Kalte oder warme Hand?: Verfügungen von Todes wegen in mittelalterlichen Referenzrechtsquellen 9783412213985, 9783412207359

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Kalte oder warme Hand?: Verfügungen von Todes wegen in mittelalterlichen Referenzrechtsquellen
 9783412213985, 9783412207359

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Forschungen zur deutschen rechtsgeschichte Herausgegeben von Karin Nehlsen-von Stryk, Jan Schröder und Dietmar Willoweit 29. Band

Adrian Schmidt-Recla

Kalte oder warme Hand? Verfügungen von Todes wegen in mittelalterlichen Referenzrechtsquellen

2011 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bonn

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2011 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig.

Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20735-9

V OR W O R T

Die vorliegende Schrift1 ist eine juristisch-exegetische Betrachtung historischer Rechtsquellen, die sich auf wenige, konkret umrissene Rechtsinstitute beziehen. Diese Charakterisierung verlangt heute nach einer Erklärung, denn „Dogmengeschichte“ als Forschungsziel wird in der modernen deutschen Rechtsgeschichte überwiegend kritisch gesehen. Ich schicke deshalb voraus, dass weder konstruktivistische Hybris, noch Germanophilie noch auch Unreflektiertheit mich leiteten. Als schlicht ausgebildeter Jurist bin ich weit entfernt davon, Kontextualisierungen so abgewogen leisten zu können, dass sie dem kritischen Blick der Historiker standhalten könnten. Wo ich sie vorgenommen habe, bitte ich um die Nachsicht der besser Wissenden, wenn sie fehlgegangen sein sollten. Die Dogmengeschichte habe ich versucht, dadurch im Käfig zu halten, als hier nicht nach dem „deutschrechtlichen Erbvertrag“, der „deutschrechtlichen Schenkung von Todes wegen“ oder dergleichen gefragt oder gesucht wird. 2 Wo sie sich unter der Hand eingeschlichen haben und ihr bittersüßes Lied von der „Einheit des Rechts in partikularen Rechten“ angestimmt haben mag, bitte ich die Juristen unter den Lesern sich zu fragen, wie sie das hätten unter Aufrechterhaltung meiner Fragestellung (Kapitel 1) vermeiden können. Den mit der Aufgabenstellung verbundenen Problemen geht der erste Teil der Untersuchung (Kapitel 1 bis 3) nach. Hier wird in Kapitel 1 der Gegenstand der Untersuchung vorgestellt, auf allgemeine Probleme des nichtrömischen frühmittelalterlichen Rechts eingegangen und der gegenwärtige Forschungsstand umrissen. Kapitel 2 stellt die Methodik der eigenen Untersuchung vor. In Kapitel 3 sind die terminologischen Grundlagen für die Untersuchung erläutert. Es folgen die beiden Hauptteile (zweiter und dritter Teil) der Abhandlung, in denen Verfügungen von Todes wegen im merowingischkarolingischen Recht einerseits und im Recht des Sachsenspiegels und im Magdeburger Stadtrecht andererseits untersucht werden. Der behandelte historische Zeitraum erstreckt sich vom 6. bis zum 14. Jahrhundert. Der zweite Teil der Untersuchung, Kapitel 4, wendet sich dem merowingischen und karolingischen Recht des Mittelalters zu. Dem methodischen Programm der Darstellung folgend werden zunächst die betreffenden Rechtsquellen mit Normcharakter dargestellt und erörtert. Jeder Rechtsquelle ist ein 1

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Diese Abhandlung ist die überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift, die der Juristenfakultät der Universität Leipzig im Sommersemester 2006 vorgelegen hat. Die ältere Literatur, der heute (zu Recht) der Vorwurf der dogmengeschichtlichen Konstruktion gemacht wird, habe ich danach gewichtet, ob der jeweilige Autor einen meine Fragestellung schärfenden oder lösenden Beitrag geliefert hat.

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Vorwort

eigener Abschnitt mit – soweit wegen der Länge der Abhandlung erforderlich – einer eigenen Zusammenfassung gewidmet. Anschließend sind – eine diesen Quellenbereich betreffende Besonderheit – Formularstücke zu erörtern, bevor den empirischen Rechtsquellen nachgegangen werden kann. Für das untersuchte merowingische und karolingische Recht sind dabei Einzel- und Sammelquellen herangezogen worden. Im dritten Teil der Abhandlung werden die Verfügungen (von Todes wegen) im Verbreitungsgebiet des Sachsenspiegels und des magdeburgischen Stadtrechts betrachtet. Auch hier wird von den normativen Quellen ausgegangen, wobei zwischen Landrecht (Kapitel 5) und Stadtrecht (Kapitel 6) zu differenzieren ist. Wie im zweiten Teil ist jeder einzelnen Rechtsquelle ein eigener Abschnitt reserviert. Empirische Rechtsquellen wurden für das Magdeburger Stadtrecht erhoben3, sie folgen im Anschluss an die normativen Stadtrechtsquellen. Vorangestellt ist der Darstellung der empirischen Stadtrechtsquellen eine Übersicht über den hier speziellen Forschungsstand, der in Kapitel 3 den gedanklichen Zusammenhang gestört hätte. Dieser Abschnitt von Kapitel 6 wird abgeschlossen durch eine alle (auch die rheinischen) Schreins-, Schöffen und Gerichtsbücher erfassende Zusammenfassung der Sammelquellenanalyse. Den Abschluss von Kapitel 6 und auch der Untersuchung insgesamt bilden dann ausgewählte Schöffensprüche aus Magdeburg und Halle/S., die den empirischen Stadtrechtstatsachen zugeschlagen wurden. Eine abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse folgt im vierten Teil in Kapitel 7. Schließlich ist der Untersuchung im ebenfalls zum vierten Teil gehörenden Kapitel 8 ein Anhang beigegeben. Dieser Anhang versammelt die Einzelauswertungen der bearbeiteten Schöffenbücher. Ich danke allen, die am Zustandekommen dieser Untersuchung Anteil hatten und sie gefördert haben: Allen voran Frau Professorin Dr. Eva Schumann als meiner streitbaren und kritischen consors academica und den Herren Professoren Dr. Bernd-Rüdiger Kern und Dr. Gero Dolezalek, die meine Gutachter im Leipziger Habilitationsverfahren waren. Bernd-Rüdiger Kern als Mentor hat dafür gesorgt, dass mir die mittelalterliche Rechtsgeschichte nicht zum Selbstzweck wurde. Gero Dolezaleks admirable Quellenkenntnis war eine wichtige Stütze für den Text. Ich danke Herrn Professor Dr. Thomas Rauscher für sein offenherziges Zweitgutachten im Habilitationsverfahren. Prof. Dr. Karin Nehlsen-v. Stryk, Prof. Dr. Dietmar Willoweit und Prof. Dr. Jan Schröder danke ich für die Begutachtung der Schrift für die ehrenvolle Reihe, in der sie erscheint. Prof. Dr. Peter Landau schulde ich Dank für Aufmunterung in dunkler Zeit. Ich hoffe, dass alle Gutachter und Herausgeber meine Reaktion auf ihre wertvollen Empfehlungen im Text erkennen mögen. Allen künftigen Kritikern, den be-

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Deswegen fehlt dem Kapitel 5 eine Gliederungsebene (Rechtstatsachen), die Kapitel 4 und Kapitel 6 jeweils aufweisen.

Vorwort

VII

ne- und den malevolenten, weiß ich mich bereits jetzt für hilfreiche Anregungen verpflichtet. Persönlichen Dank schulde ich Herrn Dr. med. Alexander Schütz: Mit Blick vom Tuschner/Schütz‘schen Weinberg auf die einstmals fränkisches Thüringen und sächsisches Meißen scheidende Saale bei Naumburg habe ich die aus meiner Sicht besseren Abschnitte dieses Buches geschrieben. Dass es nun endlich auch gedruckt erscheinen kann, verdanke ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der von ihr gewährten Publikationsbeihilfe. Herrn Professor Dr. Peter Oestmann gilt mein Dank für seinen mich zur Antragstellung ermunternden, wohlwollenden Rat. Meiner Familie danke ich für Anregungen, Korrekturlesen, Ablenkung, Liebe, Krach und Ungeduld. Stolz bin ich nicht auf Buchstaben und Fußnoten, sondern auf Euch! Leipzig und Regensburg im Winter 2010/2011 Adrian Schmidt-Recla

I N H A LT SVERZ EIC H NIS A B K Ü R Z U N G S V E R Z E I C H N I S ............................... XVI I I L IT E R AT U R V E R Z E I C H N I S ................................... X X Q U E L L E NV E R Z E I C H N I S .................................... X L I I I E R ST E R T E I L : G R U N D L A G E N ............................ 1 - 1 2 8 Kapitel 1: Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik ..... 1 I. Der Gegenstand der Untersuchung ............................................................ 1 II. Einige allgemeine Probleme mittelalterlicher Rechtsgeschichte.............. 4 1. Altdeutsches, deutsches und/oder germanisches Recht? ....................... 4 2. Fränkisches und sächsisches Recht? ..................................................... 9 3. Frühmittelalterliches „Recht“ ............................................................. 11 III. Der bisherige Forschungsstand und seine Kritik .................................. 17 1. Tacitus und das „Erbrecht der Germanen“.......................................... 21 2. Die These: Sippenerbrecht schließt gewillkürte Erbfolge aus ............. 30 (1) Das Gut fließt mit dem Blut............................................................ 30 (2) Die Konstruktion des Erbenlaubes .................................................. 37 (3) Zwischenergebnis............................................................................. 40 3. Logische Konsequenzen....................................................................... 41 (1) Entbehrlichkeit der Begriffe „Erblasser“, „Erbe“ und „Erbrecht“ .. 41 (2) Definitorische Einengung des Begriffs „gewillkürte Erbfolge“ ....... 44 4. Vom Sippenerbrecht zur Sachenrechtsthese im Mittelalter ................. 47 5. Neuere Literatur ................................................................................... 49

Kapitel 2: Forschungsansatz ................................................................... 53 I. Erfassung und Auslegung normativer Rechtsquellen .............................. 57 1. Übersetzungsprobleme......................................................................... 57 2. Was sind normative Rechtsquellen? ................................................... 58 3. Sekundärinformationen ........................................................................ 61 II. Rechtstatsachenerfassung........................................................................ 64 III. Untersuchungsgebiet und Untersuchungszeitraum................................ 66 1. Editionen ............................................................................................. 66 2. Geographische Grobgliederung............................................................ 67 (1) Begrenzung des normativen Materials............................................. 68 (2) Begrenzung des empirischen Materials............................................ 69

X

Inhaltsverzeichnis

(3) Weitere Überlegungen ..................................................................... 70 3. terminus ad quem ................................................................................ 72

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen............... 75 I. Testament und Erbvertrag....................................................................... 76 II. Vergabung.............................................................................................. 81 1. Gabe vor Gericht und Vergabung ........................................................ 81 2. Georg Beselers Definition der Vergabung (von Todes wegen)............ 82 3. Deutsche donatio post obitum und römische donatio mortis causa... 84 III. Verfügung.............................................................................................. 88 1. Der Verfügungsbegriff des geltenden Rechts ........................................ 88 2. Historisch-etymologische Ableitung des Verfügungsbegriffs .............. 88 3. Fug und fuoga, sale und sala............................................................... 90 (1) Fug und fuoga ................................................................................. 90 (2) Sale, fadum und ram ....................................................................... 92 4. Der Verfügungsgegenstand................................................................... 94 IV. Verfügung von Todes wegen................................................................ 99 1. Befristung und Bedingung................................................................... 99 (1) Definitionen ..................................................................................... 99 (2) Probleme der Erlebensbedingung .................................................. 100 (3) Rechtsmacht des Erwerbers............................................................ 102 (4) Verwandte Situationen................................................................... 103 2. Weitere Charakteristika der Erlebensbedingung ................................ 104 (1) Verfügungen in Risikosituationen ................................................. 104 (2) Verfügungen „nach dem Tod “ oder „nach dem Leben“ ............... 105 (3) Verfügungen mit Verfügungsvorbehalt .......................................... 108 (4) Verfügungen über jetziges und künftiges Vermögen...................... 112 3. Unergiebigkeit des Kriteriums Letztwilligkeit .................................. 115 4. Vertragsstruktur als Verfügungsbeschränkung? ................................. 116 V. Zur Gliederung mittelalterlicher Verfügungen von Todes wegen........ 119 1. Das Vorgehen .................................................................................... 119 (1) Erfassung der Singularquellen (Urkunden und Urteile) ................. 119 (2) Erfassung sächsischer Massenquellen ............................................ 120 (3) Erfassung rheinfränkischer Massenquellen ..................................... 121 (4) Gesamtbefund................................................................................. 121 (5) Übereinstimmung von Singular- und Massenquellen ................... 121 2. Die Gliederung .................................................................................. 122 (1) Grundlagen..................................................................................... 122 (2) Untergliederungen.......................................................................... 123 (3) Sondergruppen ............................................................................... 124

Inhaltsverzeichnis

XI

(4) Gesamtübersicht..............................................................................126

Z W EITER T E I L: VERF Ü G U N G E N

VON

TODES

WEG E N

IM M ER O WI N GIS C H E N U N D K A R O L I N GIS C H E N

R E C HT .......................................................... 1 2 9 - 3 5 4 Kapitel 4: Verfügungen von Todes wegen im merowingischkarolingischen Recht .............................................................................. 129 I. Normative Rechtsquellen .......................................................................129 1. Die Affatomie der Lex Salica..............................................................131 (1) Quellenbefund .................................................................................132 (2) Der tatsächliche Vorgang, Tit. 46, 1-3 LSal ..................................135 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................141 (4) Zur Etymologie des Begriffes Affatomie .........................................150 2. Die Affatomie in der Lex Ribuaria......................................................157 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................157 (2) Quellenbefund und tatsächlicher Vorgang.......................................159 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................161 3. Freie Verfügung nach der Lex Thuringorum ......................................170 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................170 (2) Quellenbefund .................................................................................173 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................173 4. Kapitularien ........................................................................................178 (1) Allgemeines zu den Quellen ...........................................................178 (2) Thematisch relevante Kapitularien .................................................180 (3) Zwischenergebnis LSal, LRib, Kapitularien ..................................192 5. Rückschlüsse aus dem Mühlhäuser Reichsrechtsbuch .......................194 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................194 (2) Quellenbefund .................................................................................194 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................196 (4) Mühlhäuser Statuten des 14. Jh. und ein Mühlhäuser Schöffenurteil ........................................................................................197 6. Die gifft nach dem tode im Kleinen Kaiserrecht ................................200 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................200 (2) Quellenbefund .................................................................................201 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................202 II. Empirische Rechtsquellen: Formulare..................................................206 1. Quellenbefunde ...................................................................................207 (1) Das Formular Nr. 41 der Formulae Andecavenses .........................207 (2) Das Markulfsche Formular I, 12 .....................................................210 (3) Die Markulfschen Formulare II, 7 und II, 8 ...................................214 (4) Markulf II, 12: Zuwendung der terra salica an eine Tochter.........215

XII

Inhaltsverzeichnis

(5) Markulf II, 14..................................................................................219 (6) Markulf II, 17: Differenzen zwischen Form und Inhalt ...................221 (7) Formulare aus Sens ........................................................................223 (8) Salische Formulare .........................................................................227 (9) Formulae Augienses Nr. 25............................................................231 2. Ergebnis..............................................................................................231 III. Empirische Rechtsquellen: Urkunden..................................................233 1. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände............................240 (1) Verfügungen ohne Erlebensbedingung............................................240 (2) Verfügungen von Todes wegen.......................................................262 2. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ........................................282 (1) Verfügungen ohne Erlebensbedingung............................................282 (2) Verfügungen von Todes wegen.......................................................287 3. Ergebnis..............................................................................................312 IV. Empirische Rechtsquellen: Sammelquellen ........................................313 1. Die Kölner Schreinsurkunden.............................................................315 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................315 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................321 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................328 (4) Verschiedenes..................................................................................331 (5) Einzelbelege....................................................................................332 2. Der Rotulus von Andernach b. Bonn .................................................350 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................350 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................352 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................353 (4) Verschiedenes..................................................................................354 (5) Einzelbelege....................................................................................354 3. Zwischenergebnis ...............................................................................354

D R I TT E R T E I L : V E R F Ü G U N G E N V O N T O D E S W E G E N I M V E R B R E I T U N G S G E B I E T D E S S AC H S E N S P I E G E L S U N D D E S M A G D E B U R G E R S T A DT R E C HT S ......................... 3 5 5 - 6 3 8 Kapitel 5: Verfügungen von Todes wegen im sächsischen Landrecht .......................................................................................................... 355 1. Nulli liceat traditionem hereditatis suae facere: Tit. 62 LSax ...........356 (1) Allgemeines zur Quelle .....................................................................356 (2) Quellenbefund....................................................................................358 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung ..............................358 (4) Ergebnis.............................................................................................371

Inhaltsverzeichnis

XIII

2. Die gabe von gelobdes halben nach dem Sachsenspiegel .....................372 (1) Allgemeines zur Quelle .....................................................................372 (2) Quellenbefund....................................................................................376 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung ..............................378 (4) Ergebnis.............................................................................................400 3. Görlitzer Rechtsbuch .............................................................................401 (1) Allgemeines zur Quelle .....................................................................401 (2) Quellenbefund....................................................................................403 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung ..............................404 (4) Ergebnis.............................................................................................405 4. Spezialregeln für die Siechbettverfügung: Das Burger Landrecht..........406 (1) Allgemeines zur Quelle .....................................................................406 (2) Quellenbefund....................................................................................407 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung ..............................408 5. Meißener Rechtsbuch (nach Distinktionen) ..........................................409 (1) Allgemeines zur Quelle .....................................................................409 (2) Quellenbefund....................................................................................410 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung ..............................412 6. Zwischenergebnis ..................................................................................415

Kapitel 6: Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises .................................................................... 417 I. Normative Rechtsquellen .......................................................................421 1. Das Magdeburger Recht......................................................................421 (1) Allgemeines zu den Quellen ...........................................................421 (2) Quellenbefund des originären Magdeburger Stadtrechts .................425 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................431 (4) Ergebnis ..........................................................................................442 2. Das Görlitzer Stadtrecht......................................................................443 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................443 (2) Quellenbefund .................................................................................443 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................444 3. Das Freiberger Stadtrecht....................................................................444 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................444 (2) Quellenbefund .................................................................................445 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................447 (4) Ergebnis ..........................................................................................451 4. Das Zwickauer Rechtsbuch.................................................................451 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................451 (2) Quellenbefund .................................................................................452

XIV

Inhaltsverzeichnis

5. Das Eisenacher Rechtsbuch ................................................................455 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................455 (2) Quellenbefund .................................................................................455 (3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung............................458 (4) Ergebnis ..........................................................................................460 II. Rechtstatsachen des Magdeburger Stadtrechtskreises ...........................461 1. Die Terminologie ...............................................................................461 (1) Einzel- und Sammelquellen............................................................461 (2) Stadt- und Schöffenbücher...............................................................462 2. Der Forschungsstand ..........................................................................470 (1) Edierte und verwertete Quellen .......................................................470 (2) Teilweise herausgegebene und verwertete Quellen .........................471 (3) Edierte, zeitlich oder inhaltlich nicht verwertbare Quellen.............471 (4) Nicht edierte Quellen ......................................................................473 (5) Nicht erhaltene Quellen...................................................................481 (6) Inhaltlich nicht verwertbare Quellen ...............................................484 3. Die Stadtbücher von Neuhaldensleben ...............................................485 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................485 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................488 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................491 (4) Verschiedenes..................................................................................496 (5) Einzelbelege....................................................................................496 4. Die Schöffenbücher von Aken/Elbe ....................................................504 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................504 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................507 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................509 (4) Verschiedenes..................................................................................512 (5) Einzelbelege....................................................................................512 5. Die Schöffenbücher von Halle/Saale ...................................................517 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................517 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................520 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................525 (4) Verschiedenes..................................................................................529 (5) Einzelbelege....................................................................................530 6. Die Schöffenbücher von Zerbst ...........................................................533 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................533 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................536 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................539 (4) Verschiedenes..................................................................................541 (5) Einzelbelege....................................................................................542 7. Das Wetebuch der Schöffen von Calbe...............................................543 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................543 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................545 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................545

Inhaltsverzeichnis

XV

(4) Verschiedenes..................................................................................545 (5) Einzelbelege....................................................................................545 8. Ein Bruchstück der Schöffenbücher von Burg ....................................547 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................547 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................548 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................548 (4) Verschiedenes..................................................................................550 (5) Einzelbelege....................................................................................550 9. Auszug aus den Schöffenbüchern von Treuenbrietzen ........................551 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................551 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................552 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................552 (4) Einzelbelege....................................................................................554 10. Auszug aus dem Schöffenbuch von Brandenburg .............................556 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................556 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................557 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................558 (4) Einzelbelege....................................................................................559 11. Das aldt dingbuch der Stadt Bautzen...............................................560 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................560 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................562 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................563 (4) Verschiedenes..................................................................................564 (5) Einzelbelege....................................................................................564 (6) Zwei ergänzende Einträge aus Görlitz.............................................569 12. Das Stadtbuch von Freiberg/Sa. .......................................................570 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................570 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................571 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................571 (4) Verschiedenes..................................................................................572 13. Das Stadtbuch von Böhmisch-Kamnitz (!eská Kamenice) .............572 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................572 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................574 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................574 (4) Verschiedenes..................................................................................575 (5) Einzelbelege....................................................................................575 14. Das Stadtbuch von Dux (Duchcov) ..................................................580 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................580 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................583 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................584 (4) Verschiedenes..................................................................................585 (5) Einzelbelege....................................................................................585 15. Stadtbuch von Zipser Neudorf (Spi"ska Nova Ves) .........................588 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................588 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................590

Inhaltsverzeichnis

XVI

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................590 16. Auszug aus den Stadt- und Schöffenbüchern von Breslau (Wroc#aw) ..................................................................................591 (1) Allgemeines zur Quelle...................................................................591 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................592 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................593 (4) Verschiedenes..................................................................................594 (5) Einzelbelege....................................................................................594 17. Ergebnisse der Sammelquellenanalyse .............................................597 (1) Gesamtüberblick .............................................................................597 (2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände........................599 (3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten ....................................602 (4) Verschiedenes..................................................................................604 (5) Tabellarische Übersicht...................................................................605 III. Verfügungen von Todes wegen vor sächsischen Schöffenstühlen........607 1. Magdeburg..........................................................................................607 (1) Zum Verfügungsgegenstand............................................................607 (2) Zur Erlebensbedingung...................................................................612 (3) Zum Erbenlaub ...............................................................................621 (4) Kraftproben, Siechbettverfügungen und Einschränkungen der Verfügungsmacht aufgrund nicht vollkommener Rechtsfähigkeit...628 (5) Zu Formerfordernissen ....................................................................631 2. Halle/Saale..........................................................................................632 (1) Zum Erbenlaub ...............................................................................632 (2) Zu Kraftproben und Siechbettverfügungen......................................636 (3) Zu Formerfordernissen ....................................................................637

VI E R T E R T E I L : E R G E B N I S S E

UND

A N H A N G ........ 6 3 9 - 7 1 2

Kapitel 7: Zusammenfassung................................................................. 639 Kapitel 8: Anhang................................................................................... 647 1. Die Schreinskarten von Köln..............................................................647 2. Der Rotulus von Andernach ...............................................................656 3. Die Stadtbücher von Neuhaldensleben ...............................................657 4. Die Schöffenbücher von Aken/Elbe ....................................................669 5. Die Schöffenbücher von Halle/Saale ...................................................675 6. Die Schöffenbücher von Zerbst ...........................................................688 7. Das Wetebuch der Schöffen von Calbe...............................................698 8. Fragment eines Schöffenbuches von Burg ..........................................699 9. Auszug aus den Schöffenbüchern von Treuenbrietzen ........................700 10. Auszug aus den Schöffenbüchern von Brandenburg .........................702 11. Das aldt dingbuch von Bautzen .......................................................704

Inhaltsverzeichnis

12. 13. 14. 15. 16.

XVII

Das Stadtbuch von Freiberg/Sa. .......................................................705 Das Stadtbuch von Böhmisch-Kamnitz (!eská Kamenice) .............706 Das Stadtbuch von Dux (Duchcov) ..................................................707 Das Stadtbuch von Zipser Neudorf (Spi"ska Nova Ves) ..................709 Auszug aus den Schöffenbüchern von Breslau (Wroc#aw)................710

REGISTER ................................................................................................. 713

AB K Ü RZU N GSVERZEIC H NIS AD AfFGK BGB CDF CDLS CDM CDSR CT DA DRW Dsp DtGeschBll DtMS EiRB ERot GbllMagd GöRB HalNRB HRG Hs/Hss JherJb KKR LAla LBai LBur Ldr. LFCh LFri LLiu Lnr. LRib LSal LSax LThu MeiRB MGH MGH DD M MGH DD RI

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Abkürzungsverzeichnis

MGH FIGA

XIX

Monumenta Germaniae Historica, Fontes iuris Germanici antiqui MGH LL Monumenta Germaniae Historica, Legum Sectio 1, Legum Nationum Germanicarum MGH LL Cap. Monumenta Germaniae Historica, Legum Sectio 2, Capitularia regum Francorum MGH LL Con. Monumenta Germaniae Historica, Legum Sectio 3, Concilia MGH LL Form. Monumenta Germaniae Historica, Legum Sectio 5, Formulae Merowingici et Karolini Aevi MGH SS rer.Mer. Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Merovingorum MittAnhGesch Mittheilungen des Anhaltischen Geschichtsvereins MIÖG Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung MüRB Mühlhäuser Reichsrechtsbuch MittDtGesellsch Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft NASächsG Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde Niederrh. Annalen Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere die alte Erzdiöcese Köln NJW Neue Juristische Wochenschrift NLausMag Neues Lausitzisches Magazin PLSal Pactus Legis Salicae RHE Revue d’histoire ecclésiastique RheinMJ Rheinisches Museum für Jurisprudenz Ssp Sachsenspiegel Ssp Ldr. Sachsenspiegel. Landrecht (ed. ECKHARDT) Swsp Schwabenspiegel ThSZs Thüringisch-Sächsische Zeitschrift für Geschichte und Kunst ZNR Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte ZRG Germ. Abt. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung ZRG Rom. Abt. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung ZrP Zeitschrift für romanische Philologie ZschlesGesch Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens ZwRB Zwickauer Rechtsbuch

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E R ST E R T E I L : G R U N D L A G E N

Kapitel 1: Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik

I. Der Gegenstand der Untersuchung Auslöser der vorliegenden Untersuchungen war die in Deutschland vor allem während des 19. Jh. diskutierte Frage, ob der Erbvertrag als Rechtsinstitut eine eigenständige Schöpfung bereits des mittelalterlichen Rechts sei oder ob er erst von der Rechtswissenschaft des 18./19. Jh. geschaffen worden sei.1 Dieser Auslöser rückte im Verlauf der Arbeit aber immer mehr in den Hintergrund und wurde schließlich ganz aufgegeben, denn schon die von Georg Beseler ausgelöste Debatte kreiste zentral um die Definition der Verfügungen von Todes wegen, die keine Verfügungen im sachenrechtlichen Sprachgebrauch des geltenden bürgerlichen Rechts sind, sondern anders, nämlich erbrechtlich wirken. Entschieden wurde der Streit nicht, 2 das BGB hat ihn mit seinen §§ 1941, 2274, 2276 und 2278 akademisch gemacht. Das heißt jedoch nicht, dass er als obsolet zu betrachten sei. Denn in diesem Streit, der darauf abzielte zu klären, ob der Erbvertrag im seinerzeit geltenden Recht zulässig oder de lege ferenda zu regeln wäre, sind die nach wie vor offenen, mitunter seit Jahrzehnten nicht mehr wahrgenommenen, geschweige denn bearbeiteten3 Fragen angelegt, denen sich diese Untersuchung widmet:

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Zum Problemaufriss SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 981. Vgl. KIPP /COING, Erbrecht, S. 136 Fn. 3: „Die Darstellung folgt hier den Ausführungen von Hartmann, Zur Lehre von den Erbverträgen, 1860; soweit ich sehe, ist das Problem seitdem nicht behandelt worden. “ S. a. SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 981: „Zu einem eindeutigen Ergebnis ist man bisher nicht gekommen. Die Forschung ist hier um die Mitte des vorigen Jh. stehengeblieben. “ Auch O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 147 f. konstatiert, dass die alte Literatur noch nicht ersetzt sei.

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Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik

Erstens ist fraglich, ob weltliche Rechtsordnungen des europäischen frühen und hohen Mittelalters Verfügungen4 zuließen, die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme keinerlei rechtliche Wirkung entfalten und erst nach dem Tode des Verfügenden wirksam werden. Nur solche Verfügungen können als Verfügungen von Todes wegen bezeichnet werden. Es sind dies Verfügungen, bei denen sich der Erwerb „von kalter Hand“ vollzieht oder anders: bei denen Erbe genommen oder noch anders: infolge derer geerbt wird. Existierte diese Möglichkeit nicht, dann konnte nur lebzeitig verfügt werden – der Erwerb hätte sich also immer „von warmer Hand“ vollzogen, es wäre kein Erbe genommen, nicht geerbt, sondern rechtsgeschäftlich erworben worden. Die den Erwerb von kalter Hand ermöglichenden Verfügungen bilden unabhängig von ihrer jeweiligen Benennung den Untersuchungsgegenstand – ist es doch unergiebig, in mittelalterlichen Quellen konkreter etwa nach „dem Erbvertrag“ oder „dem Testament“ zu suchen. Leicht besteht einerseits die Gefahr der Falsch-, der Nicht- oder der Andersbezeichnung und andererseits die gegenläufige Gefahr, inhaltliche Differenzen formell und begrifflich identischer Institute auszublenden. Auch heute bieten darüber hinaus die beiden einander gegenüberstehenden Begriffe Erbvertrag und Testament keine inhaltlichen Kriterien,5 wie sich schon aus den §§ 1937, 1940, aber auch aus § 2301 BGB ergibt. So wird als Testament eine einseitige, an bestimmte Formen gebundene Erklärung bezeichnet, die eine Verfügung von Todes wegen enthält – ebenso wie als Erbvertrag zwei oder mehrere korrespondierende, an bestimmte Formen gebundene Erklärungen bezeichnet werden, von denen mindestens eine eine Verfügung von Todes wegen enthält. Kritische Größe bleibt somit (hier und auch bei § 2301 BGB) der Terminus „Verfügung von Todes wegen“. Allein er wird hier letztendlich für dogmengeschichtlich interessant gehalten.6 Zweitens ist zu untersuchen, ob ein Einzelner sein zum Zeitpunkt seines Todes vorhandenes Vermögen durch (kalthändige) Verfügung von Todes wegen entweder den geborenen Erben ganz entfremden, eine etwaige Familienbindung des Vermögens durchbrechen und dem Begünstigten eine Stellung einräumen konnte, wie sie auch ein geborener Erbe des Verfügenden inne hatte oder ob der Verfügende auf diesem Wege sein zum Zeitpunkt seines Todes vorhandenes Vermögen mittels einer zielgerichteten Auswahlentscheidung einem oder mehreren geborenen Erben zuwenden und damit anderen vorhandenen, geborenen Erben entfremden konnte oder ob er alles dies nicht konnte.7 4 5 6 7

Zur Zulässigkeit des Selektionskriteriums Verfügung und zur Differenzierung in lebzeitige und erlebensbedingte Verfügungen vgl. Kapitel 3. Vgl. dazu noch Kapitel 3. Vgl. auch O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 17. Eine Vereinfachung dieser Fragestellung etwa in: „Konnte der Einzelne postmortal eintretende Veränderungen der Erbfolge vorherbestimmen? “ bliebe ungenau, weil sie Verfügungen über einzelne Sachen, Rechte und/oder Sachgesamtheiten nicht erfassen könnte.

Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik

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Umgekehrt lässt sich auch danach fragen, mit welchen rechtlichen Mitteln zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen rechtlichen Systemen versucht wurde, einem Gedanken, der zu allen historischen Zeiten gedacht wurde8 und der sich als „Erbenschutzgedanke“ bezeichnen lässt, gerecht zu werden. Berührt ist hiermit auch die Frage, ab welchem Grad der Verfügungsfreiheit des einzelnen von einer so genannten gewillkürten Erbfolge als Gegenstück zum Verwandtenerbrecht gesprochen werden kann: Liegt gewillkürte Erbfolge erst dann vor, wenn der Einzelne sein Vermögen einer nicht aus Gründen der Verwandtschaft erbberechtigten Person, einem völlig Fremden also zuwenden darf, oder handelt es sich schon um gewillkürte Erbfolge, wenn der Erblasser „nur“ unter den erbberechtigten Verwandten eine Auswahl treffen darf? Drittens ist fraglich, wie solche Verfügungen vorgenommen werden konnten. Dies ist zwar sekundär gegenüber der Hauptfrage, ob eine Rechtsmacht für (kalthändige) Verfügungen von Todes wegen bestand. Indessen könnte es sein, dass Formgebundenheit einerseits und Mehr- oder Einseitigkeit solcher Verfügungen andererseits Ausdruck einer bestimmten Entwicklungsstufe des Rechts der Verfügungen von Todes wegen sind. Dabei kommt es insbesondere darauf an, den Rechtsquellen die Verfahren abzugewinnen, mit denen verfügt werden konnte. Viertens ist zu untersuchen, was Gegenstand solcher Verfügungen sein konnte. In Betracht kommen einerseits Personen und andererseits Sachen und Rechte. Es handelt sich um die Gegenüberstellung von Erbeinsetzung und Nachlasszuwendung. Diese Frage ist für die Systematik mittelalterlicher Verfügungen von Todes wegen von zentraler Bedeutung. Diese vier Problemkreise lassen sich zu der Fragestellung zusammenfassen, ob und wenn ja wie und worüber nach mittelalterlichem Recht postmortal verfügt werden konnte. Bevor der hierzu bisher erreichte Stand der Forschung dargestellt werden kann, müssen kurz einige allgemeine Probleme behandelt werden.

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S. nur das BVerfG, NJW 2005, S. 1561-1567, 1563.

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Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik

II. Einige allgemeine Probleme mittelalterlicher Rechtsgeschichte 1. Altdeutsches, deutsches und/oder germanisches Recht? Fraglich ist schon, wie das in den nicht romanisierten europäischen Gesellschaften der ersten nachchristlichen Jahrhunderte vermutlich geltende bzw. geübte Recht in ethnografischer Hinsicht bezeichnet werden soll. 9 Gesprochen wird von germanischem und frühgermanischem Recht, aber auch die Begriffe deutsches oder altes deutsches Recht werden in uneinheitlicher Verwendung schon in das 1. Jh. n. Chr. verlegt. 10 Nach Hans Thieme geht die Gleichsetzung von germanisch und deutsch auf Jacob Grimm und Karl v. Amira zurück.11 Die Rede von einem altdeutschen, dem germanischen entsprechenden Recht ist jedoch verfehlt, weil es unzulässig ist, für das Mittelalter vor dem 11. Jh. den Begriff „deutsch“ zu verwenden: Die Bezeichnung theotisc hat sich erst in den auf Karl d. Gr. folgenden Herrschaftsstrukturen gebildet und diente der Abgrenzung der lateinischen von anderen Sprachen, die als linguae theotiscae bezeichnet wurden. Theotisc bedeutete in dieser Gegenüberstellung zur lateinischen Sprache eigen oder selbst, freilich nicht in einem beliebigen Sinne, sondern bezogen auf eine Ethnizität – denn ahd. thiot heißt Volk. Nur: damit war nicht ein thiotisches, also teutsches Volk gemeint. Carlrichard Brühl hat die These Leo Weisgerbers, das seiner Meinung nach im 8. Jh. im zweisprachigen Nordfrankreich entstandene Wort theotisc habe sich um 900 zu diutisk und später zu deutsch entwickelt, 12 widerlegt. Theodiscus wurde, so Brühl, im 8. Jh. in Berichten über Kirchensynoden verwendet und bezog sich auf während dieser Synoden gesprochene nichtlateinische Sprachen (Angelsächsisch, Sächsisch, Fränkisch, Gotisch).13 Wer sie als theotisch bezeichnete, meinte demnach, dass sie selbstständige Volkssprachen waren. Lingua theodisca ist auch abzugrenzen von lingua germanica, was Volkssprachen bezeichnete, die rechts des Rheins gesprochen

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So auch die Beobachtung von K OEBLER, Das Recht im frühen Mittelalter, S. 21 f. Vgl. die Artikel aus der Erstauflage des HRG „Testament “ und „Erbvertrag “ : O GRIS, Art. Testament, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 IV (1990), Sp. 153 f.; DERS., Art. Erbvertrag, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 982. Während im Testamentsartikel von den Germanen zu lesen ist, spricht der Erbvertragsartikel für die gleiche historische Epoche vom ältesten deutschen Recht. Folgende Autoren verwenden die Begriffe germanisch, deutsch und altdeutsch synonym: MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73; A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 2; PIPER, Testament und Vergabung von Todes wegen im braunschweigischen Stadtrecht, S. 30 f. THIEME, Art. Deutsches Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 710. WEISGERBER, Deutsch als Volksname. B RÜHL, Die Geburt zweier Völker, S. 64 f.

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wurden (Altsächsisch, Altrheinfränkisch, Alemannisch, Bairisch).14 Bis zum 8. Jh. ist keine ethnografische Bezeichnung bekannt, die „deutsch“ entsprechen könnte: Quellen des 6. bis 8. Jh. überliefern kein (alt-) deutsches Recht. Neben theotisch kam im 9. Jh. teutonicus vor. Notker der Stammler schrieb 886/887 von den Alemannen, dass sie theutonicam sive teutiscam linguam sprächen – wahrscheinlich handelt es sich um Synonyme. Weitere Belege machen deutlich, dass auch teutonicus wie vorher schon theotisch ausdrückte, dass eine nichtlateinische Sprache und nicht eine deutsche Sprache oder ein deutsches Volk gemeint war. 15 Noch 1189 ist ein Eintrag in einer lateinisch verfassten Kölner Schreinskarte so verstehen, nach dem jemand ein Grundstück, quod teutonice dicitur werf16, an seinen Sohn übertragen habe.17 Eine andere Bedeutung kann das Substantiv Teutonici gehabt haben, in dem sich der im 11. Jh. einsetzende Begriffswandel zu „deutsch“ vorbereitete und mit dem im Ausland (vor allem in Italien) auftretende Sachsen, Franken usw. bezeichnet wurden, wobei immer dann genauere Bezeichnungen gewählt wurden, wenn Ereignisse innerhalb des späteren deutschen Reiches beschrieben wurden. Schließlich wird – als politisches Programm – Magdeburg als Theutonum nova metropolis bezeichnet.18 Erst seit dem beginnenden 10. Jh. bildete sich unter den die Masse der Bevölkerung des ostfränkischen Reiches stellenden (Rhein- und Main-) Franken und den von den Franken in den Verbund gezwungenen Sachsen der Gedanke einer Zugehörigkeit zu einem eigenen Volk heraus, 19 das bald Alemannen und Bayern einschloss – die deutsche natio bildete sich in der späten Ottonen- und der Salierzeit. Das Frühmittelalter kannte kein „altes deutsches“ Recht. Keiner der in den Goten-, Franken- oder Burgunderreichen, im Reich der Merowinger oder in Karls Großreich lebenden Menschen hat die in diesen Territorien aufgezeichneten Rechte als deutsche Rechte bezeichnet, genauso wenig wie einer der in diesen Zeiten lebenden Menschen sich als Deutschen bezeichnet hat. Diese Etikettierungen dienen nur der Abgrenzung von den Begriffen Römer, römisch und römisches Recht.20 Von deutschem Recht lässt sich erst sprechen, wenn „deutsch“ von den Verwendern dazu gebraucht wird, sich selbst so zu be-

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B RÜHL, Die Geburt zweier Völker, S. 65. Vgl. zu allem BRÜHL, Die Geburt zweier Völker, S. 70. Eine werf (werth, worth, wörth, warth) war ein unbebautes, bebaubares Grundstück. Vgl. HOENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 183, Eintrag Nr. M 12 III 2. S. z. B. THIETMAR V. MERSEBURG bei H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmar, Chronicon, l. II c. 6. Die gemeinsamen Königswahlversammlungen fränkischer und sächsischer Optimaten (z. B. in Fritzlar 929) legen davon Zeugnis ab. THIEME, Art. Deutsches Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 711: das „Deutsche “ verstehe sich als dialektische Gegenposition zum „Römischen “.

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zeichnen. Erst die seit dem 11./12. Jh. aufgezeichneten Rechtsquellen sind mithin deutsche Rechtsquellen. Schwieriger ist, ob bis dahin von „germanischem“ Recht gesprochen werden soll. Die Begriffe „Germanen“ und „germanisch“ sind Prägungen römischer Publizisten,21 fragliche Personen und Personengruppen bezeichneten sich anders. Die Liste reicht von Kimbern und Teutonen über Sueben und Semnonen und viele von Tacitus und anderen verwendeten Nennungen bis zu Goten, Burgundern, Hermunduren/Thüringern, Franken, Alemannen, Baiuvaren, Sachsen und Langobarden. Als Karl d. Gr. Oberitalien in den fränkischen Reichsverband eingliederte und sich die Frage nach einer beide Ethnien umschließenden Bezeichnung stellte, firmierte er als Rex Francorum et Langobardorum. Ein umfassender Germanenbegriff, so wie ihn die Altertumswissenschaft des 19. und frühen 20. Jh. gebrauchte, ist weder in der Völkerwanderungszeit noch auch im Frühmittelalter belegt. Er eignet sich nur zur konventionellen Bezeichnung gentiler Großgruppen, die zumindest ursprünglich einmal ein germanisches Idiom sprachen.22 Hatten aber diese Völker, wenn sie 23 „Recht“ hatten, „germanisches“ Recht? Dazu sollen hier nur zwei Überlegungen angestellt werden. Erst die Aufzeichnung eines authentischen Textes mit normativen Aussagen kann Recht bezeugen. Vorher mündlich tradierte Normen müssen, wenn nicht ihr eindeutiger Nachweis gelingt, außer Betracht bleiben und bedürfen keiner Titulatur. Es ist zwar zu vermuten, dass schon die Kimbern auf ihrem Raubzug untereinander Regeln eingehalten haben. Es ist aber irrelevant, ob diese kimbrisch, seeländisch, dänisch oder germanisch waren, denn diese Regeln sind heute unbekannt – die Bezeichnung eines nullum ist überflüssig. Gleiches gilt für Semnonen, Sueben, Bataver, Usiper und Brukterer und auch für die Franken des 3. und 4. Jh. n. Chr. Da aber später geschriebenes Recht oft auf vorgefundene, zu bewahrende oder zu verändernde gesellschaftliche Zustände reagiert, könnte immerhin versucht werden, aus der Aufzeichnung auf die Zustände vor der Aufzeichnung zurück zu schließen.24 Beispiel hierfür ist die Rekonstruktion eines gemeingermanischen (Straf-) Rechts aus den spätmittelalterlichen nordischen Rechtsquellen nach dem Gedanken: Je weiter entfernt von Rom die Rechtsquelle aufgezeichnet wurde, umso mehr germanisches Rechtsdenken enthält sie. Dies ist jedoch keine ver-

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S. nur JARNUT, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 69 f. JARNUT, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 74. Zum Begriff und seinen Problemen vgl. allgemein DILCHER, Art. Germanisches Recht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 II (2009), Sp. 241 ff. Es handelt sich um die „Methode der vergleichenden Rückschlüsse aus den gemeinsamen Zügen der historisch erfaßbaren Stammesrechte “; MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 20.

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lässliche Methode. Es ist meist nicht möglich, die verschiedenen historischen Determinanten, die zur Aufzeichnung führten, so zu unterscheiden, dass deutlich werden würde, welche schriftliche Regel oral überlieferte Tradition wiedergibt und welche schriftliche Regel eine schriftlich gefasste Kreation des Verfassers bzw. Urhebers des Normtextes enthält. Solche Schlüsse sind nur in Ausnahmefällen möglich und stellen kein generell geeignetes methodisches Rüstzeug dar:26 Nicht jede Rechtsbildung, welche nach einer anderen entstanden ist, ist deshalb aus ihr entstanden.27 Die Volksrechte sind und bleiben daher die früheste mögliche Quellenschicht, aus der sich kontinentaleuropäisches Recht neben dem römischen ableiten und auslegen lässt. Fraglich bleibt, ob Recht dieser Quellenschicht als „germanisches“ Recht zu bezeichnen wäre. Es wäre jedenfalls keine Rückprojektion der obigen Art, wenn einzelne, von verschiedenen Verfassern bzw. Urhebern stammende Normtexte, die in der gleichen Zeit entstanden sind, miteinander verglichen werden, und dieser Vergleich dann ergäbe, dass bestimmte Rechtsinstitute in allen betrachteten Texten vorkommen und inhaltliche Gemeinsamkeiten aufweisen, woraus zu folgern wäre, dass diese Gemeinsamkeiten einen gemeinsamen Ursprung hätten. 28 Die Bejahung eines solchen gemeingermanischen Rechts setzt voraus, dass Gemeinsamkeiten in Herkunft, Form und Inhalt nicht nur zwischen germanischen Sprachen, sondern auch zwischen den Rechten germanische Sprachen sprechender Völker bestehen – ein gemeingermanisches Recht kann nicht aus sich selbst heraus erkannt werden. Jedoch verfügt die Rechtswissenschaft bislang nicht über eine quellenkritische Gesamtdarstellung des bekannten merowingischen bzw. karolingischen Rechts des 6. bis 9. Jh., die über die Einleitung oder das Glossar in der Edition eines Rechtstextes hinausginge. Es gibt allenfalls auf einzelne Rechtsinstitute bezogene Ansätze. Darüber hinaus zeigen sich bei Betrachtung des 29 Rechtsquellenmaterials zwar Gemeinsamkeiten, aber eben auch Unterschiede,

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DILCHER, Art. Germanisches Recht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 II (2009), Sp. 241, 244: „heute methodisch umstritten “. K ROESCHELL, Germanisches Recht als Forschungsproblem, S. 70. MITTEIS/LIEBERICH hielten das noch für eine Forschungsaufgabe; vgl. dies., Deutsche Rechtsgeschichte, S. 21. KIRCHMANN, Die Werthlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft, S. 12. Diese Erkenntnismethode beschreibt JARNUT, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 75. Ihr entspricht beispielsweise folgende Aussage: „Derartige vermutlich für alle germanischen Stämme der vorstaatlichen Zeit geltenden Rechtsbegriffe finden ihre Widerspiegelung in den Gesetzen [z. B.] der Langobarden “ ; WAŚKO, Frömmigkeit und Ritteridee, S. 20. Als solche nennt DILCHER, Art. Germanisches Recht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 II (2009), Sp. 241, 245 etwa Verwandtschaft, Gefolgschaft und personale statt institutionelle Bindungen.

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die der Gemeinsamkeitenthese widersprechen30 und die sich nicht in jedem Falle damit erklären lassen, bei den Unterschieden seien in einen Text fremde Rechtsanschauungen eingeflossen, während sie im anderen fehlen: Wie lässt sich etwa aus den Volksrechten der Ausschluss der freien Verfügungsmacht erklären und für germanisch halten, wenn es in Tit. 51, 2 LThu ausdrücklich heißt, der freie Thüringer dürfe seine hereditas geben, wem er wolle?31 War die „Sippe“ um das Jahr 800 im (seit knapp 300 Jahren der karolingischen Herrschaft unterworfenen und karolingisch akkulturierten) Thüringen zerfallen, in angrenzenden Grafschaften des Karolingerreichs und bei den Sachsen aber noch intakt? In den Volksrechten wird die „Sippe“ als Rechtsinstitut nicht beschrieben oder erläutert. Immer ist sie zerfallen, durchbrochen, flankiert von anderen Erscheinungen. Darf sie trotzdem an den Anfang gesetzt werden? Hierzu müsste gesichert sein, dass es sich bei den einzelnen, beobachtbaren Phänomenen wirklich um Durchbrechungen und exzeptionelle Abweichungen von der Regel handelte. Das ist nicht zu erkennen: Die Gestalt der Sippe ist schon für die „germanische“ Frühzeit nicht begrifflich und auch nicht als Rechtsgebilde zu fassen. 32 Solange solche Einzeldarstellungen der einzelnen frühmittelalterlichen Rechte, aus denen sich eine gemeinsame Teilmenge (die dann einem germanischen Recht entsprechen würde, Territorien ohne entsprechenden Quellenbeleg aber ausschließen müsste) bilden lassen könnte, fehlen, sollte von gemeingermanischem Recht nicht gesprochen werden. Bei solchen Einzeluntersuchungen wäre es irrelevant, ob sich z. B. das burgundische Recht als rein burgundisch – also weder römisch, noch salfränkisch beeinflusst – herausstellen würde. Auf eine ethnische Einheitlichkeit oder „Reinheit“ eines Rechts kann es zu keinem historischen Zeitpunkt ankommen, weil das Verhalten steuernde, von einem Willen getragene Regeln in Gestalt von Normen und Gewohnheiten immer auf einem nicht notwendigerweise gewaltfreien Austausch von Meinungen und einem hieraus erzielten bzw. erzwungenen Kompromiss beruhen und weil es dem an der historischen Situation nicht Beteiligten kaum möglich ist, alle für die Herausbildung einer Regel relevanten Determinanten in ihrem jeweiligen Beitrag zum Ergebnis zu erfassen. So kann es unerkennbare Einflüsse gegeben haben, die nicht z. B. echt burgundisch waren und die sich auch nicht einer anderen bekannten Rechtsmasse zuordnen lassen würden. Es wäre auch nicht notwendig, dass eine bestimmte Rechtsordnung ethnisch einheitliches Recht zeigt. Wenn hinreichend konkretisierte Einzelmengen vorliegen, dann muss sich auch bei ethnischer Uneinheitlichkeit der Einzelmengen eine gemeinsame Teilmenge ergeben, und nur Fundamentalisten könnten fordern, diese müsse „rein germanisch“ sein. Franz Wieacker hat 30

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Deswegen sind Versuche, das Gemeinsame zu beweisen, gescheitert – weil sie das zu Beweisende, die Einheit der Germanen, schon voraussetzten; JARNUT, in: DILCHER /DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 76. Die Stelle wird in Kap. 4 behandelt werden. WIEBROCK, Die Sippe bei den Germanen der Frühzeit, S. 52, 104.

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hierzu gemeint, dass die leges zunächst Zeugnisse des Rechts der neuen Gesellschaften des okzidentalen Frühmittelalters seien, deren Substrat eine (weit überwiegende) römische oder romanisierte Bevölkerung und eine (unverhältnismäßig kleine) assimilationsbedürftige und -willige germanische Krieger33 schicht gewesen sei. Die leges erschienen also nicht als „gemeingermanisches“ oder speziell ostgotisches oder fränkisches Recht, aber auch nicht einfach als Amalgamierung überlieferter vulgärrömischer und germanischer Institutionen und Rechtssätze (Stichwort: Mischrecht), sondern auch als neues Gebotsrecht der Herrscher und der ethnisch heterogen besetzten Führungsschicht, die sie dabei beriet.34 Hieran ist festzuhalten.

2. Fränkisches und sächsisches Recht? So bleibt in dem Bemühen um eine griffige Terminologie einerseits nur die Titulatur mit den Volksnamen, die von den Zeitgenossen selbst verwendet 35 wurden (salisch, ribuarisch, sächsisch, alemannisch etc. ) oder aber die etwas sperrige Bezeichnung des Rechtsstoffes nach dem konkreten staatsrechtlichen Gebilde, aus dem er nachweislich stammt. Hierbei sollte ein weiterer Hinweis beachtet werden. Auch der Begriff 36 „fränkisches Recht“ ist kritisch zu hinterfragen. Gero Dolezalek hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Annahme, ein fränkisches Recht als einheitliche, eigenständige Rechtsordnung habe noch im Spätmittelalter die fränkisch besiedelten Gebiete überspannt, sei gerade bei den Franken unwahrscheinlich.37 Hinzu kommt, dass das fränkische Reich, in dem fränkisches Recht gesucht werden könnte, beginnend mit den militärischen Erfolgen Chlodwigs I. ein

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S. dazu auch STEUER, Art. Germanen, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg), HRG 2 II (2009), Sp. 225, 227, wonach schon die Akteure der „Völkerwanderung “ relativ kleine, schlagkräftige mobile Heerhaufen unter Kriegsfürsten gewesen seien, die sich sowohl untereinander bekriegten und ländliche Siedlungsgebiete ausplünderten, als auch weit in römische Provinzen einfielen. WIEACKER, in: Festschrift für Heimpel, S. 546, 564. DILCHER, Art. Germanisches Recht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 II (2009), Sp. 241, 245. Für den Begriff „sächsisches Recht “ trifft cum grano salis entsprechendes zu. Dazu später. D OLEZALEK, Art. Fränkisches Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg), HRG1 I (1971), Sp. 1208. In der zweiten Auflage des HRG ist Eva Schumann beim Stichwort „fränkisches Recht “ nicht so kritisch wie Gero Dolezalek in der Erstauflage; vgl. S CHUMANN, Art. Fränkisches Recht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1671 f. Sie beschreibt es dort als das Recht der Franken vom 5. bis zum 9. Jh.

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multiethnisches regnum war und blieb.38 Dass eine einheitliche fränkische Rechtsordnung im frühen und hohen Mittelalter nicht bestand, belegen letztlich auch die in dieser Untersuchung gefundenen Ergebnisse. Dieser Einwand ist dem berechtigten Einwand gegen das germanische Recht von seiner logischen Struktur her gleich. Genauso wie das germanische Recht dekonstruiert werden kann (und muss), kann auch das fränkische Recht als imaginierte einheitliche Rechtsordnung, der die retrospektive Betrachtung die nie geschriebene Kodifikation gleichsam nachliefern könnte, dekonstruiert werden. Dann mag es zutreffen, dass die Franken weit verstreut und in Inseln siedelten und dass das so genannte fränkische Recht auf so geringe Reste beschränkt war, dass sich zu ihm keine Differentienliteratur entwickeln konnte,39 auch wenn der eine oder andere Herrscher vielleicht Pläne einer gesamtfrän40 kischen Rechtsvereinheitlichung gehabt haben mag. Was auch angesichts einer die Herrschaft bestimmenden, diese Multiethnizität überspannenden fränkischen Identität, die erst durch die römische und später durch die deutsche Identität abgelöst wurde,41 bleibt – und was in dieser Arbeit als merowingisch-karolingisches Recht bezeichnet wird – das sind die abstrakt-generellen und die konkret-individuellen Rechtsquellen, die von in fränkischen regna lebenden Menschen in einer konkreten Zeit in ihrer konkreten Lebensumwelt für in dieser Umwelt vorkommende Verhältnisse zwischen Personen oder Verhältnisse zwischen Personen und Sachen aufgezeichnet wurden.42 Die konkrete Zeit und das konkrete Territorium, dem sich diese Arbeit zuwendet, ist einerseits das Reich der Merowinger und das der Karolinger, letzteres unter Einschluss des am Ausgang des 8. Jh. gewaltsam in das Karolingerreich hinein gezwungenen Herzogtums Sachsen im Früh- und im Hochmittelalter und andererseits das Verbreitungsgebiet von Ssp und Magdeburger Stadtrecht im Spätmittelalter. Untersucht wird also (die erstere Quellenschicht betreffend) nicht ein vermeintliches „gesamtfränkisches“ Recht, sondern Rechtszustände im Siedlungsraum der Franken, welche – auch das ergibt sich 38

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S CHIEFFER bezeichnet das Fränkische Reich des 6. Jh. als einen rechtspluralistischen Vielvölkerstaat; vgl. DENS., Art. Fränkisches Reich, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1674. So D OLEZALEK, Art. Fränkisches Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 1209. Dazu L ANDAU, in: D ORN/S CHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 382 ff.; insb. S. 385: „Am Kaiserhof Ludwigs des Frommen scheint man dagegen an eine Synthese aus fränkischem, burgundischem und römischem Recht gedacht zu haben. Ein solcher gewaltiger Plan, sozusagen ein karolingischer Codex Ludovicianus, eine umfassende Rechtssammlung für das Reich, die die Funktion eines Reichsgesetzbuchs hätte haben können, überstieg aber offenbar die geistigen Ressourcen am Kaiserhof [...]. “ S CHIEFFER, Art. Fränkisches Reich, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1684. Unbedenklich verwendet wird der Terminus „fränkisches Recht“ z. B. bei WIELING, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 287 u. ö.

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aus dem Gesagten – vielfältig und verschieden sein können, aber auch nicht zwangsläufig sein müssen. Eben so wenig wie eine „gemeingermanische“ wird also eine „gemeinfränkische“ Kodifikation (oder Teile davon) nachträglich herbei konstruiert. Es ist nach hier vertretener Ansicht unwichtig, ob das merowingische Recht des 6. Jh. oder das karolingische des 9. Jh. germanisch oder nicht germanisch gewesen ist. Es ist als Normativbestand vorhanden und allein das ist entscheidend dafür, es zum Erkenntnisgegenstand zu machen. Darüber hinaus sind die hier untersuchten Schreinskarten der Rheinmetropole Köln dem Themenkomplex „Franken“ zugeschlagen worden. Das unterstellt aber keine gesamtfränkische Normenordnung. Vielmehr deutet schon der Zeitpunkt, zu dem ihre Überlieferung einsetzt (1135), darauf hin, dass es eine einheitliche, mittelalterlich-fränkische Rechtswelt gerade nicht gegeben hat. Die Schreinskarten sind jedoch ein für das hier gewählte Thema reichhaltiger Quellenbestand, der den Vergleich mit den etwas jüngeren Schöffenbüchern aus dem Verbreitungsgebiet des Ssp und des Magdeburger Stadtrechts erlaubt und die Frage aufwirft, ob hinsichtlich der Verfügungen von Todes wegen zwischen beiden Quellenmengen rechtlich relevante Unterschiede bestanden.

3. Frühmittelalterliches „Recht “ Zur Vorfrage, ob insbesondere das Frühmittelalter „Recht“ erzeugt und gestaltet habe, seien hier nur wenige Bemerkungen gestattet. 43 Die v. a. im 19. und im beginnenden 20. Jh. vertretene Ansicht, was mittelalterliches Recht sei, hat Gerhard Koebler referiert: Demnach wurde damals davon ausgegangen, dass das germanisch-mittelalterliche Recht eine objektive Ordnung gewesen sei, an deren Anfang Gott gestanden habe und die ungeschrieben, ungesetzt und unwandelbar gewesen sei. Recht sei alt und gut gewesen und habe nicht gemacht werden können, sondern sei gefunden worden im Gewissen und in alten Überlieferungen; neues Recht sei ein Widerspruch gewesen, Rechtserneuerung habe höchstens als Wiederherstellung verlorenen oder gekränkten Rechts verwirklicht werden können.44 Hier soll nicht ausführlich auf die Berechtigung und/oder die Problematik der Lehre vom guten alten Recht eingegangen werden. Allerdings ist darauf zu verweisen, dass schon das frühmittelalterliche Recht nicht statisch und unabänderlich gewesen ist, sondern ständig und überall fortgebildet worden ist. 43

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Zur rechtshistorischen Normtheorie oder zum Rechtsbegriff für das Mittelalter vgl. etwa DILCHER, in: DILCHER (Hrsg.), Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten im Mittelalter, S. 21 ff.; KOEBLER, Das Recht im frühen Mittelalter; WEITZEL, in: WILLOWEIT/MÜLLER-L UCKNER (Hrsg.), Die Begründung des Rechts als historisches Problem, S. 137 ff. K OEBLER, Das Recht im frühen Mittelalter, S. 28 f.

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Das zeigt letztlich auch diese Untersuchung. Als Beispiele hierfür können nicht nur die Emendationen und Fortschreibungen des langobardischen Rechts etwa durch Liutprand gelten. Im hier untersuchten merowingischen und karolingischen Recht zeigen insbesondere die Kapitularien und die Formulare, dass die Praxis versuchte, gestaltend (wenn auch nur individuell gestaltend) in einen vorgefundenen Verhaltenszustand einzugreifen. Beispiel hierfür ist das in Kapitel 4 noch näher zu betrachtende Markulf-Formular II, 12, 45 mit welchem Vorsorge für eine als ausdrücklich impia empfundene consuetudo (wohlgemerkt – kein ius) getroffen werden konnte. Alter und Güte waren schwerlich begriffliche Charakteristika für die frühmittelalterliche lex, das ius, den mos und die consuetudo einerseits und reht, ewa, wizzod und sito andererseits. 46 Freilich hat weder das Früh- noch das Hochmittelalter eine Definition von der Allgemeinheit für das weltliche Recht hervorgebracht, wie sie etwa bei Ulpian47 als Kunst des Guten und Billigen hervortrat. Indessen ist die Fähigkeit zur Ausbildung einer allgemeinen Definition von Recht nicht zwingend erforderlich, um Texte als Rechtstexte beschreiben zu können. Recht ist die auf menschliches Sollen abzielende, aus einzelnen Regeln zusammengesetzte Summe von Willensentscheidungen für konkret vorhandene oder abstrakt imaginierte Konflikte. Rechtscharakter erhält die sich in einer Regel verkörpernde Entscheidung dadurch, dass sie den Beteiligten ein bestimmtes, an Form und Verfahren geknüpftes Verhalten abverlangt.48 Solche Entscheidungen können Einzelne treffen. Sie können aber auch zwischen zwei oder vielen Individuen getroffen werden, wobei mit wachsender Zahl der an der Entscheidung Beteiligten der Abstraktionsgrad der vereinbarten Regel steigt. Abstrakte Entscheidungen kann auch ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen treffen und einer größeren Gruppe gewaltsam aufzwingen. Diese Bedingungen zur Entstehung von aus einzelnen Regeln bestehendem Recht waren im Reich der Merowinger m. E. bereits vorhanden, denn auch damals waren Konflikte zwischen Personen zu behandeln. Außerdem scheinen die Menschen damals in der Lage gewesen zu sein, diese Konflikte durch individuelle oder kollektive Entscheidungen gerichtlich oder außergerichtlich zu lösen und an den gefundenen Lösungen festzuhalten. Die Verschriftlichung von Verhaltensregeln ist nicht nur Voraussetzung für ihre retrospektive Beurteilung. Darüber hinaus hat die Aufzeichnung von Re-

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S. dazu unten Kap. 4, Abschnitt II. K OEBLER, Das Recht im frühen Mittelalter, S. 223-225. ULPIAN im ersten Buch seiner Institutiones unter Bezug auf CELSUS, D 1, 1, 1: ius est ars boni et aequi und im ersten Buch seiner regula, D I, 1, 10: Justicia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi. Juris praecepta sunt haec: honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere. Juris prudentia est divinarum atque humanarum rerum notitia, iusti atque iniusti scientia. Vergleichbares fehlt in den Volksrechten und auch in den Rechtsbüchern. WEITZEL, in: WILLOWEIT /MÜLLER-L UCKNER (Hrsg.), Die Begründung des Rechts als historisches Problem, S. 137, 140.

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geln das (Rechts-) Leben so gründlich wie keine andere Neuerung verändert.49 Schriftliche Fixierung wird notwendig, wenn Einzelne zur Bindung an eine verhaltenssteuernde Entscheidung erinnert werden müssen oder einer ohne sie getroffenen Entscheidung beitreten sollen. Schriftliche Fixierung ist vielleicht nicht Geltungsvoraussetzung für eine verhaltenssteuernde Willensentscheidung, wohl aber eine entscheidende Erleichterung für Reproduktion, Multiplikation und darauf aufbauende Beachtung und Verbindlichkeit. Für die Aufzeichnung muss es aber einen über die Geltungskraft der Regel hinausgehenden Grund geben,50 der erst die Regel zum Recht macht.51 Mit den Volksrechten als „Rechtstexten“ 52 wurden solche Gründe aber möglicherweise relevant. Dies vorausgesetzt wird deutlich, wie fundamental weniger der Angriff Simon Steins gegen die LSal als „forgery“, 53 sondern wie fundamental der Zweifel an der Effektivität und Aktualität der fraglichen Aufzeichnungen ist. Letzterer bringt die Quellen und den Rechtshistoriker, der sich mit ihnen beschäftigt, in eine Situation, in der er beweisen soll, was er nicht beweisen kann: Nämlich dass im frühmittelalterlichen Gericht das Recht anhand des aufgeschriebenen und bis heute überlieferten Text eines bestimmten Volksrechts bzw. eines der Rechtsbücher gefunden wurde. Es hilft wenig, auf Belege in den Volksrechten zu verweisen, wonach der liber legis verbindlich sei und im Gerichtstag vorhanden sein müsse54 bzw. der Urheber der lex scripta derjenige sei, der in der lex scripta nicht geregelte Fälle allein zu entscheiden befugt sei. 55 Diese Einzelbelege lösen eben so wenig wie die Hilfsüberlegung, viele der die Volksrechte überliefernden Handschriften seien Gebrauchshandschriften, nicht das von den Quellen des merowingisch-karolingischen „Rechts“ (aber nicht nur von ihnen) aufgeworfene Generalproblem, das Karl Kroeschell folgendermaßen beschrieben hat: „Die Rechtsaufzeichnungen des Mittelalters müssen vor dem Hintergrund eines Rechtslebens gesehen werden, das sich im Medium der Mündlichkeit vollzog. Welche praktische Bedeutung sie unter diesen Umständen hatten, ist daher oft zweifelhaft. Insbesondere fragt man sich, ob ihnen normative Geltung zukam, ob man sie also wirklich als Rechtsquellen bezeichnen sollte. “ 56

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So K ANNOWSKI, Art. Aufzeichnung des Rechts, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2005), Sp. 347. K ANNOWSKI, Art. Aufzeichnung des Rechts, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2005), Sp. 348. Stellvertretend WEITZEL, in: WILLOWEIT/MÜLLER-L UCKNER (Hrsg.), Die Begründung des Rechts als historisches Problem, S. 137, 145 f. Die meisten leges-Artikel in der ersten Auflage des HRG – E RLER /K AUFMANN, HRG 1 II (1978), Sp. 1879-1979 – attestieren den Volksrechten, „Rechtsquellen “ zu sein. Manche werden von den Autoren auch als Gesetzbücher bezeichnet. STEIN, in: Speculum 22 (1947), S. 113 ff., 395 ff. Tit. 2, 14, 3 LBai. I. C. (= Prima Constitutio), 8 LBur. K ROESCHELL, Art. Recht (allg. Darstellung, westl. Bereich), in: LexMA VII, Sp. 511.

