Lettner innerhalb des Kirchenraums um ein vielfaches niedriger als diese Pfeilerreihe; Binding, Formenlehre, S. 181. 130 Gefallen waren 997 Studenten und 35 Dozenten, Beamte und Angestellte, wobei die Studenten nach Fakultäten und die sonstigen Gefallenen in einer Gruppe aufgelistet wurden; GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. 2, tit. X, Nr. 27,6, Blatt 47, 153-161. Man legte zusätzlich ein Heldenbuch an, worin die Namen der Toten aufgenommen wurden. 131 Auch weitere Bemühungen, beispielsweise von Rektor Eduard Norden im Jahr 1928, die Namen in die Pfeiler einzumeißeln, scheiterten. Dies, obwohl die Dozentenschaft eine Garantieerklärung übernommen hatte und auch die Angehörigen der Gefallenen Beiträge zum Denkmalfonds ausrichteten. Generell wurde die Höhe der Pfeiler beklagt, welche eine

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Studienjahres 1925/26, Josef Felix Pompeckj, ihnen anlässlich der Einweihungsfeier eine ausschließlich nationalistische Deutung:132 „Und die vier Pylonen. Sie sollen Sinnbilder sein für die vier machtvollen Pfeiler, auf denen Deutschlands Kraft ruhen muß. Der unerschütterliche Glaube an unser Volk. Das deutsche Recht auf deutsches Leben in Freiheit. Der gesunde deutsche Sinn im Festhalten an deutscher Ehre. Das Fußen in der ruhmreichen deutschen Geschichte, das Pflegen und Hüten deutschen Geistes.“133

Die architektonische Anlage als Ort objektiver Trauer wurde damit endgültig aus dem kulturellen Gedächtnis der Hochschulangehörigen eliminiert. Nur durch die Nennung der Namen als Zeichen für etwas, was nie hätte geschehen dürfen, wäre ein Protest gegen das Nichtwiedergutzumachende noch möglich gewesen. Stattdessen ging von der Pfeilerreihe ausschließlich der Appell an eine nationale Wiedergeburt aus.134 Während somit die Lage des Kriegsmonuments an der Rückseite der universitären Dreiflügelanlage einerseits noch Trost, andererseits allerdings auch schon die Sublimation objektiver Trauer versprach, symbolisierte die eigentliche Denkmalsanlage ein Wechselspiel zwischen dem individuellen Festhalten und einer – wie auch immer gearteten – nationalen Freigabe der Kriegsgefallenen. Die zentrale Jünglingsfigur oszillierte permanent zwischen einer gebeugt-passiven und kämpferisch-aktiven Haltung, bewegte sich also stetig auf der Grenze von Krise und Neuanfang. Auf diese Weise gelang es ihr auch, die Trauer realitätsnah zu integrieren und zugleich ein Stückweit zu kompensieren. Erst ihre kubisch-monumentale Körpersprache wies auf den tatsächlichen Zweck des Denkmals hin: die zerklüfteten Sinnstiftungen des Kriegstodes wiederum zu bündeln und in ein neues Gedächtnis zu überführen, das dem nationalen Wiederaufstieg diente. Selbst die Hinterbliebenen konnten in diese Wahrnehmung

mögliche Lesbarkeit der Namen deutlich erschwere; Norden, Heldenehrungen, S. 6. Auch 1934 betonte die Neue Zeit noch, dass „das Ehrenmal nun endlich die 1000 Namen der im Weltkrieg gefallenen Studenten“ erhalten solle; NZ v. 20.4.1934. 132 Josef Felix Pompeckj, Universitätstrektor 1925/26, (*1867) war Professor für Geologie und Vorsitzender des Akademischen Gesamtausschusses für Leibesübungen; durch dieses Amt bekundete er den „Sinn für die Bedeutung der Ausbildung des Körpers, um die Waffen des Geistes wehrhaft zu führen“; Pompeckj hatte im Ersten Weltkrieg seinen einzigen Sohn verloren; Berliner Hochschul-Nachrichten Nr.3/4 v. Januar/Februar 1924, S. 11f. 133 Aus der Ansprache Pompeckjs, gehalten anlässlich der Einweihungsfeier des Denkmals; Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 15. 134 Vgl. Giesen, Triumph, S. 2.

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des Kriegsmonuments hineingezogen werden. Das angeblich tief Betrauerte wurde so an die Wiedergeburt des kollektiven Selbst verraten.135

3. Nationales zwischen Affirmation und potentieller Aggression. Die Rezeption des universitären Kriegsmonuments Untersucht man die Rezeptionsgeschichte des Berliner Universitätsdenkmals näher, wird schnell deutlich, dass die Wahrnehmung des Monuments zutiefst gespalten war. Während die Denkmalsanlage von zeitgenössischen Kritikern als hybrides Symbol aufgefasst wurde, nahmen sozialistische Hochschulgruppen das Monument ausschließlich als militantes Siegesmal wahr, während umgekehrt Angehörige des alten Heeres die Inschrift als „Schmähung alter Wahrheiten“136 beschimpften. Dies deutet auch auf die permanente Umdeutung des Nationalen hin, die sich neben dem Totenkult auf informell-halböffentlicher Ebene entwickelte. Zwar war die Einweihungsfeier des Kriegsmonuments ebenfalls vieldeutig angelegt. Sie schwankte zwischen potentieller Aggression und bloßer Affirmation des Nationalen. Gleichwohl gelang es den Initiatoren noch, das Bild einer einmütigen Gemeinschaft am Denkmal zu reproduzieren.

3.1. Kulturelle Vielfalt. Zur schwankenden Wahrnehmung eines hybriden Denkmals Der nahe am Denkmal vorbeiführende Pfad verband den West- und Ostflügel der Berliner Universität. Ihn beschritten täglich zahllose Studenten auf dem Weg zu ihren Hörsälen oder auf der Suche nach Erholung.137 Dabei betrachteten sie die Kriegerfigur beim Vorübergehen wohl überwiegend seitlich-frontal. Wäh135 Im Jahre 1927 sollte der Denkmalstandort eine Veränderung erfahren. Der Rektor der

Universität, Heinrich Triepel, wollte den Abstand des Betrachters von der zentralen Figur vergrößern und zugleich die Pylonen zugänglicher machen. Damit sollte die Einheitlichkeit der Denkmalwirkung erhöht werden. Geplant war neben der Ausbuchtung des am Monument vorbeiführenden Hauptweges sowohl die Umgrenzung der Pfeiler durch Nebenwege als auch die Verlegung eines Granitbodenbelags zur Zusammenfassung der losen Denkmalselemente. Während die ersten beiden Punkte mühelos umgesetzt wurden, konnte man in der Frage des Bodenbelags aber keine Einigung erzielen; insbes. Lederer sprach sich energisch dagegen aus; LAB A Pr Br Rep. 042, Nr. 1247, Blatt 2-5. 136 GStA, I. HA Rep. 76 Va 27,6, UI 8880 (Schreiben Springer an Ministerium für Wissenschaft, 10.12.1928). 137 Vgl. VosZ Nr. 507 v. 15.10.1920.

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rend Passanten, die von West nach Ost gingen, insbesondere die aufsteigende Silhouette des Jünglings wahrnahmen, bemerkten Personen, die von Osten kamen, zunächst nur die abfallende Linie. Neben einem potentiellen Aufruf zu kollektiver Aggression ging von der Skulptur somit auch der Wille zu gemeinschaftlicher Affirmation und zur Trauer aus. Je nach Intention des Betrachters war die visuelle Aufmerksamkeit entweder auf die potentiell militante oder auf die zivile Motivsprache gerichtet. Die Figur hatte ein äußerst breites Rezeptionspotential. Sie bildete die Schnittstelle zwischen objektiven Totenerinnerungen sowie einem nationalen, wenn nicht gar aggressiv-nationalistischen Gedenken. Allerdings appellierten das massige Körpervolumen, die kubisch aneinander stoßenden Flächen, die Horizontalität von Sockel und Figur und die Denkmalsinschrift insbesondere an das kollektive Pflichtgefühl des Betrachters. Die soziale Inklusion wurde durch den Denkmalsstandort zwischen Universitätshauptgebäude und städtischem Außenraum weiter verstärkt. Selbst trauernde Hinterbliebene, deren Wahrnehmung wohl stärker auf die abfallende Linie des Jünglings und somit auf eine realitätsnahe Betrauerung hin gerichtet war, konnten in dieses politische Konstrukt einbezogen werden. Indem man ihr Leid dem Nationalen zumindest teilweise untergeordnete, es der Kriegerfigur sozusagen einverleibte, wurde der Schmerz um die Toten auch ein Stückweit kompensiert. „Äußerlich ist bei dem Gefallenendenkmal der Berliner Universität mit dem Stile der Siegesallee gebrochen“,138 kommentierte der „Vorwärts“ das Denkmal kurz vor seiner Einweihung im Jahr 1926. Ähnlich erläuterte der Kunstkritiker Max Osborn von der „Vossischen Zeitung“ bereits 1920 den Denkmalentwurf: „Weitab steht dieses Werk von dem, was man früher in Deutschland unter einem Kriegerdenkmal verstand.“139 Die architektonische Pfeileranlage um den Krieger bezeichnete er als „friedhofsmäßige Anlage“ 140 und als „Totenmonument“, 141 die Figur als „in seiner Kraft gebrochenen und doch in einem heldenhaften Sinn ungebrochenen Mann.“142 An anderer Stelle fasste Osborn seine Wahrnehmung folgendermaßen zusammen: „Wie die Figur mit dem linken Knie den Boden berührt, doch den rechten Fuß noch aufstützt, wie die linke Hand mit Schild herabsinkt, die Rechte kraftlos auf dem Schenkel ruht, das Haupt sich neigt, und doch das Muskelspiel von Hals und Schultern ein neues Aufrichten andeutet, wie das alles mühelos in […] einen Umriss von klarer Geschlossenheit gebannt ist,

138 Vorwärts Nr. 141 v. 29.3.1926. 139 VosZ Nr. 165 v. 11.7.1920. 140 Ebd. 141 Ebd. 142 Ebd.

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das weist wohl auf den richtigen Weg.“143 Dies macht deutlich, wie sehr das universitäre Kriegsmonument in den Augen des sachkundigen Betrachters zwischen dem Ausdruck eines Toten- und Ehrenmals schwankte. Während dabei die Pfeileranlage nur selten wahrgenommen wurde, fasste man die Kriegerfigur sowohl als gebrochene als auch als ungebrochene, als kontemplative und dennoch aktive Gestalt auf. Gleichwohl wurden innerhalb der sozialistischen und pazifistischen Gruppierungen der Universität, welche die engere Zielsetzung des Denkmals kannten, bald Befürchtungen laut, die Einweihungsfeier könne zu Zwecken eines militanten Totenkults missbraucht werden: „Der alte Geist, mit dem das republikanische Deutschland und schließlich auch eine Universität der Republik lange fertig sein sollte, spukt noch in den Köpfen derer, die es weihen wollen,“ 144 so ein Urteil des „Vorwärts“ vom März 1926. Deshalb entschlossen sich die Vereinigungen im Sommer 1926 zu einem kulturellen Protest gegen die geplante Feier, die sie als eine „nationalistische Demonstration, um die zu beschimpfen, die dieser Feier fernbleiben würden“145 bereits im vorab diskreditierten. Einmütig beschloss man, die Veranstaltung zu boykottieren: „Wir sehen in der Inschrift ein Bekenntnis zum Kriegs- und Rachegedanken. Da wir verpflichtet und entschlossen sind, an dem großen und erhabenen Werke der Völkerversöhnung unter Einsetzung aller Kräfte mitzuwirken, müssen wir die Teilnahme an dieser politisch einseitig festgelegten Denkmalsenthüllung ablehnen. Für uns bedeutet die Erinnerung an die Toten des Weltkriegs die tiefernste und eindringliche Mahnung, ein erneutes Hereinbrechen so namenlosen Elends über unser Volk und die anderen Völker mit allen Mitteln zu verhüten.“146

„Die nationalistische Überhebung [im Monument hat] nicht den Toten des Weltkrieges, [sondern] sich selbst ein Denkmal gesetzt,“ 147 so ein weiterer Kommentar des „Vorwärts“. Von linken Hochschulgruppen wurde das Kriegsmonument somit keineswegs als Zeichen einer Vermittlung divergierender Totengedächtnisse interpretiert. Vielmehr beklagten sie, dass das universitäre Kriegerdenkmal nur am Rande auf die Toten gerichtet war, viel stärker aber einer Bestätigung des kollektiven Ichs diente. Als Gegner zukünftiger Kriege mussten die sozialistischen und pazifistischen Studenten jeglichen Versuch ablehnen, den wahren Kriegstod zu sublimieren. Denn die innere Distanzierung vom menschlichen Verlust konnte bereits einer erneuten Aggression Vorschub leisten. Der linke Studentenbund beschloss deshalb, eine Gegendemonstration von der 143 VosZ Nr. 507 v. 15.10.1920. 144 Vorwärts Nr. 141 v. 29.3.1926. 145 Vorwärts Nr. 322 v. 11.7.1926. 146 BT Morgenausgabe, Nr. 321 v. 10.7.1926. 147 Vorwärts Nr. 322 v. 11.7.1926.

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Universität zum Berliner Zeughaus hin abzuhalten, um in der breiten Öffentlichkeit ihren Einspruch gegen diese nationalistische Konfrontation zu formulieren.148 Umgekehrt wertete der ehemalige Oberstleutenant Friedrich Springer aus Neckargemünd die Denkmalsinschrift als offene Provokation, da sie in seinen Augen einen Verlust soldatischer Identität affirmierte: „‘victi‘ heißt ‚besiegt‘ und nichts weiter. Eine Bezugnahme auf den Krieg lehne ich entschieden ab. Ich lasse es nur gelten, wenn mir der Kriegsschauplatz und die Schlacht angegeben wird, in der wir „besiegt“ worden seien.“149 Und weiter: „Sind die gefallenen Kommilitonen ‚invicti‘, so sind die Überlebenden es auch. Auf allen Kriegsschauplätzen, im Felde ‚unbesiegt‘ sind sie […] in die Heimat zurückgekehrt.“150 Dies macht deutlich, wie stark der 80-jährige Springer, der im Ersten Weltkrieg nicht gedient hatte, in einem nationalistischen Totengedenken verfangen war, das die Gefallenen ausschließlich als triumphale Helden memorierte. Das „victi“ musste er deshalb als „unberechtigt und unrecht“151 empfinden. Anzunehmen ist, dass wie er noch weitere ehemalige Militärangehörige – speziell jene, die im Krieg nicht mitgekämpft hatten – gegen die Deutungsverschiebung des nationalen Helden im Textcode des universitären Kriegsmonuments demonstrierten. Schließlich war die Bestätigung der eigenen Identität nur möglich, wenn man die Toten als unsterbliche Heroen deklarierte, die vorhandenen Krisen und Niederlagen hingegen weiter negierte. Deutlich wurde somit, wie vielfältig das Berliner Universitätsmonument rezipiert wurde. Pressevertreter, Studenten und ehemalige Militärangehörige nahmen es sowohl als Totenmonument als auch als Siegesmal und als offene politische Provokation wahr. Diese Rezeptionsvarianten legten einer breiteren Öffentlichkeit somit Deutungen des Kriegertodes nahe, die zwischen einer Objektivierung und Nationalisierung des gewaltsamen Sterbens schwankten. 152 Dass diese Polyvalenz des Denkmals die Frage nach der Sinnsuche des Kriegstodes auf halböffentlich-informeller Ebene immer neu provozierte und zugleich an alternative Formen der Trauer appellierte, darf wohl angenommen werden.

148 Die Rote Fahne Nr. 6 v. 11.7.1926. 149 GStA, I. HA Rep. 76 Va 27,6, UI 8880 (Schreiben Springer an Ministerium für Wissen-

schaft, 10.12.1928). 150 Ebd. 151 Ebd. 152 Vgl. auch BT Nr. 472 v. 15.10.1920.

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3.2. Nationale Einheit. Die Einweihungsfeier des Kriegerdenkmals Am 10. Juli 1926 fand im hinteren Garten der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität die Einweihungsfeier des Kriegerdenkmals statt. Dem lag eine eindeutige sozialpolitische Abgrenzung zugrunde. Bereits am frühen Morgen hatte ein starkes Polizeiaufgebot den Platz rund um die Universität abgeriegelt. Nur geladene Gäste wurden bei doppelter Kontrolle eingelassen, was den symbolischen Zusammenhalt der Anwesenden sowie die Grenzziehung gegenüber der Außenwelt manifestierte. 153 Der demonstrative Einschluss der Anwesenden und Teilnehmer wurde auch während der Feier selbst von einer scharfen Abgrenzung gegenüber der sozialistischen und pazifistischen Studentenschaft begleitet.154 Im Zentrum der Zeremonie stand der Wille, zwischen den dialektischen Erinnerungsinteressen, die an der Hochschule kursierten und nirgends so deutlich zum Ausdruck kamen wie in der Denkmalinschrift, zu vermitteln und so den Übergang in eine neue symbolische Ordnung zu erreichen. Die Feier sollte die Höchstrelevanz des Nationalen demonstrieren. Die Ausschmückung des Denkmalplatzes fiel würdevoll aus. An den vier Steinpfeilern hatte man die Kränze der Fakultäten mit ihren farbigen Schleifen angebracht. Zur Linken des verhüllten Denkmals war die Universitätsfahne, zur Rechten ein mit Tannen geschmücktes Rednerpult aufgestellt worden. Aus dem westlichen Universitätsflügel schritten um 12 Uhr die Chargierten der studentischen Verbindungen in vollem Wichs vor die Denkmalsanlage und nahmen links und rechts davon im Halbkreis Aufstellung (Abb. 16). Ihre Schärpen waren mit schwarzem Trauerflor umhüllt. Gleichzeitig näherten sich die Ehrengäste und Senatsmitglieder vom östlichen Flügel des Hauptgebäudes her dem Kriegsmonument. Der Zug wurde von Reichspräsident von Hindenburg angeführt, dem Reichskanzler Wilhelm Marx, Reichswehrminister Otto Geßler und Kultusminister Carl Heinrich Becker folgten. Den Abschluss bildeten sämtliche Senatsmitglieder in ihren Talaren. Durch den getrennten Einmarsch der Studentenverbindungen, des Senats und der Ehrengäste von Westen und Osten her wurde eine gewisse Kluft in der Frage des Nationalen markiert. Gegenüber dem Kriegsmonument stand eine Tribüne, auf der die Ehrengäste, der Lehrkörper und die Hinterbliebenen Platz nahmen. 155 Während die studentischen Korps somit neben dem Denkmal aufgestellt wurden, die Jüng153 VZ Nr. 165 v. 11.7.1926; Germania Nr. 316 v. 11.7.1926; DZ v. 10.7.1926; Kreuzzeitung Nr.

316 v. 10.7.1926. 154 Vgl. zur dialektischen Nationsbildung zwischen Einschluss und Ausschluss, u.a. Lange-

wiesche, Nation, S. 39f.; Müller, Nation, S. 354; Ben-Amós, patrie, S. 317. 155 VZ Nr. 165 v. 11.7.1926; Kreuzzeitung Nr. 316 v. 10.7.1926; Friedrich-Wilhelms-Universität,

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lingsfigur also direkt aus der Untersicht als „Vorbild“ wahrnahmen, hatte man die teilnehmenden Zuschauer erhöht platziert, um den Krieger auf Augenhöhe zu betrachten. Dies hob nicht nur die divergierenden Deutungen des Kriegstodes an der Hochschule hervor, sondern ermöglichte den Anwesenden auch, die Sinnstiftung des Kriegstodes auf je eigener Weise zu rekonstruieren. Zunächst intonierten das universitäre Orchester und der Studentenchor die Klänge des Priestermarsches aus der „Zauberflöte“, anschließend die Trauermusik aus Händels „Saul“ und zuletzt das alte Volkslied „Es ist ein Schnitter, der heißt Tod.“156 Dieser Liedtext war durchaus geeignet, die politische Effektivität der Feier zu erhöhen.157 Schließlich appellierte insbesondere seine vierte Strophe an die Verpflichtung der Jugend, den Toten freudig nachzufolgen. 158 Im Anschluss daran ergriff der Sprecher der Studentenschaft, der Jurastudent Hans Link, das Wort. Auch wenn der Kriegsjugend während der gesamten Feier eine herausgehobene Position zukommen sollte, in keiner der folgenden Reden wurde so stark an die nationale Pflicht appelliert und die Wunde, die der Kriegstod geschlagen hatte so sehr ignoriert, wie in dieser Ansprache: „Abseits vom Lärm und Getriebe der Großstadt, im stillen Garten unserer Alma Mater, steht nun dieses äußere Zeichen unserer Dankbarkeit. […] Doch nicht mit Gram und Schmerz soll sein Anblick unserer Herzen erfüllen; das wäre nicht nur eine ganz unjugendliche, nein auch eine durchaus undeutsche und unchristliche Trauer. Die Erinnerung an unsere gefallenen Kommilitonen erweckt in uns Stolz und Dankbarkeit für das, was sie geleistet haben, und den Willen, ihnen allzeit nachzueifern […].“159

Link gelang es, die objektive Trauer in seiner Rede konsequent an den Rand zu drängen. Obwohl er zu Beginn das Leid der Gefallenen und den Schmerz der Hinterbliebenen noch erwähnte, lehnte er ein individuelles Festhalten der Toten doch zugleich als „undeutsch“ ab. Stattdessen wurde der menschliche Verlust in ein Konzept nationaler Verpflichtung integriert und somit zu einem rein vorübergehenden Affekt degradiert. Dabei zog der Redner auch eine auffällig scharfe Grenze hin zu den Kriegsgegnern an der Hochschule. Der Pazifismus sei ein leerer Gedanke, der das Andenken der Gefallenen schmähe, so Link. Nur die erneuerte Kampfbereitschaft könne eine Kontinuität des studentischen Geistes

156 Hierbei handelt sich um ein vierstrophiges Volkslied aus dem 17. Jahrhundert. 157 Rao/Köpping, Rausch, S. 8. 158 „Trutz Tod!/ Komm her, ich fürcht Dich nit!/ Trutz, komm und tu’ ein’n Schnitt!/ Wenn

Sichel mich letzet/ So werde ich versetzet/ In himmlischen Garten/ Darauf will ich warten/ Frei dich, schöns Blümelein!“; Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 8. 159 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 9.

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sicherstellen.160 Die Toten wurden somit zugunsten des Wiederauflebens eines militanten Nationalismus memoriert: „Falsche Propheten wollen uns jetzt glauben machen, dass die Ehre, die Freiheit eines Volkes kalte, tote Begriffe seien, die keinen tieferen Wert besäßen und irgendein Opfer nicht lohnten. Wir danken unseren gefallenen Kommilitonen, dass sie in ihrem Leben und Sterben durch die Tat bewiesen haben, wie kraftvoll diese Begriffe in der deutschen Jugend leben. […] Man hört heute so oft von Zweiflern und Nörglern, dass all das Kämpfen und Ringen unserer Gefallenen umsonst gewesen sei. Ich glaube, der Kampf für eine große und sittliche Idee […] kann niemals umsonst sein. Es kommt auf uns selbst an, ob die Geschichte dereinst einmal das harte Urteil über uns fällen wird, wir hätten uns der Toten des großen Krieges nicht würdig erwiesen; denn die zwei Millionen Gefallenen des deutschen Volkes bilden nicht ein Ende, einen Abschluss. Sie sind die furchtbare, blutige Saat, aus der das neue Reich erwachsen soll.“ 161

Im Anschluss an den nationalistischen Appell, den „leuchtenden Geist der Opferbereitschaft, den Trieb und Willen des Einzelnen bewusst den Anforderungen des Ganzen“162 unterzuordnen, wurde das Denkmal - auf Geheiß des Reichspräsidenten Hindenburg hin - enthüllt. Gleichzeitig trug der Sprechchor der Universität das Hebbelsche Requiem „Seele, vergiß’ nicht die Toten“ vor, womit sich die Betonung der Feier diametral verschob, weg vom politischen Effekt hin zum realitätsnahen Affekt. Dabei stellten die einzelnen Sprecher auch Repräsentanten des universitären Kollektivs dar. Inwieweit eine solche Aufführung, in welche die Zuschauer nicht direkt eingebunden waren, die Trennlinie zwischen Vortragenden und - heterogenem - Publikum tatsächlich durchbrechen konnte, ist allerdings fraglich. Rektor Joseph Felix Pompeckj übernahm anschließend das Denkmal in die Obhut der Universität. Nachdem er zunächst den Spendern sowie dem preußischen Kultusministerium für ihr Engagement gedankt hatte, stärkte er die soziale Inklusion der Anwesenden durch eine nochmalige Abgrenzung nach „außen“, zu den sozialistischen Studentengruppen hin: „Muß uns nicht die tiefste Empörung erfüllen, wenn Studenten dieser Alma Mater den unsäglich traurigen Mut aufbringen konnten, mit Lügen zu Demonstrationen gegen die heutige Feier zu wühlen? Wir lassen das Andenken unserer teuren Helden nicht schmähen. Wir halten es in Ehren, und immerdar wird es uns heilig sein.“163

160 Ebd. 161 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 9-10. 162 Ebd., Enthüllung, S. 10. 163 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 14; auch die rechtsgerichtete Presse wandte sich

deutlich gegen die Ankündigung einer Gegenfeier: „Denn der Trennungsstrich zwischen unserer gesunden Jugend und der Pazifistisch-verseuchten kann gar nicht scharf genug gezogen sein“, so die Kreuzzeitung v. 10.7.1926.

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Deutlich wird hier nochmals, wie sehr die Feier einer kulturellen Grenzziehung galt. Pompeckj setzte alles daran, den tatsächlichen Kriegstod zu sublimieren. Nur so konnte der nationale Status quo an der Hochschule affirmiert, die Gefallenen im eventuellen Ernstfall wiederum funktionalisiert werden. Die sozialdemokratischen und pazifistischen Studenten blieben der Feier entsprechend fern. Stattdessen ließen sie eine Erklärung veröffentlichen, in der sie sich eindeutig von der – vermeintlich nationalistischen – Symbolik des Denkmals distanzierten. Dies zeigt, wie erhitzt die Gemüter über die Sinnsuche des Kriegstodes waren. Während ein Teil der Universitätsmitglieder das Gedenken an die Gefallenen wiederum dazu benutzte, die nationale Gemeinschaft im kollektiven Opfer zu affirmieren, sah ein anderer Teil in einem solchen Gedenken bereits eine weitere potentielle Kriegsgefahr heraufziehen und lehnte dies deshalb strikt ab. Der Hauptanteil von Pompeckjs Rede war der Interpretation der Denkmalsinschrift gewidmet: „Die Entscheidung des unerbittlichen Schicksals hat uns zu Victi gemacht. Wir haben uns vor dem Schicksal beugen müssen. Vor unseren unbesiegten Helden, vor den Invictis, denen wir in deutscher Treue huldigen […], bekennen wir uns in ihrem Geiste als Victuri: wir wollen, wir werden leben. Aber leben ist ringen, ist kämpfen. Für uns, die wir leben wollen, ist es das Gebot: wie unsere Helden alle Kräfte aufbieten und anspannen im Daseinskampfe des deutschen Volkes, im Ringen um sein Recht, um sein Leben. Kämpfen heißt es, um durch Siegen zu leben. Sieger wollen wir sein im Kampf gegen deutsche Zwietracht und Uneinigkeit, gegen deutschen Parteihader und lähmenden Parteidoktrinarismus, Sieger wollen wir sein im Ringen gegen das Überwuchern des Materialismus. […] Dann werden wir leben im Kreise der Völker an dem Platze, der uns nach unserer Geschichte, nach unserer Art gebührt.“164

Mit diesen Worten grenzte sich der Rektor – als Stellvertreter des Senats – allerdings deutlich von der Ansprache seines jugendlichen Vorredners ab. Die anwesenden Studenten wurden hier nicht weiter ausschließlich zu einer militanten Nachfolge verpflichtet. Vielmehr legte Pompeckj das „victuri“ auch zivil aus. Er war bereit, es mit dem Aufbau einer antimaterialistischen, befriedeten Gesellschaft in Verbindung zu bringen. Dies zeigt, wie sehr der Nationalismus an der Berliner Hochschule das Produkt der Aushandlung unterschiedlicher Gedächtnisse war. Während man die kollektive Wiedergeburt einerseits über eine erneute Aggression erreichen wollte, bemühte man sich andererseits um die Schaffung einer Zivilgesellschaft, welche die gleichberechtigte Teilhabe aller garantierte. Dabei gab es allerdings einen Konsens im Dissens, der lautete, die Gefallenen weiterhin als Helden zu memorieren und zugleich den tatsächlichen Kriegstod zu degradieren. Nur so konnte im Ernstfall das Nationale wiederum 164 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 14.

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zum höchsten Wert deklariert werden, dem sich der Einzelne unterzuordnen hatte. In seiner abschließenden Weiherede versuchte Reinhold Seeberg, diese beiden nationalen Positionen zusammenzuführen. Indem der Theologieprofessor zu Beginn seiner Ansprache in ein Zwiegespräch mit der Figur eintrat, konnte er der Skulptur zunächst Leben einhauchen. Dabei gelang es ihm zugleich, die Grenze zwischen Tod und Leben, zwischen den gefallenen und den anwesenden Studenten, aus den Angeln zu heben: „Eine neue Gestalt ist in unseren Garten getreten. Wir werden sie oft anschauen. Wir haben einander manches zu sagen und einander manches zu fragen. […] Die Gestalt ist im Begriff sich zu erheben. Wie aus schwerem Traum, die Todesfesseln sprengend, reckt sie sich empor. Sinnend sich sammelnd, schaut der Jüngling vor sich hin. Siegfrieds Kraft spielt in den mächtigen Armen, Parcivals Geist stützt das schwermütige Haupt. […] Wer bist Du denn, Du lieber Gast, der du ein Heim bei uns finden sollst? Du bist Deutschlands Jugend, du bist der unsterbliche deutsche Jüngling!“165

Hiermit leitete Seeberg den Übergang der jugendlichen Studenten hin zu tapferen Zivilpersonen ebenso wie hin zu kampfbereiten Männern in den Weg. Schließlich appellierte er an ihr nationales Pflichtgefühl, das er allerdings sowohl militant als auch zivil deutete:166 „Du gabst dein Leben in den Tod, wir danken es dir! Aber nun kehrst du wieder, deutsche Jugend, deutscher Jüngling! Wieder bedarf das Vaterland dein. Es will leben, trotz seiner Verstümmelung, trotz allem Druck und aller Not, die auf ihm liegen. Da kommst du wieder, liebe deutsche Jugend, und willst jetzt dein Leben hineinwerfen in das Leben deines Volkes, es zu erneuern und zu erweitern. […] Du bist derselbe junge Mensch, der damals auszog, zu sterben für sein Volk, der nun wiederkehrt, zu leben dem Dienste seines Volkes. […] So stehst Du vor uns, bereit zu Arbeit und Dienst, aber auch bereit zum Kampf wider alles, was niedrig und widrig, gemein und giftig ist. […] Nur der lebt wirklich für sein Volk, der sich selbst vergisst in heiliger Liebe, der Eigensinn und Eigennutz überwindet, der zu treuer dienender Tat […] bereit ist.“167

Am Schluss seiner Ansprache nahm Seeberg die anfängliche Animation des toten Jünglings nochmals auf. Der Körper der Skulptur erschien nun nicht länger als bloßes Symbol; vielmehr trat er in einen Dialog mit den Körpern der Anwesenden und mit der imaginierten Welt der Zukunft ein:168

165 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 16. 166 Rao/Köpping, Rausch, S. 7. 167 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 17. 168 Rao/Köpping, Rausch, S. 21-23.

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„Wir heißen dich willkommen, du lieber Gast, in unserer Mitte! Möge es dir gegeben sein, eine große akademische Schule zu bilden. Du sollst es uns immer sagen, dass aus dem Tode Leben sprießt. […] Deine Gestalt schaut uns an wie eine Verkörperung dieses Dennoch. Sollen wir dir einen Namen geben, so möchten wir dich das „heilige Dennoch“ heißen.“169

Es schloss sich ein Huldigungszug der studentischen Korporationen an. Während Rektor und Senat sowie zahlreiche studentische Korps Kränze am Sockel des Jünglings niederlegten, wurde der Kranz der deutschen Studentenschaft von einem Kleinflugzeug aus auf das Denkmal abgeworfen (vgl. Abb. 17). Die Zeremonie endete mit dem gemeinsamen Singen des Deutschlandliedes.170 Die Einweihungsfeier war somit nur teilweise geeignet, den Zusammenhalt der Anwesenden im Hinblick auf eine künftige Kriegsrevanche zu aktivieren. Zwar kam in den Ansprachen immer wieder ein aggressiver nationalistischer Appell zum Ausdruck. Insgesamt war die Feier aber zu ambivalent angelegt, um ausschließlich einer Wiedergeburt des militanten studentischen Helden zu dienen. Schließlich bildete der Nationalismus an der Berliner Hochschule das Aushandlungsprodukt unterschiedlicher Gedächtnisse. Deutlich wurde, dass man auch den Willen zu einer zivilen nationalen Bestärkung in die Feier integriert hatte. Zwar wurde dabei die individuelle Verwundung durch die menschlichen Kriegsverluste lediglich zu einem vorläufigen Affekt degradiert, teilweise auch vollständig sublimiert. Die objektive Trauer unterwarf man somit der nationalen Inklusion. Diese ging auch mit einer scharfen Abgrenzung – insbesondere gegenüber sozialistischen und pazifistischen Studentengruppen – einher. Gleichwohl bildete das Revanchemotiv nur noch eines von verschiedenen Intentionen dieser Zeremonie. Deutlich wird, dass das Berliner Universitätsdenkmal nicht nur einem politischen Totenkult, sondern auch der Wiederherstellung zivilgesellschaftlicher Stabilität diente. Dies macht eine neue Spielart des Nationalismus deutlich, die sowohl die Gestaltung des Denkmals als auch ihre Rezeption nachhaltig beeinflusste.

169 Friedrich-Wilhelms-Universität, Enthüllung, S. 18. 170 Das Kriegerdenkmal wurde durch die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs schwer

beschädigt; bei den Aufräumungsarbeiten 1945 wurden auch seine noch vorhandenen Überreste abgetragen. Man hat es nicht wieder rekonstruiert; Gandert, Humboldt-Universität, S. 182; vgl. auch Doehring, Lebensweg, S. 105.

III. Zerbrochener Held. Die beiden Kriegerdenkmäler der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität

Der Entstehung der beiden Denkmale der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität lagen nahezu entgegengesetzte Paradigmen des Trauerns zugrunde. Während das erste Kriegsmonument auf einem rein selbstreflexiven (Toten-) Gedenken beruhte, somit das tatsächliche Sterben sublimierte und die Gefallenen zugunsten einer nationalen Wiedergeburt des Helden funktionalisierte, bildete das zweite Universitätsdenkmal ein Antimonument, das die Sinnsuche des Kriegstodes reflektierte, das Gedenken also in erster Linie entpolitisierte. Im Laufe der Weimarer Republik verschob sich die symbolische Deutung des gewaltsamen Sterbens an der Hochschule somit diametral: Weg von einer nationalistischen Freigabe, hin zu einem individuellen Festhalten der Gefallenen. Jedoch verlief dieser Erinnerungswandel keineswegs reibungslos. Der Übergang vom traditionell-funktionalen zum modern-ästhetischen Kriegerdenkmaltypus war vielmehr heftig umkämpft.

1. Vom triumphierenden Helden zum Opfer. Die Planung der beiden Universitätsdenkmale Fast 90% der knapp 5000 Bonner Studenten hatten im letzten Kriegsjahr an der Front gekämpft.1 Ungefähr 890 Studenten sowie 18 Dozenten kehrten aus der Massenschlacht nie mehr zurück. 2 Gleichwohl war die viertgrößte deutsche Hochschule zunächst nicht in der Lage, ihre Kriegstoten objektiv zu betrauern. Schließlich hatten die britische Besetzung der Universität sowie der Untergang der preußischen Monarchie zu einem Identitätskonstrukt geführt, das den studentischen Heldentod stolz zementierte. Die subjektive Trauer wurde durch die anschließende sechsjährige französische Besatzungszeit zusätzlich verstärkt. Erst Ende der 1920er Jahre gelang es dem überwiegend von Vernunftrepublikanern besetzten Universitätssenat, das erste Kriegerdenkmal der Universität zu stürzen und stattdessen eine Gedenkstätte zu errichten, die zu alternativen Formen der Trauer aufrief.

1 Gemeinsam mit der Universität Tübingen zählte die Hochschule damit die höchste prozen-

tuale Kriegsbeteiligung innerhalb Deutschlands; Kotowski, Krieg, S. 425; Chronik 1917, S. 7f. 2 Braubach, Universität, S. 39; Zitelmann, Universität, S. 6.

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1.1. Selbstreflexives Totengedenken. Entstehung des ersten Kriegerdenkmals Bereits im Jahr 1914 war die Bonner Hochschule stark politisiert. Das beweisen die Chroniken der Universität. Geschrieben aus der Sicht von Professoren, welche die Kriegsfront meist nur aus Erzählungen kannten und deren Alltag vom Kriegsgeschehen höchstens gestreift wurde, betonten sie das notwendige Durchstehen der studentischen Jugend an der Front. Der Krieg wurde als heiliger „Kampf der Kultur [...] und der sittlichen Werte abendländischer Bildung“ 3 gedeutet: „Es ist ein heiliger Krieg und die ernstesten Gefühle erfüllen uns, unser Volk und vor allem auch die, die uns anbefohlen sind. Niemand hat es besser beobachten können wie ich, wie stark die Flamme der Begeisterung bei ihnen lodert. Sie zogen in hellen Scharen fort, um das Kollegienheft mit dem Gewehre zu vertauschen. Wir alle rufen ihnen, die nicht mehr unter uns sind, Worte des Dankes und des Stolzes nach, des Dankes für ihre Opferwilligkeit und Treue. Jedes Kind, das die Mutter geboren, gehört nicht ihr allein, es gehört dem Vaterland, alle andern Gefühle müssen schweigen! […] Und auch uns Hierbleibenden glüht es in den Adern, auch wir kennen unsere Pflicht: dem Vaterlande, dem Volke wollen wir dienen. […] Das sei unser feierliches Gelöbnis!“4

Mit solchen Aufrufen memorierte die Bonner Professorenschaft das tatsächliche Kriegsgeschehen allerdings nur selektiv. Denn die politische Zerrissenheit innerhalb der Hochschule wurde in ein Prinzip nationalen Zusammenhalts umgedeutet. An der Heimatfront schuf das Treuemotiv eine Generationen und Gruppen übergreifende Gemeinschaft, welche durch den Schwur auf das Vaterland zusätzlich gefestigt wurde. Dies galt insbesondere für die Angehörigen, denen man die nationale Freigabe ihrer Söhne und Männer sowie die Hinnahme des menschlichen Verlusts als soziale Pflicht auferlegt hatte. Auch die etablierte universitäre Festkultur spiegelte diesen Konstruktcharakter des Nationalen wider. So beschworen Bonner Studenten ab 1915 anlässlich der jährlich stattfindenden Sonnwendfeiern am Bonner Bismarckturm rituell das Opfer des eigenen Lebens.5 Das Gefallenengedenken hatte dabei vor allem 3 Chronik 1914, S. 2. 4 Chronik 1914, S. 3f.; Ansprache Ernst Landsbergs anlässlich der Feier des Kaisergeburtstags

am 3.8.1914. Landsberg (1860-1927), Professor für Rechtsgeschichte, war 1914 Universitätsrektor; Wenig, Verzeichnis, S. 169. 5 Chronik 1915, S. 1f.; Chronik 1916, S. 2ff.; Chronik 1917, S. 2ff. Dabei bewegte sich ein Festzug mit Rektor, Senat und Vertretern der Studentenschaft zum Bismarckturm in der Gronau; der sonst übliche Fackelzug wurde allerdings aus Pietätsgründen während der Kriegszeit untersagt; Chronik 1917, S. 2; Kotowski, Veranstaltungskultur, S. 63f. Demonstrative Einigkeit herrschte auch anlässlich der Nagelung des vom Lehrkörper und der Studentenschaft ge-

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gemeinschaftsstiftende Funktion. Die Mahnung an ein notwendiges nationales Opfer trug zur Stabilisierung der sozialen Gruppen bei. Gleichzeitig schuf sie ein Maß an externer Solidarität, welche die Kriegsfolgen mental zu beschwichtigen half. Damit gelang es der akademischen Schicht, deren Interessen im Krieg auf das Schärfste gespalten waren, im nationalen Bekenntnis zusammenzufinden. Mit Hilfe des Nationalismus, der einen überragenden Stellenwert für das persönliche Selbstwertgefühl gewann, konnten Nation und Person nahezu ontisch miteinander verschränkt werden:6 „Jeder Einzelne wetteifert, es dem andern zuvor zu tun, jede studentische Gruppe will das Beste leisten, und jede ist stolz darauf, möglichst viele von ihren Mitgliedern in das Feld gestellt zu haben. Alle streben nach dem einen großen Ziel. Wo es dem Vaterland gilt, handeln sie alle wie ein Mann […].“7

Dem Krieg folgte die „schändliche“ Niederlage des deutschen Nationalstaats. Hiervon waren das Rheinland und die Bonner Universität in besonderem Maße betroffen. Denn nun brachen nicht nur die „Dämonen in der eigenen Brust,“8 wie die inneren Spannungen an der Hochschule treffend umschrieben wurden, offen hervor. Zusätzlich führten die „Mühsalen und Gefahren der Besatzung“9 zu einer schweren Beeinträchtigung des inneren Friedens. Schließlich nahmen britische Truppen im Jahr 1918 einen Großteil der Universitätsgebäude in Beschlag. Für den Betrieb der Hochschule verblieben nur fünf Hörsäle, elf wurden entzogen. Die Besatzer verwandelten die Universität zum größten Teil in eine Kaserne. Im Innenhof des Hauptgebäudes standen Geschütze, und es wurde exerziert. 10 Dies kam einer erheblichen Statuseinbuße in der hundertjährigen Hochschulgeschichte gleich.11 Auch die anschließende fast sechsjährige franzö-

meinsam gestifteten Ehrenschilds am Stamm der Bonner Arndteiche im Jahr 1916; Chronik 1915, S. 4. 6 Vgl. Breuer, Nationalismus, S. 24. Zur allgemeinen Zersplitterung der Professorenschaft in Pazifisten, Nationalisten und Alternative vor dem Krieg, vom Bruch, Hochschullehrer, S. 74-99; zum Bruch in Annexionisten und Gemäßigte im Krieg, Schwabe, Wissenschaft, S. 179-189. 7 Ansprache Hugo Ribberts anlässlich der Sonnwendfeier 1917; Chronik 1917, S. 3. Ribbert (1855-1920), Professor für Pathologie, war 1917 Hochschulrektor; Wenig, Verzeichnis, S. 243. 8 Friedrich-Wilhelms-Universität, Befreiungsfeier, S. 4. 9 Ebd. 10 Chronik 1918, S. 3f. 11 Zunächst setzte man sich gegen die Einquartierung, auf die von städtischer Seite her gedrängt wurde, hartnäckig zur Wehr. Angeblich wollte man keinen Präzedenzfall für die längere Belegung durch nachrückende Truppen schaffen. Man meinte, die „Blüte der Universität [sei] die allerwichtigste Sorge für die Stadt Bonn; jede Schädigung [bedeute] eine Schädigung der ganzen Stadt“; Chronik 1918, S. 3; Vogt, Bonn, S. 473f.

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sische Besatzungszeit war eine enorme Belastungsprobe.12 Nun verschoben sich die Machtverhältnisse innerhalb der städtischen Eliten deutlich. Die heftigen Spannungen im Dreieck der Macht zwischen Besatzung, Universität und Stadt trugen wesentlich zum allgemeinen Gefühl der Niederlage bei. Innerhalb der Hochschule regte sich heftiger Widerstand gegen die Okkupanten. Schließlich schien der mächtige, äußere Feind auch die traditionelle Universitätskultur zerstören zu wollen.13 So wurde der Wunsch nach Wiederherstellung der politischen Unabhängigkeit immer lauter - die nationalistischen Parolen nahmen an Stärke zu.14 Das aus dem Wunsch nach Befreiung des Rheinlands geborene gewaltbereite Nationalbewusstsein verband sich mit einem traditionellen Rechtsnationalismus.15 Die Bonner Hochschule war bis 1918 aufs engste mit dem preußischen Königshaus verbunden gewesen. Bereits die Gründung der Universität verdankte sich einer Initiative des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. Seitdem hatte diese sich zur zentralen Studienstätte der Mitglieder des Königshauses entwickelt. 16 Solange man sich mit dem autoritären Obrigkeitsstaat identifizieren konnte, war der privilegierte Sozialstatus der Akademikerschaft machtvoll geschützt gewesen.17 Nach der Kriegsniederlage und dem Untergang der Monarchie setzten jedoch gravierende Verlustängste ein.18 Dass das Machtgewebe von 12 Seit Februar 1920 waren insgesamt 8000 französische Besatzungsmitglieder mit ihren Fa-

milien in Bonn stationiert; Vogt, Bonn, S. 477ff. 13 So durften beispielsweise während der alliierten Besatzung keine Reichsgründungsfeiern an

der Universität stattfinden; vgl. Berlin, Nationalismus, S. 488; ders., Aufstieg des Nationalismus, S. 313. 14 Nicht unwesentlich war auch das Gefühl einer „Schrumpfung des Lebensraums“; Titze, Hochschulen, S. 223. Man fühlte sich von einer Bildungsinflation bedroht, welche die Studentenmassen der Bonner Universität in nur sieben Jahren auf nahezu das Doppelte ansteigen ließ; Höroldt, Universität, S. 349. Zum dreifachen Problem der Vermassung, Proletarisierung und Überfüllung der Universitäten in der Weimarer Republik, Jarausch, Deutsche Studenten, S. 129-141; zur studentischen Verelendung und zur Inflation ders., S. 141-151. Tatsächlich war die Bonner Universität von der wirtschaftlichen Not besonders betroffen; vgl. Friedrich-Wilhelms-Universität, Befreiungsfeier, S. 4. 15 Vgl. u.a. Breuer, Nationalismus, S. 27f. 16 So hatte beispielsweise der Sohn Kaiser Wilhelms II., Kronprinz Wilhelm, um die Jahrhundertwende in Bonn studiert; Höroldt, Bonn, S. 105; ders., Universität, S. 295. 17 Zur allgemeinen Beziehung zwischen Monarchie und Universität, Schwabe, Gelehrter, S. 16-21; Langewiesche, Eberhard-Karls-Universität, S. 365. 18 Dies hing auch mit längerfristigen Veränderungen zusammen. Das Selbstverständnis der Akademiker war nach der Jahrhundertwende erstmals in seinen Grundfesten erschüttert worden. Durch das Vordringen spezialisierter Wissenschaft wurde ein Wertepluralismus erzeugt, der dem allgemeinverbindlichen Kultur- und Bildungsideal der Gebildeten schroff entgegenstand. Dieser Auflösungsprozess innerhalb der Professorenschaft wurde zusätzlich

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Königtum und Universität durchbrochen wurde, werteten monarchistische Hochschulangehörige als persönlichen Niedergang: „Wenn ich nun den Blick in die Vergangenheit zurückwende, [...] so tue ich das nicht leichten Herzens. Denn nur allzu wahr ist es, was der große Florentiner sagt, es gebe keinen größeren Schmerz als den, im Elend sich der glücklichen Zeit zu erinnern. Doch diesen Schmerz wollen wir bewusst erleben. [...] Unser Geschick ist mit dem des preußischen Staates von vornherein auf das engste verbunden gewesen. Und ist es auch geblieben: sein Glück wurde unser Glück, sein Niedergang ist unser Niedergang.“19

Der Übergang zur Republik sowie die Statuseinbußen infolge der Fremdbesatzung hatten somit gravierende Demütigungen zur Folge. Dies führte zumindest bei einem Teil der Hochschulangehörigen zur Etablierung eines selbstreflexiven Totengedenkens, das überwiegend die eigenen Wunden memorierte, die menschlichen Kriegsverluste jedoch ignorierte. Noch während des Weltkriegs hatte man damit begonnen, Porträtbilder der Gefallenen aufzuhängen und damit die Toten realitätsnah zu erinnern. 20 Vereinzelt, wie bei der Gedächtnisfeier am 10.12.1920 in der Bonner Beethovenhalle, kam es – insbesondere in der Frühphase der Republik – auch zu offiziellen Trauerfeiern.21 Dabei gedachte man der Gefallenen in christlicher Form. Eine aggressiven Nationalismus lehnte man entschlossen ab und warb stattdessen für die ethische Neuordnung der Zivilgesellschaft: „Die Rheinische Friedrich Wilhelms-Universität will in dieser Stunde ernsten und stillen Gedenkens eine zweifache Pflicht erfüllen, eine Pflicht gegenüber den Toten und eine Pflicht gegenüber den Lebenden. […] Einst hat der Größte, der je über unsere [...] Erde geschritten ist, ein Wort gesprochen, aus dem sein eigenstes Leben leuchtet: ‚Eine größere Liebe hat niemand als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde.’ [...] Was heute das Mark unserer Volkskraft von einer sozialen Umschichtung der Studentenschaft begleitet. Dabei stieg der Anteil der Söhne unselbständig beschäftigter Väter stetig an. Dieser umfassende Pluralisierungsprozess schürte zahlreiche Statusängste; Langewiesche, Eberhard-Karls-Universität, S. 364f.; Titze, Hochschulen, S. 216ff. 19 Ansprache Ernst Zitelmanns anlässlich der Hundertjahrfeier der Universität; ders., Universität, S. 6ff. Zitelmann (1852-1923), Professor für Römisches und Bürgerliches Recht, war 1919 Universitätsrektor; Wenig, Verzeichnis, S. 348. 20 Dies geschah Ende Juni 1917 im ersten Stock des Hauptgebäudes; dabei wurden auf dem Flur in acht großen Rahmen die Fotografien gefallener Bonner Studenten zum Aushang gebracht; Die Sammlung wurde durch Gedenktafeln ergänzt; Freunde und Förderer der Universität Bonn, Bonner Mitteilungen, S. 45; Akademische Monatsblätter Nr. 10 v. 25.7.1917, S. 156; GA v. 29.6.1930. 21 Am 1.3.1919 feierte man außerdem einen akademischen Gottesdienst zum Gedächtnis der im Kriege gefallenen Angehörigen der Universität in der evangelischen Kreuzkirche; AEvG, A30.

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[...] verzehrt, ist maßlose Selbstsucht, die nur besitzen und genießen will [...]. Das ist der Todfeind, mit dem wir den Kampf aufnehmen müssen, aber zuerst bei uns selbst. Einfachheit der Lebenshaltung aus freigeborenem Entschluß, Arbeit mit Einsatz der letzten Kraft, unerschütterliches Nein gegenüber aller Grundsatz- und Charakterlosigkeit, das ist es, was wir zum neuen Kampfe brauchen. Wir alle freuen uns über den starken, vaterländischen Geist, der in unserer Studentenschaft lebt; aber gerade darum wünschen wir, dass er ganz auf Tiefe, Besonnenheit und Ernst eingestellt werde, nicht auf das tönende Wort und die große Geste. […] Wenn das zerschlagene Deutschland Söhne hat, die solchen Geistes Träger sind, dann mag der neue Kampf beginnen, der Kampf der Grundsätze, der Sitten und des Charakters. Und in diesem größeren und schwereren Kampf werden, so wir es wollen, wir die Sieger sein.“ 22

Für diese Form des Gefallenengedenkens, das den kollektiven Tod als moralischen Einschnitt begriff und deshalb einen weiteren Krieg möglichst abwenden wollte, setzte sich in der Folgezeit jedoch nur eine Minderheit der Hochschulangehörigen ein. Dieses Paradigma der Trauer war weder kollektiv besonders verwurzelt noch so verbindlich wie ein nationalistisches Gedenken. Ein Vergangenheitsbruch zog nur langsam an der Hochschule ein. Erst nach dem Abzug der Besatzer im Jahre 1926 wurde die Universität sukzessive von Vernunftrepublikanern geprägt, die eine pragmatische Haltung gegenüber der neuen Staatsform einnahmen.23 In der Frühphase der Weimarer Republik folgten die Universitätsmitglieder dagegen noch überwiegend der preußischen Traditionslinie, wie sie beispielsweise bei der Reichsgründungsfeier vom 18.1.1922 zum Ausdruck kam.24 Der akademische Festakt wurde mit dem Gedenken an die gefallenen Hochschulangehörigen verbunden. Damit funktionalisierte man die Kriegstoten allerdings zugleich zugunsten des Nationalen. Sie wurden als integrale Bestandteile einer überkommenen monarchistischen Ordnung memoriert und bildeten die Ahnen einer Gemeinschaft, die sich ihrer Vergangenheit versicherte. Dieses Erinnerungsmuster war auf eine Verdrängung der objektiven Trauer und auf die Verklärung des Gestrigen angelegt. Die starke Betonung des Kontrasts zwischen vergangener Blüte und aktuellem Niedergang brachte die Gefahr einer gewalttätigen Überwindung der Gegenwart mit sich.

22 Ansprache Fritz Tillmanns anlässlich der Trauerfeier v. 10.12.1920; Chronik 1920/21, S. 2f.;

Tillmann (*1874), Professor für Moraltheologie, war 1919-1921 Rektor der Universität. 1898 hatte er in Köln die Priesterweihe empfangen; Wenig, Verzeichnis, S. 313. 23 Lützeler, Bonn, S. 48; Johannes Norrenberg (1864-1931) war seit 1919 Universitätskurator und trat vor allem durch seine moderate Verhandlungsweise mit der Besatzungsmacht hervor; Schäfer, Verfassungsgeschichte, o. S. 24 Die Feier des Reichsgründungstags war umstritten; während der französischen Besatzung wurde sie - trotz eines Verbots der Alliierten Kommission - einmal (1922) gefeiert; Chronik 1921/22, S.8. Nach dem Abzug der Besatzung fand die Reichsgründungsfeier wieder regelmäßig statt; Chronik 1926/27, S. 1f.; vgl. Kotowski, Veranstaltungskultur, S. 45ff.

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Auch der engeren Planungsphase des Kriegerdenkmals Flamme empor, die über das Sommersemester 1922 hinweg andauerte, lag ein selbstreflexives Gedächtnis zugrunde, das die Trauer um den anderen vollständig sublimierte und stattdessen an die Wiederkunft des studentischen Helden appellierte.25 Die Trägerschaft des Monuments macht deutlich, dass sich hier unterschiedliche nationalistische Motive überkreuzt haben. Zunächst kann als gesichert gelten, dass der Senator und spätere Rektor der Universität, Otto von Franqué, den Denkmalbau maßgeblich beeinflusst hat.26 Es scheint, als habe er auch die Position des unbekannt gebliebenen Einzelstifters eingenommen.27 Von Franqué war erfüllt vom nationalistischen Gedanken deutscher Sendung, was ihm bereits im Jahr 1922 heftige Auseinandersetzungen mit den Besatzern einbrachte. Die Eskalation der Reparationsstreitigkeiten im Ruhrkampf erzeugte bei ihm zusätzlich starken Widerstand. Deutlich wurde hier ein Nationalismus, der insbesondere aus der Besatzungssituation resultierte und auf aggressive Weise an die nationale Befreiung appellierte:28 „Nimmer wird es gelingen, den Geist, der diese Arbeitsstätten aufgebaut hat [...], den schaffenden, deutschen Geist zu zerrütten [...]. Nimmer wird es gelingen, unsere Herzen weich und schlaff zu machen, dass sie knetbar werden und in fremde undeutsche Formen sich pressen lassen wie schlechter Ton! So denken wir, so fühlen wir, Mann für Mann, Alt und Jung, Lehrer und Hörer an den rheinischen Hochschulen [...]: Deutschsein – oder Nichtsein.“29

Diese Haltung machte von Franqué auch anlässlich eines Vortrags vor Vertretern des preußischen Kultusministeriums deutlich. Dabei bezeichnete er die Hochschule als „das geistige Bollwerk […], das wir jetzt am Rhein brauchen.“ Und er beendete seine Ausführungen mit der Bemerkung, dass die Universität „eine der wichtigsten Hochburgen des deutschen Geisteslebens und deutscher, ja echt

25 Chronik 1921, S. 9; Chronik 1922, S. 4. 26 Otto von Franqué (1867-1937), Professor für Gynäkologie, Direktor der Frauenklinik, war

1922/23 Hochschulrektor. Er war bekannt für seine deutschnationale Haltung (Döring, Weimarer Kreis, S. 293; Wenig, Verzeichnis, S. 79). Von Franqué hatte als Direktor einer medizinischen Klinik das Kriegsgeschehen und die Auswirkungen der Besatzung besonders heftig zu spüren bekommen. Seine Klinik bildete gemeinsam mit sechs weiteren Universitätskliniken den Kern des Reservelazaretts I., in dem während des Krieges bis zu 20.000 Verwundete versorgt wurden; Vogt, Bonn, S. 452. 27 Vgl. insbes. StA Bonn, P 10/344, Schreiben Rektor an preußischen Kultusminister v. 2.12.1933. 28 Zum Nationalismus, der dem gesellschaftlichen Widerstand gegen Ausbeutung entspringt, vgl. Berlin, Aufstieg des Nationalismus, S. 313. 29 Ansprache von Franqués auf der Kundgebung aller Berufe und Stände des Rheinlandes am 9.12.1922 in Essen; Chronik 1922, S. 1f.

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preußischer Gesinnung im Rheinlande“30 sei. Allerdings sollten seine kämpferischen Reden nun Folgen haben. Nach einer politischen „Affaire“31 wurde von Franqué für das gesamte Sommersemester 1923 vom Dienst suspendiert. Ein zweiter wichtiger Träger des Kriegsmonuments war der Kunstgeschichtsprofessor Paul Clemen. Er beriet den Hochschulsenat sowie den zuständigen Denkmalausschuss in künstlerischer Hinsicht. Clemen war - im Gegensatz zu von Franqué – ein monarchistischer Nationalist, dessen Herz am untergegangenen Kaiserreich hing. 32 Im Mittelpunkt seiner Arbeit als Denkmalpfleger stand die Verteidigung von Monumenten als Symbole nationaler Geschichte. 33 Er zeigte deshalb keinerlei Bedenken an der Errichtung eines politisch-funktionalen Kriegerdenkmals. 34 Auch wandte sich Clemen immer stärker einer symbolischen Formsprache zu, wobei er einen ausgeprägten Kulturpessimismus an den Tag legte.35 Dies brachte ihn – wenigstens vorübergehend – in Tuchfühlung mit dem nationalsozialistischen Regime.36 Im Sommersemester 1922 trug man erstmals den Wunsch nach einem Denkmal im Senat vor.37 Dieser bestand aus dreizehn Mitgliedern, wovon ungefähr neun zur „schweigenden Mehrheit“38 zählten. Zwar ist unklar, ob die unpolitischen Professoren die Pläne zum Denkmalbau vorbehaltlos unterstütz-

30 Chronik 1921, S. 5. 31 Vgl. insbes. UA Bonn, Akte Fitting, o.Sign. 32 Paul Clemen (1866-1947) entstammte einer sächsischen Pfarrersfamilie. Bis 1921 als Pro-

vinzialkonservator des Rheinlandes tätig, wurde er danach zum Vorsitzenden des Denkmalrates der Rheinprovinz ernannt. In den Kriegsjahren erreichte Clemen den Höhepunkt seiner (inter-) nationalen Geltung. Mit dem Zusammenbruch von 1918 wurde seine Beförderung zum übergeordneten preußischen Staatskonservator allerdings abgebrochen; gleichwohl reichten seine Verbindungen weiterhin bis zu Hindenburg und Kaiser Wilhelm II.; Verbeek, Clemen, S. 181-201; Wenig, Verzeichnis, S. 46. 33 Vgl. auch Clemen, Symbolik, S. insbes. S. 3-8. 34 UA, D7; Schreiben Senat an Kurator v. 22.12.1927. 35 Verbeek, Clemen, S. 197. 36 Vgl. Speitkamp, Heimatschutz, insbes. S. 192ff; Verbeek, Clemen, S. 185; dies geht auch aus dem Zitat Hitlers hervor, mit dem Clemen 1933 das Vorwort seiner Monografie „Die deutsche Kunst und die Denkmalpflege“ abschloss. 37 Ihm gehörten an: Professor Fitting (als Rektor), Professor Tillmann (als Prorektor), sowie die Professoren Feldmann, Ritschl, Crome, Hoffmann, Störring, Hesse, Cichorius, von Franqué, Heimberger, Platzhoff und Clostermann; Chronik 1921, S. 13. 38 Langewiesche, Eberhard-Karls-Universität, S. 368. Vier Professoren traten in der Republik mit ihrer politischen Meinung an die Öffentlichkeit: Der deutschnationale Professor Otto von Franqué, der nationalistische Professor Erich Hoffmann, die politisch moderaten Professoren Johannes Fitting und Fritz Tillmann.

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ten. 39 Aufgrund der Tatsache, dass der Universitätssenat einen Denkmalausschuss einsetzte und ihm quasi eine Blankovollmacht erteilte - was dazu führte, dass die endgültige Errichtung des Monuments im Jahre 1926 für einige Überraschung sorgte - kann jedoch davon ausgegangen werden, dass eine kontroverse Diskussion um den Künstler und sein Entwurfsmodell nicht stattfand.40 Auch der übrige Planungsprozess des Denkmals wurde von der antipluralistischen Art bestimmt, in der unter erheblichem Zeitdruck eine Entscheidung über das zukünftige Monument fiel. Der Einzelstifter und der Denkmalausschuss berieten in geheimen Verhandlungen über Errichtung und Textcode, wobei man sich zügig auf die Bezeichnung Flamme empor einigte. 41 Zugleich standen der Aufstellungsort im Zentrum des Hauptgebäudes sowie der ausführende Künstler, der deutschnationale Bonner Bildhauer Carl Menser, schnell fest.42 Um das Kriegerdenkmal vor der französischen Zensur zu retten, hielt man seine Entstehung verborgen. Im Herbst 1922 wurde allerdings bereits der Grundstein im Innenhof der Universität gelegt. 43 Damit fand das Projekt jedoch nur einen symbolischen Anfang. Denn das Monument wurde noch solange in sicherer Entfernung im schwäbischen Stuttgart aufbewahrt, bis die Besatzungstruppen die Stadt geräumt hatten.44 Erst im Februar 1926 erfolgte der Transport nach Bonn und die Errichtung im Universitätshof. Um die Restkosten zu decken, forderte man die Studenten im gleichen Jahr auf, einen geringen finanziellen Beitrag zum Monument zu leisten.45 39 Sontheimer, Hochschullehrer, S. 216 unterstreicht, dass die „Unpolitischen“, die Politik und

Wissenschaft nicht vermengen wollten, die klare Mehrheit der Universitätsprofessoren ausmachte. Allerdings standen viele unter ihnen der Republik distanziert bis gegnerisch gegenüber; Sontheimer, Universitäten, S. 97; vgl. auch Ullmann, Kaiserreich, S. 189. 40 Chronik 1921, S. 9; Gutachten v. 14.11.1936; StA, Pr30/339. Dass es bei der Errichtung des Denkmals erhebliche Bedenken seitens katholischer Akademikergruppen gab, wird aus GA v. 16.10.1926 deutlich. 41 Zur Geheimhaltung, s. das Schreiben des Rektors v. 2.12.1933 an den Kultusminister, StA, P10/344: „Hauptstifter war [...] derjenige Professor und Senator, dessen Tätigkeit in erster Linie die Verwirklichung des Denkmals zu danken ist, der seinen Namen auch heute noch verschwiegen wissen möchte.“ 42 Chronik 1921, S. 9. 43 Telegramm des Universitätskurators Norrenberg an das Kultusministerium v. 17.10.1922; UA Bonn, D7. 44 Chronik 1922, S. 4. 45 Dies war ein Novum. Schließlich hatten bisher nur zwei studentische Verbindungen einen verschwindend kleinen Teil zu den Kosten beigetragen; StA Bonn, P 10/344, Schreiben Rektor an Kultusminister v. 2.12.1933. Der Beitrag sollte 0,25 Mark pro Student betragen; allerdings protestierte Kurator Norrenberg gegen diese Abgabe, die er für überflüssig hielt, da das Denkmal ja bereits „fertig dastünde“; GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10490, Schreiben Kurator an Kultusminister Richter v. 8.4.1926.

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Deutlich geworden ist, dass die Erinnerungskultur der Universität in der Frühphase der Republik somit überwiegend auf eine Verklärung des Vergangenen gerichtet war. Die permanenten Auseinandersetzungen mit den Besatzern sowie die allgemeine psychosoziale Krise, in der sich die Bonner Universitätsangehörigen nach der Kriegsniederlage und dem Sturz der preußischen Monarchie befanden, führten vorrangig zu einem subjektiven Paradigma der Trauer, das den schmerzhaften Kontrast zwischen idealisierter Vergangenheit und Gegenwart durch eine gewalttätige Wiederholung überwinden wollte. Dies machen insbesondere die geheimen Planungen für das erste Universitätsdenkmal Flamme empor deutlich. In der Jünglingsfigur, die im Innenhof der Hochschule errichtete werden sollte, wurde der tatsächliche Kriegstod vollständig sublimiert und stattdessen an die Kampfbereitschaft des universitären Kollektivs appelliert. Gleichwohl war dieses Bildgedächtnis, das maßgeblich durch einen einzelnen Stifter initiiert und finanziert wurde, nicht von Dauer. Schließlich endete die Okkupation der Universität bereits im Jahr 1926, mit der Befreiung des Rheinlands. Langsam zog ein Wandel der Erinnerungskultur an der Hochschule ein, der die Planung eines weiteren Kriegerdenkmals provozierte.

1.2. Trauer für den Anderen. Planungsphase des zweiten Kriegerdenkmals Zwischen 1928 und 1930 gewannen die Vernunftrepublikaner, die für eine politische Entspannung an der Universität eintraten, deutlich an Einfluss im Senat.46 Das wird vor allem an der Festkultur dieser Jahre deutlich. Seit 1929 fanden Verfassungsfeiern an der Hochschule statt, welche die Treue auf die Weimarer Republik bekundeten, somit einen überwiegend demokratischen Impetus hatten.47 Gleichzeitig wandelte sich der Inhalt der Reichsgründungsfeiern. Statt der sonst üblichen (deutsch-) nationalen Parolen fielen die Reden Ende der zwanziger Jahre erstaunlich nüchtern aus.48 Den Höhepunkt bildete die Ansprache 46 Hierzu zählten u.a. Arnold Rademacher (1873-1939), Professor für katholische Theologie

und 1928/29 Hochschulrektor; Wenig, Verzeichnis, S. 234; Fritz Tillmann und Alexander Graf zu Dohna (1876-1944), Professor für Strafrecht und Mitglied der DVP; Wenig, Verzeichnis, S. 57. In den Senaten von 1928/29 u. 1929/30 waren die vernunftrepublikanischen Professoren an führender Stelle vertreten; Chronik 1928/29, S. 6; Chronik 1929/30, S. 7; vgl. Döring, Weimarer Kreis, S. 90-96, 245-254, 257. 47 Chronik 1928/29, S. 12. Die Abhaltung der Verfassungsfeier war in den neuen Satzungen der Universität verankert, worauf insbesondere das preußische Kultusministerium gedrängt hatte; vgl. GStA, I. HA Rep. 76 Va, sekt. I, Nr. 20, Bd. III, Blatt 118-124. 48 Sontheimer, Universitäten, S. 101ff. Noch 1928 hatte der Historiker Kern in einer nationalistischen Ansprache die akademische Jugend aufgefordert, denen nachzueifern „die 1914 bis

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des Grafen zu Dohna, Anhänger des Weimarer Kreises, vom 18.1.1930. Er stellte sich fest auf den Boden der Republik und bat die Jugend, sich gegenüber dem pazifistischen Zeitalter zu öffnen: „Der Gefallenen zu gedenken, ist auch dann noch sinnvoll, wenn der Krieg überwunden ist. Vielleicht vollzieht sich heute die bedeutsamste Wandlung im geistigen Habitus der Menschheit: Indem man verantwortlich den Einsatz kriegerischer Mittel zu vermeiden sucht. Die kriegerischen Ideale einer vergangenen Epoche sind heute ohne Sinn. [...] Unabweislich ist heute eine Umstellung des alten kriegerischen Geistes. [...] So geziemt es sich denn für die Jugend, die Vergangenheit im Herzen lebendig zu erhalten, aber die Zukunft in ihren Willen aufzunehmen, damit sie sich nicht ohne und gegen sie verwirklicht. Seit Herbst 1918 sind wir Deutsche endgültig eingetreten in ein demokratisches Zeitalter.“49

Dieser Appell an die studentische Jugend hob sich deutlich von der sonst üblichen Gedenkpraxis am Reichsgründungstag ab. Die Studenten wurden hier nicht weiter in die Rolle von Helden gedrängt, von der aus sie der potentiellen Freigabe zugunsten eines künftigen Krieges dienen sollten. Stattdessen insistierte Graf von Dohna überwiegend auf einen Vergangenheitsbruch. Zwar sollten die Studenten die traditionellen Werte nicht einfach abstreifen – gleichwohl lehnte er die Idealisierung des Kriegstodes rundweg ab. Diese Rede leitete somit eine Erneuerung der universitären Erinnerungskultur in die Wege, die nicht weiter auf eine rückwärtige Wiederholung des gewaltsamen Sterbens, sondern auf eine zivildemokratische Stabilisierung der Hochschule gerichtet war. Geschichtliche Veränderungen, vor allem weitere gewalttätige Auseinandersetzungen, sollten dabei möglichst fern gehalten werden.50 Im Zusammenhang mit diesem sukzessiven Wandel der politischen Kultur ist auch die Errichtung des zweiten Kriegerdenkmals zu sehen. Die sogenannte Ehrenhalle für die Gefallenen hob sich deutlich von der nationalistischen Emphase des Kriegerdenkmals Flamme empor ab. Es handelte sich dabei um einen Raum, an dessen Wänden die Namenstafeln sämtlicher Toter angebracht waren. Neben den Universitätsangehörigen hatte man hier auch die Gefallenen der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn verzeichnet. Die Anlage war kaum geeignet, ein selbstreflexives Gedenken zu demonstrieren; stattdessen wurde hier insbesondere der Trauer um die Toten Raum gegeben. Wann genau die Planung des Denkmals einsetzte, ist unklar. Zu vermuten ist allerdings, dass die Ehrenhalle in den Jahren 1928 und 1929 konzipiert wurde. Das geschah zeitgleich mit dem 1918 für die Bewahrung des Reiches in Treue sich selbst dahingegeben haben“; DRZ v. 19.1.1928. 49 DRZ v. 20.1.1930. 50 Diese überwiegend pazifistische Haltung wurde auch durch den Bonner Oberbürgermeister Falk bejaht, wie ein Schreiben v. 20.1.1930 (in UA Bonn, P10/691) deutlich macht.

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räumlichen Ausbau des Universitätshauptgebäudes.51 Federführend waren neben Regierungsbaurat Hermann Mylius die Professoren Arnold Rademacher, Arthur Spiethoff und Erich Hübner.52 Finanziert wurde der Bau ganz überwiegend durch die Bonner Studentenschaft. Seit dem Studienjahr 1928/29 spendeten inkorporierte Studenten auf Anregung Rademachers eine Kopfsteuer von einer Reichsmark pro Semester, die Nichtkorporierten veranstalteten freiwillige Sammlungen.53 Dies zeigt die breite Spendenbasis, welche die Ehrenhalle deutlich vom ersten Kriegerdenkmal der Universität unterschied. Tatsächlich war dem Architekten Mylius eine politische Kunst fremd. Er wollte in erster Linie eine ästhetische Wirklichkeit schaffen, die möglichst herrschaftsfrei sein und künstlerische Autonomie widerspiegeln sollte. Zeitgemäße Sachlichkeit, Objektivität und Realitätsbezug waren die Hauptmerkmale seiner Architektur.54 Damit gehörte er zu den Vertretern einer autonomieästhetisch fundierten Moderne. 1926 hatte Mylius mit der schlichten Erweiterung des ehemaligen kurfürstlichen Schlosses begonnen, dessen Vierflügelanlage seit 1818 den Hauptsitz der Universität bildete. Und nur ein Jahr später plädierte er bereits für eine Versetzung des Kriegerdenkmals Flamme empor aus dem Arkadenhof. Die Jünglingsfigur sei „künstlerisch ganz untragbar,“55 urteilte der Architekt. Allerdings stieß er mit dieser Äußerung auf den breiten Widerstand derer, für die ein Denkmalbau in erster Linie politisch-funktionale und nicht ästhetische Ideale zu repräsentieren hatte. Auch Spiethoff gehörte zum engeren Initiatorenkreis der Ehrenhalle. Er entstammte einem christlich-sozialreformerischen Elternhaus und hatte im Jahre 1918 den Ruf nach Bonn erhalten. Neben Schumpeter gehörte er zu den be51 Dieser Zeitraum erscheint auch deshalb plausibel, weil die Planung des zweiten Krieger-

denkmals aufs engste mit dem Denkmalsturz von Flamme empor verknüpft war, über den zwischen 1927 und 1930 verhandelt wurde. 52 GA v. 29.6.1930; Mylius war der für den Universitätsumbau zuständige Regierungsbaurat; Spiethoff (1873-1957) war Professor für Wirtschafts- und Staatswissenschaften; Hübner (1878-1934) war Professor für forensische Psychologie und Direktor der Universitäts-Nervenklinik; Wenig, Verzeichnis, S. 128 u. 297. Er verfasste u.a. Arbeiten über manisch-depressive Erkrankungen im Krieg; Chronik 1933/34, S. 20ff. 53 Chronik 1928/29, S. 3; ab dem Wintersemester 1930/31 wurde der auf jeden Studenten entfallende Beitrag für die Ehrentafeln dann beim Beitrag zur ASTAG (Allgemeine Studentische Arbeitsgemeinschaft) mitberücksichtigt; GStA, I HA Rep. 76 Va Nr. 10490, Schreiben Kurator Proske an Preußisches Kultusministerium v. 14.11.1930. 54 Zum Erweiterungsbau des barocken Schlosses, das als Universitätshauptgebäude diente, vgl. auch Lützeler, Bauten, S. 108f. Die Einstellung von Mylius lässt sich auch mit dem Erfordernis an den modernen Architekten erklären, funktional-räumlich zu denken; Gombrich, Kunst, S. 558. 55 UA Bonn, D 7, Schreiben Mylius an Kurator v. 4.11.1927.

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kanntesten Nationalökonomen seiner Zeit. Er war überzeugter Humanist und glaubte, dass das Menschliche nach dem Ersten Weltkrieg neu erkannt, postuliert und für immer gefestigt werden müsse.56 Der Tod so vieler Studenten war für ihn Anlass, sich aktiv für ein objektives Totengedenken einzusetzen. Das galt auch für Rademacher57 und Hübner, dessen pazifistische Haltung nicht zuletzt aus der Behandlung traumatisierter Heeresangehöriger herrührte.58 Während des Universitätsumbaus bot sich somit erstmals die Chance, die bisherige symbolische Deutung des Kriegstodes zu revolutionieren. Nicht mehr eine überwiegend subjektive Trauer sollte im Zentrum des Gefallenengedenkens stehen, was einer Verdrängung des Kriegstodes gleichkam. Vielmehr wollte man das tatsächliche Opfer der studentischen Jugend memorieren. Schließlich war eine politische Erneuerung an der Hochschule nur zu erreichen, wenn das Totengedächtnis nicht weiter ausschließlich durch selbstreflexive, sondern auch durch objektive Modi der Trauer repräsentiert wurde. Im zweiten Kriegerdenkmal der Universität, der sogenannten Ehrenhalle, wurden die menschlichen Kriegsverluste deshalb nicht weiter sublimiert, sondern an herausragender Stelle präsentiert.59

1.3. Verpflichtet zum Gegenmonument. Die Versetzung von Flamme empor Dem Wandel des politischen Klimas im Universitätssenat folgten die Erinnerungskämpfe des symbolischen Kriegstodes. Dies wird vor allem am Streit um die Versetzung des ersten Kriegerdenkmals deutlich.60 Eine räumlich-ästhetische Veränderung von Flamme empor wurde bereits 1927, also nur ein Jahr nach seiner eigentlichen Errichtung, heftig diskutiert. Aber erst drei Jahre später, nachdem die Proteste im Senat endgültig verebbt waren, konnte es zerlegt und an seinem neuen Standort, dem Alten Zoll, wiedererrichtet werden. 61 Hiermit war allerdings nur ein scheinbarer Deutungskonsens erreicht. Denn die Anhänger der Jünglingsfigur arbeiteten einer Rückversetzung in das symbolische Zentrum der Hochschule, den Arkadenhof, entgegen. Diese wurde kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten vollzogen. 56 Kamp, Spiethoff, S. 5f., 22, 38. 57 Rademacher, Vaterlandsliebe, S. 76f. 58 Chronik 1933/34, S. 22f. 59 Vgl. auch Winter, War Memorials, S. 78. 60 Unter „Denkmalsturz“ werden sämtliche Veränderungen des Denkmalsymbols verstanden,

die von einer Versetzung bis zur völligen Zerstörung reichen können; Speitkamp, Denkmalsturz, S. 6ff. 61 Vgl. die anlässlich der Befreiungsfeier der Bonner Universität am Alten Zoll von Gustav Stresemann gehaltene Ansprache in Chronik 1926, S: 9f.

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Eine Denkschrift von Regierungsbaurat Mylius hatte den Stein ins Rollen gebracht: „Will man nicht eine dauernde Schädigung des künstlerischen Wertes der ganzen Hofanlage herbeiführen, so bleibt nur übrig, das Denkmal von seinem jetzigen Aufstellungsort zu entfernen. Hofarchitektur und Denkmal widerstreiten einander und setzen sich gegenseitig im künstlerischen Ausdruck herab. In einem solchen Hof ist [...] ein ganz auf Frontalität aufgebautes Denkmal [...] untragbar. [...] Die Verhältnisse zwingen also dazu, das Denkmal nicht nur von seinem jetzigen Standpunkte, sondern überhaupt aus dem Hofe zu entfernen.“62

Mylius war klar, dass der Innenhof der Universität nach Ende des geplanten großangelegten Umbaus des Hauptgebäudes eine ganz neue Funktion zu erfüllen hatte. Der Hof hob jetzt eine architektonische Gleichmäßigkeit hervor, wo ursprünglich eine vertikal-hierarchische Richtungstendenz vorgeherrscht hatte. Damit vermittelte er nun ein „Gleichgewicht nach allen Richtungen hin.“63 Mit dieser Harmonisierung ging allerdings auch die notwendige Neuordnung des symbolischen Totengedächtnisses einher. Mylius wollte von nun an im Innenhof nur noch ein Denkmal akzeptieren, das sich ästhetisch voll in den Erweiterungsbau integrierte. Erst hierdurch konnte es einem inneren Ausgleich der Hochschule dienen. Während die Verfechter einer politischen Kunst immer wieder vorbrachten, nicht die Formgebung, sondern die Funktion seien für den Wert eines Denkmals entscheidend, war Mylius der Meinung, dass die starke vertikale Tendenz von Flamme empor den neuen Innenhof innerlich spalte. Dabei betrachtete er die „[politischen] Imponderabilien“ lange nicht als „so schwerwiegend, daß sie die Verewigung eines künstlerisch untragbaren Zustands rechtfertigen könnten.“64 Deutlich wird, wie das Bestreben nach Autonomisierung der Baukunst ebenso wie nach zivilgesellschaftlicher Stabilisierung zu einem sukzessiven Wandel des Totenbildes an der Bonner Hochschule beitrugen.65 Auf die Versetzungspläne des Bauleiters konterte der Universitätssenat mit einer von Paul Clemen verfassten Denkschrift. Eine Verlegung des Denkmals aus dem Arkadenhof des Hauptgebäudes wurde darin strikt abgelehnt: 62 UA, D7, Schreiben Mylius an Kurator v. 4.11.1927. Der Erweiterungsbau der Universität

beinhaltete vor allem die Aufstockung des alten Schlosses; das Gebäude wurde nun symmetrisch angelegt, was dem asymmetrisch-frontalen Denkmal Flamme empor deutlich widersprach; UA, D7, Schreiben Mylius an Kurator v. 29.12.1927. 63 UA, D7, Schreiben Mylius an Kurator v. 4.11.1927, S. 2. Diese Bauauffassung deutet auch auf den Wunsch zur Einebnung sozialer Hierarchien und politischer Vorrechte hin; vgl. auch Brandt, Kundgebungsmacht, S. 177ff. 64 UA, D7, Schreiben Mylius an Kurator v. 29.12.1927, S. 3. 65 Zum Prozess der Autonomisierung der Kunst als Teil eines grundlegenden strukturellen Umbaus der Gesellschaft, vgl. Nolte, Beginn, S. 294.

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„Die Frage nach der Aufstellung […] des Denkmals kann nicht […]in erster Linie als eine künstlerische aufgefasst werden, bei der die Rücksichten auf das Bauwerk die Entscheidenden sein würden. Die ganze Idee des Denkmals, wie sie auch durch die jetzt auf dem Sockel angebrachte Inschrift „Flamme empor“ verdeutlicht ist, soll nicht nur die des Totendenkmals […], sondern soll zugleich das Symbol des geistigen Wiederaufstiegs sein, ein Bekenntnis, einen Schwur darstellen. In diesem Sinne nur ist die Figur zu verstehen, wird sie von unseren Studenten aufgefasst und wird sie vor allem den späteren Geschlechtern erscheinen. Die Frage nach dem absoluten künstlerischen Werte […] scheidet vollkommen aus. Es handelt sich um diese mit dem Denkmal unlösbar verknüpfte Symbolik, und diese Symbolik haftet an diesem Platz im Centrum der Universität. Nur dort ist auch jenes Bekenntnis, ist jenes zum Schwur erhobene Schwert des Geistes als Sinnbild berechtigt.“66

Clemen sowie der zuständige Universitätssenat sahen das Kriegerdenkmal Flamme empor als „Träger vielfältiger und schmerzlicher Erinnerungen“67 an und waren deshalb nicht bereit, auf diesen Ausdruck subjektiver Trauer im Mittelpunkt der Universität zu verzichten (Abb. 18). Schließlich war ihnen wohl bewusst, dass mit diesem Standort ein erhebliches Legitimationspotential verbunden war. Erst durch den zentralen Platz konnten die unterschiedlichen, an der Hochschule kursierenden Modi der Trauer auf eine möglichst eindeutige Definition reduziert werden.68 Die politische Betrauerung der Kriegsgefallenen verband sich aufs Engste mit der topografischen Lage im Zentrum des Universitätshofes, den täglich tausende Studenten und Passanten durchschritten. Mit einer Verlegung würde, so fürchtete man, eine Umdeutung des Totengedenkens einsetzen, die unabsehbare Folgen für die Tradierung des Hochschulgedächtnisses hätte. Deshalb wollten Clemen und der Universitätssenat die Herabwürdigung des Kriegerdenkmals auf ein bloßes Kunstdenkmal, das sich der Universitätsarchitektur unterzuordnen habe, auf keinen Fall akzeptieren. Von einer schnellen Versetzung konnte also keine Rede mehr sein. Zwar gewann die Förderung der inneren Harmonie an der Hochschule in den Jahren nach 1927 weiterhin an Kraft; allerdings widersprachen die Verhältnisse im Senat einer zügigen Lösung der Denkmalfrage. So entschloss man sich zunächst, einen Standortkompromiss ins Auge zu fassen. Der Senat strebte eine Verschiebung des Denkmals innerhalb des Universitätshofes an. Im Laufe des Jahres 1928 wurden ständig neue Plätze diskutiert, wobei man auch die Erneuerung des Postaments anvisierte: „Der jetzige provisorische Sockel […] erweist sich schon aus dem Grunde als unmöglich, weil das Steinmaterial im trockenen und feuchten Zustande ganz verschieden aussieht,“69 so der zuständige Rektor und machte somit deutlich, dass der neoklassizistische Untergrund des Denkmals 66 UA, D7, Schreiben Senat an Kurator v. 22.12.1927. 67 Ebd. 68 Kamper, Gewalt, S. 2. 69 UA D7, Schreiben Rektorat an Kultusministerium v. 22.12.1927, S. 6.

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eine erhebliche Provokation darstellte. Schließlich war dieser extrem steil und somit in der Lage, den kämpferischen Ausdruck der Figur zu verstärken. Deshalb wurde zunächst eine Versetzung des Kriegsmonuments auf „niedrigem, schlichten Sockel“70 an den Rand des Innenhofes diskutiert.71 Bei einer Besichtigung des Platzes im Dezember 1928 ergab sich allerdings, „dass die Aufstellung des Ehrenmals […] weder an der Schmalseite […] noch auch an dessen Längsseite eine Verbesserung des gegenwärtigen Zustands bedeuten würde.“72 Die Verlegungspläne wurden deshalb wiederum revidiert. Gleichzeitig verlief auch die Überlegung, durch eine Probe mit Kulissen für Klärung zu sorgen, im Sand.73 Die Befürworter der Versetzung mussten sich in harter Geduld üben. Erst zwei Jahre später war der Zeitpunkt für einen durchgreifenden Wandel im universitären Bildgedächtnis gekommen. Im Oktober 1930 beschloss der Universitätssenat einstimmig, das Denkmal aus dem Arkadenhof in den vorderen Garten am Alten Zoll zu versetzen. Dies sollte unter zwei Bedingungen geschehen: Zum einen sollte im Innenhof ein Brunnen an Stelle des ursprünglichen Denkmals treten; und zum anderen am neuen Standort eine Inschrift angebracht werden, „die einen Hinweis auf die Gefallenen des Weltkrieges [enthielte] und […] und ohne irgendwie offensiv zu sein, den Charakter eines Denkmals für die gefallenen Studenten zum Ausdruck [brächte].“74 Dies zeigt deutlich, wie sehr sich die universitäre Erinnerungskultur mittlerweile gewandelt hatte. Nicht mehr die subjektive, sondern eine überwiegend objektive Betrauerung stand nun im Zentrum des Totengedenkens. Zugleich war die Ehrenhalle seit ihrer Einweihung im Juni 1930 zumindest für einen Teil der Universitätsangehörigen zum Symbol eines Neubeginns geworden: „Früher war die Eingangshalle ein frostiger, belangloser Raum mit allerlei Bekanntmachungen. Heute ist sie Mittelpunkt der Universität, Ehrenhalle für die Gefallenen. Früher konnte sie als Vorbereitung auf das Denkmal dienen, heute ist sie selber Erfüllung. Die innerlich gewichtige Halle muss aber auch äußerlich gewichtig werden, das heißt, es ist alles zu vermeiden, was den Blick von ihr absieht, was zum Weitergehen drängt.“75 70 UA D7, Schreiben Kultusministerium an Kurator v. 14.7.1928. 71 Auch ein Brunnen als Standfläche der Figur wurde mehrfach diskutiert; vgl. UA, D7, UI

15382. Die Kombination mit dem Naturelement Wasser sollte die gewaltbereite Symbolik der Figur und seine Frontalität abschwächen; vgl. auch UA, D7, Schreiben Mylius an Kurator v. 4.11.1927, S. 3. 72 UA, D7, Aktennotiz Norrenberg v. 14.12.1928. 73 UA, D7, Schreiben Provinzialkonservator Metternich an Kurator. 74 GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10550, Schreiben Konen an Kurator v. 13.10.1930; Alfons Proske (1881-1950) wurde 1929 zum Nachfolger Norrenbergs ernannt, der wegen Erreichung der Altersgrenze aus der Position des Universitätskurators ausschied; Schäfer, Verfassungsgeschichte, S. 561f. 75 KVZ v. 10.11.1930.

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Tatsächlich hatte in der Universität eine Entpolitisierungswelle eingesetzt, die insbesondere durch die Stimmverhältnisse im Senat begünstigt wurde. Dies macht auch die engere Bestimmung der Ehrenhalle deutlich: „Die Gedenkstätte in der Universität ist zu heilig, um Zwecken politischer Demonstration zu dienen. […] Der Ehrenhof und die Tafeln [sind] kein Gefallenendenkmal im üblichen Sinne, sondern eine Gedenkstätte […], die heiliger Mahnung gelten soll,“76 erläuterte Rektor Heinrich Konen den eigentlichen Zweck des zweiten Denkmalbaus.77 Das Nationale trat somit ab Ende der 1920er-Jahre eindeutig hinter einen individuell-demokratischen Wertcodex zurück, der auch zu einer alternativen Form des Trauerns aufrief. Nicht mehr eine politische Kompensation oder gar die Verherrlichung militärischer Aggression, sondern die realitätsnahe Betrauerung der Toten sollte künftig im Mittelpunkt des universitären Gedenkens stehen. Nur eine Versetzung von Flamme empor konnte dies gewährleisten: „Man kann nicht die Plastik und die Ehrenhalle zugleich wollen. [...] In die feierliche Stille dieser Gedenkstätte bricht sie [Flamme empor] mit ihrer wilden, erregten Spannung herein. [...] Sie vermag sich [...] im Hof nicht einzugliedern, weil sie das Leben, für das der Hof bestimmt ist [...] zerstreut und hemmt. [...] Es kommt letztlich auf die Übereinstimmung mit unserem Lebensund Stilgefühl an und da ist zu sagen, dass unserem Stilgefühl die sachliche, stille, klare Lösung entspricht. [Flamme empor] wirkt hart, schwer, düster; es ist ein Fremdkörper geworden. Im Grunde aber kann ein Kunstwerk nur dort seinen Sinn und seine Kraft entfalten, wo es kein Fremdkörper, sondern beheimatet ist.“78

Da die Denkmalversetzung über drei Jahre geplant war, verlief sie letztendlich geregelt.79 Gleichwohl musste zügig gehandelt werden, um die inneren Spannungen in der Frage des Gefallenengedenkens nicht noch weiter zu verstärken. Man sah einen Termin Ende Oktober 1930 als geeigneten Zeitpunkt vor. Er solle „unmittelbar nach der Fertigstellung des Erweiterungsbaus, kurz vor der feierlichen Abschließung desselben“80 liegen, so der zuständige Kurator Proske. Das erste Kriegerdenkmal der Bonner Universität wurde schleunigst auf den vorde76 GStA, I HA Rep. 76 Va Nr. 10490, Schreiben republikanischer Studentenbund an Kul-

tusminister v. 30.7.1931. 77 Heinrich Konen (1874-1948) war Physikprofessor und gehörte der Bonner Fakultät seit 1920

an; er wurde 1934 aus der Universität entlassen, weil er den Hitlergruß und eine nationalsozialistische Beflaggung verweigerte. Konen war 1945 der erste Nachkriegsrektor der Bonner Universität; GA Bonn Nr. 13962 v. 27.2.1930. 78 BZ u. GA v. 25.10.1930; Heinrich Lützeler (1902-1988) war Professor der Kunstgeschichte in Bonn; er wurde von den Nationalsozialisten mit einem Lehrverbot belegt; vgl. auch Frank-Lothar Kroll, Intellektueller Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Heinrich Lützeler im Dritten Reich, 2008. 79 StA, P10/344, Schreiben Pietrusky an Kultusminister v. 2.12.1933. 80 GStA, Schreiben Kurator an Kultusminister v. 10.10.1930.

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ren Teil des Alten Zolls, ungefähr 500 Meter vom Ostflügel der Hochschule entfernt, verlegt. Für diesen neuen Standort sprach vor allem die unmittelbare Nachbarschaft zum Arndt-Denkmal, die als „äußerst sinnig“81 angesehen wurde. Schließlich verkörperte Flamme empor, ähnlich wie der Freiheitsdichter Ernst Moritz Arndt, eine ausgeprägt nationale Grundhaltung, die aus dem Freiheitswillen des Rheinlands resultierte. Nirgendwo fand dieses Selbstverständnis in den Augen des Universitätssenats so viel Widerhall wie auf dem Gelände des Alten Zolls, der in universitärem Eigentum stand und bereits als Plattform für die politischen Feiern der Bonner Studentenverbindungen diente.82 Im November 1930 errichtete man das erste Universitätsdenkmal auf deutlich niedrigerem, mehrfach abgestuftem Sockel neu (Abb. 19). Dabei bewirkten die studentischen Beigaben - ein Eichenkranz und ein Stahlhelm – insbesondere aber die Inschrift „Die Universität ihren Toten, 1914-1918“ eine klare Umdeutung der bisherigen Gefallenensymbolik. 83 Dem triumphalen Jünglingsmotiv stand nun ein eindeutiger Textcode entgegen. Im ersten Kriegsmonument wurde nicht weiter nur an die kampfbereite Wiedergeburt des studentischen Helden appelliert; stattdessen wurden die Gefallenen nun auch als abwesende Tote memoriert. Dies konnte eine politische Vereinnahmung zumindest teilweise limitieren. Das nationalistische Erinnern an der Hochschule war damit zwar noch lange nicht gebannt. Doch konnte seine politische Machtdemonstration aus dem Herzen der Bonner Universität entfernt werden. Die Versetzung des Monuments brachte trotz erheblicher Vorsichtsmaßnahmen einen erheblichen Aufruhr mit sich. 84 Die Rationalität, mit der die 81 Für den Standort „Alter Zoll“ sprach außerdem, dass das Denkmal hier „von der breiten

Öffentlichkeit gesehen“ werden konnte. Außerdem war der Alte Zoll traditionell der beliebteste Veranstaltungsort nationaler Kundgebungen von Seiten studentischer Korporationen; GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10550, Schreiben Kurator an Kultusminister v. 10.10.1930. Das Gelände rund um den Alten Zoll wurde bearbeitet, um das Denkmal in die natürliche Landschaft einzupassen; StA Bonn, Pr 31/975; Schreiben Regierungsbaurat Gelderblom an Oberbürgermeister v. 5.12.1930. 82 Vgl. auch Chronik 1926, S. 9 (Ansprache Stresemann auf dem Alten Zoll). 83 Zu den neuen Emblemen, vgl. GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10550, Schreiben Konen an Kurator v. 13.10.1930. 84 StA, P10/344, Schreiben Pietrusky v. 2.12.1933. So wurde beispielsweise die Mitteilung veröffentlicht, dass im Innenhof der Universität umgehend ein Brunnen errichtet würde; vgl. den ausführlichen Schriftverkehr zwischen Kurator und Kultusminister in GStA, I HA Rep. 76 Va Nr. 10550, insbes. Bl. 214, sowie 248-293. Das preußische Kultusministerium wollte die Stiftung des Brunnens übernehmen. Die Beratung ästhetischer und technischer Fragen zögerte sich allerdings derart lange hinaus, dass der Senat 1931 entschied, auf die Aufstellung desselben zu verzichten. Dabei berief man sich insbesondere auf ein Gutachten Paul Clemens, der im selben Jahr auch Rückversetzungspläne hinsichtlich Flamme empor geäußert

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Hochschule vorging, wurde von einem Teil der politisierten Studentenschaft als Traditionsbruch gewertet. Die Nationalsozialistische Studentengruppe Bonn nutzte die Gelegenheit zu einer ausgedehnten Pressekampagne, auf deren Höhepunkt es zu einer Versammlung von 1500 Studenten kam: „Angesichts des Gefallenen-Denkmals unterlassen wir in dieser Kundgebung jede Polemik, auch wenn viele von uns durchaus glauben, dass da und dort [...] keineswegs ästhetische Gründe die Veranlassenden [...] waren. Aber wir wollen dafür desto einheitlicher [...] unseren Willen vertreten auf Rückführung des Denkmals unserer Gefallenen, des Symbols deutschen Wehrwillens [...] an seinen alten Platz [...]. Wir wollen es bei uns haben, im Mittelpunkt unserer Universität, gerade heute, nicht irgendwo auf auch akademischem Boden. [...] Ein solches Denkmal erhält für uns nicht seine Weihe nur vom Künstlerischen, sondern durch seinen Inhalt, durch das Wollen des Künstlers, durch seine Geschichte.“85

Wiederum deklarierte der Gruppenführer des nationalsozialistischen Studentenbundes das Monument zum zentralen Universitätssymbol.86 Allerdings waren die Nationalsozialisten an der Universität vorläufig noch zu schwach, um eine baldige Rückführung der Figur zu fordern.87 Der neue Standort auf dem Alten Zoll konnte noch bis zur Machtergreifung Hitlers verteidigt werden. Erst im Sommersemester 1933 beschloss der Hochschulsenat, das Kriegerdenkmal in den Innenhof der Universität zurückzuversetzen (Abb. 20). Dabei wurde es zwar nicht in der Mitte des Hofes, sondern vor dem südlichen Gebäudeflügel wiedererrichtet. Allerdings überzog man es – auf Veranlassung Paul Clemens’ – nun mit Goldbronze und stellte es auf einen deutlich erhöhten Sockel; den Raum vor den Gedenktafeln in der Ehrenhalle schloss man mit schmiedeeisernen Ketten

hatte; GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10550, Schreiben Kurator an Kultusminister v. 18.7.1931; UA, D7, Aktennotiz Dr. Lühl v. 8.9.31. 85 GA v. 28.11.1930. 86 Dass hier der „deutsche Wehrwille“ im Mittelpunkt stand, hing auch mit den Vortragenden zusammen – es waren eigens General von Epp aus München und Reichstagsabgeordneter Schemm aus Bayreuth als Redner angereist; vgl. VB Nr. 281 v. 26.11.1930; KZ Nr. 645 v. 26.11.1930. 87 Die Militarisierung der Bonner Studentenschaft in der Endphase der Republik zog sich im universitären Vergleich eher schleppend dahin. Im AStAG erreichte der NSDStB 1929 nur fünf von 61 Sitzen, zwei Jahre später war man allerdings schon zur zweitstärksten Gruppe aufgestiegen. 1932 nahmen ihre Vertreter vor dem Ring Katholischer Korporationen mit über einem Viertel der Sitze den ersten Platz ein; Vogt, Bonn, S. 512. Der AStAG verbreitete Mitte Dezember 1930 eine Presseerklärung, in der er die „unermüdlichen Bemühungen des Senates […] um die Ehrung der Gefallenen“ anerkannte; der Antrag wurde mit 45 zu 5 Stimmen angenommen; GA v. 11.12.1930; KZ Nr. 661 v. 4.12.1930.

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ab.88 Damit wurde die Umdeutung des Kriegstodes nicht nur rückgängig gemacht, das gewaltsame Sterben nationalisiert – es wurde zugleich zum kostbarsten Gut der Hochschule erhoben. 89

2. Von der Sublimation zur Demonstration objektiver Trauer. Zur Gestaltung der beiden Universitätsdenkmäler Die Formgebung der beiden Universitätsdenkmäler fiel nahezu gegensätzlich aus. Während die subjektive Trauer, die dem ersten Kriegsmonument der Bonner Hochschule Flamme empor zugrunde lag, zu einem Bildgedächtnis führte, welches das Generationen überschreitende Vorbild der gefallenen Studenten zementierte, war das zweite Denkmal ein Gegenmonument. Es verweigerte sich jeglicher politischen Vereinnahmung und spiegelte stattdessen eine alternative Form des Trauerns wider, die christlichen Trost spenden und einer kollektiven Aufklärung über den Kriegstod Vorschub leisten sollte. Die Bonner Universitätsdenkmäler appellierten somit nicht nur an die nationale Selbstinszenierung des studentischen Helden. Sie thematisierten zugleich die Sinnsuche des Kriegstodes und riefen zu einer Objektivierung des Gefallenengedenkens auf.

2.1. „Zum Zerreißen straff“.90 Ikonologie des ersten Kriegerdenkmals Das erste Kriegerdenkmal der Bonner Universität, Flamme empor, beruhte auf einer rein politischen Initiative. Sein Schöpfer Carl Menser war ein Künstler, der die deutschnationalen Interessen bestimmter akademischer Kreise teilte.91 Nach der Kriegsniederlage und in der Zeit der französischen Besatzung waren seine 88 Chronik 1932/33, S. 6; DRZ v. 26.7.1940. Im März 1933 hatte man zunächst mit einem

Holzgerüst im Arkadenhof die Rückversetzung des Denkmals erprobt; GA Bonn Nr. 14373 v. 4.3.1933. 89 Es ist eine Ironie der Geschichte, dass das Denkmal 1940 zur Metallspende freigegeben wurde. Die Begründung lautete, dass Denkmal sei „architektonisch unmöglich und künstlerisch wenig wertvoll; Schreiben v. 4.9.1940, StA Bonn, NL 189. 90 DRZ Nr. 35 v. 12.2.1926. 91 Der deutschnationale Bildhauer Carl Menser (1872-1929) war der bedeutendste zeitgenössische Bildhauer Bonns; er schuf insgesamt 33 Kriegerdenkmäler. Menser war Schüler der Bildhauer Niessen und Albermann (Köln) und hatte seit ca. 1907 einen Lehrauftrag an der Medizinischen Fakultät (in Anatomischem Zeichnen) und der Philosophischen Fakultät (Modellieren) der Universität Bonn inne; Anonymus, Bildhauer, S. 537; Müller-Reinhard, Menser, S. 10; Fischer, Menser, S. 36ff.; Schreiben Frau Mensers v. 30.8.1940, StA Bonn, NL 189.

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Artefakte von einem unbeugsamen „Dennoch”92 durchzogen. Auch sein 1922 geschaffenes Denkmal Flamme empor war auf eine – gewaltsame – Überwindung der Gegenwart hin angelegt. Mit Hilfe eines ästhetischen Kontrasts kehrte er die subjektive Trauer an der Hochschule nach draußen. Betrachtet man den architektonischen Raum um das Denkmal, das im so genannten Arkadenhof errichtet worden war, fällt zunächst der Gegensatz zwischen Ruhe und Erregung ins Auge. Während auf der Südseite der Universität der barocke Baukörper des ursprünglich kurfürstlichen Schlosses noch erhalten geblieben war, bestanden die restlichen Seiten der Vierflügelanlage bis zum Abschluss des Erweiterungsbaus lediglich aus drei flachen Vorhallen mit schlichten Bogengängen (vgl. Abb. 26 u. 29). Zwar fiel auch die Schlossarchitektur letztendlich klar und ornamentarm aus.93 Oberhalb von Arkadenreihen öffneten sich die Fenster der Beletage mit rhythmisierten Dreiecks- und Halbkreisgiebeln zum Innenhof hin, während die Fensteröffnungen im zweiten Stock deutlich kleiner und einfacher ausfielen. Gleichwohl war dieser südliche Trakt, vor dem das Denkmal aufragte, durch lang gestreckte Pilaster, deren oberen Abschluss Kompositkapitelle bildeten, reich gegliedert und von zwei hoch aufragenden, prächtigen Barockkuppeln überwölbt. Auf den ersten Blick machte die Anlage somit einen ruhig-erhabenen Eindruck, in den das Kriegsmonument Flamme empor erregt einbrach. Dargestellt war eine hohe männliche Figur in gegrätschter Haltung, die mit beiden Händen ein Schwert zum Himmel hielt (Abb. 21). Während die rechte Hand den Griff des Schwertes ganz umfasste, war die Linke nur flach aufgelegt. Der junge, nackte Körper und dessen kubischer Kopf erinnerten an einen germanisch-nordischen Jüngling in „explosiver Energie.“ 94 Zugleich bauten die hochgewölbte Brust, die weichen Hüften, der geschwungene Rücken und die diagonal gespreizten Beine einen ungewöhnlich starken Spannungsbogen auf. 92 KZ v. 22.2.1926. Das 1919 von Menser geschaffene Denkmal „1914/18“ spiegelte den

Rachegedanken am deutlichsten wider. Es zeigte ein Paar in vordergründiger Harmonie, tatsächlich aber ballte sich die Hand des Mannes auf dem Rücken zur (rächenden) Faust; vgl. StA Bonn, P42/52. Die Stadt Bonn hatte die Skulptur zunächst angekauft, was auf breite Ablehnung in der Bevölkerung gestoßen war; BZ v. 27.7.1919; GA v. 19.7.1921. Heftige Proteste kamen insbesondere aus dem Kreis katholischer Akademiker; GA 16.10.1926. Seine Errichtung konnte aufgrund des Verbots durch die alliierte Besatzung verhindert werden. Anfang der 1930er-Jahre dachte Paul Clemen darüber nach, das Denkmal „1914/18“ am Alten Zoll zu errichten; StA Bonn, P42/52, Notiz Dr. Lühl v. 8.9.1931. 93 Lützeler, Bauten, S. 108. Das kurfürstliche Schloss im Bonner Zentrum wurde ab 1697 nach Plänen des Münchener Hofarchitekten Enrico Zucalli als kastellartige Vierflügelanlage mit vier Ecktürmen errichtet. Allerdings brannte es 1777 vollständig aus; lediglich der südlich gelegene Hofgartenflügel konnte zunächst in vereinfachter Form wieder errichtet werden. 94 DRZ Nr. 35 v. 12.2.1926.

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Dieser wurde durch den neoklassizistischen pyramidalen Sockel zusätzlich gesteigert, denn die Kantenlinien des Postaments liefen über die Beinschrägen bis zum straff aufgerichteten Körper hinauf. Erst in der nach oben gestreckten Schwertspitze lief die Anspannung aus. Bei näherer Betrachtung wurde deutlich, dass die ungefähr zweieinhalb Meter hohe Plastik auf einen seelischen Kontrast hin angelegt war. Denn in der Darstellung des Körpers verband sich Kraft mit Schwäche und Gewalt mit Ohnmacht. Es war genau diese Polarität, aus der das Symbol seine Energie gewann. Schließlich wirkte der Körper trotz der markigen Gesichtszüge und der hochgewölbten Brust nicht nur stark und dominant, sondern auch einfach und schlicht. Menser hatte bei seiner überwiegend naturalistischen Figur auf das griechische Schönheitsideal und die Wiedergabe der Körpermuskeln verzichtet. Fast schien es, als ob deren vergangener Kampfeswille in der Gegenwart gebrochen worden sei, wodurch das Denkmal zusätzlich an Dynamik, an auf Überwindung angelegter Energie gewann. Der psychologische Kern des Kriegerdenkmals befand sich gerade in diesem affektiven Zwischenraum. Auch der kubische Kopf wich eindeutig vom klassischen Ideal griechischer Statuen ab. „Den Kopftyp dieses Denkmals besitzt nur der edle germanische Jüngling,“95 urteilte die „Deutsche Reichszeitung“ im Februar 1926. Tatsächlich hatte Menser hier eine äußerst markante, individuelle Physiognomie herausgearbeitet. Die scharf konturierten Gesichtszüge und die überschattenen Augen brachten eine kämpferisch-zornige Miene zum Ausdruck. Sie schien deutlich präsenter, als es im klassizistischen Stil jemals möglich gewesen wäre. Dies konnte bis zu einer erneuten Verlebendigung des Jünglings führen, wie auch die „Deutsche Reichszeitung“ im Februar 1926 bemerkte: „Man glaubt, jeden Augenblick könne sich der anorganische Stoff der harten Bronze mit organischem Leben, mit warmem, pulsierendem Blut erfüllen, könne der Jüngling zu gewaltigen Taten übergehen. Und das, trotzdem die Muskulatur nur angedeutet ist.“96 Menser hatte mit Flamme empor ein Denkmal geschaffen, für das die Studenten selbst Modell gestanden hatten.97 Dass es sich bei der Figur um das lebende Abbild eines Studierenden handelte, erhöhte deren Wirkungskraft zusätzlich. Dies hatte bereits Georg Simmel 1896 erkannt: „[Die naturalistische Kunst] verlangt keine so entschiedene und weitreichende Selbsttätigkeit […], sondern vollzieht seine Annäherung an die Dinge auf dem direktesten Wege. […] Das ist der Punkt, von dem aus am schnellsten und unmittelbarsten eine Aufrüttelung des gesamten

95 Ebd. 96 Ebd. 97 Ebd.

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inneren Systems stattfinden kann: Das Objekt und die subjektive Reaktion darauf stehen hier am nächsten zusammen.“98

Auf den ersten Blick schien die Realitätsnähe der Figur somit in der Lage zu sein, den Nachahmungswillen der Studenten deutlich zu steigern. Schließlich wurde der Jüngling quasi zum Beweisstück eines tatsächlich existierenden Bewusstseins. Allerdings fiel das körperliche Verführungspotential bei genauerer Betrachtung geringer aus als bei einer vergleichbaren klassizistischen Statue. Denn in der naturalistischen Plastik spiegelte sich eben nicht das vorbildliche Wesen eines ästhetisch-schönen Menschen wider, wie beispielsweise im griechischen Figurenideal des Münchener Speerträgers: „Vom Standpunkt unseres klassischen Ideals mag er manchem Beschauer minder schön erscheinen als ein Griechenkopf,“99 kommentierte die „Deutsche Reichszeitung“ 1926 und machte somit deutlich, dass von Flamme empor weniger äußerliche Reize ausgingen. Hier wurde überwiegend der eiserne Wille eines Einzelmenschen nach außen gekehrt. Dieser erschien nur solchen Betrachtern als nachahmenswert, die eine ähnlich gelagerte emotionale Spannung empfanden.100 Insgesamt war es dem Künstler somit gelungen, „unter Verzicht auf das griechische Schönheitsideal den Typ des germanisch-deutschen Jünglings darzustellen […]: Es ist der junge, sportsgewandte und turnerisch geübte Mensch, bei dem jede Muskel und Sehne gleichsam aus Stahl geschmiedet ist, der die schwersten körperlichen Strapazen auszuhalten vermag, aber auch wegen seiner hohen ideellen Eigenschaften später einmal ein Führer des Volkes zu werden verspricht,“101 urteilte die „Kölner Volkszeitung“ 1926. Deutlich wurde, dass das Denkmal nicht nur ein körperliches, sondern auch ein ziviles Vorbild zum Ausdruck bringen wollte. Diese Doppeldeutigkeit der Figur wurde durch ihre „ausgesprochene Frontalität“102 unterstrichen. Flamme empor war nicht als Freiplastik ausgearbeitet. Das Denkmal sollte vielmehr überwiegend von vorne, vom Haupteingang der Universität kommend, wahrgenommen werden. Das Merkmal der wahren Dreidimensionalität, die Möglichkeit, sich um das Monument herum zu bewegen und es zu betasten, entfiel.103 Damit verweigerte sich das Kriegsmonument zumindest teilweise einer direkten Inkorporation. Im Jahr 1927 fasste Clemen die politische Symbolik der Jünglingsfigur folgendermaßen zusammen: 98 Simmel, Soziologische Ästhetik, S. 88. 99 DRZ Nr. 35 v. 12.2.1926. 100 Vgl. Belting, Bild-Anthropologie, insbes. S. 92f.; Kaschuba, Nation als Körper, S. 293;

Baxmann, Körper der Nation, S. 355. 101 KVZ Nr. 136 v. 20.2.1926. 102 UA, D7, Schreiben Mylius an Kurator v. 4.11.1927, S. 1. 103 Spies, Kontinent, S. 26.

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“Die ganze Idee des Denkmals [...] soll nicht nur die des Totendenkmals, der Erinnerung an das Kriegsopfer sein, sondern soll zugleich das Symbol des geistigen Wiederaufstiegs sein, ein Bekenntnis, einen Schwur darstellen. In diesem Sinne nur ist die Figur zu verstehen, wie sie von unseren Studenten aufgefasst und wie sie vor allem den späteren Geschlechtern erscheinen wird.“104

Dies zeigt, dass das erste Kriegsmonument der Bonner Universität ursprünglich auch einer Trauer um die Toten dienen sollte. Allerdings wies im ausgeführten Denkmal kein einziges symbolisches Detail mehr darauf hin. Das Gefallenenmotiv zeigte vielmehr einen vitalen Jüngling, der in die Form eines willigen Kämpfers gepresst und im Zustand des Lebens memoriert wurde. Der Zerfall der Totenkörper wurde sublimiert. Durch die Darstellung eines militanten Jünglings wurden die Kriegsgefallenen zum einen wiederum zu tötbaren Kämpfern, zum anderen zu Kernfiguren einer stolzen Gemeinschaft, die ihren Platz in der Universität behaupten wollte, deklariert.105 Diese Deutung brachte auch das energische Emporhalten der Waffe zum Ausdruck. Denn die Ausrichtung gen Himmel vereinigte den Siegesglauben des Helden mit göttlicher Gerechtigkeit.106 Das inhaltliche Programm des Denkmals manifestierte sich auch in der Sockelinschrift. Hier blieben die Namen der Toten ungenannt. Stattdessen trat mit der Inschrift Flamme empor die Symbolik des Feuers in den Vordergrund. Traditionell hatte die Flamme für die Bonner Studentenschaft eine doppelte Bedeutung. Einerseits galt sie als das Symbol für die lebensschaffende Kraft der Wissenschaften. Andererseits versinnbildlichte sie die - lebenszerstörende - Bereitschaft zum nationalen Opfer: “Von den Spitzen der Säulen sollen aus ehernen Feuerbehältern Flammen weithin durch die Nacht leuchten [...], das Höchste, Reinste, Edelste, was in uns wohnt, sollen sie offenbaren, heiße, innige Vaterlandsliebe, deutsche Treue bis zum Tode,”107 so ein Ausruf der Bonner Studentenschaft anlässlich der Sonnwendfeier im Jahre 1901.108 Direkt nach dem Ende der französischen Besatzung entzündete man das Feuer wieder neu: “Die Studierenden beider Bonner Hochschulen ließen es sich nicht nehmen, gleich nach dem fast unbemerkten Abschied der fremden Soldaten einen Fackelzug zu 104 Schreiben Clemen v. 22.12.1927, UA, D7. 105 Koselleck, Kriegerdenkmale, S. 262ff. 106Lurz betont, dass gerade die Konfrontation mit der modernen, mechanischen Kriegführung

zu dem Bedürfnis geführt habe, den Tod mit Hilfe mittelalterlicher Symbole zu verschleiern; ders., Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 246ff. 107 Zit. nach Nipperdey, Nationaldenkmal, S. 164ff. 108 Lurker, Symbolik, S. 205f., macht deutlich, dass das Feuer als Symbol lebensschaffender und lebenszerstörender Mächte bei vielen Völkern als göttlich verehrt wird. Die Götter des Feuers erscheinen sowohl als Lichtbringer als auch als Verursacher von Feuersbrünsten.

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veranstalten,“109 urteilte Rektor Dyroff 1926. Dies zeigt, dass die Symbolik des Feuers an der Hochschule traditionell ambivalent gedeutet wurde. Konnte die Flamme zum einen den Wiederaufstieg der Wissenschaften versinnbildlichen, diente sie zum anderen als Symbol für den studentischen Heldentod. Letztendlich war das Kriegerdenkmal Flamme empor somit auf beides, Leben und Tod, hin gerichtet. Erinnerungen können besonders gut lokalisiert werden, wenn sie an einen bestimmten Ort gekoppelt sind. 110 Die topografische Lage des Kriegsmonuments in der Mitte des Universitätsinnenhofes war hierfür besonders geeignet. Denn das Zentrum der Hochschule frequentierten die Universitätsangehörigen naturgemäß am stärksten. Damit wirkte dieser Standort normsetzend. Das politische Gedächtnis konnte sich hier fast begründungsfrei festsetzen. Tatsächlich entwickelte sich der Platz schnell zu einem wichtigen Erinnerungsort. Stolz zitierten die Zeitgenossen die “typische silhouettenhafte Weitbildwirkung,”111 die durch die Lage des Denkmals erreicht wurde. Schließlich fiel das Monument schon beim bloßen Vorbeigehen am Haupteingang der Universität frontal ins Auge. Durch seine stark vertikale Ausrichtung, welche der hohe Sockel und die senkrechten Tendenzen der Hofarchitektur im Hintergrund zusätzlich steigerten, konnte der Selbstbehauptungswillen seiner akademischen Anhängerschaft demonstriert werden. Wesentlich hierfür war neben dem zentralen Standort auch das Herstellungsmaterial. Flamme empor war aus widerstandsfähiger Bronze modelliert, die dem Verfall trotzte.112 Dies ermöglichte ein Licht- und Schattenspiel auf dem Jünglingskörper, das der Figur zusätzlich Vitalität verlieh (Abb. 22). Die Ikonografie des ersten Kriegsmonuments Flamme empor macht somit deutlich, wie mit ästhetischen Mitteln das Gefallenengedenken an der Bonner Hochschule politisiert und der wahre Kriegstod sublimiert wurde. Man hatte die toten Studenten in die Form eines lebendigen, kampfbereiten Helden gepresst, der allerdings aufgrund seines naturalistischen Stils, der auf das klassizistische Ideal verzichtete, nur noch teilweise zur Nachahmung aufrief. Damit wurden die Gefallenen zwar weiterhin als tötbar deklariert; zugleich konnten sie jedoch auch einem zivilen Opfer dienen. Auch die Denkmalinschrift Flamme empor konnte beides symbolisieren: Tod und Leben. Zugleich war der zentrale Denkmalstandort besonders in der Lage, die politischen Geltungsansprüche durchzusetzen. Kein einziges Bildelement wies dagegen weiterhin auf den tatsächlichen Kriegstod hin.

109 Chronik 1926, S. 1. 110 Hesper, Gedächtnisorte, S. 200f. 111 DRZ v. 12.2.1926. 112 Die Figur enthielt ca. 20 Zentner Bronze; DRZ v. 26.7.1940.

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2.2. Trauer, Trost und Aufklärung. Beschreibung des zweiten Kriegerdenkmals Mit der Ehrenhalle schufen der Architekt Hermann Mylius und der Bildhauer Wolfgang Wallner ein Monument, das sich deutlich vom ersten Kriegerdenkmal der Universität abhob. Im Gegensatz zum politischen Appell des figürlichen Kriegsmonuments Flamme empor wurde die Ehrenhalle von einer entpolitisierenden Formsprache geprägt. 113 Nicht die Verkörperung eines selbstreflexiven Gedächtnisses stand im Mittelpunkt. Im Gegenteil: Man entschied sich für eine überwiegend abstrakte Ästhetik, die der Trauer um die Toten viel Raum gab. Die Architektur der Ehrenhalle lud zu einer Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Kriegssterben ein. Bereits die Kritiker des traditionell-figürlichen Kriegerdenkmalbaus hatten die Notwendigkeit einer architektonischen Denkmalgestaltung erkannt: “Die figürlichen Denkmäler kultivieren den individuellen Heroismus und verfälschen die Geschichte; im besten Fall bringen sie den Charakter, die Gefühle und Gedanken des Helden zum Ausdruck; aber wer bringt die emotionalen […] Spannungen von Tausenden zum Ausdruck? Der Typus? Aber der Typus konkretisiert, schränkt ein und nivelliert die Masse. Sie ist viel reicher, sie ist viel lebendiger, vielgestaltiger und organischer.“114

Der gesellschaftliche Bindecharakter der Architektur wurde von zahllosen Ideologen missbraucht, um ihre Vorstellung einer nationalen Volksgemeinschaft umzusetzen. Die Gedächtnishalle der Bonner Universität grenzte sich allerdings von diesem Machtkonzept ab.115 Ihre Ausführung wies zunächst auf den Willen zu einer christlichen Tröstung der Trauernden hin. Beim Betreten des Raumes ergab sich der Eindruck einer mittelalterlichen Hallenkrypta (Abb. 23). Diese Wahrnehmung entstand dadurch, dass die dreischiffige Gedächtnishalle auf vier quadratischen Pfeilern und acht Wandstützen ruhte, die ein Kreuzgratgewölbe trugen. Die Pfeiler waren durch einfach profilierte Kämpfer zum Gewölbe hin abgegrenzt. Auch die niedrige Deckenhöhe und die Ausschmückung der Halle erinnerten an kirchliche Vorbilder. Die Wände und der obere Abschluss des 113 Der ästhetischen Kritik am zeitgenössischen Denkmalbau konnte damit begegnet werden;

das Monument entsprach den allgemeinen Richtlinien zur Schlichtheit von Kriegerdenkmälern; Reuße, Sprachfähigkeit, S. 41, 126ff.; Lurz, Kriegerdenkmäler, Bd. 4, 136f. 114 Vgl. Reuße, Sprachfähigkeit, S. 128f. Am Anfang dieses ideologischen Urteils stand eine inhaltliche Kritik an der “Kunstpflege der Bourgeoisie”, welche die “Umwälzungen auf allen Gebieten des geistigen, industriellen und socialen Lebens” als Denkmalthema ignoriere und nicht wage, in ihren Denkmälern “von allen diesen Großtaten des Jahrhunderts zu künden, von all den Schmerzen und Hoffnungen, die unsere Zeit bewegen“ (Ebd.) 115 Schrade, Nationaldenkmal, S. 97, 105f.; Nipperdey, Nationaldenkmal, S. 164ff.

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Denkmals waren schlicht gehalten und hell verputzt, der Boden mit Platten ausgelegt. Eine farbige Note erhielt die Vorhalle durch die Umkleidung der Pfeiler mit geschliffenen Muschelkalkplatten. Von zentraler Bedeutung waren die an der östlichen und westlichen Seitenwand befestigten sechs schlichten Gedächtnistafeln, welche die Namen sämtlicher im Ersten Weltkrieg gefallener Angehörigen der Universität und der Landwirtschaftlichen Hochschule trugen: “Man ist erschüttert, wenn man die riesigen Namensreihen sieht, die in klarer Antiquaschrift in den Stein gemeißelt sind,“116 kommentierte ein zeitgenössischer Beobachter die langen Namenslisten. Tatsächlich ging von den Gedenktafeln - wie von einem Grabstein - ein direkter Verweis auf die Toten aus. 117 Dieser Eindruck wurde insbesondere durch die beiden über den zentralen Tafeln angebrachten Kriegerköpfe unterstützt, die durch ein vorkragendes Zierelement, das an den Aussenkanten schalenförmig nach oben gebogen war, mit dem oberen Abschluss der Tafeln verbunden waren. Die beiden hoch reliefierten Kriegerköpfe sollten keineswegs eine naturalistische Kopie darstellen wie noch die Denkmalsplastik (Abb. 24). Vielmehr hatte Wallner hier einen Gesichtsausdruck gewählt, der die individuell-zornige Physiognomie der Jünglingsfigur durch eine stark abstrahierende Formsprache überwand. In der Miene der Verstorbenen wurde kein subjektives Gefühl, keine Partikularität des Empfindens mehr sichtbar. Der Bildhauer hatte hier auch nicht auf das klassisch-griechische Gesichtsprofil zurückgegriffen. Der Gefallene wurde weder als Leidender noch als Schlafender dargestellt. Vielmehr verkörperte der Gesichtsausdruck des Kriegers mit geschlossenen Augen und ernstem Blick das gewaltsame Sterben.118 Wie in einer Totenmaske wurde hier das „letzte Geistige“ eines Menschen bewahrt, der zutiefst in seiner Menschlichkeit getroffen worden war. Bei der Betrachtung dieser Köpfe konnte man die Namensnennung auf den Tafeln kaum noch als rein serielles Ereignis zur Kenntnis nehmen. 119 Vielmehr wurde der Besucher dazu aufgefordert, den Tod des Nicht-wieder-Gutzumachendes im Spiel zu lassen. Er hatte anzuerkennen, dass

116 DRZ v. 28.6.1930. 117 Horn, Tod/Tote, S. 581. Die schlichte Ausführung der Gedenktafeln spiegelte sich auch in

ihrem Material wider. Ebenso wie die Raumpfeiler bestanden die Tafeln aus Muschelkalkstein. 118 Wie bei dem Bildtypus der Totenmaske konnten auch hier die Wesenszüge des Toten, der Kern seines Charakters zusammengefasst werden; Friedell, Gesicht, S. 8f.; Benkard, Antlitz, S. VIIf. 119 Liebsch, Trauer, S. 23.

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jeder Tote einzig war. Als stilistische Vorlage könnte Wallner dabei auch die Physionomie des „Schwebenden“ von Ernst Barlach gedient haben.120 Das Bildprogramm des Denkmals wurde auch durch dessen Inschrift geprägt. Oberhalb der zentralen Namensliste waren in schlichten Großbuchstaben der lateinische Schriftzug „ver sacrum“ („Heiliger Frühling“) sowie die Jahreszahlen „1914 - 1918“ eingemeißelt. Das fremdsprachliche Zitat wurde häufig vom Bildungsbürgertum benutzt und wies zunächst auf die jugendliche Würde der Gefallenen hin.121 Gemeinsam mit den unterhalb der Tafeln angebrachten Lorbeerkränzen bildete es ein allgemeingültiges Sinnbild für deren Unsterblichkeit. Damit wurde der menschliche Verlust durch den Textcode zwar wiederum ein Stückweit verklärt; andererseits wies die Inschrift jedoch auch auf den allzu frühen Tod der Gefallenen hin und konnte so die Unwiederbringlichkeit der Toten zwischenmenschlich verankern.122 Die topografische Lage der Ehrenhalle, mit ihrer dezentralen Lage zugleich nördlicher Haupteingang zur Universität und Grenze zur Innenstadt zu sein, begünstigte ein Zusammenspiel mit der urbanisierten Lebenswelt (Abb. 25). Sie ermöglichte eine soziale Öffnung, da durch die Eingangshalle sowohl Hochschulangehörige als auch Passanten eintraten, die den Hofgarten besuchen wollten. So wurde das Denkmal zu einem offenen Gebrauchsraum mit aufklärerischem Impetus: „Die Asymmetrie [sei] der liberalen Staatsform zugeneigt,“123 so argumentierte Georg Simmel bereits 1896. Dies wurde durch die Nutzungsmöglichkeit der Gedächtnishalle als Versammlungs- und Aufenthaltsort unterstrichen. Tatsächlich hatten Mylius und Wallner unterhalb der zentralen Gedenktafeln Steinbänke errichten lassen, die zum Verweilen der Passanten einluden. Damit konnte der Raum allerdings – über die christliche Tröstung und eine objektive Betrauerung der Toten hinaus – auch zu einer allgemeinen Sinnsuche des Kriegstodes aufrufen. Denn die nahezu gegenstandslose Halle mit ihren schlichten Kriegerköpfen war in der Lage, im Betrachter eine

120 Die Darstellung erinnert an die Physiognomie von Ernst Barlachs Güstrower Totenengel;

vgl. insbes. Volker Probst (Hg.), Ernst Barlach. Das Güstrower Ehrenmal, Leipzig 1998. 121 Lurz, Kriegerdenkmäler, S. 305f.; Lurker, Symbolik, S. 224; Pollack/Nicolai, Kriegerdenk-

male, S. 68. 122 Alings, Monument, S. 526. Die beiden unterhalb der zentralen Gedenktafeln in Klein-

buchstaben angebrachten Inschriften „Juxta fidem defuncti sunt omnes isti“ und „Usque ad mortem pro legibus templo civitate patria“ („Voll Glauben sind alle diese gestorben“ und „Bis zum Tode für Gesetze, Heiligtum, Stadt, Vaterland“) spiegelten dagegen ein christlich-vaterländisches Gefallenengedenken wieder. Die Zeilen entstammen dem Hebräerbrief XI, 13 (NT) sowie dem 2. Buch der Machabäer XIII, 14 (AT). 123 Simmel, Soziologische Ästhetik, S. 85.

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bewusste Leere zu erzeugen, die im Angesicht der hohen Zahl menschlicher Verluste zu Scham- und Schuldgefühlen führen konnte.124 Insgesamt schien die Ehrenhalle zuallererst eine christliche Sinnstiftung zum Ziel zu haben. Denn ähnlich einer kirchlichen Krypta unterhalb des Hauptaltars kam der Raumanlage die Symbolfunktion von Tod und Auferstehung zu. Das wird insbesondere anhand der Gedenktafeln deutlich. Die Namensnennung ermöglichte eine Identitätszuordnung und ein individuelles Totenerinnern der Hinterbliebenen. Damit konnte der Raum allerdings auch einer objektiven Betrauerung und Entpolitisierung des Kriegstodes an der Hochschule dienen. Während die Inschriften noch teilweise auf eine Verklärung verwiesen, waren die Gefallenen in den reliefierten Kriegerköpfen als Tote, in ihrer Menschlichkeit zutiefst getroffen, dargestellt. Sie eigneten sich kaum noch als Kernfiguren eines nationalistischen Gründungsmythos, wie ihn das erste Kriegerdenkmal der Universität verkörperte. Im Gegenteil: In der überwiegend abstrakten Gedenkhalle konnte der menschliche Verlust nur noch mit Mühe geleugnet, der Kriegstod kaum noch zugunsten des kollektiven Selbst verdrängt werden. Hier memorierte man die Gefallenen nicht weiter als triumphale Helden. Stattdessen wurde hier die Unschuld der Kriegsopfer reflektiert und an den Betrachter projiziert.

3. Ende des nationalen Zusammenhalts. Zur Rezeption beider Universitätsdenkmäler Die Rezeption der beiden Bonner Universitätsdenkmäler verlief äußerst unterschiedlich. Während die Enthüllungszeremonie von Flamme empor im Februar 1926 insbesondere eine nationale Wiedergeburt beschwor, die nur mit Hilfe einer nochmaligen politischen Hingabe der Gefallenen zu erreichen war, diente die Einweihungsfeier der Ehrenhalle einem individuellen Festhalten der Toten. Auch die Kranzniederlegungen in der Halle weisen auf den Willen zur Entpolitisierung und Objektivierung des Kriegstodes hin. Dies zeigt, dass zumindest ein Teil der Bonner Universitätsangehörigen in der zweiten Hälfte der Weimarer Republik den nationalistischen Zusammenhalt aufkündigte.

124 Vgl. Teichert, Trauer, S. 409; Holzschuh, Raum, S. 33f.; Sloterdijk, Globen, S. 170.

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3.1. Revolutionäre Wiedergeburt. Zur Einweihungsfeier von Flamme empor Am 20. und 21. Februar 1926 fand die Befreiungsfeier der Universität Bonn statt. Nach dem Ende der französischen Besatzung zelebrierte man die wiedergewonnene Freiheit wie eine Wiedergeburt. 125 Von den Mitgliedern der Hochschule wurde sie als Beginn einer neuen Zeit betrachtet: “Lasst uns nun schaffen für die neue Zeit, Dass sich im Kreis der anderen Völker frei Das eigene vollende, gestaltend für den Bund Und durch den Bund gestaltet, in schöpferischer Freiheit. Denn rheinisches Land ist weit und groß-umspannend.“126

Allerdings lagen der Feier nicht nur solche universalistischen Ideen zugrunde, wie sie in den Zeilen Heinrich Lützelers zum Ausdruck kamen. Leitend war auch eine aggressive nationalistische Ideologie, in der die Niederlage von 1918 vollständig ausgeblendet wurde. Stattdessen verlängerte man den Krieg mittels einer selektiven Erinnerung über die Jahre der feindlichen Besatzung hinweg. Damit konnte das Ende der Okkupation als identitätsstiftender Fixpunkt dienen, von dem der Gründungsmythos einer revolutionären Wiedergeburt ausging.127 Das Potential dieses Erinnerungsmusters schöpfte maßgeblich aus der Funktionalisierung der Toten zugunsten des triumphalen Heldentums. Nach zwei Festakten in der Beethovenhalle Bonn stand am Nachmittag des 21. Februar 1926 die Enthüllung des Kriegerdenkmals Flamme empor im Mittelpunkt der Feier. Sie wurde durch einen traditionellen Festzug von der Beethovenhalle hinüber zum Arkadenhof des Universitätsgebäudes eröffnet (Abb. 26). Dabei gingen die Chargierten der studentischen Vereinigungen voran, gefolgt von der Kammer der Studentenschaft, den Ehrengästen, den Professoren in ihren verschiedenfarbigen Talaren und Baretten sowie den 24 Rektoren der deutschen Universitäten in Samtmänteln und Ehrenketten.128 Zum ersten Mal seit der schlichten Jahrhundertfeier der Universität am 3.8.1919 zeigten sich die Dozenten damit in ihrer Amtstracht öffentlich auf der Straße. Diese dem Alltag enthobene Praxis des Zuges stellte eine “dramatische Inszenierung”129 dar, die das Gemeinschaftsgefühl der Zugteilnehmer erneuern und stabilisieren konnte. Auch die Partizipationsstruktur war identitätsstiftend. Indem die Studenten den Zug anführten, fand eine kurzfristige Inversion der Hierarchien statt, welche die 125 Die Feier wurde zur nachträglichen Jahrhundertfeier deklariert; StA, P10/344. 126 Prolog Lützelers am Begrüßungsabend; Lützeler, Bonn, S. 47. 127 BZ, Befreiungsfeier, S. 3f. 128 DRZ v. 19.2.1926 u. 22.2.1926; BZ/ GA/ KZ v. 22.2.1926. 129 Köpping/Rao, Rausch, S. 7.

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Bedeutung der Studentenschaft für die Wiedergeburt der Universität nochmals unterstrich. Wesentlich war daneben auch die musikalische Komponente, die dem Zug den Charakter eines Militärmarschs verlieh.130 Sie bestätigte das Bekenntnis zur preußischen Staatstradition, aber auch den Willen zur Befreiung von der Fremdbesatzung. Beides war bereits in einer Ansprache Rektor Dyroffs am Vorabend der Einweihungsfeier angeklungen: “Ein Tag der Ehre ist uns heute angebrochen: […] Wir waren entehrt, wie Gefangene wurden wir bewacht, argwöhnlich wurden unsere Schritte belauert. Wir waren zur Sache geworden, denn wir waren ein Faustpfand der Sieger gegenüber Deutschland. […] Der Dank gilt den hochverehrten und treuen Kollegen, und vor allem wir als Historiker und Juristen kamen in schwere Konflikte, denn wir hatten auf der einen Seite die Pflicht, die Wahrheit zu lehren, aber auf der anderen Seite wurden unsere Vorlesungen beaufsichtigt, wenn auch unsichtbar. […] Diese Universität, die seit ihrem Bestehen geworden war die geistige Wacht am Rhein. Die Kollegen mussten diese Wacht mithalten. [...] Wir fühlen uns verpflichtet, die Treue zu halten dem preußischen Staat, der die Universität im Rheinland stiftete.“131

Mit der festlichen Bekleidung sämtlicher Zugteilnehmer wurde in direkter, sensueller Form der Ruhm der Universität, die Würde ihrer Mitglieder aber auch eine Distinktion zur breiten Bevölkerung hin zum Ausdruck gebracht. 132 Der Innenhof des Universitätshauptgebäudes war mit schlichtem Tannengrün und mit den preußischen Fahnen geschmückt, als die Zugangehörigen ankamen und sich gleichmäßig rund um das verhüllte Denkmal gruppierten. Mit einem Gedicht begrüßte von Franqué die im Arkadenhof zur Enthüllung des Denkmals Erschienen: „Führ’ uns empor! Herrlicher Recke leuchte uns vor Mit der Fackel der Wissenschaft, Deutschen Geistes gewaltiger Kraft, Dass wir uns forschend und schaffend bewähren, Wir, die da lernen, und wir, die da lehren. Hilf uns empor! Strahl’ uns ins Herz! Sei uns ein Sinnbild für stolzesten Schmerz Um unserer Jugend Heldenschar, 130 Gespielt wurde der Armeemarsch Nr.55 der Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen; Fried-

rich-Wilhelms-Universität, Programm zur Befreiungsfeier, S. 2. 131 BZ, Befreiungsfeier, S. 9; Das Zitat der “Wacht am Rhein”, des offiziellen Kriegsgesangs

von 1870, brachte die loyale Haltung gegenüber der preußischen Tradition besonders deutlich zum Ausdruck; Fehrenbach, Symbole, S. 350. Adolf Dyroff (1866-1943) war 1926 Rektor der Universität und Professor für Philosophie; Wenig, Verzeichnis, S. 60f. 132 Köpping/Rao, Rausch, S. 2ff.

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Die im Kampfe am kühnsten war, Die fürs geliebte Vaterland Unverzagt bis zum Tode stand. Tröst’ unser Herz! [...] Treu bis zum Tod! Sei dieser Stunde höchstes Gebot Lasst uns vergessen den kleinlichen Streit, Der uns nur knechtet und nimmer befreit. Einig, ein Volk von Brüdern zu sein, Sei unsre Losung am deutschen Rhein. Treu bis zum Tod! Burschen habt acht! Schützet dies Denkmal und haltet die Wacht, Daß noch in fernster Zeit es gibt Kund’, Was wir gelobet in heiliger Stund’, Kost’ es auch Kampf und Todesgraus, Rheinlands Söhne, sie harren aus, Halten die Wacht.“133

Wie von ritueller Sprache im Allgemeinen geht auch von Gedichten eine besonders intensive Botschaft aus. Indem sie stilisierte Informationen für den wiederholten Gebrauch zur Verfügung stellen, dringen sie schneller als nicht fixierte Wörter in das Gedächtnis der Zuhörer ein. Der Poesie kann es gelingen, sich durch ihre höchst formalisierte, bedeutungsvolle Sprache - ähnlich einem Gebet oder Schwur - in den Teilnehmern festzusetzen.134 Inhaltlich betonte das Gedicht vor allem die sozialpsychologische Wunde, welche der Krieg und die Besatzung geschlagen hatten. Tatsächlich war es ein „stolzer Schmerz“, den ein Teil der Universitätsangehörigen empfand, der nicht aus den menschlichen Kriegsverlusten, sondern aus einem Verlust des Selbst resultierte und nur durch die Wiedergeburt eines studentischen Helden gelindert werden konnte. Auf diese Rezitation folgte die Enthüllung des Denkmals (Abb. 27). In der sich daran anschließenden Gedächtnisrede versuchte von Franqué, alle Anwesenden wie in einem Schwur auf das Opfer des eigenen Lebens zu verpflichten (Abb. 28 u. 29): “Sollte das Übermaß des Leids und der Not die Kraft unseres Volkes gebrochen haben? Nimmermehr! [...] So deute ich die herrliche Haltung der schlanken Jünglingsgestalt mit dem zum Himmel erhobenen Schwerte: Vor uns steht die Verkörperung aller deutschen Jünglinge, die in künftigen Zeiten in diesen Räumen wandeln werden und angesichts dieses Denkmals der Gefallenen mit stolzem und freudigem Entschlusse sich zurufen werden: Sie starben, auf dass

133 Das Gedicht wurde geschaffen von Erich Hoffmann; vgl. UA, D7. 134 Balke, Wiederholung, S. 642ff.; Connerton, societies, S. 58.

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wir Nachfahren als freie Deutsche leben sollten. – Wohlan, lass uns leben für die Erfüllung dieser Ziele!“135

Die Kriegstoten bildeten somit den Kern eines kollektiven Auferstehungsmythos. Das Vorbild der Gefallenen wurde zur Grundlage einer Gemeinschaft, die sich neu begründen wollte. 136 Diese symbolpolitische Konstruktion konnte sowohl dem zivilen Wiederaufbau als auch dem Willen zu militärischer Aggression dienen. Indem von Franqué die engeren politischen Ziele seiner Ansprache zunächst offen ließ, konnte er die unterschiedlichen Deutungen des Nationalen nivellieren.137 Allerdings wurde schon in der folgenden Redepassage das eigentliche Ziel seiner Ansprache deutlich. So, wie die Gefallenen das Opfer erbracht hatten, sollten auch die gegenwärtigen Studenten als Ritter des Geistes kämpfen und sterben:138 „Wie die Ritter, die von der heiligen Gralsburg in alle Lande zogen, auf allen Kreuz- und Irrfahrten nimmer der schwärenden Wunde vergaßen, die an dem Körper ihres duldenden Führers brannte, sondern allüberall Bundesgenossen warben für die Heilung dieser Wunde, so werden alle die Ritter des Geistes, die von dieser Hochburg deutscher Wissenschaft in die weite Welt ziehen, und die einmal zu diesem, zu Gott dem Gerechten empordeutenden Schwerte aufgeblickt und den Schwur auf den Lippen des Trägers gelesen haben, nimmer der schmerzenden und verstümmelnden Wunden vergessen, die man ihrer Mutter Germania geschlagen hat und nimmer werden sie Ruhe finden in ihrem Herzen, bis diese Wunden geschlossen sind.“139

Den Abschluss der Einweihungsfeier bildete die Festrede des ersten Vorsitzenden der Bonner Studentenschaft, Peter Schell. Auch er appellierte nochmals an das gemeinsame Opfer des Lebens: „Habt Ihr gesehen, Brüder, welch starkes, opferbereites, tatfreudiges Leben sie uns vorlebten, wie sie Körper und Seele in Zucht hielten, wie sie zu Männern reiften. Seht ihr alle, wie auch heute noch das Feuer ihrer Begeisterung für Volk und Reich aus den Gräbern schlägt und alle erfasst, die reinen Herzens an Deutschland glauben. Kommt, nehmt auch Ihr die Schalen der Herzen in die Hände und werft all Euren Glauben und Liebe in jenen nie verglühenden Opferbrand, dass er ein einziges Meer unserer jugendlichen Liebe werde. So führt ihr Helden uns durch euren Tod zu einem innerlich befreiten Deutschland.“140

135 Friedrich-Wilhelms-Universität, Befreiungsfeier, S. 12. 136 Kamper, Körper, S. 78. 137 Vgl. u.a. Breuer, Nationalismus, S. 24. 138 Intendiert war hiermit auch eine Flucht aus der sozialen Gegenwart; Schirmer, Mythos, S.

178. 139 BZ, Befreiungsfeier, S. 4f. 140 Friedrich-Wilhelms-Universität, Befreiungsfeier, S. 13f.

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Die Einweihungsfeier hat sicherlich zur Formung eines nationalistischen Gedächtnisses an der Hochschule beigetragen. Nachdem das Denkmal endlich vom bereits lange zuvor errichteten Sockel emporragte, diente es als wichtiger Gedächtnisspeicher konservativ-nationalistischer Kreise. Hierzu zählten nicht nur die Professoren, sondern insbesondere zahlreiche Studenten, die sowohl eine militärische Aggression als auch eine allgemeine nationale Erneuerung der Universität unterstützten. Inwieweit die Einweihungsfeier allerdings tatsächlich handlungssteuernde Wirkung entfaltete, ist fraglich. Schließlich befanden sich die Zuschauer während der Feier in einer passiven Rolle. Im Vergleich zur nationalsozialistischen Feiergestaltung fiel der Redneranteil zu groß, die Integration des Publikums durch chorischen Gesang oder Ähnliches zu klein aus.141 Außerdem diente das Denkmal nach der Errichtung nicht einem regelmäßigen Totenkult, was seinen Wirkungsgrad deutlich verringerte; dies auch deshalb, weil es bereits ab 1927 von Versetzung bedroht war, was auf eine innere Spaltung der Rezipienten hinweist. Hinzu kommt, dass die politische Enthüllungsfeier in den doppeldeutigen Rahmen der Befreiungsfeier eingebettet war, die von universalistischen bis zu nationalistischen Haltungen hin reichte. 142 Eine andauernde politische Instrumentalisierung der Hochschulangehörigen durch das Denkmal kann somit ausgeschlossen werden.

3.2. Mahnende Stille. Die Einweihungsfeier der Ehrenhalle Die Einweihungsfeier der Ehrenhalle am 28.6.1930 fand in schlichtem Rahmen statt. An einem Samstagvormittag, pünktlich um halb zwölf, bewegten sich ein Zug von Chargierten und die lange Reihe der Professoren in ihrer Amtstracht schweigend die Haupttreppe im Universitätsgebäude hinunter. Kein langer militärischer Festzug durch die Stadt leitete also die Enthüllung der Gedenktafeln ein, sondern lediglich ein kurzer stiller Gang. An den Arkaden nahmen die Korporationsvertreter mit ihren Fahnen Aufstellung. Davor hatten sich bereits die Professoren, die Ehrengäste sowie die Spitzen der Behörden und der Geistlichkeit gruppiert. In weitem Rund umstanden sie Flamme empor, was auch auf eine gewisse Distanz zum ersten Kriegerdenkmal hindeutet (Abb. 30).143 141 Der nationalsozialistische Feierstil brachte es dagegen zu einer Einheit von Inhalt und

Form, zur innigen Verbindung von Redner und Zuschauer; Vondung, Manipulation, S. 113ff. 142 So hielten beispielsweise auch Außenminister Stresemann und Oberbürgermeister Falk Ansprachen anlässlich der Feier; Friedrich-Wilhelms-Universität, Programm der Befreiungsfeier, S. 1 u. 3. 143 GA v. 29.6.1930; DRZ u. BZ v. 30.6.1930.

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Statt einer zeitaufwendigen Feier wie bei der Einweihung von Flamme empor wurde im Folgenden nur eine einstündige Veranstaltung abgehalten, eingerahmt vom Chor der Universität. Dabei stand die Trauer um die Kriegsgefallenen im Mittelpunkt. Dies wurde auch daran deutlich, dass das Gebäude auf halbmast geflaggt war und man den Innenhof mit dunklem Lorbeer verziert hatte. Nachdem der Universitätschor die Händelsche Motette „Siehe, wie der Gerechte stirbt“ intoniert hatte, hielt zunächst Regierungsbaurat Mylius eine Ansprache, in der er die Versammelten dazu aufrief, der Kriegstoten im christlichen Sinn zu gedenken: “Ernste und zur Selbstprüfung mahnende Worte sind es, die uns Jesaya zuruft: Siehe, wie der Gerechte stirbt, und niemand ist, der es zu Herzen nimmt; gerechte Männer werden dahingerafft und niemand achtet darauf. Eine Anklage für all die Lauen und allzu Vergesslichen; eine Mahnung, der auch wir uns nicht verschließen wollen, in deren Herzen das Andenken jener Gerechten unverlöschbar lebt.“144

Diese einleitenden Worte Mylius’ machten den eigentlichen Zweck der Ehrenhalle deutlich. Hier sollte der Toten nicht weiter als Helden gedacht werden, sie sollten nicht weiter als militante Kernfiguren einer nationalen Wiedergeburt dienen. Vielmehr sollte man sie als unschuldige Kriegsopfer individuell betrauern. Mylius bezeichnete die Gefallenen als „Gerechte“, was den menschlichen Verlust jedes einzelnen Toten vor Augen führen konnte. Er forderte die Anwesenden somit auf, den Kriegstod nicht weiter zu leugnen, sondern ernsthaft nachzuvollziehen. Anschließend kam der Architekt des Erweiterungsbaus auch auf den partizipativen Aspekt des Denkmals zu sprechen: “Noch immer hat es [...] an einem Gedächtnismal für die dahingegangenen Kämpfer, die dem Herzen unserer Alma Mater als ihre Angehörigen am nächsten stehen, gefehlt, an einer monumentalen Verewigung der teuren Namen, von denen jeder einzelne den Anspruch hat, für alle Zeiten unverwischbar in Stein gegraben, der Nachwelt überliefert zu werden.”145

Das neu errichtete Monument sollte also nach Auffassung Mylius’ ausschließlich einer objektiven Trauer dienen. Er wollte deutlich machen, dass jeder Gefallene einzig war, und versuchte, die Unwiederbringlichkeit der Toten zwischenmenschlich zu verankern. Der Kriegstod wurde nicht weiter idealisiert, sondern vielmehr realitätsnah präsentiert, was dem demokratischen Wandel Vorschub leistete. Auch die anschließende Ansprache des Vertreters der Studentenschaft unterstrich diese Haltung. Zwar wurde hier durchaus noch auf eine vaterländische Haltung verwiesen, welche auch die Notwendigkeit zum Opfer betonte. Indem der studentische Vertreter die Kriegstoten allerdings insbesondere zu 144 GA v. 29.6.1930. 145 BZ v. 30.6.1930.

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Gründungsfiguren einer friedlichen Gesellschaft machte und die Gemeinschaft aufforderte, der Gefallenen nicht selbstreflexiv und rückwärtsgewandt, sondern gegenwartsbezogen zu gedenken, wurde deutlich, dass die Kriegstoten insbesondere dem Aufbau der Zivilgesellschaft dienten. Er erinnerte daran, dass man erst jetzt “ […] Die Namen derer, die einst ihr Leben für uns dahingegeben haben, in Stein gemeißelt [habe], um sie der Nachwelt zu überliefern. Das sollte uns Veranlassung geben, uns über ihre Gräber hinweg die Hände zu reichen und uns daran zu erinnern, dass wir Brüder eines Volkes [sind]. Unser Blick darf sich nicht in der Vergangenheit verlieren, sondern [muss] sich vorwärts richten auf die Zukunft mit dem Gelöbnis, uns stets einzusetzen für Ehre und Vaterland [...].“146

Nachdem Rektor Heinrich Konen die Gedenktafeln in die Obhut des Senats und der Universität übernommen hatte, richtete er an die Versammelten die Aufforderung, das Haupt zu entblößen und sich der Gefallenen und ihrer Opfer zu erinnern. Nach einigen Augenblicken des Schweigens und stillen Gedenkens sang der Chor einen religiösen Schlusschoral.147 Auch wenn diese Feier nicht völlig frei von vaterländischem Pathos war, machte sie dennoch eine objektive Betrauerung der Kriegstoten möglich. Nicht die Überwindung der politischen Gegenwart stand in ihrem Zentrum, sondern Ansprachen, die insbesondere einer inneren Befriedung dienen konnten. Damit sollte das Gefallenengedenken an der Hochschule endgültig entpolitisiert und zugunsten eines objektiven Trauerns erneuert werden, in dessen Zentrum die individuellen Kriegsopfer standen. Der politische Totenkult wurde in dieser Feier somit in sein Gegenteil verkehrt. Man memorierte die Gefallenen nicht länger als kampfbereite Gründungsfiguren. Vielmehr befreite sie ein individuelles Erinnern aus jeglicher politischer Vereinnahmung. Im Wintersemester 1930/31 legte der republikanische Studentenbund Bonn erstmals einen Kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife vor den Gedenktafeln der Gefallenen nieder, der die Inschrift „der republikanische Studentenbund den für Volk und Freiheit Gefallenen“ trug. Trotz Bedenken des Rektors Heinrich Konen, der politische Unruhen an der Universität befürchtete, wurde der Kranz nicht entfernt. Als allerdings die Mitglieder des republikanischen Bundes im Sommersemester 1931 anlässlich der Verfassungsfeier wiederum einen Kranz vor den Tafeln niederlegten, wurde er zwei Tage später von der Universitätsverwaltung beseitigt. Auf eine Beschwerde des republikanischen Studentenbundes hin erklärte der Rektor, dass zukünftig keiner Hochschulgruppe mehr die Niederlegung eines Kranzes erlaubt sei, und zwar aus Gründen der Universi146 Ebd. 147 GA Bonn v. 29.6.1930.

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tätsruhe. Konen betonte, „die Gedenkstätte in der Universität sei zu heilig, um Zwecken politischer Demonstration zu dienen; der [diesbezügliche] Senatsbeschluss sei ganz im Sinne der Parität gefasst. […] Der Hof und die Tafeln [seien] kein Gefallenendenkmal im üblichen Sinne, sondern eine Gedenkstätte […] also eine Stätte des Gedenkens und ernster Mahnung.“148 Als der Vertreter des republikanischen Bundes darauf erwiderte, man müsse „jedem die Freiheit lassen, die Toten nach eigener Überzeugung zu ehren, an jeder Stelle, die den Sinn des […] Gedenkens habe“ meinte Rektor Konen, dass die Gedenkstätte nicht öffentlich sei, „sondern ein dem geschlossenen Gebiet der Universität und dem Hausrecht des Rektors unterstehender Ort.“149 Diese Kontroverse macht nochmals deutlich, wie ernst es der Universitätsleitung mit ihrem Willen zu einer Entpolitisierung der Hochschule war.150 Die Ehrenhalle sollte in keinem Fall einer politischen Funktionalisierung der Gefallenen – und zwar gleich welcher Couleur - dienen. Von ihr sollte vielmehr das eindeutige Signal ausgehen, dass die Kriegsopfer ausschließlich als individuelle Tote gewürdigt und betrauert wurden, Politik und Totengedenken sollten endgültig voneinander gelöst werden. Damit war insbesondere der Wunsch nach einer Befriedung der Zivilgesellschaft verbunden.

148 GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10490, Bl. 342, 344. 149 GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10490, Bl. 343. 150 Der Konflikt wurde letztendlich beigelegt, indem der preußische Kultusminister die Hal-

tung des Universitätssenats bestätigte; GStA, I HA Rep. 76 Va, Nr. 10490, Bl. 347-349.

Teil 2 Grenzverschiebungen des tragischen Helden Der offizielle Denkmalbau und -kult zwischen militärischem und zivilem Totengedenken

Die offiziellen Denkmalbauten Münchens, Berlins und Bonns, von militärischen Vereinigungen und den jeweiligen Stadt- oder Landesregierungen gemeinsam geplant, waren Ausgleichsprodukte divergierender Totengedächtnisse. Sie bildeten die Schnittstelle zwischen einem totalisierenden militärischen Gedenken und dem trauernden Erinnern der Zivilbevölkerung. Die Gefallenen wurden in ihnen als potentiell tötbar, zugleich aber auch als nicht weiter opferbar memoriert. Obwohl die Monumente somit ein permanentes Oszillieren zwischen trauernden Teilkulturen ermöglichten, verlief deren Annäherung dennoch verschiedenartig. Während im städtischen Kriegerdenkmal Münchens der figürliche Held ästhetisiert wurde, somit ein enges Miteinander subjektiver und objektiver Modi der Trauer im politischen Totenkult ermöglichte, konnte am preußischen Kriegsmonument Berlin lediglich ein Nebeneinander divergierender Formen der Trauer erreicht werden, womit unterschiedliche Varianten des Nationalen um Deutungsmacht konkurrierten. Und das städtische Kriegerdenkmalprojekt Bonns scheiterte von vorneherein an der Unversöhnlichkeit seiner zutiefst gespaltenen (Toten-) Gedächtnisse. Deutlich wird, dass sich die Trauer- und Nationskonzepte in offiziellen Kriegerdenkmalen auf regionaler Ebene somit durchaus unterschiedlich entwickelten. Schließlich bildete sich die Trauer um die Toten innerhalb der spezifischen Identitäten von Individuen und Gruppen aus, wie insbesondere das Münchener Kriegerdenkmal zeigt.

I. Zwischen Krieg und Frieden. Das städtisch-bayerische Kriegerdenkmal auf dem Vorplatz des ehemaligen Münchener Armeemuseums

Nach dem Ersten Weltkrieg war München zunächst eine Stadt der gespaltenen Trauer, was aus einer Zerklüftung seiner politischen Landschaft resultierte. Während die Vertreter des alten bayerischen Heeres und des Münchener Krie-

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gerbunds mit seinen 35000 Vereinsmitgliedern bereits frühzeitig für eine enge Verbindung militärischen und zivilen Totenerinnerns votierten, trat die sozialdemokratische Stadtregierung zunächst für die reine Opferperspektive ein. Dies zeigt, wie zerbrechlich das bayerische Gefallenengedenken in der Anfangsphase der Denkmalplanung noch war.1 Erst nach dem Machtwechsel im städtischen Rathaus 1924 wurde die Grenze des Totengedächtnisses stärker in Richtung der Wiedererweckung eines tragischen Helden verschoben. Die Gefallenen waren nun nicht weiter tot; vielmehr befanden sie sich nur noch in einem – vorübergehenden – Schlaf.

1. Vom Miteinander divergierender Trauerkonzepte in der Planungsphase des Denkmals Zwar ist die Entstehung des Münchener Kriegsmonuments schon vielfach untersucht worden.2 Man hat seine politischen Intentionen ebenso betrachtet wie die zivilen Motive des Denkmalbaus.3 Auch seine duale Geschichte, die aus der Verschmelzung des ursprünglichen bayerischen Armeemonuments mit dem städtischen Denkmal resultiert, wurde bereits ausführlich analysiert.4 Vom Miteinander unterschiedlicher Modi des Trauerns in der Planungsphase des Kriegerdenkmals hat man bisher allerdings keine Notiz genommen. Dabei schwankte das bayerische Gefallenengedenken permanent zwischen einem überwiegend subjektiven Erinnerungsmuster, welches die toten Soldaten generationsübergreifend als Armeeangehörige memorierte, sie somit einverleibte und funktionalisierte, und einem objektiven Paradigma, das die Toten als zivile Opfer in ihrem Tod beließ. Während die erste Planungsphase des Denkmals noch auf mögliche Grenzen militärischer Erinnerungsmacht hinweist, wurde das Kriegssterben in der zweiten Planungsphase zugunsten nationaler Interessen funktionalisiert.5 1 Vgl. Douglas, Institutionen, S. 131f. 2 Finckh, Münchner Plastik, S. 407-411; Tietz, Geschichte, insbes. S. 239-244; Belik, Krieger-

denkmal, S. 97-100; Stefani, Kriegerdenkmal, S. 16-33. Für eine zeitgenössische ikonografische Beschreibung, Alckens, Denkmäler, S. 182. 3 Finckh, Münchner Plastik, S. 407f. 4 Tietz, Geschichte, S. 238ff.; Das Münchener Kriegerdenkmal besteht somit eigentlich aus zwei Denkmalen (dem Kriegerdenkmal der Bayerischen Armee und dem Münchener Kriegerdenkmal); irreführend hierzu Belik, Kriegerdenkmal, S. 98. 5 Douglas, Institutionen, S. 131, schreibt „starke“ Gedächtnisse insbesondere patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen zu, während Konkurrenzgesellschaften eher schwache Gedächtnisse ausbildeten.

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1.1. Grenzen militärischer Erinnerungsmacht. Die erste Planungsphase In der Weimarer Republik wurde der seit langem schwelende Konflikt zwischen militärischen und zivilen Gesellschaftsgruppen erstmals öffentlich ausgetragen.6 Bereits wenige Wochen nach Kriegsende kam es zu allgemeinen Anfeindungen gegenüber Offizieren, wobei die Demütigungen oft von den Mannschaften ausgingen.7 Auch ehemalige Soldaten, die sich auf Arbeitssuche begaben, waren Diskriminierungen ausgesetzt.8 Dies zeigt, dass die Erfahrung des Krieges noch zu frisch war, als dass sich der Mythos des militärischen Helden wiederum in der breiten Öffentlichkeit festsetzen konnte. 9 Auf der Suche nach einer sozialen Legitimation des Kriegstodes waren die Initiatoren des Münchener Kriegsmonuments aufgefordert, auch objektive Formen der Trauer zu integrieren.

a) Der Kampf um zivile Aufklärung. Der erste Denkmalwettbewerb Die Errichtung des Kriegsmonuments wurde vom Kriegerbund München betrieben, der nach dem Ersten Weltkrieg bewusst als ziviler Verein in Erscheinung trat.10 Damit waren die Reibungen mit den städtischen Instanzen von vorneherein minimiert. Gleichwohl garantierte dies noch lange nicht die politische 6 Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 235; Sicken, Stadt und Militär, S. 1-9; Lepsius, Militärwesen,

S. 366f.; Mommsen, Militär, S. 265-276. 7 Ein deutscher Generalstabsoffizier, Armee und Revolution, S. 29f.; Kantorowicz, Offiziershass, S.

11ff.; Bessel, Heimkehr, S. 221, verweist auf das Abreißen der Rangabzeichen von den Offiziersuniformen. 8 So wurde im Oktober 1919 einem Reichswehrangehörigen die Einstellung bei den Münchener Elektrizitätswerken verweigert; Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Ältestenrates v. 9.2.1920, Nr. 4. 9 Bessel, Heimkehr, S. 229. 10 Die Vereinigung war Mitglied des Königlich Bayerischen Veteranen- und Kriegerbundes, MNN Nr. 382 v. 15.9.1920. An sie waren in der Weimarer Republik 89 Vereine mit ca. 35000 Mitgliedern angeschlossen, MNN Nr. 129 v. 25./26.3.1922. Die Mitglieder trugen keine offiziellen militärischen Uniformen; nichtsdestotrotz verbreiteten sie beständig die Formenund Bildersprache der Armee. Paraden und Fahnenweihen, die bewusst das militärische Reglement kopierten, bildeten ein wichtiges Element des Auftretens in der Öffentlichkeit, vgl. Vogel, „Folkloremilitarismus“, S. 284. Die Brücke zur Münchener Bevölkerung zu schlagen, war auch aufgrund der Sozialstruktur des Kriegerbundes möglich: den Großteil der Mitglieder rekrutierte man aus dem Kleinbürgertum; der Bezirksausschuss des Vereins setzte sich u.a. aus dem Kunstschreinermeister Josef Dimpfl, dem Postsekretär Hans Füssl und dem Registr.-Assistenten Messner zusammen; vgl. auch Elliott, Kriegervereine, S. 114; Schweizer, Bayerische Kriegervereine, S. 37ff.; Düding, Kriegervereine, S. 99ff.

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Neutralität der Vereinigung. 11 Denn gab man einerseits vor, keine Parteien-, sondern ausschließlich Volksinteressen zu vertreten,12 agierte man andererseits klar restaurativ, im Sinne monarchistischer Zwecke.13 Nur mit Hilfe eines Neuen Nationalismus, der die eigenen, reaktionären Ziele hinter einer gesteigerten sozialen Inklusion verbarg, konnten die internen Widersprüche überwunden werden:14 „Unsere Ehrung ist frei von jeder Politik. Im Gegenteil, die Ehrung soll wieder den Geist des Augustes 1914, den Geist der Einigkeit, den Geist der Zusammengehörigkeit aufleben lassen, es soll wieder arm und reich Schulter an Schulter stehen […]. Als deutsches Volk dürfen wir nie vergessen, was wir unseren Helden schuldig sind, wehe dem Volke, das seine Helden nicht ehrt, es wäre am besten, wenn es nicht bestehe.“15

11 Bereits 1900 hatte der Bayerische Kriegerbund verkündet: „Mit politischen und konfessio-

nellen Fragen haben die Militärvereine nichts zu schaffen“, Meyer, Handbuch, S. 2. Gleichzeitig wurde allerdings angemahnt, „nur Männer von monarchischer, nationaler Gesinnung könnten Mitglieder eines Militärvereins sein“, Andersdenkende seien auszuschließen, Meyer, Handbuch, S. 1; Roth, Festschrift, S. 26, 28, 33. Politische Neutralität verstand man als Nichteinmischung in parteipolitische Tagesfragen, Roth, Festschrift, S. 67. Der Bayerische Kriegerbund war Mitglied des Deutschen Reichskriegerbundes „Kyffhäuser“ und bildete nach Preußen den größten Landesverband, Roth, Festschrift, S. 12, 66. Zur Geschichte des Bundes zwischen 1874 und 1924, vgl. Roth, Festschrift, S. 14ff. 1928 besaß der Bayerische Kriegerbund über 347000 Mitglieder in ca. 4200 Vereinen, von denen ca. 256000 im Ersten Weltkrieg teilgenommen hatten, BStZ Nr. 252 v. 30.10.1928. Die Verbundenheit der Kriegervereine mit den Parteien rechts der DDP schildert Bösch, Militante Geselligkeit, S. 170f. 12 So hatte der Kriegerbund beispielsweise zwei Kriegererholungsheime eingerichtet; trotzdem geriet er immer wieder wegen mangelnder sozialer Fürsorge in die öffentliche Kritik; Münchner Gemeindezeitung, Sitzung Hauptausschuss v. 27.10.1921; Roth, Festschrift, S. 31, 59. Nach 1918 hatte der Bayerische Kriegerbund als Dachorganisation schwer um sein Dasein zu ringen. Mit steigender Kriegskritik wuchs die Abneigung gegen die Kriegervereine; Ziemann, Front und Heimat, S. 413ff. Die desolate finanzielle Situation des Bundes zeigen die zahlreichen Bittschreiben um Genehmigung von Landeslotterien; sie wurden überwiegend abgelehnt; BayHStA, MINN 73033 Nr. 10135 v. 6.4.1921; Nr. 6822 v. 3.8.1922; Nr. 8784. 13 Mit dem vordergründig unpolitischen Erscheinungsbild wurde eine spezifische Taktik verfolgt: die Kriegervereine wollten sich als zentrale Integrationsinstanzen des Nationalen präsentieren, um so an politischer Macht zu gewinnen; Vogel, Nationen, S. 214ff.; Elliott, Kriegervereine, insbes. S. 112-118; Rohkrämer, Kriegervereine, S. 195ff. 14 Breuer, Nationalismus, S. 27ff. 15 UAM, D-IX-32, Nr. 4703 v. 18.8.1922; aus einer Einladung an die Universität München anlässlich der Hindenburgfeier v. 31.8.1922.

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Diese Zeilen aus den Händen des Schreinermeisters Josef Dimpfl, 16 der den Bund über viele Jahre leitete, macht das doppelbödige Erinnern deutlich. Während man einerseits vorgab, die Totenehrung entpolitisieren zu wollen, war man andererseits dennoch gewillt, die Gefallenen für die eigenen Zwecke zu funktionalisieren. Der Gleichheitsgedanke verfolgte somit letztendlich handfeste politische Interessen.17 Dies zeigt insbesondere der konstruierte Kollektivzwang des Heldenerinnerns, der das gesamte Volk zum Gedenken und damit indirekt auch zur Nachfolge aufrief. 18 Indem das Individuum ontisch mit der Nation verschränkt wurde und diese einen überragenden Stellenwert über die personale Wirklichkeit gewann, griff der Kriegerbund massiv in die Persönlichkeit des einzelnen Bürgers ein. 19 Dabei verband man den militärischen Habitus aufs engste mit der Liebe zum Vaterland; den Pazifisten sprach man dagegen jedes Nationalgefühl ab.20 Um seine Ziele durchzusetzen, band der Kriegerbund bald alle verfügbaren Massenmedien ein. Zusätzlich versicherte er sich frühzeitig des Engagements städtischer Autoritäten. Hierbei spielten die so genannten „Trauertage“, die seit 1920 jährlich veranstaltet wurden, eine zentrale Rolle. Bereits deren Bezeichnung macht deutlich, wie sehr das Totenerinnern des Bundes auf eine nationale Bestärkung hin angelegt war. Tatsächlich wurden die Gefallenen hier nur am Rande objektiv betrauert. Sie behaupteten sich kaum noch als Individuen, sondern wurden überwiegend zugunsten eines potentiell tötbaren Lebens funktionalisiert. Dies zeigen insbesondere die festlichen Militärparaden, die im Mittelpunkt der Trauertage standen. Durch sie wollte der Bund sein Selbstverständnis affirmieren und es zugleich in die Zukunft perpetuieren. Die subjektive Betrauerung ging dabei nicht mit dem Gefühl individuellen Schmerzes, sondern vielmehr mit dem Nationalstolz eine enge Wechselbeziehung ein: „Am 12. September 1920, an einem ergreifend schönen Spätsommertag, bewegte sich ein gewaltiger Zug von Kameraden mit ihren Fahnen durch die Straßen Münchens, um in einer eindrucksvollen Feier die 13000 Gefallenen der Stadt München zu ehren. Dieser Gedächtnistag, den die Obmannschaft München unter Beteiligung des Präsidiums durchgeführt hat, wurde auch im ganzen Lande begangen und seitdem in würdiger und feierlicher Weise alljährlich wiederholt. Der Bayerische Kriegerbund hat zweifellos in der Frage der Totenehrung bahn16 Josef Dimpfl war Vorsitzender des Bayerischen Kriegerbundes für München-Stadt und

Erster Vorstand des Veteranen- und Kriegervereins der Landeshauptstadt bis 1924; danach löste ihn sein Sohn Adolf Dimpfl ab; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Visitenkarte Dimpfls. 17 Langewiesche, Nation, S. 39. 18 Breuer, Nationalismus, S. 33ff.; Hausen, Germany, S. 136; Bhabha, DissemiNation, S. 218. 19 Breuer, Nationalismus, S. 24. 20 Vgl. EAM, Faulhaber-Archiv Nr. 4530, Schreiben des Verbands Bayerischer Offizier-Regiments-Vereine an Faulhaber.

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brechend gewirkt und dem ganzen Land ein schönes Beispiel dankbarer Treue gegeben, die Treue denen gegenüber, die bis in den Tod getreu waren.“21

Neben einer Manifestation der politischen Norm vom „Sterben für das Vaterland“, die für die Identitätsstiftung des Bundes zentral war, hatten die Gedächtnisakte auch die Funktion, die „militante Geselligkeit“ 22 zwischen den Mitgliedern der bayerischen Kriegervereine zu fördern. Indem man an traditionelle militärische Werte appellierte, die Veranstaltung zusätzlich durch hohe Medienpräsenz sowie die Anwesenheit prominenter Personen legalisierte, konnte die politische Wirksamkeit der Zeremonie gesteigert, Gefühle des Leidens mit den Trauernden hingegen sublimiert werden. Insgesamt dienten die Trauertage somit nicht nur einer Stärkung der nationalen Gemeinschaft, sondern auch einer Kompensation des tatsächlichen Kriegstodes. Eine ähnliche Strategie verfolgten auch die Sammlungen für das geplante Kriegsmonument.23 Sie waren als Armeekonzerte organisiert, eigneten sich neben der Einwerbung finanzieller Mittel also auch zur Vergegenwärtigung militärischer Werte und zur Beschleunigung sozialer Inklusion (Abb. 31).24 Schließlich rief die donnernde Marschmusik die Paraden des bayerischen Heeres ins Gedächtnis. Damit wurde die Verbindung zwischen dem Kriegerbund und der Münchener Bevölkerung neu belebt. Die Sammlungen förderten die Vermittlung zwischen militärischen und zivilen Formen des Gedenkens. Dabei memorierte man die Gefallenen überwiegend als Heeresangehörige, kaum jedoch als Tote. Der Kriegerbund München war sich wohl bewusst, dass nur eine Annäherung an volksnahe Formen der Trauer die eigenen Ziele gewährleisten konnte. Deshalb legte er die engere Planung des städtischen Kriegsmonuments bereits 1920 in die Hände des bayerischen Landesvereins für Heimatschutz. Die aus einer 21 Roth, Festschrift, S. 62. Eine scharfe Kritik an der Veranstaltung findet sich in MP v.

13.9.1920; vgl. auch MP Nr. 235 v. 10.10.1921. 22 Bösch, Militante Geselligkeit, S. 151ff. Der überwiegend linke Stadtrat war sich der Instru-

mentalisierung der Trauer wohl bewusst: „Die Erfahrungen haben doch in anderen Städten und insbesondere in München gelehrt, daß derartige Veranstaltungen zu ganz anderen Dingen mißbraucht werden, als zu dem Zweck, dem sie ursprünglich dienen sollten“; vgl. Münchener Gemeindezeitung, Sitzung des Stadtrates v. 4.10.1921, S. 1621, ähnlich Münchener Gemeindezeitung, Sitzung des Ältestenausschusses v. 22.1.1921, insbes. S. 3ff. 23 Der Hilfsbund der Münchener Einwohnerschaft war maßgeblich für die Spendeneinwerbung verantwortlich. Dagegen kam von Seiten anderer Vereinigungen, wie beispielsweise dem Bund deutscher Bodenreformer, die Bitte, die Erlöse des Opfertages zugunsten eines Heimprojektes für Kriegsbeschädigte zu verwenden; EAM, Faulhaber-Archiv Nr. 4530, Schreiben Bund deutscher Bodenreformer (Ortsgruppe München) an Kardinal Faulhaber. 24 BK Nr. 337 v. 2.12.1920 u.a.; BayHStA, MF 67347, Konzerteinladung Kriegerverbund München-Stadt an Finanzminister v. 6.3.1923. Seit dem Sommer 1920 trat auch die NSDAP im Münchner Kindl-Keller an die Öffentlichkeit, Weyerer, München, S. 47f.

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Bürgerinitiative entstandene Einrichtung eröffnete den (pseudo-) demokratischen Verlauf des Denkmalwettbewerbs, obwohl sie die reaktionären Interessen des Kriegerbunds teilte.25 So wurden die Gutachter des ersten Wettbewerbs zwar vom Landesverein gewählt, jedoch durch Personalvorschläge der Arbeitsgemeinschaft Bildender Künstler ergänzt. Die Aufnahme städtischer Bauräte ins Preisrichterkollegium ermöglichte eine enge Zusammenarbeit mit den zivilen Instanzen Münchens.26 Außerdem holte der Verein die Zustimmung sämtlicher Preisrichter zu den Bedingungen der Konkurrenz ein, was seine Arbeit zusätzlich demokratisch legitimierte.27 Deutlich wird somit ein Verhandlungsstil, der bereits im Vorhinein sämtliche Erinnerungsdifferenzen minimierte. Die Standortfrage bildete den Kern der Denkmalplanung. Dabei nahm die Dringlichkeit der Suche die Vorbereitungen voll in Beschlag.28 Schließlich leite sich die eigentliche Bedeutung des Kriegsmonuments erst aus der Funktion seines Platzes ab, so der Landesverein für Heimatschutz: „Es wird naturgemäß nicht genügen, etwa einen bestimmten Platz im Münchner Stadtplan als Aufstellungsort zu bezeichnen, damit wäre der Sinn des Ausschreibens nicht erschöpft. Es ist 25 Die Münchner Heimatschutzbewegung der 1920er Jahre beruhte auf einer Bürgerinitiative,

die äußerst öffentlichkeitswirksam war. Man bediente sich der modernsten Kommunikationsmittel, der Presse und des Lobbyismus, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Allerdings war der Verein im Kern sozialrestaurativ. Die Heimat sollte als Wall gegen Entwurzelung und Individualismus zurückgewonnen werden; eine ganzheitliche, radikale Kritik an der modernen Kultur überhaupt, die zunehmend in politische Dimensionen überwechselte, war vereinstypisch; vgl. Speitkamp, Heimatschutz, S. 151ff. Mit der Begutachtung von Kriegerdenkmälern hatte der Landesverein bereits zahlreiche Erfahrungen gemacht; allein im Geschäftsjahr 1921/22 hatte man in zehn Sitzungen insgesamt 109 Entwürfe durchberaten, BayHStA, MA 100195, Unterstützungsgesuch v. 29.11.1920 u. v. 21.2.1922; MA 100195 Beiakte: Bayerischer Verein für Heimatpflege; Denkschrift des Vereins v. 1. Nov. 1922. 26 Das Preisrichterkollegium sollte ausschließlich von Münchener Künstlern gebildet werden; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Schreiben Arbeitsausschuss an Landesverein v. 4.4.1921. 27 Zuvor hatte man die Wettbewerbsbedingungen allerdings mit dem Münchener Kriegerbund abgestimmt; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Landesverein an Dimpfl v. 4.11.1920. 28 Deren bevorzugter Erinnerungsort - der Platz vor dem Armeemuseum - war aus den räumlichen Bezügen des ersten Münchener Trauertages im September 1920 entstanden, stand somit schon früh fest. Der Obmann des Münchener Kriegervereins, Josef Dimpfl, äußerte mehrfach, dass ein anlässlich einer Feier aufgestellter Sarg vor dem Armeemuseum der Ursprung der Idee gewesen sei. Den Ansporn für die Errichtung eines Kriegerdenkmals habe der Vorsitzende des 1. Bayerischen Infanterieregiments „König“, Ulrich Schuster, am 50. Jahrestag der Schlacht von Sedan anlässlich einer vaterländischen Feier auf dem Armeeplatz gegeben; vgl. BStZ Nr. 282 v. 4.12.1924; MNN Nr. 84 v. 15.12.1924.

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vielmehr selbstverständlich, dass sich der Künstler über die Idee und den Aufbau des Kriegerdenkmals an dem angenommenen Platze generell klar wird. Das Denkmal ist sozusagen die Funktion des Platzes, auf dem es steht, es muss […] aufs innerste in die Umgebung hineinkomponiert sein.“29

Dies zeigt, dass der topografische Ort als normsetzend betrachtet wurde. Denn vom Aufstellungsort hingen die engeren Funktionen des Denkmals und somit die symbolische Deutung des Kriegstodes unmittelbar ab. Indem der Verein die Ortswahl zum Hauptkriterium des Wettbewerbs erklärte, wertete er allerdings den Kultwert des Denkmals höher als dessen künstlerisch-symbolischen Weihewert. Dabei präferierte der Kriegerbund von Beginn an einen rein militärischen Versammlungsplatz als Standort.30 Die nationale Instrumentalisierung der Kriegstoten wollte die linksgerichtete Regierung Münchens allerdings nicht hinnehmen.31 Ihr Ziel war es vielmehr, so Oberbürgermeister Eduard Schmid,32 „den Bemühungen oft recht Unberufener sich auf dem Gebiete [der Kriegerehrung] Lorbeeren zu holen, einen Riegel vorzuschieben.“33 Damit spielte Schmid insbesondere auf den Kriegerbund und dessen Denkmalaktivitäten an, die innerhalb des Rathauses bereits für heftige Verstimmung gesorgt hatten.34 Das künftige städtische Kriegsmonument sollte deshalb die Opferperspektive einnehmen. Im April 1921 regte der Oberbürgermeister erstmals an, „die Gefallenen durch Einrichtungen dauernder Art in der Weise [zu ehren], daß den Lebenden geholfen wird und für Kriegsbeschädigte, Kriegerwitwen und Waisen Heime geschaffen werden.“35 Tatsächlich war in der nationalen Heldenrhetorik des Bundes für die Kriegsbeschädigten, die ihr Leben nicht ganz hergegeben hatten, kaum Platz. Auch die Angehörigen der Gefallenen wurden bei den Gedenkfeiern weitgehend an den Rand gedrängt. Deutschlandweit waren 1920 bereits 2,3 Millionen Personen versorgungsberechtigt; darunter 720000 Kriegsbeschädigte, 372000 Wit29 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Entwurf zum Ideenwettbewerb

v. 3.10.1920. 30 Berlin, Nationalismus, S. 479; Paltí, Nationalism, S. 119. 31 Dies entsprach dem linken Habitus: das Denkmalsymbol hatte hier weniger ein ästhe-

tisch-politisches Eigenleben zu ermöglichen, als vielmehr einen konkreten humanen Nutzen zu erfüllen; vgl. auch Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 174. USPD und SPD hielten seit 1919 zusammen 26 Sitze im Stadtrat, gegenüber der BVP mit 15 und der DDP mit 7 Sitzen, Weyerer, München, S. 95. 32 Eduard Schmid (1861-1933) zog 1899 als erster sozialdemokratischer Stadtrat in das Münchener Rathaus ein und amtierte von 1919 bis 1924 als Erster Bürgermeister Münchens; er wurde durch die Nationalsozialisten heftig bekämpft; Weyerer, München, S. 32f., 95f. 33 StA München, BUR 549, Schmid an Beblo v. 29.3.1921. 34 Ebd. 35 StA München, BUR 549, Hochbauamt an Stadtratsdirektorium v. 27.4.1921.

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wen und eine Million Halb- und Vollwaisen. In Bayern gab es allein 95000 Kriegsbeschädigte.36 Um an die Schicksale dieser noch lebenden Opfer zu erinnern und gegen den politischen Kriegstod öffentlich Einspruch zu erheben, bemühte sich der städtische Oberbaurat und Preisrichter Fritz Beblo37 seit dem Frühjahr 1921 um eine Änderung der Bedingungen des Denkmalwettbewerbs.38 Dabei setzte er dem Vorstoß des Kriegerbundes den Vorschlag entgegen, ein architektonisches Kriegsmonument, wie beispielsweise eine Erziehungsanstalt für Waisen oder ein Versorgungsheim für Invaliden, einzurichten.39 Beblo war der Auffassung, dass nur durch ein abstrakt-räumliches Denkmal, das sich deutlich von der politischen Ästhetisierung figürlicher Kriegsmonumente abhob, an die Solidarität mit den Opfern appelliert werden könne. Die Kriegsgreuel und ihre humanitären Folgen sollten endlich öffentlich diskutiert und von der Gemeinschaft reflektiert werden.40 In der Sitzung des Preisrichterkollegiums vom 13. Januar 1921 stießen die divergierenden Ansichten von Kriegerbund und Stadtverwaltung erstmals öffentlich aufeinander. Dabei wurde die Forderung, „die Planung auf einer möglichst breiten Basis aufzubauen“41, vom Bund grundsätzlich bejaht. Offenbar war man sich wohl bewusst, dass die Zulassung des modernen Denkmaltyus solange Nebensache war, wie die Funktionalisierung der Kriegstoten insgesamt noch gelang. Der Landesverein für Heimatschutz ergänzte die Wettbewerbsbedin-

36 Hausen, „Kriegsopfer“, S. 725. 37 Fritz Beblo (1872-1947), war Leiter des Münchener Hochbauamts; er bezeichnete es als seine

Hauptaufgabe, an allen Arbeiten mitzuwirken, die auf die Linderung der Nöte der Bevölkerung abzielten; strengste Sachlichkeit und Sparsamkeit waren seine Devise; Steinborn, Münchner Kommunalpolitik, S. 210; vgl. auch Stadtarchiv München (Hg.), Beblo, S. 13, 75ff. 38 StA München, Sitzung des Ältestenrates v. 2.5.1921, Nr. 3. 39 Der überwiegend sozialdemokratische Münchener Stadtrat hatte bereits im November 1919 beschlossen, der Kriegstoten durch Anbringung einer Erinnerungstafel im Rathaus zu gedenken. Zunächst zielte das Totengedächtnis nur auf die Betrauerung der gefallenen städtischen Angestellten ab, welche wenige Monate später auf verstorbene städtische Arbeiter ausgedehnt wurde; StA München, Sitzung des Bauausschusses v. 10.9.1920; Sitzung des Stadtrates v. 23.11.1920. 40 Vgl. auch Giesen, Triumph, S. 47. 41 Darauf weist auch hin, dass Josef Dimpfl während der Sitzung ausdrücklich betonte, die „Entscheidung der künstlerischen Seite der Kriegerehrung ganz in die Hände der Künstlerschaft“ zu legen; Insbesondere der Architekt Theodor Fischer plädierte dafür, während des Wettbewerbs nicht „gegeneinander [zu] arbeiten“ und ihn „ganz frei“ zu gestalten; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Sitzung des Preisgerichtes München am 13.1.1921.

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gungen nun zügig um die Möglichkeit der Errichtung eines architektonischen Kriegsmonuments.42 Allerdings wurde dieses Potential objektiver Trauer nur wenige Monate später in den Hintergrund gedrängt. Es scheint, als sei die Stadtverwaltung selbst hierfür verantwortlich gewesen. Oberbaurat Beblo stellte fest, dass seine Vorschläge unrealistisch waren. 43 Nachdem er die Pläne zur Errichtung einer Heimstättensiedlung und eines Invalidenheims geprüft hatte, waren erhebliche Abstriche an der Ursprungsplanung notwendig. 44 Bei einer Siedlungsanlage würde „jeder, der den Feldzug mitgemacht hat, eine Wohnung verlangen;“45 ein Heim brächte „kolossale Belastungen mit sich“46, so urteilte Beblo anlässlich einer Aussprache im Ältestenrat Anfang Mai 1921. Aus einem stark vernunftbetonten Politikverständnis heraus blieb die Stadt somit hinter den zeitgenössischen Möglichkeiten einer Revision nationaler Interessen zurück. Die endgültigen Wettbewerbsbedingungen schrieben nur noch die potentielle Opferperspektive fest: „Das Kriegerdenkmal wird als Teil einer später zu errichtenden architektonischen Umgebung entworfen, wobei der Gedanke zu Grunde zu legen ist, [es] in Verbindung mit einem gemeinnützigen Zwecken dienenden Gebäude, etwa einem Fürsorgeheim für Kriegsinvalide, zu bringen. […] Ausdrücklich wird bemerkt, dass die Kostensumme nur auf die für die Kriegerehrung bestimmten Teile der Gesamtanlage zu beziehen ist. Bedingung ist, dass das „Denkmal“ so in sich abgeschlossen entworfen wird, dass es auch ohne die spätere Umbauung eine künstlerische, wenn auch in späterer Zeit noch architektonisch zu hebende Wirkung ausüben kann.“47

Indem der Stadtrat allerdings akzeptierte, dass man die vorhandenen Finanzmittel komplett in das figürliche Mal investierte, verhinderte er zugleich die Realisierung eines architektonischen Monuments. Nun wurde der traditionelle

42 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Sitzung des Preisgerichtes v.

13.1.1921. 43 Zwischen Februar und April 1921 wurden ihm auf Veranlassung von Oberbürgermeister

Schmid verschiedene Vorschläge unterbreitet; StA München, BUR 549, Hochbauamt an Beblo v. 10.2.1921, zwei Planskizzen v. 25.3.1921, Schreiben Schmid an Beblo v. 29.3.1921. 44 Vgl. insbes. die zusammenfassende Stellungnahme Beblos in StA München, BUR 549, Schreiben Hochbauamt an Stadtratsdirektorium v. 27.4.1921. 45 Referent Oberbürgermeister Schmid in Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Ältestenrates v. 2.5.1921, Nr. 3. 46 Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Ältestenrates v. 2.5.1921, Nr. 3. 47 Ebd.; vgl. auch das Schreiben des Stadtrats an den Landesverein v. 6.5.21 in StA München, BUR 549, in dem man sich eindeutig von einer Heimstättensiedlung distanzierte.

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Denkmaltypus endgültig zum Hauptzweck des Wettbewerbs, während das Alternativprojekt rein legitimatorische Bedeutung gewann.48 Im März 1922 tagte das Preisrichtergremium in den Räumen des Armeemuseums. Insgesamt 149 Arbeiten, teils Zeichnungen, teils fertige Modelle, wurden begutachtet.49 Dabei scheint es, als sei der Auswahlmodus bereits im vor hinein festgelegt worden. Obwohl zahlreiche Denkmalsentwürfe mit den Standorten Maximilians-, Frauen- und Königsplatz eingereicht worden waren, befand sich keiner der Plätze unter den Prämierten.50 Dagegen legte man sich einstimmig auf drei Arbeiten fest, die allesamt auf dem Platz vor dem Armeemuseum angesiedelt waren. Fast scheint es, als sei die freie Standortwahl, welche die Wettbewerbsbedingungen ursprünglich vorschrieb, nachträglich verworfen worden. 51 Dies zeigt, welches erhebliche Stimmgewicht der Kriegerbund im Preisrichtergremium hatte. Denn der „Armeeplatz“, der bereits im Kaiserreich als militärischer Paradeplatz des Bundes gedient hatte, war aufs engste mit den erinnerungspolitischen Interessen des Vereins verknüpft.52 Die erstprämierte Arbeit macht nochmals die räumliche Priorisierung deutlich: „Der Entwurf findet bei sehr glücklicher Platzwahl [an der Südseite des Armeeplatzes] und bei zurückhaltender Form eine würdige und monumentale Lösung,“ 53 lautete der Kommentar zum Entwurfsmodell Ernst Schneiders. Gleichwohl wurde es letzten Endes verworfen, da der geschaffene Platz als nicht

48 Vgl. Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Hauptausschusses v. 16.6.1921, S. 5ff. 49 Zur Besetzung des Preisrichterkollegiums, vgl. StA München, Bayerischer Landesverein für

Heimatpflege, 1, Namensliste des Preisgerichts vom 20./21.3.1922. 50 Alleine 28 Arbeiten favorisierten den Standort Maximiliansplatz, während elf Projekte die

Westseite der Frauenkirche, nur zehn den Armeeplatz und sechs den Königsplatz wählten; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Standortliste. Der Königsplatz hatte sich in den letzten Jahren zu einem spezifisch politischen Erinnerungsort entwickelt. Auf ihm fanden zahlreiche politische Versammlungen der äußersten Rechten statt; Weyerer, München, S. 122ff. 51 Vgl. dagegen Tietz, Geschichte, S. 240, der behauptet, der Denkmalstandort sei nach dem Ersten Wettbewerb keineswegs endgültig geklärt gewesen. 52 Die symbolische Dominanz des Kriegerbundes machte auch die Eröffnung der Ausstellung deutlich. Am 25.3.1922 fanden sich nahezu alle Vertreter des „alten Systems“ in der Kuppelhalle des Armeemuseums ein, um gemeinsam mit Bezirksobmann Josef Dimpfl unter den Klängen einer Militärkapelle die Entwürfe zu besichtigen. Erst am Nachmittag wurde die Ausstellung dann für die breite Öffentlichkeit freigegeben. Gleichzeitig wurde in der Lokalpresse immer wieder zu Spenden aufgefordert; BStZ Nr. 71 v. 25.3.1922; BK Nr. 130 v. 27.3.1922 u.a. 53 Die erstprämierte Arbeit trug den Namen „Hel“; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Niederschrift über die Sitzungen des Preisgerichtes am 20./21.3.1922.

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ausreichend für Feierlichkeiten erschien.54 Auch der zweitprämierte Entwurf aus der Hand desselben Künstlers wurde intensiv diskutiert. Schneider stellte hier einen „Siegfried“ auf die Südseite des Armeeplatzes, der allerdings mit dem monumentalen Reiterstandbild Otto von Wittelsbachs in Konkurrenz trat.55 Der Erinnerungskonflikt zwischen der triumphierenden Jünglingsgestalt, welche die Wiederauferstehung der Gefallenen bereits vorwegnahm, sowie einer monarchistischen Skulptur als Symbol des Alten Nationalismus lehnte das Preisrichtergremium entschieden ab. Stattdessen nahm man nun die drittprämierte Arbeit von Karl Knappe, Thomas Wechs und Eberhard Finsterwalder in die engere Wahl. Das Modell „Löwenwacht“ zeigte „in der Mitte des Hofes [vor dem Armeemuseum] ein Totenmal in Gestalt eines riesigen […] Sarkophages.“56 Es sah vor, dass Löwen mit erhobenen Tatzen das Grabmal verteidigen sollten, „in dessen obere Fläche ein toter Krieger in Relief gehauen war.“57 Hier wurden die Gefallenen somit nicht mehr weiter ausschließlich zugunsten des Nationalen funktionalisiert, sondern auch ein Stückweit in ihrem Tod belassen, ja, gar von außen beschützt. Das Preisrichtergremium lobte an diesem Modellentwurf insbesondere die „großzügige Lösung des Ehrenhofs vor dem Armeemuseum,“ der „einen außerordentlichen monumentalen Eindruck hervorrufen und zugleich den denkbar großartigsten Festplatz schaffen“58 könne. Gleichzeitig befürchtete man allerdings wiederum eine Konkurrenz mit dem Reitermonument. Erst ein zweiter, engerer Wettbewerb im Jahr darauf sollte die endgültige Lösung der Denkmalfrage bringen. Die Wiedergeburt des tragischen Helden im Zentrum der bayerischen Landeshauptstadt konnte nur gelingen, wenn das trauernde zivile Erinnern der Münchener Bevölkerung sowie ein totalisierendes militärisches Gedächtnis miteinander verkoppelt wurden. Dies machen die Vorbereitungen für das städtische Kriegsmonument deutlich. Dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege gelang es geschickt, zwischen den politischen Standpunkten unterschiedlicher ziviler Gruppen zu vermitteln. Gleichwohl konnte die Erinnerungskonkurrenz mit den sozialdemokratischen Angehörigen des Stadtrats auf Dauer nicht vermieden werden. Während der Bund die Kontinuität des überkommenen natio54 Hier hatte der Künstler einen mit Reliefs und Inschriften geschmückten, altarähnlichen

Aufbau auf einen schlichten Steinunterbau am südlichen Ende des Hofes vor dem Armeemuseum gestellt. 55 Tietz, Geschichte, S. 240. 56 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Niederschrift über die Sitzungen des Preisgerichtes am 20./21.3.1922. 57 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 251; Tietz, Geschichte, S. 244. 58 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Niederschrift über die Sitzungen des Preisgerichtes am 20./21.3.1922.

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nalen Wertekonsenses zementierte, somit weniger die Kriegstoten als vielmehr den Identitätsverlust des Wir-Selbst – mit Hilfe von Trauertagen und Denkmalsammlungen – memorierte, vertraten die sozialdemokratischen Stadtverordneten stärker die Opferperspektive. Gleichwohl scheiterte der Wille zu demokratischer Aufklärung an pragmatisch-finanziellen Gesichtspunkten. Letztendlich spiegelte das Ergebnis des ersten Wettbewerbs somit den Willen zur nationalen Freigabe der Kriegsgefallenen zugunsten eines potentiell tötbaren Lebens wider. Dabei determinierte die geplante Errichtung des Denkmals auf dem Münchener Armeeplatz als Ort zahlloser Militärfeiern den weiteren Ablauf der Konkurrenz bereits im vor hinein.

b) Die Gedächtniskapelle im Münchener Rathaus als moderate Gegeninitiative Im Dezember 1922 beschloss der Stadtrat, einen Gedenkraum im neuen Münchener Rathaus zu schaffen, um „das Untergehen der Gefallenen im Denkmal der 13000 zu verhindern.“59 Damit löste man sich von einem früheren Beschluss, der die Zusammenführung der städtischen Toten am geplanten Kriegerdenkmal vorsah.60 Anzunehmen ist, dass diese Entscheidung, der zahlreiche Debatten vorausgingen, insbesondere durch das Ergebnis des ersten Wettbewerbs forciert wurde. 61 Schließlich blieben die Interessen des Münchener Stadtrats in der Entwurfsauswahl weitgehend unberücksichtigt; von einer symbolischen Einnahme der Opferperspektive war man weit entfernt. Vielmehr schien es, als solle das realitätsnahe Totengedenken wiederum zugunsten nationaler Zwecke degradiert werden. Dagegen wurde mit der Ehrung im städtischen Rathaus für eine objektive Betrauerung der gefallenen Beamten, Arbeiter und Lehrer Münchens Raum geschaffen. Von Beginn an wollte der Stadtrat ausschließlich ein architektoni59 StA München, Sitzung des Stadtrats v. 19.12.1922. 60 Am 23.11.1920 hatte der Stadtrat zunächst beschlossen, keine eigene Gedenktafel anzufer-

tigen, sondern die Gefallenen durch das Denkmal für alle Kriegsopfer zu ehren; dieses sollte insbesondere in einer Fürsorgeanstalt für Kriegsbeschädigte bzw. deren Hinterbliebene bestehen. 61 Bereits im Januar 1921 war Oberbürgermeister Schmid von Gemeindebeamten bedrängt worden, die Ehrung im Rathaus vorzunehmen. Allerdings vertrat man damals noch den Standpunkt, zunächst den Wettbewerb abwarten zu wollen; Münchner Gemeindezeitung, S. 227; Sitzung des Stadtrates v. 25.1.1921. Einige Monate nach Ablauf des Wettbewerbs (19.6.1922) brachte dann Georg Mauerer (SPD) den Antrag ein, die Gefallenen der Stadt durch Ehrentafeln im Rathaus zu ehren; der Antrag wurde am 1.8.1922 vom Stadtrat angenommen; StA München, Hochbauamt 420.

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sches Denkmal akzeptieren, das durch Gedenktafeln eine Repräsentation des wahren Kriegstodes ermöglichte. Die Idee, zwei Marmorgedenktafeln zu beiden Seiten des Bürgermeistersaales anzubringen, wich dabei zügig der Konzeption eines eigenständigen Gedenkzimmers, das im Juni 1923 fertig gestellt wurde.62 Der sechseckige kapellenartige Raum besaß insgesamt vier dreiteilige neogotische Maßwerkfenster. Auf ihnen wurden zunächst die Namen der Gefallenen in alphabetischer Reihenfolge und nach Kriegsjahren geordnet angebracht (Abb. 32). Auch Todestag und -ort verzeichnete man. Um den Eindruck eines reinen Aufzählens zu vermeiden und „der Kriegerehrung die notwendige künstlerische Erscheinung zu geben“63 schob man außerdem kleine, farbige Glasscheiben mit allegorischen Darstellungen zwischen die Namensreihen. Das erste Fenster links vom Eingang erhielt die Widmung des Denkmals: „Die Stadt München ihren dem Weltkrieg zum Opfer gefallenen Beamten, Lehrern und Arbeitern.“64 Die Kapellenform gab dem Sechseckraum zunächst eine stark religiöse Konnotation. Dieser Eindruck wurde durch das vorhandene Kreuzrippengewölbe und durch die Bemalung der Decke mit zahlreichen Kleinkreuzen noch verstärkt. Zusätzlich trugen die insgesamt zwölf gestaffelten Kleeblattbogenfenster, die in die spitzbogigen Maueröffnungen eingelassen waren, sowie die Dunkelheit des Raumes zu einer sakralen Konnotation bei. Der in der Mitte des Saales errichtete ungefähr 1,2 Meter hohe Kubus, der mit schwarzem Stoff überzogen war, erinnerte mit seiner Leere an „die Nacht, wo alle Objekte entschwinden und ihre sichtbare Stabilität verlieren.“65 Gerade weil dieses Denkmal so minimalistisch war, es weder materielle noch formale Überhöhungen zuließ, ermöglichte es dem Betrachter eine ergebnisoffene, individuelle Reflexion des

62 Vgl. die Gestaltungsvorschläge v. 29.11.1922 in StA München, Hochbauamt 420; die Auswahl

des Gedenkraums wurde von der städtischen Registratur getätigt; StA München, Hochbauamt 420, Beschreibung der Kriegerehrung v. 23.6.1923; vgl. auch Huber, Rathaus, S. 127f.; dabei nahm man in die Tafeln ausschließlich die zum Zeitpunkt ihrer Einberufung im städtischen Dienst stehenden Gefallenen auf; Zunächst war man von 491 Kriegsopfern ausgegangen, unter ihnen 198 Beamte, 208 Arbeiter und 85 Lehrer, BStZ Nr. 294 v. 19.12.1922; erst Mitte Februar 1923 erhöhte sich die Zahl nach einer Nachzählung erneut; StA München, Hochbauamt 420, Schreiben Nr. 3867/II v. 14.2.1923. Auch die im Krieg vermissten städtischen Angehörigen wurden unter separater Überschrift aufgenommen; StA München, Hochbauamt 420, Skizze neogotisches Fenster im Gedächtnisraum. Die Identität der 545 Kriegstoten wurde anhand der Personalblätter des Einwohnermeldeamts akribisch geprüft; Vgl. die Namenslisten sowie das Schreiben Personalreferat an Hochbauamt v. 29.1.1923, Schreiben Nr. 3867/II an Stadtratsdirektorium v. 14.2.1923, in StA München, Hochbauamt 420. 63 StA München, Hochbauamt 420, Beschreibung der Kriegerehrung v. 23.6.1923. 64 Ebd. 65 Didi-Huberman, Metapsychologie, S. 83.

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Kriegstodes.66 In diesem ungegenständlichen Kriegsmonument war der Interpretationsspielraum wesentlich größer als in einer ästhetisierten Denkmalfigur. Dies konnte bis zu einer Aufkündigung des nationalen Wertekonsenses führen. Die Gedächtniskapelle befand sich im ersten Obergeschoss des neuen Rathauses. Sie lag somit zwischen den im zweiten Stock befindlichen Amts- sowie den unteren Repräsentationsräumen des Bürgermeisters.67 Diese zentrale Lage weist nochmals auf den Stellenwert des Totengedenkens hin. Täglich schritten hunderte Stadtverordnete auf dem Weg zu den Amtsräumen an der Kapelle vorbei, was die Rezeptionsmöglichkeiten des Raumes deutlich erhöhte. Der Standort der Kapelle im Zentrum des Rathauses begünstigte auch eine Nutzung als Versammlungs- und Aufenthaltsort. Schließlich hatte der Stadtrat unterhalb der Glasfenster Holzbänke errichten lassen, die zum Verweilen einluden. Damit reflektierte die Kapelle – über das Motiv christlicher Tröstung hinaus – auch den Willen zu gegenseitiger Begegnung und damit zu einer erneuerten Sinnsuche des Kriegstodes. Insbesondere der abstrakte Kubus war in der Lage, im Betrachter eine bewusste Leere zu erzeugen, die im Angesicht der menschlichen Verluste Scham- und Schuldgefühlen provozierte.68 Die Enthüllung des Raumes am 26. Juni 1923 durch den sozialdemokratischen Oberbürgermeister Eduard Schmid verlief einfach und würdevoll. Nachdem vor dem Kubus ein großer Lorbeerkranz niedergelegt und vor den Bildnissen der Gemeindebevollmächtigten im Sitzungssaal Blumen aufgestellt worden waren, wandte sich Schmid in einer kurzen Ansprache an das Stadtratskollegium: „Wir wollen in schlichter Weise der Öffentlichkeit Kenntnis geben von der Fertigstellung der Kriegerehrenfenster und der uns teuren Toten ehrend gedenken. Alle starben für die höchste Sache, der sie dienen konnten, für die Heimat, das Vaterland. Bringen wir heute durch eine kurze Trauerpause zum Ausdruck, dass wird der Tapferen dauernd gedenken werden […]. So wie diese 545 braven Männer für den Schutz der Heimat […] ihr Bestes, ihr Leben opferten, so wollen wir eifrig bemüht sein, durch Hingabe unserer ganzen Kraft das niedergeworfene Vaterland wieder aufzurichten […]. Das sei unser Gelöbnis in dieser ernsten Stunde!“ 69

Von der Enthüllungsfeier ging somit auch eine gewisse Revision des nationalen Normenkonsenses aus. Nicht die Rückkehr zu einem überkommenen Kodex des 66 Ebd., S. 105. 67 Im Vestibül des Eingangs befanden sich ursprünglich zwei Kriegergedenktafeln, die an die

1870/71 gefallenen 186 Münchener Soldaten, sowie an 17 in deutschen Kolonien verstorbene Münchener erinnerten. Die Tafeln wurden 1966, anlässlich der Renovierung der Eingangszone, versehentlich abgeschlagen; Huber, Rathaus, S. 127; ferner Nerdinger/Stenger, Rathaus, S. 168ff. 68 Vgl. Teichert, Trauer, S. 409; Holzschuh, Raum, S. 33f.; Sloterdijk, Globen, S. 170. 69 MNN Nr. 171 v. 27.6.1923; vgl. StA München, Hochbauamt 420, Notiz Grässel v. 26.6.1923.

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„Sterbens für das Vaterland“ stand im Mittelpunkt der Zeremonie, sondern die Mahnung zum nationalen Wiederaufbau. Die Feier sollte insbesondere einer Erneuerung der Gemeinschaft auf zivildemokratischer Grundlage dienen. 1925 wurde die bisherige, in der Mitte des Gedenkraumes errichtete provisorische, schwarze Kiste durch einen 1,8 Meter hohen, grauen Juramarmorstein ersetzt (Abb. 33). Ihm gab man die Inschrift „Ehre ihrem Andenken.“ Am Stein konnten nun Kränze geordnet befestigt werden. Zugleich wurde der bisherige bunte Fußboden durch einen Terrazzoboden, die zentrale Laternenbeleuchtung durch sechs sternförmige Lampen erneuert.70 Dies weist auf einen elementaren Wandel in der städtischen Trauerkultur hin. Tatsächlich hatte nach der Stadtratswahl im Dezember 1924 die Bayerische Volkspartei den Vorsitz im Stadtrat übernommen.71 Indem man das Denkmal durch den Einsatz wertvollen Marmormaterials und weiterer Umbauten ästhetisierte, wurde der Kriegstod ein weiteres Mal überhöht und ein Stückweit idealisiert. Das Totengedenken im Münchener Rathaus geriet so wiederum in Gefahr, zugunsten einer nationalen Freigabe der Kriegsgefallenen funktionalisiert zu werden.

1.2. Ausmaß militärischer Erinnerungsmacht. Die zweite Planungsphase Der Kriegerbund war mit dem Ergebnis des ersten Denkmalwettbewerbs keineswegs zufrieden. 72 Gleichwohl musste die Realisierung einer zweiten Konkurrenz aufgrund dauernder finanzieller Schwierigkeiten mehrfach verschoben werden. Erst Mitte Februar 1923 konnte das Preisrichterkollegium zu einer erneuten Sitzung zusammenkommen.

70 StA München, Hochbauamt 420, Notiz Grässel v. 28.7.1923. 71 Bei der Stadtratswahl vom 7.12.1924 blieb zwar die SPD mit 16 Sitzen stärkste Partei, doch

konnte die „nationale Wahlgemeinschaft“ unter Führung der BVP (14 Sitze), der DNVP (6 Sitze) und anderer rechter Parteien die Mehrheit im Stadtrat erringen, Weyerer, München, S. 95f. 72 So bat der Obmannsbezirk am 6.12.1922, eine Sitzung des Denkmalausschusses einzuberufen und hierzu die sieben Herren der Obmannschaft einzuladen: „Bei dieser Sitzung wird auch über die Gestaltung des Denkmals […] gesprochen werden müssen“, StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Schreiben Obmannsbezirk an Landesverein v. 6.12.1922.

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a) Die Durchsetzung nationaler Freigabe. Der engere Wettbewerb Zahlreiche Vertreter des Obmannbezirks, die eigentlich kein Preisrichteramt ausübten, hatten sich bei der Versammlung unter die Anwesenden gemischt.73 Sie verteidigten „aufs Entschiedenste den in Aussicht genommenen Standort am Armeemuseum“74 und machten deutlich, dass der Kriegerbund „von dem in Aussicht genommenen Platze unter gar keinen Umständen ablassen [würde].“75 Damit war die endgültige Entscheidung über den Denkmalstandort allerdings schon vor Beginn des engeren Wettbewerbs auf undemokratische Art gefallen.76 Die Preisrichter hatten sich lediglich noch mit den praktischen Konsequenzen dieses Beschlusses zu befassen: Wie sollte man auf dieser Grundlage überhaupt noch eine Konkurrenz ohne Ungerechtigkeiten durchführen? Und waren nicht auch die Wettbewerbsbedingungen entsprechend zu modifizieren?77 Oberbaurat Beblo mahnte an, grundsätzlich keine Vorgaben zu machen, und Balthasar Schmidt plädierte dafür, hinsichtlich der Verbindung von Hofgarten und Armeemuseum die „Gestaltungsmöglichkeiten offen zu lassen.“78 Dagegen wollte Baurat August Blößner das „Projekt Finsterwalder“ – und damit den Armeeplatz – der gesamten Konkurrenz zugrunde legen.79 Zwar wurde dieser Vorschlag am Ende abgelehnt. Gleichwohl scheint es, als habe der Kriegerbund bereits lange vor Beginn des zweiten Wettbewerbs eine Überarbeitung des Entwurfs „Löwenwacht“ in die Wege geleitet.80 Es ist anzunehmen, dass er so – an der eigentlichen Konkurrenz vorbei – auch die Formgebung des Denkmals wesentlich mitbestimmte. Dies würde auch erklären, warum der veränderte Entwurf im Komitee spontan auf Zustimmung stieß.

73 Insgesamt waren elf Preisrichter und fünf Vertreter des Bayerischen Kriegerbundes Mün-

chen-Stadt bei der Sitzung anwesend; StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Anwesenheitsliste Sitzung des Gesamt-Preisgerichtes am 14.2.1923. 74 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Schreiben Nr. 252 v. 15.2.1923. 75 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Nr. 636/22, Schreiben Landesverein an den Architekten O.O. Kurz v. 15.2.1923. 76 Vgl. den diesbezüglichen Beschluss im Sitzungsprotokoll v. 14.2.1923, StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1. 77 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Sitzungsprotokoll v. 14.2.1923. 78 Ebd. 79 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Sitzungsprotokoll v. 14.2.1923. 80 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 251. Hier betont der ausführende Architekt Eberhard Finsterwalder, Josef Dimpfl habe den Wunsch nach einer ganz besonderen Art von Denkmal geäußert; ähnlich wie bei einem Denkmal auf den Schlachtfeldern von Lothringen, sollte man auch in dieses Denkmal „von unten hineingehen können“. Daraufhin hätten die Architekten ihren Entwurf nochmals überarbeitet.

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Mitte Juni 1923 kam das Preisgericht zur endgültigen Auswahl der Arbeiten in der Kuppelhalle des Armeemuseums zusammen.81 Dabei standen die Preisträger schnell fest. Nachdem man die eingereichten Modelle noch einmal durchgesehen hatte, wobei die Auswahl eines adäquaten Versammlungsplatzes und die Konkurrenz zum monarchistischen Reiterstandbild wiederum im Mittelpunkt der Diskussion standen, befürwortete das Gutachtergremium zügig den Entwurf der Künstlergruppe Knappe, Finsterwalder und Wechs mit dem neuen Kennwort „Sie werden auferstehen“: „Der Entwurf ist außerordentlich großzügig. Der ganze Platz ist dem Gedenken der Kriegerehrung einheitlich dienstbar gemacht. Die Anordnung von umlaufenden Treppenanlagen macht ihn als Versammlungsort besonders geeignet. Monumental wirkt die Pflasterung des ganzen Hofes mit großen Steinplatten. Der Abschluss nach Süden erfolgt durch eine einfache Arkadenreihe ohne Mittelbetonung als wirksames Gegenstück zu den Arkaden der Nordseite. Die Geschlossenheit der Anlage ist damit gewährleistet. Der Entwurf vermeidet in seiner ernsten Form die Erscheinung eines Siegerdenkmals und bringt den Gedanken der Erinnerung an die Gefallenen mit einfachen monumentalen Mitteln zum ergreifenden Ausdruck. Durch die starke Vertiefung seines Standplatzes wird eine ungünstige Überschneidung des Reiterstandbildes hintangehalten, die absichtlich gewählte Kontrastform vermeidet jede Konkurrenz mit ihm. Die Anbringung der Namen ist in einer Art Krypta unter dem gewaltigen Gedenkstein sehr glücklich und würdig gelöst […].“82

Die prämierte Arbeit stellte somit endgültig die Symbiose zwischen dem Alten und Neuen Nationalismus des Kriegerbundes sicher. Sie bewahrte die Symbolik des bayerischen Königtums, schuf allerdings zugleich einen Platz für Massenansammlungen. Konnte man durch das Denkmal einerseits „der neuen nationalen Bewegung ein Forum bieten,“ 83 wurden andererseits auch traditionelle Werte verteidigt. Die „schweren Bedenken“84 Theodor Fischers, der anmahnte, dass man nicht ein solches Kriegsmonument und das Reiterstandbild zugleich errichten könne, wies man demgegenüber strikt zurück.85

81 Anwesend waren insgesamt 19 Preisrichter; vgl. die Anwesenheitsliste v. 19.6.1923, StA

München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1. 82 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Niederschrift der Sitzung am

19.6.1923, S. 3f. 83 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 251. 84 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Protokoll v. 19.6.1923, S. 2. 85 Ebd.; Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Niederschrift der Sitzung am 19.6.1923,

S.3. Fischer argumentierte, dass der Platz für die Aufstellung des Denkmals in der Hofmitte beschränkt sei und die Hintereinanderreihung – Hofgartentempel – Gefallenendenkmal – Reiterstandbild unangenehm wirke; er zog stattdessen die Stellung des Denkmals gegenüber dem Reiterdenkmal, dicht an die Böschung der Hofgartenseite gerückt, vor.

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Die Namen der 13000 Münchener Gefallenen sollten in einer Krypta unterhalb der eigentlichen Denkmalsanlage angebracht werden.86 Allerdings erwiesen sich während der nun folgenden Bauphase die vorhandenen Wandflächen als zu klein. Da aber die Zeit bis zur Einweihung drängte, entschied man 1924, das bayerische Armeedenkmal des Schlafenden Soldaten in die Gruft unterhalb des Grabblocks einzulassen.87 Hierdurch wurde ein rein architektonisch konzipierter Gedenkraum mit der Figuration eines Kriegsgefallenen verschmolzen. Nicht mehr die abstrakte Krypta „als Ort […] der Einkehr, als […] Sinnbild des Todes“ 88 stand nunmehr im Mittelpunkt des Denkmals, sondern vielmehr ein konkretes Symbol militärischer Tugenden.89 Inwieweit der Schlafende Soldat einer Verkehrung der demokratischen Gegenwart Vorschub leisten konnte, wird allerdings erst vor dem Hintergrund seiner Planungen deutlich.

b) Das bayerische Armeedenkmal als militärisches Identifikationssymbol Die Planung des bayerischen Armeedenkmals muss von den Institutionen her betrachtet werden, die es ins Leben riefen. Hauptinitiator war das Heeresabwicklungsamt als Nachfolger des Königlich Bayerischen Kriegsministeriums. Es befand sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs kurz vor der Auflösung. Sämtliche noch bestehenden Abteilungen sollten bis Ende März 1921 abgewickelt sein. Insbesondere für die Stelleninhaber, die im Ministerium höhere militärische Positionen bekleidet, dem Offiziers- oder Leutnantsrang angehört hatten, boten sich zukünftig nur unbefriedigende Berufsperspektiven.90 Denn das Sozialprestige und die damit einhergehende Statussicherung der hohen Offiziere 86 StA München, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1, Protokoll v. 19.6.1923, S. 2. 87 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 252. Im Mai 1924 hatte Bleeker die Errichtung des schla-

fenden Soldaten in der Kuppelhalle aus künstlerischen Gesichtspunkten ablehnt; tatsächlich hielt er die Kuppelhalle für stimmungsmäßig nicht geeignet zur Integration des Kunstwerks; erst als ihm Karl Knappe die Aufstellung in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals anbot, sagte er zu; Bezzel, Armeemuseum, S. 582, stellte fest, dass „die unruhige und überreiche Architektur und Skulptur der Kuppelhalle“ den Plan zur Errichtung des Kriegerdenkmals zunichte gemacht hätte; vgl. auch BayHStA, MK 51119/21, Auszug aus den Akten des ehem. Bayer. Armeemuseums, betr. Kriegerdenkmal v. 16.2.1954; BayHStA, MK 14410, Armeemuseum an Kultusministerium v. 2.1.1925. 88 Fischer, Knappe, S. 15. 89 Belting, Bildanthropologie, S. 144. 90 Das Personal des ehemaligen Kriegsministeriums war bereits 1919 um mehr als die Hälfte reduziert worden; nur insgesamt 4000 Offiziere der alten Armee, die ursprünglich über 40000 Offiziere besessen hatte, konnten in die neu zu bildende Reichswehr übernommen werden; Tapken, Reichswehr, S. 285.

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waren nach der Kriegsniederlage und dem Untergang der Monarchie zumindest teilweise in Verruf geraten.91 Dementsprechend scheute man den Übergang in die Zivilgesellschaft, in der man sich modernen Leistungsanforderungen zu stellen hatte.92 Das Heeresabwicklungsamt kooperierte in der Frage der Kriegerehrung eng mit dem Münchener Armeemuseum, das vor dem Ersten Weltkrieg als zentrale Legitimationsstätte der Wittelsbacher Monarchie sowie dessen militärischer Eliten gegolten hatte. Ab 1919 sah sich das Museum allerdings - ebenso wie das Heeresabwicklungsamt - massiv in seinem Bestand bedroht.93 Denn der politische Umsturz und die anschließende Räterepublik hatte einen „Haß gegen alles Militärische“94 provoziert, der „kein Verständnis für den kulturhistorischen Wert der Sammlungen“95 mehr aufkommen ließ. Erst durch den Übergang der Museumsleitung in zivile Hände konnte dessen drohende Auflösung verhindert werden. So war geplant, das Armeemuseum Anfang April 1920 in das bayerische Kultusministerium zu integrieren.96 Allerdings stellte dies den Einfluss hoher Militärs auf die bayerische Erinnerungspolitik endgültig in Frage. Die zunehmende Isolation dieser Elite provozierte ein subjektives Trauermuster, das die ruhmreichen Etappen des Heeres bis auf die Gefallenen des Ersten Weltkrieges ausdehnte und somit die Kriegsniederlage negierte.97 Die Toten wurden überwiegend als Helden memoriert, der wahre Kriegstod sublimiert. Damit konnten 91 Zur sozialen Stellung des bayerischen Offizierskorps vor 1914, vgl. insbes. Rumschöttel,

Offizierskorps, S. 222-234; zur Situation nach 1914, Ein deutscher Generalstabsoffizier, Armee und Revolution, S. 30f. 92 Ein deutscher Generalstabsoffizier, Armee und Revolution, S. 30f. Die Offiziere wurden durch die Revolution in Bayern und dem Ende der Monarchie ihres ideologischen und wirtschaftlichen Fundaments beraubt, Rumschöttel, Offizierskorps, S. 282. 93 Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages musste das Museum 1921 beispielsweise seine im deutsch-französischen Krieg erbeuteten Trophäen herausgeben; BayHStA, MK 14410, Armeemuseum an Kultusministerium v. 23.12.1921. 94 Bezzel, Armeemuseum, S. 581. 95 Ebd.; Man beabsichtigte, historische Waffen zu verschrotten und die zentrale Kuppelhalle des Museums in einen Parlamentssaal zu verwandeln, Bezzel, Armeemuseum, S. 580. 96 Am 1. April 1920 wurde das Haus als wissenschaftliche Sammlung dem Ministerium für Unterricht und Kultus unterstellt und so vor dem Untergang bewahrt. Dies brachte allerdings massive Reibungen zwischen den militärischen und zivilen Mitarbeitern mit sich, vgl. BayHStA, MKr, MMJO, K. 43, Großkanzler von Fassbender, Gedanken zur letzten Zuschrift des Armeemuseums v. 12.2.1922. Nach Bezzel, Armeemuseum, S. 581, war seit 1916 Oberleutnant a.D. Muxel als Museumsdirektor tätig. Seit 1920 bestand die Direktion des Museums dann aus dem Generaldirektor des Nationalmuseums, Geheimrat Dr. Halm, den Hauptkonservatoren Muxel und Dr. Stöcklein sowie dem Konservator Major a.D. Hofmann. 97 Vgl. Douglas, Institutionen, S. 32; dies., Thought styles, S. 47, 179ff.