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Insbesondere das west- oder salfränkische Volksrecht, die LSal, ist dem Verdacht ausgesetzt, entweder unauthentisch oder ineffektiv und inaktuell, also ein Text ohne Wirklichkeitsbezug und ohne normativen Geltungsanspruch gewesen zu sein. Es mag erlaubt sein, diesen Verdacht in einige Fragen zu kleiden: Gregor v. Tours, der maßgebliche Zeuge für die Geschichte des merowingischen Reichs im 6. Jh. n. Chr., dessen Urgroßvater Gregor v. Langres zu Zeiten des Gewaltherrschers Chlodwig Bischof in einer merowingischen Stadt gewesen ist, weiß zwar davon zu berichten, dass Gundobad den Burgundern mildere Gesetze gegeben habe57. Auch berichtet er über Rechtsunterricht anhand des spätrömischen CT. 58 Allerdings erwähnt er ein näher bezeichnetes Gesetz der Franken an keiner Stelle seines Werkes, wenn er auch davon spricht, dass der König (gemeint ist sein Zeitgenosse Chilperich) im Besitz des Gesetzes sei59 – welches Gesetzes, bleibt unklar. Sollte einem Mann mit einem weiten Horizont wie Gregor v. Tours ein von den merowingischen Königen autorisiertes und durchgesetztes Gesetz unbekannt geblieben sein? Wer, wenn nicht Gregor v. Tours wäre der Historiker, der von der Entstehung und der Anwendung von LSal und LRib berichten könnte? Ferner: Warum verwendet Einhart als der Biograph Karls d. Gr. nicht ein Wort auf das nach Karl August Eckhardts und Rudolf Buchners Forschungen schon in mehreren Redaktionsstufen vorhandene, schriftlich fixierte merowingisch-karolingische Recht, als er das vermutlich größer angelegte Gesetzgebungsprojekt auf dem Aachener Reichstag 802/803 erwähnt, das freilich (auch das spricht gegen die Effektivität) zwei Volksrechte – LSax und LThu – hervorbringt, deren handschriftliche Überlieferung im Vergleich zu den anderen Texten aber kaum anders als kümmerlich bezeichnet werden kann? Endlich: Wie kann ein Mönch, der einen Text der LSal abschreiben soll, angesichts der malbergischen Glossen sich zu der in einem „Scherzartikel“ 60 unter der Überschrift „Incipit totas malb.“ 61 überlieferten Persiflage auf den altertümlichen Stil der LSal verstiegen haben, wenn die Worte, die er abzuschreiben hatte, wöchentlich in den Gerichten gesprochen worden wären – sie für einen Zeitgenossen also rechtlich relevant gewesen wären? Weder die meisten Volksrechte noch auch die Rechtsbücher waren Kodifikationen oder Gesetze in dem Sinne, wie er sich seit der frühen Neuzeit herausgebildet hat. Wenn sich auch in einzelnen Teilen verschiedener Volksrech57

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G REGOR V. TOURS, Historiarum II, 33 a. E., S. 124: Ipse vero regionem omnem, quod nunc Burgundia dicitur, in suo dominio restauravit. Burgundionibus leges mitiores instituit, ne Romanos obpraemerent. G REGOR V. TOURS, Historiarum IV, 46, S. 260 (Gregor berichtet über Andarchius): Nam de operibus Virgilii, legis Theodosianae libris artemque calculi aplene eruditus est. G REGOR V. TOURS, Historiarum V, 18, S. 314: Sed quid plura? Habes legem et canones; haec te diligenter rimari oportet, et tunc quae praeciperint si non observaberis, noveris, tibi Dei iudicium imminere. So NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 466. E CKHARDT, in: MGH LL I, 4, 1, S. 254.

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te nach systematischen Gesichtspunkten gegliederte Hierarchien der einzelnen Vorschriften auffinden lassen, so fehlt eine durchgängige Systematik doch meistens. Gleichwohl bezeugen auch die verbleibenden, unsystematischen Texte, wie der jeweilige Verfasser des Werkes sich die Regelung von Konflikten zwischen Personen oder die Zuordnung von Sachen zu Personen vorstellte. Allgemeiner gesagt: Die Volksrechte und auch die Rechtsbücher bzw. die einzelnen Sätze, aus denen sie bestehen, lassen normativen Gestaltungswillen erkennen.62 Sie sind oft so formuliert, dass sie zur Lösung wirklichkeitsnaher Konflikte geeignet erscheinen, denn nicht wenige von ihnen sind so aufgebaut wie vollständige, imperative Normen auch heute noch formuliert zu werden pflegen, insofern sie an die Beschreibung eines mehr oder weniger abstrakt gehaltenen Seins ein Sollen knüpfen. Genau das aber reicht m. E. aus, um einen Text als einen Rechtstext, d. h. als einen Text, der eine auf menschliches Sollen bezogene Willensentscheidung bezeugt, zu bezeichnen, auch wenn dieser Text keine durchgängige Systematik zeigt oder wenn retrospektiv nicht beurteilt werden kann, ob jemals eine mit Entscheidungsgewalt ausgestattete Institution oder Person diesen Text einer von ihr getroffenen Entscheidung zu Grunde gelegt hat.63 Auf diese Grundannahme ist zurückzukommen, 64 wenn der hier gewählte Forschungsansatz näher vorgestellt wird. Rechtstexte aber, auch insoweit wird hier vorgegriffen, können nach ihrer Charakteristik unterschieden werden: Handelt es sich um eine Urkunde, die ein Rechtsgeschäft zwischen mindestens zwei Personen überliefert, dann erkennen wir die von diesen Parteien für ihren individuellen und konkreten Konflikt bevorzugte Lösung. Handelt es sich um ein Formular, das einen oder mehrere bestimmte, auf konkrete Rechtsgeschäfte bezogenen Texte für eine Vielzahl von Personen zur Lösung ihres jeweiligen, typisierbaren Konflikts bereitstellt, lässt sich eine typisierte Lösung erkennen, die für denjenigen, der das Formular aufbewahrt hat, von Bedeutung gewesen ist. Diese Bedeutung kann darin gelegen haben, dass solche Geschäfte im Umkreis des Aufbewahrers häufig vorkamen oder darin, dass der Verwender des Formulars andere Personen über diese im Formulartext gespeicherten Rechtsgeschäfte unterrichten wollte. Diese konkret-individuellen bzw. konkret-abstrakten Texte bereits ermöglichen einen näheren Zugang zum effektiven, zum Zeitpunkt ihrer Aufzeichnung für den Aufzeichnenden geltenden Recht als etwa eine frühmittelalterliche lex. Handelt es sich um einen abstrakt-generellen Text, dann ist aus diesem ableitbar, wie sich der Urheber desselben die Lösung eines abstrakten Konflikts (mag er tatsächlich vorgekommen sein oder nur in der Vorstellungswelt des Urhebers vorhanden gewesen sein) für eine Vielzahl von Personen, die in diesen Konflikt geraten konn62 63

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DILCHER, in: DILCHER /DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 15, 19. So fragt (bezüglich des Ssp-Glossators) auch K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenspiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 11, nach dem Rechtsdenken des Glossators. Unten Kap. 2 I 2 und Kap. 2 II.

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ten, vorstellte. Beides miteinander zu verknüpfen, Normativität anhand der Empirie zu überprüfen und so zu verlässlichen Aussagen über vergangene Rechtszustände zu gelangen, ist ein methodisches Anliegen dieser Untersuchung. Doch kehren wir nach diesen Vorbemerkungen nun zum Thema zurück.

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III. Der bisherige Forschungsstand und seine Kritik Bis heute herrscht unter Juristen die Ansicht vor, die Verfügungsmacht über den Tod hinaus habe das mittelalterliche nichtrömische Recht im Unterschied zum römisch-kanonischen nicht herausgebildet. 65 Das BVerfG hat das im Jahre 2005 in die Worte gefasst: „In den germanischen [sic!] Rechten kannte man überwiegend keine Verfügungsfreiheit des Erblassers; der Nachlass wurde nur innerhalb der Familie vererbt. Erst durch die Rezeption des römischen Rechts gewannen die Testierfreiheit und damit auch der Gedanke einer zumindest wertmäßigen Nachlassteilhabe der Kinder gegen den Willen des Erblassers an Bedeutung. “ 66

Wahrscheinlich hatte der Erste Senat des BVerfG nicht die Absicht, mit dieser Passage eine rechtshistorisch belastbare Aussage zu treffen. 67 Gleichwohl spiegelt diese Aussage die gängige Lehrmeinung über die Entwicklung der postmortalen Verfügungsfreiheit wider. Das BVerfG hielt es nicht für nötig, diese Aussage zu belegen. Diese Ansicht kann sich auf einen Essay des römischen Politikers und Schriftstellers Publius Cornelius Tacitus stützen, der in Cap. XX seiner „Germania“ meinte, Nachfolger und Erben des einzelnen Germanen seien seine Kinder gewesen – et nullum testamentum.68 Demnach habe das „germanische“ Recht postmortal wirkende Verfügungen nicht gekannt, vielmehr seien die Person und das Vermögen (vor allem der Grundbesitz) sippengebunden gewesen, das Gut sei mit dem Blut geflossen, die Germanen hätten keine gekorenen, sondern nur geborene Erben gekannt, es sei unmöglich gewesen, die Familienbindung des Familiengutes zu überwinden. Diese Bindung sei im Mittelalter erhalten geblieben. Georg Beseler etwa meinte in der ersten Hälfte des 19. Jh., die gesamte Geschichte des germanischen und deutschen Erbrechts liefere einen vollständigen Kommentar zu dieser Tacitus-Aussage. 69 Zwei Quellen scheinen das zu untermauern. So schildert die in ihren ältesten Versionen aus dem 6. Jh. stammende fränkische LSal70 in Tit. 46 ein Verfahren, das, falls es in seinen unterschiedlichen Ebenen verständlich gemacht 65 66 67 68 69

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Dass diese Ansicht vorherrscht, beobachtete auch KASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 121 (2004), S. 158, 177. BVerfG, Beschl. v. 19. 4. 2005, 1 BvR 1644/00 und 1 BvR 188/03, in: NJW 2005, S. 1561-1567, 1563. Aus dem Plural „germanische Rechte “ scheint weiter hervorzugehen, dass das BVerfG die Volksrechte als germanische Rechtsquellen ansieht. S. dazu eingehender sogleich. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 2. Die Auswahl dieser Belegstelle ist keineswegs zufällig. Beselers Stimme war eine der entscheidenden im eingangs kurz skizzierten Streit. Die Bezeichnung folgt NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 454, der die terminologische Differenzierung zwischen Pactus Legis Salicae und Lex Salica überzeugend abgelehnt hat.

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werden kann, an Umständlichkeit und Weitschweifigkeit kaum zu überbieten ist. Die nahe liegende Schlussfolgerung aus diesem Text lautet: Dieses Verfahren kann kaum in der Praxis angewendet worden sein, so umständlich und archaisch kann damals weder lebzeitig noch von Todes wegen verfügt worden sein. Auch die maßgebliche Sachsenspiegelstelle71, Ssp Ldr. II, 30, erweckt den Eindruck, als seien die fraglichen Verfügungen höchstens eine Ausnahme gegenüber dem Verwandtenerbrecht gewesen, das durch den so genannten Erbenlaub gegen die postmortale Verfügungsfreiheit abgesichert gewesen sei. Hiervon ausgehend ist es nur ein Schritt zu der These, die Rezeption des römisch-kanonischen Rechts habe die heute gebräuchlichste, die einseitig erklärte Verfügung von Todes wegen, das Testament, in Deutschland ermöglicht, den Durchbruch zur Testierfreiheit geschaffen.72 Auch der Erbvertrag sei frühestens nach der Rezeption ausgebildet worden.73 Diese Ansicht ist auch in Erbrechtslehrbüchern des 20. Jh., die historische Herleitungen enthalten, anzutreffen.74 Bestätigend wirkt der Quellenbefund, dass in vielen Rats- und Stadtgerichten im 16. Jh. damit begonnen wurde, eigene, so genannte Testamentsbücher zu führen, in die die letztwilligen Verfügungen der Bürger eingetragen wurden.75 Dazu passt es, wenn die frühesten Quellenbelege, in denen ausdrücklich das Wort „Erbvertrag“ vorkommt, gleichfalls aus dem ausgehenden 16. Jh. stammen.76 Viele Autoren gehen einen Schritt weiter zurück und knüpfen das Aufkommen einseitiger Verfügungen von Todes wegen an die Durchsetzung der so genannten Klerikertestamente über den Klerikerkreis hinaus auch in Laienkreisen.77 Einige Beispiele sollen das belegen: „Das mittelalterliche Testament, obwohl es seine Wurzeln im römischen Recht hat, ist eine Folge von jahrhundertelanger Wirkung der Kirche im religiösen, aber auch gesetzlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereich. “ 78

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S. eingehend Kapitel 5, Abschnitt I, Nr. 2. So 2003 ausdrücklich auf das Recht des Ssp und das Magdeburger Stadtrecht bezogen G OTTSCHALK, Eigentum, Geschlecht, Gerechtigkeit, S. 38: der Ssp sei noch ohne Einschränkung von der festgelegten Erbfolge ausgegangen. Vgl. aus neuerer Zeit (2003) FINZEL, Georg Adam Struve als Zivilrechtler, S. 112. KIPP/COING, Erbrecht, S. 52. Ein Beispiel unter vielen etwa ist das Görlitzer Ratsarchiv, in dem die bis ins 19. Jh. reichenden Testamentsbücher 1581 einsetzen. Vgl. z. B. etwa einen Magdeburger Schöffenspruch nach Zerbst um 1600, s. F RIESE/LIESEGANG, Magdeburger Schöffensprüche I, Nr. II 121, S. 285: […] Uf euere an uns gelangete frageschrift, darin gethanen bericht sambt beygefugtem erbvertragk, kundtschaften, gefurten beweisz und andern schriften, mit A. B. C. D. E. und F. notiret […]; vgl. ferner auch die Nachweise in DRW III, Sp. 152, die aus der letzten Dekade des 16. Jh. und später stammen. Vgl. schon GENGLER, Deutsches Privatrecht, S. 710. WAŚKO, Frömmigkeit und Ritteridee, S. 19.

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„Der römische Grundsatz der gewillkürten Vergabe des Nachlasses durch Testament setzt sich trotz einzelner frühmittelalterlicher Testamente dagegen nicht durch, sondern gewinnt erst im Hochmittelalter über das Klerikertestament an Bedeutung. “ 79 „Aus der kirchlichen Rechtspraxis wurde als einseitige, letztwillige Verfügung das Testament (in seiner kanonischen Form) ins weltliche Rechtsleben übernommen. “ 80 „[Das spätrömische] Testament hat die Kirche unter Verzicht auf alle Formerschwernisse, insbesondere die heredis institutio, aus der untergehenden Antike durch alle Stürme der Völkerwanderung hindurchgerettet […]. Ihr zäh und klug geführter Angriff richtete sich auf die schwächste Stelle des weltlichen Rechts, das Verbot der Verfügung auf dem sükebedde, ihre Kerntruppe war der Beichtiger. “ 81 „Diese [römischen] Formen wurden mit der Rezeption in Deutschland eingeführt (Reichsnotariatsordnung 1512) und damit gemeines Recht. Partikularrechtlich entwickelten sich jedoch zahlreiche Sonderformen, z. B. im Anschluß an mittelalterliches Recht. In diesem war das Testamentsrecht durch die Kirche bestimmt. Das kirchliche Recht hatte ein Testament für Einzelzuwendungen, ähnlich dem Kodizill, mit besonderen Formen, für fromme Stiftungen auch formlos, entwickelt. Daran hat sich die Rechtsentwicklung im deutschen Recht angeschlossen. “ 82

So wird es möglich, mit der einseitigen Verfügung von Todes wegen auch unter Laien historisch bis in das 13. Jh. zurück zu gelangen. Eine weitere, hiermit aber eng verknüpfte Debatte wurde zu Beginn des 20. Jh. zwischen Heinrich Brunner, Alexander Gál, Siegfried Rietschel und schließlich (er behielt 1928 das letzte Wort) Alfred Schultze geführt,83 in der umstritten war, ob die über den Tod hinausreichende Verfügungsmacht des Einzelnen sich eher aus dem (angeblich „germanischen“) Totenteil oder aber aus einem durch die katholische Kirche unter Berufung auf die Kirchenväter eingeführten Seelteil (so Schultze) entwickelt habe.84 Der moderne Erbvertrag – die zweiseitig erklärte Verfügung von Todes wegen – schließlich sei erst aus dem Bemühen der gemeinrechtlichen Dogmatik heraus entstanden,85 einem Verbot des im ausgehenden 18. Jh. im Alten 79 80 81

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K ÖBLER, Erbrecht, S. 430, 431. H AGEMANN, Art. Erbrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1376 f. S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 296 f. Schneidig auch COING, Europäisches Privatrecht I, S. 571: die Kirche war die „Vorkämpferin des Testamentsgedankens “. KIPP/COING, Erbrecht, S. 52. In dieser Reihenfolge: B RUNNER, in: ZRG Germ. Abt. 19 (1898), S. 107 ff.; G ÁL, in: ZRG Germ. Abt. 29 (1908), S. 225 ff.; RIETSCHEL, in: ZRG Germ. Abt. 32 (1911), S. 297; S CHULTZE, in: ZRG Germ. Abt. 35 (1914), S. 75 ff. und schließlich S CHULTZE, Augustin und der Seelteil. So Schultze folgend auch MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 58. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen II 1, S. 74, 171 und 184.

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Reich voll rezipierten römischen Rechts zu entgehen, das in D. 45, 1, 61 und C. 2, 3, 15 die vertragsmäßig bindende postmortale Zuwendung eines Vermögens als contra bonos mores gerichtet ansah, weil ein solcher Vertrag die Testierfreiheit einschränke und weil es als incivile galt, auf den Tod eines anderen zu warten.86 Indessen sollte nicht übersehen werden, dass – wie schon Gustav Hartmann gesehen hat – sämtliche Stellen, die aus dem Corpus Iuris für die Sittenwidrigkeit der Erbverträge zitiert werden, sich entweder auf obligatorische Verträge über fremde Erbschaften87 oder auf das Versprechen einer Privatstrafe unter der Bedingung „si me heredem non feceris “ 88 beziehen. 89 Interessant ist ferner, dass der im 19. Jh. von Literatur und Rechtsprechung formulierte gemeinrechtliche Erbvertrag formlos gültig war, also lediglich auf dem Konsens der Parteien beruhte, was sich sowohl vom vorausgegangenen, als auch vom nachfolgenden und heute geltenden Recht unterscheidet. Beide Bemühungen, sowohl die allein romanisierende, als auch die kombiniert romano-kanonisierende, sind übereinstimmend dadurch gekennzeichnet, dass sie die Verfügung von Todes wegen (und zwar die einseitig ebenso wie die zwei- oder mehrseitig erklärte) als ein Rechtsinstitut ansehen, das, beginnend mit der einseitigen Verfügung von Todes wegen, im ausgehenden 12. Jh. von Bologna aus in das mittelalterliche kontinentaleuropäische Recht hinein transportiert worden sei und das sich nicht von innen aus diesem heraus entwickelt habe. Beide setzen außerdem voraus, dass es sinnvoll und möglich sei, sowohl von dem Begriff Testament als auch von dem Begriff Erbvertrag auszugehen.

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KIPP/COING, Erbrecht, S. 136. I. e. § 311b IV BGB. I. e. (auch) § 2302 BGB. H ARTMANN, Zur Lehre von den Erbverträgen, S. 13. Einige kurze Überlegungen zu Verfügungen von Todes wegen im vorklassischen und klassischen römischen Recht bei S CHMIDT-RECLA, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 461, 464-467 mwN.

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1. Tacitus und das „Erbrecht der Germanen“ An dieser Stelle ist auf Publius Cornelius Tacitus (um 56 n. Chr. – vor 120 n. Chr.), dessen „Germania“ lange Schatten warf,90 einzugehen. Das aus der Blütezeit der römischen Antike auf nicht ganz bekannten Wegen91 in die Neuzeit gerettete Büchlein De origine et situ Germanorum dieses römischen Politikers, Rhetors, Historikers und Journalisten galt lange als Angelpunkt der deutschen Altertumskunde.92 Doch während die Geschichtswissenschaft sich hiervon gelöst hat, 93 gilt das für die Rechtsgeschichte keineswegs. Die „Germania“ ist in ihrer Ausrichtung auf die Völker, die – vor der (durchaus noch spätantiken) Neuordnung Europas seit 375 n. Chr. – im Nordosten des Imperium Kontakt mit dem schriftlich kommunizierenden Teil der Welt hatten, eine der wenigen Schriftquellen, die Auskunft über die Siedlungsräume und über einzelne vom Autor für charakteristisch erachtete Erscheinungsformen des individuellen und kollektiven Lebens der Angehörigen dieser Völker erteilen, die ansonsten nur archäologisch in Grab- und Siedlungsresten zu greifen sind.94 Gesichert ist, dass Menschen dieser Völker dauernde Siedlungen95 aus hölzernen Hallenhäusern hatten, in denen sie mit dem Vieh lebten und vornehmlich Ackerbau und Viehzucht betrieben.96 Seit der Eisenzeit teilten sie Äcker innerhalb eines zusammenhängenden Flursystems mehrfach nach Bruchteilen sekundär.97 Es gab soziale Unterschiede, die sich in unterschiedlich reichen Begräbnissen manifestierten. Leider schrieben sie nicht: Ob und wie die Beziehungen unter Personen oder Personenmehrheiten geregelt waren und ob und wie die Beziehungen von Personen zu Sachen geregelt waren – das lässt sich nur mit von Dritten gegebenen Hinweisen beantworten.98 Trotzdem handelte es sich nicht um halbwilde Barbaren. Sie waren ökonomisch und militärisch erfolgreich, verkauften Rohstoffe und Fertigpro-

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S. nur H ATTENHAUER, Entdeckung der Verfügungsmacht, S. 1. K RAPF, Germanenmythus und Reichsideologie, S. 11 ff. MÜLLENHOFF, Die Germania des Tacitus, S. 2. S. a. TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 168. Eingehend TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 169. S. nur HERWIG, Die Germanen; L UND, Die ersten Germanen; MILDENBERGER, Sozialund Kulturgeschichte der Germanen; P OHL, Die Germanen; V. U SLAR, Die Germanen; A UTORENKOLLEKTIV, Die Germanen, 2 Bde. Besiedeln heißt dauernd bewohnen und nutzen – die Germanen waren keine Nomaden. S. die Ergebnisse von JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 17-20. JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 19. S. hierzu auch K OEBLER, Das Recht im frühen Mittelalter, S. 22.

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dukte in ganz Europa, produzierten auf hohem technischem Niveau99 und brachten Persönlichkeiten hervor, die in die römische Politik eingriffen. Sie verhinderten die römische Expansion über Rhein und Donau und drängten sie zurück. Die stärkere Befestigung des Oberrheinlimes macht deutlich, dass die politische Initiative im 3. Jh. n. Chr. auf sie übergegangen war. Ihre Führungseliten füllten durch die Erosion der römischen Zentralmacht im westlichen Reichsteil entstehende politische Freiräume aus und etablierten eigene, nicht römische Herrschaftsstrukturen.100 Tacitus, ihr Zeuge, durchlief die römische Ämterlaufbahn unter Vespasian (reg. 69-79) und Titus (reg. 79-81). Er war Stabsoffizier einer Legion, 88 Prätor und vom Jahr 90 an vier Jahre Legationslegat in der Zivil- oder der Militärverwaltung einer Provinz, bei der es sich um eine Rheinprovinz gehandelt haben könnte:101 Kaiser Domitian führte damals Krieg gegen die Völker zwischen Rhein und Donau, begann die Limesbefestigung und betrieb die Teilung der linksrheinischen Gebiete in die Provinzen Germania Inferior und Superior, wofür Verwaltungspersonal erforderlich war. Dass Tacitus dazugehörte, ist nicht nachweisbar. Bei der Niederschrift der „Germania“ wird er sich auf römische oder nichtrömische Berichterstatter, die entweder aus einer Rheinprovinz oder aus der Germania libera gekommen sein werden, gestützt haben:102 Seine Quellen (und seine Motivationen) sind unzugänglich. Es ist heute kaum noch möglich zu erkennen, ob und in welchem Ausmaß die Schilderung mit den Tatsachen übereinstimmt. Als er nach Rom zurückkehrte, beeindruckte ihn der Verlust der augusteischen Politikkultur. Domitian brach mit augusteischen und claudischen Traditionen. Nach Domitians Ermordung 96 wurde Tacitus im Jahre 97 als Nachrückekandidat Konsul und damit höchster wählbarer Staatsbeamter. Später soll er als Provinzverwalter der wirtschaftlich wichtigen Asia weiter einer der führenden politischen Köpfe Roms gewesen sein. 103 Die „Germania“ gehört zu seinen „Kleinen Schriften“ 104, die zwar von Zeitgenossen, aber nicht von Nachfolgern beachtet wurden.105 Tacitus wurde in der Antike nur als Verfasser historischer Monographien rezipiert. Die „Germania“ hat in keinem direkt aus der Antike überlieferten Werk eines an99

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Vgl. nur die feine Damaszenerklinge aus Ingersheim, dazu AMREIN/BINDER, in: A RCHÄOLOGISCHES LANDESMUSEUM BADEN-WÜRTTEMBERG (Hrsg.), Die Alamannen, S. 359, 369 f. MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 50 f.: Erhalten des entnationalisierten, germanisierten weströmischen Reiches; s. a. WIECZOREK, in: WIECZOREK/PÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 241 ff., insb. S. 250. TILL, Tacitus. Agricola, Einführung, S. 1; TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 195. Ebenso S CHULTZE, in: ZRG (Germ. Abt.) 35 (1914), S. 81. MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 9 f. Neben der Germania handelt es sich um Agricola und Dialogus de oratoribus. K RAPF, Germanenmythus und Reichsideologie, S. 2-4.

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deren Autors eine Spur hinterlassen.106 In Spätantike und Mittelalter war sie mit einer Ausnahme107 unbekannt, wiederentdeckt wurde sie im 15. Jh. 108 Die für römische Leser bestimmte Tendenzschrift war gerichtet gegen die politischen Verhältnisse zur Zeit Domitians. Tacitus kritisierte dessen aktuelle Propaganda109 und Vergeltungsjustiz gegen die antidomitianische Verschwörung des Jahres 89,110 den Luxus, die Repräsentationsneigung des Kaisers und die Misserfolge der Legionen. Dem hielt er mit der Schilderung des einfachen Lebens der Germanen wohl einen Spiegel vor. Insgesamt belegt die Schrift, dass der Topos des edlen Wilden in Europa seit der Antike ein bekanntes und beliebtes schriftstellerisches Mittel zur Gesellschaftskritik ist. Tacitus’ Schilderungen muss misstrauisch begegnet werden.111 Auf Cap. XX bezogen wird vermutet, dass Tacitus (auch hier) den Gegensatz zwischen römischer und „germanischer“ Sitte übertrieben haben könnte.112 Wer Tacitus andererseits nicht jede Glaubwürdigkeit absprechen möchte, wird Arno Mauersberger zustimmen, der meint, Tacitus habe mehr das römische Wesen gedeutet, als das der Germanen, weil es ihm nicht darauf ankam, die Germanen zu überlegenen Gegnern zu stilisieren,113 sondern weil es ihm darum gegangen sei, den Gegner in Vorzügen und Schwächen zu begreifen. 114 Rom sollte die Bedrohung realisieren und reagieren. Kritischer äußert sich Dieter Timpe, der 106

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Vgl. K RAPF, Germanenmythus und Reichsideologie, S. 3 f.: „Völlig unbeachtet blieben […] die Kleinen Schriften […]. Lediglich in Cassiodors Sammlung von Musterbriefen und im Geschichtswerk des Jordanes finden sich gewisse Hinweise auf eine Kenntnis der Opera minora, sehr vertraut freilich waren beide Autoren mit Tacitus nicht. “ In den Rudolfi Fuldensis Annales (MGH SS 1, S. 368) und in der Translatio S. Alexandri (MGH SS 2, S. 673-681), die im 9. Jahrhundert wahrscheinlich von Rudolf v. Fulda verfasst wurden, wird Tacitus einmal als Zeuge für den antiken Flussnamen der Weser benannt, ein andermal wird aus der Germania zitiert, um die Sachsen den Franken als überlegenes Naturvolk gegenüberzustellen; s. K RAPF, Germanenmythus und Reichsideologie, S. 4-6. Zur Geschichte der Entdeckung und zur Geschichte der Entdeckung der Entdekkung vgl. einleitend K RAPF, Germanenmythus und Reichsideologie, S. 11 ff. m. d. einschl. Nachw. MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, Cap. XXXVII: ex quo si ad alterum imperatori Traiani consulatum computemus, ducenti ferme et decem anni colliguntur: tam diu Germania vincitur […] ac pulsi inde proximis temporibuis triumphati magis quam victi sunt. TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 195 f. MUCH, Die Germania des Tacitus, S. XI. MÜLLENHOFF, Die Germania des Tacitus, S. 324. Dass die Germanen als Gegner besiegt werden mussten, hinterfragte Tacitus nicht. In Cap. XXXIII lobt Tacitus es, dass 60.000 Germanen in einem innergermanischen Konflikt getötet worden seien – ohne dass römische Waffen hierfür nötig gewesen wären: super sexaginta milia non armis telisque Romanis, sed (quod magnificentius est) oblectationi oculisque ceciderunt; MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 78. MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 20.

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hervorhebt, dass es „die eine“ Tendenz in der „Germania“ nicht gebe.115 Aus dem häufig – mehr oder weniger überzeugend – unternommenen Versuch Tacitus’, die zusammengetragenen Fakten verstehend zu durchdringen könne aber die Absicht entnommen werden, die innere Stimmigkeit und Kraft der fremdartigen und primitiven, aber tief verwurzelten Lebensordnung der beobachteten Ethnien eindringlich aufzuzeigen und zu beweisen, dass machtschwache Verbände durch gebändigte Freiheit, natürliche Gesittung und gewachsene auctoritas gesteuert werden könnten116 – wahrscheinlich ein vor dem Hintergrund der eigenen politischen Lage sinnvoll erscheinender, von prinzipatskritischer, senatorischer Freiheitsthematik inspirierter Versuch,117 der schon allein deswegen schwer aus dem konkreten historischen Kontext gelöst und verallgemeinert werden kann. Schließlich ist zu beachten, dass Tacitus die Lebensverhältnisse von Völkern beschrieben hat, von denen nach der Völkerwanderung neben Namen oft nichts geblieben ist als diese Beschreibungen eines Römers. Es kann mithin für die hiesigen Belange nicht davon ausgegangen werden, dass Tacitus Zustände geschildert hat, die schon im 1. Jh. n. Chr. bei Völkern bestanden haben, die ab dem Ende des 5. Jh. n. Chr. durch Aufzeichnung eines Volksrechts hervorgetreten sind. Der nahe liegende Gedanke germanischer Kontinuitäten ist auch hier abzulehnen. In Cap. XX, in dem das durch Einfachheit, Gleichheit und Ursprünglichkeit geprägte Familienleben und die Kindererziehung der Germanen geschildert werden (Herren- und Knechtskind wuchsen miteinander auf und spielten in denselben Pfützen, die Mütter stillten selbst), findet sich der folgende Satz: „sororum filiis idem apud avunculum, qui apud patrem, honor. quidam sanctiorem artioremque hunc nexum sanguinis arbitrantur et in accipiendis obsidibus magis exigunt, tamquam et animum firmius et domum latius teneant. heredes tamen successoresque sui cuique liberi, et nullum testamentum. “ 118

Tacitus schrieb vom Familienverband, begab sich auf eine normative Ebene und berichtete von den Bindungen in diesem Verband. Diese Bindungen seien so eng gewesen, dass die Schwestersöhne bei ihrem Oheim119 dieselbe Ehre (dasselbe Ansehen) wie bei ihrem Vater genossen hätten. Dabei ist die Bezeichnung „ihr“ Vater eine Zutat, aus dem Text allein ergibt sich nicht, dass es sich um den Vater der Schwestersöhne handeln musste. Eine andere Erklärung ist wenig sinnvoll. Wörtlich übersetzt heißt es: „Den Söhnen der Schwestern wird beim Onkel dieselbe Ehre wie beim Vater“.

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TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 174. TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 176 f. Überzeugend TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 182 f. MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 57 f. Avunculus, der Onkel, hat seine deutsche Entsprechung im Oheim oder Ohm, dem Mutterbruder, dem Bruder der Muhme – im Gegensatz zum Vetter oder Fetir, dem Vaterbruder.

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Es folgt ein schwieriger Satz. Manche Germanen sollen dieses Blutsband (hunc nexum sanguinis) – die kognatische, über die weiblichen Seitenverwandten vermittelte Verwandtschaft – sogar für noch heiliger und enger gehalten und dieselbe dann bevorzugt haben, wenn sie sich Geiseln stellen ließen. Hier zeigt sich der Versuch des Autors, Begründungen für die beschriebenen Tatsachen zu geben.120 Tacitus‘ Begründung überzeugt nicht vollständig: Leider enthält der Satz keine Vergleichsgröße für „heiliger und enger“. Der Anschluss an den vorangehenden Satz spricht dafür, dass die über die Mutterlinie gegebene Seitenverwandtschaft für ebenso eng gehalten wurde wie die eigene Deszendenz. Eine von einem um Vollständigkeit bemühten Autor zu erwartende Aussage zur über die Vaterlinie hergestellte Seitenverwandtschaft fehlt. Für diese Aussage gibt es eine nahe liegende Begründung: Wer sich einen Bürgen oder eine Geisel stellen lässt, hat ein Interesse daran, einen großen Personenkreis in die aus welchem Grund auch immer bestehende Haftung einzubeziehen. Der Gläubiger hat den Schuldner und seine Deszendenz ohnehin in seiner Verpflichtung – wenn für diesen nur dessen Söhne Bürgen bzw. Geiseln sind, dann findet keine Ausweitung der Haftung statt. Wenn dagegen Schwestersöhne als Bürgen oder Geiseln gestellt werden, dann wird die Haftung in eine andere Familie getragen, nämlich in die des Schwagers, der mit dem persönlichen Schuldner nicht verwandt ist. Dann ist es auch folgerichtig, wenn die agnatische Seitenverwandtschaft nicht erwähnt wird. Grund hierfür dürfte aber nicht Heiligkeit und verwandtschaftliche Nähe gewesen sein, sondern das Sicherungsinteresse. Sie glaubten, so fährt der Römer fort, dass sie sich damit den animus des einzelnen fester und dessen domus weiter verpflichteten. Nachdem Tacitus diese Besonderheit der kognatischen Verbindung bei „einigen“ hervorgehoben hat, kehrte er zur Grundregel zurück und schrieb: Trotzdem seien Erben und Nachfolger die eigenen Kinder, und ein Testament gebe es nicht. Die Auslegung dieser Kardinalbelegstelle scheint einfach zu sein: Letztwillige Verfügungen121 seien den Germanen unbekannt gewesen. Indessen ist zu beachten, wovon Tacitus spricht und wovon nicht. Tacitus, seinerzeit höchster Gerichtsbeamter und Ausfertiger des jährlichen prätorischen Edikts mit speziellen erbrechtlichen Bestimmungen, schrieb für ein römisches Publikum und dieses verstand sicher, was er mit testamentum meinte, nämlich wahrscheinlich das klassische, einseitig vom Erblasser unter Beachtung spezieller Formen errichtete Libraltestament, das im 1. Jh. n. Chr. gebräuchlich gewesen ist. Es gibt keinen aus der Quelle selbst ableitbaren Grund anzunehmen, dass Tacitus mit dem Begriff testamentum einen aus dem ihm be120

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Timpe spricht von einem vollständig nur von politisch informierten und literarisch gebildeten Zeitgenossen zu verstehenden Subtext; TIMPE, Die Germania des Tacitus, S. 189. So übersetzt Arno Mauersberger das Wort testamentum; vgl. MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 59. Hier wird mit dem Kriterium der Letztwilligkeit mehr gefordert als nötig. Für einen römischen Autor mag die Übersetzung aber vielleicht zutreffen.

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richtsweise bekannten „germanischen“ Recht (oder der Gewohnheit) entnommenen Inhalt angedeutet habe. Sollte er weitere Kenntnisse gehabt haben, wäre anzunehmen, dass er sie ausgebreitet hätte.122 Das geschieht nicht und deswegen dürfte anzunehmen sein, dass Tacitus mit testamentum das ihm bekannte römische Rechtsgeschäft meinte. Es ist hier nicht der Platz zu erklären, was der Inhalt, die Form, die Bedeutung dieses römischen Testaments gewesen ist, unproblematisch ist auch das nicht. 123 Aber: dieses klassische römische Testament, das jeder Römer kannte, mit seinen speziellen Voraussetzungen und Inhalten, dieses Testament kannten die Germanen nicht. Weiter geht die Negativaussage nicht: Tacitus äußerte sich nicht zu der Frage, ob die Germanen, von denen ihm berichtet worden ist, auf andere Art als die Römer postmortal über liegendes oder fahrendes Vermögen verfügen konnten. Offensichtlich ist ihm darüber nichts bekannt geworden, wobei unklar ist, weshalb. Sodann meinte Tacitus, dass Erben und Nachfolger des Einzelnen die Kinder gewesen seien.124 Diese Angabe hängt mit der Aussage zur praktischen Einbeziehung der kognatischen Seitenverwandtschaft in die Bürgen- bzw. Geiselgestellung zusammen. Tacitus ist also berichtet worden, dass es eine echte Nachfolge bei den Germanen gebe. Deswegen verwendete er die Begriffe heres und successor.125 Von einer eventuellen Anwachsung ist nicht die Rede,126 vielmehr von Nachfolge. Ob diese Aussage auf das Vermögen beschränkt wurde, oder ob die Erblasserperson als solche ersetzt wurde,127 ist dem Text nicht zu entnehmen. Daraus, dass Tacitus lediglich aussagt, die Germanen hätten das (klassische römische) Testament nicht gekannt, lässt sich nach hier vertretener Ansicht nicht ableiten, dass es keine Verfügungen von Todes wegen gegeben habe. Mit der Quelle ebenfalls nicht zu belegen ist, dass dem Einzelnen im 1. Jahrhundert n. Chr. gar keine Verfügungsmacht zugestanden habe. Cap. XX ist nicht die einzige Stelle der „Germania“, an der sich Tacitus mit erbrechtlichen Phänomenen auseinandersetzte. In systematischer Hinsicht steht Cap. XX im allgemeinen Teil der „Germania“, in dem Tacitus von den 122 123

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125 126 127

Dieser Schluss ist zulässig, weil Tacitus an anderer Stelle seine weitergehende Kenntnis über das germanische Erbrecht ausbreitet. In diesem Zusammenhang wäre zu entscheiden, wodurch sich das Libraltestament vom Komitialtestament und von der mancipatio familiae unterschied und welche dieser Verfügungen wann gebräuchlich waren. Es ist für die hier verfolgten Zwecke auch nicht erheblich zu klären, ob der lateinische Terminus liberi die Kinder oder die Söhne meint; s. dazu WIEBROCK, Die Sippe bei den Germanen der Frühzeit, S. 74 f., 102. Auch zu diesen beiden Begriffen ist anzunehmen, dass Tacitus deren Bedeutung im ihm bekannten römischen Recht zu Grunde legte. Ein Anwachsungssystem dürfte auch dem römischen Recht fremd gewesen sein; vgl. K ASER, Das Römische Privatrecht I, S. 673. Dieses Modell ließe sich als Transzendenz der Person in der Generationenabfolge beschreiben.

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Germanen und ihrem Land allgemein berichtete. Anschließend wandte er sich einzelnen germanischen Ethnien zu. In Cap. XXXII gab er Nachrichten von den am Rhein beheimateten Tenkterern. Diese, die jungen wie die alten, sollen tüchtige Reiter gewesen sein. Dem ist auch die folgende Bemerkung geschuldet: „inter familiam et penates et iura successionum equi traduntur: excipit filius, non, ut cetera, maximus natu, sed prout ferox bello et melior. “ 128

Dem lässt sich folgendes entnehmen: Die Pferde – wie gesehen von besonderer Wichtigkeit für das Reitervolk und, wenn Tacitus hier die Tatsachen richtig wiedergibt und seine Quelle zuverlässig ist, ein werthaltiges Wirtschaftsgut – wurden übergeben: equi traduntur. Diesem Gedanken, der übergangslos an die Schilderung der Reitbegeisterung der Tenkterer anschließt, liegt die Vorstellung der Übergabe der Pferde von dem Vater an den Sohn zugrunde, denn dieser soll sie herausnehmen, excipere. Wann diese Übergabe erfolgte, ob zu Lebzeiten des Vaters oder nach seinem Tode, interessierte Tacitus entweder nicht oder war für ihn nicht ermittelbar. Immerhin handelte es sich um eine Übergabe, eine Weitergabe, eine traditio und nicht um ein Anfallen oder Anwachsen und auch nicht um ein bloßes Nachfolgen. Für diesen Fall hätte Tacitus statt tradere das Verbum succedere verwenden können. Die Übergabe setzt handelnde Personen voraus, die zur Vornahme dieser Handlung irgendeine Befugnis haben müssen, anderenfalls machte es kaum Sinn, sie zu erwähnen. Wie auch immer diese Übergabe bei den Tenkterern ausgestaltet gewesen sein mag: Wenn sie vorgekommen ist, dann handelte es sich um eine von Tacitus zwar nicht ausdrücklich, aber doch hervorgehobene Ausnahme von dem aus Cap. XX abgeleiteten Grundsatz. Diese Übergabe der Pferde ist aber nicht das einzige interessante Faktum. Neben129 den Pferden wurden auch die familia, die penates und die iura successionum übergeben bzw. weitergegeben. Wenn auch die Einzelbedeutungen dieser Begriffe nicht gesichert sind, 130 so lässt doch ihre Häufung in einem 128 129

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MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 76. Tacitus verwendete hier das Wort inter. Die deutsche Entsprechung „neben “ erfasst dessen Bedeutung nicht ganz. Daneben sind „mit, unter “ und/oder „dazu “ zu lesen. Mauersberger bietet „Sklaven “ für familia, „Haus und Hof“ für penates und „vererbbare Rechte “ für iura successionum; vgl. MAUERSBERGER, Tacitus. Germania, S. 77. Damit wird versucht, der weiten Bedeutung der Begriffe schärfere Kontur und heute verständlichen, auf das Vermögen beschränkten Inhalt zu geben. Es könnte auch richtig sein, die weitere Bedeutung stehen zu lassen, also für familia die Entsprechung „alle Hausangehörigen “ und für penates die Entsprechung „Haus und Hausheilige “ zu wählen. Der Sohn, der diese Gesamtheiten erhielt, wurde damit nicht nur ein Vermögensnachfolger, sondern trat auch in die sakralen Beziehungen des Verstorbenen ein. Tacitus verwendete nicht die ihm als ehemaligem Prätor sicher geläufige römische Terminologie für das Vermögen: familia pecuniaque, die

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Satz erkennen, dass der Autor damit eine Vermögensgesamtheit umschreiben wollte. Auch diese Vermögensgesamtheit wurde bei den Tenkterern übergeben; es ist aus dem Satz nicht erkennbar, dass das Verbum tradere sich nur auf die Pferde beschränken sollte. Die Gemeinsamkeit zwischen dem Vermögen und den Pferden hinsichtlich der Übergabe wird grammatisch durch die Präposition inter vermittelt. Zu dieser Vermögensgesamtheit wird als Besonderheit vermerkt, dass die Pferde nicht zur familia gehörten und nicht in gleicher Weise wie diese übergeben wurden. Die trennende Besonderheit ist der zweite entscheidende Gesichtspunkt. Zwar erhielten nach Tacitus’ Informationen die Söhne sowohl das Vermögen als auch die Pferde. Aber ein Sohn wurde hinsichtlich der Pferde besonders hervorgehoben. Nur derjenige Sohn sollte sie erhalten, der sich als ferox bello et melior erwiesen hat. Das sonstige Vermögen erhielt (und zwar durch Übergabe, wie eben gesehen) der Sohn, der maximus natu war. Diese Differenzierung ist aber an Personen gebunden und der logische Schluss hieraus lautet, dass die Tenkterer es dem Vater erlaubten, zwischen seinen Söhnen eine Verteilung des Vermögens vorzunehmen.131 Selbst wenn diese bei den Tenkterern angeblich bestehende Verteilungsmöglichkeit nicht als ein testamentum im (römischen) Sinne Tacitus’ angesehen werden kann, so wird doch die Aussage nullum in Cap. XX dadurch relativiert. Schließlich ist hervorzuheben, dass der für die Pferde in Betracht kommende Sohn dieselben herausnehmen – excipere – sollte. Wann dieses Herausnehmen erfolgte, bleibt unklar. Brunner und Amira erkannten in diesem Herausnehmen und in der zeitlich ebenfalls unklar bleibenden Übergabe entweder eine lebzeitige Abtretung des Vermögens durch den Vater oder eine Verteilung anlässlich der Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Verwandten.132 Nichts dergleichen teilt die mehrdeutige Quelle mit. Das Vermögen wurde übergeben. Vermögen ist ein Gesamtbegriff. Grundsätzlich wurde das Vermögen an den ältesten Sohn übergeben. Der kriegstüchtigste Sohn nahm die Pferde heraus. Das sind die Fakten der Quelle, nicht mehr. Wann dieser kriegstüchtigste Sohn das tat, auf wessen Veranlassung und mit welcher

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jedenfalls beim Libraltestament begegnet, sondern wählte eine offenere Terminologie. Für den römischen Leser waren familia et penates verständlich, denn sowohl das vorklassische als auch das klassische römische Recht kannten die Nachfolge des heres in die familia und die sacra familiaria. Über welche tenkterischen iura successionum dem Tacitus darüber hinaus Nachrichten vorlagen, ist unklar. Wer das nicht annehmen möchte, könnte, wenn er ansonsten Tacitus für glaubhaft hält, noch annehmen, dass die Tenkterer nach dem Tod eines der ihren in einem (dann wieder nur als förmlich zu denkenden) Verfahren entschieden hätten, welcher Sohn des Toten die Pferde erhalten sollte. Auch diese etwas umständliche Auslegungsmöglichkeit ändert aber nichts an dem Grundtatbestand, dass Cap. XX dann kein ausnahmsloses System beinhaltet. B RUNNER, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 81 mit Nachweis auf v. Amira. Richard Schröder bezeichnete die Aussagen in Cap. XXXII der Germania als unklar; vgl. DENS., Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, S. 73.

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(rechtlichen) Befugnis er das tat, wer entschied, welcher der Söhne der kriegstüchtigste war und wer an der Übergabe des Vermögens an den ältesten Sohn beteiligt war: all das bleibt unklar. Auch Cap. XXXII eignet sich mithin nicht dazu, die Grundregel von Cap. XX zu stützen oder mit hinreichender Sicherheit eine gewollte Ausnahme hiervon zu machen. Aus all dem ergibt sich ein von Spekulationen freier Schluss: Die Angaben Tacitus’ sind nicht vollständig verlässlich. Seine Quellen sind unbekannt. Ein einheitliches „germanisches“ Recht hat er nicht beschrieben. Einzelne Aussagen, denen ein erbrechtlicher Gehalt zugeschrieben werden kann, widersprechen sich teilweise inhaltlich. Festzuhalten ist: Die Aussage Tacitus’ in Cap. XX der „Germania“ spiegelt wahrscheinlich römische Rechtszustände, von denen gesagt werden kann, dass sie nach Ansicht des Autors bei den ihm bekannten bzw. ihm geschilderten Germanen so nicht vorkamen. Tacitus erklärt, dass die Berichte, die er zur Kenntnis genommen hat, beinhalteten, dass das römische Testaterbrecht bei den Germanen unbekannt sei. Es ist ein Negativbefund, den er mitteilt. Positivbefunde über das „germanische“ Recht der Verfügungen von Todes wegen vor dem 6. Jh. n. Chr. sollten hieraus nicht abgeleitet werden. Die Beschränkung auf diesen Negativbefund muss nicht heißen, dass die betreffenden Völker die Probleme, die auch in ihren Gemeinwesen vorkommen mussten, gar nicht hätten lösen können. Wie sie (oder andere, dem römischen Autor unbekannte germanische Völker) die Lösung des rechtlichen Problems angegangen sind, wissen wir nicht. All das ist nicht neu. Ulrike Seif hat 2005 Hieronymus Christoph Meckbach133 in Erinnerung gerufen, der 1789 schrieb: „Diejenigen, welche vorgeben, dass die Altteutschen keine testamenta in Gebrauch gehabt, sind von Cornelio Tacito verführet worden, weil dieser in seinem Büchelgen de situ, moribus et populis germaniae cap. XX angeführet, daß bey diesen solche nicht gebräuchlich gewesen wären, […]. “ 134

Das 19. Jh. hat den kritischen Blick auf Tacitus verstellt. Aus Cap. XX der „Germania“ wurde und wird die These abgeleitet, dass es in der frühgermanischen Zeit keine Verfügungsfreiheit und keine gewillkürte Erbfolge gegeben habe. Diese These hat mehrere Ebenen, wie zu zeigen sein wird. Zunächst geht es um den Nachweis der Grundlagen.

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Zu Meckbach und seinem in der thüringischen Provinz verfassten Commentar über den Sachsen=Spiegel vgl. die wertvollen Angaben bei K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenspiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 31 f. 134 Zitat nach SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 101.

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2. Die These: Sippenerbrecht schließt gewillkürte Erbfolge aus (1) Das Gut fließt mit dem Blut In der 1899-er Ausgabe der „Deutschen Rechtsalterthümer“ von Jacob Grimm ist zum germanischen „Urerbrecht“, also zum Erbrecht der rechtsquellenlosen Zeit der germanischen Völker, zu lesen: „Das deutsche erbrecht gründet sich ursprünglich nur auf verwandtschaft, auf sippe. Sippe, ahd. sippja, sibba, ags. sib (gen. sibbe) bedeutet eigentlich friede, freundschaft, wie wir noch heute letzteren ausdruck zugleich für verwandtschaft gebrauchen; den engsten frieden findet jeder im schoß seiner familie und von dieser geschlechtsgemeinschaft geht alles persönliche recht aus. “ 135

Jacob Grimm belegte den ersten Satz dieser Passage mit dem Verweis auf Cap. XX der „Germania“. Grimm wurde in dieser auf das Erbrecht bezogenen Ansicht weithin rezipiert, wenn auch die Sippe als Rechtsbegriff,136 insbesondere als rechtlich gestalteter Verband durch die modernere Rechtsgeschichte aufgegeben worden ist. 137 Leicht lassen sich Belegstellen für die im 19. Jh. unbestrittene These von der Nichtexistenz postmortaler Verfügungen in frühgermanischer Zeit anführen. Begonnen sei mit einer italienischen Quelle. Bei Luigi Palumbo heißt es: „Esse esprimono la sua nota caratteristica più spiccata, la sua appartenenza alla Sippe secondo l’ordine di successione, stabilito dall’autorità sacra della consuetudine. La proprietà, quindi, ha la sua trasmissione necessaria. È il sangue (o Dio) che fa l’erede, dice un antichissimo proverbio tedesco; e ancora: Der Todte erbt den Lebendigen, il morto eredita il vivo. La volontà umana non c’entra per nulla: Nulli liceat traditionem hereditatis suae facere […] ut heredem suum exheredem faciat, dice la legge Sassone.”138

Diese Belegstelle ist nicht nur ein Beleg für die Bedenkenlosigkeit, mit der im 19. und beginnenden 20. Jh. die Zeitebenen beispielsweise zwischen Tacitus und dem Aachener Reichstag von 802/803 miteinander in einer großen 135 G RIMM, Deutsche Rechtsalterthümer, 136

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4. Ausg., S. 642 f. In welchem Kurs sie stand, wird an folgendem, wieder auf einer Tacitus-Exegese ruhenden Zitat deutlich „La Sippe non differisce dal gruppo agnatizio dell ’ antico diritto romano, dalla comunità familiare russa, dalla zadruga dei Serbi, Croati, e Montenegrini, dal sept celtico (trev nel paese dei Galles), dalla fine irlandese, dalla famiglia indivisa dell’ India “, P ALUMBO, Testamento romano, S. 182. Kurzformel: Die Sippe ist arisch. Vor allem durch Kroeschell, vgl. nur DENS., Die Sippe im germanischen Recht, S. 13 ff. S. aber schon GENZMER, in: ZRG Germ. Abt. 67 (1950), S. 34, 49. Schwankend noch MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 23-26. P ALUMBO, Testamento romano, S. 200.

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„germanischen“ Kontinuität verschweißt wurden, sondern auch dafür, wie einseitig angesichts des definitorischen Ausgangspunkts (Sippe) der Bedeutungsgehalt einer Quelle, die ausspricht, dass Enterbungen verboten seien und demzufolge Enterbungen kennen muss, wahrgenommen wurde, wenn hieraus geschlussfolgert wird, dass der menschliche Wille für Nachfolgefragen nicht gelte. Ebenso absolut äußerte sich hinsichtlich des „germanischen“ Rechts vor der Christianisierung – also zum gleichen Zeitraum – Alfred Schultze in seiner Freiburger Antrittsrede 1914: „Es gab kein Erbrecht im römischen und in unserem Sinne. In der Hauptsache gehörten die wirtschaftlichen Güter, nämlich die Viehherden und Ackergeräte und das Grundeigentum, soweit dieses sich aus dem Volks- und Markeigentum gelöst hatte, der ganzen Hausgemeinschaft und nicht dem einzelnen Hausherrn. “ 139

Der definitorischen Grundsatzfrage, ob Schultze mit seiner Gegenüberstellung zwischen dem „germanischen“ Erbrecht einerseits und dem römischen und dem geltenden Erbrecht andererseits die Tatsachen richtig eingeordnet hat, soll hier nicht nachgegangen werden. Wichtig ist für die Ausgangsfrage nur die gedankliche Übereinstimmung zwischen Grimm und Schultze hinsichtlich der Freiheit des Einzelnen, über Sachen, die er in Besitz hat, zu verfügen. Sippe, Geschlechts- und Hausgemeinschaft, Schoß der Familie sind die tragenden Begriffe des angeblich „germanischen“ Erbrechts. Die wirtschaftlichen Güter gehörten nicht dem Einzelnen. Bezogen auf die auch hier gegenständlichen Quellen schrieb Schultze später: „Dass es dem Salfranken von Rechtswegen erlaubt gewesen sei, nach freiem Belieben unter vollständiger, stillschweigender Übergehung seiner unabgeteilt im Hause befindlichen ehelichen Söhne sein ganzes Vermögen einem Fremden mit der Wirkung der Alleinerbfolge zuzuwenden ... ist nun einmal nicht glaublich. “ 140

Dieses Zitat belegt vor allem, welche (moderne) Vorstellung von postmortaler Verfügungsfreiheit (vollständige, stillschweigende Übergehung, Alleinerbfolge) an das frühmittelalterliche Recht herangetragen wurde. Alfred Schultze freilich wird nur hinreichend gerecht, wer konstatiert, dass er zwar ausgehend von der apriorischen Bindung allen Vermögens in der Hausgemeinschaft zwischen Vater, Sohn und Enkel freie postmortale Verfügungsfreiheit für das „frühgermanische Recht“ verneinte, jedoch andererseits herausarbeitete, dass sich auf christliche Moraltheologie gestützt bereits in den Volksrechten ein Recht des Hausvaters auf Abschichtung eines Freiteils und hieran angeknüpft die Mög141 lichkeit der freien Verfügung über denselben entwickelt habe.

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S CHULTZE, in: ZRG Germ. Abt. 35 (1914), S. 80. SCHULTZE, Augustin und der Seelteil des germanischen Erbrechts, S. 16. Das ist Gegenstand der detailreichen Studie „Augustin und der Seelteil “ aus dem Jahre 1928.

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Für die Grundlagen kommt es aber auf die Ausgangsthese an und ebenso von Tacitus ausgehend stellte auch Hans Hattenhauer (unter anderer, nicht mehr nur auf das Erbrecht beschränkter Fragestellung) 1969 fest: „Es gibt keine Verfügungsfreiheit des Hausvaters über den Boden. Der Boden ist nicht Gegenstand rechtlichen Handelns – weder unter Lebenden, noch von Todes wegen […]. Die Bindung des Bodens an die Familie ist unerschütterbar und unauflöslich, weil der Personenverband in seinem Bestand gefährdet wäre, wollte man die Grundlage seiner Existenz anrühren. Boden und Familie sind miteinander verkettet und hängen gegenseitig so voneinander ab, daß keines von beiden verändert werden kann, ohne daß nicht auch zugleich der andere Teil verändert würde. Das Gut rinnt wie das Blut. “ 142

Die Verkettung von Boden und Familie, von Gut und Blut war der Ausgangspunkt der Rechtsentwicklung hinsichtlich der Verfügung über Sachen. Aus dieser Bindung des Gutes an das Blut und umgekehrt folge, dass der frühe Germane bis in die Zeit einsetzender Schriftlichkeit im Recht nicht in der Lage gewesen sei, das Gut – und zwar das liegende und das fahrende – einem anderen als einem Mitglied des Blutsverbandes zuzuwenden, weder durch lebzeitige Übertragung, noch durch eine Übertragung, die erst in dem Moment wirksam wird, in dem der Übertragende stirbt. Der Gedanke, einem Mitglied des Blutsverbandes etwas aus dem Gut zuzuwenden, ist in diesem System entbehrlich – warum sollte ein Vater seinem Sohn oder seiner Tochter etwas zuwenden, was diesem kraft Blutes ohnehin gehörte? Das Kind braucht nur zu warten, bis die Eltern aufhören, zwischen ihm und dem Gut zu stehen. Der Einzelne ist Nichts, die Familie, das „Blut“ ist alles. Es waren die großen Autoritäten der deutschen Rechtsgeschichte, die diesen Gedanken in ihren Überblicksdarstellungen zur deutschen Rechtsgeschichte und in ihren großen Werken zum deutschen Privatrecht und zur deutschen Rechtsgeschichte vermittelten: Karl v. Amira,143 Georg Beseler, 144 Heinrich Brunner, 145 Karl Friedrich Eichhorn,146 Heinrich Gottfried Gengler, 147 Carl Friedrich Gerber,148 142

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H ATTENHAUER, Die Entdeckung der Verfügungsmacht, S. 1, 2. Ebenso 30 Jahre später WAŚKO, Frömmigkeit und Ritteridee, S. 22: „[…] stand das römische Testament im Widerspruch zu germanischen Rechtsbegriffen, die den freien Willen und die ungehinderte Verfügung über den Besitz ablehnten. “ V. AMIRA, Grundriss des germanischen Rechts, S. 173: „Aus jenem Gesamteigentum der Verwandtschaft aber […] ist das Erbrecht entstanden, welches darum auch immer prinzipiell ein blutsverwandtschaftliches und ein der Willkür des Erblassers entzogenes geblieben ist. “ BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 2-7. Bernd-Rüdiger Kern resümiert, dass Beseler davon ausgegangen sei, dass dem „deutschen “ Recht jegliche Art der freien Verfügung über das Vermögen von Todes wegen unbekannt gewesen sei; vgl. KERN, Georg Beseler, S. 309. B RUNNER, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 79: „Das Erbrecht war den Germanen ein Recht der Blutsverwandtschaft. Die Erben waren geborene, nicht gekorene, soweit nicht die Adoption den Mangel an Leibeserben ersetzen konnte.“ EICHHORN, Einleitung in das deutsche Privatrecht, S. 797 f.

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Rudolf Hübner, 149 Hans Planitz, 150 Richard Schröder, 151 Giulio Vismara.152 Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch die einschlägigen Stichwörter des Handwörterbuchs zur Deutschen Rechtsgeschichte von Wolfgang Sellert, Werner Ogris, Martin Lipp und Hans-Rudolf Hagemann haben denselben, letztlich biologistischen Ausgangspunkt und dieselbe Quelle und gelangen zu den gleichen Ergebnissen zum „germanischen“ Erbrecht der Frühzeit wie die Autoren des 19. und des beginnenden 20. Jh. Sie schreiben: „Den Germanen war, wie Tacitus bezeugt […] eine gewillkürte Erbfolge im allg. und ein Testament im bes. fremd. Das Hausgut war als Familienerbe gesamthänderisch gebunden und untrennbar mit der Familie (bes. Hausvater und Haussöhne) als Personenverband verknüpft. Für eine freie Verfügungsgewalt (des Hausvaters) bestand kein Raum, und zwar weder für Verfügungen unter Lebenden noch von Todes wegen. Starb ein Mitglied der Hausgemeinschaft, wuchs sein „Anteil “ den anderen berechtigten Hausgenossen an. Es gab nur „geborene “, keine „gekorenen “ Erben: Solus deus, non homo heredes facere potest. “ 153

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GENGLER, Das deutsche Privatrecht, S. 710. GERBER /COSACK, System des deutschen Privatrechts, S. 531 f. Romantisch auf S. 518: „Man dachte sich, daß die Herrschaft über die Güter in demselben Verhältniß den Erben zugeströmt wäre, in welchem sie dem Erblasser bei sinkender Kraft entfloh, bis der eintretende Tod die Strömung vollendete. “ H ÜBNER, Deutsches Privatrecht, S. 735 f. P LANITZ, Deutsches Privatrecht, S. 226: „Durch den Tod eines Hausgenossen wird an den vermögensrechtlichen Verhältnissen nichts geändert. Sein Anteil wächst den übrigen Gesamthändern an. Anwachsung tritt auch ein, wenn der Hausherr selbst stirbt. Nur übernimmt der Sohn dann (neben der Pflicht des Totenkults) die Hausgewalt kraft Geburtsrechts. Keinem Hausgenossen war es daher erlaubt, über Vermögensgegenstände letztwillig zu verfügen: nullum testamentum. “ RICHARD S CHRÖDER, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, S. 73: „Innerhalb der Hausgenossenschaft bestand Gütergemeinschaft, so daß der Tod eines Mitgliedes nur ein unentziehbares Anwachsungsrecht zugunsten der übrigen, aber kein eigentliches Erbrecht begründete […]. Jedenfalls gab es nur ein gesetzliches Erbrecht, letztwillige Verfügungen waren unbekannt. “ VISMARA, Scritti di storia giuridica VI, S. 107, 109: „È noto, chi i Germani, prima di venire a contatto con la civiltà romana […] non riconoscevano al padre (Hausvater) alcuna facoltà di disporre dei beni costituenti i patrimonio familiare (Hausgut), e di conseguenza, come non conoscevano una successione ereditaria, così non conoscevano alcun atto di liberalità. “ O GRIS, Art. Testament, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 IV (1990), Sp. 153 f. Ebenso DERS., Art. Erbenwartrecht, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 958; DERS., Art. Freiteil, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1249 f. Christian Neschwara, der den Erbenwartrecht- bzw. Erbenlaub-Artikel in der Zweitauflage des HRG von Werner Ogris übernommen hat, ist zurückhaltender. Er verzichtet auf eine historische Verortung des Erbenlaubs und beschreibt unter Bezug auf die Handbücher zum Deutschen Privatrecht von Stobbe, Mitteis/Lieberich und Planitz und eine Studie zu den Wiener Stadtbüchern (1395-

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Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik „Auch dem ältesten dt. Recht war der E[rbvertrag], wie überhaupt Verfügungen von Todes wegen, unbekannt (Tacitus Germ. 20 […]).154 „Nach älterem Deutschen Recht war eine gewillkürte Erbfolge ausgeschlossen. Lediglich dort, wo kein Verwandter als Erbe zur Verfügung stand, konnte der Erblasser nach den frühmittelalterlichen Quellen im Wege eines Erbgedinges einen Erben bestimmen. Im Übrigen war die Erbfolgeordnung ausschließlich „gesetzlich “ nach Blutsverwandtschaft geregelt.155

Auch bei Lipp fehlt der Verweis auf Tacitus nicht. Bei Hagemann ist zu lesen: „Die ursprüngliche Gebundenheit des Gutes in der Familie schloss letztwillige Verfügungen über den Nachlass aus: nullum testamentum (Tacitus, Germ. 20) […] Das Erbrecht war sowohl in alter Zeit als auch noch im Mittelalter ein blutsverwandtschaftliches, der Willkür des Erblassers grundsätzlich entzogenes. Nur dem Familienlosen scheint das Recht der Frühzeit die Möglichkeit eröffnet zu haben, sich einen gekorenen Erben zu setzen. “ 156

Auch hier sind Blut und Anwachsung die systematischen Kategorien, die einen anderen Gedanken, und bestünde er in einer Differenzierung, logisch ausschließen. Es verwundert nicht, wenn diese auch heute gültigen157 Vorgaben in die Lehrbücher zum geltenden Erbrecht übergingen.158 Es sind aber nicht nur die Hand- und Lehrbücher in ihrer jeweils aktuellen Fassung, sondern auch thematisch speziellere Monographien, die diese gut tradierte Ansicht weitergeben. Zu nennen sind (in zeitlicher Abfolge) als Beispiele – auch diese ließen sich vermehren159 – die aus dem 20. Jh. stammenden Schriften von Walter Schönfeld, Robert Müller, Günter Aders, Henning Piper, Ulrich Nonn und Klaus Rappert. Sie alle legen das Fundament für ihre auf ausgewählte Territorien bezogenen Untersuchungen auf die Literatur des 19. Jh. und auf Tacitus. 1911 schrieb Robert Müller: „Eine der bekanntesten Eigenheiten des ältesten deutschen Privatrechts ist die, daß ihm Verfügungen von Todes wegen völlig fremd waren, eine Besonderheit, die bereits Tacitus auffiel, dem als Römer letztwillige Verfügungen ein ganz geläufiges Institut waren [es folgt das Zitat aus Cap. XX der Germania]. Gemeint sind damit

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1430) nur die dogmatische Struktur des Erbenlaubes; vgl. O GRIS/NESCHWARA, Art. Erbenlaub, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1360 f. SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 982. Dem folgt auch FINZEL, Georg Adam Struve als Zivilrechtler, S. 111 f. LIPP, Art. Erbfolgeordnung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1361 f. H AGEMANN, Art. Erbrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1376. S. nur MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 24: „Der Blutsverband bildete aber wohl stets den Sippenkern. “ Vgl. z. B. den Kurzüberblick von S CHLÜTER, Erbrecht, Rdnr. 19 f. Etwa um Goswin Spreckelmeyer, der meinte, dass Tacitus’ Aussage auch noch in fränkischer Zeit gegolten habe; vgl. DENS., in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 91, 92.

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nicht etwa nur letztwillige Verfügungen nach Art der römischen Testamente, sondern überhaupt Erbeneinsetzungen, sei es durch einseitige Verfügung, sei es durch Vertrag. Es gab lediglich die gesetzliche Erbfolge, da das deutsche Erbrecht sich auf der Blutsverwandtschaft aufbaute und infolgedessen ein Recht der Geburt war. “ 160

1921 formulierte Walter Schönfeld in Übereinstimmung mit Tacitus und Jacob Grimm über den rechtlichen Ausgangspunkt im „germanisch-deutschen“ Recht: „Verfügungen von Todes wegen, Verfügungen, deren volle rechtliche oder wirtschaftliche Wirkung oder deren Wirkung überhaupt nach dem Willen der Beteiligten erst mit dem Tode des Verfügenden eintritt, sind unzulässig.“ 161

Bei Günter Aders ist 1932 zu lesen: „Das germanische Eigentum der ältesten Zeit ist ein Kollektiveigentum. Es wird ursprünglich durch die Rechte der Markgenossenschaft beschränkt, später durch die Hausgenossenschaft und die Familiengemeinschaft, die sich als eine Vermögensgemeinschaft zwischen dem Hausvater und seinen im Haushalt verbundenen Erben darstellt. Der Begriff des Individualeigentums, das freie Verfügungsrecht des Eigentümers über sein Eigentum, ist noch unbekannt. Sogar das Wort „Eigentum “ ist noch nicht geprägt. Weil das gesamte Eigentum des Hausvaters in der germanischen Frühzeit in der Hausgemeinschaft gebunden ist, kann er einzelne Vermögensteile seinen Erben nicht entziehen, weder durch Schenkung noch durch letztwillige Verfügung. Denn der Gebundenheit des Eigentums entspricht ein dinglich wirkendes Wartrecht der Erben auf den ungekürzten Erbschaftserwerb. Erbe ist daher stets gleichbedeutend mit Leibeserbe. Der heres institutus des römischen Rechts als Gegensatz zum natürlichen Erben ist dem deutschen Recht unbekannt. Es gil t der bereits von Tacitus als Fundament des germanischen Erbrechts festgehaltene Satz […]. An diesem Grundsatz halten auch die späteren Volksrechte fest […]. “ 162

1960 schrieb Henning Piper: „Dem germanischen Recht waren Verfügungen von Todes wegen sowohl in Gestalt des Testaments, d. h. einer einseitigen letztwilligen Verfügung, als auch in Form des Vertrages ursprünglich unbekannt. Die Erb- und Erbfolgeordnung war im Bereich des altdeutschen Rechts ein fester Bestandteil der das Leben des Stammes, der Sippe und Familie ordnenden gewohnheitsrechtlichen Normen. Das lag in der wirtschaftlichen Struktur des germanischen Gemeinwesens, in seiner bäuerlichen Agrarwirtschaft mit genossenschaftlicher Dorfverfassung begründet […]. Eine Änderung trat auch dann noch nicht ein, als sich in der Zeit nach der Völkerwanderung aus der zeitlich beschränkten Nutzung die dauernde Bewirtschaftung einer

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MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73. S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 246. Auf S. 241 f. ist zu lesen, dass das deutsche Recht am Tacitus-Zitat bis zu seinem vorübergehenden Untergang in der Rezeptionszeit mit zäher Treue festgehalten habe. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 2.