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auch die Einbußen des eigenen Sozialstatus kompensiert werden. Dies zeigt, mit welchen erheblichen psychischen Schwierigkeiten der potentielle Verzicht auf althergebrachte Privilegien verbunden war.98 Bereits im April 1918 hatte das Preußische Kriegsministerium angeregt, die Namen sämtlicher deutscher Kriegstoten auf „einer Art Ehrentafel“ 99 im Berliner Zeughaus zu verewigen. Eine diesbezügliche Anfrage an das Stellvertretende Generalkommando des I. Armeekorps München stieß auf prompte Resonanz. Gleichzeitig wurde sie allerdings ihres eigentlichen Sinns beraubt. Denn die bayerische Befehlsstelle beharrte auf einer eigenständigen Form des Erinnerns: „Sollte sich die Ausführung der „Ehrentafel“ nicht verwirklichen lassen, so wäre Bayern Gelegenheit gegeben, das Andenken der Gefallenen und Gestorbenen seiner Armee zu ehren, indem im [bayerischen] Armee-Museum deren Namen und Taten in einem gesonderten, würdig ausgeschmückten Ehrenraum verewigt würden.“100

Das Stellvertretende bayerische Generalkommando wollte die Gefallenen somit in sichtbare Kontinuität zu den ruhmreichen Taten des Heeres stellen.101 Hierzu musste man sich allerdings der „eigenen“ Kriegsteilnehmer bemächtigen. Unter den ungefähr 156000 gefallenen bayerischen Armeeangehörigen befanden sich rund 133000 Soldaten.102 Um ihr Gedenken zu sichern, musste ein regionaler Zuschnitt gewählt werden. Insbesondere die geplante Gestaltung eines Ehrenraums im Münchener Armeemuseum war geeignet, den Gefallenentod im Sinne der bayerischen Militärtradition zu überhöhen. Denn durch die Einbettung der Toten in den größten Ruhmestempel des bayerischen Heeres wurden sie wiederum als Bestandteile einer überkommenen Ordnung memoriert. Sie bildeten die Ahnen einer Gemeinschaft, die sich ihrer Zukunft versicherte. Der Leiter des Heeresabwicklungsamts, Oberst Ralf Bresselau von Bressensdorf, war im Dezember 1919 erstmals vom Bayerischen Kultusministerium gebeten worden, „die Vorarbeiten für die Ehrung solange ruhen [zu lassen], bis das [Armee-] Museum durch das Kultusministerium übernommen [sei]“. 103 98 Vgl. Douglas, sociology of perception, S. 6. 99 BayHStA, MKr, Stv. Gen. Kdo. I. A.K., Bd. 724; Schreiben preußisches Kriegsministerium

an bayerisches Kriegsministerium v. 12.4.1918. 100 BayHStA, MKr, Stv. Gen. Kdo. I. A.K., Bd. 724, Nr. 11063 v. 7.5.1918. 101 Bereits 1916/17 hatte man beschlossen, den gefallenen Offizieren des ehemaligen bayeri-

schen Kriegsministeriums eine eigene Gedenktafel zu widmen; BayHStA, MK 14410, Nr. 88507 v. 12.8.1920. 102 Vgl. BK, Nr. 210 v. 28.7.1920; MAAZ Nr. 301 v. 28.7.1920. 103 BayHStA, MKr, RWGr. Kdo. 4, 564; Schreiben Abwicklungsamt an Kultusministerium v. 1.12.1919.

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Schließlich wurde das Ministerium ab 1920 von Ministerpräsident Johannes Hoffmann gelenkt, der jede traditionelle Form der Heldenehrung ablehnte. Dieser Einmischungsversuch einer sozialdemokratisch geführten Behörde in eine vermeintlich rein militärische Angelegenheit wurde durch von Bressensdorf allerdings vehement zurückgewiesen: „Die Ehrung der Gefallenen des bayerischen Heeres im Armeemuseum zum Ausdruck zu bringen ist zweifellos eine solch ausgesprochene Ehrenpflicht einzig und allein der noch das alte Heer verkörpernden militärischen Dienststelle, dass diese auch die Einleitung der erforderlichen Schritte und die Durchführung dieser ‚Ehrung„ unbedingt für sich in Anspruch nehmen muß.“104 Dies zeigt, wie bedrohlich die Übergabe des Armeemuseums an das Kultusministerium auf von Bressensdorf wirkte. Um eine Konkurrenz in der Frage des Gefallenengedenkens zu vermeiden, forcierte er zügig die Realisierung eines Wettbewerbs. Zugleich verfügte er, dass die Beratungen innerhalb der zuständigen Kunstkommission so voranschreiten sollten, dass „noch vor dem 1.4.1920 [dem Tag der geplanten Übergabe des Armeemuseums an das Ministerium; A.d.V.] eine endgültige Annahme des Künstlerentwurfs“105 erfolgen könne.106 Allerdings machten der Kapp-Putsch im März 1920 und die darauffolgenden politischen Umwälzungen die strikte Einhaltung der Frist überflüssig.107 Nun wurde das Kultusministerium von Franz Matt, einem Mitglied der Bayerischen Volkspartei übernommen, womit sich die anfänglichen Konkurrenzkämpfe des Totenerinnerns verflüchtigten.108 Unter der neuen Regierung Gustav von Kahrs entschied sich von Bressensdorf zügig, den bayerischen Landeskommandanten, General Ritter von Möhl, 109 in die Planungen einzubinden. Damit konnte er 104 Ebd. 105 BayHStA, MKr, RWGrKdo. 4, 564, Nr. 176826 A Ic/19 v. 2.1.1920. 106 Bereits Ende Dezember 1919 lag ein erstes Gutachten der zuständigen Sachverständi-

gen-Kommission vor. Sie war von der Direktion des Armeemuseums ernannt worden, BayHStA, MKr, RWGrKdo. 4, 564, Gutachten v. 20.12.1919. 107 Muxel, der die Organisation des Denkmalwettbewerbs übernommen hatte, stand laut Aussagen von Beobachtern „im Banne seiner civilistischen Vorgesetzten“. Er datierte das Einreichungsdatum der Entwürfe kurzerhand auf Mitte Juni 1920 vor und gab einem zusätzlichen Antrag auf Fristverlängerung statt; BayHStA, MKr, RWGrKdo. 4, 564, „Bestimmungen über den Wettbewerb für ein Denkmal im Armee-Museum zu München“; BayHStA, MKr, MMJO, K. 43, Großkanzler von Fassbender, Gedanken zur letzten Zuschrift des Armeemuseums v. 12.2.1922. 108 Nach Ende des Kapp-Putsches wurde Franz Matt (BVP) unter der Regierung Gustav von Kahrs (BVP) zum Nachfolger von Johannes Hoffmann (SPD) ernannt. 109 General Arnold von Möhl (1867-1944) war maßgeblich am Kapp-Putsch gegen die sozialdemokratische Landesregierung Hoffmann im März 1920 beteiligt; sein politisches Hauptanliegen war die Wiedererrichtung der Monarchie; Weyerer, München, S. 58.

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seine eigene Nachfolge in der Denkmalfrage in die Wege leiten und zugleich eine militärische Form des Erinnerns sicherstellen. In seinen Aufzeichnungen hielt Oberst von Bressensdorf dementsprechend fest, dass „künftige Schritte vorher dem Landeskommandanten zum Einverständnis vorzulegen und die ganze Angelegenheit für den Kommandanten zuzuschneiden [sei], namentlich Enthüllungsfeier.“ 110 Im Mittelpunkt der Planungsphase des bayerischen Armeedenkmals stand ebenfalls die Standortfrage.111 So drängte von Bressensdorf von Beginn an darauf, in den Bedingungen zum Wettbewerb einen Platz im Münchener Armeemuseum festzuschreiben: „Das Abwicklungsamt glaubt einer allseits anerkannten Ehrenpflicht nachzukommen, wenn es den Gefallenen des bayerischen Heeres ein Denkmal an der hiefür geeignetsten und würdigsten Stätte, dem Armeemuseum setzt, das ja auch die glorreiche Geschichte des bayerischen Heeres zu verkörpern berufen ist.“112 Dies zeigt, wie stark das Gedächtnis der Denkmalinitiatoren mit diesem Erinnerungsort verbunden war. Tatsächlich erreichten die Ruhmestaten des bayerischen Heeres erst im Kuppelsaal des Armeemuseums ihren symbolischen Höhepunkt.113 Durch die Integration der Gefallenen in diesen zentralen Museumsraum, der kriegerische Tugenden und eroberte Kampfstätten präsentierte, konnte der Kriegstod wiederum ästhetisiert, das wahre Massensterben hingegen sublimiert werden. Diese Standortwahl eröffnete somit den Weg hin zu einer politischen Funktionalisierung der Gefallenen, die in einen Totenkult münden konnte. Dies erkannte auch der Denkmalpfleger und Preisrichter Georg Lill,114 der vorschlug, innerhalb der Museumsmauern ein „Siegesmal“115 zu errichten. Die übrigen Preisrichter des ausgeschriebenen Denkmalwettbewerbs sahen die Deutung des massenweisen Kriegstodes allerdings bei weitem nicht so klar

110 BayHStA, MKr, RWGrKdo. 4, 564, Nr. 176826 A Ic/19 v. 2.1.1920, Notiz von Bres-

sensdorf. 111 BayHStA, MKr, RWGrKdo. 4, 564, Gutachten v. 20.12.1919; BayHStA, MKr, RWGrKdo.

4, 564, Nr. 176826 A Ic/19 v. 2.1.1920. 112 BayHStA, MKr, RWGrKdo. 4, 564, Heeresabwicklungsamt an Verteiler v. 28.5.1920. 113 Das 1904 fertig gestellte Gebäude des Armeemuseums versinnbildlichte insbesondere den

Gedanken monumentaler Dominanz; Schwahn, Denkmal, S. 196; vgl. auch Habel, Armeemuseum, S. 18-27; Fahrmacher, Armeemuseum, S. 3-5. 114 Georg Lill war Denkmalpfleger und Kustos im bayerischen Nationalmuseum und ab 1929 Generalkonservator des bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Speitkamp, Heimatschutz, S. 184f. 115 BK Nr. 217 v. 4.8.1920; vgl. die missverständlichen Äußerungen bei Tietz, Geschichte, S. 239f.

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wie Lill.116 So standen sich beispielsweise die künstlerischen Auffassungen der Architekten Oswald Bieber und Paul Ludwig Troost117 sowie des anerkannten Städteplaners Theodor Fischer 118 diametral gegenüber. Das Gremium schien zwischen nationaler Freigabe und individuellem Festhalten der Kriegstoten gespalten. Dies zeigt insbesondere die endgültige Auswahl der prämierten Entwürfe vom 20. Juli 1920.119 Während der Preisträger Karl Killer120 die gefallenen Soldaten ihrer militärischen Funktion entkleidete und einen Blick auf den wahren Kriegstod gewährte, indem er einen Sarkophag mit vier knienden Kriegern und einem liegenden nackten Mann darauf präsentierte, zeigten die Prämierten Hans und Bruno Miller einen überlebensgroßen, nackten Mann, der mächtigen Schrittes der Zukunft entgegenstrebte, ließen somit die Gefallenen wiederauferstehen. Es scheint, als sei der gesamte Wettbewerb von solchen unversöhnlichen Positionen zwischen gewaltbereiten „Siegern“ und gewaltlosen Besiegten durchzogen gewesen, was zugleich auf unterschiedliche Erinnerungen des Kriegstodes in der bayerischen Künstlerschaft hindeutet.121 Erst als sich eine Zusatzkommission des Heeresabwicklungsamtes dafür aussprach, neben der „Wirkung des Denkmals an sich jedem Besucher gemeinfasslich den Zweck des

116 Das Preisgericht war von der Direktion des Armeemuseums in enger Zusammenarbeit mit

dem Ausschuss der Bildenden Künstler Bayerns bestimmt worden, MNN Nr. 304 v. 28.7.1920; BayHStA, MK 14410, Sitzungen des Preisgerichts am 19. u. 20.7.1920. An ihm waren die Architekten Oswald Bieber, Theodor Fischer und Paul Ludwig Troost, die Bildhauer Bernhard Bleeker, Julius Seidler und Josef Wackerle sowie der Denkmalpfleger Georg Lill, Oberst a.D. Bezzel und Oberregierungsrat Heinrich Ullmann beteiligt. 117 Der Architekt Paul Ludwig Troost (1878-1934) schuf monumentale neoklassizistische Kunstwerke; er galt ab 1933 als „Erster Baumeister des Führers“; 1932/33 erhielt er von Hitler den Auftrag, die Münchener Parteizentrale an der Arcisstraße sowie das „Haus der deutschen Kunst“ an der Prinzregentenstraße zu entwerfen; Arndt, Architekturszene, insbes. S. 468-71; Weyerer, München, S. 135. 118 Theodor Fischer (1862-1938) stand für die Betonung des modernen Formenwandels in der Münchener Kunst wider des monumentalen Neoklassizismus; er beobachtete mit Resignation den Übergang zu einer nationalsozialistischen Kunst, Nerdinger, Fischer, S. 103; Karlinger, Fischer, S. 12. 119 Es waren 171 Entwürfe eingereicht worden; hiervon wurden letzten Endes 15 prämiert; BayHStA, MK 14410, Niederschrift über die Sitzungen des Preisgerichts am 19. u. 20.7.1920. 120 Der Bildhauer Karl Killer (1873-1948) war für seine einfühlsame, religiöse Bildsprache bekannt; er hat auch das Kriegerdenkmal der Münchener Peterskirche geschaffen. 121 Insgesamt scheinen jedoch die moderaten Entwürfe überwogen zu haben. Die BStZ v. 29.7.1920 sprach davon, dass „überwiegend Besiegte, Wehrlose und Verwundete“ gezeigt worden seien.

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Monuments“122 zu versinnbildlichen, kam man einem Miteinander der divergierenden Totengedächtnisse näher. Ein nationalistisches Siegesmal rückte nun ebenso in den Hintergrund wie die Darstellungen rein objektiver Trauer. Stattdessen wurde der Weg hin zur Ausgleichsfigur des Schlafenden Soldaten eröffnet. Sämtliche prämierten Entwürfe wurden bis Mitte 1921 nach und nach abgelehnt. Hierzu zählte auch eine Skizze des Preisrichters Theodor Fischer, der ein abstraktes Kubusmodell geschaffen hatte, sowie die überarbeiteten Denkmalsentwürfe Karl Killers. Da die finanziellen Mittel für einen zweiten Wettbewerb allerdings bei weitem nicht ausreichten, die Konkurrenz in der Öffentlichkeit bereits als gescheitert galt, kam man überein, einen der Gutachter mit der Gestaltung einer weiteren Vorlage zu beauftragen.123 Dabei konnte sich im Januar 1922 General Ritter von Möhl, der als Nachfolger von Bressensdorfs das ehemalige bayerische Heer im Gremium vertrat, mit seiner Forderung durchsetzen, dem Preisrichter und Bildhauer Bernhard Bleeker 124 die Erarbeitung eines Entwurfs zu überlassen. 125 Ob die Beauftragung dieses Künstlers im Gutachterkollegium kontrovers diskutiert wurde, ist nicht bekannt. Allerdings zeigt der sukzessive Ausschluss der prämierten Arbeiten, dass von Möhl als Landeskommandant mit erheblicher Sozialmacht ausgestattet war. Schon im August desselben Jahres wurde ein Gipsmodell des Schlafenden Soldaten in der Kuppelhalle des Armeemuseums ausgestellt und von den anwesenden Gutachtern akzep122 BayHStA, MK 14410, Besichtigung Gefallenendenkmal durch die Kommission des Hee-

resabwickelungsamts Bayern am 23.7.1920. 123 BayHStA, MK 14410, Nr. 428 v. 18.7.1921. Das Kriegerdenkmal sollte voraussichtlich ca.

100000 Mark kosten, wovon bis Mitte 1920 allerdings erst ungefähr 30000 Mark aufgebracht waren; erst ab Anfang 1921 fanden auch öffentliche Sammlungen statt; BK Nr. 210 v. 28.7.1920; MNN Nr. 34 v. 25.1.1921. Allerdings hatte sich das Guthaben des Denkmalfonds bis Ende 1922 auf 103000 Mark erhöht, BayHStA, MK 14410, Nr. 52663. 124 Bleeker (1881-1968) hatte zwischen 1915 bis 1918 als Oberjäger am Ersten Weltkrieg teilgenommen; seit 1917 war er als künstlerischer Beirat für die Ausgestaltung von Kriegergräbern zuständig und damit vom direkten Militärdienst befreit; ab 1919 war er Mitglied der Akademie der Bildenden Künste in München. Bleeker galt als Hauptvertreter der neoklassizistischen Monumentalskulptur in der Tradition von Hildebrands und fertigte zahlreiche Bildwerke für die Nationalsozialisten an, u.a. eine zweite Version des „toten Kriegers“ für die Gruft des Tannenbergdenkmals (1935); gerade solche Kriegerköpfe stellten – als „Renaissance des Körpergefühls“ – eine gewisse Wiederannäherung an die Antike dar; Panofsky, Perspektive, S. 276. Er hatte nach dem Krieg den - umstrittenen - Ruf eines „Nazibildhauers“ inne; MKr, MKV 4990, Nr. 7942 (Kriegsministerium an K.stellv.Generalkommando v. 23.1.1927); Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Hg., Bleeker, insbes. S. 7-11, 23, 51-56; Schmoll gen. Eisenwerth, Plastik, S. 160; vgl. auch Merkel, Portrait, S. 100. 125 BayHStA, MK 14410, Nr. 428 v. 18.7.1921.

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tiert. 126 Nur wenige Monate später erfolgte die vorläufige Einweihung des Denkmals durch Generalfeldmarschall von Hindenburg.127 Das Heeresabwicklungsamt als Initiator eines bayerischen Armeedenkmals pochte von Beginn an auf eine Integration sämtlicher bayerischer Gefallener in das Münchener Armeemuseum. Dabei musste es permanent den Einfluss des sozialdemokratischen Kultusministeriums negieren, um eine überwiegend nationale Form des Totenerinnerns zu garantieren. Auch die anlässlich eines öffentlichen Wettbewerbs prämierten Entwürfe wurden letztendlich ignoriert. Weder die Präsentation eines triumphalen Helden noch eines zivilen Opfers konnte das Gutachtergremium akzeptieren. Erst Bernhard Bleekers Entwurf eines Schlafenden Soldaten traf auf den allgemeinen Zuspruch der Preisrichter (Abb. 34). Das Denkmal bestand aus einem niederen Sarkophag, auf dem ein Feldsoldat in voller Ausrüstung lag. Damit schloss man nahtlos an die traditionellen Werte militärischer Eliten an. Allerdings lautete dessen Inschrift „Bayerns Heer seinen Toten“,128 ein Textcode, der auch in der Lage war, Formen objektiver Trauer zu integrieren. Indem die Figur somit letztendlich zwischen einem nationalen und funeralen Motivik hin- und herschwankte, konnten die gewünschten politischen Effekte sowie individuelle Affekte geschickt ausgeglichen werden.129

1.3. Zum Spielraum objektiver Trauer im Kriegsmonument. Die Neugestaltung des Denkmalplatzes Nachdem der Kern des Kriegsmonuments 1924 mit der Integration des Schlafenden Soldaten in die Denkmalkrypta abgeschlossen worden war, stand die Neugestaltung des Denkmalplatzes im Vordergrund. Im Wettbewerb war diese Frage zunächst so gelöst worden, dass „durch Ergänzung der Arkaden auf der Südseite […] und Treppenanlagen, die in doppeltem Rhythmus sich absenken und den Platz und das Denkmal umfassen, eine […] auf das Monument sich konzentrierende Platzwirkung erreicht [werden sollte].“ 130 Durch die Anlage einer Baumreihe vor der Ostseite am Armeemuseum wollte man außerdem „die laute 126 BayHStA, MK 14410, Armeemuseum an Kultusministerium v. 8.11.1922. 127 MNN Nr. 365 v. 31.8.1922; der Bayerische Kriegerbund München-Stadt forderte am

31.8.1922 sämtliche Vereine und Körperschaften auf, an der Hindenburgfeier teilzunehmen, UAM, D-IX-32, Obmannsbezirk München an Universität München v. 18.8.1922. Demgegenüber entschloss sich der Ältestenausschuss des Münchner Stadtrats, einem Gesuch um Freigabe seines Personals nicht stattzugeben; StA München, Sitzung des Ältestenausschusses v. 19.8.1922, Nr. 3 (Hindenburgfeier). 128 BayHStA, MK 14410, Armeemuseum an Kultusministerium v. 16.9.1927. 129 Goebel, „Sleeping Dead“, S. 493. 130 StA München, BUR 551, Künstlerentwurf v. März 1925.

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Wirkung des Gebäudes zurückdrängen und einen stillen Denkmalplatz [schaffen], der zugleich ein gewaltiges Forum für vaterländische Feiern [darstellen konnte].“131 Allerdings musste diese Ursprungsplanung aus mehreren Gründen revidiert werden. Denn die Anlage im Zentrum des Armeeplatzes war seit ihrer Einweihung stark in die öffentliche Kritik geraten, bedurfte somit dringend einer Veränderung. Zudem mussten Wandflächen für die Anbringung der Namen gefunden werden, da sie nicht, wie ursprünglich geplant, in der Denkmalskrypta angebracht werden konnten.132 Im Übrigen waren auch die finanziellen Mittel für den geplanten Versammlungsplatz nicht weiter aufzubringen.133 Im März 1925 tagte eine Gutachterkommission, um über die Ausgestaltung des Platzes zu verhandeln. Dabei legten die drei ausführenden Künstler Knappe, Finsterwalder und Wechs einen Entwurf vor.134 Nicht der Festplatz stand dabei weiter im Fokus der Diskussionen.135 Vielmehr wollte man das Monument mit einem engeren Bezirk umschließen, der „eine ruhige, würdige Wirkung“136 auf den Betrachter haben sollte (Abb. 35). Eine „Umfriedungswand, […] mit welcher der Zweck des Denkmals erst voll erreicht werde“137, nannte Beblo den geplanten Innenhof und brachte damit die Zielsetzung der Künstler auf den Punkt. Denn erst durch die Gestaltung eines inneren Denkmalbezirks rund um das Grabmonument, der mit einer Tiefe von über zwei Metern und einer Fläche von nahezu 450 qm seine Besucher von der Außenwelt abschloss, konnte der objektiven Trauer im Kriegsmonument ein Raum gegeben werden. 138 Neben dem Appell des figürlichen Helden in der Denkmalkrypta hatte der Besucher im Hof, an dessen Seitenwände die Namen der 13000 Münchener Gefallenen angebracht werden sollten, nun die Chance, die Unwiederbringlichkeit der Kriegsopfer zu reflektieren. Dabei wollte Karl Knappe einen Versammlungsraum mit aufklärerischem Impetus schaffen: „Das Münchener Kriegerdenkmal 131 Ebd. 132 Bereits kurz nach der Einweihung des ersten Bauabschnitts am 24. Dezember 1924 erschien

ein Artikel des Obmannsbezirks in allen Münchener Tageszeitungen, der die Namensfrage behandelte. Darin hob man hervor, dass die kursierende Meinung, man würde das künstlerisch-praktischen Gründen auf die Nennung der Namen komplett verzichten, nicht zuträfe; der Obmannsbezirk hielte vielmehr unbedingt daran fest, dass die Namen der Gefallenen für alle Zeiten verewigt würden, weil er es den Angehörigen der Gefallenen versprochen habe; BK NR. 355 v. 24.12.1924; MNN Nr. 353 v. 28.12.1924 u.a. 133 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253. 134 Während Wechs und Finsterwalder die Vorarbeiten leisteten, arbeitete Knappe den eigentlichen Entwurf aus; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253. 135StA München, BUR 551, Künstlerentwurf v. März 1925. 136 Ebd. 137 So die Beurteilung Beblos in StA München, BUR 551, Nr. 1416 XV E v. 28.3.1925. 138 Vgl. BK Nr. 83 v. 24.3.1925; BStZ Nr. 142 v. 24.6.1925.

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ist geworden aus dem Gefühl heraus, etwas entstehen zu lassen, was zunächst nicht gewohnte Augenweide für Vorübergehende, sondern vor allem Aufenthalt schaffen soll für all diejenigen, die sich dem Gedenken an den Krieg und den vielen Toten auch wirklich hingeben wollen. […] Hier soll der Mensch selbst mittun und es soll ein Ort der Begegnung sein, sei es mit den Toten, sei es mit sich selbst im Zusammenhang mit dem, was geschehen, was hinter uns liegt und doch mit uns lebt,“139 so kommentierte der Bildhauer seine letzten Endes demokratische Intention. Dies zeigt, dass der Gefallenentod hier nicht weiter idealisiert, sondern individuell und realitätsnah präsentiert werden sollte, um eine Sinnsuche des Kriegstodes zu initiieren. Der Beschluss, an der nördlichen und südlichen Wand des Hofes außerdem Reliefs anzubringen, die das Massensterben versinnbildlichten, konnte diese Wirkung verstärken. Aufgrund verschiedener Vorbesprechungen erntete der künstlerische Gestaltungsvorschlag schnell die Zustimmung der Gutachterkommission.140 Dabei einigte man sich darauf, das Denkmal in die Ebene des Armeeplatzes reliefartig einzufügen, dem Monument somit eine überwiegend horizontale Wirkung zu geben. Indem man allerdings den architektonischen Gegensatz zu Armeemuseum und Reiterstandbild deutlich abdämpfte, wurde die Gesamtanlage wiederum dem traditionellen Wertekonsens unterworfen.141 Tatsächlich stand nicht ein individuelles Festhalten im Zentrum des Münchener Monuments, sondern vielmehr die nationale Hingabe der Kriegstoten.

2. Zwischen männlichem Heroen und weiblicher Trauer. Der komplementäre Geschlechtercode und die Denkmalgestaltung Mit ihrem zweiten Entwurf „Sie werden auferstehen“ schufen die Bildhauer Bernhard Bleeker und Karl Knappe142 sowie die Architekten Eberhard Finsterwalder143 und Thomas Wechs144 ein „durchlässiges“ Kriegsmonument, das 139 Knappe, Münchener Kriegerdenkmal, S. 245. 140 MNN Nr. 82 v. 24.3.1925; MAAZ Nr. 82 v. 24.3.1925 u.a. 141 StA München, BUR 551, Künstlerentwurf v. März 1925. 142 Karl Knappe (1884-1970) war einer der wenigen expressionistischen Bildhauer Münchens.

Er setzte seine Kunstwerke äußerst sensibel und ausdrucksstark um. Dabei wählte Knappe häufig religiöse Motive, die er zeitgemäß abwandelte; Fischer, Knappe, insbes. S.9ff.; Finckh, Münchner Plastik, Bd.2, S. 305f.; Volkmann, Skulptur, S. 163; Karlinger, Knappe, S. 5f.; Schmoll gen. Eisenwerth, Plastik, S. 160; Stefani, Kriegerdenkmal, S. 20, 25-29; Mayer, Knappe, S. 244ff. 143 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 251. 144 Thomas Wechs (1893-1970) hatte gemeinsam mit Finsterwalder an der Technischen Hochschule München bei Theodor Fischer studiert und war im Ersten Weltkrieg schwer

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sowohl den Tod als auch die Wiederauferstehung der Gefallenen symbolisierte. Während dem Ursprungsmodell „Löwenwacht“ noch die reine Abwehrstellung des Grabes zugrunde gelegen hatte, der Sarkophag hermetisch verschlossen, die Toten vor jedem äußerlichen Zutritt geschützt wurden, vermittelte die begehbare Gruft zwischen einer objektiven und subjektiven Betrauerung der Gefallenen. Sie war ein Ort des Grenzübertritts von Tod und Leben.145 Dieser Eindruck wurde insbesondere durch die zentrale Denkmalfigur erreicht, welche die Brücke zwischen dem trauernden Erinnern der Zivilbevölkerung und einem totalisierenden militärischen Gedächtnis bildete. Insbesondere der Geschlechtercode des Schlafenden Soldaten trug dabei zur Überwindung des Gegensatzes zwischen Gewaltlosigkeit und kriegerischer Gewalt bei. Dagegen eignete sich der Innenhof um die Denkmalkrypta kaum noch für eine Wiedergeburt des militärischen Helden. Er führte vielmehr die Gesichtslosigkeit der Opfer vor Augen.

2.1. Die Krypta und das Gesicht des schlafenden Helden Das Zentrum der westlich vor dem ehemaligen Armeemuseum im Münchener Hofgarten gelegenen Denkmalsanlage bildete eine streng geometrisierende Grabarchitektur, die etwa einen Meter unter Bodenniveau lag und in einer ersten Bauphase ab April 1924 geschaffen wurde. Hierfür hatte man große Blöcke Travertin aus einem oberbayerischen Steinbruch gewonnen und nach München verbracht. Die notwendigen Erdarbeiten wurden mit Hilfe ehemaliger Heeresangehöriger durchgeführt.146 Nachdem das über ein Meter starke Eisenbetonfundament gelegt worden war, brachte man hierauf zwölf mächtige Steinblöcke an. 147 Schließlich kam die aus fünf Einzelstücken zusammengefügte 5000 verletzt worden. Seine Bauten bestachen durch ihre Modernität und Schlichtheit, die an die Architektur Mies van der Rohes und Le Corbusiers erinnerten; Nerdinger, Wechs, S. 10ff., S. 112-114, 121f.; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 251. 145 Vgl. Därmann, Tod und Bild, S. 480f. 146 Finanziert wurden die Arbeiten ab 1924 insbesondere durch die permanenten öffentlichen Sammlungen („Blumentage“/ „Bausteine-Sammlungen“) des Hilfsbundes der Münchner Einwohnerschaft, der aufs engste mit dem Bayerischen Kriegerbund München zusammenarbeitete; MNN Nr. 139 v. 24.5.1924; BStZ Nr. 124 v. 28.5.1924 u.a. Der Münchner Stadtrat hatte für die Errichtung des Kriegerdenkmals im Juni 1923 nochmals 100000 Mark, und im Mai 1924 30000 Mark zugesprochen; StA München, BUR 551, Obmannsbezirk an OB Schmid v. 29.6.1923; dto. v. 15.5.1924. Die Gewährung dieser Summen wurde im Stadtrat kontrovers diskutiert, BK Nr. 131 v. 14.5.1924 u.a. 147 Die Deckplatte des Grabes hatte ein Ausmaß von 8,40 Metern Länge, 4,80 Metern Breite und 2 Metern Höhe; sie wurde ab Ende August nach München verbracht und von der Philipp Holzmann AG, München verarbeitet. In 3,10 Metern Tiefe wurde das Fundament

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Zentner schwere Deckplatte auf Quadern zum Liegen. Dadurch schuf man eine einige Meter unter Bodenniveau gelegene niedrige Krypta. Ursprünglich war geplant, die Namen der gefallenen Münchener Soldaten an den Innenflächen des sieben Meter langen und dreieinhalb Meter breiten Grabraums anzubringen.148 Allerdings erwiesen sich während der Bauphase die vorhandenen Wandflächen als zu klein. Weil aber die Zeit bis zur Einweihung, die bereits im Dezember 1924 stattfinden sollte, drängte, entschied man, das bayerische Heeresdenkmal des Schlafenden Soldaten in die Gruft unterhalb des Grabblocks einzulassen. Hierdurch wurde die bildlose Verkörperung des Todes allerdings durch eine Verkörperung der Toten im Bild ergänzt, was anstelle einer individuellen eine stärker kollektive Wahrnehmung schuf.149 Da der Schlafende Soldat viele Gesichter hatte, konnten sich nahezu sämtliche Bevölkerungsgruppen mit ihm identifizieren. Die Figur im Zentrum der Grabkammer zeigte zunächst das Gesicht des tragischen Helden (Abb. 36-38). Ein deutlich überlebensgroßer Soldat lag ausgestreckt auf einem zweistufig zulaufenden, niedrigen Sockel in der Mitte der Gruft.150 Der junge, unversehrte Krieger war in Frontalansicht dargestellt, eingehüllt in einen langen Soldatenmantel, der in breiten, regelmäßigen Falten zum Sockel hinab fiel und bis zu den Stiefeln reichte. 151 Die ruhigen, klaren Gesichtszüge des idealisierten Mannes ragten unter einem großen Stahlhelm hervor. Der Kopf neigte sich in sanftem Bogen nach Osten, zum Armeemuseum hin; die Augen und der Mund mit den weichen, gleichwohl verstockt wirkenden Lippen waren geschlossen. Seinen Kopf hatte der Krieger auf einen Feldrucksack gebettet. Die Hände, die ohne naturalistische Details dargestellt waren, hatte er über einem Gewehr gekreuzt, das seinen Körper längs in zwei Hälften teilte und nahezu bis zu den Fußspitzen reichte. Dies betonte die Strenge und Größe der Figur und erzeugte ein Höchstmaß an Symmetrie.

für das Denkmal gelegt; MNN Nr. 105 v. 19.4.1924 u.a.; vgl. auch Belik, Kriegerdenkmal, S. 99f. 148 Finsterwalder führt aus, es hätte in einer früher aufgestellten Berechnung einen Fehler in der Stellensetzung gegeben; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 252. Der Innenraum war insgesamt 7,30 x 3,50 Meter groß; Alckens, Denkmäler, S. 182. 149 Belting, Bildanthropologie, S. 144. 150 Die Figurenlänge betrug 2,55 Meter, die Sockelhöhe 0,45 Meter; beides war aus Ruhpoldinger Marmor hergestellt; nur noch aus der Widmung auf der Bodenplatte ging die ursprüngliche Herkunft der Figur hervor: „Bayerns Heer/ seinen Toten“; Alckens, Denkmäler, S. 182. 151 Hieran schloss sich das Bayerische Wappen an; Stefani, Kriegerdenkmal, S. 53f., Henseleit, Bleeker, S. 153.

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Realistische und idealistische Stilelemente gingen im Schlafenden Soldaten eine eigentümliche Verbindung ein. 152 Einerseits lag der Soldat mit geschlossenen Augen und ernstem Blick auf seiner Bahre, was auf die Verkörperung des irreversiblen Kriegstodes hinwies. 153 Aufgrund der Positionierung und Physiognomie fühlte man sich dabei auch an sakrale Totengruften erinnert. Andererseits schien sich der Krieger von seiner Tätigkeit aber nur auszuruhen. Denn sein Gesichtsausdruck war nicht erschlafft, sondern lebhaft entspannt; keine schmerzverzerrte Mine störte die ästhetisierte Darstellung. Der gesamte Soldatenmantel bildete eine klare Silhouette, die keine unruhigen Flächen aufwies. Damit näherte er sich einem heroischen Ausdruck an.154 Erst durch diese Vereinigung des realistischen und idealistischen Stils konnte der transitorische Zustand zwischen Tod und Leben dargestellt werden. Zwei gegensätzliche Varianten des „toten“ Soldaten traten im Kriegerdenkmal der Zwischenkriegszeit üblicherweise auf: der Kriegstote als nackte, elende Kreatur oder der Soldat ganz real dargestellt, in Uniform und mit Gewehr und Stahlhelm. Während die erste Variante die Wahrheit des Kriegstodes offenbarte und einen zivilen Standpunkt einnahm, konnte durch die zweite Darstellungsart die Grausamkeit des Krieges verdrängt werden. Der Soldat erschien wiederum als Achtung gebietende Figur, welche zu einer Verdoppelung des Körpers aufrufen konnte.155 Die Münchener Figur des Schlafenden Soldaten war in der Lage, den Gegensatz von Leben und Tod zu überblenden. Obwohl der Krieger mit soldatischen Attributen wie Gewehr, Stahlhelm und Soldatenmantel ausgestattet war, trat hier kaum der stahlharte, männliche Kämpfer zutage, der die Macht- und Herrschaftsrelationen zwischen den Geschlechtern nachhaltig stabilisierte.156 Vielmehr zeigte der Schlafende Soldat zu-

152 Bleeker hatte insbesondere den Klassizismus von Hildebrands in seine Skulpturen inte-

griert, der nicht die reine Mimesis der Klassik, sondern deren Kombination mit zeitgenössischen Sehweisen propagierte; Hennig, Bleeker, S. 12ff. 153 Auf den ersten Blick erinnerte der Tote in liegender bzw. ruhender Position an eine mittelalterlich lagernde Grabfigur; die Grabmäler geistlicher und weltlicher Herrscher implizierten den Hinweis, dass trotz des toten Körpers der Machtanspruch weiter bestehe; außerdem wies das Motiv des aufgebahrten Leichnams auf die Tradition der Christus-Ikonografie hin; Stefani, Kriegerdenkmal, S. 54; Matzner, Krieger, S. 67. 154 Ein Vergleich mit Barbarossa, den Goebel zieht, liegt auch deshalb nahe, weil Münchens Gründung auf einem Akt Barbarossas beruht. Der Kaiser entschloss sich am 14.6.1158 im „Augsburger Schied“, den Gewaltstreich Herzog Heinrichs des Löwen zu sanktionieren, der eine zollträchtige Brücke von Föhring nach München verlegte; vgl. ders., „Sleeping Dead“, S. 489; Bäumer/ Scheffczyk, Marienlexikon, S. 528. 155 Lurz S. 365; Petri S. 49; Stefani, Kriegerdenkmal, S. 54. 156 Kessel, Geschlecht, S. 15.

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nächst eine ganzheitliche Version des Geschlechterverhältnisses auf. 157 Der Gesichtsausdruck der männlichen Figur integrierte Elemente des Weiblichen, wie beispielsweise Empathie und Empfindsamkeit, Unschuld und Jugendlichkeit. Diese konnte somit durchaus weiche, zärtliche Emotionen im Betrachter wecken. Vieles spricht dafür, dass gerade die Effeminierung der Gestalt, die den Schlafenden Soldaten zeitweise von der Helden- in die Opferrolle schlüpfen ließ, die volksnahe Rezeption des Denkmals wesentlich erleichtert hat. Indem den - weiblichen - Hinterbliebenen und den Passanten hier ein Platz für die Trauer im Zentrum des imaginierten Totenkörpers zugewiesen wurde, konnte ihr Leid zumindest teilweise abgeleitet und stabilisiert werden.158 Allerdings stellte dieses „Frauenhafte“ im tragischen Helden die hierarchische Geschlechterordnung keineswegs grundsätzlich in Frage. Die weiblichen und männlichen Motive bildeten in der Statue keine konkurrierenden, sondern vielmehr komplementäre Seinsbereiche. 159 Das zivile Gedenken wurde in die Symbolik des Monuments integriert. Gleichzeitig degradierte man es wiederum zugunsten einer militärischen Form des Erinnerns. Dies wird insbesondere anhand der Positionierung des Gefallenenkörpers deutlich.160 Seine kerzengerade Lage sowie die Haltung des Gewehrs in der Mitte des Körpers demonstrierten männliches Pflichtbewusstsein und Disziplin. Zum Konstrukt des Männlichen trug auch die offensichtliche Anpassung an die Truppe durch Tragen des Soldatenmantels und einer Waffe bei. Indem diese politisch effektiven Motive allerdings einen wesentlich größeren Raum einnahmen als die Darstellung der weiblichen Gefühlswelt, wurde das überkommene Geschlechterverhältnis wiederum affirmiert. Den trauernden Frauen wurde im Schlafenden Soldaten eine traditionelle Rolle zugewiesen, die insbesondere in der Treue zum nationalen Wertekonsens bestand und sich in der konkreten Verzichtsleistung auf den - zu opfernden - Ehemann oder Sohn äußerte.161 Damit konnte auch der Gegensatz zwischen kriegerischer Gewalt und einer zivilen Norm der Gewaltlosigkeit aus den Angeln gehoben werden.162 Insgesamt hatte die Ausgleichsfigur somit ein äußerst breites Rezeptionspotential. Sie bildete die Schnittstelle zwischen den individuellen Erinnerungen der

157 Insbesondere die jüngere Geschlechterforschung betont die Paradoxien moderner Männ-

lichkeitskonstruktionen; vgl. Kessel, Geschlecht, S. 13f.; Opitz, Geschlechtergeschichte, S. 25ff. Zu den ambivalenten Männlichkeitsentwürfen der Zeit, vgl. auch Hagemann, Heimat-Front, S. 25f.; Kühne, Weiblichkeit, S. 246ff.; Kundrus, Geschlechterkriege, S. 171ff. 158 Vgl. Janz, Gefallenenkult, S. 570. 159 Kühne, Weiblichkeit, S. 252. 160 Bourdieu, männliche Herrschaft, S. 90ff. 161 Kluxen, Opfer, S. 289f. 162 Kühne, Weiblichkeit, S. 252.

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Zivilbevölkerung und einem totalisierenden militärischen Gedächtnis.163 Indem sie zunächst einen Großteil des architektonischen Grabraums einnahm, war die Skulptur durchaus geeignet, die umliegende Architektur zu verdrängen. Ihre Monumentalität sowie das marmorne Material schufen einen ideellen Ausdruck, der den (Kriegs-) Tod symbolisch überhöhte. Dies wurde insbesondere mit Hilfe einer ruhigen, streng symmetrischen Formgebung erreicht, die den Toten als bloß Schlafenden darstellte. Die Detailgenauigkeit des Kriegers, seine militärischen Attribute ebenso wie die Glätte des Materials forderten zum Körpervergleich auf. Allerdings waren einer Verinnerlichung des soldatischen Körpers innerhalb der Krypta auch enge Grenzen gesetzt. Dies resultierte aus der statischen Liegeposition des überlebensgroßen Gefallenen, welche jede Bewegung negierte. Die Aufbahrung machte eine allseitige Betrachtung der Figur unmöglich. Stattdessen zwang sie den Betrachter, von oben auf den Körper - wie in ein Grab hinein - zu schauen (Abb. 39). Eine Animation der Plastik war damit nur begrenzt möglich. Zugleich konnte die ruhende Position des Kriegers, ebenso wie die umliegende Architektur, zum Aufkommen trauernder Emotionen beitragen. Dies galt insbesondere für weibliche Angehörige, für die eine Verdoppelung des Körpers von vorneherein ausgeschlossen war.164 Indem die Figur somit ein doppeltes Rezeptionsangebot an Hinterbliebene wie potentielle Soldaten machte, konnte die Spannung zwischen weiblicher Trauer und männlichem Heldentum abgeleitet und stabilisiert werden. „Zuerst war der Gedanke des Grabmonuments: der ungeheure lastende Block, Sarkophag und Grabstein in seiner größten und einfachsten Gestalt, ruhend auf den großen Eckblöcken, auf den schmäleren Zwischenblöcken, die als Träger seine Längsseiten stützen. Fels ruht auf Felsen im schlichten Gefügtsein der klarsten kubischen Gestalt. Drunten, unter den Felsen, ist der tiefste und stillste Raum, der dunkle Raum der Einkehr, das Grab. Man kann an den Schmalseiten über Stufen hinabsteigen, Licht scheint auch an den Langseiten zwischen den Trägerblöcken mit halber Dämmerung herein.“165

Die Schilderung Karl Knappes zeigt sein künstlerisches Verständnis der Krypta. Der Bildhauer hatte einen sakralen Ort geschaffen, der durch die Einsenkung unter die Erde in Ruhe lagern konnte. 166 Er repräsentierte einen funeralen

163 Bhabha, DissemiNation, S. 218. 164 Sie betrachteten den Toten nun von oben, wodurch das traditionelle Geschlechterverhältnis

quasi umgekehrt wurde; vgl. Bourdieu, Glaube und Leib, S. 133. 165 Fischer, Knappe, S. 39. 166 Insgesamt konnte das Denkmal auch die Assoziation eines Dolmen wachrufen, also eines

archaischen Steintischs, der auf großen Steinblöcken errichtet wurde; damit diente es einem diffusen, an der germanischen Vorzeit orientierten Begriff völkischen Wesens. Diese Konnotation tauchte auch in der zeitgenössischen Presse mehrfach auf; Augsburger

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Grabtypus, welcher der Funktionalisierung der Toten eindeutige Schranken setzte. Dies wurde nicht nur durch die Tiefe, die Stille und das „Notlicht“ in der Grabkammer erreicht, die eine innere Einkehr und somit die individuelle Reflexion über den Kriegstod ermöglichte. Hierzu trug auch die kubistisch anmutende Zerlegung der Wände in einzelne Mauerblöcke bei. Sie schuf eine Bildsprache, die in ihrer Gespaltenheit einem integralen Ausdruck deutlich entgegenstand. Das verwendete Gruftmaterial Travertin, ein heller, poröser Kalkstein, war zusätzlich in der Lage, der objektiven Trauer einen Ort zu geben (Abb. 40). Allerdings war das Soldatengrab zugleich durch Treppen zugänglich gemacht. Insgesamt zwölf Läufe führten ins Innere zur Denkmalfigur. Obwohl die schmalen Durchgänge, durch die sich der Betrachter gleichsam zwängen musste, überwiegend eine bedrückende Wirkung hervorriefen, wurde durch die Durchbrechung des horizontalen Ruhezustands die Distanz zwischen Lebenden und Toten dennoch erheblich reduziert. Die Dialektik zwischen dem architektonischen Grabraum und der figuralen Plastik nahmen schon die Zeitgenossen als Hauptelement der Anlage wahr.167 Hier wurde der Bruch zwischen dem Tod als unabänderlicher sowie als reversibler Tatsache am deutlichsten sichtbar. Ursprünglich wollte Karl Knappe die hochrechteckigen Felder auf den äußeren Längsseiten des Denkmals mit emporschwingenden Löwen, sich aufschwingenden Adlern, sich aus dem Grab erhebenden Feldgrauen sowie mit Posaunen blasenden Engeln verzieren. Da die Relieffiguren aber in der kurzen Zeitspanne bis zur Einweihung des Denkmals nicht fertig gestellt werden konnten, entschied sich der Bildhauer, das sich achtfach wiederholende Relief eines Grabwächters, der mit erhobener Hand und gezogenem Schwert das Andenken der Gefallenen bewachte, auf den Stein zu bringen (Abb. 41).168 Dieses plastische Zeichen des „Cherub“, eines Auferstehungsengels, eingeordnet in „stille Wände und klarste kubische Formen,“169 war ein typischer Vertreter von Knappes Kunst.170 Der Bildhauer lebte in „Glaubensbildern, mit deren Hilfe er Postzeitung Nr. 296 v. 21.12.1924; MZ Nr. 337/338 v. 6./7.12.1924; vgl. Tietz, Geschichte, S. 246f. 167 Schrade, Nationaldenkmal, S. 108. Die Koppelung der abstrakten Großform einer Krypta an eine figürliche Komposition brachte Skulptur und Architektur in ein vielfältiges Spannungsverhältnis, das durchaus zeittypisch war; Brüderlin, Archiskulptur, S. 116. Einerseits wurde die abstrakte Form durch Nachbarschaft zur figürlichen Szenerie wieder belebt; andererseits gewann die Figur durch den abstrakten Hintergrund zusätzlich an Pathos; Reuße, Sprachfähigkeit, S. 47. 168 Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 252; Tietz, Geschichte, S. 244. 169 Fischer, Knappe, S. 15. 170 Cherubine als Grabwächter stammen aus dem Motivrepertoire des Jüngsten Gerichts und stellten entweder Posaunenengel (Off 7,9-9,21) oder Gerichtsengel (Off 14,6ff.) dar; Stefani, Kriegerdenkmal, S. 48.

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das Wahre und Gültige suchte.“ 171 Hieraus erschlossen sich auch Sinn und Funktion dieser Grabwächter. Sie dienten zum einen der symbolischen Markierung einer Grenze zwischen Lebenden und Toten, die nicht überschritten werden sollte. Gleichzeitig deuteten sie auf eine Auferstehung der Gefallenen im religiösen Sinne und verwiesen somit auf ein Wiedersehen am jüngsten Tag. 172 Indem Knappe die Figurenkörper zergliederte, sie in konvexe und konkave Formen übergehen ließ, ergänzte er dieses traditionelle Motiv durch eine – im Vergleich zur zeitgenössischen Münchener Kunst – überraschend modernistische Darstellung. Durch das Anknüpfen an den Kubismus und das Zerbrechen klassischer Formen stellte er auch die latente Bedrohung des Grabes durch militärische Erinnerungsinteressen dar. Die Ambivalenz der Grabkammer kam auch in ihren Inschriften zum Ausdruck. Sie waren auf den Längsseiten der fünfteiligen Deckplatte eingraviert (Abb. 42 u. 43). Auf der Westseite des Monuments hatte man den Ausspruch „Sie werden auferstehen“ in Stein gehauen, während auf der östlichen Seite, die an das Armeemuseum grenzte, die Worte „Unseren Gefallenen“ festgehalten waren. Obwohl Knappe mit dem Zitat „Sie werden auferstehen“ ursprünglich auf das Jüngste Gericht hinweisen und somit eine religiöse Konnotation hervorrufen wollte, konnte er dennoch eine spätere nationalistische Umdeutung nicht verhindern.173 Während das Zitat „Unseren Gefallenen“ objektiv Trauernde vor dem Denkmal zusammenführen und die Wahrheit über den sterblichen Körper zum Ausdruck bringen konnte, ließ der Ausspruch auf der Gegenseite des Monuments die Toten wiederauferstehen. 174 Dies demonstrierte wiederum die konsequente Zweiteilung der Denkmalsemantik in eine zivile und militärische Form des Trauerns, die bis zur Ausgleichsfigur des Schlafenden Soldaten hinabreichte. Wie sehr das Grab nicht nur Ort stiller Trauer, sondern auch politischer Aktionen war, macht der Denkmalstandort deutlich. Indem das Kriegsmonument auf dem traditionellen Exerzierplatz der alten Regimenter errichtet wurde, somit nahtlos an einen überkommenen Erinnerungsort anschloss, konnte zunächst die Kontinuität des nationalen Wertekonsenses garantiert werden (Abb. 44 u. 45).175 Dabei dienten der räumliche Bezug sowie die vertiefte Anlage des Kriegerdenkmals vor dem Armeemuseum nicht nur dem Neuen, sondern zugleich einer demonstrativen Aufwertung des Alten Nationalismus. Dies galt insbesondere für 171 Fischer, Knappe, S. 17; Beck, Knappe, S. 105f.; vgl. auch Belik, Kriegerdenkmal, S. 104. 172 Stefani, Kriegerdenkmal, S. 48f. 173 Finckh, Münchner Plastik, S. 424. 174 Allerdings entsprach der verwendete Schrifttyp der gotischen Antiqua keineswegs eine

spezifisch völkische Prägung; Henseleit, Bleeker, S. 163. 175 Zum Hofgarten als Exerzierplatz, vgl. Schwahn, Denkmal, S. 192; Stefani, Kriegerdenkmal, S.

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die Nachbarschaft zum Reiterstandbild Otto von Wittelsbachs sowie zur königlichen Residenz. 176 Dem Erinnerungsort Hofgarten wurde so wiederum die Einzigartigkeit verliehen, die er nach dem Ersten Weltkrieg verloren hatte. Schließlich waren die an eine wehrhafte Nation appellierenden Militärfeiern als spektakuläre Inszenierungen nach 1918 dezimiert worden; größere Veranstaltungen dieser Art wurden nun stets auf dem Königsplatz abgehalten. Dies deutet auch auf eine gravierende Verschiebung im Nachkriegsgedächtnis hin. Erst durch den rituellen Totenkult am Münchener Kriegerdenkmal erreichte man die Wiederbelebung dieses Traditionsplatzes. Neben der politischen Bestimmung dieser Stätte lassen sich zusätzlich populär-affektive Gesichtspunkte für die Standortwahl anführen. So lag der Platz nahezu im Herzen der bayerischen Hauptstadt, ohne an der Großstadthektik Anteil zu haben. Das Hofgartenareal galt als schönster Fleck im städtischen Zentrum. Und von der friedlichen Stille des Ortes in freier Natur konnten sich trauernde Hinterbliebene besonders angesprochen fühlen.

2.2. Der Denkmalshof und die Gesichtslosigkeit der Opfer Nachdem über die Erweiterung der Denkmalsanlage im März 1925 entschieden worden war, begann man zügig, das Terrain um etwa einen halben Meter aufzufüllen. Hierdurch wurde der Gruftbau deutlich abgesenkt.177 Um den zentralen Kubus ließ man einen Umgang frei. Vier breite Treppenläufe führten zu ihm hinab. Die Wandflächen des Innenhofs wurden mit Muschelkalk ausgeführt und die Namen und Todesdaten der Gefallenen in einer Schrifthöhe von 1qdm eingefügt. 178 Auf der Südwand schuf Knappe ein hohes Relief voller Grabkreuze; an der gegenüberliegenden Wand arbeitete er an einer Darstellung aus176 Die insgesamt sechs Meter hohe Statue stellte eine übermächtige Habt-Acht-Figur dar; im

Kampfanzug der Zeit, dem Kettengeflecht, saß der Wittelsbacher in tadelloser Haltung im hohen Sattel. In seiner rechten Hand trug er das Banner mit dem Reichsadler. Sein Antlitz demonstrierte finstere Entschlossenheit. Der dargestellte Wittelsbacher war als Jugendfreund Barbarossas die zuverlässigste Stütze für dessen Rom- und Reichspolitik, weshalb das Denkmal auch als national-bayerisches Monument gedeutet werden konnte; Schwahn, Denkmal, S. 203f. 177 MAAZ Nr. 82 v. 24.3.1925; BK Nr. 83 v. 24.3.1925; BStZ Nr. 142 v. 24.6.1925 u.a.; vgl. auch Tietz, Geschichte, S. 245; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253; Belik, Kriegerdenkmal, S. 100. Schließlich sollte nach Bezirksobmann Josef Dimpfl die zweite Bauphase bis Herbst 1925 beendet sein, Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253. 178 Bis Ende 1924 waren dem Kriegerbund 12964 Namen gemeldet worden; MNN Nr. 324 v. 27.1.1924. Die Namen und Todesdaten der Gefallenen waren vorher durch den Kriegerbund geprüft worden; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253.

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marschierender Krieger, die allerdings erst im Jahr 1928 fertig gestellt wurde. Das Gelände rings um den inneren Denkmalhof gestaltete er als Rasenfläche. Zusätzlich wurde die Treppenanlage hinauf zum Armeemuseum zurückgesetzt und „zur Erzielung einer ruhigen, horizontalen Wirkung“ 179 deutlich verbreitert. Obwohl die ausführenden Künstler und das Kultusministerium die Verlegung des Reiterstandbilds Otto von Wittelsbachs angeraten hatten, versetzte man das Monument lediglich um einige Meter nach hinten.180 Bereits Ende Oktober 1925 wurden die Bauarbeiten mit der Eingravierung der 13000 Totennamen abgeschlossen.181 Im Unterschied zum Gesicht des Helden wurden die Gefallenen im Denkmalhof nicht durch eine ästhetische Figur repräsentiert. Statt einer Verkörperung des Kriegstodes stand in diesem Raum die Gesichts- und Stimmlosigkeit der Opfer im Vordergrund. Dabei wurde den Toten nur ein winziger Platz in der Wand zugeteilt (Abb. 46). Gleichwohl konnte schon ein kurzer Blick auf die Namensreihen die Gewalt und Ohnmacht des massenhaften Kriegstodes deutlich machen. Die Gefallenenlisten repräsentierten nicht mehr primär den militärischen Helden, der wiederum eine neue politische Ordnung schuf, sondern vielmehr das entmenschlichte Opfer, das individuell festgehalten werden sollte.182 Sicherlich war die zeitgenössische Betrachtung der unzähligen Namen geeignet, unter den Anwesenden einen Schock auszulösen, der sie an ihre eigene 179 StA München, BUR 551, Künstlerentwurf v. März 1925. 180 Ebd. 181 MAAZ Nr. 274 v. 5.10.1925. Allerdings wurden die vorhandenen Finanzmittel dabei weit

überschritten; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253. Bereits Anfang März des Jahres richtete Adolf Dimpfl ein Schreiben an den Münchner Stadtrat, in welchem er um städtische Unterstützung bat. Er betonte, dass die Spendenmittel über 210000 RM mittlerweile komplett aufgebraucht seien; StA München, Obmannsbezirk an Stadtrat v. 7.3.1925; Aufgrund dessen beschloss der Stadtrat, für den weiteren Ausbau des Kriegerdenkmals 50000 RM zur Verfügung zu stellen; StA München, BuR 551, Nr. 2885 XV E v. 20.6.1925. Die Debatte im Hauptausschuss des Stadtrats verlief einmal mehr höchst kontrovers; BStZ Nr. 98 v. 30.4.1925. Trotz dieser Maßnahmen sowie Haussammlungen und vehementen Appellen an die Münchner Bevölkerung bestand im März 1926 weiterhin eine Restschuld in Höhe von 200000 RM; BayHStA, MA 100191, Ministerratssitzung v. 18.3.1926. Deshalb wurden in den Folgejahren auf Initiative des Bayerischen Kriegerbundes Landeslotterien durchgeführt, die allerdings nur zu geringen Einnahmen führten; BayHStA, MA 100191, Schreiben Bayerischer Kriegerbund an Innenministerium v. 24.5.1927; Kriegerbund an Innenministerium v. 19.6.1927. Im Jahre 1929 betrug der Debitorensaldo des Kriegerbundes weiterhin 96000 RM; StA München, BuR 551, Schreiben Obmannsbezirk an Oberbürgermeister Scharnagl v. 26.11.1929. Erst 1936 beschloss die Stadt, die bestehenden „Restschulden aus der Welt zu schaffen“; StA München, BuR 551, Sitzung der Beiräte v. 7.5.1936. 182 Giesen, Triumph, S. 6, 45ff.

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Sterblichkeit erinnerte.183 Zwar konnte die Verdichtung der Namen auch dazu führen, dass der Einzelne an individueller Erinnerungskraft verlor; latent bestand somit stets die Gefahr, die Kriegsopfer zugunsten des Nationalen zu funktionalisieren. 184 Allerdings wurde durch das Lesen der Spuren, die man dem Betrachter durch die Masse der Namen gleichzeitig entzog, auch eine innere Verbundenheit mit den unerreichbaren Toten deutlich. Den Gefallenen gab man hier einen Raum, der beim Betrachter zur Erfahrung des Vermissens oder auch zu Scham oder Schuld führen konnte.185 Das wesentliche Ziel des Denkmalshofs war es nach Knappe, „den Krieg und seine Toten […] als Erinnerung an ein Geschehen darzustellen:“186 „Das Vaterland ist nie eine Figur, sondern ein Zustand, ein Aufenthalt oder Liebe oder Ort. […] Das Geschehen ist kein Bild, sondern in der Erinnerung hält es uns auf, und hier soll der Ort sein. Die Menschen, die an einem Denkmal aus anderer Zeit, aus anderem Sinn stehen, begegnen sich nicht, sondern schauen alle hinauf zu einer Sache und stehen um die Sache. Hier aber begegnen sie sich untereinander zwischen gleichem Geschehen. Und es ist kein Ort der Deutungen von Bildern, sondern ein einfachstes: Auch Du!“187

Durch diese Stellungnahme grenzte sich Knappe eindeutig vom Denkmal des Schlafenden Soldaten ab. Nicht die Schaffung einer ambivalenten Figur, die wiederum eine nationale politische Vereinnahmung provozierte, konnte in seinen Augen die Trauer um die Gefallenen und das Vaterland ausdrücken. Dies wurde nur durch einen Gedächtnisraum erreicht, in dem sich die Menschen in ihrer objektiven Trauer versammelten und in einem zivilen Gedenken begegneten. Eine solche Realitätsnähe konnte eine skulpturale Repräsentation niemals herstellen, weil sie statt der Ab- stets die Anwesenheit der Toten demonstrierte und zu einer wie auch immer gearteten Funktionalisierung des Sterbens einlud.188 Nur ein Raum war in der Lage, die Toten in ihrem Opfersein individuell zu achten. Insbesondere die beiden von Bildhauer Knappe konzipierten Wandreliefs zeigen, wie der Künstler mit der Neuanlage des Denkmalhofs Einspruch gegen den traditionellen Kriegstod erhob (Abb. 46 u. 47).189 Zu sehen war auf der Südwand ein lang gezogenes Relief von auf kleinen Grabhügeln stehenden, 183 Der Umfassungsbau hatte eine Größe von 28 x 17 Metern, die Wände waren 2,25 Meter

hoch; Alckens, Denkmäler, S. 182. 184 Von rechten Gruppen wurde der innere Denkmalsbezirk auch als „Ehrenhof“ bezeichnet;

MAAZ Nr. 82 v. 24.3.1925, BK Nr. 83 v. 24.3.1925. 185 Böhme, Toten, S. 40ff. 186 Fischer, Knappe, S. 40f. 187 Ebd. 188 Därmann, Tod und Bild, S. 300. 189 Sie hatten ein Ausmaß von je 6 x 1,20 Metern; Alckens, Denkmäler, S. 182.

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windschiefen Kreuzen, „endlose Gräberfelder, Gräber, Scholle an Scholle wie ein Acker, dem Kreuze entsprießen.“190 Demgegenüber lag das große Relief der marschierenden Krieger, die „in einem gewaltigen Rhythmus […], unaufhaltsam in der Übermacht der Bewegung, wie von Ewigkeit zu Ewigkeit gerissen [werden].“191 Indem die Körper der Soldaten in ihrem organischen Zusammenhang weitgehend aufgelöst waren und sich mit den Körperteilen der Kameraden verbanden, entstand ein Sinnbild für das massenhafte, gleichförmige Handeln des Soldaten, das den anonymen Tod im zerklüfteten Gräberfeld bereits vorwegnahm. 192 Letztendlich führte der Auszug der Soldaten, deren physische Zerstörung in der formalen Zergliederung ihrer Körper bereits angedeutet war, somit ins Massengrab.193 Durch diese Repräsentation des Kriegsgrauens offenbarte das militärische Heldentum das ganze Ausmaß seiner Zerbrechlichkeit. Der Denkmalinnenhof war somit durchaus in der Lage, auf den Betrachter eine erschütternde Wirkung auszuüben. Während der Schlafende Soldat noch zwischen einer militärischen und zivilen Symbolik schwankte, somit permanent in der Lage war, die Grenze zwischen den divergierenden Polen des Trauerspektrums zu verschieben, war der innere Bezirk um das Kriegsmonument ein Ort, der überwiegend eine objektive Betrauerung der Toten provozierte. Damit entstanden ganz unterschiedliche Rezeptionsmöglichkeiten des Münchener Kriegerdenkmals; dessen Wahrnehmung war nicht bereits im Voraus determiniert. Allerdings überwog die traditionelle politische Sichtweise auf das Denkmal bei weitem.

190 Fischer, Knappe, S. 21. 191 Fischer, Knappe, S. 21, Stefani, Kriegerdenkmal, S. 50-53. Das Relief der Grabhügel hatte

Knappe bis zur zweiten Einweihung am 8.11.1925 vollendet, während das der marschierenden Krieger erst 1928, auf Kosten der Stadt, abgeschlossen wurde; Finsterwalder, Kriegerdenkmal, S. 253. 192 Stilgeschichtlich lassen sich hier kubistische Formelemente ausmachen, Finckh, Münchner Plastik, S. 419. 193 Finckh, Münchner Plastik, S. 419-421.

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3. Zum nationalen Potential von Riten am bayerischen Totengrab Die soziale Praxis am Münchener Kriegerdenkmal war zweigeteilt. Während die Namenstafeln im Innenhof des Monuments überwiegend solche Akteure ansprechen konnten, die sich mit dem tatsächlichen Kriegssterben auseinandersetzen wollten, gewährleistete der Schlafende Soldat eine Durchlässigkeit zwischen Tod und Leben. Das Kriegsopfer konnte sich hier in einen militärischen Helden verwandeln und umgekehrt. Die Koppelung subjektiver und objektiver Trauer verschaffte der Ausgleichsfigur ein breites Rezeptionspotential. Sie galt als „das Bild des Einen, der Alle vertritt.“194 Inwiefern das Nationale am Kriegsmonument stabilisiert oder umgedeutet wurde, macht neben der alltäglichen Rezeption der Denkmalarchitektur und -figur auch das Ritual des politischen Totenkults deutlich, welches mit der Grundsteinlegung 1923 seinen Ausgang nahm.

3.1. Rezeptionsglück? Kriegerdenkmal unter Blumen und Steinen Die wuchtige Steinarchitektur der Denkmalanlage wurde von der Münchener Öffentlichkeit von Beginn an heftig kritisiert. Schließlich überschritt die modernistische Formgebung das Rezeptionspotential der zeitgenössischen Betrachter bei weitem:195 „Leider aber ist das Denkmal nicht eine geschlossene Masse, sondern es birgt eine Art Gruft, und zu dieser Gruft führen von den Schmalseiten und von den Breitseiten ein Dutzend schmaler Zugänge hinunter, so daß der Sockelblock […] sich in eine Reihe von dünnen und schwächlichen Stützen auflöst. Damit ist der beabsichtigte […] Effekt schon zur Hälfte entwertet worden,“ 196 urteilte die „Münchener Augsburger Allgemeine Zeitung“ 1924 und machte deutlich, wie sehr die kubistische Zergliederung des Denkmalblocks die Zeitgenossen im allgemeinen irritierte. Erst in Zusammenhang mit der Figur des Schlafenden Soldaten konnte die Architektur der steinernen Anlage wiederum eine integrale Wirkung ausüben: „Und dennoch, wenn man die Figur in dem tiefgelegten, relativ niedrigen Raum auf sich wirken lässt, so taucht doch der Eindruck einer Krypta auf, wie er durch Dutzende von mittelalterlichen Kirchen in uns erweckt wurde. […] [Der Raum] lässt alle psychische Wirkung der Plastik, auch die befreiend Erlebende, weiterklingen. […] Man mag […] Mystik 194 Schrade, Nationaldenkmal, S. 109, 112: „Durch den Einen tönt das Ganze […].“ Es war

genau diese nationalistisch-völkische „Anrufung eines Kollektivsubjekts“, welche die Anklage auf Vergesslichkeit des deutschen Volkes zitieren konnte. Diese Strategie war ausschließlich für Rechtsnationalisten typisch; Ziemann, Erinnerungsort, S. 83. 195 Vgl. MZ Nr. 337/338 v. 6./.7.12.1924; Augsburger Postzeitung Nr. 296 v. 21.12.1924; MNN Nr. 323 v. 22.11.1925 u.a. 196 MAAZ Nr. 345 v. 17.12.1924.

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und Sage – die Barbarossas im Kyffhäuser legt sich ja angesichts des ‚schlafenden„ deutschen Jünglings im Innern so nahe – heranführen.“ 197 Dies macht deutlich, wieweit die zeitgenössische Wahrnehmung der Anlage divergierte. Während ein Teil der Betrachter alleine den Gruftbau registrierte und ihn als modernistisches Experiment abtat, wollte ein anderer Teil ihn nur in Verbindung mit der Denkmalfigur wahrnehmen. Denn nur so war die architektonische Anlage wiederum in der Lage, den nationalen Normenkonsens zu affirmieren. Im Allgemeinen löste das städtische Monument beim Publikum allerdings überwiegend Bestürzung und Verwirrung aus: „Das Kriegerdenkmal vor dem Armeemuseum stellt einen ganz neuen und eigenartigen Typus eines Denkmals dar“,198 kommentierte die „München-Augsburger Abendzeitung“ im Dezember 1924. Ähnlich äußerte sich das „Evangelische Gemeindeblatt“ im Februar 1925: „Seltsame Urteile hört man über das Denkmal für die Münchener Gefallenen vor dem Armee-Museum.“ 199 Es sei etwas „Ungewohntes, Fremdartiges“ 200 im Anblick. Die „Bayerische Staatszeitung“ ging gar noch einen Schritt weiter: „Dieses Denkmal ist so eigenartig in seiner Form und Ausführung und so radikal abweichend von dem Normaltypus eines Kriegerdenkmals, daß der Großteil der Bevölkerung ihm ratlos, zum Teil auch unfreundlich und ablehnend gegenübersteht und nicht weiß, wie es sich mit ihm abfinden soll.“201 Und die „Allgemeine Zeitung“ sprach dem Denkmal im Februar 1925 gar jeden ästhetischen Charakter ab: „Die Kunststadt München hat ihren 13000 toten Helden ein Denkmal gebaut, das mit Kunst nichts zu tun hat – nichts! Kunst weckt hohes Denken, zeugt tiefes Fühlen – angesichts solchen Werkes schweigt der Geist und stockt das Herz.“202 Erst als man den Platz um das Denkmal im Sommer 1925 neu angelegt und verschönert, die Anlage selbst unter Bodenniveau abgesenkt hatte, vergrößerte sich das allgemeine Verständnis für dessen Konzeption: „Die Gestaltung des Platzes hat dem Mal die Stimmung gebracht, die dem Heldengrab gebührt, eine Stimmung, die sinnen und träumen lässt, vorher aber, solange der vom Künstler gewollte Platz ihm fehlte, war es nur ein mächtiger Stein des Anstoßes.“ 203 Neben der Anerkennung des neu geschaffenen Denkmalplatzes schritt auch der Prozess der autonomen Auseinandersetzung mit der Architektur kontinuierlich 197 Augsburger Postzeitung Nr. 296 v. 21.12.1924. 198 MAAZ Nr. 345 v. 17.12.1924. 199 Evangelisches Gemeindeblatt für München 34 (1925), S. 56. 200 Ebd. 201 BStZ Nr. 291 v. 15.12.1924. Der Völkische Beobachter deklarierte es gar als „Backstein-

käse-Denkmal, [das] von der Stillosigkeit einer heillos verfahrenen Zeit zeuge“, VB Nr. 148 v. 22.9.1925. 202 Allgemeine Zeitung Nr. 68 v. 15.2.1925. 203 MAAZ Nr. 95 v. 10.4.1926.

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voran: „Früher erschien mir dieser mächtige Block unverständlich. Ich fand darin kein Maß und keine Form. Je öfter ich zu ihm ging, desto lieber wurde er mir.“204 Allerdings stießen die kubistischen Relieffiguren des Bildhauers Karl Knappe weiterhin auf breites Unverständnis: „Merkwürdigerweise hat man auf die vier Seitenstützen seltsame Zeichen eingeritzt, die man mit einigem guten Willen als hütende Engel mit Schwertern erkennen kann.“205 Sie wurden dem Schlafenden Soldaten als unnatürliche Kreaturen gegenübergestellt: „Dies Mittelding von Landsknecht und chinesischen Genien [zeigt] den Charakter gewollter Kunst im Gegensatz zu dem in notwendiger, natürlicher Selbstverständlichkeit geborenen Bleekerschen Feldgrauen.“206 Insgesamt scheint somit, dass nur ein geringer Teil der Rezipienten den kulturell-politischen Code beherrschte, der zur Entschlüsselung einer solchen modernistischen Anlage und den expressionistischen Reliefs Karl Knappes nötig war.207 Dagegen wurde die Figur des Schlafenden Soldaten in nahezu sämtlichen Presseorganen positiv rezipiert: „Es ist die große künstlerische Leistung Bernhard Bleekers, daß er in seinem schlafenden Krieger ein Denkmal geschaffen hat, das auf jedes äußere Pathos verzichtet und dennoch die Wirklichkeit kraftvoll erhöht. […] Sohn seiner Mutter und Sohn seiner Heimat, treuer Kamerad und tapferer Soldat, so liegt der junge Kämpfer in seiner Kriegsrüstung da, geborgen wie in einem Hünengrab“, urteilten die „Münchener Neuesten Nachrichten“ im Januar 1925 und machten damit deutlich, dass gerade in der ambivalenten, geschlechtskomplementären Rezeption der Figur ihre eigentliche Stärke lag: „Es ist einfachhin der Sohn des deutschen Volkes, der liebe, gesunde, schöne, starke Sohn des deutschen Volkes, der, indem er sich opfert, nun seine Pflicht meint, der, indem er das Ungeheuerste der Weltgeschichte vollbringt, der liebe Junge seiner Mutter bleibt,“208 so ein weiterer Kommentar der „Augsburger Postzeitung“. Dies zeigt, wie sehr die Münchener Öffentlichkeit noch überwiegend einer traditionellen Wahrnehmung des figürlichen Kriegsmonuments als ästhetische Verkörperung eines idealisierten Helden verhaftet war. Der Schlafende Soldat schien für die Betrachter geradezu geschaffen worden zu sein, während die steinerne Denkmalsanlage dazu diente, ihr Publikum zuallererst zu erzeugen, was ein äußerst mühsamer Weg war.209 Nach seiner Fertigstellung fungierte der Denkmalinnenhof überwiegend als Ort der Trauer. Zwar war er bei weitem nicht so stark frequentiert wie die un204 MAAZ v. 9.1.1927. 205 Ebd. 206 Augsburger Volkszeitung Nr. 296 v. 21.12.1924. 207 Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 175ff. 208 Augsburger Postzeitung Nr. 296 v. 21.12.1924. 209 Bourdieu, Konzeption, S. 112.

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terirdische Figur des Schlafenden Soldaten. Gleichwohl versammelten sich auch hier immer wieder Hinterbliebene, die ihrer Toten durch das Niederlegen von Blumen individuell gedachten: „Rund um die mit Namen übersäten Wände liegen Beweise, dass sie noch nicht vergessen sind: Latschenzweige und Palmkätzchen, Alpenveilchen und Immergrün, Efeu und Lorbeer und kleine Sträußchen und Kränzchen.“210

Blumen dienen im Allgemeinen als Boten von Gefühlen zwischen Liebenden oder Freunden.211 Ihr Niederlegen an den Gedenktafeln eignete sich kaum für eine nationale Vereinnahmung (Abb. 48 u. 49). Schließlich deutete der Namensindex auf einen endgültigen, reellen Verlust hin. Er erkannte die Einzigartigkeit jedes einzelnen Kriegsopfers an, die durch keine ästhetische Vereinheitlichung zu nivellieren war.212 Insbesondere die Trauer um das zu früh verlorene Kind galt als absolut und durch nichts zu relativieren:213 „Langsam zieht das alte Mütterlein einen kleinen Strauß billiger Blumen aus einer Papiertüte hervor und legt ihn liebevoll auf den Boden, grad an die Stelle, über der der teure Name steht. Ich ahne, heute ist sein Todestag. […] Lange steht sie da, die alte Frau und denkt an den toten Sohn, bis sie die Turmuhr der Theatinerkirche zum Gehen mahnt. Noch einmal gleiten ihre Hände wie liebkosend über den duftlosen Blumenstrauß, noch einmal richten sich ihre rot umränderten Augen auf den Namen, der auch der ihre ist und dann schlurft sie müden Schrittes und gesenkten Kopfes von dannen.“214

An den Tafeln wurden die Toten somit in erster Linie individuell memoriert. Zugleich wurde durch den weiten Raum im Hof eine innere Leere produziert, die im Besucher ein starkes gemeinsames Gefühl des Vermissens sowie der Scham und Schuld hervorrufen konnte. 215 Dieses Gefühl konnte durch die beiden großen Reliefs an den Längswänden des Denkmalhofes noch verstärkt werden. Sie stellten den Massentod als etwas letztendlich Sinnloses, Nicht-zu-Bewältigendes dar, ohne ihn zu vereinnahmen oder sich ihm zu entledigen.216 Dies konnte bis zu einem zivilen Einspruch gegen den nationalen Kriegstod führen. Im Jahr 1925 brachte Neureuther, ein ehemaliger Korvettenkapitän, im Stadtrat erstmals die Anregung ein, auf „dem Kriegerdenkmal […] und zwar auf

210 Welt am Sonntag Nr. 17 v. 28.4.1929. 211 Lurker, Symbolik, S. 104. 212 Liebsch, Trauer, S. 47. 213 Liebsch, Trauer, S. 47. 214 Welt am Sonntag Nr. 17 v. 28.4.1929. 215 Böhme, Toten, S. 27. 216 Därmann, Tod und Bild, S. 473.

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der Mitte der oberen Grabplatte, eine große schöne Tanne als Christbaum in bescheidenem künstlerischem Schmuck“217 aufzustellen, um „die Trauer über die im Krieg Gefallenen“218 adäquat zum Ausdruck zu bringen. Sowohl Oberbürgermeister Karl Scharnagl als auch der Kriegerbundvorsitzende Dimpfl stimmten der Anregung zu.219 Zwischen Weihnachten 1925 und Neujahr 1926 erprobte man erstmals die Aufstellung von Tannenbäumen, die dann jährlich wiederholt wurde (Abb. 49). Allerdings beschloss der Stadtrat auf Anraten Karl Knappes hin auch, die Weihnachtsbäume nicht auf der Deckplatte zu errichten. Stattdessen wählte man als Ort die „einspringenden Ecken an der Umfassung bei den Treppen.“220 Hier wirkte das angefügte Kerzenlicht „still und verschwiegen.“ 221 Damit wurde den Gedenktafeln zur Weihnachtszeit auch eine religiöse Konnotation verliehen. Denn wie auf Friedhofsgräbern konnten die Hinterbliebenen hier ihrer Gefallenen mit Hilfe von Tannen und Lichtern gedenken. Dies unterstreicht nochmals, dass objektiv Trauernde im Denkmalsinnenhof einen Ort individuellen Gedenkens finden konnten.222 Die wiederholte Bitte des Kriegerbunds München, künftig doch einen Christbaum auf der mittleren Deckplatte des Kriegsmonuments anzubringen und somit die Gruft mit dem darunter liegenden Schlafenden Soldaten besonders zu betonen, wurde demgegenüber mehrfach zurückgewiesen.223 Im Gegensatz zur ungegenständlichen läuft die ästhetisierte Trauer stets Gefahr, politisch funktionalisiert zu werden. So wurde auch das Totenerinnern der weiblichen Angehörigen am Schlafenden Soldaten häufig zugunsten eines sicheren Trostes umgedeutet: „Mei‟ Bub is vermisst, allweil hab i ihn g‟sucht, aber jetzt bin i beruhigt, jetzt weiß i, wo er liegt,“224 so die Äußerung einer Soldatenmutter, die zeigt, wie sehr diese Figur, die den Grabraum füllte, eine imaginäre Anwesenheit erzeugte, die über die innere Leere der Trauernden hinwegtäuschen

217 StA München, BUR 551, Neureuther an Stadtrat v. 14.12.1925. 218 Ebd. 219 Dabei spielten neben dem Willen zur Totenerinnerung auch pragmatische Gründe eine

Rolle. Für den Kriegerbund diente die Schmückung des Kriegerdenkmals insbesondere als „gute Propaganda […]“, die man unbedingt brauche, da „erst noch der größte Teil der Baukosten aufgebracht werden“ müsse; StA München, BUR 551, Schreiben Dimpfl an Scharnagl. 220 StA München, BUR 551, Notiz Dr. Grässel v. 1.6.1927. 221 StA München, BUR 551, Schreiben Dimpfl an Scharnagl. 222 Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 175, macht darauf aufmerksam, dass man, um die Lesbarkeit eines Kunstwerks zu erhöhen, am sinnvollsten das Emissionsniveau (beispielsweise durch Anbringen einer Inschrift) vermindert oder aber dessen Rezeptionsniveau erhöht. 223 StA München, BUR 551, Kriegerbund an Stadtrat v. 12.12.1931. 224 MNN Nr. 83 v. 25.3.1925.

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konnte. 225 Auf dem Soldaten fanden sich stets frische Blumen und Kränze, beispielsweise mit der Aufschrift „Dem Einzigen seine Mutter“226, was die Figur beseelte und ihr einen individuellen Charakter verlieh. Mit Hilfe dieser Reanimation konnte die Plastik zum einen Trost spenden. Zum anderen diente sie allerdings auch einer Vereinheitlichung der Gemeinschaft im militärisch-nationalen Sinne.227 So wurde der Blumenschmuck auf der Skulptur nicht selten als Symbol zur Überwindung des Todes gedeutet, was wiederum in einen kriegerischen Gehorsam münden konnte: „Der Tote lebte. Er war bedeckt mit einer Fülle von Blumen und Zweigen. Das Rührende lag in den winzigen kleinen Gaben ebenso wie in der Widmung eines Kranzes […]. Ein unbeholfenes Tannenbäumchen, ein paar kleine rote Wachskerzen auf dem Stahlhelm, einige Sträußchen aus dem Großstadtgarten, sie erzählen alle von der lebendigen Liebe, die Tote nicht sterben lässt, sondern weckt, daß sie uns aufwecken.“228 Indem der Schlafende Soldat über den Tod der Gefallenen hinwegtröstete, konnte er zugleich einer zukünftigen Wiederauferstehung dienen. Er stand sowohl einer weiblichen Trauer als auch einem männlichem Heldentum offen. Die Statue war psychisch affektiv und zugleich politisch effektiv: „Sohn seiner Mutter und Sohn seiner Heimat, treuer Kamerad und tapferer Soldat, so liegt der junge Kämpfer in seiner Kriegsrüstung da.“ 229 Indem der Soldat zwischen Tod und Leben schwankte, wurden die Trauernden über ihre eigene, beschädigte Geschichte hinweggetröstet. Die politische Vereinnahmung des Gefallenen war in der Lage, in den Hinterbliebenen ein Gefühl nationalen Stolzes zu wecken, das psychische Verlustgefühle abmilderte und stabilisierte: „Tausende von trauernden Müttern wurden mir gegenwärtig und doch formte sich von dieser Gestalt aus ein siegreiches Wissen, daß sie, um die die Mütter und Gattinnen trauern, dennoch leben, und daß auch das, wofür sie sterben, das deutsche Vaterland, leben wird.“230

225 Horn, Trauer schreiben, S. 16; Böhme, Toten, S. 40. Vgl. auch DAZ Nr. 533 v. 13.11.1927,

welcher die Gefühle eines Vaters beschreibt, welcher „in dem Bildwerk das Gesicht seines gefallenen Sohnes sucht“ und findet. 226 MAAZ Nr. 7 v. 9.1.1927. 227 Die literarischen Quellen der Zwischen- und Nachkriegszeit haben diesen zentralen Aspekt vollständig zu einer pädadogisch-trauernden Deutung hin verschoben; Carossa, Krypta, insbes. S. 110-118; Kreis, Kriegerdenkmal, S. 21f. 228 MAAZ Nr. 7 v. 9.1.1927; vgl. auch StA München, BuR 551, Gedicht des Architekten Sachau, Bremerhaven. 229 MNN Nr. 26 v. 27.1.1925. 230 Augsburger Postzeitung Nr. 296 v. 21.12.1924. Wie intensiv die Gestalt des schlafenden Kriegers von den Zeitgenossen verinnerlicht wurde, wird auch daran deutlich, dass sie zur Stätte zahlreicher Selbstmorde wurde; Welt am Sonntag Nr. 34 v. 22.8.1926.

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Deutlich wurde, dass der Schlafende Soldat das am stärksten frequentierte Formelement der Anlage war. „Des ruhenden Kriegers ganze Gestalt bis zu den Händen war über und über bedeckt mit welken Blumen und Kränzen, ja sogar Helm und Antlitz waren mit schweren Kränzen behangen,“ 231 so wurde die Rezeption des Kriegers durch die Münchener Bevölkerung geschildert. Dagegen überstieg die steinere Denkmalsanlage offenbar bei weitem die zeitgenössischen Verständnismöglichkeiten der Besucher. Eine Verschiebung im semantischen Spektrum des Denkmals kam nur langsam in Gang. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dessen Bedeutung für die Schaffung eines alternativen bayerischen Nationalbewusstseins realisiert: „Es ist wahr, das Grabmal bemüht sich nicht um Stil; es räumt bescheiden ein, daß die Bedingungen für einen solchen heute nicht erfüllt sind, und Nachahmung alter, gesicherter Zeichen verschmäht es. Dafür bindet es uns aber auch nicht allzu fest, zwingt uns nicht vorzeitig eine Satzung auf. […] Wie ein Samenkorn senkt es in jeden sich ein; aber jedem läßt es unendliche Wege frei in die Welt, in die Zeit. Könnte so nicht Gemeinschaft entstehen?“232

3.2. Rezeptionsunglück Die Ritualisierung des militärischen Helden am Münchener Kriegerdenkmal begann mit der Feier der Grundsteinlegung im Jahr 1923 und setzte sich in regelmäßigen Zeremonien bis Ende 1932 fort. Auch wenn der politische Totenkult mit den Jahren an Vehemenz abnahm, so konnte er dennoch zur permanenten Aktualisierung eines latent militaristischen Nationskonzepts beitragen. Die Beschwörung der wehrhaften (Kampf-) Gemeinschaft war zur Vorbereitung eines zukünftigen Krieges durchaus geeignet. Schließlich wurden die Festteilnehmer stets von neuem zur Unterordnung unter den nationalen Normenkonsens verpflichtet.

a) Triumphale Heldensucht. Die Grundsteinlegung Die Grundsteinlegung vom 4. November 1923, die vom Kriegerbund München initiiert worden war, erlaubte es, die Differenzerfahrungen einer Gesellschaft zu 231 MNN Nr. 236 v. 31.8.1927. 232 Carossa, Krypta, S. 118. Tatsächlich wurden die beiden Reliefs von Karl Knappe 1940 aus

der Denkmalmauer entfernt; die Namen fielen einem Bombenangriff zum Opfer. Diese beiden Elemente des Kriegsmonuments wurden nie wieder eingesetzt, während der Schlafende Krieger 1972 als Bronzekopie wiederum in die Krypta des Denkmals verbracht wurde.

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kanalisieren, die zwischen der nationalen Freigabe und dem individuellen Festhalten der Gefallenen hin- und herschwankte.233 Dabei rekonstruierte man die politische Ordnung in der Form, dass eine „konsenslose Solidarität“234 zwischen den Initiatoren und den Teilnehmern der Feier möglich wurde. 235 Durch die Einebnung divergierender Trauerkonzepte wurde die Gemeinschaft hinsichtlich ihrer militärischen Werte zusammengeschweißt.236 Hierzu diente zunächst der zeitliche Rahmen der Veranstaltung. Indem die Feier zum einen am Morgen des Allerseelentags stattfand, zum anderen mit dem traditionellen „Trauertag“ für die Gefallenen verschmolz, konnte eine Integration der unterschiedlichen Pole der Trauer erreicht werden.237 Auch die inhaltliche Strukturierung der Feier ließ die Vermittlung zwischen den individuellen Gefühlen der Anwesenden sowie einem kulturell standardisierten Ausdruck des politischen Totenkults zu.238 Schließlich waren zwei Feldmessen vorgesehen, womit das christliche und nationale Gedenken der Gefallenen quasi ineinanderflossen.239 Der Rahmen der Feier hatte somit durchaus das Potential, divergierende Pole der Trauer zu überwölben. Die Strukturierung der Teilnehmer schuf zunächst den Eindruck eines militärischen Zeremoniells. Bereits lange vor dem Beginn der Veranstaltung marschierten zehntausende von Mitgliedern lokaler Kriegervereine gruppenweise von ihren Standquartieren über einen Sammelpunkt im Stadtzentrum zum Armeemuseum, wo sie sich im Hofgarten „in Kolonne zu vieren, dicht aufgeschlossen und ohne Zwischenraum nebeneinander, Fahnen und Führer am 233 Wulf/Zirfas, Performativität, S. 75. 234 Dies wird erreicht über die Vieldeutigkeit des Rituals. Die genauen Inhalte der vielschich-

tigen Symbolik bleiben den Zuschauern meist verborgen. Es entsteht eine überwiegend emotionale Wirkung, die keine einheitlichen politischen Wertvorstellungen der Beteiligten voraussetzt; Vogel, Nationen, S. 22. Rituale erscheinen somit nicht als konfliktgeladene soziale Interaktionen, sondern als Momente, in denen gesellschaftliche Konflikte überwunden oder zumindest kanalisiert werden; die verbleibenden Doppeldeutigkeiten des Rituals bewirken, dass seine Botschaft sehr unterschiedlich gelesen werden kann, Köpping/Rao, Rausch, S. 8f. Damit darf das symbolische Handeln aber nicht ausschließlich als Instrument zur Erreichung bestimmter Zwecke gesehen werden; vielmehr wurde im Denkmalkult die politische Ordnung neu interpretiert; Harth, Ritualdynamik, S. 100f., 105. 235 Turner, Ritual, S. 160ff., spricht in diesem Zusammenhang von Ritualen der Statuserhöhung und/oder -umkehrung; vgl. Wulf/Zirfas, Performativität, S. 74; Köpping/Rao, Rausch, S.7; Giesen, Triumph, S. 25ff. 236 Kolesch, Rituale, S. 288. 237 Giesen, Triumph, S. 27, bemerkt, dass auf diese Weise gar örtlich getrennte Erinnerungsgemeinschaften homogenisiert werden konnten. 238 Köpping/Rao, Rausch, S. 8. 239 StA München, BuR 551, Richtlinien für die Trauerfeier und Grundsteinlegung, S.1.

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Anfang der Kolonne“240 am Denkmal aufreihten.241 Durch diese Präsentation militärischer Dominanz, welche die Bevölkerung innerhalb der Stadt beobachten konnte, wurde bereits im Vorfeld der Feier an die Inszenierungen der Vorkriegszeit erinnert. 242 Am Armeemuseum angekommen, gruppierten sich die ehemaligen Soldaten in geschlossenen, langen Reihen um die Nord-, Süd- und Westseite des Denkmals. Sie schauten somit direkt in Richtung des östlich gelegenen Museums und auf die Inschrift „Sie werden auferstehen“. Gerade diese Blickrichtung sowie die körperliche Disposition der Soldaten, die auf einem habituellen Verhalten beruhte, brachte die Wirkung der Zeremonie zustande.243 Indem die Gruppen den körperlichen Mechanismus von Disziplin und Gehorsam bestätigten, was durch die Denkmalsinschrift zusätzlich unterstützt wurde, konnten die militärischen Werte eindrucksvoll wieder belebt werden. Durch die Konformität und Autorität der Akte gewannen sie nicht nur an Potenz über ihre eigenen Körper. Diese Machtdemonstration konnte auch die übrigen Zuschauer ergreifen und zum Ausdruck der Verlebendigung des Schlafenden Soldaten führen. Insgesamt zementierte die Hervorhebung aktiven Soldatentums den politischen Anspruch auf militärische Gefolgschaft. Die Bedeutung räumlicher Oppositionsbildungen ist in der Ritualforschung immer wieder betont worden. Deutlich wird dabei, dass die entgegengesetzten Anordnungen von Gruppen selten so ausgeglichen sind, wie es auf den ersten Blick erscheint. Vielmehr ergeben sich aus oppositionellen Positionen häufig asymmetrische Relationen von Dominanz und Unterordnung.244 Dies zeigt sich bei genauerer Betrachtung auch in der Grundsteinlegungsfeier zum Münchener Kriegerdenkmal. Schließlich wurden die Mitglieder des ehemaligen bayerischen

240 Ebd. 241 Hinter den Mitgliedern der Fahnen- und Ehrenkompagnie gruppierten sich die Krieger-

vereine, die Reichwehr, sowie die vaterländischen Verbände, die Kampforganisationen und nationalsozialistischen Abteilungen, BK Nr. 308 v. 5.11.1923. Allerdings mussten die meisten Vereine im Hofgarten Aufstellung nehmen, weil der Platz um das zukünftige Denkmal bei weitem nicht ausreichte; BStZ Nr. 256 v. 5.11.1923. 242 Dies auch deshalb, weil die Identität der Kriegervereinsmitglieder - die zumeist am Weltkrieg nicht aktiv teilgenommen hatten - die Reinheit des militärischen Heldentums nicht gefährdete; Giesen, Triumph, S. 25. In den Richtlinien war ebenfalls vermerkt, dass der Stahlhelm nur bei der Wandlung während der Messe und auf das Kommando „Zur Beehrung“ abgenommen werden dürfe; die Vereine hätten den Hofgarten geschlossen zu verlassen. Vorzeitige Auflösung sei nicht gestattet; StA München, BuR 551, Richtlinien für die Trauerfeier und Grundsteinlegung, S. 1f. 243 Connerton, societies, S. 94ff.; Harth, Ritualdynamik, S. 106; Köpping/Rao, Rausch, S. 21ff.; vgl. auch das Konzept des “ritual body” bei Bell, Ritual theory, S. 94ff. 244 Bell, Ritual theory, S. 102f.

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Königshauses, 245 die Ehrengäste 246 sowie ein kleiner Kreis Hinterbliebener direkt gegenüber der Reichswehr und den Kriegervereinen, somit auf der Ostseite des Denkmals versammelt, wobei die monarchischen Vertreter im Denkmalshof Platz genommen hatten (Abb. 50). Diese Gruppierungen wurden durch den Blick auf die Inschrift „Unseren Gefallenen“ in einem stärker objektiven Gedenken vereint. Allerdings hatten auf den Stufen hinauf zum Armeemuseum zusätzlich über 60 studentische Corps mit ihren Fahnen Aufstellung genommen.247 Viele dieser Studenten trugen die Uniform der nationalsozialistischen Kampfverbände.248 Die Positionierung bildete eine eindeutige symbolische Rangfolge. Zwar unterstrich die Platzierung von Mitgliedern des ehemaligen Königshauses direkt neben der Denkmalgruft zunächst die stark monarchistische Tendenz der Feier. Das Erinnern der toten Soldaten wurde mit einem klaren Bekenntnis zum bayerischen Königtum verbunden.249 Allerdings wies die örtliche Hervorhebung der studentischen Corps nicht weiter auf eine rückwärtsgewandte Form des Totengedenkens, sondern vielmehr auf eine zumindest vorstellbare Umwälzung der politischen Ordnung hin. 250 Während die aufgereihten Mitglieder der Reichswehr und Kriegervereine noch als Bindeglieder zwischen einem militärischen und zivilen Erinnern betrachtet werden konnten, erstanden die Gefallenen mit Hilfe der studentischen Jugend als triumphale Helden neu.251 Diese räumliche Akzentuierung eines aggressiven Nationalismus konnte auch dazu dienen, die Spannungen zwischen den Anhängern eines militärischen und zivilen To245 Darunter Kronprinz Rupprecht v. Wittelsbach (gleichzeitig der rangälteste Offizier des

ehemaligen Bayerischen Heeres) und Prinz Leopold und Prinz Alfons mit Gemahlinnen, Prinz Clemens, Prinzessin Arnulf und Prinzessin Klara; MZ Nr. 305 v. 5.11.1923. 246 Darunter insbesondere Ministerpräsident Knilling, Generalstaatskommissar Gustav von Kahr sowie Landeskommandant Otto von Lossow und die ehemalige Generalität; BK Nr. 308 v. 5.11.1923; vgl. auch Weyerer, München, S. 58. 247 Nichtchargierte Studenten hatten sich in die graue Masse der Kriegervereine einzureihen; StA München, BuR 551, Richtlinien für die Trauerfeier und Grundsteinlegung zum Kriegerdenkmal vor dem Armee-Museum, S. 1. Tausende Studenten waren in den „schlichten Uniformen der nationalsozialistischen Verbände“ erschienen; Beilage zum VK v. 16.12.1924. 248 VK v. 16.12.1924. 249 Zu den Militärfeiern nach 1871 auch Vogel, Nationen, S. 282. 250 Insofern muss auch der Behauptung Roths widersprochen werden, dass der Bayerische Kriegerbund der nationalsozialistischen Bewegung in München unparteilich gegenübergestanden habe; ders., Festschrift, S. 66f. 251 Damit wurde hier nicht die alltägliche Sozialstruktur reproduziert; vielmehr wurde auf der rituellen Ebene das ausgedrückt und bestätigt, was in der Wirklichkeit nicht direkt akzeptiert werden konnte; vgl., Geertz, „deep play“, S. 115; Belliger/Krieger, Ritualtheorien, S. 15.

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tengedenkens, die sich am Denkmal direkt gegenüberstanden, abzuleiten und zu überwölben. Deutlich wird so, dass die Feier zur Grundsteinlegung von 1923 zumindest teilweise dazu diente, an nationalistische Werte zu appellieren und die Gemeinschaft zugunsten machtpolitischer Ziele zu funktionalisieren. Während ein begrenzter Kreis von Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Sozialgruppen somit aktiv in das Zeremoniell eingebunden war, durfte die breite Bevölkerung nur vom Rand des Hofgartens aus das Geschehen betrachten. Indem sowohl militärische als auch zivile Gruppen die Inszenierung der Feierlichkeit mitvollzogen, konnte sicherlich eine gewisse Vereinheitlichung im Sinne des Nationalen erreicht werden.252 Das zukünftige Denkmal wurde quasi durch diese Sozialgruppen umklammert und festgehalten – allerdings letztendlich von nationalistischen Gruppen dominiert. Die Hinterbliebenen spielten bei dieser politischen Demonstration dagegen nur eine marginale Rolle. Da sie an die Zerbrechlichkeit des Helden erinnerten, waren sie an den Rand des Geschehens abgedrängt worden. Sie hatten sich – bis auf wenige Angehörige – mit dem hinteren Hofgarten zu begnügen, wurden somit von dem Geschehen am Denkmal kaum berührt. Die öffentlichen Gebäude sowie zahlreiche Privathäuser hatten nach Aufforderung des Kriegerbunds am Morgen des 4. November 1923 Trauerfahnen gehisst und die Landesfarben auf halbmast gezogen. 253 Allerdings waren die Fahnen der Republik nirgendwo zu sehen. Dies zeigt, wie stark die Feier einer Überwindung der bestehenden Ordnung diente. Noch vor Beginn der offiziellen Feier um halb elf Uhr morgens wurden unter den Klängen des Präsentiermarsches die alten Regimentsfahnen aus dem Armeemuseum auf den Platz getragen.254 Dies gab die Gelegenheit zu militärischer Selbstdarstellung und stellte zugleich eine Brücke zur alten bayerischen Armee her. Zum Auftakt der Feier erklang dann Punkt zehn Uhr dreißig der Gesangsvortrag „An das Vaterland“, vorgetragen vom zweihundert Sängern des Kriegerbunds München sowie weiterer militärischer Verbände. Mittlerweile hatte sich Generalvikar Buchberger 255 auf die Treppe des Armeemuseums, die mit einem provisorischen Feldaltar geschmückt war, begeben. Im Grundton seiner Predigt lag ein stark „subversives“ Potential:256 252 Vogel, Nationen, S. 286. 253 Aufruf in BStZ, Nr. 255 v. 3.11.1923; weiterhin MAAZ Nr. 303 v. 5.11.1923 u.a. 254 BStZ Nr. 256 v. 5.11.1923. 255 Michael Buchberger (1874-1961) war seit 1923 Weihbischof der Diözese München-Freisíng

und seit 1928 Bischof der Diözese Regensburg. 256 Vgl. auch die Gedenkmünze, die Karl Knappe anlässlich der Ansprache Buchbergers

geschaffen hat. Sie zeigt den Kontrast des Erinnerns zwischen Religion und Nation; Fischer, Knappe, Abb. 3a.

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„Den großen deutschen Helden ist das Heilige stets heilig gewesen; […] sie haben sich nicht angemaßt, das Heilige und Ewige mit irdischem Maßstab zu messen. So soll es bleiben! Auch die Not einer stürmisch bewegten Zeit und Seele darf nicht dazu verleiten, titanenhaft an heiligen Toren anzurennen, menschliche Beschränktheit und Enge ins Heiligtum des Glaubens zu tragen und Fehler zu begehen, die leider schon so oft zum Verhängnis für unser Vaterland geworden sind. Wir segnen die echte, warme, tatenfrohe Vaterlandsliebe, […] aber sie darf nicht zum Strome werden, der die heimatlichen Gauen überflutet.“257

Buchberger appellierte damit an die nationalistisch eingestellten Teilnehmer und Zuhörer, die Trennung von Nation und Religion zu respektieren und ihre politische Einstellung zu mäßigen. Er warnte vor einer Sakralisierung des Politischen ebenso wie vor der nationalen Ausrichtung auf ein umwälzendes Gedankengut. Zugleich machte er deutlich, dass für ihn das Kriegerdenkmal nicht der Vereinnahmung der Toten zugunsten eines weiteren tötbaren Lebens, sondern vielmehr der Bestärkung zum Wiederaufbau diene: „Dem deutschen Manne ziemt Würde und Hoheit auch in den Tagen des Unglücks; sein starker Arm und nimmermüder Geist werden die deutsche Heimat wieder aufbauen. Noch gibt es eine rettende Tat und sie heißt Arbeit. […] Daher müssen der Geistes- und Handarbeiter verständnisvoll zusammenstehen, wie es unsere Brüder im Felde getan. Wenn das gemeinsame Vaterhaus in Flammen steht, ist keine Zeit, über Theorien zu streiten. Der Untergang des einen ist nicht der Aufstieg des andern; wir haben ein gemeinsames Los und ein gemeinsames Grab unseres Glückes. […] Die Tränen, die über die Wangen hungernder Kinder und Greise rollen, schwellen zu einem gewaltigen Strome an; das deutsche Volk blutet aus tausend Wunden und wir wollten uns noch weitere und tiefere Wunden schlagen! […] Möge dieses Denkmal den Toten ein wohlverdienter Ehren- und Dankeszoll, den Lebenden aber ein Zeichen des Friedens werden! „In pace“ möge nicht bloß über unseren Gräbern, sondern auch über unserem Leben stehen! Gesegnet seien die deutschen Kämpfer für den Frieden unter den Brüdern!“258

Ebenso wie die anschließende Predigt des protestantischen Pfarrers Daumiller war auch die Ansprache Buchbergers auf den Aufbau einer Zivilgesellschaft gerichtet.259 Zwar war er wohl bereit, den Toten den Dank und die Ehrerbietung der Gemeinschaft zu zollen. Die Gefallenen sollten jedoch nicht weiter zugunsten militärischer Zwecke funktionalisiert werden. Im Gegenteil: indem er die Gefallenen „in pace“ ruhen ließ, appellierte er an die Anwesenden, für eine Befriedung der Gesellschaft einzutreten. Er erinnerte an die zahllosen überlebenden Opfer des Krieges und brachte damit ein hohes Maß an Solidarität zum Ausdruck. Zugleich rief er zur gewaltlosen Einigung auf. Dies weist auf ein primär partizipatives und zugleich patriotisches Nationskonzept des Geistlichen hin. 257 BK Nr. 309 v. 6.11.1923; vgl. auch MZ Nr. 305 v. 5.11.1923; BStZ Nr. 256 v. 5.11.1923. 258 Ebd. 259 Ebd.

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Deutlich wird, dass die Feier auch Elemente enthielt, die nicht kontrollierbar waren.260 Mehrdeutigkeiten führten dazu, dass ihre Botschaft ganz unterschiedlich gelesen werden konnte.261 Dabei konnte sich jede Gruppe die Elemente, die ihre jeweilige Identität am deutlichsten bestätigten, auswählen. Allerdings war die Zeremonie trotz eines gewissen Maßes an internem „Protest“ im Wesentlichen auf eine Überwölbung unterschiedlicher Nationskonzepte hin angelegt. 262 So folgte der Ansprache des Geistlichen zunächst eine politisch effektive Rede General von Reuters, des Präsidenten des Bayerischen Kriegerbundes. Er erinnerte daran, dass „das zu errichtende Denkmal den Dank an die Gefallenen für ihr Lebensopfer zum Ausdruck bringen [sollte], es aber auch die Mit- und Nachwelt mahnen [sollte], das Andenken an die Toten rein zu halten. Und weiter: Die Bedeutung dieses Tages liegt in dem Gelöbnis, alles das, was wir den Toten schuldig sind, zur Tat werden zu lassen. […] Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir einig sein, wie die Toten es uns zurufen: Seid einig in der Liebe zum Vaterlande, einig auch im Hasse gegen den Feind. Ihr teuren Toten aber empfangt den Dank für Eure Treue, für Euren Schutz von Heimat und Familie!“263

Durch dieses Gelöbnis, das weit über das Motiv der Dankbarkeit oder der Totenehrung hinausging, wurden die Anwesenden wiederum zur treuen Tat verpflichtet; sie sollten ein weiteres Mal für das einstehen, wofür auch die Toten gefallen waren: für Vaterland und Familie. Damit wurde allerdings eine Kontinuität zwischen Lebenden und Toten geknüpft, die auch eine potentielle Gewaltbereitschaft mit einschloss. Dies war nur durch den wiederholten Appell an die Reinhaltung des Gedenkens möglich. Kulturell divergierende Ansichten über den Kriegstod, wie der Pazifismus, mussten hingegen von vorneherein ausgeschlossen werden. Mit Hilfe eines binären Codes erinnerte der General an die bedingungslose Verpflichtung gegenüber den Toten, welche zugleich eine Revanche gegenüber vermeintlichen Feinden einschloss. Dies machte ein aggressives, exklusives Nationskonzept deutlich, dass sicherlich einen Teil der Anwesenden mobilisieren konnte. Der übrige Ablauf der Feier stand in der Kontinuität dieses Neuen Nationalismus, wobei nun auch das monarchistische Element deutlicher zutage trat. Nachdem die Ehrenkompagnie eine dreimalige Gewehrsalve abgefeuert hatte, trat als Erster Kronprinz Rupprecht, mit dem Marschallstab in seiner Rechten, an den Grundstein heran (Abb. 51). Er legte eine Kassette mit der Denkmalurkunde in den Stein, vollzog die Schläge mit einem goldenen Hammer und sprach die 260 Harth, Ritualdynamik, S. 98; Bell, Ritual theory, S. 204ff. 261 Köpping/Rao, Rausch, S. 9, 19. 262 Bell, Ritual theory, S. 221. 263 BStZ Nr. 256 v. 5.11.1923.

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Worte: „In treuer Dankbarkeit den gefallenen Heldensöhnen Münchens zum ewigen Gedenken.“264 Anschließend gab der zweite Münchener Bürgermeister, Hans Küfner, 265 die üblichen Hammerschläge mit dem Begleitspruch „Den Lebenden zur Erbauung, Mahnung und Sammlung“266 ab. Den Abschluss bildete ein Vertreter des Kriegerbundes München, Hans Füssl, der seine Schläge mit den Worten begleitete „Deutscher Geist vernichte gallischen Wahn jetzt und für alle Zeiten.“267 Die Grundsteinlegung endete mit einer Kranzniederlegung des Kriegerverbandes, welcher die Inschrift trug: „Möge der Geist der Gefallenen unser kommendes Geschlecht erwecken.“268 Diese verbale Steigerung von einem patriotischen hin zu einem aggressiv nationalistischen Totengedenken macht nochmals deutlich, wie sehr die Feier letztendlich einer militärischen Funktionalisierung der Gefallenen unterlag. Zum Abschluss vollzog sich wie schon zu Beginn der Feier ein traditionelles Zeremoniell: der über eineinhalbstündige Vorbeimarsch sämtlicher militärischer Gruppierungen an der Königsfamilie. Dabei gingen die Reichswehrtruppen voran, gefolgt von den studentischen Korps sowie den Vereinen des Bayerischen Kriegerbunds. Ganz am Ende des Zuges folgten die anwesenden Kriegsveteranen. Hiermit wurde nochmals auf die herausragende Bedeutung gegenwärtigen und zukünftigen Soldatentums für eine Heilung des gesellschaftlichen Zusammenhangs hingewiesen. Nationalsozialistische Gruppierungen hatten sich von dieser monarchistischen Huldigung hingegen stark distanziert. Parallel zur Grundsteinlegungsfeier nahm Adolf Hitler in der Maximilianstraße unweit des Denkmalplatzes den Vorbeimarsch „seines“ Regiments entgegen. 269 Es gab sogar Planungen von nationalsozialistischer Seite, anlässlich der Zeremonie einen Putschversuch am Kriegerdenkmal zu begehen.270 Zudem kam es zu Übergrif-

264 Ebd.; BK Nr. 308 v. 5.11.1923; MAAZ Nr. 303 v. 5.11.1923. Zur Gedenkmünze, die Karl

Knappe anlässlich der Grundsteinlegung geschaffen hatte, vgl. Fischer, Knappe, Abb. 3b; Kunst und Handwerk, H. 5/6 (1925), S. 106. 265 Nach Steinborn, Münchner Kommunalpolitik, S. 200f., 553, war Küfner (1871-1935) ein national-liberal gesinnter, von starker Standesbesinnung durchdrungener Berufsbeamter, zugleich Angehöriger eines Studentencorps, Major der Landewehr a.D. und Träger verschiedener Militärorden. 266 BStZ Nr. 256 v. 5.11.1923; BK Nr. 308 v. 5.11.1923; MAAZ Nr. 303 v. 5.11.1923. 267 Ebd. 268 BK Nr. 308 v. 5.11.1923. 269 Ebd. 270 Darauf weist Henseleit, Bleeker, S. 161, mit Verweis auf die Autobiografie Ernst Hanfstaegls hin.

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fen bewaffneter Hitlerhorden auf sozialdemokratische Festteilnehmer.271 Dies zeigt, dass die Feier insgesamt deutungsoffen und risikobehaftet war.272

b) Wehrhafte Nation. Denkmalfeiern zwischen 1924 und 1932 Noch im Mai 1924 war dem Kriegerbund vom Münchener Stadtrat eine größere Geldsumme für die Fertigstellung des Monuments zur Verfügung gestellt worden.273 Die Grundlage für diese Entscheidung hatte die Erwartung der regierenden Sozialdemokraten gebildet, das städtische Denkmal würde von nationalistischer Seite nicht missbraucht werden. Dabei hatte man sich auf eine schriftliche Zusage der Vereinsvertreter berufen, „die Einweihungsfeierlichkeiten derartig [zu] gestalten, dass jeder Deutsche ohne Unterschied von Partei und Konfession sich an derselben beteiligen [könne].“274 Allerdings stieß der Integrationswille des Kriegerbundes offensichtlich dort an seine Grenzen, wo die Reinheit des militärischen Helden bedroht war. Der demonstrative Einschluss der eigenen Akteure bedingte zugleich eine Ausgrenzung „subversiver“ Sozialgruppen, wie sie beispielsweise des sozialdemokratischen Reichsbanners bei der Einweihung des Kriegsmonuments:275 „Wie bekanntgegeben, findet die Enthüllung des Münchner Kriegerdenkmals am Sonntag, 14. Dezember statt. Nach Fühlungnahme mit den maßgebenden Behörden hat der Bauherr, der Obmannsbezirk München-Stadt des Bayerischen Kriegerbundes, in seiner letzten Sitzung beschlossen, die korporative Beteiligung bei der Enthüllungsfeier auf die dem Bauherrn angeschlossenen Vereine zu beschränken. Durch diese Beschränkung wird der Münchner Bevölkerung Gelegenheit gegeben, an der Ehrung der 13000 gefallenen Münchner Heldensöhne teilzunehmen. Für die Hinterbliebenen der Gefallenen ist ein besonderer Platz vorgesehen.“276

Das Integrationsargument war allerdings nur ein Vorgeschobenes. Schließlich mussten sich die Initiatoren des Beschlusses, zu denen neben dem Kriegerbund auch die rechtsgerichteten Mitglieder des Stadtrats gehörten, bewusst sein, dass eine Begrenzung der Teilnehmergruppen zugleich ein exklusives Konzept des

271 Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Stadtrates v. 2.12.1924, S. 300. 272 Köpping/Rao, Rausch, S. 18, 25ff. 273 MP Nr. 112 v. 14.5.1924; BK Nr. 131 v. 14.5.1924; MNN Nr. 129 v. 14.5.1924 u.a. 274 StA München, BuR 551, Schreiben Obmannsbezirk München-Stadt an Stadtratsdirektorium

v. 15.5.1924. 275 Vgl. auch Vogel, Nationen, S. 221. 276 MNN Nr. 324 v. 27.11.1924; MAAZ Nr. 326 v. 28.11.1924. Hier zeigte sich deutlich,

wieweit die Münchner Presse die politisch-soziale Ausgrenzung im Denkmalkult unterstützte.

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Nationalen am Kriegerdenkmal manifestierte.277 Dieses durfte allerdings nicht als solches erkannt werden, sondern musste als natürlich erscheinen.278 Hierzu trug nicht nur der Einschluss einer breiten Öffentlichkeit bei. Eine allgemeine Steigerung der Akzeptanz wurde sicherlich auch dadurch bewirkt, dass den Hinterbliebenen ein großzügiger, bevorzugter Raum auf der Freitreppe des Armeemuseums sowie links und rechts des Reiterstandbilds zugesprochen wurde. Der rituelle Ausschluss bestimmter Sozialgruppen anlässlich der Enthüllung des Denkmals im Dezember 1924 führte einen Monat vorher zu einem heftigen Protest unter Münchener Sozialdemokraten.279 Schließlich hatten sich unter den Gefallenen allein 2600 Arbeiter befunden, das Denkmal war der engagierten Beteiligung der sozialdemokratischen Fraktion entscheidend mit zu verdanken:280 „Es ist ein unerhörtes Vorkommnis und die Ausgeburt einer unglaublichen politischen Einstellung, wenn man es fertig bringt, auch bei dem großen Pietätsakt, der der Erinnerung der gefallenen Söhne unserer Stadt gelten soll, nur eine bestimmte politische Richtung zum Wort kommen zu lassen. […]Wer gibt den amtlichen Stellen, wer gibt dem Bayerischen Kriegerbund das Recht, der republikanisch eingestellten Arbeiterschaft, den republikanischen Kriegsteilnehmern zu verbieten, dass sie zur Ehrung ihrer Toten an der Enthüllungsfeierlichkeit des Denkmals teilnehmen? Mit oben aufgeführtem Beschluß hat man die größte Kriegsteilnehmerorganisation Münchens und Deutschlands ausgeschlossen. Ausgeschlossen deshalb, weil deren Mitglieder verfassungstreue Republikaner sind. […] Das, was die „maßgeblichen Stellen“ und der Obmannsbezirk München des Bayerischen Kriegerbundes beschlossen haben, ist ein unerhörter Peitschenschlag in das Gesicht der Republikaner. Es spricht gleichzeitig von einer Mißachtung der Gedanken, mit denen ein großer Teil der Gefallenen in den Tod gegangen ist, wie man sie bei Leuten, die das Wort Vaterland stündlich auf den Lippen tragen, doch nicht voraussetzen sollte.“281

Im Stadtrat kochten die Gemüter bei Sitzung vom 2. Dezember 1924 heiß. Obwohl die Abgeordneten Georg Mauerer, 282 Ludwig Greiner 283 und Max 277 Douglas, Reinheit, S. 80f., zeigt, wie stark binäre Unterscheidungen Ordnung in die kulturelle

Welt einführen; dabei betont sie auch, dass das Ausschließen „subversiver“ Elemente ausschließlich von den vermeintlich „loyalen“ Elementen her zu verstehen ist; vgl. auch Belliger/Krieger, Ritualtheorien, S. 16. 278 Audehm, Bourdieu, S. 116. 279 MP Nr. 277 v. 28.11.1924; MP Nr. 278 v. 29./30.11.1924. 280 MP Nr. 278 v. 29./30.11.1924. 281 Ebd. 282 Georg Maurer (SPD, *1868) gehörte dem Stadtrat von 1908 bis 1933 an; Steinborn, Münchener Kommunalpolitik, S. 560. 283 Ludwig Greiner (USP, *1889) gehörte dem Stadtrat zwischen 1919 und 1924 an; Ebd., S. 558.

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Niedermaier284 den Ausschluss des Reichsbanners aufs Schärfste verurteilten, wobei auch über die „Naivität, die immer noch bei den Sozialdemokraten [herrsche]“285 größte Verwunderung geäußert wurde, konnte der geplante Ausschluss dennoch von den rechtsgerichteten Stadträten Karl Scharnagl 286 und Max Jodlbauer 287 als „ganz interne Veranstaltung des Bundes“ 288 verteidigt werden.289 Die Sozialdemokraten, die insgesamt am stärksten von dieser Strategie nationaler „Reinhaltung“ betroffen waren, blieben dabei erstaunlich verhalten. Der linke Oberbürgermeister Eduard Schmid bat den Stadtrat lediglich, die endgültige Entscheidung des Vereins abschließend „zur Kenntnis zu nehmen.“ 290 Zwar war von Links zunächst ein Dringlichkeitsantrag eingebracht worden, dieser wurde allerdings schnell wieder zurückgezogen, als der Kriegerbund erklärte, die Feier solle keinerlei politischer Demonstration dienen.291 Der Ablauf der Einweihungsfeier am 12. Dezember 1924 sowie die Strukturierung der Teilnehmer ähnelte der Zeremonie der Grundsteinlegung und doch wieder nicht. Zunächst reihten sich die Mitglieder der Reichswehr und der Kriegervereine um elf Uhr vormittags unter lautem Kommando auf der West-, Süd- und Nordseite des Denkmals auf; zuvor waren sie wiederum durch Mün-

284 Max Niedermaier (USP, *1873) gehörte dem Stadtrat zwischen 1919 und 1924 an; Ebd., S.

560. 285 Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Stadtrates v. 2.12.1924, S. 297ff. 286 Weyerer (München, S. 42ff.) beschreibt Karl Scharnagl (BVP, 1881-1963, ab 1924 Erster

Bürgermeister) als monarchistisch-klerikalen Politiker, der nur ungern die Fahne der Weimarer Republik hisste. In den Augen seiner sozialdemokratischen Kollegen galt er als „rabenschwarzer Häuptling“; Steinborn, Münchener Kommunalpolitik, S. 352ff. Gegenüber der nationalsozialistischen Bewegung nahm Scharnagl zunächst eine verharmlosende Haltung ein (Ebd., S. 237), die allerdings später zu Ablehnung mutierte; Hanko, Kommunalpolitik, S. 347; Fröhlich, Scharnagl, S. 6ff., 9ff. 287 Max Jodlbauer (Lib./DVP, *1860) war zwischen 1913 und 1929 Mitglied des Stadtrats; Steinborn, Münchener Kommunalpolitik, S. 559. 288 Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Stadtrates v. 2.12.1924, S. 297ff. Argumentiert wurde von den beiden rechten Stadtverordneten insbesondere damit, dass „den Hinterbliebenen der Gefallenen und den Kriegsbeschädigten ganz besonders Gelegenheit gegeben werde, an der Feier teilzunehmen“. „Die Feier sei schließlich eine „reine Kriegerbundangelegenheit“. 289 BStZ NR. 280 v. 2.12.1924; MAAZ Nr. 331 v. 3.12.1924; AZ Nr. 490 v. 3.12.1924 u.a. 290 Münchner Gemeindezeitung, Sitzung des Stadtrates v. 10.12.1924. 291 StadtA München, BuR 551, „Der Stadtrat ersucht das Direktorium, sofort die erforderlichen Schritte einzuleiten, um es allen Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, an der Enthüllungsfeier des Münchener Kriegerdenkmals teilzunehmen“; StadtA München, Schreiben Kriegerbund an Stadtrat-Direktorium v. 6.12.1924.

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chens Zentrum marschiert.292 Die Ostseite am Armeemuseum war aufs Neue für monarchische und zivile Ehrengäste reserviert (Abb. 52).293 Hierzu zählten diesmal auch die Hinterbliebenen, welche die Freitreppe des Armeemuseums sowie den Platz links und rechts des Reiterstandbildes großzügig belegten und somit die studentischen Corps verdrängten.294 Wiederum entsprach die „Umklammerung“ des Denkmals auf den ersten Blick einer Zweiteilung in ein ausschließlich militärisches und stärker ziviles Totengedenken. Allerdings wurde die nationalistische Wiederauferstehung der Gefallenen hier nicht vorweggenommen. Die Strukturierung der Teilnehmer appellierte ausschließlich an eine Bestärkung des überkommenen, militaristischen Nationskonzepts. Dies wurde vor allem dadurch erreicht, dass Reichswehr und Kriegervereine die zivilen Gäste mengenmäßig dominierten.295 Nachdem einige Kriegsteilnehmer die alten Regimentsfahnen unter Begleitung durch Militärmusik auf den Festplatz getragen hatten, hielt der Abgeordnete des Kriegerbunds München, Hans Füssl, zunächst die Weiherede des Kriegsmonuments. 296 Dabei ging er insbesondere auf die Entwicklung des Denkmalbaus ein und hob die großzügige Spendenbereitschaft der Münchener Einwohnerschaft hervor. Anschließend übergab der Generaldirektor des Armeemuseums, Halm, den Schlafenden Krieger dem bayerischen Volk mit den Worten „Der Schlafende Krieger […] soll den Opfermut der bayerischen Truppen, aber auch den schlummernden Heldengeist versinnbildlichen, der einst seine Auferstehung feiern wird.“297 Diese Sätze brachten den Zweck der Feier sowie das Nationskonzept der beteiligten militärischen Gruppierungen auf den Punkt. Hier waren die Toten nicht tot, sondern nahmen vielmehr eine Zwischenposition ein, welche ihr Wiedererwecken jederzeit ermöglichte. Dazu diente insbesondere die Bezeichnung der Gefallenen als „Helden“, welche sowohl die Bereitschaft zur nationalen Hingabe zugunsten eines potentiell tötbaren Lebens als auch die Gewissheit zukünftiger Ehrung mit einschloss. Ein solches Nationskonzept, das auf der Unterordnung sämtlicher Individuen unter staatliche Zwänge beruhte, stand allerdings in deutlichem Widerspruch zur Gewaltlosigkeit der republika292 BStZ Nr. 291 v. 15.12.1924; MNN Nr. 84 v. 15.12.1924; MP Nr.291 v. 15.12.1924. Es

scheint allerdings so, als sei die Teilnehmerzahl bei dieser Feier deutlich geringer gewesen als im Vorjahr; vgl. dazu MP Nr. 291 v. 15.12.1924. 293 Für die Mitglieder des ehemaligen Königshauses hatte man vor dem Denkmal gar einen großen Teppich verlegt sowie für Sitzgelegenheiten gesorgt; MP Nr. 291 v. 15.12.1924. 294 StA München, BUR 551, Schreiben Kriegerbund an Stadtrat v. 6.12.1924. 295 Bell, Ritual theory, S. 101f. 296 Zunächst spielten verschiedene Militärkapellen, anschließend sangen die Sänger der Kriegervereine das „Heldengedächtnis“ von Huggenberger; MNN Nr. 84 v. 15.12.1924; BStZ Nr. 291 v. 15.12.1924. 297 MNN Nr. 84 v. 15.12.1924.

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nischen Gesellschaft. Zugleich schürte es eine potentielle Bereitschaft zum erneuten Kampf. Nachdem Kronprinz Rupprecht das Zeichen zur Enthüllung gegeben hatte, wurde das riesige Tuch des Denkmals abgehoben. Daraufhin legte er mit den Worten „Den gefallenen Helden zum ewigen Gedächtnis“ einen großen Lorbeerkranz mit weiß-blauer Schleife an der Ostseite des Denkmals nieder (Abb. 53). Nun ertönten drei Salven und das Lied vom guten Kameraden. Der Abgeordnete des Kriegervereins, Adolf Dimpfl, übergab das Denkmal in die Obhut der Stadt, worauf der zweite Bürgermeister, Hans Küfner, eine längere Ansprache hielt, in der er sowohl den Dank an die Gefallenen und ihre Angehörigen als auch eine weitere nationale Bestärkung kundtat: „Es sei und bleibe ein geistiger Sammelpunkt für alle, denen, wie den Gefallenen, das Vaterland über allem steht. Das Denkmal wird so zum Grundstein und Ausgangspunkt für unsere feste Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft unseres geliebten Vaterlandes, dass es in nicht zu ferner Zeit wieder groß und mächtig werde wie ehedem.“298

Nach der Besichtigung des Kriegsmonuments durch die Teilnehmer der Feier, dem Vorbeimarsch einer Reichswehrformation am Kronprinzen und der Einbringung der Regimentsfahnen endete die Einweihungsfeier. 299 Tatsächlich hatte die rituelle Performanz dieser Zeremonie wohl die Fähigkeit, die Affekte der Hinterbliebenen ebenso zu integrieren wie mögliche politische Effekte. Denn das Aufmarschieren der Teilnehmer war in der Lage, an militärische Grundhaltungen zu appellieren, die auch einer Erneuerung des traditionell nationalen Zusammenhalts dienen konnten.300 Inwieweit die Anwesenden insgesamt den Kult verinnerlichten, bleibt offen.301 Sicher ist, dass nur der konservative Teil der Münchner Bevölkerung permanent bereit war, an den militärisch-nationalen Interessen des Kriegerbundes zu partizipieren.302 Die völkische Bewegung reagierte empört auf den Verlauf der Feier: „Wer sich der Grundsteinlegung des Münchner Kriegerdenkmals in jenen trüben Novembertagen des Jahres 1923 erinnert, als noch heiße Hoffnung auf die endliche Befreiung des Vaterlandes von Bayern aus in Millionen Herzen lebendig war, und damit die am Sonntag den 14. Dezember 1924 vollzogene Enthüllungsfeier vergleicht, der kann sich eines bitteren Gefühles der Trauer und des Schmerzes nicht erwehren. Damals umsäumten Tausende junger Leute, vor allen aus den Kreisen der Studierenden, in den schlichten Uniformen der nationalsozialistischen Kampfverbände […] während die Hammerschläge des Kronprinzen auf den Grundstein dieses Denkmals fielen. Und nach dieser Feier hielt unser Adolf Hitler in der Maximilianstraße […] vor 298 StA München, BUR 1424/2, Ansprache Dr. Küfner v. 14.12.1924. 299 MNN Nr. 84 v. 15.12.1924; BStZ Nr. 291 v. 15.12.1924; MP Nr. 291 v. 15.12.1924. 300 Köpping/Rao, Rausch, S. 7. 301 Ebd., S. 11, 20. 302 MP Nr. 290 v. 13./14.12.1924; MP v. 16.12.1924.

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dem oberbayerischen Regierungsgebäude den Vorbeimarsch seiner Getreuen ab. […] Und heute? Ein Heer von Zylindern rings im Geviert, spärliche Reichswehr: Eine Ehrenkompagnie und eine Fahnenkompagnie.“303

Der Inhalt der Denkmalfeiern war permanenten kulturellen Umdeutungen unterworfen, die aus einem Wandel der kursierenden Nationskonzepte resultierten.304 Die Einweihungsfeier vom 14. Dezember 1924 zeigte im Vergleich zur Grundsteinlegung bereits eindeutige Veränderungen. 305 Denn mit dem Ausschluss sämtlicher nicht dem Kriegerbund München und der Reichswehr angehörenden Organisationen, insbesondere des Reichsbanners sowie studentischer und völkisch-nationalsozialistischer Gruppen, wurde eine deutliche symbolische Grenze hin zum zivildemokratischen Nationsgedanken ebenso wie zu einem aggressiven Nationalismus gezogen, was zugleich die „Reinhaltung“ des militärischen Helden bewirkte. 306 Hierfür war insbesondere der politische Wandel im Münchener Rathaus verantwortlich. 307 Spätestens seit der Machtübernahme der Bayerischen Volkspartei am 7. Dezember 1924 gewannen die Befürworter eines exklusiven Nationskonzepts deutlich an Zulauf, das auf einer Stärkung des Nationalen durch die Inklusion williger Individuen und durch Ausschluss „subversiver“ Sozialgruppen beruhte. Während der Grundsteinlegung somit noch verschiedene Spielarten des Nationalen zugrunde gelegen hatten, die allerdings durch einen aggressiven Nationalismus überwölbt wurden, konnte anlässlich der Denkmaleinweihung eine homogene nationale Sichtweise auf den Gefallenentod zementiert werden. Diese sollte den politischen Totenkult Münchens in Zukunft prägen, denn alle nicht dem Kriegerbund angehörigen Vereine blieben von der rituellen Gefallenenehrung im Herzen der Stadt bis einschließlich 1932 ausgeschlossen. Während die zweite Einweihungsfeier vom 8.11.1925 exakt denselben Ablauf aufwies wie die Zeremonie von 1924,308 entschied man sich im Jahr 1927, den nationalen Verbänden, wie beispielsweise dem Stahlhelm, dem Bund Oberland und dem Tannenburgbund, die Teilnahme an den Feierlichkeiten nicht weiter zu erlauben. Damit schloss der Münchener Kriegerbund die Vertreter eines ag303 Beilage zum VK v. 16.12.1924. 304 Vogel, Nationen, S. 22; Bhabha, DissemiNation, S. 243. 305 Vgl. auch Finckh, Münchner Plastik, S. 411ff.; Tietz, Geschichte, S. 244; Belik, Krieger-

denkmal, S. 100f. 306 Vgl. auch MP Nr. 293 v. 17.12.1924; MP v. 16.12.1924; MP Nr. 290 v. 14.12.1924 u.a. 307 Bei der Stadtratswahl vom 7.12.1924 blieb zwar die SPD mit 16 Sitzen stärkste Partei, doch

konnte die „nationale Wahlgemeinschaft“ unter Führung der BVP (14 Sitze), der DNVP (6 Sitze) und anderer rechter Parteien die Mehrheit im Stadtrat erlangen, Weyerer, München, S. 95f. 308 Vgl. MNN Nr. 303 v. 2.11.1925; VK Nr. 303 v. 3.11.1925; BStZ Nr. 254 v. 3.11.1925.

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gressiven Nationalismus aus den rituellen Feiern aus, was in den betroffenen Gruppierungen für großen Aufruhr sorgte.309 Zugleich fielen die Zeremonien bis ins Jahr 1932 sukzessive moderater aus.310 So wurde in keiner der vom Kriegerbund organisierten jährlichen Denkmalfeiern mehr – wie noch 1923 – an die Wiedergeburt des kriegerischen Helden appelliert. Auf die Demonstration der „Nation in Waffen“311 am Münchener Kriegerdenkmal zu verzichten, war man allerdings bis zum Ende der Weimarer Republik nicht bereit, was den Anhängern eines weiteren Krieges ein Stückweit den Boden geebnet hat.

309 Deutscher Frontsoldat Nr. 16 v. 27./28.11.1927; VB Nr. 263 v. 15.11.1927. 310 Vgl. BayHStA, Minn Nr. 72724; Programm für die Trauerkundgebung v. 13.11.1932. 311 Vogel, Nationen, S. 14f.

II. Zwischen

Frieden und Krieg. Die Berliner Neue Wache als Gedächtnisstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs

Die Gedächtnisstätte Neue Wache wurde bislang überwiegend unter der Perspektive ihrer politischen Vereinnahmung betrachtet. Hieraus resultierte die These, dass sie durch Repräsentation eines homogenen Heldentums in gefährliche Nähe zum revanchistischen Nationalismus gerückt sei.1 Diese Annahme ist verständlich, gerade, wenn man die Einweihungsfeier der Neuen Wache 1931 und ihre zügige Umdeutung unter dem nationalsozialistischen Regime mitbedenkt. 2 Von der Entstehungs- und Gestaltungsgeschichte der Stätte – ihrem Schwanken zwischen unterschiedlichen Polen der Trauer – wurde dabei allerdings ebenso wenig Notiz genommen wie von der Divergenz des Nationalen in der Phase der Denkmalsrezeption. Unbestritten ist, dass sich anlässlich der Weihe des Denkmals ein politischer Totenkult manifestierte. Gleichwohl macht die genauere kulturgeschichtliche Analyse deutlich, dass die trauernden Praktiken am Kriegsmonument nicht nur auf eine nationale Freigabe der Gefallenen abzielten. Stattdessen wurden sie immer häufiger nur noch als potentiell opferbar, nicht aber als weiterhin tötbar deklariert. Die Umcodierung vom militärischen zum zivilen Helden äußerte sich in doppeldeutigen Gestaltungsmotiven ebenso wie in den kontrastierenden Rezeptionsformen des Kriegsmonuments.

1. Vom bloßen Nebeneinander divergierender Trauerkonzepte. Die Planungsphase der Gedächtnisstätte Das geplante Denkmal nahm aufgrund seiner Errichtung in der Neuen Wache Berlin von Anfang an eine Zwitterstellung ein. Denn die sozialdemokratische Regierung Preußens hatte die Nutzung als Kriegsmonument aufs engste mit der Reichsebene abzustimmen. Schließlich stand das ehemalige königliche Wachgebäude traditionell im Besitz des Reichswehrministeriums. Zudem wollte man mit dem Denkmalbau zumindest eine Zeitlang auch die nationale Ehrenmalfrage 1 Forner, War Commemoration, S. 515, 546ff.; Kruse, Neue Wache, S. 423-427; Tietz, Neue

Wache, S. 24f.; ferner Mittig, Bemerkungen, S. 79f.; Frey, Blümlein, S. 29. Relativiert wird diese Ansicht von Kühnel, Neue Wache, S. 32ff.; Lüdtke, Histories of Mourning, S. 49; vgl. auch Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 85-100. 2 Bereits 1933 bestimmten die Nationalsozialisten die Aufstellung eines christlichen Kreuzes an der Rückwand des abstrakt-architektonischen Kriegerdenkmals; hiermit ging eine erhebliche Umdeutung der Gedenkstätte einher; Tietz, Neue Wache, S. 62-64.

1 Architektur der Münchener Kriegergedächt­ nishalle um 1944, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehemaligen Universitätsbauamts, Nr. 33/II.

2 Lichthof im Hauptgebäude der LudwigMaximilians-Universität München, ca. 1920, in: Thiersch, Bestelmeyer, S. 67.

3 und 4 „Kriegermaske“ über den Gedächtnistafeln der Münchener Ehrenhalle, um 1940, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehem. Universitätsbauamts, Nr. 33/II.

5 Der „Speerträger“ in der Münchener Krie­ gergedächtnishalle, kurz vor der Zerstörung 1944, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehem. Universitätsbauamts, Nr. 33/II.

6 und 7 Der „Speerträger“ in der Münchener Kriegergedächtnishalle, um 1930, in: Bildarchiv des UAM, o.A.

8 „Speerträger“ in der Münchener Kriegergedächtnishalle, Postkarte, um 1930, in: Bildarchiv des UAM.

9 „Speerträger“ in der Münchener Krieger­ gedächtnishalle, Foto v. 31.5.1938, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehem. Universitätsbauamts, Nr. 33/II.

10 Einweihungsfeier des Münchener Univer­ sitätsdenkmals am 18.1.1922, Blick auf den Lichthof, in: Ludwig-MaximiliansUniversität, Gedächtnisfeier, S. 7.

11 Universitätsdenkmal Hans Poelzig, Ent­ wurf v. 1920, in: TU Berlin, Plansamm­ lung, Plan 4606, Entwürfe Poelzig, Nr. F 1993.

12 Universitätsdenkmal Poelzig, Entwurf v. 1920, in: TU Berlin, Plansammlung, P 4606, Entwürfe Poelzig, Nr. F 1986.

13 Universitätsdenkmal, Entwurf Lederer v. 1920, in: Archiv des Südmährischen Landschaftsrats, Entwürfe Lederer.

14 Universitätsdenkmal v. H. Lederer, um 1930, in: AKG Images Berlin, Bild Nr. 5-B1-H1-38-1930.

15 Kriegerdenkmal der Universität Berlin im hinteren Garten, um 1930, in: Lang, Universität Berlin, Bild Nr. 10.

16 Einweihungsfeier des Universitätsdenkmals am 10. Juli 1926, in: Friedrich Wilhelms-Universität Berlin, Enthüllung, S. 19.

17 Universitätsdenkmal bei der Einweihung 1926, in: Lang, Universität Berlin, Bild Nr. 11.

18 Flamme empor im Arkadenhof der Universität, ca. 1928, in: UA Bonn, Bildarchiv, Nr. Sbs 137.

19 Flamme empor auf dem Alten Zoll, in: StA Bonn, Bildarchiv, Postkarte Kunstverlag Köhler, um 1930.

20 Einweihungsfeier von Flamme empor nach Rückversetzung 1933, in: UA Bonn, Bildarchiv, Nr. 15308-2.

21 Flamme empor bei der Einweihung 1926, in: UA Bonn, Bildarchiv, Nr. Sbs 650.

22 Flamme empor im Universitätsinnenhof, ca. 1926, in: UA Bonn, UI 15382, Sbs 397.

23 Ehrenhalle am Tag der Einweihung 1930, Fotografie von A. Keller, in: von Bezold, FriedrichWilhelms-Universität, Abb. 10.

24 Kriegerkopf aus der Ehrenhalle, Foto­ grafie von W. Weber, in: von Bezold, Friedrich-Wilhelms-Universität, Abb. 9.

25 Nordseite der Universität mit Haupteingang (Ehrenhalle), um 1933, in: StA Bonn, Bildarchiv, o.A.

26 Einzug der Korporationen, Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, Fotografie von Adolf Plesser, in: StA Bonn, Bildarchiv, o.A.

27 Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, Fotografie von Adolf Plesser, in: StA Bonn, o.A.

28 Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, Ansprache v. Franqué, Fotografie von Plesser, in: StA Bonn, o.A.

29 Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, in: StA Bonn, Bildarchiv, Nr. 6841-6.

30 Versammlung der Dozenten und Studenten anlässlich der Einweihungsfeier der Ehrenhalle v. 28.6.1930, in: GA Bonn v. 1.7.1930

31 Werbeplakat Militärkonzert mit Spendensammlung zur Errich­ tung des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, BUR, Nr. 551.

32 Entwurfsskizze für die Anordnung der Gefallenennamen in der Gedächtniskapelle des Münchener Rathauses, in: StA München, Hochbausammlung, Gruppe XII, Nr. 52.

33 Gedächtniskappelle im Rathaus am Münchener Marienplatz, in: StA München, Hochbausammlung, Gruppe XII, Nr. 54.

34 Der Schlafende Krieger; Entwurfsmodell v. Bernhard Bleeker, in: Beblo, Stadtbaukunst, S. 52.

35 Entwurfsmodell zum Denkmalinnenhof v. Karl Knappe, in: StA München, BUR, Nr. 551.

36 Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Post­ kartensammlung, Nr. 1416.

37 Schlafender Krieger in der Krypta des Mün­ chener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1415.

38 Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Post­kartensammlung, Nr. 1414.

39 Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1417.

40 Schlafender Krieger in der Krypta des Mün­ chener Kriegerdenkmals, in: Bildarchiv Foto Marburg, Nr. 1188923.

41 Auferstehungsengel „Cherub“ v. Karl Knappe, in: Fischer, Knappe, Bildanhang 1.

42 Bayerisches-städtisches Kriegerdenkmal im Münchener Hofgarten, in: Alckes, Denkmäler, S. 183.

43 Kriegerdenkmal vor dem Münchener Armeemuseum, in: StA München, Historisches Bild­ archiv Pettendorfer 2, Nr. 1077

44 Lageplan Kriegerdenkmal im Münchener Hofgarten vor dem Armeemuseum, in: StA München, BUR, Nr. 551.

45 Kriegerdenkmal vor dem Münchener Armeemuseum, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1423.

46 Relief „Grabkreuze“ von Karl Knappe, in: Beblo, Stadtbaukunst, S. 51.

47 Relief „Ausmarschierende Krieger“ von Karl Knappe, in: Beblo, Stadtbaukunst, S. 51.

48 Innenhof des Kriegerdenkmals am Münchener Armeemuseum, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1418.

49 Innenhof des Kriegerdenkmals am Münchener Armeemuseum Weihnacht 1930, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1419.

50 Königshaus Wittelsbach bei der Einweihung des Münchner Kriegerdenkmals, in: StA Mün­ chen, Postkartensammlung, Nr. 1405.

51 Grundsteinlegung Münchener Kriegerdenkmal, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1408.

52 Einweihung des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1409.

53 Einweihung des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1409.

54 Wettbewerbsmodell von Heinrich Tessenow, Neugestaltung der Neuen Wache v. 1930, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 418.

55 Entwurfsskizze Tessenow zum Wettbewerb um die Neugestaltung der Neuen Wache 1930, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 414.

56 Überarbeiteter Entwurf zur Neugestaltung der Neuen Wache von Hein­ rich Tessenow, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 413.

57 Die Neue Wache um 1932, in: LAB II, Bildarchiv Nr. 13485.

58 Grundriss der Neuen Wache, in: LAB II, Bildarchiv Nr. 13488.

59 Eichenkranz, Altar­ block u. Inschriften­ platte am 2.6.1931, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 424.

60 Eichenkranz von Ludwig Gies (DHM Berlin), aktuelle Auf­ nahme d.V.

61 Innenaufnahme der Neuen Wache nach Fertigstellung v. 2.6.1931, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 426.

62 Innenaufnahme der Neuen Wache nach Fertigstellung (2.6.1931), in: LAB II, Bildarchiv, Nr. 3968.

63 Innenraum der Neuen Wache am Tage der Einweihung (2.6.1931), in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 421.

64 Einweihungsfeier der preußischen Gedächtnisstätte Neue Wache am 2.6.1931, in: LAB II, Bildarchiv, Nr. 5956.

65 Kriegsbeschädigte anlässlich der Einweihungsfeier Neue Wache v. 2.6.1931, in: LAB II, Bildarchiv Nr. 7364.

66 Von Hindenburg betritt die Neue Wache anlässlich der Einweihungsfeier v. 2.6.1931, in: LAB II, Bildarchiv, Nr. 7366

67 Parade vor Hindenburg anlässlich der Einweihung der preußischen Gedächt­ nisstätte v. 2.6.1931, in: SMB, III.2.7, Bildarchiv Tessenow Nr. 461.

68 Lageplan Kriegergedächt­ nismal auf dem Bonner Ehrenfriedhof, in: StA Bonn, P 30/84n.

69 Wettbewerbsskizze Krieger­ gedächtnismal v. Wamper, in: StA Bonn, P 30/84n.

70 Aufriss der ehem. protestantischen Oberpfarrkirche St. Matthäus am Münchener Karlsplatz von 1932 (mit Kriegerdenkmal), in: Evangelisches Kirchenbauamt München, M 680.

71 Innenraum der ehem. St. Matthäuskirche München mit Kriegerdenkmal 1938, in: Thiersch, Bestelmeyer, 1961, S. 95.

72 Einweihung des Kriegerdenkmals in St. Matthäus am 1.11.1921, in: PA St. Matthäus, Festschrift, S. 13.

73 Modell für das Kriegerdenkmal „Heldenklage“ im Berliner Dom v. 1928/29, in: Hannesen, Starck, S. 591.

74 Skizzenentwurf Gedenktafel für die Kanzelni­ sche des Berliner Doms, in: LAB, A Pr Br 042, Bl. 55.

75 Kanzelnische mit Gedenktafel im Ber­ liner Dom, in: Engel/ Hüffmeier, Dom, S. 230.

76 Kriegergedächtniskapelle in der evan­ gelischen Kreuzkirche in Bonn, 1926, in: Evangelisches Sonntagsblatt Bonn v. 7.3.1926, Sonderbeilage.

77 Ehrentafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in der Münchener Frauen­ kirche; Foto d.V.

78 Kriegerdenkmal in der Münchener Peters­ kirche, in: PA St. Peter, Akte Kriegerdenk­ mal.

79 Kriegerdenkmal in der Münchener Peters­ kirche, Aufnahme v. 1946, in: Bildarchiv Foto Marburg, Nr. 202086.

80 Fotografie des Schmerzensmanns in der Berliner Michaelskirche, in: PA St. Michael, Schönsee Chronik.

82 Innere Ansicht von St. Michael um 1924, in: PA St. Michael, Schönsee Chronik.

81 Fotografie des Schmerzensmanns in der Berliner Michaelskirche, in: PA St. Michael, Schönsee Chronik:

83 Kriegerdenkmal am nördlichen Chor des Bonner Münsters, Fotografie v. R. Töns­ hoff 2002.

84 Das Kriegerdenkmal am Bonner Münster um 1975, in: Bildarchiv Foto Marburg, Nr. 2a 3036-24.

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lösen. Hierzu war allerdings die Zustimmung der Reichspräsidenten Ebert und Hindenburg erforderlich, die das Ehrenmalprojekt persönlich leiteten. Von Beginn an begleiteten somit unterschiedliche Erinnerungsinteressen den Umbau der Neuen Wache. Während die preußische Regierung die Gefallenen überwiegend objektiv, als zivile Helden und unschuldige Opfer, betrauern wollte, plädierte das Reichswehrministerium für ein militärisch-trauerndes Totengedenken. Hieraus resultierte ein bloßes Nebeneinander unterschiedlicher Pole der Trauer, die das Denkmalprojekt Neue Wache zutiefst geprägt haben.3

1.1. Das preußische Kriegerdenkmal als Reichsehrenmal? Die weitere Planung Der Versuch, die Neue Wache zu einer Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges umzubauen, geht bis auf die Anfänge der Reichsehrenmalfrage zurück.4 Bereits im November 1924, nur wenige Monate nach dem ersten öffentlichen Aufruf von Reichskanzler Marx und Reichspräsident Ebert, veröffentlichte eine Mitarbeiterin des Berliner Bode-Museums, Frieda Schottmüller,5 einen Gestaltungsvorschlag. 6 Mit ihm war die einschneidende symbolische Umdeutung des Kriegstodes verbunden: „Im Giebelfeld über dem Eingang des kleinen Tempels hat Schinkel Kampfszenen angebracht. Das ist Introduktion. Hier innen nichts mehr vom Krieg. Nur die Klage über das, was er uns nahm, die Trauer, die stiller wird, aber nie aufhört.“7

Diese Beschreibung zeigt, wie sehr Schottmüller mit dem Umbau der Neuen Wache eine künstlerische Alternative zur Norm des militärischen Helden anstrebte. Nicht eine idealisierte Darstellung des Kriegstodes, die im äußeren Giebelfeld der Wache kulminierte, sollte weiterhin im Mittelpunkt des Gefallenengedenkens stehen. An ihre Stelle traten vielmehr eine realitätsnahe Trauersymbolik sowie die Anklage der zahllosen Kriegsopfer. Das Gebäude an der 3 Vgl. Giesen, Triumph, S. 51ff. 4 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 50ff.; Forner, War Commemoration, S. 519ff.; Kruse, Neue

Wache, S. 423; Tietz, Neue Wache, S.21f.; Ziemann, Erinnerungsort, S. 70ff.; Bucher, Reichsehrenmals, S. 359ff. 5 Frieda Schottmüller (1872-1936) war Kunsthistorikerin und Kuratorin im Berliner Bodemuseum. 6 Schottmüller, Denkmal, S. 80 (vgl. auch 8 Uhr Abendblatt, 1. Beiblatt, Nr. 277). Die Reichsinitiative wurde anlässlich der zehnjährigen Wiederkehr des Kriegsausbruchs ins Leben gerufen; Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 49ff; BT Abendausgabe, Nr. 366 v. 3.8.1924. 7 Schottmüller, Denkmal, S. 80.

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Straße ‚Unter den Linden„, zwischen Zeughaus und Universität gelegen, schien ihr als „kleines Haus mit geschlossenen Mauern“8 geradezu prädestiniert für eine solche Grenzverschiebung der Trauer. Denn innerhalb des dunklen, überwiegend leeren Raums war die Empfindung von Scham und Schuld besonders gut möglich. Ein „im Freien aufgestelltes Monument“ 9 lehnte Schottmüller demgegenüber rigoros ab. Vielmehr plädierte sie für eine zurückhaltende Nutzung des Plastischen durch Errichtung eines schlichten, niederen Sarkophags in der Mitte der Wache. Außerdem sollte eine Pietà-Darstellung an der Rückwand des Innenraums „Maria mit dem toten Sohn im Schoß […], das Mitleid im tiefsten Sinne, das Mitleiden ist,“10 zum Ausdruck bringen. Schottmüller kehrte damit den nationalen Wertekonsens um. Schließlich bildete das untröstliche Leiden der Mutter um ihren toten Sohn, das sich symbolisch im Pietà-Motiv widerspiegelte, den – in der Öffentlichkeit gemiedenen – Gegenpol zur kollektiven Verklärung des Helden. Und das einfache Sarkophag-Motiv erinnerte zuallererst an die unwiederbringliche Abwesenheit der Kriegsgefallenen, womit der Massentod als Nicht-wieder-Gutzumachendes versinnbildlicht wurde. Von beiden plastischen Lösungen ging somit ein erhebliches Potential objektiven Trauerns aus. Der Berliner Stadtkommandant, Generalmajor Giehrs, dem das Wachgebäude unterstand, beantwortete den Vorstoß Schottmüllers prompt. Zwar stimmte er dem Vorschlag, die Neue Wache zu einer Gedenkstätte umzucodieren, generell zu, plädierte allerdings zugleich für ein rein militärisches Totengedenken. Indem er das Gebäude als „Tempel“11 bezeichnete, der durch Schaffung einer „schönen Gedenkstätte für unsere gefallenen Helden […] in würdigster Weise für alle Zeiten auszunutzen sei,“12 verkehrte er die Intention Schottmüllers in ihr Gegenteil. Er reihte die Symbolik des Kriegstodes wiederum in die lange Reihe von Darstellungen ein, die das Sterben sakralisierten und zum höchsten politischen Wert erhoben. In seinem Entwurf stand somit nicht weiter das Festhalten des einzelnen Opfers, sondern vielmehr dessen erneute Hingabe zugunsten eines tötbaren Lebens im Vordergrund.13 Der permanente Konflikt zwischen den unterschiedlichen Formen der Trauer nahm die weitere Entwicklung der Denkmalplanung bereits vorweg. 8 Ebd. 9 Ebd. 10 Ebd. 11 Barch, R 032, Nr. 358, Schreiben der Kommandantur Berlin an das Reichswehrministerium v.

2.12.1924. 12 Ebd. 13 Bhabha, DissemiNation, S. 220. 1916 hatte der „Gründungsausschuss deutscher Heldendom

für Deutschlands ruhmreiche Armeen“ die Errichtung eines übergroßen Doms in Berlin mit der Asche aller im Kriege Gefallenen vorgeschlagen und somit für eine Homogenisierung und Sakralisierung des Gefallenengedenkens plädiert; vgl. Ziemann, Erinnerungsort, S. 70.

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Als Reichskunstwart Edwin Redslob die Neue Wache 1925 erstmals auf die Agenda des vorbereitenden Ausschusses zur Errichtung eines nationalen Ehrenmals hob, setzten bald zahlreiche Gegeninitiativen ein. 14 Darunter war das Projekt eines „Heiligen Hains“ 15 bei Bad Berka in Thüringen sicherlich das Bedeutendste. Schließlich versammelte es die breite Vertretungsmacht führender rechter Verbände, wie des Stahlhelms und anderer Frontkämpferverbände, hinter sich.16 Reichspräsident Hindenburg, der dem Ausschuss vorsaß, unterstützte sowohl die Inszenierung einer „heilen“17 Gegenwelt, „abseits des Lebens und der Unruhe der Großstädte in der freien Natur,“18 als auch das Denkmalprojekt Neue Wache.19 Trotzdem fiel die Entscheidung im Februar 1926 zunächst gegen den Berliner Bau.20 Es scheint, als habe insbesondere das militärische Nutzungspotential von Bad Berka – die großzügigen Platzverhältnisse ermöglichten ausgedehnte Aufmärsche – den Ausschlag gegeben. Demgegenüber sollte die Berliner Gedächtnisstätte künftig nur noch dem Andenken an die abgetrennten deutschen Gebiete dienen.

14 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 53ff. Neben der Neuen Wache standen für das Reich-

sehrenmalprojekt zunächst noch andere Plätze zur Diskussion. Der Berliner Magistrat hatte den Bellevue-Park als Standort des Kriegerdenkmals vorgeschlagen, was zu starken Protesten innerhalb der Öffentlichkeit führte; Max Osborn, VosZ Nr. 498 v. 19.10.1924; Fritz Stahl, BT Nr. 502 v. 22.10.1924. Daneben galten auch der Pariser Platz oder der Berliner Lustgarten als aussichtsreiche Orte; gerade über den Standort Lustgarten wurde noch bis zur endgültigen Umgestaltung der Neuen Wache 1931 diskutiert; VosZ Nr. 390 v. 17.8.1924; Hegemann, Ehrenmäler, S. 78; vgl. auch Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 51. 15 Ausführlich hierzu, Ziemann, Erinnerungsort, S. 71-77. 16 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 56ff.; Kruse, Neue Wache, S. 423; Tietz, Neue Wache, S. 23; Forner, War Commemoration, S. 522. 17 Barch, R 301, 353, Heft 3, Abschrift des Reichsinnenministers Dr. Külz. 18 Ebd. 19 Mittlerweile hatte sich das Berlin-Projekt ganz auf die Neue Wache verlagert. Dies u.a., weil der Bellevue-Park und andere Standorte nicht weiter zur Verfügung standen. Der Frauenausschuss der DVP hatten vorgeschlagen, im Innern des Gebäudes eine Beweinungsgruppe zu errichten, während Reichspräsident von Hindenburg für die Aufstellung eines monumentalen Marmorsarkophags plädierte; Barch, R 301, 353, Heft 3, Denkschrift über die Gestaltung eines Gedächtnismales für die Gefallenen im Weltkrieg. Dass Hindenburg das Projekt Neue Wache unterstützte, geht auch aus den Memoiren Brauns hervor; Braun, Weimar, S. 333ff., insbes. S. 334. 20 Barch, R 301, 353, Heft 3, S. 3, Denkschrift zu der Frage des Reichsehrenmals v. 15.2.1926; Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 56.

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Allerdings brachte der preußische Ministerpräsident Otto Braun 21 das Wachgebäude nur wenige Monate später wieder ins Spiel. Schließlich hatte sich mittlerweile in der Reichsehrenmalfrage eine scheinbar unlösbare Situation ergeben.22 Die Frontkämpferverbände hatten sich heillos über die Frage des Standorts zerstritten.23 Deshalb signalisierte Hindenburg dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten wiederum Unterstützung für sein Projekt.24 Braun hatte die geplante Errichtung eines Ehrenmals „auf einem gottverlassenen Hügel des Thüringer Waldes […] wohin vornehmlich die militanten Verbände aller Richtungen hinpilgern“25 von jeher abgelehnt. Für ihn bildete der Umbau der Neuen Wache die Chance, ein Reichsehrenmal zu schaffen, das nicht das militärische, sondern ein ziviles Totengedenken in den Mittelpunkt stellte: „Die preußische Gedächtnisstätte […] wird das deutsche Ehrenmal sein,“26 äußerte der Ministerpräsident noch im Jahr 1931 gegenüber Hindenburg. Auch der für den Umbau zuständige Ministerialdirektor im preußischen Finanzministerium, Martin Kießling, bezeichnete die Neue Wache 1931 als “volkstümliches Beispiel für eine Bauausführung aus staatsidealistischen Gründen.“27 Und noch Jahrzehnte später hielt Braun in seinen Memoiren fest, die Gedächtnisstätte sei „symbolisch auch das Grabmal der preußischen Monarchie und ihrer militaristischen Attribute“28 gewesen. Allerdings sollte sich die Umsetzung des Denkmalprojekts noch über Jahre hinaus verzögern – zum offiziellen Reichsehrenmal wurde die Neue Wache nie 21 Otto Braun (1875-1952) war SPD-Politiker und preußischer Ministerpräsident; er hegte zwar

durchaus eine gewisse Sympathie gegenüber dem Offiziersstand, lehnte allerdings die Unterordnung zivilen Lebens unter militärische Ansprüche insgesamt ab; vgl. Braun, Weimar, S. 204ff.; Kruse, Neue Wache, S. 426. 22 VosZ Nr. 347 v. 24.7.1926; BMP Nr. 176 v. 24.7.1926; vgl. auch Lokalanzeiger Berlin Nr. 375 v. 11.8.1926. Nun war insbesondere der Vorschlag laut geworden, die Neue Wache in einen pantheonartigen Bau umzuwandeln, in dessen Mitte ein Marmorsarkophag errichtet werden sollte, BT Morgenausgabe, Nr. 377 v. 12.8.1926; KT Nr. 378 v. 12.8. 1926; Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. IV, S. 56; Tietz, Neue Wache, S. 23. Allerdings gab es auch kontroverse Stimmen. Gerade der deutschnationale Feuilletonist Fritz Stahl setzte sich für die freie künstlerische Wahl des Denkmalstandortes in Berlin ein, BT Abendausgabe, Nr. 334; andere Stimmen forderten eine Errichtung in der freien Umgebung der Stadt, der die Möglichkeit einer Wallfahrt bieten könne; NZ, Nr. 206 v. 29.7.1926. 23 Ziemann, Erinnerungsort, S. 74ff. 24 Braun, Weimar, S. 334. 25 Ebd., S. 333. 26 Ebd., S. 334. 27 Kießling, Staatsbauten, S. 243. Martin Kießling (1879-1944) war zwischen 1928 und 1933 als Ministerialdirektor im Preußischen Finanzministerium tätig. 28 Braun, Weimar, S. 335.

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erklärt.29 Erst Ende 1929 konnte sich Braun mit seinen Plänen durchsetzen, die Schinkelwache zu einer Gedächtnisstätte umzubauen. Nun stimmte auch das zuständige Staatsministerium dem Vorschlag zu. Dabei ging der Ministerpräsident davon aus, das Berka-Projekt habe sich mittlerweile erledigt. Schließlich hatte der Reichstag im Dezember 1928 beschlossen, die Planung des nationalen Ehrenmals zumindest solange auszusetzen, bis der gesamte deutsche Boden von der ausländischen Besatzung befreit sei. 30 Allerdings wurden die okkupierten Gebiete wider Erwarten schon Anfang 1930 geräumt. Nun beugte sich von Hindenburg zügig dem Druck der rechten Frontkämpferverbände.31 Im März 1931, parallel zum Umbau der Neuen Wache, genehmigte das Reichskabinett die Errichtung eines nationalen Ehrenmals in Bad Berka. Damit trat Braun mit dem Reich in eine offene Konkurrenz ein.32

1.2. Gespaltene Trauer. Die engere Planung der Gedächtnisstätte Die Zweiteilung des Totenerinnerns stand von Beginn an im Zentrum der Gedächtnisstätte Neue Wache. 33 Ziviles und militärisches Gedenken waren nur durch eine zerbrechliche Grenze getrennt. Dabei hingen die stetigen Deutungsverschiebungen unter anderem mit dem geplanten Standort zusammen. Schließlich war der Ursprungsbau der Neuen Wache ambivalent angelegt. Karl Friedrich Schinkel hatte die Königswache ab 1816 architektonisch so konzipiert, dass sie als militärischer Zweckbau wie als ästhetisches, ziviles Kunstwerk dienen konnte.34 Die Legitimation einer nochmaligen nationalen Hingabe der Gefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens stieß allerdings überall dort an ihre Grenzen, wo es gelang, die Schinkelwache als Ort der Sinnsuche des Kriegstodes zu verteidigen.35

29 Die Initiative wurde insbesondere vom einflussreichen Kyffhäuserbund ausgebremst. Dieser

erklärte, dass, falls das Projekt Berka fiele, man sich überhaupt nicht weiter an einem Reichsehrenmal beteiligen würde; BT Morgenausgabe, Nr. 377 v. 12.8.1926. 30 Ziemann, Erinnerungsort, S. 75; vgl. auch Reichstag IV, Drucksache Nr. 1480 v. 12.12.1929. 31 Das Zitat Hindenburgs „Da waren ja nun alle Verbände bis zu den jüdischen Frontkämpfersoldaten einig und so habe ich denn auch zugestimmt“ findet sich bei Braun, Weimar, S. 334. 32 Braun, Weimar, S. 334; vgl. Ziemann, Erinnerungsort, S. 69. 33 Giesen, Triumph, S. 58. 34 Dronke, Geschichte, S. 22, 28. 35 Vgl. Bhabha, DissemiNation, S. 218.

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a)

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Wessen Gefallene? Zur Konkurrenz ziviler und militärischer Erinnerungsinteressen

Im Juli 1929 trat Otto Braun an seine Minister mit folgendem Vorschlag heran:36 „Ich halte es für angebracht, dass die Preußische Staatsregierung die Neue Wache Unter den Linden unter möglichst geringen Kosten zu einem würdigen, den weitesten Kreisen des deutschen Volkes wie den ausländischen Besuchern der Reichshauptstadt bequem zugänglichen Ehrenmal für die Gefallenen des Weltkrieges verwendet. Da keine Aussicht besteht, dass die Erwägungen der Reichsregierung über die Errichtung eines Reichsehrenmals sich in absehbarer Zeit zu einem Entschluss verdichten, kann Preußen auf diese Weise ohne große Kosten dem Wunsche der Bevölkerung nach einer Ehrung seiner gefallenen Söhne entsprechen und damit den Schinkelbau seiner würdigen Bestimmung zuführen.“37

Nicht die Errichtung eines triumphalen Kriegsmonuments stand somit im Vordergrund des preußischen Denkmalprojekts. Der Ministerpräsident wollte keine Gedächtnisstätte schaffen, die das subjektive Trauern einer bestimmten Sozialgruppe reflektierte. Vielmehr sollte die Neue Wache die ungleichen Totengedächtnisse sämtlicher Deutscher integrieren. Im Zentrum des trauernden Totengedenkens stand nicht nur die nationale Hingabe der Gefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens, sondern auch eine individuelle Reflexion über die Einzigkeit jedes Gefallenen. Nur ein würdiger, aber zugleich schlichter Bau konnte diese Grenzstellung der Kriegstoten zwischen militärischen sowie zivilen Helden und Opfern garantieren. Auch die Dämpfung der Kosten machte das Ziel objektiven Totenerinnerns deutlich. Denn die Solidarität mit den unschuldigen und mittellosen Opfern gebot den Einsatz möglichst geringer Finanzmittel. Indem Otto Braun einen für in- und ausländische Besucher leicht zugänglichen Ort des Gedenkens schaffen wollte, unterstrich er außerdem seinen Willen zu Demokratie und Völkerversöhnung, der ein eindeutiges Gegengewicht zum aggressiven Nationalismus bildete. Nachdem das preußische Staatsministerium im November 1929 dem Vorschlag Otto Brauns zugestimmt hatte, trat der Ministerpräsident mit Reichs-

36 Zu folgendem, vgl. auch Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 85-87; Forner, War Commemo-

ration, S. 524f.; Kruse, Neue Wache, S. 423f.; Tietz, Neue Wache, S. 24; Kühnel, Neue Wache, S. 32f. Die Staatsminister reagierten allgemein zustimmend auf den Vorschlag des Ministerpräsidenten. Kultusminister Becker verwies außerdem auf einen älteren Vorschlag des Landeskonservators Hiecke, ein Denkzeichen einfachster Art, beispielsweise eine Steinplatte mit kurzer Inschrift, in der Mitte der Gedenkhalle niederzulegen; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Schreiben Becker an Braun v. 16.11.1929. 37 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2387, Bl. 4f.

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wehrminister Wilhelm Groener38 wegen einer Überlassung der Neuen Wache in Verhandlungen ein.39 Allerdings lehnte dieser die vollständige Abtretung seiner Ansprüche an der Erinnerungsstätte rasch ab. Stattdessen bestand Groener darauf, das Ehrenmal „zu gleichen Teilen vom Preußischen Staat und von der Reichswehr“40 errichten zu lassen. Schließlich sollte das Gedenken an die Gefallenen der alten Armee und Marine in der Stätte zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Die preußische Regierung versuchte in den folgenden Monaten mehrfach, diese rückwärtsgewandte symbolische Umcodierung des gewaltsamen Sterbens zu verhindern. Zunächst schlug Reichsinnenminister Carl Severing im Dezember 1929 nochmals vor, die Neue Wache zum nationalen Ehrenmal zu deklarieren. Aus Sicht der preußischen Regierung ging dies allerdings auch mit der Gefahr einher, in einen noch stärkeren politischen Konflikt zum Reich zu geraten. Deshalb wurde die Empfehlung direkt abgewiesen. Ministerialdirektor Martin Kießling, der von Braun mit der Koordinierung der Denkmalangelegenheit beauftragt worden war, machte stattdessen unmissverständlich deutlich, dass das Monument nur unter der Federführung des preußischen Finanzministeriums umgebaut würde.41 Und Kultusminister Carl Heinrich Becker42 brachte seine Sorgen in einem Schreiben an Otto Braun folgendermaßen auf den Punkt: „Die von Ihnen, Herr Ministerpräsident, gegebene […] Anregung, die Schinkel‟sche Wache herzurichten, ging davon aus, dass in der Reichshauptstadt eine schlichte Gedenkstätte für die im Weltkrieg Gebliebenen nicht länger entbehrt werden kann. Wenn nun der Reichsminister des Innern beabsichtigt, die Ausgestaltung des Baudenkmals mit der Frage des Reichsehrenmals zu verknüpfen, so kann ich hiervor nur aufs dringlichste warnen. Die schnelle und glückliche Durchführung des schönen Planes würde […] vereitelt werden, wenn er in die beklagenswerten […]Kämpfe um Ort und Art eines solchen Mals hineingezogen wird. […] Ob sich dann im Laufe der Zeit weitere Kreise des deutschen Volkes daran gewöhnen werden, diese Stätte als das

38 Wilhelm Groener (parteilos; 1867-1939), Reichswehrminister zwischen 1928 und 1932, wird

von Braun als „ehrliche Soldatennatur“ geschildert, der keine aggressiven Kriegsabsichten hatte und die demokratische Staatsform grundsätzlich nicht in Frage stellte; Braun, Weimar, S. 383; vgl. auch Hürter, Groener, S. 358-365. 39 Die Neue Wache stand durch das sogenannte „Heimfallgesetz“ v. 25.5.1873 traditionell im Reichseigentum; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 12f. 40 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 27. 41 Vgl. die Notiz unter dem Schreiben Severings, mit dem er sich am 23. Dezember 1929 an den preußischen Ministerpräsidenten gewandt hatte; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 1f.; vgl. auch KZ v. 4.1.1930. 42 Carl H. Becker (1876-1933, parteilos) amtierte zwischen April u. November 1921 sowie ab 1925 als preußischer Kulturminister; Möller, Parlamentarismus, S. 606; sein vorzeitiges Abtreten 1930 führte in den prominenten demokratischen Kreise Berlins zu großer Bestürzung; Braun, Weimar, S. 289f.; Wende, Becker, S. 316-330.

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allgemeine nationale Ehrenmal zu betrachten, kann meines Erachtens abgewartet werden […].“43

Das zentrale Motiv Beckers, im Falle einer Synthese des Reichsehrenmal- und Wacheprojekts würden die Streitereien zwischen den Frontkämpferverbänden nicht mehr abreißen, war allerdings nur vorgeschoben. Noch stärker befürchtete der preußische Kultusminister, die Neue Wache könne in ihrer Funktion als Reichsehrenmal militärisch recodiert werden: „Wenn sich schließlich der Herr Reichsminister des Innern auf das Heimfallgesetz von 1873 beruft, so vermag ich die in Rede stehende Ausgestaltung der Wache als eine Verwendung für militärische Zwecke im Sinne des Gesetzes nicht anzuerkennen; eine solche würde meines Dafürhaltens nur dann vorliegen, wenn der Herr Reichswehrminister das Bauwerk nach wie vor unmittelbar für Zwecke seines Ressorts anfordern sollte.“44

Dies zeigt, wie sehr sich die Erinnerungsinteressen Preußens zugunsten eines zivilen Totengedenkens verschoben hatten. Nicht mehr die Errichtung eines nationalen Ehrenmals, sondern eine demokratische Erneuerung hatte für Becker mittlerweile oberste Priorität. Dies hing sicherlich auch mit der kritischen innenpolitischen Lage zusammen: Schließlich war die Große Koalition unter dem Sozialdemokraten Hermann Müller mittlerweile in akuter Gefahr. Sollte sie zusammenbrechen – wie im März 1930 dann tatsächlich geschehen – war auch das preußische Kriegerdenkmalprojekt bedroht. Damit stieg die Gefahr eines rein militärischen Totenerinnerns im Herzen der deutschen Hauptstadt. Um das weitere Vorgehen zu besprechen, kamen Martin Kießling und sein enger Mitarbeiter Conrad Dammeier im Januar 1930 bei Otto Braun zu einer vertraulichen Sitzung zusammen. Dabei beschloss man, „zunächst weder die Frage ob „Reichs“-Ehrenmal noch die Frage der Federführung - Reich oder Preußen“45 zu klären, solange nicht „die praktische Förderung des Denkmals bis

43 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Schreiben Becker an Braun v. 13.1.1930. 44 Ebd.; zahlreiche Staatsminister traten der Auffassung Beckers, dass nur eine preußische

Federführung des Projekts in Betracht käme, bei. So wandte beispielsweise der preußische Landwirtschaftsminister Steiger ein: „Dem Wunsche des Reiches auf Beteiligung an dem Ausbau der Neuen Wache zu einer Gedenkstätte […] wird m.E. zu entsprechen sein. Jedoch dürfte ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht Preußens bei der Ausführung des Planes, insbesondere auch bei der Aufstellung des Entwurfes, sicherzustellen sein; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Schreiben Steiger an Braun v. 15.1.1930. Letzten Endes zog Reichsinnenminister Severing seine Initiative zur Ausgestaltung der Schinkelschen Wache zum Reichsehrenmal wieder zurück; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Schreiben Severing an Braun v. 6.2.1930. 45 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl.16.

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zu einer entscheidenden Stelle“46 gediehen sei. Dammeier betonte außerdem, es müsse „genügen, dass [sich] Reichsminister Severing-Groener mit der preußischen Federführung mündlich einverstanden erklärt“ 47 hätten. Trotz dieser Zusicherung kam die Frage, wer als Hauptinitiator des Denkmalbaus gelten sollte, weiterhin nicht zur Ruhe. So ließ Groener noch im Februar 1930 ein Schreiben aufsetzen, in dem er mitteilte, „der Reichsinnenminister [habe] seine Zustimmung dazu gegeben, dass der Ausbau der Schinkelwache als Ehrenmal gemeinsam von Preußen und Reichswehrministerium in die Wege geleitet [würde].“48 Zugleich versuchte die preußische Regierung, die einseitige militärische Inanspruchnahme der Gedächtnisstätte zu verhindern. Dies geht insbesondere aus einer Gesprächsnotiz vom März 1930 hervor. Unter den Vorschlag Groeners „das Denkmal für die gefallenen preußischen Staatsangehörigen und der Reichswehr […] zum Andenken an die Toten des Weltkrieges der alten Armee und Marine zu erbauen,“49 setzte Dammeier die Erläuterung: „Dieser Vorschlag schien uns nicht glücklich und sollte […] zwischen den beiden Herrn Ministern erörtert werden.“50 Dies zeigt nochmals, dass man der Gefallenen in erster Linie als zivile Vorkämpfer der Republik und nicht länger als Ahnen einer militaristischen Gesellschaft gedenken wollte. Wenige Monate vor Baubeginn der Gedenkstätte Neue Wache war man sich in der Frage, wessen Gefallenen sie eigentlich gewidmet sein sollte, weiterhin uneins. Während die preußische Regierung die Wache überwiegend ihren Staatsangehörigen zueignen wollte, hatte das Reichswehrministerium eine Ehrung sämtlicher deutscher Heeresangehöriger im Sinn. Ihre Bestimmung war völlig offen. Erst der Ablauf des Denkmalwettbewerbs macht deutlich, wie eine Überwölbung der unterschiedlichen Interessen gelang.

b) Der beschränkte Architektenwettbewerb Im Februar 1930 waren verschiedene Vertreter der preußischen Regierung sowie des Reichswehrministeriums erstmals zu einer Sitzung in der Neuen Wache zusammengekommen. Dabei einigte man sich darauf, durch den Umbau der Gedenkstätte „dem Plane eines künftigen Reichsehrenmals“ 51 nicht vorgreifen 46 Ebd. 47 Ebd. 48 Ebd., Bl. 24. 49 Ebd., Bl. 27. 50 Ebd. 51 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 29, Sitzung v. 24.2.1930; vgl. auch BStZ Nr. 177 v.

4.8.1930; Tietz, Neue Wache, S. 24. Dagegen kommt Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 86f.,

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zu wollen. Allerdings beharrte Reichswehrvertreter Oberleutnant Kübler darauf, den Zweck des Kriegerdenkmals weit über Preußen hinaus festzulegen. Er wollte die Wache „zu einer Gedächtnisstätte für die Gefallenen Preußens und zum Andenken an alle Toten des Weltkrieges der alten Armee und Marine“ 52 gestalten. Diese widersprüchliche Zuschreibung jeweils „eigener“ Gefallener an Preußen und das Reich unterstreicht die funktionale Zweiteilung der Gedächtnisstätte in ein von der Vergangenheit befreiendes, ziviles sowie ein potentiell wiederholendes, militärisches Gedenken. Dies hat auch den Denkmalwettbewerb geprägt. Denkmal zwischen Preußen und Reich. Das Wettbewerbsprogramm Im Wettbewerbsprogramm wurde eine Vermittlung zwischen zivilen und militärischen Erinnerungsinteressen überraschend schnell erreicht. Bereits ein erstes vorläufiges Programmkonzept vom Februar 1930 konnte ohne größere Zerwürfnisse verabschiedet werden. Dabei legten die Vertreter des Reichswehrministeriums sowie der preußischen Regierung fest, dass aufgrund der „besonderen Betonung des preußischen Charakters […] nur preußische Architekten“53 zur Teilnahme aufzufordern seien. Zugleich machte man nochmals deutlich, dass die Gedächtnisstätte „des Reiches und des Preußischen Staates“54 letztendlich unter preußischer Patronage entstehen sollte. Nachdem der vorläufige Konkurrenzentwurf im Frühjahr 1930 von den Dienststellen beider Ministerien beraten und die gewünschten Änderungen bekannt gemacht worden waren, legte man das endgültige Wettbewerbsprogramm fest.55 Dabei hatte man sich inzwischen insoweit geeinigt, dass die engere Auswahl der Künstler und Preisrichter zwischen Preußen und dem Reich paritätisch zu treffen sei.56 Hingegen entsprachen die zu dem Schluss, „dass es sich eben doch um ein Reichsehrenmal handelte“; ähnlich Kruse, Neue Wache, S. 423. 52 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 29. Vgl. zusätzlich das Schreiben des Preußischen Finanzministers Kießling an Groener v. 4.4.1930, in dem er explizit betont, dass durch den Ausbau der Neuen Wache dem Plan eines künftigen Reichsehrenmals nicht vorgegriffen werden sollte; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 44. 53 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 29. 54 Ebd., Bl. 33. 55 Vgl. auch wenig ausführlich hierzu Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. IV, S. 87; Forner, War Commemoration, S. 526; Tietz, Neue Wache, S. 28; Kruse, Neue Wache, S. 424. 56 Zum Wettbewerb eingeladen wurden: die Architekten Peter Behrens, Erich Blunck, Hans Grube, Mies van der Rohe, Hans Poelzig und Heinrich Tessenow; als Preisrichter fungierten: der Ministerialdirektor im preußischen Finanzministerium Martin Kießling, der Ministerialrat im Finanzministerium Walter Curt Behrendt, Stadtbaurat Martin Wagner, der Kunst-

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einleitenden Vorgaben exakt der 1929 von Ministerpräsident Braun verwandten Formulierung. Es sei die Aufgabe der Künstler, so die Ausführungen zum Programm, „das Innere der Neuen Wache mit verhältnismäßig geringen Kosten zu einer würdigen, dem in- und ausländischen Besucher der Reichshauptstadt leicht zugänglichen Gedächtnisstätte umzugestalten.“57 Das Projekt bestimmte, dass „ein Innenraum mit mittlerem Atrium“ zu schaffen sei, „der dem Andenken der Toten“ dienen und zugleich „für Gedächtnisfeiern einen stimmungsvollen Rahmen“58 zur Verfügung stellen sollte.59 Dies wollte man „in der Hauptsache mit architektonischen Mitteln“ 60 erreichen. Nicht eine monumentale Plastik sollte somit im Mittelpunkt des Kriegsmonuments stehen. Vielmehr mahnte das Wettbewerbsprogramm, „dem Wesen der Aufgabe und dem Ernst der Zeit entsprechend“ 61 schlichte Mittel einzusetzen und ein „Gedenkzeichen“ 62 zu schaffen, das „[…] jede übermäßige Sentimentalität, jede übertriebene Mystik oder die selbst redende Symbolik der Plastik“63 vermeide. Dem Wettbewerb lag somit eine bewusste Abkehr von der traditionell-figürlichen Denkmalkunst zugrunde. Statt für eine Verkörperung der Toten im Bild hatte man sich für eine bildlose Verkörperung des Kriegstodes entschieden. Dies machte eine Wiederauferstehung des militärischen Helden und einen eindeutigen Appell an ein nationales Kriegsopfer von vorneherein kaum möglich.64 Schließlich wurden die Toten nun nicht weiter als lebendige (Kampf-) schriftsteller Karl Scheffler, der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Wilhelm Waetzoldt (somit war die „preußische Fraktion“ zunächst in der Mehrheit), ebenso wie der Ministerialrat im Reichswehrministerium Rudelius, Reichskunstwart Erwin Redslob, der bekannte Architekt Wilhelm Kreis und der preußische Generalkonservator Hiecke (den Beratungen wohnten allerdings gelegentlich noch der Chef des Ministeramts im Reichswehrministerium General Kurt von Schleicher und der Leiter der Presseabteilung des Reichswehrministeriums Major Erich Marcks bei); vgl. GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 46, 53ff. 57 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 9. 58 Ebd. 59 Hieran hatte der preußische Kultusminister Adolf Grimme entscheidenden Anteil, weil er darauf beharrte, die ursprüngliche Version des Wettbewerbsprogramms, welche die nationalen Funktionen der Gedenkstätte stärker betonte, abzuwandeln; vgl. GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 33, S.2 und Bl. 47. 60 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 33. 61 Ebd., Bl. 47; vgl. Tietz, Neue Wache, S. 29. 62 Ebd., Bl. 47. 63 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 10. 64 Die Tatsache, dass die Zusammenarbeit zwischen Architekten und Bildhauern im Programm keine Erwähnung erfuhr, rief einige Verwunderung hervor; vgl. insbes. GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 65; Kießling betonte nochmals, dass es sich hierbei eben „in erster Linie um Schaffung eines würdevollen Raumes, also um eine überwiegend architektonische

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Figuren memoriert, sondern als Abwesende in einem überwiegend leeren Gebäude erinnert.65 Trotz der Abneigung gegenüber allem konkret Bildhauerischen erlaubte die Gedächtnisstätte allerdings weiterhin die Integration divergierender Modi der Trauer. Denn ebenso wie der Atriumsbau an der Westseite mittelalterlicher Kirchen gleichermaßen Begräbnis- wie Prozessionszwecken diente, konnte auch die umgestaltete Neue Wache unterschiedliche Erinnerungsinteressen repräsentieren. Sie hatte einen zivilen Weihe- aber auch einen militärischen Kultwert, diente somit einerseits einem individuellen Festhalten, andererseits aber auch der nationalen Freigabe der Gefallenen. 66 Diese funktionale Mehrdeutigkeit, die aus gespaltenen Trauerformen resultierte, nahm das Ergebnis des Denkmalwettbewerbs bereits vorweg. Zur Doppeldeutigkeit des preußischen Helden. Durchführung und Ergebnis des Wettbewerbs Bereits wenige Tage nach Versendung der Unterlagen an einen engeren Künstlerkreis begann Ministerpräsident Braun, auf die beschleunigte Durchführung des Denkmalwettbewerbs zu drängen. So wurde in einer kurzfristig anberaumten Sitzung Mitte April 1930 beschlossen, sämtliche Entwürfe bereits zwei Monate später im kleinen Sitzungssaal des Finanzministeriums zu präsentieren. Wenige Tage darauf sollte das Preisrichtergremium seine Entscheidung treffen.67 Für die Einweihung hatte der Ministerpräsident das Totenfest, also den 23. November – als religiösem Gedenktag der Verstorbenen – ins Auge gefasst. Deutlich wird, wie gefährdet das zivildemokratische Totenerinnern im politischen Krisenjahr 1930, in dem die Große Koalition unter Führung der Sozialdemokraten und des Zentrums scheiterte, bereits war. Dies macht auch der Prozedere der Entwurfsauswahl deutlich.68 Nach der Besichtigung sämtlicher Entwürfe durch die Preisrichter wurden die Arbeiten zunächst bezüglich der programmatischen Hauptfragen geprüft. Dabei standen die Anlage und Ausstattung des Raumes, dessen Beleuchtung und Aufgabe“ handele und machte damit die eigentliche Intention des Kriegerdenkmalbaus deutlich; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 66. 65 Böhme, Toten, S. 27. 66 Binding, Formenlehre, S. 47. 67 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 76-80. Groener betonte in dieser Sitzung, “daß alles geschehen [solle], um zu verhindern, daß der Wettbewerb mit dem Gedanken des Reichsehrenmals in Verbindung gebracht werde“; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 75. Zur allgemeinen Organisation der Begutachtung (wie der Kosten- und Modellprüfung), vgl. insbes. GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 92-103. 68 Vgl. auch Tietz, Neue Wache, S. 30-50; Forner, War Commemoration, S. 526-531; Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 87-97.

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Wirkung sowie ein Gebrauch als ziviler Weiheplatz oder militärischer Versammlungsraum im Mittelpunkt der Diskussion. Allerdings hatten die rezeptionsästhetischen Fragen gegenüber den Nutzungsfragen eindeutig Priorität. 69 Eine mögliche feierliche Zelebration von Gedenkfeiern war nur ein Thema unter vielen.70 Dies zeigt nochmals, dass die Denkmalskommission nicht nur die Errichtung eines militärischen Ehrenmals, sondern auch eines zivilen Monuments verteidigte. Zugleich rückte der Bewertungsmaßstab einer Atriumsanlage immer weiter in den Hintergrund.71 Ins Auge fällt zunächst, dass von den insgesamt neun Entwürfen, die eingereicht worden waren, nur drei in die engere Wahl kamen. Ausscheiden mussten von vorneherein jene Arbeiten, deren überwiegend neoklassizistische Symbolik zu einer traditionell-nationalen Rezeption verpflichteten.72 Dazu gehörten sowohl die Entwürfe von Hans Grube73 und Erich Blunck74 als auch - überraschenderweise - zwei Arbeiten von Peter Behrens.75 Drittprämiert wurde der

69 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 125-127; Niederschrift der Sitzung des Begutach-

tungsausschusses v. 15.7.1930. 70 Giesen, Triumph, S. 51, 58. 71 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 126: “Der Begutachtungsausschuss stellte im An-

schluss daran fest, dass zwar nach den Wettbewerbsbedingungen ursprünglich eine atriumsartige Anlage gefordert worden war, beschloss jedoch, nach Kenntnis der eingegangenen Arbeiten auch die Lösungen, die auf diesen Gedanken verzichtet haben, bei der Beurteilung als gleichberechtigt zu behandeln”; diese Entscheidung wurde von Seiten der beteiligten Künstler sowie der Öffentlichkeit scharf kritisiert; vgl. insbes. Blunck, Umgestaltung, S. 81; H.W. Scharkowski, Das Berliner Gefallenen-Ehrenmal, in: NPZ v. 25.7.1930. 72 Vgl. hierzu auch die Kritik am Historismus bei Giesen, Triumph, S. 38f. 73 Sein Entwurf „Rund“ zeigte den Innenraum der Wache als offenes Atrium, das von zwölf dorischen Säulen eingefasst wurde. An der Rückseite des offenen Innenhofs war eine Grabplatte vorgesehen, hinter der schmale Treppenläufe zur Gruft hinunter führten; die zweite Variante „Krypta“ setzte an die Stelle des runden ein rechteckiges Atrium. Die historisierende Raumkonzeption stieß von Anfang an auf deutliche Ablehnung; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 127; Tietz, Neue Wache, 34f. 74 Die beiden Entwurfsvarianten „Pantheon“ zeigten einmal einen auf quadratischem Grundriss geöffneten Innenhof, in dessen Zentrum ein geflügelter Engel auf hohem Sockel stand; der zweite Entwurf zeigte denselben Engel in einem pantheonartigen Innenraum. Die Darstellung war neoklassizistisch geprägt; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 127; Tietz, Neue Wache, 36f. 75 Sein erster Entwurf „Ich hatt einen Kameraden“ zeigte einen Gedenkraum, in dessen Zentrum ein auf hohem Sockel stehender Sarkophag einer Gruft entwuchs. Im zweiten Entwurf „Hindenburg“ stand eine von Riesenkreuzen umfangene Plastik im Mittelpunkt; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 127; Tietz, Neue Wache, S. 37-39; Forner, War Commemoration, S. 527.

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Entwurf „Soldatengrab“ des expressionistischen Architekten Hans Poelzig. 76 Dieser basierte auf der Idee von „Säulenkreuzen“, 77 die in einem „in voller Konsequenz durchgeführten Atrium“78 zu einem monumentalen Pfeilerumgang zusammengefügt waren. Im Zentrum des Hofes ruhte ein aus der Erde der Schlachtfelder geschaffenes, schlichtes Feldgrab. 79 Die Opfersymbolik des Grabes und der aneinandergereihten Kreuze brachten die Anonymität des Massentodes adäquat zum Ausdruck und luden zu einer objektiven Auseinandersetzung mit dem Kriegstod ein. Trotzdem wurde die Arbeit von den Preisrichtern insgesamt zurückhaltend bewertet.80 Während Architekt Martin Wagner den Entwurf als „Friedhof des Lebens“81 ansah und damit die stumme Anklage gegen den Kriegstod zum entscheidenden Kriterium erhob, sahen die übrigen Gutachter in dem Modell überwiegend einen ästhetischen Gegensatz. „Das Balkengerüst des inneren Umgangs, gebildet aus den aneinander gereihten Pfeilern von kreuzförmiger Gestalt, steht in Form und Proportion als ein Fremdkörper im Rahmen der Schinkelschen Architektur,“82 so argumentierte der Architekt Walter Curt Behrendt. Und der Kunstkritiker Karl Scheffler urteilte gar, dass „der Gegensatz zwischen den edel antikischen Formen Schinkels, von denen der Besucher draußen empfangen [würde] und den absichtlich primitiven Formen Poelzigs im Innern etwas peinlich“83 wirke.84 Auch die Idee eines einfachen Feldgrabes, das der Individualisierung des unschuldigen Opfers diente, 76 Hans Poelzig (1869-1936) war ein moderner Architekt und Hochschullehrer und als Vor-

sitzender des Neuen Werkbundes maßgeblich an der Entwicklung des Neuen Bauens und der Neuen Sachlichkeit beteiligt. Im April 1933 musste er auf Veranlassung der Nationalsozialisten seinen Direktionsposten in der Vereinigten Staatsschule für freie und angewandte Kunst (Berlin) räumen. Er verstarb 1936, kurz vor seiner geplanten Ausreise in die Türkei. 77 Barch, R 032, 358, Gutachten Martin Wagner, S. 6. 78 Ebd. 79 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. IV, S. 90f.; Tietz, Neue Wache, S. 39f.; Forner, War Commemoration, S. 527; vgl. auch den Beitrag von Ludwig Dettmann in Deutsche Tageszeitung v. 23.7.1930, 1. Beiblatt; dieser erhob Einspruch gegen den Entwurf eines kleinen Feldgrabes, weil der von ihm maßgeblich angestoßene Gedanke einer Ehrung mit Hilfe der Erde von Kriegsgräbern hier untergehe. Der Platz sei viel zu klein, um die Gräber von fast zwei Millionen Toten zu fassen; vgl. auch Königsberger Stadtspiegel, Nr. 343 v. 25.7.1930. 80 Dies erstaunt deshalb, weil Poelzigs Lösung dem ursprünglich geforderten Programm, ein Atrium zu schaffen, von den drei ausgewählten Arbeiten am nächsten kam. Trotzdem setzte nur Landeskonservator Hiecke den Entwurf auf den ersten, Stadtbaurat Martin Wagner ihn auf den zweiten Platz; GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 151 (Gutachten Hiecke); Barch, R 032, 358, Gutachten Martin Wagner. 81 Barch, R 032, 358, Gutachten Martin Wagner, S. 6. 82 Ebd., Gutachten Walter Curt Behrendt, S. 1. 83 Ebd., Gutachten Karl Scheffler. 84 Vgl. weiterhin Ebd., Gutachten Wilhelm Waetzoldt, S. 2.

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stieß auf Ablehnung. Nur ein Gedenkzeichen, das sowohl das zivile als auch das militärische Heldentum der Gefallenen reflektierte, konnte im paritätisch besetzten Preisgericht akzeptiert werden. Eine allzu realitätsnahe Darstellung lehnte man hingegen von vorneherein ab. Dies wurde auch anhand des zweitprämierten Entwurfs deutlich. Ludwig Mies van der Rohe hatte für den Wettbewerb einen kubischen Raum geschaffen, in dessen Zentrum ein leicht eingetiefter Gedenkstein in Form eines niedrigen quadratischen Blocks aus schwarzem Granit zum Liegen kam.85 Seitlich trug der Stein die Inschrift „Den Toten“, während oberhalb ein Relief des Reichsadlers eingearbeitet war.86 Wesentlich für das Verständnis dieser Arbeit ist, dass Mies van der Rohe für die Anlage des Raums den griechischen Tempelbereich der Schinkelwache von seinem römisch-militärischen Castrumsbereich abgetrennt hatte.87 Durch diese Abgrenzung entstand ein exakt quadratischer Raum ausschließlich ziviler Symbolik. Allerdings nahm er nach Ansicht seiner Kritiker lediglich den Charakter eines „Durchgangs- bzw. Vorraums“88 an. Neben diesem räumlichen Aspekt gab vor allem die mangelnde Belichtung der Gedächtnisstätte Anlass zur Kritik.89 „Ein Einblick in das stark abgedunkelte Innere [sei] von der Straße her nicht möglich,“90 es „[störe] die vollkommen geschlossene Decke, die einen düsteren, gruftartigen Raum schaffe,“91 „von der Straße aus gesehen, [würde] nicht zu erkennen sein, dass es sich um ein Ehrenmal [handele],“ 92 so die Kommentare einzelner Preisrichter. Gerade in der mangelnden Belichtung des „toten Raumes“93 sahen die Fürsprecher des Projekts, wie beispielsweise Martin Wagner, allerdings seinen großen Vorzug: 85 Ludwig Mies van der Rohe (1868-1969) gehört zu den bedeutendsten modernen Architekten

des 20. Jahrhunderts. Nach Lehrjahren in Berlin bei Peter Behrens trat er 1919 der sogenannten Novembergruppe bei; 1926 wurde er zum Vizepräsident des Bunds deutscher Architekten gewählt; 1938 wanderte er in die USA aus. 86 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 89f.; Tietz, Neue Wache, S. 42-47; Forner, War Commemoration, S. 527. 87 Van der Rohe hatte geplant, zwei Querwände – mit querrechteckigen Marmorplatten bedeckt – in den Innenraum einzuziehen; Tietz, Neue Wache, S. 43. 88 Der Raum hatte aufgrund des Abtrennens der seitlichen Wände und des Abschlusses durch eine markante Tür vor allem Tiefenwirkung; Barch, R 032, 358, Gutachten W.C. Behrendt, S. 3; Gutachten Wilhelm Kreis, S. 3; Gutachten Wilhelm Waetzoldt, S. 2. 89 Um eine größtmögliche Dunkelheit zu erzielen, hatte Mies van der Rohe vorgesehen, die einzigen Fenster des Raumes oberhalb des Eingangsportikus‟ mit undurchsichtigem Grauglas zu versehen, Tietz, Neue Wache, S. 43. 90 Barch, R 032, 358, Anlage 2, Gutachten Walter Curt Behrendt, S. 3. 91 Ebd., Gutachten Rudelius. 92 Ebd., Gutachten Wilhelm Kreis, S. 2f. 93 Ebd., Gutachten Martin Wagner, S. 4.

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„Das abgedämpfte Licht gibt dem Raum eine größere Weite, nimmt ihm das hart Gegenwärtige und erzeugt eine in sich schwingende Spannung, die zur inneren Sammlung führen muß. Der Baumeister eines Stephansdoms in Wien wusste sehr wohl, dass seelische Spannung nicht mit dem Licht des Tages und der Straße erzeugt werden kann.“ 94

Der moderne Berliner Städteplaner hatte somit erkannt, was das Hauptziel des von Mies van der Rohe gestalteten Trauerraums war: Er sollte den Besucher zur inneren Einkehr führen, indem seine Leere die Abwesenheit der Toten reflektierte und zugleich ein Gefühl der Scham produzierte. Es waren somit letztendlich divergierende Deutungen des Kriegstodes, welche die Ablehnung dieser Arbeit bewirkten. Während seine Befürworter den dunklen Raum gerade deshalb schätzten, weil er ein „Tempel des Todes“ sei, somit „alle unsere sonstigen Empfindungen zu einem großen Schweigen [brächte]“,95 lehnten seine Kritiker eine solche Symbolik rein objektiver Trauer rundweg ab. Dabei wurde vor allem argumentiert, der Raum genüge rezeptionsästhetisch nicht. Man plädierte vielmehr für die Anlage eines „ruhenden Raumes“,96 der auch „eine weihevolle, zur Andacht zwingende Feierlichkeit“97 im Betrachter erzeugen könne.98 Dies zeigt nochmals, wie sehr das Preisgremium um ein Nebeneinander seiner gespaltenen Trauerkonzepte rang. Der erstprämierte Entwurf „1914/1918“ von Heinrich Tessenow99 zeichnete sich insbesondere durch seine mehrdeutige Symbolik aus (Abb. 54 u. 55). Durch ein in die Decke eingebautes Oberlicht wurde ein zentraler Kubus, auf dem ein Kranz niedergelegt worden war, beleuchtet. Der Rest des Raumes lag dagegen im Dunklen. Dies erzeuge eine „vornehm schlichte Raumwirkung, die schon von

94 Ebd., Gutachten Martin Wagner, S. 5. Vgl. auch das Urteil Edwin Redslobs in Barch, R 032,

358, Anlage 7. 95 Zum Konzept des „fließenden Raumes“ bei Mies van der Rohe, vgl. insbes. Müller, Raum, S.

91-94. 96 Barch, R 032, 358, Gutachten Walter Curt Behrendt, S. 4. 97 Ebd. 98 Vgl. Berendt, Gedächtnisstätte, S. 517f. 99 Heinrich Tessenow (1876-1950) war ein Vertreter progressiver Architektur in der Weimarer

Republik. Er knüpfte aus einer konservativen Grundeinstellung heraus bewusst an Traditionelles an, nahm allerdings zugleich die formalen und technischen Neuerungen seiner Zeit auf und galt als Vertreter eines stillen, schlicht-sachlichen, klassischen architektonischen Ausdrucks. Nach 1918 blieb Tessenow ohne größere Aufträge, erhielt allerdings 1926 eine Professur an der Technischen Hochschule Berlin (neben Hans Poelzig); er nahm gegenüber dem Nationalsozialismus eine überwiegend ablehnende Haltung ein, erhielt allerdings von seinem Schüler Albert Speer zwischen 1933 und 1945 den ein oder anderen Auftrag; De Michelis, Ausstellung, S. 31, 44-46; Wangerin/ Weiss, Tessenow, S. 18ff., 32f., 49-51; Scheffler, Tessenow, S. 50ff.; ders., Ehrenmal, S. 399; ders., Heinrich Tessenow, S. 43ff.; 56ff.

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außen den Vorübergehenden zum Einblick und zur Einkehr [mahne],“100 so die Meinung der Gutachter. Im Tessenowschen Modellentwurf war somit einerseits eine Totenehrung im traditionell militärischen Sinn, andererseits die zivile Memorierung der Kriegsopfer ermöglicht. Die divergierenden Trauerkonzepte waren hier eher nebeneinander als miteinander repräsentiert. Dies erkannte auch das paritätisch zusammengesetzte Preisgericht und stimmte dem Entwurf zu. Allerdings trafen erst Braun und Groener die abschließende Auswahlentscheidung.101 Für die breite Öffentlichkeit waren die Wettbewerbsmodelle zunächst über eine Woche im Festsaal des ehemaligen Herrenhauses Berlin ausgestellt. 102 Dabei entschloss man sich rasch, die Schau zu verlängern, „um nach Bekanntgabe des Auftrages an Herrn Professor Tessenow noch weiteren Publikumskreisen die Besichtigung zu ermöglichen und nicht den Eindruck zu erwecken, als wenn nur auf den Schluss der Ausstellung gewartet worden wäre, um die staatliche Entscheidung bekannt zu geben.“103 Dies zeigt, wie sehr die preußische Regierung mit ihrer Entscheidung in die öffentliche Kritik zu geraten drohte. 104 Tatsächlich wurde bereits kurz nach Beginn der Schau die „ganze Denkmals-Angelegenheit auf das politische Gleis“105 verschoben, wie Tessenow im Oktober 1930 gegenüber einem Freund beklagte. Insgesamt war die Planungsphase des preußischen Kriegerdenkmals Neue Wache von permanenten Konflikten des Trauerns durchzogen. Bei den ersten Vorbereitungen zur Errichtung eines Ehrenmals im Schinkelbau 1924 hatten sich die Pole des Trauerspektrums noch kompromisslos gegenübergestanden. Erst einige Jahre später kam es dann zu Grenzverschiebungen, die zu einem gradu100 Barch, R 032, 358, Gutachten Rudelius; vgl. auch Gutachten Wilhelm Kreis, S. 1; Gutachten

Wilhelm Waetzoldt, S. 1. 101 GStA, I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 29, Rückseite. 102 Zwischen dem 23. und 30.7.1930 hatte die Öffentlichkeit Zutritt zu den Entwürfen; GStA,

I. HA Rep. 151 IV, Nr. 2387, Bl. 176. 103 Die Ausstellung wurde bis einschließlich 3. August 1930 verlängert; GStA, I. HA Rep. 151

IV, Nr. 2387, Bl. 178. 104 Empörung wurde laut, als deutlich wurde, dass die Entscheidung über den auszuführenden

Entwurf vor der öffentlichen Ausstellung der Modelle bereits getroffen war; damit war die geäußerte Kritik praktisch hinfällig; in diesem Zusammenhang machte das Wort von der „Diktatur der Bürokratie“ die Runde; Vorwärts, Abendausgabe Nr. 356 v. 1.8.1930; Der Tag 81 Nr. 1 v. 31.7.1930; National-Zeitung v. 23.7.1930; KT Nr. 379 v. 29.7.1930; Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 355 v. 30.7.1930; VosZ v. 30.7.1930 usw. Der stärkste Protest wurde sicherlich von Hermann Schmitz, dem langjährigen Kustos des Schlossmuseums, geäußert. Er wollte einen Eingriff in die historische Bausubstanz der Neuen Wache mit allen Mitteln verhindern; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2387; Bl. 180-186, 226, 229. 105 SMB, Kunstbibliothek, III. 2. 7. 3., Schreiben Tessenow an Architekt Hasche v. 15.10.1930.

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ellen Konsens in der Frage der Sinnstiftung des Kriegstodes führten. Während das Reichswehrministerium weiterhin die Kontinuität des militärischen Helden propagierte, plädierte die sozialdemokratische Regierung Preußens dafür, die Neue Wache zu einer Gedächtnisstätte auszubauen, welche an eine kollektive Hingabe zugunsten der Republik appellierte und zugleich die unschuldigen Opfer erinnerte. Im überwiegend von Preußen bestimmten Wettbewerbsprogramm wurde die Anlage einer schlichten, aber würdigen, abstrakt-architektonischen Gedächtnisstätte beschlossen. Als erstprämierte Arbeit ging aus der Konkurrenz ein Modell des Berliner Architekten Heinrich Tessenow hervor. Durch seine mehrdeutige Symbolik war es geeignet, das demokratische Totengedenken Preußens, ebenso wie das nationale Erinnern der Reichswehr, nebeneinander zu repräsentieren, wobei die zivilen Gestaltungselemente im Kriegsmonument allerdings überwogen.

2. Irritationen. Zur mehrdeutigen Gestaltung des Monuments Seit Bekanntgabe der Auswahlentscheidung waren die Arbeiten an der Neuen Wache pausenlos im Gang. 106 Der Ministerpräsident bat eindringlich, „unter allen Umständen […] an dem [neu] vereinbarten Termin Mitte März [1931] für die Fertigstellung der Gedächtnisstätte festzuhalten.“ 107 „Der Umbau“, 108 so Otto Braun, solle „noch vor Ostern fertiggestellt“109 sein. Dies zeigt, wie sehr er durch die veränderte politische Situation in Zugzwang geraten war.110 Parallel zu der Umgestaltung der Gedächtnishalle arbeitete Heinrich Tessenow weiterhin an der endgültigen Formgebung des Monuments. Dabei konzentrierte er sich allerdings keineswegs nur auf seinen erstprämierten Entwurf. Im Gegenteil: Der Künstler hatte seit Mitte 1930 eine ganz neue Gestaltung im Auge: „Nämlich ein abgrundtiefes Loch, […] eine dunkle Grube […], mit Broncebalken bedeckt.“111 Er erklärte, „daß nur ein bodenloser Abgrund der einzig angemessene architektonische Ausdruck für den Krieg überhaupt und für Millionen Kriegsop-

106 Auf der Baustelle bei der Neuen Wache wurde unter Hochdruck gearbeitet; Tessenow hatte

die schnellstmögliche Ausführung der Entwürfe vertraglich garantieren müssen, GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388, Bl. 31, S.2, 32f. 107 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388, Bl. 51. 108 Ebd., Bl. 47. 109 Ebd. 110 Vgl. auch Braun, Weimar, S. 334. 111 SMB, Kunstbibliothek, III. 2. 7. 69, aus: Chilla Schlichters Erinnerungen; Wangerin/Weiss, Tessenow, S. 50.

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fer“112 sein könne (Abb. 56). Dies macht deutlich, wie sehr Tessenow innerlich zwischen einer idealen und einer wirklichkeitsnahen Deutung des Kriegstodes hin- und herschwankte. Allerdings konnte sein überarbeitetes Modell nicht mehr berücksichtigt werden. Schließlich befürwortete das paritätisch besetzte Gutachtergremium nur eine Symbolik, die in der Lage war, zwischen militärischem und zivilem Totengedenken zu vermitteln. Für eine ausschließliche Verteidigung des unschuldigen Kriegsopfers wäre eine Stimmmehrheit niemals zu erzielen gewesen. Dessen war sich auch Ministerialrat Kießling bewusst, als er Tessenow von einer weiteren Verfolgung des Denkmalprojekts abriet.113 Gleichwohl ersetzte der Künstler am Ende den ursprünglich prämierten, überlebensgroßen, sarkophagähnlichen Stein mit vergoldetem Eichenkranz durch einen deutlich niedrigeren Kubus mit Silberkranz.114 Die Neue Wache war ein klassizistisches Gebäude, das sich im unmittelbaren Stadtzentrum, inmitten der Prachtstraße Unter den Linden, befand (Abb. 57). Von 1818 bis 1918 hatte sie als Haupt- und Königswache der Hohenzollernschen Monarchie gedient.115 Um diesen Zweck zu unterstreichen, wurde sie ab 1816 von Karl Friedrich Schinkel in Anlehnung an ein römisches Castrum erbaut. 116 Daran erinnerten insbesondere die rechteckige Grundform des Gebäudes, ihre vier turmartigen Eckrisalite sowie der innere Hofcharakter der Anlage. Neben den rein funktionalen wollte der preußische Baumeister die Neue Wache allerdings auch künstlerischen Zwecken öffnen. Deshalb bestimmte Schinkel die Zusammenführung der römischen Grundform mit einem griechischen Tempelvorbau.117 Der Einbau dorischer Säulen gab der Neuen Wache eine offene Gestalt, die zu dem massiven römischen Baukörper in fruchtbarem

112 In seinen Entwurfszeichnungen wird deutlich, daß „jeder Strich […] wie von zarter Liebe

gezogen [ist], einer strengen sachlichen Disziplin unterworfen, jeder Strich ist geladen mit Empfindung“; Scheffler, Tessenow, S. 58. 113 Wangerin/Weiss, Tessenow, S. 50. 114 Vgl. VosZ v. 30.7.1930. 115 Eine eingehende Beschreibung der zeitgenössischen Nutzung – in der Neuen Wache wurde am 1.8.1914 die Mobilmachung verkündet und vier Jahre später die Demobilisierung – findet sich bei Kießling, Gedächtnisstätte, S. 7f.; neben dem Wachtkommando enthielt das Gebäude die Hauptzentralstelle des Militärtelegraphen Berlin und eine Militärpostanstalt. Sie wurde nach dem Krieg für militärische Zwecke nicht mehr benutzt; stattdessen gab es unter anderem Anträge auf Verwendung als Kaffeehaus und als chemisches Labor. 116 Die Neue Wache wurde zwischen 1817 und 1819 errichtet. Das „castrum romanum“ entsprach einem befestigten Truppenlager in rechteckiger Form, Watkin, Geschichte, S. 391. 117 Watkin, Geschichte, S. 275ff.

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Kontrast stand.118 Zusätzliche Spannung wurde durch ein Relief erzeugt, das im Tympanonfeld des Portikus angebracht war. Es versinnbildlichte sowohl den Auszug des Helden in den Kampf als auch seine Betrauerung durch die zurückgebliebenen Angehörigen. 119 Insgesamt schwankte das klassizistische Bauwerk somit zwischen einer militärischen und zivilen Symbolik. 120 Diese Ambivalenz wurde durch den Standort weiter begünstigt. Während das östlich neben dem Gebäude gelegene Zeughaus die Erinnerungen an die große preußische Militärtradition wach hielt, diente die westlich gelegene Friedrich-Wilhelms-Universität überwiegend Kunst und Wissenschaften und somit dem Aufbau der Zivilgesellschaft. In der preußischen Gedächtnisstätte sollten diese beiden Pole auf neuartige Weise verbunden werden: Sie sei „Erinnerung an eine Zeit zwischen Waffen und Geist und nun die Mahnung an die Zukunft, die es besser machen soll,“ 121 so Martin Kießling anlässlich der Einweihung des Kriegerdenkmals.122 Nachdem Heinrich Tessenow mit der Ausführung des Wettbewerbsmodells beauftragt worden war, begann man schnellstmöglich, die alten Wachräume niederzureißen und den Fußboden tiefer zu legen.123 Die fünf großen Fensteröffnungen in der südlichen Vorhalle wurden beseitigt und durch drei niedrige Türen mit Gittertoren ersetzt, um das Licht gedämpft in den Innenraum einfallen zu lassen.124 Zugleich verblendete man die Fensternischen der seitlichen Fassaden. Dagegen blieb der Platz rund um das Denkmal nahezu unverändert. Le-

118 Die tanzenden, scheinbar schwerelosen Siegesgöttinnen auf dem Gebälkfries waren der

dorischen Tempelfront nachempfunden, die ursprünglichen Schmuckelemente, wie die Abfolge von Triglyphen und Metopen, fehlen hier; Claus, Architekturtheorie, S. 84ff. 119 Die zentral angeordnete Siegesgöttin Viktoria trennt zwei feindliche Gruppen von Kämpfern, die Schinkel einerseits als „letzte Anstrengung, Aufmunterung zum Kampfe, Flucht, Raub und Schmerz der Familie, die ihr Schicksal erwartet“, andererseits als „Überwältigung und Trauer um den gefallenen Helden“ gedeutet wissen wollte; zit. n. Claus, Architekturtheorie, S. 90; vgl. auch Dronke, Geschichte, S. 22, 27. 120 Tietz, Neue Wache, S. 9-20. 121 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 15. 122 Dass die Gedenkstätte Neue Wache mit dem schräg gegenüber Unter den Linden liegenden Reiterdenkmal Friedrichs des Großen in Verbindung zu bringen, das Totengedenken somit an die preußische Monarchie zurückzubinden sei, wird durch die Quellen – im Unterschied zum Reiterstandbild beim bayerischen Kriegerdenkmal – nicht bestätigt; vgl. zur Auffassung Kosellecks, ders., Unbekannte Soldat, S. 146. 123 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 218, Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 98. 124 Wangerin/ Weiss, Tessenow, S. 49.

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diglich die eiserne Gittereinfassung des Gebäudes und die Doppelreihe der alten Gewehrständer wurden entfernt.125 „Ungehindert betritt man die säulengetragene Vorhalle, die ein architektonisches Erlebnis für sich bildet,“126 schilderte ein Zeitgenosse den Zutritt zum Kriegerdenkmal. „Hinter den Türen führen zwei Stufen hinab – dieses leise Hinabsteigen ist psychologisch wichtig – in einen großen, wohltätig wirkenden Raum […]. Er wirkt allein durch die aus Quadern von Muschelkalkstein gebildeten glatten Wände, durch die Fläche des mit dunkelgrauen Basaltsteinen gepflasterten Fußbodens.“127 Ungefähr in der Mitte der abgedunkelten Gedächtnisstätte hatte man einen mit metallenen Eichenblättern versehenen Kranz auf einem 167 x 141 x 141 cm hohen, tiefschwarzen Granitkubus unterhalb eines Oberlichts niedergelegt (Abb. 58 u. 59).128 Vor dem Denkmal war eine kleine Granitplatte mit der Inschrift „1914 1918“ auf dem Boden angebracht. 129 Die Konzentration auf einen einzigen Blickpunkt in dem – bis auf zwei mittelhohe Kerzenständer links und rechts des Kubus – völlig leeren Raum konnte eine „fast rührend schlichte und doch feierliche Stimmung“130 im Betrachter erzeugen. „So wie jede Inschrift, jeder Wortreichtum vermieden ist, so äußert sich die Musikalität dieses imposanten Raumes nicht in einer Folge von Klängen, sondern in einem einzigen feierlichen Ton,“131 äußerte der Vorsitzende des Gutachtergremiums, Martin Kießling, und machte damit nochmals deutlich, wie sehr der Künstler mit seiner klassisch-modernen Formsprache den Nerv des Preisrichterkollegiums getroffen hatte. Der Kunstkritiker Karl Scheffler kommentierte den Raum anlässlich der Einweihung 1931 folgendermaßen: „Man kann im Schlichten […] nicht produktiver sein, als Tessenow es hier ist. Sein Takt mutet schöpferisch an, seine Kühnheit ist still. Sein reines Menschentum hat sich dem Werk mitgeteilt, hat das Werk geadelt und verleiht ihm eine eigene, phrasenlose

125 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 8; die Gewehrstände verkörperten für viele Besucher der

Neuen Wache noch „die Scharen, die damals in Reih und Glied getreten, im gleichen Schritt davongegangen sind“; ihre Beseitigung war deshalb äußerst umstritten; vgl. die Eingabe in GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 1-5. Der Plan zur Neugestaltung des Platzes um die Neue Wache v. 1.4.1931 zeigt, dass sie gleichwohl entfernt worden waren; LAB, A Rep. 007 Nr. 328. 126 Meier, Neue Wache, S. 157. 127 Scheffler, Ehrenmal, S. 399. 128 Damit wich die endgültige Ausführung des Kubus deutlich von seiner ursprünglichen Höhe im Wettbewerbsmodell (1,8 Meter) ab. 129 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 53, 108; deren Höhe betrug 2,55 Meter. 130 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 10. 131 Ebd., S. 11f.

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Weihe.“132 Die Einfachheit und Würde der Gedächtnisstätte konnte kaum einem rein militärischen Totengedenken Vorschub leisten. Zunächst hatte Tessenow die Absicht gehabt, einen Eichenkranz aus purem Gold auf dem Gedenkstein niederzulegen.133 Dies hätte der traditionellen Heldensymbolik voll entsprochen. Allerdings kam der Künstler letzten Endes hiervon wieder ab. Dabei spielten neben der Solidarität mit den unschuldigen Kriegsopfern sicherlich auch ästhetische Aspekte eine Rolle:134 „Ein Kranz aus verschiedenen Edelmetallen, der unterschiedlichen Helligkeitswert habe, könne den Kreis zum Raum hin viel besser schließen. Schließlich sei ein rein goldener Kranz mit dem in Grau- und Schwarztönen gehaltenen Raum nur schwer in Harmonie zu bringen,“135 gab ein Schüler die Gedankengänge Tessenows später wieder. Indem der Architekt allerdings eine Metallmischung dem rein goldenen Kranz vorzog, verschob er zugleich das nationale Totenbild, weg von einer ausschließlichen Affirmation des militärischen Helden, hin zu einer stärker objektiven Trauer. Im März 1931 begann der expressionistische Bildhauer Ludwig Gies136 mit den Kranzarbeiten. Dabei wurde ein massiver Silberkranz mit Gold belegt und mit Platin plattiert (Abb. 60). 137 Welche zentrale Bedeutung diesem Symbol innerhalb des Gesamtdenkmals zukam, wird bereits in den Entwurfserläuterungen Tessenows deutlich: „In der Reihenfolge dieser symbolischen Einzelheiten: […] Stein, Eichenkranz und darüber die Deckenöffnung […] ist der 132 Scheffler, Ehrenmal, S. 399. 133 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 216 (Erläuterungsbericht Entwurf Tessenow); Tietz,

Neue Wache, S. 52. Es muss somit davon ausgegangen werden, dass – anders als bisher angenommen – die Formgebung des Kranzes nicht nur durch den Bildhauer Gies, sondern auch durch Tessenow bestimmt wurde; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 238, 243. 134 Kießling beschreibt dies so: „Die Idee des Künstlers […] scheiterte schließlich an der in so armer Zeit nicht recht zu vertretenden Kostbarkeit des Opfers, die womöglich noch falsch verstanden worden wäre“; ders., Gedächtnisstätte, S. 12. 135 SMB, Kunstbibliothek, III. 2. 7. 13a, Aufzeichnung der Gedankengänge Tessenows, Bl.1. 136 Ludwig Gies (1887-1966) hatte seinen bildhauerischen Schwerpunkt nach der Übersiedlung von München nach Berlin im Jahr 1918 von Medaillen und kleinen Plastiken auf die Anfertigung von Großskulpturen verlegt. Dabei bediente er sich überwiegend expressionistischer Stilmittel. 1921 schuf er eine Christusfigur als Wettbewerbsbeitrag für ein Kriegerdenkmal der Lübecker Marienkirche, die 1937 in der Münchener Ausstellung zur Entarteten Kunst präsentiert wurde; Ernsting, Gies, S. 98-103, 125f.; vgl. Berger, Bildhauerei, S. 426, 433. 137 Für den Kranz hatte man zunächst 170 kg Silber fein und 4 kg Gold fein zu einem Gegenwert von 18300 RM von der Reichsbank angekauft. Da die Menge noch nicht ausreichte, kaufte man nochmals 20 kg Silber und 2 kg Gold nach; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 80, 88f., 91-97.

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Eichenkranz das besonders Betonte,“138 notierte er im August 1930. Der Architekt wählte hier zunächst ein Symbol, welche die Kriegsopfer zu Helden machte. Schließlich diente das Kranzmotiv traditionell einem ehrenden Totenerinnern, das der Idee des unschuldigen Opfers zuwiderlief. Die aus (Lorbeer-) Blättern geflochtenen Kränze galten von jeher als Sieges- und Herrschersymbole. In der metallischen Ausführung konnten sie gar als Krone wahrgenommen werden. An der Symbolik des Kreises partizipierend, sah man sie als Zeichen der Vollkommenheit an.139 Hinzu kam, dass die Eiche und ihre Blätter als Symbol deutscher Urkraft und Beharrlichkeit schon ab dem 18. Jahrhundert regelmäßig zur Heldenehrung verwandt wurden.140 Typisch war auch eine Verbindung mit dem Eisernen Kreuz, das Tessenow am äußeren Zugang zur Halle, oberhalb der mittleren Türöffnung, kleinformatig anbringen ließ.141 Allerdings war der von Gies entworfene Kranz zugleich geeignet, dem Vergessen des tatsächlichen Kriegstodes entgegenzuwirken. 142 Denn durch die Auswahl verschiedenfarbiger Edelmetalle verband er sich mit „dem weißgrau des Berliner Himmels.“143 Zudem war „nicht der übliche Lorbeerwulst, sondern ein kunstvoll aufgelockerter Eichenlaubkranz“ 144 auf dem Kubus niedergelegt worden. Seine offene, variable Gestaltungsform war durchaus in der Lage, eine einseitig nationale Verklärung des Kriegstodes zu verhindern. Schließlich transportierte er nicht mehr einen fest gefügten politischen Konsens – dieser wurde vielmehr als flüchtig erachtet. „Man war zweifelhaft, ob sich die konventionelle Form solcher dekorativer Kränze überwinden lassen würde – es ist geglückt,“145 kommentierte die „Vossische Zeitung“ das Kranzsymbol am Tage der Denkmaleinweihung. Während das Motiv im engeren Sinn noch auf die erneute nationale Freigabe der Gefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens verwies, mahnte dessen konkrete Ausführung bereits eine deutliche Verschiebung des Trauerspektrums an. Dies wird auch daran deutlich, dass die Materi138 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 216 (Erläuterungsbericht Entwurf Tessenow). 139 Lurker, Symbolik, S. 403; vgl. auch die Erläuterungen von Tietz, Neue Wache, S. 52, der den

Kranz mit dem von Karl Friedrich Schinkel nach den Befreiungskriegen angebrachten Eichenkranz auf der Schadowschen Quadriga des Brandenburger Tores vergleicht. 140 Lurker, Symbolik, S. 163; Die Eiche als “deutscher Baum” wurde insbesondere mit den Befreiungskriegen und mit den Einigungskriegen in Verbindung gebracht; Forner, War Commemoration, S. 539. 141 Forner, War Commemoration, S. 539; Tietz, Neue Wache, S. 52. 142 Dies macht auch die grundsätzliche Verschiebung, weg von der traditionellen Denkmalkunst, hin zu einer modernen Auffassung sichtbar, in der unter anderem das Material an die Stelle traditioneller Mimesis trat; vgl. Heckmann, Figur, S. 59ff. 143 SMB, Kunstbibliothek, III. 2. 7. 13a, Aufzeichnung der Gedankengänge Tessenows. 144 FZ Nr. 403 v. 2.6.1931 (Siegfried Kracauer). 145 VosZ Nr. 141 v. 3.6.1931.

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algrundlage an den dominanten Grau- und Schwarztönen der Halle partizipierte, was die Wirkung objektiver Motive der Trauer zusätzlich verstärkte. „[Tessenow] hat eine gefährliche Aufgabe übernommen, da der von oben beleuchtete Kranz in jeder Weise im Blickpunkt liegt, wie eine Krone, die allen Gefallenen dargebracht wird.“146 Bereits den Zeitgenossen war bewusst, dass das gewählte Kranzmotiv zu Missverständnissen führen konnte. Deshalb räumte der Vorsitzende des Preisrichtergremiums Martin Kießling später ein, dass die Materialwahl „vielleicht noch schlichter [hätte] sein sollen, etwa ein eiserner Kranz, der von unserer Armut zeugt.“147 Ihm war deutlich, dass das Kranzmotiv nicht nur einem rein zivilen, sondern auch weiterhin einem militärischen Totenerinnern dienen konnte. Erst wenn nicht die Sonne den goldenen Schein des Kranzes verstärkte, sondern ein graues, fahles Licht oder gar Regen auf den Stein fiel, nahm der Betrachter das Symbol als irritierend deutungsoffenes Zeichen wahr, das die Sinnsuche des Kriegstodes reflektierte. Für Tessenow galt als „allerwichtigste Forderung […], dass der Gedenkstein als geschlossener Monolith hergestellt werde.“ 148 Nur so konnte ein konzentrierter plastischer Ausdruck erreicht werden (Abb. 61). Der Block aus schwarzem, schwedischem Granit erfüllte dies in hervorragender Weise.149 Etwas näher zur Hinter- als zur Vorderseite des Raumes aufgestellt, nahm er den Blick des eintretenden Betrachters nahezu zentralperspektivisch gefangen. Die Grundform des Kubus erinnerte zunächst an einen Altar.150 Damit entsprach er dem traditionellen Sinnbild des aktiven Opfers an eine Gottheit. Nicht das Leid der Kriegsopfer, sondern vielmehr die notwendige Hingabe zugunsten des Nationalen wurde hier manifestiert.151 Zu diesem Eindruck trugen auch die Schwere des Steins sowie dessen Materialwahl bei.152 Tatsächlich galt Granitgestein bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts als besonders vaterländisch und wurde mit dem deutschen Wesen gleichgesetzt.153 Während die traditionelle Deutung einer Idealisierung des Kriegstodes Vorschub leisten konnte, machte die Grundform des Quaders eine alternative Re-

146 Scheffler, Ehrenmal, S. 399. 147 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 15. 148 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 56. 149 Der Stein war 1,40 x 1,40 x 1,80 Meter groß und hatte ein Gewicht von rund 10000 kg;

Dammeier, Neue Wache, S. 555. 150 Der Altar ist die erhöhte Opferstätte im Kult der Gottheit bzw. der Toten; dabei ist die

jeweilige Erhöhung ein Symbol für die Erhebung der Opfergabe zum Himmlischen; Lurker, Symbolik, S. 25f.; Hoffmann-Curtius, Altäre, S. 297ff. 151 Vgl. Giesen, Triumph, S. 58f. 152 Giesen, Triumph, S. 81. 153 Fuhrmeister, Materialikonographie, S. 241ff.