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Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Kritik bestimmten Ackerfläche und im Zusammenhang damit eine Sondernutzung des Einzelnen herausgebildet hatte. Entscheidend war, daß dieser Einzelbesitz nicht dem alleinigen Interesse des Einzelnen, sondern den Belangen aller Hausgenossen zu dienen bestimmt war. An Stelle der Beschränkung durch die Markgenossenschaft war also lediglich die durch die Hausgemeinschaft getreten. Aller Besitz, das gesamte Vermögen stand nicht dem Hausvater, sondern der Familie zu. Die Kinder waren mitberechtigt neben dem Vater, und nach seinem Tode trat ihre bis dahin verdeckte Berechtigung hervor. So beruhte in dieser Entwicklungsperiode des germanischen Rechts die Erbfolgeordnung – soweit man von ihr überhaupt sprechen wil l – auf der Blutsverwandtschaft der Familienangehörigen, sie ruhte also viel mehr in einem Miteigentum der Familienmitglieder als in einer erbrechtlichen Sukzession. Der Erbe wurde geboren, nicht gekoren, Gott, nicht der Mensch machte den Erben und besser als von einer gesetzlichen Erbfolge ist es, von einer gesetzlichen Anwachsung zu sprechen. Diese Eigentümlichkeit des alten deutschen Rechts, die uns Tacitus deutlich überliefert hat […], findet sich allenthalben in den Quellen der deutschen Rechtsgeschichte bestätigt. “ 163

Auch Historiker wählen den nämlichen Ausgangspunkt. Bei Ulrich Nonn ist im Jahre 1972 zu lesen: „[…] charakterisiert Tacitus das Erbrecht der Germanen, denen das Testament unbekannt war. Die Feststellung des Tacitus gilt auch noch für die Zeit des fränkischen Reiches: das zeigen die Volksrechte, die eingehende erbrechtliche Bestimmungen enthalten, aber nicht das Testament erwähnen. “ 164

Demonstrieren lässt sich hieran nicht nur, dass der Autor die Tacitus-basierte Setzung der deutschen Privatrechtswissenschaft des 19. Jh. übernimmt, sondern dass er auch dem methodischen Modell der an den Institutionen der modernen Privatrechtskodifikation ausgerichteten Selektion der Quellen folgt. Dabei hätte auffallen können, dass es nur eines weiteren Denkschrittes bedarf, um die von ihm so genannten eingehenden erbrechtlichen Bestimmungen dahingehend zu befragen, ob sie Verfügungen von Todes wegen in welcher Form auch immer zuließen. Mit der Bemerkung, die Volksrechte erwähnten das Testament165 nicht, ist wenig gewonnen.166

163 164 165 166

P IPER, Testament und Vergabung von Todes wegen im braunschweigischen Stadtrecht, S. 30 f. N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 2. Und zwar das – uns, nicht aber den Franken des 5. und 6. Jh. n. Chr. – aus dem römischen Recht bekannte Testament. Nonn beruft sich hierfür auf eine aus dem Jahre 1899 stammende Äußerung Auffroys (hier zitiert nach N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 2): „Il est aisé de constater ainsi que le testament n’a jamais pénétré dans la législation des Francs. Nous savons déjà que ni la loi salique ni la loi ripuaire ne l’admettent. La remarque reste vraie pour les capitulaires ajoutés à ces lois et pour la ‘lex emendata’: à aucune époque le testament n’est devenu une institution du droit franc. “ Mit der Aussage, das Testament sei zu keinem Zeitpunkt eine Institution des fränkischen Rechts gewesen, ist

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Klaus Rappert geht in Übereinstimmung mit den bisher genannten Autoren im Jahre 1997 von folgendem Grundsatz aus: „Wie dem germanischen Recht war den darauf aufbauenden Volksrechten des frühen Mittelalters die Nachlaßregelung durch einseitige letztwillige Verfügung fremd. Das bewegliche und unbewegliche Gut war in der Hausgemeinschaft als Personenverband gebunden. Der Hausvater hatte keine freie Verfügungsgewalt, und zwar weder für Geschäfte unter Lebenden, noch für den Todesfall. Eine gewillkürte Rechtsnachfolge kam wegen dieser Bindung an die Hausgemeinschaft nur in Frage, falls der Verstorbene keine Nachkommen hatte. Die Erwählung eines gekorenen Rechtsnachfolgers geschah in diesem Fall in den einzelnen Volksrechten uneinheitlich, etwa durch dessen Annahme an Kindes Statt durch das Erbgedinge oder durch sachenrechtliche Übergaben. “ 167

Der Autor steht wie die vorigen auf dem Tacitusfundament und der These von der Bindung zwischen Gut und Blut. Die Ausnahme, die er hiervon zu machen bereit ist, 168 ist nur eine scheinbare, wie sich aus dem folgenden ergeben wird. Es ist noch zu erörtern, dass es ein systematischer Fehler sein dürfte, nur die letztwillige Verfügung als Verfügung von Todes wegen anzuerkennen. M. E. wirkt sich dieser Fehler hier aus: Die Definition des römischen Testaments (die nicht die des geltenden Erbrechts ist) verschleiert den Blick. Schließlich schreibt Stephanie Haarländer im Jahre 2008: „Es ist hier zu bedenken, daß dem germanischen Rechtsdenken das widerrufliche Testament und die gewillkürte Erbfolge, wie sie das römische Recht ermöglichte, zunächst völlig unbekannt waren, die römisch-rechtlichen Formen erst über die Testamente kirchlicher Würdenträger bekannt wurden und sich nur allmählich durchsetzten. “ 169

(2) Die Konstruktion des Erbenlaubes Zur Abrundung dieses Bildes ist es erforderlich zu ergänzen, dass dieses vermeintlich „urgermanische“ Sippenerbrecht gleichwohl einer rechtstechnischen Sicherung bedurfte. Mit dieser Sicherung lässt sich nicht nur das geltende Pflichtteilsrecht begründen. Daneben eignet sie sich auch dazu, die einzelnen in den Quellen beobachtbaren Negationen des Sippenerbrechts definitorisch

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nichts darüber gesagt, ob das fränkische Recht Verfügungen von Todes wegen kannte. RAPPERT, Die Regensburger Testamentsordnung von 1541, S. 17 f. Die Annahme, dass das frühmittelalterliche Recht kinderlosen Erblassern Verfügungen über das Gut ermöglicht habe, ist mitunter anzutreffen. Auf sie ist bei der Behandlung der fränkischen Affatomie einzugehen. H AARLÄNDER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 599, 606.

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wieder zu negieren und – Negation der Negation – als Bestätigungen des Verwandtenerbrechts zu erkennen.170 Es handelt sich bei dieser Sicherung um die Erscheinung des so genannten Erbenlaubes (synonym verwendet wird auch der Begriff Beispruchsrecht) oder des Erbenwartrechtes, der bzw. das als solches nur in lübeckischen und sächsischen Quellen und erst seit dem 13. Jh., 171 in den Lehrbüchern zum deutschen Privatrecht dafür als angebliches „germanisches“ Institut umso öfter vorkommt. Der „normative“ Angelpunkt des Erbenlaubes ist Ssp Ldr. I, 52, 1, wo es hieß, dass niemand ohne erven gelof über sein eigen verfügen durfte.172 Die Überlegung, die den Erbenlaub für „gemeingermanisch“ hält, lautet: Wenn noch der Ssp im 13. Jh. den Erbenlaub kannte, dann müssen ihn die anderen (germanischen) Rechte aus früheren Zeiten auch gekannt haben. Diese Überlegung ist nicht ohne Logik: Retrospektiv ist es eingängiger, im Pflichtteilsrecht des modernen Erbrechts den Rest eines in der historischen Entwicklung Schritt für Schritt abgetragenen ursprünglichen Beteiligungsrechts der geborenen Erben am gesamten Familienvermögen zu sehen als hierin ein unorganisch in unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Ausprägungen eingesetztes normatives Korrektiv zum Schutz von Abkömmlingen vor der seit Beginn der schriftlichen Rechtsüberlieferung bestehenden Verfügungsfreiheit des Einzelnen zu erblicken. Eine komplette Übersicht über die Literatur des 19. Jh. zu dem Problem des Erbenlaubes bietet die Abhandlung Siegfried Adlers.173 Werner Ogris schreibt: „Während [das Beispruchsrecht] jedoch auf die alte Sippenverfassung zurückgeht, erscheint das Erbenwartrecht als Rest der germanischen Hausgemeinschaft. In ihr war das Hausgut gesamthänderisch gebunden. Zwar stand dem Hausvater als Ausfluß seiner Munt das Recht der Nutzung und Verwaltung zu, und nach außen […] handelte er kraft eigenen Rechts; aber nach innen, der Hausgemeinschaft gegenüber, war er nur Treuhänder […] und als solcher durch ein anwartschaftliches Recht seiner Erben in der Verfügungsgewalt beschränkt. Dieses Anwartschaftsrecht war ein dingliches Recht am Hausgut. Es gewährte dem Berechtigten im Falle einer unzulässigen Verfügung durch den Hausvater einen gegen jeden dritten Erwerber wirkenden Herausgabeanspruch. “ 174

Von diesem Anwartschaftsrecht zu unterscheiden sei also der Erbenlaub oder das Beispruchsrecht. Eigentümlicherweise habe er andere Wurzeln, die sich bei näherem Hinsehen doch wieder gleichen: 170

171 172 173 174

Das ist Alfred Schultze gelungen, als er Jesus (vertreten durch die katholische Reichskirche) zum Bruder aller Abkömmlinge des gläubigen Franken oder Sachsen erklärte und so die Seelenheilsverfügungen zugunsten der Kirche in den Schoß der Sippe „heimholte “; vgl. DENS., Augustin und der Seelteil des germanischen Erbrechts. Vgl. RWB III (1935), Sp. 58. S. dazu eingehend unten Kap. 5, Nr. 2. A DLER, Über das Erbenwartrecht, S. 2-19. Sämtliche Nachweise daher dort. O GRIS, Art. Erbenwartrecht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 958.

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„Erbenlaub ist die Einwilligung des (zur Zeit der Verfügung) nächsten Erben zu bestimmten Verfügungsgeschäften (z. B. der Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften) des (künftigen) Erblassers. Der Erbenlaub konnte im Rahmen einer selbständigen Rechtshandlung oder uno actu mit dem erbenlaubpflichtigen Geschäft erteilt werden. […] Die rechtliche Wirkung war die eines Verzichts. Der näherberechtigte Erbe entsagte dadurch seiner Befugnis, das Geschäft […] anzufechten. “ 175 „Als Grundlage […] wird allgemein das alte Sippeneigentum an Grund und Boden angesehen; das Beispruchsrecht erscheint als Rest der Sippenverfassung, die den Sippengenossen ein dingliches Anwartschaftsrecht am Gute eines Sippenmitglieds einräumte. Durch die Verfügung fiel dessen Eigentum weg, und das Anwartschaftsrecht der nächsten Erben steigerte sich zum freien Eigentum, das eine gegen jeden Dritten wirksame dingliche Klage auf Herausgabe des Gutes gewährte. “ 176

Zu fragen ist hier nicht nur, worin der Unterschied zwischen einem aufgrund Hausgemeinschaft und einem aufgrund Sippengemeinschaft bestehenden dinglichen Anwartschaftsrecht genau liege. Da beide nach Ogris dasselbe subjektive Recht (die dingliche Herausgabeklage) geben, scheint sich der Unterschied zu verflüchtigen. Immerhin könnte er darin bestehen, dass einmal nur das Hausgut, das andere mal aber das gesamte Vermögen „verfangen“ sei. Jedenfalls zeigen die Überlegungen Ogris’, was Erbenlaub und Beispruchsrecht gewesen sein sollen: eine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verfügung über der Sippen- und/oder Hausgemeinschaft verfangenes Gut – ohne Erbenlaub keine wirksame Verfügung. Diese Einordnung hat eine entscheidende logische Konsequenz. Da Grund und Boden ja per se als der Sippen- und/oder Hausgemeinschaft verfangen galten, muss die Mehrzahl aller tatsächlich vorgenommenen Verfügungen darüber den Erbenlaub enthalten haben – es wäre unlogisch anzunehmen, dass die Praxis einer solchen „gemeingermanischen“ Anschauung nicht gefolgt wäre. Der Gegenschluss hierzu lautet: Wenn die Mehrzahl aller Verfügungen über Grund und Boden ohne Erbenlaub vorgenommen worden ist, dann kann es sich nicht um eine einer „gemeingermanischen“ Übung entsprechende Wirksamkeitsvoraussetzung gehandelt haben. Damit kommt den Rechtstatsachen das entscheidende Wort zu. Und wieder gilt in diesem Zusammenhang, dass das, was nicht schriftlich vorliegt, nicht beurteilt werden kann: eventuell mündlich vorgenommene Verfügungen können nicht rekonstruiert werden. Die frühesten

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O GRIS, Art. Erbenlaub, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 956. Unter Verzicht auf die Sippenthese heute O GRIS/NESCHWARA, Art. Erbenlaub, in: CORDES /LÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1360 f. O GRIS, Art. Beispruchsrecht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 356; DERS., Art. Freiteil, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1249 f. Auch BECKER, Art. Seelgerät, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1592 scheint dem zu folgen.

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Quellen mit massenhaftem Privatrechtsverkehr aus dem Untersuchungsgebiet finden sich in Köln seit 1135. Problematisch erscheint darüber hinaus, wozu der Erbenlaub und das Erbenwartrecht eigentlich gedient haben sollen, wenn Verfügungsfreiheit des Einzelnen sowohl unter Lebenden als auch über den Tod hinaus unbekannt gewesen sind. Liegt es nicht näher anzunehmen, dass die Sicherungsmittel die Verfügungsfreiheit gerade voraussetzen? Zu fragen ist aber auch, wie es zulässig sein kann, den Erbenlaub und das Erbenwartrecht, welche sich ausweislich der Lexika ausschließlich im späten Mittelalter und ausschließlich in norddeutschen Quellen aus dem Lübecker und dem sächsischen Rechtskreis finden, als ein „gemeingermanisches“ Rechtsinstitut zu etikettieren. Besondere Aufmerksamkeit ist daher dem merowingisch-karolingischen Recht zuzuwenden um zu klären, ob der Erbenlaub und das Erbenwartrecht wirklich außerhalb Sachsens und schon im frühen und hohen Mittelalter belegbar ist.

(3) Zwischenergebnis Nach bisher herrschender Lehre kannte das so genannte „germanische“ Recht die gewillkürte Erbfolge nicht. Die gewillkürte Erbfolge setzt als logische Kategorie die Verfügungsfreiheit des Einzelnen voraus, an der es dem „frühgermanischen“ Recht sowohl hinsichtlich des fahrenden als auch des liegenden Gutes gemangelt haben soll. Unter „germanischem“ Recht wird dabei von den meisten Autoren überwiegend dasjenige Recht verstanden, das in der so genannten „germanischen“ Frühzeit, also bis zur Völkerwanderung unter den einzelnen als germanisch bezeichneten Völkern gegolten hat. Die Begründungen gleichen sich seit mehr als hundert Jahren. Sippe, Familie, Hausgemeinschaft und Anwachsung innerhalb dieser Gemeinschaft kennzeichnen das „frühgermanische“ „Erb-“ Recht. Diese Rechtsbegriffe werden auf die Äußerung eines Römers zurückgeführt. Ganz nebenbei wird mit dieser Terminologie die Inferiorität des früh- und hochmittelalterlichen einheimischen Rechts gegenüber einer Rechtsordnung, die sich schon seit langem vom biologistischen Modell der Abstammung gelöst und nicht nur Familie und Verwandtschaft selbst durch das Institut der Adoption geöffnet, sondern das Recht generell als eine zweckhaft-symbolische Form begreifen gelernt hatte,177 fortgeschrieben. 178 Diese Sicht wird, auch das ist eine Erkenntnis der hier angestellten Untersuchung, jedenfalls (und auch) dem mittelalterlichen Recht als das soziale Leben des Einzelnen regelndes System von Normen, die freilich nicht alle in normativen Rechtstexten geschrieben waren, nicht gerecht. 177

178

So die zutreffende Beschreibung einer „erfolgreichen Rechtskultur “ (gemeint ist die römische) von BEHRENDS, Rudolf von Jhering und die Evolutionstheorie des Rechts, S. 290, 309. Rassistische Einseitigkeit konnte diese Inferiorität zu einem „Vorteil “ oder einem „Wert “ umetikettieren. „Rückständigkeit “ zur „Echtheit “ zu stilisieren ist oftmals einfacher als den Nachweis zu führen, dass Rückständigkeit nicht vorhanden ist.

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Ein positiver, aus dem betreffenden Untersuchungsgegenstand – dem „Recht der Germanen“ im ersten bis vierten Jh. n. Chr. – selbst abzuleitender Nachweis der Nichtzulassung der gewillkürten Erbfolge und der Ausschließlichkeit der Verwandtenerbfolge in diesem „germanischen“ Recht ist mangels schriftlichen Belegs ausgeschlossen. Auch ein vermutlich existierendes, bei Vorhandensein jedenfalls mündlich tradiertes „frühgermanisches“ Recht dieses Zeitraums als solches ist als eigener Gegenstand der Überlieferung nicht greifbar. Solange sich das nicht ändert und solange nicht ein authentisches, selbstverfasstes „germanisches“ Rechtsdenkmal aus dem 1. bis 4. nachchristlichen Jahrhundert aufgefunden wird, ist an diesem Ausgangspunkt festzuhalten. Zunächst aber seien noch zwei theoretische Zwischenüberlegungen angestellt.

3. Logische Konsequenzen (1) Entbehrlichkeit der Begriffe „Erblasser“, „Erbe“, „Erbrecht“ Angenommen sei erstens, die These, die rechtliche Möglichkeit der lebzeitigen oder erlebensbedingten Verfügung über das Gut habe jenseits der römischen Reichsgrenzen in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten nicht bestanden, sei richtig, und angenommen sei weiter, die Sippe als Blutsgemeinschaft habe es wirklich gegeben und schließlich, es sei möglich, hieraus rechtliche Schlüsse zu ziehen. Wäre es dann nicht erforderlich, die Begriffe „Erblasser“, „Erbe“ 179 und „Erbrecht“ ganz fallen zu lassen? Diese Begriffe sind nur sinnvoll, wenn das zeitliche Aufeinanderfolgen verschiedener Personen rechtlich irgendeine näher zu bezeichnende Folge hervorrufen kann. Offensichtlich wird die Sippe bzw. die Familie oder die Hausgemeinschaft seit Grimm als ein genossenschaftlicher Verband gleich naher Personen gedacht, in dem jedem Mitglied dieses Verbandes die Nutzung aller diesem Verband zustehenden Güter und Sachen (als besonders wichtig werden die Viehherden, die Ackergeräte und der Boden genannt, s. o.) möglich war.180 Es handelte sich demnach um eine gesamte Hand. Schied eine Person durch Tod aus diesem Verband aus, dann änderte sich nach außen nichts: Die bisherigen Mitglieder der gesamten Hand nutzten die Güter weiter. Trat eine neue Person durch Geburt in diesen Verband ein, änderte sich nach außen genau so wenig.

179 180

Erbe hier als Bezeichnung einer Person, nicht einer Sachgesamtheit. S. dazu aber unten Kap. 3, III, 4. Es ist für diese Überlegung nicht notwendig, sich mit den Genossenschaftstheorien zu befassen. Bei den Begriffen Erbe, Erbnehmer und Erblasser handelt es sich um davon unbeeinflusste Größen.

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Genau diese Argumentation wurde und wird auch angewendet. 181 Dieses Modell hat zunächst die kaum überzeugende Voraussetzung, dass sämtliche Nachfahren eines Vorfahren oder einer Vorfahrin weiter gemeinsam wirtschaften. Selbst dies aber unterstellt: Warum ist es in einem solchen nach außen durch die Blutsgrenze182 abgeschlossenen Verband notwendig, davon auszugehen, eine bestimmte Person folge einer bestimmten anderen Person nach, jene sei also deren „Erbe“? Oder anders – bezogen auf den Nachlass als Zentralkategorie: warum soll es in einem solchen Verband notwendig bzw. möglich sein, davon auszugehen, eine bestimmte Person folge einer anderen Person in deren Vermögen nach, sei also „Erbnehmer“ von deren Vermögen? Für die Güterzuordnung und für die Abgrenzung der dieser Gemeinschaft zustehenden Güter von denen anderer Gemeinschaften spielt dieses Austauschen von Personen keine Rolle – die Gemeinschaft existiert und agiert, solange sie die Nutzung durch Vorhandensein entsprechend geeigneter Mitglieder aufrecht erhalten kann, ungestört weiter – oder sie erlischt, wenn sie die betreffende Nutzung nicht aufrecht erhalten kann, weshalb auch in diesem Fall nicht sinnvoll von einem Nachfolger, einem Erben des letzten die Nutzung aufrecht erhaltenden Mitglieds der Gemeinschaft gesprochen werden kann. Erst wenn der Personenverband aufhört, ein einheitliches Rechtssubjekt zu sein, indem er in Individuen zerfällt, 183 kann sich die Notwendigkeit ergeben, das vorhandene Vermögen zu verteilen und Nachfolgeregeln, also erbrechtliche Bestimmungen bereitzuhalten. So stellt sich die Frage: Wie soll sich Erbrecht – also Nachfolgerecht – an Gütern und Sachen auf eine Institution gründen, die keine echte Nachfolge und keine individuell auswählende Nachfolge, sondern nur Anwachsung kennt? 184 Beide begrifflichen Dimensionen widersprechen sich, die Nachfolge ist die Brechung der Anwachsung, nicht deren Ausprägung. Die „Sippe“ kann demnach logisch nicht Ausgangspunkt des Erbrechts sein: Erbrecht setzt vielmehr

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Vgl. nur B RUNNER, in: DtMS 12 (1907), S. 18, 25; GMÜR, Die Entwicklung der letztwilligen Verfügungen, S. 15; S CHULTZE, in: ZRG Germ. Abt. 35 (1914), S. 75, 81: lediglich Wegfall eines Teilhabers; ganz plastisch KILCHMANN, Die Verfügungen von Todes wegen, S. 9: „es sass einer weniger am gemeinsamen Tisch. “ Bezogen auf die Bauerngüter: „Grundlage der Rechtsnachfolge in Bauerngütern war […] zunächst die Vermögensgemeinschaft zwischen Vater und Kindern “; S CHILDT, Art. Anerbenrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2005), Sp. 232. Wer Sippe und Blutsgrenze (richtiger wäre eher von der auf gemeinsamer Abstammung beruhenden Grenze erwünschten bzw. tolerierten sexuellen Austausches zu sprechen) als definitorische Kategorien ablehnt, der kann statt dessen Hausgemeinschaft und Hofgrenze einsetzen. Am Bedeutungsgehalt ändert sich dadurch nichts. Auch das Spalten in zwei oder mehrere Personenverbände ändert logisch nichts. H AGEMANN, Art. Erbrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1371 spricht deswegen auch von der Herrschaft des Anwachsungssystems „in alter Zeit “ und meint damit eine Zeit vor den Volksrechten.

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das Auseinanderfallen der Sippe, ihre rechtliche Bedeutungslosigkeit voraus.185 Henning Piper, Rudolf Hübner und Andreas Heusler sind nach hiesiger Kenntnis die einzigen der älteren Schriftsteller, die dieses Problem erkannt haben186 und insoweit von der herrschenden Doktrin des 19. Jh. abwichen. Hübner und Heusler haben als einzige den auch hier gezogenen logischen Schluss explizit angefügt.187 In der Tat ist das Kind kein Nachfolger seiner Eltern, es ist ein am Gut ohnehin gleichberechtigt teilhabendes Mitglied der Gemeinschaft, es erwirbt durch den Fortfall der Eltern nichts – es entfallen nur einige Beschränkungen, die aus der Sicht des Kindes in den Personen der Eltern begründet sind.188 Wer das Anwachsungssystem vertritt, sollte die Begriffe Erblasser, Erbe, Nachfolger und Erbrecht daher vermeiden. Insofern ist auch der einprägsame Satz, wonach das Gut mit dem Blut fließe, auf das vorgestellte Anwachsungssystem nicht richtig angewendet, denn bei der Anwachsung fließt das Gut nicht. Es bildet vielmehr die konstante Größe, zu der unterschiedliche, rechtlich bedeutungslose Personen hinzutreten oder von dem verschiedene Personen wegtreten oder abgehen. Schließlich gibt es, um einen anderen Lehrsatz herauszugreifen, in einem solchen Anwachsungssystem weder geborene noch gekorene, sondern gar keine Erben. Änderungen treten durch das Ausscheiden und Eintreten von Personen allenfalls im Innenverhältnis der gesamten Hand ein. Dabei geht es aber nicht um die die Güter nach außen abgrenzende Güterzuordnung und auch nicht um eine die Güter exklusiv einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft zuweisende 185

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Ähnlich S CHILDT, Art. Anerbenrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2005), Sp. 232. Auch HAGEMANN, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1371 nimmt eine ähnliche Einschätzung vor. „So beruhte in dieser Entwicklungsperiode des germanischen Rechts die Erbfolgeordnung – soweit man von ihr überhaupt sprechen will – auf der Blutsverwandtschaft … “; P IPER, Testament und Vergabung von Todes wegen im braunschweigischen Stadtrecht, S. 30; H ÜBNER, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 735. Die bereits angeführte Stelle bei RICHARD S CHRÖDER, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, S. 73 zeigt, wie innerhalb von zehn Zeilen germanophile Amnesie eintreten kann: über das Anwachsungssystem wird gesagt, es begründe kein eigentliches Erbrecht, kurz darauf wird formuliert, es habe nur gesetzliches Erbrecht gegeben. „Es handelte sich also in der Tat innerhalb des Hauses ursprünglich um gar kein Erbrecht, sondern um gemeinschaftliches Nachrücken im Gesamtgute, möglicherweise, wenn z B bei Lebzeiten des Vaters oder bei fortgesetzter Gemeinschaft nach seinem Tode einer der Söhne starb, um Anwachsung “; H ÜBNER, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 735. Ebenso HEUSLER, Institutionen des deutschen Privatrechts II, S. 528. V. AMIRA, Grundriss des germanischen Rechts, S. 173 schreibt das sogar wörtlich: „Der Erbnehmer […] wurde nach ältestem Recht durch den Tod des Erblassers nur von einer Schranke seiner Befugnisse befreit, indem er in die Verwalterschaft des Nachlasses eintrat, dessen Bestandteile ihm schon bei Lebzeiten des Erblassers gehörten. “ Gleichwohl spricht er von Erbrecht.

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Güterabgrenzung189, sondern um persönliche Befugnisse der Einflussnahme und um die Bestimmung der Quote und der Art und Weise, mit der bzw. wie jedes Mitglied an den Gemeinschaftsgütern beteiligt wird. Es gibt immerhin ein Argument im geltenden Recht, das dazu veranlasst, das Anwachsungsmodell nicht aus den Überlegungen auszublenden. § 1483 Abs. 1 BGB ermöglicht einen nichtrechtsgeschäftlichen Erwerb ohne Erbfolge: Der Anteil des erstversterbenden Ehegatten am Gesamtgut bei der Gütergemeinschaft, §§ 1415 ff. BGB, gilt nicht als Nachlassbestandteil – die Gütergemeinschaft wird vom überlebenden Ehegatten mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen der Ehegatten fortgesetzt. Hier handelt es sich um Anwachsung, nicht um Nachfolge. Wer annimmt, dass das sachenrechtliche Anwachsungsmodell der Ausgangspunkt der Entwicklung in vorschriftlicher Zeit gewesen ist, der wird geneigt sein, hier einen verbliebenen Splitter dieses Modells zu erblicken. Unterstützt wird das noch durch die Beobachtung, dass die fortgesetzte Gütergemeinschaft des § 1483 BGB keine Erfindung des BGB-Gesetzgebers ist, sondern als tatsächliches Modell in Teilen Deutschlands vorgekommen ist. 190 Fraglich bleibt, ob die Lösung des § 1483 Abs. 1 BGB verallgemeinerungsfähig ist. Dagegen dürfte sprechen, dass die Fortsetzung mit den Abkömmlingen das Vorhandensein eines überlebenden Ehegatten voraussetzt, wie die Gütergemeinschaft an die Existenz von (erbberechtigten) Ehegatten geknüpft ist, was keineswegs eine historische Selbstverständlichkeit darstellt. Dagegen dürfte auch sprechen, dass die fortgesetzte Gütergemeinschaft nur eine gedankliche Lösung für das vom Gesamthandseigentum der Ehegatten aufgeworfene Problem der durch den Tod eines Gesamthänders gestörten Gütergemeinschaft ist. 191

(2) Definitorische Einengung des Begriffes „gewillkürte Erbfolge“ Schließlich ist noch ein weiteres terminologisches Problem zu erörtern. Es könnte sein, dass sich die These, das „germanische“ Recht habe keine gewillkürte Erbfolge gekannt (und damit im Grunde auch die diese These ermöglichende, selbst hypothetische Voraussetzung der Sippenbindung allen Vermögens), halten ließe, wenn dem Begriff „gewillkürte Erbfolge“ eine bestimmte, einengende Bedeutung beigelegt werden könnte und wenn sich diese Restriktion auch in den Rechtsquellen und den Rechtstatsachen nachweisen ließe.

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Denn sollte es sich um letzteres handeln, dann ergäbe sich wohl doch wieder eine Verfügungsmöglichkeit des Einzelnen. Vgl. Motive IV, S. 425. Im Gesetzgebungsverfahren zum BGB wurden noch drei weitere bereits vorhandene Modelle diskutiert; vgl. Motive IV, S. 424-434.

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Diese Einengung könnte beinhalten, dass von der Existenz einer gewillkürten Erbfolge192 erst dann gesprochen werden kann, wenn die vom potenziellen Erblasser zu treffende Disposition über das Vermögen Personen erfassen kann, die nicht zu den aufgrund Verwandtschaft mit dem Erblasser erbberechtigten Verwandten gerechnet werden können, wenn es also dem Einzelnen möglich ist, sein Vermögen den erbberechtigten Verwandten ganz zu entfremden und einer beliebigen dritten Person zuzuwenden. Eine solche Deutung findet sich zuweilen auch in der Literatur.193 Das geltende Recht sieht ebenso wie das klassische römische Recht194 diese Möglichkeit vor – unter Beachtung der Grenzen der Pflichtteilsberechtigung. Soweit jedoch die Literatur sich zum Vorhandensein der gewillkürten Erbfolge im kontinentaleuropäischen mittelalterlichen Recht äußert, ist diese terminologische Einschränkung expressis verbis nicht zu finden. Sie scheint aber einer Reihe von Äußerungen zugrunde zu liegen, die Verfügungen von Todes wegen einer kinderlosen Person auch für das mittelalterliche nichtrömische Recht anerkennen bzw. für möglich halten.195 Es gäbe demnach zwei systematische Antipoden: einerseits ein Erbrechtssystem, das von der völligen Testierfreiheit des Einzelnen ausginge und es dem Einzelnen auch gestattete, Personen zu Erben zu berufen, die mit dem Verfügenden nicht verwandt sind – als exemplarisch für ein solch libertäres System scheint immer wieder das klassische römische Recht angesehen zu werden – und andererseits ein Erbrechtssystem, das es dem Einzelnen überhaupt nicht gestattete, welche Person auch immer, ob verwandt oder nicht, zum Erben zu berufen. Das an der Blutsbindung orientierte Anwachsungssystem des angeblich „germanischen“ Rechts scheint genau dieses Muster abzugeben. Zwischen diesen theoretischen Antipoden sind die existierenden Systeme angesiedelt: sowohl ein von der grundsätzlichen Bestimmungsfreiheit über die Person des Erben ausgehendes, die übergangenen oder enterbten (nahen) Verwandten durch Einreden, Anfechtungsmöglichkeiten oder Mindestbeteiligungsquoten nachträglich privilegierendes System, 196 als auch ein die nahen Verwandten von vornherein dadurch privilegierendes System, dass die Bestimmungsfreiheit des Erblassers nur darin besteht, zwischen erbberechtigten Personen auszuwählen. Sicher ist es ein Unterschied, ob ein Rechtssystem von vornherein nur die willkürliche Zuwendung des Vermögens innerhalb des Erbenkreises gestattet oder ob es bei Anerkennung einer darüber hinaus greifenden Willkür eine nachträgliche Korrektur der willkürlichen Auswahlent192 193 194 195 196

Hier und im Folgenden bezogen auf den Nachlass als die Zentralkategorie des nichtrömischen Erbrechts. Z. B. bei MERK, in: ZRG Germ. Abt. 56 (1936), S. 1, 14. Vgl. nur KASER, Das römische Privatrecht I, S. 704. Vgl. z. B. nur die Aussage bei RAPPERT, Die Regensburger Testamentsordnung von 1541, S. 17 f. Sowohl dem klassischen römischen Erbrecht als auch dem heute geltenden Erbrecht liegt diese Systematik zugrunde.

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scheidung des Erblassers vorsieht, die sich auf die Erbenstellung der vom Erblasser ausgewählten Person nicht auswirkt. Und auch bei wirtschaftlicher Betrachtung können sich systematisch bedingte Unterschiede herausstellen, wobei diese Unterschiede nur gradueller Art sein dürften, indem die Verbleibequote bei den erbberechtigten Verwandten differieren wird. Alle realen Mischformen lassen sich so streng genommen einer der beiden Antipoden zuordnen, in der Wirklichkeit prägen die von beiden Seiten her kommenden Übergänge das Bild. Betrachten wir das (theoretische) Anwachsungssystem in der Richtung seiner Abschwächungen, dann stellt sich die Frage, wann der Punkt erreicht ist, an dem das System „kippt“, sich der gegenüberliegenden, voluntären Position zuneigt. Die Frage lautet also: Wie viel Auswahlmöglichkeit muss der Erblasser hinsichtlich der Personen haben, die er zu Erben berufen kann? Die Fragestellung lässt sich weiter zuspitzen: Letztlich geht es um eine Messung der Freiheitsgrade, und zwar bereits dann, wenn das Anwachsungssystem nur im Ansatz bröckelt. Bei dieser Messung von Freiheitsgraden müssten sich Gründe dafür finden lassen, weshalb beispielsweise ein System, das Verfügungen von Todes wegen zugunsten von mit dem Erblasser verwandten Personen und also eine Auswahl zwischen diesen Personen zulässt, das aber keine Verfügungen von Todes wegen zugunsten von mit dem Erblasser nicht verwandten Personen kennt oder jedenfalls keine signifikant hohe Zahl solcher Verfügungen vorzuweisen hat, nicht als ein System mit gewillkürter Erbfolge bezeichnet werden dürfte. Solche Gründe sind indessen nicht leicht zu finden. Es hilft an dieser Stelle auch nichts, sich mit dem Einwand zurückzuziehen, Freiheit könne als systematischer Begriff nur dann akzeptiert werden, wenn sie schrankenlos sei und keine Grade kenne. Diese Maximalforderung würde nichts anderes darstellen als das theoretische, kaum je in Reinform verwirklichte Gegenstück zur (unbeweisbaren) Bejahung des Anwachsungsmodells und wäre verwandten Einwänden ausgesetzt. Schon nach geltendem Recht ist die Aussage richtig, ein durch eine den Nachlass erschöpfende Verfügung von Todes wegen begünstigter Abkömmling des Erblassers sei aufgrund gewillkürter Erbfolge Erbe geworden, während andere Abkömmlinge eben deshalb von der Erbfolge ausgeschlossen seien. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob wegen der Existenz des Pflichtteilsrechts die gewillkürte Erbfolge des BGB eine wirklich freie Entscheidung des Erblassers zulässt. Eine völlige Entfremdung des Nachlasses den erbberechtigten (nahen und daher pflichtteilsberechtigten) Verwandten und dem Ehegatten gegenüber gestattet jedenfalls auch das BGB nur im Ausnahmefall der Erbunwürdigkeit. Insofern trifft es zu, wenn Leipold formuliert, dass die Entziehung eines gesetzlichen Erbrechts kein wertfreier (zu ergänzen wäre: der blanken Erblasserwillkür überantworteter) Vorgang sei, sondern an sich der besonderen

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Rechtfertigung bedürfe und dass ehe- und familienrechtliche Schranken der Testierfreiheit197 immanent seien. 198 Auch das klassische römische Recht kannte Beschränkungen der Testierfreiheit. Schon in der späten Republik wurde die querela inofficiosi testamenti vor dem Hintergrund der Tatsache entwickelt, dass eine Enterbung199 wegen ihrer Ausdrücklichkeit und so erzwungenen Öffentlichkeit hauptsächlich zu einem Mittel der Bestrafung geworden war und dass diese Bestrafung eine im Verhalten des Enterbten liegende Verfehlung voraussetzte. Fassen wir zusammen: Historische und gegenwärtige Erbrechtssysteme200 kennen Auswahlmöglichkeiten des Erblassers. Diese Möglichkeiten gehen unterschiedlich weit. Sie sind verschieden ausgestalteten und verschieden weit gehenden Beschränkungen unterworfen. Immer dann, wenn Auswahlmöglichkeiten vorhanden sind, sollte von „gewillkürter Erbfolge“ gesprochen werden. Zu beachten ist das weitergehende Problem, was Erbfolge in den hier untersuchten Rechtsordnungen meinen könnte: eine personenrechtliche oder eine vermögensrechtliche Nachfolge? Diese Frage wird die Untersuchung ebenfalls klären. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass nur in einem echten Anwachsungssystem ohne jede Prärogative des Einzelnen von der Nichtexistenz einer gewillkürten Erbfolge gesprochen werden kann.

4. Vom Sippenerbrecht zur Sachenrechtsthese im Mittelalter Zurück zum Sippenerbrecht. Es ist nur ein kurzer Schritt von diesem Ausgangspunkt zu der These, dass Rechtsgeschäfte, die sich in den auf die „germanische Frühzeit“ folgenden, schriftlich überlieferten Rechtsordnungen finden lassen, keine erbrechtliche Wirkung haben konnten. Es war schon immer bekannt, dass die Volksrechte und die Rechtsbücher Rechtsgeschäfte schilderten, die benutzt werden konnten, um den Verwandten einen Fremden oder unter den Verwandten den näheren einem entfernten oder umgekehrt vorzuziehen. Diese Konfliktkonstellation ist eine anthropologische Konstante, seit zwischen „mein “ und „dein “ differenziert wird. Beseler war es, der diesem Gedanken klassischen Ausdruck verliehen hat: Das deutsche Recht habe Geschäfte gekannt, mit denen die scheinbare Lücke (keine gewill197 198 199

200

Testierfreiheit ist nur ein anderes Wort für Erblasserwillkür. MünchKomm-BGB/LEIPOLD, Einleitung vor § 1922, Rdnr. 13. Sie musste im klassischen römischen Testament ausdrücklich mittels des Befehls exheredes sunto erfolgen; K ASER, Das römische Privatrecht I, S. 703 f.; WIEACKER, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 38 f. Für das römische und für das geltende Recht ist das bereits dargelegt worden. Für das aus den untersuchten Rechtsquellen des Mittelalters erkennbare Recht führt diese Schrift den Nachweis.

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kürte Erbfolge), auf eine dem Bedürfnis angemessene Weise ausgefüllt werden konnte.201 Beseler kennzeichnete sie so: „Es kamen nämlich in demselben [dem „deutschen “ Recht] von jeher Zuwendungen vor, durch welche in der Art Vermögensrechte auf einen Andern übertragen wurden, daß dieser sie erst nach dem Tode des Disponenten, dem während seines Lebens unter verschiedenen Modificationen die Benutzung blieb, vollständig erwarb. Auf den ersten Blick könnte man zu der Annahme geneigt sein, daß auch diese Geschäfte ebensogut, als die Testamente und Erbverträge dem aufgestellten Prinzip [keine gewillkürte Erbfolge] widerstrebten, und daher dessen Hinfälligkeit zeigten; aber eine genauere Erwägung führt eben zur Einsicht, daß gerade in ihnen dasselbe sich am deutlichsten ausspricht. Der Gegenstand dieser deutschrechtlichen Vergabungen war nicht der Nachlaß oder ein Theil aus demselben, sondern das gegenwärtige Vermögen, und als im spätern Rechte das ganze Vermögen auch in dem Umfange übertragen werden konnte, daß die zukünftigen Güter dazu gerechnet wurden; so blieb doch der Grundsatz als Regel bestehen, daß dem Erwerber sogleich an dem Vorhandenen ein Recht eingeräumt sey. Es trat nämlich eine dem deutschen Rechte geläufige Theilung der Eigenthumsrechte ein, und zwar so, daß dem Tradenten immer die Nutzung bis auf seinen Tod blieb. Das Mittel, um dieses zu erreichen, war die feierliche Auflassung, deren wesentlicher Erfolg die Übertragung eines sogleich wirksamen dinglichen Rechts war. “ 202

Mit dieser Beschreibung der so genannten mittelalterlichen Vergabungen als sofort sachenrechtlich wirkende Geschäfte durch Teilung der Eigentumsrechte203 waren zwar einige, aber nicht alle theoretischen Probleme gelöst. Beseler ging einen Schritt weiter: „Das Recht, seine Grundstücke jemandem aufzulassen, damit er sie an einen Dritten weiter tradire, ward zu einer Uebertragung auf den Todesfall benutzt, indem man die Zeit der zweiten Auflassung nach dem Tode des Eigenthümers verlegte. “ 204

Sämtliche Geschäfte, um die es auch hier geht, wären demnach keine erbrechtlich, sondern sachenrechtlich wirkenden Geschäfte gewesen: Es gehöre zu ihrem Wesen, dass ihre rechtliche Wirkung sogleich eingetreten sei, es läge in ihnen eine Veräußerung, nur die faktischen Folgen seien insofern bis zum Tod des Tradenten hinausgeschoben worden, als mit dem Eintritt desselben die temporäre Beschränkung des bereits übertragenen Rechts aufhörte. Eine Sukzession von Todes wegen sei durch sie nicht begründet worden.205 Das Begriffsproblem, das sich hiermit verknüpft, wird darin deutlich, dass schon Beseler die Geschäfte dieser zweiten Gruppe gleichwohl als Vergabungen von To-

201 202 203 204 205

BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 4. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 4. BESELER erläuterte diese Rechtsfigur näher in der Lehre von den Erbverträgen I, S. 73-95. Es soll sich um ein Gesamthandseigentum gehandelt haben. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 5. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 5.

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des wegen bezeichnet hat, worin ihm z. B. Robert Müller206 gefolgt ist. Es wird zwar nicht vermieden aber abgemildert dadurch, dass der oft verwendete Begriff „Vergabung von Todes wegen“ nur bezeichnen soll, dass das übertragene Recht erst durch den Tod des Tradenten ein unbeschränktes wird. 207

5. Neuere Literatur 208

Moderne monographische rechtshistorische deutsche209 Literatur zu den mittelalterlichen Verfügungen von Todes wegen fehlt fast vollständig.210 Soweit ich sehe, ist die Dissertationsschrift von Henning Piper aus dem Jahre 1960, die außerhalb des HRG nicht rezipiert wurde, die letzte einschlägige Abhandlung. Für die Zeit danach ist zu konstatieren, dass die in der Bundesrepublik geübte (berechtigte) Kritik an Ziel und Methode der Wissenschaft vom „deutschen Privatrecht“ zum Erlahmen der juristisch-mediävistischen dogmengeschichtlichen Arbeit geführt hat.211 Dass die Arbeit am Erbrecht wieder aufgenommen worden ist, zeigen Dissertationsschriften von Ludger Meuten und Markus Wehlisch, die (auch) dem sächsischen mittelalterlichen Erbrecht, jedoch nicht dem hier gewählten Thema, gewidmet sind. 212 Auch zeichnet sich in der neueren (Aufsatz-) Literatur eine Tendenz ab, die die jahrzehntelang fest gefügten Fundamente in Frage stellt. Eine erste Äußerung in dieser Richtung machte Peter Landau auf dem 33. Rechtshistorikertag im Jahre 2000 in Jena.213 In seinen Betrachtungen über die LThu befasste er sich mit einer von der Forschung wenig beachteten Vorschrift, die besagt, dass der freie Thüringer zugunsten jeder beliebigen Person verfügen dürfe. Im Jahre 206 207 208 209 210

211 212

213

MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73 ff. So BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 11, 34. Nicht allgemeinhistorische! S. aber VISMARA, Storia dei patti successori. Monographisch haben sich Richard Schmidt zur Affatomie und Max Pappenheim zum langobardischen gairethinx geäußert. Aus der Literatur des beginnenden 20. Jhs. sind zum Magdeburger Recht Otto Loenings Schrift zum Testament, Forschungen von Rudolf Hübner zu den donationes mortis causa und von Robert Müller zu den Vergabungen von Todes wegen zu nennen. Moderne historische Arbeiten stammen von Ulrich Nonn zu den von ihm so genannten merowingischen Testamenten des 6. bis 8. Jh. und von Brigitte Kasten zu letztwilligen Verfügungen des 8. und 9. Jh. und zu fränkischen Herrschertestamenten. Nur so konnte es zu Appellen wie dem von DILCHER, in: ZRG Germ. Abt. 116 (1999), S. 1 ff. kommen. MEUTEN, Die Erbfolgeordnung des Sachsenspiegels und des Magdeburger Rechts; WEHLISCH, Erbrechte thüringischer Staaten. Auch Margret Obladens Arbeit (Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau) weist in diese Richtung. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 223 ff.

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2004 spann er diesen Faden für das burgundische Recht weiter und kam zu dem Ergebnis, dass bei vergleichender Betrachtung der leges eine direkte Entwicklung von einem germanischen Grundeigentum der Hausgemeinschaft und der Sippe mit einer dadurch eingeschränkten Verfügungsmacht zu den späteren Instituten eines Beispruchsrechts oder Wartrechts durch die Quellen nirgends belegt sei.214 Gerhard Dilcher hat das langobardische gairethinx einer neuen eingehenden Würdigung unterzogen und ihren erbrechtlichen Charakter betont. 215 Auch Markus Wehlisch äußerte – eher en passant – die Ansicht, der Ssp anerkenne in Ldr. II, 30 die (letztwillige)216 Verfügung mittels Erbvertrages, wenn das gegenseitige Versprechen vor Gericht gegeben worden sei und die von dem Vertrag betroffenen gesetzlichen Erben diesem zugestimmt hätten.217 Brigitte Kasten hatte sich schon 1990 mit aus dem 8. und 9. Jh. überlieferten Verfügungen befasst; 2004 kam sie zu dem Schluss: „Die Testierfreiheit als Relikt des römischen Rechts zu betrachten, das Mitte des 8. Jahrhunderts mit den Merowingern endgültig in dem germanischer werdenden Frankenreich unterging, ist sicherlich eine irrige Annahme. In den nachfolgenden Zeiten wurde auch testiert, nur die spezielle Urkundenform des Testaments römischer Prägung verschwand für etwa drei Jahrhunderte, weil die dazu notwendigen Voraussetzungen der Rechtssicherheit wie Schriftlichkeit, öffentliches Notariat und städtische Munizipalakten zurück- oder ganz verloren gegangen waren. Zur Karolingerzeit fand man im 9. Jahrhundert mit der lebzeitigen, erbrechtlichen Treuhandschenkung auf den Todesfall einen adäquaten Ersatz für das Testament, eine Konstruktion, die überdies zeitweilig auch im römischen Recht vorgesehen war. “ 218

Kasten hat mit diesen Worten (es bestehe eine „sicherlich irrige Annahme“ der Rechtshistoriker in einem zentralen Punkt des Erbrechtssystems) das Argumentationsfeld frei geräumt. Der Gedanke, es sei irrig anzunehmen, die Testierfreiheit sei im Frankenreich untergegangen, deckt sich mit den Ergebnissen auch dieser Untersuchung. Der Aussage Kastens liegt aber eine andere Perspektive zugrunde als die hier gewählte. Hier interessiert nicht, ob die (römische) Testierfreiheit unterging – das ist für das in den frühmittelalterlichen „germanischen“ regna und im hoch- und spätmittelalterlichen Alten Reich geltende Recht reichlich 214 215

216 217 218

L ANDAU, in: DILCHER /DISTLER (Hrsg), Leges – Gentes – Regna, S. 487, 494. DILCHER, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg), Leges – Gentes – Regna, S. 419, 430: „E s handelt sich beim gairethinx […] um einen (gerichts-)öffentlichen, von Wortformeln (lid in laib) und Geiselstellung (gisel) begleiteten Akt, mit dem die Verfangenheit des Erbgutes an die Blutserben zugunsten einer gewillkürten Erbenbestellung durchbrochen oder ein Ersatz für fehlende (männliche) Erben geschaffen werden soll. “ Zur Ungenauigkeit dieser Charakterisierung s. unten Kapitel 3, IV, 3. WEHLISCH, Erbrechte thüringischer Staaten, S. 20. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 121 (2004), S. 158, 182. Mit dem letzten Teilsatz scheint Kasten auf die sogenannte mancipatio familiae anzuspielen.

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gleichgültig –, sondern vielmehr, ob das Recht dieser Zeiten und Räume die postmortale Verfügungsfreiheit kannte. Jedenfalls ist der Gegenentwurf Kastens, der von einer Neuschöpfung des 9. Jh. ausgeht, in den normativen Rechtsquellen nicht belegbar. Kasten geht von einer im Frankenreich entwikkelten Ersatzlösung für ein aus welchen Gründen auch immer nicht akzeptiertes oder nicht praktikables römisches Rechtsinstitut aus. Eine logische Alternative wäre auch die von römischen Vorbildern unbeeinflusste Entwicklung. Hinzu kommt, dass Kasten mit einem Vorschlag aufwartet, der Bedenken ausgesetzt ist: Ihre „lebzeitige, erbrechtliche Treuhandschenkung auf den Todesfall“ ist ein definitorisch offener, in sich sowohl tautologischer als auch widersprüchlicher und dabei auch vermeidbarer Begriff. Schließlich ist 2005 ein auf einem Vortrag auf dem 34. Deutschen Rechtshistorikertag in Würzburg beruhender Aufsatz von Ulrike Müßig erschienen,219 in welchem diese mit einem juristisch-dogmengeschichtlich ausgerichteten Ansatz zu ähnlichen Ergebnissen gelangt wie die hier vorgelegte Untersuchung. Die hier vorgenommenen Auswertungen der untersuchten empirischen Quellen (Schöffenbücher und Urkunden) waren abgeschlossen, als dieser Aufsatz erschien. Auf Müßigs Schlussfolgerungen wird an den entsprechenden Stellen eingegangen. Noch immer fehlt aber eine monografische Gesamtbetrachtung für klar umrissene Zeiträume und Quellenbestände, die breit genug gewählt sind, den Nachweis zu führen, dass die postmortale Verfügungsfreiheit im Recht des Mittelalters existiert hat und in welchen rechtsgeschäftlichen Formen sie sich ausdrückte.

219 SEIF,

in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87-112.

Kapitel 2: Forschungsansatz

Die Rechtsinstitute, die hier unter den vier in Kapitel 1 genannten Fragestellungen genauer untersucht werden sollen, sind zunächst die Affatomie der LSal, die creatio heredis durch Adoption in der LRib und die traditiones hereditatum, die in einigen Volksrechten1, insbesondere der LThu und der LSax, vorkommen. 2 Ferner geht es um das im Ssp erkennbare erbe von gelobdes halben und um die bei einsetzender Schriftlichkeit der Rechtspflege an der Schwelle vom Hoch- zum Spätmittelalter in den Städten massenhaft rechtstatsächlich fassbare gave oder gabe nach deme tode. Es wird hier für interessant gehalten, danach zu fragen, ob diese Institute, nachdem ihr tatsächlicher und rechtlicher Inhalt herausgearbeitet worden ist, ganz oder teilweise als kalthändige Verfügungen von Todes wegen einzuordnen sind oder nicht. Bliebe es statt dessen bei der in Kapitel 1 kurz angerissenen Fragestellung „Seit wann existiert wo in Deutschland das Rechtsinstitut Erbvertrag, insbesondere der Erbeinsetzungsvertrag?“, liefe die Untersuchung methodisch fehl. Sie ginge von einer Setzung aus, die im fraglichen Untersuchungszeitraum möglicherweise nicht vorgenommen wurde und sich deswegen auch nicht in den Quellen niederschlagen konnte. Es wird zu Recht für unzulässig gehalten, Rechtsgeschichte als an der modernen Kodifikation ausgerichtete Dogmengeschichte zu betreiben und die Kodifikation und ihre Institute als bedachte, natürliche Derivation einer Entwicklung einseitig wahrzunehmen und der rechtsgeschichtlichen Quellenarbeit methodische Scheuklappen anzulegen, indem dem geltenden Recht die Suggestion dessen entnommen wird, was der Historiker sehen dürfe, wenn er die Quellen erkunde. 3 Dieser methodische Fehltritt wird vor allem der deutschen Rechtsgeschichte des 19. Jhs. vorgeworfen, die versucht habe, die Realität in ein System einzuzwängen, das sich an das den juristisch ausgebildeten Rechtshistorikern bekannte moderne Recht anlehnte. 4 Beachtet werden muss hierbei allerdings, dass die Wissenschaft des 19. Jhs. kein primär hi1

2 3 4

Wie Landau bezeichne ich die überlieferten frühmittelalterlichen Rechtsaufzeichnungen der germanischen Völker als „Volksrechte “; vgl. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 26, Fn. 15; und beziehe mich wie er auf BRÜHL, Die Geburt zweier Völker, S. 84 f. – wobei keiner der in der Vergangenheit verwendeten Begriffe ideal ist, wie S CHMIDT-WIEGAND, in: ALTHOFF/GEUENICH u. a. (Hrsg.), Person und Gemeinschaft im Mittelalter, S. 61, 62 konstatiert hat. LAla und LBai werden hier nicht untersucht. CARONI, in: ZNR 26 (2004), S. 1, 3. Statt vieler nur B REßLER, Schuldknechtschaft und Schuldturm, S. 51. Zuletzt OESTMANN, in: ZRG Germ. Abt. 127 (2010), S. 51, 55 f.

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storisches Erkenntnisziel hatte: Ihr ging es darum, das damals geltende deutsche Privatrecht (auch historisch) zu begründen. Lehrbücher des Deutschen Privatrechts waren weniger rechtshistorischen Schriften. Das gilt auch für Georg Beselers „Lehre von den Erbverträgen“, die beanspruchte, die Dogmatik der Erbverträge darzustellen.5 Die Rechtsgeschichte des 19. Jhs. war (unter der Vorherrschaft der Historischen Schule) vor allem eine Bearbeitung des geltenden Rechts mit ihrem Rüstzeug.6 Geschichte war nicht Selbstzweck, sondern diente der Dogmatik, 7 weil eine Kodifikation fehlte, an der sich die Dogmatik hätte orientieren können. Rechtsgeschichte soll nicht als an der modernen Kodifikation ausgerichtete Dogmengeschichte betrieben werden – oder die rechtshistorische Forschung soll von der juristisch-dogmatischen Methode befreit werden8: Für einen an konkreten privatrechtlichen Instituten interessierten Rechtshistoriker9 dürfte es kaum einen schwerer zu befolgenden Hinweis als diesen geben.10 Es heißt dies nämlich nichts weniger, als die Kenntnis des geltenden Rechts über Bord zu werfen und sich in fremdem11 Rechtsgebiet zurechtzufinden. Elmar Wadle hat formuliert, dass die moderne Begrifflichkeit (nur) die Basis sein solle, von der aus wir uns in die mittelalterliche Rechtswelt vortasten können.12 Es ist vor allem die in diesem Kapitel vorzustellende Anlage einer Untersuchung, die dafür sorgen kann, der Suggestion des Systems des geltenden Rechts nach Möglichkeit nicht zu erliegen. Ist die Anlage gewählt, ist besonderes Augenmerk auf die einzubeziehenden Quellen zu legen. Dabei muss tendenziell erwartungslos 13 ad omnes fontes aufgebrochen14 werden und an der jeweils geltenden Kodifikation ausgerichtete Präselektionen müssen unterbleiben. Dieser Verzicht auf der modernen Systematik und Terminologie entlehnte und dogmatisch in bestimmter Weise besetzte Selektionskriterien bedeutet andererseits nicht, dass gar kein Anhalt zu der für jede Recherche

5 6 7 8 9 10

11 12 13 14

So KERN, Georg Beseler, S. 318. S. SCHROEDER, Art. Heinrich Brunner, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2005), Sp. 696. KERN, Georg Beseler, S. 319. In diesem Sinne OESTMANN, in: ZRG Germ. Abt. 127 (2010), S. 51, 56. Gegen dieses Erkenntnisziel D OLL, in: RJ 20 (2003), S. 411, 415-417. Breßler sieht die deutsche Rechtsgeschichte ratlos darüber, wie Dogmengeschichte methodisch modern betrieben werden könne; vgl. DENS., Schuldknechtschaft und Schuldturm, S. 49. Oestmann meint, sie könne statt juristisch-dogmatisch nüchtern historisch Bestand aufnehmen; vgl. DENS., in ZRG Germ. Abt. 127 (2010), S. 51, 56. Rechtssysteme des 13. und 14. Jh. sind fremde Systeme, auch wenn sie Elemente enthalten, die sich bis ins geltende Recht fortgesetzt haben. WADLE, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 503, 504. So CARONI, in: ZNR 26 (2004), S. 1, 5. Derselben Weg bei O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 24.

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zwingend erforderlichen Selektion des Quellenmaterials bestünde.15 Jedoch müssen die Kriterien der Selektion möglichst allgemein und zeitungebunden sein. Immer verbleibt aber eine letztlich nur schwer identifizierbare kritische Restgröße an zeitgebundener Kontamination der Begriffe.16 Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Recherche nicht durch zu viele festgelegte Suchkriterien eingeschränkt wird, sondern dass möglichst viele Quellengattungen auf ihre thematische Relevanz hin überprüft werden können. So lassen sich die Quellen einer bestimmten Gattung in einer aus diesen selbst ableitbaren Ordnung abbilden. Diese aus den erhobenen Befunden abgeleitete Ordnung geht bei der Auslegung des konkreten rechtshistorischen Zustandes der geltendrechtlichen Systematik konsequenterweise vor und es ist nur sekundär bedeutsam, ob sich etwa zwischen dem historischen und dem aktuellen System durchgehende Verbindungslinien zeigen oder nicht. In der Literatur wurde bisher nur selten versucht, einer durch Auslegung ermittelten normativen Wertung den rechtstatsächlichen Befund vergleichend gegenüberzustellen. Diese Kritik trifft beim hiesigen Thema wohl noch am wenigsten Beseler, der seine Ergebnisse vor allem anhand der Traditionsbücher des Klosters Benediktbeuren fand und der damit historische Rechtstatsachenforschung betrieb.17 Andere, wie Schmidt und Pappenheim, stützten sich fast nur auf den Text des jeweiligen Volksrechts und bezogen Rechtstatsachen nicht einmal im Ansatz ein. Genau dieses Manko ist auch wieder an den neueren Arbeiten Meutens und Wehlischs festzustellen. Zu sehr stehen Rechtshistoriker offenbar als Juristen unter dem positivistischen Bann, eine Quelle mit normativem Inhalt für verbindlich und das Recht der betreffenden Zeit erschöpfend abbildend anzusehen.18 Dieses Manko der einseitigen Fokussierung auf den Wortlaut der normativen Quellen kann aber auch für das mittelalterliche Recht der Verfügungen von Todes wegen überwunden werden. Nonn und Kasten haben als Historiker diese Korrektur für die merowingische und karolingische Zeit vorgenommen. Indessen hat Nonn für die juristische Grundierung seiner Arbeit wiederum ausschließlich das spätrömische Recht nach dem Kaser’schen Monumentalwerk zum römischen Privatrecht zugrundegelegt und die Volksrechte fast ganz ausgeblendet.19 Das trifft auch für die Beiträge Kastens zu. Auf

15 16 17 18 19

Wie in dieser Untersuchung vorgegangen wurde, ist Gegenstand von Kapitel 3, V. Zeitgebundene Kontaminationen zu erkennen und auszuräumen ist v. a. der historischen Wissenschaft und ihren Hilfswissenschaften möglich. S. zu Beselers Methode der historischen Rechtstatsachenforschung KERN, Georg Beseler, S. 319 f., 322. Hiergegen G ROSSI, in: ZRG Germ. Abt. 126 (2009), S. 208, 214. Die LSal-Zitate Nonns betreffen weit überwiegend nur das Verwandtenerbrecht, das durch die bearbeiteten Urkunden umgangen werden konnte.

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diese Art und Weise werden zwar Formalien verständlich. Der materielle Gehalt der Quellen lässt sich so aber nur teilweise erklären. Hier wird demgegenüber ein im folgenden unter I. und II. zu erläuternder zweigleisiger Ansatz verfolgt, der auch der Untersuchung Müßigs zugrunde liegt, in der Breite des verwendeten Materials jedoch darüber hinaus geht. 20

20

Ähnliche Ansätze – zu anderen Fragestellungen – bei B REßLER, Schuldknechtschaft und Schuldturm und O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau.

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I. Erfassung und Auslegung normativer Rechtsquellen Erstens wird es für die untersuchten Rechtsgebiete darum gehen, die normativen Vorgaben wiederzugeben, einzuordnen und auszulegen. Dies ist ein vor allem der juristischen Auslegungstechnik verpflichteter Arbeitsgang. Hierbei sind über das schon genannte methodische Grundproblem hinaus drei weitere Probleme zu beachten.

1. Übersetzungsprobleme Für die frühmittelalterlichen Volksrechte gilt zunächst ein doppeltes Übersetzungsproblem. 21 Es besteht darin, dass die Aufzeichnung einer nichtrömischen Rechtsregel durch einen beispielsweise fränkischen Schreiber (in einer der merowingischen oder karolingischen Königskanzleien) nicht in dessen gesprochener Sprache vorgenommen wurde, sondern in der fremden lateinischen Schriftsprache. Es ist sehr schwer einzuschätzen, welcher Bedeutungsverlust bzw. welche Bedeutungsverschiebung sich zwischen der gesprochenen und der geschriebenen Regel vollzogen hat. Verdoppelt wird dieses Problem dadurch, dass der überlieferte, (mittel-) lateinisch geschriebene Text in eine heute gebräuchliche Sprache übersetzt werden muss, die einen anderen juristisch-systematischen Hintergrund aufweist als die heute nur noch als Trümmersprache bekannte Sprache, aus der die Regel in das mittelnde Mittellatein übernommen wurde. Wie dieses Problem letztendlich erfolgreich behandelt werden kann, ist eine derzeit (immer noch oder schon wieder) offene Frage. Dieses Übersetzungsproblem wird für das salfränkische Recht in der einschlägigen Vorschrift verschärft durch volkssprachige Begriffe. Malbergische Glossen und volkssprachige Termini in den Volksrechten sind durch Abschreibefehler in ihrem Bedeutungsgehalt unsicher und wahrscheinlich im 9. Jh. schon nicht mehr verstanden worden. Im Themenkreis dieser Arbeit betrifft das für das fränkische Recht vor allem das Verbum adfathumire, aus dem der Begriff Affatomie abgeleitet wird. Dass hierbei philologische Argumente zu erwägen sind, ergibt sich aus der Quelle selbst. Wo diese einen bestimmten Terminus verwendet, muss versucht werden, ihn als Rechtsbegriff entweder zu verstehen (grammatische Auslegung), oder ihn als untechnischen Begriff aus der Exegese auszuklammern. Für das im Ssp und im Magdeburger Stadtrecht schriftlich fassbare Recht des Hoch- und Spätmittelalters ist es nur scheinbar ein Vorteil, dass nicht mehr das Mittellateinische wie ein in unbekanntem Ausmaß getrübter Filter 21

Vgl. Literaturnachweise dazu bei HATTENHAUER, in: ZRG Germ. Abt. 81 (1964), S. 341 Fn. 1.

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vor dem Sinngehalt der Quelle liegt, sondern das Mittelhochdeutsche zur Verfügung steht. Denn hier existieren Begriffe, die sich u. U. noch schwerer erklären lassen als ein möglicherweise auch für den mittelalterlichen Schreiber aufgrund seiner eventuellen Ausbildung feststehender lateinischer Terminus (z. B. gift, gabe, gelobde, eigen, erbe etc.). Das in der Literatur – nie in den Quellen – anzutreffende Kunstwort Vergabung spiegelt diese sprachliche Unsicherheit.

2. Was sind normative Rechtsquellen? Insbesondere die Volksrechte können, darauf wurde oben bereits hingewiesen, nur mit Vorbehalt zu juristischen Ableitungen verwendet werden. Sie können nicht wie ein neuzeitliches Gesetz den vertrauten Auslegungsmethoden unterworfen werden – es handelt sich nicht um vom Anspruch der materiellen Vollständigkeit und inneren Widerspruchsfreiheit getragene, nach einer durchgängigen Systematik erarbeitete Kodifikationen, die ein bestimmtes Rechtsgebiet umfassend behandeln und für jedes in diesem Gebiet erscheinende Rechtsproblem eine Lösung bereithalten bzw. dazu geeignet und gewidmet erscheinen, solche Lösungen bereitzuhalten. Stattdessen ist das in den Volksrechten und den Rechtsbüchern überlieferte Recht in hohem Maße sektoriell, es liefert ausschnittartige Regelungen für einzelne konkret vorgestellte oder vermutete Konfliktlagen. Durchgearbeitete Systeme sind die Ausnahme. Hinzu kommt das Aktualitäts- und Effektivitätsproblem. Hier wurden erhebliche und begründete Zweifel – vor allem bezüglich der LSal – gesät, seit Simon Stein 22 seine These von der zur Zeit Karls d. Kahlen gefälschten LSal aufgestellt hat. Es kann kaum entschieden werden, ob die LSal als geschriebenes Recht im Rechtsleben der merowingischen und fränkischen Reiche eine Rolle gespielt hat oder ob sie nicht nur eine Wunschordnung eines merowingischen bzw. karolingischen Herrschers gewesen ist, neben bzw. unter der noch eine die Realität darstellende mündlich tradierte Rechtsordnung zu vermuten ist. 23 Die Forschung ist in diesen Fragen seit ihrer Formulierung kaum vorangekommen und hat Hermann Nehlsens Ergebnisse, wonach die LSal-Belege im Schriftgut der Merowingerzeit nicht auf eine lex scripta verweisen, 24 ebenso wie Clausdieter Schotts ähnlich gelagerte Überlegungen für die alemannische LAla25 für andere als von ihnen untersuchte Bereiche weder verifizieren 22 23 24 25

STEIN, in: Speculum 22 (1947), S. 113 ff., 395 ff. Vgl. NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 452. NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 456. S CHOTT, in: HÜBNER (Hrsg.), Die Alemannen in der Frühzeit, S. 135, 161-167.