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zeption möglich.154 Denn die ungegenständliche Formgebung konnte auch an die Zerbrechlichkeit des militärischen Helden erinnern. Schließlich war das Objekt so minimalistisch und ohne Sockel in relativ niedriger Höhe errichtet worden, dass sich der Betrachter weniger in eine abhängige als vielmehr in eine durchaus offene Beziehung gestellt sah.155 Seine abstrakte Formgebung machte die innere Teilnahme des betrachtenden Subjekts notwendig; sie eröffnete neue Dimensionen der Selbstbefragung. Gerade weil der Interpretationsspielraum dieses ungegenständlichen Denkmals um so vieles größer war als der einer mimetischen Denkmalfigur, konnte ein Nebeneinander divergierender Trauerformen erreicht werden. Die Farbgebung des tief schwarzen Quaders ließ überdies Gefühle objektiver Trauer aufkommen:156 „Als ich heute Vormittag das Ehrenmal besuchte, fiel Regen durch die Deckenöffnung nieder. Sein Einbruch störte nicht die Architektur, sondern machte sie erst vollkommen. Er rann auf den Fußboden, der sich durch die Feuchtigkeit noch dunkler färbte, und lief am Granitblock in schmalen, tiefschwarzen Strähnen herunter. Es war, als weinte das Postament,“157 kommentierte Siegfried Kracauer die Wirkung des Kubus im Jahr 1931. Deutlich wird, dass die Natureinflüsse am „weinenden Stein“158 auch in der Lage waren, schmerzliche Gefühle der Trauer zu wecken. Der Wettbewerbsentwurf Tessenows hatte keine eigenständige Inschrift für das Denkmal vorgesehen. Stattdessen sollten „Die Zahlen der vier Kriegsjahre […] in der hohen Laibung der [Rund] Öffnung [der Decke]“159 stehen.160 Dieser Ursprungsgedanke war allerdings bald überholt. Denn der zuständige Bauaus154 „Der Idealismus ist nicht in problematischer Form beteiligt, sondern mit einer beschei-

denen, klassischen Haltung, umspielt von einer Romantik, in der sowohl die Seele der Tradition ist, wie auch der Instinkt für das Keimende“; Scheffler, Tessenow, S. 58. Tessenow lässt sich somit keiner „Stilideologie“ zuordnen; er hatte eine Abneigung gegen alles, was gewaltsam auf die Spitze getrieben wird; Scheffler, Heinrich Tessenow, S. 44. 155 Didi-Huberman, Metapsychologie, S. 105. 156 Reinhart Koselleck kommentierte die Motivwahl folgendermaßen: „Die Metapher des Altarsteins gehört schon zu jenen abstrahierenden Antworten, die den uneinholbaren Massentod als solchen bedacht haben“; Koselleck, Bilderverbot, S. 98. 157 Frankfurter Zeitung Nr. 403 v. 2.6.1931. 158 Der Gedenkstein wurde 1945 von Fliegerbomben getroffen und zerfloss langsam in der Hitze; Tessenow meinte zu Recht, so hätte die geronnene Trauer der entschwundenen Menschen und die Verwüstungen des Krieges ihren sinnfälligen Ausdruck erhalten; der Quader wurde ab diesem Zeitpunkt von der breiten Bevölkerung als „weinender Stein“ bezeichnet; Koselleck, Unbekannte Soldat, S. 146. 159 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 216, S.1f. (Erläuterungsbericht Entwurf Tessenow). 160 Forner, War Commemoration, S. 539, Tietz, Neue Wache, S. 52; Tessenow hatte hierfür römische Ziffern gewählt, um sich an der ursprünglichen Imitation eines römischen Castrums zu orientieren; SMB, Kunstbibiothek, III. 2.7., Aufzeichnung der Gedankengänge Tessenows, Bl. 2.

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schuss hatte den Architekten im Dezember 1930 zur Anbringung eines selbständigen Sinnspruchs aufgefordert. 161 Daraufhin entwarf Tessenow eine schlichte, kleine Schriftplatte, geschaffen aus demselben schwarzen Granit wie der Kubus, auf die er in Bronze die arabischen Ziffern „1914 1918“ setzte (vgl. Abb. 59). Die Inschriftenplatte legte er vor dem Monolith nieder.162 Indem man dem Betrachter den Emissionscode, nach dem das Denkmal zu lesen war, somit praktisch vor die Füße legte, konnte die Distanz zum Monument deutlich verringert werden.163 Hatte die Anbringung der römischen Ziffern im Oberlicht noch auf eine gewisse Überhöhung des Gefallenentodes hingewiesen, wurde nun der Betrachter durch die auf dem Boden liegende Denkmalcodierung zu einer offenen Auseinandersetzung mit dem Kriegstod aufgerufen. Schließlich war der Textcode so minimalistisch, dass er jede vorgegebene Deutung negierte: „Es fehlen die eigentlichen […] Symbole – und die Jahreszahlen trägt ein Stein zu Füßen des Blocks, der wie zufällig vergessen daliegt,“164 kommentierte ein Betrachter die schlichte Inschrift im Jahr 1931. Nachdem beschlossen worden war, das ursprünglich mit einem Durchmesser von 3,50 Meter veranschlagte Oberlicht auf 4,10 Meter zu vergrößern, trat durch den leicht geschwungenen Bronzering an Sonnentagen ein breiter Lichtstrom ein, der das Denkmal weitläufig beleuchtete (Abb. 62).165 Es war insbesondere diese „Beleuchtungsinszenierung“,166 die das Monument und den Eichenkranz in dem ansonsten abgedunkelten Raum zur Geltung brachte. Die Lichtführung schuf eine vertikale Achse, die zunächst die Vorherrschaft einer ganz bestimmten Sinnstiftung des Kriegstodes ankündigte – die des militärischen Helden.167 Hier schien der Gefallenentod aus einer autoritären Perspektive heraus verklärt zu werden.168 161 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 46, S.2; das Fehlen einer Inschrift war schon von der

linken Presse bemängelt worden; Vorwärts Nr. 356 v. 1.8.1930. Die Vossische Zeitung beschäftigte sich ebenfalls mit diesem Thema und schlug als Inschrift „Den Unvergessenen“ vor; VosZ v. 26.7.1930. 162 BT Abendausgabe, Nr. 255 v. 2.6.1931. 163 Bourdieu, Kunstwahrnehmung, S. 175. 164 Meier, Neue Wache, S. 158. 165 Die Vergrößerung war nach einer Vorschlagszeichnung Tessenows in die Wege geleitet worden; dabei wurde auch Kritik laut, weil sie eine wesentliche Erhöhung der Kosten mit sich brachte; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2387, Bl. 59; weiterhin Roters, Raum, S. 21. 166 Tietz, Neue Wache, S. 60. 167 Vgl. insbes. die Erläuterungen bei Forner, War Commemoration, S. 543f., der den Tessenowschen Entwurf mit der Arbeit Mies van der Rohes vergleicht, sowie die Interpretation von Tietz, Neue Wache, S. 58-60. 168 Giesen, Triumph, S. 78ff. Dass Ministerpräsident Braun bereits eine solche Deutung befürchtete, wird an einer Äußerung anlässlich der Besichtigung des Umbaus im Februar 1931

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Erst die Erläuterung der Lichtöffnung durch Heinrich Tessenow zeigt ihre gewollte Mehrdeutigkeit. Der Künstler befürwortete die Öffnung, da „hierdurch das Denkmal nicht in stubenartigem Raum stünde, sondern naturverbundener würde – das Schnee und Regen auf den Kranz fällt.“ 169 So fluktuierend die Lichtverhältnisse je nach Wetterlage waren, so flüchtig sollte auch die Wahrnehmung des Denkmals sein. Tessenow wollte mit der Lichtöffnung gerade nicht einer einseitigen nationalen Verklärung, sondern vielmehr dem Willen zu ziviler Aufklärung Vorschub leisten. Das Denkmal konnte als Produkt laufender kultureller Aushandlung interpretiert werden, womit man es zugleich seiner Homogenität beraubte.170 Nun floss auch die immediate Gegenwart in die Deutung des Denkmals ein, was den Kriegstod überzeitlich deutbar machte und ein Stückweit entpolitisierte.171 Die Wände des neu gestalteten Innenraums verkleidete man mit grauen Muschelkalkplatten, während der Fußboden mit handgeschlagenen schwarzen Basaltsteinchen ausgelegt wurde.172 Dagegen war die Putzdecke heller gehalten: „Die hellere Decke, die graue Wand, der dunkle Fußboden und der schwarze Stein sind der Reigen der Trauer, der sich um den vom Himmel belichteten Ehrenkranz schließt, in einem Hause, vor dem strenge Säulen und feierliche Pylonen Wache stehen,“173 kommentierte Ministerialrat Kießling die Gestaltung des Trauerraums. Durch den Umbau war ein fenster- und türarmer Raum entstanden, der eine zurückhaltende plastische Gestaltung aufwies. Seine Dunkelheit ließ ihn wie eine Zelle erscheinen, die dem Individuum neue Dimensionen der Selbstbefragung eröffnete (Abb. 63). Hier wurde der Wahrnehmende sich selbst zum Gegenstand. Dies erreichte man nicht nur durch die Geschlossenheit des Raumes, sondern auch durch eine starke Reduktion der gestalterischen Mittel: „Der Steinschnitt der Kalksteinwände, die überlegte Komposition des Mosaikfußbodens […]. Alle diese Einzelheiten kommen erst nach und nach zum Vorschein und sind auch gar nicht dazu bestimmt, einzeln bemerkt zu werden. Ihr Zweck ist, zu verschwinden, unterzugehen im Halbdunkel […]. Dennoch sind sie dem Beschauer gegenwärtig. Ohne dass er sich Rechenschaft über sie

deutlich. Der preußische Ministerpräsident meinte, „man [könne] das offene Oberlicht später im Bedarfsfalle schließen“; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 67. 169 SMB, Kunstbibliothek, III. 2. 7. 13a, Aufzeichnung der Gedankengänge Tessenows. 170 Panofsky, Perspektive, S. 273. 171 Vgl. Rowell, la sculpture moderne, S. 13, 138f. 172 Dammeier, Neue Wache, S. 555; Kießling, Gedächtnisstätte, S. 14. Die Halle war 19 Meter breit, 16 Meter tief und 8 Meter hoch, Roters, Raum, S. 21. Bei dem Fußboden handelte es sich um rheinische Basaltlavasteine, die zu einer mosaikartigen Wirkung zusammengesetzt wurden; die Muschelkalkplatten wurden 4 cm stark eingesetzt. 173 Kießling, Gedächtnisstätte, S. 15.

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ablegte, spürt er dank ihrem Dasein, dass sich wesentliche menschliche Qualitäten im Raum darstellen. Sie füllen ihn mehr als Figuren.“174 Insgesamt wird deutlich, dass Heinrich Tessenow die Betrachter des Kriegerdenkmals weniger als staatliche Objekte, denn als aktive Subjekte behandelte, womit er einer Verklärung des Kriegstodes entgegenarbeitete.175 Dabei bestachen sowohl der Bild- als auch der Textcode des Kriegsmonuments durch ihre Deutungsoffenheit. Während das Kranz-, Kubus- und Oberlichtmotiv noch zwischen kontrastierenden Deutungen des Kriegstodes hin- und herschwankten, überwogen insgesamt die zivilen Gestaltungselemente, und die Inschriftentafel reduzierte das Denkmal nur noch auf eine einzige, schlichte Botschaft: „1914 1918“. Obwohl die Neugestaltung der Neuen Wache „alle lauten Töne vermied“176 und ein Nebeneinander divergierender Sinnstiftungen des Kriegstodes ermöglichte, bleibt dennoch offen, „ob sich das Empfinden des Volkes stärkeren Tönen nicht williger beugen würde?“177 Erst die Betrachtung unterschiedlicher Formen der Denkmalsrezeption kann diese Frage beantworten.

3. Nationale Variationen. Rezeptionsformen des Kriegerdenkmals Der Blick in die zeitgenössische Presse zeigt, dass die Umgestaltung der Neuen Wache äußerst kontrovers rezipiert wurde.178 Während linke Zeitungsorgane das Denkmal überwiegend als ernste und schlichte Anlage wahrnahmen und in ihm den sozialdemokratischen Wahlspruch „Nie wieder Krieg“ 179 versinnbildlicht sahen, kritisierte die zentrumsnahe und die konservative Presse regelmäßig, dass es der Gedächtnisstätte an Würde sowie an der Möglichkeit zur Abhaltung mi-

174 Frankfurter Zeitung Nr. 403 v. 2.6.1932 (Siegfried Kracauer). 175 Der endgültige Kostenvoranschlag vom Dezember 1930 schloss mit 465000 RM ab; damit

waren die ursprünglich geplanten Kosten um mehr als 50 % übertroffen worden; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 46. Zwischen dem preußischen Finanzministerium und dem Reichswehrministerium begannen nun zähe Verhandlungen um die Kostenübernahme. Während Preußen davon ausging, dass sich das Reich proportional beteiligen würde, beharrte Groener auf einer Beteiligung von maximal 150000 RM. Seine Verhandlungsposition war insgesamt so günstig, dass letzten Endes Preußen die überschießenden Kosten tragen musste; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 43ff. 176 Meier, Neue Wache, S. 158. 177 Ebd. 178 Vgl. auch Tietz, Neue Wache, S. 61; Kruse, Neue Wache, S. 425; Forner, War Commemoration, S. 538f.; Adam, Kämpfe, S. 43f. 179 Vorwärts Nr. 365 v. 7.8.1930; Deutsche Wochenschau Nr. 39 v. 27.9.1930; Vorwärts Nr. 252 v. 2.6.1931.

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litärischer Feiern fehle. 180 Dies weist auf gravierende Divergenzen in der Wahrnehmung und Rezeption des Kriegsmonuments hin, die auch durch die alltäglichen Praktiken am Denkmal unterstrichen wurden. Nur anlässlich der Einweihungsfeier der Gedächtnisstätte im Juni 1931 konnten die unterschiedlichen im Kriegsmonument kursierenden Nationskonzepte noch einmal vorübergehend überwölbt und in einen politischen Totenkult integriert werden.

3.1. Die Pressediskurse und die Grenzen des militärischen Helden „Tessenow ist es nicht gelungen“, so die „Germania“ vom 3. Juni 1931, „den Raum […] zu einer wirklichen Stätte des Totengedenkens zu gestalten.“181 Der viereckige Raum wirke zu hartkantig und kühl. Bereits während der Gestaltungsphase des Denkmals hatte es grundsätzliche Kritik an der Einfachheit des Gedenksteins und der Inschriftenplatte gegeben.182 Auch seien größere Denkmalfeiern in der Gedächtnisstätte ausgeschlossen. Der Raum könne „wegen der geringen Ausdehnung nur eine kleine Anzahl von Zuschauern aufnehmen und wohl zu offiziellen Festlichkeiten eines kleinen Kreises geladener Gäste, aber nicht zur Ehrung der Millionen deutscher Gefallener“183 dienen. Die „Germania“ übertrug die bescheidene Größe des Raumes gar auf die festliche Wirkung des Monuments: „In diesem verhältnismäßig kleinen geschlossenen Raum, den man als Ehrenmal […] errichten will, [kann] keine wirkliche Feierstimmung erzeugt werden.“184 Schließlich dränge die Dominanz des zivilen Totenerinnerns das militärische Gedenken an den Rand: „Die Neue Wache war bisher eine soldatische Angelegenheit. […] Die Soldaten aber waren das Volk. Wird man in 180 Vgl. auch Frankfurter Zeitung Nr. 532 v. 19.7.1930; BT Morgenausgabe Nr. 342 v. 23.7.1930

(Adolph Donath); Kölnische Zeitung Abendausgabe Nr. 396 v. 22.7.1930; Siegfried Kracauer, Zur Einweihung des Berliner Ehrenmals, Frankfurter Zeitung Nr. 403 v. 2.6.1931; Max Osborn, VosZ v. 2.6.1931; Deutsche Kunst und Dekoration 68 (1931), S. 259. 181 Germania Nr. 127 v. 3.6.1931. 182 Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 341 v. 22.7.1930; Berliner Börsen-Zeitung Nr. 342 v. 25.7.1930; Meier, Neue Wache, S. 157-159, hier S. 158. Allerdings hatte die Germania v. 25.7.1930 noch ihrer Hoffnung auf einen würdigen Gedenkraum Ausdruck gegeben; ähnlich Werner Hegemann, der konservative Mitherausgeber von Wasmuths Monatsheften: „Man darf hoffen, dass der quadratische Raum, den Hermann Tessenow heute ausführt, ein Kunstwerk von höchster Strenge und Gediegenheit sein wird“; Wasmuths Monatshefte Baukunst und Städtebau, 14 (1930), S. 440. 183 Deutsche Tageszeitung Nr. 356 v. 31.7.1930. 184 Germania Nr. 364 v. 8.8.1930; vgl. auch DAZ Nr. 369 v. 10.8.1930; die Unmöglichkeit größerer Ansammlungen und der generelle Standort Neue Wache wurde gerügt in MNN Nr. 207 v. 1.8.1930.

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Zukunft durch das Peristyl den Raum betreten, so wird sich der 99ste ungewohnt, unbehaglich und fremd fühlen.“185 Ein weit verbreitetes Argument der konfessionsgebundenen, aber auch rechtsgerichteten Presse war, dass die Gedenkstätte Neue Wache zu streng und sachlich gestaltet und zu sehr auf die Raumarchitektur konzentriert sei, somit kaum affektive Kompensationen der Trauer zulasse: „Hier wird die ganze Armut einer im Nutzstil verkühlten, in der Zweckform erstarrten Formensprache, die weder die nationale Schmuckform noch die Symbolform gestalten kann, tragisch offenbar“, so die „Münchener Neuesten Nachrichten“ und weiter: „Hier sprechen Architekten, die keine Bildhauer sind. Hier herrscht Sachlichkeit, die im Monumentalen gefriert. […] Doch hätte man vom Architektonischen zum Plastischen kommen müssen, und das Mal wäre die plastische Blüte des architektonischen Wachstums geworden.“186 Die Presse beklagte, das geplante Monument erscheine zu nüchtern: „Keiner Mutter, die ihr Kind beklagt, der Frau, die ihrem Gatten nachtrauert, [könne hier] tröstliche Stimmung“187 vermittelt werden, so die „Germania“. Und das „Evangelische Berlin“ ging noch einen Schritt weiter, indem es die fehlende Sinnhaftigkeit des Kriegsmonuments bemängelte: „Das Bedrückenste aber ist für uns, daß man das Symbol in der entseelten Form der französischen Zivilisation übernimmt. Ein Raum mit einem Altarstein. […] Rings herum glatte Wände. […] Kein Zeichen des Glaubens, der Hoffnung oder des Trostes, das dem Ganzen einen bestimmten Sinn gäbe.“188 Deshalb zweifelten die Presseorgane auch an der populären Wirksamkeit des Denkmals: „Ich möchte mich nur über den Steinwürfel, den man in den Raum stellt, aussprechen. Ist das ein Ehrenmal für dieses ungeheuere Geschehen? Dieser Steinwürfel […]? Soll das zum Volk sprechen? […] Ich glaube, dass unser Volk nicht so primitiv und nüchtern ist, dass […] ihm ein Würfel für diesen großen Gedanken genügt […] Ist den Herren in den zuständigen Ministerien [...] gar nicht die Idee gekommen, dass es vielleicht doch noch einen Bildhauer gäbe, der hier eine Plastik schaffen würde, die zu den Menschen spräche, die Menschen ergreifen und erheben könnte?“189 Auch die „Neue Preußische Kreuz-Zeitung“ argumentierte ähnlich: „Es ist alles zu streng, zu sehr betonte Würde, zu wenig Volks-Mal.“ 190 Und die Zeitschrift der deutschen Architektenschaft, die „Deutsche Bauhütte“, ergänzte gar: „Was kann der einfache Mann, der diesen Raum betritt, sich denken, was kann ihn packen und ergreifen […]? Er geht 185 Germania Nr. 364 v. 8.8.1930. 186 MNN Nr. 207 v. 1.8.1930. 187 Germania Nr. 547 v. 17.12.1930. 188 Das Evangelische Berlin Nr. 33 v. 17.8.1930. 189 BT Nr. 450 v. 24.9.1930. 190 NPZ Nr. 208 v. 25.7.1930.

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hinaus, so leer wie er gekommen; denn eine literarische und künstlerische Kunst sagt ihm nichts. Er wird sich langweilen und lieber nebenan im Zeughaus sich die Uniformen, Fahnen und Kanonen […] betrachten.“191 Diese Kritik macht deutlich, in welchem Maß die Journalisten noch traditionellen Sehgewohnheiten anhingen. Man wollte ausschließlich ein Kriegsmonument akzeptieren, das die Identitäten trauernder Individuen stabilisierte, indem es den menschlichen Verlust ästhetisch integrierte und damit zugleich ein Stückweit kompensierte. Die Trauer um die Gefallenen sollte demonstriert werden, weil sie die psychischen Gefühle der Hinterbliebenen abzuleiten und über individuelle Schmerzen hinwegzutrösten verhalf. Dagegen verliehen die karge Raumarchitektur und die schlichte Motivik dem Monument eine Offenheit und Mehrdeutigkeit, welche die Gefühle der Trauer nur noch teilweise garantierte. Zwar zeigte die Kritik der „Germania“ auch, dass man eine schlichte Raumarchitektur durchaus akzeptierte - allerdings nur, solange das Denkmalsmotiv noch eine Zuflucht ins Vaterländische garantierte. Dies war jedoch in der endgültigen Ausführung der Gedächtnisstätte nicht mehr gewährleistet, da sie das zivile Totengedenken in den Vordergrund rückte. Auch die Möglichkeiten militärischer Performanz, welche nationale Gefühle traditionell stabilisieren half, waren durch die Raumenge stark begrenzt. Die Wiederauferstehung der Gefallenen am Kriegsmonument konnte nicht weiter gewährleistet werden.192 Im Gegensatz hierzu konstatierte die linke Presse dem Monument bereits in der Gestaltungsphase eine „Wirkung von schlichter Vornehmheit“ 193 und brachte damit ein generelles Einverständnis zum Ausdruck.194 Der „Vorwärts“ machte mehrfach deutlich, was der Gedenkraum in den Augen der Sozialdemokraten symbolisierte: „Uns scheint die sanfte und beinahe idyllische Art der Formbeschränkung und Raumbildung jede kriegerische Idee auszuschließen und durch gefassten Schmerz über das Unerträgliche dieser furchtbaren Jahre hindurch das Gelöbnis auszulösen: Nie wieder Krieg!“195 Auch Siegfried Kracauer von der „Frankfurter Zeitung“ nahm diesen inneren Zusammenhang zwischen der Denkmalsymbolik und einer sukzessiven Verschiebung der Sinnstiftung des Kriegstodes wahr: „Statt in das Geviert Sinnbilder hineinzupressen, die nichts 191 Deutsche Bauhütte Nr. 34 (1930), S. 252. 192 Vgl. Deutsche Wochenschau Nr. 39 v. 27.9.1930. 193 Vorwärts Nr. 365 v. 7.8.1930. 194 Auch die berühmten liberalen Kulturkritiker der Frankfurter Zeitung, Siegfried Kracauer,

und der Vossischen Zeitung, Max Osborn, bezogen positiv zu dem Denkmal Stellung; Frankfurter Zeitung Nr. 403 v. 2.6.1931; VosZ Nr. 131 v. 3.6.1931; vgl. auch Forner, War Commemoration, S. 538f. 195 Vorwärts Nr. 252 v. 2.6.1931, Vorwärts Nr. 365 v. 7.8.1930; vgl. auch die Deutsche Wochenschau (Nr. 39 v. 27.9.1930), „Das Berliner Ehrenmal ist eine rein sozialdemokratische Parteiangelegenheit.“

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mehr auszudrücken vermögen, es sei denn Phrasen oder zweifelhafte Parolen, hat er es vorgezogen, den Raum rein als Raum sachgerecht durchzubilden.“196 „Immer noch besser die lautere Privatheit, die sich erlogene Gefühle verkneift, als eine hohl dröhnende Objektivität ohne individuellen Einsatz.“197 Allerdings nahm ein Teil der linken Presse durchaus auch die „schwache Stellen“ 198 in der Arbeit Heinrich Tessenows wahr. Die „unangemessene Freundlichkeit, [eine] gewisse Bejahung des Todes [wische] die Bitterkeit der Erinnerung an Schlachtengrauen und Tod mit sanfter Hand“199 weg, urteilte der „Vorwärts“ am 2. Juni 1930.200 Und der „Hannoversche Kurier“ konstatierte dem Monument „eine gewissermaßen optimistisch aufgehellte Heroik.“201 Ernst Kállai von der „Weltbühne“ meinte gar, das Denkmal sei „wie geschaffen, um den Toten des Weltkrieges ein zartes Blümlein aufs Millionengrab zu pflanzen: eine Stätte leicht-rührseligen Gedenkens. Harmonischer Nachklang zur schrillsten Dissonanz der Menschheitsgeschichte. […] So substanzlos, so leer – wie kaum heute eine Gedächtnisstätte für die Toten des Weltkrieges, die in harmonischer Raumordnung sich versöhnend über das Entsetzliche wölbt, ohne zugleich bemüht zu sein, dieses Entsetzliche mit allen Mitteln der Suggestion mahnend heraufzubeschwören.“ 202 Bereits Martin Wagner hatte in seinem Wettbewerbsgutachten auf die „frauenhafte Güte“203 von Tessenows Entwurf hingewiesen, die „dem Tod das Tote nehmen“ 204 wolle. Auch der bekannte Architekturkritiker Adolf Behne meinte, das preußische Kriegerdenkmal sei zu euphemistisch: „Charakteristisch und enthüllend ist wie immer die Platzwahl. Nicht dem Verkehr und dem Blick der Passanten entgegen stellen wir das Mal, sondern an den Rand des Verkehrs, der vorbeischiebend die Tore faktisch ver-

196 FZ Nr. 403 v. 2.6.1931. 197 FZ Nr. 539 v. 22.7.1930. 198 Vorwärts Nr. 340 v. 2./3.7.1930. 199 Ebd. 200 Zu ähnlichen Kritiken, vgl. NPZ Nr. 208 v. 25.7.1930; Frankfurter Zeitung Nr. 539 v.

22.7.1930. 201 Hannoverscher Kurier v. 28.7.1930. 202 Die Weltbühne, 26/2 (1930), S. 284; vgl. auch Kruse, Neue Wache, S. 425; Adam, Kämpfe, S.

43f. 203 Barch, R 032, 358, Gutachten Martin Wagner, S. 6; diese Kritik findet sich wörtlich auch in

Der Montag v. 21.7.1930, Beiblatt (Ludwig Sternaux). 204 Ebd.; Auch die Kritik des Berliner Architekten Paul Lewy zielte in dieselbe Richtung, als er

von einem „zimperlichen, keinem männlichen Eindruck“ sprach und betonte, „der ganze Raum, mit seiner sanften Biedermeier-Stimmung, könnte vielleicht ein Mausoleum für die jungfräuliche Braut von Korinth sein“; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2387, Bl. 206ff., hier 208.

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sperren wird. Nein, unser Mal ist nicht unbequem, es steht vernünftig abseits, man geht glatt ohne Zeitverlust vorbei.“205 Zumindest in den Augen eines Teils der linken Presse diente die Gedächtnisstätte somit einer öffentlichen Pädagogik, welche dem Vergessen des tatsächlichen Kriegstodes und seiner Opfer entgegenarbeitete. Nicht die Affekte der Hinterbliebenen, die nur allzu oft zugunsten einer nationalen Freigabe missbraucht worden waren, bestimmten die Denkmalsymbolik, sondern eine Sachlichkeit, die zu einer neuen Sinnsuche des Kriegstodes aufrufen konnte. Das nationale Totenbild wurde so langsam vom militärischen zum zivilen Helden und Opfer hin verschoben. Neben ein – potentiell - aggressives, trat ein partizipatives Nationskonzept, wobei die Solidarität mit der allgemeinen Bevölkerung Vorrang vor der Wiederherstellung einer Konsensgemeinschaft genoss. Allerdings beklagten einige linke Organe auch die Mehrdeutigkeit des Denkmals, die sich in der feierlichen Überhöhung des Kriegstodes zeige. Die linksgerichtete Presse war sich somit in der Frage, inwieweit man der Gefallenen als notwendige oder doch schon als unschuldige Opfer gedenken sollte grundsätzlich uneins. Anlässlich der Einweihung der Gedenkstätte traten diese Dissonanzen allerdings in den Hintergrund. Die Presse zeigte sich nun allgemein überzeugt von der realitätsnahen Wirkung des Denkmals: „Erreicht ist in diesem großen, durch seine Leere imposant wirkenden Raum der Eindruck der Stille und Einkehr zu tragischem Gedenken.“206 Insgesamt wurde deutlich, dass die unterschiedlichen Rezeptionen der politisierten Presseorgane nur schwer nebeneinander bestehen konnten. Deren Ausgleich war nur mit Mühe möglich, da sie auf nahezu kontrastierenden Konzepten des Nationalen beruhten. Während die stärker konfessionsgebundenen, rechtsgerichteten Organe für ein vaterländisch-militärisches Totengedenken plädierten, deshalb den mangelnden Kultwert und die Enge der Gedächtnisstätte Neue Wache kritisierten, verteidigten sozial-demokratische Zeitungen stärker die zivile Weihesymbolik des Ortes, weil er das Motto „Nie wieder Krieg“ verkörpere – wobei die Verfechter rein objektiven Trauerns allerdings einen eindeutigeren Ausdruck des Kriegsgrauens wünschten.

205 Sozialistische Monatshefte 36 (1930), S. 892. 206 Vorwärts Nr. 252 v. 2.6.1931; vgl. auch BT Nr. 255 v. 2.6.1931; Frankfurter Zeitung Nr. 403 v.

2.6.1931; VosZ Nr. 131 v. 3.6.1931.

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3.2. Artikulation kultureller Differenz. Soziales Handeln am Denkmal Nur wenige Tage nach der Einweihung der Gedächtnisstätte am 2. Juni 1931 wurde Ministerpräsident Braun ein Schreiben des Reichswehrministers überreicht. Darin bezog sich Groener auf Störungen innerhalb der Gedenkstätte durch anwesende Besucher: „[Es] wurde mir mitgeteilt, dass große Teile des Publikums beim Besuch des Ehrenmals sich nicht so verhalten, wie es für die weihevolle Stimmung an dieser Stelle selbstverständlich sein sollte. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie in Erwägungen eintreten würden, in welcher Weise man hier Abhilfe schaffen könnte.“207

Dies zeigt, wie gefährdet die Inszenierung des militärischen Helden im alltäglichen Verkehr der Großstadt war. Es erforderte eine permanente, respektvolle Distanz zwischen den Besuchern und der Gedenkstätte, um die nationale Aussage des Denkmals aufrecht zu erhalten. Erst auf der Basis politischer Autorität konnte die öffentliche Zurschaustellung des tötbaren Helden gelingen. Denn nur so wurde eine homogene, auf allgemeinen Konsens ausgerichtete Gemeinschaft erzeugt.208 Auch Heinrich Tessenow sah die Notwendigkeit, die nationale Einheit der Gedächtnisstätte zu wahren. Allerdings waren es keine politischen, sondern ästhetische Motive, die ihn zu diesem Entschluss bewogen. Bereits seit dem Frühjahr 1931 plädierte er für einen Abschluss des Innenraums der Neuen Wache durch eiserne Gittertore: „Die Beobachtung einer gewissen Distance, auf die es hier als entscheidend wichtig [ankomme]“209 sei nur zu erreichen, so der Architekt, indem man zum Torabschluss greife. Dieser sei „zu den wirksamsten architektonischen Bindungsmitteln [zu zählen], weil er dem Innenraum gegenüber in sehr einfacher Weise bestimmte Augenpunkte [bilde].“210 Neben dem Argument einer einheitlichen Betrachterperspektive wollte der Künstler dadurch auch eine Wirkung des „ganzen Raumes“211 erreichen. Nur dessen Unnahbarkeit könne die Weihe der Architektur sicherstellen, so Tessenow.212 Indem er somit die gesamte Neue Wache – und nicht nur dessen Innenraum – zum Ehrenmal 207 GStA, I HA Rep. 151 IV Nr. 2388, Bl. 204. Bei den vermeintlichen Ruhestörern handelte es

sich um zwei junge Leute, die - “Rauchwolken in die Luft paffend” - mit zwei jungen Mädchen lachten sowie um mehrere Männer, die den Hut in der Nähe des Monuments nicht abnahmen. 208 Giesen, Triumph, S. 81. 209 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388, Bl. 195. 210 Ebd.; Bl. 191. 211 SMB, Kunstbibliothek, III. 2. 7. 13a, Aufzeichnung der Gedankengänge Tessenows. 212 Ebd.

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deklarierte, wollte er zugleich das Argument seiner Gegner, „[die Gitter] würden der Öffentlichkeit gegenüber etwas abschließen, das doch der Öffentlichkeit [gehöre],“213 entkräften.214 Die preußische Regierung lehnte solche Sondermaßnahmen zur Wahrung eines würdevoll-ästhetischen Charakters der Gedächtnisstätte allerdings rundweg ab. Bereits im Februar 1931 hatte sich Ministerpräsident Braun gemeinsam mit Martin Kießling für eine generelle Offenhaltung des Innenraumes ausgesprochen.215 Der Ministerialdirektor entgegnete dem Architekten folgendes: „Ich habe Ihr Schreiben […] gelesen und würdige durchaus Ihren künstlerischen Standpunkt. […] Gleichwohl bin ich der Meinung, dass die Mehrzahl der Besucher verschlossene Gittertore nicht als eine im Sinne höchster Raumwirkung liegende Einrichtung würdigen würde, sondern vielmehr in ihnen ein unerwünschtes Hindernis sähe, den Raum zu betreten. Viele Besucher werden den Wunsch haben, sich dem Gedenkstein zu nähern, vor ihm in Andacht der Toten zu gedenken und etwa Kränze oder Blumenspenden niederzulegen. Solche Besucher vor eine verschlossene Tür zu stellen und ihnen erst die Bitte zuzumuten, den Raum betreten zu dürfen, hieße ihre Andachtsstimmung von vornherein beeinträchtigen. […] Ich darf hinzufügen, dass auch der Herr Ministerpräsident diesen Standpunkt teilt.“216

Dies macht deutlich, wie sehr die preußische Regierung ein partizipatives Nationskonzept verteidigte. Nicht die Wahrung respektvoller Distanz zur Gedächtnisstätte war erwünscht. Man wollte weniger die Macht staatlicher Autorität zur Schau stellen, um so einen traditionellen Wertekonsens zu wahren. Vielmehr sollte jedem Rezipienten die je eigene, individuelle Auseinandersetzung mit dem Kriegstod ermöglicht werden, was auch die Chance objektiver Betrauerung der Gefallenen in sich barg. Deshalb lehnte man zugleich den Vorschlag Tessenows, eine Ehrenwache der Reichswehr vor dem Denkmal zu postieren, ab: „Herr Ministerpräsident [Braun] hat im Sinne der Meinung von Herrn Ministerialdirektor Kießling entschieden, dass keine Schritte von hier aus wegen Schutz- oder Reichswehrposten unternommen werden sollen, da der jetzige zwanglose Verkehr in der Neuen Wache durch einen Reichsposten eine unnötig feierlich-steife Note bekäme.“217 213 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 190. 214 Tessenow räumte immerhin ein, dass er es für “ganz einfach natürlich” halte, wenn die

Ehrenmalhalle für die Niederlegung von Kränzen oder Blumen “immer ohne weiteres und bereitwilligst” geöffnet würde; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 196; vgl. auch Barch, R 032, Nr. 358, 5; Schreiben Tessenow an Richard Dümke v. 30.6.1931. 215 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2387; Bl. 67 (Notiz). 216 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 197. 217 Der Jungdeutsche, Nr. 153 v. 4.7.1931; Tessenow erklärte in einem Schreiben an den preußischen Finanzminister Popitz v. April 1933, er habe „wiederholt und dringlich“ einen Reichswehrdoppelposten bei der damaligen Regierung angemahnt. Dabei wehrte er sich

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Stattdessen beschloss die preußische Regierung, dass in der Gedächtnisstätte „Kränze von jedermann nach eigenem Ermessen“ 218 niedergelegt werden dürften. Zeitgenossen berichteten von zahllosen Blumen und Kränzen, welche regelmäßig die auf dem Fußboden liegende Inschriftentafel bedeckten.219 Ein korporatives Auftreten bei der Kranzniederlegung bedurfte allerdings zunächst der Genehmigung des zuständigen Polizeireviers.220 Schließlich sollte die Gedächtnisstätte keinesfalls durch einseitige nationale Demonstrationen missbraucht werden. Zunächst hatte Kießling versucht, Störungen am Kriegsmonument mit Hilfe einer kurzen Ermahnung durch die zuständige Aufsichtsperson entgegenzuwirken.221 Dabei ging er stets davon aus, dass es sich „bei solchen Verstößen wohl kaum um bewusste Dreistigkeit, vielmehr um Gedankenlosigkeit oder einen bedauerlichen Mangel an angeborenem Takt“222 handele. In aller Regel wurden divergierende soziale Praktiken am Denkmal akzeptiert. Obwohl Martin Kießling den Besuch in der Halle als „andauernd lebhaft“223 beschrieb – sowohl Kränze von Verbänden als auch kleine Sträuße von Privatpersonen wurden niedergelegt – konnte er sich zunächst nicht entschließen, eine Besucherordnung auch gegen Vorwürfe, er mit der Ehrenmalgestaltung „absichtlich möglichst jedes Erinnern an unmittelbar Soldatisches“ vermieden zu haben; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 288-290, hier 289. 218 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388, Schreiben Braun an den Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband v. 23.7.1931. 219 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2389; Bl. 263ff. 220 Angeblich war dies notwendig, um Störungen zu vermeiden. Eine wesentliche Ausnahme hiervon bildeten die Kranzniederlegungen und offiziellen Veranstaltungen, die von Seiten des Reichs in der Neuen Wache abgehalten wurden; sie wurden vom preußischen Finanzministerium direkt genehmigt, GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 37. 221 Die Mahnung in der Presse lautete: „Es ist berichtet worden, dass es des Einschreitens der Aufsicht bedurft hat, um Besuchern klar zu machen, dass Rauchen und lautes Plaudern da nicht am Platze sind, wo das Andenken von Millionen Kriegsgefallenen durch ehrfürchtiges und besinnliches Schweigen geehrt werden soll. Es bedarf aber zweifellos nur dieses Hinweises, um eine derartigen Gedankenlosigkeit in Zukunft zu steuern“, GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 206. Eine Aufsichtsperson war insbesondere im Hinblick auf den metallenen Eichenkranz notwendig; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 108-110. 222 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 218. 223 Ebd.; Vgl. auch Meier, Neue Wache, S. 158: „Das Volk strömt herein, zieht willig den Hut, aber umsteht dann in einiger Verlegenheit den Block, um den in einem allzu ausgerichteten Kreis die dargebrachten Kränze liegen“; Scheffler, Ehrenmal, S: 399: „Es ist ein schöner Anblick, wie die Menschen im Vorbeigehen die Stufen zur Säulenhalle Schinkels hinaufsteigen, in die Gedenkhalle blicken und sich dann ernst wieder entfernen, wie ein stetes Kommen und Gehen von der Anziehungskraft der Gedächtnisstätte im Herzen des alten Berlin zeugt“.

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zu erlassen, um den Besucherstrom zu lenken. 224 Erst als sich die Kritik gegenüber dem Verhalten der Passanten häufte, kam man überein, eine allgemeine Richtlinie herauszugeben.225 Schließlich hatte Ministerialrat Kießling festgestellt, dass „die Lage der Neuen Wache unmittelbar an der belebtesten Großstadtstraße es mit sich [brächte], dass viele Besucher ein allgemeines Interesse [leite]. [Wirke] schon dieses Interesse an Äußerlichkeiten störend auf manchen Andächtigen, so würden auch andere, leider fast täglich vorkommende kleinere und größere Verstöße gegen die Weihe des Raumes bei einer Millionenbevölkerung niemals ausbleiben.“226 Der freie Zugang zur Gedächtnisstätte wurde in der Ordnung nochmals verfügt. Zugleich legte man nun bestimmte Verhaltensmaßstäbe wie ein „ruhiges und würdiges Verhalten“227 innerhalb der Halle fest. In der Vergangenheit war es bereits öfters zu Auseinandersetzungen zwischen der Aufsicht und den Reichswehrangehörigen gekommen, weil diese ihre Kopfbedeckung nicht abnehmen wollten.228 Dies wurde nun vorgeschrieben und damit endgültig das militärische einer zivilen Form des Totengedenkens untergeordnet.229 Deutlich wurde, dass die überwiegend objektive Betrauerung der Kriegstoten in der Neuen Wache durch Besucher, die am Leid der Anderen nicht teilnahmen, stets bedroht war. Wollte man den unterschiedlichen Identitäten der Denkmalsrezipienten Rechnung tragen, musste die Würde des Ortes gewahrt bleiben. Der Raum konnte nur dann auf den einzelnen Betrachter wirken, wenn es sich tatsächlich um einen ruhigen Ort der Andacht handelte. Die Benutzungsordnung diente somit keineswegs der Schaffung einer politischen Konsensgemeinschaft, sondern vielmehr einer ungestörten zivilen Memorierung der Kriegsopfer. Schließlich war der Gedenkraum nach Schilderungen der Besucher stets stark frequentiert; unzählige Kränze und Blumen wurden in ihm niedergelegt. Deshalb verbot Ministerpräsident Braun auch die Schließung der Gittertore und die Po224 Die Schleifen der verwelkten Kränze wurden an der Rückseite der Neuen Wache, von

außen sichtbar, aufgehängt; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 218. 225 Der Begriff selbst stammt von Ministerpräsident Braun, der damit verhinderte, dass sie als

“Benutzungsordnung” bezeichnet würde; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 250. 226 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 233. 227 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 249 (Besuchsordnung für die Gedächtnisstätte der

im Weltkriege Gefallenen). 228 Finanzminister Kießling hatte Ministerpräsidenten Braun gar vorgeschlagen, eine regel-

mäßige Belehrung der wechselnden Wachttruppen Berlins zu überdenken und sich diesbezüglich mit Reichswehrminister Groener in Verbindung zu setzen; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 234. 229 In der Besuchsordnung wurden auch die Öffnungszeiten der Halle geregelt; die Stätte war täglich von 8 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit geöffnet. Das Mitnehmen von Fahrrädern und Tieren, Rauchen und Musizieren, ebenso wie photografische Aufnahmen (ohne Sondergenehmigung) waren verboten; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 249.

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sitionierung von Reichswehrposten. Zwar sollte die Gedächtnisstätte Neue Wache weiterhin einer nationalen Hingabe dienen, allerdings keineswegs mehr zugunsten eines tötbaren Lebens. Die Toten sollten hier nicht als militärische Helden, sondern vielmehr als zivile Opfer sowie als Vorkämpfer der Republik erinnert werden. Zu vermeiden war alles, was eine innere Distanz zum Denkmal schaffen und wiederum in die nationale Vereinnahmung des Kriegstodes münden konnte. Allerdings konnte Otto Braun das Kriegsmonument nur teilweise vor der politischen Funktionalisierung schützen. Gerade die Einweihungsfeier macht deutlich, wie sehr das Denkmal stets von nationalen Übergriffen bedroht war.

3.3. Nation in Waffen. Zur Einweihung der Gedächtnisstätte Der Ablauf der Einweihungsfeier des Kriegsmonuments Neue Wache am 2. Juni 1931 kann nur vor dem Hintergrund der wachsenden Machtfülle des Reichspräsidenten verstanden werden. Bereits im März 1930 hatte mit dem Ende der Großen Koalition sowie der beginnenden Ära der Präsidialkabinette die „Auflösungsphase der ersten deutschen Demokratie“230 begonnen. Hindenburg hatte im März 1931 eine erste Notverordnung zur Bekämpfung politischer Gewalt erlassen, da die Ausschreitungen zwischen linken und rechten Gruppierungen ständig zunahmen.231 Es scheint so, als seien der Reichspräsident wie auch sein Wehrminister gewillt gewesen, die Einweihungsfeier der Gedächtnisstätte sowohl zur Inszenierung einer wehrhaften Nation als auch zu einer Machtdemonstration gegenüber den Anhängern der Demokratie zu nutzen. Die Zeremonie integrierte divergierende Deutungen des Kriegstodes, überwölbte diese aber zugleich und strebte so eine Hierarchisierung nationaler Konzepte an.232 Die Demonstration der Nation in Waffen begann bereits am frühen Vormittag des 2. Juni mit der Sammlung sämtlicher Truppen der Reichwehr in ihren Kasernen und dem Ausmarsch quer durch Berlin.233 Nach ihrem Eintreffen an der Neuen Wache postierten sie sich ringsum sowie direkt gegenüber der Gedenkstätte. Diese besondere rangmäßige Hervorhebung machte es den Angehörigen der Reichwehr möglich, die Zeremonie im Wesentlichen zu dominieren. Allerdings war deren Einflussnahme auf Teilnehmer und Zuschauer zugleich 230 Winkler, Weimar, S. 372. 231 Ebd., S. 401. 232 Pierre Bourdieu beschreibt die Hierarchisierung als eine Strategie der Integration in und

durch Teilung; vgl. Bell, Ritual theory, S. 102f. 233 Zum genauen An- und Abmarschweg der Truppen, vgl. GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388;

Bl. 140.

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begrenzt. Schließlich hatten Reichswehrminister Groener und der preußische Finanzminister Hermann Höpker-Aschoff gemeinsam über den Ablauf der Zeremonie entschieden. Ministerpräsident Braun hatte sich die grundsätzliche Zustimmung zur Organisation der Feier vorbehalten.234 Deren zeitlicher Rahmen war schlicht. Sie dauerte nicht länger als eine Stunde, wobei auf die eigentliche „Innenfeier“ in der Gedächtnishalle nur eine halbe Stunde entfiel. Aufgrund der Platzverhältnisse in der Neuen Wache war nur einem kleinen Personenkreis die direkte Teilnahme möglich. Braun hatte deshalb verfügt, Ansprachen und Gesang über Großlautsprecher auf den Platz sowie über Rundfunk auf alle deutschen Sender zu übertragen, um auch den Zuschauern auf der Straße und potentiellen Hörern eine indirekte Teilnahme zu ermöglichen. Kurze Zeit nachdem die Reichswehr an der Gedächtnisstätte aufmarschiert war, sperrte die Preußische Schutzpolizei den Platz zwischen Universität und Zeughaus weiträumig ab. Die Bürgersteige der Straße Unter den Linden und die Umgebung der Wache waren bereits seit dem frühen Morgen dicht mit Menschenmassen belegt. 235 Auch die Dächer des gegenüberliegenden Kronprinzenpalais, der Kommandantur und des Opernhauses erschienen völlig überfüllt.236 Es galt, Gegendemonstrationen linker und rechter Extremisten zu vermeiden. 237 Damit verblieben allerdings auch den trauernden Hinterbliebenen nur die Bürgersteige, insbesondere vor dem Kronprinzenpalais, der Kommandantur und dem Zeughaus, sowie die Dächer der umliegenden Gebäude.238 Dies macht deutlich, dass bei der Einweihungsfeier des Kriegerdenkmals weniger das Festhalten der Gefallenen als vielmehr deren graduelle nationale Vereinnahmung verhandelt wurde. Auch im Ablauf der Feier waren die Reichswehrtruppen besonders hervorgehoben. Bereits eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn waren eine Ehrenkompagnie mit den Fahnen des alten preußischen Heeres, das Berliner Wachregiment und eine Abordnung der Reichsmarine auf dem Platz gegenüber 234 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 128, 167. Über das allgemeine Datum und die

Organisation der Einweihung hatte das Preußische Staatsministerium entschieden. 235 FZ Nr. 404 v. 3.6.1931; BT Nr. 255 v. 2.6.1931; in dem großen Gedränge gab es eine ganze

Anzahl von Unfällen; eine Person starb an einem Herzschlag. 236 BT Nr. 260 v. 2.6.1931. 237 Eine berittene Abordnung der Schupo hatte sich am westlich gelegenen Denkmal Fried-

richs des Großen, vor der Friedrich-Wilhelms-Universität, versammelt. Offenbar befürchtete man den Aufmarsch von nationalsozialistischen oder kommunistischen Studenten; denn in den Anordnungen hieß es, dass der südliche Vorgarten der Friedrich-Wilhelms-Universität zur Vermeidung politischer Kundgebungen frei zu bleiben habe; GStA, I HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 141 (Skizze); GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 140, S.2. 238 BT Morgenausgabe Nr. 255 v. 2.6.1931.

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der Wache aufmarschiert und hatten sich direkt vor dem Prinzessinnenpalais und dem Opernhaus postiert (Abb. 64). Um Punkt zwölf Uhr ertönten dann die Kommandos: „Stillgestanden! Paradeaufstellung! Das Gewehr über!“239 Wenige Minuten darauf erschien Reichspräsident Hindenburg in seiner Feldmarschallsuniform mit dem Marschallstab in der Hand. Gemeinsam mit Reichswehrminister Groener, dem Chef der Marineleitung Raeder sowie einigen höheren Reichswehroffizieren schritt er unter den Klängen des Deutschlandliedes zunächst die Front der Reichswehrtruppen mit Ehrenkompagnie, Berliner Wachregiment mit „aufgepflanztem Seitengewehr“,240 Reichsmarine sowie eine Abordnung der preußischen Schutzpolizei ab. Diese hatte die Straße Unter den Linden nach dem Denkmal Friedrichs des Großen vor weiteren Menschenmengen abgeschirmt. Man sah viele tausende Zuschauer die Ehrenparade jubelnd verfolgen, einige von ihnen zeigten gar den Hitlergruß.241 Zum Abschluss schritt von Hindenburg noch einmal rund um die Neue Wache und begrüßte die Abordnungen der Reichswehr, die Kriegervereine und Verbände – insbesondere das Reichsbanner hatte eine größere Abordnung entsandt – sowie die Gruppe der Kriegsbeschädigten.242 Dieses Zeremoniell hatte die Fähigkeit, insbesondere den überlieferten nationalen Wertekonsens in direkter, sensueller Form zu betonen. Durch die körperliche Präsenz des Generalfeldmarschalls erfuhren nicht nur die beteiligten Soldaten eine Bestätigung ihres militärischen Habitus.243 Auch die Zuschauer, welche die Parade begeistert verfolgten, konnten durch das Auftreten der Reichswehr, die in der Person von Hindenburgs kulminierte, an die Kämpfe des Ersten Weltkriegs erinnert werden. 244 Gleichzeitig blickte man auch auf die traditionellen Wachablösungen und Militärparaden vor der Neuen Wache zurück, die vor dem Krieg regelmäßig stattgefunden hatten.245 Indem die Menge den Vorbeimarschierenden zujubelte, akzeptierte und authentisierte sie zugleich das Auftreten der Reichswehrtruppen. Durch die Verwendung von Militärmusik wurde die Wirksamkeit der Zeremonie verstärkt. Die Ehrenparade war somit durchaus in der Lage, die Anwesenden zu dominieren. Allerdings waren unter den Teilnehmern auch Gruppierungen vorhanden, wie beispielsweise die Preu-

239 VosZ Nr. 131 v. 3.6.1931. 240 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 136. 241 BT Morgenausgabe Nr. 255 v. 2.6.1931. 242 Auch der jüdische Frontkämpferbund war mit einer Abordnung vertreten, BT Morgen-

ausgabe Nr. 255 v. 2.6.1931. 243 Connerton, societies, S. 81; Köpping/Rao, Rausch, S. 22. 244 Köpping/Rao, Rausch, S. 7. 245 Tietz, Neue Wache, S. 21.

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ßische Schutzpolizei, welche sich einer Kontrolle der Feier im Sinne eines militaristischen Nationskonzepts verweigerten.246 Dies machten vor allem die Gruppierungen deutlich, die neben der Reichswehr am Fest teilnahmen. Zwar waren nur die Inhaber weißer Karten befugt, während der Feier das Innere der Gedächtnisstätte zu betreten. Hierzu gehörten ungefähr 60 Ehrengäste, unter ihnen zahlreiche preußische Minister, Vertreter des Reiches sowie die am Wettbewerb und der Bauausführung unmittelbar Beteiligten. 247 Bereits zur zweitrangigen Gruppe blauer Kartenbesitzer zählten allerdings die Kriegsbeschädigten, für die ein Platz in unmittelbarer Nähe der Neuen Wache, am östlich gelegenen Scharnhorst-Denkmal, reserviert worden war (Abb. 65). Während der Innenraum der Gedächtnisstätte somit zivilen, politischen und militärischen Ehrengästen vorbehalten war, nahmen die Kriegsopfer außerhalb der Halle einen hervorgehobenen Platz ein. Damit wurde öffentlich an die Zerbrechlichkeit des militärischen Helden appelliert. Der demonstrierte Konsens des Nationalen wurde somit zumindest ein Stückweit negiert. Dies gilt auch für die Besetzung der übrigen Bereiche rund um das Monument. Am westlich der Neuen Wache gelegenen Dennewitz-Denkmal hatten sich die Vertreter der Presse niedergelassen. Dagegen wurde den Abordnungen der Kriegervereine mit ihren gelben Karten nur ein vergleichsweise nachrangiger Standort zugewiesen.248 Sie waren auf einen Platz vor der Universität sowie auf die zwischen der Gedächtnisstätte und dem Zeughaus gelegene Straße verlegt worden.249 Während den Vertretern der öffentlichen Presse ein zentraler Platz gegeben wurde, verlagerte man die – überwiegend nationalistischen – Kriegervereine somit an den Rand des Geschehens. Obwohl die Initiatoren der Feier 246 Bell, Ritual theory, S. 221ff. 247 VosZ Nr. 131 v. 3.6.1931; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 130, 145; hierzu gehörten

u.a. Reichskanzler Brüning, Reichsinnenminister Wirth, Oberbürgermeister Sahm, Polizeipräsident Grzesinski, der Chef der Heeresleitung, General v. Hammerstein, der Chef der Marineleitung, Admiral Raeder, sowie einige wenige Vertreter der alten Armee, ebenso wie der preuische Staatsminister Dr. Höpker-Aschoff, Minsterialdirektor Martin Kießling, der Staatssekretär Scheusener, Heinrich Tessenow und Ludwig Gies, Ministerialrat Dammeier und der preußische Regierungsbaurat Prölß. Eingeladen waren außerdem sämtliche Wettbewerbsteilnehmer, also auch Mies van der Rohe und Hans Poelzig; vgl. auch BT Morgenausgabe Nr. 255 v. 2.6.1931. 248 Der Platz am Denkmal des preußischen Generals Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz durfte von allen Pressevertretern betreten werden; allerdings berechtigte dies nicht zum Eintritt in die Gedächtnisstätte; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 142. 249 Die Auswahl der einzuladenden Veteranen- und Kriegerverbände wurde vom Reichswehrministerium getroffen. Dabei wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass sie zwar mit den niederzulegenden Kränzen, allerdings ohne Fahnen zu erscheinen hätten; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 144, 148, S.2.

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keine expliziten politischen Exklusionen vorgenommen hatten, enthielten sich dennoch die Generäle des alten Heeres mehrheitlich der Zeremonie. Angeblich war man nicht bereit, mit dem Sozialdemokraten Braun öffentlich aufzutreten. Auch der nationalistische Stahlhelm hatte seine Beteiligung aus Protest über die starke Präsenz des Reichsbanners sowie des Bundes jüdischer Frontsoldaten abgesagt. 250 Die ungleiche Zusammensetzung der an der Feier beteiligten Gruppierungen zeigt, dass stets auch ein gewisses Widerstandspotential vorhanden war. Allerdings war der Wille zur Demonstration einer wehrhaften Nation offenbar so verbreitet, dass man letzten Endes zur Hingabe eines tötbaren Lebens bereit war. Nachdem Reichspräsident von Hindenburg und Reichswehrminister Groener vor der Neuen Wache angekommen waren, wurden sie dort von Ministerpräsident Braun in Empfang genommen. Gemeinsam betrat man die Gedächtnishalle (Abb. 66). Während eine Salutbatterie im Lustgarten über ungefähr zehn Minuten 101 Schuss abfeuerte und die Glocken des Doms sowie der St. Hedwigskathedrale doppelt so lange läuteten, sang im Innern der Domchor ein geistliches Lied. 251 Anschließend hielt Ministerpräsident Braun seine Ansprache:252 „Worte sind zu schwach, um das auszudrücken, was uns bei dieser Feierlichkeit erfüllt, was der Inbegriff dieser Gedächtnisstätte ist, die wir heute weihen. Das Ehrenmal, zu dessen Einweihung wir hier versammelt sind, soll in der Reichshauptstadt das Gedächtnis an die Toten des Weltkrieges wachhalten, nicht nur an die Söhne Berlins oder Preußens, sondern an die gefallenen Söhne des ganzen Deutschland. […] Dieses Ehrenmal trägt der Not der Zeit Rechnung. Würde und Einfachheit zeichnen dieses Denkmal selbstloser Hingabe an Volk und Vaterland aus. Von nun an soll dieser kleine Tempel ein Heiligtum des deutschen Volkes werden. Ein Jahrhundert lang haben an dieser Stelle im Herzen der Hauptstadt die Posten der alten Armee Wache gehalten; ein Jahrtausend lang mögen hier die Herzen der nachkommenden Geschlechter Wache halten über dem Gedächtnis und der Ehre der zwei Millionen Söhne Deutschlands, die für den Gedanken und für die Rettung des Vaterlandes ein Blutopfer brachten, wie es bis dahin […] unerhört war und wie es, so hoffen wir und dafür wollen wir uns einsetzen, der Gang der Geschichte niemals wieder fordern wird. […] Die Lebenden […], die hier eintreten oder vorübergehen, soll dieses Gedächtnismal ermahnen, den Toten nachzueifern an Opfersinn für das Ganze, das zu tun, was die Würde und die Größe des Menschen ausmacht, dem Volke, dem Vaterlande, dem Staate zu dienen. Dann wird Deutschland niemals untergehen.“253 250 Frankfurter Zeitung Nr. 404 v. 3.6.1931; VZ Nr. 131 v. 3.6.1931; Kruse, Neue Wache, S. 426. 251 Das Glockenläuten hatte Ministerpräsident Braun initiiert, GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr.

2388; Bl. 146. 252 GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388, Bl. 130.

253 Braun/ Groener, Gedenkblatt, S. 1f. Im Anschluss an die Veranstaltung entschloss sich Ministerpräsident Braun, ein kostengünstiges Gedenkblatt an die Bevölkerung herauszugeben; zunächst wurden 20000 Exemplare gedruckt. Diese sollten auch anlässlich des

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Diese Worte machen deutlich, dass der preußische Ministerpräsident versuchte, ein ziviles Heldentum am Kriegsmonument zu verteidigen, das zwar noch an die Bereitschaft zum notwendigen Opfer appellierte, einen weiteren Krieg allerdings weitestgehend ausschloss. Die Generationenkontinuität mündete in dieser Ansprache somit nicht in eine nochmalige nationale Instrumentalisierung der Toten, sondern in den Wunsch: „Nie wieder Krieg“. Indem Braun deutlich machte, dass die Neue Wache nicht weiter militärischen, sondern vielmehr demokratischen Zwecken als Gedenkstätte diente, unterstrich er die gravierende Verschiebung im semantischen Zentrum des Kriegsmonuments. Auch die gängige Formel vom „Opfersinn für das Ganze“ bettete Braun in einen zivilen Kontext ein. Die Überlebenden sollten den Toten dienen, indem sie sich dem Dienst am Staat zur Verfügung stellten. Die Gefallenen wurden als Vorkämpfer der Republik memoriert. Dies zeigt, wie weit der preußische Ministerpräsident grundsätzlich von einem aggressiven Nationskonzept entfernt war. Gleichwohl offenbarte die Ansprache auch einen Konsens im Dissens und der lautete, dass der preußische Ministerpräsident eine graduelle nationale Ehrung der Kriegsgefallenen akzeptierte. Indem Braun der Toten nicht explizit objektiv als Toten, sondern als zivile Helden gedachte, ermöglichte er letztendlich eine nochmalige Überwölbung der divergierenden Nationskonzepte und somit die politische Funktionalisierung der Kriegstoten. Nachdem Ministerpräsident Braun im Namen der preußischen Staatsregierung einen Kranz niedergelegt hatte, trat Reichswehrminister Groener vor den Gedenkstein: „Erbaut von den Kämpfern von Leipzig und Belle-Alliance war die Neue Wache ein Jahrhundert lang das Wahrzeichen des preußischen Heeres. Die heroische Größe ihrer Formen gleicht der Größe des Heldentums und der Größe der Opfer, die immer neue Generationen gebracht haben, damit Deutschland lebe. An dieser […] Stätte gedenken wir den ungeheuren Leistungen des deutschen Volkes und seiner Wehrmacht auf allen Schauplätzen des Weltkrieges […] mit Stolz und Bewunderung. Wir gedenken insbesondere unserer Toten in Trauer, in Ehrfurcht und in tiefer Dankbarkeit. Sie haben durch ihr Leben und Sterben bewiesen, dass ihnen das Vaterland höher stand als ihr eigenes Dasein. Wir wollen dafür sorgen, dass der Geist, der sie beseelte, nicht stirbt, daß das Erbe des preußischen Heeres, die heilige Feier der Vaterlandsliebe, der Geist der Pflicht und der Opferbereitschaft nutzbar gemacht wird für die Zukunft der deutschen Nation. Darum sei uns die Neue Wache auch in ihrer neuen Gestalt nicht eine Stätte des Todes, sondern des Lebens!“254

Verfassungstages in den Schulen verteilt werden; GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 226f.; vgl. Forner, War Commemoration, S. 535f. Das Gedenkblatt war auch an einem Verkaufsstand innerhalb der Neuen Wache zu erwerben; BT Morgenausgabe Nr. 255 v. 2.6.1931; Frankfurter Zeitung Nr. 404 v. 3.6.1931; DAZ Nr. 244 v. 2.6.1931. 254 Braun/Groener, Gedenkblatt, S. 2.

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Während Braun das zivile Heldentum der Gefallenen betonte, unterstrich Reichswehrminister Groener deren militärischen Status. Indem er die Toten dem Nationalen ontisch unterwarf, wurden sie in letzter Konsequenz zugunsten kriegerischer Zwecke funktionalisiert. Sie wurden als heroische Figuren idealisiert, ihre Leiden zugleich degradiert. Darauf wies auch der politische Generationencode der Rede hin. Zwischen den Verdiensten vergangener Kriegstoter und den Überlebenden wurde eine zeitliche Kontinuität konstruiert, die bis zu kommenden Siegen reichen konnte. Groener forderte somit letztendlich dazu auf, den traditionellen nationalen Wertekonsens auch für die Zukunft zu wahren. Er schloss seine Ansprache mit einer Kranzniederlegung im Namen des alten Heeres. Abschließend legte Reichspräsident Hindenburg ein Gebinde mit folgenden Worten nieder: „In bewegten Gedanken an die vielen, die in den mehr als vierjährigen Verteidigungskämpfen unseres Vaterlands gegen eine Welt von Feinden in Treue ihr Leben hingegeben haben, lege ich meinen Kranz in Ehrfurcht und Dankbarkeit vor den Toten an diesem Ehrenmale nieder. Möge diese Gedächtnisstätte dazu beitragen, die innere Einigkeit zu fördern! Damit ehren wir unsere gefallenen Brüder am besten, die auf dem Schlachtfeld stets und ohne Unterschied treu zusammenstanden.“255

Die kurze Ansprache Hindenburgs brachte nochmals die angestrebte Integration der divergierenden Totengedächtnisse zum Ausdruck. Indem er allerdings zugleich den Mythos der Frontkameradschaft zitierte, um an einen nationalen Konsens zu appellieren, unterstrich er auch die prinzipielle Legitimität eines potentiellen Krieges und leugnete dessen Realitäten. Nur mit Hilfe des Konzepts einer Nation in Waffen glaubte der Reichspräsident, die innere Einheit noch gewährleisten zu können. Damit sollte sich das zivile Opfer an der preußischen und nationalen Gedächtnisstätte letztendlich dem militärischen Helden unterordnen. Bereits während der Innenfeier hatten die Reichswehr sowie die berittene Preußische Schutzpolizei zur Parade Aufstellung genommen.256 Als Hindenburg nach Abschluss der Innenfeier auf den Platz vor dem Denkmal trat, nahm er den Vorbeimarsch der Truppen ab (Abb. 67). Dabei bildete die Reichwehr allerdings eine deutliche Mehrheit, Kriegervereine und Frontkämpferverbände waren von der Parade von vorneherein ausgeschlossen worden. Auch für das breite Publikum wurde die Gedächtnisstätte erst anschließend zur Besichtigung freigegeben. Diese wurde durch das Spiel von Militärmusik begleitet.

255 BT Morgenausgabe Nr. 255 v. 2.6.1931. 256 Die Veteranen- und Kriegerverbände waren allerdings vom Vorbeimarsch ausgeschlossen;

GStA, I. HA Rep. 151 IV Nr. 2388; Bl. 140, S. 2.

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Deutlich wurde somit, wie in der Einweihungsfeier verschiedene Varianten nationaler Ordnung um Deutungsmacht konkurrierten. Dabei zeigt die begeisterte Reaktion der Zuschauer auf die Parade auch, dass zumindest Teile des Kollektivs von einer Dekonstruktion des militärischen Helden noch weit entfernt waren. Solange der Aufmarsch der Offiziere und Soldaten nicht überwiegend mit Ablehnung aufgenommen, sondern im Gegenteil öffentlich bejubelt wurde, stieß ein demokratisches Nationskonzept schnell an seine Grenzen.257 Während die kurzen Reden im Innenraum der Gedenkstätte den vorherrschenden Diskurs vom „Sterben für das Vaterland“ zumindest teilweise außer Kraft setzen konnten, da der preußische Ministerpräsident mit der Feier andere politische Werte verband als die Vertreter des Reiches, war die Performanz des militärischen Feierrahmens in der Lage, die heterogenen Nationskonzepte zu überwölben: „Es ist gut und erhebend, daß in der Not der Gegenwart wenigstens im Andenken an die gefallenen Helden der Parteistreit schweigt, und alle sich bewußt werden, welche unvergänglichen Werte in der großen preußischen und deutschen Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft liegen,“258 kommentierte die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ im Juni 1931 die Feier zur Einweihung des Denkmals. Der Zeremonie gelang es damit nochmals, zwischen dem Ausdruck des militärischen und zivilen Helden sowie zwischen divergierenden Nationskonzepten zu vermitteln. 259 Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass die Einweihungsfeier eine seltene Ausnahme darstellte. Denn bis 1933 konnte kein regelmäßiger Denkmalkult an der Neuen Wache etabliert werden. Die Einweihungsfeier fiel zu einmalig und kurz aus, um zu einer dauerhaften Inkorporation einer militaristischen Gesinnung bei den Teilnehmern oder Zuschauern zu führen. Und die alltägliche kulturelle Praxis am Kriegsmonument schuf zusätzliche Freiräume für ein individuell-ziviles Totenerinnern, das einer Nationalisierung der Massen deutlich zuwiderlief. Von einer kollektiven Homogenisierung des städtischen Zentrums Berlins mit Hilfe eines Totenkults am preußischen Kriegerdenkmal kann für die Weimarer Republik deshalb trotz der Performanz dieser Einweihungsfeier nicht die Rede sein.

257 Gießen, Triumph, S. 66ff. 258 DAZ Nr. 244 v. 2.6.1931. 259 Vgl. Köpping/Rao, Rausch, S. 8.

III. Weder Frieden noch Krieg. Vom Gegeneinander divergierender Trauerkonzepte in der Planungsphase des Bonner Kriegsmonuments

Auch Bonn war in der Zwischenkriegszeit ein Ort andauernder Erinnerungskämpfe des Kriegstodes. Dabei bestand zwischen der zivilen und militärischen Memorierung der Kriegsgefallenen ein solcher Antagonismus, dass eine Einigung kaum zu erreichen war. In der rheinischen Stadt standen sich die überwiegend subjektive Trauer des örtlichen Kreiskriegerverbandes sowie das objektive Totenerinnern demokratischer Bevölkerungsteile und städtischer Instanzen unversöhnlich gegenüber. Dies wird zunächst anhand der öffentlichen Aushandlungsprozesse deutlich. Während die Vertreter des Militärischen in der Lokalpresse permanent die Anlage eines Ehrenhains forderten, plädierte der zivile Teil der Bürgerschaft insbesondere für die Ausgestaltung einer Volks- und Erholungsstätte. Auf diesem Wege konnte keine Einigung erzielt werden. Deshalb entschied die Stadtverwaltung, die Planung eines gesamtstädtischen Kriegerdenkmals zunächst auszusetzen und stattdessen ein allgemeingültiges Totenmal auf dem Bonner Ehrenfriedhof zu errichten. Allerdings wurde auch dieser scheinbare Erinnerungskompromiss letzten Endes ergebnislos vertagt. Während die Planungen des offiziellen bayerischen und preußischen Kriegsmonuments zumindest teilweise von komplementären Formen des Trauerns durchzogen waren, wurde im Denkmal der Stadt Bonn ein endgültiges Auseinanderbrechen kontrastierender Formen der Trauer deutlich.

1. „Hain oder Heim?“1 Vom öffentlichen Kriegerdenkmal zum Friedhofsmonument Die Entscheidung der Stadt Bonn, „eine Einrichtung zum Andenken an die gefallenen Krieger“2 zu schaffen, fiel bereits wenige Monate nach Kriegsende. Auf Anregung des sozialdemokratischen Abgeordneten Schmitz hatte die Stadtverordnetenversammlung schon im Mai 1919 einen entsprechenden Beschluss gefasst. Die endgültige Bewilligung der Mittel stand allerdings noch lange

1 So lautete die Überschrift eines entsprechenden Artikels in GA Bonn Nr. 10412 v. 21.5.1919. 2 StA Bonn, Pr 30/84n, Bl. 1, Sitzungs-Protokoll der Stadtverordneten-Versammlung v.

6.5.1919.

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Zeit aus. 3 Man beschloss, die Denkmalfrage zunächst in der breiten Öffentlichkeit zu diskutieren, um den Ausgleich divergierender Erinnerungsinteressen zu fördern.4 Dieses Ziel konnte allerdings letzten Endes nicht erreicht werden, da nur ein Teil der Bonner Bevölkerung für einen Bau eintrat, der die traumatischen Folgen des Krieges mit Hilfe ziviler öffentlicher Maßnahmen, wie der Errichtung eines Heims, linderte. Während die Führungsebene der Bonner Stadtverwaltung bereits einen gewissen Vergangenheitsbruch anstrebte, waren ehemalige Militärangehörige weiterhin von der notwendigen nationalen Hingabe der Kriegstoten überzeugt. Der Bonner Kreiskriegerverband verteidigte von Beginn der öffentlichen Debatte an „die Anlage einer Ehrungsstätte“5 im „Verein mit der Natur“,6 „um noch zu kommenden Geschlechtern groß, edel und eindringlich zu reden.“7 Schließlich könne ein waldnaher Ehrenhain, der „den Zusammenhang mit der Natur [suche], die Volksseele am tiefsten“8 erfassen. Der Wald wurde als Symbol deutschen Wesens angesehen und der vermeintlichen Seelenlosigkeit der Großstadt gegenübergestellt.9 Dieser Ort schien prädestiniert dafür, „die geheimen Beziehungen der Toten zu ihren Hinterbliebenen zu wecken.“10 Zwar schuf die Einsamkeit des Waldes auch Raum für eine stille, objektive Trauer. Allerdings konnotierte man seine Erhabenheit traditionell mit Gefühlen nationaler Treue, verband ihn also mit einer weiteren Freigabe der Gefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens. Das Projekt eines Waldhaines verschaffte somit zivilen, insbesondere aber militärischen Bedürfnissen Raum. Individuelle Affekte wurden überwiegend degradiert und zugunsten einer potentiellen Wiederauferstehung der Gefallenen funktionalisiert. Der regelmäßig angeordnete Wald wurde mit Formationen des Heeres in Verbindung gebracht.11 Und die ausgedehnten Mi-

3 Insgesamt 150000 Mark sollten für das Kriegerdenkmal aufgebracht werden; Aktennotiz

Spoelgen v. 15.8.1921; StA Bonn, Pr 30/84n. 4 Sitzungs-Protokoll des Bauausschusses v. 10.5.1919; vgl. auch StA Bonn, Pr 30/84n, Bl. 7,

Beschluss des Finanzausschusses v. 16.5.1919. 5 GA Bonn Nr. 10406 v. 15.5.1919. 6 Ebd. 7 Ebd. 8 Ebd. 9 Der Wald galt als überzeitliches Nationalsymbol der Deutschen. Insbesondere der in Berlin

lebende Gartenbaudirektor Willy Lange (der von Redslob auch in der Frage des Reichsehrenmals als Sachverständiger berufen wurde) plädierte seit 1914 vehement für die Heldenhainidee; vgl. Ziemann, Erinnerungsort, S. 72-74. 10 GA Bonn Nr. 10412 v. 21.5.1919. 11 Diese enge Verbindung wurde insbesondere von Elias Canetti beschrieben; vgl. Ziemann, Erinnerungsort, S. 73.

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litärfeiern, die im Ehrenhain stattfinden sollten, waren zusätzlich in der Lage, den nationalen Wertekonsens eines „Sterbens für das Vaterland“ zu perpetuieren. Bereits im Mai 1919 begann der Kreiskriegerverband mit ersten konkreten Planungen. Man beabsichtigte zunächst, ein am Rhein gelegenes Parkgelände in der Gronau als Ehrenhain zu deklarieren.12 Dabei sollte der Ort neben der Errichtung einer Gedenkhalle auch als Sportplatz der Bonner Jugend dienen. Schließlich sollte in der Gronau ein Geschlecht heranwachsen, „das geübt und gestählt an seinem Körper, gefestigt in seinem Wollen, im Herzen erfüllt von heiliger Liebe zum heimatlichen Boden, dabei stets eingedenk der Großtaten der Väter und Vorväter [sei].“13 Hier wurde das Band zwischen den toten Helden und ihren lebenden Nachkommen besonders wirkungsvoll erneuert. Das Gronauprojekt weist auf den Willen zur Schaffung eines übergreifenden Generationenkonsenses hin, der auch eine rückwärtige Wiederholung des Krieges nicht ausschloss. Schließlich konnte dieses performative Körperkonzept auch dem zukünftigen Kampf dienen. Die objektive Betrauerung der Toten wurde hingegen vollständig sublimiert. Demgegenüber verfolgten die demokratischen Teile der Bonner Bevölkerung ein nahezu entgegen gesetztes Konzept der Trauer. Zuallererst wollten sie eine Stabilisierung der zivilen Gesellschaft erreichen, den Kriegsopfern eine Stimme sowie einen gewissen Sozialstatus einräumen. Als städtisches Kriegerdenkmal konnte man nur akzeptieren, was der „Volksgesundung“14 diene. Hierzu zählte die Ehrung „sämtlicher Kriegsteilnehmer, mögen sie nun gefallen, verkrüppelt, beschädigt oder erfreulicherweise gesund heimgekehrt sein.“ 15 Als Vertreter demokratischer Interessen strebte man insbesondere ein Kriegerdenkmal an, das „dem Volke nützen [könne].“16 Schließlich würde „das arme Volk [noch] für Jahre hinaus an den Schäden und Lasten des Krieges zu tragen haben.“17 Eine Inszenierung militärischen Heldentums in einem heidnischen Kriegerhain lehnten diese Teile der Bonner Bevölkerung vehement ab. Vielmehr war man der Überzeugung, dass es „um Deutschlands gefallener Heldensöhne in Waldeinsamkeit dankbar zu gedenken, […] keines eigens hierzu bestimmten Haines“18 bedürfe. Der politisch-effektiven Darstellung nationalen Heldentums zog man stattdessen ein individuelles Erinnern vor: „Das dankbare Herz wird in unseren 12 Vgl. die Vorschläge in der DRZ Nr. 135 v. 18.5.1919; BZ v. 31.5.1919. Noch 1926 waren

zahlreiche Bonner Militärvereine in dieser Frage aktiv; GA Bonn v. 10.2.1926. 13 BZ v. 31.5.1919. 14 GA Bonn Nr. 10409 v. 18.5.1919. 15 BZ v. 13.6.1919. 16 GA Bonn Nr. 10409 v. 18.5.1919. 17 Ebd. 18 GA Bonn Nr. 10413 v. 22.5.1919.

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Eichenwäldern die Stimmung schon finden.“19 Deshalb wurde auch die geplante Einrichtung eines Kriegerhains in der Gronau „unter dem Lärm unserer Jugend“20 heftig kritisiert. Man misstraute der kollektiven Ertüchtigung nachfolgender Generationen. Die wichtigste Gegeninitiative ziviler Pädagogik war die geplante Errichtung eines Volkshauses innerhalb des Bonner Stadtzentrums. Julius Steinberg, maßgeblicher Initiator des Projekts, wollte eine „interkonfessionelle Volks- und Erholungsstätte“21 schaffen, die „zu Lektüre und Geselligkeit, Belehrung und Unterhaltung“22 Raum bieten konnte. Dabei sollte das Volkshaus „allen Ständen und Berufen, allen Richtungen und Parteien“ 23 offen stehen. Steinberg war überzeugter Demokrat, der sich entschieden gegen das Gronauprojekt wandte und stattdessen die „Wiederaufrichtung des Vaterlandes“24 mit Hilfe einer „inneren, seelischen Erneuerung“25 forderte. Das Volkshaus solle nach der „Befreiung und Mündigkeitserklärung des deutschen Volkes“ 26 insbesondere der zivilen Pädagogik dienen. Bemerkenswert ist, dass Steinberg dabei auch die Verewigung der nahezu 3000 Bonner Gefallenennamen auf Tafeln rigoros ablehnte: „Die Namen würden einander gegenseitig erdrücken. Kaum ein Besucher würde sich die Mühe nehmen, auch nur dem dreißigsten Teil dieser Namen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.“ 27 Deutlich wird, dass sich Steinberg der Gefahr einer permanenten Relativierung des Kriegstodes durch die bloße Wahrnehmung serieller Zeichen durchaus bewusst war. Schließlich konnte der Massentod auf einer massiven Namenstafel unter Umständen nur noch in seiner schieren Faktizität zur Kenntnis genommen, nicht weiter aber als individueller, menschlicher Verlust nachvollzogen werden.28 Deshalb schlug er vor, die Namen zunächst in einem künstlerisch gestalteten Buch zu verzeichnen und dieses in einem würdigen Raum des Volkshauses aufzubewahren. Zusätzlich sollte über der Eingangstür des Hauses eine Inschrift - „Zur Ehrung der 19 Ebd. „Die Idee eines Ehrenhaines [sei] heidnischen Ursprungs“ urteilte der Bonner Gene-

ralanzeiger Mitte Mai 1919, und „durch irgendwelche besondere Form [solle] dem Ganzen gleichsam eine christliche Idee aufgepfropft werden“; GA Bonn Nr. 10409 v. 18.5.1919. 20 GA Bonn Nr. 10413 v. 22.5.1919. 21 StA Bonn, Pr 30/84n, Bl. 11f.; der Aufruf zur Einrichtung eines Volkshauses war von ca. 120 Bonner Bürgern, überwiegend Mitarbeitern der Bonner Bibliotheken, mit unterzeichnet worden. 22 StA Bonn, Pr 30/84n, Bl. 11. 23 BZ Nr. 129 v. 10.5.1919. 24 BZ v. 13.6.1919. 25 Ebd. 26 Ebd. 27 Ebd. 28 Liebsch, Trauer, S. 23.

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Kämpfer, zum Wohle der Beschirmten“ 29 - auf den doppelten Zweck des Denkmals verweisen: die objektive Betrauerung der Kriegsgefallenen sowie eine zivildemokratische Erneuerung der bestehenden Gesellschaft. Nachdem die öffentlichen Diskussionen in der Lokalpresse zunehmend unversöhnlicher ausfielen, beschlossen Oberbürgermeister Fritz Bottler und sein engster Mitarbeiter Eduard Spoelgen30 Mitte 1921, die Planungen für ein städtisches Denkmal bis auf weiteres auszusetzen.31 Zu tief erschien ihnen die Kluft innerhalb der Bonner Bevölkerung, als dass ein einheitliches Denkmalssymbol in der Öffentlichkeit Chancen auf dauerhaften Bestand gehabt hätte. Stattdessen beschloss der Friedhofsausschuss des Bonner Stadtrats Mitte August 1921 folgendes:32 „Der Unterausschuss ist der Ansicht, dass die Mittel für ein allgemeines Gedenkzeichen für die Gefallenen von der Allgemeinheit aufgebracht werden müssen. Es soll zunächst die Frage der Ausgestaltung des Ehrenfriedhofs geklärt werden und zwar durch einen Wettbewerb unter Bonner Architekten.“33

Mit diesem Beschluss machte die Stadtregierung deutlich, dass die Initiative für ein Kriegsmonument in erster Linie von der Bonner Einwohnerschaft auszugehen habe. Nur ein Denkmal, das durch das finanzielle Engagement breiter Bevölkerungskreise zustande käme, sollte die Unterstützung der Stadt finden. Schließlich konnten nur auf der Grundlage gruppenübergreifenden Engagements die gegensätzlichen Totengedächtnisse gebündelt und dauerhaft überwölbt werden. Dabei sah man von vorneherein ausschließlich einen halböffentlichen und zugleich entpolitisierten Standort, wie das Friedhofsgelände, für einen Ausgleich des Gedenkens als geeignet an. Deshalb wurde die Errichtung des Monuments auf dem Bonner Ehrenfriedhof ins Auge gefasst. Zwischen August 1921 und 1922 setzte man sich intensiv mit dem Programm für den zukünftigen Denkmalwettbewerb auseinander. Allerdings wurde dessen konkrete Umsetzung 29 BZ Nr. 129 v. 10.5.1919. 30 Eduard Spoelgen (1877-1975) war Zentrumsabgeordneter und ab 1920 Leiter des Hoch-

baudezernats der Stadt Bonn; ab 1923 war er der engste Beigeordneter des Bonner Oberbürgermeisters Falk. 31 Aktennotiz Spoelgen v. 28.5.1920; StA Bonn, Pr 30/84n. 32 Mitglieder des Ausschusses waren Prof. Renard (Direktor des rheinländischen Denkmalpflegeamtes), Regierungsbaumeister Thoma, Bildhauer Lancier, Gartendirektor Günther, Architekt Schirmer, Beigeordneter Spoelgen, Schulrat Dr. Baedorf. Wie stark Spoelgen insgesamt eine zivile Lösung der Kriegerdenkmalfrage befürwortete, macht auch seine Unterstützung des Projekts „Waldschule“ deutlich; Aktennotiz Spoelgen v. 15.8.1921; StA Bonn, Pr 30/84n. 33 Ebd.

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immer wieder vertagt. Denn die Auseinandersetzung zwischen den Vertretern unterschiedlicher Formen der Trauer hielt unvermindert an.34 Erst im Dezember 1925 schienen sich die Gemüter innerhalb der Bonner Bevölkerung beruhigt zu haben. Die Stadtverwaltung veranstaltete eine Bürgerversammlung, in der sie den Ausbau des Ehrenfriedhofs allgemein befürwortete. 35 Dabei sollte die Gräberstätte an der Westseite auf Vorschlag des städtischen Beigeordneten Spoelgen „durch eine Art Chor“36 ergänzt werden, in dem nicht nur die Gedenktafeln mit den Namen der 2720 Kriegsgefallenen, sondern auch ein Denkmal „in versöhnendem Sinne“37 zu errichten sei.38 Das Monument sollte den Bonnern „ein Ruf sein […], die tägliche Arbeit zum Besten des Vaterlandes auszuführen.“39 Dies zeigt, dass der Ausgleich fragmentierter Totenerinnerungen sowie der Aufbau zivildemokratischer Strukturen im Zentrum der städtischen Erinnerungspolitik stand. 40 Nur an einem befriedeten Standort wie dem Bonner Nordfriedhof glaubte man, die Gefallenen realitätsnah betrauern zu können. Deshalb wurde im Zuge der architektonischen Erweiterung des Ehrenfriedhofs ab Februar 1926 zunächst ein provisorisches Erinnerungsmal im neu geschaffenen „Chor“ errichtet.41 In der Mitte der westlichen „Apside“ kam ein schlichtes Eichenholzkreuz auf hohem Rasenhügel zum Stehen.42 Nur das Gedenkzeichen des Kreuzes, das aufgrund seiner überwiegend religiösen Bedeutung imstande war, die divergierenden Positionen der Trauer zu überwölben, konnte die konträren Diskussionen um ein städtisches Kriegsmonument abmildern.

34 Vgl. auch GA Bonn v. 31.10.1924 („Denkmalsteine oder Denkmalheime“). 35 Geladen waren die Vertreter der geistlichen und weltlichen Behörden, der Bonner Vereine

sowie ausgewählte Persönlichkeiten; BZ Nr. 294 v. 15.12.1925. 36 Ebd. 37 Ebd. 38 Zu den Gefallenenzahlen, vgl. Schreiben Radeboldt an Wentzler v. 17.12.1929, StA Bonn,

P30/201n. 39 BZ Nr. 294 v. 15.12.1925. 40 Spoelgen musste die Initiative insbesondere vor Bonner Bildungsbürgern rechtfertigen.

Dabei argumentierte er immer wieder, dass durch die Neugestaltung des Ehrenfriedhofs der Errichtung eines gesamtstädtischen Ehrendenkmals nicht vorgegriffen werden solle und hierfür nach wie vor das Gelände in der Gronau vorgesehen sei; Schreiben Spoelgen v. 18.12.1925; StA Bonn, Pr 30/87n. 41 Aktennotiz Spoelgen v. 15.2.1926; StA Bonn, Pr 30/87n. 42 Das Kreuz war 2,80 Meter hoch, der nach oben hin sich verjüngende Sockel 2,0 Meter. An ihm konnten an Gedenktagen auch Kränze niedergelegt werden; Kölner Stadtanzeiger Nr. 552 v. 31.10.1929. In einem Schreiben v. 20.9.1928 wurde vom Kreiskriegerverband Bonn statt des einfachen Holzkreuzes ein „würdiges, massives Kreuz“ gefordert; StA Bonn, Pr 30/200n.

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2. Der Ideenwettbewerb für das städtische Denkmal. Programm und Scheitern des zivilen Helden Die Ehrengräberstätte auf dem Bonner Nordfriedhof war bereits 1921 errichtet worden.43 Neben 618 Soldaten hatte man dort 21 Offiziere des Ersten Weltkriegs bestattet. Den einzigen Schmuck ihrer Einzelgräber bildeten über viele Jahre hinweg einfache Holzkreuze.44 Erst im Jahr 1928 bot sich die Gelegenheit, die Durchführung eines Denkmalwettbewerbs ins Auge zu fassen, um die Gesamtanlage neu zu gestalten.45 Grundlegend hierfür war der Gedanke, „für die Opfer des Krieges eine in sich geschlossene Ruhestätte zu schaffen, deren Betreten Andacht und tiefste Erfurcht“46 auslösen könnte. Dabei wollte die Bonner Stadtverwaltung im Zentrum des Friedhofs ein Kriegsmonument errichten, das nicht ausschließlich der Memorierung der Bonner Soldaten dienen konnte. Vielmehr sollte ein Erinnerungszeichen für sämtliche Kriegsopfer geschaffen werden. Dies zeigt, wie ernst die städtischen Instanzen die Trauer um den Anderen nahmen. Indem man selbst vermeintliche „Feinde“ integrierte, sollte die Beschwörung nationalen Heldentums letztendlich durch einen universellen Opferdiskurs ersetzt werden. 47 Dabei wurde als Standort ein „apsidenartig abgerundeter, von Tannen umsäumter Ehrenhain,“48 der dem Chorbereich an der Westseite des Ehrenfriedhofs entsprach, ins Auge gefasst (Abb. 68). An dieser Stelle hatte man 1926 bereits das vorläufige Gedenkkreuz errichtet. Während die Formgebung des geplanten Kriegsmonuments 43 Notiz Gartenverwaltung Bonn v. 10.6.1921; StA Bonn, Pr 30/84n. 44 Weiterhin gab es dort Grabstätten für die neun Bonner Zivilisten, die bei einem Fliegeran-

griff ums Leben gekommen waren; vgl. die Auflistung in StA Bonn, P 24/671, sowie der Wettbewerbsentwurf Juni 1928, StA Bonn, P 30/200n, S. 2. Im Schreiben des Presbyteriums der Evangelischen Gemeinde Bonn v. 30. 5.1928 (Pfarrer Frick) wird der „kahle Eindruck“ der Gräber aufs heftigste kritisiert; der Ehrenfriedhof befände sich in einem Zustand, der seinem Namen keine Ehre mache; StA Bonn, Pr 30/201n. Tatsächlich wurden die Holzkreuze nach und nach durch einfache Steintafeln ersetzt; Wettbewerbsentwurf Juni 1928, StA Bonn, P 30/200n, S. 2. 45 Dabei waren drei Preise i.H.v. 2000, 1500 und 1000 RM ausgesetzt. Für den Ankauf von zwei weiteren Entwürfen war ein Betrag von je 300 RM vorgesehen; Wettbewerbsentwurf Juni 1928, StA Bonn, P 30/200n, S. 2. 46 Wettbewerbsentwurf Mai 1928, StA Bonn, P24/671, S. 3. 47 Im Wettbewerbsentwurf vom Mai 1928 (StA Bonn, P24/671, S. 2) wurde explizit erwähnt, dass sich das Ehrenmal auch auf die in „deutscher Gefangenschaft verstorbenen ehemaligen Feinde (Russen, Serben)“ erstrecken solle (vgl. auch Rheinische Zeitung Nr. 330 v. 21.12.1928). 48 Wettbewerbsentwurf Juni 1928, StA Bonn, P 30/200n, S.3. Erwähnt wurde hier auch die Notwendigkeit, geeigneten Raum für die alljährlich stattfindenden Gedächtnisfeiern frei zu lassen.

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insbesondere dem Motiv der Völkerverständigung dienen konnte, wurde die Standortwahl eng mit dem Haingedanken verknüpft. Es scheint so, als habe man damit insbesondere die Anhänger eines traditionell-militärischen Totengedenkens zufriedenstellen wollen. Schon das erste Wettbewerbsprogramm macht die engere Intention des Denkmalbaus deutlich. Bereits im September 1921 hatte man für eine „einfache, schlichte, würdige Anlage“ 49 plädiert. Das Ehrenmal solle „ohne unnötigen Aufwand das Andenken an die auf dem Ehrenfriedhof Ruhenden und die im Weltkrieg gefallenen Bonner bewahren.“ 50 Gerade durch den gewünschten Einsatz möglichst geringer finanzieller Mittel brachte man die Solidarität mit den Kriegsopfern sinnfällig zum Ausdruck.51 Der endgültige Wettbewerbsentwurf von 1928 fasste die Intention des Denkmalbaus dann folgendermaßen zusammen: „Das Ehrenmal soll Andacht und Ehrfurcht auslösen und etwa die Aussöhnung im Tode, den Frieden nach hartem Kampf und den Dank der Überlebenden zum Ausdruck bringen. Es soll den Angehörigen der im ehemaligen Feindesland Ruhenden Ersatz für die ferne Grabstätte sein.“52

Zwar wählte man weiterhin den Begriff des „Ehrenmals“ für die Gedenkstätte, entkleidete ihn allerdings seiner ursprünglichen Bedeutung. Schließlich war eine symbolische Verklärung des Kriegstodes zugunsten eines weiteren tötbaren Lebens nicht länger vorgesehen. Der städtische Kriegerdenkmalbau stand vielmehr ganz im Zeichen zivilen Totengedenkens. Wollte man zum einen Formen objektiver Trauer um die Gefallenen integrieren, sollte zum anderen auch eine allgemeine Befriedung der Gesellschaft initiiert werden. In diesem Zusammenhang ist auch die geplante Namensnennung der Gefallenen am „Erinnerungsmal“53 zu betrachten. Die Auswahl des Preisrichterkollegiums macht die politisch moderate Haltung der Denkmalsinitiatoren deutlich. Schließlich waren neben den beiden Vertretern der Stadt, Oberbürgermeister Falk54 und Spoelgen, 49 Wettbewerbsentwurf September 1921, StA Bonn, Pr 30/84n, S. 2. 50 Wettbewerbsentwurf Januar 1922, StA Bonn, Pr 30/84n, S. 3. 51 Dies auch deshalb, weil Stadt Bonn 1928 mit einem erheblichen finanziellen Engpass zu

kämpfen hatte; Schreiben Falk an Frick v. 15.6.1928, StA Bonn, Pr 30/201n; StA Bonn, P 30/200n, S. 4. 52 Wettbewerbsentwurf Juni 1928, StA Bonn, P 30/200n, S.3. 53 Die Ordnung der Namen orientierte sich nach demokratischen Aspekten. Die toten Soldaten sollten nicht weiter nach militärischem Rang, sondern vielmehr nach Kriegsjahren, -ereignissen und -schauplätzen benannt werden. Wettbewerbsentwurf Juni 1928, StA Bonn, P 30/200n, S.3. 54 Johannes Falk (Zentrum) war zwischen 1923 und 1933 Oberbürgermeister der Stadt Bonn.

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zwei Vertreter des Friedhofsausschusses und ein Vertreter der Bonner Kriegsbeschädigtenvereinigung zur Entscheidung über den Denkmalwettbewerb geladen worden. Dies machte die sorgfältige Auswahl von Symboliken des Opfers erst möglich. Anfang August 1928 wurde der Ideenwettbewerb in den größten rheinischen Zeitungen sowie in der „Deutschen Bauzeitung“ ausgeschrieben. Bis zum 1. Dezember des Jahres waren die Vorschläge an das Bonner Hochbauamt zu richten. 55 Nur wenige Tage später begutachtete man die 104 eingegangenen Entwürfe bereits im Sitzungssaal des Stadthauses.56 Nachdem im ersten Rundgang 52 und im zweiten Rundgang 42 Entwürfe ausgeschieden waren, verblieben insgesamt zehn Modelle für die engere Auswahl. Die Arbeit der Preisrichter wurde einerseits dadurch erschwert, dass eine Vielzahl von Entwürfen durch den vorangegangenen Transport in beschädigtem Zustand war.57 Andererseits schied ungefähr ein Drittel aller Arbeiten wegen überhöhter Herstellungskosten aus.58 Den ersten Preis erhielt das Modell „Auferstehung“ des Düsseldorfer Bildhauers Adolf Wamper (Abb. 69). Dargestellt war eine in Knie-Sitz-Stellung befindliche männliche Bronzefigur auf niedrigem, breitem Sockel, die im Begriff war, sich zu erheben.59 Der knorrige, schmale Oberkörper des nur mit einem Lendenschurz bekleideten Jünglings reckte sich nach oben, während seine zarten Knie noch den Bodenkontakt suchten. Es war diese Darstellung eines körperlich völlig geschwächten Menschen, der durch den Krieg alles bis auf sein „nacktes Leben“ verloren hatte und dennoch versuchte, sich zu erheben, welche im Betrachter starke Emotionen erzeugen konnte. Mit der klassischen Ästhetisierung eines triumphal-militärischen Helden hatte diese realistische Wiedergabe des zivilen Kriegstoten nichts mehr gemein. Vielmehr memorierte die Figur das Leid der Gefallenen und Hinterbliebenen und ließ die Verklärung des Todes hinter sich.60 Hier war nicht weiter ein männlicher, gewaltbereiter, soldatischer Körper 55 Ausschreibung zum Ideenwettbewerb v. 10.8.1928, StA Bonn, P 30/200n. 56 Rheinische Zeitung Nr. 330 v. 21.12.1928; GA Bonn Nr. 13304 v. 20.12.1928; DRZ Nr. 293 v.

19.12.1928. 57 Schreiben Spoelgen an sämtliche Wettbewerbsteilnehmer v. 19.12.1928; StA Bonn, P

30/200n. 58 Alleine 35 Entwürfe lagen mit ihren Herstellungskosten über 50000 RM, die mit Preisen

ausgezeichneten Modelle allerdings deutlich darunter, was auch den Willen zu einem geringen Finanzaufwand seitens der Stadt bezeugt; eine tabellarische Aufstellung der jeweiligen Herstellungskosten in StA Bonn, P 30/200n; GA Bonn Nr. 13300 v. 15.12.1928. 59 Der Sockel war sechs Meter lang und dreieinhalb Meter breit; auf ihm sollten die Namen sämtlicher Gefallenen verzeichnet werden; DRZ Nr. 295 v. 21.12.1928. 60 Verwiesen sei auch auf den Entwurf eines nackten Knienden anlässlich des Hamburger Kriegerdenkmalwettbewerbs von Ernst Barlach („Kniende als Symbol der Hoffnung“); Rhauderwiek, Barlach Ehrenmal, S. 12.

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dargestellt, sondern vielmehr das zarte Antlitz eines schwachen Jünglings, dem jedes militärische Attribut fehlte. Die Denkmalfigur machte die Unschuld des einzelnen Kriegsopfers deutlich und zeigte dem Konzept nationalen Heldentums klare Grenzen auf. Sie führte geradewegs in eine objektive Trauer um den Anderen, die den Willen zu einer friedlichen Zukunft in sich barg. Von den insgesamt neun Preisrichtern hatten fünf, unter ihnen insbesondere Architekten und Bildhauer, die Arbeit Wampers ausgezeichnet.61 Sie bewerteten den Entwurf als „sehr hohe künstlerische Leistung,“62 da der Auferstehungsgedanke gefühlsstark wiedergegeben und das Verhältnis der Figur zu ihrem breiten Sockel fein empfunden sei.63 Allerdings wurde dem Künstler zugleich der Impetus eines „echten, starken Gefühls“64 abgesprochen. Das Preisrichterkollegium kritisierte nicht nur die Körperproportionen, wie beispielsweise eine Überlängung der Arme. Auch die Frage, ob Wamper in der Lage sei, eine von allen Seiten herausragende Freiplastik zu schaffen, wurde intensiv diskutiert. Zusätzlich übte man Kritik am geplanten Standort. 65 Tatsächlich konnten Massenversammlungen am Denkmal an dieser Stelle kaum gewährleistet werden. Außerdem beklagte man die mangelnde Allgemeinverständlichkeit des Modellentwurfs. 66 So argumentierte beispielsweise der Bonner Kreiskriegerverband, dass die Darstellung in keiner Weise dem entspräche, „was die Kriegshinterbliebenen und die alten Soldaten als sicherlich Nächstbeteiligten von einem Denkmal zu Ehren ihrer gefallenen Kameraden“67 erwarteten. Diese ablehnende Haltung überrascht keineswegs. War doch der Fortbestand der Kriegervereine aufs engste mit der traditionellen symbolischen Überlieferung des Gefallenentodes verknüpft. Dies machten auch die jährlich veranstalteten Gedenkfeiern des Kreiskriegerbundes auf dem Bonner Nordfriedhof deutlich.68 Auch der zweite Preis, den der Kölner Architekt Theo Wilkens und der Bildhauer Karl von Mehring für ihre Arbeit „Sterbender Löwe“ erhielten, wurde von einem Teil der Bonner Öffentlichkeit heftig kritisiert.69 Sowohl dem archi61 Genauere Angaben zum Abstimmungsergebnis in StA Bonn, P 30/200n. 62 Stellungnahme Preisgericht v. 18.12.1928, StA Bonn, P 30/417n, S. 3. 63 Ebd.; GA Bonn Nr. 13305 v. 21.12.1928. 64 DRZ Nr. 295 v. 21.12.1928; DRZ Nr. 287 v. 24.12.1928. 65 Stellungnahme Preisgericht v. 18.12.1928, StA Bonn, P 30/417n, S. 3. 66 DRZ Nr. 295 v. 21.12.1928; GA Bonn Nr. 13304 v. 21.12.1928; DRZ Nr. 287 v. 24.12.1928. 67 Schreiben Kreiskriegerverband an Falk v. 28.1.1929; StA Bonn, Pr 30/201n. Spoelgen machte

daraufhin deutlich, dass von den preisgekrönten Entwürfen „voraussichtlich keiner zur Ausführung“ käme; Schreiben Spoelgen an Kreiskriegerverband v. 7.2.1929, StA Bonn, Pr 30/201n. 68 DRZ v. 14.3.1927; DRZ Nr. 253 v. 2.11.1927; DRZ v. 2.11.1929; DRZ v. 3.11.1930. 69 Auch bei dem zweiten Preis hatten wiederum die künstlerischen Vertreter im Preisgremium geschlossen abgestimmt; vgl. das Abstimmungsergebnis in StA Bonn, P 30/200n. Gelobt

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tektonischen Turmblock als Hauptbestandteil der Plastik als auch dem Löwen fehle vollkommen der funerale Bezug, so das überwiegende Urteil der Lokalpresse.70 Tatsächlich hatte der Monumentalbau einer ungefähr fünf Meter hohen Säule, auf der ein sterbender Löwe ruhte, mit einer Darstellung des individuellen Kriegstods nur wenig gemein. Vielmehr erinnerte der zwölf Meter hohe Block, dem ein heidnisches Tiersymbol entsprang, an eine triumphale Wiederkehr des Nationalen und versinnbildlichte die Erhabenheit des gewaltsamen Sterbens. Von einer Befriedung im Tode war man hier weit entfernt. Bereits lange vor der endgültigen Sitzung des Preisgerichts hatte die Stadt von einer Ausführungsgarantie der prämierten Modelle Abstand genommen. Angeblich wollte man sich für den Fall, dass Zweifel an einer einwandfreien Durchführung auftreten würden, die Entscheidung vorbehalten.71 Als eine vehemente öffentliche Kritik an der Entwurfsauswahl einsetzte, blieb dem Oberbürgermeister sowie seinem Beigeordneten somit keine andere Wahl, als die Realisierung eines der Modelle zunächst abzulehnen. 72 Nur das allgemeinverständliche Zeichen des Kreuzes schien noch in der Lage, die Wogen zu glätten. Zwei Entwürfe in der engeren Wahl entsprachen einer solchen Formgebung: die Arbeit des dritten Preisträgers, des Dortmunder Architekten Josef Wentzler, sowie des Kölner Architekten Franz Brantzky, dessen Modell bereits von der Stadt angekauft worden war. 73 Wentzler hatte ein kraftvolles Kreuz mit dem sterbenden Christus in die Mitte zweier Steinblöcke gestellt. An den Langseiten des Weges hin zum Denkmal sollten zusätzlich acht Namenstafeln errichtet werden.74 Der Entwurf wurde als „tief und schön“75 gelobt, weil er der Heilandsgestalt ein Kreuz gebe, dass „so schwer, so unendlich schwer vor Leid und wurden insbesondere die gestaffelten Wände mit den Namen der Gefallenen, die den Turm umfassen sollten, sowie der große Raum für Versammlungen; Stellungnahme Preisgericht v. 18.12.1928, StA Bonn, P 30/417n, S. 2. 70 DRZ Nr. 295 v. 21.12.1928; GA Bonn Nr. 13304 v. 21.12.1928; DRZ Nr. 287 v. 24.12.1928. 71 Als weiterer Grund wurden die noch zu bewilligenden Finanzmittel genannt; Schreiben Spoelgen an den Reichsverband Bildender Künstler v. 19.11.1928, StA Bonn, P 30/200n. 72 Vom 20. Dezember 1928 bis zum 10. Januar 1929 waren die Entwürfe im Stadthaus öffentlich ausgestellt. Sowohl der Friedhofsausschuss wie der Ausschuss gegen Ortsverunstaltungen waren der Ansicht, dass die mit dem 1. und 2. Preis ausgezeichneten Entwürfe für eine Ausführung nicht in Frage kämen; Sitzungsprotokoll des Friedhofausschusses v. 31.10.1929; StA Bonn, P 30/200n. 73 Der Entwurf Brantzkys war durch die Stadtverwaltung für 300 RM angekauft worden; Notiz Spoelgen v. 25.2.1929, StA Bonn, P 30/201n. 74 Das Kruzifix sollte maximal 5,0 Meter die Namenstafeln ca. 2,0 Meter hoch sein; Schreiben Wentzler an Oberbürgermeisteramt v. 18.12.1929 sowie die Entwurfszeichnungen in StA Bonn, P 30/201n. 75 GA Bonn Nr. 13304 v. 21.12.1928.

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Jammer“76 sei. Dagegen hatte Brantzky einen erhöhten Altartisch mit Kruzifix geschaffen, der im Zentrum einer großen Platzanlage errichtet wurde.77 Zwischen November 1928 und Oktober 1929 vertagte der zuständige Friedhofsausschuss unter seinem Vorsitzenden Eduard Spoelgen mehrfach die überfällige Entscheidung über die Auswahl der auszuführenden Arbeit. Erst Ende des Monats beschloss man, der Ausführung des Ehrenmals definitiv den Entwurf Wentzlers oder Brantzkys zugrunde zu legen. Die endgültige Entscheidung sollte durch Aufstellung zweier Attrappen erleichtert werden.78 Allerdings wurde die geplante Beurteilung vor Ort niemals realisiert. Im August 1933 wurde stattdessen das Holzkreuz im Chor des Bonner Ehrenfriedhofs durch ein acht Meter hohes Kreuz ersetzt. Dabei beschloss man auch, die Anlage des Platzes um das Kriegsmonument erheblich zu vergrößern.79 Der Wettbewerb um das städtische Kriegerdenkmal macht deutlich, wie weit die Vertreter zivildemokratisch-objektiver Trauer in der rheinischen Stadt Bonn von den Anhängern eines nationalen Heldentums entfernt waren. Während ein Teil der Bonner Bevölkerung eine nochmalige Freigabe der Gefallenen zugunsten eines politischen, tötbaren Lebens befürwortete, plädierte ein anderer Teil für ein individuelles Festhalten der Gefallenen sowie für eine gegenwartsbezogene Aufklärung der Gesellschaft. Dabei wird insbesondere deutlich, wie sehr das zentrumsnahe Totenerinnern auf eine funerale Memorierung des Kriegsopfers fokussiert war, während das Gedenken des städtischen Kreiskriegerverbandes wiederum die nationale Funktionalisierung der Gefallenen anstrebte. Da ein Erinnerungskompromiss beider Lager unmöglich war, musste die Errichtung des Bonner Kriegerdenkmals letzten Endes scheitern.

76 Ebd. 77 Stellungnahme Preisgericht v. 18.12.1928, StA Bonn, P 30/417n, S. 2; Schreiben und sechs

Entwurfszeichnungen Brantzkys an Baurat Radeboldt Bonn v. 11.1.1929; StA Bonn, P 30/200n. 78 Sitzungsprotokoll des Friedhofausschusses v. 31.10.1929; StA Bonn, P 30/200n; vgl. auch Beschluss des Friedhofsausschusses v. 27.2.1930; StA Bonn, Pr 30/201n. 79 GA Bonn Nr. 14767 v. 15.8.1933.

Teil 3 Grenzmarkierungen des Opfers? Kirchlicher Denkmalbau und -kult zwischen Religion und Nation

„In zahlreichen und tiefen Fragen des Lebens [...] ist unser Volk von vornherein in zwei Lager gespalten, und dieser Zustand wirkt aus dem Mittelpunkt überallhin in die Peripherie unsres Daseins bis hinab in die Sphäre des Kleinsten und Alltäglichen“, urteilte der protestantische Theologe Adolf von Harnack 1907. „Überall begegnet man dem konfessionellen Vorurteil; überall stößt man auf die Zäune, ja die Mauern der Konfession.“1 Auch in der Weimarer Republik war die Religion nicht nur Quelle politischer Integration, sondern zugleich Kraft bleibender Dissoziation zwischen Angehörigen unterschiedlicher Konfessionen. 2 Sie stellte zumindest teilweise eine Bedrohung für den ersehnten nationalen Ausgleich dar. Dies wird anhand des kirchlichen Kriegerdenkmalbaus deutlich. Während in protestantischen Monumenten die Gefallenen meist patriotisch-nationalistisch und zugleich funeral memoriert wurden, stand in katholischen Kriegerdenkmalen weniger die Beziehung zur Welt als vielmehr der Transzendenzbezug im Mittelpunkt. In den untersuchten protestantischen Kriegsmalen verschmolzen häufig nationale Formelemente mit christlichen Symbolen, was den Ortswechsel vom unschuldigen zum notwendigen Opfer erleichterte, wogegen in katholischen Monumenten eher ein Neben- und Gegeneinander politischer und religiöser Motive üblich war. 3 Dies ermöglichte zumindest eine graduelle Entpolitisierung des Kriegerdenkmals. Die Grenzmarkierungen des Opfers fielen im Protestantismus und Katholizismus somit unterschiedlich aus.