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noch falsifizieren können. Allerdings ist den „Effektivitätskritikern“ entgegengehalten worden, dass die für ineffektiv gehaltenen Sammelhandschriften insbesondere in Territorien mit multiethnischer Bevölkerung (das betrifft im Frühmittelalter insbesondere Oberitalien) in der Rechtspraxis durchaus sinnvoll gewesen sein können. 26 Günstiger lautet das Urteil über die sächsischen Quellen des späten Mittelalters.27 Sowohl das Sachsenspiegelrecht als auch das Magdeburger Stadtrecht sind bewusst gestaltet und mitunter unter ausdrücklichem Hinweis auf die Schriftquellen auch angewendet worden, obwohl auch zum Ssp gesagt werden muss, dass den Worten Eike v. Repgows, er habe das niedergeschriebene Recht nicht ersonnen, sondern er überliefere das Gewohnheitsrecht seiner Vorfahren, nicht allzu viel Glauben beigelegt werden darf. Der Ssp ist ein Rechtsbuch, die (auch) aus Schriftquellen geschöpfte private Arbeit eines Gebildeten – an vielen Stellen war es Eike unmöglich, die eigene Ansicht zu verschweigen und wirklich nur Recht zu spiegeln. Nach einer nach hier vertretener Ansicht gut begründeten, jedoch keineswegs einhellig geteilten Meinung ist der Ssp möglicherweise weniger ein wirklichkeitsgetreuer Spiegel (des Gewohnheitsrechts), als vielmehr eigentlich und vielleicht ein Lehrbuch,28 zu dessen Sätzen allein einerseits nicht gesagt werden kann, dass diese Sätze wirklichkeitsnah waren – wie andererseits nicht gesagt werden kann, sie seien wirklichkeitsfern gewesen. Es liegt nahe, dass schon die Magdeburger Schöffen davon ausgingen: Alle schrift sin den luten geschreben unde gegeben zu wissenschaft und zu lere. Hirumb, wer ein scheppe ist unde gesworen hat zu dem rechte, der mag noch der redelicheit sines besten sinnes unde noch der wissenheit der schrifte unde des rechten orteil vinden uff sinen eid.29

Trotz dieser Vorbehalte bleiben aber die Texte der Volksrechte, insbesondere die LSal und die Texte der Rechtsbücher, insbesondere der Ssp als immer wieder abgeschriebene und teilweise weit verbreitete Quellen schlicht vorhanden. Wer demgegenüber an normativem Bestand aus Gründen der (berechtigten) Destruktion von synthetistischen Lehrmeinungen v. a. der deutschen Privatrechtswissenschaft des 19. und des beginnenden 20. Jhs. nur gelten 26 27

28

29

K OTTJE, in: BEUMANN/S CHRÖDER (Hrsg.), Die transalpinen Verbindungen der Bayern, Alemannen und Bayern, S. 359, 364. Hier zeigt sich, dass die Reflexion über die Wirklichkeitsnähe normativer Rechtsquellen keine Erfindung der Rechtshistoriker der 2. Hälfte des 20. Jh. ist. Bereits 1867 stellt Ferdinand v. Martitz genau diese Frage an den Anfang seiner Untersuchung über das sächsische eheliche Güterrecht; vgl. DENS., Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 4 – und die methodische Anlage seiner Untersuchung ist deutlich geprägt davon. S CHUMANN, in: KERN/WADLE/S CHROEDER /K ATZENMEIER (Hrsg.), Humaniora. Medizin – Recht – Geschichte, S. 338, 361, insbes. S. 364-366. S. dazu noch unten Kap. 5, 2. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 3, 2.

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lassen will, was sich in Urkunden bestätigt findet, der erhielte jene „armselig verkürzte Krämerwelt“, die Hubert Mordek als sicher nicht zeitgemäß bezeichnet hat,30 und der sähe in den Urkunden tatsächlich nur „Streitsucht und Habgier“, deren ausschließliche Deutung schon nach Johan Huizinga ebenso fehl geht.31 Empiristische Einseitigkeit würde verkennen, dass jeder Aufzeichnung eines normativen Textes ein gerichtetes, von den tatsächlichen Umständen, in denen sich der Aufzeichnende befunden hat, geprägtes Aufzeichnungsinteresse innewohnt, das darauf gerichtet ist, Konflikte zu lösen. Selbst unterstellt, die LSal stamme nicht vollständig aus der Zeit Chlodwigs und habe nur dem Prestigestreben eines Merowingers gedient, der sich damit in die Reihe spätantiker Herrscher (v. a. Alarichs und Justinians) habe einreihen wollen und selbst weiter unterstellt, die in ihr aufgezeichneten Rechtsregeln hätten sich von der tatsächlich geltenden Rechtsordnung, die mangels Schriftlichkeit unbekannt ist, in einem nicht abschätzbaren Ausmaß unterschieden, so bietet die niedergeschriebene lex scripta doch eines: die Ansicht ihres Verfassers, wie ein bestimmtes vorgefundenes oder imaginiertes rechtliches Problem idealiter gelöst werden solle, müsse oder könne. Genau dasselbe kann über den Ssp gesagt werden. Auch die mittelalterliche normative Aufzeichnung weist eine Grundstruktur auf, die Rechtsregeln kennzeichnet: Der Text liefert einen Vorschlag, wie ein Personen-Personen-Konflikt entschieden oder eine Personen-SachenZuordnung getroffen bzw. beurteilt werden kann. Auch die leges und die Rechtsbücher sind Produkte menschlicher Pragmatik, die zweckgeleitet Regeln hervorbringt. 32 Aus welchen Gründen diese Lösung so und nicht anders vorgenommen werden solle, bleibt unklar, solange der Verfasser keine Gründe mitteilt. Ob der Vorschlag verbindlich war oder verbindlich sein sollte, bleibt ebenfalls unklar, solange die Implementierung dieses Vorschlages in der Praxis nicht nachgewiesen werden kann. Unklar bleibt auch, welche konkreten Wirkungen eine objektivierte Regelordnung wie die der Volksrechte ihrerseits auf die Normadressaten hatte. Auch hierfür sind die Belege zu spärlich. Und ein weiteres kommt hinzu. Wahrscheinlich ist die Frage, ob es vorstellbar sei, dass ein Richter im Merowingerreich mit der LSal oder der LRib auf den Knien auf dem Malberg habe Prozesse leiten und Urteile sprechen können, unrichtig gestellt. Entscheidend ist, ob einer Quelle zu einem konkreten Rechtsinstitut ein Verfahren abzugewinnen ist, das mit Berechtigung als vorstellbar effektiv bezeichnet werden kann. Mit anderen Worten: Sobald es vorstellbar ist, dass die Affatomie der LSal in ihrem historischen Kontext ein nachvollziehbares und sinnvolles, bestimmten rechtlichen Interessen die30 31 32

MORDEK, in: WIECZOREK/PÉRIN/V. WELCK /MENGHIN (Hrsg.), Die Franken. Wegbereiter Europas, S. 498. H UIZINGA, Herbst des Mittelalters, S. 10. So die Grundidee v. Jherings, vgl. BEHRENDS, Rudolf von Jhering und die Evolutionstheorie des Rechts, S. 290, 295.

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nendes und gegenläufige rechtliche Interessen berücksichtigendes Verfahren zur Vornahme einer Verfügung von Todes wegen war, verliert die Frage nach nachweisbarer Effektivität in einer unschriftlichen Welt an Bedeutung. Neben der grammatischen Auslegung der Norm gewinnt also eine funktionale Betrachtungsweise Gewicht. Dies auch umso mehr, weil historische, systematische, vergleichende und teleologische Überlegungen angesichts der Tatsache, dass Volksrechte und Rechtsbücher keinen kodifikatorischen Anspruch erheben (konnten), nur in eingeschränktem Umfang angestellt werden können. Es kann zur Richtigkeitskontrolle nur versucht werden, durch überlieferte Privat- und/oder Gerichtsurkunden, überlieferte Formularstücke und am besten durch überlieferte richterliche Entscheidungen ein Kontrollbild zu entwerfen, das wiederum wegen der Lückenhaftigkeit des Materials durch weitere und spätere Bearbeitung der Korrektur zugänglich bleiben muss. Sollte sich ergeben, dass lex scripta und rechtstatsächlicher Befund eine erkennbare und übereinstimmende Rechtspraxis widerspiegeln, dann ist das Fahnden nach der Effektivität und Aktualität der lex scripta weniger wichtig. Es lässt sich dann vertreten, dass die Tatsache, dass ein Rechtssatz Bestandteil der lex Salica scripta war, keine für die Rechtswirklichkeit relevante Steigerung seiner Effektivität bedeutete.33

3. Sekundärinformationen Moderne rechtshistorische Forschung wird darüber hinaus versuchen, zum exakten Normverständnis Erkenntnisse der Sozialwissenschaften wie der Sozialgeschichte, der Sozialökonomie und der Ethnologie mit heranzuziehen. So ist es wo immer möglich hilfreich, die gesellschaftlichen und die wirtschaftlichen Hintergründe zu erforschen, die den spezifischen Rechtssatz an einem bestimmten Ort formten.34 Die vorliegende Untersuchung versucht dem insbesondere in ihrem empirischen Teil zu genügen. Andererseits ist es auch nicht ganz unproblematisch, der Rechtsquellenexegese die Erfüllung von Aufgaben abzuverlangen, die auch und primär der allgemein- oder der spezialhistorischen Wissenschaft obliegen.35

33 34 35

NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 467. So zuletzt B REßLER, Schuldknechtschaft und Schuldturm, S. 52. Dass die Rechtsgeschichte sich hier übernehmen kann, zeigt z. B. eine Abhandlung Emil Goldmanns, der den Brauch der levatio cartae mit einem etlichen Ethnien eigenen Erdzauber in Verbindung brachte; vgl. GOLDMANN, in: MÖIG 35 (1914), S. 1, 33 ff. Auf S. 35 verglich er den aus Zentraleuropa überlieferten Formalakt der levatio cartae mit singalesischen und angolanischen Erdberührungsriten.

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Forschungsansatz

Hier und im Folgenden soll deshalb zunächst vom Primat der juristischen Arbeitstechnik ausgegangen werden. Durch Auslegung anhand allgemein für richtig gehaltener Auslegungskriterien ist der rechtliche Gehalt einer abstrakten Norm, eines konkreten Rechtsgeschäfts oder einer konkreten Streitentscheidung zu ermitteln. Dabei sind immer dort, wo das möglich ist, der Wortlaut, die Stellung der einzelnen Norm in einem mehrere Gegenstände erfassenden Normativtext, die Intention des Normgebers und der mit der Norm vielleicht verfolgte Zweck zu untersuchen. Naturgemäß führt das zu einer gewissen schematisch-juristischen Logik, deren Grenzen dem Verfasser bewusst sind. Die beiden letzten Gegenstände (Normgeberwille und Regelungszweck) sind beim hier gegenständlichen Quellenmaterial oft schwierig auszuarbeiten, oftmals ist es bei historischen Rechtsquellen (insbesondere bei abstrakt-generell gefassten Rechtssätzen) nicht möglich, zu ihnen vorzudringen, weil verlässliche Angaben und Sekundärinformationen dazu fehlen. Mitunter offenbart aber der Text der Norm selbst ein Regelungsprogramm ihres Urhebers.36 Dann kann, soll und muss dem nachgegangen werden. Weiterhin wurde insbesondere bei den Rechtstatsachen versucht, den konkreten Konflikt aufzuspüren, der einer Regelung zugeführt wurde. Selten wird es bei mittelalterlichen Rechtsquellen möglich sein, die natürlichen, ethnischen, sozialen, infrastrukturellen und ökonomischen Hintergründe, die einen bestimmten Rechtssatz an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit determiniert haben, erschöpfend und richtig beurteilen zu können. Sorgfältige historische Begleitarbeit wäre nötig, um etwa die soziale und/oder die ökonomische Struktur auch nur der magdeburgischen Stadt Neuhaldensleben im 13. Jh. 37 in ihrer Komplexität zu überschauen und mit der zeitgenössischen in Halle/S., Braunschweig oder Česka Kamenice vergleichen zu können und hieraus Auslegungsargumente zu gewinnen. Beim hier gewählten Thema, das eben keine Mikrostudie plante, hieße das vom Autor schwer Einlösbares fordern. So wird die Untersuchung im Gesamtsaldo wohl kaum der Kritik entgehen, bei der Suche nach der sozialen Funktionalität der einzelnen Rechtsquelle mitunter (oder meist?) Alltagslogik an die Stelle der Verankerung im konkreten historischen Kontext zu setzen. Wie diesem Problem anders als durch Umfangsvermehrung der ohnehin schon nicht gerade schlankleibigen Untersuchung beizukommen wäre, ist nicht zu sehen. Letztlich verbirgt sich dahinter aber die grundsätzliche Frage, warum und wozu Juristen Rechtsgeschichte betreiben (sollten). Eine rechtswissenschaftliche Methodik stellt die Norm, den Vertrag oder das Urteil als Konfliktlösungsprogramm mit ihrem/seinem möglichen Regelungsgehalt und ihrer/seiner Anwendung auf in der Realität vorkommende Konflikte als Erkenntnisobjekt in den Mittelpunkt. Das ist 36

37

Das betrifft im hiesigen Zusammenhang die thematisch einschlägige Regel der LSax. Auch für die Affatomie in der LRib und für die Regeln des Magdeburger Stadtrechts ist ein solches Programm in Ansätzen erkennbar. Aus ihr stammt eines der hier verwerteten Schöffenbücher.

Forschungsansatz

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Gegenstand aller Kapitel dieser Arbeit – vornehmlich derjenigen, die sich den Rechtstatsachen zuwenden und in denen die eigentlichen Früchte der Untersuchung geerntet wurden. Daneben besteht jederzeit die Möglichkeit der Kontrolle durch den über diese juristische Methodik hinaus besser befähigten Historiker. Wenn die Untersuchung dazu führte, dass diese Kontrolle erfolgte, dann hätte sie ihr wichtigstes Ziel erreicht. Wenn die Erörterung auf diese Weise aber (ungewollt) zu sehr in den Bann der (eingangs kritisierten) juristischen Germanistik des 19. und des beginnenden 20. Jhs. geraten sein sollte, dann lehne die Kritik sie als stockjuristisch ab.

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II. Rechtstatsachenerfassung Zweitens ist es sinnvoll, die normativen Vorgaben mit dem empirischen Befund zu vergleichen. Rechtsnorm und Rechtswirklichkeit sollten gleichberechtigt neben einander stehen. Das zu leisten ist das eigentliche Ziel der vorliegenden Untersuchung und am Maß der Einlösung dieser Ankündigung sollte sie gemessen werden. So entsteht ein (juristisches, s. o.) Abbild der Praxis eines Rechtsinstituts zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Raum: Urkunden spiegeln die Konfliktvorstellungen sowohl von Rechtsquellen als auch erzählender Quellen wider und liefern als Dokumente der Praxis den Konfliktaustrag im konkreten Fall, der nicht an einem Idealbild ausgerichtet sein muss. 38 Reine Empirie soll hier jedoch nicht geboten werden. Als Beispiel für einen rein empirischen Ansatz kann auch heute noch die detailgenaue Arbeit von Hans Planitz39 gelten, der eine Systematik des Grundpfandrechts allein aus den Rechtstatsachen destillieren konnte. Wo normative Rechtsquellen zur Verfügung stehen, da sollte die Empirie allein nicht ausreichen. Vom Vergleich wird auch die Auslegung der Norm profitieren. So kann eventuell korrigiert werden, was an der normativen Quelle unverständlich bleibt. Dies kann dazu führen, dass der primär gefundene Bedeutungsgehalt der Norm graduell oder vollständig verändert wird. Es kann sich zeigen, dass vermeintlich griffige, aus dem Normenbestand gewonnene Ergebnisse in Anbetracht der Wirklichkeit revidiert werden müssen. Im Gegenzug dürfen Wahrscheinlichkeiten nie zu Gewissheiten verabsolutiert werden. Sollte sich durch weitere Untersuchungen anhand eines weiter oder anders gesteckten Materialkreises zeigen, dass die hier gefundenen Ergebnisse ihrerseits nur widerlegbare Wahrscheinlichkeiten sind, dann wäre die Erkenntnis gewonnen, dass die der Lebenswirklichkeit verpflichtete Praxis (hier des Mittelalters) der reflektierenden Theorie immer einen Schritt voraus ist. Über das genaue Vorgehen bei der Erhebung der Quellen informiert Kapitel 3, Abschnitt V. Angesprochen werden soll hier einleitend nur, dass bei der Ordnung des Materials versucht wurde, eine möglichst voraussetzungslose induktive Methode zu wählen. Eine Gesamtübersicht über die Analyse der Sammelquellen folgt in Kapitel 6, Abschnitt II, Nr. 16. Die Quellen sollen in dieser Untersuchung ausführlich selbst zu Wort kommen. Das betrifft sowohl die Einzel- als auch die Sammelquellen. Sinn und Zweck dieser Darstellung einzelner Quellen ist es stets, die Konflikte herauszuarbeiten, denen durch rechtliche Steuerung, sei es durch einzelne Parteien eines Rechtsgeschäfts oder durch den Urheber einer abstrakten Regel, begegnet wurde. Bei diesem zweiten Arbeitsschritt besteht eine Kritikmöglichkeit: Immer wird es möglich sein, den Einwand vor allem der Unvollständigkeit oder der 38 39

B ROWN, in: E SDERS (Hrsg.), Rechtsverständnis und Konfliktbewältigung, S. 31, 32 f. Planitz, Das deutsche Grundpfandrecht.

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Fehlgewichtung der einzelnen Quellenart zu erheben, die Verletzung von Regeln der historischen Hilfswissenschaften zu rügen oder die verzerrte oder falsche Wiedergabe historischer Vorgänge aufzudecken. Immer ist bei einzelnen Rechtstatsachen damit zu rechnen, dass es sich um einen besonders gelagerten Ausnahmefall handelt, der aus methodischen Gründen nicht verallgemeinert werden dürfte – dessen vermeintliche Regel in Wirklichkeit keine ist. 40 Hinsichtlich der hier ebenfalls verwendeten Formelsammlungen muss beachtet werden, dass sie zwar überwiegend für vertypte Verfahren verwendet worden sein können, dass sie aber auch Beispiele für besonders interessante oder schwierige abgegeben haben können. 41 Das ist in der Rückschau (jedenfalls hinsichtlich der hier verwendeten Stücke) nur schwer zu entscheiden. Es ist erforderlich, durch ein genügend großes, voraussetzungslos ausgewähltes Quellenmaterial hinreichende Evidenz und Reliabilität zu erreichen. Es kommt also darauf an, durch eine genügende Quellenmenge jeweils statistische Querschnitte42 zu erreichen.43 Verbindliche Richtgrößen für statistische Querschnitte existieren in der rezenten rechtshistorischen Literatur nicht. Angesichts der Quellenmasse sind Beschränkungen unerlässlich, die wieder methodisch gerechtfertigt werden müssen, wenn nicht nur Anregungen für weitere Forschungen gegeben werden sollen.

40 41 42 43

So SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 91. B ROWN, in: E SDERS (Hrsg.), Rechtsverständnis und Konfliktbewältigung, S. 31, 36. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 91. Insbesondere die Auswertung der in edierter Form zugänglichen Massenquellen war eine Vollauswertung.

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III. Untersuchungsgebiet und Untersuchungszeitraum Die rechtstatsächliche Datenmenge, die bei kursorischer Übersicht über die einschlägigen Hilfsmittel (Formular-, Diplomata- und Urkundensammlungen, Traditions-, Urkunden- und Schöffenbücher, Schöffenspruchsammlungen) offenbar wird, verlangt Eingrenzungen.

1. Editionen Eine erste Eingrenzung betrifft das rechtstatsächliche Quellenmaterial. Die Untersuchung stützt sich grundsätzlich nur auf bereits ediertes Material. Hier ist ein den rechtshistorischen Anforderungen genügender Stand erreicht. Eine Übersicht über die erfassten, bisher in Editionen vorhandenen Stadt- und Schöffenbucheinträge weist für den Zeitraum von 1135 bis 1400 über 15.000 auswertbare (und hier einer Betrachtung zugeführte) Verfügungen aus. Bereits Rudolf Hübner hat bei seiner Untersuchung aus dem Jahre 1888 mehr als 1.300 edierte Urkunden zusammentragen können.44 Dieser editorische Stand ist im Ganzen betrachtet von der historischen und rechtshistorischen Wissenschaft der zweiten Hälfte des 19. und der ersten fünf Dekaden des 20. Jahrhunderts geschaffen worden. Erst in jüngerer Vergangenheit sind wieder einzelne Editionsprojekte erfolgreich in Angriff genommen worden (s. dazu insbesondere die das 6. Kapitel einleitende Übersicht). Zu diesem Stand der Editionen ist anzumerken, dass Geltungszeit und Geltungsraum der frühmittelalterlichen merowingisch-karolingischen Rechtsquellen editorisch heute wahrscheinlich erschöpft sind. In den vergangenen Jahrzehnten sind die Materialien, mit denen hierzu gearbeitet werden kann, unverändert geblieben. Das betrifft sowohl das mittelalterliche Urkunden- als auch das mittelalterliche Schöffenbüchermaterial. Anders ist das hinsichtlich des Magdeburger Stadtrechts. Zwar sind die Quellen normativen Charakters ebenfalls alle hinlänglich bekannt und auch in verlässlichen Editionen verfügbar. Hinsichtlich der Rechtstatsachen aber ist das Magdeburger Stadtrecht im heutigen Freistaat Sachsen, im Land Sachsen-Anhalt, der Tschechischen Republik und in den schlesischen Teilen Polens vielerorts noch immer eine terra inedita und demzufolge incognita. Für Editoren ungünstigerweise hat gerade das spätmittelalterliche Stadtrecht zur Entstehung einer Quellengattung geführt, die im Westen des Reiches im Gesamtsaldo etwas seltener anzutreffen ist: die Stadt- und/oder Schöffenbücher. Immerhin gibt es ein Territorium, in dem diese Quellengattung einigermaßen flächendeckend in edierter Form vorhanden ist – das ehemalige Erzbistum Magdeburg. Darüber hinaus 44

Vgl. die Angabe bei H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 16, Fn. 1.

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lagern in deutschen, tschechischen, slowakischen und polnischen Archiven noch eine Anzahl nicht herausgegebener Schöffenbücher. Es ist deshalb angezeigt, der Darstellung des Rechts der Verfügungen von Todes wegen nach dem Magdeburger Stadtrecht einen Überblick über den editorischen Stand der Rechtstatsachen vorauszuschicken. 45 Immer dann, wenn hier Überblicke zu dem in dieser Untersuchung verwendeten Material gegeben werden (das betrifft vor allem die Abschnitte über die verwendeten Sammelquellen), ist zu beachten, dass diese Angaben nur dem Zweck dieser Untersuchung dienen und quellenkundliche Nachschlagewerke insgesamt ersetzen weder können noch sollen.

2. Geographische Grobgliederung Eine zweite Eingrenzung betrifft die untersuchten Territorien. Aus der berechtigten Abneigung, das vermeintliche germanische bzw. das einheimische deutsche Recht als solches zu betrachten, hat es sich heute herauskristallisiert, es als methodisch überholt anzusehen, eine einheitliche Dogmengeschichte eines „deutschen“ Rechtsinstituts im gesamten mittelalterlichen Hl. Römischen Reich deutscher Nation zu verfolgen. 46 Ein Ausweg aus dem dadurch für die Rechtsgeschichte des Mittelalters entstehenden Dilemma wird darin gesucht, die dogmengeschichtliche Untersuchung auf Teilrechtskreise zu beschränken, in denen dann eine gleichmäßige Ausgestaltung des betreffenden Instituts erwartet werden kann.47 Die hier getroffene Auswahl des „merowingisch-karolingischen“ und des „sächsischen Rechtskreises“ 48 in der ursprünglichen Anlage dieser Untersuchung wurde nicht deswegen vorgenommen. Auch dürfte diese Auswegüberlegung nicht besonders überzeugend sein – sie verschiebt die eigentliche Streitfrage, ob es im Mittelalter ein „germanisches“ bzw. „deutsches“ Recht gegeben habe, nur um eine Stufe nach unten und der Exeget eines „fränkischen Rechts“ gerät leicht in den Ruch, der völkisch-romantischen These anzuhängen, wonach das „fränkische“ und das „sächsische“ Recht als territorienübergreifende, einheitliche

45 46

47 48

Kapitel 6, II. B REßLER, Schuldknechtschaft und Schuldturm, S. 27. Kritisch zu beurteilen sind deshalb Versuche, ein „Jus Commune Germanicum “ oder eine „Einheit des Rechts in partikularen Rechten “ zu beschreiben. Auch dazu statt vieler B REßLER, Schuldknechtschaft und Schuldturm, S. 27. Dieser Terminus ist auch in rezenten Schriften etabliert; vgl. MEYER, Gefahr vor Gericht, S. 8.

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Rechtssysteme existiert haben sollen – eventuell noch gar mit je eigenem „Volksgeist“ und „Volkscharakter“. 49 Solche rechtlich-ethnischen Entitäten haben während des gesamten Mittelalters weder auf „gemeingermanischer“ noch auf „gemeinfränkischer“ oder „gemeinsächsischer“ Ebene bestanden. Das zeigt auch die vorliegende Untersuchung, die zu differenzierten Ergebnissen gelangt. Der Grund für die hier vorgenommene Beschränkung ist der Umstand, dass die am numerisch häufigsten und geografisch weitesten handschriftlich verbreitete normative Rechtsquelle des Frühmittelalters, die LSal (und ihr Ableger, die LRib), ebenso wie die am numerisch häufigsten und geografisch weitesten handschriftlich verbreiteten normativen Rechtsquellen des Spätmittelalters, der Ssp und das Magdeburger Stadtrecht, einerseits Stellung zu möglicherweise postmortalen Verfügungen nehmen und dass diese normativen Quellen andererseits gut an Rechtstatsachen überprüft werden können. Sächsische Rechtsquellen etwa sind daher – das gilt ebenso für merowingisch-karolingische – nicht solche, die in einem geographisch fest umrissenen Gebiet (namens „Sachsen“ oder „Franken“) benützt wurden,50 was insbesondere beim Magdeburger Stadtrecht sofort einsichtig ist. Es handelt sich beim Begriff um nicht mehr als um eine Konvention, die zwar auf einen bestimmten, mehr oder weniger genau lokalisierbaren Ursprungsort verweist, ansonsten aber auf den Inhalt abstellt.

(1) Begrenzung des normativen Materials Immer dann also, wenn hier und im Folgenden aus Gründen der leichteren Lesbarkeit von normativem merowingisch-karolingischem, resp. fränkischem Recht die Rede ist, sind ausschließlich gemeint: die beiden Volksrechte LSal und LRib merowingischen Ursprungs, das thüringische Volksrecht LThu karolingischer Provenienz, die fränkische, v. a. die karolingische Reichsgesetzgebung (Kapitularien) und die beiden spätmittelalterlichen Rechtsbücher MüRB und KKR aus privater Urheberschaft. Damit ist ferner gemeint, dass mit dem Stichwort „fränkisch“ nicht sämtliche im Mittelalter fränkisch besiedelten Ländereien (Frankreich, Belgien, die Niederlande, das nichtkölnische Rhein- und das Moselland, die Pfalz, Hessen und das bayerische Franken) bezeichnet sein kann. Schon das normative droit coutumier, dessen Aufzeichnung noch im 12. Jh. beginnt, wurde nicht berücksichtigt. Eine so umfangreiche Untersuchung hätte das mir zur Verfügung stehende Potential überschritten. Für diese Untersuchung wurde der Fokus mit Bedacht auf die frühmittelalterlichen LSal, LRib und LThu gelegt, weil gerade hier die Zweifel an der Wirklichkeitsnähe und Effizienz der normativen Quellen besonders groß sind. Insbesondere für die Affatomie der LSal kommt es in dieser Schrift 49 50

Kritisch zum Begriff „fränkisches Recht “D OLEZALEK, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1208 f. MEYER, Gefahr vor Gericht, S. 9.

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darauf an zu zeigen, dass sich ein vermeintlich archaisch-unverständliches Verfahren als sinnvolle Konfliktlösungsstrategie beschreiben lässt und darauf deutlich zu machen, dass auch chronologisch folgende Rechtsregeln fränkischkarolingischer Provenienz bei den Grundstrukturen, die schon im 6. Jh. erkennbar sind, geblieben und diese inhaltlichen Grundstrukturen veränderten praktischen Erfordernissen formal anzupassen in der Lage gewesen sind. Die spätmittelalterlichen normativen Quellen, die hier untersucht werden, sind vordringlich der Ssp und die ihm verwandten Rechtsbücher, seine Glosse und das Magdeburger Stadtrecht in seinen vielen in Mittel- und Osteuropa umlaufenden Derivaten.

(2) Begrenzung des empirischen Materials Ausschlaggebend für die Beschränkung des empirischen Materials51 waren – denn auf ihre Überprüfung kommt es ja an – die eben spezifizierten normativen Rechtsquellen. Untersucht wurden damit Quellen aus dem merowingischen und dem karolingischen Frankenreich unter Einschluss des Herzogtums Sachsen für das Frühmittelalter (bis in das 9. Jh.) einerseits und empirische Quellen aus Gebieten, in denen der Ssp und mit ihm verwandte Rechtsaufzeichnungen und Derivate des Magdeburger Stadtrechts als Rechtsquellen anerkannt wurden, für das Spätmittelalter andererseits. Für den vermuteten Geltungsbereich und Geltungszeitraum von LSal und LRib existieren zahlreiche edierte Verfügungen von Todes wegen von Klerikern und Laien und daneben Formeln aus halbamtlichen Sammlungen zur Vornahme solcher Verfügungen. Weniger gut gesichert mit in deutschen Bibliotheken greifbaren Editionen zu Rechtstatsachen ist das langobardische Volksrecht – obwohl hier die normativen Quellen (ERot und LLiu) ein wesentlich geschlosseneres und leichter durchschaubares System der Verfügungen von Todes wegen abgeben.52 Verwiesen werden kann aber auf eine neue Abhandlung zu letztwilligen Verfügungen von Herzögen und Grafen im frühmittelalterlichen Italien.53 Die Bestimmungen über Verfügungen zugunsten der Kirche in den Volksrechten der Alemannen und Bayern sind zwar ihrerseits durch eine Vielzahl edierter klösterlicher Traditionsbücher flankiert. Insbesondere Einzelbelege aus St. Gallen eignen sich zur Kontrolle eines aus den normativen Quellen (hier LAla54) gewonnenen Bildes. Außerdem sind mittlerweile viele Tradi51 52 53 54

Weitere Erörterungen dazu zu Beginn des Abschnitts IV von Kapitel 4 und in Abschnitt II des Kapitels 6. Es kann zum langobardischen gairethinx verwiesen werden auf DILCHER, in: DILCHER /DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 419 ff. B RUNSCH, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 651 ff. Auch wenn die LAla, wie Clausdieter Schott darlegt, eine klerikale Fälschung (u. a. zum Zwecke der Absicherung klerikaler Besitztitel) darstellt; vgl. dazu S CHOTT, in: DILCHER /DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 257, 277.

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tionsbücher bayerischer Klöster herausgegeben worden. Es existiert hier zudem eine Reihe von Urkunden, deren Verweise auf eine lex oder auf die latores legum sich auf die lex scripta beziehen lassen. Die bayerischen und alamannischen leges erscheinen dadurch effektiver als die sal- und/oder rheinfränkischen. Auf eine Darstellung in der für das Recht der LSal und der LRib gewählten Ausführlichkeit durfte aber wegen der im Vergleich dazu gemilderten rechtlichen Probleme verzichtet werden. Vieles wäre daneben auch über Belege zur Verfügungsfreiheit im burgundischen Recht55 auszubreiten.56 Hinsichtlich des Magdeburger Stadtrechts und des Sachsenspiegelrechts wird die Rechtstatsachenforschung dadurch begünstigt, dass mit dem Einsetzen der Schriftlichkeit der kommunalen Verwaltung und Rechtspflege im 13. Jh. Quellenmaterial verfügbar wird, das gegenüber dem Früh- und Hochmittelalter eine neue Auslegungsqualität bietet: die Beurkundung von Rechtsgeschäften in Stadt- und Schöffenbüchern und die Spruchtätigkeit der Schöffenbänke in den Mutterstädten des Magdeburger Rechts.57 Dabei ist wieder zu beachten, dass die rechtstatsächlichen Quellen überwiegend nur dazu berechtigen, das Stadtrecht, insbesondere das Magdeburger Stadtrecht, zu überprüfen. Diese Einschränkung hat schon v. Martitz im Jahre 1867 machen müssen58 und auch heute hat sich hieran nichts Wesentliches geändert. Das Landrecht selbst, so wie die Kanzlei Karls d. Gr. es in der LSax, wie Eike v. Repgow es im Ssp niedergelegt und wie Johann v. Buch es glossiert hat, ist rechtstatsächlich kaum zu erfassen. Diese zweite Quellenmenge wird noch komplettiert v. a. durch einen hoch- und spätmittelalterlichen Quellenbestand aus der rheinischen Metropole Köln.

(3) Weitere Überlegungen Konzentration auf die genannten Rechtsquellen ist aber nicht nur formell durch das zur Verfügung stehende Quellenmaterial geboten. Die angeführten Quellen bieten in ihrem abstrakt-generellen Normenbestand Grundstrukturen der Verfügungen von Todes wegen. Andere Rechte tun das nicht, sondern weisen lediglich Besonderheiten oder Verästelungen auf.59 Hinzu kommt, dass sowohl LSal, LRib und die Kapitularien als auch der Ssp und das Magdeburger Stadtrecht Vorbildfunktion für die Rechtsentwicklung in einer bestimmten historischen Epoche hatten.

55

56 57 58 59

Vgl. die Anordnung in Tit. 51, 3 LBur: Die ornamenta et vestimenta einer Burgunderin gingen, ohne dass die Söhne einwilligen müssten, auf ihre Töchter über, wenn die Mutter intestata decesserit. Dazu nun in gedrängter Form LANDAU, in: DILCHER /DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 487, 488 f. Breßler spricht zu Recht von einer sonst kaum anzutreffenden Dokumentationsdichte; B REßLER, Schuldknechtschaft und Schuldturm, S. 28. V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 5. Das trifft besonders auf das alemannische und das bayerische Volksrecht zu.

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Die Volksrechte der hier so genannten „zweiten“ leges-Phase vom 7. bis zum 9. Jh. (rheinische und hamaländische Franken, Alemannen, Bayern, Friesen, Thüringer und Sachsen) sind ohne den verwaltungstechnischen Modernisierungsdruck schon der Merowinger, insbesondere aber der Karolinger m. E. schon in ihrer bloßen Existenz nicht zu erklären. Die Lückenhaftigkeit mancher dieser Volksrechte auch in Bezug auf eventuell postmortal wirkende Verfügungen könnte ein Hinweis auf die subsidiäre Geltung des Rechts der LSal im fränkischen Gesamtreich sein. Dieses wiederum enthält bereits in seinem ungeachtet aller einzelnen Streitfragen zur Datierung jedenfalls chronologisch an den Anfang zu stellenden Normenbestand, eben der LSal, den Angel- und Ausgangspunkt aller Überlegungen zum Recht der Verfügungen von Todes wegen im Mittelalter: die Affatomie. Die Affatomie der LSal ist daneben Gegenstand nicht nur der Aktualisierung des normativen Rechts im 7. Jh. durch die ribuarische lex, sondern auch der rechtlichen Steuerung durch den Erlass von einzelnen Kapitularien gewesen. Ludwig der Fromme hat im Jahre 819 mit einem (auch) zur LSal hinzu60 gefügten Kapitular eine authentische Interpretation der Affatomie gegeben. Die Affatomie kann somit sowohl in ihrer Frühform als auch in einer schließlich rechtstatsächlich nachweisbaren späteren Entwicklungsform betrachtet werden. Formelsammlungen, insbesondere die vielleicht der Ausbildung des Kanzleipersonals dienende Sammlung Markulfs, belegen darüber hinaus, dass es im merowingischen und karolingischen Reich ein Bedürfnis nach einheitlicher administrativer Behandlung der Affatomie gegeben hat. Auch die weite territoriale Streuung der urkundlich überlieferten Einzelverfügungen bestätigt dies. Sie und die im 12. Jh. (beispielsweise in Köln) einsetzenden Gerichtsaufzeichnungen zeigen auch, dass die archaisch anmutende Affatomie der LSal im alltäglichen Rechtsverkehr ein eingespieltes, spätestens im 8. Jh. ein von archaischen Umständlichkeiten befreites und gängiges Verfahren gewesen ist, das direkt und ohne Bruch – lediglich unter Abstreifung des Begriffes Affatomie – bis in das hohe und späte Mittelalter hinein massenhaft geübt worden ist. Die Vorbildwirkung des sächsisch-magdeburgischen Land- und Stadtrechts zu erwähnen, ist fast überflüssig. Dass das Sachsenspiegelrecht für andere deutsche Rechtsbücher, die wie der Swsp teilweise bis nach Südtirol transportiert wurden, die Vorlage gebildet hat, ist bekannt. Das Magdeburger Schöffenrecht seinerseits als selbst gegebenes und zunächst mündlich, später schriftlich überliefertes Recht einer autonom verfassten Stadtgemeinde, als Stadtrecht also, ist im 12. bis 14. Jh. während der weitgehend friedlich verlaufenden städtischen Besiedelung in Schlesien, Böhmen, Mähren, der Slowakei und Ungarn in beispiellosem Ausmaß rezipiert worden. Stark vereinheitlichend wirkte hier insbesondere in den Anfangsjahrzehnten der urbanen Siedlungsbewegung die Rechtsprechung des Magdeburger Schöffenstuhls, die

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S. dazu noch unten in Kap. 4.

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einen einheitlichen Stadtrechtsraum von Magdeburg im Westen und Norden bis mindestens nach Košice im Osten und Süden schuf. Gift und gabe des Magdeburger Stadtrechts und das erbe von gelobdes halben des Ssp machen in manchen Stadt- bzw. Schöffenbüchern dieser Gebiete 70-80 % (!) aller eingetragenen Rechtsgeschäfte aus. Es handelt sich, anders als der Ssp suggeriert, auch bei diesen Verfügungen ebenso wie bei der Affatomie der LSal um ein rechtstatsächliches Massenphänomen.

3. terminus ad quem Der Untersuchungszeitraum in dieser Arbeit endet mit dem Jahr 1400. Zwar ist der 1. Januar 1400 kein Stichtag für das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit. Grenzziehungen aus der ex-post-Perspektive sind immer willkürlich. Ebenso wenig wie das Mittelalter in Europa am 1. Januar 1400 endete, ebenso wenig endete es im Jahre 1500 oder mit der Entdeckung der neuen Welt im Jahre 1492. Trotzdem zeigt sich im Verlauf v. a. des 15. Jhs., dass das Mittelalter als Lebens- und Geistesform in Europa in diesem 15. Jh. zu Ende ging. Johan Huizinga hat das auf die klassische Formel vom Herbst des Mittelalters gebracht. Die hier vorgenommene Grenzziehung ist unter rechtlichem Blickwinkel vor allem damit begründet, dass im Verlaufe des 15. Jhs. in den einzelnen Territorien des Hl. Römischen Reiches und in den einzelnen Städten immer mehr gelehrte, d. h. universitär im kanonischen Recht und im zivilen römischen Recht geschulte Juristen an Verwaltung, Rechtsetzung und Rechtsprechung beteiligt wurden, die das Jus Commune schufen und nördlich der Alpen die Rechtslehre erst begründeten. Dieses Phänomen, Ursache und Triebfeder der Rezeption des römischen Rechts im Hl. Römischen Reich, lässt sich auch in den hier gegenständlichen empirischen Quellen aus diesem Zeitraum beobachten. Bereits in den ersten Jahrzehnten des 15. Jhs. drangen lateinische Begriffe in die bis dahin mittelhochdeutsch abgefassten Schöffensprüche ein, auch wenn der erste nachweislich studierte Jurist im Magdeburger Schöffenstuhl erst 1477 belegbar ist61. Hinzu kommt, dass die Sprüche der Oberhöfe sich gerade im 13. und 14. Jh. in ihrer Qualität von denen des 15. bis 17. Jhs. unterscheiden. Während früher auf den kurzen, gekonnt reduzierten Parteivortrag die geradlinige und aus sich heraus verständliche Rechtsweisung folgte, wurden Sachverhaltsdarstellung und Entscheidungsfindung umso komplizierter und verwickelter, je mehr das Juristenlatein in die Sprüche einsickerte. Hinzu tritt rechtliche Einseitigkeit infolge der Abkopp-

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E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, Anhang, S. 509: Johannes Aleman, decretorum bacalaurius.

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lung des ungelehrt besetzten Magdeburger Schöffenstuhls von der rasanten wissenschaftlichen Entwicklung im 15. Jh. 62 Außerdem wechselten manche städtische Schöffenbuchschreiber, die sich bis dahin der einheimischen Sprache bedienten, während des 15. Jhs. mehrfach zurück ins Latein. Um den Untersuchungsgegenstand also weitgehend frei von messbaren Einflüssen des gelehrten Rechts wahrnehmen zu können, war es geboten, eine zeitlich möglichst frühe Zäsur zu setzen. Insbesondere die so genannten „Vergabungen“ des magdeburgisch-sächsischen Rechts sind als originär aus den lokalen, von legistischen und kanonistischen Einflüssen nicht tangierten Verhältnissen entstandenes Rechtsinstitut anzusehen. Sie sind zwischen 1200 und 1400 voll ausgebildet zu erkennen, so dass das Jahr 1400 einen vertretbaren terminus ad quem bilden kann. Das Gleiche trifft für das Recht in westlichen Territorien des Reiches zu. Die Hauptquelle für den Privatrechtsverkehr, die Kölner Schreinsurkunden, lassen bereits im 12. Jh. die hier interessierenden Rechtsgeschäfte mit so hinreichender Deutlichkeit hervortreten, dass ein auch für diese Untersuchung maßgebliches eventuelles Ende des Mittelalters an der Wende vom 15. zum 16. Jh. keinen rechtstheoretischen Gewinn mehr bringt. Ein letztes Problem liegt in der Frage des Verhältnisses des so herausgearbeiteten Rechts zur Rezeption des römischen Rechts in der frühen Neuzeit. Es ist schon schwer erklärlich, wie genau die Rezeption das gesamte bisherige, von der Sippenbindung angeblich beherrschte Erbrecht überfremdet und aus dem Stand im 16. Jh. zu einem flexiblen Testaterbrecht gegenüber einem bisher starren Intestaterbrecht geführt haben soll. Bei der Bearbeitung der einzelnen mittelalterlichen Institute in dieser Untersuchung wird sich überprüfen lassen, ob und welche Spielräume das mittelalterliche merowingischkarolingische und sächsische Erbrecht für die Rezeption römischer Institute bot. Sollte sich außerdem zeigen, dass das hier untersuchte mittelalterliche Recht entgegen der herrschenden Ansicht erbrechtlich wirkende Verfügungen von Todes wegen nicht nur zuließ, sondern sie aus sich selbst heraus ausgebildet hätte, dann wäre das Gewicht, das der Rezeption des römischen Rechts für die Entwicklung des modernen Erbrechts zukommt, jedenfalls graduell neu zu vermessen. Etwas anders als bisher angenommen könnte sich das Recht der kalten Hand als ein aus den lokalen Bedürfnissen gewachsenes und durch die „Rezeption “ des gelehrten Rechts seit der frühen Neuzeit vielleicht nur wenig, jedenfalls aber nicht komplett umgestaltetes Recht darstellen. Außerdem zeigt insbesondere die merowingisch-karolingische Urkundenüberlieferung eine gallorömisch-fränkische Mischkultur, bei der sich einseitige Zuordnungen verbieten. In ein und derselben Urkunde konnten klassisch-römische Forma62

„Wer läse wol jene zahllosen Erkenntnisse aus dem 15. und 16. Jahrhundert und fühlte sich nicht abgeschreckt durch ihre wahrhaft entsetzliche Geistesarmut, die ein unendlicher Wortsschwall mühsam zu verdecken bestrebt ist “ – so V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 66.

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Forschungsansatz

lien und nichtrömische Inhalte Hand in Hand gehen. Dass das Recht der Verfügungen von Todes wegen hinsichtlich der miteinander abzuwägenden Interessen zu zahlreichen verschiedenen, mehr oder wenig deutlich kontextualisierbaren Ergebnissen gelangt ist, ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, die im Laufe der Untersuchung gewonnen wurden. Hierzu könnte es auch passen, dass die Formenvielfalt der Verfügungen von Todes wegen im geltenden Recht der Formenstrenge des römischen Rechts widerspricht. Das beginnt schon damit, dass der Satz nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest dem geltenden Recht fremd ist. Auch dies kann mit der Rezeption allein nicht hinreichend erklärt werden. Insbesondere das Testament des BGB hat mit dem Testament des seit der Wiederentdeckung der Digesten im 11. Jh. rezipierbaren römischen Rechts (das zeitgenössisch wissenschaftlich bearbeitet als Jus Commune in Europa heimisch wurde) nicht wesentlich mehr gemein als den Namen. Diese Zusammenhänge fordern eine Abhandlung, in der zunächst darzustellen wäre, welches römische Testaterbrecht beginnend mit dem Spätmittelalter hat rezipiert werden können. Im Anschluss daran wäre das frühneuzeitliche Recht nach erfolgter Rezeption, das Jus Commune, zu untersuchen. Für das hier gewählte Untersuchungsgebiet stehen an Quellen frühneuzeitliche Landrechtskodifikationen (Kursächsische Konstitutionen, Constitutio Joachima, Solmser Landrecht, Bayerisches und Württemberger Landrecht, Kurpfälzer Landrecht), Stadtrechtsreformationen (Augsburg, Frankfurt, Nürnberg, Freiburg/Br. u. a.) und wiederum frühneuzeitliche Schöffensprüche (Ingelheim, Magdeburg, Leipzig, Lübeck) zur Verfügung. Diese Quellengattung trägt dem Umstand Rechnung, dass das gelehrte Recht hauptsächlich durch die rechtsetzende und rechtsprechende Arbeit von Juristen in landesherrlichen Kanzleien und Gerichten transportiert wurde. Rechtstatsachen (städtische Testamentsbücher, frühneuzeitliche Schöffenbücher – auch die besonders interessante Gattung der Dorfschöffenbücher) können ergänzend herangezogen werden. In der vorliegenden Untersuchung wird der Entwicklung über das Jahr 1400 hinaus nicht nachgegangen. Diese Untersuchung endet mit dem am „Vorabend der Vollrezeption “ erreichten Stand der spätmittelalterlichen Normativität und Empirie. Sie bildet die Basis, auf welcher eine Fortsetzung durch die Neuzeit hindurch aufgebaut werden kann.

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

Zu untersuchen sind – wie bereits einleitend hervorgehoben – Verfügungen von Todes wegen allgemein. Die Begriffe „Testament“, „Erbvertrag“ und „Vergabung“ können Missverständnisse verursachen und sind daher zu vermeiden. Dies näher zu begründen ist Aufgabe des folgenden Kapitels. Der Verzicht auf die Zugrundelegung einer zeitgebundenen, der geltenden Kodifikation verpflichteten Terminologie macht eine Erklärung der in dieser Schrift anzutreffenden Begriffswahl und der bei der Kategorisierung der einzelnen normativen und rechtstatsächlichen Quellen anzuwendenden Systematik erforderlich. Diese ist möglichst allgemein und voraussetzungslos gehalten, damit nicht der Eindruck entsteht, bei der Begründung der Terminologie würden Denkschemata des geltenden Erbrechts vorausgesetzt. Deshalb wurden Erwägungen angestellt, die auch ohne Vorprägung durch eine bestimmte Rechtsordnung verstanden werden sollen. Es handelt sich mithin um eine rechtsvergleichende Methode. Allerdings kommen auch diese Überlegungen nicht ohne einige unspezifische, abstrakte Größen aus, die auch das geltende Recht kennt. Jedoch kann allein das noch kein Grund sein, sie aus methodologischen Gründen abzulehnen. Dem Verdacht zu starker Systembildung und Überbetonung der Begriffsbestimmung 1 lässt sich damit begegnen, dass es die ausgewerteten Quellen selbst sind, die hier die Systematik vorgegeben haben.2

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Genau das ist ein wesentlicher Kritikpunkt an der Privatrechtswissenschaft des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jh. S. nur O GRIS, Art. Auflassung, in: CORDES /LÜCK (Hrsg.), HRG2 I, (2005), Sp. 341. Vgl. dazu auch unten V (in diesem Kapitel).

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Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

I. Testament und Erbvertrag Ausscheiden mussten für Untersuchungszeit und -gebiet zuerst der sowohl antike, neuzeitliche, als auch moderne Terminus „Testament“ 3 und der rein moderne Begriff „Erbvertrag“ 4. Das ist für letzteren, der ersichtlich vor dem 16. Jh. als juristischer Begriff nicht verwendet worden ist, schneller einleuchtend als für ersteren, der die hier thematisierten Rechtsgeschäfte chronologisch im wahrsten Sinne des Wortes umlagert. Es handelt sich um eine Kennzeichnung, die im römischen Recht für bestimmte Rechtsgeschäfte geprägt worden ist, die also mit ihrem bereits festgelegten Inhalt zeitlich vor den hier zu betrachtenden Rechtsgeschäften existierte, und die mit erfolgreicher (Wieder-) Übernahme eines romanisierenden Rechtssystems im kontinentalen West- und Mitteleuropa auch später und bis heute wieder herrschend wurde, wenn Rechtsgeschäfte zu beschreiben waren, die denen, die hier zu betrachten sind, ähneln oder entsprechen. Indessen sind weder Testament noch Erbvertrag in den hier zugrunde gelegten Quellen zeitgenössische Begriffe. Wer im 12. Jh. in Köln oder im 13. Jh. in Zerbst ein irgendwie an den eigenen Tod geknüpftes Rechtsgeschäft über Teile seines Vermögens oder über sein ganzes Vermögen vornehmen wollte, der verwendete hierfür weder den Begriff Testament, noch den Begriff Erbvertrag – das zeigen die hier untersuchten Schöffenbücher in erdrückender Quellenmasse. Einzelbelege sind demgegenüber die verschwindende Minderheit. 5 Auch die hier untersuchten normativen Rechtsquellen kennen beide Termini nicht. Deswegen ist auch die Suche nach einer Definition eines „deutschrechtlichen Testaments“ im Mittelalter methodisch verfehlt.6 Vorderhand könnte aus dieser Sachlage gefolgert werden, dass es doch zulässig sein müsse, dann auch diejenigen zeitlich dazwischen liegenden Vorgänge mit diesen Begriffen (insbesondere mit dem des Testaments) zu verse3

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„Das Testament ist die einseitige Verfügung von Todes wegen “ - so lernen es Generationen von Juristen aus B ROX, Erbrecht, § 8 I, S. 67. Brox fügt an: „es wird auch letztwillige Verfügung genannt “. Ebenso MünchKommBGB/LEIPOLD, § 1937, Rdnr. 6 mit der richtigen und wichtigen Erweiterung, dass es für den Begriff Testament auf den Inhalt der Verfügung nicht ankomme. „Der Erbvertrag ist ein Vertrag von Todes wegen, also ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, in dem wenigstens eine Vertragspartei von Todes wegen verfügt “ – so heute B ROX, Erbrecht, § 8 I, S. 67. MünchKomm-BGB/LEIPOLD, § 1941, Rdnr. 4: „der Erbvertrag […] ist zu definieren als Verfügung von Todes wegen, die in vertraglicher Form errichtet wird. Der Erbvertrag unterfällt dem Begriff des Vertrages iS des Allg. Teils; er ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft von Todes wegen. “ Übrigens lässt sich in den meisten dieser Einzelfälle feststellen, dass Inhalt und Form einander nicht entsprechen. Das betrifft insbesondere die merowingischkarolingischen Urkunden, die oft als Testamente bezeichnet worden sind, ohne dass es sich um Testamente im römischen oder im modernen Sinne handelte. Doch dazu an konkreter Stelle. So auch SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 90.

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hen, wenn sie denselben Inhalt haben. Indessen liegt genau hier der Unterschied, der so weit geht, dass der Begriff „Testament“, den das BGB verwendet, mit dem, den die Römer im seinerzeit geltenden klassischen römischen Recht verwendeten, in mehrfacher Hinsicht nicht identisch ist. Manche Rechtsgeschäfte, die heute den Tatbestand eines Testaments erfüllen, galten im römischen Recht nicht als testamenta. So ist die handschriftlich geschriebene und unterschriebene Bestimmung eines Erblassers, der seinen Kindern auferlegt, nach seinem Tod ihrer Cousine eine bestimmte Summe Geldes zukommen zu lassen, nach geltendem Recht ein Testament. 7 In Rom dagegen hätte kein klassischer Jurist eine solche Bestimmung als testamentum bezeichnet, nicht nur, weil dieser Bestimmung das für das klassisch-römische testamentum zwingend erforderliche inhaltliche Kriterium der Erbeinsetzung fehlt, sondern auch weil die Form, in denen nach klassischem Recht testamenta errichtet werden konnten, nicht gewahrt ist. Nur die Erbeinsetzung nämlich verlieh dem testamentum Kraft und Wirksamkeit. 8 Rechtsgeschäfte, die als testamentum bezeichnet und unter Beachtung der hierfür geltenden Formalien vorgenommen wurden ohne eine Erbeinsetzung zu beinhalten, waren von Anfang an unwirksam 9 und konnten allenfalls als Kodizille Wirksamkeit entfalten.10 Das geht soweit, dass testamentum vielfach nichts anderes bedeutete, als eben Erbeinsetzung.11 Bereits an dieser Stelle zeigt sich, dass der Testamentsbegriff inhaltlichen Schwankungen unterliegt,12 wobei diese Schwankungen schon im römischen Recht selbst angelegt waren, das in seinen späten Entwicklungsformen Kodizill und Testament einander angenähert hatte, wobei freilich noch immer teilweise Rücksicht auf die Erbeinsetzungsklausel genommen wurde.13 Außerdem liegt die Vermutung nahe, dass genau die Rechtsgeschäfte, die zu der Zeit, in der der Begriff Testament in den Untersuchungsgebieten nicht 7

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§ 2140 BGB: Der Erblasser kann durch Testament den Erben oder einen Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden (Auflage). Gai Inst. 2, 229: testamenta vim ex institutione heredis accipiunt, et ob id velut caput et fundamentum intelligitur totius testamenti heredis institutio. – Ich sehe hierbei ab von dem altertümlichen römischen Komitialtestament, welches eine Sonderrolle spielt und im klassischen Recht nicht mehr vorkommt. Ansätze einer eigenen Untersuchung finden sich bei S CHMIDT-RECLA, in: DILCHER /DISTLER, Leges – Gentes – Regna, S. 487 ff. Im Einzelnen zur Erbeinsetzungsklausel VISMARA, Scritti di storia giuridica VI, S. 37 ff., insb. S. 104-106, der die Gaius-Grundregel an vielen Stellen durchbrochen sieht. K ASER, Römisches Privatrecht I, § 163 I, 2, S. 691. Vorausgesetzt, das unwirksame testamentum enthielt die so genannte Kodizillarklausel. Vgl. die Nachweise bei K ASER, Römisches Privatrecht II, § 285 II, 1, S. 490, Fn. 8. Das beginnt schon in der so genannten Nachklassik, die sich zeitlich mit der merowingischen Frühzeit überschneidet. Vgl. dazu K ASER, Römisches Privatrecht II, § 285 II, 1, S. 490. VISMARA, Scritti di storia giuridica VI, S. 37, 106.

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Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

der Begriff Testament in den Untersuchungsgebieten nicht verwendet wurde, vorgenommen wurden, der Grund dafür sind, dass der Begriff zunächst in einem anderen Sinne weiter- und später erneut verwendet wurde. Etwas verwickelter verhält es sich mit den Formerfordernissen. Das klassische, in den Digesten niedergelegte und seit dem Spätmittelalter im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation rezipierbare Tetsamentsrecht kannte zwei ordentliche Testamentsformen: das Siebenzeugentestament nach ius civile und das Fünfzeugentestament nach ius praetorium. Das zeugenlosholographische Testament14 dagegen, welches im heute geltenden bürgerlichen Recht sowohl praktisch als auch theoretisch so modellhaften Charakter hat, entwickelte sich zwar auch schon im spätrömischen Recht – konnte jedoch im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit nicht rezipiert werden15: CT und Breviar wurden zwar für manche Volksrechte benutzt, waren aber im Spätmittelalter abgetan. So ist es auch kein Wunder, dass die klassischen Fünf- und Siebenzeugentestamente in der Rechtswirklichkeit der Neuzeit keine Rolle spielten,16 obwohl sie in frühneuzeitlichen Gesetzen erscheinen, 17 hatte doch die einheimische Rechtsentwicklung und auch das mittelalterliche Kirchenrecht18 längst Formen entwickelt, mit denen flexibler von Todes wegen verfügt werden konnte als im klassischen römischen Recht. Die neuzeitliche Erbrechtsentwicklung hin zum zeugenlosen Schrifttestament ist demnach vom klassischen römischen Recht losgelöst zu betrachten.19 Kodifikatorische Anerkennung fand diese moderne Testamentsart erst im Code Civil, im ABGB und im BGB. 20 Diese Beobachtungen sind es, die es von vornherein für geboten erscheinen lassen, den Begriff „Testament“ in einem bestimmten Territorium dann nicht mehr zu verwenden, wenn nicht (mehr) davon ausgegangen werden 14 15 16

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Die testatio mentis erfolgt hier ausschließlich durch die Urkunde. Ebenso MITTEIS/LIEBERICH, Deutsches Privatrecht, S. 152. Ein vordergründiges Rezeptionsverständnis offenbarte Planitz: „Seit der Rezeption hat das römische Testamentsrecht starken Einfluß gewonnen. Als Testamentsform wurde das justinianische Privattestament mit sieben gebetenen Zeugen rezipiert, ohne praktisch vorzudringen “; P LANITZ, Deutsches Privatrecht, S. 243. Gemeint ist der praktisch bedeutungslose Übergang des Fünf- und des Siebenzeugentestaments in neuzeitliche Kodifikationen. Vgl. nur Tit. IV, 3, 1 der Wormser Reformation (1498); Tit. III, 5, 16 des Freiburger Stadtrechts (1520); Tit. III, 1, 3 des Württembergischen Landrechts (1554); Tit. II, 23, 12 des Solmser Landrechts (1571); Tit. III, 4, 6 des Kurpfälzer Landrechts (1582). Dem das Siebenzeugentestament ebenfalls fremd war. MITTEIS/LIEBERICH, Deutsches Privatrecht, S. 152: „Die Rezeption hat die mittelalterlichen Grundlagen nicht wesentlich verändert “. Lediglich „relativieren “ will SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 101 den Einfluss der Rezeption römisch-kanonischen Rechts auf die gewillkürte Erbfolge. In diesem Sinne auch H ÜBNER, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 794 und P LANITZ, Deutsches Privatrecht, S. 243.

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kann, dass die konkreten Rechtssubjekte (seien sie Normgeber, seien sie Normanwender oder seien sie Parteien eines konkreten Geschäfts) einem Rechtsgeschäft genau den Inhalt geben wollten, der bisher mit diesem Begriff verknüpft worden ist. Das führt dazu, dass in dieser Schrift die in der bisherigen Literatur anzutreffende Terminologie der „merowingischen Testamente“ 21 oder der „fränkischen Herrschertestamente“ 22 nicht verwendet werden wird. Hiergegen mag eingewendet werden, dass eine Reihe der in den frühfränkischen Urkunden überlieferten Rechtsgeschäfte von den Ausstellern der Urkunden (seien sie die Notare oder die Parteien selbst) selbst als testamenta bezeichnet wurden. Dies könnte dazu berechtigen, den Begriff jedenfalls so lange zu verwenden, wie er auch von den Zeitgenossen verwendet wurde. Indessen ist dieses Vorgehen rechtlich nicht ergiebig, handelt es sich doch auch bei diesen Rechtsgeschäften in der Mehrzahl um solche, die die testamentumDefinition des klassischen römischen Rechts (schon) nicht (mehr) erfüllten. Bereits mit der Lockerung des römischen Testamentsbegriffs in der Nachklassik23 aber befinden wir uns in einem Bereich einer möglichen, nicht spezifisch römischen Beeinflussung, in dem die bisherige Terminologie brüchig und durch eine neue ersetzt wird. Insbesondere der Testamentsbegriff der merowingisch-karolingischen Praxis im 6. bis 10. Jh. hat mit dem römischen nichts gemein. Schließlich ist daran zu erinnern, dass die Begriffe Testament und Erbvertrag nur die Form abgeben, in der Anordnungen getroffen werden können, die sich materiell als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen, Teilungsanordnungen o. ä. beschreiben lassen. Das auch im geltenden Recht weit verbreitete Missverständnis, Testament und/oder Erbvertrag seien Verfügungen von Todes wegen,24 verstellt nur den Blick auf die wirklich kritische inhaltliche Größe – die Verfügung von Todes wegen, die eben entweder einseitig (und damit widerruflich) oder gegenseitig (und damit unwiderruflich) getroffen werden kann. Schon Hartmann hat für die Erbeinsetzung gezeigt, dass es kei21 22 23

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N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1 ff. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 121 (2004), S. 158 ff. K ASER, Römisches Privatrecht II, § 285 II, 1, S. 490: „Während man aber bis zum Ende der Klassik an dem Grundsatz selbst festgehalten hat, wird er danach in der vulgarisierten Auffassung des Westens beiseite geschoben. Die Erbeinsetzung wird als entbehrlich angesehen. Soweit sie noch besteht, wird sie anderen letztwilligen Verfügungen angenähert oder geradezu als Schenkung aufgefaßt. “ Genau das ist der historische punctus saliens, an dem sich ein völliger Systemwechsel vollzieht. Nur wenige Beispiele: KIPP /COING, Erbrecht, S. 5; K REBBER, in: DNotZ 2003, S. 20, 21. Auch explizite Lernbücher für Studierende fördern dieses Verständnis: S CHLÜTER, Erbrecht, Rdnr. 126. Das allein muss zwar noch nichts heißen – dieses Missverständnis wird aber dadurch gefördert, dass § 1937 BGB mit seiner Legaldefinition den Eindruck erweckt, das Testament sei eine Verfügung von Todes wegen.

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ne selbständige vertragsmäßige Erbfolge neben der gesetzlichen und der testamentarischen gebe, sondern dass vielmehr auch bei der vertragsmäßigen Erbeinsetzung aufgrund derselben Willenserklärung sukzediert werde wie beim Testament, es sei der Erbeinsetzungsvertrag seinem Hauptbestandteil nach nichts anderes als eben ein Testament.25 Wie Hartmann hat auch Hellwig diesen richtigen Gedanken ausgedrückt, indem er formulierte, dass der Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag nur darin bestehe, dass in dem einen Falle der Wille des Erblassers ein letztwilliger bleibe, in dem anderen aber regelmäßig unwiderruflich sei.26 Testament und Erbvertrag sind somit begrifflich nicht geeignet, der Frage nachzugehen, ob das mittelalterliche Recht die postmortale Verfügungsmacht kannte oder nicht.

25 26

H ARTMANN, Zur Lehre von den Erbverträgen, S. 11. Wohl eher unzutreffend deshalb FINZEL, Georg Adam Struve als Zivilrechtler, S. 112. HELLWIG, Die Verträge auf Leistungen an Dritte, S. 598.

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II. Vergabung Ebenso ausscheiden muss der in der Literatur des 19. und des 20. Jh. 27 für die hier gegenständlichen Geschäfte üblicherweise verwendete Begriff der „Vergabung“. Wann genau dieser artifizielle, d. h. sowohl in den normativen als auch den empirischen Rechtsquellen nicht vorkommende Begriff erstmalig verwendet worden ist, lässt sich mit hinreichender Sicherheit nicht feststellen.28 Die „Vergabung“ erfreut sich noch immer einiger Beliebtheit. 29

1. Gabe vor Gericht und Vergabung Indessen ist das Wort „Vergabung“ m. E. nicht hilfreich. Zwar wird in vielen, insbesondere den sächsischen Schöffenbüchern der beurkundete Vorgang mit n. n. hevet gegeven beschrieben, und insbesondere im sächsischen Rechtskreis ist es das Dichotom gift vnd gabe, das die hier betrachteten Rechtsgeschäfte mit einem griffigen Oberbegriff ausstattet. Aus dem quellenmäßig belegten Begriff gabe wird sich das artifizielle Wort „Vergabung“ auch entwickelt haben. Nur konnte diese gabe vor Gericht eine derartige (auch inhaltliche) Vielheit von Rechtsgeschäften30 erfassen, dass die Definition lediglich auf eine formale Ebene, nämlich die Frage, welches Geschäft eine gabe vor Gericht verlangte, verlagert wird. Diese Frage ist zwar von eminenter Wichtigkeit eben für diese, formale, Seite der betrachteten Rechtsgeschäfte. Die gabe macht deutlich, dass es sich um ein Geschäft handelte, bei dem mindestens zwei Personen handelten: Verfügender und Erwerber.31 Trotzdem bietet der Begriff „Vergabung“ keinerlei Vorteile vor dem auf die inhaltliche Ebene des Rechtsgeschäfts abstellenden Begriff der 27

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31

Zuletzt PIPER, Testament und Vergabung von Todes wegen im braunschweigischen Stadtrecht und SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 982 f. Wahrscheinlich hat Beseler ihn geprägt. Vgl. ein Zitat v. Gierkes bei KERN, Georg Beseler, S. 329. Auch SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 89 u. ö. verwendet den Begriff. Ebenso S CHUMANN, in: KERN /WADLE/S CHROEDER/K ATZENMEIER, Humaniora. Medizin – Recht – Geschichte, S. 337, 362 und O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 58 u. ö. Beispielsweise die Verpfändungen – auch sie werden in den untersuchten sächsischen Quellen durch gabe vor Gericht vollzogen. Zwar sind sie auch Verfügungen im Sinne des allgemeinen Verfügungsbegriffes des geltenden Rechts, trotzdem gehören sie nicht zu den hier interessierenden lebzeitigen und erlebensbedingten Geschäften. Vgl. zur Ein- bzw. Mehrpersonenstruktur noch unten.

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„Verfügung“. Er führt letztlich zur Vermischung der formellen und der materiellen Ebene eines Geschäfts, mit dem ein Recht an einer Sache auf einen Erwerber übertragen wird. Mit dieser Kritik am Begriff der „Vergabung“ ist andererseits nicht ausgesprochen, dass ein beliebiges quellenmäßig belegtes Rechtsgeschäft, von dem die Quelle nicht mehr preisgibt als eben die formelle, nach außen sichtbare Bezeichnung n. n. hevet gegeven oder n. n. tradidit, nicht weiter untersucht werden dürfe. Da aber überhaupt nur die Form erkennbar wird, muss (und kann) aus den vorhandenen weiteren Konkretisierungen der Inhalt – etwa eine lebzeitige oder eine erlebensbedingte Verfügung – erschlossen werden.

2. Georg Beselers Definition der Vergabung (von Todes wegen) Es muss an dieser Stelle dargestellt werden, welche inhaltliche Definition dem Begriff „Vergabung“ vor allem durch die im 19. Jh. bahnbrechende Monographie32 Beselers gegeben worden ist, weil diese Definition sich an vielen Stellen auch dieser Schrift wiederfinden wird und weil die bislang in der Literatur gängigen Definitionen ohne diese begriffliche Klärung nicht recht verständlich sind. Ausgehend von der Sippenbindungsthese definierte er die „deutschrechtlichen Vergabungen“ so: „Der Gegenstand dieser deutschrechtlichen Vergabungen war nicht der Nachlaß oder ein Theil aus demselben, sondern das gegenwärtige Vermögen, und als im spätern Rechte das ganze Vermögen auch in dem Umfange übertragen werden konnte, daß die zukünftigen Güter dazu gerechnet wurden; so blieb doch der Grundsatz als Regel bestehen, daß dem Erwerber sogleich an dem Vorhandenen ein Recht eingeräumt sey. Es trat nämlich eine dem deutschen Rechte geläufige Theilung der Eigenthumsrechte ein, und zwar so, dass dem Tradenten immer die Nutzung bis auf seinen Tod blieb. Das Mittel, um dieses zu erreichen, war die feierliche Auflassung, deren wesentlicher Erfolg die Uebertragung eines sogleich wirksamen dinglichen Rechts war.33

Eine Definition des formalen Begriffes „Vergabung“ ist das nicht, und Beseler erklärt an keiner Stelle seines Werkes, auf welchen Erwägungen diese Begriffswahl fußt. Vielmehr wird die „Vergabung“ inhaltlich definiert, und zwar hinsichtlich ihres Gegenstandes (nicht der Nachlass, sondern das gegenwärtige Vermögen), ihrer Rechtsfolge (sofortiger statt aufgeschobener

32 33

Zur Rezeption vgl. KERN, Georg Beseler, S. 324-334. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 4.

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Rechtserwerb) und ihrer formalen Wirksamkeitsvoraussetzungen (Auflassung34). Diese inhaltliche Definition sieht sich einem nicht geringen Problem gegenüber, wenn weiter untersucht wird, welche Rolle Beseler dem Tod des Tradenten bei einer solchen deutschrechtlichen Vergabung geneigt war einzuräumen. Eine „Vergabung von Todes wegen“ ließ sich nach Beseler bewerkstelligen, wenn der Tradent den Gegenstand des Geschäfts zunächst jemandem aufließ, damit dieser sie nach dem Tod des Tradenten an einen Dritten tradiere: „Es gehört also zum Wesen dieser Geschäfte, daß ihre rechtliche Wirkung sogleich eintrat, es lag in ihnen eine Veräußerung, und nur die factischen Folgen derselben wurden insofern auf den Tod des Tradenten gestellt, als durch diesen die temporäre Beschränkung des übertragenen Rechts aufhörte. Eine Succession von Todes wegen wurde durch solche Zuwendungen ebenso wenig begründet, als es z. B. nach gemeinem Rechte durch eine Schenkung unter dem Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs geschieht.35

Es liegt auf der Hand, dass Beseler zur Aufrechterhaltung seiner Theorie von der sofortigen, sachenrechtlichen Wirkung der „Vergabung“ einen terminologischen Bruch in Kauf zu nehmen gezwungen war. Die „Vergabung von Todes wegen“ nach Beseler ist kein unter eine Bedingung oder unter eine Befristung gestelltes Rechtsgeschäft – er wollte ersichtlich unterscheiden zwischen rechtlicher Struktur und Wirkung und lediglich faktischen Folgen. Damit ist zunächst geklärt, dass die (mittelalterlichen) „Vergabungen von Todes wegen“ in Beselers Sinne mit den Verfügungen von Todes wegen des geltenden Rechts keine strukturelle Gemeinsamkeit haben – und zwar weder hinsichtlich ihres Gegenstandes noch hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens. Da der Tod bei Beseler weder Bedingung noch Befristung war, bleibt nur die Konsequenz, die Beseler auch gezogen hat: Der Tradent teilte sich mit dem Begünstigten das Vollrecht am Gegenstand des Geschäfts und der Tod des Tradenten führte schlicht zum Wegfall des den Begünstigten in der Person des Tradenten noch beschwerenden Umstandes. Diese Terminologie unterscheidet sich aber nicht nur von der des geltenden Rechts, sondern auch von der des römischen Rechts, wie schon aus Beselers eigenen Worten („eine Succession von Todes wegen wurde durch solche Zuwendungen nicht begründet“) deutlich wird. Es handelt sich – geltendrechlich gesprochen – nicht um eine Übereignung mit Nießbrauchsvorbehalt. Beselers Theorie führt denn auch nicht zur romanistischen Zweigleisigkeit von dominium directum und dominium utile, sondern zur germanistischen gesamten Hand. Fraglich ist demnach, ob Beselers Ansicht den mittelalterlichen Phänomenen gerecht wird. Ein Kriterium dabei kann die 34 35

Die Auflassung war bei Beseler einer der Zentralbegriffe des Sachenrechts – anders als bei Albrecht die Gewere; vgl. KERN, Georg Beseler, S. 554. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 5.

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Frage sein, ob das merowingisch-karolingische und das sächsische Recht auf ihren verschiedenen Entwicklungsstufen es dem Tradenten ermöglichten, sich bei Vornahme des Geschäfts eine bestimmte Rechtsmacht vorzubehalten und ob sie zwischen unterschiedlichen Graden eines solchen Vorbehalts unterschieden. Dieser Frage wird in den Kapiteln 4, 5 und 6 nachgegangen.

3. „Deutsche“ donatio post obitum bzw. „römische“ donatio mortis causa Kritisch zu bewerten ist auch der Versuch, das Problem des Begriffes „Vergabung“ etwa durch Latinisierung zu umgehen und auf donatio post obitum36 und donatio reservato usufructo auszuweichen. Das wird deutlich, wenn die donatio post obitum näher betrachtet wird. Der Versuch, den problematischen Rechtsgeschäften mit Hilfe des Begriffes donatio post obitum auf die Spur zu kommen, stammt von Rudolf Hübner und wertet den Tod des Tradenten anders. Nach Hübner, aus dessen Feder die nach Beseler einzige weitere wichtige dogmengeschichtliche Arbeit zum Themenkreis stammt, soll die donatio post obitum eine bedingte Schenkung gewesen sein; aber eine bedingte Schenkung besonderer Art, denn das ihr als Bedingung hinzugefügte Ereignis sei nicht, wie jede eigentliche Bedingung, ein ungewisses Ereignis, sondern vielmehr ein höchst gewisses: nämlich der Tod des Schenkers. 37 Damit ist zunächst Beselers Vorschlag aufgegeben, den Tod nicht als Wirksamkeitskriterium anzuerkennen. Eine sofortige Aufteilung des Vollrechts am Gegenstand des Geschäfts zwischen Tradent und Begünstigtem scheidet somit aus logischen Gründen aus. Hübners Überlegung zeigt weiter, dass am Begriff donatio post obitum keine andere Charakteristik festgemacht werden kann als die, dass der Tod des Tradenten eine Befristung und keine Erlebensbedingung darstellt. Letztlich ist mit dem Begriff donatio post obitum gegenüber Beselers „Vergabung von Todes wegen“ nichts gewonnen außer Verwechslungsgefahr mit einem römischen Rechtsinstitut: Das einzig sinnvolle Argument, den Begriff donatio post obitum statt des Begriffes „Vergabung“ (oder Verfügung) nach dem Tod“ zu verwenden,38 könnte nämlich die Abgrenzung von dem aus dem römischen Recht bekann36 37

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So beispielsweise H ÜBNER, Die donationes post obitum, insbesondere S. 16-18. H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 16. Ihm folgte 1908 z. B. BARTSCH, in: Festschrift für Karl v. Amira, S. 3, 33 und – mit Einschränkungen – S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 277. L OENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 24, übersetzt die donatio post obitum Hübners als Vergabung von Todes wegen.

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ten Begriff der donatio mortis causa sein. Während dieser impliziert, dass ein kalthändiges Geschäft von Todes wegen vorliegt, 39 also ein Geschäft, das in seiner Wirksamkeit davon abhängig ist, dass der donator (also der Schenker oder der Verfügende) den donatar (den Beschenkten oder den Erwerber) nicht überlebt, 40 scheint jener zu bezeichnen, dass das Geschäft zwar wirksam warmhändig abgeschlossen, aber erst nach dem Tod des donators vollzogen werde. An die Stelle der römischen Schenkung von Todes wegen träte so die „deutsche Schenkung auf den Todesfall“, die (bedingte oder unbedingte) Schenkung, deren Wirkung bis zum Tod des Schenkers hinausgeschoben ist. 41 Es handelt sich mithin bei der unterschiedlichen Terminologie um die Frage, wie das Ereignis, das für das Geschäft wichtig sein soll – der Tod des Verfügenden – rechtlich bewertet werden soll. Bei der donatio post obitum nach Hübner wird der Tod des Verfügenden als Befristung verstanden, während bei der mortis causa donatio eine echte auflösende42 oder aufschiebende43 Bedingung vorliegt. 44 Anders als Hübner argumentierte 1940 der in dieser Frage in Deutschland nicht rezipierte Giulio Vismara, der auch der donatio post obitum wie der römischen mortis causa donatio zubilligte, ein erlebensbedingtes Geschäft gewesen zu sein. 45 Wird jedoch die von Hübner vorgegebene Struktur zu konsequent Ende gedacht, stellen sich die (deutschen) donationes post obitum als betagte Schenkungen dar, während die (römischen) donationes mortis causa als Schenkungen von Todes wegen verstanden werden müssen. Gelangt der Interpret zur Charakterisierung der in den Urkunden und Schöffenbüchern enthaltenen Rechtsgeschäfte zur Ansicht, es handele sich um donationes post obitum, dann verneint er für das betreffende Quellenmaterial und das dieses Material produzierende Recht die Existenz der Verfügung von 39

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Die römische donatio mortis causa war gleichzeitig Rechtsgeschäft unter Lebenden und Verfügung von Todes wegen; SIMONIS, Die Donatio Mortis Causa im klassischen römischen Recht, S. 8; vgl. zu den von verschiedenen römischen Quellen verschieden beschriebenen donationes mortis causa neuerdings auch LIEBS, in: STÜRNER (Hrsg.), Festschrift für Dieter Leipold, S. 1013-1018. Darin liegt auch im geltenden Recht kein Widerspruch: Schenkung von Todes wegen und Erbvertrag sind Verfügungen von Todes wegen, die unter Lebenden vorgenommen werden. SIMONIS, Die Donatio Mortis Causa im klassischen römischen Recht, S. 301; VISMARA, Storia dei patti successori, S. 111: „La mortis causa donatio è una donazione condizionata alla sopravvivenza del donatario al donante. “ So z. B. EHRENZWEIG, in: Festschrift zur Jahrhundertfeier des ABGB II, S. 626, 632. Das Geschäft soll unwirksam sein, wenn der donatar vor dem donator stirbt. Das Geschäft soll wirksam werden, wenn der donator stirbt und der donatar dann noch lebt. Vgl. zum Beleg die Ansicht Hübners zum Rechtscharakter der donatio post obitum, DERS., Die donationes post obitum, S. 17. VISMARA, Scritti di storia giuridica VI, S. 107, 143.

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Todes wegen und interpretiert sachenrechtlich, indem er den jeweiligen Erwerbern attestiert, durch eine solche Verfügung sofort ein unentziehbares Recht erworben zu haben. 46 Oft wird dieses „unentziehbare Recht“ auch als „Anwartschaftsrecht“ bezeichnet. 47 Es handelt sich mithin bei der Theorie Hübners um eine Weiterentwicklung des bereits von Beseler beschrittenen Weges, jedoch unter Aufgabe der von Beseler erwogenen Aufnahme des Erwerbers in eine Art Gesamteigentum oder Gesamthandseigentum. 48 Hübners Ansatz hat aber die von Beseler gelegte Grundstruktur – nämlich die sachenrechtliche Argumentation – nicht verändert, sondern auf ihrem Boden die Gesamteigentumstheorie zugunsten einer Befristungstheorie aufgegeben. Die letzte Konsequenz aus diesem terminologischen Ansatz ist es dann, die echte Erlebensbedingung wieder für rein römisch und im nichtrömischen Recht des Mittelalters ungebräuchlich zu halten. So ist es möglich, dass im Jahre 2003 unter Berufung sowohl auf Beseler als auch auf Hübner schlicht und ergreifend formuliert werden konnte, dass die „deutschrechtlichen Vergabungen“ des Mittelalters keine Erbverträge gewesen seien, da sie keine Erbeinsetzung, sondern einen Eigentumserwerb unter Lebenden zum Inhalt gehabt hätten.49 Dieses strukturelle Muster der Argumentation 50 stimmt mit den zum „germanischen“ Erbrecht vertretenen Thesen überein. Indessen zeigt die Tatsache, dass unterschiedliche und mitunter sogar derselbe Bearbeiter die Begriffe donatio post obitum und Vergabung von Todes wegen synonym gebrauchen,51 wie wenig Klarheit und wie wenig Konvention in dieser Definitionsfrage herrscht. 52

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Wie Hübner, jedoch zu unterschiedlichen Zeiten, z. B. ADERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 10; BARTSCH, in: Festschrift für Karl v. Amira, S. 3, 33-39; E ULER, in: AfFGK 5 (1853), S. 1, 4; GMÜR, Die Entwicklung der letztwilligen Verfügungen, S. 26; KILCHMANN, Die Verfügungen von Todes wegen, S. 17; K UGELMANN, Gemeinrechtliche Begründung des particulären Erbvertrages, S. 22; LENTZE, in: ZRG Germ. Abt. 69 (1952), S. 98, 104 f.; L OENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 24, 27; V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 189; MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73, 75, 81; PLANITZ, Deutsches Privatrecht, S. 240; S CHULTZE, Die langobardische Treuhand, S. 6-14, 36. S. nur A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 10, 13. S. dazu noch unten bei der Affatomie der LSal. FINZEL, Georg Adam Struve als Zivilrechtler, S. 111. SELLERT, Art. Erbvertrag, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1389 f. argumentiert letztlich ähnlich: „Gegenstand der Vergabungen blieb nach wie vor die nach dinglichen Übertragungsgrundsätzen vollzogene Eigentumsverschaffung unter Lebenden. “ Bei der aber jedenfalls zu ergänzen wäre, dass „Eigentum “ nur in gesamthänderischer Bindung erworben werden konnte. Schon bei Hübner selbst wird der Unterschied verwischt, wenn er, Die donationes post obitum, S. 17 schreibt: eine derartige Schenkung (die donatio post obi-

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Es gibt sogar Überlegungen, die so genannte donatio post obitum nur für eine Kurzform einer Verfügung mit Rückverleihung oder Rückgewähr auf Lebenszeit zu halten und hierzu auch noch die donatio reservato usufructo hinzuzurechnen.53 Diese auf einige wenige Freisinger Traditionen gestützte These vermag allerdings nicht zu erklären, wieso die Urkunden die unterschiedlichen Begriffe eben doch verwendeten. In den meisten Fällen kann bei näherer Betrachtung auch eine unterschiedliche Motivationslage der Verfügenden gefunden werden, die rechtliche Unterscheidungen erklärbar macht. Hübners Definition ist bereits von seinem Nachrufer in der ZRG für wenig sinnvoll gehalten worden.54

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tum) könne, da der Tod des Schenkers sicher eintreten werde, eine Vergabung von Todes wegen genannt werden. Auch HELLWIG, Die Verträge auf Leistungen an Dritte, S. 592 sprach zutreffend von einem zu vielen Streitigkeiten und Zweifeln Veranlassung gebenden Mischgebilde. VOSER, Altdeutsche Liegenschaftsübertragung, S. 59-66. Für eine Gleichstellung der donatio post obitum und der donatio reservato usufructo auch S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 272 und PLANITZ, Deutsches Privatrecht, S. 240. S CHULTZE-V. LASAULX, in: ZRG Germ. Abt. 66 (1949), S. XIV.

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III. Verfügung In dieser Arbeit wird stets und ausschließlich von „Verfügung“ gesprochen. Da eben der Begriff „Vergabung“ als artifiziell bezeichnet wurde und derselbe Vorwurf für bestimmte Zeiträume auch den Begriff „Verfügung“ treffen kann, muss die Zweckmäßigkeit dieser Terminologie etwas eingehender nachgewiesen werden. Dem soll die folgende historisch-etymologische Ableitung des Begriffes dienen.

1. Der Verfügungsbegriff des geltenden Rechts Einerseits ist der Begriff als Größe des geltenden Rechts geläufig. Heute wird die Verfügung definiert als ein Rechtsgeschäft, das auf ein subjektives Recht unmittelbar einwirkt, indem ein solches Recht unmittelbar übertragen, inhaltlich geändert, belastet oder aufgehoben wird. Mit dieser Definition erscheint die Verfügung vor allem in ihrer funktionalen Dimension. Sie wird nämlich auf diese Weise von der Verpflichtung abgegrenzt, die den Inhaber des subjektiven Rechts erst zur Verfügung (zur Einwirkung auf dasselbe) verpflichtet. Verpflichtung und Verfügung sind so die beiden, voneinander getrennten und in ihrer Wirksamkeit voneinander unabhängig zu beurteilenden Pole der (insoweit römisch geprägten) Privatrechtsordnung. Neben diesen funktionalen Aspekt tritt aber bei der so definierten Verfügung noch ein inhaltlicher. Wird das Einwirken auf das betreffende Recht näher beschrieben mit unmittelbarer Übertragung, Inhaltsänderung, Belastung oder Aufhebung, dann wird – zumindest im geltenden Recht – sachenrechtlich argumentiert. Damit ist diejenige Ebene ausgeblendet, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Neugestaltung der Rechtslage nicht sofort eintritt, sondern erst dann, wenn zukünftig erwartete Ereignisse eintreten. Dass sich je nach der Wahl eines solchen zukünftigen Ereignisses unterschiedliche Wirkungen einstellen, wird unter (4) noch eingehender zu zeigen sein.

2. Historisch-etymologische Ableitung des Verfügungsbegriffs Die Verfügung des geltenden Rechts scheint nach ihrer gängigen Definition eine Struktur so allgemeiner Art aufzuweisen, dass sie dazu geeignet erscheint, immer schon dann verwendet werden zu können, wenn eine beliebige

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Rechtsordnung die Möglichkeit bereithält, Sachen und/oder Rechte von einer Person auf eine andere übergehen zu lassen. Freilich wird die Ansicht vertreten, dass der Begriff sich erst beginnend mit dem 13./14. Jh. als dann zeitgenössischer Begriff nachweisen lasse, weil er dem „deutschen“ Recht bis dahin fremd und erst mit der Anerkennung der Verfügungsmacht des Einzelnen entstanden sei. 55 Dass diese These eng mit Hans Hattenhauers Theorie von der „Entdeckung der Verfügungsmacht“ zusammenhängt, muss kaum hervorgehoben werden. 56 Es kann nicht genügen, diese Ansicht damit zurückzuweisen, dass Hattenhauers Theorie sich im Ergebnis als nicht haltbar erweise. Dieser Nachweis muss immerhin erst geführt werden, und er ist nur zu führen, wenn die Rechtsgeschäfte, mit denen er geführt werden soll, begrifflich gefasst werden können. Immerhin ließe sich, würde dieser Ansicht gefolgt, der Begriff Verfügung für den Themenbereich des sächsischen Land- und Stadtrechts verwenden. In der Tat liefert das Deutsche Rechtswörterbuch die ersten Nachweise für die Verwendung des Wortes „verfügen“ in juristischem Kontext in der Bedeutung von „übergeben, vermachen“ und/oder „schenken“ aus dem 14. Jh. 57 Schwieriger ist es mit dem sächsischen Recht des 13. Jh. und erst recht mit dem merowingischkarolingischen Recht und insbesondere demjenigen, das aus der LSal, der LRib, den Kapitularien und der Formular- und Urkundenpraxis des Frühmittelalters gewonnen werden muss. Die Nichtexistenz des juristischen Begriffes Verfügung vom 6. bis zum 11. Jh. mag zunächst damit zusammenhängen, dass der privatrechtliche Massenverkehr (unterstellt, es hat ihn gegeben) anders als seit dem 12. Jh. (beginnend in Köln) nicht schriftlich fixiert worden ist. Immerhin mutet die Vorstellung, dass der Grundstücksverkehr schlagartig, etwa in Köln mit dem Jahr 1135, in Halle/S. mit dem Jahr 1266 oder in Neuhaldensleben mit dem Jahr 125558 eingesetzt habe, während bis dahin Stillstand geherrscht und allenfalls „Gutsfluss mit dem Blut“ stattgefunden habe, schon von vornherein so gekünstelt an, dass sie fallengelassen werden kann. Problematisch ist, dass von dem vorher geübten Rechtsverkehr nur Ausschnitte sichtbar werden und dass diese sichtbaren Ausschnitte – es handelt sich um die Urkundensammlungen und Traditionsbücher insbesondere der Kirchen, Klöster und Herrschaften – erstens nicht volkssprachig, sondern lateinisch verfasst und zweitens nicht ansatzweise so reliabel sind wie die spätmittelalterlichen Schöffenakten. Zu dieser Unzuverlässigkeit gehört es, dass das Urkundenmaterial Fälschungen enthält. Aber nicht nur das, sondern schon die Tatsache, dass Einzelurkunden aufbewahrt und in Traditionsbü55 56 57 58

E CKERT, Art. Verfügung, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG V (1998), Sp. 720. Eckert nennt Hattenhauers Schrift auch ausdrücklich. RWB III (1935), Sp. 1039. Fug ist, RWB III (1935), Sp. 1035, Recht, Berechtigung oder Befugnis. Vgl. die näheren Angaben zu den einzelnen Büchern an der jeweiligen Stelle im Text.

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chern einer auf Erwerberseite an den beurkundeten Geschäften selbst beteiligten Partei zusammengestellt wurden, begründet den Verdacht des selektiven Vorgehens. Immerhin lassen die sichtbaren Ausschnitte den Schluss zu, dass die Übertragung von Grund und Boden nicht auf Herrschafts- oder herrschaftsnahe Schichten beschränkt gewesen ist. 59 Alles das berechtigt zu der Annahme, dass es außerhalb der auf die heutige Zeit gekommenen Urkundenüberlieferung auch im fränkischen Reich Privatrechtsverkehr gegeben hat. Dieser Privatrechtsverkehr ist auch nicht von Personen geführt worden, die Latein gesprochen haben. Lateinische Schriftzeugnisse haben eine gesprochene, volkssprachige Unterlage, die einen oder mehrere Begriffe für Vorgänge gehabt haben muss, mit denen Sachen (oder Personen) anderen Personen (oder Sachen) als den bisherigen Inhabern zugeordnet wurden – denn solche Vorgänge kamen vor. Es liegt nahe, aber auch gerechtfertigt, die Suche dort zu beginnen, wo das heutige deutsche Wort Verfügung hinweist.

3. Fug und fuoga, sale und sala (1) Fug und fuoga Das Wort „Verfügung“ jedenfalls hat mit seinem Zentrum „Fug “ 60 und dem alt- bzw. mittelhochdeutschen Verbum vuogan bzw. vuegen einen Wortstamm, der in weit ältere Vergangenheit zurückweist als nur bis in das 12. Jh.61 Dieses „weite Zurückreichen in die Vergangenheit“ führt letzten Endes in das geschichtslose Dunkel der indogermanischen Urzeit hinein und damit weit über die Zeit, in der die merowingischen und karolingischen Rechtstexte und Urkunden verfasst worden sind, hinweg zurück. Immerhin reicht schon das Althochdeutsche, dem das Substantiv vuoc und das Verb fuogen eindeutig bekannt sind, nach der sog. althochdeutschen 59

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In den klösterlichen Traditionsbüchern kommen auf Verfügendenseite so viele nicht näher bezeichnete Personen vor, dass kaum davon ausgegangen werden kann, es seien nicht auch Personen darunter, denen nicht mehr Rechtsmacht als die an dem gegenständlichen Grundstück zustand. Auch die Formularsammlungen zeigen ein in Kanzleien zu befriedigendes Bedürfnis – und nichts engt den Personenkreis ein, für den der si quis oder der ille der Formulare verwendet wurde. Alt- bzw. Mittelhochdeutsch vuoc bzw. fuog. Das entspricht Schicklichkeit, Angemessenheit, Passlichkeit oder passende, angemessene Gelegenheit; LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 570 f. E CKERT, Art. Verfügung, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG V (1998), Sp. 720. Er bezeichnet Fug als „Recht “, womit Verfügung eine Veränderung der bestehenden Rechtslage ergebe.

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Lautverschiebung vielleicht bis in das 6., sicher aber bis in das frühe 8. Jh. zurück.62 füegen bzw. fuogen, das auch im Altniederfränkischen und Altfriesischen vorkommt, 63 entspricht „passend zusammen “- oder „hinzufügen, verbinden, wohin bringen oder schicken“, aber auch „machen, zulassen, bewerkstelligen, schaffen, verschaffen, ermöglichen und gestatten“ 64 und schließlich „beigeben“. 65 Alle diese Bedeutungen kennzeichnen auch das heutige Verbum „fügen “ – ein Bedeutungswandel ist demnach nicht zu befürchten. Aus der Existenz des Wortes fuogen sowohl im nordgermanischen (zu dem das Altniederfränkische ebenso wie das Altfriesische zählt) als auch im Rhein-Wesergermanischen Zweig (über den sich das Mittelhochdeutsche neben dem elbgermanischen Zweig auch entwickelt hat) der germanischen Ursprache kann auf eine germanische, bzw. darüber hinaus indogermanische Grundbedeutung geschlossen werden, die sicherstellt, dass „Fug “ und „fügen“ im hier fraglichen Untersuchungszeitraum und Untersuchungsgebiet als Bezeichnung vorhanden gewesen ist und von Sprechern einer germanischen Sprache verstanden worden ist. Entscheidend ist, dass die für die hier in Rede stehende rechtliche Aufwertung des Wortes vervüegen66 wesentliche Ebene des Machens und Ermöglichens vorhanden ist, die auch als Einwirken, als Recht verschaffen, Recht begründen verstanden werden kann. Verfügen ist demnach – bezogen auf eine Sache67 oder eine Sachgesamtheit – insbesondere eine Tätigkeit, mit der die (mobile) Sache an einen anderen Platz gestellt wird oder, wenn wir die Sache als dasjenige ansehen, das unverändert, statisch oder immobil bleibt, eine Tätigkeit, mit der einem anderen an einer Sache ein Recht zugewiesen wird.68 Es spielt dabei keine Rolle, ob dieses Verfügen von einer kausalen Grundierung abhängig oder unabhängig gedacht wird. Vieles spricht auch in rechtstatsächlicher Hinsicht dafür, dass die strikte gedankliche Trennung von 62 63

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K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. VIII. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 338: altniederfränkisch *fuogen; G ROSSE, Althochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 1334: altfriesisch fogan. Zu mhd. füegen vgl. LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 555; BENECKE /MÜLLER/ZARNCKE, Mittelhochdeutsches Wörterbuch III, S. 439 mit Verweis auf das synonyme ahd. fuoga. Zu ahd. fuogen vgl. G ROSSE, Althochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 1334; K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 338; S CHADE, Altdeutsches Wörterbuch, S. 232; SPLETT, Althochdeutsches Wörterbuch I, 1, S. 273. Die Bedeutungen sind mit den mhd. identisch. BENECKE /MÜLLER/ZARNCKE, Mittelhochdeutsches Wörterbuch III, S. 442. Auch das Präfix ver- ist im Mhd. zusammen mit vüegen belegt; L EXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 556. Hierauf kommt es im deutschen Recht bis heute entscheidend an. Auch die Inhaltsänderung, Aufhebung bzw. die Belastung eines Rechts lässt sich mit fügen gut fassen.

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„Pflicht“ und „Fug “ weder im merowingisch-karolingischen noch im sächsischen Recht des Mittelalters vollzogen wurde. Nach allem darf davon ausgegangen werden, dass die Verwendung des heute deutschen Begriffs „Verfügung“ auch auf das Frühmittelalter keine fehlerhaften Ergebnisse produzieren wird.

(2) Sale, fadum und ram Ein rein fränkischer, vor der Lautverschiebung zum Althochdeutschen und darüber hinaus belegbarer Begriff von gleicher Qualität existiert nicht. a) sale/sala. Insbesondere der ebenfalls nahe liegende Terminus sale oder sala, der in der LSal und der LRib zwar nicht, dafür aber immerhin im 10. Jh. in der althochdeutschen Übersetzung zum Trierer Kapitular Ludwigs d. Fr. aus dem Jahr 818/81969 und im 12. Jh. in den Schreinsurkunden in Köln70 auftaucht und der insofern einen engeren Bedeutungsbereich als ahd. vuoga hat, als er die rechtliche Übergabe eines Gutes bezeichnet71 und in beiden Quellen als direkte Übersetzung des lateinischen Begriffes traditio vorkommt, 72 ist nicht positiv belegbar altnieder- oder altrheinfränkisch, sondern auch (nur) althochdeutsch, d. h. nicht spezifisch fränkisch. Er kommt z. B. auch im (dem elbgermanischen Zweig des Germanischen angehörenden) Langobardischen in seiner zweiten Bedeutungsebene „Saal, Halle, Haus und Hof“ vor. 73 Diese zweite Bedeutungsebene ist es auch, die ein weiteres Argument dafür liefert, einer verlässlichen Terminologie nicht sale, sondern fuoga zugrundezulegen. Es kann kein Zufall sein, dass das althochdeutsche sale bzw. sala, insofern es die Übertragung einer Sache bezeichnet, seine Zweitbedeu-

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Vgl. zur Übersetzung des Trierer Kapitulars die Angaben bei K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 911. S. zum Kapitular unten Kap. 4. Es existieren Übersetzungen durch den Schöffenschreiber der Kölner Laurenzpfarrei. Delegare bzw. tradere entsprechen einerseits versalen (Einträge L 2 IV 11, L 4 IX 2) und andererseits fermachen (Eintrag L 3 IV 14). Zur Systematik der Einträge in den Kölner Schreinsurkunden s. u. Kap. 3 III 2. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 911; S CHADE, Altdeutsches Wörterbuch, S. 738; BENECKE /MÜLLER/ZARNCKE, Mittelhochdeutsches Wörterbuch II, 2, S. 33; LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch II, Sp. 576. Vgl. eingehend JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 213 ff. Auf S. 225 meint Joswig, sala sei die germanische Bezeichnung für die Grundstücksübertragung gewesen. Vgl. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 911; S CHADE, Altdeutsches Wörterbuch, S. 738; S PLETT, Althochdeutsches Wörterbuch I, 2, S. 787.

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tung – Immobilien74 – inkorporiert. Bei einer sale handelt es sich also um die rechtsgeschäftliche Übertragung von liegendem Grund75 – wobei die sala überwiegend mit der dinglichen Einigung gleichgesetzt wird, während zur vollständigen Übertragung noch die in unterschiedlichen Formen symbolisierte investitura hinzutreten muss 76 – während verfuogen auch die fahrenden Sachen einschließt. Angesichts der fundamentalen Trennung zwischen Liegenschaft und Fahrnis77, die sowohl das merowingisch-karolingische als auch das sächsische Recht übereinstimmend kennzeichnet, ist es sinnvoll, mit einem Begriff zu operieren, der sowohl die Neuzuordnung von Liegenschaften als auch die von Fahrnis erfasst. Da sale somit zwar nicht den karolingischen, immerhin aber den sächsischen Quellen fremd ist und auch der heutigen hochdeutschen Sprache nicht mehr angehört, sondern einen einigermaßen unverständlichen Artefakt ergeben würde und außerdem als Begriff gegenständlich beschränkt ist, wurde eine sprachlich vielleicht noch möglich erscheinende „Versalung“ 78 zugunsten der „Verfügung“ aufgegeben. b) fadum/ram. Für eine Suche verbleiben noch die beiden aus der LSal und der LRib in Gestalt von acfathumire bzw. achramire überlieferten fränkischen und althochdeutschen Begriffe fadum und ram. Zu ihrer Bedeutung und zur Etymologie des Wortes Affatomie wird in Kap. 4, I, 1 (3) noch eingehender Stellung genommen. Gegen ihre allgemeine Verwendung – etwa in Gestalt einer „Verfädung“ oder einer „Rahmung “ – sprechen allerdings die gleichen Gründe, wie sie unter a) gegen die „Versalung“ vorgebracht wurden. Beide sind zunächst den nichtlateinischen schriftlichen Rechtstatsachen fremd geblieben. Diese Tatsache kann nur damit erklärt werden, dass der Bedeutungsgehalt von fadum und ram von späteren Sprechern und Schreibern 74

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Die Ableitung des Adjektivs salicus aus sala i. S. v. Haus, Hof ist mit Händen zu greifen. Die terra salica (ahd. selilant) ist demzufolge das zum Haus gehörende Land, eigenes Land, Hausland. M. E. ist es auch nicht zu weit gegriffen, lex salica entsprechend als (haus-) eigenes Recht/Gesetz zu übersetzen. So wird aus lex salica einerseits „Landrecht “ oder andererseits „Hausgesetz “. Ähnlich argumentiert SPRINGER, in: WIECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK /MENGHIN (Hrsg.), Die Franken. Wegbereiter Europas, S. 487, der lex salica mit „gemeines Recht “ übersetzt. Der Immobiliarcharakter von sala wird noch heute im Russischen deutlich, wo für Dorf bzw. Feld/Land das Substantiv !"#$ steht. So auch O GRIS, Art. Auflassung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2005), Sp. 339. Vgl. zusammenfassend O GRIS, Art. Auflassung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2005), Sp. 339-341. Zum Ganzen BEWER, Sala, Traditio, Vestitura. Bekanntlich ist die Abgrenzung nicht immer einfach, insbesondere dann, wenn es um die Aussaat oder die Feldfrüchte geht. Vgl. auch das Rechtssprichwort „Was die Fackel zehrt, ist Fahrnis “. Immerhin sind wir mit dem englischen sale auch in einer heute gesprochenen Sprache nah genug am zugrunde liegenden Problem.

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anders wahrgenommen wurde als von den Redaktoren von LSal und LRib, etwa indem er seine rechtliche Konnotation verloren hat. Genau das könnte auch die Entstellungen, die acfathumire und achramire in den verschiedenen Hss der LSal durch die Fehlleistungen der Schreiber und Abschreiber erlitten haben, verständlich machen. Möglicherweise konnten die zu Grunde liegenden Wortwurzeln hinsichtlich ihrer Fähigkeit, verschiedenartig motivierte Übertragungshandlungen abzubilden, nicht mit dem elastischeren fuogen/fügen konkurrieren, das auch in einem rechtlichen Bezugsfeld sinnvoll war und ist. Und schließlich kann es hier nicht darum gehen, mittels phantasievoller Wortbildungsakrobatik artifizielle Kostbarkeiten zu produzieren. c) Latinismen. Die merowingisch-karolingische Urkundenpraxis des 6. bis 10. Jh. wartet – da sie vom Latein beherrscht ist – mit der Formel dono, trado atque transfundo oder donatum in perpetuum esse volo auf. Inhaltlich ist damit genau das gemeint, was die althochdeutschen Worte sale speziell für die Liegenschaften und vuoga allgemein für alle Sachen ausdrücken. Und da es hier nicht darum gehen kann, ein (auch) einheimisches Rechtsinstitut hinter einem Lehnwort wie Donation oder Tradition zu verstecken, verbleibt „Verfügung“ als einziger sinnvoller, inhaltlich weit genug gefasster möglicher Begriff.

4. Der Verfügungsgegenstand Allgemein ist zur Wahl des Begriffes „Verfügung“ noch zu ergänzen, dass seine Anwendung auf eine bestimmte Gruppe von Rechtsgeschäften voraussetzt, es gebe überhaupt etwas zu verfügen. Der Begriff Verfügung hat also stets eine gegenständliche Grundierung. Dies mag vom Standpunkt des geltenden Rechts auch bei den Verfügungen von Todes wegen unproblematisch erscheinen. Ohne weiteres hat sowohl das Vermächtnis, § 2147 BGB, als auch die Schenkung von Todes wegen, § 2301 BGB, einen Gegenstand – in beiden Fällen einen klar abgrenzbaren. Gleichwohl ist es wegen des hierin liegenden Unterschiedes zum römischen Erbrecht hervorzuheben. Schwieriger ist es mit der Erbeinsetzung, aber auch nur dann, wenn bei der Erbeinsetzung an ein personenrechtliches Nachrücken des Erben in die Stellung des Erblassers gedacht wird. Eine solche Ansicht ist jedoch auch dem geltenden Recht fremd: Derjenige, der als gesetzlicher oder gewillkürter Erbe berufen ist, folgt dem Erblasser nicht personenrechtlich, sondern er erwirbt den Nachlass. Damit stellt sich der Nachlass (aus Sachen und Rechten bestehend) nach dem Wortlaut des § 1922 I BGB als der Grundbegriff auch des geltenden deutschen Erbrechts dar – es geht sowohl bei der gesetzlichen Erbfolge als auch bei der gewillkürten (testamentarischen oder vertraglichen)

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Erbeinsetzung nicht darum, dass der Erbe den Erblasser als Person repräsentiert, sondern darum, dass er als Erbe den Nachlass erwirbt. 79 Genau dieselbe Situation findet sich in historischen Rechtsordnungen, die dazu übergegangen sind, sowohl einzelne Teile des Vermögens als auch das Vermögen insgesamt als Gegenstand zu begreifen und es rechtlich zu mobilisieren. Solche Systeme sind für den Übergang von Aktiva und Passiva einer Person nicht darauf angewiesen, die überlebende Person in eine personale Beziehung zur durch Tod weggefallenen Person zu setzen. Sie können – und das ist einer der entscheidenden Unterschiede sowohl des historischen einheimischen als auch des geltenden deutschen Erbrechts zum älteren Jus Commune80, zum bayerischen Recht des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis 81, zum geltenden österreichischen82 und zum französischen Privatrecht mit seiner These von der continuation de la personalité du défunt – auf die gedachte juristische Transmissionsfigur der hereditas iacens verzichten und darüber hinaus davon ausgehen, dass ein und dieselbe Person sowohl infolge verwandtschaftlichen als auch infolge rechtsgeschäftlichen Übergangs beerbt werden kann. Der Satz nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest, der bei Personenidentität zwischen Erblasser und Erbe die Erbeinsetzung von vornherein zur zwingenden Wirksamkeitsvoraussetzung eines jeden Testaments macht, kann mithin in Systemen, die nicht die Person des Erblassers, sondern eine Sache oder Sachgesamtheit (unter Einschluss von Forderungen) 79 80

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Vgl. nur KIPP/COING, Erbrecht, S. 3; a. A. FINZEL, Georg Adam Struve als Zivilrechtler, S. 114. Hauptquellen für dieses Dogma sind D. 28, 2, 11 und Justinians Nov. 48 pr. aus dem Jahre 537, welche lautet: Nostris videtur legibus una quodammodo persona heredis et illius qui hereditatem in eum transmittit. Erblasser und Erbe verschmelzen hier zu einer Person. Der Grund hierfür ist ein religiöser: Der Nachfolger musste den Kult der penates und der lares fortsetzen (und auch das Grab pflegen). Diese Position beherrscht auch § 547 ABGB und das geltende französische Erbrecht. Andreas Wacke dagegen sieht in den entsprechenden Belegstellen (etwa noch C. 6, 26, 11 pr. und Inst. Just. 3, 19, 4) überwiegend historische Reminiszenzen, die nur marginale Fälle betrafen und denen kein substantieller Beweiswert zukomme – Nov. 48 pr. habe (nur) die Bindung der Erben an den Eid des Erblassers über den Bestand seines Vermögens betroffen; vgl. WACKE, in: G ULCZYNSKI (Hrsg.), Leben nach dem Tod, S. 23, 32 f. Befürworter des Identitätsdogmas waren und seien, so Wacke auf S. 25, Georg Friedrich Puchta, Heinrich Dernburg, Ludwig Mitteis und Dieter Schanbacher, Gegner Bernhard Windscheid und Rudolf v. Jhering. III, 1, 6 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (1756): Die Erbschafts-Antretung thut folgende Wirkungen: 1. Repräsentirt der Erbe durchaus die Person des Erblassers, und tritt an seine Stelle sowohl active als passive ein […], 2. Haftet er den Creditoren des Erblassers auch über die Kräfte der Erbschaft […]. § 547 ABGB: Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beide werden in Beziehung auf einen Dritten für eine Person gehalten […].

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– das Vermögen, den künftigen Nachlass – in den Mittelpunkt stellen, nicht gelten. Ich habe bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass das merowingisch-karolingische Recht bereits in der LSal genau diesen Weg, nämlich den der rechtlichen Mobilisierung des Vermögens und nicht den der Herstellung einer Personenidentität zwischen Erblasser und Erbe gegangen ist. 83 Die Überlegungen zum merowingisch-karolingischen Recht im frühen Mittelalter auch in dieser Schrift gehen ebenfalls von dieser Grundannahme aus und lehnen u. a. deswegen eine familienrechtliche Deutung z. B. der Affatomie ab. 84 Auch im sächsischen Recht des hohen Mittelalters zeigt sich letztlich nichts anderes.85 Für das Wiener Testamentsrecht des Mittelalters (13./14. Jh.) ist ebenfalls nichts anderes gefunden worden.86 Ganz besonders deutlich wird diese Grundstruktur bei der Frage, wer die Schulden des Erblassers übernimmt – hier liefert der Ssp denn auch das klarste Ergebnis. 87 Verwiesen sei auf die nach hier vertretener Ansicht nach wie vor gültige Position von Ferdinand v. Martitz: „Das [Sachsenspiegel-] Erbrecht […] verwirft den Gedanken des Eintritts in die gesammten Vermögensverhältnisse des Verstorbenen. […] Es hat lediglich die Bedeutung, dass durch den Tod eines Menschen ein Eigenthumsübergang an Sachen und Rechten vermittelt wird. Man erbt nicht, man nimmt Erbe. “ 88

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S CHMIDT-RECLA, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 461, 483. Gero Dolezalek verdanke ich den Hinweis, dass dies auch dem kanonischen Recht entspreche, weil das Christentum die religiös-heidnischen Gründe des klassischen ius civile nicht mehr gelten ließ. In der Tat bleibt dann nur noch die vermögensrechtliche Sichtweise übrig. Gleiches gilt – umgekehrt – für die Erblasserschulden aus unerlaubter Handlung. Freilich ohne jedoch diese strukturelle Grundannahme zur Voraussetzung zu erheben. Vielmehr folgt die hier dargelegte Struktur den gefundenen Einzelergebnissen. Richtig gesehen von S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 311. Ich folge dem ausdrücklich. LENTZE, in: ZRG Germ. Abt. 69 (1952), S. 98, 114. Ssp Ldr. I, 6, 2. Dessen Grundregel lautet: Für Schulden des Erblassers haftet der, der das Erbe nimmt, nicht. Zwei Ausnahmen gelten: erstens wird gehaftet, wenn der, der das Erbe nimmt, für die Schuld des Erblassers die Gegenleistung erhalten hat, zweitens wird gehaftet, wenn der, der das Erbe nimmt, selbst Bürge für den Erblasser geworden war. Die Klage nach toter Hand zeigt auch in prozessualer Hinsicht, dass der Gläubiger nur in einem extremen Ausnahmefall vom Erbnehmer die Schulden des Erblassers erstattet bekommt. Beide Ausnahmen (Erhalt der Gegenleistung und Bürgschaft für den Erblasser) muss der klagende Gläubiger mit 72 schöffenbar Freien oder frei geborenen Lassen beweisen – meistens wahrscheinlich ein Ding der Unmöglichkeit. V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 153.

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Sprachlich wird diese Grundstruktur noch heute treffend mit den Worten „Erblasser“ und „Nachlass“ 89 ausgedrückt. Einziger begrifflicher Fremdkörper hierbei ist der „Erbe“, der – jedenfalls für das mittelalterliche Erbrecht – besser als „Erbnehmer“ bezeichnet würde. „Erbe“ ist denn auch im mittelalterlichen Erbrecht (beginnend mit dem fränkischen Allod) ein Terminus, der eine Sache bzw. eine Sachgesamtheit, nicht eine Person, bezeichnet. Das beginnt schon mit dem Wort arbeo im Hildebrandslied90 und zieht sich durch sämtliche Quellen des mittelalterlichen Rechts, wie insbesondere am Ssp gezeigt werden kann. Es ist m. E. nur konsequent, aus dieser Struktur den Schluss zu ziehen, dass das so geprägte Erbrecht für mittelalterliche, frühneuzeitliche und wohl letztendlich auch für moderne Rezeptionen römischer Institute in dieser Grundfrage undurchdringlich gewesen sein muss. 91 Diese Grundannahme hat noch eine weitere definitorische Dimension. Werden nämlich zwei Systeme danach unterschieden, ob sie die personenrechtliche oder die vermögensrechtliche Nachfolge in den Mittelpunkt stellen, dann darf auch von der Erbfolge (und zwar sowohl von gesetzlicher als auch von gewillkürter) nur in dem je vorausgesetzten systematischen Rahmen gesprochen werden. Es ist daher schon von den Voraussetzungen unpräzise, in einem Erbrechtssystem, das von der Übertragung von Vermögen, nicht von der Repräsentation des Erblassers durch den Erben ausgeht, danach zu fragen, ob ein potenzieller Erblasser sich einen Erben schaffen oder küren könne. Erbe wird die eventuell in Aussicht genommene Person dann nur, weil der Erblasser ihr sein Vermögen oder Teile davon zuwendet. Auch aus diesem Grunde böte es sich an (nur hieße das heutzutage Unmögliches fordern), im vermögensrechtlich geprägten System anstatt von Erbe generell von Erbnehmer zu sprechen. Freilich: Die Folgen mögen identisch sein, insofern könnte ein begriffliches Glasperlenspiel vermutet werden – aber es ist ein gravierender rechtlicher Unterschied, ob der Nachfolger für die Schulden des Erblassers schon deswegen aufkommt, weil er als mit ihm identisch gedacht wird oder ob die Schulden als Nachlassbestandteile gedacht werden und genommen werden oder ob diese Pflicht gar erst auf einer ergänzenden, ausdrücklichen normativen Anordnung beruht. Hier ist dem noch hinzuzufügen, dass infolge dieses strukturellen Unterschieds zwischen dem merowingisch-karolingischen, dem sächsischen und auch dem geltenden Recht einerseits zum römischen Testaterbrecht andererseits die Frage der Haftung für die Nachlassschulden nicht entscheidend dafür 89 90

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Auch heute noch der Zentralbegriff des Erbrechts. Dort heißt es über Hadubrand: „her furlaet in lante luttila sitten prut in bure, barn unwahsan, arbeo laosa – Er ließ im Lande arm zurück die Frau in der Hütte und den unerwachsenen Sohn erblos. “ Eine römische Entsprechung könnte immerhin so gesucht werden: Der Nachlass wird beim Tod des Erblassers herrenlos und es entstehen iura acquirendi für bestimmte Personen.

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ist, ob ein bestimmtes Rechtsgeschäft als Verfügung von Todes wegen charakterisiert werden muss. Entscheidend ist das erst für die Frage der Vollstreckung der betreffenden Verfügung.

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IV. Verfügung von Todes wegen Schließlich muss noch dargelegt werden, welche Bedeutung der Zusatz „von Todes wegen“ in dieser Arbeit hat. Die folgenden Überlegungen sind so allgemein gehalten, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich mit ihnen auch die in den mittelalterlichen Quellen auftauchenden Phänomene erfassen lassen. Steht der Begriff „Verfügung“ für Vorgänge, mit denen Sachen, Rechte oder Sachgesamtheiten zu Personen neu oder anders zugeordnet werden können, einmal fest, lassen sich immer noch verschiedene Modalitäten denken. Verfügt werden kann entweder dergestalt, dass der Gegenstand der Verfügung im Moment der Vornahme der verfügenden Handlung zwischen Verfügendem und Erwerber voll auf diesen übergeht, der Verfügende aufhört, irgendeine Möglichkeit zur Einwirkung auf das Verfügungsobjekt zu haben und der Erwerber derjenige ist, der von diesem Moment an als der alleinige Herr der Sache erscheint. Diese Situation wird üblicherweise damit umschrieben, dass der Verfügung sachenrechtliche Wirkung zugeschrieben wird. Verfügt werden kann aber auch dergestalt, dass der Erwerber erst ab einem näher bestimmten, zukünftig eintretenden Zeitpunkt ein solches Recht am Verfügungsobjekt innehaben soll. Vereinbaren Verfügender und Erwerber eine solche Regelung, dann verbleibt dem Verfügenden bis dahin die Herrschaft. Indessen sind auch bei einer solchen Vereinbarung Abstufungen denkbar. Diese möglichen Abstufungen werden üblicherweise in die Begriffe „Bedingung“ und „Befristung“ gekleidet. Es ist daher hier darzustellen, wie diese Begriffe verstanden werden sollen und was das rechtlich Besondere an der „Erlebensbedingung“ ist.

1. Befristung und Bedingung (1) Definitionen Eine Befristung, so die heute gängige und allgemein gültige Definition, liegt vor, wenn für ein Rechtsgeschäft ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt ist. 92 Die Befristung als das gegenüber der Bedingung speziellere, in dieser aber enthaltene Rechtsinstitut soll sich dadurch auszeichnen, dass bei ihr einerseits feststehe, dass das in Aussicht genommene Ereignis eintrete, andererseits der Zeitpunkt dieses Ereignisses ungewiss sein könne.93 Diese Überle92 93

MEDICUS, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 844; L ARENZ /WOLF, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 928; MünchKomm-BGB/WESTERMANN, § 163 Rdnr. 1. MEDICUS, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 844.

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gung kann auch in die Gegenüberstellung von dies certus an, sed incertus quando gebracht werden. Unter einer Bedingung als dem allgemeineren Rechtsinstitut ist, ebenfalls nach der heute gängigen Definition, jedes künftige ungewisse Ereignis zu verstehen, von dessen Eintritt die Parteien die Rechtsfolge ihres Rechtsgeschäfts abhängig machen wollen.94 Durch die Ungewissheit, ob die Bedingung in Zukunft eintrete oder nicht, sei auch der Eintritt der vereinbarten Rechtsfolgen ungewiss und auf jeden Fall hinausgezögert.95 Medicus bietet die Kurzformel, bei der Bedingung sei das Ob ungewiss (dies incertus an) und das Wann des Eintritts eines bestimmten Ereignisses gewiss oder ungewiss. 96 Danach unterscheiden sich Bedingung und Befristung also vor allem hinsichtlich des Ob (dies an) des Eintritts eines künftigen Ereignisses: Bei Befristungen ist gewiss, dass das Ereignis eintreten wird, während bei Bedingungen ungewiss ist, ob das Ereignis eintreten wird.

(2) Probleme der Erlebensbedingung Problematisch wird es aber schon, wenn die Beziehung zwischen Bedingung und Befristung näher betrachtet wird. Die Bedingung soll nämlich begrifflich die Befristung miterfassen, 97 weil in der aufschiebenden Bedingung die Setzung eines Anfangstermins, in der auflösenden Bedingung die Setzung eines Endtermins zu sehen sei. 98 Und unklar wird es, wenn das Ereignis „Tod des Verfügenden“ als Befristung oder Bedingung in den Blick genommen wird. Hierüber ist immer wieder (sowohl in der älteren als auch in der neueren Literatur) zu lesen, der Tod eines Menschen könne nicht Bedingung sein, weil er gewiss sei. 99 Sie ist nur scheinbar und formal, nicht aber im Hinblick auf die Erlebensbedingung richtig, wie die folgenden Betrachtungen zeigen sollen. Einerseits ist es unrichtig, bei der Erlebensbedingung davon auszugehen, dass der Tod des Verfügenden allein die Bedingung für die Wirksamkeit der Verfügung von Todes wegen sei. Wäre das der Fall, dann wäre Hübner und Medicus Recht zu geben. Tatsächlich aber liegt das Problem eine Stufe tiefer. Wenn zwei Parteien vereinbaren, dass in der Person des Erwerbers ein Recht dann entstehen soll, wenn der Verfügende stirbt, dann setzen sie nicht nur voraus, dass der Verfügende sterben wird, sondern auch – und das ist entscheidend –, dass der Erwerber seinerseits dieses künftige Ereignis erleben 94

95 96 97 98 99

Vgl. wieder MEDICUS, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 828; L ARENZ/WOLF, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 914; MünchKomm-BGB/WESTERMANN, § 158 Rdnr. 8. L ARENZ/WOLF, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 914. MEDICUS, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 828. Deswegen ist es erlaubt, dass § 163 BGB die §§ 158, 160, 161 BGB für entsprechend anwendbar erklärt. L ARENZ/WOLF, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 928. MEDICUS, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 828. Demnach stimmt Medicus mit Hübner überein.

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wird,100 was keineswegs sicher ist, da er seinerseits vor dem Verfügenden sterben kann. Hieraus folgt, dass der Berechtigte, der auf den Eintritt einer Erlebensbedingung wartet, nichts von seiner eventuellen Berechtigung auf seine Erben vererbt, wenn er vor dem Verfügenden stirbt. Dieses Problem lässt sich durch eine Ersatzanordnung für den Fall des Vorversterbens des Bedachten umgehen. Es ist mithin geboten, bei der Erlebensbedingung tatsächlich davon auszugehen, dass ein echter dies incertus an die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts herbeiführen soll. Dieser dies incertus an ist aber nicht der Tod des Verfügenden, welcher immer certus an ist, 101 sondern dieser dies incertus an ist die Tatsache, dass der Erwerber den Tod des Verfügenden seinerseits erleben wird.102 Das folgt für das geltende Recht schon aus § 2301 Abs. 1 BGB. 103 Bei Larenz/Wolf findet sich andererseits folgendes Beispiel: Verspreche A dem B eine Schenkung auf den noch fernen Tag des 100. Geburtstags des B, so würden beide es als sehr zweifelhaft ansehen, ob B diesen Tag noch erleben werde; also handele es sich dann um eine Bedingung. Anders sei es, wenn das Versprechen wenige Tage vor dem 100. Geburtstag des B angegeben werde und es beide als gewiss ansähen, dass B ihn erleben würde. Dann liege eine Befristung näher. Ebenso sei es, wenn das Versprechen, sei es auch länger vorher, für den 30. oder 40. Geburtstag des B abgegeben werde und die Parteien nicht ernstlich bezweifelten, dass er diesen Tag erleben würde.104 Das scheint richtig zu sein, trotzdem sind wir mitten im Problem, bei dem die Regel dies certus an, sed incertus quando (für die Befristung) und dies incertus an, sed certus/incertus quando (für die Bedingung) als Auslegungsregel versagt. An den objektiven Bezugspunkten in allen drei Situationen ändert sich nichts dadurch, dass B einmal seinem Geburtstag näher und ein 105 andermal demselben ferner steht. Dieser Geburtstag wird eintreten oder nicht und es spielt keine Rolle, ob es sich um einen noch fern oder schon nahe liegenden Geburtstag handelt. Weder A noch B haben es in der Hand, dass B einen beliebigen Geburtstag tatsächlich erlebt. Ebenso liegt es auch, wenn es nicht um einen Geburtstag des Begünstigten geht, sondern um den 100

101 102 103 104 105

So richtig z. B. FÖRSTER/E CCIUS, Preußisches Privatrecht IV, S. 305: „Die rechtliche Wirkung des Geschäftes soll und kann erst nach dem Tode eintreten und ist neben dem Tode des Verfügenden noch von dem Überleben des Berechtigten abhängig. “ So aber NONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 49 bei der Betrachtung des merowingischen Formulars Markulf II, 17: „dies incertus (Tod des Erblassers) “. Richtig z. B. HELLWIG, Die Verträge auf Leistungen an Dritte, S. 595 zur Schenkung von Todes wegen. LIEBS, in: STÜRNER (Hrsg.), Festschrift für Dieter Leipold, S. 1013 Fn. 1. L ARENZ/WOLF, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 928 (ebenso in der 8. Aufl. 1997, dort S. 963). In diesem Sinne und kritisch zu Larenz/Wolfs Beispiel auch L IEBS, in: STÜRNER (Hrsg.), Festschrift für Dieter Leipold, S. 1013 Fn. 1.

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Tod des Verfügenden. Auch hier ändert sich objektiv nichts dadurch, dass der Verfügende dem Tod einmal näher, ein andermal ferner ist. Und dennoch ist es richtig, zwei Situationen zu unterscheiden, in denen der Verfügende einmal erklärt, Hans solle erhalten, was er sterbend hinterlasse oder ein andermal sterbend erklärt, Hans solle Eigentümer seines Grundstückes und Peter Eigentümer seines Pferdes werden. In methodischer Hinsicht zeigt sich außerdem, dass die Überlegung, ein zeitlich ferner liegendes Ereignis spreche eher für eine Bedingung, ein näher liegendes eher für eine Befristung, bei dem hier zu untersuchenden Quellenmaterial, insbesondere den Gerichtsbüchern ein ungenaues Messinstrument abgäbe. Den meisten Quellen lässt sich nur in den seltensten Ausnahmefällen aufgrund von Indizien oder aufgrund von Vergleichen mit anderen, die Parteien des Rechtsgeschäfts gleichfalls betreffenden Rechtsgeschäften Anhaltspunkte für das Alter der Parteien und den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts entnehmen. Entscheidend für die Frage, ob der Tod des Verfügenden als Bedingung oder als Befristung angesehen werden kann, ist daher nicht die eventuelle Nähe, in der sich der Verfügende zu seinem (vermuteten) Todeszeitpunkt befindet. Entscheidend sein kann einerseits nur die richtige Umschreibung des Ereignisses, an das die Rechtsfolge (meist die Neuzuordnung einer Sache) geknüpft wird, andererseits die Vorstellung der Parteien davon, welche Wirkungen das künftige Ereignis auf die Rechtsposition des Erwerbers hat und schließlich welche Rechtsposition der Erwerber schon vor dem Eintritt des Ereignisses erlangt. Die Prüfung dieser drei Kriterien ist in jedem einzelnen Fall des Quellenmaterials anzustellen und hier angestellt worden – zwangsläufig erhält daher die Darstellung eben dieses Quellenmaterials eine gewisse, jedoch nicht zu vermeidende Breite. Doch sei das dritte abstrakte Kriterium hier noch etwas genauer betrachtet. Es ist in den meisten Fällen das entscheidende.

(3) Rechtsmacht des Erwerbers Entweder kann der Eintritt eines bestimmten Ereignisses ganz in die Hand des Erwerbers gelegt werden. In diesem Fall verbleibt dem Verfügenden bis zum Eintritt der Bedingung nur eine Hülse seines bisherigen Rechts. Aus dem geltenden Recht ist das prominenteste Beispiel hierfür der Eigentumsvorbehalt beim Abzahlungskauf. Der Erwerber wird, sobald er seine Gegenleistung vollständig bewirkt hat, ohne weiteres Zutun des Verfügenden Inhaber des Vollrechts. Es hat sich in dieser Situation eingebürgert, die Position des Erwerbers als ein sogenanntes wesensgleiches minus des Vollrechts zu bezeichnen. Ungeachtet der wieder begrifflichen Streitfrage, ob damit rechtliche Klärung gewonnen werden kann, ist es notwendig, dass der Verfügende im Zeitraum der Schwebe daran gehindert sein muss, den Eintritt des Erfolges, den Erwerb des Rechts durch den Erwerber, durch eine abredewidrige Verfügung,

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die er kraft seiner Noch-Inhaberschaft an sich vornehmen könnte, zu vereiteln, bzw. dass der Verfügende wegen einer solchen abredewidrigen Beeinträchtigung der Rechtsposition des Erwerbers diesem gegenüber zum Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verpflichtet ist. 106 Dass diese Situation sich von der Sofortübertragung tatsächlich nur wenig unterscheidet, führt dazu, der Verfügung hier ebenfalls wie im Ausgangsfall der unbedingten Übertragung sachenrechtliche Wirkung zu attestieren. Ein solcher Problemaufriss ist nicht auf das geltende Recht beschränkt. Er weist ein ubiquitäres, zeitunabhängiges Grundmuster auf, wie die folgenden Beispiele zeigen. Die identische Situation – nämlich die Herbeiführung des rechtlichen Erfolges durch das Handeln des Erwerbers allein – liegt vor, wenn Verfügender und Erwerber vereinbaren, dass der Erwerber das volle Recht am Verfügungsgegenstand dann erlangen soll, wenn er eine wichtige Prüfung erfolgreich besteht, wenn er (eine bestimmte Person) heiratet (oder diese Person nicht heiratet oder auch wenn er überhaupt nicht wieder heiratet), wenn er Abkömmlinge zeugt oder gebiert, 107 wenn er sich mit seinen Geschwistern vergleicht, wenn er erklärt, auf ein bestimmtes, ihm zustehendes Recht zu verzichten oder wenn er schließlich einen bestimmten Beruf ergreift oder in ein Kloster eintritt. Solche Situationen kamen auch im Früh-, Hoch- und Spätmittelalter vor. Sie setzen gedanklich nur voraus, dass erstens Sachen überhaupt neu zugeordnet werden können und dass zweitens der Erwerber selbst es ist, der die Zuordnung herbeiführt. Angesichts des massenhaften Vorkommens solcher Situationen in den Urkunden und den Schöffen- und Gerichtsbüchern ist anzunehmen, dass dieser gedankliche Abstraktionsgrad eine Konstante des europäischen Denkens spätestens seit schriftlicher Zeit ist.

(4) Verwandte Situationen Alle diese Situationen sind gekennzeichnet von einem einheitlichen Charakteristikum – nämlich der Tatsache, dass der Verfügende zu jedem möglichen Zeitpunkt damit rechnen muss, die Sache oder Sachgesamtheit an den Erwerber zu verlieren. Weitere und spätere Dispositionen des Verfügenden über den Verfügungsgegenstand werden allein hierdurch zu Verfügungen, die das an sich jederzeit verwirklichbare Recht des Erwerbers beeinträchtigen und die deswegen nach der gemeinsamen Vorstellung der Parteien bei Vornahme der Verfügung und bei Auswahl der speziellen Bedingung in der Zukunft ausgeschlossen sein sollen. Dies – und nicht die Frage ob ein dies certus an, sed incertus quando vorliegt – ist für die rechtliche Einordnung des künftigen Ereignisses entscheidend.

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Dem dienen heute §§ 160, 161, 162 BGB. Es versteht sich, dass es besonders diese Fallgestaltung ist, die auch die mittelalterlichen Quellen in reicher Menge bieten.

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Eine ähnliche Situation liegt schließlich auch dann vor, wenn der Erwerber den Eintritt des bedingenden Ereignisses zwar nicht vollständig selbst in der allein durch seinen Willen gesteuerten Hand hat, der Eintritt des Ereignisses aber mit einem Merkmal seiner Person verbunden ist, mit dessen Eintritt Verfügender und Erwerber mit Sicherheit rechnen und das dem Recht des Verfügenden eine gleichermaßen von ihm unbeherrschbare Grenze setzt wie die eben genannten Beispiele. Die Rede ist von Verfügungen, die dadurch bedingt werden, dass der Erwerber beispielsweise eine bestimmte Altersgrenze erreicht. Insofern eignet sich das Beispiel von Larenz/Wolf dazu zu zeigen, dass in allen drei dort genannten Fällen eine Befristung vorliegt – egal wie weit der Geburtstag B’s in der Zukunft liegt. Das geschilderte gemeinsame Charakteristikum solcher künftiger Ereignisse führt dazu, solchermaßen bedingte Verfügungen als aufschiebend bedingt zu bezeichnen. Bei der aufschiebenden Bedingung aber handelt es sich in solchen Fällen um eine Befristung. Solche Verfügungen – gleich zu welchem historischen Zeitpunkt sie vorgenommen wurden – können deshalb als betagte Verfügungen bezeichnet werden. Um Erlebensbedingungen handelt es sich nicht.

2. Weitere Charakteristika der Erlebensbedingung Am gegenüber liegenden Ende der vorstellbaren Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten steht die völlige Dispositionsfreiheit des Verfügenden über sein gesamtes Vermögen bis zum Eintritt der Bedingung, der hier dergestalt ganz in der Hand des Verfügenden liegt, dass der Erwerber bei Eintritt des Ereignisses zwar eine Rechtsposition erlangt, diese Rechtsposition aber wirtschaftlich ganz ausgehöhlt sein kann. Es heißt dem Erwerber dann (juristische) Steine statt (wirtschaftliches) Brot zu geben, wenn erwogen wird, sein Recht als Erwerber beispielsweise eines Nachlasses sei durch die wirtschaftliche Aushöhlung des Nachlasses bzw. durch die Überschuldung desselben durch den Verfügenden zu dessen Lebzeiten nicht beeinträchtigt, er erhalte ja den (wenn auch wertlosen) Nachlass.

(1) Verfügungen in Risikosituationen Als ein wieder historisch zeitunabhängiges Ausgangsbeispiel ist etwa Fall zu nennen, dass der Verfügende bestimmt, dass der Erwerber ein stimmtes Recht erhalten soll, wenn er den Tod des Verfügenden in einer stimmten gefährlichen Situation, 108 in die dieser sich begeben oder nicht 108

der bebebe-

Vgl. auch Inst. 2, 7 § 1 S. 3 u. 4. Dazu LIEBS, in: STÜRNER (Hrsg.), Festschrift für Dieter Leipold, S. 1013, 1014.

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geben wird, erlebt. Solche Vereinbarungen bieten sich an, wenn der Verfügende an einem Kriegs- oder einem Kreuzzug teilzunehmen oder eine Pilgerreise (im Untersuchungsgebiet und -zeitraum meist entweder nach Rom oder nach Aachen) beabsichtigt. Beide, Verfügender und Erwerber, gehen dann bei Vornahme der Verfügung und bei der Auswahl der entsprechenden Bedingung davon aus, dass der Verfügende solange vollständig Herr des Verfügungsgegenstandes bleiben soll, wie das Ereignis nicht eintritt. 109 Das zeigt sich an den in diesen Fällen regelmäßig auftauchenden Klauseln, wonach der Verfügende bei seiner wohlbehaltenen Rückkehr (wieder) vollständig Herr des Verfügungsgegenstandes sein will. Schönfeld hat festgehalten, dass jedes beliebige Urkundenbuch hierfür Belege in Hülle und Fülle biete.110 Wie der Aufbruch zu einer Pilgerreise bietet auch eine Krankheit, anlässlich derer der Verfügende über sein bevorstehendes Ende nachdenkt, eine entsprechende Motivation.

(2) Verfügungen „nach dem Tod“ oder „nach dem Leben“ Die gleiche Situation besteht – einfacher – aber auch dann, wenn Verfügender und Erwerber ungestört von solchen nahe bevorstehenden Ereignissen in der Person des Verfügenden aus anderen Gründen vereinbaren, dass die Neuzuordnung der Sache zum Vermögen des Erwerbers dann eintreten soll, wenn der Erwerber den Verfügenden überlebt oder wenn sich der Verfügende ausdrücklich vorbehält, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Erwerber ungestört über den Verfügungsgegenstand verfügen zu dürfen. Über solche Wege wird immer nachgedacht, wenn der Verfügende die Sache einerseits unbeschränkt behalten will, solange er lebt,111 andererseits aber nicht durch einen plötzlichen Tod von einer Begünstigung des Erwerbers abgehalten werden will. a) In den Quellen, insbesondere in den Stadt-, Schöffen- und Gerichtsbüchern, wird diese Bedingung in die Worte „nach seinem Tod, nach seinem Leben, 109

110 111

Dem widerspricht es nicht, wenn eine solche Anordnung vorsieht, dass der potentielle Erwerber für die Zeit der Abwesenheit des Verfügenden die Rechtsmacht erhält, über die von Todes wegen zugewendete Sache verfügen zu dürfen. Solange der Verfügende lebt und zurückkehrt, ist der Erwerber dann lediglich Vertreter des Verfügenden. S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 267. Es gibt dafür gute Beispiele. So verweist z. B. ADERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 23 auf mehrere (erlebensbedingte) Verfügungen in Köln, in denen der Verfügende, vom schlechten Gewissen darüber geplagt, dass er in der Vergangenheit andere um das ihnen zustehende Geld geprellt habe, über eben diese Summe zugunsten der Kirche verfügt (sicher in der Hoffnung auf Absolution nach dem Grundsatz peccatum non dimittitur, nisi restituitur ablatum) – dies aber eben unter Erlebensbedingung, so dass er das unverdiente Geld auf Lebenszeit behalten, seinen Erben damit be- und sein Gewissen entlasten kann.