1 Harnack, Protestantismus, S. 295. Zu den Gegensätzen der Konfessionen vor dem Ersten

Weltkrieg, Hübinger, Nation, S. 241ff. 2 Graf, Nationalismusforschung, S. 309; Walkenhorst, Nationalismus, S. 517. 3 Graf, Nationalismusforschung, S. 301, hält fest, dass die Säkularisierungsthese des modernen

politischen Totenkults der „bricolage von ganz unterschiedlichen Motiven und Symbolbeständen kaum gerecht“ werde. Blaschke/Kuhlemann, Religion, S. 9ff. fassen den Prozess der Säkularisierung nicht als Entchristlichung, sondern als „Strukturwandel des kirchlichen und vor allem des religiösen Lebens“ auf.

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I.

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Grenzübertritte. Vom Ortswechsel des Opfers im protestantischen Kriegerdenkmalbau und -kult

Der Protestantismus hatte in den politischen Auseinandersetzungen der Weimarer Republik erstmals eine politische Marginalisierung erlebt.4 Während man nach 1870/71 jahrzehntelang unter einem König oder Kaiser im konfessionell protestantisch geprägten Deutschen Reich gelebt hatte, erfolgte nach der Ausrufung der Republik zügig die Trennung von Kirche und Staat. Der Verlust an Sozialprestige und Status, den dies nach sich zog, ließ die ohnehin überwiegend national-konservativ geprägte protestantische Pfarrerschaft noch weiter nach rechts rücken. 5 Die Obrigkeitstreue gegenüber dem ehemaligen Monarchen verkehrte sich in den Willen zur – gewaltbereiten - Restauration des überkommenen politischen Systems. Auf den ersten Blick scheint somit überwiegend eine subjektive Form der Trauer den protestantischen Kriegerdenkmalbau dominiert zu haben. So schufen beispielsweise national-protestantische Gemeindemitglieder in der Bonner Kreuzkirche ein Monument, das in der Lage war, auf soziopsychologischer Ebene die Planung eines weiteren Krieges zu unterstützen. Während hier einerseits das Opfer zugunsten des Nationalen sakralisiert wurde, also eine vollständige „Absorption des Politischen durch die Religion“6 stattfand, degradierte man andererseits objektiv trauernde Angehörige, die bei der Gestaltung und Einweihung des Monuments verletzt im Hintergrund blieben. Allerdings weist die vergleichende Untersuchung mit anderen Denkmalstandorten, beispielsweise Münchens, auch auf eine gewisse Verschiebung der Grenzen des notwendigen Opfers hin. Der Kriegerdenkmalbau hat somit nicht nur die nationalen, sondern

4 Diese Thematik wird ausführlich behandelt in Gaede, Protestantismus, S. 374f., Kuhlemann,

„Traumatisierungen“, S. 55-57; Kittel, Konflikt, S. 246f., Besier, Kirche, S. 4, Meier, Weltkrieg, S. 696, Nipperdey, Religion, S. 599. 5 Janz, Bürger, S. 488-495, betont insbesondere die bürgerlichen Sozialkonturen der Pastoren um 1850 und deren Staatsnähe und Beamtenähnlichkeit bis 1914; Geyer, Religion, S. 18. 6 Hockerts, politische Religion, S. 68. Der protestantische Kriegerdenkmalbau und -kult war auf eine transzendentale, religiöse Sinngebung bezogen, die allerdings stets durch die Verabsolutierung weltlich-nationaler Wertbezüge gefährdet war, ders., S.67. Inwieweit das im Rahmen der nationalsozialistischen Forschung untersuchte Konzept der „politischen Religion“ somit möglicherweise auch auf innerkirchliche Vorgänge vor 1933 anzuwenden ist, kann hier nur angedeutet werden.

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auch die innerkonfessionellen Identitätsbrüche des Protestantismus in der Zwischenkriegszeit verschärft.7

1. Vom unschuldigen zum notwendigen Opfer. Das Gefallenendenkmal der Münchener Matthäuskirche Nur jeder siebte Münchener gehörte in den Jahren nach 1918 der protestantischen Konfession an.8 Dennoch ergab sich aus dieser Minderheitenposition kein klares Abgrenzungsbedürfnis zur herrschenden Politik.9 Selbst die jahrzehntelange Diskriminierung durch die bayerische Monarchie bewirkte kaum eine Abschottung von der Außenwelt. So wurde die protestantische Bischofskirche St. Matthäus 1830 zwar vor der Münchener Stadtmauer errichtet. Auch die Einweihung fand in Abwesenheit König Ludwigs I. statt.10 Trotzdem sympathisierte eine Mehrheit der Kirchenmitglieder bis in die Weimarer Republik hinein mit dem Gedankengut der politischen Rechten sowie mit der Wittelsbacher Monarchie.11 Umgekehrt waren in der Vergangenheit drei bayerische Königinnen dem Protestantismus beigetreten.12 Die Bikonfessionalität der Münchener

7 Seit dem Kaiserreich herrschte im Protestantismus ein viel größerer innerkirchlicher Plura-

lismus als bei den Katholiken; Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 468ff. 8 Von den ungefähr 125000 städtischen Protestanten Münchens praktizierten um 1918

durchschnittlich 31%; Mensing, Protestantismus, S. 92. 9 Vgl. Blaschke/Kuhlemann, Religion, S. 41. 10 Die Matthäuskirche wurde nach Abriss der Wälle auf der Münchener Ringstraße im ne-

oklassizistischen Stil errichtet; Biller/Rasp, München, S. 311. 11 Blessing, Revolution, S. 208f. Tatsächlich hatte die Mehrheit der kirchlichen Kreise Bayerns

kein Verhältnis zu Volkssouveränität und Parlamentarismus gewonnen; Zorn, Politik, S. 275. Vereinzelt machten sich städtische Geistliche gar nationalsozialistisches Gedankengut zu Eigen. Mensing betont hierbei insbesondere die agitatorische Rolle Dekan Hermann Lemberts (als Herausgeber des Evangelischen Münchener Gemeindeblatts). Insgesamt beurteilt er die politische Orientierung des Münchener Protestantismus als „fast einheitlich konservativ-monarchistisch-antidemokratisch“; ders., Protestantismus, S. 96, ders., Pfarrer, S. 73, 77. Allerdings ist vor 1932 kein einziger Münchener Pfarrer den Nationalsozialisten beigetreten; Kitzmann, Kreuz, S. 168; Vollnhals, Kirche, S. 125. 12 Ev. Kirchenbauamt München, M 680, Schreiben Pfarramt St. Matthäus an Evang.-Luth. Landeskirchenrat v. 13.2.1930; ihnen wurde in St. Matthäus anlässlich von Trauergottesdiensten gedacht; so fand 1921 beispielsweise eine Trauergottesdienst für Marie von Bayern statt, zu dem der Verband bayerischer Offiziersvereinigungen und der deutsche Offiziersbund besonders geladen hatten; MNN Nr. 161 v. 15.4.1921.

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Gesellschaft stellte somit kein Hindernis für die Homogenisierung des politischen Raumes dar.13 Die Monumente, die in den ersten Nachkriegsjahren in nahezu sämtlichen protestantischen Kirchen des Münchener Stadtzentrums erbaut wurden, waren durch ein Miteinander von Religion und Nation geprägt. Sie bestachen durch ihre synkretistische Mehrdeutigkeit in Form der Verknüpfung sakraler und profaner Motive. 14 So existierte auch im Kriegerdenkmal der Münchener Matthäusgemeinde Raum sowohl für eine politische Hingabe der Toten als auch für ein stilles, religiöses Gedenken. Dies machte den komplementären Ausgleich zwischen unterschiedlichen Polen der Trauer möglich.

1.1. Diskrepanzen der Trauer. Die Planungsphase Seit ihrer Gründung 1833 war die Matthäusgemeinde aufs engste mit der Geschichte der bayerischen Landeskirche verknüpft gewesen. 15 In der monarchischen Epoche hatten hier zahlreiche (außer-) ordentliche Gottesdienste statt13 Vgl. Graf, Nationalismusforschung, S. 313. 14 Untersucht wurden insgesamt fünf Kirchen, die den Kernbestand des Evangelischen De-

kanats München I bildeten (vgl. die Übersicht bei Kitzmann, Kreuz, S. 25, 176). Während die Oberpfarrkirche St. Matthäus (errichtet 1830) ihr halbplastisches Kriegerdenkmal 1921 errichtete, schuf die Markuskirche (1885) ihr Monument zwei Jahre später, wobei sie ein Kruzifix - samt Gedenktafeln - mit der Darstellung einer gefallenen Germania (die angeblich einem Bildalbum König Ludwig I. entnommen war) verband; Ev. Gemeindeblatt Nr. 17 v. 22.4.1923, S. 1; LKA Nürnberg, Landeskirchenamt, St. Markus, M 670, 1922-57; LKA Nürnberg, Dekanat München, Kirchenvorstandsprotokoll St. Markus v. 2.12.1920; BLfD München, Altaktenbestand, Evang. Luth. Kirche St. Markus, 1922-aktuell. Die Christuskirche Neuhausen (1900) schuf eine Gedenktafel, die insbesondere einer nationalen Freigabe der Gefallenen diente, wie die Einweihung im Jahr 1920 dokumentiert (PA Christuskirche, Nr. 264, Nr. 154). Die repräsentative Lukaskirche (1896) ließ 1921 in ihrer nordöstlichen Gedächtniskapelle zwei Kriegergedenktafeln errichten; Ev. Gemeindeblatt, Nr. 47 v. 20.11.1921, S. 355. Die Erlöserkirche in Schwabing schuf im Jahr 1921 eine halbplastische marmorne Gedenktafel, die von einer ausziehenden und einer zusammenbrechenden Soldatenplastik umrahmt wurde; PA Erlöserkirche, Kirchenverwaltungssitzung v. 24.4.1921, v. 4.6.1921 u. v. 4.9.1921; Ev. Gemeindeblatt, Nr. 47 v. 20.11.1921, S. 355f. 15 St. Matthäus bildete sozusagen die „Keimzelle“ aller anderen protestantischen Kirchen Münchens und Oberbayerns; 44 Jahre lang blieb sie die einzige Kirche der Münchener Gemeinde. Über ihrem Hauptportal war ein breites Spruchband angebracht: „Dein Wort ist die Wahrheit“; Kitzmann, Kreuz, S. 203. Die Matthäuskirche wurde 1938 – auf Befehl Hitlers hin – abgerissen. Dabei wird gemutmaßt, dass die Kirchengemeinde nicht nur den nationalsozialistischen U-Bahn-Bauplänen im Weg stand, sondern sich auch ansonsten als „Widerstandsnest“ erwiesen hatte; Evang.-luth. Pfarramt St. Matthäus, Kirche, insbes. S. 49, 43.

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gefunden, die aus politischen Anlässen angeordnet worden waren. Die Verbindung zur Monarchie machte die Münchener Hauptkirche der Protestanten auch für militärische Vereinigungen attraktiv. 16 Dies veranlasste nach dem Ersten Weltkrieg zumindest einen Teil der Gemeindemitglieder, in der Frage des Gefallenengedenkens eine patriotische Haltung einzunehmen. Zugleich war allerdings ein anderer Teil bereit, mit der Vergangenheit zu brechen und für eine objektive Betrauerung der Kriegstoten einzutreten. Bereits im Frühjahr 1920 hatte sich die Vorstandschaft des evangelischen Gemeindevereins erstmals mit der Errichtung eines Kriegerdenkmals befasst.17 In den darauffolgenden Hauptversammlungen der Gemeinde wurde die Frage mehrfach diskutiert. Dabei kamen allerdings schnell grundsätzliche Zweifel auf. Nicht wenige Mitglieder waren der Auffassung, dass „die Erinnerung an den Krieg am besten zu unterdrücken sei, jedenfalls aber nicht in ein Gotteshaus passe.“18 Diese entschieden ablehnende Haltung macht deutlich, dass zumindest ein Teil der Münchener Matthäusgemeinde die Freigabe der Gefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens, das im Kult permanent affirmiert und perpetuiert wurde, ablehnte.19 Man wollte die Toten ausschließlich individuell-religiös erinnern und ein politisches Gedenken möglichst aus der Kirche fernhalten. Insgesamt 148 Gemeindemitglieder waren dem Weltkrieg zum Opfer gefallen.20 Ihnen sollte künftig in christlicher Form gedacht werden. Nicht der Wille zur politischen Veränderung der Gegenwart, sondern die Absicht eines Wiederauffindens des Religiösen, das aus dem menschlichen Verlust etwas persönlich Erträgliches machen konnte, stand im Mittelpunkt dieses trauernden Erinnerns. Schließlich bildeten für einen Teil der Münchener Matthäusgemeinde Krieg und Christentum einen Gegensatz, der die Errichtung eines monumentalen Denkmals verbot. Das Ziel, innerhalb der Kirchenmauern mit der politischen Vergangenheit zu brechen, spiegelte auch die Auffassung wider, dass der Krieg falsch gewesen sei und deshalb nicht wiederholt werden dürfe.

16 Vgl. beispielsweise BayHStA, MINN 72724, Bayer. Staatsministerium d. Äußeren an

Staatsministerium d. Inneren v. 10.11.1927, Gedächtnisgottesdienst für 20000 gefallene Unteroffiziere der alten Armee in St. Matthäus. 17 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 5. 18 Ebd; in der Festschrift wird der Konflikt um die Errichtung des Kriegerdenkmals offen angesprochen. 19 Vgl. Walkenhorst, Nationalismus, S. 527. 20 Vgl. die Totenliste in PA St. Matthäus, Festschrift, S. 18f. Dies entsprach ungefähr einem Prozent der Gesamtgemeinde. Die Kirche selbst hatte für ca. 3300 Personen Platz; Evang.-luth. Pfarramt, Kirche, S. 23; vgl. auch Ev. Gemeindeblatt, Nr. 47 v. 20.11.1921, S. 355.

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Allerdings durchzog die Gruppe der Hinterbliebenen zugleich ein innerer Riss.21 Wollten die Einen der Gefallenen als unschuldige Opfer gedenken, waren die Anderen bereit, die Toten wiederum zugunsten des Nationalen zu funktionalisieren, um sich mit Hilfe einer politischen Kompensation über den persönlichen Verlust hinwegzuhelfen. Denn durch die nationale Hingabe wurden von den Toten psychische Ressourcen genommen, die zur Heilung der eigenen, gebrochenen Biografie beitragen konnten.22 Die Verklärung des Kriegstodes führte zu einem stolzen und befreienden Gefühl, das den Schmerz der Hinterbliebenen zumindest teilweise ableiten half. Indem das Opfer als notwendig anerkannt und somit politisch legitimiert wurde, konnte die Identität des Selbst wiederum stabilisiert werden: „Den äußeren Anstoß zur Errichtung des Denkmals gaben die mehrfach dahin gerichteten Anfragen und Bitten von Hinterbliebenen“, 23 kommentierte Oberpfarrer Joch in einem Schreiben vom Dezember 1920 und setzte an anderer Stelle fort: „Es waren die Hinterbliebenen, die die Namen ihrer im Felde gebliebenen Söhne, Gatten, Väter und Brüder gerade auf einer Gedenktafel in der Kirche leuchten sehen wollten. Ihr Andenken schien ihnen erst dadurch die rechte Weihe zu empfangen.“24 Die Äußerungen des protestantischen Oberpfarrers erscheinen vor dem Hintergrund der anfänglichen Ablehnung des Denkmalbaus zunächst paradox. Betrachtet man sie allerdings genauer, zeigt sich, dass der Ausgleich subjektiver und objektiver Formen der Trauer den Bedürfnissen der Hinterbliebenen in der St. Matthäusgemeinde offenbar am meisten entsprach. Inwieweit diese Haltung 21 In den nur fragmentarisch erhaltenen Kirchenvorstandsprotokollen von St. Matthäus findet

das Denkmalprojekt kaum Erwähnung; LKA Nürnberg, Dekanat München, VI/148. Auch in anderen Kirchen, wie beispielsweise der protestantischen Christuskirche Neuhausen, setzte sich ein Teil der Hinterbliebenen für eine moderate Gestaltung ein. Als die Gemeindeversammlung der Kirche im September 1919 in der Denkmalfrage erstmals zusammen kam, war man gespalten. Während der erste Pfarrer der Gemeinde, Johannes Kreppel, vorschlug, in einem Fenster neben der Kanzel ein prächtiges, farbiges Glasgemälde zu Ehren der Gefallenen anzubringen, sprach sich ein trauernder Angehöriger explizit dagegen aus, „dass nach diesem schrecklichen Kriege ein prachtvolles Fenster seinem Andenken“ gewidmet würde. Er plädierte vielmehr für einfache Tafeln, „vielleicht in Eisen gegossen“. Als Kreppel hierauf erwiderte, dass es sich um Hunderte von Namen handele, weshalb nur Marmortafeln möglich seien, wurde ihm von Hinterbliebenen entgegengehalten, man wolle „alle Politik aus der Kirche verbannt wissen. Aus der Politik kam nur der Krieg. Die Erinnerung an ihn solle sich in schlichten Formen halten“; PA Christuskirche, Nr. 264, Protokoll v. 23.9.1919; vgl. auch Protokoll v. 25.9.1919. 22 Vgl. auch Janowski/Welker, Opfer, S. 10f. 23 Ev. Kirchenbauamt München, M 680, Schreiben Ev. Gemeindeverein (Pf. Joch) an Oberkonsistorium v. 1.12.1920. 24 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 5.

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tatsächlich von einer Mehrheit geteilt wurde, bleibt ungewiss. Dennoch kann als gesichert gelten, dass die Verklärung des nationalen Helden, die nach 1918 in breiten Schichten der Münchener Bevölkerung einsetzte, auch die realitätsnahe Trauer über den menschlichen Verlust sukzessive in den Hintergrund drängte. Schließlich hatten die Hinterbliebenen im sozialen Raum permanent ihre Opferfähigkeit und Vaterlandsliebe unter Beweis zu stellen. 25 Die kulturellen Überformungen des Trauerns wurden bis in den protestantischen Kirchenraum hinein wirksam. Die Pfarrer der Matthäuskirche strebten „nicht nach Glanz und Macht und Einfluß in der Welt.“26 Man wollte „die Seelen nicht beherrschen, sondern ihnen dienen […]“,27 erklärte Joch anlässlich der Abschiedsfeier von seiner Gemeinde im Jahre 1931. Obwohl der Oberpfarrer, der den Kriegerdenkmalbau maßgeblich mitinitiiert hatte, somit für das Prinzip der christlichen Solidarität einstand, war er in der Frage des Totengedenkens tief gespalten. Denn neben einer christlichen Tröstung der Hinterbliebenen verfolgte Joch mit dem Kriegsmonument zusätzlich noch „tiefere Beweggründe“:28 „Wir hoffen, dass der nationale Sinn unserer Gemeindejugend geweckt, erhalten und gestärkt werde, wenn sie im Anblick des Denkmals immer wieder an die Taten ihrer Väter erinnert wird,“29 erläuterte der Pfarrer das Monument und machte damit deutlich, wie sehr man in der protestantischen Hauptkirche Münchens eine generationsübergreifende „Pflege […] des nationalen Geistes“30 anstrebte. Schließlich begannen sich die Abweichungen von den patriotischen Werten unter der Nachkriegsjugend zu häufen. Ein wesentliches Motiv lautete deshalb, das notwendige Opfer des Einzelnen für die Gemeinschaft in den Denkmalbau zu integrieren und so den Generationszusammenhalt zu garantieren. Damit wurde das Nationale allerdings insbesondere auf die Pflege allgemeiner patriotischer Werte hin wieder belebt. 31 Der Generationencode sollte nicht unbedingt in eine gewalttätige Aktion, wohl aber in eine nationale Erneuerung münden. Neben dem Nationalen war der Denkmalbau zweitens auf die Institution Kirche gerichtet. Joch war der festen Überzeugung, dass durch das Totenmal „das Band zwischen der Kirche und den Familien, die teure Namen auf der

25 Vgl. auch Hagemann, Geschlecht, S. 374ff.; dies., Heldenkult, S. 340; Schenk, Einleitung, S. 4. 26 Joch, Abschiedspredigt, S. 7. 27 Ebd. 28 Ev. Kirchenbauamt München, M 680, Schreiben Ev. Gemeindeverein (Pf. Joch) an Oberkon-

sistorium v. 1.12.1920. 29 Ebd.; vgl. PA St. Matthäus, Festschrift, S. 5. 30 Ebd. 31 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 9ff.

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Gedächtnistafel stehen haben,“ 32 gefestigt und die Menschen „[…] innerlich erfasst und im Glauben gestärkt“33 würden. Das Monument sollte demnach auch dazu dienen, dem Prozess der Entkirchlichung, der sich nach 1918 weiter fortsetzte, entgegenzuwirken.34 Tatsächlich hatte die Zahl praktizierender Protestanten in München nach dem Weltkrieg deutlich abgenommen. Die steigende Anzahl religiös Gleichgültiger hatte verschiedene Gründe.35 Zum einen waren große Bevölkerungsteile durch die Kriegsfolgen und die Revolution psychisch überlastet. Zum anderen war der Protestantismus nur begrenzt fortschrittsbereit. Eine Kirche, die zuvor eine bedeutende politische Stellung eingenommen hatte, konnte ihre offenkundige Nähe zum Monarchismus, der seine Geltung in den beiden letzten Kriegsjahren rasch verloren hatte, nur schwer leugnen. Immer mehr Menschen standen in dieser Situation der Institution Kirche kritisch gegenüber. Der Auflösung religiöser Bindungen sowie dem generellen Bedeutungsverlust der protestantischen Kirche als Sinnstiftungsinstanz wurde im Kriegerdenkmal ein Totenbild entgegengesetzt, das politische und religiöse Werte miteinander verknüpfte. Durch die Integration des Nationalen sollte das Sinnvakuum zumindest teilweise kompensiert und in einen innerkirchlichen Erneuerungsprozess überführt werden.36 Von Anfang an hatte festgestanden, dass nur ein „monumentales und künstlerisch hochwertiges Werk“37 dem Zweck des Denkmalbaus entsprechen könne.38 Man war sich somit durchaus bewusst, dass das Kriegermal vorbildlichen Charakter haben müsse. Schließlich wollte die Kirchenleitung die Gefallenen zwar betrauern, zugleich jedoch auch national überhöhen; das Kriegsmonument sollte an die Unschuld der Gefallenen ebenso erinnern wie an ihr notwendiges Opfer. Damit wollte man zum einen der fortschreitenden Kluft der Generationen und dem Prozess der Entkirchlichung entgegengetreten, zum anderen die unterschiedlichen Formen der Trauer, die unter den hinterbliebenen Gemeindemitgliedern kursierten, ausbalancieren. Dies war nur mit Hilfe eines Totenmals möglich, das weniger einen Vergangenheitsbruch markierte, als vielmehr die Kontinuität des traditionellen Gefallenengedenkens symbolisierte. Nur eine geschickte Auswahl der beteiligten Künstler konnte dies gewährleisten. 32 Ev. Kirchenbauamt München, M 680, Schreiben Ev. Gemeindeverein (Pf. Joch) an Oberkon-

sistorium v. 1.12.1920; vgl. PA St. Matthäus, Festschrift, S. 5. 33 Ebd. 34 Hölscher, Säkularisierungsprozesse, S. 242ff., beschreibt den neuzeitlichen Prozess der Ent-

kirchlichung, folgert daraus allerdings nicht die zwangsläufige Säkularisierung sämtlicher Lebensbereiche; vgl. auch Blaschke/Kuhlemann, Religion, S. 9. 35 Blessing, Revolution, S. 206; Mensing, Protestantismus, S. 95ff.; Zorn, Politik, S. 275. 36 Walkenhorst, Nationalismus, S. 506; Geyer, Religion, S. 18. 37 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 5. 38 Vgl. auch Geertz, Cultural System, S. 667f.

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So einigte man sich im Frühjahr 1920 darauf, den nationalkonservativen Architekten German Bestelmeyer als Leiter des Denkmalbaus zu berufen. Schon zum Jahresende fand dessen Modellentwurf die Zustimmung sämtlicher Gremien.39

1.2. Unschuldiges und notwendiges Opfer. Zur Formsprache des Kriegerdenkmals Mit dem Gefallenendenkmal der Münchener Matthäuskirche schufen der Architekt German Bestelmeyer40 und der Bildhauer Ernst Pfeifer41 ein Monument, das höchst ambivalent angelegt war. Während die große Namenstafel im Zentrum des Totenmals noch an die Abwesenheit der Gefallenen und deren Verfallsprozess erinnerte, appellierte die Denkmalskulptur wiederum an die Notwendigkeit eines nationalen Opfers. Trotz dieses sichtbaren Grenzübertritts ging vom Totenmal allerdings keine revanchistische Bildsprache aus. Denn die über den Tafeln liegende Figur zeigte einen ruhenden Löwen, der nur noch potentiell kampffähig war. Der große ovale Innenraum der Matthäuskirche war von der klaren Symbolsprache der Neorenaissance geprägt. Während sich der Hochaltar - um drei Stufen erhöht – unter einem Baldachin mit ionischen Säulen im Osten der Kirche erhob, war die schlichte Kanzel südlich davon erbaut worden. Als ihr nördliches Gegenstück errichtete man 1921 das halbplastische Kriegerdenkmal (Abb. 70 u. 71). Damit nahmen die Kirchenbesucher gemeinsam mit der Kanzel und dem Altar stets auch das Totenmonument wahr. In der Matthäuskirche war das für protestantische Kirchen übliche Prinzip, die Gemeinde während der Gottesdienste in einem Kreissektor zu gruppieren,

39 Ev. Kirchenbauamt München, M 680, Schreiben Ev. Gemeindeverein an Oberkonsistorium v.

1.12.1920. Auch das zuständige Landesamt für Denkmalpflege stimmte dem Entwurf als „gutem und eigenartigem Kunstwerk“ zu; BlfD München, Altaktenbestand, Evang. Luth. Matthäuskirche, Schreiben Landesamt an Regierung v. Oberbayern v. 28.1.1921. Allerdings waren die Kosten i.H.v. ca. 30000 Mark im Dezember 1920 erst zu einem kleinen Teil gedeckt; Ev. Kirchenbauamt München, M 680, Schreiben Ev. Gemeindeverein an Oberkonsistorium v. 1.12.1920. 40 German Bestelmeyer (*1874 1942) war ein konservativ-retrospektiver Architekt, der sich sehr unterschiedlicher Stile bediente. 41 Der Münchener Bildhauer Ernst Pfeifer schuf auch einen Entwurf für ein halbplastisches Kriegerdenkmal in der Neuhausener Christuskirche. Dabei sollten die Gedenktafeln durch eine Figurengruppe (Gottvater mit dem geopferten Sohn) umrahmt werden; allerdings wurde dieses Konzept letztendlich nicht umgesetzt; vgl. PA Christuskirche, 264, Bl. 13, Rückseite.

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verworfen worden.42 Stattdessen hatte man sie direkt zum Altar hin positioniert. Dies kam insbesondere den künstlerischen Überlegungen German Bestelmeyers entgegen. Der Experte für protestantische Baukunst hatte bereits 1914 gefordert, die kirchliche Raumstimmung höher zu gewichten als den symbolischen Ausgleich der Gemeindeglieder im Raum.43 Neben diesen liturgischen Maßstäben stimmte auch die Vermeidung moderner Formen und Materialien unausgesprochen mit den Interessen des Architekten überein. Einen „würdigen Schmuck“44 für das Gotteshaus zu schaffen und das Denkmal stilistisch in den bereits vorhandenen Bau einzufügen, konnte Bestelmeyer auf dieser Grundlage leicht gelingen. Das Monument wurde 1921 zwischen zwei rechteckigen Pfeilern nördlich des Hochaltars errichtet.45 Von dem Totenmal ging zunächst eine religiöse Symbolsprache aus (Abb. 72). Drei Meter hoch war die Gedenktafel, die den Zwischenraum der beiden Pfeiler ausfüllte. Sie stand im Zentrum des bildlichen Gefallenengedächtnisses.46 Traditionell vollzog sich das kirchliche Totengedenken insbesondere über die Namensnennung der Verstorbenen, die auch in der Liturgie einen festen Platz hatte.47 Dabei konnten die Namen in doppelter Hinsicht identitätsstiftend wirken. Sie stellten zum einen die Verbindung zwischen Lebenden und Toten her. Schließlich waren sie in der Lage, den Charakter und das Aussehen des einzelnen Verstorbenen zu vergegenwärtigen. Erst der entsprechende Name verlieh den Toten Individualität und ermöglichte so ein Weiterleben im Gedächtnis der Angehörigen. Zum anderen gelang es durch die Gedenktafel auch, die Hinterbliebenen als religiöse Erinnerungsgemeinschaft aneinander zu binden. 48 Schließlich konnten sich die Angehörigen hier zum gemeinsamen Andachtsgebet versammeln. Durch die Namenstafel wurde somit der Möglichkeit eines individuell-religiösen Totenerinnerns Rechnung getragen. Diese reflektierte die 42 Poscharsky, Kunst, S. 331ff. 43 Bestelmeyer hielt an dieser Form des Chorraums generell für seine protestantischen Kir-

chenbauten in Bayern fest, obwohl eine theologische Begründung hierfür nicht gegeben war; Bestelmeyer, Kirche, S. 144. 44 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 5. 45 Dabei fiel die zweite Stütze – vom Altar aus betrachtet – wesentlich breiter aus als die Erste; ihr war eine rechteckige Viertelsäule vorgelegt; vgl. auch die Beschreibung in MAAZ Nr. 459 v. 1.11.1921. 46 Die Schriftplatte war 2,85 Meter hoch, 1,50 Meter breit und 35 cm dick. Diese Größe war aufgrund der Vielzahl der Namen nötig. Allerdings versuchte Bestelmeyer trotz der notwendigen Füllung der Pfeileröffnung so viel Luft zwischen Architektur und Tafel zu lassen, dass man als Betrachter eine kleine Öffnung wahrnehmen konnte; PA St. Matthäus, Festschrift, S. 17 (Erläuterungen Bestelmeyer). 47 Glasner, Name, S. 396. 48 Ebd.

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Einzigartigkeit jedes Toten und projizierte sie an die Gemeinde. Damit nahm jene zugleich die Position des unschuldigen Kriegsopfers ein. Der oberhalb der Namenstafel, auf dem Tragebalken unterhalb der Denkmalplastik ein gravierte Bibelvers „Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben“49 betonte zunächst die religiöse Grundaussage des Totenmals. Als ein „Gruß an die Gefallenen“50 brachte der Ausspruch die Hoffnung der Hinterbliebenen auf Erlösung ihrer Toten adäquat zum Ausdruck. Gleichzeitig wies er auch auf das Leid der Verstorbenen hin, was eine Verdrängung ihres tatsächlichen Todes erschwerte. Der Spruch am unteren Ende der Namenstafel - „Als die Sterbenden und siehe, wir leben!“51 - brachte eine Hoffnung zum Ausdruck. Während allerdings im oberen Vers noch die religiöse Tröstung im Mittelpunkt stand, rückte hier der Triumph des Lebens über den Tod in den Vordergrund. Diese „Antwort“52 an die Gemeindemitglieder „aus der Ewigkeit“53 stellte somit nicht die Erinnerung an den Schmerz der Gefallenen, sondern die Zuversicht auf deren zukünftige Wiedergeburt ins Zentrum. Der Textcode war zumindest potentiell in der Lage, eine erneute nationale Hingabe der Gefallenen zu legitimieren und den tatsächlichen Kriegstod ein Stückweit zu kompensieren. Schließlich wurde hier das Opfer in Analogie zum Tod Jesu in Erlösungsmetaphern gedeutet.54 Dies unterstrich auch das keimende Blütenmotiv unterhalb des zweiten Schriftverses. 55 Dem Kriegerdenkmal wurde neben der religiösen somit zugleich eine politische Sinnstiftung verliehen, welche die Realität des Kriegstods zumindest teilweise verdrängte. Die Liste der Totennamen war unmittelbar unterhalb der Überschrift „Ehrentafel für die im Weltkrieg gefallenen Söhne der Matthäusgemeinde in München“56 angebracht. Dabei machte die symbolische Bezeichnung der Gefallenen als „Söhne“ deutlich, dass die Toten sowohl individuell als auch kollektiv betrauert wurden. 57 Das oberhalb der Überschrift angebrachte Eiserne Kreuz stellte die Überleitung zur darüber liegenden Tierplastik her. 58 Auf einem Steinbalken hatte man die Skulptur eines ruhenden Löwen niedergelegt. Während sich dessen massiger Körper über den gesamten Raum zwischen den Pfei49 Diese Bibelstelle entstammt dem Jakobusbrief 5,11. 50 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 8. 51 Dieses Schriftwort findet sich im Zweiten Korintherbrief 6,9. 52 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 10. 53 Ebd. 54 Graf, Nationalismusforschung, S. 313. 55 Vgl. die dementsprechende Erläuterung Bestelmeyers in PA St. Matthäus, Festschrift, S. 17. 56 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 18. 57 Vgl. Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 313f. 58 Im politischen Zusammenhang wurde damit auf die deutsche Kriegsauszeichnung ange-

spielt, im religiösen Sinn auf das christliche Kreuz; PA St. Matthäus, Festschrift, S. 17.

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lern, ausgerichtet auf den Hochaltar, ausbreitete, betrachtete sein gesenkter Blick die Gedenktafel. Die Muskelpartien waren nicht glatt und gestrafft, sondern nahmen eine entspannte Haltung ein. Der Löwe widersprach somit überwiegend der Vorstellung eines Angst einflößenden Kampfwesens und erschien vielmehr als in sich versunkener Wächter über die Toten. Selten ist ein künstlerisches Motiv so ambivalent dargestellt worden wie der Löwe.59 In der Antike war er zunächst dem Feuer als Teil des Lichtreichs zugeordnet.60 Deshalb fungierte das Tiersymbol in seinem funeralen Typus häufig als bannender Wächter vor Tempeln und über Gräbern.61 Da er die Macht des Guten verkörperte, wurde er gar zu einem Symbol Christi.62 Dies heißt jedoch nicht, dass die Löwengestalt ausschließlich als passiver Totenwächter zu deuten war. Zwar galt der Typus des ruhenden Löwen durchaus als Symbol der Kampfesruhe. Allerdings versinnbildlichte er in seinen allgemeinen Attributen „Treue, Mut und Todesverachtung“63 potentiell auch eine Wiederaufnahme des Krieges.64 Dies wird insbesondere durch seine heraldischen Funktionen deutlich. Der Löwe galt als Herrschaftssymbol und somit als Ausweis von Stärke.65 Er war das zentrale bayerische Wappentier, dass die Fahnen schmückte, welche den Truppen des Ersten Weltkriegs voraus getragen wurden, um den Siegeswillen des Königshauses Wittelsbach zu versinnbildlichen.66 Der ruhende Löwe, wie er in der Matthäuskirche dargestellt wurde, markierte allerdings zunächst den Stillstand des bayerischen Kampfes. 59 Lurker, Symbolik, S. 30f. 60 Ebd., S. 443; Der Löwe gilt auch als Sinnbild für die lebensspendende und zugleich ver-

nichtende Macht des Sonnengestirns und entspricht bis heute als Tierkreiszeichen dem heißesten Monat; Kloss, Löwe, S. 8. 61 Vgl. beispielsweise den ruhenden Löwen am Grabmal für General von Scharnhorst auf dem Invalidenfriedhof Berlin (v. 1828); Hofmann, Architektur, S. 467f.; Demps, Invalidenfriedhof, S. 47; Kloss, Löwe, S. 70f. 62 In der Bibel ist der siegende Christus mit dem Attribut des Löwen versehen (vgl. Off. 5,5 oder Gen. 49,9). Auch die Kirchenväter benutzten das Tier schon zur Charakterisierung Christi (Jer. 25,38). Allerdings wurde der Löwe in der Bibel auch dem Teufel gleichgesetzt (1. Petrusbrief 5,8). Kloss, Löwe, S. 16ff. 63 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 17 (Anmerkungen Bestelmeyer). 64 Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 244ff., unterstreicht die gegensätzlichen Typologien des revanchistischen und ruhenden Löwen im Kriegerdenkmal mit verschiedenen Beispielen. 65 Kloss, Löwe, S. 34f. 66 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 17 (Anmerkungen Bestelmeyer). Seit Ludwig dem Bayern (1282-1347) bildete der Löwe das bestimmende Element des Familienwappens der Wittelsbacher. Das 1950 in Kraft getretene große Staatswappen Bayerns trägt weiterhin den pfälzischen Löwen und drei liegende Löwen für Schwaben. Auch als Wappenhalter dienen nach wie vor zwei stehende Löwen. Das Tier gilt somit als Gesamtsymbol des bayerischen Staates; Schmid, Löwe, S. 28f; vgl. auch Lurz, Kriegerdenkmäler Bd. 4, S. 245.

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Das Denkmal der Matthäusgemeinde war aus Muschelkalkstein gefertigt. Dabei hatte man sich bemüht, möglichst dichte, qualitätsvolle Steine zu verwenden. Kalkstein erwies sich hierzu als besonders günstig, da er im Allgemeinen beständig war und schnell eine glatte Oberfläche erarbeitet werden konnte.67 Nach entsprechender Politur war das Material gar als Marmor wahrzunehmen. 68 Dessen Vornehmheit und Würde machte nochmals deutlich, dass das Kriegsmonument eine Vorbildfunktion einnahm. Für die Materialwahl sprach auch ein praktisches Argument: Muschelkalkstein konnte meistens ortsnah abgebaut werden, womit ein teurer Transport entfiel.69 Die Verkündigung und Auslegung der Schrift bildete einen Hauptbestandteil des protestantischen Gottesdienstes. Die Kanzel war deshalb ein wesentliches Bauelement evangelischer Kirchen. Allerdings wurde sie ab dem 19. Jahrhundert immer stärker dem Altar untergeordnet und in die Architektur des Innenraums integriert. Gleichzeitig reduzierte man ihr Bildprogramm auf nur wenige Symbole. 70 Dies galt auch für die schlichte Renaissancekanzel von St. Matthäus, welche die Einheitlichkeit des Kirchenraumes wahrte.71 Indem Bestelmeyer das Gefallenendenkmal „gewissermaßen [als] Gegenstück zur Kanzel“72 konzipiert und direkt nördlich des Hauptaltars errichtet hatte, förderte er dessen Ambivalenz nachdrücklich. Einerseits demonstrierte dies das politische Selbstbewusstsein der Gemeinde, da das Kriegsmonument mit drei Metern nahezu dieselbe Höhe erreichte wie die gegenüberliegende Kanzel. Andererseits stellte der Architekt das Denkmal in enge symbolische Beziehung zum Gotteswort und somit zu einem religiösen Totenerinnern. Die Tierdarstellung war auf den Hochaltar hin ausgerichtet, welcher traditionell als Ort eines aktiven Opfers gedeutet wurde.73 Dagegen konnte die Altarnähe des Kriegerdenkmals auch an den unschuldigen Tod Christi erinnern. Die Standortwahl schwankte somit permanent zwischen den unterschiedlichen Polen der Trauer hin und her. Zunächst scheint es, als hätte das gegenüber der Kanzel gelegene Kriegerdenkmal und speziell die Löwenskulptur die Geschlossenheit des Raumeindrucks durchbrochen. Schließlich konnte die Tierdarstellung – im Gegensatz zur Namenstafel – auch eine gewisse Fernwirkung erzielen. Erst bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass die Figur insgesamt von eher zurückhaltender Monumentalität war. Zwar konnte der Betrachter sie von allen Seiten der Kirche 67 Fuhrmeister, Materialikonographie, S. 69. 68 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 17. 69 Fuhrmeister, Materialikonographie, S. 69. 70 Rüttgerodt-Riechmann, Kanzeln, S. 104ff. 71 Über ihrem runden, durch eine Treppe zugänglichen klar gegliederten Kanzelkorb war ein

einfacher Schalldeckel angebracht. 72 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 16. 73 Lurker, Symbolik, S. 25f.

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aus perspektivisch wahrnehmen, was für die Inschriften und Namen der Tafel kaum galt. Dennoch fiel die Skulptur in Relation zur Gedenktafel deutlich kleiner aus; ihr gelang es nicht, den Raum zwischen den beiden Pfeilern vollständig auszufüllen. Je näher der Betrachter an das Denkmal trat, desto weniger geriet der Löwe in den Blick. Auf Augenhöhe konnte nur noch die Auflistung der Totennamen wahrgenommen werden. Dies macht deutlich, dass sich die Perzeption der einzelnen Bauelemente des Kriegerdenkmals und seine unterschiedlichen konmemorativen Funktionen auch nach dem individuell-physischen Standort des Betrachters richteten und damit permanent fluktuierten. Trauernde, die direkt vor dem Kriegsmonument standen, konnten der Gefallenen in erster Linie religiös und individuell gedenken, wogegen ein gewisser Abstand den Löwen und somit die politischen Bezüge hervortreten ließ. Zwar wurden die Gemeindemitglieder dabei nicht zu einem erneuten nationalen Kampf aufgerufen. Dennoch mahnte die kontemplative Skulptur die Wahrung traditioneller nationaler Werte an. Von einer kompletten Durchdringung von Religion und Nation konnte im Kriegsmonument der Münchener Matthäusgemeinde damit nicht die Rede sein, wohl allerdings von einem Miteinander subjektiver und objektiver Formen der Trauer.

1.3. Patriotische Grenzüberschreitung. Die Enthüllungsfeier Die Einweihung des Denkmals fand am 1. November 1921, zu Allerheiligen, statt. Der christliche Gedenktag verbürge „die für die Enthüllungsfeier erwünschte Stimmung“,74 betonte Pfarrer Joch. Schon diese kurze Bemerkung des protestantischen Pfarrers zeigt, wie doppeldeutig das Gefallenengedenken in der Matthäusgemeinde angelegt war.75 Indem man die Toten als „Heilige“ deklarierte, wurden sie nicht nur als unschuldige Opfer memoriert, sondern zugleich erneut „dem Tod ausgesetzt“ 76 und zugunsten einer nationalen Bestärkung funktionalisiert. Dies unterstreicht, dass der Ausgleich divergierender Trauerformen innerhalb der Münchener Matthäuskirche sowohl funerale als auch patriotische Ziele verfolgte. Das Kriegsopfer wurde durch Integration in eine überwiegend traditionelle Symbolwelt sowohl individualisiert als auch nationalisiert, wobei sich beide Formen trauernden Totenerinnerns gegenseitig ausbalancierten. Dies konnte bis zu einer politischen Freigabe der Gefallenen führen.

74 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 6. 75 Giesen, Triumph, S. 2. 76 Agamben verweist darauf, dass das „heilige Leben“ als dem Tod ausgesetztes Leben das

ursprüngliche politische Element sei; ders., Homo sacer, S. 98.

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Um zehn Uhr vormittags war die Matthäuskirche bereits dicht gefüllt. In den ersten Bankreihen hatten die Angehörigen der Gefallenen sowie zahlreiche Ehrengäste – darunter auch Vertreter der Kirchen, der Generalität und die Münchener Rektoren – Platz genommen; 77 Mitglieder militärischer Vereinigungen sowie der Gemeinde belegten den übrigen Kirchenraum. Links und rechts des verhüllten Monuments war eine Ehrenwache hoher Offiziere mit den Fahnen ihrer Regimenter postiert. 78 Bereits diese physische Anordnung der Akteure vor dem Kriegerdenkmal macht deutlich, in welch enges Miteinander Religion und Nation während der Zeremonie eintraten. Die Enthüllungsfeier des Kriegerdenkmals sollte insbesondere dazu dienen, die divergierenden Formen der Trauer in einer nationalen Stärkung zusammenzuführen. Fraglich ist, ob hierbei noch Platz für plurale Aneignungen des Nationalen verblieb.79 Nachdem eine Militärkapelle den Gottesdienst eröffnet und somit das Bild des notwendigen Opfers symbolisch unterstrichen hatte, antwortete die Gemeinde zunächst mit dem traditionellen Kirchenlied „Ich bin nur Gast auf Erden und hab hier keinen Stand.“ Auf die anschließende Liturgie, die von Pfarrer Langenfaß gehalten wurde, folgte die zentrale Ansprache Pfarrer Jochs: „In dem Herrn geliebte Gemeinde! Das Denkmal für die im Weltkrieg gefallenen Söhne unserer Matthäusgemeinde, von der heißen Liebe der Ihrigen begehrt, vom opferwilligen Sinn der Gemeinde errichtet, von Künstlergeist erdacht […], ist vollendet und harrt der Enthüllung. […] Eine Zeitlang hat es geschienen, als ob unter den Trümmern, die der Zusammenbruch unseres Volkes aufgetürmt hat, auch das Gedächtnis der Gefallenen begraben sei. Es wäre unter allem Schändlichen […] das Schändlichste gewesen, wenn es dem verblendeten Verlangen seiner Verführer nachgegeben und seine stolze Geschichte durchgestrichen, die Erinnerung an die großen Taten seiner Söhne verleugnet hätte. Diese Gefahr ist – Gottlob! – vorübergegangen. […] Wir evangelischen Christen denken nüchtern, sind aber doch der Meinung, dass in den geweihten Räumen einer Kirche auch das Gedächtnis der Entschlafenen besonders geweiht sei.“80

77 Ebd.; Von kirchlicher Seite ist dabei insbesondere der protestantische Kirchenpräsident

Friedrich Veit zu nennen. Veit hatte bis 1917 als erster Pfarrer in St. Matthäus gedient und trat nach 1933 den Nationalsozialisten mutig entgegen (Zorn, Politik, S. 274; Kitzmann, Kreuz, S. 50f.; Vollnhals, Kirche, S. 121; Mensing, Pfarrer, S. 73; ders., Protestantismus, S. 104). Von militärischer Seite waren die prominentesten Vertreter Generaloberst Graf Bothmer sowie General v. Möhl. Auch der Universitätsrektor v. Drygalski war zugegen, ebenso wie Regierungspräsident v. Kahr. Unter den militärischen Vereinigungen waren die wichtigsten Vertreter der Reichswehr, des deutschen Offiziersbunds, der Landespolizei sowie der ehemaligen Freicorps erschienen. 78 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 7. Beteiligt waren Abgeordnete des Infanterie-Leibregiments sowie des 16. Reserve-Infanterieregiments List. 79 Borutta, Feste, S. 265; Giesen, Triumph, S. 72. 80 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 8.

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Diese einleitenden Worte des Oberpfarrers wiesen nochmal auf die innerkirchlichen Diskrepanzen in der Frage des Totenerinnerns hin. Joch verteidigte das Kriegerdenkmal zunächst als Symbol kollektiver Hingabe und beklagte, dass ein Teil der Anwesenden sich dazu habe hinreißen lassen, das Nationale aus dem Gedächtnis zu tilgen. Zugleich distanzierte er sich von einem Erinnerungsmuster, das einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit und somit eine objektive Betrauerung der Gefallenen einforderte. Stattdessen stellte er das kirchliche Totenerinnern in die Kontinuität einer ruhmvollen – bayerischen – Geschichte sowie der protestantischen Kirche und belebte so die Idee des kollektiven Opfers neu. Deutlich wird, wie sehr der Oberpfarrer darum bemüht war, das Sterben für das Vaterland als letzten Ausdruck gelebter Moralität zu deuten und ihm so einen nationalen Sinn zu geben.81 Allerdings stellte die politische Rechtfertigung des Kriegstodes in der Matthäuskirche noch keine Verabsolutierung des Nationalen dar. Der Pfarrer war keineswegs bereit, die Gefallenen irdisch unsterblich zu machen, um so an die Kampfbereitschaft der Anwesenden zu appellieren. Joch forderte keine uneingeschränkte Loyalität gegenüber dem Vaterland ein und sublimierte den tatsächlichen Kriegstod nicht. Stattdessen wies er realitätsnah auf das Leiden und Sterben der Soldaten hin: „Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben“, so lautet unser Gruß an sie. Sie haben „erduldet“, ja, schon im rein äußerlichen Sinn des Wortes, haben gekämpft und gelitten. Was sie erduldet haben, wisst ihr, die Eltern, die Frauen, die Kinder, die Geschwister der Entschlafenen besser als wir. […] Wir können nur sagen, dass sie das Opfer ihres Lebens auf verschiedenste Art […] gebracht haben: Im heißen Kampf Mann gegen Mann, in den Schützengräben durch verlorene Kugeln, zerrissen von den Splittern platzender Granaten, erstickt von giftigen Gasen, verschüttet im Unterstand […], zum Teil nach großen Entbehrungen und schweren Misshandlungen oder auch in heimischen Garnisonen und Lazaretten. […] Würden wir das Schicksal jedes einzelnen der 150 Männer, die auf unserem Denkmal verzeichnet stehen, kennen und schildern können, so würde sich eine Riesensumme von äußeren und inneren Nöten vor uns erheben, die uns vollauf zu dem Ruf berechtigte: „Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben!“82

Die Ordnung zwischen Lebenden und Toten konnte nur stabilisiert werden, wenn es dem protestantischen Oberpfarrer gelang, die Ansprache in Einklang mit der affektiven Spannung seiner Zuhörer zu bringen.83 Indem Joch die Gefallenen zunächst, auf die Inschrift des Kriegerdenkmals Bezug nehmend, als 81 Graf, Nationalismusforschung, S. 313. Dies entspricht auch dem Dreiphasenmodell van

Genneps, der kollektive Transformationsprozesse in eine Trennungs-, Schwellen- und Inkorporationsphase einteilt; Kolesch, Inszenierungen, S. 289; Krieger/Belliger, Ritual, S. 13. 82 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 8. 83 Vgl. auch Walkenhorst, Nation, S. 27.

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„Selige“ pries, sie somit in eine christliche Glaubensvorstellung einbettete, stabilisierte er die Emotionen der objektiv trauernden Gemeindemitglieder nachhaltig. Dabei verleugnete er weder die alltäglichen Leiden noch das Sterben der Gefallenen, womit er indirekt auch an eine Betrauerung der Toten als Tote appellierte. Allerdings wurde der Krieg von Pfarrer Joch nicht grundsätzlich als falsch erachtet, er verweigerte dem Sterben für das Vaterland nicht seine Anerkennung. Dies zeigt, dass der Gedanke einer Solidarisierung mit den Hinterbliebenen ein Stückweit durch das Nationale verdrängt wurde. Auch der folgende Appell an die kollektive Pflichtauffassung des Christenmenschen macht dies deutlich: „Allerdings wissen wir, dass diese Seligpreisung nicht ohne weiteres jedem gilt, der Schweres erlitten, sondern nur dem, der sich im Leiden bewährt hat. Es kommt nicht auf das Leiden an sich an, sondern auf die Art, wie es getragen und überwunden wird. Nun, viel Männlichkeit, innere Festigkeit, Treue bis zuletzt, Todesverachtung tritt uns entgegen, wenn wir unserer Helden gedenken. Auch viel religiöser Sinn, der über dem Zeitlichen das Ewige nicht vergaß, der das bittere Los aus Gottes Hand als seine Schickung entgegennahm, der sich in Todesnot, wie wir hoffen dürfen, seiner Gnade befahl. […] Weil wir aber unseren Gott um Jesu Christi willen als einen Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes bekennen, und weil wir wissen, dass da, so die Sünde mächtig geworden ist, doch die Gnade viel mächtiger geworden ist, so legen wir das ewige Schicksal aller entschlafenen Brüder, deren wir heute gedenken, mit der Hoffnung in Gottes Hand nieder, dass er sich ihrer werde erbarmen und sie in Gnaden zu seiner ewigen Gemeinschaft werde aufgenommen haben. Von dieser Hoffnung getragen grüßen wir sie alle: „Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben!“ 84

Indem der Pfarrer die Kriegsopfer als „Helden“ bezeichnete und ihnen dementsprechende Attribute zuordnete, stellte er das Nationale als zentralen Wert menschlichen Lebens dar. Er konstruierte eine irdische Gemeinschaft, die das Leiden und den Tod des Einzelnen in die Ewigkeit der Nation transzendierte. Zugleich machte er das Festhalten an patriotischen Tugenden zur unbedingten Voraussetzung für den Übertritt in das Gottesreich und verband deren Mangel mit fehlender Gottesfurcht, die er mit der Strafe des Nichteintritts in den Zustand der Seligkeit verband. 85 Nur die Kriegstoten selbst nahm Joch hiervon noch aus.86 Die Selbstaufopferung des Einzelnen für die nationale Gemeinschaft wurde damit wiederum zementiert und von den Anwesenden der Feier zumindest potentiell eingefordert.87 Indem der Pfarrer das nationale Heldentum als notwendig deklarierte, stellte er zugleich die Verbindung von Religion, Nation und Gewalt latent wieder her. Künftige Generationen sollten sich der Existenz 84 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 9f. 85 Vgl. Geyer, Religion, S. 25. 86 Vgl. Graf, Nationalismusforschung, S. 302. 87 Walkenhorst, Nationalismus, S. 510f.

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kollektiver Werte am Kriegsmonument versichern, die Trauernden stolz an ihre Toten erinnern können, was den Schmerz über den menschlichen Verlust zumindest teilweise abmilderte. Dies wurde auch dadurch erreicht, dass nicht der Tod selbst, sondern der Triumph über ihn zum zentralen Deutungsmuster des Kriegstodes erklärt wurde: „Hört auf unseren Gruß an sie ihre Antwort an uns aus der Ewigkeit: ‚Als die Sterbenden und siehe, wir leben!„ Das ist der Triumph des Lebens über den Tod, wie ihn unser Heiland zuerst angestimmt hat im Angesichte seines eigenen Todes: ‚Ich lebe und ihr sollt auch leben.„ […] Auch er war, nicht um seiner, sondern um unserer Sünden willen dem Tode zur Beute geworden, doch nicht geblieben. ‚Er hat dem Tode die Macht genommen und Leben und unvergängliches Wesen ans Licht gebracht.„ So ist er der Todesüberwinder und Lebensfürst geworden, der auch den Seinen die Bahn bricht durch den Tod zum Leben. Wenn wir das Gedächtnis unserer Toten erneuern, so blicken wir nicht nur in ein dunkles Grab, sondern sehen wir sie auch verklärt in der lichten Himmelshöhe. ‚Was wir bergen in den Särgen, ist nur Erdenkleid, was wir lieben, ist geblieben, bleibt in Ewigkeit.„ Als Kinder des Gottes […] sind wir durchdrungen von der Gewissheit, daß unser innerstes Wesen, durch das wir mit dem Gott des Lebens verbunden sind, nicht sterben kann […]. Wir vertrauen der Verheißung unsres Herrn, daß, wer an ihn glaube, nicht sterben, sondern leben werde, ob er gleich stürbe. So hören wird denn auch die heimgegangenen Seelen der Unsrigen aus der Ewigkeit uns zurufen: ‚Als die Sterbenden und siehe, wir leben.„“88

Zwar konstruierte Joch in diesem Redeabschnitt, der den triumphalen Aspekt des Opferns betonte, keine höchst verbindliche nationale Weltanschauung. 89 Allerdings nahm er dem Sterben der Gefallenen deutlich an Schärfe, indem er es in einen religiösen Rahmen – der Wiederauferstehung als Weg der Erlösung – integrierte. Damit wurde der tatsächliche Kriegstod verklärt. Gleichwohl konnte diese Form des Gefallenengedenkens nicht als Einfallstor für ein übersteigertes nationalistisches Gedankengut dienen, solange es noch überwiegend von einer christlichen Weltordnung her interpretiert wurde.90 Dies machte der Oberpfarrer in der abschließenden Passage seiner Rede deutlich: „So hören auch wir denn auch die heimgegangenen Seelen der Unsrigen aus der Ewigkeit uns zurufen: „Als die Sterbenden und siehe, wir leben.“ Das ist ein Trost, der mächtig erhebt in dieser Zeit der Trostlosigkeit […]. Doch auch hier darf uns nicht Leidenscheu und Lebensüberdruß erfüllen. […] Sie sollen auch durch uns leben, dadurch, daß wir für eine bleibende Wirkung ihres Opfertodes Sorge tragen. Sie sollen nicht umsonst gestorben sein. Haben Sie die Treue bewahrt bis zum Tod, so wollen wir es auch tun. Auch unsere Pflicht ist die Lebenshingabe an unser Volk. Auch wir sollen und wollen unsere ganze Kraft in seinen Dienst stellen, mit Opfermut und nach allem Vermögen an seiner äußeren und inneren Erneuerung mitarbeiten. Wir wollen durch unser Beispiel zeigen, was Arbeitsfreudigkeit, Gewissenhaf88 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 10. 89 Walkenhorst, Protestantismus, S. 509. 90 Graf, Nationalismusforschung, S. 298; Walkenhorst, Protestantismus, S. 516.

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tigkeit, Ehrlichkeit, was ernste Pflicht- und Lebensauffassung ist. Wir wollen unseren Kindern sittliche Grundsätze ins Herz pflanzen, […] und unser Volk einer besseren Zukunft entgegenführen. Wir wollen das alles tun aus der Treue gegen Gott heraus, als Christenmenschen […]. Das sei die Mahnung unseres Denkmals, so oft unser Blick darauf fällt, aber auch der Trost, den es uns biete, die Hoffnung, mit der es uns erfülle. […] Eine Erinnerung an den Tod und die Toten möge es uns dennoch sein eine Stärkung unserer Lebenskraft und Lebenshoffnung. Amen!“ 91

Jochs letzte Worte brachten die Zielsetzung des Denkmalbaus auf den Punkt. Die Notwendigkeit des Opfers, das die Gefallenen vorgelebt hatten, sollte insbesondere einer zivilen Erneuerung der gegenwärtigen Gesellschaft dienen, die allerdings aufs Engste mit der Wahrung traditioneller Werte wie Pflicht und Treue – und somit eben auch mit einem weiteren möglichen Kriegssterben – verbunden wurde. Die Ansprache des Pfarrers vermischte somit Christliches mit nationalem Pathos. Allerdings resultierte hieraus keine militärische Verpflichtung, sondern die Aufforderung zu einer allgemeinen Bestärkung nationaler Werte. Im Anschluss hieran fiel die Denkmalhülle. Nachdem die Glocken geläutet und ein Opernsänger „O Tod, wie bitter bist du“ von Brahms vorgetragen hatte, übernahm Joch das Monument in die Obhut der Gemeinde: „[…] Den Gefallenen zum bleibenden Gedächtnis, den Trauernden zum Trost, dem lebenden und zukünftigen Geschlecht zur Mahnung und Erhebung und Gott zur Ehre […].“92 Diese Worte machen nochmals deutlich, wie sehr das Kriegerdenkmal sowohl einer individuell-religiösen Trauer als auch dem nationalen Wiederaufbau dienen sollte. Nach dem Segen spielte die Militärkapelle das niederländische Dankgebet. Anschließend legten die Hinterbliebenen am Denkmal zahlreiche Kränze und Blumen nieder und umstanden es auf der Suche nach ihren „teuren Namen.“93 Am Abend versammelte sich Pfarrer Joch nochmals mit einem Teil der Angehörigen zu einer „schlichten Nachfeier“94, die nicht am Kriegsmonument, sondern in einem Vereinssaal in Kirchennähe stattfand. Während der Messe, die ausschließlich religiöse Trauerlieder und Texte enthielt und von den Gemeindemitgliedern selbst gestaltet wurde, ging der Pfarrer auf die Entstehungsgeschichte des Denkmals und auf die Zusammensetzung der Namenstafel ein. Dabei hob er auch die Bedeutung objektiven Trauerns um die Kriegsgefallenen hervor. Fast scheint es, als habe diese Feier eine gewollte Ergänzung zur morgendlichen Einweihungszeremonie gebildet. Sie berücksichtigte ausschließlich 91 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 11. 92 Ebd., S. 15. 93 Ebd. 94 PA St. Matthäus, Festschrift, S. 16ff.

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den Willen eines Teils der Angehörigen, ihrer Verstorbenen in christlicher Form zu gedenken. Die Enthüllungsfeier macht deutlich, dass die Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Haltungen des Nationalen in der Münchener Matthäusgemeinde zu keiner Zeit einem übersteigerten Nationalismus diente. Die Festteilnehmer wurden weder zum Tod fürs Vaterland verpflichtet noch wurde dieser eingefordert. Gleichwohl galt den patriotischen Werten die Höchstrelevanz. Übergeordneter Sinn der Feier war es, neben der religiösen Tröstung der Hinterbliebenen insbesondere zu einer Erneuerung des Nationalen aufzurufen. Dabei wurde allerdings weniger ein militärisches, als ein ziviles Opfertum konstruiert, dem ein traditioneller Wertekanon zugrunde lag. Doppeldeutigkeiten ermöglichten den Teilnehmern Spielräume für eine plurale Annäherung an das Nationale. Die einmalige Feier konnte deshalb kaum zu einer Normung politischer Vorstellungen beitragen. Schließlich lehnte auch ein Teil der Anwesenden patriotische Grenzüberschreitungen ab, wie aus der regen Anteilnahme an der abendlichen Gedenkfeier deutlich wird.

2. Vom notwendigen zum unschuldigen Opfer. Die Berliner Domkirche In Berlin gehörten 1930 nahezu 70 Prozent der Bevölkerung der evangelischen Landeskirche an.95 Dies brachte die Protestanten in eine überragende konfessionelle Position, was insbesondere in der Verkettung der Interessen von Thron und Altar seinen Ausdruck fand.96 Keine andere Kirche symbolisiert dies anschaulicher als der Berliner Dom. Der Sakralbau, der sich in unmittelbarer Nähe des Hohenzollernschlosses befand, galt bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts als „Zwingburg“97 der Monarchie. Ab 1893 errichtet, war er ein Sinnbild für den

95 Dies entsprach ungefähr drei Millionen Menschen; vgl. Gailus, Protestantismus, S. 57ff. 96 Tatsächlich galt Berlin traditionell als besonders unkirchlich. Von der äußerlichen Zahl an

Protestanten darf deshalb nicht auf deren religiöse Praxis geschlossen werden. Der Prozess der Entkirchlichung, der sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bereits beschleunigt hatte, setzte sich in Berlin seit 1919 auf dramatischem Niveau fort; annähernd 50000 Personen verließen jedes Jahr die Landeskirche; Gailus, Protestantismus, S. 29ff. Dies hatte vielfältige Gründe, wie beispielsweise die sprunghaften Zu- und Abnahmen der Bevölkerung in der Großstadt, die zunehmende Distanz der Kirchenbesucher zur monarchistisch gesinnten Pfarrerschaft sowie die wachsende Kluft zwischen Wissenschaft und Bekenntnis; Pollmann, „Thron und Altar“, S. 561. 97 Klingenburg, Berliner Dom, S. 197; vgl. auch Bartetzko, Einheitsdenkmal, S. 45.

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politisch-religiösen Herrschaftsanspruch seines Bauherrn, Kaiser Wilhelms II.98 Dies äußerte sich bereits anlässlich der Weihe 1905, als der Bau zum Einheitssymbol des Protestantismus unter preußischer Führung stilisiert wurde.99 Auch die Geistlichen der Oberpfarrkirche waren – als Dom- und Hofprediger – aufs engste mit dem Kaisertum verbunden. Bis zum Ende der Monarchie nahmen sie neben der Domgemeinde auch die Seelsorge für die Hofgesellschaft und für die kaiserliche Familie wahr.100 Dies machte sie zu einem Sprachrohr monarchischer Interessen. Dass der Dom außer aus staatlichen auch aus höfischen Kassen unterhalten wurde, verstärkte die Verkettung kirchlicher und politischer Interessen.101 Bereits während seiner Bauzeit war der Berliner Dom ein äußerst umstrittenes Projekt.102 Allerdings gewann die Auseinandersetzung um die symbolische (Selbst-) Darstellung des Sakralbaus und seiner Repräsentanten erst nach 1918 deutlich an Zugkraft. Schließlich widersprach der Wille zum Statuserhalt der protestantischen Kirche, der sich im Dombau widerspiegelte, deutlich den demokratischen Grundsätzen der neu geschaffenen Republik. Allerdings waren die engeren Mitglieder der Domkirchengemeinde kaum zu einer Revision ihrer überkommenen Privilegien bereit. Vielmehr flüchtete man sich in ein selbstreflexives Erinnern der Vergangenheit, das zumindest teilweise auf eine rückwärtige Wiederholung der Geschichte abzielte. Erst die Planungen für ein Kriegerdenkmal im Berliner Dom ließen nationalistische Erinnerungsstrategien mit demokratischen Denkmustern in Konkurrenz treten. Gleichwohl schloss der sukzessive Wandel der kirchlichen Gedenkkultur die nationale Hingabe der Gefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens nicht aus. Der Status der Domkirche wurde nach der Novemberrevolution und der Abdankung Wilhelms II. im Jahr 1918 von der Öffentlichkeit zunächst unterschiedlich beurteilt. 103 Während sich die Monarchisten in nationalen Feiern immer noch um die ehemaligen Hofprediger scharten, kam es im Kirchenraum nicht selten zu heftigen Tumulten und Plünderungen.104 Wiederholt wurde der

98 Der Bau wurde insbesondere aufgrund seiner maßlos übertriebenen neoklassizistischen

Architektur abgelehnt; Demps, Kritik, S. 71-73, 79; Lemburg, Raschdorff, S. 37, 42-45; Bartetzko, Einheitsdenkmal, S. 45. 99 Die zentrale Ansprache bei der Einweihungsfeier hielt Dom- und Hofprediger Ernst von Dryander; Andresen, Politiker, S. 178. 100 Hüffmeier, Hof- und Domprediger, S. 140f. 101 Schneider, Geschichte, S. 130. 102 Demps, Kritik, S. 71ff. 103 Besier, Dom, S. 197. 104 Ebd.; Für sie waren wohl überwiegend Antimonarchisten und Atheisten verantwortlich.

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Dom Ziel von Maschinengewehrfeuer- und Handgranatenangriffen. 105 Diese gewaltsamen Aktionen lassen sich nur auf der Grundlage niederschmetternder Kriegserfahrungen verstehen. Zahllose Gläubige hatten während des Ersten Weltkriegs den nationalistischen Ansprachen der Hofprediger im Herzen der Berliner Hauptstadt ihr Vertrauen geschenkt. Zwar gab es für trauernde Hinterbliebene im Dom auch christlichen Trost. Allerdings hatten die nationalreligiösen Redner ihren kirchlichen Auftrag permanent missbraucht.106 Erst nach Kriegsende wurden ihre Predigten als politische Manipulationsversuche gewertet. Innerhalb der Domkirche waren die Erinnerungen an den Weltkrieg zunächst kaum umkämpft. Schließlich bildete das Kirchenkollegium zu Beginn der Weimarer Republik noch eine relativ homogene Sozialgruppe.107 Die Kriegsniederlage und die Abdankung des kirchlichen Oberhaupts, des Kaisers, hatten in der protestantischen Pfarrerschaft eine tiefe, narzistische Kränkung hervorgerufen.108 Die Furcht, nach jahrzehntelanger Macht- nun in eine Minderheitenposition abzurutschen und somit dramatisch an Sozialprestige und öffentlicher Geltung zu verlieren, produzierte einen erhöhten Homogenisierungsdruck. Dieser vollzog sich vor allem unter nationalprotestantischen Vorzeichen. Die Domgeistlichen neigten zu einer vehementen Verteidigung ihrer althergebrachten Positionen. Dabei wurde die Kontinuität des Nationalen auch zum Fluchtpunkt des geplanten Gefallenendenkmals deklariert. Nicht die christliche Tröstung der Hinterbliebenen stand somit über lange Zeit im Mittelpunkt des Totengedenkens, sondern eine überwiegend subjektive Form der Trauer, die den gewaltsamen Tod der Gemeindemitglieder als notwendiges Sterben für das Vaterland verklärte. Erst durch verschiedene Neubesetzungen des Domkirchenkollegiums ab Mitte der zwanziger Jahre trat der Einfluss der Nationalprotestanten sukzessive in den Hintergrund. Dies hatte auch die schrittweise Neubewertung des monumentalen Totengedenkens zur Folge.

105 Dabei wurden an Dach und Fenstern des Doms „Tumultschäden“ angerichtet; auch von

Behinderungen und Beschimpfungen von Gemeindemitgliedern nach dem Gottesdienst wurde berichtet; Schneider, Geschichte, S. 75, 131f. 106 Beispielsweise hörten Hof- und Domprediger Bruno Doehring ab 1914 sonntags zwischen zwei- und dreitausend Menschen zu; nach dem Gottesdienst konnte man seine Predigten gedruckt mit nach Hause nehmen; Hüffmeier, Hof- und Domprediger, S. 148ff.; Doehring hatte am 2.8.1914 eine vielbeachtete Predigt unter der Losung „Ist Gott mit uns, wer mag wider uns sein?“ vor dem Dom gehalten. Dabei wurde der Krieg als Existenzkampf nationalreligiöser Werte interpretiert; Andresen, Politiker, S. 179; Schneider, Geschichte, S. 72f. Vgl. auch Bruno Doehring, Gott, das Leben und der Tod. Drei Kriegsvorträge, Berlin 1915. 107 Besier, Dom, S. 197; Schneider, Geschichte, S. 75f. 108 Gailus, Protestantismus, S. 52ff.

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Zunächst hatte das Kirchenkollegium im August 1919 beschlossen, „der Errichtung einer Gedenktafel für die im Kriege 1914/1919 Gefallenen näher zu treten.“109 Dies ermächtigte die Geistlichen, „die nötigen Schritte zur Ermittlung der Namen der Gefallenen zu unternehmen und entsprechende Vorschläge für die aufzustellende Tafel zu machen.“ 110 Die Entscheidung überrascht, wenn man sich die überwiegend konservativ-nationalistische Gesinnung innerhalb des Kollegiums vor Augen führt.111 Beispielsweise hatte man 1919 auch über die Ausmalung des Bogenfeldes oberhalb des Haupteingangs zu entscheiden, wobei die geplante, schlichte Christusfigur mit der Begründung abgelehnt worden war, sie entspräche nicht der Auffassung der Kollegiumsmehrheit. Stattdessen wollte man den Charakter „des Heldenhaften, dem Leide gegenüber Majestätischen“112 stärker betont wissen.113 Je mehr allerdings solche erhabenen Bildsymbole den Kirchenraum in Beschlag nahmen, desto stärker war die Substanz objektiver Trauer bedroht, die das individuelle Leid der Angehörigen nicht sublimierte, sondern vielmehr an zentraler Stelle integrierte. Zunächst fühlte sich das Domkirchenkollegium nach der Kriegsniederlage wie betäubt.114 Man versuchte, das Unglaubliche zu fassen, und fand sich zugleich in einem Zustand hilfloser Trauer um das untergegangene Vaterland wieder. Insgesamt hatten drei der zehn Kollegiumsmitglieder im Weltkrieg ihre Söhne verloren. 115 Dieser Schockzustand der ersten Nachkriegsjahre führte 109 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 11.8.1919. 110 Ebd. 111 Im August 1919 bestand das Domkollegium aus zehn Mitgliedern. Eine der Monarchie

verbundene Haltung kann bei sämtlichen Personen vorausgesetzt werden; Besier, Dom, S. 198; Gailus, Protestantismus, S. 225. Allerdings war nur ein kleiner Teil tatsächlich deutschnational gesinnt. Dazu zählten insbesondere die Hofprediger Ernst von Dryander (1843-1922) und Bruno Doehring (1879-1961); die übrigen Mitglieder waren national-monarchistisch eingestellt, darunter insbesondere Präses Bodo Voigts (1844-1920), der 1920 von Reinhard Moeller ersetzt wurde (vgl. Schneider, Geschichte, S. 134), Johannes Kritzinger und Ernst Vits. Ein Teil der Nationalmonarchisten galt ab 1933 als Gemäßigte, da sie einen dritten Weg zwischen Deutschen Christen und Bekennender Kirche einzuschlagen suchten; Gailus, Protestantismus, S. 533, 608; vgl. auch Besier/Lessing, Geschichte, S. 921. 112 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 5.5.1919. 113 Allerdings deutete das letztendlich ausgeführte Mosaik von Arthur Kampf das Heldentum der Figur nur an; es scheint vielmehr bereits den Verlust des wilhelminischen Siegesbewusstseins anzudeuten. Das Mosaik lässt den Historismus hinter sich, was es zu einer beeindruckenden Leistung der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts macht; Badstübner, Dom, S. 84 (Abb. auf S. 121). 114 Gaede, Protestantismus, S. 374. 115 Domprediger Vits, Domkapitelverwalter Rittershausen und Ministerialdirektor Nentwig hatten ihre Söhne im Weltkrieg verloren; vgl. die Totenliste in LAB, A Pr Br 042, Bl. 43.

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dazu, dass man die Errichtung einer schlichten Gedenktafel erwog. Nur eine Namenstafel, welche die Kriegstoten überwiegend als Tote memorierte, somit den Wunsch einlöste, die Gefallenen in einer Form von Nähe „da“ zu behalten, war geeignet, den Mitgliedern den nötigen Trost spenden.116 Allerdings wurde der endgültige Beschluss um die Gedenktafel permanent vertagt.117 Anzunehmen ist, dass hierfür die anhaltenden Diskussionen um die Symbolik des Kriegstodes ebenso verantwortlich waren wie die allgemeine Notlage der Domfinanzen. Diese wurde durch die steigende Inflation zusätzlich verschärft.118 Erst im Januar 1925 konnte das Domkollegium das Thema der Gefallenenehrung wieder auf die Agenda nehmen. Nun beschloss man, „die Frage […] der Errichtung eines Denkmals für die im Weltkriege gefallenen Mitglieder der Domgemeinde“ 119 im Kollegium gemeinsam mit dem geplanten Monument für die verstorbene Kaiserin Auguste Viktoria zu behandeln. Dabei sollten die „Kosten dieser Arbeiten durch eine groß angelegte Propaganda“120 gedeckt werden. Schließlich hatte sich mittlerweile die Mehrheit des Kirchenkollegiums für eine monumentale Lösung der Denkmalfrage ausgesprochen. Deren monarchistische Grundhaltung führte zu einem trauernden Totenerinnern, das aufs Engste mit der dynastischen Bildsprache verbunden war und somit einer Reproduktion traditioneller nationaler Werte Tür und Tor öffnete. Damit drohten die Gefallenen allerdings wiederum zugunsten der Bedürfnisse der Überlebenden vereinnahmt zu werden. Sie wurden in engem Bezug zur überkommenen monarchischen Ordnung memoriert und sollten als Ahnen einer Gemeinschaft dienen, die sich ihrer Vergangenheit versicherte. Dieses Erinnerungsmuster war auf die Verklärung des Gestrigen und auf eine Verdrängung der objektiven Trauer hin angelegt.

116 Wahrscheinlich stand diesem Gedanken insbesondere der Domprediger Ernst Vits nahe.

Vits war während des Krieges noch eindeutig nationalistisch gesinnt, verhielt er sich später allerdings eindeutig als Gemäßigter. Ernst August Vits (1868-1939) war zwischen 1912 und 1925 vierter Domprediger am Berliner Dom, 1925-33 Generalsuperintendent der Neumark mit Nebenamt des Pfarrers an der Berliner St. Matthäusgemeinde. 1931 ordinierte er dort Dietrich Bonhoeffer. Er wurde 1933 emeritiert und war seit demselben Jahr Mitglied des Pfarrnotbundes. Dort stand er den Gemäßten nahe; Gailus, Protestantismus, S. 533, 608; Besier, Geschichte, S. 875; Wolfes, Vits, Sp. 1490ff. 117 Vgl. u.a. Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 15.1.1923. 118 1920 hatte man einen ersten Antrag auf Staatszuschuss gestellt, dem in den folgenden Jahren viele weitere folgten. Es sollten insbesondere die „Tumultschäden“, die aus der Revolution von 1918 resultierten, wie beispielsweise zerstörte Fensterscheiben und durch Einschuss beschädigte Dächer, beseitigt werden; Schneider, Geschichte, S. 131f. 119 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 26.1.1925. 120 Ebd.

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Ende 1927 beauftragte das Kollegium den deutschnationalen Domprediger Gottfried von Dryander, „wegen der Herstellung eines Gefallenendenkmals […] vorbereitende Schritte einzuleiten.“121 Etwa zeitgleich machten sich allerdings auch erste personelle Verschiebungen im Kirchenkollegium bemerkbar. Bereits 1925 war der liberale Domprediger Willy Richter in das Domkirchenkollegium gewählt worden.122 Zu den neuen politischen Verhältnissen nahm er eine gemäßigte Haltung ein. So mahnte er anlässlich der Reichsgründungsfeier 1926 im Dom eine notwendige moralische Erneuerung an: „Noch mit eines Volkes Niedergang und Schicksalssturz bezweckt Gott neue Ziele für die ewige Zukunft des Menschengeschlechts. […] Unsere innerst glühende Überzeugung […] sagt uns, daß das deutsche Volk wieder zurückfinden muß auf den Weg, den Gott ihm vorgezeichnet hat. […] Der Weg dazu ist, daß der Deutsche sich wieder übt in den schlichten, ein echtes Leben aufbauenden Tugenden […].“123

Der Domprediger rief somit vehement zur Schaffung einer christlich fundierten, zivilen Wertegemeinschaft auf. Dies macht auch deutlich, wie sehr sich Richter um einen Wandel der Erinnerungskultur in der Domgemeinde bemühte. Nicht die nationale Schmach und der Untergang der Monarchie sollten weiterhin im Mittelpunkt des kirchlichen Programms stehen, sondern der notwendige Aufbau des demokratischen Kollektivs. Damit wurde die politische Vergangenheit nicht weiter verklärt, sondern der Weg in eine befreiende Zukunft eröffnet. Neben Willy Richter wurde drei Jahre später der Oberdomprediger Georg Burghart, ein weiterer politisch Gemäßigter, zum Vorsitzenden des Domkirchenkollegiums ernannt.124 121 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 23.9.1927. Gottfried von Dryander

(1876-1951) war Sohn des berühmten Oberhof- und Dompredigers Ernst von Dryander, Oberregierungsrat von Berlin und Reichstagsabgeordneter der DNVP. Er war im November 1923 als „Laien“-Mitglied vom Domkirchenkollegium aufgenommen worden und übernahm die Position des ausgeschiedenen Oberregierungsrats von Frowein; Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 28.11.1923. v. Dryander empfand die Kriegsniederlage Zeit seines Lebens als tief sitzende Kränkung. Besier, Dom, S. 204. 122 Willy Richter (1874-1938) war seit 1925 Oberkonsistorialrat und Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrats sowie Domprediger in Berlin, seit 1936 als erster Domprediger. Er schloss sich 1933 dem Pfarrernotbund an und 1936 den Gemäßigten; Gailus, Protestantismus, S. 225, 521. 123 DAZ, Nr. 29 v. 19.1.1926. 124 Georg Burghart (1865-1954) war ab 1927 Vizepräsident des Evangelischen Oberkirchenrats und ab 1928 Oberdomprediger in der Domkirche und somit deren Präses. Er nahm eine politisch gemäßigte Haltung ein und stand ab 1933 der Bekennenden Kirche nah; Gailus, Protestantismus, S. 225, 334, 521, 649, 671; Besier, Geschichte, S. 873; Stupperich, Kirchenentfremdung, S. 623. v. Dryander kritisierte die Ernennung Burgharts zum Präsidenten

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Die personellen Veränderungen übten naturgemäß auch Einfluss auf die Abstimmungsverhältnisse im Kollegium aus. Schließlich besaß für Richter und Burghart die Wiederherstellung der nationalen Größe Deutschlands keine existentielle Bedeutung mehr. Das sollte sie zukünftig in einen offenen Konflikt mit ihrem Kollegiumsmitglied Gottfried von Dryander bringen, der für die Deutschnationale Volkspartei im Reichstag saß und nationalreligiösen Zielen anhing. 125 Von Dryander war schon frühzeitig in die Fußstapfen seines berühmten Vaters Ernst getreten, der streng nationalreligiös gesinnt gewesen war und noch 1918 die These vertreten hatte, dass der Gedanke des notwendigen Opfers das „Grundgesetz der Welt“126 sei, bevor er ein Jahr später zu „unseres Volkes Auferstehung […] zu einer weltgeschichtlichen Mission, deren die Völker nicht entraten können“, 127 aufrief. Die nationalistischen Ansichten Gottfried von Dryanders wurden insbesondere von Domprediger Bruno Doehring geteilt, der eine Zeitlang auch die Deutschnationale Volkspartei im Reichstag repräsentierte.128 Die Gegensätze zwischen den Mitgliedern, die nationalreligiösen Vorstellungen anhingen, sowie den gemäßigten Vertretern des Domkollegiums konnten somit kaum größer ausfallen. Dies sollte noch zu massiven Reibungen in der Denkmalfrage führen. Seit 1928 versuchten landeskirchliche Stellen, die Denkmalsangelegenheit mit zu beeinflussen. Der Evangelische Oberkirchenrat – dessen Vizepräsident Georg Burghart war – schlug vor, „wegen der vom Domkirchenkollegium angeregten Errichtung eines Kriegergedächtnismales eine mündliche Aussprache herbeides Domkollegiums auf das Schärfste; vgl. Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 23.9.1928. Burghart war vom Landeskirchenausschuß in Zusammenarbeit mit dem preußischen Kultusministerium ernannt worden. Allerdings galt dieses Verfahren aufgrund eines laufenden Rechtsstreits noch über lange Zeit hinweg als umstritten; Schneider, Geschichte, S. 134. 125 Besier, Dom, S. 204. 126 Zit. nach Andresen, von Dryander, S. 341; vgl. zur Entwicklung Ernst von Dryanders, der während des Krieges in einen übersteigerten Nationalismus abglitt, auch Hüffmeier, Hofund Domprediger, S. 146-149; Besier, Königliche Theologen, S. 535, 554. 127 Von Dryander, Deutsche Predigten, S. 64; vgl. auch ders., Mission. 128 Bruno Doehring war ab 1914 Dom- und Hofprediger in Berlin und hielt am 2.8.14 in einem Gottesdienst auf dem Königsplatz eine Predigt, die als erste protestantische Weltkriegspredigt in die Geschichte einging; er war ein ungeheuer politisierender Prediger; von 1930 bis 1933 war Doehring Reichstagsabgeordneter der DNVP. Allerdings war er dem Nationalsozialismus gegenüber kritisch eingestellt und übte seit 1933 eher kirchenpolitische Zurückhaltung. Er war weder Mitglied der Bekennenden Kirche noch der Glaubensbewegung Deutscher Christen; Doehring, Vaterunser, S. 5-11; Doehring, Lebensweg, S. 94-108; Gailus, Protestantismus, S. 482, 511-523; Besier, Dom, S. 199-202, 204f.; Besier, Königliche Theologen, S. 550f.; Schneider, Geschichte, S. 84f.

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zuführen“.129 Erwartungsgemäß traten die Kollegiumsmitglieder während einer Zusammenkunft im Oktober 1928 den Vertretern der Landeskirche allerdings weitgehend ablehnend gegenüber. Man entschied, „ohne Einbeziehung irgendwelcher landeskirchlicher Stellen […] an dem Plane der Errichtung dieses Denkmales“130 festzuhalten. Zu diesem Zweck sollten zunächst der endgültige Standort sowie die Finanzierung geklärt werden. Hierzu sah man ein spezielles Komitee zur Einwerbung von Spenden unter Vorsitz von Reichspräsident Hindenburg vor. Nun war die Auseinandersetzung um eine (Neu-) Bewertung des Kriegstodes in der Berliner Domgemeinde in vollem Gange. Im Dezember 1928 arrangierte das Kirchenkollegium zunächst ein Treffen mit einem unbekannt gebliebenen Berliner Bildhauer.131 Anzunehmen ist, dass es sich um den deutschnationalen Künstler Constantin Starck handelte, der kurze Zeit später den Auftrag erhielt, einen ersten Entwurf zu fertigen. 132 Zugleich sollte die Standortfrage des Kriegsmonuments geklärt werden. 133 Bereits seit längerem hatte man eine Stelle in der so genannten „Denkmalkirche“ als Ort der Errichtung in die engere Wahl gezogen. Wie kein anderer Platz verkörperte der nördlich vom Zentralbau gelegene apsidiale Raum das symbolische Gedächtnis der königlichen Dynastie; schließlich waren hier die hohenzollernschen Prunksärge aufgestellt. Durch die geplante Erbauung des Kriegerdenkmals in diesem räumlichen Kontext des Erinnerns konnte das Kriegssterben endgültig zugunsten des Nationalen funktionalisiert werden. Schließlich wurden die Gefallenen hier im Kontext der überkommenen dynastischen Ordnung memoriert.

129 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 3.9.1928. Bereits die Bezeichnung

„Kriegergedächtnismal“ war so deutungsoffen, dass sie vielfältigen Erinnerungen Platz ließ. Deshalb plädierte man im Domkollegium für eine zügige Beschlussfassung, was die genaue Bezeichnung des geplanten Denkmals anging; Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 4.10.1928. 130 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 4.10.1928. 131 Ebd., v. 12.12.1928. 132 Constantin Starck (1866-1939) entstammte sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits einer Pastorenfamilie; Er war zwischen 1891 bis 1898 Meisterschüler von Reinhold Begas; 1908 wurde er zum Professor der Königlichen Akademie der Künste Berlin ernannt. Vom Ersten Weltkrieg aufgrund einer schweren Erkrankung befreit, schuf er nach 1918 eine Fülle von Kriegerdenkmälern in Berlin, insbesondere auch drei für protestantische Kirchen, welche die Gefallenen als nationale Helden verklärten. Den nationalsozialistischen Machtwechsel begrüßte Starck besonders laut (vgl. auch die von ihm 1933 geschaffene Hitlerbüste); Hannesen, Starck, S. 17ff.; 469ff.; Bloch/ Einholz/ von Simson, Bildhauerschule, S. 302ff. 133 Ebd.

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Allerdings zögerten ungeklärte Eigentumsverhältnisse an Denkmalkirche und Hohenzollerngruft die endgültige Standortwahl weiter hinaus.134 Auch die Auswahl des zu beauftragenden Künstlers blieb über längere Zeit hinweg ungeklärt. Innerhalb weniger Wochen fanden Zusammenkünfte der Gremiumsvertreter mit zwei Bildhauern statt: mit dem politisch gemäßigten Hans Mackowski und mit Constantin Starck. 135 Starck arbeitete bereits seit längerer Zeit an einem Entwurf für das Sarkophag-Denkmal „Heldenklage“ (Abb. 73).136 Bei diesem Kriegsmonument handelte es sich um die plastische Nachbildung acht überlebensgroßer Figuren auf neoklassizistischem Sockel, die eine Bahre mit einem ruhenden Krieger schulterten. Wie in einem „Ewigkeitsrhythmus“137 versunken trugen die im Stil der Neogotik dargestellten Männer und Frauen dabei den Helden, der mit seinen gefalteten Händen ein langes, bis zu den Fußspitzen reichendes Schwert umfing. Während am Anfang und Ende der Bahre je zwei junge und alte Männer in mittelalterlichen Gewändern voller ernstem Zorn und Stolz die Figur mit sich führten, waren zwischen den schreitenden Männerpaaren je zwei Frauen mit leidvoll-edler Miene und in geneigter Gesichtshaltung zu sehen. Zwar konnte eine solche Verkörperung des weiblichen Schmerzes auf den ersten Blick auch auf eine tatsächliche Betrauerung der Toten abzielen. Insgesamt war die Bildsprache subjektiver und objektiver Trauer allerdings komplementär angelegt. Die Verbindung zur mittelalterlichen Mythologie erschien so überwältigend, dass sich der Wille zur rückwärtigen Wiederholung des Krieges kaum verbergen ließ.138 Schließlich erinnerte der aufge134 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 28.2.1929. Die Standortfrage sollte

zunächst mit dem Vertreter des ehemaligen Kaisers, Graf Platen, geklärt werden. Die Denkmalkirche wurde in den 1970er Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Heute befindet sich die Memorialstätte der Hohenzollerndynastie direkt unter der Predigtkirche; in deren Nordosten und Osten – somit in der Nähe der Kanzel und der Gedächtnistafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs – befinden sich jeweils Eingänge zur Gruft. 135 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 8.4.1929 und v. 13.5.1929. 136 Hannesen, Starck, S. 154ff.; Jürgens, Starck, S. 292. 137 Jürgens, Starck, S. 295. 138 Gerade mittelalterliche, neogotische Darstellungen galten lange Zeit als der deutsche Stil überhaupt (Jürgens, Starck, S. 295f.) und wurden vom Nationalsozialismus missbraucht; dies gilt insbesondere für die Figur Uta von Naumburgs, vgl. Ullrich, Uta, S. 105ff. Es überrascht nicht, dass Adolf Hitler das Modell „Heldenklage“ auf der Frühjahrsausstellung der Berliner Akademie bewunderte und ausgerufen haben soll: „Das wird ausgeführt. Wer ist der Künstler?“, woraufhin Starck das Kriegerdenkmal ab 1937 für die Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände Nürnberg herrichtete. Nach dem Ableben des Künstlers führte seine Tochter die Arbeit weiter. Die Figuren wurden in Bronze gegossen; zu einer Aufstellung kam es jedoch nicht mehr. Denn nach einem Bombenangriff auf die Gießerei 1943 wurden die Skulpturen in das Berliner Schloss gebracht und gelten seitdem als verschollen; Hannesen, Starck; S. 154ff.; 589ff.

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bahrte Krieger insbesondere an die Gestalt des Siegfrieds aus der Nibelungensage, die dargestellten Frauen ähnelten in ihrem Profil Uta von Naumburg. Von der Substanz der christlichen Botschaft blieb in dieser Motivwahl des Kriegstodes somit kaum etwas übrig. Stattdessen wurden hier Figuren, die traditionell einen deutschnationalen Impetus hatten, mit der erneuten politischen Hingabe des Helden verknüpft. In der deutschen Hauptkirche des Protestantismus sollte somit errichtet werden, was man dort zunächst kaum vermutet hätte: die symbolische Sakralisierung des Tötens. Dieses Bildgedächtnis stellte das Nationale deutlich über christliche Bezüge und verband es mit einer nationalreligiösen Verpflichtung. Zunächst war man im Juni 1929 übereingekommen, das Starcksche Modell „in einer Nische der Denkmalskirche des Domes während vier Wochen zur Aufstellung“139 zu bringen. Die endgültige Errichtung des Monuments lehnte das Kirchenkollegium allerdings einige Monate später ab. Nicht einmal einer Aufstellung in der näheren Umgebung der Kirche, die von einzelnen Kollegiumsmitgliedern gewünscht wurde, wollte man zustimmen.140 Stattdessen wurde Starck für seine Arbeit mit einem Unkostenbetrag von 1000 Mark entlohnt. Gleichzeitig bat man ihn, nochmals ein Modell für schlichtere Kriegergedenktafeln zu schaffen, das allerdings ebenfalls zurückgewiesen wurde.141 Auf den ersten Blick scheint es, als seien primär finanzielle Gründe für diese Entscheidung verantwortlich gewesen. Denn bei einer Ausführung des Starckschen Entwurfs wären der Domkirche Mehrkosten entstanden, die weit über deren wirtschaftlichen Möglichkeiten lagen. 142 Allerdings kann als gesichert gelten, dass im Hintergrund auch gewichtige politische Gründe eine Rolle spielten. Denn die gemäßigten Mitglieder des Domkirchenkollegiums sowie das preußische Finanzministerium, das aufgrund der angegriffenen Domfinanzen im Hintergrund als Geldgeber fungierte, lehnten das revanchistische Motivspiel mit der Trauer ab. Der sukzessive Wandel der Erinnerungskultur in der Berliner Domkirche manifestierte sich auch in einer Wende der traditionellen (Fest-) Kultur. So nahm das Kollegium im Jahr 1929 endgültig von der „in früheren Jahren am 18. Januar zu veranstaltenden Reichsgründungsfeier“ 143 Abstand. 144 Damit kehrte man 139 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 3.6.1929. 140 Ebd., Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 19.9.1929; Hannesen, Starck, S. 154. 141 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 4.11.1929. 142 Rund 10000 RM sollte das Kriegerdenkmal kosten; vgl. auch Hannesen, Starck, S. 154. 143 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 2.12.1929. 144 Allerdings veranstaltete man 1931, zum Jahrestag des 60jährigen Bestehens des Reiches,

einen aufwendigen Gottesdienst. Hierzu waren auch ausländische Botschafter geladen. Die Nationalsozialisten hatten ihre Teilnahme verweigert, da sie der Auffassung waren, die

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einer Kernzeremonie des monarchischen Staates den Rücken. 145 Außerdem wurde ein zweiter Vorstoß Gottfried von Dryanders, der im Dezember 1930 nochmals die Errichtung einer Denkmalfigur forderte, zurückgewiesen. 146 Stattdessen entschied man, „in der Kanzelnische der Predigtkirche des Domes Gedenktafeln aus Bronze anzubringen, auf denen die Namen der gefallenen Dommitglieder zu verzeichnen“147 seien. Der radikale Standort- und Motivwandel – von der Denkmal- zur Predigtkirche und vom figürlichen Denkmal zur schlichten Tafel - macht deutlich, dass im Berliner Dom offenbar tatsächlich der Wille zur Überwindung der bisherigen Gedenkkultur vorhanden war. Allerdings ist anzunehmen, dass auch pragmatische Gründe hierfür sprachen. Schließlich hatte die Verschlechterung der Domfinanzen mehr und mehr zu einer finanziellen Abhängigkeit vom preußischen Finanzministerium geführt. Dieses nahm nun sämtliche Baurechnungen ab.148 Damit konnte die Formgebung des zukünftigen Kriegerdenkmals nicht weiter unabhängig von Sozialdemokraten und Liberalen entschieden werden. Anfang Januar 1931 fand eine erste Besprechung zwischen Vertretern des Domkollegiums und dem preußischen Finanz- und Bauministerium statt. 149 Dabei wurde einstimmig beschlossen, eine bronzene Gedenktafel als Kriegsmonument auf den Marmorfeldern hinter der Kanzel anzubringen. Sie sollte äußerst schlicht gehalten sein, also „nur die Namen enthalten […] ohne weiteren

preußische Landeskirche unterdrücke die politische Meinungsfreiheit nationalsozialistisch gesinnter Pfarrer; Besier, Dom, S. 198f. 145 Angeblich war ein mangelndes Interesse der Regierungsmitglieder für diese Entscheidung verantwortlich; Besier, Dom, S. 198. 146 Diesmal sollte das geplante Denkmal die Symbolsprache des Kriegsmonuments der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche übernehmen, das vom bekannten deutschnationalen Berliner Bildhauer Hermann Hosäus entworfen worden war und einen halbreliefierten kämpfenden Jüngling zeigte; Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 1.12.1930. Vgl. die Abb. des Kriegerdenkmals der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche in von Seeger, Denkmal, S. 169; vgl. auch Archiv der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, insb. Sitzungsprotokolle des Gemeindekirchenrats v. 21.9.1926, 29.11.1927, 17.1.1928, 19.6.1928, 16.10.1928. 147 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 19.9.1929. 148 Schneider, Geschichte, S. 77. 149 Anwesend waren Landeskonservator Robert Hiecke, Konsistorialrat Stahn (Kunst und Volksbildung), Ministerialrat Dammeier (Preuß. Finanzministerium) und Regierungs- und Baurat Ludwig Hoffmann (Preuß. Bau- und Finanzdirektion); Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll v. 22.1.1931. Von Seiten des Domkollegiums waren dies der gemäßigte Domprediger Willy Richter und Domkapitelverwalter Rittershausen; Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll v. 22.1.1931.

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bildnerischen Schmuck.“150 Auch die Kostenfrage wurde diskutiert. Man veranschlagte ungefähr 5000 Mark für die Ausführung, was deutlich unterhalb der geplanten Ausgaben für ein figürliches Denkmal lag. Vor der endgültigen Erteilung des Auftrags musste die Anzahl der gefallenen Gemeindemitglieder allerdings nochmals genauestens geprüft werden.151 Nachdem das Domkirchenkollegium dem Gestaltungsvorschlag zugestimmt und zugleich die Errichtung eines Gefallenendenkmals „mit Rücksicht auf die sehr ungünstigen Zeitumstände“152 endgültig abgelehnt hatte, wurden zunächst die Kostenvoranschläge verschiedener Hersteller verglichen.153 Den Zuschlag erhielt letztlich das Werk Lauchhammer, das die Gedenktafel für nur ungefähr 2000 Mark herzustellen bereit war (Abb. 74).154 1931 wurde die Tafel in der nordöstlich gelegenen Predigtkirche, direkt hinter der erhöht gelegenen Domkanzel, angebracht (Abb. 75). Dabei ließ man die über zwei Meter hohe Namenstafel direkt in die marmorne Kirchenwand ein.155 Ihr Material stimmte dabei genau mit den restlichen Wandarbeiten des Domes überein. Zugleich fielen die Beschriftung der Tafel sowie die Kleinkreuze zur Abtrennung der 48 Namen äußerst schlicht aus. Als Inschrift wurden lediglich 150 Zunächst hatte Hiecke dafür plädiert, die Tafel in Hartstuck herzustellen, schloss sich dann

aber der Meinung Dammeiers und Hoffmanns an, Bronze zu verwenden; für die Errichtung einer schlichten Namenstafel sprachen sich die drei Architekten einstimmig aus; LAB, A Pr Br 042, Bl. 18; Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll v. 22.1.1931. Auch der gemäßigte Willy Richter hatte mittlerweile den Verzicht auf Mamortafeln akzeptiert und fragte bei Baurat Hoffmann an, ob in diesem Fall ein staatlicher Zuschuss zu erwarten sei; LAB, A Pr Br 042, Bl. 39. Der Vorschlag einer Hinterbliebenen, auf der Gedenktafel einen Bibelspruch anzubringen, wurde zwar zur Kenntnis genommen, letztendlich allerdings ignoriert (Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll v. 30.6.1931). 151 Zunächst war von 62 gefallenen Gemeindemitgliedern die Rede; LAB, A Pr Br 042, Bl. 18. Allerdings wurde im April 1931 deutlich, dass es sich nur um 48 Namen handelte; nach einer Besichtigung durch das Domkollegium wurde deshalb die Errichtung einer einzelnen Tafel genehmigt; LAB, A Pr Br 042, Bl. 40a. 152 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 9.2.1931. 153 Zu den Angeboten der Herstellerfirmen, vgl. LAB, A Pr Br 042, Bl. 40, 45f., 62f., 97f. Noch im April 1931 war man im Domkirchenkollegium übereingekommen, „wegen mangelnder Geldmittel“ von der Herstellung der Tafel vorläufig abzusehen (Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 16.4.1931), ein Entschluss, der offensichtlich revidiert wurde. 154 LAB, A Pr Br 042, Bl. 95 (Aktennotiz Hoffmann v. 30.6.1931). Zwar erbrachten die Sammlungen zugunsten der Tafel in den Domgottesdiensten nur einen geringen Betrag. Allerdings war das Kollegium auch bereit, „für die Bereitstellung der Mittel aus einem anderen Fonds Sorge zu tragen“. LAB, A Pr Br 042, Bl. 95 (Aktennotiz Hoffmann v. 30.6.1931). 155 Die Tafel war insgesamt zwei Meter hoch und 1,70 Meter breit; LAB, A Pr Br 042, Bl. 97.

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die Jahreszahl 1914/1918 sowie ein Eisernes Kreuz gewählt, wobei dieses ambivalente Symbol zusätzlich als „abnehmbar“156 galt. Sowohl der engere Initiatorenkreis als auch Standort und Ausführung der Gedenktafeln legen nahe, dass das Kirchenkollegium die Kriegstoten nun überwiegend individuell-religiös memorieren wollte. Schließlich war die schlichte Formgebung der Tafel kaum geeignet, an eine nationale Wiedergeburt der Gefallenen zu appellieren. Das Gedenken der Toten war vielmehr durch eine „sanfte Zurückweisung“ 157 charakterisiert; sie wurden hier insbesondere als Abwesende memoriert. Damit konnte eine objektive Betrauerung der Gefallenen ermöglicht werden. Auch vom Standort der Tafel in der Predigtkirche – direkt hinter der Kanzel und somit auch nur von dieser aus einsehbar – ging zunächst eine christliche Tröstung aus. Denn der Ort, an dem man das Wort Gottes verkündete, war traditionell streng religiös konnotiert: „Des Herren Wort bleibet ewiglich“, so lautete der Schriftvers auf dem neobarocken Kanzelkorb. In dem beengten Raum dahinter konnten nur wenige Trauernde einen Platz finden, was einen aufwendigen Totenkult faktisch ausschloss. Auf den ersten Blick scheint es somit, als seien die Gefallenen durch die Errichtung einer Gedenktafel in der Berliner Domgemeinde ausschließlich als unschuldige Opfer memoriert worden. 158 Allerdings weisen das ausgewählte Bronzematerial sowie der über der Tafel angebrachte Kronleuchter auch auf eine gewisse Verklärung des Kriegstodes hin. Die Gedenktafel wurde in einem imperial ausgestatteten Gotteshaus errichtet und in dieses stilistisch integriert. Der Zentralraum des Berliner Domes mit seiner mächtigen Kuppel und den nach allen Himmelsrichtungen tonnengewölbten Kreuzarmen war durchweg von der italienischen Hochrenaissance und dem – einheimischen – Barock geprägt.159 Als eine Hauptkirche der protestantischen Christenheit verkörperte der Innenraum zugleich die Erhabenheit und Würde der preußischen Monarchie. Von diesen symbolischen Kontinuitäten konnte sich auch die neu errichtete Gedenktafel nicht völlig freisprechen. Ursprünglich war geplant, die Tafel zum Totenfest im November 1931 einzuweihen. 160 Allerdings erschien dieses Datum aufgrund der verspäteten Vergabe des Auftrags an das Werk Lauchhammer bald als unrealistisch. Nun bemühte man sich, einen Abschluss der Arbeiten bis Weihnachten zu erreichen.161 Eingeweiht wurde die Namenstafel endgültig im Vormittagsgottesdienst 156 LAB, A Pr Br 042, Bl. 97, Rückseite. 157 Därmann, Tod und Bild, S. 300. 158 Ricciardi, Mourning, S. 13. 159 Badstübner, Dom, S. 83ff. 160 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 12.10.1931. 161 LAB, A Pr Br 042, Schreiben Dom-Kirchen-Kollegium an Lauchhammer v. 17.10.1931.

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des Neujahrsfestes 1932. Hierzu wurden sämtliche Hinterbliebene schriftlich eingeladen.162 Insgesamt erscheint als unwahrscheinlich, dass die Gedenktafel zu einer Normierung des Gefallenengedenkens in der Berliner Domgemeinde beitragen konnte. Zu unscheinbar waren letztendlich ihr Standort sowie die Formgebung. Außerdem fand die Einweihung genau im Jahr vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten statt, die einen weiteren Wandel im Weltkriegs-Gedächtnis der protestantischen Hauptkirche Berlins provozierte.163

162 Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 22.12.1931. 163 Zur Überlassung des Domes für einen Gottesdienst der Deutschen Christen sowie der

DNVP anlässlich der „Ernennung des Führers der National-Sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Deutschlands zum Reichskanzler“, vgl. Domarchiv Berlin, Sitzungsprotokoll Domkollegium v. 31.1.1933.

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3. Vom passiven zum aktiven Opfer. Die Kriegergedächtniskapelle in der Bonner Kreuzkirche 654 Mitglieder der Evangelischen Kreuzkirchengemeinde waren dem Krieg zum Opfer gefallen. 164 Deshalb setzt das Presbyterium 1919 einen Denkmalausschuss ein, der die trauernden Totenerinnungen der Gemeindemitglieder symbolisch zusammenführen sollte. Dabei wurden die anfänglichen Vorschläge liberaler Vertreter, der Gefallenen ausschließlich individuell-religiös zu gedenken, sukzessive an den Rand gedrängt. Obwohl von einer Mehrheit der Größeren Gemeindevertretung zunächst abgelehnt, konnte im endgültig errichteten Kriegsmonument ein militanter Nationalprotestantismus hervorbrechen. Im Zentrum des symbolischen Totengedenkens stand somit überwiegend die Freigabe der Kriegsgefallenen zugunsten eines tötbaren Lebens, das anlässlich der Denkmaleinweihung weiter affirmiert und perpetuiert wurde.

3.1. Zur Entwicklung des Totenerinnerns Die Planungsphase des Kriegsmonuments in der Bonner Kreuzgemeinde verlief äußerst uneinheitlich. Direkt nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entbrannte zunächst ein Konkurrenzkampf um das Totenerinnern in der protestantischen Kirche, der eine große innerkonfessionelle Kluft in der Gemeinde sichtbar machte. Dabei changierte die Trauer permanent zwischen Subjekt und Objekt, war somit auf eine nationale Neubegründung des Ichs und kollektiven Selbst und zugleich auf die Toten gerichtet. Erst nach und nach wurden die Gefallenen zugunsten des Nationalen freigegeben, ihr Tod somit weitgehend politisch kompensiert. Der dritte Denkmalausschuss erzielte die endgültige Sublimierung objektiver Formen der Trauer zugunsten einer rein nationalistischen Bildsymbolik.

a) Von Opfern und tragischen Helden. Zu den Projekten der ersten beiden Denkmalausschüsse Die erste Initiative für ein Kriegerdenkmal in der Bonner Kreuzkirche war noch überwiegend christlich konnotiert: „Die Namen der gefallenen Mitglieder sind in ein hierzu besonders angelegtes Kirchenbuch eingetragen“, äußerte Pfarrer 164 AEvG, A 10, Schreiben Kremers an Bildhauer Wagner v. 10.11.1925. Diese überdurch-

schnittlich hohe Anzahl an Gefallenen entsprach rund 15% der Gesamtgemeinde.

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Kremers bereits im Jahre 1919. Und weiter: „Auch sollen die Namen der Gefallenen in einfacher, würdiger Form auf einer Ehrentafel in der Kirche angebracht werden. Ein Entwurf zu dieser Ehrung liegt noch nicht vor.“165 Kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war die Bonner Kreuzkirchengemeinde somit offenbar noch bereit, der Gefallenen rein indexikalisch zu gedenken. Nicht eine ästhetisch-idealisierte Vergegenwärtigung der Toten sollte im Mittelpunkt des Gedenkens stehen, sondern deren paradoxes Dagewesen-Sein.166 Dies weist insbesondere auf die allgemeine Betäubung nach dem Ende des Weltkrieges hin.167 In den Auseinandersetzungen 1918/19 war der Protestantismus erstmals einer politischen Marginalisierung ausgesetzt. 168 Gleichzeitig hatte die Kreuzkirchengemeinde viele hundert Hinterbliebene in ihrem Leid zu trösten. Nur ein stilles Monument, das insbesondere dem individuellen Gebet offen stand, war in der Lage, die Gratwanderung zwischen objektiver und subjektiver Betrauerung zu vollziehen.169 In diesem Klima gelang es dem liberalen Vorsitzenden des ersten Denkmalkomitees, Rudolf Smend, zunächst, den schlichten Entwurf hölzerner Gedenktafeln im Ausschuss einzubringen.170 Damit wandte er sich gegen eine politische Funktionalisierung des Gefallenentodes. Die Religion sollte als persönlicher Freiheitsbereich bestehen bleiben und die Kriegstoten individu165 Schreiben an die Evangelische Gemeinde Crefeld v. 18.7.1919; AEvG, A959/A3a. 166 Horn, Tod/Tote, S. 581. 167 Gaede, Protestantismus, S. 374. 168 Besier, Kirche, S. 4. 169 Der erste Denkmalausschuss war ursprünglich mit fünf Personen besetzt, darunter zwei

Professoren, zwei Pfarrern und dem Kirchmeister der Gemeinde. Dies zeigt, dass die Denkmalorganisation ganz überwiegend von einer schmalen bürgerlichen Schicht besser gestellter Persönlichkeiten ausging, was auch mit der sozialen Vorprägung der protestantischen Kirche in Bonn zusammenhing; die Bonner Protestanten waren vor allem zugezogene Verwaltungsbeamte, Hochschullehrer oder wohlhabende Rentiers. Sie stellten einen deutlich überproportionalen Anteil an der städtischen Oberschicht, obwohl sie um 1900 nur ungefähr 20% der Stadtbevölkerung ausmachten; Kittel, Konflikt, S. 253; Hinz-Wessels, Kirchengemeinde, S. 51f. Professor Smend und Pfarrer Hupfeld verfochten dabei ein individuell-liberales, Pfarrer Kremers und Professor Clemen überwiegend ein nationalprotestantisches Totengedenken. Kirchmeister Rolffs trat durch eine moderate Haltung hervor; Sitzung des Presbyteriums v. 3.11.1919; AEvG, A32. 170 Rudolf Smend (1882-1975), war Sohn des Theologieprofessors Rudolf Smend und Professor für Öffentliches Recht; er war Vertreter eines liberalen Gedankenguts und stand ab 1933 auf der Seite der Bekennenden Kirche. Smend, Bürger, S. 3f., 18f., Leibholz, Smend, S. 16, 20, 26f. u. Stolleis, Juristen, S. 569f; Wenig, Verzeichnis, S. 294, Der liberale Protestantismus bildete die stärkste Annäherung an die klassische Moderne, Nipperdey, Religion, S. 600f. Zur Nähe des politischen Liberalismus zur christlichen Lebensauffassung, Böckenförde, moderner Welt, S. 176.

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ell-realitätsnah betrauert werden können. Darauf wies auch die schlichte und kostengünstige Formgebung der geplanten Namenstafeln hin. Smend te - anlässlich eines Besuchs beim preußischen Kultusministerium – die hölzernen Tafeln einer Kirchengemeinde in Berlin-Schöneberg besichtigt. 171 Mehrfach bestand er in den kommenden Monaten auf der Anbringung vergleichbarer Gedenktafeln „entweder rechts oder links vom Chor oder in einem Querschiff.“ 172 Neben Smend deutete auch das Ausschussmitglied Pfarrer Hupfeld die Gegenwart nicht als Niederlage, sondern als Bewährungsprobe für die Zukunft: „Sie [Die Christenheit] darf unter dem niederschmetternden Eindruck der Macht des Bösen in der Welt nicht die Hände in den Schoß legen und verzweifeln. Sie muss sich [...] ihrer Aufgabe gegenüber dieser Welt umso bewusster werden. Sie hat einen hohen Beruf. [...] An der Schaffung dieser neuen Menschheit zu arbeiten, das ist das Amt der Christenheit.“173

Solche an der politischen Gegenwart orientierten Erinnerungen boten keinen Raum für eine Verklärung des Politischen. Es war das Christentum und nicht das Nationale, das in dieser Deutung des Kriegstodes Höchstrelevanz besaß.174 Das Verhältnis des Gläubigen zur Nation wurde nicht verklärt. Vielmehr forderte man die Schaffung einer demokratisch-zivilen Wertegemeinschaft ein. Hupfeld beurteilte den vergangenen Krieg objektiv, wobei er dessen tatsächliche Ursachen mit einem - persönlichen – Schuldeingeständnis verband: „Ist es denn nicht ein Zeichen seiner [des Christentums] Kraftlosigkeit, dass solch ein Krieg überhaupt möglich war? Nach dem Grundsatz der Feindesliebe hätte er verhindert werden müssen. Wenn es trotzdem einen Krieg gab, so ist das also [...] ein Zeichen des Versagens der Christen.“175

Fehlende Ausrichtung auf Gott war für den überzeugten evangelischen Christen somit die Hauptursache des Krieges. Aus diesem Eingeständnis eigenen Versagens erwuchsen Symbole des Kriegstodes, die eine objektive Trauer zum Ausdruck brachten. Die schmerzhafte Vergangenheit sollte nicht verdrängt, sondern religiös verarbeitet und der Weg in eine befreiende Zukunft eröffnet werden. 171 AEvG, A32, Schreiben Smend an Kremers v. 15.1.1920. 172 AEvG, A32, Protokollauszug Presbyteriumssitzung v. 2.2.1920; Auszug aus der Sitzung der

größeren Gemeindevertretung v. 12.3.1920. Dies hatte auch finanzielle Gründe. Schließlich war sich Smend wohl bewusst, daß hölzerne Tafeln wesentlich kostengünstiger herzustellen waren wie ein Ehrenmal; vgl. AEvG, A32, Schreiben Smend an Kremers v. 15.1.1920. 173 Hupfeld, Grundfragen, S. 6f. 174 Vgl. Walkenhorst, Nationalismus, S. 510f.; Weichlein, Nationalismus, S. 181ff.; Graf, Nationalismusforschung, S. 310ff. 175 Hupfeld, Grundfragen, S. 48.

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Allerdings war dieses Erinnerungsmuster insgesamt nicht von Dauer. Trotz einer festen Verankerung des Liberalismus in der Bonner Gemeinde entwickelte es sich nicht zu einer sozialintegrativen Kraft.176 Smends Entwurf fand nicht lange Gehör. Obwohl es ihm gelang, Kirchmeister Rolffs im Mai 1921 zu seinem Nachfolger zu bestimmen, nahm die Unzufriedenheit im zuständigen Ausschuss zu.177 Als Rolffs nach einem halben Jahr den Vorsitz an Pfarrer Haun abtrat, wurde das Denkmalkomitee neu zusammengesetzt.178 Im zweiten Ausschuss fand sich eine deutliche Mehrheit für eine monumentalere Lösung des Gefallenengedenkens. Dies macht insbesondere der zwischen Februar und Mai 1922 ausgeführte „Engere Wettbewerb zur Errichtung eines Ehrenmals für die gefallenen Krieger“ deutlich. 179 Man war übereingekommen, der Kirche ein figürliches Kriegerdenkmal zu stiften, wobei zugleich die „Namen von etwa 550 Gefallenen […] aufgezeichnet“ 180 werden sollten. Unter den fünf Künstlerskizzen fiel die Auswahl fast einstimmig auf einen Entwurf des deutschnationalen Künstlers Carl Menser, der auch das Kriegsmonument der Bonner Universität, Flamme empor, entworfen hatte.181 Mit

176 Die Liberalen hatten in der Weimarer Republik die Mehrheit in den Gemeindevertretungen

der Kreuzkirche inne; Hinz-Wessels, Kirchengemeinde, S. 57. Das Bildungsbürgertum büßte in der Weimarer Republik seine politische Mentorenrolle ein, was zu einem stetigen Einflussverlust führte. Damit entwickelte sich der Liberalismus immer stärker zu einer randkirchlichen Bewegung; Hübinger, Kulturprotestantismus, S. 4ff.; Hinz-Wessels, Kirchengemeinde, S. 58. 177 Auch Kirchmeister Rolffs war überwiegend um eine individuelle Betrauerung der Gefallenen bemüht. Dies macht insbesondere sein Vorschlag deutlich, auch die Angehörigen von Gefallenen in den Denkmalausschuss zu berufen; AEvG, A32, Protokollauszug Presbyteriumssitzung v. 17.1.1921. Smend erhielt 1922 einen Ruf an die Universität Berlin, Stolleis, Juristen, S. 569. 178 Ende 1921 bestand der Ausschuss bereits aus 16 Personen, unter ihnen vier Professoren, drei Architekten, zwei Pfarrer, zwei Fabrikanten und sonstige Mitglieder (darunter erstmals drei Frauen). Der Ausschuss teilte sich in mindestens fünf konservativ-/ nationalprotestantische Vertreter sowie fünf liberale Ausschussmitglieder (u.a. Pfarrer Hupfeld) auf. Geleitet wurde das Komitee von Pfarrer Haun; Hinz-Wessels, Kirchengemeinde, S. 60f; Sitzung des Presbyteriums v. 2.2.1922; AEvG, A32. 179 Vgl. zu folgendem insbesondere AEvG, A 32, Bl. 36 u. 57 (Wettbewerbsbedingungen u. Erläuterungsbericht Landesbaumeister Wildeman). Erstmals stellte man in den Etat für 1922 50000 Mark für die Deckung der Kosten zur Errichtung des Denkmals ein; AEvG, A 32, Bl. 187 (Protokoll Presbyteriumssitzung v. 13.3.1922). 180 AEvG, A 32, Bl. 36.Dabei sollten neben den Vor- und Zunamen der Gefallenen und ihrem Todestag auch die militärische Dienstbezeichnung festgehalten werden. 181 Carl Menser war ein deutschnationaler Bildhauer. Neben Menser waren an dem Wettbewerb insbesondere der Bildhauer Ludwig Cauer, Landesbaumeister Theo Wildeman

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seiner Darstellung einer Mutterfigur, umringt von einer Gruppe von Kriegerplastiken, hatte er den Nerv der Ausschussmitglieder getroffen. Diese Figurengruppe war sichtlich in der Lage, zwischen den unterschiedlichen Polen des Trauerspektrums zu vermitteln.182 Inwieweit hierbei die objektive Trauer sublimiert wurde, ist nicht mehr zu ermitteln. Gesichert ist jedoch, dass mit diesem Entwurf der Übergang vom realistischen zum idealistischen Ausdruck des Kriegssterbens eröffnet wurde. Künftig sollte nicht mehr die Trauer um den Anderen im Mittelpunkt des Denkmalbaus stehen, sondern die nationalen Bedürfnisse einzelner Gemeindemitglieder. Dies führte zum kontinuierlichen Protest eines Teils der Hinterbliebenen, die sich ihrer Entscheidungsbefugnis in der Frage des symbolischen Totenerinnerns beraubt sahen.183 Die Neuorientierung in der Frage des Gefallenengedenkens hing auch mit einem Hin- und Hergeworfensein zwischen Religion und Nation zusammen. Dies macht eine Kriegspredigt des Vorsitzenden des zweiten Denkmalausschusses, Pfarrer Haun, deutlich: „Denn das ist klar: als Jünger Jesu müssten wir das Schwert in die Scheide stecken, müssten predigen gegen Krieg und Waffenklirren, gegen Schlachten und Sieg. Und doch! – wenn wir‟s täten? Unser Volk ginge unter, Deutschland wäre gewesen in der Welt, und unser liebes, großes Vaterland hätte keinen Platz mehr unter der Sonne. [...] So kommen die Stunden [...] da unsere Seele gespalten ist zwischen dem deutschen Empfinden und dem christlichen Gewissen.“ 184

Die protestantischen Christen waren durch die Tötung angeblicher Feinde im Krieg höchsten moralischen Zwängen unterworfen. Je gravierender der Gewissenskonflikt mit der Zeit wurde, desto stärker war der Drang, die „Liebe zu den Feinden“ durch die „Liebe zum Vaterland“ zu ersetzen und somit den psychischen Druck zu verringern. Damit wurden allerdings auch objektive Formen der Trauer um die Gefallenen durch ein Totenerinnern ersetzt, welches das menschliche Leid zugunsten kollektiver Kriegsinteressen verleugnete. Die enge Verknüpfung von Religion und Nation scheint zusätzlich aus einer labilen Subjektivität, die ausschließlich die Wunden des Selbst und nicht die menschlichen

(konservativ-nationalistisch) sowie der Bildhauer Hubert Netzer (Düsseldorf) beteiligt; AEvG, A 32, Bl. 36 Rückseite, Bl. 57. 182 Leider ist ausschließlich ein kurzer Hinweis im Protokoll und keine Entwurfsskizze erhalten geblieben; AEvG, A 32, Sitzung Denkmalausschuss v. 7.6.1922. 183 Dies macht das Schreiben des Vaters eines Gefallenen deutlich, der den Denkmalausschuss aufforderte, die Wettbewerbsentwürfe allen Gemeindegliedern, „besonders [den] Familien, die selbst Söhne verloren haben“ zugänglich zu machen; AEvG, A 32, Bl. 33 (v. 14.7.1922). 184 Haun, Vorwärts, S. 31ff. Zur Kriegspredigt im Ersten Weltkrieg allgemein Krumeich, Religionskrieg, S. 273-283; Seeber, Kriegspredigten, S. 233-258.

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Wunden des Krieges betrachtete, resultiert zu haben. 185 Eine klare Stellungnahme zu den christlichen Werten, verbunden mit einer moralischen Zäsur, blieb beim Ausschussvorsitzenden Haun – im Vergleich zu Pfarrer Hupfeld – aus. Dies auch, weil ein fester Glaube bei den Protestanten generell schwand. Immer stärker wurde die religiöse Frömmigkeit auf die funktionalen Belange der bürgerlichen Gesellschaft reduziert, womit sich der Unterschied zwischen Gott und Welt, Religion und säkularer Weltanschauung verwischte.186 Die religiösen und politischen Interessen der bürgerlichen Gemeinde verschmolzen, wogegen die Betrauerung der Gefallenen als Tote immer weiter in den Hintergrund rückte.

b) Zur Wiedergeburt des triumphalen Helden. Denkmalbau durch den dritten Ausschuss Von 1923 an wurde die christliche Utopie des ersten Denkmalausschusses endgültig durch einen übersteigerten Nationalismus ersetzt. Zunächst hatte die Größere Gemeindevertretung den Entwurf Mensers „einer scharfen Kritik unterzogen und mit [großer] Mehrheit abgelehnt,“187 eine Entscheidung, der sich auch der zweite Denkmalausschuss zu fügen hatte: „Wir haben unsere ganze Kraft eingesetzt, um Ihren Entwurf durchzubringen, aber man will auf einmal etwas ganz anderes“, berichtete Haun dem Künstler. „Der alte Ausschuss ist zurückgetreten, und ein neuer wird die Frage ganz von vorne bearbeiten. [...] Wir konnten sie nicht aufhalten.“188 Neben der Art des Entwurfs den Menser zwischenzeitlich nochmals überarbeitet hatte führte dabei vor allem die Auswahl eines katholischen Künstlers zur Ablehnung durch die Gemeindevertretung.189 Während der entscheidenden Planungsphase nahmen die nationalistischen Mitglieder des dritten Denkmalausschusses das Heft in die Hand, wogegen die konservative und liberale Minderheit kaum etwas ausrichten konnte. 190 Dies 185 Dies bestätigt die These von Walkenhorst, wonach das Vordringen der religiösen Kompo-

nente des Nationalismus weniger auf der Säkularisierung als auf fundamentalen Modernisierungskrisen beruht; ders., Nationalismus, S. 504ff. Zur Kritik an der Säkularisierungsthese, vgl. auch Hölscher, Säkularisierungsprozesse, S. 255f.; Blaschke/Kuhlemann, Religion, S.8f.; Kuhlemann, Pastorennationalismus, S. 552. 186 Walkenhorst, Nationalismus, S. 524; Graf, Nationalismusforschung, S. 309ff. 187 AEvG, A32, einer Mitteilung Pfarrer Hauns an die Ausschussmitglieder v. 6.2.1923; vgl. auch Protokoll Presbyteriumssitzung v. 12.10.1922. 188 AEvG, A32, Schreiben Haun an Menser v. 12.2.1923. 189 AEvG, A 32, Protokoll Presbyteriumssitzung v. 12.10.1922, Sitzung des Denkmalausschusses v. 7.6.1922, v. 28.6.1922. 190 AEvG, A32, Sitzung der größeren Gemeindeversammlung v. 23.2.1923: Der dritte Ausschuss hatte sich auf acht Personen verkleinert. Seine Mitglieder waren: Frau von Franqué

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wirkte sich auch auf die demokratische Legitimation des Ausschusses aus. Bereits in einer der ersten Sitzungen wurde bestimmt, dass von der Zuwahl weiterer Mitglieder abzusehen sei.191 Entgegen des Vorgehens in den vorherigen Ausschüssen blieb die personelle Zusammensetzung des Komitees somit konstant. Die wichtigsten Vertreter des neuen Trägerkreises waren der deutschnationale Vorsitzende Pfarrer Kremers sowie Frau von Franqué, die Gattin des protestantischen Professors Otto von Franqué. Bereits bei einer der ersten gemeinsamen Sitzungen im April 1923 verkündeten sie ihren Standortbeschluss: Ein südliches Seitenschiff der Kreuzkirche sollte zur Kriegergedächtniskapelle umgebaut werden. Dagegen schlug Regierungsbaumeister Rolffs weiterhin die Errichtung „einfacher, grün geschmückter Tafeln“ 192 vor. Dies wurde vom Komitee allerdings praktisch ignoriert.193 Über die kontroversen Diskussionen hinweg traten Kirchenmeister Schroeder sowie Pfarrer Kremers zügig mit dem Berliner Bildhauer Hans Joachim Wagner in Verbindung, der ein Wandgemälde in nationalreligiöser Formensprache für die Kreuzkirchenkapelle schuf. Zunächst wurde das geplante Kriegsmonument von der Größeren Gemeindevertretung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Man forderte zumindest eine „starke Überarbeitung“194 des Entwurfs. Dabei bemängelte man nicht nur die „Kleinheit der Tafeln“ und die Tatsache, dass das Denkmal selbst „zu gewaltig und umfangreich“ sei. Ein Teil der Gemeindemitglieder betrachtete gar „das Ganze [als] für einen Gottesdienst störend“;195 und nicht wenige Anwesende sprachen sich wiederum für die Ausführung schlichter Gedenktafeln aus. Erst als Wagner seinen überarbeiteten Entwurf im Juli 1925 dem Ausschluss vorstellte, kam teilweise Zustimmung auf. Schließlich hatte der Bildhauer zum einen zugesagt, die Farbgebung des Wandgemäldes in Grau-, Weiß- und Schwarztönen zu halten und somit die Kapelle als Trauerraum auszugestalten. Zum anderen hatte er bestätigt, als Inschrift über dem Gemälde das Schriftwort (Gattin Professor Otto von Franqués), Pfarrer Kremers, Frau van der Elst, Prof. Stursberg, Balthazar (überwiegend nationalprotestantisch), Schneider, Pfarrer Lorenz, Kirchmeister Rolffs; Schneider schied allerdings zügig aus und wurde durch Kirchmeister Schroeder ersetzt. 191 AEvG, A32, Sitzung des Denkmalausschusses v. 26.4.1923. 192 Ebd. 193 Vgl. auch AEvG, A 32, Sitzung Denkmalausschuss v. 3.5.1923; Rolffs schlug hier nochmals anlässlich einer Ortsbesichtigung in der Seitenkapelle der Kirche die Anbringung sämtlicher Namen in Farbe an der Wand vor. Dies sei die „einfachste und billigste Lösung“. Dagegen vertrat Prof. Stursberg die Ansicht, die Gefallenennamen seien auf den Seitenwänden der Kapelle anzubringen, während in der Mitte ein Ehrenmal errichtet werden sollte. 194 So lautete die Forderung Rolffs‟ in AEvG, A 32, Sitzung der Größeren Gemeindevertretung v. 2.4.1925. 195 AEvG, A 32, Sitzung der Größeren Gemeindevertretung v. 2.4.1925.

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„Eine feste Burg ist unser Gott“196 zu wählen, welches zunächst ausschließlich eine religiöse Konnotation des Gefallenengedenkens erlaubte. Im Juli 1925 konnte der scheinbare ästhetische Kompromiss auch die Größere Gemeindevertretung überzeugen. Der Bildhauer erhielt eine deutliche Stimmenmehrheit für seinen Modellentwurf, wobei man ihm „Vollmacht und Vertrauen“ 197 schenkte.198 Zumindest ein Teil der Gemeindemitglieder wurde somit von der endgültigen Ausführung des Denkmals überrascht.199 Nur die politische Vorprägung der Gemeindevertreter erklärt die breite Unterstützung dieses subjektiv geprägten, monumentalen Bildgedächtnisses. Bereits seit der Reichsgründung hatten die Gemeindemitglieder die nationalen Bestrebungen des Reiches aufs Engste geteilt.200 Die enge Verzahnung von Thron und protestantischem Altar manifestierte sich insbesondere in der Abhaltung zahlreicher politischer Kirchenfeste. Ob es die Feiern zum Kaisergeburtstag, zum Sedansfest oder zur hundertjährigen Wiederkehr der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahre 1913 waren - immer spiegelte sich in der Kreuzkirche ein ausgeprägtes Nationalbewusstsein wider.201 Dass schon mehrere Prinzen des Hohenzollerschen Königshauses in ihrer Studienzeit der Kirche angehört hatten, steigerte das nationale Empfinden. Der politischen Mentalität entsprach auch die Kirchenstruktur. Die evangelische Kirche war eine Bürger- und Pastorenkirchen, die Pfarrer gehörten in der Regel zu den akademisch gebildeten Theologen. Sie bildeten damit, ganz anders als der katholische Klerus, einen Teil der akademischen Welt, gehörten zu den Studierten und waren staatsbezogen.202 Allerdings war dieser Sonderstatus bereits im Kaiserreich aufgrund der starken sozialen Fragmentierung gefährdet. Der „Evangelische Bund zur Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen“ propagierte in dieser Situation den 196 AEvG, A 32, Sitzung Denkmalausschuss v. 25.7.1925. 197 Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.26, S. 147. 198 AEvG, A10, Sitzung der Größeren Gemeindevertretung v. 29.7.1925. 40 der insgesamt 48

abgegebenen Stimmen sprachen sich für die Ausführung des Wagnerschen Entwurfs aus. 199 Denn hier wurden die Gefallenen nicht länger christlich memoriert. Im Gegenteil: Religiös-objektive Formen der Trauer wurden vollständig sublimiert und durch eine Wiedergeburt des triumphalen Helden ersetzt. So wählte Wagner letztendlich keine moderate, allgemeingültige Inschrift für das Wandgemälde, sondern den Spruch: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben!“ Auch die Farbgebung war am Ende ganz anders als ursprünglich abgesprochen. Die Finanzierung des Denkmals, das insgesamt rund 15000 RM kostete, wurde zur Hälfte durch freiwillige Sammlungen und Kollekte aufgebracht, worunter sich insbesondere größere Privatspenden befanden. Eine weitere Hälfte wurde aus den Haushaltsrücklagen der Gemeinde finanziert; AEvG, A10, 2/109. 200 Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 486-495; Walkenhorst, Nationalismus, S. 518ff. 201 Heyer, Kreuzkirche, S. 80. 202 Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 479.

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Nationalprotestantismus und verband ihn mit einem vehementen Antikatholizismus.203 Gerade im Rheinland, wo sich die Protestanten in einer deutlichen Minderheitenposition befanden, war die Agitation des Bundes besonders stark. Der Erste Weltkrieg bildete ein Spiegelbild dieser sozialen Radikalisierung sowie einen Auslöser neuer Spannungen. Denn mit der Kriegsniederlage und der Novemberrevolution, mit dem Versailler Diktat und der Währungsinflation wurden die Siegträume der Protestanten zunichte gemacht, deren politischer Status war nun nachhaltig bedroht.204 Die sozialpsychologische Krise, die hieraus resultierte, kam auch in einer Erklärung des Rheinischen Hauptvereins des Evangelischen Bundes in Bonn zum Ausdruck, dessen erster Vorsitzender Pfarrer Kremers, somit der Leiter des dritten Denkmalausschusses, war: „Die Evangelischen im Rheinland [...] erheben laut ihre Stimme für den ungeschmälerten Fortbestand Preußens. Weil wir Deutsche bleiben wollen, wollen wir Preußen bleiben und dem unglücklichen schwerverleumdeten Staate [...] auch in bösen Tagen die Treue halten.“ 205

Insgesamt waren die Mitglieder der Kreuzkirchengemeinde nach 1918 noch überwiegend tief in der preußischen Vergangenheit verwurzelt. Sie lehnten die politische Gegenwart zum großen Teil ab und fanden sich zu einer Verklärung des Vergangenen bereit. Das permanente Gefühl eines Mangels führte sie zu subjektiven Formen der Trauer, welche die Gefallenen insbesondere für die eigenen Revanchebedürfnisse instrumentalisierte und zugleich das Erinnern an die Toten sublimierte.206 Nur so war man in der Lage, der soziopsychologischen Krise Herr zu werden, welche die Kreuzkirche nach der Kriegsniederlage und dem Fall der Monarchie gefangen hielt.

203 Die Bonner Gruppe des Evangelischen Bundes war führend im Rheinischen Hauptverein;

sie konnte entgegen des reichsweiten Trends ihrer Mitgliederzahl in der Weimarer Republik deutlich erhöhen; dies nicht zuletzt dank des Engagements der örtlichen Hochschullehrer; Kittel, Konflikt, S. 268; Walkenhorst, Nationalismus, S. 519; Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 478; Hübinger, Sakralisierung, S. 239ff. Dabei schütteten insbesondere Pfarrer Kremers als Vorsitzender des Evangelischen Bundes in Bonn sowie Pfarrer Haun permanent Öl ins Feuer des Antikatholizismus; AEvG, E I, Schreiben Hinsenkamp v. 19.7.1932; Schreiben Haun v. 29.7.1932; BZ v. 13.4.1922 (Erklärung des Presbyteriums der protestantischen Kreuzkirchengemeinde). 204 Nowak, Evangelische Kirche, S. 17ff.; Gaede, Protestantismus, S. 374-ff.; Besier, Kirche, S. 1-6. 205 Kremers, Evangelische Bund, S. 53. Das Bundeshaus des Rheinischen Bundes befand sich seit 1927 in Bonn. 206 Vgl. Kremers, Deutsche Saat, S. 13f., Walkenhorst, Nationalismus, S. 521ff.

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3.2. Sakralisierung des aktiven Opfers und Sublimierung des Leids. Die Gestaltung des Kriegsmonuments „Der Kampf wird immer wilder und die Kampfesart unter den Malern immer schlimmer, niederträchtiger und brutaler“, meinte der Bildhauer Hans Joachim Wagner im Jahr 1925.207 „Man muss sich daher von allen anderen Verbänden unabhängig machen. Nur so ist es möglich, sich als Künstler zu behaupten. Es ist eine tolle wüste Zeit.“208 Dieser Kommentar erklärt die innerliche Distanz so manchen Denkmalkünstlers zur Weimarer Republik. Massive Verlust- und Existenzängste führten unter den zeitgenössischen Bildhauern zu einem immer radikaleren künstlerischen Empfinden. Gerade die teiloffiziöse Denkmalkunst vollzog dabei nicht selten die Gratwanderung zwischen der eigenen Gefühlslage und den Wünschen der Auftraggeber. Auch Wagner schuf ein Kriegsmonument, das sowohl psychische Spannungen ableiten als auch die politischen Bedürfnisse der Kreuzkirchengemeinde erfüllen konnte: „Er schuf uns das, was wir wünschten zu besitzen, um es der Nachwelt zu überliefern. Die Erinnerung an ungebrochenes Heldentum in zahlreichen Schlachten, an eine Front von Tausenden von Kilometern und in Millionen von Kämpfen, das schwere Ringen gegen Verleumdung, Hass, Rachsucht und niedrige Gesinnung und den unerschütterlichen Glauben an Gerechtigkeit, Leben und Verklärung,“209

urteilte Kirchmeister Schroeder im Jahre 1926. Der Künstler selbst äußerte dazu, seine grundlegenden Ideen für das Denkmal seien „der Opfertod, der Kampf und das Kämpfertum“210 gewesen. Aus diesem nationalistischen Bildprogramm schöpfte die Gedächtniskapelle ihre innere Dynamik. Die in Sgraffitotechnik hergestellten Wandmalereien zeigten zunächst in der unteren, rund 2,20 Meter hohen Sockelzone fünf realistisch dargestellte Soldaten, die ganz vital ihre Stiefel in die Erde stemmten und die Betrachter fest und ungerührt anblickten, als wollten sie stolz zeigen, was sie in Händen trugen: sandfarbige Ehrentafeln der Kriegstoten auf kontrastierendem korallenrotem Grund (Abb. 76).211 Zwischen die einzelnen Tafeln waren dann jeweils Eiserne Kreuze 207 Hans Joachim Wagner entstammte einer angesehenen protestantischen Familie und war als

Bildhauer relativ bekannt. Er war auch Maler und lebte eine Zeitlang als Präsident des deutschen Künstlervereins in Rom; vgl. AEvG, A10. 208 AEvG, A10, Schreiben v. 15.5.1925. 209 Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.1926, S. 149. 210 AEvG, A10, Beschreibung Wagners v. 29.4.1925. 211 Bei der Sgraffito-Technik handelt es sich um eine Wandmalerei, bei der die Wandfläche mit mehreren Putzschichten überzogen wird und man danach die Darstellung bis auf die unterste Putzschicht herausgekratzt. Das Kriegerdenkmal bestand nicht nur aus dem zentralen

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aufgemalt. Eine Inschrift “Für ihr deutsches Vaterland fielen im Weltkrieg 1914-1918” schloss die Zone ab, die durch ein Kranzgesims von den darüber liegenden Wandmalereien getrennt war. Dort befanden sich links und rechts eines neogotischen Fensters, in dem „ein glühendes Rot vorherrschte“,212 insgesamt vier Szenen, die in ihrer Bewegtheit und Heterogenität an die Barockkunst erinnerten. Das war kein Zufall. Auch hier schien der Künstler von seinen eigenen Gefühlen überwältigt worden zu sein. Die eigentliche Bildspannung wurde durch den Gegensatz von Bewegtheit und Ruhe erzeugt. Zunächst schlossen sich oberhalb des Kranzgesimses zwei statische Gruppen von Soldaten an, die in ihrer Darstellungsweise denen der Sockelzone ähnelten. In der linken Szene fing ein Soldat den fallenden Kameraden auf, während in der rechten Szene ein Kamerad einen zu Tode Getroffenen stützte. Beide Soldatenfiguren blickten den Betrachter heldenhaft und zugleich gefühlskalt an. Attribute des Kampffeldes wie Ruinen und Baumstümpfe waren ihnen beigegeben. 213 Wolkengebilde leiteten zu zwei weiteren Figuren in der oberen Fensterzone über. „Mit exzentrischer Unordnung” könnte man diesen Bereich nennen: Zwei mythische Gestalten in mittelalterlicher Rüstung töteten - mit Lanze oder Schwert bewaffnet – eine Schlange beziehungsweise einen Drachen. Den Kampf betrachteten jeweils zwei nackte Gestalten in kniender Haltung. Die letzte Bildzone wurde durch einen Bogen vom Rest der Darstellung nach oben hin abgegrenzt. Hier wurde die von Chaos geladene Szenerie aufgelöst: Zwei Gruppen jugendlicher Kriegergestalten schauten nun verklärt auf das Schriftwort: “Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben!“214 Eine Dornenkrone schloss das Wandgemälde, dessen Farbgebung durch das Rot der Sockelzone, das Rot-Weiß des gotischen Fensters sowie die Grau- und Schwarztöne der übrigen Malerei bestimmt wurde, nach oben hin ab.215 Jede Bildzone ermöglichte auf ihre Weise die Funktionalisierung der Trauer. Dies wird bereits in der Sockelzone des Wandgemäldes deutlich. Hier erinnerten die Gedenktafeln zunächst an den Tod hunderter Kriegsgefallener. Die Namensund Sterbelisten verwiesen auf die Abwesenheit der Toten und somit auf den Wandgemälde sowie dem gotischen Fenster. Zusätzlich war auf den seitlichen Wandflächen die Bemalung auch mit den Namenstafeln der Gefallenen von 1870/71 (je zwei Tafeln) fortgeführt worden. “Das Glasfenster gehört unbedingt zum Ganzen. Der Entwurf lebt nur als Ganzes”. Im Fenster herrschten ein glühendes Rot und Weiß vor; AEvG, A10, Beschreibung Wagners v. 29.4.1925; BZ Nr. 95 v. 1.3.1926. 212 AEvG, A10, Beschreibung Wagners v. 29.4.1925. 213 AEvG, A10. 214 Das Bibelwort entstammt der Offenbarung des Johannes, 2, 10. Es wurde insbesondere mit dem Märtyrertod der frühen Christen in Verbindung gebracht und galt als beliebter Konfirmationsspruch. 215 BZ Nr. 95 v. 1.3.1926,

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tatsächlichen Kriegstod.216 Jedoch war diese Deutung keineswegs von Dauer. Denn die physische Abbildung taufrischer Soldaten relativierte die Aussage der Tafeln ganz erheblich. Indem die Figuren die Gedenktafeln fest in Händen trugen und zugleich mit ungerührtem Blick den Betrachter anschauten, wurde die eigentliche Bedeutung der Namensnennung relativiert. Die Sinnstiftung verschob sich von einer objektiven hin zur subjektiven Trauer, vom Tod zum Leben. Durch die lebendigen Soldatenkörper wurden der Verfallsprozess und das Verschwinden der Totenkörper negiert. An die Stelle des realitätsnahen Kriegstodes trat der Heldentod fürs Vaterland im Sinne einer permanenten Wiedergeburt der Gefallenen. Durch den Textcode „Für ihr Vaterland fielen…“ sowie die Symbolik der Eisernen Kreuze wurde die nationale Selbstverpflichtung weiter verstärkt. „Es sei kein Trauer- und Tränenmal bloß, sondern ein wuchtiges Monument des Ungeheuren, das über uns hereinbrach“, 217 kommentierte Pfarrer Kremers das Mal am Einweihungstag. Tatsächlich wurde das Leiden der Gefallenen und Hinterbliebenen in der Kriegergedächtniskapelle an den Rand gedrängt, das aktive nationale Opfer hingegen sakralisiert. Es bildete das identitätsstiftende Fundament einer erneuerten Kampfgemeinschaft. Dies kam auch in den zentralen Motiven auf der zweiten Bildebene zum Ausdruck. Hier wurden die Kriegstoten durch den Mythos der Frontkameradschaft selektiv glorifiziert. Von den ruhenden Darstellungen ging zunächst eine gewisse emotionale Stabilisierung aus. Zwar blickten die stehenden Soldatenfiguren wiederum affektlos und erhaben auf die Betrachter herab. Allerdings wurde hier nicht der menschenverachtende Kriegstod, sondern der individuelle, warme Tod in den Armen des Kameraden tradiert. Auffällig ist, dass die darüber liegende Bildzone zu dieser ruhenden Darstellung in eine dynamische Spannung trat, sie somit quasi an den Rand drängte. Nicht die Kameradschaft - die immer auch in den Kontext der Solidarität mit den Toten eingebunden werden konnte - sollte die endgültige Aussage der Fensterzone bestimmen. Vielmehr wurde ein zukünftiger Sieg betont und somit an die Veränderung anreizende Kraft des Totenerinnerns appelliert. Dominant im Bildaufbau der zweiten Ebene waren deshalb die Kämpferembleme als Ausdruck militanter Sinnstiftung. Vordergründig scheinen hierzu zumindest teilweise auch religiöse Motive ausgewählt worden zu sein. Während links des Fensters der Erzengel Michael dargestellt war, der mit der Schlange kämpfte und dieser „das Lanzenschwert in den giftglühenden Rachen“218 stieß, hatte man rechts Siegfried abgebildet, der nach der mittelalterlichen Sage der Nibelungen durch Hagens Speerwurf starb und sich nun an seinen Widersachern im Drachenkampf rächte. Durch die nahezu 216 Horn, Tod/Tote, S. 581. 217 Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.1926, S. 149. 218 Ebd. v. 7.3.26, S. 147; vgl. auch die Beschreibung Wagners in AEvG, A10, v. 29.4.1925.

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symmetrische Komposition auf gleicher Ebene wurde die säkulare allerdings mit einer religiösen Sinnstiftung verschmolzen. Dies trug zu einer Sakralisierung des Nationalen bei.219 Die Darstellungen des Heiligen Michael - und analog die des Siegfried – konnten so zu Sinnbildern für eine kriegerische Kompensation des erlittenen Verlusts stilisiert werden. Hier entlud sich der schmerzliche Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart im Wunsch einer rückwärtigen Wiederholung des Krieges. An die Stelle bedrückender Sinnlosigkeit trat eine Kämpfergemeinschaft, die auf eine lange Ahnenreihe zurückblicken konnte. Durch die Verknüpfung des nationalen mit dem göttlichen Kampf des Erzengels Michael wurde sie zusätzlich legitimiert.220 Für eine weitere Sinnorientierung sorgte dann die teleologische Vorstellung eines “Neuen Reiches”, wie sie oberhalb des Bogenfeldes in der letzten Bildebene dargestellt war. Sie konnte sowohl der christlichen Trauer – im Sinne des Ewigen Lebens – als auch der mentalen Vorbereitung eines erneuten Kampfes dienen. Die Beschreibung im „Evangelischen Sonntagsblatt“ am Tag der Einweihung des Denkmals lockte mit der “Krone des Lebens, von der ein Strahlenkranz“ ausginge. „Die Kriegergruppen sind erhoben in das ewige Licht der himmlischen Glorie.”221 Diese Vorwegnahme des Sieges und seine Vermischung mit dem Göttlichen deuteten nochmals auf eine Form des Trauerns hin, die den Heldentod glorifizierte und den tatsächlichen Kriegstod vollständig sublimierte. Der Tod für die Nation wurde hier als bloßer Durchgang in das himmlische Reich der Herrlichkeit sichtbar gemacht.222 Das Denkmal wurde zwar in der Gedächtniskapelle des linken Seitenschiffs der Kreuzkirche errichtet. Tatsächlich ging von ihm allerdings kaum die Möglichkeit objektiven Trauerns aus. Zunächst waren die aufgemalten Gedenktafeln so platziert, dass die Trauernden die Namen ihrer gefallenen Angehörigen auf Augenhöhe wahrnehmen konnten. In den anschließenden Bildzonen wurden die Gefallenen allerdings nach und nach zu lebendigen Kernfiguren einer zukünftigen Kampfgemeinschaft stilisiert. Auch ging von dem Trauerraum kein Gefühl der – inneren – Leere aus, das auf das Gewesensein der Gefallenen hinweisen konnte, was eine objektive Betrauerung wesentlich erleichtert hätte. Im Gegenteil: Die Gefallenen waren hier als Kämpfer präsenter den je. Zur Formung des 219 Der Nibelungenmythos gehörte zu den populärsten Mythen der Weimarer Republik. Er

wurde bevorzugt mit einem zweiten Mythos, dem Dolchstoß, verbunden. Der Dolchstoßmythos erklärte die Kriegsniederlage dadurch, dass die Streitkräfte, „im Felde unbesiegt“, durch die Heimat erdolcht worden seien; Dörner, symbolische Politik, S. 308ff. 220 Die mythische Darstellung des Feindes als Drache oder Dämon ermöglichte in seiner Reduzierung der komplexen Realität eine vereinfachte Deutung der Gegenwart; Schirmer, Mythos, S. 171. 221 Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.1926, S. 130. 222 Vgl. Graf, Nationalismusforschung, S. 310.

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Totengedächtnisses bediente man sich zunächst originär religiöser Bilder. So wurde beispielsweise der Erzengel Michael – den Drachen tötend – dargestellt. Allerdings rückte der Künstler die Motive zugleich in einen nationalen Zusammenhang. Auf diese Weise konnten tief im Gedächtnis der Gemeinde verankerte religiöse Symbole in eine neue Sprache übersetzt, die christlichen Motive mit nationalistischem Sinn aufgeladen und somit zur Beschwörung einer politischen Verpflichtung benutzt werden. Gleichzeitig griff man auch auf politische Mythen zurück, die fest im kulturellen Gedächtnis breiter Bevölkerungsschichten verankert waren und wahrscheinlich auch in konservativen Gruppen der Kreuzkirche kursierten. Jene wurden in das Gemälde der Gedächtniskapelle integriert. Dabei war die – lebendige - Bilderwelt der mittelalterlichen deutschen Sagen ausgezeichnet geeignet, an eine erneute Hingabe zugunsten des Nationalen zu appellieren. Dies zeigt, dass das nationalistische Gedenken der Kriegstoten nicht neu erfunden werden musste. Es beruhte vielmehr auf dem Prinzip einer gegenseitigen Bestärkung verankerter religiöser und politischer Symbole. Insgesamt schuf die Gedächtniskapelle eine Realität des Zukünftig-Jenseitigen, die in der Lage war, das Bewusstsein des Betrachters zu verändern, wobei das individuelle Leid der Gefallenen und deren objektive Betrauerung ganz überwiegend verdrängt wurden.

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3.3. Die Nation als Höchstinstanz: Einweihungsfeier des Denkmals Die Einweihung des Denkmals fand am 28.2.1926, dem Volkstrauertag, statt.223 „Die überfüllte Kirche war festlich geschmückt“,224 kommentierte die „Rheinische Zeitung“ vom 1. März. Nachdem die studentischen Korporationen und die Kriegervereine mit ihren Fahnen im Seitenschiff vor dem Wandgemälde Platz genommen hatten und die Pfarrer, die Mitglieder der protestantisch-theologischen Fakultät sowie die Vertreter der Behörden in die Kirche eingezogen waren, begann ein von Pfarrer Kremers geleiteter Gottesdienst.225 Bereits die Strukturierung der Gemeinde zeigt, wie stark man auf die Betonung des Säkular-Militärischen konzentriert war. Zwar war die eine Hälfte des vorderen Hauptschiffes für die Angehörigen der Gefallenen reserviert; dies reichte allerdings angesichts der hohen Opferzahlen bei weitem nicht aus, um alle Hinterbliebenen aufzunehmen. 226 Dem gegenüber nahmen die Ehrengäste in der Presbyterbank Platz. 227 Die Gemeindekinder ab dem Konfirmationsalter wurden im östlichen Chor der Kirche nach Körpergrößen gruppiert. Gleichzeitig trug ein Kinderchor durch Gesangseinlagen zur Gestaltung der Feier bei. 228 Bereits diese Positionierung einzelner Akteursgruppen macht deutlich, wie stark der dritte Denkmalausschuss, der die Veranstaltung vorbereitet hatte, darauf bedacht war, die Nation als große Familie mit „entsprechenden Pietäts- und Loyalitätsbanden“229 zu memorieren. Dies macht auch die gleichmäßige inhaltliche Beteiligung sämtlicher Gemeindemitglieder an der Feier deutlich. Sie konnte dadurch gewährleistet werden, dass sich Redneranteile und chorische Anteile nahezu die Waage hielten. Zunächst sangen die Gemeindemitglieder das 223 Zunächst war der Tag der allgemeinen Befreiungsfeier Bonns zur Einweihung in Aussicht

genommen worden. Auch Reichspräsident von Hindenburg sollte ursprünglich teilnehmen. AEvG, A10, Schreiben Kremers an Hindenburg v. 9.1.1926; Schreiben Büro des Reichspräsidenten an Kremers v. 12.1.1926. 224 Tatsächlich hatte man den Altar festlich geschmückt und hinter ihm ein großes Eisernes Kreuz aus Blumen errichtet. Die Gedächtniskapelle selbst war mit Lorbeerbäumen geschmückt, Girlanden zierten das Eingangsportal zur Kirche, AEvG, A 10. 225 Rheinische Zeitung v. 1.3.1926. 226 Ungefähr 100 Personen fanden hier Platz, während die Gemeinde über 650 Kriegstote zu beklagen hatte. Bereits frühzeitig hatte man darauf verwiesen, daß „Karten für Angehörige bei der großen Anzahl nicht ausgegeben“ werden könnten; AEvG, A 10, Mitteilung an die Gemeinde zur Weihefeier des Denkmals. 227 AEvG, A 10, Schreiben Kremers an Pfarrer Lorenz v. 26.2.1926; hierzu zählten insbesondere der altkatholische Bischof Moog, die Rektoren der Universität und der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn, Oberbürgermeister Falk und Kirchmeister Schroeder. 228 AEvG, A 10, Notizen für die Einweihungsfeier v. 28.11.1924. 229 Assmann, Vergangenheit, S. 109.

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frühneuzeitliche „Was Gott tut, das ist wohl getan“. Dessen zweite Strophe lautete: „Was Gott tut, das ist wohl getan/ muss ich den Kelch gleich schmecken/ der bitter ist nach meinem Wahn/ lass ich mich doch nicht schrecken/ weil doch zuletzt/ ich werd ergötzt/ mit süßem Trost im Herzen/ da weichen alle Schmerzen.“230

Der „süße Trost“, den diese Zeilen verhießen, wurde den Zuhörern dann schnell durch das Schriftwort „Totenklage!“ zuteil: „Wir gedenken der Toten – der Toten. [...]. Und wir trauern um sie. Ist der Schmerz in manchen Herzen geringer geworden, so ist er doch nicht erloschen. […] Wir einen uns in tiefer Mittrauer um Alle, die für uns den Sohn hingaben oder den Vater, den Geliebten, den Bruder, den Verwandten, den Freund. Sie alle waren ja auch unser, […] Glieder unserer Gemeinde, die mit uns denselben festen Glauben empfangen haben. Wir trauern um sie, aber wir trauern um sie mit stolzer Trauer. Wir nennen diesen Tag Volkstrauertag. Diese Benennung könnte leicht einen weichen, ja einen weichlichen Ton in unsere Feier hereinklingen lassen, der nicht im Sinne derer sein würde, derer wir heute gedenken. Mir sagte in einem früheren Jahre, als wir uns anschickten, einen Gedenktag für die Gefallenen zu veranstalten, eine deutsche Frau, man werde hoffentlich bei einer Gedenkfeier nicht von den „Opfern“ des Weltkrieges sprechen. Es wird dieses Wort viel gebraucht, und man verbindet damit leicht den Gedanken, unsere Gefallenen seien ein Opfer des Krieges geworden. [...] So aber ist es mit unseren Gefallenen nicht. […] Sie sind nicht dem Tode zum Opfer gefallen wie man einer Seuche zum Opfer fällt; sie sind als Helden in den Tod hineingesprungen. [...] „Opfer des Weltkrieges?“ Nein, Männer, Helden, die wussten, was sie taten. [...] Durch ihrer aller Herzen klang das Lied des Freiheitsdichters [E.M. Arndt, A. d. V.]: [...] Es ist ein Kreuzzug, es ist ein heiliger Krieg. Und ihr Schwertdienst war Gottesdienst, wie der Tod Jesu Gottesdienst war.“231

Dem Kriegstod wurde hier überwiegend eine nationalistische Bedeutung beigegeben. Zwar sublimierte Pfarrer Kremers das Leid der Familienangehörigen nicht weiter. Stattdessen schien es, als sei er bereit, das kollektive Gefallenengedenken auch an den Erfahrungen trauernder Hinterbliebener auszurichten. Allerdings ordnete er das Trauern ausschließlich dem privaten Bereich zu und reduzierte es überwiegend auf den familiären Umkreis. Nicht der öffentliche, moralische Protest gegen den Kriegstod stand somit im Zentrum der Erinnerungskultur des Kriegstodes in der Kreuzkirche, sondern eine vorübergehende Tröstung. Der Sinn dieser Redepassage bestand darin, das Opfer des Sohnes oder Mannes affektiv zu kompensieren, indem es religiös und politisch legitimiert und somit auch sozial anerkannt wurde. Dabei machte insbesondere die symbolische Gleichstellung des Kriegstodes mit dem Kreuzestod Jesu - also mit der Kernaussage christlicher Botschaft – deutlich, wie weit man zu gehen bereit war. 230 AEvG, A10, Notizzettel zur „Einweihung des Ehrenmals“. 231 Schriftwort „Totenklage“, Pfarrer Strauß, s. Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.26, S. 146.

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Indem Kremers den Schwertdienst zum Gottesdienst erklärte, konnte das Nationale sakralisiert, der Liebesakt Jesu dagegen völlig entwertet werden. Dem Religiösen verblieb somit letzten Endes nur noch eine kleine, authentische Nische. Dagegen wurde das Nationale zum höchsten Wert des menschlichen Lebens erkoren. Nach diesem ersten Schriftwort folgte wiederum ein chorischer Gesang. Das zweite Schriftwort „Liebe und Treue bis in den Tod!“, das ebenfalls Pfarrer Kremers verlas, schloss sich folgendermaßen an: „Es ist wahr: Als sie in den Tod stürmten [...] da stand vor ihrer Seele ein Deutschland herrlicher als zuvor [...]. Und es kam all das Furchtbare [...]. Das deutsche Volk hatte Unermessliches geleistet, Unermessliches getragen; wir wollen hier besonders auch dessen gedenken, was die deutsche Frau geleistet und gelitten hat. […] Es krochen aus der Tiefe hervor die [...] Geister der Schwachheit, [...] des Verrats, und die Feinde riefen alle die höllischen Geister der Lüge zur Hilfe, warfen ihre giftige Drachensaat unter uns und vergifteten vollends die müde, schwer atmende deutsche Seele. Und so erlagen wir; im Felde unbesiegt erlagen wir. [...] So oft wir vor diesen Tafeln stehen, sollen wir die richtende Frage vernehmen: Wo ist Deutschland geblieben, für das wir gestorben sind? […] „Mich reut‟s, ich streue Asche auf mein Haupt – daß ich nicht fester noch an Sieg geglaubt“. Es ist anders gekommen als unsere Gefallenen es erhofften. Und dennoch: Umsonst gestorben? Nein, und nochmals nein.“232

Alle in einer breiten Öffentlichkeit kursierenden Mythen, von der Einheit Deutschlands vor dem Krieg, der Kriegsbegeisterung der angeblichen Helden, dem Dolchstoß bis zur Legende der im Felde unbesiegt gebliebenen deutschen Truppen wurden in diesem Schriftwort wieder aufgerufen. Die selektive Rekonstruktion trauernden Totenerinnerns diente somit ganz überwiegend einer nationalistischen Sinnstiftung. Zwar wurden auch die Leiden im Krieg, insbesondere die der Frauen erwähnt. In dem Maße, in dem man allerdings die Nation als etwas Außerordentliches, von der Routine des Alltagslebens Abgesondertes propagierte, gewann sie den Charakter der Heiligkeit. 233 Zugleich wurde die objektive Trauer um die Kriegstoten ganz überwiegend verdrängt: „[...] Schon erglühen viele tausende junger Herzen in diesem Geiste [...] und wenn Gottes Stunde gekommen ist, da wird es von diesen Ehrenmälern [...] mit gewaltiger Stimme in Millionen Herzen hineinrufen, und Millionen Herzen werden antworten: Flamme empor! Flamme empor! Und dann wird unter neuen wilden Stürmen und Wehen durch Gottes Schöpferkraft die neue Welt geboren werden, und dann wird man nicht mehr fragen, ob unsere Helden nicht umsonst ihr Blut vergossen haben. [...] Dazu sind diese Tafeln der Erinnerung mit den Namen unserer gefallenen Helden aufgestellt, dass wir uns vor ihnen immer wieder fragen, ob wir ihres Geistes einen Hauch verspüren.“234

232 2. Schriftwort Pfarrer Strauß, Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.1926, S. 146. 233 Walkenhorst, Nationalismus, S. 514. 234 2. Schriftwort Pfarrer Strauß, Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.1926, S. 146f.

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Wiederum beschwor Pfarrer Kremers in dieser letzten Passage seiner Predigt den Glauben an die notwendige generationsübergreifende Hingabe des Lebens sowie an das Band zwischen Lebenden und Toten. Damit appellierte er nachdrücklich an eine gewaltsame Wiedergeburt des Nationalen.235 Die Kriegergedächtniskapelle sollte die Toten somit weniger im religiösen Sinne verewigen und in eine irdische Unsterblichkeit überführen. Sie wies vielmehr in einer zeitlichen Fluchtlinie auf eine Zukunft hin, in der die zukünftige Generation die Existenz der nationalen Gemeinschaft durch ihre aktive Kampfbereitschaft sicherte. Die Verstorbenen wurden somit in die Ewigkeit der Nation transzendiert und zugleich zugunsten einer militanten Wiederauferstehung freigegeben. Den Wechsel von Schriftwort und Gemeindegesang, der als Frage- und Antwortspiel erschien, wurde nun zum dritten Mal wiederholt. Nach dem populären, Luther zugeschriebenen Lied „Und wenn die Welt voll Teufel wär“ folgte die Einweihung des Denkmals durch Pfarrer Kremers. Der anschließende Weihespruch eines Studenten lautete folgendermaßen: „Heiliger Schauer in heiliger Stunde!/ Siehe, da leuchtet in Sonne verklärt/ Edelster Jugend gewaltiges Opfer/ Blühendes Leben, gefallen dem Schwert/ Treu bis zum Tode! Es strahlet die Krone/ Über den Namen, gemeisselt in Erz/ Treu bis zum Tode! Das leuchte den Müttern/ Leuchte den Frauen ins totwunde Herz/ Treu bis zum Tode! Wir hören die Botschaft/ Wollen sie üben bei Tag und bei Nacht/ Brüder, schlaft ruhig! Am heiligen Strome/ Stehen wir Jungen und halten die Wacht!“236

Hierin wird nochmals deutlich, wie sehr die Einweihung an ein militantes Nationskonzept appellierte und dies insbesondere auf die jugendlichen Teilnehmer der Feier übertrug. Zudem existierten zahlreiche inhaltliche und formale Parallelen zur Einweihungsfeier des ersten Bonner Universitätsdenkmals Flamme empor, die gerade eine Woche zuvor stattgefunden hatte. Hier wurde ebenfalls die weit verbreitete nationalistische Formel von der Wacht am Rhein eingesetzt, um eine Funktionalisierung der Gefallenen zu erreichen. Die anschließende Kranzniederlegung am Denkmal wurde vom Kinderchor der Kreuzkirchengemeinde umrahmt.237 Dabei sang man das Lied “Wer ist ein Mann? Wer beten kann“ des Bonner Freiheitsdichters Ernst Moritz Arndt. Dessen letzte Strophe lautete: „Dies ist der Mann, der sterben kann/ Für Gott und Vaterland/ Er lässt nicht ab bis an das Grab/ Mit Herz und Mund und Hand.“238 Dies zeigt, wie sehr versucht wurde, auch die jüngsten Gemeinde235 Walkenhorst, Nationalismus, S. 515ff. 236 Evangelisches Sonntagsblatt v. 7.3.1926, S. 150. 237 Die Kränze legten nieder: Kirchmeister Schroeder für die Gemeinde, Oberbürgermeister

Falk für die Stadt Bonn und Prof. Dyroff für die Unversität; Rheinische Zeitung v. 1.3.1926. 238 AEvG, A10.

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glieder in die politische Verpflichtung eines „Sterbens für das Vaterland“ zu inkorporieren. Die Einweihungsfeier war somit letzten Endes auf eine nationale Verpflichtung, die generationsübergreifend wirksam werden sollte, hin angelegt. Nach Abschluss der Feier zog die gesamte Gemeinde am Ehrenmal vorbei. Hierbei wurden die Kinder und Jugendlichen zuerst, noch vor den Ehrengästen, gruppiert. Am Nachmittag des Tages fand zusätzlich ein Kindergottesdienst vor dem neu errichteten Kriegerdenkmal statt.239 Insgesamt ging von der Feier sicherlich die Formung, wenn nicht gar die Normung eines nationalistischen Totengedächtnisses aus. Die Gemeindemitglieder, insbesondere die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, befanden sich in einer aktiven Rolle, was nicht nur durch die chorischen Einlagen, sondern auch durch den abschließenden Zug der Gemeinde zum Denkmal gewährleistet war. Die Feier vermittelte dabei insgesamt das Konzept eines wehrhaften Nationalismus, der auf einer militanten Generationenfolge basierte. Ob dieses dauerhaft handlungssteuernde Energien freisetzen konnte, bleibt unklar. Die Etablierung eines Denkmalkultes fand jedenfalls nicht statt.240 Umgekehrt konnte allerdings auch eine Umdeutung des Kriegerdenkmals in den Folgejahren der Republik nicht nachgewiesen werden. Dies überrascht nicht. Schließlich schloss die Denkmalsymbolik alternative Praktiken, wie beispielsweise stille, religiöse Andachten in der Gedächtniskapelle nahezu aus. Zugleich wurde die Kirche ab Januar 1926 fast täglich zur Denkmalbesichtigung freigegeben.241 Im Jahre 1944 fiel das Kriegerdenkmal dann einem Bombenangriff auf die Bonner Kreuzkirche zum Opfer.

239 Zum seinem näheren Programm, vgl. AEvG, A 10, Bl. 99. 240 Dies vor allem deswegen, weil der Volkstrauertag sich nicht als allgemeiner kirchlicher

Feiertag der Protestanten etablieren konnte. Die Evangelische Gemeinde in Bonn entschied sich deshalb dafür, des Volkstrauertags im Gebet zu gedenken, aber von einer allgemeinen Feier in der Kirche abzusehen; AEvG, A264; Schellack, Nationalfeiertage, S. 242ff. 241 An der Kirche wurde ein Schild angebracht, das auf die Besuchszeiten des Ehrenmals hinwies. Sie wurden sowohl dem Verkehrsamt der Stadt Bonn mitgeteilt als auch im „Führer durch Bonn“ 1926 abgedruckt. Für die Besichtigung musste eine Gebühr von 20 Pfennigen bezahlt werden. Zusätzlich erschienen verschiedene Schriften zum Denkmal; AEvG, A 10, Protokoll Presbyteriumssitzung v. 3.5.1926; Heyer, Kreuzkirche, S. 84f.

II. Grenzverschiebungen und -markierungen des Opfers im katholischen Kriegerdenkmalbau

Auf katholischer Seite hatte zu Kriegsbeginn zunächst Siegeseuphorie vorgeherrscht. 1 Dies spiegeln insbesondere die Predigten zahlreicher Feldpropste wider. Sie zeigen, wie sich katholische und nationale Glaubensvorstellungen durchdrangen und so die erlittenen menschlichen Verluste an den Rand drängten. Eine ausgeprägte Loyalität gegenüber dem Nationalen führte zur Rechtfertigung des gewaltsamen Todes: „Im Dienste seiner Pflicht hat er für das heilige Recht des Vaterlandes die Todeswunde empfangen“, lautete der Auszug aus einer Predigt des Münchener Erzbischofs Michael von Faulhaber anlässlich einer Totenmesse 1916. Allerdings wich dieses diskursive Miteinander von katholischer Religion und Nation bereits 1917 zumindest teilweise dem Motiv unschuldigen Leidens und Sterbens.2 Je mehr sich der Krieg veralltäglichte und zu Entbehrung und Trauer an der Heimatfront führte, desto stärker traten die menschlichen Verluste in den Mittelpunkt der kirchlichen Predigten. Die Katholiken hatten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine distanzierte Haltung zum Nationsprojekt eingenommen, das allen Bürgern kollektive Macht und Wohlstand verhieß.3 Schließlich verkörperte die katholische Kirche einen universalistischen Anspruch, der sie an das Papsttum band und damit den nationalen Partikularismus überwand.4 Zwar hatte man sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg gegenüber der Nationsidee geöffnet; allerdings war der Pakt zwischen katholischer Kirche und Politik noch bei weitem nicht so tief verwurzelt wie im Protestantismus. Deshalb kam man nach Kriegsende auch erheblich besser mit der neuen Staatsform zurecht. Die katholische Kirche wurde im Allgemeinen zu keiner dauerhaft aktiven Kraft des Nationalismus.5 Man teilte die konfessionspolitischen Hegemoniegelüste der Protestanten kaum und konzentrierte sich stattdessen vorrangig auf die eigene religiöse und soziale Erneuerung.6 Bis 1933

1 Walkenhorst, Nationalismus, S. 525; Krumeich, Religionskrieg, S. 280; Haidl, Ausbruch, S. 265. 2 Krumeich, Religionskrieg, S. 280f.; Nipperdey, Geschichte, S. 457. Diesen Vorrang der Religion

gegenüber der Nation konnten sich zahlreiche Katholiken auch nach 1918 bewahren; Walkenhorst, Nationalismus, S. 525; Nipperdey, Geschichte, S. 444. 3 Estel, Nation/ Nationalismus, S. 216ff. 4 Nipperdey, Geschichte, S. 452; Estel, Nation/ Nationalismus, S. 218. 5 Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 449, 456f. 6 Nowak, Religion, S. 220ff.; Hürten, Katholizismus, S. 183-208; Baumgartner, Sozialkatholizismus, S. 87-118.

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stieg die Kirchentreue unter den Katholiken auf Reichsebene dementsprechend von etwa 60% auf rund zwei Drittel an.7 Die Kriegsmonumente der katholischen Hauptkirchen Münchens, Berlins und Bonns zeigen überwiegend Symbole objektiver Trauer, was durch das Motiv der Christusfigur unterstrichen wird.8 Erst sein Leiden, Sterben, aber auch seine - triumphale - Wiederauferstehung konnten den menschlichen Verlust für die gläubigen Hinterbliebenen erträglich machen und die Paradoxien des Kriegstods abmildern. 9 Das symbolische Totenerinnern der Katholiken verlief somit innerhalb eines christlichen Deutungshorizonts, der zu den nationalen Sinnkonstrukten in einem gewissen Konflikt stand. 10 Dabei wurden die Gefallenen überwiegend als unschuldige Kriegsopfer memoriert. Allerdings war auch der deutsche Katholizismus keineswegs einheitlich geprägt. 11 Gerade die bayerischen Katholiken nahmen eine konservativere Grundhaltung zu den jüngsten politischen Ereignissen ein als jene in Preußen.12 Noch anlässlich des Münchener Katholikentages von 1922 hatte Kardinal Faulhaber die Revolution als „Meineid und Hochverrat“13 bezeichnet. Dieser politische Sonderweg des bayerischen Katholizismus prägte auch den Kriegerdenkmalbau in der Weimarer Republik. Schließlich wurden in zwei der bedeutendsten katholischen Kriegsmonumente Münchens die Kriegstoten noch zugunsten des Vaterlandes freigegeben, die objektive Trauer somit zumindest ein Stückweit sublimiert. Dagegen markierte die Symbolik des Berliner Denkmals von vorneherein die Grenze des unschuldigen Opfers. Dies galt auch für das Kriegerdenkmal der Bonner Münstergemeinde, in dem die Gefallenen überwiegend religiös memoriert wurden.

7 Weichlein, Sozialmilieus, S. 41. 8 Geertz, Cultural System, S. 682. 9 Ebd., S. 657f., 668f. 10 Haupt/ Langewiesche, Religion, S. 13. Zu den Traditions- und Modernisierungselementen des

Katholizismus allgemein, vgl. Nipperdey, Religion, S. 592ff.; Loth, Katholizismus, S. 10ff. 11 Hürten, Katholiken, S. 59ff.,137f.; ders., Bayern, S. 375. 12 Dies wird insbes. daran deutlich, dass man bei den Reichspräsidentenwahlen 1925 für den

autoritär-konservativen Protestanten Hindenburg und gegen den demokratischen Katholiken Wilhelm Marx votierte; Besier, Kirche, S. 9. Adenauer hatte Faulhaber als „Exponent der reichsfeindlichen Strömung“ in Bayern bezeichnet; Hürten, Bayern, S. 377. Wie sehr der gesamte bayerische Episkopat und das Volk hinter Faulhaber stand, wird deutlich in dem Brief des Passauer Bischofs Ow-Felldorf an Faulhaber, 29.11.1922, Volk, Akten, Nr. 136, S. 295f. 13 Zit. nach Hürten, Katholiken, S. 60; vgl. Breuning, Vision, S. 20f.; Besier, Kirche, S. 8.

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1. Trauer als Trost und nationale Bestärkung. Die Münchener Kriegerdenkmale in Frauendom und Peterskirche Die bayerischen Katholiken nahmen innerhalb Deutschlands traditionell eine Sonderstellung ein. In der Weimarer Republik gehörten mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen an.14 Das konfessionelle Übergewicht ließ die bayerische Kirche ihre religiöse Eigenart stets mit allen Mitteln schützen. Gewährleistet wurde dies durch die enge Verbindung zwischen Königshaus und Kirche.15 Selbst noch nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war es nahezu selbstverständlich, dass man der Wittelsbacher Dynastie die Treue hielt. Dieses katholische Selbstverständnis erklärt, wie intensiv die traditionelle Koexistenz kirchlicher und vaterländischer Identität in Bayern nach dem Ersten Weltkrieg erlebt wurde. 16 Deren bedeutendster Exponent war Michael von Faulhaber.17 Der Münchener Kardinal und ehemalige Feldpropst nahm gegenüber dem Nationalen eine ambivalente Haltung ein. Einerseits war er überzeugter Monarchist, andererseits erwarb er sich in der Weimarer Republik einen unbestrittenen Ruf als Friedensprediger.18 Faulhaber – und mit ihm große Teile des katholischen Münchens – war zwischen einer nationalen Rechtfertigung des gewaltsamen Kriegssterbens und der objektiven Betrauerung der Toten hin- und her gerissen. „Was sollen im christlichen Volke die protzigen Steinklötze, die sinnlosen Darstellungen kämpfender, sinkender, liegender […] Männer, von denen der Beschauer nicht weiß, […] in welcher Gesinnung sie streiten und sterben, welcher Nation sie angehören?“19 Diese provokante Frage des Kunstkritikers Sebastian Staudhamer zeigt, dass die bayerischen Katholiken nur selten zu einer Repräsentation lebendiger Kampffiguren im Kriegsmonument bereit waren. Man wehrte sich vehement, „die Trauer [zu] verweigern“20 und kirchliche Ge14 Volk, Akten, S. LX. 15 Der bayerische König war laut Konkordat von 1817 berechtigt, einen Großteil der bayeri-

schen Domdekane und Kanoniker zu ernennen; Volk, Akten, S. LX. 16 Vgl. Walkenhorst, Nationalismus, S. 524f. 17 Michael Faulhaber (1869-1952), war seit 1917 Erzbischof von München und Freising und

wurde im März 1921 zum Kardinal ernannt; Volk, Akten, S. XXXIff. Hürten, Bayern, S. 375ff., beschreibt anschaulich die Reduktion des religiösen und politischen Lebens Kardinal Faulhabers sowie der kirchlichen Organe auf Bayern, die das Verhältnis zu reichsweiten Institutionen, wie der Fuldaer Bischofskonferenz, der Zentrumspartei oder republikanischen Organisationen erheblich belastete. 18 Vgl. Volk, Akten, S. LVIIIff. 19 Staudhamer, Kriegsgedenkzeichen, S. 107. 20 EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 5937, Schreiben Bischof Jakobus von Bamberg an Faulhalber v. 14.12.1921.

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denkfeiern für eine „Revanche-Aufforderung zu nutzen.“21 Die Tatsache, dass sich der bayerische Katholizismus gegenüber dem Nationalismus als relativ resistent erwies, darf allerdings nicht mit einer vollkommenen Immunität gleichgesetzt werden. Für die Münchener Katholiken bildete das Vaterland keineswegs eine zweitrangige Perspektive. Im Gegenteil: Typisch war ein permanentes Hinund Herwechseln zwischen dem christlichen und vaterländischen Sinnhorizont.22 Zwar wurden die Gefallenen in den Kriegsmonumenten durch Gebete und Andachten individuell und religiös memoriert. Gleichzeitig schwang in der Denkmalgestaltung jedoch stets auch der unterschwellige Wille zu einer nationalen Wiedergeburt mit. Hieraus resultierte eine zutiefst zweideutige Bildsprache, die letzten Endes auch eine Rechtfertigung des Kriegstodes implizierte.23 21 Ebd. 22 Geertz, cultural system, S. 678. 23 Vgl. auch Staudhamer, Kriegsgedenkzeichen, insbes. S. 106. Entstanden insbesondere in der

Mittelphase der Weimarer Republik, waren die katholischen Kriegerdenkmäler auf sämtliche Dekanate Münchens verteilt. Hier können nur einige ausgewählte Denkmäler der Dekanate zu Unserer lieben Frau, Innenstadt, München- Südost u. -Nordost, -Süd u. -Nord benannt werden (vgl. auch Erzbischöfliches Ordinariat, Schematismus, S. 30ff.) Im Frauendom wurde 1927 eine Gedenktafel errichtet (MZ Nr. 312 v. 13.11.1927). Zur Metropolitankirche gehörte die Michaelshofkirche, die 1921 an den Jesuitenorden zurückgegeben wurde (Kriegergedächtnistafel des Infanterieregiments „König“ 1922; BLfD München, Altaktenbestand, St. Michaelshofkirche) die Allerheiligen-Hofkirche (Gedenktafel 1922; BayHStA, Schlösserverwaltung, 705; BLfD München, Altaktenbestand, Residenz) und die Militärpfarre St. Barbara (hölzerner, polychromer Kriegergedächtnisaltar 1924; EAM, Kunsttopographie, Militärpfarrei St. Barbara). Die bedeutendste Innenstadtpfarrei St. Peter errichtete 1923 ihr Kriegerdenkmal (PA St. Peter, Akte Kriegerdenkmal u. Sitzungsprotokolle der Kirchenverwaltung 1919-1944; BLfD München, Altaktenbestand, St. Peter), der jesuitische Bürgersaal 1921 (Kriegsgedächtnisaltar; Münchener Katholische Kirchenzeitung Nr. 43 v. 23.10.1921, Staudhamer, Religiöse Kriegsgedenkzeichen, S. 133, 153f.); die ebenfalls zum Innenstadtbezirk gehörige Stefanskirche auf dem alten südlichen Friedhof errichtete eine Figur der Heiligen Barbara als Kriegerdenkmal des Reserve-Feldartillerieregiments Nr. 6 (an der Südseite der Kirche; vgl. Alckens, München, S. 38), in der St. Maximilianskirche wurden ab 1923 zahlreiche Wandgemälde angebracht (PA St. Maximilian, ausführliche Unterlagen Kriegergedächtnisaltar; Bauakte II, St. Maximilian in EAM; StA München, Kirchen und Kultusstiftungen, 554). In München-Nord wurde 1925 an der St. Josefskirche das Kriegsehrenmal der Pionier- und Verkehrstruppen errichtet (sowie eine Kriegergedächtniskapelle im Inneren; vgl. EAM, Kunsttopographie, St. Joseph), in der Ludwigskirche wurde eine Gedenktafel angebracht (Alckens, München, S. 41). In München-Südost wurde in der Franziskuskirche 1927 ein Kriegergedächtnisaltar eingeweiht (vgl. EAM, Bauakten II, St. Franziskus) u. 1929 das Kriegerdenkmal vor der Heilig-Kreuz Kirche errichtet (StA München, BUR 550, Kriegerdenkmal Giesing) sowie 1922 das Kriegerdenkmal in der Maria-Hilf-Kirche in der Au (eine fünfeinhalb Meter hohen Marienfigur flankiert von zwei Kriegern; initiiert vom lokalen

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Bereits 1921 hatte das erzbischöfliche Ordinariat seine Richtlinien zum Kriegerdenkmalbau innerhalb Münchens in Umlauf gebracht. Ein Auszug hieraus lautete: „Kriegerdenkmäler verlangen von selbst und zur pietätvollen Ehrung der im christlichen Glauben verstorbenen Heldensöhne des Volkes in ihrem ganzen Charakter ein christliches Motiv. Profane Kriegerdenkmäler, oder solche, die nur an ganz untergeordneter Stelle ein Kreuzlein oder einen religiösen Spruch haben, können nicht auf eine kirchliche Weihe oder Feier bei ihrer Enthüllung rechnen. Denkmäler und Gedenktafeln, die in oder an der Kirche angebracht werden, bedürfen der Genehmigung der kirchlichen und staatlichen Aufsichtsbehörde. […] Bei der Beschaffung von […] Kriegerdenkmälern, für welche die kirchliche Benediktion erhofft wird, soll im Voraus Rat und Begutachtung des Seelsorgers eingeholt werden.“24

Auf den ersten Blick erscheint diese Vorgabe wie eine scharfe Grenzmarkierung. Schließlich konnten die bayerischen Katholiken innerhalb ihrer Kirchen keine nationalistische Bildsprache zulassen. Der Bezug des Gläubigen zum Vaterland durfte keineswegs als Äquivalent zur göttlichen Autorität betrachtet werden. Gleichwohl sakralisierte man das notwendige Kriegsopfer in den Denkmalen zumindest ein Stückweit. Denn die Gefallenen wurden hier als „verstorbene Heldensöhne des Volkes“25 memoriert und somit sowohl in ein religiöses als auch in ein explizit nationales Sinnkonzept integriert, was die objektive Trauer zumindest teilweise sublimierte.26 Dies soll nicht heißen, dass die Katholiken im Münchener Kriegerdenkmalbau nicht für einen Vorrang der Religion vor der Nation plädierten. Aber man mag es doch als aufschlussreichen Hinweis deuten, dass die katholischen Kriegsmonumente hauptsächlich aus Gedenkaltären und -tafeln, aus figürlichen Darstellungen und Gedächtniskapellen bestanden, deren religiöse Motivwahl den überlieferten Wertekonsens und das traditionelle Ge-

Kriegerverein, die staatliche Genehmigung wurde erst nach der Einweihung eingeholt; BLfD München, Altaktenbestand, Maria-Hilf-Kirche in der Au; BK v. 23.9.1922, BStZ v. 25.9.1922, MAAZ v. 26.9.1922). Im Dekanat München-Nordost, St. Johann Baptist, entschloss man sich, einen Kriegergedächtnisaltar zu schaffen (Münchener Katholische Kirchenzeitung v. 7.11.1926, S. 534), ebenso wie im Dekanat München-Süd (Sendlinger Pfarrkirche, vgl. Münchener Katholische Kirchenzeitung v. 29.11.1925, S. 481; StA München, Planungsreferat Hochbau, 536, Gedenktafel an der Kirche St. Margaret). In der St. Canisiuskirche Großhadern wurde 1920 eine Kriegergedenktafel in der Kirche angebracht (StA München, Kirchen und Kultusstiftungen, 653 bzw. dto., Großhadern, 190), sowie ein Kriegerdenkmal an der Kirche im Jahr 1927/28 (StA München, Großhadern 191). 24 Amtsblatt München v. 1921, S. 94. 25 Ebd. 26 Vgl. Graf, Nationalismusforschung, S. 313.

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schlechterverhältnis tradierte. 27 Dabei wurde der Forderung nach „Pietät“ 28 zwar überwiegend entsprochen. Das Münchener Ordinariat und das Landesamt 27 Vgl. auch Staudhamer, Kriegsgedenkzeichen, insbes. S. 106. Entstanden insbesondere in der

Mittelphase der Weimarer Republik, waren die katholischen Kriegerdenkmäler auf sämtliche Dekanate Münchens verteilt. Hier können nur einige ausgewählte Denkmäler der Dekanate zu Unserer lieben Frau, Innenstadt, München- Südost u. -Nordost, -Süd u. -Nord benannt werden (vgl. auch Erzbischöfliches Ordinariat, Schematismus, S. 30ff.) Im Frauendom wurde 1927 eine Gedenktafel errichtet (MZ Nr. 312 v. 13.11.1927). Zur Metropolitankirche gehörte die Michaelshofkirche, die 1921 an den Jesuitenorden zurückgegeben wurde (Kriegergedächtnistafel des Infanterieregiments „König“ 1922; BLfD München, Altaktenbestand, St. Michaelshofkirche) die Allerheiligen-Hofkirche (Gedenktafel 1922; BayHStA, Schlösserverwaltung, 705; BLfD München, Altaktenbestand, Residenz) und die Militärpfarre St. Barbara (hölzerner, polychromer Kriegergedächtnisaltar 1924; EAM, Kunsttopographie, Militärpfarrei St. Barbara). Die bedeutendste Innenstadtpfarrei St. Peter errichtete 1923 ihr Kriegerdenkmal (PA St. Peter, Akte Kriegerdenkmal u. Sitzungsprotokolle der Kirchenverwaltung 1919-1944; BLfD München, Altaktenbestand, St. Peter), der jesuitische Bürgersaal 1921 (Kriegsgedächtnisaltar; Münchener Katholische Kirchenzeitung Nr. 43 v. 23.10.1921, Staudhamer, Religiöse Kriegsgedenkzeichen, S. 133, 153f.); die ebenfalls zum Innenstadtbezirk gehörige Stefanskirche auf dem alten südlichen Friedhof errichtete eine Figur der Heiligen Barbara als Kriegerdenkmal des Reserve-Feldartillerieregiments Nr. 6 (an der Südseite der Kirche; vgl. Alckens, München, S. 38), in der St. Maximilianskirche wurden ab 1923 zahlreiche Wandgemälde angebracht (PA St. Maximilian, ausführliche Unterlagen Kriegergedächtnisaltar; Bauakte II, St. Maximilian in EAM; StA München, Kirchen und Kultusstiftungen, 554). In München-Nord wurde 1925 an der St. Josefskirche das Kriegsehrenmal der Pionier- und Verkehrstruppen errichtet (sowie eine Kriegergedächtniskapelle im Inneren; vgl. EAM, Kunsttopographie, St. Joseph), in der Ludwigskirche wurde eine Gedenktafel angebracht (Alckens, München, S. 41). In München-Südost wurde in der Franziskuskirche 1927 ein Kriegergedächtnisaltar eingeweiht (vgl. EAM, Bauakten II, St. Franziskus) u. 1929 das Kriegerdenkmal vor der Heilig-Kreuz Kirche errichtet (StA München, BUR 550, Kriegerdenkmal Giesing) sowie 1922 das Kriegerdenkmal in der Maria-Hilf-Kirche in der Au (eine fünfeinhalb Meter hohen Marienfigur flankiert von zwei Kriegern; initiiert vom lokalen Kriegerverein, die staatliche Genehmigung wurde erst nach der Einweihung eingeholt; BLfD München, Altaktenbestand, Maria-Hilf-Kirche in der Au; BK v. 23.9.1922, BStZ v. 25.9.1922, MAAZ v. 26.9.1922). Im Dekanat München-Nordost, St. Johann Baptist, entschloss man sich, einen Kriegergedächtnisaltar zu schaffen (Münchener Katholische Kirchenzeitung v. 7.11.1926, S. 534), ebenso wie im Dekanat München-Süd (Sendlinger Pfarrkirche, vgl. Münchener Katholische Kirchenzeitung v. 29.11.1925, S. 481; StA München, Planungsreferat Hochbau, 536, Gedenktafel an der Kirche St. Margaret). In der St. Canisiuskirche Großhadern wurde 1920 eine Kriegergedenktafel in der Kirche angebracht (StA München, Kirchen und Kultusstiftungen, 653 bzw. dto., Großhadern, 190), sowie ein Kriegerdenkmal an der Kirche im Jahr 1927/28 (StA München, Großhadern 191). 28 Dies bedeutet die Rücksichtnahme gegenüber den religiösen Geboten; die Wurzel von „Pietät“ liegt bei „pietas“ bzw. „pius“ (fromm/ pflichtgemäß); Kluge, Wörterbuch, S. 631.

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für Denkmalpflege prüften die kirchlichen Denkmalinitiativen permanent. Was den Richtlinien nicht entsprach, musste in der Regel solange überarbeitet werden, bis die Vorgaben eingehalten waren. 29 Nur in wenigen Ausnahmefällen errichtete man ein Kriegerdenkmal ohne vorherige Begutachtung.30 Allerdings ermöglichte die traditionelle Formsprache in der Regel auch eine stete Umdeutung der Totenmale - weg vom unschuldigen, hin zum notwendigen Opfer. Anlässlich des kirchlichen „Gedenktages für die im Weltkrieg gefallenen Helden“31 weihte Faulhaber am 13. November 1927 die Ehrentafel der Münchener Frauenkirche ein. Man hatte sie an der nordwestlichen Innenwand des Mittelschiffs, in unmittelbarer Nähe des „Prunkgrabmals für Kaiser Ludwig dem Bayern und zum Ruhm des Hauses Wittelsbach“32 errichtet. Die Tafel war aus tiefrotem Marmor hergestellt worden. Sie hielt insgesamt 70 Gefallenennamen, samt Todesorten und -daten, fest (Abb. 77). Im oberen Viertel der knapp ein Meter sechzig hohen Steinfläche war eine flach reliefierte Pietà eingemeißelt. Maria, die sich durch das Zepter in der rechten Hand und den Strahlenkranz als Herrscherin zu erkennen gab, trug das Jesuskind im linken Arm. Mit der Rechten segnete der sitzende Christus die Gemeinde, während er in seiner linken Hand einen Reichsapfel hielt. Ein Blickkontakt zwischen Mutter und Kind war nicht vorgesehen. Schließlich wendeten sich beide idealisiert dargestellten Figuren mit ihren halb geöffneten Augen ganz dem Betrachter zu. Das Hervorheben der Attribute von Zepter und Reichsapfel weist zunächst auf eine vorgestellte Kontinuität der bayerischen Monarchie hin. Das vaterländische Motiv wurde durch den Strahlenkranz sowie durch das flach reliefierte Wahrzeichen der Stadt, den Frauentürmen, die im unteren Viertel der Tafel eingearbeitet waren, sakralisiert. Auch die im Zentrum der Fläche eingemeißelten Totennamen nahmen eine Brückenfunktion ein. Sie dienten nicht nur der tatsächlichen Dokumentation, sondern auch einer nationalen Kompensation des 29 Vgl. beispielsweise zur Kontroverse anlässlich der Errichtung der Kriegergedächtnistafel des

Infanterieregiments „König“ 1922 in der Michaelshofkirche, BLfD München, Altaktenbestand, St. Michaelshofkirche. 30 Vgl. beispielsweise der kirchliche Protest um das 1922 in der Maria-Hilf-Kirche in der Au errichtete Kriegerdenkmal, dessen Genehmigung erst nach der Einweihung eingeholt wurde; BLfD München, Altaktenbestand, Maria-Hilf-Kirche in der Au. 31 Vgl. die kurze Meldung in MZ Nr. 312 v. 13.11.1927. Eine Bauakte zur Gedenktafel ist weder im EAM noch im Archiv des Frauendoms vorhanden. 32 Vgl. die Abb. in Biller/Rasp, München, S. 140; das Prunkgrab wurde 1932 in die Turmkapelle des Südturms versetzt, wo es noch heute steht. Dies führte zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem rechtsgerichteten Münchener Stadtrat und Faulhaber, der über die Verlegung des Denkmals insbesondere aus liturgischen Gründen entschieden hatte; vgl. insbes. BLfD, Altaktenbestand Dom, Schreiben Faulhaber an Stadtrat v. 10.12.1932; Schreiben Oberbürgermeister Scharnagl an Faulhaber v. 17.12.1932.

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Kriegstodes. Denn nicht alleine die christliche Individualität der Gefallenen, sondern auch deren kollektive Identität wurde hier demonstriert. Dies macht insbesondere die links und rechts des Turmreliefs angebrachte Inschrift „Ihren im Weltkriege gefallenen Heldensöhnen. In Dank und Treue die Dompfarrei Unsere Liebe Frau“ deutlich. Indem die Gefallenen sowohl als „Söhne“ als auch als „Helden“ bezeichnet wurden, damit christliche und nationale Beinamen erhielten, die objektiven wie subjektiven Formen der Trauer Raum verschafften, wurde an die Unschuld der Opfer appelliert und zugleich das notwendige (Kriegs-) Opfer sakralisiert. Hierzu trug auch die scheinbare Beziehungslosigkeit der beiden Figuren Marias‘ und Jesus‘ bei. Sie konnte als Repräsentation des traditionellen Geschlechterverhältnisses und somit als Aufforderung zu einer weiteren weiblichen Hinnahme des notwendigen Kriegsopfers gedeutet werden.33 Auch der Standort der Ehrentafel unterstrich die permanente Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Polen der Trauer. Mit der Errichtung neben dem südlich gelegenen Hochgrab des bayerischen Kaisers betonte die Tafel nochmals den Wittelbachschen Herrschaftsanspruch und somit zugleich die subjektive Trauer von Teilen der Domgemeinde. Dagegen machte die Nähe zum nördlich neben der Tafel gelegenen Grabmal des Münchener Erzbischofs Franziskus von Bettinger den religiösen Bezug des Gefallenengedenkens deutlich.34 Auch die Gottesdienstpraktiken in den katholischen Kirchen Münchens weisen auf eine ambivalente Rezeption der Kriegerdenkmale hin. Seit Mitte der 1920er Jahre lehnte Kardinal Faulhaber jede Form der Kriegsführung ab, obwohl er den notwendigen Opfertod zeitlebens eng mit einer vaterländischen Pflichterfüllung verband.35 In einer Publikation von 1925 appellierte er vehement an 33 Das Kriegerdenkmal ist noch heute an der nordwestlichen Innenwand des Mittelschiffs

angebracht; allerdings entfällt der symbolische Bezug zum Grabmal Ludwigs des Bayern, weil dieses mittlerweile in die südwestliche Turmkapelle verlegt wurde. Der symbolische Bezug zum Grabmal Erzbischof Bettingers besteht allerdings weiter. 34 Zur Errichtung des Grabmals im Jahr 1917, vgl. die Korrespondenz in BLfD, Altaktenbestand, Dom. 35 „Versucht nicht umzustürzen, was sie mit ihrem Herzblut retten und erhalten wollten!“ Dieser bündige Appell anlässlich einer Allerheiligenansprache im November 1918 zeigt, wie sehr Faulhaber noch dem bayerischen Königshaus anhing; Volk, Akten, S. LVIII. In Faulhaber hinterließ die Revolution und der Sturz des Königshauses eine große Wunde. Schließlich drohte die Weimarer Republik die Jahrhunderte lange gewachsene kirchliche Ordnung Bayerns - die er in seiner Person selbst repräsentierte - empfindlich zu stören. Das Staat-Kirche-Verhältnis war durch den Umsturz unmittelbar betroffen. Der Heilige Stuhl hatte den Wittelsbacher Monarchen stets bestimmte Vorrechte gewährt, die nun fielen; Volk, Akten, S. LXff. Allerdings wurde durch das Konkordat von 1924 auch die Nuntiatur in München neu besetzt, was das bayerische Kirchenbewusstsein in der Republik stärkte; Volk, Akten, S. LXVII. Faulhaber lehnte auch die vermeintlich reichsunitaristischen Tendenzen aus Berlin aus Angst

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das pazifistische Bewusstsein der Katholiken: „Das deutsche Volk ist schon nach der Lage seines Landes als Volk der Mitte in der europäischen Halbinsel auf friedliche Beziehungen zu seinen Nachbarn angewiesen […]. Das Ziel der zwischenvölkischen Kultur ist nicht der Krieg, sondern der Friede.“36 Gleichzeitig war der Kardinal zu der Überzeugung gelangt, dass „das Gedächtnis unserer lieben Toten […] am dauerhaftesten und tiefsten in der Seele des bayerischen Volkes verankert bleibt, wenn dieses Gedächtnis in den Rahmen der kirchlichen Liturgie [also in die Allerseelenoktave] eingestellt“37 werde. Auch die Stimmung vor dem Verlust der gewachsenen Eigenständigkeit Bayerns vehement ab; vgl. Volk, Akten, Brief Faulhaber an Pizzardo, 19.9.1922, Nr. 127, S. 278ff.; Hürten, Bayern, S. 375ff. Erst nach Jahren des Aufbehrens schloss sich die Wunde, verheilt war sie allerdings nie; Volk, Akten, S. LX. So begleitete Faulhaber auch die Einweihungsfeier des bayerisch-städtischen Kriegerdenkmals „mit dem Wunsche, es möge […] in den lebenden Münchnern jene vaterländische Gesinnung und Pflichttreue erwecken, die die Lebenden bis in den Tod bewiesen haben“; EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 4530 (Schreiben Faulhaber an Füssl v. 6.12.1924). Faulhaber war 1914 – als Bischof von Speyer – vehement für das Kriegsrecht Deutschlands eingetreten; Volk, Akten, S. LXff. Dagegen betonte er 1932 „die Gewissenspflicht eines jeden katholischen Christen [sei es], allen offenen oder versteckten nationalistischen Versuchen neuer Kriegsrüstungen entgegenzutreten und die Friedensbewegung von heute zu unterstützen; Volk, Akten, Brief Faulhabers an Divisionspfarrer B. Meier, 22.11.1932, Nr. 266, S. 647f. 1920 wurde Faulhaber zum Ehrenmitglied des Bayerischen Kriegerbundes ernannt; EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 4530, Schreiben Faulhaber an Generalleutnant Reuter v. 16.7.1920. Die Stiftungsfeste des Königlich bayerischen 9. Infanterie-Regiments Wrede, dem er selbst als Einjähriger 1888/89 gedient hatte, verfolgte er mit großer Sympathie; EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 6100/1, Schreiben Faulhaber an Hauptausschuss der Wiedersehensfeier Infanterie-Regiment v. 29.7.1922; Brief Faulhabers an Albert Staudt, Präsident des Neunerausschusses v. 20.6.1930; Schreiben Faulhabers an Anton Ruppert v. 27.10.1937, Gedächtnisgottesdienst für Neuner-Kameraden. Allerdings tat er seine Affinität zum Militärischen im Laufe der 1920er Jahre immer seltener nach außen hin kund; vgl. EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 6100/2 u. 6100/3. Bei offiziellen Ereignissen, wie der Grundsteinlegung u. Einweihung des Münchener Kriegerdenkmals lehnte er eine Teilnahme meist ab; EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 4530, Schreiben Faulhaber an Hans Füssl, Bezirksobmann des Bayerischen Kriegerverbands v. 2.9.1923 u. v. 6.12.1924. 36 Faulhaber, Gewissen, S. 42f. Einige Jahre später kam er in einer Ausgabe der Münchner Zeitung zu folgendem Schluss: „Ich trete heute für den Frieden ein, weil es nach meiner Überzeugung nicht mehr menschlich ist, in dieser Art Krieg zu führen mit Gaswolken, die alle persönliche Tapferkeit ersticken, mit Fliegergiftbomben, die alles Leben, vom Säugling zum Greis, vernichten“; MZ Nr. 19 v. 17.1.1930; Faulhaber erkannte nun immer deutlicher, dass „den Frontkämpfern wie ihren Familien sinnlose Blutopfer“ zugemutet worden waren und der Krieg selbst „sein Wesen verändert“ habe. Volk, Akten, Brief Faulhaber an Divisionspfarrer B. Meier v. 22.11.1932, Nr. 266, S. 647f. 37 EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 3851, aus einem Schreiben des Sekretariats Faulhaber an den Volksbund München v. 28.1.1926. Faulhaber lehnte die innerkirchliche Mitwirkung bei-

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im katholischen Volk verlange überwiegend „für die vielen Toten einen richtigen Trauergottesdienst, ein Seelenamt“38 zu halten. Deshalb bestimmte Faulhaber ab 1926 den zweiten Sonntag im November dauerhaft zum Gedächtnistag für die bayerischen Opfer des Weltkrieges.39 Zugleich ermöglichte das Erzbischöfliche Ordinariat München den Münchener Veteranenvereinen und sonstigen militärischen Vereinigungen eine regelmäßige Teilnahme an den Feiern. 40 Im Anschluss an die Gedenkgottesdienste zog die Gemeinde unter lautem Glockenläuten am jeweiligen Kriegsmonument vorbei. Auch wenn für die Abende meist stille Andachten vorgesehen waren – alleine diese Denkmalsakteure sowie der Ablauf der Gedenkgottesdienste brachten die Gefahr mit sich, dass die Feiern nicht nur einem religiösen Totenerinnern, sondern auch einer Funktionalisierung des Kriegstodes dienten.41 Seit Jahrhunderten wurde der Toten in katholischen Gottesdiensten allgemein als unschuldig Verstorbener gedacht. Ihr Andenken nahm innerhalb der kirchlichen Liturgie einen zentralen Stellenwert ein. Damit kam auch den Angehörigen der Gefallenen eine hohe moralische Würde zu. Gefühlsmäßige Bindungen führten zu einem tief empfundenen Mitleiden mit den Hinterbliebenen. Gleichwohl wurde den Kriegsopfern in den katholischen Hauptdenkmalen Münchens kein eigenständiges symbolisches Gesicht verliehen. 42 Zwar scheint es zunächst, als hätten die Totenmale zumeist einer objektiven Trauer gedient, da ihnen überwiegend christliche Motive zugrunde lagen. Doch konnte die Formsprache der Kriegsmonumente stets auch einer Überhöhung des Opfers dienen. Die Denkmale ermöglichten eine permanente Vermittlung zwischen den spielsweise an einem Reichstrauertag ebenso vehement ab wie die alljährliche Veranstaltung des bayerischen Trauertages durch den Bayerischen Kriegerbund; EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 5937, Schreiben Faulhaber an Bertram v. 7.12.1921; Nr. 6100/1, Schreiben Faulhaber an Bezirksobmann Dimpfl v. 6. 3. 1922. 38 EAM, Faulhaber-Archiv, Nr. 5937, Schreiben Faulhaber an Pacelli v. 11.2.1921. Faulhaber betonte hier, dass das Gefallenengedenken bereits seit 1912 im Rahmen der Allerseelenoktav abgehalten werde. Diese kirchliche Totenliturgie solle auch weiterhin beibehalten werden. „Mit einer nationalen Sonntagsparade, mit Beflaggen und Glockengeläute, mit Trambahn stilllegen und Von-den-Sitzen-sich-Erheben und anderen Äußerlichkeiten gibt sich unser katholisches Volk nicht zufrieden“. Und er ergänzte, dass „bei uns in Bayern die eigentliche Trauer um die Kriegsopfer doch mit der Allerseelenzeit verbunden“ bliebe; „nur in dieser Verbindung wird sie Zukunft und Seele haben“. 39 Zu folgenden, vgl. Amtsblatt München v. 1926, S. 87. 40 Vgl. auch Amtsblatt München v. 1928, S. 106f. Hier wird die positive Haltung des Erzbischöflichen Ordinariats und des Kardinals zur Teilnahme von militärischen Vereinigungen an Kriegsgedenkfeiern nochmals unterstrichen. 41 Vgl. Liebsch, Trauer, S. 61. 42 Vgl. Giesen, Triumph, S. 69.

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unterschiedlichen Polen des Trauerspektrums, da die Gefallenen sowohl individuell festgehalten als auch zugunsten des Nationalen freigegeben wurden. Die Formsprache schwankte somit zwischen dem unschuldigen und dem notwendigen Opfer. Dies wird insbesondere anhand des Kriegerdenkmals der Münchener Peterskirche deutlich, das nicht eine leidende, sondern durch eine triumphal auferstandene Christusfigur dominierte.43 Eine erste Mitteilung des zuständigen Stadtpfarrers Becker an das Landesamt für Denkmalpflege aus dem Jahr 1920 lautete: „In der Pfarrkirche St. Peter soll ein Denkzeichen zur dankbaren Erinnerung im Gebete für die im Weltkrieg gefallenen Söhne der Pfarrei errichtet werden.“44 Dies weist zunächst darauf hin, dass die über tausend gefallenen Gemeindemitglieder rein religiös betrauert werden sollten. Eine weitere Bemerkung aus den Pfarrnachrichten bestätigt dies: „[Es] soll zum dankbaren und frommen Erinnern für alle Zukunft eine Gedenktafel im Gotteshause aufgerichtet werden, nicht ein kostspieliges Monument, sondern eine Gedenktafel an einer Stelle des Gotteshauses, wo sich die Hinterbliebenen wehmütigem und trostvollem Erinnern im Gebete hingeben können.“45 Allerdings konnten sich die Vertreter des schlichten Projekts, das die Gefallenen in erster Linie als Abwesende memorierte und auf das Verschwinden der Toten insistierte, mit ihrem Vorschlag nicht durchsetzen. Schließlich gelang es dem Hauptkonservator im Amt für Denkmalpflege, Georg Lill, 1920 den Bildhauer Karl Killer für die Herstellung eines monumentaleren, figürlichen Denkmals zu gewinnen.46 43 Die Münchener Peterskirche wurde 1170 erstmals urkundlich erwähnt; somit handelt es sich

um die älteste Kirche der Stadt. Sie wies neben St. Maximilian in der Weimarer Republik die meisten Gemeindemitglieder auf (rund 20000 Personen); Erzbischöfliches Ordinariat, Schematismus, S. 32f.; Biller/Rasp, München, S. 351ff.; Knopp, München, S. 10ff. 44 BLfD, Altaktenbestand, St. Peter, Mitteilung Pf. Becker an Landesamt v. 25.1.1920. 45 Pfarramt St. Peter, St. Peters-Kalender, S. 25. 46 BLfD, Altaktenbestand, St. Peter, Mitteilung Pf. Becker an Landesamt v. 25.1.1920. Das Entwurfsmodell Killers wurde im Februar 1923 auch von der oberbayerischen Regierung genehmigt; BLfD, Altaktenbestand, St. Peter, Schreiben Oberbayerische Regierung an Landesamt v. 1.2.1923. Lill nahm im zuständigen Denkmalausschuss, der das gehobene Bürgertum der Gemeinde repräsentierte, eine zentrale Position ein; Im Ausschuss waren u.a. ein Oberstadtsekretär, ein Kaufmann, ein Bankdirektor etc. vertreten; weibliche Hinterbliebene sucht man im Denkmalskomitee vergeblich; vgl. ASP, Akte Kriegerdenkmal, Einladung Kriegerdenkmal in St. Peter; Um das „Denkmal für die im Völkerkrieg gefallenen Helden der Pfarrei St. Peter“ errichten zu können, schlug er kräftig die Werbetrommel, wie ein Lichtbildvortrag zu religiösen Kriegerdenkmälern aus dem Jahr 1922 zeigt. Der Erlös der Eintrittskarten – zu je einhundert Mark - floss direkt in die Denkmalkasse, wobei Lill vor den Anwesenden den Killerschen Modellentwurf ausführlich erläuterte; ASP, Akte Kriegerdenkmal, Einladung Kriegerdenkmal in St. Peter.

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Bereits im April 1922 beschloss die Kirchenverwaltung, das Metall einer im Krieg beschlagnahmten Bronzeglocke zur Materialdeckung des Totenmals zu verwenden.47 Im Dezember desselben Jahres erklärte sie, „daß das neue Kriegerdenkmal aus Erzguß an einem Pfeiler des Mittelganges angebracht werde.“48 Hinweise auf Kontroversen zwischen Vertretern der christlichen und nationalen Denkmalsymbolik sucht man vergebens. Es scheint so, als habe sich der Stadtpfarrer mittlerweile damit abgefunden, dass sein Gedenktafelprojekt einem weit kostspieligeren Kriegerdenkmal weichen musste. Mit welcher Vehemenz das geplante Totenmal in der katholischen Kirchenzeitung gleichwohl weiterhin als gemeinsame Initiative präsentiert wurde, überrascht dann doch: „In keiner Frage war eine solche Einmütigkeit der Gemeinde ein Denkmal zu errichten. Niemand wollte auch etwas anderes, als eine Ehrung im religiösen Sinne. Das Bild des Auferstandenen wurde gewählt, so recht geeignet, um Trost für die Hinterbliebenen und Hoffnung den Gefallenen zu spenden.“ 49 Tatsächlich stellte das ausgewählte Bildmotiv des siegreichen Christus nicht nur religiöse Deutungsperspektiven bereit. Im figürlichen Kriegerdenkmal der Münchener Peterskirche wurde der Opfertod als Weg zum Sieg dargestellt, was neben einer affektiven Stabilisierung der Hinterbliebenen zugleich auch die nationale Freigabe der Toten ermöglichte. Bereits während des Krieges hatte Erzbischof Faulhaber sein Gebet für die Kriegstoten aufs Engste mit der Erwartung einer Wiederauferstehung der Gefallenen verknüpft: „Vater der Erbarmung, wir bitten Dich bei den Todeswunden Deines Sohnes, Du wollest den Opfern des Krieges ein gnädiger Richter und Belohner sein. Sie haben, ihrem Eide treu, den guten Kampf gekämpft […]. Vater der Vergeltung, gib ihnen die Siegeskrone des ewigen Lebens! […] Im Dienste seiner Pflicht hat er für das heilige Recht des Vaterlandes die Todeswunde empfangen – guter Jesus […] ich bitte Dich, […] gib ihm dort im himmlischen Vaterlande […] ein Erbteil in jener auserwählten Heerschar bei den Gesegneten Deines Vaters.“50

Die Erlösungsmetapher, welche dieser Wortwahl zugrunde lag, setzte den Opfertod für das Volk als selbstverständlichen Treueakt voraus. Indem hier in erster Linie die Wiedergeburt nach dem Tod, die jedem Gläubigen offen stand, betont wurde, blendete Faulhaber die negativen Folgen des gewaltsamen Sterbens zu47 ASP, Sitzungsprotokoll Kirchenverwaltung v. 7.4.1922; zum zeitgenössischen Bestand an

Glocken in der Peterskirche, vgl. die Glockeninventarisierung v. 1917 in BLfD, Altaktenbestand, St. Peter. 48 ASP, Sitzungsprotokoll Kirchenverwaltung v. 17.12.1922. 49 Münchener Katholische Kirchenzeitung Nr. 16 v. 22.4.1923, S. 125. 50 Faulhaber, Waffen, S. 126ff.

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mindest teilweise aus.51 Die Erwartung zukünftiger Auferstehung wurde insbesondere durch die Auswahl eschatologischer Sprachmuster, wie beispielsweise Diesseits und Jenseits, irdisches und himmlisches Vaterland, verstärkt. Der Erzbischof sprach Gott die Eigenschaft eines gnädigen Richters und Belohners zu, womit er den Kriegstod als bloßen Durchgang in ein himmlisches Reich der Herrlichkeit deutete. Auch dem Denkmal der Peterskirche lag eine solch komplementäre Vermittlung zwischen Tod und Auferstehung, zwischen Sterben und Wiedergeburt zugrunde. Der Bildhauer Karl Killer hatte seine eben vom Tode auferstandene Christusgestalt an einem der Pfeiler zwischen Hauptschiff und nördlichem Seitenschiff errichtet (Abb. 78 u. 79). Sowohl die Gesamtkomposition als auch die Einzelmotive des in Bronze gegossenen Denkmals, wie die Kreuzes- und Siegesfahne im linken Arm oder der Segensgestus der rechten Hand, wiesen auf eine triumphale Wiedererscheinung Jesu Christi hin. Dieser Eindruck wurde durch die lebendige Körperlichkeit und Bewegtheit des „Auferstehungschristus“ 52 weiter verstärkt: „Eben hat sich [Christus] aus der Grabesnacht erhoben. Die Felstrümmer, auf denen er steht, weisen auf das Felsgrab hin, in dem er gelegen. In rascher, siegreicher Bewegung, wie ein Blitz, hat er sich selbst erweckt. Wir können aus der leicht gekrümmten Gestalt herausfühlen, wie sie emporschnellt,“53 kommentierte Georg Lill. Der Hauptkonservator deutete damit an, das der (Kriegs-) Tod im Denkmal weniger als erdrückendes denn als erhebendes, von allem Irdischen befreiendes Erlebnis wahrgenommen werden sollte, was direkt an die Auferstehung Jesu Christi von den Toten anschloss. Hierzu trug auch die Vermischung neogotischer und klassizistischer Stilelemente bei. 54 Während der horizontale Wurf der Gewandfalten als Gegenkomposition zum vertikalen Körperbau ebenso eine Rhythmisierung der Gestalt erzeugte wie deren kurvenförmige Körperhaltung, strahlte die Miene des Auferstandenen eine idealisierte Geistigkeit aus, welche partikulare Empfindungen nahezu unterband: „Das Feinsinnigste an der kunstvollen Gestalt ist aber das edle Haupt. Nicht ein süßlicher, leerer Gipskopf […] sondern das ernste, hoheitsvolle Antlitz dessen, der den bitteren Tod erleiden musste. Dies Schwere, Düstere prägt sich noch in diesen Zügen aus, und doch liegt wieder über ihnen ein hoheitsvolles Leuchten, eine milde, verzeihende Güte […].“55. Und weiter: „Die geistige Idee sollte dem 51 Vgl. Strenski, Theology, S. 11; Graf, Nationalismusforschung, S. 308. 52 So die zeitgenössische Bezeichnung des Kriegerdenkmals; vgl. ASP, Akte „Überarbeitung

des Kirchenführers von A. Schulz durch Prälat Zistl, S. 68; BLfD, Altaktenbestand, St. Peter, Bl. 177ff. 53 Lill, Kriegerdenkmal, S. 54. 54 Warnke, Kunst, S. 264ff. 55 Lill, Kriegerdenkmal, S. 54.

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Ganzen seinen Wert geben, nicht das redselige Äußere.“56 So wie Georg Lill die Gesichtszüge Jesu Christi hier einerseits als trauernd, andererseits als würdevoll beschrieb, kann auch davon ausgegangen werden, dass der gewaltsame (Kriegs-) Tod in der Denkmalfigur als schmerzvolles, zugleich aber auch erhabenes Ereignis wahrgenommen wurde. Das Leid der Gefallenen konnte überwiegend sublimiert, die Hinterbliebenen über den menschlichen Verlust hinweggetröstet werden. Der hohe geistige Grad dieser Gestalt war somit auch geeignet, den nationalen Wertekonsens vom „Sterben für das Vaterland“ zu tradieren. Der Sockelfries unterhalb der Denkmalfigur war mit zwei Inschriften in neogotischen Lettern versehen: „Der König der Welt wird uns, die wir für seine Gesetze sterben, zum ewigen Leben erwecken“ (II. Mach. 7,9) sowie „Zur frommen Erinnerung an die nahezu 1000 Söhne unserer Pfarrei, welche im Weltkrieg 1914-18 für uns starben, hat dieses Denkmal errichtet die dankbare St. Petersgemeinde.“ 57 Während der erste biblische Textcode das politische Kriegsopfer endgültig sakralisierte, indem es die nationale Freigabe sowie die christliche Auferstehung der Kriegsgefallenen aufs engste verband, war der Tenor der zweiten Inschrift deutlicher auf eine objektive Betrauerung der Gefallenen hin gerichtet. Dagegen hatte das unterhalb des Sockelfrieses in einer vergitterten Rundnische aufgestellte Gedenkbuch eine rein christliche Bedeutung. Ebenso wie die Einschreibung in das himmlische „Buch des Lebens“ das ewige Leben verhieß, erhofften sich die Hinterbliebenen durch den Eintrag ihrer Gefallenen in ein Gedenkbuch eine den Tod überdauernde Existenz ihrer Angehörigen durch permanentes Erinnern. Die Totennamen wurden regelmäßig während der sonntäglichen Andachten vor dem Kriegsmonument und der täglich stattfindenden Morgenmessen verlesen.58 Das Denkmal war an der Ostseite des dritten nordwestlichen Pfeilers errichtet worden. Davor verlief ein Quergang, der vom südlich gelegenen Kirchenportal direkt zur gegenüberliegenden Annakapelle führte. Damit stellte der 56 Ebd., S. 52. 57 Ebd. 58 Zugrunde lag dem die Auffassung, dass „jeder, der im Buch verzeichnet ist“ gerettet wird

(Dan 12,1). Gott selbst sagte zu Moses: „Nur den, der gegen mich gesündigt hat, streiche ich aus meinem Buch“ (Ex. 32,23). Die Abendandachten hatten zu Kriegsbeginn noch täglich stattgefunden. Sie waren so gut besucht, dass man sich zu einer sonntäglichen Fortsetzung entschloss; finanziert wurden sie aus freiwilligen Gaben sowie aus dem Kapitalstock über 9900 Mark; ASP, Sitzungsprotokoll Kirchenverwaltung v. 20.5.1921. Für die Zehnuhrmessen stellte das Pfarramt einen Betrag von einhunderttausend Mark zur Verfügung; ASP, Sitzungsprotokoll Kirchenverwaltung v. 17.12.1922; Münchener Katholische Kirchenzeitung Nr. 16 v. 22.4.1923, S. 125. Das Totenmal war zusätzlich seitlich mit zwei großen, schweren Wachskerzen geschmückt, die Bilder der Heiligen Barbara und des Erzengels Michael als Schutzpatrone der Soldaten zeigten.

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Denkmalstandort auch einen symbolischen Bezug zur objektiven Trauer her. Schließlich diente die Kapelle traditionell als Rückzugsort trauernder Angehöriger. Der Ort, an dem das Kriegsmonument errichtet war, fiel – aufgrund seiner etwas versteckten Lage in einer Art Nische – keineswegs direkt ins Auge. Denkbar ist somit durchaus, dass sich die Trauernden hier zum stillen Gebet zusammenfinden konnten. Allerdings war der Ort auch geeignet, an eine – nationale – Wiedergeburt der Kriegstoten zu appellieren. Denn das Kriegsmonument wurde auf der Evangelienseite der Kirche erbaut, somit an der Stelle, von der traditionell die „frohe Botschaft“ der Auferstehung Christi ausging.59 Im Mittelpunkt des Totenmals der Münchener Peterskirche stand die Erlösungsmetapher vom Kriegstod als Äquivalent zur triumphalen Auferstehung Christi. Es war einerseits in der Lage, den Hinterbliebenen Trost zu spenden, andererseits aber auch, den Betrachter in seiner Überzeugung von der Notwendigkeit eines nationalen Opfers zu bestärken. Allerdings bot die Denkmalrezeption insgesamt keinerlei Hinweise auf eine Sakralisierung des Nationalen. 60 Im Gegenteil: Die regelmäßig stattfindenden Abendandachten und täglichen Zehnuhrmessen in der Kirche galten ganz überwiegend dem individuellen Gedenken jedes einzelnen Kriegsgefallenen. Somit ermöglichte die subtile Formsprache des Monuments zwar potentiell eine nationale Vereinnahmung der Kriegstoten. Allerdings scheint es, als habe die Memorierung der Gefallenen in der Praxis auch eine Grenzmarkierung geschaffen, die zur Memorierung des unschuldigen Kriegsopfers beitrug.61

59 Vgl. Schulz, Peterskirche, S. 44, 67. 60 Vgl. Haupt/ Langewiesche, Religion, S. 16. 61 Die Kirche wurde im Dezember 1944 und im Januar/Februar 1945 durch Bomben zerstört.

Der Auferstehungschristus überdauerte die Bombardierung. Allerdings wurde er unmittelbar nach dem Krieg aus der Kirche gestohlen (man vermutet eine Kompensation gegen Lebensmittel durch Arbeiter). Nur die Gedenktafel wurde wieder entdeckt und 1977 wiederum an demselben Pfeiler angebracht. Darüber stiftete der ansässige Jägerverein ein Hubertusbild („Die Bekehrung des Heiligen Hubertus“ v. Hubert Weidinger, Wien); ASP, Akte Überarbeitung des Kirchenführers von A. Schulz durch Prälat Zistl, S. 68; BLfD, Altaktenbestand, St. Peter, Bl. 177ff.