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nach seinem Abgang“ (das alles entweder lateinisch oder in unterschiedlichen deutschen Sprech- und Schreibweisen) gekleidet. Es gibt in den einzelnen Quellensammlungen wahrscheinlich in die Zehntausende gehende Rechtsgeschäfte, in denen keine andere Bedingung beurkundet ist als eben der Übergang des Verfügungsgegenstandes „nach dem Tod “ – post mortem/obitum/ discessum – des Verfügenden.112 Diese Geschäfte bilden die rechtstatsächliche Basis, auf der eine das jeweilige Quellenmaterial abbildende Systematik und die wiederum darauf fußende Auslegung der einzelnen Bedingungen aufbauen kann. Es ist demgegenüber unzulässig, Rechtsgeschäfte, in denen nicht mehr beurkundet ist als dies, mit urkundlichen Belegen zu illustrieren, in denen der „nach seinem Tod “-Klausel noch nähere Spezifizierungen beigegeben sind, die erkennen lassen, dass von der Normalsituation abgewichen worden und dem Erwerber bereits zu Lebzeiten des Verfügenden ein dingliches Recht zugewendet worden ist. 113 Auf diese Weise lässt sich jede Urkunde mit einer anderen Urkunde entkräften. Das heißt nicht, dass die näheren Spezifizierungen ohne Aufschluss seien. Das Gegenteil ist der Fall. Entscheidend kann es sein, wenn einer post mortem-Klausel hinzugefügt wird, dass der Verfügende, solange er selbst lebt, vollständig frei über den Verfügungsgegenstand bestimmen will – dass er „der Sache Herr sein will“ 114 oder aber, dass er die Sache nur mehr nutzen wolle. Freilich ist es geboten, jede einzelne gegenständliche Verfügung dahingehend zu überprüfen, ob nicht beispielsweise eine Befristung oder eine sofort wirksame Verfügung mit Nießbrauchsvorbehalt angeordnet sein könnte.115 Auf diese Weise ergibt sich ein breit gefächertes System an Möglichkeiten. Gegen diese Methode der Einzelfallprüfung sollte nicht eingewendet werden, sie sei dem Vorwurf der Unterscheidung nach zufälligen, sprachlichen Verschiedenheiten ausgesetzt.116 Dieser Einwand bestreitet, dass die vorkommenden sprachlichen Unterschiede eine sachliche Grundlage in der Motivation der seinerzeit handelnden Parteien hatten und damit rechtlich erheblich waren. Soweit sollte aus Rechtsgründen nicht gegangen werden.

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Vgl. dazu die Erhebungen in den kölnischen und sächsischen Schöffenbüchern. So aber beispielsweise S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 271. Für diese Fälle war z. B. Schönfeld im Unterschied zur seinerseits h. M. bereit, eine echte Erlebensbedingung und damit eine Verfügung von Todes wegen zu akzeptieren; vgl. DENS., in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 288-290. Zuzustimmen ist ihm, wenn er hieraus auf S. 294 folgert, dass in so bedingten Verfügungen mit Händen zu greifen sei, wie die alte Vergabung von Todes wegen verblasst und dem Erbvertrag einer- und dem Testament andererseits das Feld geräumt habe. Zu den Einzelheiten vgl. die einzelnen Quellenstudien. So S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 273.

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b) Es heißt nur einen scheinbaren Widerspruch aufdecken, wenn gegen die Qualifizierung der post mortem-Klausel als Erlebensbedingung eingewandt wird, den eigenen Tod habe niemand (der sich nicht selbst entleibt) in der eigenen Hand. Diese Überlegung bleibt, wie schon angedeutet wurde, bei der Charakterisierung der Erlebensbedingung auf der vorletzten Stufe stehen. Rudolf Hübner ist gleichwohl aufgrund dieser Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass die Erlebensbedingung als Befristung aufzufassen sei, der Tod des Schenkers sei ja schließlich ein dies certus an, incertus quando. Das bewirke, dass eine an das Überleben des Erwerbers geknüpfte Verfügung nicht in dem gleichen Grade in der Schwebe sei, wie ein eigentlich bedingtes Rechtsgeschäft.117 So kommt er zu dem Ergebnis, dass die donatio post obitum bei Vornahme an sich schon vollzogen118 – und damit wirksam sei. c) Nach meinem Dafürhalten ist das Gegenteil der Fall: Der Verfügende behält sein Recht solange in der Hand, wie er irgend kann, nämlich solange er lebt. Er kann die Sache dem potentiellen Erwerber solange auch entziehen, ohne dass dieser hiergegen etwas unternehmen könnte. Es ist zu kurz gegriffen, den Tod als Befristung zu verstehen, denn für den Erwerber ist diese Lage doppelt misslich: Erstens besteht das Risiko, dass die Sache bei Eintritt der Bedingung im Vermögen des Verfügenden nicht mehr vorhanden ist und zweitens besteht für ihn die Gefahr, dass er selbst den Eintritt der Bedingung nicht mehr erlebt, weil er vor dem Verfügenden verstirbt. Hübner hat zur Stützung seiner Bezeichnung der Erlebensbedingung als einer Befristung noch darauf hingewiesen, dass die donatio post obitum im deutschen Recht ihre eigentümliche Ausbildung besonders bei Gelegenheit der zahlreichen Schenkungen an die Kirche erhalten habe; die Kirche als solche aber, oder die einzelne begünstigte kirchliche Anstalt, sei unsterblich gewesen, es sei hier nicht denkbar gewesen, dass der Schenker den Beschenkten überlebte119 – mit anderen Worten: die zweite beschriebene Gefahr habe nicht existiert. Auch diese Überlegung dürfte nicht zutreffen. Es ist zwar richtig, dass das Mittelalter eine große Zahl von Verfügungen zugunsten der Kirche kannte. Hierauf aber lässt sich keine Systematik aufbauen, und zwar aus dreierlei Gründen: Erstens ist diese Überlieferung zugunsten der Kirchen selektiv, sie bildet den Rechtsverkehr unter Laien nicht ab.120 Zweitens beinhalten v. a. die sächsischen, aber auch die rheinischen Massenquellen Verfügungen zugunsten der Kirche, die vor dem weltlichen Schöffen- oder Stadtgericht vorgenommen 117 118 119

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H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 16 f. H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 17. H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 17. Dass Hübner hier geirrt haben dürfte, folgt daraus, dass Klöster auch während des Mittelalters aufgelöst werden konnten. Wer sich nur auf Klosterbücher stützt, wird dort nur Verfügungen zugunsten der Kirche finden.

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worden sind. Verfügungen zugunsten der Kirche haben – wird die Quellenbasis nur genügend verbreitert – also mitnichten eine Sonderbehandlung erfahren. Mehr noch: der Anspruch der Kirche auf die Gerichtsbarkeit über Verfügungen zu ihren Gunsten wurde zumindest im Geltungsgebiet des Ssp nicht vollständig anerkannt bzw. sogar ausdrücklich zurückgewiesen.121 Drittens finden sich massenhaft gegenständliche Verfügungen unter Erlebensbedingung in der Schöffenbuchüberlieferung der freiwilligen Gerichtsbarkeit unter natürlichen (also sterblichen) Personen, die keine Kleriker waren, sobald sie einsetzt.122 Der dort beurkundete Privatrechtsverkehr kannte die Gefahr des Versterbens des Erwerbers vor dem Verfügenden also. Die in diesen Quellen überlieferten Verfügungen unter Erlebensbedingung zugunsten der Kirche oder einer kirchlichen Anstalt unterschieden sich nicht von Verfügungen unter Erlebensbedingung zugunsten von Laien bzw. Privaten. Diese beiden auch für den mittelalterlichen Erwerber bestehenden Risiken unterscheiden die Erlebensbedingung von der Befristung. Eine derart – nach sime tode, nach sime live, post obitum/mortem eius, geit her ave etc. – bedingte Verfügung wird hier123 beschrieben als erlebensbedingte Verfügung oder als Verfügung von Todes wegen. 124 Der Erwerb vollzog sich hier aus kalter Hand. Welche Rechte der Begünstigende aus solcherart bedingten Verfügungen erwarb, wird die Untersuchung zeigen.125

(3) Verfügungen mit Verfügungsvorbehalt a) Häufig ist in den Quellen (insbesondere in den hoch- und spätmittelalterlichen Schöffenbüchern) die Verfügung dergestalt konkretisiert, dass zwar eine post mortem-Klausel fehlt, dass dafür aber zugunsten des Verfügenden ein Herrschaftsvorbehalt über den Verfügungsgegenstand aufgenommen ist, der den Verfügenden für die Dauer seines Lebens berechtigt, nach Gutdünken mit der Sache zu verfahren. Solche Vorbehalte kommen in unterschiedlicher Ausgestaltung vor – manchmal werden bestimmte Handlungen untersagt (verkaufen oder verpfänden), oft wird nur eine Nutznießung erlaubt, 126 ganz oft wird einfach angeordnet, der Verfügende wolle, solange er lebe, selue herre sin. 127 121

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Vgl. die Angaben bei SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 101 f. (die ich nur unterstützen kann) und die in dieser Untersuchung behandelten Einzelquellen im Text und im Anhang. Vgl. dazu die Einzelbelege aus den Schöffenbüchern. Ebenso SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 100 und VISMARA, Storia dei patti successori, S. 3, 746 u. ö. Ähnlich jetzt auch B RUNSCH, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 651, 652. S. etwa Kapitel 6, III, 1 (2). Dieser auch hier so genannte Nießbrauchsvorbehalt konnte freilich keine Möglichkeit für den Zuwendenden sein, nach Vornahme der Verfügung noch anderweit über den Zuwendungsgegenstand zu verfügen. Vgl. dazu unten die einzelnen systematischen Gruppen.

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Solche Vorbehalte ermöglichen meist sehr gut die Charakterisierung einer Verfügung entweder als Verfügung von Todes wegen oder als Verfügung unter Lebenden. Die Vielzahl der einzelnen Vorbehalte führt aber jedenfalls für die Formulierung, mit der dem Verfügenden die volle Verfügungsgewalt verbleiben sollte, zu dem Schluss, dass hier eine echte Erlebensbedingung vorliegt. 128 Müßig meint sogar, in diesen Verfügungsvorbehalten eine Widerrufsmöglichkeit für den Verfügenden zu erblicken. 129 Angesichts der rechtstatsächlichen Quellen möchte ich das ein wenig einschränken: Der hier so bezeichnete Verfügungsvorbehalt sollte es nach meinem Erachten nicht bezwecken, die vorgenommene Verfügung (von Todes wegen) durch einseitiges Handeln des Verfügenden wieder zu beseitigen – was doch gemeinhin mit dem Widerruf verbunden wird; vielmehr dürfte es darum gegangen sein, dem Begünstigten zu verdeutlichen, dass er aufgrund der so bedingten Verfügung eben nicht mehr erhalten konnte als das, was zum Zeitpunkt des Todes des Verfügenden in dessen Nachlass (noch) vorhanden sein wird. War Nachlass vorhanden, erhielt ihn der Begünstigte aus kalter Hand, war keiner vorhanden, erhielt er nichts. Dafür musste der Verfügende aber nicht seine Verfügung widerrufen.130 Im Gegenteil: Eine Rechtsordnung, die Verfügungen mit Verfügungsvorbehalten der beschriebenen Art kennt, kann vorsehen, dass der Begünstigte bei einer Verfügung ohne Verfügungsvorbehalt die Möglichkeit erhielt, eine weitere Verfügung, die sein Recht beeinträchtigte, durch seinen Widerspruch nachträglich zu beseitigen. Diesen Schritt, der nicht den erbrechtlichen Charakter einer Verfügung unter Erlebensbedingung vernichtet, sondern aus der Tatsache der Zweiseitigkeit der Verfügung131 folgt, hat das Magdeburger Stadtrecht vollzogen, wie in Kapitel 6 zu zeigen sein wird. b) In der älteren Literatur wurde demgegenüber mitunter versucht, auch diesen vollen Verfügungsvorbehalt so umzudeuten, dass der vermeintlich sachenrechtliche Charakter der Verfügung erhalten blieb. Dies halte ich für eine Fehldeutung der Quellen. Robert Müller z. B. führte aus, dass in solchen Fällen eine auflösend bedingte Eigentumsübertragung vorgelegen habe: Wenn der Verfügende von seinem vorbehaltenen Herrschaftsrecht Gebrauch gemacht habe, so sei das Rechtsgeschäft aufgelöst worden und der Bedachte habe nichts erhalten. 132 Nun soll hier nicht vertreten werden, dass die auflösend bedingte Übereignung gar nicht denkbar sei oder dass sie jedenfalls im Mittelalter nicht 128 129 130 131 132

So auch B RUNSCH, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 651, 658 f. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 98. Von „Aushöhlungsnichtigkeit “ und „Schenkungen mit Beeinträchtigungsabsicht “ berichten die hier untersuchten Quellen nicht. S. dazu noch unten 4 (Vertragsstruktur als Verfügungsbeschränkung?). MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73, 83.

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Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

möglich gewesen sei.133 Möglich ist sie ja immerhin nach geltendem Recht bei Mobilien, während sie, ebenso wie die aufschiebend bedingte bei Immobilien, durch § 925 Abs. 2 BGB zwingend verhindert wird.134 Die Frage ist vielmehr im Schnittpunkt zwischen Pfandrecht und Sicherungsübereignung angesiedelt, ein Standort, der deutlich macht, dass die hier gegenständlichen Verfügungen hiervon unterschieden werden müssen. Die mittelalterlichen rechtstatsächlichen Quellen lassen nämlich in ihren unterschiedlichen Formulierungen klar erkennen, wann eine Verpfändung bzw. wann eine als endgültig avisierte Verfügung (unter Lebenden oder von Todes wegen) vorgelegen hat. 135 Es kann zwar nicht schon allein aus der heute allgemeinen Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung136 von Immobilien heraus argumentiert werden, dies müsse notwendigerweise schon im mittelalterlichen Rechtsleben so gewesen sein – wenn es dafür keinen entsprechenden Quellenbeleg gibt. 137 Aber gerade um Immobilien geht es in den meisten Fällen, die hier untersucht worden sind und die diese Vorbehalte aufweisen. Unverständlich erscheint es aber, dass auflösend bedingte Übereignungen, die schon dem geltenden Recht138 bei Immobilien widersprechen, für das Mittelalter gedacht werden konnten. Darüber hinaus dürfte ein solcher Gedanke damals lebensfremd gewesen sein: Er hätte nämlich einerseits die freie Widerruflichkeit einer nach

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Diese Figur wird benutzt, um den im Mittelalter typischen Kauf auf Wiederkauf mit moderner Terminologie zu erklären; vgl. nur PLANITZ, Deutsches Privatrecht, S. 93 f.; HÜBNER, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, S. 404. Soll das Eigentum unter einer auflösenden Bedingung oder bis zu einem Endtermin übertragen werden, so kann nur eine unbedingte oder unbetagte Auflassung mit der Folge unbeschränkter Eigentumsübertragung auf den Erwerber erteilt werden: RGRK, 12. Aufl., §§ 925, 925 a Rdnr. 76. Die Verpfändungen sind in den Stadt- und Schöffenbüchern sehr häufig als „Setzungen “, oft mit Einlösungsbefugnis zu erkennen (n. n. hat gesat n. n. sinen hof etc.); vgl. die Erläuterung bei H ÜBNER, Deutsches Privatrecht, S. 404-413. In den Schöffenbüchern von Halle wurden sie neben den hier gegenständlichen Verfügungen mitgezählt, aus der Gesamterfassung aber wieder ausgeschieden. In anderen Schöffen- und Stadtbüchern (Aken, Zerbst) wurden die Verpfändungen dann nicht mehr mitgezählt. Die Auflassung des BGB ist nicht die Auflassung (körperliche, symbolische oder gerichtsförmige investitura) des mittelalterlichen Rechts; vgl. O GRIS, Art. Auflassung, in: CORDES/LÜCK, HRG2 I (2005), Sp. 339-341, sondern entspricht als Einigung der oben dargestellten fuoga bzw. sala. Die leges scriptae enthalten solche Vorschriften nicht. Daneben auch dem römischen: Papinian im 28. Buch seiner quaestiones – D 50, 17, 77: Actus legitimi, qui non recipiunt diem vel condicionem, veluti emancipatio, acceptilatio, hereditatis aditio, servi adoptio, datio tutoris, in totum vitiantur per temporis vel condicionis adiectionem. Demnach war die mancipatio – die förmliche Übertragung (auch beweglicher Sachen) bedingungsfeindlich.

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dieser Theorie selbst bereits vollzogenen Übereignung139 und andererseits einander widersprechende Verfügungen des Erwerbers und des Verfügenden über dieselbe Sache ermöglicht. Insbesondere letzteres verdeutlicht, dass eine solche Überlegung Probleme140 evoziert – Probleme überdies, die noch zu Lebzeiten des Verfügenden virulent werden können. Sollten die Schöffen, die solche Vorbehalte massenhaft in ihre Bücher141 eintragen ließen, so wirklichkeitsblind gewesen sein? Wer gemäß den obigen Überlegungen also davon ausgehen will, dass schon im Mittelalter Immobilien nicht unter auflösenden Bedingungen übereignet werden konnten, dem bleibt nur ein Ausweg: Bei den betreffenden Rechtsgeschäften handelte es sich nicht um sachenrechtliche Übereignungen, sondern um echte Verfügungen von Todes wegen, mit denen nichts sofort übertragen wurde. Mit Vornahme der Verfügung ist in keinem Falle eine sachenrechtlich zu beschreibende Rechtsposition auf den Erwerber übergegangen. Gerade an den Verfügungen mit Verfügungsvorbehalt zeigt sich demnach, wie brüchig die Theorie von der sofortigen sachenrechtlichen Wirkung der hier untersuchten Verfügungen im Mittelalter ist. c) Schließlich sind noch Fälle zu bedenken, in denen eine post mortemKlausel kombiniert wurde mit sachenrechtlichen Verfügungsvorbehalten.142 Die Tatsache, dass solche Fälle mit sachenrechtlicher Beimischung vorkamen, verhindert es nicht, dass jedenfalls die übrigen Fälle, denen die sachenrechtliche Beimischung fehlte, als „erbrechtlich“ zu klassifizieren. Im Übrigen ist es vertretbar, auch die kombinierten Fälle als „erbrechtlich“ zu bezeichnen. Es ist darauf hingewiesen worden, dass sich der Umstand, ob eine Verfügung in ihrer Wirksamkeit davon abhängig sein sollte, ob der Begünstigte den Zuwendenden überlebte, in dem hier ausgewerteten Tatsachenmaterial zunächst an der einfachen post mortem-Klausel ablesen lässt. 143 Erlebensbedingtheit lässt sich aber auch daran erkennen, dass der Zuwendende sich durch einen Vorbehalt die Möglichkeit sicherte, nach der Verfügung weiter und anderwärts über den Zuwendungsgegenstand zu disponieren. Und 139

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Was einen m. E. nicht haltbaren Bruch in der Argumentation darstellt, die doch davon ausgeht, dass der Verfügende im Interesse anderer eben nicht habe frei verfügen können. Müllers These von der auflösend bedingten Übereignung desavouiert die eigene Voraussetzung quasi durch die Hintertür. Ist der Bedachte nach Ausübung des Vorbehalts ein nicht mehr berechtigter Besitzer und eventuell vor Ausübung des Vorbehalts bei einer diesem widersprechenden Verfügung ein nicht so berechtigter Besitzer? – Diese (nicht kontextualisierten) Fragen sollen nur andeuten, wozu diese Ansicht führen müsste. Vgl. die einzelnen Nachweise in den einzelnen, den Rechtstatsachen gewidmeten Abschnitten dieser Untersuchung, unten Kap. 4 und 6, Anhang. Auch solche Kombinationen kamen in den untersuchten Schöffenbüchern häufig vor; s. unten Kap. 4 und 6, Anhang. Die Begründung dafür ist oben gegeben worden.

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schließlich kann auch der Verfügungsgegenstand ein Indiz dafür sein,144 dass eine Verfügung von Todes wegen vorliegt. Leicht ist es, sich diese unterschiedlichen Indikatoren kombiniert vorzustellen: Eine post mortem-Klausel kombiniert mit einem umfassenden Verfügungsvorbehalt, das ganze bei einer Verfügung über das künftige Vermögen. Tatsächlich kamen solche Kombinationen vor. Sollte sich hieraus nicht folgern lassen dürfen, dass zwischen einer solchen Verfügung und einer Verfügung, bei der nur eine post mortemKlausel anzutreffen ist, rechtlich differenziert wurde? Und worin, wenn nicht vorderhand in der Frage der Wirksamkeit, könnte eine solche Differenzierungsmöglichkeit gefunden werden? Möglich ist die Annahme, ein Geschäft, mit dem der Verfügende dem Begünstigten eine Sache nach sime libe aber ohne Verfügungsvorbehalt zuwendete, müsse den Verfügenden mehr gebunden haben als ein Geschäft mit Verfügungsvorbehalt, und diese verstärkte Bindung müsse zwangsläufig darin gelegen haben, dass der Begünstigte ein sofortiges Recht an der zuzuwendenden Sache erhalten habe. Gegen diesen Schluss sprechen zwei Argumente. Erstens wäre zu überlegen, ob sich ein negatives Ergebnis zur Verfügungsfreiheit einstellen würde, wenn nur die Verfügungen mit post mortem-Klausel plus Verfügungsvorbehalt als Verfügungen von Todes wegen angesehen würden. Das ist nicht der Fall: Alle untersuchten Quellenbestände kennen solche Geschäfte, und zwar nicht erst gegen Ende des Untersuchungszeitraums, sondern gleich bei Einsetzen der Quelle. Die Übersichtstabelle weist es aus. Zwar wären Verfügungen von Todes wegen dann nicht besonders häufig vorgekommen, verneint werden könnte ihre Existenz aber nicht. Zweitens müssten gegen diesen Schluss Verfügungen sprechen, in denen eine post mortem-Klausel vorkommt, in denen der Zuwendende aber darüber hinaus erklärt, am Zuwendungsgegenstand kein Recht zurückbehalten zu wollen. Die Einzeluntersuchung wird zeigen, ob solche „exotischen“ Geschäfte vorkamen. Hat aber auch diese Möglichkeit bestanden, dann wäre wieder zu fragen, welchen Unterschied zur einfachen post mortem-Klausel eine solche Formulierung indizieren könnte. Ähnlich verhält es sich mit den Nießbrauchsvorbehalten. Kamen beide Varianten vor, dann müssen die so gestalteten Geschäfte sich von den „einfachen“ post mortem-Verfügungen (und schon gar von den post mortem-Verfügungen mit Verfügungsvorbehalt) unterschieden haben. Eine Möglichkeit wäre es, in solchen Situationen nicht von Erlebensbedingungen, sondern von bloßen Befristungen auszugehen.

(4) Verfügungen über jetziges und künftiges Vermögen Und eine letzte Alternative ist zu bedenken. Das Quellenmaterial enthält eine Vielzahl von Belegen, in denen jemand einem anderen sein Vermögen (oder quotal bestimmte Teile seines Vermögens) zuwendete, und diese Verfügung zwar nicht ausdrücklich unter eine Erlebensbedingung stellte, aber doch den 144

S. dazu sogleich 2. (3).

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Verfügungsgegenstand in einer Weise bezeichnete, die erkennen lässt, dass die Verfügung nicht sofort sachenrechtlich, sondern erst bei Überleben des Begünstigten, also erbrechtlich, wirksam sein sollte. a) Gemeint sind die Verfügungen, in denen über jetziges und künftiges Vermögen verfügt wird. Der Sprachgebrauch ist sehr variantenreich. In den sächsischen Schöffenbüchern wird sehr häufig die Formulierung „alles, was n. n. jetzt hat und immer mehr gewinnt“ verwendet. In lateinischer Fassung erscheint diese Formulierung145 aber auch schon viel früher, nämlich in Köln und in verschiedenen fränkischen Urkunden. Wie soll eine solche Umschreibung verstanden werden? Ich halte diese Formulierung für den Ausdruck des Willens, dem Begünstigten dasjenige Vermögen, das der Verfügende im Moment seines Todes sein eigen nennen wird, also seinen „Nachlass“ (und zwar entweder komplett oder in Quoten), zuzuwenden. Dieses im Moment des Erbfalles vorhandene Vermögen kann (und wird sich in den meisten Fällen) von demjenigen Vermögen unterscheiden, das der Verfügende im Moment der Vornahme der Verfügung innehat. Regelmäßig wird wohl der Verfügende davon ausgehen, dass es sich bis zum Erbfall vermehrt hat und/oder dass viele gegenwärtig vorhandene Gegenstände ausgetauscht sein werden gegen andere, insbesondere dann, wenn er die Verfügung z. B. aus Anlass der Eingehung einer Ehe vornimmt 146 und wenn er den Ehegatten und/oder die potenziellen Kinder aus dieser Ehe begünstigen will. Indessen vermeidet der Verfügende mit einer solchen Formulierung auch Enttäuschungen auf Seiten des Begünstigten, wenn das Vermögen beim Erbfall eben nicht mehr so groß ist wie im Moment der Verfügung.147 b) Auch solche Verfügungen werden hier als Verfügungen von Todes wegen betrachtet. Die Erlebensbedingung ist in solchen Fällen zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, sie liegt der Verfügung aber zugrunde. Eine andere Auslegung – Verfügungen unter Lebenden – erscheint lebensfremd, denn was wä-

145 146

147

Etwa: que habet ac unquam acquirit. Hier sind diese Verfügungen häufig anzutreffen. Sie dienen meist dazu, den weniger bemittelten Ehegatten über die aus dem jeweils geltenden Ehegüterrecht folgenden Anteile am Vermögen des Erstversterbenden hinaus wirtschaftlich abzusichern (entweder durch den erlebensbedingten Vollerwerb des Ehegattenvermögens oder durch eine lebenslängliche Leibzucht – sie kommt sowohl zugunsten von Frauen und Schwiegertöchtern, als auch zugunsten von Männern und Schwiegersöhnen vor. Die wirtschaftliche Vernünftigkeit dieser Regelungen ist meist auf den ersten Blick erkennbar. Begünstigte, die mit diesem Risiko rechnen, werden sich in aller Regel nicht auf solche Verfügungen einlassen. Wenn es sich bei ihnen um erbberechtigte Verwandte handelt, werden sie – nach dem Motto „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach “ eher zur Abschichtung und damit zur sofort wirksamen, lebzeitigen Verfügung tendieren.

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re das für ein sofort entstehendes Recht, das der Begünstigte in diesen Fällen erwürbe?148 Ein Miteigentum käme nur in Betracht, wenn der Verfügende sich erkennbar an den etwaigen Willen des Miteigentümers binden lassen wollte. Gleiches gilt für ein Anwartschaftsrecht (oder eine ideelle Gewere). Ein automatisch entstehendes Recht an jedem durch den Verfügenden neu eingebrachten Gegenstand bzw. ein automatisch erlöschendes Recht an jedem ausgesonderten Gegenstand zu konstruieren wäre unsinnig. Hierfür gibt es eine begriffliche Größe: Der Begünstigte erwirbt eine gegenständlich nicht gesicherte Erwerbsaussicht auf den Nachlass – falls er den Erbfall erlebt. Lebensfremd erscheint es ferner, ein sofortiges Recht des Begünstigten in solchen Fällen zu konstruieren, in denen der mit dem künftigen Vermögen Begünstigte noch gar nicht lebt, ja noch nicht einmal gezeugt ist, oder gar in Fällen, in denen seine eventuelle Berechtigung von der Zeugung oder Nichtzeugung anderer Personen abhängt – gemeint sind die schon angesprochenen Verfügungen über künftiges Vermögen bei Eingehung einer Ehe. Solche Fälle sind aber – insbesondere in den Schreinsurkunden in Köln – vielfach belegt. Der Verfügende bleibt bei solchen Verfügungen über künftiges Vermögen frei, darüber nach Gutdünken zu verfahren. Bindungen des Verfügenden an einen eventuellen Willen des Begünstigten sind im Regelfall nicht zu erkennen und bestätigen in den Ausnahmefällen, in denen sie vorkommen, die Grundregel. Der so herausgearbeitete Begriff „Verfügung von Todes wegen“ ist zwar (auch) ein moderner. Dennoch ist es methodisch zulässig, ihn zur Beschreibung von Rechtsgeschäften anzuwenden, die während des frühen bis späten Mittelalters im Untersuchungsgebiet vorkamen. „Verfügung“, „Tod “, „Erleben“ und kausale Verknüpfung sind Größen, mit denen die mittelalterliche Praxis ebenso gut arbeiten konnte und arbeitete wie die neuzeitliche bzw. moderne. Jeder Historiker ist gezwungen, historische Zustände mit einer modernen Sprache mit modernen Begriffen zu beschreiben – anderenfalls wäre eine Kommunikation mit dem Leser nicht möglich. Allerdings hängt der Umfang, in dem moderne Begriffe erläuternd herangezogen werden, davon ab, wieweit das Verständnis des Lesers dadurch erleichtert wird und ob denn andere, ebenso gut verständliche Begriffe vorhanden sind. Vorliegend ist das nicht der Fall und die Erörterungen zum Begriff „Verfügung“ haben gezeigt, dass er genügend weit ist, um die hier gegenständlichen historischen Zustände zu erfassen und keine vorgeprägten rechtlichen Assoziationen zu erwecken. Insbesondere änderte sich der Inhalt des Begriffes nicht, wenn er latinisiert würde, wie die Betrachtung zur donatio post obitum zeigt. So böte sich als 148

Bestätigt wird diese Ansicht durch Müßig, die die Formulierung, es werde über das künftig zu erwerbende Gut verfügt, ebenfalls als Ausdruck dafür wertet, dass eine solche Verfügung unter Lebenden keine Wirkung entfaltete, sondern erst mit dem Todesfall wirksam wurde; vgl. DIES., in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 99.

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inhaltsgleicher Ersatzbegriff noch „Verfügung kalter Hand“ an, ein Begriff, der den Quellen jedoch ebenfalls unbekannt ist.

3. Unergiebigkeit des Kriteriums Letztwilligkeit Sodann ist noch auf einen Gesichtspunkt hinzuweisen, der ebenfalls dazu beitragen kann, die Erfassung der betreffenden Rechtsgeschäfte zu verdunkeln. Diese Verdunkelung hat ihren Ursprung im Jus Commune und seinem Einsickern in das Recht im Alten Reich seit dem 13. und 14. Jh. Es kennzeichnet die eben beschriebene Verfügung von Todes wegen nicht wesentlich, dass sie vom Verfügenden einseitig vorgenommen wird. Zwar kannte das klassische römische Recht genau diese zusätzliche Einschränkung der Verfügung von Todes wegen, wie sich aus Gai Inst. 2, 102-104 erschließen lässt. 149 Kaser hatte Recht, wenn er definierte, das klassische römische testamentum sei ein einseitiger, widerruflicher, an persönliche Errichtung gebundener förmlicher Rechtsakt von Todes wegen, der, um gültig zu sein, eine Erbeinsetzung enthalten müsse.150 Und zwar wird auch heute in Deutschland das Wort „Testament“ nur für einseitige und frei widerrufliche (beide werden zusammengefasst im Begriff der Letztwilligkeit) Rechtsgeschäfte verwendet. Trotzdem entscheidet nicht die Einseitigkeit darüber, ob eine bestimmte Verfügung unter einer Erlebensbedingung steht oder nicht. Erlebensbedingungen sind wie andere unbedingte oder betagte Verfügungen rechtsgeschäftlich unter mehreren Personen verhandelbar. Die Verfügung als Rechtsgeschäft verliert zwar durch die Beteiligung einer oder mehrerer anderer Personen zwangsläufig das Merkmal der freien Abänderbarkeit,151 nicht aber ihre Bedingtheit. Wer dagegen nur die letztwillige Verfügung als eine echte Verfügung von Todes wegen bezeichnen will, 152 der muss in den normativen und den tatsächlichen Rechtsquellen des Mittelalters länger und intensiver suchen – bis er (dieses Ergebnis sei hier vorweggenommen) auch diese schließlich findet.

149 150 151

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GIRARD, Textes de droit romain, S. 264 f. und SECKEL/KUEBLER, Iurisprudentiae anteiustinianae reliquiaes I, Leipzig 1908, S. 216-218. K ASER, Römisches Privatrecht I, § 160, S. 678; s. a. SOHM /MITTEIS/WENGER, Institutionen, § 101, S. 583. Das allein (und nicht die Frage der Erlebensbedingtheit) unterscheidet auch heute Testament und Erbvertrag voneinander: Mit Abschluss des Vertrages ist der Erblasser nämlich in seiner Testierfreiheit beschränkt, die Vertragsverfügungen hingegen sind einseitiger Änderung entzogen; KIPP/COING, Erbrecht, S. 137. Vgl. z. B. ADERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 13 f.

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4. Vertragsstruktur als Verfügungsbeschränkung? Zu klären ist noch die Frage, ob die genaueren Modalitäten der Vornahme einer Verfügung – nämlich ob die Verfügung vom Verfügenden allein (mündlich oder schriftlich) oder von ihm und einer anderen Person (möglicherweise dem Bedachten oder einer anderen Person) zusammen errichtet wird – erstens auf die Frage der Zulässigkeit von Verfügungen und zweitens auf die Frage der Zulässigkeit der Erlebensbedingtheit Einfluss haben. Ich vermute, dass der Grund, weshalb behauptet worden ist, dass erst ab dem 15./16. Jh. „postmortale Verfügungsfreiheit“ als Folge der Rezeption entstanden sei, hauptsächlich darin liegt, dass eben erst dann zahlreiche (als solche bezeichnete) „Testamente“ auftraten, die einseitig, ohne Beteiligung des Erwerbers oder Dritter (schriftlich sogar zeugenlos und beliebig oft hintereinander) errichtet wurden.153 Es ist nicht zu verkennen, dass sich dieser strukturelle Unterschied bei der Vornahme des fraglichen Geschäfts dazu eignet, die systematische Grenze zwischen „Testament“ und „Erbvertrag“ zu ziehen.154 Danach jedoch ist hier nicht gefragt – sie beide setzen es ja voraus, dass kalthändig, also unter Erlebensbedingung verfügt werden darf. Übrigens kamen und kommen in allen bekannten schriftlich Zeugnis von sich selbst ablegenden Rechtsordnungen in Europa sowohl einseitige Verfügungen von Todes wegen vor wie auch solche, an denen der Erwerber oder ein anderer mitwirkte.155 Das gilt für das mittelalterliche nicht anders als für das klassische römische oder das geltende bürgerliche Recht. Zwar ist die „ein Personen“-Struktur notwendigerweise mit einer nur in einer Richtung erfolgenden Vermögensverschiebung verbunden. Für die vertragliche, „mehr Personen“-Struktur gilt jedoch nicht das Gegenteil, sondern vielmehr, dass auch bei ihr lediglich in einer Richtung erfolgende Vermögensverschiebungen möglich sind. Rechtsgeschäfte nun, bei denen nur eine einseitige Verpflichtung übernommen wird oder eine nur einseitige Leistungserbringung erfolgen soll, werden, so ergibt auch diese Untersuchung, zunächst als Vertrag konstruiert und erst in späteren Phasen der Kulturentwicklung in die „ein Personen“Struktur überführt.156 So hat sich die Schenkung, an der der Beschenkte mit153

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155 156

Bislang nicht untersucht ist die Frage, ob die kulturgeschichtlichen Erschütterungen des 14. Jh. (insbesondere die „Große Pest “ von 1347-1353) die Entinstitutionalisierung und Individualisierung des Einzelnen auch im Hinblick auf die Formen postmortal wirkender Verfügungen gefördert haben. Sehr entschieden MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73, 76 (mit der Prämisse, dass die Vergabungen von Todes wegen keine Erbverträge gewesen seien, sondern sachenrechtlich wirkten). Es handelt sich hierbei nicht um die Unterscheidung zwischen dem einseitig und dem gegenseitig verpflichtenden Vertrag, die deckungsgleich sein kann. Zu beobachten ist das im vorklassischen und klassischen römischen Recht. Unseren Untersuchungsgegenstand (die Verfügung von Todes wegen) betreffend hat sich ausgehend von der als Vertrag mehrpersonal konstruierten mancipatio fami-

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wirkt, früher entwickelt als das Vermächtnis, von dem der Bedachte vorderhand nichts erfährt. Diese Beobachtung trifft nicht nur für das römische, sondern auch für das merowingisch-karolingische und das sächsische Recht zu. Der „mehr Personen“-Struktur157 haftet jedoch aus heutiger Sicht das Odium einer gewissen Schwerfälligkeit, verbunden mit einer gesteigerten Kostenintensität an. Dieser Eindruck kann aber bei geänderten historischen Koordinaten hinfällig sein. Der Unterschied zwischen der bi- oder multilateral und der unilateral errichteten Verfügung besteht aber letztlich nur in der freien Widerruflichkeit des Geschäfts: Eine Verfügung, an der ein Erwerber mitwirkt, scheidet allein aus diesem Grunde aus der Sphäre freier Willkür des Verfügenden aus und zwingt diesen, bei allfälliger weiterer Einwirkung auf den Gegenstand der Verfügung die Interessen des Erwerbers zu wahren und ihn für den Fall, dass der Verfügende die beabsichtigte Vermögensverschiebung nicht vornehmen will oder kann, um Dispens zu ersuchen. Aus diesem Grunde werden Verträge geschlossen. Die Schenkung unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht vom Kauf oder vom Tausch. Dies jedoch – die die einseitige Errichtung voraussetzende freie Widerruflichkeit – ist zu keinem historischen Zeitpunkt eine der „Verfügung kalter Hand“ als solcher begrifflich innewohnende necessitas. Dass eine Verfügung infolge der Beteiligung des Erwerbers für den Verfügenden weniger einfach zu widerrufen ist als eine einseitig vorgenommene Verfügung, ist kein Indiz für eine generell eingeschränkte Verfügungsmacht in Rechtsordnungen, die die einseitige Verfügung nicht kennen: Immer (bereits) dann, wenn der Verfügende in einem konkreten rechtshistorischen Kontext die auf Erwerber- oder dritter Seite an der Verfügung mitwirkende Person auswählen kann, kann und sollte davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsfreiheit für das betreffende Werte- und Normensystem rechtstheoretisch kein Problem darstellt. Wer mehr fordert, der setzt das Wort „Verfügungsfreiheit“ unzulässigerweise gleich mit „Letztwilligkeit“ im Sinne heutiger deutscher Rechtssprache. Aber diese letzte Flexibilität bei einseitig errichteten, jederzeit frei widerruflichen Verfügungen ist auch im geltenden Recht nicht das entscheidende Kriterium für die Benennung „Verfügung von Todes wegen“. Es ist also festzustellen, dass die bi- oder multilaterale Struktur von Verfügungen kein Indiz für eine von vornherein eingeschränkte Verfügungsfreiheit sein kann. Hieraus folgt die Frage nach dem Kreis von Personen, aus denen der Verfügende die mitwirkende Person wählen, und denen er Sachen zuwen-

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liae unter Herabstufung des auf Erwerberseite auftretenden familiae emptor zum Zeugen die monopersonal konstruierte Verfügung des testamentum per aes et libram entwickelt. Vgl. dazu meine kurzen Andeutungen in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 461, 464-468. Diese liegt auch der römischen mortis causa donatio zugrunde; vgl. VISMARA, Storia dei patti successori, S. 111.

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den kann. Je eingeschränkter dieser Kreis, umso weniger Verfügungsfreiheit besteht für den Einzelnen. Auch für die Möglichkeit, eine Verfügung unter Erlebensbedingung zu stellen, lassen sich theoretische Einschränkungen der Verfügungsfreiheit nicht daraus ableiten, dass eine bestimmte Rechtsordnung (nur) die Möglichkeit der Vertragsstruktur (wieder mit der anschließenden Frage, wer als Beteiligter in Frage kam) kannte oder kennt. Selbst wenn es historisch so gewesen ist, dass Verfügungen von Todes wegen nur und ausschließlich als Vertrag strukturiert werden konnten, liegt hierin keine a priori gegebene Beschränkung einer allgemeinen Verfügungsfreiheit. Logisch handelt es sich auch hier um die Frage nach dem Personenkreis, innerhalb dessen der Verfügende seine Auswahlentscheidung treffen konnte. Es ist abschließend zu diesem Problemkreis noch darauf hinzuweisen, dass die Mehrzahl der untersuchten Quellen – sowohl die Urkunden als auch die Schöffenbucheinträge – gar nicht erkennen lässt, ob das konkrete Geschäft vom Verfügenden allein oder von ihm und dem Erwerber zusammen vorgenommen worden ist. In den Urkunden wird ausschließlich mitgeteilt, was der Verfügende angeordnet hat. Ob diese Anordnungen vom Erwerber angehört und gebilligt worden sind, ist fast nie zu ermitteln. Etwas besser ist die Situation in manchen magdeburgisch-sächsischen Schöffenbüchern, in denen mitunter vermerkt ist, dass Verfügender und Erwerber beide zusammen vor dem Gericht erschienen. Dann konnte der Schöffenschreiber mitunter im Plural notieren: „Hans vnde Peter quamen in geheget ding “. 158 Einschränkend ist wieder hinzuzufügen, dass es sich dann besonders oft um gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten handelte. Die Hauptmasse der Einträge aber beurkundet nur die vom Verfügenden abgegebene Erklärung und nicht, ob diese Erklärung etwa durch den Begünstigten angenommen worden ist. Das führt letztlich zu einem Schluss: Es ist selbst im Spätmittelalter in der Mehrzahl der Fälle nicht sicher erkennbar, ob die betreffende Verfügung eine einseitige oder eine vertragliche Struktur aufwies. Wie ließe sich angesichts dieser Situation berechtigterweise die Aussage aufstellen, zwischen Testament und Vertrag könne sauber unterschieden werden? Der letzte Anker, der zur Rettung dieser Unterscheidung oft geworfen wird, ist die inhaltliche Unterscheidung: beim (romanistischen) Testament erwarb der Bedachte kein sofortiges Recht – beim Vertrag, der (germanistisch) angeblich sofort sachenrechtlich wirkte, sei sofort ein nicht mehr entziehbares Recht des Bedachten entstanden.159 Diese Argumentation kreist um sich selbst und arbeitet mit Setzungen, die überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden müssen.

158 Dieses 159

Muster findet sich häufig in den Hallischen Schöffenbüchern. So denn auch MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73, 77.

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V. Zur Gliederung mittelalterlicher Verfügungen von Todes wegen 1. Das Vorgehen Unter Beachtung der bisher angestellten Überlegungen sind die in dieser Untersuchung erschlossenen Verfügungen durch folgende Arbeitsschritte systematisiert worden:

(1) Erfassung der Singularquellen (Urkunden und Urteile) Der erste Schritt der Erfassung der einschlägigen Rechtsquellen beinhaltete eine Übersicht über die einschlägigen merowingischen und karolingischen Urkunden und Formularstücke. Der Zugang hierzu ist seit der Arbeit Nonns160 mühelos. In diesem ersten Schritt habe ich mich darauf beschränkt, die relevanten Urkunden und Formularstücke einfach zu erfassen. Lückenlose Vollständigkeit wäre ein vermessenes Ziel gewesen. Wie stets musste auch hier auf den exemplarischen Charakter der ausgewählten Stücke geachtet werden. Überflüssig erschien es, die lebzeitigen Schenkungen, die zehntausendfach in Traditions- und Urkundenbüchern überliefert sind, durch immer neue Nachweise zu vermehren. Dabei habe ich zunächst auch alemannisches und bayerisches Material mit einbezogen, aber schließlich wieder entfernt. Die Frage, wie weit diese Urkundenerfassung in zeitlicher Hinsicht erstreckt werden sollte, habe ich bis heute nicht abschließend beantworten können. Allerdings traten bei Erschließung der rechtstatsächlichen Hauptquellen (Schreins- und Schöffenbücher) die methodischen Nachteile der vorangegangenen Fokussierung auf die in Urkunden- und Traditionsbüchern enthaltenen Einzelgeschäfte deutlich hervor. Deshalb bildet das Einsetzen einer Schöffenbuchüberlieferung für das aus fränkischen Quellen ableitbare Recht den Endzeitpunkt der Berücksichtigung von Einzelurkunden. In einem zweiten Schritt habe ich mich den Rechtstatsachen der streitigen Gerichtsbarkeit zugewandt und dazu die Schöffenspruchsammlungen für den rheinischen Oberhof Ingelheim und den sächsischen Oberhof Magdeburg kontrolliert. Während bezüglich Ingelheims der Nachteil besteht, dass die von Erler edierte Überlieferung erst im Jahre 1398 und die von Loersch herausgegebene mit wenigen Entscheidungen nur unwesentlich früher (1375) und damit für das hiesige Erkenntnisziel sehr spät einsetzt, besteht die crux in Magdeburg darin, dass keine authentische Originalüberlieferung existiert. Es waren daher die zu Beginn des 20. Jh. begonnenen, in dessen 30er Jahren fortgesetzten und durch Friedrich Ebel wieder aufgenommenen Bemühungen um Editionen aus Empfängerbeständen zu Rate zu ziehen. Dieser Quellenbestand hat den Nachteil, dass aus den streitigen Befunden der tatsächlich geübte Normalrechtsverkehr nicht ohne Weiteres erkennbar wird. Außerdem enthal160

N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1 ff.

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ten die Sprüche insbesondere des Magdeburger Schöffenstuhls über eine lange Zeit des Untersuchungszeitraums lediglich reine Beweisentscheidungen, also keine ausformulierten Regeln des materiellen Rechts.

(2) Erfassung sächsischer Massenquellen Nachdem so trotz bereits reichen Materials keine abschließende systematische Klarheit gewonnen werden konnte, lag die notwendige Schlussfolgerung auf der Hand. Möglichst viele erreichbare und – um die Untersuchung nicht von vornherein zur unendlichen Geschichte ausufern zu lassen – edierte Stadt-, Schöffen- und/oder Gerichtsbücher aus dem Untersuchungszeitraum waren zu erfassen. Die betreffenden Quellen sind an entsprechender Stelle des Textes näher beschrieben. Vom sächsisch-magdeburgischen Stadtrecht her kommend, begann ich mit einer Kompletterfassung der Schöffenbücher von Halle/Saale bis zum Jahr 1400 und dehnte nach deren Abschluss die Erfassung auf weitere Schöffenund Gerichtsbücher von zum Erzbistum Magdeburg gehörenden Landstädten und -städtchen aus, die ediert zur Verfügung stehen. Den entscheidenden Erkenntnisgewinn brachten aber bereits die hallischen Bestände. Deren Erfassung machte eine verlässliche Systematik unverzichtbar – jedoch boten die Quellen die Systematik von selbst. Es ist darauf hinzuweisen, dass die im Ergebnis gewonnene und auch der Darstellung in dieser Untersuchung zugrundegelegte Übersicht nicht abstrakt vorgegeben wurde, sondern erst aus den Quellen heraus entwickelt wurde. Es handelt sich also weder um begriffliche Konstruktion, noch um Deduktion, 161 sondern eher um Induktion, wie sie für das vorliegende Thema in der Vergangenheit noch nicht versucht worden ist. Dieser Basis wurde, ausgehend von den hallischen Schöffenbüchern, die hier gefundene Gliederung der einzelnen Verfügungstypen abgewonnen. Das betrifft sowohl die Grobunterteilung als auch die detaillierteren Unterscheidungen. Bereits die weiteren sächsischen Schöffenbücher, die ebenfalls dem Territorium des Erzbistums Magdeburg angehörten, konnten ohne jede weitere Ergänzung nach denselben Kriterien geordnet werden wie die hallischen. Es ist demnach nach hier vertretener Ansicht gleichgültig, von welchem konkreten Schöffenbuch ausgegangen wird: Aken, Halle, Neuhaldensleben und Zerbst bieten nach meinen Erkenntnissen Material gleichen Inhalts. Anschließend waren ergänzende, teilweise vollständig, teilweise nur auszugsweise edierte Stadt-, Schöffenund Gerichtsbücher aus dem weiteren sächsischen Rechtskreis (z. B. Böhmen, Lausitz, Schlesien und Zips) heranzuziehen.

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Sie ist methodologisch nur für die normativen Quellen geeignet.

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(3) Erfassung rheinfränkischer Massenquellen So ausgestattet wandte ich mich wieder zum tatsächlich im westlichen Teil des Alten Reiches empirisch beobachtbaren Recht zurück – nur räumlich, nicht zeitlich – und den Kölner Schreinsurkunden zu, die noch durch einen kleinen Bestand von Andernacher Quellen flankiert (aber nicht entscheidend ergänzt) werden konnten. Bei diesem letzten Schritt war Vorsicht deshalb geboten, weil zu erwarten war, dass die Kölner Rechtstatsachen möglicherweise anders strukturiert und gewichtet seien als die sächsischen. Immerhin handelt es sich trotz der karolingischen Gleichschaltung um wahrscheinlich in ihrer Entwicklung voneinander unabhängige (Privat-)Rechtskreise. Indessen zeigte sich, dass die Kölner Quellen bei den einzelnen, anhand der hallischen Eintragungen entwickelten Kategorien flexibler im Umgang mit weiteren Bedingungen resolutiver oder suspensiver Art waren. In Köln konnten komplexere Regelungsziele durch eine einzelne, kalthändige Verfügung von Todes wegen erreicht werden. Diese zusätzliche Flexibilität existiert aber nur in Randbereichen, nicht in den Grundlagen. Diese mussten nicht abgeändert, sondern konnten übernommen werden.

(4) Gesamtbefund Die hier gewählte Methode setzt, darauf ist schon hingewiesen worden, die Existenz signifikanter Mengen von Rechtstatsachen voraus. Auf die geschilderte Art und Weise wuchs die in den Jahren 2003 bis 2005 von mir veranstaltete Sammlung einzeln beurteilter Verfügungen aus der Quellengattung Stadt-, Schöffen- und Gerichtsbücher auf insgesamt über 15.000 thematisch relevante Verfügungen an, die in einen Zeitraum von 265 Jahren162 vorgenommen worden sind. Jede einzelne dieser Verfügungen wurde kritisch beurteilt. 163 Werden die ausgewerteten Einzelurkunden, Formulare und Schöffensprüche hinzugerechnet, dann rechtfertigt die hier zusammengetragene Quellenbasis die Annahme, dass sich auf ihr reliable Aussagen über Art und Ausmaß der Verfügungen von Todes wegen im untersuchten Recht des Mittelalters machen lassen.

(5) Übereinstimmung von Singular- und Massenquellen Die logische Anschlussfrage ist, ob auch die Urkundenquellen dieselbe Sprache sprechen wie die Massenquellen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Sie ist nach meiner Einschätzung zu bejahen. In der Einzelbehandlung der entsprechenden Quellen wird sich das zeigen. Dass für das merowingischkarolingische Recht dabei von den Urkunden und Formularen ausgegangen

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Die ältesten Kölner Schreinskartennotate stammen aus dem Jahre 1135 – Ende des Untersuchungszeitraums: 1400. Die Zusammenstellung der einzelnen Bestände findet sich im Anhang.

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werden muss, ist der Chronologie und der Tatsache geschuldet, dass die Kölner Schreinsurkunden erst für eine späte Entwicklungsphase bereitstehen.

2. Die Gliederung Die hier vorgelegte Gliederung orientiert sich nicht an den Ergebnissen der bisherigen privatrechtlichen Literatur. Dies deswegen, weil die Rechtstatsachen zunächst und vor allem aus sich heraus zu erklären und zu verstehen sein müssen und nicht unter ein aus der Literatur geschöpftes rechtliches System gezwungen werden können und müssen. Sämtliche bisherigen Vorschläge, wie die mittelalterlichen warm- und kalthändigen Verfügungen zu erklären sein können, sollen im Folgenden ausgeblendet bleiben.

(1) Grundlagen In die Zusammenstellung eingegangen sind sämtliche Eintragungen in die gegenständlichen Schöffen- und Stadtbücher, mit denen über Vermögensgüter verfügt worden ist. Von einer näheren Eingrenzung sowohl des Begriffes Vermögensgut als auch des Begriffes Verfügung ist bei der Frage, ob ein Eintrag zu berücksichtigen war, abgesehen worden. Vielmehr war die Frage, um welches Vermögensgut es sich handelte und welche Verfügung getroffen worden ist, erst bei der anschließenden Zuordnung zu einer bestimmten Kategorie relevant. Die hier verwendete Gliederung164 basiert grundsätzlich auf der Trennung zwischen Verfügungen, die nur eine bestimmte Sache, einen konkreten Vermögensgegenstand betreffen und Verfügungen, die eine Sach- oder Vermögensgesamtheit betreffen.165 Dies sind die beiden Hauptgruppen, denen sich die Mehrzahl aller betrachteten Verfügungen zuordnen lässt. Es handelt sich also um eine a priori sachorientierte Strukturierung der Quellenbestände. Dies versprach die größtmögliche methodische Offenheit und eine weitgehende Trennung von der rechtlichen (wie dargestellt kontextabhängigen) Terminologie. Einzelne Sachen sind vor allem Grundstücke und/oder darauf errich-

164

Diese Gliederung darf nicht verwechselt werden mit einem juristischen „System “. Dieser Begriff ist in der rechtshistorischen Debatte üblicherweise am Naturrecht orientiert. Die mittelalterlichen Quellen sind davon weit entfernt. Die betreffenden Schöffenbuchnotate konnten aber nach ihrem Regelungsinhalt in Gruppen geordnet und miteinander verglichen werden. Nicht mehr wird hier vorgestellt. 165 Vorstellbar gewesen wäre auch die apriorische Trennung in uni- oder multilateral vorgenommene Verfügungen. Hier wären aber die Unsicherheiten der exakten Erfassung zu groß gewesen.

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

123

tete Häuser. Solche Verfügungen sind die Hauptmenge.166 Zu den Verfügungen über einzelne Sachen wurden hier auch die Verfügungen gerechnet, mit denen z. B. über eine ganz bestimmte und genau bezeichnete Summe Geldes verfügt wurde. Allerdings ist zu beachten, dass aus den Eintragungen nicht immer mit letzter Gewissheit geschlossen werden kann, ob es sich bei einer Einzelverfügung nicht in Wahrheit doch um eine Gesamtverfügung gehandelt hat. Dieser Fall kann eintreten, wenn der betreffende Vermögensgegenstand das gesamte Vermögen ausmachte, was jedenfalls dann häufiger zu unterstellen ist, wenn z. B. eine Verfügung über einen konkret beschriebenen Hof eingetragen wurde. Es kann, muss aber andererseits auch wieder nicht sein, dass dieser Hof das gesamte Vermögen des Verfügenden ausmachte. Weil dies aber aus den meisten, registraturähnlichen Einträgen nicht mit letzter Sicherheit abgeleitet werden konnte, sind solche Verfügungen immer den Einzelverfügungen zugeordnet worden. Immer dann aber, wenn Sammelbezeichnungen verwendet wurden, musste von einer Sachgesamtheit ausgegangen werden. Das betrifft z. B. Verfügungen über alle beweglichen oder alle unbeweglichen Sachen des Verfügenden oder auch über „alles, was er hat oder haben wird“. Die genauen Wendungen ergeben sich aus den Einzelnachweisen zum jeweiligen Bestand und aus dem Anhang. Diese beiden Hauptgruppen sind so allgemein gewählt, dass dogmatische Vorprägungen durch das geltende Recht nicht zu befürchten sind. Eine dritte Hauptgruppe „Varia“ erfasst Rechtsgeschäfte, in denen entweder zwar keine Sache oder Sachgesamtheit an einen anderen neu zugeordnet wird, gleichwohl aber ein logischer Zusammenhang mit einer solchen Neuzuordnung besteht oder aber das Geschäft sich als das kontradiktorische Gegenteil einer solchen Neuzuordnung erweist (also die große Gruppe der Verzichtserklärungen), in denen gegen eine Verfügung von dritter Seite Widerspruch erhoben oder die Genehmigung einer von einem anderen vorgenommenen Verfügung erklärt wird oder in denen der Verfügende selbst eine Verfügung widerruft. Schließlich gehören zur dritten Gruppe auch noch Rechtsgeschäfte, bei denen zweifelhaft ist, ob sie sich einer der beiden Hauptgruppen zuordnen lassen. Ich habe eine solche Zuordnung auch nicht versucht, sondern die insgesamt nur einmal vorkommende Verfügung über das Erbenwartrecht, die etwas häufigere Anordnung von Auflagen an die Erben, und die gegenseitige Erbeinsetzung als Einzelkategorien nicht überbewerten wollen.

(2) Untergliederungen Jede der beiden Hauptgruppen (Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände und Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit) ist weiterer Untergliederung zugänglich. Die entscheidenden Kriterien dabei sind die Erlebens166

Diese Beobachtung machte auch H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 28.

124

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

bedingung und der Verfügungsvorbehalt. Fehlten sie, wurde die Verfügung den lebzeitigen, sofort wirksamen Verfügungen zugezählt. Bei Vorliegen eines oder beider Kriterien war die betreffende Verfügung als Verfügung von Todes wegen zu charakterisieren. Die Quellen haben hierfür unterschiedliche Wendungen. Auch diesbezüglich ist auf die Einzelanalyse des jeweiligen Bestandes zu verweisen. Ein vom umfassenden Verfügungsvorbehalt abweichender Vorbehalt, sich lediglich einen Teil des Verfügungsgegenstandes zwecks Anordnung milder Stiftungen vorzubehalten, konnte nicht als ein Generalvorbehalt gewertet werden. Die Verfügung wurde in solchen Fällen nach den beiden genannten Hauptkriterien zugeordnet. Weiterhin kam der so genannte Nießbrauchsvorbehalt vor, mit dem der Verfügende sich die Nutzung des Verfügungsgegenstandes vorbehielt, ohne noch darüber verfügen zu können. Insbesondere dieser Vorbehalt hat in der Literatur des 19. und 20. Jh. eine entscheidende Rolle gespielt, indem versucht wurde zu zeigen, dass die hier gegenständlichen Rechtsgeschäfte im Zweifel alle sofort wirkten und beim Verfügenden statt des Verfügungsrechts nur ein Nutzungsrecht verblieb. 167 Diese zentrale Rolle hat der Nießbrauchsvorbehalt indessen tatsächlich nie gespielt, wie sich aus den hier ermittelten Zahlen ergibt. 168 Alle Fälle mit einem bloßen Nießbrauchsvorbehalt wurden hier als Verfügungen unter Lebenden erfasst.

(3) Sondergruppen a) Vermächtnisse. In der Gruppe der Verfügungen über einen einzelnen Vermögensgegenstand kommen in schmalem Umfang Verfügungen vor, in denen eindeutig erkennbar wird, dass der Verfügende bezweckt, dem Begünstigten nicht selbst eine Sache zuzuwenden, sondern ihm gegen die Erben des Verfügenden einen Anspruch auf Zuwendung einer bestimmten Sache (oft handelt es sich um eine bestimmte Summe Geldes) zu verschaffen. Solche Verfügungen kamen in den untersuchten Büchern nur unter Erlebensbedingung vor. Es ist dafür kein besserer Begriff als der des Vermächtnisses, und zwar der des schuldrechtlich wirkenden Vermächtnisses,169 zu finden. Dabei habe ich es auch belassen. 167 168

169

Vgl. z. B. Planitz, Deutsches Privatrecht, S. 240. Angesichts der Zahlen bleibt nur die Vermutung, dass der echte Verfügungsvorbehalt von der Literatur quellenwidrig in einen bloßen Nießbrauchsvorbehalt umgedeutet wurde. Dass dies methodisch unzulässig sei, vermutete ich von Anfang an. Als ich dann aber in den Schöffenbüchern (zuerst in denen aus Halle/S.) tatsächlich reine Nießbrauchsvorbehalte fand, die sich bereits in der Formulierung von den Verfügungsvorbehalten erkennbar unterschieden, musste die sachenrechtliche Theorie endgültig aufgegeben werden. Sachenrechtlich wirkende Vermächtnisse mögen sich ununterscheidbar in der Gruppe der Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände unter ausdrücklicher Erlebensbedingung finden. Hier wäre die Frage zu stellen, ob diese Gruppe

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

125

b) gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten. In der Gruppe der Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit war aus tatsächlichen Gründen eine Verselbständigung der gegenseitig unter Ehegatten vorgenommenen Verfügungen angebracht. Diese Verfügungen zeigen einerseits, wie eng das Ehegüter- mit dem Erbrecht zu allen Zeiten korreliert, ihre Verselbständigung andererseits vermag die sonstigen Gesamtgutsverfügungen von den Eheverträgen zu bereinigen. Die gegenseitigen Verfügungen unter Ehegatten sind die klassischen mehrpersonal strukturierten Verfügungen. Es würde sicher zu weit gehen, die Eheverträge als die Keimzelle der Verfügungen von Todes wegen im mittelalterlichen nichtrömischen Recht zu bezeichnen. Gleichwohl lässt sich m. E. nicht verkennen, dass die Parteieigenschaft von Ehegatten dazu führen muss, das Verwandtenerbrecht – wenn es jemals in der imaginierten „germanischen“ Reinform bestanden haben sollte – zu perforieren. Das zeitgleiche Auftreten solcher Verfügungen mit dem Einsetzen der Schriftlichkeit in den untersuchten Städten zeigt, dass das Verwandtenerbrecht zu diesen frühen Zeitpunkten zugunsten des Ehegatten durchbrochen werden konnte. Eine Entwicklung über den damaligen Zustand hinaus bis heute ist im Übrigen kaum auszumachen, wie einige Beispiele aus Köln zeigen. c) Verfügungen über Vermögensquoten. In die Hauptgruppe der Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit gehören auch Verfügungen über Vermögensquoten. Eine weitere Untergruppe dieser Verfügungen sind die Verfügungen, in denen der Verfügende dem Begünstigten eine Kindesteilsquote zuwendet und ihn damit seinen (weiteren) Abkömmlingen an die Seite stellt. Solche Verfügungen existieren, und sie sind von ihrer Struktur her auch dann als Verfügungen von Todes wegen anzusehen, wenn die ausdrückliche Erlebensbedingung fehlt. Das liegt daran, dass sich die Vermögensquoten erst beim Tod des Verfügenden oder etwa beim Eintritt desselben in ein Kloster realisieren. Hiermit wird bereits erkennbar, dass der Gegenstand der Verfügung in diesen Fällen schon nicht mehr das gegenwärtige und künftige Vermögen des Verfügenden ist, sondern vielmehr erst sein Nachlass. Auch bei diesen Verfügungen behält der Verfügende zu seinen Lebzeiten die volle Verfügungsgewalt über den Verfügungsgegenstand, und im Grunde ist bei ihnen die strukturelle Schwelle von der gegenständlich beschränkten Vermögenszuwendung zur Erbeinsetzung bereits überschritten. d) Vollrechtserwerb oder Leibgedinge. Je nachdem, ob der Begünstigte den Verfügungsgegenstand entweder endgültig erhalten sollte oder aber ob dieser nach dem Tod des Begünstigten wieder an den Verfügenden zurück oder an nicht ganz mit dem Titel „Vindikationslegate “ zu überschreiben wäre. Das habe ich zugunsten der eher offenen sachorientierten Unterscheidungsmethode unterlassen.

126

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

dessen Nachfolger weiter gelangen sollte, war zu entscheiden, ob es sich beim Erwerb um einen Vollrechtserwerb oder um ein so genanntes Leibgedinge handelte. Der Begriff Leibgedinge oder Leibzucht, der sich hierfür eingebürgert hat, hat im Gegensatz zum Nutzungsrecht oder Nießbrauch einen insoweit eingeschränkten Anwendungsbereich, als er nur auf Seiten des Begünstigten angebracht ist. Dieses Unterscheidungskriterium ist in beiden Hauptgruppen zu machen.

(4) Gesamtübersicht Damit erscheint folgendes Schema (die Verfügungen von Todes wegen sind durch Kursivdruck hervorgehoben): I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter ausdrücklicher Erlebensbedingung I. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt I. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt I. 2. a Verfügungen ohne ausdrückliche Erlebensbedingung I. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt I. 2. c Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt170 I. 3. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge I. 3. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt zu Leibgedinge I. 3. c Verfügungen unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge I. 4. Vermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügungen unter ausdrücklicher Erlebensbedingung II. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt II. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt II. 2. a Verfügungen ohne ausdrückliche Erlebensbedingung II. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt II. 2. c Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung II. 3. b gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung II. 3. c gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügungen unter Erlebensbedingung II. 4. a Verfügungen über eine Vermögensquote unter Erlebensbedingung

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Quellenbestände, in denen sowohl in Gruppe I. 2. b, als auch in Gruppe I. 2. c Eintragungen vorhanden sind, sind wegen des oben geschilderten Verhältnisses zwischen den beiden Vorbehalten dogmatisch besonders aussagekräftig. Es handelt sich um Köln, Halle/S., Aken, Neuhaldensleben und Dux.

Kapitel 3: Terminologische und systematische Grundlagen

127

II. 4. b Verfügungen über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt II. 4. c Verfügungen über eine Vermögensquote ohne ausdrückliche Erlebensbedingung II. 4. d Verfügungen über eine Kindesteilsquote III. III. III. III. III. III.

Varia 1. Verzichtserklärungen an Erbrecht oder an Verfügung 2. Anordnungen von Auflagen an die Erben 3. Einsprüche gegen eine Verfügung 4. Genehmigungen einer Verfügung 5. Widerruf einer Verfügung durch den Verfügenden selbst

Mithilfe dieser Übersicht wurden in den folgenden Kapiteln alle untersuchten Quellenbestände strukturiert. Die Einzelquellen (Formulare und Urkunden) sind wegen ihrer geringen Zahl und wegen der Selektivität der Überlieferung statistischer Betrachtung m. E. nicht zugänglich. Was sich hier anbietet, ist beispielsweise eine kartografische Übersicht über die Verbreitung dieser Verfügungen z. B. im Reich der Merowinger und der Karolinger.171 Die Einzeldarstellung der Ergebnisse ist Gegenstand der Kapitel 4, 5 und 6. Zu beginnen ist mit dem merowingisch-karolingischen Recht – und hier zunächst mit den normativen Rechtsquellen.

171

Vgl. N ONN, in: WIECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 505, 506, Abb. 382.

Z W EITER T E I L: VERF Ü G U N G E N

VON

TO D E S WEG E N R E C HT

IM

MER O WI N G ISC H E N U N D K AR O LI N GISC H E N

Kapitel 4: Verfügungen von Todes wegen im merowingischkarolingischen Recht

I. Normative Rechtsquellen Ausgangs- und Angelpunkt aller Betrachtungen zum merowingischen und karolingischen Recht des Mittelalters insgesamt sind diejenigen frühmittelalterlichen Rechtsaufzeichnungen, die sich in chronologischer Abfolge wegen des Zeitpunkts ihrer Abfassung, ihrer Kopierung, Verbesserung, Inbezugnahme und ihrer handschriftlichen Verbreitung auf das Reich der Merowinger und Karolinger oder Teile davon beziehen – also lex Salica und lex Ribuaria. Diese Quellen müssen ergänzt werden durch die Normen, die für weitere Teile des fränkischen Reiches auf fränkischer Grundlage aufgezeichnet worden sind – dies betrifft insbesondere die lex Thuringorum und die thematisch einschlägigen Kapitularien seit 803. Dass die LSal dasjenige Volksrecht ist, das in der rechtshistorischen Forschung seit je unter den Volksrechten die größte Aufmerksamkeit genießt, ändert nichts an der Tatsache, dass auch ihr rechtlicher Einzelinhalt bis heute nicht genügend erforscht ist. Allzu sehr standen die Fragen nach der richtigen Edition, nach der Echtheit und nach der Geltung bzw. Nichtgeltung der LSal bisher im Vordergund der Aufmerksamkeit. Die aus diesen Anlässen geführten Diskussionen ändern aber nichts an dem Befund, dass die in LSal, LRib und LThu 1 niedergelegten Regeln neben der Kapitulariengesetzgebung der einzige, allein schon aus diesem Grunde relevante Anhalt zur Inhaltsanalyse des abstrakt-generellen Rechts im Reich der Merowinger und Karolinger in der Zeit zwischen dem beginnenden 6. und dem 11. Jahrhundert sind. 2 Damit nicht genug: während der Übergang vom hohen zum späten Mittelalter im Nordosten des Reiches mit Eike v. Repgows Spiegelarbeit den 1 2

Vgl. zur LThu als formal karolingische Rechtsquelle unten 3. Die Lex Francorum Chamavorum enthielt keine einschlägigen Normen.