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2. Trauer zwischen Not und Moral. Das Kriegerdenkmal der Berliner Michaelskirche Die Berliner Michaelskirche war 1851 von einem Schüler Karl Friedrich Schinkels, August Soller, an der Grenze der Stadtbezirke Mitte und Kreuzberg errichtet worden.62 Auch wenn sie nicht die Ausmaße der Hedwigskathedrale als Hauptkirche der Berliner Katholiken einnahm, wuchs die Bedeutung der zweitgrößten Berliner Kirche doch rasch an.63 War sie zunächst nur als reine Garnisonskirche für rund 3000 Mann vorgesehen, erreichte man nach dem Ersten Weltkrieg als Zivilgemeinde bereits ungefähr 18000 Mitglieder.64 Von außen her betrachtet wirkte die Michaelskirche wie ein Prunkbau: Unter der Ägide des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. als monumentaler Komplex in einer neoklassizistischen Formsprache errichtet, trug sie zunächst zum Ruhm ihres monarchischen Stifters bei. Gleichwohl stiegen die sozialen Zerklüftungen innerhalb der Michaelsgemeinde seit den 1890er Jahren schnell an. Schließlich bildete der Bezirk Kreuzberg – trotz des traditionellen Patriotismus seinen bürgerlichen Schichten – einen zentralen Brennpunkt im sozialen Leben der städtischen Arbeiterschaft.65 Als Maximilian Kaller 1917 zum Oberpfarrer der Michaelskirche ernannt wurde, erkannte er die akuten wirtschaftlichen Nöte seiner Gemeinde schnell:66 „Die weitaus meisten Pfarrangehörigen wohnen im Seitenflügel oder Quergebäude eines Hinterhauses, meist in den obersten Stockwerken oder im Keller. In manchen Straßen, in denen fast nur kleine Leute wohnen, haben die Katholiken auch die Vorderseite der Häuser inne. Die Armut ist also charakteristisch für die Gemeinde.“67 Die problematische Wohnsituation wurde durch die extreme Diasporasituation der Berliner Katholiken und durch die ständig wachsende Größe der Michaelsgemeinde zusätzlich verstärkt.68

62 Vgl. insbes. Günther Grundmann, August Soller. Ein Berliner Architekt im Geiste Schinkels,

München 1973. 63 In der Hedwigskathedrale wurde kein Kriegerdenkmal errichtet. 64 Vgl. PA St. Michael, Schönsee-Chronik, Erinnerungen v. Kaplan Fronober, S. 1; Architekten-

und Ingenieurverein Berlin, Sakralbauten, S. 352. 65 Wagener, St. Michael, S. 14. 66 Maximilian Kaller (1880-1947) war zwischen 1917 und 1926 Oberpfarrer in St. Michael. 1930

wurde er zum Bischof von Ermland berufen, wobei er durch sein soziales Engagement und seinen starken Idealismus deutliche Widerstände zu überwinden hatte. 1946 ernannte ihn der Papst zum Sonderbeauftragten für die deutschen Kriegsvertriebenen. 67 Kaller, Laienapostolat, S. 27. 68 18000 von insgesamt 150000 Einwohnern im Einzugsgebiet der Gemeinde gehörten der katholischen Michaelsgemeinde an; Kaller, Laienapostolat, S. 31; besondere Probleme be-

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Um den wirtschaftlichen und sozialen Nöten seiner Gemeinde Herr zu werden, bauten Oberpfarrer Kaller und Carl Sonnenschein69 Anfang der 1920er Jahre ein umfassendes Sozialwerk für Hilfsbedürftige auf. Dabei nahmen die karitativen Initiativen einen breiten Raum ein: Sie reichten von der Beschaffung von 300 Zentnern Kartoffeln für die ärmsten Mitglieder der Pfarrei im Jahr 1923 bis zu Armenspeisungen, die täglich von ungefähr 270 Menschen in Anspruch genommen wurden.70 Kaller setzte insbesondere auf Unterstützung durch das so genannte Laienapostolat, welches die Laien intensiv in die geistliche und praktische Seelsorge einbezog. Dass vor dem Hintergrund dieser sozialethischen Haltung ein Kriegerdenkmal entstand, das den Gefallenentod nicht weiter idealisierte, sondern individuell und realitätsnah präsentierte und die Unwiederbringlichkeit der Toten zwischenmenschlich verankerte, überrascht nicht. Tatsächlich schuf der junge Bildhauer Carl Blümel71 im Auftrag des Oberpfarrers die moderne Verkörperung eines christlichen Schmerzensmannes, der in der Gemeinde noch für einigen Aufruhr sorgen sollte.72 Dargestellt war ein sitzender, bis auf seinen Lendenschutz nackter junger Mann in kontemplativer Haltung (Abb. 80 u. 81). Während sein abgeflachter Rumpf leicht nach vorne gebeugt war, lagen seine schmalen, überlängten Arme überkreuzt auf beiden Oberschenkeln. Das dürre linke Bein kippte nach rechts, der rechte Fuß war ebenfalls nach rechts gedreht. Dabei wich die moderne Ausführung des mittelalterlichen Schmerzensmannes deutlich von der traditionellen Kriegerdenkmalkunst ab. Schon in der Oberflächenbearbeitung der Bronze fand reiteten Kaller die hohe Moblität – 4000 Umzüge im Jahr in der Gemeinde -, ein Rückgang der Geburtenrate sowie die hohe Zahl an Mischehen. 69 Carl Sonnenschein (1876-1929) gilt als Erwecker des katholischen Selbstbewusstseins in der Metropole Berlin, in der die Katholiken traditionell nur eine Randposition einnahmen; ab 1906 war er im Volksverein für das katholische Deutschland (Mönchengladbach) tätig. Als Studentenseelsorger, Leiter des Akademischen Arbeitsamtes, der Katholischen Volkshochschule Berlin und anderer Einrichtungen kam er 1918 nach Berlin; hier war er nicht nur sozial und pädagogisch, sondern auch politisch tätig. Dabei erwies er sich bis zu seinem Tode innerhalb der Zentrumspartei, auf deren Berliner Liste er für die Reichstagswahlen von 1928 stand, als Verteidiger der Republik; Grothmann, Sonnenschein, Sp. 793. 70 Die Speisungen wurden ohne Rücksicht auf die Konfession durchgeführt: „Wir sind eine einzige große Gottesfamilie. Wir dürfen deshalb nicht fragen: Ist der Nächste mein Stammes- oder Glaubensgenosse?“, Kaller, Laienapostolat, S. 70. 71 Carl Blümel (1893-1976) war Archäologe u. Bildhauer. Er wurde 1929 zum Kurator der Staatlichen Museen zu Berlin u. 1935 zum a.o. Professor ernannt; PA St. Michael, Schönsee-Chronik; vgl. auch die Chronik, Schriftverkehr A-F, Korrespondenz zwischen Schönsee und Blümel. 72 Vgl. PA St. Michael, Schönsee-Chronik, Entstehung des Schmerzensmannes; Kaller war mit der Familie Blümel gut bekannt.

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Blümel zu einem modernen Ausdruck. Indem er den Körper hier mit allen seinen Muskeln, Eingeweiden und gar dem Skelett unterhalb einer dünnen Haut sichtbar werden ließ, konnte der physische Zustand der Not dem Leib praktisch abgelesen werden. Darauf verwies auch der überdimensionierte, leicht abgesenkte, deutlich nach rechts, zum Kirchenbesucher hin, gewandte Kopf. Es war gerade diese Fixierung des Blicks, die der Gestalt höchste Individualität verlieh. Damit wurde der einheitliche plastische Ausdruck, der als Voraussetzung für eine vorbildliche Wirkung des klassizistischen figürlichen Kriegerdenkmals galt, endgültig durchbrochen. Stattdessen konnte der Betrachter im Gesichtsausdruck dieser Figur mit ihren weit aufgerissenen Augen nichts als eine übergroße Verzweiflung vor dem massenhaften Kriegssterben ablesen. Dass es sich bei dem in Bronze gegossenen Antimonument um eine Christusfigur handelte, war dem Schmerzensmann nur noch an einem einzigen Attribut anzusehen: der Dornenkrone. Eher ein Spottsymbol als ein Marterinstrument, symbolisierte die Dornenkrone traditionell das menschliche Leiden Christi. 73 Die Darstellung verwies somit direkt auf die Natur des Gottessohnes. Dieser war hier allerdings keineswegs mehr erhaben dargestellt. Von seiner Gestik oder Haltung ging kein würdiger Ausdruck aus, was bereits auf eine künftige Wiederauferstehung der Kriegstoten verwiesen hätte. Im Gegenteil: Hier wurde ausschließlich das unschuldige Opfer in die soziale Wirklichkeit der Gemeinde gestellt. Damit entfiel auch die traditionelle Verbindung des mittelalterlichen Motivs mit Leidensstationen oder -arten, wie beispielsweise den typischen Seiten- und Handwunden.74 Die zeitgenössische Haltung des Schmerzensmannes löste die Figur somit ein gutes Stück von ihrer traditionellen Vorlage ab.75 Zwar stellte die Bronzeplastik weiterhin Jesus als Schmerzensmann, in höchster seelischer Not dar, der sich durch die Menschen Erlösung erhoffte. Zugleich war dieser verblockte Körper, der seit 1922 einen zentralen Standort an der Grenze zum östlich gelegenen Chor der Michaelskirche einnahm, aber in der Lage, an das Leid sämtlicher Kriegsopfer zu erinnern. Hier war das traditionelle, idealisierte Totenbild des kraftvoll-männlichen Helden endgültig der realistischen Darstellung eines unschuldigen Kriegsopfers in seiner ganzen Erbärmlichkeit gewichen. Diese Figur ließ sich nicht weiter politisch vereinnahmen, sondern forderte die Zeitgenossen vielmehr zu einer objektiven Reflektion des tatsächlichen Kriegs73 Poeschel, Ikonographie, S. 174f. 74 Das „imago pietatis“ geht auf die mittelalterliche Bildsymbolik des leidenden Christus zu-

rück, das als reines Andachtsbild entstanden ist; Sachs/Badstübner/Neumann, Ikonographie, S. 313. 75 Die frühen Schmerzensmänner zeigten Christus meist in Dreiviertelgestalt, das Haupt nach vorn geneigt und mit einer Dornenkrone bedeckt. Die Arme waren so vor der Brust verschränkt, dass sie die Seitenwunde nicht bedeckten und auch die Handwunden deutlich sichtbar waren; Sachs/Badstübner/Neumann, Ikonographie, S. 313.

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todes auf. Das Verhältnis zwischen leidendem Erlöser und Mensch wurde dazu benutzt, eine Ansprache Christi an den Beschauer zu richten: „Das litt ich für dich – das leide ich für Dich – was tust Du für mich?“76 , könnte die Inschrift für die Figur, die ohne Textcode blieb, lauten. Dabei erinnerte die naturalistisch-expressionistische Ausführung der Plastik auch an die hockenden und kauernden Figuren im Werk Wilhelm Lehmbrucks.77 Zusätzlich wich der unregelmäßige, annähernd würfelförmige Unterbau des Schmerzensmannes, der auf einer Platte ruhte, beträchtlich von der strengen Rechtwinkligkeit traditioneller Sockelformen ab. Die Gestalt saß nur noch auf einem niedrigen Postament – sie war schlichtweg ihres Sockels enthoben worden. Nachdem Carl Blümel die Plastik in den Wintermonaten 1921/22 abgeschlossen hatte, besichtigte zunächst Oberpfarrer Kaller die Figur. „Etwa eine halbe Stunde harrte er regungslos davor, ohne ein Wort zu sprechen,“78 erklärte der Bildhauer später. Da Kaller bereits ahnte, dass der zuständige Kirchenvorstand das Denkmalprojekt ablehnen würde, entschloss er sich kurzerhand, die Bronzeplastik in aller Eile am frühen Karfreitag morgen in der Michaelskirche errichten zu lassen. Dabei wählte er den südwestlichen Vierungspfeiler, der einen Teil der monumentalen Kirchenkuppel trug, als Standort (Abb. 82). Traditionell wurde der christliche Schmerzensmann innerhalb von Apsiden oder Chorräumen aufgestellt.79 Allerdings ergab sich erst durch diesen Platz in unmittelbarer Nähe zum Hauptschiff und somit zu den Besucherbänken die Möglichkeit eines direkten Dialogs mit dem Betrachter. Zugleich gelangte der Schmerzensmann hierdurch in eine symbolische Beziehung zur gegenüberliegenden Kanzel, von der das Gotteswort ausging. Dieser religiöse Bezug war in der Lage, die umstrittene Figur zumindest teilweise aufzuwerten. Die „modische Figur“,80 die in ihrer modernen Formgebung der neoklassizistischen Ausstattung der Kirche aufs schärfste widersprach, erntete anlässlich ihrer Einweihung in der Karfreitagsmesse 1922 entrüstete Kritik. Unmittelbar nach der Enthüllung breitete sich betretenes Schweigen bei den Kirchenbesuchern aus. Der Schmerzensmann stieß überwiegend auf Ablehnung, auch aufgrund der zeitgenössischen Reinterpretation des traditionellen Christussymbols. Es ist anzunehmen, dass auch ein Teil der Hinterbliebenen dieses Denkmal verwarf, weil durch die leidende Figur ein Gefühl der Schuld provoziert werden konnte, das der subjektiven Trauer deutlich zuwiderlief. Obwohl der Kirchenvorstand 76 Vgl. Berliner, Schmerzensmann, S. 195. 77 Dies insbesondere, was die Überlängung der Figur anging; vgl. u.a. Brockhaus, Lehmbruck, S.

122ff. Allerdings hatte Lehmbruck niemals individualisierte Figuren geschaffen. 78 PA St. Michael, Schönsee-Chronik, Entstehung des Schmerzensmanns, S. 1. 79 Sachs/Badstübner/Neumann, Ikonographie, S. 313. 80 Vgl. zu folgendem, PA St. Michael, Schönsee-Chronik, Entstehung des Schmerzensmannes,

S. 1f.; Wagener, St. Michael, S. 14.

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ganz überwiegend für eine Entfernung der Gestalt plädierte, was auch in zahlreichen Protestbriefen an Oberpfarrer Kaller und Bildhauer Blümel zum Ausdruck kam, wurde die Plastik an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort belassen. Und tatsächlich begann man Ende der 1920er Jahre allmählich, die figürliche Darstellung des tatsächlichen Kriegsleides zu akzeptieren.81 Der Schmerzensmann in der Berliner Michaelskirche bildet ein Beispiel für die ausschließliche Memorierung des unschuldigen Kriegsopfers im Monumentenbau der Weimarer Republik. Hier wurde dem Betrachter die tatsächliche Dimension des massenhaften Kriegstodes vor Augen geführt, wogegen das Nationale keinerlei Bedeutung mehr besaß. Die Hinwendung zum Individuellen und Religiösen im bildlichen Ausdruck war in der Lage, der Kompensation und Sublimation der objektiven Trauer entgegenzuwirken. Zugleich konnte die moralische Aufklärung über das tatsächliche Sterben einem weiteren Krieg gegensteuern. Allerdings ist ungewiss, inwieweit die Grundaussage der Figur in der Gemeinde tatsächlich wirksam wurde. Zwar nahm ihre breite anfängliche Ablehnung im Laufe der Jahre sukzessive ab. Doch dieser Wahrnehmungswandel setzte nur wenige Jahre vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten ein, die das Totenerinnern wiederum revolutionierten. Für einen Großteil der persönlich Trauernden musste dieses Denkmal ohnehin schon einen Affront darstellen, weil hier das Schuldeingeständnis gegenüber den Gefallenen so dominant auszufallen drohte, dass es die Möglichkeit einer sukzessiven Ablösung vom Verstorbenen und dessen nationale Freigabe deutlich erschwerte.82

81 PA St. Michael, Schönsee-Chronik, Entstehung des Schmerzensmannes, S.2. Carl Blümel

hatte für die Plastik einen „Waschkorb voll Geldscheinen“ bekommen, die allerdings aufgrund der Inflationszeit schnell wertlos waren. 1924 ließ Kaller vom Verlag für Christliche Kunst, München ein Gutachten über den Schmerzensmann anfertigen, das vernichtend ausfiel. Allerdings erschien 1930 wiederum ein Gutachten in demselben Verlag, das die Figur in den höchsten Tönen lobte. 82 Nach der Zerstörung von St. Michael im Februar 1945 wurde die Figur zunächst in einem nächstgelegenen Stift untergebracht und 1953 auf dem alten St. Michaelsfriedhof errichtet. Seit 1976 ist sie in der Kirche des Gemeindezentrums von St. Michael aufgestellt; PA St. Michael, Schönsee-Chronik, Zum Schmerzensmann.

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3. Trauer als Tröstung und Aufklärung. Zum Kriegerdenkmalbau im Bonner Münster „Die [...] beschlossene Heldengedächtnisehrung an der Nordseite des Außenchores, die Freilegung des Münsters, die uns des öfteren beschäftigt hat, die Ausgestaltung des Martinsplatzes, die bessere Straßenführung und das projektierte Husarendenkmal sind ein Complett von Projekten, die nicht einzeln, sondern in engster Verbindung miteinander gelöst werden müssen“, 83 kommentierte Stadtdechant Hinsenkamp im Februar 1930 seine Denkmalplanung für das Bonner Münster. Die Konkretisierung des Denkmalprojekts hatte gerade einen Monat zuvor die allgemeine Zustimmung des Kirchenvorstands gefunden.84 Eine Kriegerehrung für das Bonner Münster zu errichten, war bereits vor 1930 erwogen worden. Es scheinen vor allem finanzielle und organisatorische Gründe gewesen zu sein, die eine frühzeitige Errichtung verhinderten.85 Erst als archäologische Ausgrabungen am Münster - unter der Leitung Graf Wolff Metternichs 86 und Stadtdechant Hinsenkamps 87 - durchgeführt wurden, entschloss man sich zur Schaffung des Denkmals. Man glaubte, dass die parallelen Arbeiten „eine Vereinfachung und darum eine große Verbilligung“ 88 des Denkmalbaus ermöglichen könnten. Im April 1931 versammelten sich die Angehörigen der Kriegsgefallenen in der Münsterpfarre. Es wurde über die Kriegerehrung diskutiert, und man bildete einen entsprechenden Ausschuss.89 Nachdem einige Zeit später der Nordchor freigelegt und die Ausgrabungen abgeschlossen waren, begann die Münstergemeinde mit den Arbeiten am Monument. Als zentrales Bauelement wählte man das Missionskreuz an der äußeren Nordwand des Hochchores, dass mit einer Treppenanlage ausgestattet wurde. Im März 1932 schloss die Gemeinde die

83 AMG, Kirchenvorstandsprotokoll v. 23.2.1930. 84 Ebd. v. 6.1.1930. Der Kirchenvorstand des Jahres 1930 war mit 24 Mitgliedern besetzt, die

ganz überwiegend dem Bürgertum angehörten; Hauptpfarramt, Jahrbuch für 1930, S.10. 85 Hauptpfarramt, Jahrbuch für 1929, S. 1. 86 Franz Graf Wolff Metternich hatte im Ersten Weltkrieg als Soldat gekämpft und war im Mai

1916 schwer verwundet worden. Seit 1928 war Wolff Metternich Provinzialkonservator des Rheinlandes; Rheinischer Verein, Festschrift, S. 1ff. 87 Johannes Hinsenkamp (1870-1948) war seit 1920 Stadtdechant (Oberpfarrer) am Bonner Münster. Er hatte in Bonn katholische Theologie studiert und seine Lehrjahre in Mönchengladbach und Düsseldorf verbracht; Er bewahrte eine moderate Haltung gegenüber der französischen Besatzung. Den Nationalsozialismus lehnte er „ebenso fest wie scharf ab“; Neu, Hinsenkamp, S. 7-21. 88 AMG, Kirchenvorstandsprotokoll v. 6.1.1930. 89 Hauptpfarramt, Jahrbuch für 1931, S.4.

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Arbeit durch Anbringung zweier Ehrentafeln ab (Abb. 83-84).90 Der Kriegerdenkmalbau im Bonner Münster wurde somit nicht nur vom Stadtdechanten selbst, sondern auch von trauernden Hinterbliebenen mit bestimmt. Vorherrschend war eine individuell-religiöse Betrauerung der Kriegsgefallenen. „Bescheiden, des inneren Wertes voll, zum Herzen sprechend, und deshalb von christlichem Volks- und Heimatgeist erfüllt, sollen unsere Kriegerdenkmäler sein“, so kommentierte bereits 1921 der Kunstkritiker Staudhamer den katholischen Denkmalbau.91 Die Kriegergedächtnisstätte des Bonner Münsters orientierte sich überwiegend an dieser moderaten Vorgabe. Ein frühklassizistisches Missionskreuz stand im Mittelpunkt der Anlage am nördlichen Außenchor, errichtet auf einem Rokokosockel, überfangen von einem Kupferdach und durch mehrere Stufen erhöht.92 Links und rechts des Sockels befanden sich schlichte Ehrentafeln mit den Namen der in den Kriegen von 1866, 1870/71 und 1914/18 Gefallenen. Zusätzlich hatte man drei Inschriften auf den Tafeln angebracht: „Resurrecturis“,93 „vita mutatur, non tollitur“,94 und „tamquam aurum in fornace probavit eos“.95 „Die Tafeln sind ganz schlicht. Nicht von geräuschvollem Pathos“ kommentierte die „Deutsche Reichszeitung“ dementsprechend im März 1932. „Der Krieg ist da mit seinem fruchtbaren Ernst.“96 Durch das Sinnbild des leidenden und sterbenden Christus und die Namensnennung der Gefallenen auf den Tafeln wurde auf das tatsächliche Sterben der Soldaten im Krieg verwiesen. Sichtbar wurden der Verfallsprozess und das Verschwinden von Christus am Kreuz. Dies wurde zum einen durch die halbgeöffneten Augen erreicht, die ein Schwanken zwischen Leben und Tod andeuteten. Zum anderen hatte man Füße und Hände mit Nägeln fixiert, auf seinem nach rechts geneigten Kopf trug er die Dornenkrone. Die Arme des Gekreuzigten waren nicht weit gespannt, sondern eher V-förmig nach oben gestreckt. Damit konnte hier kein jugendlich straffer Korpus abgebildet werden, sondern ausschließlich ein schmaler Leib. Das Denkmal war somit zuallererst ein Symbol für die individuell-religiöse Memorierung der Kriegstoten. Dies wurde auch durch die Verbindung der Gedenktafeln mit dem alten Missionskreuz deutlich. Daneben konnten das Denkmal und sein Standort allerdings auch einer 90 Hauptpfarramt, Jahrbuch für 1932, S. 5. GA v. 11.3. 1932 u. 22.3.1932; DRZ v. 14.3.1932. 91 Staudhamer, Kriegsgedenkzeichen, S. 107. 92 Das Missionskreuz datiert von 1763 und stand erst mitten auf dem Münsterplatz, bevor es

1863 an die nördlichen Außenseite der Kirche verbracht wurde, Bonner Rundschau v. 2.6.1953; DRZ v. 7.12.1929. 93 Die Stätte soll also jenen geweiht sein, die auferstehen werden; vgl. DRZ Nr. 68 v. 22.3.1932. 94 Das Leben ändert sich, aber es erlischt nicht; vgl. DRZ Nr. 68 v. 22.3.1932. 95 Gleich wie das Gold im Feuerofen hat der Herr sie geprüft und zu Recht befunden; vgl. DRZ Nr. 68 v. 22.3.1932. 96 DRZ Nr. 59 v. 11.3.1932.

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moralischen Trauer dienen: „Ergreifend ist dieses Ehrenmal vor allem dadurch, dass es mitten in den Verkehr aufragt und das Gedenken des Krieges in ihn hineinstellt; trennt doch nur eine Freitreppe und ein geringer Zwischenraum diese Stätte von dem lebhaften Straßenzug um den Münsterplatz. […] Der Krieg ist da mit seinem furchtbaren Ernst; aber seine Schrecken sind hier aufgenommen in die unendliche Lösegewalt des Gotteshauses.“97 Neben der religiösen Betrauerung der Kriegstoten war somit im Kriegerdenkmal des Bonner Münsters auch der Wille vorhanden, die Unschuld der Opfer in die Gesellschaft hineinzutragen.98 Die Einweihung der Gedenkstätte, die am 12. März 1932 im Rahmen einer nächtlichen Prozession stattfinden sollte, wurde allerdings wegen der politischen Verhältnisse auf unbestimmte Zeit verschoben.99

97 Ebd.

98 Im Gegensatz zur protestantischen Kreuzkirche hielt man in der Münsterkirche am Volkstrauertag „Gedächtnistage für die im Weltkriege Gefallenen“ ab; Hauptpfarramt, Jahrbuch 1932, S.17. Inwieweit das Denkmal hierbei eingebunden war, ist nicht überliefert. 99 GA v. 12.3.1932. Das Kriegerdenkmal ist bis heute an der äußeren nördlichen Chorwand des Bonner Münsters angebracht.

Schluss: Die Perspektive auf die Kriegerdenkmale umkehren

Das Totengedenken am deutschen Denkmal unterliegt heute einer politischen Kultur, die mit dem Kriegsmonument der Weimarer Republik nichts gemein zu haben scheint. „Mahnmale erinnern an das gewaltsame Sterben als Paradigma eines unwiederbringlichen menschlichen Verlusts, der die ganze Sinnlosigkeit des Zweiten Weltkriegs deutlich macht. Denkmäler des Terrors und der Judenvernichtung memorieren die Auslöschung von Menschen, die ihrer Menschlichkeit entledigt wurden. Diese Monumente erzeugen einen reinen Gegenwartswert, indem sie die Überzeugung von der Verwerflichkeit vergangenen Handelns darstellen.“1 Auf den ersten Blick scheint es, als hätten die Kriegerdenkmale der Weimarer Republik diesem Vergangenheitsbruch der Nachkriegsmonumente strikt widersprochen. Sie geben vor, dass sich nach dem Ersten Weltkrieg nichts verändert habe, dass die Gefallenen weiterhin als Helden memoriert und zugunsten der Wiedergeburt einer nationalen (Kampf-) Gemeinschaft funktionalisiert wurden. Auch die kunsthistorische Forschung interpretiert die deutschen Kriegsmonumente bis heute überwiegend als Instrumente politischer Propaganda und Manipulation. Erst wenn man die Perspektive auf die Monumente umkehrt und sie nicht weiter wirkungs-, sondern entstehungsgeschichtlich betrachtet, werden Risse im vermeintlich nationalistischen Gefallenengedenken deutlich. Die Bauakten ausgewählter Denkmäler Münchens, Berlins und Bonns geben einen tiefen Einblick in divergierende Mikrokosmen der Trauer, die sich auf lokaler Ebene innerhalb sozialer Gruppen durchaus unterschiedlich entwickelten. Auch der Totenkult erscheint nicht weiter als bloßes Mittel zur Reproduktion einer überwiegend gewaltbereiten Nation, sondern als Ausgleichsmedium konfligierender Identitäten, wobei unterschiedliche Spielarten des Nationalen sichtbar werden. Neben dem offiziell-städtischen Monumentenbau rücken vor allem die Trauer- und Nationskonzepte halböffentlicher Denkmäler in den Blick, denen bisher kaum Beachtung geschenkt wurde. Insgesamt wird deutlich, dass die Kriegerdenkmale der Weimarer Republik im Prozess der Denkmalsentwicklung dringend einer Neubestimmung bedürfen.

1 Ritter, Henning, Adlernest, in: FAZ v. 5.1.2002; In jüngster Zeit wird allerdings – im Zu-

sammenhang mit der Errichtung des Ehrenmals für die bei Auslandseinsätzen gefallenen Bundeswehrsoldaten in Berlin – das Defizit beklagt, dass daraus erwächst, den gewaltsamen Tod nur noch mit Mühe „staatspolitisch symbolisieren und damit demokratisch […] legitimieren“ zu können; vgl. insbes. Hettling, Gefallenengedenken, S. 73.

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Schluss: Die Perspektive auf die Kriegerdenkmale umkehren

Bislang wurde die Trauer um die Gefallenen am deutschen Kriegerdenkmal der Zwischenkriegszeit ausschließlich von einer individualpsychologischen Perspektive her betrachtet. Die Forschung hat sie als rein intrapersonelles Phänomen analysiert, dem Totenkult gegenübergestellt und damit das jeweilige soziokulturelle Umfeld, welches die Modi des Trauerns unmittelbar mitbestimmte, weitgehend ignoriert. Diese reduktionistische Sichtweise beraubte die Analyse erheblicher Chancen. Demgegenüber macht diese Studie deutlich, dass sich die Trauer am Kriegerdenkmal insbesondere im Spannungsfeld zwischen einer Reflexion des Selbst und der Betrauerung des Anderen vollzog. Die subjektive und objektive Trauer bildeten die (Extrem-) Pole eines Spektrums, dessen wichtigste Unterscheidungsparameter einerseits die Kompensation von Identitätskrisen durch graduelle nationale Freigabe der Gefallenen, andererseits der Einspruch gegen das gewaltsame Sterben durch Festhalten der Kriegstoten war. Die Trauer im Kriegsmonument ging somit weit über den persönlichen Verlustschmerz hinaus. Zugleich drohte sie permanent vom politischen Totenkult vereinnahmt zu werden. 1. Die Untersuchung ausgewählter Kriegerdenkmale als Kulturobjekte hat erstens gezeigt, dass die Totenkultthese ebenso relativiert werden muss wie die These vom deutschen Sonderweg im Monumentenbau nach 1918. Denn die Denkmale waren nicht nur Instrumente eines übersteigerten Nationalismus, sondern auch Produkte divergierender Teilkulturen der Trauer. Ihre Funktionen bildeten sie erst sukzessive in einem Feld teils komplementärer, teils konkurrierender Trauerprozesse aus. Während die Planung halböffentlicher Universitätsdenkmäler überwiegend noch zu einer Heroisierung der Gefallenen führte, die objektive Trauer somit kompensiert wurde, waren der städtische und kirchliche Denkmalbau stärker von der Notwendigkeit gesellschaftlicher Rechtfertigung und somit von einem kompetitiven Nebeneinander, wenn nicht gar vom Gegeneinander subjektiver und objektiver Modi des Trauerns geprägt. Die regionsspezifische Untersuchung konnte die These vom deutschen Sonderweg relativieren. Dort, wo das soziale Leitbild des Kriegshelden noch sozial übergreifend als relativ verbindlich angesehen wurde, wie in der bayerischen Landeshauptstadt München, war der Ausgleich divergierender Formen des Trauerns weiterhin wirksam. Die Gefallenen wurden im Münchener Kriegsmonument noch überwiegend zugunsten des Nationalen freigegeben und memoriert. Dabei schwankte das Denkmal zumeist zwischen einer national-patriotischen und funeralen Formsprache, konnte allerdings auch einen nationalistischen Ausdruck annehmen; zugleich wurde die objektive Trauer in der sozialen Praxis am Monument nicht selten funktionalisiert. Dagegen war im preußischen Berlin und Bonn die Solidarität mit den Kriegsopfern bereits so weit verbreitet, dass diese Vermittlung zwischen subjektiven und objektiven Formen

Schluss: Die Perspektive auf die Kriegerdenkmale umkehren

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der Trauer nicht selten misslang. In den preußischen Kriegerdenkmalen wurden die Gefallenen nicht nur als Soldaten, sondern auch als Bürger, also republikanisch-zivil memoriert. Diese trugen einen Protest gegen den künftigen Kriegstod in sich, was die Instrumentalisierung der objektiven Trauer erschwerte. Insgesamt wurde somit deutlich, dass die untersuchten Denkmale außer den Willen zu politischer Einheit auch eine Konfliktgeschichte der Trauer widerspiegeln – insbesondere dort, wo nationale Deutungen des Kriegstodes zur Disposition gestellt wurden. Dies wirft zugleich die Frage nach europäischen Parallelen auf. Denn auch in England schwankte das trauernde Totengedenken zwischen einem nationalpatriotischen und funeralen Ausdruck hin und her – ähnlich Bayern –, während die Soldaten in französischen Kriegerdenkmalen – was an den preußischen Monumentenbau erinnert – stärker als Bürger, also republikanisch-zivil, betrauert wurden. Es scheint somit, als seien die Trauerund Nationskonzepte in bayerischen und preußischen Kriegerdenkmalen zumindest bis zu einem gewissen Grad mit den Monumenten ihrer europäischen Nachbarn vergleichbar. Will man die These vom deutschen Sonderweg im Kriegerdenkmal endgültig relativieren, wären hierzu weitergehende Untersuchungen notwendig. 2. Die vorliegende Analyse zeigt zweitens, dass die Monumente der Zwischenkriegszeit außer einer historischen auch einer kunsthistorischen Neubewertung bedürfen. Schließlich waren sie als Kulturobjekte aufs engste mit der Sinnstiftung, aber auch mit der Sinnsuche der Zeitgenossen verknüpft. Als Produkte der politischen Kultur Weimars schwankten sie permanent zwischen Monument und Antimonument und balancierten die Grenze zwischen dem Helden und Opfer laufend neu aus. Ihre (ent-) politisierende Haltung kam insbesondere im Wie ihrer Gestaltung zum Ausdruck. Während idealisierte aktive und kontemplative vermännlichte Denkmalfiguren noch die nationale Vereinnahmung nahelegten – deren figurativer Ausdruck somit gerade die Entindividualisierung des Kriegstodes ermöglichte –, erinnerten die schlichte Gestalt des Antihelden sowie architektonische Trauerräume bereits an die Würde jedes einzelnen Gefallenen und riefen zur persönlichen Sinnsuche des Betrachters auf. Die gegensätzlichen Formsprachen traten dabei nicht selten mit- oder nebeneinander am Denkmal auf. Damit wurden die Toten wiederum als unverzichtbare Bestandteile einer nationalen Gemeinschaft und zugleich als unwiederbringliche Einzelwesen memoriert. Allerdings konnte die Vermittlung zwischen den kursierenden Trauer- und Nationskonzepten in der Praxis unterschiedlich verlaufen. Je stärker die individuelle Sinnsuche dem Betrachter selbst überlassen wurde, desto mehr wirkten die Monumente letztendlich heimatlos. Sie wurden nun zumindest partiell von der ursprünglichen Funktion des Kriegerdenkmals, eine traditionelle Ordnung zwischen Lebenden und Toten zu repräsentieren, abgeschnitten.

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Damit nahmen sie den Funktionswandel des Kriegsmonuments nach 1945 bereits vorweg. Bislang wurde der Totenkult in den Kriegsmonumenten der Weimarer Republik ausschließlich als Ausdruck einer Manipulation der Massen interpretiert. Der allgemeine Konsens vom „Sterben für das Vaterland“ habe eine nationalistische Integration im Denkmalkult bewirkt und die Hingabe des Lebens zwischen Generationen und Geschlechtern dauerhaft etabliert, so die Annahme. Erst die genauere Betrachtung zeigt, dass der Totenkult nicht nur ein integratives, sondern auch ein erhebliches konfliktives Potential in sich barg. Der Wunsch, gespaltene Identitäten dauerhaft zu überwölben, konnte durchaus scheitern. Zudem existierten neben den Feiern alternative Rezeptionen am Kriegerdenkmal. Die Gefallenen wurden nicht nur mit Hilfe eines rituellen Kults und zugunsten der Wiederkehr des Nationalen funktionalisiert, sondern ebenso durch stille Blumen- und Kranzniederlegungen an Namenstafeln und in Trauerräumen als Individuen memoriert, was ihre politische Freigabe zumindest teilweise konterkarierte. 3. Die Kriegerdenkmale können somit drittens als Allegorien für die Vielfalt des Nationalen in der Weimarer Republik gedeutet werden. Regionale Verschiebungen in der Phase der Denkmalsrezeption markieren dabei exakt die Risse, welche die zeitgenössische Gesellschaft in der Frage der Sinnstiftung des Kriegstodes durchzogen. Während es in der traditionell hierarchisch gegliederten bayerischen Landeshauptstadt München noch überwiegend gelang, am Kriegsmonument den politischen Totenkult als Einheitskult zu inszenieren und somit den nationalen Diskurs vom bedingungslosen „Sterben für das Vaterland“ zwischen Generationen und Geschlechtern zu etablieren, fielen die einmaligen Einweihungsfeiern in den stärker egalitären preußischen Städten Berlin und Bonn für eine dauerhafte Homogenisierung der Bevölkerung bereits zu uneinheitlich aus. Neben der nationalen Öffentlichkeit wurden hier auch alternative Gruppierungen wie (Vernunft-) Republikaner und Sozialdemokraten zu den Feierlichkeiten zugelassen. Diese waren in der Lage, die Überwölbung divergierender Identitäten zumindest teilweise zu konterkarieren und den Feiern auch einen demokratischen Weihecharakter zu geben. Deutlich wird zudem, wie die Nationskonzepte je nach sozialem Umfeld variierten. Konnten universitäre Denkmalfeiern meist noch eine nationalistisch-militaristische Ordnung von Lebenden und Toten etablieren, schwankten die Rezeptionen offiziell-städtischer Kriegsmonumente überwiegend zwischen nationalen und zivildemokratischen Konzepten, forderten somit auch zu einer individuellen Sinnsuche jedes einzelnen Bürgers auf. Das galt ebenso für die kirchlichen Totenmale

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Münchens, Berlins und Bonns, die neben einer patriotischen insbesondere der religiös-individuellen Betrauerung der Kriegstoten offenstanden. Denkmalsakteure, die in der Weimarer Republik überwiegend subjektiv trauerten, waren nach 1918 starken Verlustängsten ausgesetzt. Diese resultierten nicht allein aus Identitätsbrüchen oder kriegsbedingten Traumatisierungen, sondern auch aus gravierenden Systemkrisen. Insbesondere ein Großteil der bildungsbürgerlichen Hochschulangehörigen war in der republikanischen Gegenwart niemals angekommen. Schließlich hatten die Kriegsniederlage und der Untergang des Kaiserreichs, aber auch der beschleunigte Wertewandel in den Universitäten zu einer Erosion des gesamten psychosozialen Bezugssystems geführt. Die Trauer um die Kriegsgefallenen bildete deshalb nur die Maske für einen subjektiven Verlust, den man selbst nicht aussprechen konnte, weil er zu komplex und unsagbar war. Am Denkmal des triumphalen Helden eignete man sich primär „rhetorisch gewürdigte Tote“2 an. a) Auch wenn die Universitätsangehörigen Münchens, Berlins und Bonns in ihrer symbolischen Trauer überwiegend das eigene Selbst reflektierten, war doch das objektive Totengedenken nicht ohne Vorläufer und Tradition. Noch während des Ersten Weltkriegs wurden die Gefallenen auf Fotografien und in Gedächtnisfeiern überwiegend realitätsnah memoriert. Allerdings hielten die Hochschulmitglieder nach 1918 kaum noch an dieser Form der Betrauerung fest. Stattdessen dokumentieren die universitären Bauakten und Senatsprotokolle zunächst die Tendenz einer – erneuten – nationalen Freigabe der Kriegstoten. Dabei lässt sich auch nachvollziehen, wie die jeweilige Professorenschaft das tatsächliche Sterben auf dem Schlachtfeld sukzessiv negierte und sich der Mythos einer Wiedergeburt des triumphalen Helden an den Hochschulen festsetzte. Insbesondere die Auseinandersetzungen um Errichtung und Beschriftung der universitären Gefallenentafeln machen dies deutlich. Tatsächlich war es für die Betroffenen besonders schwer zu akzeptieren, dass im Krieg vor allem junge Studenten gestorben waren. Denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der jugendliche Tod bereits viel von seiner Allgegenwart verloren. Deshalb musste das Paradoxe des gewaltsamen Todes minimiert und durch eine intergenerationelle Kampfgemeinschaft kompensiert werden. Dies wurde insbesondere dadurch erreicht, dass die Universitätssenate das persönliche Totengedenken an den Namenstafeln zugunsten nationaler Bezüge sublimierten. Daneben spiegeln auch die Entstehungsprozesse der drei triumphalen Heldenfiguren die Formung eines subjektiven Bildgedächtnisses an den Hochschulen Münchens, Berlins und Bonns wider. Sie löste die Trauer endgültig vom Kriegssterben ab und funktio2 Liebsch, Trauer, S. 48.

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nalisierte sie zugunsten der Bedürfnisse einer stark politisierten Professoren- aber auch Studentenschaft. Trotz dieser ähnlich verlaufenden Planungsprozesse treten im interregionalen Vergleich auch gravierende Unterschiede zutage. Denn die Stufen subjektiver Trauer waren verschieden angelegt und wurden unterschiedlich weit beschritten. Divergierende politische Kulturen führten zu einem nationalistisch-militaristischen oder stärker republikanisch-zivilen Gedenken. An der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität, wo bereits vor 1914 der Rechtsnationalismus blühte, war das symbolische Gefallenengedenken von Beginn an auf eine rückwärtige Wiederholung – und somit auf eine Reproduktion des Krieges – hin angelegt. Die nationale Verpflichtung der Überlebenden zur Wiedergeburt des militanten Helden konnte allerdings nur dann gewährleistet werden, wenn bereits während der Planungsphase ein effektiver Zusammenhalt zwischen Lebenden und Toten etabliert, die objektive Trauer somit weitgehend sublimiert wurde. Dies erreichte man einerseits durch einen entsprechenden Beschluss des Senats, der bestimmte, dass auf den Gedenktafeln neben den Gefallenen auch weitere, in den Nachkriegswirren getötete Universitätsangehörige aufgenommen werden sollten. Der politisierte Index löschte die realitätsnahe Trauer zu großen Teilen aus. Andererseits beschloss der Hochschulsenat zügig die Errichtung einer neoklassizistischen Kampffigur, des Speerträgers. Als Abbild des antiken Kriegshelds Achill forderte er ebenso zu direktem Körpervergleich und somit zur Kampfbereitschaft wie zu einer Marginalisierung des individuellen Kriegstods auf. Im Gegensatz hierzu blieb die Trauer an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität zwar rückwärts-, aber nur teilweise auf eine kämpferische Wiederholung hin gerichtet. Zwar war ein Großteil der Studentenschaft völkisch nationalistisch gesinnt, hielt somit an der Wiedergeburt des gewaltbereiten Helden fest. Zugleich gestand aber eine Mehrheit der Berliner Professorenschaft die Kriegsniederlage ein. Das bedeutete jedoch keineswegs, dass man die Gefallenen nun überwiegend als unschuldige Opfer memorieren wollte. Vielmehr plädierte der Senat für eine Bestärkung der zerklüfteten Generationengemeinschaft durch nationale Freigabe der Kriegstoten. Nach heftigen Erinnerungskämpfen mit dem preußischen Kultusministerium, das für ein stärker objektives Betrauern eintrat, einigte sich der Senat auf die hybride, klassizistisch-barocke Figur eines Helden, der zwischen Kontemplation und Aktion, scheinbarer Kraftlosigkeit und Kampfeswillen hin- und herschwankte. Von der Figur ging einerseits der Drang nach aktiver Animation, andererseits aber auch ein passives Gemeinschaftsgefühl aus. Diese konnte sowohl einer Wiederaufnahme des Krieges als auch dem Aufbau der Zivilgesellschaft dienen. Im Unterschied hierzu trug der Triumph des Helden an der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität einen offenen Antagonismus in sich. Während die

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Planung des ersten Kriegerdenkmals Flamme empor, das einen naturalistisch gestalteten, straffen nordischen Jüngling in „explosiver Energie“3 mit zum Himmel aufgerichtetem Schwert zeigte, noch die subjektiven Trauerprozesse seiner stark nationalisierten Initiatorenschaft widerspiegelte, war die Vorbereitung des zweiten, überwiegend architektonischen Kriegerdenkmals, der sogenannten Ehrenhalle, von zivilen Motiven geprägt. Sie sollte die universitäre Gemeinschaft entpolitisieren und zur objektiven Betrauerung jedes einzelnen Gefallenen führen, durchbrach somit die „totalisierende Einordnung“ 4 des jugendlichen Kriegstodes erstmals zugunsten eines demokratischen Trauerkonzepts. In den universitären Kriegerdenkmalen Münchens, Berlins und Bonns setzten die Vertreter subjektiver Trauer häufig militante Generationengedächtnisse in Szene. Durch die Inszenierungen politischer Feiern erfuhren sich die Hochschulangehörigen als alles überragende Schicksalsgemeinschaft permanent neu. Indem sie ihre kämpferische Opferbereitschaft dabei auf jüngere Altersstufen übertrugen, konnten diese zur Nachfolge verpflichtet werden. Zudem bot sich die Chance, gespaltene Generationserinnerungen in ein Prinzip nationalen Zusammenhalts umzudeuten. So mündete beispielsweise die kulturelle Praxis am Münchener Universitätsmonument zügig in einen Gefallenenkult, der die bedingungslose Unterwerfung nachfolgender Generationen unter die Macht des gewaltsamen Todes einforderte. Bereits die Einweihungsfeier der Denkmalsanlage im Jahr 1922 war dazu geeignet, ein übersteigertes politisches Bewusstsein auszuformen. Sämtliche Anwesende wurden dazu verpflichtet, die Gefallenen weniger als Tote, denn als Gründerfiguren einer erneuerten Kampfgemeinschaft zu begreifen. Außerdem wurden an der Figur des Speerträgers studentische Dramen aufgeführt, welche die körperliche Vorbildfunktion direkt auf die Teilnehmer und deren innere Bilder übertrugen. Ein militantes Nationskonzept spiegelten auch die an der Skulptur regelmäßig stattfindenden nationalsozialistischen Heldengedenkfeiern wider. Zwar versuchte die Hochschulleitung in der Endphase der Weimarer Republik, die Vehemenz der Rituale am Denkmal zu begrenzen. Die zweite Einweihungsfeier von 1929, die der Widmung zusätzlicher Namenstafeln galt, oder auch die Kranzniederlegung demokratischer Studenten von 1931, machen bereits gewisse Risse im nationalen Konzept der Universitätsangehörigen deutlich. Allerdings kam dieser Wandel der universitären Trauerkultur zu spät. Denn das Nachleben der Antike hatte in Gestalt des Speerträgers längst seine Gespenster hervorgezaubert und sich auf brutale Weise einem Festhalten an den Kriegsgefallenen entgegengestellt. Dagegen waren dem endgültigen Triumph des Helden am Berliner wie am Bonner Universitätsmonument engere Grenzen gesetzt. Wenn es auch anlässlich 3 DRZ Nr. 35 v. 12.2.1926. 4 Habermas, Kraft, S. 13.

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der Einweihungsfeier des Berliner Denkmals im Jahr 1926 noch überwiegend gelang, kontrastierende Generationserinnerungen zu integrieren und den völkischen Nationalismus eines Großteils der Studenten mit dem moderaten Nationalismus seiner Professorenschaft zu verbinden, wurden die Gefallenen nicht einheitlich funktionalisiert. Vielmehr machte gerade die notwendige Überwölbung nationaler Werte die zwischen den Generationen bestehende Kluft und das Schwanken zwischen einer militärischen und zivilen Deutung des Kriegstods deutlich. Zudem nahm die Berliner Presse das Hochschulmonument als Grenzfigur zwischen Helden und unschuldigen Opfern wahr. Divergierende Deutungen des Nationalen konnten im Berliner Kriegerdenkmal somit zu keinem Zeitpunkt vollständig harmonisiert werden. In Bonn waren der Nationalisierung universitärer Gruppen noch geringere Erfolge beschieden als in Berlin. Während die Enthüllungsfeier von Flamme empor 1926 wiederum der Geburt eines kampfbereiten Helden diente, machte die kurze Gedenkfeier, mit der die Bonner Ehrenhalle 1930 eingeweiht wurde, bereits ein überwiegend ziviles Konzept des Nationalen deutlich, das insbesondere den Willen zu Frieden und Versöhnung aller Volksschichten einschloss. Dieses manifestierte sich auch im 1931 erteilten Verbot von Kranzniederlegungen an den Gefallenentafeln. Deutlich wurde, dass die Hochschule entpolitisiert und die Kriegsopfer zukünftig ausschließlich demokratisch, keinesfalls aber weiterhin nationalistisch-militaristisch memoriert werden sollten. b) Die den offiziell-städtischen Denkmalbau der Zwischenkriegszeit dominierende Figur des tragischen Helden war im Unterschied zum Triumph des Universitätsheroen von vorneherein auf eine permanente Grenzverschiebung zwischen dem militärisch-tötbaren Leben und dem zivilen, nicht opferbaren Leben hin angelegt. Dabei wurde ein Bild der Nation als übergroße Familie mit Loyalitätsbanden imaginiert, welche die Opfergabe des Einzelnen zugunsten des Kollektivs affirmierte. Zugleich konterkarierte man die politische Inanspruchnahme der Kriegstoten dort, wo man die Trauer jedes einzelnen Bürgers integrierte. Der tragische Held verband somit Techniken der Nationalisierung und Demokratisierung in bisher ungekannten Ausmaß. Hierbei treten im regionalen Vergleich zunächst eine Reihe von Ähnlichkeiten auf. So sorgte die notwendige Aushandlung subjektiver und objektiver Trauer innerhalb der jeweiligen Initiatorengruppen stets für massive Konflikte. Nur mühsam konnte hierauf ein Verhandlungsstil durchgesetzt werden, der die unterschiedlichen Trauerkonzepte bündelte und überwölbte. Schließlich waren die ehemaligen Inhaber militärischer oder militärähnlicher Positionen, welche die Denkmäler mit initiierten, nach der Niederlage und dem Untergang der Monarchie von tiefen Existenzkrisen betroffen, die insbesondere aus dem Verfall ihres Sozialprestiges und damit einhergehenden Statusverlusten resultierten. Dies

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mündete in eine überwiegend subjektive Betrauerung der Kriegstoten. Nur wenn die Gefallenen nicht stürben, sondern in der politischen Gemeinschaft weiterlebten, konnte die eigene Identität legitimiert werden. Dagegen war für städtische Vertreter am Denkmal die Erfahrung des Krieges häufig noch zu frisch, als dass sich der Mythos des militärischen Helden wiederum hätte festsetzen können. Ein Vorrecht des Nationalen im Kriegsmonument konnte in ihren Augen nur noch dann erzeugt werden, wenn künftig die objektive Trauer integriert, die Denkmalsymbolik also letztendlich deutungsoffen angelegt war. Dies erreichte man insbesondere dadurch, dass am Kriegsmonument ein komplementäres Geschlechterverhältnis konstruiert wurde. Indem man die Kontinuität eines männlichen Helden demonstrierte, allerdings zugleich weibliche Elemente integrierte, konnten die Gegensätze der zeitgenössischen Militär- und Zivilgesellschaft überdeckt, die nationale Gemeinschaft wiederum bestärkt werden. Nur dort, wo staatsnahe Gruppen an politischem Einfluss gewannen, wie in Berlin oder Bonn, verschob sich die offizielle Deutung des Kriegstodes bis weit in das Feld objektiver Trauer. Offiziell-städtische Denkmalplanungen demonstrieren außer zahlreichen Ähnlichkeiten auch gewichtige Differenzen in der Ausformung des symbolischen Kriegstods. Der Hauptinitiator der Münchener Kriegerdenkmals, der städtische Kriegerbund, bemühte sich beispielsweise von vorneherein, divergierende Modi der Trauer, die in der Bevölkerung kursierten, zu integrieren. So nutzte er ab 1920 die jährlich stattfindenden öffentlichen Trauertage nicht nur für objektives Gedenken an die 13000 im Krieg gefallenen Münchener, sondern auch für die Wiederbelebung eines volksnahen, militärischen Feierstils, der geeignet war, den Neuen Nationalismus des Bundes zu reflektieren. Zugleich waren die beiden Denkmalswettbewerbe von 1922/23 vom permanenten Ausbalancieren subjektiver und objektiver Trauerprozesse geprägt. So war der Münchener Kriegerbund durchaus bereit, die Namensnennung der tausenden von Kriegstoten im Denkmal zu respektieren. Auch dem Vorschlag eines sozialdemokratischen Ausschlussmitglieds, eine Erziehungsanstalt oder ein Versorgungsheim als zusätzlichen Denkmaltypus im Wettbewerb zuzulassen, stimmte er zu. Allerdings entpuppte sich die Akzeptanz dieser Anträge bald als reiner Scheinakt. Denn die maßgeblichen Kriterien des Denkmals, wie dessen Standort und Formgebung, wurden vom Münchener Kriegerbund bereits lange vor Ende der – zweiten – Konkurrenz quasi im Alleingang entschieden. Den Zuschlag erhielt eine Denkmalsanlage auf dem Armeeplatz im Münchener Hofgarten, in deren Zentrum die zentrale Figur des Schlafenden Kriegers ruhte. Dieser bildete die Schnittstelle zwischen dem objektiv trauernden Erinnern der Zivilbevölkerung und einem totalisierenden militärischen Gedächtnis. Der überlebensgroße Soldat, der ausgestreckt auf einem niedrigen Sockel in der Mitte einer Grabkammer lag, integrierte neben militärischen Motiven auch Elemente des Weiblichen. Er

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demonstrierte männliches Pflichtbewusstsein ebenso wie feminine Unschuld und Empathie. Damit konnte er sowohl einer emotionalen Stabilisierung der Hinterbliebenen als auch einer politischen Funktionalisierung der Gefallenen – und somit letztendlich der Kompensation objektiver Trauer – dienen. Erst die Ausgestaltung des Denkmalsinnenhofs im Jahr 1925, welche die ausführenden Künstler quasi im Alleingang tätigten, gab der objektiven Trauer tatsächlich Raum. In diesem Ort der Begegnung mit den Toten, der mit Namenstafeln und übergroßen Reliefs voller Grabhügel und marschierender Krieger ausgestattet war, bot sich die Chance, ergebnisoffen über den Sinn des Kriegstodes zu reflektieren. Bereits die Planungsphase des preußischen Kriegerdenkmals Neue Wache war von heftigen Deutungskämpfen durchzogen. Während die sozialdemokratische Landesregierung die Neue Wache ab 1929 zu einer Gedächtnisstätte ausbauen wollte, die überwiegend an die Gefallenen als zivile Kriegsopfer erinnerte, war das Reichswehrministerium als Eigentümer des Gebäudes ausschließlich an einer militärischen Vereinnahmung der Heeresangehörigen interessiert. Im Programm des Denkmalwettbewerbs wurde gleichwohl die Federführung der preußischen Regierung akzeptiert. Auch wünschte man sich eine „in der Hauptsache mit architektonischen Mitteln“ zu schaffende Stätte. Dies nahm das Gewicht objektiver Trauersymbolik bereits vorweg. Die Konkurrenz im Jahr 1930 macht dann deutlich, wie die divergierenden Trauerprozesse auf demokratischem Wege zu einem Kompromiss geführt wurden. So erhielten die Entwürfe Mies van der Rohes und Hans Poelzigs den zweiten und dritten Preis. An erster Stelle wurde ein Entwurf Heinrich Tessenows gesetzt, dem es gelang, die divergierenden Trauerkonzepte der Initiatoren zu integrieren, ohne die objektive Trauer aus den Augen zu verlieren. Bereits dem Ursprungsbau der Schinkelschen Neuen Wache hatten ein militärisches und zugleich ein ziviles Gedächtnis zugrunde gelegen. Dieser war direkt auf der Grenze zwischen funktionalem Zweckbau und Kunstdenkmal, zwischen Kriegshelden und -opfern errichtet worden. Ungefähr in der Mitte der abgedunkelten, mit Basaltsteinen gepflasterten Gedächtnisstätte legte man 1931 einen mit silbernen Eichenblättern versehenen Kranz auf hohem Granitkubus unterhalb eines Oberlichts nieder. Vor dem Denkmal wurde eine kleine Platte mit der Inschrift 1914/1918 auf dem Boden angebracht. Keine militaristischen Attribute erinnerten mehr an die Notwendigkeit einer nationalen Hingabe der Gefallenen. Die Bildelemente ließen sich stattdessen entweder patriotisch oder zivildemokratisch deuten. Während beispielsweise der versilberte Kranz an sich ein klassisches Symbol der Ehrung von Kriegstoten darstellte, konnte er aufgrund seiner Ausführung in Graumetall, die sich geschickt mit der Trauerhalle verband, zugleich die Unwiederbringlichkeit der Gefallenen symbolisieren. Auch vom Kubus ging eine gespaltene Deutung aus, die zwischen dem notwendigen und un-

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schuldigen Kriegsopfer schwankte. Erinnerte der Stein einerseits an die klassische Form eines Opferaltars, war er andererseits auch als minimalistisches Objekt zu betrachten, zu dem der Betrachter in eine individuelle, deutungsoffene Beziehung trat. Die Skulptur blieb somit letztendlich funktional ortlos und weitgehend selbstreferentiell. Dies versetzte die Neue Wache in der Lage, divergierende Trauerkulturen nebeneinander ungestört klingen zu lassen und ein republikanisch-ziviles Totengedenken zu integrieren. Im Gegensatz zum städtisch-bayerischen und preußischen Kriegerdenkmal wurde in der Planungsphase des Bonner Kriegerdenkmals erstmals das Scheitern eines Deutungskompromisses deutlich. Hier standen sich die subjektive Trauer des Bonner Kriegerbundes sowie objektive Trauerformen städtischer Instanzen unversöhnlich gegenüber. Das wird zunächst anhand der öffentlichen Verhandlungen über das Kriegsmonument deutlich. Während militärische Vertreter unbedingt einen Ehrenhain errichten wollten, der performativen Charakter haben sollte, plädierte der demokratisch gesinnte Teil der Bürgerschaft in der Bonner Lokalpresse überwiegend für den Bau einer Volks- und Erholungsstätte. Allerdings konnte auf diesem Wege keine Einigung erzielt werden. Deshalb entschied die Stadtverwaltung, die Planung des städtischen Kriegerdenkmals zunächst auszusetzen und stattdessen ein schlichtes Totenmal auf dem Bonner Ehrenfriedhof zu errichten, das einer überwiegend religiös-individuellen Trauer dienen sollte. 1926 wurde ein einfaches Holzkreuz als provisorisches Totenmal errichtet. Erst zwei Jahre später führte man dann den eigentlichen Denkmalwettbewerb durch, der insbesondere eine zivildemokratische Betrauerung der Gefallenen zum Ziel hatte. So spiegelte auch der erstprämierte Entwurf „Auferstehung“, der einen schmalen, verweiblichten, nackten Jüngling ohne jegliche militärische Attribute, also die klassische Figur eines Antihelden, zwischen die Kriegsgräber des Bonner Nordfriedhofs stellte, überwiegend ein objektives Betrauern wider. Allerdings wurde die Skulptur offenbar von breiten Schichten der Bonner Öffentlichkeit abgelehnt, weshalb man den Wettbewerb schließlich ergebnislos vertagte. Während im bayerisch-städtischen Kriegerdenkmal Münchens ein Ausgleich der unterschiedlichen Nationskonzepte noch weitgehend erreicht wurde, war am abstrakten preußischen Kriegsmonument in Berlin lediglich noch ein konkurrierendes Nebeneinander möglich. Und das Bonner Denkmalprojekt scheiterte von vorneherein aufgrund der Unversöhnlichkeit seiner zutiefst gespaltenen Trauerkulturen. Der Münchener Schlafende Soldat wurde gleichermaßen von persönlich als auch politisch Trauernden rezipiert und dabei als „Sohn seiner Mutter“5 oder als „tapferer Soldat“6 wahrgenommen. An der Figur legte man 5 MNN Nr. 26 v. 27.1.1926. 6 Ebd.

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immer wieder Blumen, Kerzen und Kränze nieder, welche die Vermittlung zwischen den kontrastierenden Trauerformen erleichterten. Dagegen weist die Nutzung des Denkmalinnenhofs stärker auf eine rein objektive Betrauerung hin. Das macht neben dem zahlreichen Blumenschmuck, der direkt an den Namenstafeln angebracht wurde, auch die alljährliche Errichtung von Weihnachtsbäumen deutlich. Der Totenkult am Münchener Kriegerdenkmal, der sich über Grundsteinlegungs-, Einweihungs- und sonstige rituelle Feiern erstreckte, war auf die Reproduktion des militärischen Helden gerichtet. Während die Feier der Grundsteinlegung 1923 noch überwiegend einer Demonstration des völkischen Nationalismus gleichkam, war das alljährliche Denkmalritual ab 1924 stärker vom monarchischen Nationalismus geprägt. Und ab 1927 fiel das Totenritual nochmals ein Stück weit politisch moderater aus, wobei weiterhin überwiegend für eine nationale Hingabe der Gefallenen plädiert wurde. Insgesamt wird somit deutlich, wie am Münchener Kriegsmonument divergierende Nationskonzepte um Deutungsmacht konkurrierten und dabei das Nationale sukzessive umgedeutet wurde. Dagegen spiegelten die zeitgenössischen Pressediskurse über die preußische Gedächtnisstätte insbesondere die öffentlichen Zerwürfnisse wider. So beklagten rechtsgerichtete Organe permanent die mangelnde Feierstimmung des Raumes sowie die Tatsache, dass sich die Soldaten hier in Zukunft fremd fühlen würden, während die linke Presse noch eine „gewisse Bejahung des Todes“7 monierte. Deutlich wird somit, dass sich die Neue Wache im öffentlichen Bewusstsein permanent auf der Grenze zwischen einem zivildemokratischen und traditionell-militaristischen Nationskonzept bewegte. Darauf deutet auch die soziale Praxis am Denkmal hin. Die generelle Offenhaltung des Innenraums ermöglichte es vielen Besuchern, sich persönlich dem Gedenkstein zu nähern und vor ihm in Andacht der Toten zu gedenken. Dabei wurden auch Kränze und Blumen niedergelegt. Dagegen wurde die Einweihungsfeier im Juni 1931 überwiegend zu einer Demonstration einer „Nation in Waffen“ genutzt. c) Allerdings drohte die (Wieder-) Erweckung des Helden überall dort zu scheitern, wo die objektive Trauer einen hervorgehobenen symbolischen Rang einnahm. Insbesondere die protestantischen und katholischen Kirchen ordneten das realitätsnahe Totenerinnern häufig nicht weiter einer nationalen Norm unter. Die Gefallenen wurden hier zunehmend ihres heroischen Prinzips entkleidet und traten nicht selten als entpolitisierte, individuelle Opfer auf. Das geschah insbesondere dadurch, dass man die Gefallenen mit Hilfe von Namenstafeln und plastischen Elementen als Abwesende memorierte.8 Dabei war das Gedenken 7 Vorwärts, Nr. 340 v. 2./3.7.1930. 8 Margalit, Ethics of Memory, S. 18ff.

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durch eine „sanfte Zurückweisung“ 9 charakterisiert. Denn insbesondere der Kirchenraum konnte den Widerspruch zwischen der notwendigen Entfernung von den Toten sowie dem Wunsch, sie in anderer Form von Nähe „da“ zu behalten, überwinden.10 Die Gefallenen wurden so aus dem innersten Nahbereich „in einen […] befriedeten Nähe-Ring“11 transportiert. Ihnen wurde – auch in psychischer Hinsicht – ein weiter Raum gegeben. Hierdurch konnte der Betrachter deren Sterben als persönliche Scham erfahren. Außer diesem individuellen galten die Räume auch einem gemeinsamen Gebrauch. Die Trauernden konnten sich hier aufhalten und in Gottesdienst und Gebet gegenseitig stützen. Trotz dieser Gemeinsamkeiten fiel die Annäherung von Nation und Religion regionsspezifisch wiederum unterschiedlich aus. Während in den bedeutendsten protestantischen und katholischen Kriegerdenkmalen Münchens noch überwiegend ein gewisser Ausgleich zwischen religiösen und nationalen Deutungen des gewaltsamen Todes geschaffen werden konnte, was häufig in die Figur eines –militärischen wie zivilen – Helden mündete, scheiterte in den Hauptkirchen Berlins jeder Vermittlungsversuch. Stattdessen setzte sich im protestantischen Dom und in der katholischen Michaelskirche deutlicher die Objektivierung der Trauer durch. Und in Bonn waren die Konfessionen in ihren Trauerprozessen von Beginn an zutiefst gespalten. Der Errichtung des Kriegsmonuments in der protestantischen Münchener Oberpfarrei St. Matthäus ging auf Deutungskämpfe zwischen trauernden Hinterbliebenen zurück. Obwohl nicht wenige von ihnen der Meinung waren, dass das Gedenken an den Krieg nicht in ein Gotteshaus passe, stimmte die Gemeinde letztendlich mehrheitlich dem Denkmalbau zu. Schließlich wollten nicht wenige Angehörige die Namen ihrer Toten auf den Namenstafeln leuchten sehen, wie der zuständige Gemeindepfarrer betonte. Neben dieser nationalen Kompensation verfolgte das Denkmal aber auch handfeste politisch-pragmatische Ziele. So sollte der nationale Sinn der Gemeindejugend gestärkt, die Familien wiederum in die Kirche geführt werden. Aus dieser dualen Absicht resultierte ein Kriegsmonument, dessen mächtige, zentrale Gedenktafel insbesondere einem individuell-religiösen Totenerinnern diente, während die plastische Überwölbung durch einen ruhenden Löwen geeignet war, an das Nationale zu appellieren. So konnte auch die Einweihungsfeier von 1921 einerseits die trauernden Hinterbliebenen trösten, und andererseits an ein notwendiges, überwiegend zivil konnotiertes nationales Opfer erinnern. Der Ausgleich subjektiver und objektiver Trauer war in der bayerischen Hauptstadt allgegenwärtig.

9 Derrida, Mémoires, S. 57. 10 Sloterdijk, Globen, S. 170. 11 Ebd.

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Auch die Kriegerdenkmale des Münchener Frauendoms und der zweitgrößten katholischen Kirche St. Peter machten eine Vermittlung der divergierenden Trauerformen möglich. Zwar lehnte Kardinal Michael von Faulhaber als Präses der katholischen Kirche Bayerns im Laufe der 1920er Jahre einen weiteren Krieg vehement ab. Gleichzeitig zwang ihn seine monarchistische Haltung zu einer grundsätzlichen Legitimation des gewaltsamen Kriegstods. Dieser Gewissenskonflikt, dem der bayerische Kardinal unterlag, spiegelte sich auch im katholischen Kriegerdenkmalbau Münchens wider. Zwar hatten die Totenmale überwiegend religiös-individuellen Charakter. Doch konnten sie auch einer nationalen Bestärkung und Verpflichtung dienen. Schon die hauptsächlich religiöse Symbolik auf der Gedenktafel im Münchener Frauendom mit der Inschrift „Ihren im Weltkriege gefallenen Heldensöhne in Dank und Treue die Dompfarrei Unserer Lieben Frau“ stellte eine Verbindung zwischen dem christlichen und nationalen Opfer her. Und die Bronzefigur des auferstandenen Christus in der Münchener Peterskirche war zwar ursprünglich ausdrücklich mit der Absicht errichtet worden, den Trauernden religiöse Hoffnung zu geben. Dementsprechend wurde der Toten dort in täglichen Andachten persönlich gedacht. Unterschwellig war die triumphierende Christusfigur aber zugleich geeignet, die Kriegstoten wiederum zugunsten des Nationalen freizugeben. Der Errichtung des Kriegerdenkmals in der Berliner Domgemeinde waren heftige Deutungskämpfe vorausgegangen. Während die nationalprotestantischen Vertreter des Domkirchenkollegiums unbedingt ein revanchistisches Monument im Kirchenraum errichten wollten, waren die liberalen Domprediger nur zur Schaffung eines christlichen Totenmals bereit. Den Entwurf des deutschnationalen Bildhauers Starck, der die objektive Trauer vollständig sublimierte, lehnte die Gemeinde deshalb nach langen Verhandlungen ab. Das hatte politische wie finanzielle Gründe. Denn das sozialdemokratische Kultusministerium, welches die Oberaufsicht über das Domvermögen hatte, verweigerte die Errichtung des kostspieligen Kriegerdenkmals – wohl nicht nur aufgrund des finanziellen Engpasses der Domgemeinde. Stattdessen entschied man sich 1931, eine schlichte Tafel auf dem Marmorfeld hinter der Kanzel anzubringen. Sie diente der persönlichen Betrauerung der Kriegstoten, wie auch die Einweihungsfeier von 1932 deutlich macht. In der zweitgrößten katholischen Kirche Berlins, St. Michael, wurde 1922 ein Schmerzensmann errichtet. Die Plastik, die von dem Gemeindepfarrer und späteren Bischof Maximilian Kaller ab 1921 nahezu im Alleingang, also über die Köpfe des zuständigen Kirchenvorstands hinweg, geschaffen wurde, zeigte einen klassischen Antihelden. Dargestellt war eine überwiegend nackte, ausgemergelte Christusgestalt in nachdenklicher, sitzender Positur, welche die Kirchenbesucher durch ihren ernsten Blick permanent mit dem Elend des Kriegstodes, aber auch mit dessen realen Folgen konfrontierte. Der Schmerzensmann wurde zwischen dem

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Hauptschiff und dem leicht erhöhten Chorbereich der Kirche aufgestellt, womit für jeden Kirchenbesucher eine Betrachtung quasi obligatorisch war. Enthüllt wurde die Gestalt anlässlich der Karfreitagsmesse 1922, was die zugrundeliegenden objektiven Trauerprozesse zusätzlich unterstrich. Der Schmerzensmann wollte gegen den massenhaften Kriegstod Einspruch erheben, indem er das Leiden jedes einzelnen Kriegstoten analog dem Sterben Christi wirklichkeitsnah vor Augen führte. Die Planungen für ein protestantisches Kriegerdenkmal in der Bonner Kreuzkirche sahen zunächst die Errichtung schlichter, hölzerner Namenstafeln vor. Hierbei hätte die Religion noch als individueller Freiheitsbereich bestehen bleiben, die Kriegstoten somit objektiv betrauert werden können. Allerdings fand dieser Vorschlag des ersten, liberalen Denkmalkomitees nicht lange Gehör. Stattdessen machte bereits der im Frühjahr 1922 durchgeführte Künstlerwettbewerb den Willen zu einer politischen Überhöhung des Kriegstodes deutlich. Nun erhielt auch die deutschnationale Fraktion im Denkmalausschluss immer mehr Zulauf, wogegen dessen moderate Minderheit an den Rand gedrängt wurde. Letztendlich entschied die Gemeindeversammlung, im südwestlichen Seitenschiff eine Kriegergedächtniskapelle in nationalistischer Formsprache zu errichten, die der Sublimation der objektiven zugunsten einer subjektiven Trauer diente. Das macht auch die Einweihungsfeier des Denkmals deutlich, welche überwiegend den Willen zur Wiedergeburt des kampfbereiten Helden reflektierte und das persönliche Totenerinnern in ein aggressives Nationskonzept integrierte. Dagegen war die Errichtung der Gedenktafeln am Bonner Münster überwiegend mit dem Willen zur objektiven Betrauerung der Gefallenen verbunden. Die Tafeln hatte man auf Wunsch der Hinterbliebenen unterhalb eines alten Missionskreuzes an der nördlichen Außenwand des Chores angebracht, womit der Kriegstod und das Leiden und Sterben Christi direkt integriert wurden. Durch den Standort des Denkmals am Rande des Münsterplatzes konnte die realitätsnahe Betrauerung der Gefallenen auch an die Bonner Bevölkerung vermittelt werden. Er diente dazu, „das Gedenken des Krieges [in die zeitgenössische Gesellschaft] hineinzustellen.“12 Die Einweihungsfeier der Gedenktafeln, die noch 1932 im Rahmen einer nächtlichen Prozession und Messe stattfinden sollte, wurde allerdings aufgrund der politischen Verhältnisse auf unbestimmte Zeit verschoben.

12 DRZ v. 11.3.1932.

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Insgesamt hat die kulturgeschichtliche Untersuchung gezeigt, dass staatsferne Initiatorenkreise während der Denkmalplanungen regelmäßig versuchten, ein rückwärtsgewandtes, wenn nicht gar wiederholendes Gefallenengedenken im Monument zu verankern. Schließlich wurde die Vergangenheit von ihnen meist nicht als falsch erachtet, die nationale Vereinnahmung der Toten nicht durch Einsicht in die Notwendigkeit objektiver Trauerns konterkariert. Typisch war deshalb, dass staatsferne Gruppen die Kriegstoten als kampfbereite oder zumindest patriotische Helden überwiegend subjektiv betrauerten, sie somit zugunsten einer nochmaligen nationalen Verpflichtung oder Bestärkung funktionalisierten und das individuelle Sterben sublimierten. Dennoch war der tatsächliche Ausgleich divergierender Formen des Trauerns nur dort auf Dauer möglich, wo die Sozialmacht der alten Eliten die Solidarität gegenüber den Opfern weit überstieg. In der bayerischen Hauptstadt, wo nationale Gruppen traditionell auf besonders stabile gesellschaftliche Verhältnisse zurückgreifen konnten, war nach 1918 der hierarchische Zusammenhalt der Geschlechter und Generationen noch so weit verbreitet, dass die Vermittlung zwischen unterschiedlichen Trauerprozessen überwiegend gelang. Dagegen plädierten staatstragende Kräfte von links und rechts, sobald sie ein Denkmal (mit-) initiierten, meist für ein den Kriegstoten zugewandtes Erinnern. So betrauerten Sozialdemokraten die Gefallenen vor allem objektiv, indem sie abstrakt-architektonische Denkmale schufen, die einerseits an den nicht wieder gutzumachenden Kriegstod erinnerten, andererseits an die Notwendigkeit eines republikanisch-zivilen Opfers appellierten. Und zentrumsnahe Katholiken plädierten häufig für ein religiös-individuelles, aber auch vaterländisches Gedenken, das die Trauer ein Stückweit entpolitisierte, indem es in erster Linie auf Tod und Leiden der Gefallenen insistierte, wobei auch schlichte Antihelden geschaffen wurden. Deutlich wird somit, dass staatstragende Gruppen das Totengedenken stärker individualisierten, indem sie die Perspektive des zivilen Helden oder des tatsächlichen Opfers integrierten. Zwar waren diese Formen objektiver Trauer im Allgemeinen sozial weniger verankert und wiesen nicht denselben Grad an Verbindlichkeit auf wie ein überwiegend nationales Gedenken. In Preußen konnten sozialdemokratische und zentrumsnahe Kreise die politische Vereinnahmung der Gefallenen jedoch zumindest teilweise eindämmen. So waren die Planungs-, Gestaltungs- und Rezeptionsphasen der Kriegerdenkmäler im sozialistischen Berlin nicht selten von konkurrierenden Trauer- und Nationskonzepten geprägt. Und im überwiegend katholischen Bonn führten die Gegensätze gar zum Scheitern manches ideologischen Denkmalprojekts. Insofern fand im Monumentenbau der Weimarer Republik tatsächlich ein gewisser Vergangenheitsbruch statt.

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Zusätzlich weisen die kulturellen Umdeutungen des Nationalen in der Phase der Denkmalrezeption auf die Grenzen der Totenkultthese hin. Deutlich wurde, dass die Überwölbung trauernder Identitäten keineswegs immer gelang. Vielmehr spiegeln die kulturellen Praktiken am Kriegerdenkmal die ganze Vieldeutigkeit des Nationalen in der Zwischenkriegszeit wider. Während es in der bayerischen Landeshauptstadt noch möglich war, am Kriegsmonument den politischen Totenkult als Einheitskult zu inszenieren und somit das Konzept einer latenten Kampfbereitschaft im politischen Raum zu verankern, fielen die Einweihungsfeiern an den Denkmalen Berlins und Bonns für eine dauerhafte Homogenisierung der Bevölkerung bereits zu uneinheitlich aus. Hier wurden neben national-militaristischen in besonderem Maße zivildemokratische Nationskonzepte rezipiert. Hinzu kommt, dass in vielen Kriegerdenkmälern eine vom Totenkult unabhängige Perzeption existierte. Schließlich nahmen die Akteure in ihrer Denkmalpraxis überwiegend solche Bildelemente wahr, die ihren eigenen (Kriegs-) Erfahrungen am nächsten standen. Die Gefallenen wurden deshalb nicht nur mit Hilfe von lebendigen Gründungsfiguren funktionalisiert, sondern auch durch stille Blumen- und Kranzniederlegungen in Trauerräumen und an Namenstafeln als Abwesende memoriert, was den politischen Totenkult zumindest teilweise konterkarierte. Die Nationskonzepte am Kriegsmonument der Zwischenkriegszeit schwankten insofern permanent zwischen nationalistischer Aggression und demokratischer Partizipation, wobei ein Ausgleich beider Pole nicht immer gelang. Alles in allem verdienen die Kriegerdenkmale der Weimarer Republik im Prozess der Denkmalentwicklung somit eine Neubewertung. Sie dürfen nicht weiter in eine historische Linearität gestellt werden, die bei den Denkmälern der nationalen Sammlung beginnt und in nationalsozialistischen Heldendenkmälern endet. Anstelle einer Einordnung in die Geschichte des deutschen „Sonderwegs“ sollten sie als Kulturobjekte betrachtet sowie in die neueren – europäischen – Forschungskontexte integriert werden. Dabei gilt es, die Perspektive auf die Monumente umzukehren. Schließlich fand die Denkmalgeschichte in der Weimarer Republik im Zeichen divergierender Formen der Trauer und des Nationalen statt, die – von ihrer Entstehungsgeschichte her betrachtet – je nach regionalem und soziokulturellem Umfeld deutlich variierten. Während die Hauptfunktion der Kriegsmonumente in staatsfernen Gemeinschaften noch überwiegend in der Stärkung eines – wie auch immer gearteten – nationalen Zusammenhalts bestand, formierte sich Identität bei staatsnahen Gruppen weit weniger im Kontext des Kollektivs. Stattdessen wurde hier das Ich sukzessive zum zentralen Bezugspunkt der Sinnstiftung. Die Gefallenen wurden in den Kriegerdenkmalen der Weimarer Republik somit nicht mehr nur hingegeben, ihr Tod politisch kompensiert, sondern sie behaupteten sich zugleich als eigen-

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ständige Individuen, was letztendlich auch die Heimatlosigkeit vieler Kriegsmonumente dieser Zeit erklärt.

Abkürzungsverzeichnis

AEvG AMG ASP AZ BayHStA BLfD Barch BK BMP BStZ BT BZ BZ am Mittag BuR DAZ DRZ DZ EAM GA GStA HATUM KT KVZ KZ LAB LKA MA MAA Z MF MINN MK MKr MMJO MNN MP MWi MZ NPZ NZ PA

Archiv der Evangelischen Gemeinde Bonn Archiv der Münstergemeinde Bonn Pfarrarchiv St. Peter München Allgemeine Zeitung Bayerisches Hauptstaatsarchiv Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege München Bundesarchiv Lichterfelde Bayerischer Kurier Berliner Morgenpost Bayerische Staatszeitung Berliner Tageblatt Bonner Zeitung Berliner Zeitung am Mittag Bürgermeisteramt und Rat Deutsche Allgemeine Zeitung Deutsche Reichszeitung Deutsche Zeitung Erzbischöfliches Archiv München Generalanzeiger Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin Historisches Archiv Technische Universität München Kölner Tageblatt Kölnische Volkszeitung Kölnische Zeitung Landesarchiv Berlin Landeskirchliches Archiv Ministerium des Äußeren Münchener Allgemeine Abendzeitung Finanzministerium Ministerium des Inneren Ministerium Kultus Kriegsarchiv Max Josef Orden Münchener Neueste Nachrichten Münchener Post Ministerium für Wirtschaft Münchener Zeitung Neue Preußische Kreuz-Zeitung Neue Zeit Pfarrarchiv

376 RwGrKdo SchlV StA SMB UA UAM VB VosZ VZ

Abkürzungsverzeichnis

Reichswehrgruppenkommando Schlösserverwaltung Stadtarchiv Staatliche Museen Berlin Universitätsarchiv Universitätsarchiv München Völkischer Beobachter Vossische Zeitung Völkische Zeitung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Architektur der Münchener Kriegergedächtnishalle um 1944, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehemaligen Universitätsbauamts, Nr. 33/II. Abb. 2: Lichthof im Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität München, ca. 1920, in: Thiersch, Bestelmeyer, S. 67. Abb. 3: „Kriegermaske“ über den Gedächtnistafeln der Münchener Ehrenhalle, um 1940, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehem. Universitätsbauamts, Nr. 33/II. Abb. 4: dto. Abb. 5: Der „Speerträger“ in der Münchener Kriegergedächtnishalle, kurz vor der Zerstörung 1944, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehem. Universitätsbauamts, Nr. 33/II. Abb. 6: Der „Speerträger“ in der Münchener Kriegergedächtnishalle, um 1930, in: Bildarchiv des UAM, o.A. Abb. 7: dto. Abb. 8: „Speerträger“ in der Münchener Kriegergedächtnishalle, Postkarte, um 1930, in: Bildarchiv des UAM. Abb. 9: „Speerträger“ in der Münchener Kriegergedächtnishalle, Foto v. 31.5.1938, in: Staatliches Bauamt München 2, Bildarchiv des ehem. Universitätsbauamts, Nr. 33/II. Abb. 10: Einweihungsfeier des Münchener Universitätsdenkmals am 18.1.1922, Blick auf den Lichthof, in: Ludwig-Maximilians-Universität, Gedächtnisfeier, S. 7. Abb. 11: Universitätsdenkmal Hans Poelzig, Entwurf v. 1920, in: TU Berlin, Plansammlung, Plan 4606, Entwürfe Poelzig, Nr. F 1993. Abb. 12: Universitätsdenkmal Poelzig, Entwurf v. 1920, in: TU Berlin, Plansammlung, P 4606, Entwürfe Poelzig, Nr. F 1986. Abb. 13: Universitätsdenkmal, Entwurf Lederer v. 1920, in: Archiv des Südmährischen Landschaftsrats, Entwürfe Lederer. Abb. 14: Universitätsdenkmal v. H. Lederer, um 1930, in: AKG Images Berlin, Bild Nr. 5-B1-H1-38-1930. Abb. 15: Kriegerdenkmal der Universität Berlin im hinteren Garten, um 1930, in: Lang, Universität Berlin, Bild Nr. 10. Abb. 16: Einweihungsfeier des Universitätsdenkmals am 10. Juli 1926, in: FriedrichWilhelms-Universität Berlin, Enthüllung, S. 19. Abb. 17: Universitätsdenkmal bei der Einweihung 1926, in: Lang, Universität Berlin, Bild Nr. 11. Abb. 18: Flamme empor im Arkadenhof der Universität, ca. 1928, in: UA Bonn, Bildarchiv, Nr. Sbs 137. Abb. 19: Flamme empor auf dem Alten Zoll, in: StA Bonn, Bildarchiv, Postkarte Kunstverlag Köhler, um 1930. Abb. 20: Einweihungsfeier von Flamme empor nach Rückversetzung 1933, in: UA Bonn, Bildarchiv, Nr. 15308-2.

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 21: Flamme empor bei der Einweihung 1926, in: UA Bonn, Bildarchiv, Nr. Sbs 650. Abb. 22: Flamme empor im Universitätsinnenhof, ca. 1926, in: UA Bonn, UI 15382, Sbs 397. Abb. 23: Ehrenhalle am Tag der Einweihung 1930, Fotografie von A. Keller, in: von Bezold, Friedrich-Wilhelms-Universität, Abb. 10. Abb. 24: Kriegerkopf aus der Ehrenhalle, Fotografie von W. Weber, in: von Bezold, Friedrich-Wilhelms-Universität, Abb. 9. Abb. 25: Nordseite der Universität mit Haupteingang (Ehrenhalle), um 1933, in: StA Bonn, Bildarchiv, o.A. Abb. 26: Einzug der Korporationen, Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, Fotographie von Adolf Plesser, in: StA Bonn, Bildarchiv, o.A. Abb. 27: Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, Fotographie von Adolf Plesser, in: StA Bonn, o.A. Abb. 28: Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, Ansprache v. Franqué, Fotographie von Plesser, in: StA Bonn, o.A. Abb. 29: Enthüllung Flamme empor, 21.2.1926, in: StA Bonn, Bildarchiv, Nr. 6841-6. Abb. 30: Versammlung der Dozenten und Studenten anlässlich der Einweihungsfeier der Ehrenhalle v. 28.6.1930, in: GA Bonn v. 1.7.1930 Abb. 31: Werbeplakat Militärkonzert mit Spendensammlung zur Errichtung des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, BUR, Nr. 551. Abb. 32: Entwurfsskizze für die Anordnung der Gefallenennamen in der Gedächtniskapelle des Münchener Rathauses, in: StA München, Hochbausammlung, Gruppe XII, Nr. 52. Abb. 33: Gedächtniskappelle im Rathaus am Münchener Marienplatz, in: StA München, Hochbausammlung, Gruppe XII, Nr. 54. Abb. 34: Der Schlafende Krieger; Entwurfsmodell v. Bernhard Bleeker, in: Beblo, Stadtbaukunst, S. 52. Abb. 35: Entwurfsmodell zum Denkmalinnenhof v. Karl Knappe, in: StA München, BUR, Nr. 551. Abb. 36: Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1416. Abb. 37: Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1415. Abb. 38: Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1414. Abb. 39: Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1417. Abb. 40: Schlafender Krieger in der Krypta des Münchener Kriegerdenkmals, in: Bildarchiv Foto Marburg, Nr. 1188923. Abb. 41: Auferstehungsengel „Cherub“ v. Karl Knappe, in: Fischer, Knappe, Bildanhang 1. Abb. 42: Bayerisches-städtisches Kriegerdenkmal im Münchener Hofgarten, in: Alckes, Denkmäler, S. 183.

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Abb. 43: Kriegerdenkmal vor dem Münchener Armeemuseum, in: StA München, Historisches Bildarchiv Pettendorfer 2, Nr. 1077 Abb. 44: Lageplan Kriegerdenkmal im Münchener Hofgarten vor dem Armeemuseum, in: StA München, BUR, Nr. 551. Abb. 45: Kriegerdenkmal vor dem Münchener Armeemuseum, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1423. Abb. 46: Relief „Grabkreuze“ von Karl Knappe, in: Beblo, Stadtbaukunst, S. 51. Abb. 47: Relief „Ausmarschierende Krieger“ von Karl Knappe, in: Beblo, Stadtbaukunst, S. 51. Abb. 48: Innenhof des Kriegerdenkmals am Münchener Armeemuseum, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1418. Abb. 49: Innenhof des Kriegerdenkmals am Münchener Armeemuseum Weihnacht 1930, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1419. Abb. 50: Königshaus Wittelsbach bei der Einweihung des Münchner Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1405. Abb. 51: Grundsteinlegung Münchener Kriegerdenkmal, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1408. Abb. 52: Einweihung des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1409. Abb. 53: Einweihung des Münchener Kriegerdenkmals, in: StA München, Postkartensammlung, Nr. 1409. Abb. 54: Wettbewerbsmodell von Heinrich Tessenow, Neugestaltung der Neuen Wache v. 1930, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 418. Abb. 55: Entwurfsskizze Tessenow zum Wettbewerb um die Neugestaltung der Neuen Wache 1930, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 414. Abb. 56: Überarbeiteter Entwurf zur Neugestaltung der Neuen Wache von Heinrich Tessenow, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 413. Abb .57: Die Neue Wache um 1932, in: LAB II, Bildarchiv Nr. 13485. Abb. 58: Grundriss der Neuen Wache, in: LAB II, Bildarchiv Nr. 13488. Abb. 59: Eichenkranz, Altarblock u. Inschriftenplatte am 2.6.1931, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 424. Abb. 60: Eichenkranz von Ludwig Gies (DHM Berlin), aktuelle Aufnahme d.V. Abb. 61: Innenaufnahme der Neuen Wache nach Fertigstellung v. 2.6.1931, in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 426. Abb. 62: Innenaufnahme der Neuen Wache nach Fertigstellung (2.6.1931), in: LAB II, Bildarchiv, Nr. 3968. Abb. 63: Innenraum der Neuen Wache am Tage der Einweihung (2.6.1931), in: SMB, III.2.7., Bildarchiv Tessenow, Nr. 421. Abb. 64: Einweihungsfeier der preußischen Gedächtnisstätte Neue Wache am 2.6.1931, in: LAB II, Bildarchiv, Nr. 5956. Abb. 65: Kriegsbeschädigte anlässlich der Einweihungsfeier Neue Wache v. 2.6.1931, in: LAB II, Bildarchiv Nr. 7364. Abb. 66: Von Hindenburg betritt die Neue Wache anlässlich der Einweihungsfeier v. 2.6.1931, in: LAB II, Bildarchiv, Nr. 7366

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Abb. 67: Parade vor Hindenburg anlässlich der Einweihung der preußischen Gedächtnisstätte v. 2.6.1931, in: SMB, III.2.7, Bildarchiv Tessenow Nr. 461. Abb. 68: Lageplan Kriegergedächtnismal auf dem Bonner Ehrenfriedhof, in: StA 30/84n. Bonn, P Abb. 69: Wettbewerbsskizze Kriegergedächtnismal v. Wamper, in: StA Bonn, P 30/84n. Abb. 70: Aufriss der ehem. protestantischen Oberpfarrkirche St. Matthäus am Münchener Karlsplatz von 1932 (mit Kriegerdenkmal), in: Evangelisches Kirchenbauamt München, M 680. Abb. 71: Innenraum der ehem. St. Matthäuskirche München mit Kriegerdenkmal 1938, in: Thiersch, Bestelmeyer, 1961, S. 95. Abb. 72: Einweihung des Kriegerdenkmals in St. Matthäus am 1.11.1921, in: PA St. Matthäus, Festschrift, S. 13. Abb. 73: Modell für das Kriegerdenkmal „Heldenklage“ im Berliner Dom v. 1928/29, in: Hannesen, Starck, S. 591. Abb. 74: Skizzenentwurf Gedenktafel für die Kanzelnische des Berliner Doms, in: LAB, A Pr Br 042, Bl. 55. Abb. 75: Kanzelnische mit Gedenktafel im Berliner Dom, in: Engel/ Hüffmeier, Dom, S. 230. Abb. 76: Kriegergedächtniskapelle in der evangelischen Kreuzkirche in Bonn, 1926, in: Evangelisches Sonntagsblatt Bonn v. 7.3.1926, Sonderbeilage. Abb. 77: Ehrentafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in der Münchener Frauenkirche; Foto d.V. Abb. 78: Kriegerdenkmal in der Münchener Peterskirche, in: PA St. Peter, Akte Kriegerdenkmal. Abb. 79: Kriegerdenkmal in der Münchener Peterskirche, Aufnahme v. 1946, in: Bildarchiv Foto Marburg, Nr. 202086. Abb. 80: Fotografie des Schmerzensmanns in der Berliner Michaelskirche, in: PA St. Michael, Schönsee Chronik. Abb. 81: Fotografie des Schmerzensmanns in der Berliner Michaelskirche, in: PA St. Michael, Schönsee Chronik Abb. 82: Innere Ansicht von St. Michael um 1924, in: PA St. Michael, Schönsee Chronik. Abb. 83: Kriegerdenkmal am nördlichen Chor des Bonner Münsters, Fotografie v. R. Tönshoff 2002. Abb. 84: Das Kriegerdenkmal am Bonner Münster um 1975, in: Bildarchiv Foto Marburg, Nr. 2a 3036-24.

Bibliographie Quellen Unveröffentlichte Quellen Archiv der Evangelischen Gemeinde Bonn: A 3a, A 10, A 30, A 32, A 264, A 959 Archiv der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche Berlin: Sitzungsprotokolle Gemeindekirchenrat Archiv der Münstergemeinde Bonn:Kirchenvorstandsprotokolle Bayerisches Hauptstaatsarchiv: Ministerium des Äußeren: 100191, 100195, 100195 (Beiakte); Finanzministerium: 67347; Ministerium des Inneren: 72724, 73033; Ministerium Kultus: 11022, 11058, 14410, 14477, 14478, 14479, 14480, 14481, 14482, 15410, 39528, 40798, 41224, 69113, 69182, 69942, 51119/21; Kriegsarchiv: Militär – Max Josef Orden: I.K. 43; Reichswehrgruppenkommando 4: 564; Stellvertretendes Generalkommando I., Bayerisches Armeekorps (Stv. Gen. Kdo. I. A.K.): 724; MKV: 4990; Ministerium für Wirtschaft: 1915; OBB Akten: 17795/2 (Franz Geiger), 17913 (Theodor Kollmann); Schlösserverwaltung: 705 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege München: Altaktenbestand: Evang. Luth. Kirche St. Markus 1922-aktuell; Altaktenbestand: Dom 1894 – April 1945; Altaktenbestand: Evang. Luth. St. Matthäuskirche 1921-aktuell; Altaktenbestand St. Michaelshofkirche; Altaktenbestand Maria-Hilf-Kirche in der Au 1908-1946; Altaktenbestand St. Peter 1900-1936; Altenaktenbestand Residenz 1899-1954 Bundesarchiv Lichterfelde: R 032: 221, 282, 353a, 357a u. b, Bd. 2, 358, 358a Bd. 1, 358b Bd. 2, 462; (R 301): 353; R 4901: 1240/ 9, 1244/ 23, 1255, Abt. III 1, 1581, Abt. XII, 3, Bd. XV Domarchiv Berlin: Sitzungsprotokolle Domkollegium 1918-1933, mehrere Bände Erzbischöfliches Archiv München: Faulhaber-Archiv: Nr. 3851, 4121, 4530, 5306, 5314, 5937, Nr. 6100/1, 6100/2, 6100/3; Bauakten II: St. Maximilian, St. Franziskus; Kunsttopographie: Pfarrei St Barbara, St. Josef, St. Michael, St. Maximilian, St. Peter Evangelisches Kirchenbauamt München: M 680: Altaktenbestand ehem. St. Matthäuskirche 1920-38

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Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin: I. HA Rep. 76 Va, Sekt. 2, Tit. X, Nr. 27/6; I. HA Rep. 76 Va, sekt. 1, Nr. 20, Bd. III; I. HA Rep. 76 Va, sekt. 1, tit. XII, Nr. 24, Bd. II; I. HA Rep. 76 Va, 10490, 10539, 10550; I. HA Rep. 77, tit. 1215 3c, Bd. 2; I. HA Rep. 77, tit. 1215 3d; I. HA Rep. 77, 4011/3; I. HA Rep. 151 IV, Nr. 1990, 1991, 1992, 2387, 2388, 2390 Historisches Archiv Technische Universität München: RA.XIV.3, I. Fasz.: Kriegergedächtnistafel Landesarchiv Berlin: A Pr Br Rep. 042, Nr. 1247, 1880; A Rep. 007, Nr. 328 Landeskirchliches Archiv Nürnberg: Kirchenvorstandsprotokolle St. Markus 1918-33; VI/ 148: Kirchenvorstandsprotokolle St. Matthäus 1900-1923; M 670: Landeskirchenamt, St. Markus, 1922-57 Pfarrarchiv Christuskirche München: Nr. 154: Kirchliche Feste und sonstige Feierlichkeiten; Nr. 264: Kriegergedächtnistafel; Beschlussbuch Kirchenvorstand Pfarrarchiv Erlöserkirche München: Protokolle der Kirchenverwaltungssitzungen Pfarrarchiv St. Matthäus München: Festschrift zur Einweihung des Kriegerdenkmals 1921; Fotoalbum Eva Fischer Pfarrarchiv St. Maximilian München: Akten: Kriegsgedächtnis; Kriegsgedächtnisaltar; Kirchenverwaltungsprotokolle Pfarrarchiv St. Michael Berlin: Schönsee-Chronik d. Chronisten Michael Schönsee Pfarrarchiv St. Peter München: Sitzungsprotokolle der Kirchenverwaltung 1919-1944; Akte Kriegerdenkmal Stadtarchiv Bonn: P 10/344, P 10/691, P 24/671, Pr 30/84n, Pr 30/87n, Pr 30/200n, P 30/201n, Pr 30/339, P 30/417n, Pr 31/975, P 42/52, P Vereine 770, NL 189 Stadtarchiv München: Bauamt (Hochbau): 420; Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, 1: Kriegerdenkmal Armeemuseum; Bestattungsamt: 376; Bürgermeisteramt und Rat: 306/2b, 306/3a, 548, 549, 550, 551, 753, 769/2, 1424/2, 76912; Großhadern: 190, 191; Kirchen- und Kultusstiftungen: 554, 653; Planungsreferat Hochbau: 536; Ratssitzungsprotokolle/ Sitzungsprotokolle Ausschüsse: 693/7; Stadtchronik: 1918-1933; Zeitschriftenausschnittssammlung: Nr. 179-181, 186 Staatliche Museen Berlin, Kunstbibliothek: III. 2.7.: Heinrich Tessenow

Bibliographie

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Universitätsarchiv Bonn: Personalakten: Fitting, o. Sign.; Kuratorium: D 7; Universitätsarchiv München: Gefallenenliste 1914-18; Personalakten: E II 1233 (Max Endres), E II 3073 (Vincenz Schüpfer), E II 3448 (Karl Vossler), E II 3611 (Heinrich Wölfflin), E II 3627 (Paul Wolters); M SS 0119: Behrendt, Michael, unveröffentl. Magisterarbeit; Senatsprotokolle: 1912-14, 1915, 1916, 1917, 1918-20, 1920-21, 1921-22, 1922-23, 1923-24, 1924-25, 1925-26, 1926-27, 1927-28, 1928-29, 1929-30, 1930-32; Reichsgründungs- und sonstige Feiern: D-X-28, Bd.2., D-X-32, D-X-42, D-X-42a, D-X-44, D-X-48

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Zeitungen und Zeitschriften 8 Uhr Abendblatt Akademische Monatsblätter für München/ für Bonn Allgemeine Zeitung Amtsblatt für die Diözese München und Freising Arminius Augsburger Postzeitung Bayerische Hochschulzeitung Bayerischer Kurier Bayerische Staatszeitung Berliner Börsen-Zeitung Berliner Hochschul-Nachrichten Berliner Lokal-Anzeiger Berliner Morgenpost Berliner Tageblatt Berliner Zeitung am Mittag Bonner Zeitung Das Bayerland Der Montag Der Tag Deutsche Allgemeine Zeitung Deutsche Bauzeitung Deutsche Reichszeitung Deutsche Tageszeitung Deutsche Wochenschau Deutsche Zeitung Die Denkmalpflege Die Plastik Die Rote Fahne Die Weltbühne Evangelisches Gemeindeblatt für München u. Umgebung Evangelisches Sonntagsblatt Bonn Frankfurter Zeitung Fränkischer Kurier Generalanzeiger Bonn Germania Hannoverscher Kurier Kölner Stadtanzeiger Kölner Tageblatt Kölnische Volkszeitung Kölnische Zeitung Königsberger Stadtspiegel Kunst und Künstler

Bibliographie

Bibliographie

Lokalanzeiger Berlin Münchener Allgemeine Abendzeitung Münchener Gemeindezeitung Münchener Katholische Kirchenzeitung Münchener Neueste Nachrichten Münchener Post Münchener Zeitung National-Zeitung Neue Preußische Kreuz-Zeitung Neue Zeit Ostpreußische Zeitung Rheinische Zeitung Völkischer Beobachter Völkische Zeitung Vorwärts Vossische Zeitung Wasmuths Monatshefte Baukunst und Städtebau Welt am Sonntag Westdeutscher Beobachter Zentralblatt der Bauverwaltung

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Bibliographie

Monographien und Aufsätze Alckens, August, Die DENKMÄLER und Denksteine der Stadt München, München 1936. Alckens, August, MÜNCHEN in Erz und Stein. Gedenktafeln, Denkmäler, Gedenkbrunnen, München 1973. Alverdes, Paul, Das DENKMAL, in: o.N., Sie werden auferstehen. Ein Gedenken für die Gefallenen des Weltkrieges, München 1935, S. 53f. Balk, Norman, Die FRIEDRICH-WILHELMS-UNIVERSITÄT zu Berlin. Mit einer Darstellung des wissenschaftlichen Bildungswesens bis 1810, Berlin 1926. Beblo, Fritz, Neue STADTBAUKUNST. München/ Berlin 1928. Benkard, Ernst, Das ewige ANTLITZ. Eine Sammlung von Totenmasken, Berlin 1927. Berendt, Walter Curt, Eine GEDÄCHTNISSTÄTTE für die Gefallenen des Weltkrieges. Zum Umbau der Neuen Wache in Berlin, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 50 (1930), S. 513-519. Bestelmeyer, German/Stempel, Ludwig von, Der ERWEITERUNGSBAU der Ludwig-Maximilians-Universität in München, in: Neudeutsche Bauzeitung 6 (1910), S. 101-124. Bestelmeyer, German, Baukünstlerische Aufgaben der evangelischen KIRCHE in der Gegenwart, in: Kirche und Kanzel 5 (1914), S. 140-152. Bezzel, Oskar, Das Bayerische ARMEEMUSEUM in München 1879-1929, in: Das Bayerland 40 (1929), S. 577-584. Binding, Rudolf G., Vom Leben der Plastik. Inhalt und Schönheit des Werkes von Georg KOLBE, Berlin 1934. Blunck, Erich, UMGESTALTUNG der Neue Wache in Berlin zu einer Gedächtnisstätte der im Weltkrieg Gefallenen, in: Wettbewerbe für Baukunst und Schwesterkünste. Beilage zur Deutschen Bauzeitung 64 (1930), S. 81-85. Boelitz, Otto, Der Aufbau des Preußischen BILDUNGSWESENS nach der Staatsumwälzung, Leipzig 1925. Boelitz, Otto, Die Bewegungen im deutschen BILDUNGSLEBEN und die deutsche Bildungseinheit, Leipzig 1926. Borchert, Wilhelm, GARNISON-FRIEDHOF HASENHEIDE in Wort und Bild, Berlin 1930. Braun, Otto/ Groener, Wilhelm, GEDENKBLATT. Den Gefallenen des Weltkrieges, Berlin 1931. Braun, Otto, Von WEIMAR zu Hitler, Hildesheim 1979. Bumke, Oswald, ERINNERUNGEN und Betrachtungen. Der Weg eines deutschen Psychiaters, München 1952. Carossa, Hans, KRYPTA, in: ders., Der Arzt Gion, München 1962, S. 108-120. Clemen, Paul, Von der SYMBOLIK des Denkmalbegriffs, in: ders., Die deutsche Kunst und die Denkmalpflege, Berlin 1933, S. 3-8. Dammeier, Conrad, Die NEUE WACHE in Berlin als Gedächtnisstätte für die Gefallenen des Weltkrieges, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 52 (1932), S. 553-558.

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Personen- und Ortsregister Anschütz, Gerhard 91 Beblo, Fritz 172ff., 180 Becker, Carl Heinrich 105ff., 121, 231ff. Behrendt, Curt 238 Behrens, Peter 98, 237 Belling, Rudolf 99f. Berlin Dom 301ff. Dorotheenstraße 113 Friedrich-Wilhelm-Universität 90ff. Hinterer Garten 113 Hegelplatz 113 St. Michaelskirche 349ff. Bestelmeyer, German 57f., 98, 100f., 108ff., 290ff. Bieber, Oswald 187 Bleeker, Bernhard 64ff., 188ff. Blößner, August 180 Blümel, Carl 350ff. Blunk, Erich 237 Boelitz, Otto 91, 103ff. Bonn Friedrich-Wilhelm-Universität 127ff. Ehrenhalle 152ff., 160ff. Innenhof 139ff., 147 Kreuzkirche 315ff. Münster 354ff. Nordfriedhof Ehrengräberstätte 275ff. Bottler, Fritz 274f. Brantsky, Franz 280 Braun, Otto 228f., 230ff., 242f., 258ff., 263ff. Bresselau von Bressensdorf, Ralf 184ff. Buchberger, Michael 213f. Bumke, Oswald 83ff., 88 Burghart, Georg 306 Casella, Leutenant 61 Clemen, Paul 134, 140ff., 149f. Dammeier, Conrad 232f. Delbrück, Hans 91

Dessoir, Max 98 Dimpfl, Josef 166 168, 207, 221 Adolf 168 Doehring, Bruno 307 Dyroff, Adolf 151, 157 Ebert, Friedrich 105, 225 Einhauser, Syndikus 88 Encke, Eberhard 94f., 98f. Endres, Max 56, 57 Falk, Johannes 277f. Finsterwalder, Eberhard 175, 191ff. Fischer, Theodor 181, 187f. Füssl, Hans 166, 216, 220 Garbe, Herbert 98 Geiger, Franz 87 Geßler, Otto 121 Giehrs, Generalmajor 226 Gies, Ludwig 246 Graf Wolff Metternich, Franz 354 Graf zu Dohna, Alexander 137 Greiner, Ludwig 218 Groener, Wilhelm 231ff., 258ff., 263ff. Grube, Hans 237 Haenisch, Konrad 91, 95ff. Held, Heinrich 60, 83 Hermes, Andreas 105 Hinsenkamp, Johannes 354 Hitler, Adolf 216f. Höpker-Aschoff, Hermann 263 Hoffmann, Johannes 185 Hosäus, Hermann 311 Huber, Kurt 55 Hübner, Erich 138f. Joch, Martin 287ff., 295ff. Jodlbauer, Max 219 Kaller, Maximilian 350ff. Kießling, Martin 228, 232ff., 244ff., 259ff. Killer, Karl 187, 344ff. Kipp, Theodor 91 Knappe, Karl 175, 190ff., 207

436 Kolbe, Georg 98f. Kollmann, Theodor 64 Konen, Heinrich 143, 162f. Küfner, Hans 216, 221 Lederer, Hugo 98, 100f., 108ff. Lehmbruck, Wilhelm 352 Liebermann, Max 105 Lill, Georg 186, 344, 346 Link, Hans 122f. Lützeler, Heinrich 143, 156 Mackowski, Hans 309 Marx, Wilhelm 121 Matt, Franz 185 Mauerer, Georg 218 Menser, Carl 135, 146ff., 318f. Meyer, Eduard 94f., 99 Mies van der Rohe, Ludwig 239f. Miller, Bruno u. Hans, 187 München Allerheiligen-Hofkirche 339 Armeemuseum, ehemaliges 165ff., 180ff., 217ff. Bürgersaal 339 Christuskirche Neuhausen 339 Erlöserkirche Schwabing 339 Frauenkirche 340ff. Hofgarten 175, 180, 192ff., 209ff. Ludwig-Maximilians-Universität 49ff. Lichthof/Ehrenhalle 64ff. Lukaskirche 339 Maria-Hilf-Kirche in der Au 339 Michaelhofskirche 339 Militärpfarrei St. Barbara 339 Rathaus 176ff. Gedächtniskapelle 176ff. St. Canisiuskirche 339 St. Franziskuskirche 339 St. Johann Baptist 339 St. Josefskirche 339 St. Markuskirche 339 St. Margaretkirche 339 St. Matthäuskirche 339 St. Maximilianskirche 339

Personen-und Ortsregister

St. Peterskirche 339 St. Stefanskirche 339 Muthesius, Hermann 98 Muxel, Oberstleutenant 183 Mylius, Hermann 138ff., 152ff., 161ff. Neureuther, Korvettenkapitän 206f. Niedermaier, Max 219 Pfeifer, Ernst 290ff. Poelzig, Hans 98f., 238 Pompeckj, Josef Felix 116, 123ff. Proske, Alfons 142 Rademacher, Arnold 138ff. Redslob, Edwin 227 Richter, Willy 306ff. Römer, Georg 64, 67f. Roethe, Gustav 107f. Rupprecht, Kronprinz von Bayern 83, 212, 215, 221 Scharnagl, Karl 207,219 Scheffler, Karl 238 Schell, Peter 159f. Schinkel, Karl Friedrich 215, 229ff., 242ff. Schneider, Ernst 174f. Schottmüller, Frieda 225f. Schüpfer, Vincenz 57, 63 Schuster, Ulrich 170 Schwartz, Eduard 58 Seeberg, Reinhold 92ff., 98f., 125f. Severing, Carl 231 Smend, Rudolf 316 Soller, August, 349 Sonnenschein, Carl 350 Spiethoff, Arthur 138ff. Spoelgen, Eduard 274f., 277f. Springer, Friedrich 120 Starck, Constantin 308f. Steinberg, Julius 273f. Stoeckle, Edmund 82f. Tessenow, Heinrich 240ff., 258f. Tillmann, Fritz 132 Troost, Paul Ludwig 187 von Bettinger, Franziskus 341 von Dryander, Gottfried 306ff.

437

Personen-und Ortsregister

von Drygalski, Erich 54, 56, 79ff. von Faulhaber, Michael 334f., 341f., 345f. von Franqué, Otto 133f., 157ff., 321 von Grauert, Hermann 52 von Hindenburg, Paul 121ff., 225, 227f., 266ff. von Kahr, Gustav 185 von Kraus, Carl 58 von Mehring, Karl 279 von Möhl, Arnold 185, 188 von Reuter, General 215 von Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich 91f.

Vossler, Karl 60ff. Waetzoldt, Wilhelm 98ff., 103ff. Wagner, Hans Joachim 321f. Wagner, Martin 238 Wallner, Wolfgang 152ff. Wamper, Adolf 278f. Wechs, Thomas 175, 191ff. Wentzler, Josef 280 Wien, Wilhelm 61 Wilkens, Theo 279 Wölfflin, Heinrich 57f. Wolters, Paul 57, 68, 74ff. Zitelmann, Ernst 131

marianne pollak

Vom ErinnErungsort zur DEnkmalpflEgE kulturgüter als medien des kulturellen gedächtnisses studien zu denkmalschutz und denkmalpflege, Band 21

Das kulturelle Gedächtnis verbindet Tradition, Geschichtsbewusstsein, Mythos und Selbstdefinition einer Gesellschaft. Erste Ansätze von Denkmalpflege im spätantiken Rom beruhten auf der historischen Bedeutung der Stadt. Die Entdeckung der klassischen Antike im Italien der Renaissance, die Ideen der Aufklärung und die Erforschung der „Vaterländischen Altertümer“ ebneten der Denkmalpflege der Moderne den Weg. Neben dem Werden der archäologischen Denkmalpflege in Europa wird die österreichische Situation im Vergleich zu den europäischen Nachbarn dargestellt. die autorin : Marianne Pollak ist am Bundesdenkmalamt, Abteilung für Bodendenkmale mit Schwerpunkt Inventarisation des archäologischen Erbes Österreichs beschäftigt 2010. 149 s. 40 s/w- u. farB-aBB. gB. 170 x 240 mm. isBn 978-3-205-78478-4

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