130

Verfügungen von Todes wegen im merowingisch-karolingischen Recht

Impuls zum Entstehen einer neuen Rechtsquellengattung – der Rechtsbücher – hervorbrachte, der sich alsbald auch auf die Mitte und den Süden des Reiches ausdehnte, blieb dieser Impuls in dem im 9. Jh. im östlichen Reichsverbund verbliebenen, rheinfränkischen Rechtsraum zwar nicht aus. Immerhin setzte er mit dem Kleinen Kaiserrecht etwa drei Generationen nach dem Ssp im Frankfurter Raum ebenfalls ein – er konnte jedoch die rechtsbildende Kraft, die dem Ssp wegen der Ostkolonisation zuwuchs, nicht ansatzweise entfalten. Durchaus symptomatisch hierfür ist die Rheinmetropole Köln, in der es erst 1407 als erforderlich angesehen wurde, ein Statutenbuch anzulegen und bezüglich derer trotz der Existenz dieses Statutenbuches von einem fest umrissenen, schriftlich niedergelegten mittelalterlichen Kölner Stadtrecht nicht gesprochen werden kann. 3 Das abstrakt-generelle merowingisch-karolingische Recht hat daher bis zum Ende des hier maßgeblichen Untersuchungszeitraums keinen anderen Normenbestand aufzuweisen als den, den schon die LSal, die LRib und die Kapitularien bieten. Dass das aber gerade kein Argument für historische Kontinuität4 sein kann, dürfte außer Streit stehen. Die Kontinuumsthese ist schon in der Einleitung kritisiert worden und diese Kritik gilt ganz konkret auch hier. Nicht umsonst verschwindet auch hier die für das Frühmittelalter noch vorhandene Berechtigung, im Spätmittelalter noch ohne weiteres von einem „fränkischen“ Recht zu sprechen. Es ist weder belegt noch auch nur vorstellbar, dass diese frühmittelalterlichen Normativtexte vor den Schöffenschreinen der spätmittelalterlichen Stadt Köln (oder anderer Kommunen) angewendet worden sein sollen. Es klafft hier im westlichen Teil des Alten Reiches eine jahrhundertelange Lücke, deren Auffüllung (mittels Rückschlusses) nicht versucht werden sollte. Das MüRB und das KKR sind nur ergänzend heranzuziehen, treten aber – bezogen auf das MüRB – erst zu einem Zeitpunkt ins Licht, als die Rechtspraxis z. B. in Köln schon seit etwa 50 Jahren schriftlich arbeitete. Außerdem ist der Aussagewert der beiden letztgenannten Quellen wegen ihrer regionalen Beschränkung im Vergleich zu den im gesamten regnum Francorum Geltungsanspruch erhebenden leges nur gering. 3

4

DEETERS, Art. Köln, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 II (1978), Sp. 940. Zwar enthalten die Kölner Schreinsurkunden schon im 12. Jh. vereinzelte Hinweise auf ein ius urbale, ius civile oder auch ius Coloniensium; A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 6, meint aber zu Recht, dass es sich hierbei um ungeschriebenes fränkisch-städtisches Gewohnheitsrecht gehandelt haben müsse Im 19. Jh. wurde das so ausgedrückt: „Unser Landstrich hat für die deutsche Rechtsgeschichte eine besondere Bedeutung dadurch, dass in demselben weder der Sachsenspiegel noch ein anderes Rechtsbuch des Mittelalters in Aufnahme gekommen ist. Das Recht hat sich also darin rein aus der ribuarischen und salischen Lex, aus den Capitularien der fränkischen Könige und aus den Reichsgesetzen des Mittelalters entwickelt und als Gewohnheitsrecht forgebildet, ohne den mehr oder weniger fälschenden Einfluss, den der Sachsenspiegel ausserhalb seiner Heimath ausgeübt hat “; WALTER, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Cöln, S. VI f.

Verfügungen von Todes wegen im merowingisch-karolingischen Recht

131

Die Rechtstatsachen (Formulare, Urkunden, Gerichtsaufzeichnungen) gewinnen wegen der erheblichen Zweifel an der Effektivität des schriftlich niedergelegten Volksrechts und auch wegen der Beschränkung des einzigen relevanten Rechtsbuchs (KKR) auf einen eng umgrenzten Raum für die Beurteilung auch der hoch- und spätmittelalterlichen Rechtslage eine entscheidende Bedeutung. Deswegen ist schließlich die schon im 12. Jh. einsetzende Schreinspraxis in Köln besonders wichtig. Sie bietet einen unmittelbaren Einblick in das im 12. Jh. praktisch geübte Recht. Dass sie die LSal oder die LRib fortsetze, kann und soll nicht behauptet werden. Andererseits wäre es mindestens missverständlich, die Kölner Schreinspraxis neben die spätmittelalterlichen magdeburgischen Schöffenbücher zu stellen. Es bleibt zu konstatieren, dass beide Aufbauvarianten (Köln und Andernach in den zweiten oder in den dritten Teil dieser Untersuchung?) Einwänden ausgesetzt wären. So zwischen die Wahl vor Regen oder Traufe gestellt, habe ich mich für die erste Variante entschieden – aus keinem anderen Grund als dem, dass Köln ein Ort ist, an dem (lange) bevor die Schreinspraxis einsetzte, merowingisch-karolingische Normativtexte (wohl v. a. die LRib) gegolten haben könnten. Damit wird „rheinfränkische“ Kontinuität aber weder behauptet noch belegt.

1. Die Affatomie der Lex Salica Die LSal ist das prominenteste aller Volksrechte. Vorreden zu Entstehung, Urheberschaft und Verbreitung der LSal sollen hier nicht ausgebreitet werden. Der Zugang zu den Problemen ist leicht.5 Insbesondere die maßgebliche Ausgabe der LSal durch Eckhardt6 bietet ein Höchstmaß an Information auf gedrängtem Raum. Die LSal als von Merowingern oder ihren Gefolgsleuten im merowingischen Reich verfasster Normativtext überliefert ihren Verfassern wahrscheinlich sinnvoll erscheinende Regelungen zur Behandlung von in ihrer Umwelt vorhandenen Problemen.

5 6

Ich verweise nur auf E CKHARDT, Pactus Legis Salicae I und S CHMIDT-WIEGAND, Art. Lex Salica, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 II (1978), Sp. 1949-1962. MGH LL I, 4, 1 und 2.

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Verfügungen von Todes wegen im merowingisch-karolingischen Recht

(1) Quellenbefund Bereits der 65-Titel-Text der von Eckhardt mit überzeugenden Argumenten in den Anfang des 6. Jh. gesetzten,7 als Recensio Chlodovea bezeichneten LSal enthält die berühmte, sich auch in den anderen, zeitlich späteren Textklassen der LSal nur unwesentlich, d. h. lediglich orthographisch8 vom Ausgangstext unterscheidende Schilderung eines Vorganges, der üblicherweise als Affatomie bezeichnet wird. Die Abweichungen zwischen den einzelnen Handschriften sind bei dem einschlägigen Titel marginal. Es findet sich in allen Handschriftenklassen vollständig der Gesamttext, es gibt keine inhaltlichen Ausfälle. Die erkennbaren Varianten sind darüber hinaus ortographischer Natur – es gibt keine Varianten, die den Inhalt ändern. Tit. 46 LSal lautet: De acfatmire 1 Si quis hoc convenit observare, ut thunginus aut centenarius mallum indicant et scutum in ipso mallo habere debent et [postea] tres homines tres causas [in mallum ipsum] demandare debent. Et postea requirant hominem, qui ei non pertineat, et sic festucam in lesum [suo] iactet. Et ipse, in cuius lesum festucam iactavit, dicat verbum, de furtunam suam, quantum ei voluerit dare, aut si totam aut media furtunam [suam], cui voluerit dare. 2 Postea ipse, in cuius lesum festucam iactavit [ipse], in casa ipsius manere debet et hospites tres [vel amplius] suscipere debet et de facultatem suam, [de] quantum ei datur, in potestatem suam habere debet. Et postea ipse, cui istum creditum est, ista omnia cum testibus collectis agere debet. 3 [Et] sic postea aut ante rege aut in mallo legitimo illi, cui furtuna sua deputavit, reddere debet et accipiat festucam [et] in mallo ipso ante duodecim menses ipsi, quos heredes deputavit, in lesum iactet, nec minus nec maius [et] nisi quantum ei creditum est. 4 Et si contra hoc aliquis dicere voluerit, debent tres testes iurati dicere, quod ibi[dem] fuissent in mallum, quem thunginus aut centenarius indixerunt, et quomodo vidissent hominem illum, qui furtuna sua dare voluerit, [et] in lesum [ille] iam, quem elegit, festucam iactare. [Et] nominare debent denominatim illum, qui furtunam suam in lesum iactat; et sic illa, in cuius leso iactatur, et illum, quem heredem appellat, publici similiter nominent. 5 Et alteri tres testes iurati dicere debent, quod in casa illius, qui furtuna sua donavit, ille, in cuius leso festuca iactata est, ibidem mansisset et hospites tres vel 7

8

Auch Nehlsen bestreitet nicht, dass der Impuls zur Niederschrift der LSal auf Chlodwig zurückgeht; vgl. NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 468. Varianten des Textes geben Eckhardts Monumenta-Ausgaben der LSal, MGH LL I, 4, 1, S. 176-179 und MGH LL I, 4, 2, S. 134-139.

Verfügungen von Todes wegen im merowingisch-karolingischen Recht

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amplius ibidem collegisset et pavisset et hospites illi tres vel amplius [ei] de susceptione gratias egissent et in beodo pultes manducassent et illi testes [tres] collegissent. 6 [Et] ista omnia illi alii tres testes iurati dicere debent et [de] hoc, quod in mallo ante regem vel [in] legitimo mallo publico [et] ille, qui accepit in lesum furtuna ipsa aut ante regem aut in mallo publico legitimo, hoc est in mallobergo anttheoda aut thungino, furtunam illam, quos heredes appellavit, publice coram omnibus festucam in leso illius iactasset, hoc est ut novem [testimonia vel] testes ista omnia debent adfirmare.

Dieser Vorgang scheint auf den ersten Blick sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht archaisch und unverständlich zu sein. Über die Affatomie wird – parallel zum ebenfalls archaischen reipus, Tit. 44 LSal, 9 und zur chrenecruda, Tit. 58 LSal – vermutet, dass hier Rechtsvorstellungen erkennbar werden, die wahrscheinlich noch aus der toxandrischen Heimat der Franken stammen. 10 Träfe das zu, dann blickten wir mit diesem drei Titeln in das unter Franken geübte Recht des 5. Jh. zurück, in eine Zeit, als die Franken von der europäischen Dezentralisierungs- und Wanderungsbewegung noch nicht erfasst waren. 11 Wie weit die spekulativen Pole auseinander liegen, zwischen denen moderne Rechtsgeschichte des Frühmittelalters operiert, zeigt andererseits die Annahme, die im Chrenecruda-Titel der LSal angedeutete Auflassung als Grundstücksübertragungsgeschäft sei eine Übernahme römisch-konstantinischen Rechts durch die Franken, das diesen deswegen bekannt gewesen sei, weil sie im Anwendungsbereich des Breviars gelebt hätten.12 Hier urfränkische (germanische) Traditionen – dort spätrömische Kopien. Keines von beidem dürfte sich mit Sicherheit beweisen lassen. Leider gibt es keinen Anhalt dafür, dass es sich bei Affatomie, Reipus und Chrenecruda wirklich um das von fränkischen Siedlern und Herren an der Rheinmündung bis zum Ende des 5. Jh. tatsächlich geübte Recht handelt. Auch an Tit. 46 LSal zeigt sich aber, wie sehr ein ursprünglich wahrscheinlich einfaches und einleuchtendes, im kollektiven Bewusstsein verankertes und ebenso wahrscheinlich problemlos geübtes Verfahren dadurch verkompli9

10 11

12

Zum Reipus-Verfahren bestehen in der Tat Parallelen bei der Eingangsformulierung über das gebotene Ding, seine Besetzung und die tres causas. Es sind vor allem diese beiden Titel der LSal, die das fränkische mallus erkennbar machen. NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 469 f. Bei aller Achtung des Verbots der Rückprojektion erliegt hier sogar Nehlsen der Suggestivkraft des Textes, wenn er schreibt, dass der LSal angesichts der Affatomie-, Reipus- und Chrenecrudavorschriften auch für das germanische Recht ein einzigartiger Rang zukomme; vgl. NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 470. So WIELING, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 287, 294. Dem kann nicht gefolgt werden – und zwar deswegen, weil Tit. 58 LSal, die chrenecruda, nicht den Grundfall der gerichtlichen Übertragung regelt. Wieling geht auf Tit. 46 LSal nicht ein.

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ziert werden kann, dass es aus der einfachen, jedermann verständlichen Volkssprache in das fremde Latein übersetzt und dort immer wieder von des Lateins mehr oder weniger kundigen Schreibern fort- und abgeschrieben wurde. Die grammatischen Brüche13 und die daraus resultierenden Auslegungsprobleme sind nicht zu übersehen. Tit. 46 LSal gehört systematisch zum Normenbestand der Satzungen, nicht zu den Weistümern.14 Beide sind, wenn auch „nicht immer ganz reinlich“, 15 voneinander zu unterscheiden.16 Die Satzungen unterscheiden sich von den Bußkatalogen vor allem auch dadurch, dass in ihnen eine volkssprachige Glossierung weitgehend fehlt – ein Befund, der auch auf Tit. 46 LSal zutrifft. Eine Erklärung hierfür bietet Eckhardt, indem er darauf hinweist, dass die Weistümer zunächst in fränkischer Sprache gefunden und bei der Redaktion übersetzt wurden, während die Satzungen bereits lateinisch formuliert werden konnten.17 Die Beschreibung eines Titels als Satzung, nicht als Weistum, sagt nichts darüber aus, ob die Satzung neues Recht schuf oder geltendes Recht normierte oder umgestaltete. Diese Frage lässt sich nicht klären – vorsalisches Recht der Franken ist nicht überliefert. Zunächst ist der Text logisch gegliedert. In Tit. 46, 1-3 LSal wird das erforderliche Verfahren der Affatomie geschildert. Tit. 46, 4-6 LSal geben an, welchen Beweis derjenige zu erbringen hatte, der meinte, aufgrund einer Affatomie ein Vermögen oder Teile davon besitzen zu dürfen, wenn ein anderer dieses Recht bestritt. Diese zweite Gliederungsebene beschreibt aber dieselben Teilakte wie die erste, so dass es möglich erscheint, beide Ebenen zur Erklärung des Verfahrens heranzuziehen und beide aus einander zu ergänzen. Damit sind aber die Erkenntnismöglichkeiten, die zur Erklärung des Verfahrens der Affatomie bereitstehen, erschöpft. Es ist nicht ein Formular und nicht eine Urkunde überliefert, die eine voll ausgeprägte Affatomie wirklich einmal schildern würde. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die Affatomie ist ein schriftloser Vorgang, zugeschnitten auf ein mündliches, durch Symbole unterstütztes Gerichtsverfahren. Es gibt nur Urkunden bzw. Registereinträge, in denen die aus Tit. 46 LSal bekannten Worte und Symbole erwähnt werden.18 Einzig eine Analyse des Textbefundes von Tit. 46 LSal lässt sich anstellen. 13

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Vor allem die wechselnden Subjekte sind hinderlich: In der dritten Person Singular wird einmal von der ursprünglich die festuca werfenden Person und ein andermal von der die festuca im ersten mallum empfangenden Person gesprochen, ohne dass deutlich gemacht würde, dass ein Subjektwechsel stattgefunden hat; s. a. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 179. Beseler nannte Tit. 46 LSal eine „Beliebung “, vgl. DENS., Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 98. So E CKHARDT, Pactus Legis Salicae I 1, S. 178. BEYERLE, F., in: ZRG Germ. Abt. 44 (1924), S. 216 ff. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae I 1, S. 185. Vgl. dazu unten.

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(2) Der tatsächliche Vorgang, Tit. 46, 1-3 LSal Das aus dem Wortlaut rekonstruierbare Verfahren war dreiaktig. Der erste und der dritte Akt wurden im Gericht vollzogen. Dabei handelte es sich um unterschiedliche Gerichte: während der erste Akt vor dem mallus indicatus stattfand, wurde der dritte vor dem mallus legitimus 19 vorgenommen. Dazwischen20 fand ein öffentliches Verfahren im Hause einer der beteiligten Personen statt. An den drei Verfahrensabschnitten waren unterschiedliche Personen beteiligt. a) Vor dem mallus indicatus, dem ersten Teil, handelten zwei Personen: Jemand, der einem anderen21 eine festuca22 in den Schoß23 warf und eben dieser andere. Der Werfer wird hier als Verfügender bezeichnet, der andere als Mittelsperson. Beide durften miteinander nicht verwandt sein.24 Der Verfügende musste die festuca der Mittelsperson zuwerfen, worin sich seine Handlung freilich nicht erschöpfte. Er musste vielmehr, nachdem er die festuca geworfen hatte, zusätzlich erklären, wem und in welchem Ausmaß das durch die festuca symbolisierte Vermögen25 letztendlich zufallen sollte: Et ipse, in cuius lesum festucam iactavit, dicat verbum, de furtunam suam, quantum ei voluerit dare, aut si totam aut media furtunam [suam], cui voluerit dare. 19

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Der fränkische mallus indicatus, das (nach Bedarf einberufene) gebotene Ding, soll für die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig gewesen sein; so GEFFCKEN, Lex Salica, S. 179. Der mallus legitimus fand wahrscheinlich zu festen Terminen an fester Gerichtsstätte (mallobergus) statt – s. dazu und zur Rolle von Thungin und Zentenar im gebotenen und im echten Ding S CHMIDT-WIEGAND, Art. „Mallus, mallum “, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 III (1984), Sp. 217 f. Der zweite Akt ist mit postea an den ersten, der dritte ebenso an den zweiten angeschlossen. Aus et sic festucam in lesum iactet muss gefolgert werden, dass der Werfer die festuca nicht sich selbst oder dem Gericht in den Schoß wirft, sondern einem anderen, der vorher ausgewählt wurde. Eine festuca konnte vielerlei sein: Zweig, Halm, Ähre oder hölzerner Stab (mit oder ohne Kerbzeichen). S. OGRIS, Art. Festuca, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1550 ff. Weiter ausführlich BEYERLE, in: ZRG Germ. Abt. 58 (1938), S. 788 ff. VOSER, Altdeutsche Liegenschaftsübertragung, S. 40-45, versuchte zu zeigen, dass die festuca ein Personalsymbol gewesen sei, in die eine Personalmarke des Trägers eingekratzt gewesen sei. S. a. JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 154 f.: dauerhafter Gegenstand, der seine Herkunft von einer Person erkennen ließ. Mir scheint diese zusätzliche Bedeutungsebene einer personellen Verknüpfung nicht erforderlich zu sein. Ob lesum oder laisum Mantelfalte, Brust oder Schoß bedeute, soll dahinstehen. Qui ei non pertineat meint die Mittelsperson. Sie darf dem Verfügenden nicht zugehören. RICHARD S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 30 f. hat Einigkeit dahingehend konstatiert, dass ein Verwandtschaftsverhältnis ausgeschlossen sein soll. Es besteht kein Grund, hiervon abzuweichen. Bereits H ASSE, in: RheinMJ 2 (1828), S. 149, 177 stellte auf das Vermögen als Gegenstand des Geschäfts ab.

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Bezüglich dieser Formulierung kann erwogen werden, ob es sich bei dieser Erklärung um eine Erklärung mittels feststehender Formeln gehandelt habe oder nicht. Hierfür könnte sprechen, dass der Text die etwas gekünstelte Wendung dicat verbum wählt. Letztlich ist dies aber irrelevant für die Frage nach der Rechtsnatur der Affatomie – Tit. 46 LSal klärt auch nicht weiter, wie dieses verbum hätte formuliert sein müssen. Es lässt sich also lediglich konstatieren, dass die Norm vielleicht auf eine heute unbekannte Formel verweist. Die zweite handelnde Person, die Mittelsperson, war an allen rechtlich relevanten Teilabschnitten des Rechtsgeschäfts beteiligt. Sie erhielt die festuca im gebotenen mallus, sie handelte im Hause des Verfügenden und sie gab die festuca im mallus legitimus weiter. Die Verwendung des Begriffes „Salmann“ 26 für diese Mittelsperson ist insofern hilfreich, als eine aus dem hohen Mittelalter bekannte Institution – eben der „fränkische“ Salmann – bereits in der LSal vorgefunden werden kann. Diesen Gedanken verfolgte auch Beseler, indem er formulierte, dass die Spuren der Affatomie sich durch das ganze deutsche Mittelalter verfolgen ließen und dass sie im späteren Mittelalter in der Person der Salmannen wieder festere Gestalt angenommen hätten.27 Demgegenüber muss aber daran festgehalten werden, dass keine Hs der LSal an irgendeiner Stelle den Terminus „Salmann“ verwendet. Statt des textlich nicht belegbaren Salmannes sollte daher eine begrifflich indifferente Formulierung (Mittelsperson, Mittler) verwendet werden. Im ersten Akt vor dem mallus indicatus handelten demnach zwei Personen – der Verfügende und die Mittelsperson. Thunginus und/oder Zentenar und auch die tres homines waren für die Affatomie nur insofern wichtig, als sie das Gericht repräsentierten und den Erklärungen und Handlungen der beteiligten Personen den erforderlichen öffentlichen Rahmen gaben. Sie hatten keinen erkennbaren Einfluss auf die zwischen dem Verfügenden und der Mittelsperson vorzunehmenden Handlungen oder auf die abzugebenden Erklärungen. Es soll daher an dieser Stelle auch nicht weiter zu den Streitfragen um die Rolle des scutum, das der Thunginus haben sollte,28 und der tres causas,29 die von drei Männern gestellt werden mussten, Stellung genommen werden. Hier entscheidend ist allein, dass es sich bei dem ersten Gericht, das abgehalten wurde, nicht um ein reguläres Gericht handelte oder handeln musste, 26 27 28 29

Vgl. nur VOSER, Altdeutsche Liegenschaftsübertragung, S. 8 und ständig im Text. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 101. S. dazu erschöpfend schon GEFFCKEN, Lex Salica, S. 168 f. Die Deutungen reichen von „Hegungsfragen “ – s. K ÖBLER, Art. „Hegung “, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 II (1978), Sp. 36 – bis zu „Scheinprozessen “ – vgl. z. B. VAL DE LIÉVRE, Launegild und Wadia, S. 121. Streitstand des 19. Jh. bei GEFFCKEN, Lex Salica, S. 169 f. Diese Frage ließe sich entscheiden, wenn klar wäre, wer in dieser Formulierung das Subjekt ist: der thunginus oder die tres homines. Diese Vorfrage aber wird wohl unbeantwortbar sein.

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sondern dass der erste Teilakt der Affatomie vor einem mallus indicatus stattfinden konnte. Eine Übersetzung30 des ersten Teilaktes könnte lauten: Man ist übereingekommen darauf zu achten, dass der Thingrichter oder der Zentenar ein Gericht festsetzen, dass sie an diesem Gericht einen Schild haben müssen und dass drei Männer drei Fragen [über dieses Gericht] beantworten müssen. Danach erwählen sie einen, der nicht zu ihm gehört und dann werfe er einen Stab in [dessen] Schoß. Und der, der den Stab in dessen Schoß geworfen hat, sage an, wieviel von seinem Vermögen er ihm geben wolle oder, wenn [es] das ganze oder das halbe Vermögen [betrifft], wem er [es] geben wolle.

b) Der Bewirtungsakt. Der zweite Teil spielte sich im Hause des Verfügenden ab. Hier handelte die Mittelsperson, indem sie dort verweilte. Wie lange das dauern musste, ist der Quelle nicht zu entnehmen. Vertreten wird, dass die Mittelsperson während der gesamten Dauer vom ersten bis zum dritten Teil im Haus des Verfügenden habe verbleiben müssen.31 In Anbetracht des Schweigens von Tit. 46, 2 LSal hierzu kann so weit schwerlich gegangen werden. Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Verfügende das Haus während des Verweilens der Mittelsperson hätte räumen müssen. Während ihres Aufenthaltes musste die Mittelsperson drei oder mehr Gäste mit einer Mahlzeit bewirten.32 Hieran schließt die Quelle eine in die rechtliche Bewertung übergreifende Bemerkung an. Die Mittelsperson musste während ihres Aufenthalts und während der Bewirtung im Haus des Verfügenden so viel von dessen Mobiliarvermögen33 in ihrer Gewalt haben, wie ihr anvertraut war. Auch hier soll ein Übersetzungsversuch nicht fehlen: Danach muss der, in dessen Schoß er den Stab geworfen hat, in dessen Haus bleiben, muss drei [oder mehr] Gäste aufnehmen und muss von dem Vermögen so viel, als ihm gegeben ist, in seiner Macht haben. Danach muss der, dem das anvertraut ist, dies alles mit zugezogenen Zeugen tun.

30 31 32

33

Alle hier vorgeschlagenen Übersetzungen versuchen, sich so nahe wie möglich am Text zu halten. S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 40. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 182: der Mittelsmann sei als Hausherr aufgetreten, indem er dessen „schönstes Recht, die Bewirtung von Gästen “ ausübte und sich dafür habe danken lassen. Die uneinheitliche Wortwahl (fortuna in Tit. 46, 1; facultas in Tit. 46, 2 LSal) ist erklärbar. Im mallus indicatus konnte die fortuna, das gesamte Mobiliar- und Immobiliarvermögen, Objekt der Verfügung sein. Im Bewirtungsakt symbolisierte das Verweilen und die Bewirtung im Haus des Verfügenden, dass die Mittelsperson das Immobiliarvermögen in ihrer Gewalt hatte. Dass sie darüber hinaus die Mobilien (facultas) in ihrer Gewalt haben musste, wenn sie erfasst sein sollten, war gesondert auszusprechen; vgl. S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 35; s. a. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 180 f. Damit erfasst die Affatomie wohl beides: Fahrnis und Liegenschaft; a. A. SOHM, in: ZRG Germ. Abt. 1 (1880), S. 1, 40.

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c) Der Festucawurf im mallus legitimus. Nach Tit. 46, 3 LSal fand die Affatomie ihren Abschluss in einem echten mallus. 34 Damit waren mit einer vollständigen Affatomie zwei unterschiedliche Gerichte befasst: das gebotene Schöffengericht35 und (mindestens) das in etwa sechswöchigem Abstand regelmäßig stattfindende echte Grafengericht. Damit war eine für unschriftliche Verfahren maximale Publizität erreicht. Auch hier ist eine Übersetzung mit grammatischen Problemen, vor allem Subjektwechseln36, konfrontiert. Ich schlage folgende Übersetzung vor: § 3 Später muss er [die Mittelsperson] entweder vor dem König oder vor ordentlichem Gericht [das Vermögen] dem, dem er [der Verfügende] das Vermögen bestimmt hat, wiedergeben und er [der Bedachte] empfange den Stab [durch Werfen ins Gewand] in diesem Gericht vor zwölf Monaten und [er – die Mittelsperson] werfe ihn denen, die er [der Verfügende] als Erben bestimmt hat, in den Schoß, [und erkläre dabei, was er übergibt] weder weniger noch mehr als ihm anvertraut ist.

Hieraus wird deutlich, dass der aktiv Handelnde im mallus legitimus die Mittelsperson war. Sie musste später, also nach dem Bewirtungsakt, etwas wiedergeben. Eine sinnvolle Ergänzung für das fehlende Objekt in diesem Satzteil ist das Vermögen des Verfügenden. Dieses Vermögen musste also nach dem Bewirtungsakte weitergegeben werden und es liegt nahe, dass diese Weitergabe wieder mittels einer das Vermögen symbolisierenden festuca vollzogen wurde. aa) Dazu empfing der Begünstigte zunächst eine festuca – das ergibt sich aus accipere.37 Die vom Verfügenden bezeichneten Bedachten erhielten also „ih34

35

36

37

Entweder (ante regem) im Königs- oder auch (vel legitimo mallo publico) im Grafengericht. Glossiert: in mallobergo anttheoda aut thungino. Damit sind die drei bekannten Gerichte „komplett “: Schöffengericht (gebotenes Ding), Grafengericht (echtes Ding) und Königsgericht. Nicht erörtert werden sollen hier die Probleme, die sich mit den eventuellen Unterschieden zwischen Rachinbürgen und Schöffen und der Verdrängung des thunginus durch den grafio verbinden. Solche Subjektwechsel in archaischen Texten mögen heute problematisch erscheinen. Unterstellt, der Text wurde schriftunkundigen Personen verlesen, ist, diesen Hinweis verdanke ich Gero Dolezalek, das Problem gemildert, denn der Vorlesende konnte den Text gestisch begleiten und jeweils auf die gemeinte Person zeigen. Dieser Gedanke beinhaltet, dass der Text im mallus tatsächlich verlesen wurde – eine letztlich nicht beweisbare Annahme. Unwahrscheinlich ist, dass die Mittelsperson das Subjekt zu accipiat abgibt. Der Wortlaut ermöglicht eine solche Annahme. Die Mittelsperson hätte die festuca dazu im Anschluss an den mallus indicatus wieder zurückgeben müssen, um sie im gebotenen mallum erneut entgegennehmen zu können. Eine solche Annahme erscheint problematisch: Unklar bliebe, an wen die festuca hätte zurückgegeben werden müssen (an den Verfügenden oder an den thunginus?). Außerdem macht die festuca als Symbol für das Vermögen während der Zeit zwischen den beiden Gerichtstagen eher Sinn in der Hand des Mittlers.

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re“ jeweilige festuca durch die Mittelsperson im Grafengericht ebenso zugeworfen, wie der Verfügende sie im mallus indicatus der Mittelsperson zugeworfen hatte. Dabei symbolisierte die festuca wieder das Vermögen bzw. den genau bezeichneten Teil desselben.38 Passiv handelte im dritten Teil also auch der letztendlich Begünstigte. Diese Person ist die einzige, die vom Verfasser der Quelle mit einem terminus technicus bezeichnet wird – und diese Bezeichnung ist inhaltlich aufgeladen. Tit. 46, 3 und Tit. 46, 6 LSal nennen sie heres. Damit ist in die rechtliche Bewertung übergegriffen. Doch es besteht noch ein tatsächliches Problem – unklar ist nämlich, welche Frist in Tit. 46, 3 LSal angegeben ist. Die Fristenangabe in mallo ipso ante duodecim menses ist einer der Dreh- und Angelpunkte des Streites um die rechtliche Würdigung der Affatomie. bb) Dass in mallo ipso ante duodecim menses als „in diesem Gericht vor zwölf Monaten“ übersetzt werden muss, kann wegen der Bedeutung von ante nur schwer bestritten werden. Diese Fristangabe erlaubt aber im Wesentlichen drei Deutungen, da der dies a quo nicht eindeutig bestimmt ist. Angeknüpft werden könnte einerseits an den mallus indicatus. Dann hätte der Mittler zwölf Monate Zeit gehabt, das Vermögen an den Bedachten zu übergeben. Andererseits könnte der Fristlauf wegen der Konjunktion postea mit dem Bewirtungsakt begonnen haben. Schließlich ist vertreten worden, Fristbeginn sei der Tod des Verfügenden gewesen. 39 Von diesen drei möglichen Zeitpunkten hat der erste die meiste Wahrscheinlichkeit für sich. Das beginnt schon mit dem Wortlaut. Tit. 46, 3 LSal zieht die beiden Gerichtstage grammatisch eng zusammen. Im zweiten mallus sollte die Mittelsperson die festuca aus dem vor zwölf Monaten abgehaltenen mallus indicatus weiter werfen. Sollte, nachdem sich der Wortlaut der Quelle entgegen dem ersten Anschein als in sich konsequent herausgestellt hat, anzunehmen sein, dass er an dieser Stelle uneindeutig sein sollte und sollte der Zusammenhang der beiden Gerichtstage wirklich auseinander gerissen worden sein? Da ferner nicht zu erkunden ist, wie lange sich die Mittelsperson im Hause des Verfügenden aufhalten sollte und wann die Bewirtung der Gäste stattzufinden hatte, kann es wohl als unwahrscheinlich gelten, dass Tit. 46, 3 LSal den Fristbeginn ganz in die Hand der Mittelsperson gelegt40 und dem Verfügenden und dem Bedachten ganz entzogen haben sollte. Dies sollte erst dann angenommen werden, wenn sich ein entsprechender Anhalt im Text finden sollte – was nicht der Fall ist. Hinzu kommt, dass, wie Richard Schmidt hervorgehoben hat,41 die Bewirtung der Gäste keine rechtsbegründende Bedeutung hatte, sondern nur der Beweisführung des Bedachten diente. 38 39 40 41

A. A. noch VOSER, Altdeutsche Liegenschaftsübertragung, S. 41. So z. B. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 182 f. und S CHUPFER, Thinx e Affatomia, S. 1, 3234. Das gilt sowohl für die Aufenthaltsnahme als auch für die Bewirtung. Vgl. S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 42.

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Ganz ausgeschlossen werden kann diese Auslegung aber wegen des unmittelbaren Anschlusses von Tit. 46, 3 an Tit. 46, 2 LSal lediglich durch die Konjunktion postea nicht, sie ist nur unwahrscheinlich. Der Tod des Verfügenden als Fristbeginn muss jedoch ausscheiden. Dies folgt schon daraus, dass die Quelle in dieser Hinsicht keine Andeutung enthält. Weder Tit. 46, 2 (die Bewirtung) noch Tit. 46, 3 (der zweite mallus) wurden ausdrücklich davon abhängig gemacht, dass der Verfügende mittlerweile tot sei. Wer aus diesem Faktum aber die Gefahr schließt, dass die Mittelsperson und der Bedachte dahingehend hätten gegen den Verfügenden zusammenwirken können, dass sie diesem zu seinen Lebzeiten das im ersten mallus bezeichnete Vermögen hätten unwiederbringlich entziehen können, 42 nimmt eine Schlussfolgerung in Hinsicht auf die rechtliche Bewertung der Affatomie vor und projiziert dieselbe auf die Tatsachenebene. Hinzu kommt, dass, sollte der Tod des Verfügenden der dies a quo für den Fristlauf gewesen sein, sich die tatsächliche Gefahr, dass die Mittelsperson starb, gegenüber dem Fristlauf ab erstem mallus beträchtlich erhöht haben würde. Der Verfügende musste im letzteren Fall (nur) eine Mittelsperson auswählen, die die nächsten zwölf Monate höchstwahrscheinlich überlebte. Im ersteren Falle hätte er dagegen eine Mittelsperson wählen müssen, von der anzunehmen war, dass sie ihn, den Verfügenden, überlebte. Da kein Mindestalter für den Verfügenden angegeben ist, hätte das bei jüngeren Verfügenden die Möglichkeiten nicht unerheblich eingeschränkt. Die Ansicht, der Fristlauf habe mit dem Tod des Verfügenden begonnen, nimmt zeitlich lange Streckungen des Verfahrens in Kauf – und das ist im Hinblick auf die geforderte Zahl der Zeugen untunlich. Wer diese zeitlich langen Streckungen vermeiden will, der könnte noch unterstellen, dass die Affatomie nur solchen Personen offen stand, die dem Tode schon nahe waren. Einen Anhalt dafür liefert Tit. 46 LSal aber nicht. Nach allem gibt der Wortlaut von Tit. 46, 1-3 LSal einen Zeitrahmen von zwölf Monaten43 vor, in dem die drei Teilabschnitte erledigt sein mussten. Anfangspunkt war der mallus indicatus, Endpunkt der mallus legitimus. Innerhalb dieses zeitlichen Rahmens, während dessen der Mittler im Besitz der festuca – und damit des Vermögens – war, musste die für den Beweis wichtige Gästebewirtung vollzogen werden. Eine vor mehr als zwölf Monaten im gebotenen Schöffengericht begonnene Affatomie konnte im regulären Grafengericht also nicht mehr abgeschlossen werden, wie andererseits eine Affatomie, deren erster Teilakt keine zwölf Monate zurücklag, im regulären Grafengericht noch nicht abgeschlossen werden konnte. Für jede im gebotenen Schöffengericht begonnene Affatomie ergab sich somit ein fester, dem Belie42

43

M. E. dürfte es v. a. dieser Gedanke sein, der GEFFCKEN, Lex Salica, S. 182 f. bestimmt hat, den Tod des Verfügenden als den entscheidenden dies a quo anzusehen. So auch SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 982.

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ben der Parteien entzogener Abschlusstermin. Mit dieser Erklärung dürfte es sich um ein seiner theoretischen Struktur nach effektives und der Rechtssicherheit dienendes, maximale Publizität bezweckendes Verfahren gehandelt haben.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Zunächst sind einige bedeutsame Feststellungen eher unproblematisch. Der Text von Tit. 46 LSal ist in zwei verschiedene Blöcke gegliedert. Die §§ 1-3 schildern tatsächlich ablaufende Geschehnisse, während die §§ 4-6 für die geschilderten Teilstücke des Geschäfts die Zahl der jeweils beizuziehenden Zeugen benennen. Dem liegt wahrscheinlich die Fähigkeit des Urhebers des Textes zugrunde, zwischen faktischen Wirksamkeitsvoraussetzungen und formalen Beweiserfordernissen zu differenzieren – beide wurden auseinandergehalten. Ebenso erkennbar ist, dass die Affatomie ein Rechtsgeschäft war, das in jeglicher Beziehung maximale Publizität verlangte. Kein Teil des Geschäfts konnte von irgendeiner der handelnden Personen (Verfügender, Mittelsmann, Begünstigter) zeugenlos vorgenommen werden. Sodann ist Stellung zu nehmen zu der Frage, ob die mit „rechtliche Würdigung“ überschriebene Betrachtungsweise angesichts der LSal berechtigt ist. Die LSal ist – wie die anderen Volksrechte auch – keine Kodifikation. Sie entstammt einer Zeit und einer Umwelt, der sowohl das systematische Denken der hochmittelalterlichen Scholastik als auch das rationalistische Denken der Neuzeit fremd waren. Im besten Falle handelt es sich um eine aus der realen Anschauung geschöpfte, in unbekanntem Ausmaß selektive Aufzeichnung von Sätzen, mit denen sektorielle Einblicke in das abstraktgenerelle Denken des oder der Aufzeichnenden möglich werden. Das Schweigen der Rechtsquelle zu einem bestimmten, aus später aufgezeichnetem Recht bekannten Problem kann daher nicht z. B. als beredtes Schweigen zur Auslegung herangezogen werden. Dort, wo die Rechtsquelle redet, handelt es sich um Sätze, die Probleme behandeln, die zu jeder Zeit als Rechtsprobleme bezeichnet werden dürfen. Sie geben Antworten darauf, wie sich die Aufzeichnenden die Regelung von spezifischen Konflikten vorstellten. Diese Konflikte müssen im Umkreis der Aufzeichnenden real existent und regelungsbedürftig, aber auch regelungsfähig gewesen sein. Wie groß der durch die Aufzeichnung beeinflussbare Umkreis der Aufzeichnenden gewesen ist, kann nicht sicher abgeschätzt werden. Das ist aber auch nicht so wichtig, denn schon die Tatsache, dass die Aufzeichnenden ein ihnen vorliegendes Rechtsproblem losgelöst vom Einzelfall in Worte gefasst haben – und nichts anderes, insbesondere keine systematische Betrachtungsweise an Stellen, wo sie unmöglich ist44 – rechtfertigt die Be44

Dass eine solche systematische Betrachtungsweise bei bestimmten Gruppen von Sätzen möglich ist, hat Eva Schumann (wenn auch nicht explizit für die LSal) nachgewiesen; vgl. DIES., Unrechtsausgleich im Frühmittelalter, (bisher unveröffentlichte) Habilitationsschrift, Leipzig 2003.

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trachtung dieser Sätze mit juristischem Erkenntnisziel. Dies vorausgesetzt sind zwei Fragen zu beantworten. Erstens ist fraglich, ob die Affatomie familienrechtlich oder vermögensrechtlich wirkte. Diese Fragestellung ist aus methodischen Gründen zulässig, denn sie beachtet das Faktum, dass die LSal keine Kodifikation in einem neuzeitlichen Sinne war. Das Adjektiv „familienrechtlich“ impliziert nicht die Suche nach einem System des „Familienrechts“ in der LSal, sondern umschreibt nur die Frage, ob Tit. 46 LSal eine Verwandtschaftsbeziehung zwischen Personen herstellte oder nicht. Das Adjektiv „vermögensrechtlich“ wiederum fragt nicht nach dem „Sachen-“ oder dem „Erbrecht“ der LSal, sondern danach, ob Tit. 46 LSal eine Beziehung zwischen Personen und Sachen herstellte. Die Beantwortung dieser Fragen ist möglich, ohne dass damit unterstellt werden müsste, dass den Redaktoren der LSal die vorgelagerten systematischen Größen Personen- und Sachenrecht bekannt gewesen seien und dass sie diese ihrer Aufzeichnung zugrundegelegt hätten. Das beruht auf folgenden Grundlagen: Vermögensrechtliche Aussagen werden überall dort getroffen, wo zwischen „mein “ und „dein “ unterschieden wird. Diese Grundlagen werden im Reich der Merowinger gegeben gewesen sein. Anders als z. B. Hattenhauer meinte,45 wird hier davon ausgegangen, dass die Unterscheidung zwischen „mein “ und „dein“ sich auch auf Liegenschaften erstreckte und dass die Übertragung von Liegenschaften zur Zeit der Recensio Chlodovea der LSal möglich gewesen ist. 46 Wird jedoch diese erste Frage zugunsten der vermögensrechtlichen Wirkung beantwortet, stellt sich zweitens die Anschlussfrage, ob die Affatomie sachenrechtlich oder erbrechtlich wirkte, oder, anders ausgedrückt, ob dem Begünstigten sofort ein Recht am Vermögen des Verfügenden übertragen wurde oder nicht, oder, noch anders gefragt, ob sie eine Verfügung unter Lebenden oder eine Verfügung von Todes wegen war. Die beiden Fragen spalten die Lager seit Jahrhunderten,47 auch heute herrscht Dissens.48 a) Familienrecht oder Vermögensrecht? Die Familienrechtsthese geht davon aus, dass die Affatomie eine Annahme an Kindes Statt bewirkte und zwischen

45 46 47 48

H ATTENHAUER, Die Entdeckung der Verfügungsmacht, S. 11. JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 49 u. öfter. Ich verweise auf die Auflistung bei S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 47 ff. Vgl. ANEX-CABANIS, Art. Affatomie, in: LexMA I, Sp. 194 (familienrechtliche These). Die Erstauflage des HRG verwies von der Affatomie auf die Annahme und von dort auf die Adoption, ohne dass WACKERNAGEL, Art. Adoption, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 57, zur Affatomie ausführlich Stellung bezogen hätte. Er bezeichnete sie als eine Adoption im weiteren Sinne, bei der es sich um ein erbrechtliches Geschäft gehandelt habe.

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Verfügendem und Bedachtem ein vorher nicht bestehendes49 Verwandtschaftsverhältnis begründete, so dass das Vermögen des Verfügenden im Wege der Verwandtenerbfolge auf den Begünstigten überginge. Die Affatomie stellte dann keine Durchbrechung des Verwandtenerbrechts dar. aa) Klar familienrechtliche Züge trug die Affatomie bei Heinrich Gengler. 50 Heinrich Zoepfl hielt die Affatomie für eine Adoption; er argumentierte aber weiter, eine Person solle durch sie das Recht eines geborenen Erben erhalten.51 Damit wäre die Affatomie vor allem als ein familienrechtlicher Vorgang zu verstehen, der aber terminologisch erbrechtlichen Gedanken geöffnet wird. Auch Karl v. Amira scheint dieser Auffassung gewesen zu sein. Nach ihm stellte die Affatomie die Einführung einer mit dem Erblasser nicht im ersten Grade verwandten Person in den engeren Erbenkreis dar.52 Weitere Vertreter der Familienrechtsthese waren Max Pappenheim, der meinte, die Affatomie sei eine Adoption, die der Vermögensübertragung im Erbwege diene, der Vorgang sei familienrechtlich, der damit verfolgte Zweck erbrechtlich;53 Rudolph Sohm, der in der Affatomie einen familienrechtlichen Vorgang mit der Rechtsfolge der Übergabe des beweglichen Vermögens sah;54 Andreas Heusler, der die Meinung vertrat, mit der Affatomie schaffe sich der Familien- und Verwandtschaftslose einen Leibeserben künstlich, nehme ihn also in den Erbenkreis auf und schaffe für den Begünstigten eine echte Universalsukzession,55 Francesco Schupfer, der die Affatomie wie das 57 langobardische thinx für eine Adoption hielt, 56 Alfred Schultze, Robert Müller,58 Anton Kilchmann,59 Karl August Eckhardt,60 Walter Schönfeld, 61 Giulio Vismara62 und schließlich 1951 Peter Voser, der die Affatomie als direkt aus der Adoption heraus entstanden erklärte. 63 49 50 51 52 53 54 55

56 57

58 59 60 61 62 63

Erbenlosigkeit setzt auch SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 982 voraus. GENGLER, Deutsches Privatrecht, S. 734. ZOEPFL, Deutsche Rechtsgeschichte III, S. 233. V. AMIRA, Grundriss des germanischen Rechts, S. 175. P APPENHEIM, Launegild und Garethinx, S. 66. SOHM, in: ZRG Germ. Abt. 1 (1880), S. 1, 40 Fn. 54. HEUSLER, Institutionen II, S. 621-625. Hinsichtlich der Voraussetzung der Erbenlosigkeit ist er vorsichtig und rekurriert auf ein vielleicht, vgl. DENS., Institutionen II, S. 622 f. S CHUPFER, Thinx e Affatomia, S. 36. SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 16. MÜLLER, in: ThSZs 1 (1911), S. 73, 74. KILCHMANN, Die Verfügungen von Todes wegen, S. 10 f. V. AMIRA /E CKHARDT, Germanisches Recht II, S. 70 f. S CHÖNFELD, in: ZRG Germ. Abt. 42 (1921), S. 240, 249. VISMARA, Scritti di storia giuridica VI, S. 107, 140. VOSER, Altdeutsche Liegenschaftsübertragung, S. 9-17.

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Diese Aufstellung aus der älteren Literatur ist nicht vollzählig und ließe sich vermehren. Entscheidend ist, dass die familienrechtliche These nicht Rechtsgeschichte ist, sondern heute z. B. von Danielle Anex-Cabanis, 64 Ruth Schmidt-Wiegand und Hans Hattenhauer65 und wohl auch von Peter Oestmann,66 Martin Lipp, 67 und Hans Rudolf Hagemann68 vertreten wird. Letztere verweisen immer dann auf das Stichwort „Adoption “, wenn sie im Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte über „Affatomie“ schreiben. bb) Stützen lässt sich die familienrechtliche Hypothese auf den Wortlaut von Tit. 46 LSal nach hiesigem Dafürhalten nicht. Der Text deutet ein „Eltern Kind “-Verhältnis zwischen dem Verfügenden und dem Bedachten nicht an. 69 Statt dessen würde, sollte es sich um eine Annahme an Kindes Statt handeln, ein verwunderliches Verfahren geschildert: Vater/Mutter und Sohn/Tochter bekamen sich vor Gericht nicht zu sehen, ein Symbol wurde weitergereicht, mit dem – bezöge es sich nicht auf das Vermögen, sondern drückte es die Verkörperung des „Eltern Kind“-Verhältnisses aus – das Kind gewissermaßen sich selbst in die Hand gegeben worden sei. Wie konnte, wenn A dem B eine festuca zuwarf, darin eine Adoption von C liegen und wie konnte ein Festucawurf zwischen B und C zwischen diesem und A ein Verwandtschaftsverhältnis begründen, ohne dass A hieran noch beteiligt war? Die familienrechtliche These vernachlässigt schließlich auch die festuca als Symbol. So verwendet Tit. 46 LSal mit den Worten festucam in laisum jactare ein Synonym für das fortunam in laisum jactare – die festuca symbolisierte demnach das Vermögen;70 was auch mit dem Zweck der Handlung in der casa übereinstimmt, die wahrscheinlich dazu diente, den Mittelsmann als Herrn des Vermögens zu zeigen; also handelte es sich eher nicht um einen familienrechtlichen, sondern sehr wahrscheinlich um einen vermögensrechtlichen Vorgang.71

64 65

66 67 68 69 70

71

A NEX-CABANIS, Art. Affatomie, in: LexMA I, Sp. 194: „Adoption auf den Erbtitel “. S CHMIDT-WIEGAND, in: ZRG Germ. Abt. 84 (1967), S. 275, 287; DIES., Art. Affatomie, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2004), Sp. 81 f.; HATTENHAUER, Die Entdeckung der Verfügungsmacht, S. 11. OESTMANN, Art. Formstrenge, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1628. LIPP, Art. Erbfolgeordnung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1361. H AGEMANN, Art. Erbrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1376. So schon BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 105. Oder Teile bzw. eine Quote desselben und nicht etwa ein imaginäres Familienband. Wer, wie Voser, die festuca für ein Personalsymbol hält, muss das bestreiten. H ASSE, in: RheinMJ 2 (1828), S. 149, 177; S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 56, 64.

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cc) Diese Überlegung wird noch durch ein weiteres, m. E. entscheidendes Argument gestützt. Angenommen, es handelte sich bei der Affatomie um einen Adoptionsvorgang: wie lässt es sich damit vereinbaren, dass Tit. 46, 1-3 LSal die Möglichkeit vorsehen, dass der Verfügende mittels des Halmes nicht seine gesamte fortuna, d. h. nicht sein gesamtes Vermögen seinem Mittelsmann in den Schoß warf, sondern nur Teile desselben, was dadurch flankiert wird, dass der Mittelsmann im Haus des Verfügenden von dessen Vermögen auch nur so viel in Gewalt haben sollte, wie ihm zugeworfen worden war und dass er schließlich nur genau die ihm zugeworfenen Teile des Vermögens dem Begünstigten wieder mittels des Halmes zuwerfen durfte? Wer vertritt, dass es sich bei der Affatomie um einen familienrechtlichen Vorgang handelte, der müsste folgerichtig annehmen, dass die LSal eine auf bestimmte Vermögensteile beschränkte Teiladoption kannte. Eine solche gegenständlich beschränkte Annahme an Kindes statt wäre ein Rechtsinstitut ohne Beispiel und es fällt schwer anzunehmen, dass die Verfasser der LSal ein solches wirklich vor Augen hatten. Die Annahme an Kindes Statt kann, weil sie keinen unmittelbaren Bezug zum Vermögen sowohl des Annehmenden als auch des Angenommenen, sondern unmittelbare personenrechtliche Folgen hat, nicht nur teilweise stattfinden. Sie kann nur die Person des Annehmenden betreffen und diese auch nur ganz. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass dies den Redaktoren der LSal unbekannt gewesen wäre. dd) Dieser Einwand ist den Vertretern der Familienrechtsthese geläufig. Der rechtsdogmatische Ausweg aus dieser Situation ist die Annahme, es gebe eine so genannte abgeschwächte Form der Adoption, eine Adoption, die nicht sofort familienrechtlich wirke und den Bedachten nicht sofort zum Kind des Verfügenden mache. Keiner der oben genannten Autoren vertrat deshalb die rein familienrechtliche These. Diese abgeschwächte Adoptionsform sei – die Wortwahl schwankt – die adoptio in hereditatem gewesen, und sie habe dem Adoptierten lediglich die erbrechtliche Stellung eines Abkömmlings des Verfügenden verschafft.72 Es ist zu vermuten, dass diese Überlegung nicht unwesentlich von der so genannten Erwachsenenadoption inspiriert ist. Widerspruchsfrei löst aber auch diese Überlegung das Problem der auf einzelne Vermögensbestandteile beschränkten Adoption nicht. Streng genommen müsste die Affatomie als abgeschwächte Adoption, und wenn sie darüber hinaus noch auf einzelne Vermögensteile beschränkt wurde, als doppelt abgeschwächte Adoption bezeichnet werden – womit aber von einer Adoption eigentlich nichts mehr übrig bliebe. Mit einer solchen Argumentation wird der Ausgangspunkt der Adoption aufgegeben: Das so definierte Rechtsgeschäft erfasst nicht mehr die Person des Adoptierten, sondern es weist der Person vermögensrechtliche Positionen zu. Das aber ist bereits keine familienrechtliche Argumentation mehr. 72

Vgl. S CHUPFER, Thinx e Affatomia, S. 3: „posizione ereditaria di un figlio legittimo “.

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Letztlich bleiben zur Stütze der familienrechtlichen These nur zwei Argumente – das eine ist die Titelüberschrift73 – in den Varianten de adfathumire bis de adchramire74, das andere die These von der Unzulässigkeit postmortaler Verfügungen im so genannten „germanischen“ Erbrecht. b) Sachenrecht oder Erbrecht? Eine vermögensrechtliche Wirkung der Affatomie lässt sich mit dem Wortlaut von Tit. 46 LSal besser vereinbaren als eine familienrechtliche. 75 Gegenstand des Geschäfts war nicht die Person des Bedachten, sondern das Vermögen des Verfügenden oder Teile davon. Die Anschlussfrage, ob die Affatomie sofort (sachenrechtlich) wirkte oder ob ihre (erbrechtliche) Wirkung davon abhing, dass der Bedachte den Verfügenden überlebte, ist damit noch nicht beantwortet. Bei der Darstellung der hierzu vertretenen Meinungen fällt eine zeitliche Zäsur ins Auge. Autoren des 18. Jh. vertraten oft die Erbrechtsthese.76 Im 19. Jh. ist diese Theorie überwiegend aufgegeben worden, obwohl sie immer wieder vereinzelte Anhänger wie Friedrich Wiarda, der meinte, die Affatomie biete die Form für einen mündlichen Erbvertrag und für eine Schenkung von Todes wegen77 oder Heinrich Geffcken, der es zwar vermied, sich ganz klar auszusprechen, aber einer erbrechtlichen Beurteilung immerhin zuneigte, 78 fand. Schon Karl Friedrich Eichhorn jedoch hielt die Affatomie für ein Geschäft, durch das ein Recht übertragen wurde, und dem Empfänger außer dem Eigentumsbesitz auch den Beweis der Erwerbung, Sicherheit der Vertretung und besonders das wichtige Recht, nach Jahr und Tag sein eigener Gewere zu sein, verschaffte.79 Damit war der Boden des Erbrechts verlassen, denn diese Übertragung wirkte sofort und verschaffte dem Begünstigten zu Lebzeiten des Verfügenden die (Mit-)Verfügungsmacht über die von der Affatomie erfassten Sachen. 1834 definierte Beseler die Affatomie neu und sah sie als eine Vergabung von Todes wegen an, mit der der Eigentümer zwischen sich und dem Begünstigten dergestalt Gesamteigentum begründet habe, dass der Verfügende das Vermögen bis zu seinem Tode ausschließlich habe nutzen dürfen und dass der Verfügende durch die Vergabung lediglich in der Verfügung über die Sache beschränkt gewesen sei. Es habe sich aber nicht um einen vorbehalte-

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Die gleiche Beobachtung machte für die Friedlosigkeitsthese, die sich letztlich nur auf das Wort vargus in Tit. 55, 4 LSal stützen kann, K ROESCHELL, Germanisches Recht als Forschungsproblem, S. 79. S. zur Etymologie sogleich unten I. 1. (4). So schon GIERKE, Das deutsche Genossenschaftsrecht I, S. 27, Fn. 62. Vgl. die Nachweise zu Eccard und Heineccius bei S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 64 f. WIARDA, Geschichte und Auslegung des salischen Gesetzes, 1868. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 179, 182. EICHHORN, Einleitung in das deutsche Privatrecht, § 174, S. 475; § 342, S. 823.

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nen Nießbrauch, sondern um den Ausfluss des Gesamteigentums gehandelt. 80 Stobbe schloss sich Beseler in Bezug auf die Affatomie an. 81 aa) Die sachenrechtliche Theorie kann sich darauf stützen, dass der Tod des Verfügenden als Wirksamkeitskriterium nicht ausdrücklich genannt ist und darauf, dass der zweite mallus ebenfalls nicht erst nach dem Tod des Verfügenden vorgenommen werden musste. Allerdings ist das noch kein Grund, der Affatomie zwingend sachenrechtliche Wirkung zuzusprechen. Außerdem scheint Tit. 46, 3 LSal davon auszugehen, dass der Bedachte im zweiten mallus das Vermögen durch den Festucawurf der Mittelsperson voll übertragen bekam. Dagegen spricht die Beobachtung, dass eine streng zu Ende geführte sachenrechtliche Auslegung dazu führen würde, dass der Verfügende nach erfolgtem zweiten mallus kein Recht mehr am eigenen Vermögen gehabt hätte und dass nach dem Text keine Sicherheit dagegen bestand, dass die Mittelsperson und der Bedachte gegen den Verfügenden kollusiv zusammenwirkten. Daneben gibt es auch Versuche, die sachenrechtliche These damit zu begründen, dass die Verfügung unter Lebenden im „germanischen“ Recht das höchste Alter aufzuweisen habe und dass die LSal als ältestes der Volksrechte keine Verfügungsform enthalten haben könne, die erst später entwickelt worden sei. 82 bb) Dagegen spricht für die erbrechtliche Theorie vor allem die Bezeichnung heres für den Bedachten. Es dürfte schwerlich Zufall sein, wenn die einzige rechtstechnische Bezeichnung eines der Beteiligten gerade für den Bedachten gewählt wurde.83 Unbekümmert geht Margarete Weidemann davon aus, dass der Brauch, sich außerhalb der Familie Erben zu wählen – Affatomie – seit vorfränkischer Zeit gebräuchlich gewesen sei. 84 Selbst Vertreter einer sachenrechtlichen Ansicht sehen sich gezwungen, wegen dieser Wortwahl den Hauptzweck der Affatomie in der Regelung der Vermögensverhältnisse in

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BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 4 f., 71-95, 102. Gesamteigentum definiert er S. 88 als Verhältnis mehrerer Personen zu einer Sache, deren Proprietät unter ihnen geteilt sei, ohne dass dominium directum oder utile vorliege. Es handele sich nicht um (quotales) Miteigentum. Angelehnt wird das an die Ganerbschaften. Richtig gesprochen werden muss von Gesamthandseigentum; so KERN, Georg Beseler, S. 309 f. Beseler wurde wegen seiner Wortwahl (Vergabung von Todes wegen) mitunter erbrechtlich missverstanden; vgl. z. B. P ALUMBO, Testamento romano, S. 247. STOBBE, Deutsches Privatrecht V, S. 171 f. So P ALUMBO, Testamento romano, S. 248. Beseler verweist deshalb darauf, dass heres auch für denjenigen verwendet worden sei, der aus einer lebzeitigen Schenkung begünstigt sei; vgl. DENS., Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 15 f. WEIDEMANN, Kulturgeschichte der Merowingerzeit I, S. 320.

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Rücksicht auf den Fall des Todes zu sehen. 85 Hieraus den angemessenen Schluss zu ziehen und die sachenrechtliche Theorie aufzugeben, erschien bei Vorherrschaft des Dogmas von der allein sippengebundenen Erbfolge im „germanischen“ Recht lange Zeit unmöglich.86 Es ist aber nach hier vertretener Ansicht nicht erforderlich, den Streit zugunsten der einen oder der anderen Seite zu entscheiden. Die Lösung liegt nach hier vertretener Ansicht darin, dass die Affatomie nach Tit. 46 LSal höchstwahrscheinlich ein Verfahren war, das beide Geschäftsarten zuließ – die warmhändige Verfügung unter Lebenden ebenso gut wie die kalthändige Verfügung von Todes wegen. Es ist gerade der Vorteil der zwölf Monats-Frist, dass sie es erlaubte, das Geschäft vom vielleicht alsbald bevorstehenden Tod des Verfügenden je nach Bedarf zu lösen oder aber es damit zu verknüpfen. Die Affatomie stellte bei einer solchen Betrachtung den verfahrensrechtlichen Rahmen bereit, mehr nicht. Wie (und ob) sie praktisch verwendet worden ist, lässt sich aus der LSal allein nicht erklären. c) Weitere Folgen. Zum Gegenstand der Affatomie (Vermögen) ist darauf hinzuweisen, dass die Quelle keine sachlichen Einschränkungen kennt. Verfügt werden konnte damit nach dem Wortlaut von Tit. 46 LSal über liegendes und fahrendes Vermögen – gleichviel ob es sich um ererbtes oder erworbenes Gut handelte. Die eingeschaltete Mittelsperson erwarb vom Verfügenden durch den ersten Festucawurf kein unbeschränktes Recht am Vermögen. Ihre Rechtsmacht wird durch credere näher umschrieben, was mit „anvertrauen“ übersetzt werden kann. Jedenfalls war die Mittelsperson weder Erwerber, noch Erbe des Vermögens. Das Vermögen wurde erst durch den zweiten Festucawurf übertragen, wobei die Mittelsperson mangels Vollrechtsinhaberschaft nicht Verfügender sein konnte. Der Übertragungsvorgang (sei er erlebensbedingt oder lebzeitig, s. o.) vollzog sich zwischen dem Verfügenden und dem Bedachten. d) Erbenlosigkeit als Voraussetzung? Es ist noch Stellung zu nehmen zu der Frage, ob die Affatomie Erbenlosigkeit des Verfügenden voraussetzte und, falls das nicht der Fall sein sollte, ob Erbprätendenten gegen eine ihre Erbaussicht vereitelnde Verfügung vorgehen konnten. Hierzu ist festzuhalten, dass die Vertreter der Familienrechtsthese überwiegend voraussetzen, dass die Affatomie nur dem offen stand, der keinen geborenen Erben hatte.87 Auf diese 85 86

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S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 70. SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 982 folgte eher unausgesprochen der erbrechtlichen Theorie, nachdem er das langobardische gairethinx als Vergleichsgröße herangezogen hatte. Übersicht über die ältere Literatur bei S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 77-80. S. a. SELLERT, Art. Erbvertrag, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 982; DERS., Art. Erbvertrag, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1389; H AGEMANN, Art. Erbrecht, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp.

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Weise stützt sie die hier streitige Grundthese, wonach das frühmittelalterliche nichtrömische Recht Verfügungen kalter Hand nicht gekannt haben soll. Dabei sind unterschiedliche Vorstellungen darüber möglich, welche geborenen Erben die Affatomie verhinderten – nur die nahen Verwandten88 oder alle Verwandten. Indessen ist der Quelle kein derartiger Anhalt zu entnehmen.89 Die Antwort auf diese Frage gibt das Verfahren der Affatomie. Die auf den ersten Blick umständlich erscheinende, bei genauer Betrachtung aber konsequente, praktisch handhabbare und mit einfachen Mitteln ein Maximum an Öffentlichkeit erreichende Lösung – zweimaliger Festucawurf innerhalb genau festgesetzter Zeit in verschiedenen Gerichten, Bewirtungsakt und Zahl der erforderlichen Zeugen (je drei pro Teilabschnitt, insgesamt neun) – lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass gerade das der Berücksichtigung potentieller Erben dienen sollte, die von der Verfügung möglicherweise benachteiligt werden konnten. Das Verfahren war erkennbar darauf zugeschnitten, Öffentlichkeit herzustellen und es eventuell betroffenen Personen zu ermöglichen, sich am Verfahren zu beteiligen oder Einsprüche geltend zu machen. 90 Die Prüfung, ob dieses Ziel im konkreten Fall erreicht wurde, wurde durch die Beteiligung zweier Richter ermöglicht und abgesichert. Bezeichnenderweise schweigt die Quelle zur Art und Weise der Berücksichtigung eventueller Einsprüche potenzieller Erben, woraus nur ein Schluss gezogen werden kann: Hier verzichteten die Urheber der Vorschrift auf inhaltliche Festlegungen und überließen diese Frage den an eventuellen Verfügungen beteiligten Parteien.91 Die Familienrechtsthese beweist, indem sie mit der aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ableitbaren Erbenlosigkeit des Verfügenden als Wirksamkeitsvoraussetzung der Affatomie operiert, nur das, was sie als Grundthese schon vorab postuliert hat – nämlich dass keine Verfügungen von Todes wegen möglich waren. Eine solche Argumentation ist methodisch problematisch.

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1376; LIPP, Art. Erbfolgeordnung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1361. So z. B. V. AMIRA, Erbenfolge und Verwandtschaftsgliederung, S. 52. Er beschränkt das Beispruchsrecht auf die Kinder. Schon BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 51 ff., 66 erklärte, es sei falsch anzunehmen, die Verfügungsmacht zur Volksrechtezeit sei durch Rechte etwaiger Erben beschränkt gewesen. Ebenso SANDHAAS, Ueber die Rechte des nächsten Erben, S. 168; MAYER-H OMBERG, Die fränkischen Volksrechte des Mittelalters, S. 344-346. Dass die LSal über Beispruchs- oder Wartrechte schweigt, konstatiert auch Landau, vgl. DENS., in: DORN/S CHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 375 Fn. 26. Auch das existiert schon bei BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 63 f. und EICHHORN, Einleitung in das deutsche Privatrecht, § 174, S. 475. Vgl. dazu auch das Rechtssprichwort: „Wer jetzt nicht spricht, der schweige für immer. “ Auch hier zeigt sich: die lex scripta überliefert sektorielles Recht – bei der Affatomie vor allem Verfahrensrecht.

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Wäre andererseits die Erbenlosigkeit des Verfügenden die Voraussetzung der Affatomie gewesen, dann wäre das geschilderte zweistufige Verfahren unnötig gewesen, weil dann mit Einsprüchen nicht hätte gerechnet werden müssen und eine Befassung eines Gerichts zwecks Bejahung oder Verneinung dieser Voraussetzung ausgereicht hätte. e) Ergebnis. Die Affatomie lieferte eines nicht: eine Erbeinsetzung des Bedachten und damit eine Universalsukzession des Bedachten in den Nachlass des von Todes wegen Verfügenden. Damit zeigt sie sich als nicht vom späten römischen Recht geprägtes Verfahren. Zur Lösung des Konflikts zwischen Individuum und Familie ermöglichte sie eine rechtliche Mobilisierung des gesamten Vermögens, das entweder insgesamt oder teilweise ohne Gegenleistung an einen beliebigen Dritten übertragen werden konnte. Dies konnte, insoweit ist der Wortlaut nicht abschließend, lebzeitig oder erlebensbedingt erfolgen. Mitwirkungsrechte eventueller Erben des Verfügenden, die als Wirksamkeitsvoraussetzung konstruiert waren, sah die Affatomie der LSal eindeutig nicht vor; der Erbenlaub als Wirksamkeitsvoraussetzung war der LSal demnach fremd.

(4) Zur Etymologie des Begriffes Affatomie Immer wieder wurden und werden bei der Auslegung von Tit. 46 LSal etymologische Argumente herangezogen.92 Da der Gesamttextbefund mit Ausnahme dieses einen Wortes in den Hss fast einheitlich ist, gibt es Auslegungsbedarf fast nur für die Titelüberschrift und für den in ihr mitgeteilten, offensichtlich fränkischen, wohl altniederfränkischen Begriff. Zunächst ist bei den unterschiedlichen Hss-Klassen auffällig, dass sich zwei größere Einheiten bilden lassen. Entweder wird ein Verbum verwendet, das einer Form adchramire verwandt ist. Oder aber die Hss verwenden eher ein der Form adfathumire verwandtes Verb. a) Der handschriftliche Befund. Die einzelnen Hss bieten folgende Lesarten:93 Hss-klasse A, nach Eckhardt die so genannte Recensio Chlodovea, bietet zunächst acfatmire in Hs A3. Daneben steht ein ganz aus dem Gesamtbefund der Hss-klassen A-E herausfallendes und sicher auf ein Schreiberversehen zurück gehendes hac famirem in Hs A1. adfathamire kehrt wieder in Hs A2. Schließlich existiert noch das in dieser Klasse untypische, und eher Klasse C angehörende adramire in Hs A4. 92

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S. SCHMIDT-WIEGAND, in: ZRG Germ. Abt. 84 (1967), S. 275, 282 f. und 287; V. GIERKE, in: RWB I, Heidelberg 1914-1932, Sp. 444-447 (adhramire); OLECHOWSKI, Art. Adchramire, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2004), Sp. 69; S CHRÖDER, in: RWB I, Sp. 441-443 (adfatimire) und die ahd./mhd. Wörterbücher (Leipziger AWB, KOEBLER, SPLETT, BENECKE/MÜLLER/ZARNCKE). Vgl. die verschiedenen Textformen bei E CKHARDT, MGH LL I, 4, 1, S. 176-177 und MGH LL I, 4, 2, S. 134-135.

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Die verlorene Hss-klasse B, die (wieder von Eckhardt so genannte) Recensio Theuderica, die den Text von Johannes Herold bietet, kennt, da sie nur durch den Druck Herolds aus dem Jahre 1557 überliefert ist, nur eine Form – adframire. Betrachten wir nur dieses eine Wort der LSal, so steht die Klasse B zwischen A und C und damit da, wo sie nach Eckhardts chronologischen Ansätzen auch hingehört. Die so genannte Recensio Guntchramna, die Hss-klasse C, ist von dem den Hss. A angehörenden Wortteil -fatam- weit entfernt, sondern kennt nach dem Präfix a- ein mit dem charakteristischen fränkischen Anlaut beginnendes -chram-. Sie kennt die Wortarten adrhamire in Hs C5, achramire in Hs C6 und, gleichbleibend, adchramire in Hs C6a. Demgegenüber steht wieder die näher der Klasse A verwandte Hss-klasse D (die wie die vorangegangenen Redaktionen ebenfalls noch merowingische Recensio Pippina), nur ist durch Vokalverschiebung aus dem -fatam- ein fatum- geworden: affactumire wird in Handschrift D7 verwendet, afetumiae in Handschrift D8 und schließlich afatumiri in Handschrift D9. Die karolingische Hss-klasse E (die so genannte Lex Salica Emendata) beinhaltet die den Klassen A und D verwandten Lesarten affatumiae in E11, E12, E13 und E14 und ein unwesentlich verändertes afatumiae in E15 und E16. Hier hat sich wohl schon eine substantivische Verfestigung herausgebildet. Der Begriff Affatomie, der sich so später auch in einzelnen Kapitularien findet, scheint hier bereits festzustehen. Dass dem so ist, zeigt schließlich die Handschriftenklasse K (Karolina). Sie liefert affa thomiae in Hs K19, fatomie in Hs K80, affatomire in Hs K18 und – eigenwillig – affattoone in Hs K7994. b) Anknüpfungen. Betrachten wir nun entweder direkt überlieferte oder erschließbare Belege, an welche die beiden Verben angeknüpft werden könnten. aa) adfathumire. Anknüpfungspunkte für das Verbum adfathumire, das sich durch die Hss-Klassen A, D, E und K hindurch erkennbar zum Verbum affatumire und zum Substantiv Affatomia entwickelt, sind die folgenden Belege: Zunächst ein altnordisches fadmr, m., in der Bedeutung „Umarmung, Klafter oder Faden“. Sodann ein altenglisches faedm, m., f., das „die ausgebreiteten Arme“, und ebenfalls eine „Umarmung“ und ein „Klafter“ bedeutet, aber auch „Schutz oder Inneres, Busen, Schoß“ – etwa im Sinne der ausgebreiteten Arme, mit denen sich etwas an die Brust drücken lässt; schließlich „Faden, Elle oder Macht, Ausdehnung, Fläche“ bezeichnen kann. Weiter ein altsächsisches fathmos, pl., mit der Entsprechung „die ausgebreiteten Arme“, ein althochdeutsches fadum, fadam, m., das dem heutigen „Faden“ entspricht und schließlich ein gotisches faþa, f. mit der Bedeutung

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Nur für K19 und K79 darf demnach von einem überforderten Kopisten ausgegangen werden.

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„Zaun oder Scheidewand“. Das im Zentrum dieser Schlüsse stehende althochdeutsche Substantiv fadum nimmt alle diese Bedeutungen in sich auf. Die Wörterbücher kennen es als „Faden, Garn, Klafter, Armspanne, Umarmung und Busen“. 95 Der Mittelsmann könnte, so eine am philologischen Befund orientierte Auslegung von ahd. fadum, die ihm zugeworfene festuca mit beiden Armen aufgefangen haben – wobei sich beim Ausbreiten der Arme der Mantel oder Überwurf, den er vor Gericht wohl trug (laisum oder lesum),96 aufspannte. Gleiches galt dann für den Bedachten im mallus legitimus. Juristisch orientiert ist Eckhardts Übersetzung von acfatmire. Er ermittelt es in der Bedeutung von „ankinden“. Noch weiter geht er dann bei adfatimus, das er als „Gedinge“, also als „Abrede, Vertrag“ übersetzt. 97 An anderer Stelle (dem noch zu behandelnden Kapitular Ludwigs d. Frommen) übersetzt er dann de affatomie ausdrücklich als „Ankindung“. 98 Hierfür spricht, dass das Ankinden, bei dem nicht eine festuca, sondern das Kind tradiert wurde, sich tatsächlich ebenso vollzogen haben kann; nämlich durch Aufnahme in das durch die ausgebreiteten Arme aufgespannte Übergewand, das über dem Kind geschlossen wurde. Das Althochdeutsche Wörterbuch schließlich hat ebenfalls keine Probleme damit, das althochdeutsche fadum und das auch aus Tit. 50 LRib bekannte adfatimire zusammenzuziehen und zu übersetzen als durch „Umarmen, Umfassen zum Erben einsetzen“. Es bezieht sich dabei auf den „gemeingermanisch bei Adoption geübten Brauch des Umarmens“. 99 bb) achramire. Demgegenüber kann achramire, das nur in der Hss-Klasse C vorkommt und vielleicht einen isolierten Ableger in die Klasse B aufweist, folgendermaßen angeknüpft werden: Es könnte aus einem nicht schriftlich belegten, aber erschließbaren altfränkischen100 Verb *hramjan ableitbar sein, das soviel bedeutet wie „einzäunen, einen Platz anweisen“. *hramjan seinerseits wird erschlossen aus dem ebenfalls schriftlich einzeln nicht belegbaren, aber erschließbaren altfränkischen

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Vgl. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 241; SPLETT, Althochdeutsches Wörterbuch, S. 196; G ROSSE, Althochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 480-483. Vielleicht hat fadum sogar eine Doppelbedeutung: eventuell soll auf einen aus Garn gewebten Mantel oder Überwurf verwiesen werden. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae II 2, S. 563. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae II 2, S. 454. G ROSSE, Althochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 483. Die Schwierigkeit bei der Erfassung des Altfränkischen besteht darin, dass das Altniederfränkische zum nordgermanischen Zweig, das Altrhein- ebenso wie das Altostfränkische dagegen zum Weser-/Rheingermanischen Zweig der gemeinsamen germanischen Wurzel gehört.

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Substantiv *hramni, „Gehege“. 101 Dieses altfränkische Substantiv seinerseits wird erschlossen aus 1. altnordisch hremma, „fassen oder klemmen “; 2. ags. hremman, „einengen oder behindern“; 3. altfriesisch hrembend, „Fessel“; 4. niederländisch remmen, „ein (Rad) bremsen, hemmen oder sperren“ und schließlich 5. gotisch hramjan, in der Bedeutung „kreuzigen“. Alle diese einzelnen Bedeutungen werden abgeleitet aus der indogermanischen Wurzel *krom, das soviel bedeutet haben könnte wie „Gestell aus Latten, hölzerne Umzäunung“. 102 Die althochdeutsche Entsprechung wäre ram oder rama, das für „Säule, Stütze, Rahmen, Gestell, Umfassung“ steht. 103 Jungandreas erklärt zwar dagegen chramire als einen Verlesefehler des Schreibers aus diramire. Später übersetzt er dann adchramire „anheften, aufhalsen“, 104 womit er sich m. E. dem althochdeutschen ram annähert. Das fränkische adchramire habe sich der romanischen Artikulation zu adframire angepasst. Dass der Einschub eines -f- nicht aus der Rolle fällt und nicht unbedingt romanische Zungen fordert, zeigt das englische frame, das mit dem (alt-, mittel- und neuhoch-) deutschen Wort ram oder „Rahmen“ eine identische Wurzel und eine identische Bedeutung hat. Kehren wir zur Verbalform zurück, dann findet sich zum *hramjan das althochdeutsche ramen, das die Bedeutung von „zielen (nach), abzielen, streben, trachten, angreifen, sich beziehen auf“ hat. 105 Koebler belegt unter Bezug auf Grimm eine ältere neuhochdeutsche Form rahmen oder rähmen in eben dieser Bedeutung. 106 v. Gierke ging am weitesten, wenn er im DRW formulierte, in der fränkischen Rechtssprache bedeute das Wort das Zusichern einer Leistung für einen bestimmten Termin. 107 Zum Wortstamm achramire erschließt schließlich Eckhardt ein handschriftlich nicht belegtes (altnieder-?)fränkisches Substantiv *acchrammito. Dieses setzt er in Bezug zur Titelüberschrift von Tit. 46 LSal und übersetzt

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Vgl. dazu das Gatterschwein hramnigaltia in Tit. 2 LSal. S CHMIDT-WIEGAND, in: ZRG Germ. Abt. 84 (1967), S. 275, 282. Im Grunde handelt es sich bei dieser Ableitung um die von Jacob Grimm vorgenommene. Vgl. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 869; SPLETT, Althochdeutsches Wörterbuch I, 2, S. 724. JUNGANDREAS, in: Leeuvense Bijdragen 44 (1954), S. 115, 119-127; s. a. DENS., in: Leeuvense Bijdragen 45 (1955), S. 1; F RINGS/V. WARTBURG, in: ZrP 72 (1956), S. 283-286. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 869; S CHADE, Altdeutsches Wörterbuch, S. 699; S PLETT, Althochdeutsches Wörterbuch I, 2, S. 724; ebenso DRW I, Sp. 444. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 869. DRW I, Sp. 444. Er hielt, DRW I, Sp. 446, das achramire der Hss-Klasse C der LSal für irrtümliche Verwechslungen der Schreiber und wollte keinen Bedeutungswandel (gegenüber der Hss-Klasse A) erblicken.

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es mit „Angeloben“. 108 Das Verbum achramire soll dieselbe Bedeutung haben und mit adframire bedeutungsgleich sein. 109 cc) adfirmare. Schließlich sollten lateinische Anknüpfungspunkte nicht außer Acht gelassen werden, da nicht mit letzter Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Titelüberschrift ein volkssprachiges Wort enthalten musste. So ist die Verwendung volkssprachiger Termini in den Titelüberschriften der LSal nicht vorgegeben. Es bietet sich vor allem adfirmare/affirmare in den Bedeutungen „bekräftigen, bestätigen, versichern, behaupten“. Denselben Gedanken verfolgte wohl auch Eckhardt, wenn er adfirmare unter Verweis auf Tit. 46 § 6 LSal als „bestätigen“ übersetzt.110 Bei den Philologen kommt dieser Schluss jedenfalls eher nicht vor. Es kann aber m. E. nicht ausgeschlossen werden, dass ein Schreiber des Wortes adramire (Hs A4), adframire (Hss.klasse B) oder adchramire (Hs C6), wenn er des Lateinischen kundig war, den Bedeutungsgehalt eines eventuellen affirmare in der Urfassung der LSal mitdachte. Er hätte sich damit aber noch nicht von der germanischen Bedeutung von ram und ramen entfernt. dd) festuca. Daneben bleibt ein weiteres Argument bedenkenswert. Die in Tit. 46 LSal so wichtige festuca ist im Lateinischen nicht nur in der Bedeutung „Halm, Grashalm, Rute oder Stab“ belegt. In einer zweiten Bedeutungsebene beschreibt111 festuca ein Werkzeug zum Einrammen, einen „Schlegel“, eine „Ramme“. In dieser Bedeutung ist das Wort u. a. in Gaius Julius Caesars „De bello Gallico“ belegt. Das zieht die festucatio nach sich, welche folgerichtig ein „Einrammen oder Festrammen “ beschreibt – und es fehlt auch nicht das Verbum festucare in der Bedeutung „fest rammen oder fest schlagen“. Bei dieser Deutung handelt es sich nicht um einen Versuch, der dem bereits von Richard Schmidt zu Recht verworfenen Versuch Josef Georg Eccards ähneln könnte. Dieser hatte achramire mit dem lateinischen Wort ramus in Verbindung gebracht und festuca und ramus gleichgesetzt. 112 Diese Deutung wäre zirkulär, denn für den Redaktor wäre damit nichts gewonnen – er erklärte so ein lateinisches Fremdwort nur mit einem anderen. ee) Affatomieren konnte demnach einerseits (s. fadum) ein „Aufnehmen“ sein, bei dem das aufzunehmende Objekt umarmt wurde, wobei Tit. 46 LSal einen Stab oder Halm 113 als Symbol für dieses Objekt nennt. 108 109 110 111 112 113

E CKHARDT, Pactus Legis Salicae II 2, S. 539. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae II 2, S. 563. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae II 2, S. 563. Nach GEORGES I, Sp. 2741 f. Vgl. dazu S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 4, Fn. 6. Der auch nicht zum Anbinden verwendet, sondern der überreicht wird.

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Affatomieren – zurückgeführt auf den indogermanischen krom, den altfränkischen chram und den althochdeutschen ram – konnte andererseits ein „Zuweisen eines Platzes“ in einem bestimmten Umfeld, ein „Einrahmen“ darstellen. Überschrift und Inhalt decken sich dann wieder in Form des das Vermögen des Verfügenden verkörpernden, geworfenen Stabes, der dem Begünstigten zugeteilt und mit dem der Verfügungsgegenstand an seinen Platz gewiesen wird. Hierbei kann zusätzlich unterstellt werden, dass der Verfasser des Textes die festuca in ihrer lateinischen Zweitbedeutung kannte. Er hätte dann in der Überschrift versucht, ein volkssprachiges, altniederfränkisches Wort für den lateinisch als festucatio zu bezeichnenden Vorgang zu verwenden und wäre zwangsläufig auf den fränkischen chram verfallen, der auch an anderer Stelle des Textes114 verwendet ist und der – nach Verzicht auf den charakteristischen altniederfränkischen Anlaut – als alt- bzw. mittelhochdeutscher ram und deutscher „Rahmen“ fortlebt. Letzteres bliebe aber auch dann als etymologische Ableitung erhalten, wenn auf die weitergehende festucaThese verzichtet würde. Tit. 46 ist schließlich in seinem grammatischen Erscheinungsbild 115 verwandt mit Tit. 44 (de reipus) und Tit. 58 LSal (de chrenecruda). Beide Vorschriften sind ebenso wie Tit. 46 den Satzungen zuzurechnen, beide sind im Text wie Tit. 46 nur schwach volkssprachig glossiert, bei beiden weisen die Handschriften im lateinischen Text keine inhaltliche, sondern lediglich orthographische Varianz auf. Da hinsichtlich der Redaktoren der Textklassen B und C darüber hinaus davon auszugehen ist, dass sie im Unterschied zu denen der später hergestellten Textklassen der Volkssprache mächtig waren, da sie sich nicht damit begnügten, die Glossen des seit alters überlieferten Textes (A) zu übernehmen, sondern die von ihnen hinzugesetzten Stücke ebenfalls mit volkssprachigen Glossen versahen,116 ist nicht auszuschließen und wird auch zusätzlich durch die im Lateinischen vorhandene zweite Bedeutungsebene des Wortes festuca gestützt, dass der Redaktor der Recensio Guntchramna in die Titelüberschrift eingegriffen und den dem Inhalt der Vorschrift entsprechenden Bezug zu ram bewusst und zweckgerichtet hergestellt hat. Nicht entschieden werden kann, ob er dabei mit einer die Textklasse A übertreffenden Vorlage gearbeitet hat oder nicht. Wird ersteres zu Ende gedacht, dann wäre die Recensio Guntchramna in Bezug auf die Affatomie dem Urtext der LSal möglicherweise näher als die sonstigen Handschriftenklassen. In letzterem Falle träte der Redaktor als gestaltender Kompilator hervor. Unterstützung erfährt diese Überlegung durch die Beobachtung Eckhardts, dass gelegentlich die Hss-klasse C die bessere Überlieferung biete als die 114 115 116

Tit. 2, 1 f. LSal (chrannegalt); ebenso in Kapitulare V, 119, 4 (porcellum de ranne). Dass Titt. 44, 46 LSal sich auch in ihrer den mallus indicatus betreffenden Eingangsformel entsprechen, rückt die beiden Satzungen noch enger zusammen. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae I 1, S. 183.

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Hss-klasse A. Dies treffe insbesondere auch auf Tit. 46 zu, bei welchem die A-Handschriften die für das Verständnis zwingend erforderlichen Worte dicat verbum auslassen, die dafür in C stehen. Eine ebensolche bessere Überlieferung einer volkssprachigen Glossierung in Klasse C bietet Tit. 44, 3 LSal. 117 Zwar seien diese besseren C-Überlieferungen gemessen an den fehlerbehafteten Abhängigkeiten von A gering an Zahl,118 C sei nicht der älteste, sondern ein abgeleiteter Text. 119 Nichts hindert aber heute daran, für die Affatomie davon auszugehen, dass der Erstredaktor der C-Fassung bei diesem Titel aus eigener Anschauung gearbeitet, seine Vorlage gebessert und nicht nur von einer Aoder B-Vorlage abgeschrieben habe. Damit hat er Titelüberschrift und Titelinhalt in eine bessere Übereinstimmung gebracht, als die Verfasser der der Hss-klasse A zugrundeliegenden Textform das vermocht haben. c) Auslegungsertrag. Welcher rechtliche Ertrag kann nun hieraus gezogen werden? Acfathumire und achramire lassen sich letztlich reduzieren auf „ankinden“ und „angeloben“. Besteht ein Unterschied oder sind beide Begriffe weit genug, sowohl Personen als auch Sachen zu erfassen? Handelte es sich bei der Affatomie um eine durch die ausgebreiteten Arme des Verfügenden, in die der Begünstigte symbolisch aufgenommen wurde, versinnbildlichte Ankindung, dann scheint eine familienrechtliche Argumentation nahe zu liegen. Dass die Mehrzahl aller Handschriften die Lesart acfatmire (oder eines verwandten Wortes) bevorzugen, scheint diesen Befund zu erhärten. Diese Beobachtung ist nicht neu, schon Richard Schmidt hat erkannt, dass das nahezu einzige Argument für die familienrechtliche Auslegung der Affatomie die Titelüberschrift in der seit Jacob Grimm präferierten Bedeutung der Ankindung sei. 120 Dass aber die familienrechtliche Auslegung sich, wie die Auslegung des Titeltextes ergeben hat, mit der doppelt abgeschwächten Form der Ankindung selbst als unlogisch herausstellt, macht deutlich, dass das Festhalten an der Ankindung lediglich eine petitio principii ist. Und dass auch eine festuca als Symbol für das Vermögen in den Mantel aufgenommen werden konnte, wurde ebenfalls gezeigt. Der Begriff adfathumire konnte also auch eine Vermögensübertragung bezeichnen. Die auch heute noch vertretene familienrechtliche Theorie bei der Auslegung von Tit. 46 LSal wird hier damit für widerlegt gehalten. Dieses Ergebnis wird auch durch die aus dem Jahre 819 stammende Legaldefinition der Affatomie durch die Kanzlei Ludwigs d. Frommen121 untermauert. Der Begriff Affatomie ist demnach ein allgemeiner, der für jegliche Art des Annehmens verwendbar

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Die Glosse reiphus heealisinus erscheint erst in Hs C6, der Hss-klasse A ist sie fremd; vgl. MGH LL I, 4, 1, S. 168 f. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae I 1, S. 122. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae I 1, S. 125. S CHMIDT, Die Affatomie der Lex Salica, S. 57. S. dazu noch unten.

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war: sei es ein Kind zum Zwecke der Adoption, sei es eine festuca zum Zwecke der Vermögensübertragung. Einen rechtlich relevanten Unterschied hiervon dürften auch die Urheber der Hss-Klasse C nicht gesehen haben. Zwar lässt sich nicht verkennen, dass das Zuweisen eines Platzes bei einer anderen Person vordringlich auf Sachen bezogen sein mag. Es ist jedoch kein entscheidender Grund vorhanden anzunehmen, dass nicht auch einer Person ein solcher, neuer Platz zugewiesen werden konnte. Das bedeutet letztlich nichts anderes, als dass die noch von Eckhardt präferierte122 Verortung der familienrechtlichen Theorie im Wort acfathumire und die der vermögensrechtlichen Theorie im Wort achramire scheitert. Die grammatische Auslegung der Titelüberschrift bleibt ergebnislos und das entscheidende Gewicht liegt auf der Analyse des Inhalts der Vorschrift. Diese ergab ein Ergebnis zugunsten der vermögensrechtlichen Ansicht.

2. Die Affatomie in der Lex Ribuaria Spärlicher bearbeitet als die Affatomie der LSal ist in der rechtshistorischen Literatur eine Belegstelle aus der LRib, die ebenfalls mit Verfügungen von Todes wegen in Verbindung gebracht werden kann.

(1) Allgemeines zur Quelle Das Gesamturteil über die LRib als Normbestand fällt günstiger aus als das über die LSal. Sie sei eigentlich gar kein Volksrecht, sondern vielmehr ein merowingisches Gesetzbuch,123 das auf der Grundlage der LSal neueres und zeitgemäßeres Frankenrecht124 biete, also gar eine lex Salica revisa für das ribuarische Rheinfranken mit der Metropole Köln als Schwerpunkt. 125 Die Abgrenzung von der LSal erfolgt somit nicht lokal und/oder tribal oder ethnisch, sondern chronologisch. 126 Auch dies – die Tatsache, dass die Franken nicht in einen salischen und einen ribuarischen Stamm getrennt werden dür122 123 124 125

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S. oben I. 1. (4) b) aa). E WIG, Ribuarien in der Verfassungsgeschichte des Merowingerreichs, S. 463. So BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 25. Eckhardt nannte Ribvarien den „Köln-Gau, Bonn/Ahr-Gau, Eifel/Zülpich-Gau, Jülich-Gau, Nivanheim, Ruhr-Gau, Keldau-Gau, Deutz-Gau und Auel-Gau “, vgl. E CKHARDT, Lex Ribvaria, S. 1. K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 98; S CHMIDT-WIEGAND, Art. Lex Ribuaria, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG II (1978), Sp. 1923 ff.; BERGMANN, in: AD 22 (1976), S. 1, 8 – alle unter Bezug auf Buchner/Beyerle.

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fen – ist schon früh vertreten worden. 127 Aus diesem Grunde müssen beide Normkomplexe gleichberechtigt neben- bzw. nacheinander berücksichtigt werden. Immer dann, wenn im folgenden die Begriffe salisch und ribuarisch oder salfränkisch und rheinfränkisch nebeneinander gestellt werden, ist zu beachten, dass damit keine „stammesmäßige“ Unterscheidung durchgeführt, sondern lediglich eine chronologische Stufung angedeutet werden soll. Zusammengestellt worden sei die LRib für das austrasische Teilreich Sigiberts III., der Ribuarien unter seinem Vater Dagobert I. (623-639) als Unterkönig nominell regierte,128 dies – insbesondere das Jahr 633/634 – war laut Buchner die „geschichtliche Stunde“ für die Abfassung der LRib 129. Zweifel Aktualität und Effektivität dieser lex sind weitgehend ausgeblieben. Eigenständige Monographien und längere Abhandlungen zu Tit. 48 LRib existieren nicht. Die Vorschrift gehört nach Schmidt-Wiegand und Buchner zu der noch in die Regierungszeit Chlothars II. (584-629) fallenden Gruppe der Tit. 1-67 LRib 130. Üblicherweise wird die Erläuterung des Inhalts von Tit. 48 LRib eher kurz an die Darlegungen der Affatomie nach Tit. 46 LSal angeschlossen. Auf diese Weise entsteht eine auch angesichts der Entstehungsgeschichte und der Abhängigkeit der LRib von der LSal zwangsläufige und nicht von der Hand zu weisende „innerfränkische“ Rechtsdynamik. 131 So heißt es bei Hübner, dass die Hinzuziehung eines Mittelsmannes nicht notwendiges Erfordernis geblieben sei, schon die LRib habe es gestattet, die Affatomie durch Übergabe einer Urkunde vorzunehmen. So seien zwar die alten Formen in abgeschwächter Gestalt aufrechterhalten, aber in den Dienst eines anderen Zweckes gestellt worden.132 Heusler verfuhr ebenso, indem er argu127

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MAYER, Zur Entstehung der Lex Ribuariorum, S. 18-24, 38; vgl. heute z. B. SPRINGER, in: WIECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK /MENGHIN (Hrsg.), Die Franken. Wegbereiter Europas, S. 485. So schon MAYER, Zur Entstehung der Lex Ribuariorum, S. 175. S. v. a. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 23 f.; E CKHARDT, Lex Ribvaria, S. 1 f. unter Bezug auf die Arbeiten Rudolf Sohms und Franz Beyerles. Zu den Differenzen zwischen Beyerle und Eckhardt vgl. E WIG, Ribuarien in der Verfassungsgeschichte des Merowingerreichs, S. 463 ff. So Buchner in der Einleitung zu seiner und Beyerles Edition, vgl. MGH LL I, 3, 2, S. 21; heute h. M., Zustimmung z. B. von MORDEK, in: W IECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken. Wegbereiter Europas, S. 493. Vgl. S CHMIDT-WIEGAND, Art. Lex Ribuaria, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 II (1978), Sp. 1924. Diese Titelgruppe orientiere sich, so die Literatur, eng an der LSal und hier insbesondere an der Hss-Klasse C der LSal; vgl. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 23 (insbesondere für die Tit. 36-67) und E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 2 (für die Tit. 32-56, 63-67, 69-70, 81, 87 und 89; Eckhardt nimmt darüber hinaus noch eine Stufung des Textes vor und weist die genannten Titel nicht Chlothar II., sondern Sigibert III., Dagobert II. oder Childebert zu). Für die Affatomie gilt diese Anlehnung jedoch nicht, hier wird im Text von Tit. 48 f. LRib nicht auf das achramire der Hss-Klasse C der LSal abgestellt. Vgl. z. B. SOHM, in: ZRG 5 (1866), S. 380, 418. H ÜBNER, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, S. 782.

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mentierte, dass die LRib die Affatomie noch als adoptio in hereditatem kenne und die Vollziehung vor dem König fordere, jedoch eine erleichterte Form eingeführt habe, womit sie zugleich den Übergang zur Vergabung von Todes wegen ins Werk gesetzt habe.133

(2) Quellenbefund und tatsächlicher Vorgang Tit. 48 134 LRib lautet: De homine qui sine haeredibus moritur. Si quis procreationem filiorum vel filiarum non habuerit, omnem facultatem suam in praesentia regis, sive vir mulieri vel mulier viro, seu cuicumque libet de proximis vel extraneis, adoptare in hereditatem vel [in] adfatimi per scripturarum seriem seu per traditionem et testibus adhibiti s secundum legem Ribuariam licentiam habeat.135

Dem schließt sich Tit. 49 LRib 136 an: De adfatimire. Quod si adfatimus fuerit inter virum et mulierem, post discessum amborum ad legitimos haeredes revertatur, nisi tantum, qui parem suum supervixerit in eleemosyne vel in sua necessitate expenderit.137

Der in Tit. 48 LRib angedeutete Verweis auf die zu einer wirksamen traditio nach ribuarischem Recht heranzuziehenden Zeugen bezieht sich wahrscheinlich (trotz der passenden Überschrift) nicht auf Tit. 50, 1 LRib 138. Eine Bezugnahme auf diesen, die Zeugnisverweigerung durch die gebetenen Zeugen behandelnden Tit. 50, 1 ergäbe im Zusammenhang mit Tit. 48 f. LRib keinen Sinn. Vielmehr ist anzunehmen, dass es sich um einen Verweis auf Tit. 59, 1 und Tit. 60, 1 LRib 139 handelt, der auch erklärt, wieso bei der ribuarischen Affatomie zwei Verfahrensalternativen bestanden. Tit. 59, 1 LRib lautet: De venditionibus. 1. Si quis alteri aliquid vindiderit, et emptor testamentum vindicionis accipere voluerit, in mallo hoc facere debet: praecium in presente tradat et

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HEUSLER, Institutionen II, S. 625. Die Titelzählung orientiert sich an der Zählung der Hss, die Sohm zur Hss-klasse A zählt; vgl. MGH LL 5, S. 193-198 und die von Eckhardt (1966) gegen BEYERLE /BUCHNER (1954) beibehalten worden ist. Bei BEYERLE/BUCHNER handelt es sich um Tit. 50, 1. MGH LL I 5, S. 236 f. (Edition SOHM); MGH LL I, 3, 2, S. 101 (Edition BEYERLE/BUCHNER); E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 50 f. Bei BEYERLE/BUCHNER Tit. 50, 2. MGH LL I, 5, S. 237 f. (Edition SOHM); MGH LL I, 3, 2, S. 101 (Edition BEYERLE/BUCHNER); E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 51. Bei BEYERLE/BUCHNER Tit. 51, 1. Bei BEYERLE/BUCHNER Titt. 62, 1 und 63.

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rem accipiat, et testamentum publici conscribatur. Quod si parva res fuerit, a septem testibus firmetur; si autem magna, a duodecim roboretur.140

Hieraus lässt sich folgern, dass bei Veräußerungen (unausgesprochen bleibt im Text, ob das sowohl bei Mobiliar- als auch bei Immobiliarbesitz galt) das grundsätzlich zu beachtende Verfahren eine vor Gericht über die Veräußerung aufgesetzte Urkunde (testamentum) erforderte.141 Diese Urkunde war je nach Wert der Sache durch entweder sieben oder zwölf Zeugen zu bestätigen. Tit. 60, 1 LRib ergänzt diese Grundregel durch letztlich dem Beweis dienende Ausnahmevorschriften: De traditionibus et testibus adhibendis. 1. Si quis villam aut vineam vel quamlibet possessiunculam ab alio conparavit et testamentum accipere non potuerit, si mediocres res est, cum VI testibus, et si parva, cum tres, quod si magna, cum XII ad locum tradicionis cum totidem numero pueros accedat, et sic eis praesentibu s praecium tradat et possessionem accipiat, et unicuique de parvolis alapes donet et torquat auriculas, ut ei in postmodum testimonium praebeant.142

Tit. 59, 1 und 60, 1 LRib bieten also genau die Zweigleisigkeit, die Tit. 48 LRib ebenfalls anspricht.143 Es darf angenommen werden, dass Tit. 48 LRib diese bei durch Gegenseitigkeit motivierten Veräußerungsgeschäften bekannte Zweigleisigkeit auch auf die einseitig motivierten, eventuell auch noch erlebensbedingten Geschäfte erstreckte und hierfür noch weitere Voraussetzungen aufstellte. Es sei hier dahingestellt, ob diese Zweigleisigkeit der Tatsache geschuldet war, dass im Merowingerreich einerseits römisches und andererseits nichtrömisches Recht galt. Tit. 60, 2 LBur144 scheint das mit der Gegenüberstellung von consuetudo romana und barbarica anzudeuten. Diese Zweigleisigkeit ist aber für die Geschichte der fränkischen Urkunde wohl die einschneidendste Neuerung im merowingisch-karolingischen Recht. 140 141

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MGH LL I, 5, S. 247 f. (Edition SOHM); MGH LL I, 3, 2, S. 114 (Edition BEYERLE/BUCHNER); E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 60. B RUNNER, Zur Rechtsgeschichte der römischen und germanischen Urkunde I, S. 264 meint, Urkunde (testamentum) und Symbol (res) hätten darüber hinaus auch noch gleichzeitig übergeben werden müssen. Als Symbol (res) verweist Brunner auf Torf und Zweig als partes pro precio toto. MGH LL I, 5, S. 250 f. (Edition SOHM); MGH LL I, 3, 2, S. 116 (Edition BEYERLE/BUCHNER); E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 62 f. Gesehen z. B. von K UGELMANN, Gemeinrechtliche Begründung des particulären Erbvertrages, S. 6 und STOBBE, in: JherJb 12 (1883), S. 137, 141 f. Vgl. a. JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 110; VOSER, Altdeutsche Liegenschaftsübereignung, S. 3. Ceterum si quis post haec barbarus vel testari voluerit vel donare, aut Romanam consuetudinem aut barbaricam esse servandam, si vult aliquid firmitatis habere quod gesserit, id est: ut aut scripturis legitimis, quod largiri cuicumque voluerit, teneatur, aut certe quinque ingenuorum testimonio, quod dimittere voluerit vel donare, robur accipiat et in eius, cui res deputata fuerit, iura commigret; MGH LL I, 2, 1, S. 92 (Edition V. SALIS).

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Mit Titt. 48, 59 LRib wurde das Urkundenwesen in den Geschäftsverkehr und das Prozessrecht eingebaut – die LRib ist damit das einzige „Volksrecht“, das „modernstes reichsfränkisches Urkundenrecht, das wohl unter frankoburgundischem Einfluss geschaffen worden war“ rezipiert hat.145 Dieses reichsfränkische Urkundenrecht musste sich über kurz oder lang in Urkunden146 und Formelsammlungen niederschlagen. Nur vorderhand einleuchtend ist dessen ungeachtet Hübners und Heuslers Beobachtung, dass Tit. 48 LRib Verfahrensalternativen bereithält, die unkomplizierter erscheinen als das aus Tit. 46 LSal bekannte Verfahren. Dieser Eindruck muss indessen nicht zutreffen: Allein der Tatsache, dass Tit. 48 LRib eine traditio vor Zeugen nennt, diese traditio aber anders als Tit. 46 LSal nicht tatsächlich schildert, kann noch nicht entnommen werden, dass die traditio nach LRib einfacher ablief als die Affatomie nach LSal. Das Gegenteil dürfte der Fall gewesen sein: Die reale, unschriftliche traditio der LRib kannte wie die Affatomie der LSal Erfordernisse, die ebenso wie der salische Bewirtungsakt im Haus des Verfügenden und die Vielzahl der dort erforderlichen Zeugen nur einem dienen – der Sicherung des Beweises über lange Zeiträume. Tit. 60, 1 LRib erfordert nicht nur die Stellung der nach Wert des Grundbesitzes variablen Zahl von Zeugen, sondern darüber hinaus die gleiche Anzahl von Knaben, die, damit sie sich später – wenn vielleicht keiner der eigentlichen Zeugen mehr am Leben war – noch an die traditio erinnerten, geohrfeigt werden und denen die Ohren langgezogen werden mussten.147

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Es konnte wie erwähnt nach dem Text also entweder eine Urkunde angefertigt werden oder eine tatsächliche Verfügung vorgenommen werden. Die aus Tit. 48 LRib eventuell entstehende Unklarheit, ob die testes adhibendi sowohl bei der Anfertigung einer Urkunde als auch bei der tatsächlichen, unschriftlichen traditio erforderlich waren, wird durch Tit. 59, 1 dahin geklärt, dass auch die Urkundenaffatomie vor Gericht nicht zeugenlos vorgenommen werden konnte.

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So E WIG, Ribuarien in der Verfassungsgeschichte des Merowingerreichs, S. 470; s. a. BERGMANN, in: AD 22 (1976), S. 1, 15. Zum Scheinprozess vor dem Königsgericht, der auf die Einführung der Urkundenpraxis in der LRib zurückgeführt werden kann vgl. BERGMANN, in: AD 22 (1976), S. 1, 93-102, insb. S. 96. Dieses Verfahren ist auch aus Tit. 16, 2 LBai: Si quis vendiderit possessionem suam alicui, terram cultam […] post accepto pretio aut per cartam aut per testes conprobetur firma emptio. Ille testes per aurem debet esse tractus, quia sic habet lex vestra […] – E CKHARDT (Hrsg.), Die Gesetze des Karolingerreiches II, 2, S. 154 – und aus bayerischen Urkunden überliefert; vgl. dazu schon die Nachweise bei MERKEL, in: ZRG 2 (1863), S. 101, 119.

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Allerdings macht Tit. 48 LRib für die unschriftliche ribuarische Affatomie eine Einschränkung, die den Weg zu Tit. 60, 1 LRib und damit den Weg aus dem Gericht heraus abschnitt: Nach dem Wortlaut von Tit. 48 LRib war die praesentia regis für beide Varianten erforderlich. Ob aber die ribuarische tatsächliche, also unschriftliche Verfügung vor Zeugen Ähnlichkeiten mit der aus Tit. 46 LSal bekannten Affatomie hatte oder vielleicht mit ihr identisch war, muss unentschieden bleiben. Die praesentia regis könnte auch als ideelle Gegenwart in einem Gericht mit Königsbann – also im Grafengericht – gedeutet werden. Diese Deutung gewinnt dadurch noch Überzeugungskraft, dass Karls d. Gr. Kapitular von 803 ergänzt:148 vor dem Grafen und den Schöffen. Auch die grundsätzlich zulässige traditio vor Zeugen war mithin ebenso wie die Urkundenerrichtung eine gerichtliche. Damit berührt sie sich erkennbar mit Tit. 46 LSal, 149 auch wenn die verfahrenstechnischen Schwierigkeiten des zweimalig abzuhaltenden Gerichts und des dazwischen liegenden Bewirtungsaktes, die Tit. 46 LSal errichtet, im Normtext der LRib und damit schon im 7. Jh. nicht ausdrücklich vorkommen. Beseitigt war immerhin ein Gericht: Die traditio der LRib musste nicht, bevor sie in das echte Ding gelangte, in einem gebotenen Ding begonnen worden sein. Ein dreiaktiges Verfahren ist auf ein einaktiges verschlankt worden. Wegen der Erforderlichkeit der Vornahme der Affatomie im Königsgericht war der Weg der einfachen traditio etwa auf dem den Grundstock des Vermögens bildenden Grundstück nach Tit. 60, 1 LRib durch Tit. 48 LRib versperrt. Dies nötigt dazu anzunehmen, dass es hierfür einen rechtlich erheblichen Grund gegeben haben muss, der die Affatomie nach dem revidierten Recht der LRib von der daneben möglichen sofortigen Übertragung eines Grundstücks unterschied. Dieser rechtliche Unterschied kann nun einerseits darin liegen, dass die Wirksamkeit einer Affatomie nach Tit. 48 LRib anders als bei einer traditio nach Titt. 59, 1 und 60, 1 LRib nicht sofort eintrat, sondern eben mit dem Tod des Verfügenden in Verbindung stand. Einer solchen Auslegung steht die Quelle nun zwar nicht ausdrücklich entgegen, allerdings fordert sie sie auch nicht eindeutig. Letztlich muss die Norm als eine insoweit offene Vorschrift interpretiert werden und die Möglichkeit von erlebensbedingten Verfügungen nach LRib der Tatsachenforschung überlassen werden. Zu weitgehend ist es (wie im übrigen schon bei Tit. 46 LSal gezeigt), aus der Gleichbehandlung der Affatomie mit der Verfügung über einzelne Sachen zu schließen, dass jene wie diese sofort lebzeitig gewirkt haben muss. 150 Andererseits kann auch angenommen werden, dass Tit. 48 LRib eine Spezialregelung für Verfügungen über das Vermögen im Ganzen war, während Titt. 59, 60 LRib die allgemeinen Regeln für die normale Verfügung über 148 149 150

S. dazu noch unten. So auch BEYERLE im Sachkommentar zur LRib, MGH LL I, 3, 2, S. 154. So – im Sinne der seinerzeit h. M. – K UGELMANN, Gemeinrechtliche Begründung des particulären Erbvertrages, S. 8.

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einzelne Sachen abgaben. Diese Überlegung findet im Wortlaut von Tit. 48 LRib mit omnem facultatem auch die erforderliche Stütze. b) Mit dem Verweis auf die traditio vor Zeugen nach Tit. 60, 1 LRib dürfte außerdem weiterhin geklärt sein, wie facultas in Tit. 48 LRib richtig übersetzt werden muss. Zu Tit. 46 LSal ist auf einen Bedeutungsunterschied zwischen fortuna und facultas hingewiesen worden, der nahelegt, dass facultas eventuell nur das bewegliche Vermögen bezeichnen könnte. Dies lässt sich für die LRib nicht aufrechterhalten. Es handelt sich bei der facultas des Tit. 48 LRib um das Vermögen – und zwar um das mobile und das immobile Vermögen. Ein Verweis auf die Verfügung über Immobilien (nur bei dieser war die Beziehung von Zeugen und zu ohrfeigenden Knaben angeordnet und sinnvoll) wäre sinnlos, wenn facultas etwa nur als mobiles Vermögen übersetzt werden würde. Diese Überlegung wird noch zusätzlich dadurch gestützt, dass die Kapitulariengebung von 803 und 818/819, insofern sie sich auf das fränkische Recht bezog,151 keine Beschränkung der Affatomie auf die Mobilien kannte. c) Tit. 48 LRib und Tit. 46 LSal unterscheiden sich aber – und das ist oft gesehen worden – über diese Fragen hinaus auch in den Voraussetzungen fundamental. aa) Nach dem klaren Wortlaut von Tit. 48 LRib konnte (nur) derjenige, der keine Söhne und Töchter hatte, über sein ganzes Vermögen verfügen. Grammatisch bezieht sich diese Voraussetzung auf alle Rechtsgeschäfte, die in Tit. 48 LRib geregelt sind, nämlich sowohl auf die gegenseitige Verfügung unter Ehegatten als auch auf die Verfügung zugunsten von verwandten oder fremden Personen. Die Bedenken, die gegen die Übersetzung der Formulierung procreationem non habuerit mit kinderlos vorgebracht können, seien noch kurz zurückgestellt. Üblicherweise wird hierin, in der Kinderlosigkeit als Voraussetzung, eine Einschränkung gegenüber Tit. 46 LSal gesehen: „Der lex Salica ist ein sicheres Zeichen für oder gegen die Dispositionsfreiheit nicht zu entnehmen. Die lex Ribuaria dagegen spricht entschieden gegen die Freiheit, indem sie die Vornahme der Affatomie nur demjenigen gestattet, der keine Kinder habe. “ 152

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Vgl. dazu unten in diesem Kapitel. P APPENHEIM, Launegild und Garethinx, S. 59. Ebenso MAYER-H OMBERG, Die fränkischen Volksrechte im Mittelalter, S. 341 f. (keine Kinder und keine Deszendenten).

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Die LRib wird so zur Kardinalbelegstelle für das „Wart“- oder „Beispruchsrecht“ der Abkömmlinge, 153 für den Erbenlaub. Jedoch gab es auch Stimmen, die in Tit. 48 LRib eine Erleichterung gegenüber Tit. 46 LSal erblickten, indem nach Tit. 48 LRib nur noch das Vorhandensein von Kindern ein Hindernis für die Vornahme der Affatomie bildete – und nicht mehr, wie bei Tit. 46 LSal Erbenlosigkeit bis ins letzte Glied vorgelegen haben müsse. 154 Beyerle ging bei der ribuarischen Affatomie davon aus, dass die salische Affatomie nach Tit. 46 LSal die Kinderlosigkeit schweigend unterstellt habe155 und dass sich beide Affatomien insofern nicht unterschieden – und das merowingisch-karolingische Recht also insoweit keinen Veränderungen unterworfen war. Dass diese Voraussetzung für die LSal schwerlich zu beweisen ist, ist schon genannt worden. Wenn diese Voraussetzung aber wegfällt, dann entfällt auch die Möglichkeit, in Tit. 48 LRib eine Erleichterung gegenüber Tit. 46 LSal zu erblicken. Schließlich gibt es Stimmen, die schon bei Tit. 46 LSal keine solche Voraussetzung erkennen konnten und die demgemäß bei Tit. 48 LRib auch nicht von einer Erleichterung sprechen.156 Es ist gegenüber beiden Überlegungen (Verschärfung oder Erleichterung der Voraussetzungen) zunächst darauf hinzuweisen, dass Tit. 48 LRib keine abschließende Definition enthält, die so verstanden werden müsste, als ob die Vornahme einer Verfügung über das gesamte Vermögen nur demjenigen erlaubt war, der keine Kinder hatte. Auch hier zeigt sich wieder, dass aus dem Text nicht mehr systematische Schlüsse gezogen werden dürfen, als der Wortlaut unmittelbar erlaubt. Tit. 48 LRib enthält zunächst einmal nicht mehr als die Aussage, dass demjenigen, der keine Kinder hatte, die Möglichkeit offen stand, durch Verfügung vor Zeugen oder durch Errichtung einer Urkunde über sein gesamtes Vermögen zu verfügen. bb) Wenn dem – im Sinne des „gemeingermanischen“ Erbenwartrechts als aus der Sippenbindung herausgewachsene Beschränkung der (postmortalen) Verfügungsfreiheit des Einzelnen – aber entnommen wird, dass die Möglichkeit der Verfügung über omnis facultas, über das ganze Vermögen also, nur kinderlosen Personen möglich war,157 dann handelt es sich um einen kodifi-

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Vgl. nur V. AMIRA, Erbenfolge und Verwandtschaftsgliederung, S. 57; MAYERH OMBERG, Die fränkischen Volksrechte im Mittelalter, S. 343; S CHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 15. HEUSLER, Institutionen II, S. 626. Vgl. BEYERLE im Sachkommentar zur LRib, MGH LL I, 3, 2, S. 154. Z. B. SANDHAAS, Ueber die Rechte des nächsten Erben, S. 168. So aber z. B. V. AMIRA, Erbenfolge und Verwandtschaftsgliederung, S. 53; A DLER, Über das Erbenwartrecht, S. 25; HEUSLER, Die Gewere, S. 44: „ein Zeugniss, das keine Interpretierkunst zu entfernen “ vermöge; P APPENHEIM, Launegild und Garethinx, S. 60.

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katorisches Denken voraussetzenden Umkehrschluss, 158 für dessen Berechtigung der Wortlaut der Quelle an sich keine zwingenden Gründe bereithält. Anstatt diesen Umkehrschluss zu ziehen, ist es auch möglich zu vertreten, dass die LRib die Frage, welche Möglichkeiten lebzeitiger oder erlebensbedingter Verfügungen dem Kinder habenden Franken zu Gebote standen, offen gelassen, schlicht nicht geregelt hat – dass wir es also wieder mit der Überlieferung sektoriellen Rechts zu tun haben. Näher liegt die Schlussfolgerung, dass Tit. 48 LRib gegenüber Tit. 46 LSal insoweit eine aktuellere Spezialregelung bereithält, dass sie eben nur für die Verfügung über das ganze Vermögen die Kinderlosigkeit des Verfügenden voraussetzte. Diese beiden Voraussetzungen (Verfügung über das ganze Vermögen und Kinderlosigkeit) führen dazu, dass der (potenzielle) Anwendungsbereich von Tit. 48 LRib wesentlich enger gezogen gewesen sein dürfte als der von Tit. 46 LSal. Eine solche Einengung war Tit. 46 LSal, der wie gezeigt auch die Verfügung über einzelne Teile des Vermögens betreffen konnte und bei dem die Erben- wie die Kinderlosigkeit des Verfügenden als Voraussetzung nicht einmal andeutungsweise vorhanden war, aber nicht zu entnehmen. Es könnte mithin sein, dass der Urheber von Tit. 48 LRib bei seiner Revision des Rechts eine Einschränkung der vorhandenen Verfügungsfreiheit (nur) zugunsten der Kinder hat vornehmen wollen. Ein Grund für eine solche Einschränkung könnte in den – den königsnahen Urhebern der LRib bekannten – Verfügungen über große Vermögen zugunsten der Kirche und zulasten der Kinder gefunden werden.159 Zwingend ist diese Begründung angesichts der engen Verflechtungen zwischen den merowingischen Königen und ihrem beratenden Umfeld und der katholischen Reichskirche jedoch nicht und wie tönern die Füße sind, auf denen eine solche Erklärung steht, zeigen Tit. 1, 1 LAla und Tit. 1, 1 LBai deutlich. Unberührt von dieser Beschränkung der Verfügungsmacht zugunsten der Kinder wären dann aber alle die Verfügungen geblieben, die sich nicht auf das Vermögen im Ganzen richteten, sondern nur Teile desselben erfassten. Diese Überlegung verdient zunächst festgehalten zu werden. Trifft sie zu – und aus Tit. 48 LRib folgt kein stichhaltiges Gegenargument –, dann wären Verfügungen von Todes wegen, sofern sie nicht das gesamte Vermögen erfassten, 158

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Er führt dazu, dass die historisch jüngere LRib angeblich ein unflexibleres Rechtsinstitut überliefert als die ältere LSal und dass darüber hinaus die Kapitularien sich enger an das ältere Recht anlehnten; s. dazu noch unten. MayerHomberg, der diesen Widerspruch erkannt hat, kommt ihm bei, indem er die Karolinger, die Urheber der Kapitularien, und alle an der Reichsgesetzgebung beteiligten Franken zu Saliern erklärt; vgl. DENS., Die fränkischen Volksrechte des Mittelalters, S. 374 ff., 412 ff., 425: „Das salische Recht ist im karolingischen Reichsrecht zur ausschließlichen Herrschaft gelangt, weil die beiden rechtssetzenden Faktoren, der König einerseits, die Beamten und Großen in ihrer großen Mehrheit andererseits salischen Stammes und Rechtes waren. “ Vgl. dazu unten (Kapitularien).

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auch nach der LRib möglich gewesen – ohne dass einer der vorhandenen Erben des Verfügenden ein Mitwirkungsrecht gehabt hätte. Logisch handelt es sich bei dieser Überlegung um einen Umkehrschluss, der bei den Volksrechten streng genommen unzulässig ist. Für diesen Schluss spricht jedoch das zu Tit. 46 LSal gefundene Ergebnis. Methodisch richtiger ist es, zu konstatieren, dass die LRib die Frage, ob, wie und worüber bekinderte Personen verfügen durften, nicht regelte. Der Umstand allerdings, dass eine Verfügung nicht das gesamte Vermögen ergreift, ändert nichts daran, dass sie nicht ebenfalls unter eine Erlebensbedingung gestellt werden kann. Eine Einschränkung auf sofort wirksame Verfügungen fehlt der LRib ebenso wie der LSal. Anhand von Rechtstatsachen ist zu überprüfen, ob solche erlebensbedingten Verfügungen vorgekommen sind. Ist das zu bejahen, dann hat die postmortale Verfügungsmacht existiert – unabhängig von der Frage, ob bei Verfügungen über das ganze Vermögen Sicherungen zugunsten der Kinder160 vorgekommen sind. cc) Überzeugender noch als die unter bb) angestellte Überlegung ist aber eine andere Deutung von Tit. 48 LRib, die die oben angedeutete Überlegung des Schutzes von Kindern gegen beeinträchtigende Verfügungen der Eltern durch eine Rechtsregel in den Mittelpunkt stellt. Sie geht davon aus, dass Tit. 48 LRib in seiner ersten Alternative (vir mulieri etc.) eine über die bisher genannten Spezialisierungen noch hinausgehende, weitere Konkretisierung gegenüber Tit. 46 LSal bereithielt. Es scheint fast so, als habe das Aufzeichnungsinteresse bei Tit. 48 LRib vordringlich die gegenseitige Verfügung unter Ehegatten – sive vir mulieri vel mulier viro – bei voraussichtlich kinderlos bleibender Ehe – si quis procreationem filiorum vel filiarum non habuerit – im Auge gehabt. Trifft das zu, dann dürfte die Kinderlosigkeit des Verfügenden jedenfalls nicht als dem Recht der LRib generell immanente Voraussetzung für alle Verfügungen über das Vermögen interpretiert werden. Tatsächlich ergibt sich für diesen Fall, die gegenseitige Verfügung unter Ehegatten, eine sinnvolle und stimmige Gesamtlösung: Hinter der gegenseitigen Verfügung unter Ehegatten steht eine zeitungebundene tatsächliche Motivation: Es handelt sich um die erneute Heirat von verwitweten, bereits Kinder aus früheren Ehen mitbringenden Ehegatten,161 bei denen die Wahrscheinlichkeit, gemeinsame Kinder zu zeugen, eher gering ist. In diesem Zusammenhang dürfte es auch kein unerlaubtes Rückprojizieren darstellen, wenn unterstellt wird, dass solche 160 161

Sicherungen zugunsten der Erben sind den Texten jedenfalls positiv nicht zu entnehmen. Diese wichtige Unterscheidung verdient festgehalten zu werden. Es überrascht nicht, dass auch das Capitulare I zur LSal den Fall der Wiederheirat behandelt (Nr. 3 [Tit. 72 LSal] – De muliere vidua qui se ad alium maritum donare voluerit). Ebenso Nr. 4 des Capitulare VIII zur LSal (Edictus domni Chilperici regis pro tenore pacis). Freilich ist dort nur die vom ersten Ehemann herstammende dos der Witwe gegenständlich. Dieser Spezialfall bietet keine verallgemeinerbaren Gesichtspunkte.

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ren darstellen, wenn unterstellt wird, dass solche Verfügungen unter solchen Ehegatten erfahrungsgemäß bei Eingehung der Ehe geschlossen werden, um die Ehegatten gegenseitig wirtschaftlich abzusichern. Diese Grundlage für eine gegenseitige Verfügung über das gesamte Vermögen unter Ehegatten wird auch der lateinischen Formulierung si quis procreationem filiorum vel filiarum non habuerit eher gerecht als die Übersetzung dieses Textteils mit „Kinderlosigkeit des Verfügenden“. Hätte der Redaktor von Tit. 48 LRib diese Voraussetzung im Auge gehabt, hätte er nicht auf ein grammatisch nicht ganz einfach zu konstruierendes „nicht zu erwartendes Hervorbringen von Söhnen und Töchtern“ abstellen müssen, sondern hätte sich schlicht mit den Worten si quis filios vel filias non habet begnügen können. Insbesondere das Substantiv procreatio und die finite Verbform habuerit weisen in die Zukunft. Voraussetzung für eine Verfügung nach Tit. 48 LRib war nicht die generelle Kinderlosigkeit der Verfügenden, sondern die zukünftig kinderlos bleibende, zwischen den Verfügenden eingegangene Ehe. 162 Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit dieser Überlegung ist schließlich Tit. 49 LRib, der in diesem Lichte verständlich erscheint und der den angesprochenen wirtschaftlichen Kinderschutz realisiert. Er verweist zunächst auf die nach Tit. 48 LRib vorgenommene Affatomie zwischen (kinderlos bleibenden) Ehegatten. Er ordnet an, dass bei solch einer Affatomie das gegenseitig zugewendete Vermögen nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten (post discessum amborum) an die legitimen Erben fallen sollte. Gemeint sein kann nur, dass das Mannesvermögen an dessen Erben und das Frauenvermögen an deren Erben gelangen sollte.163 Die Anordnung dieser Rechtsfolge wäre nachvollziehbar und weit entfernt von übertriebener Interpretierkunst. Sie kann einer vom Normgeber angestellten Regelfallanalyse entspringen. Ehegatten, die damit rechnen, dass ihre Ehe kinderlos bleiben wird, werden fast immer wollen, dass das Vermögen, das der Längstlebende zunächst vollständig erhalten soll, bei dessen Tod an die Linie zurückfällt, aus der es stammt. Es ist hierbei nicht erforderlich, vertiefter auf das merowingisch-karolingische Ehegüterrecht einzugehen und den Nachweis anzutreten, dass Mannes- und Frauenvermögen bei Auflösung der Ehe durch Tod auseinander gehalten wurden und dass der Frau beim Tod ihres Mannes an dem während bestehender Ehe erworbenen Vermögen ein Drittel164 zukam. Was genau die Frau oder der Mann vom eingebrachten Vermögen und von der Errungenschaft erhalten konnte, spielt hier keine Rol162

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Das verträgt sich auch mit der (in der LRib nicht niedergelegten) Regel „Kinderzeugen bricht Ehestiftung “ – die Geburt eines gemeinsamen Kindes ließ die Voraussetzung der gegenseitigen Verfügung nachträglich entfallen und beseitigte so das Geschäft. BEYERLE, Sachkommentar zur LRib, MGH LL I, 3, 2, S. 155 meint, die „Verfangenschaft des Gutes zweier kinderloser Ehegatten an eines jeden Nächstgesipp te “ trete hier sehr klar hervor. Tit. 37, 1 LRib.

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le – wichtiger ist, dass die normative Quelle es den Ehegatten erlaubte, einander mehr zuzuwenden als die auf der gemeinsamen Lebensführung basierende Güterbeteiligung. Und schließlich: Der Längstlebende sollte nicht berechtigt sein, dieses Vermögen, das bei Abschluss der gegenseitigen Verfügung der wiederheiratenden Ehegatten nur aus dem von beiden Ehegatten eingebrachten (von einem früheren Ehegatten mit gebildeten) Vermögen bestand, zu verschleudern. Er sollte mit diesem Vermögen einerseits nur zum eigenen Lebensunterhalt notwendige Aufwendungen bestreiten und es andererseits nur milden Zwekken zuführen dürfen. Das ist der Sinn der Formulierung nisi tantum, qui parem suum supervixerit in eleemosyne vel in sua necessitate expenderit. So wurde den aus früheren Ehen vorhandenen Kindern die Sorge genommen, die überlebende Stiefmutter oder der Stiefvater verfüge über das von ihrem verstorbenen Vater oder ihrer verstorbenen Mutter mit gebildete, in die neue Ehe des überlebenden Elternteils eingebrachte Vermögen anders, als über dieses Vermögen in der alten Familie verfügt worden wäre. Tit. 48 LRib wäre mithin ein Versuch, dem klassischen vermögensrechtlichen Konflikt zwischen Stiefkindern und Stiefeltern165 zu begegnen. Unterstellt, diese Auslegung sei richtig, dann anerkannte Tit. 48 LRib in seiner ersten Alternative die gegenseitige Gesamtverfügung unter Ehegatten. Unterstellt weiter, an die leges insgesamt dürften nicht die modernen Anforderungen an Kodifikationen gerichtet werden (also das Streben nach Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der getroffenen Regelungen), dann liegt in Titt. 48, 49 LRib eine stimmige Regelung für ein für regelungsbedürftig gehaltenes Rechtsproblem (die gegenseitige Verfügung unter Ehegatten bei Eingehung einer neuen Ehe unter Berücksichtigung der Vermögensinteressen der Stiefkinder) vor. Billigen wir den Redaktoren der LRib im Gegenzug ein Minimum an gesetzgeberischem Willen und Wissen zu, dann lässt sich schlussfolgern, dass, nachdem der Hauptanwendungsfall für den Rechtsbegriff Affatomie (nämlich allgemein die Vermögensübertragung) ersetzt worden ist durch das Urkundenverfahren, für Tit. 48, 49 LRib nur noch zwei regelungsbedürftige Spezialfälle übrig blieben: Eben die Adoption und die Verfügung unter Ehegatten in der eben beschriebenen Sonderlage. dd) Diese Auslegung von Tit. 48 LRib als Spezialtatbestand für die gegenseitige Gesamtverfügung unter Ehegatten erlaubte es dann dem Urheber der LRib, daneben die Zulässigkeit der Affatomie auch außerhalb der Ehe zu bejahen – aber das ist keine wirkliche Neuerung, denn nach Tit. 46 LSal war die Affatomie auch außerhalb der Ehe generell möglich. Der Personenkreis derjenigen, die von einer salischen Affatomie begünstigt werden konnten, war ja in keiner Weise näher definiert oder beschränkt, jeder kam in Betracht. Das 165

Dieser Konflikt dürfte bei signifikant hohem perinatalem Mortalitätsrisiko junger Frauen und bei allgemein hoher Letalitätsrate vieler endemischer Krankheiten im Mittelalter alltäglich gewesen sein.

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wird durch Tit. 48 LRib bekräftigt, indem klargestellt wird, dass über das Vermögen zugunsten von proximi vel extranei, Verwandten oder Fremden, verfügt werden könne. Die Voraussetzungen einer rheinischen Affatomie würden sich dann also (wie bisher) nach dem salischen Grundtatbestand Tit. 46 LSal und dessen Ergänzungen nach Tit. 48 LRib (Kinderlosigkeit bei Gesamtverfügung unter Ehegatten) zu richten gehabt haben, wenn nicht – und hier liegt die weitere rheinische Neuerung – die zweite Alternative des Tit. 48 LRib auch diese Affatomie von der Pflicht des zweimaligen Gerichts und der Einschaltung einer Mittelsperson befreit hätte. Die Ergänzung, dass eine ribuarische Affatomie auch eine mit dem Verfügenden nicht verwandte oder verheiratete, fremde Person – seu cuicumque libet – begünstigen könne, wird zwar durch den Text beinahe marginalisiert, stellt aber, wie oben schon hervorgehoben wurde, nun eine echte formale Erleichterung gegenüber Tit. 46 LSal dar. Daneben bleibt festzuhalten, dass die Titt. 48, 49 LRib keine Aussage dazu treffen, wie Personen, die Kinder hatten, zugunsten dieser Kinder oder zugunsten anderer Personen verfügen durften. Mit Umkehrschlüssen, die einen modernen Gesetzesbegriff voraussetzen, lässt sich diesem Problem in einer Rechtsordnung, die sektorielles Recht schriftlich aufzeichnete, nicht beikommen.

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3. Freie Verfügung nach der Lex Thuringorum (1) Allgemeines zur Quelle Die Behandlung einer Rechtsquelle, die sich auf das Gebiet des heutigen Thüringen und Teile Sachsen-Anhalts bezieht, im Rahmen des merowingisch-karolingischen Rechts mag zunächst überraschen. Nach den auch heute weithin akzeptierten Angaben v. Schwerins galt die LThu für die (vermuteten Völker der) Angeln im Gebiet der Unstrut und der Warnen im Gebiet der Saale und Elster166 und damit in einem Territorium, das seit dem Spätmittelalter und der Neuzeit in der Tradition des Sachsenspiegelrechts steht. Jedoch gibt es gerade vom hier gewählten thematischen Schwerpunkt aus überzeugende Argumente, die LThu aus formalen Gründen als eine karolingische Rechtsquelle anzusehen. a) Das hängt erstens mit der Entstehung der LThu zusammen, die nach einhelliger Ansicht auf dem Aachener Reichstag um die Jahreswende 802/803 (wahrscheinlich im Oktober 802) aufgezeichnet worden ist und damit dem Rechtserneuerungsprogramm167 Karls d. Gr. zuzurechnen ist, 168 dem neben anderen Volksrechten auch ein hier wesentliches Kapitular angehört. Diese Überlegung rechtfertigt sich weiter durch die Tatsache, dass das Gebiet der (aus der lex und aus den Landschaftsnamen Englehem und Werenofeld vermuteten169) Angeln und Warnen, das heutige Thüringen zwischen Rennsteig, Saale und Unstrut, 170 im Jahre 802/803 seit Jahrhunderten – nämlich seit der Niederlage der Thüringer unter ihrem König Herminafried in der Schlacht von Burgscheidungen/Unstrut im Jahre 531/532171 gegen die Franken unter dem fränkischen Teilkönig Theuderich, einem der Söhne Chlodwigs, seit dem Zülpicher Mord an Herminafried 534 und seit der Hochzeit zwischen Chlothar I. und der thüringischen Prinzessin Radegundis – als Grenzmark gegen die nach der Abwanderung elbgermanischer Gruppen nach 166 V. SCHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 167 Vgl. dazu noch unten Kap. 5 zur LSax. 168 169 170 171

53.

Zuletzt L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 30 f. und DERS., in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296. S CHMIDT-WIEGAND, Art. Lex Thuringorum, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 II (1978), Sp. 1965. S CHMIDT-WIEGAND, Art. Lex Thuringorum, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 II (1978), Sp. 1965: „in den Grenzen des alten Thüringerreiches “. Als deren Ergebnis verloren die Thüringer die nördlich der Unstrut gelegenen Gebiete an die Sachsen und die südlich derselben gelegenen Gebiete an die Franken, die östlich der Saale gelegenen, siedlungsärmeren Teile Thüringens wurden slawischen Siedlern geöffnet, so LIEBERWIRTH, Art. Thüringen, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 V (1998), Sp. 218.

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Südwesten nachrückenden und vom 6. bis 8. Jh. bis zur Saalelinie siedelnden Slawen in den fränkischen Reichsverband integriert war und kein irgendwie greifbares (staats-) rechtliches Eigenleben geführt hat. 172 Erhalten blieb immerhin – parallel zum ersten Opfer der Franken: Burgund – die Erinnerung an das frühe Königreich, seinen Untergang173 und ein Name. Verwaltet wurde Thüringen seit dem 6. Jh. von fränkischen, meist in Würzburg residierenden Herzögen; einen unter ihnen, Heden d. Ä., hielt Lupus v. Ferrières für den Urheber der LRib. 174 Seit 720 hat es jedoch keine Herzöge von Thüringen und damit auch keine Möglichkeit zur Autonomie mehr gegeben.175 Hinzu kommt, dass auch archäologisch seit der Zeit um 600 und vor allem im 7. Jh. die Anbindung Thüringens an die fränkische Kultur zu erkennen ist. 176 Das so territorial bezeichnete Thüringen ist insbesondere seit dem 8. Jh. nicht nur in seiner inneren Verfassung „frankonisiert“, sondern bis an den Harz und an die Grenzgebiete zu Sachsen fränkisch besiedelt gewesen.177 Ein erkennbar eigenständiges Recht haben die alten, an der Unstrut unterlegenen Thüringer nicht hinterlassen. Die Tatsache, dass die LThu sich somit allenfalls an einen thüringisch-fränkischen Adressatenkreis richten konnte, unterscheidet sie von den legislatorischen Bemühungen Karls d. Gr. gegenüber den Sachsen (Capitulatio de partibus Saxoniae, Capitulare Saxonicum und LSax). Diese Beschreibung, insbesondere die mangelnde archäologische Präsenz einer spezifisch thüringischen Kultur seit dem 7. Jh., begründet Zweifel an der Authentizität der LThu, sie zwingt freilich nicht zu der Aussage, dass das 172

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Vgl. die Darstellung bei H OFMANN, Art. Franken, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1192. Bei H OFMANN/WENDEHORST, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1652 heißt es, es fehlten gesicherte Informationen über die Neuorganisation des (in das Fränkische Reich einbezogenen) Thüringerreiches. Schieffer spricht dagegen von einer faktischen Verselbständigung der peripheren Territorien (auch Thüringens) unter Führung von duces, vgl. S CHIEFFER, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1676. Nachweise bei LANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 25. Vgl. die Wiedergabe des Gesetzgeberbildes in der Hs. O. I. 2 der Bibliotheca Capitolare in Modena bei MORDEK, in: WIECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK /MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 494. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 25. „Es gab eigentlich nichts spezifisch Thüringisches mehr “: B ERTHOLD SCHMIDT, in: WIECZOREK/PÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 295. Vgl. die Zusammenfassung bei MEYER, Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, S. 77 f. Auch LIEBERWIRTH, Art. Thüringen, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 V (1998), Sp. 219 nennt die Ansetzung fränkischer Staatskolonisten, die Schaffung von Königsland und Königshöfen und die Einführung der Grafschaftsverfassung als Argumente für die erfolgreiche Eingliederung Thüringens in das fränkische Reich. Vgl. auch die Übersicht über fränkische Straßenstationen und fränkische Gräberfelder in Thüringen bei BERTHOLD SCHMIDT, in: WIECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK /MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 294.

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in der LThu überlieferte, vielleicht von rechtskundigen Angeln und Warnen erfragte Recht178 nicht mit einheimischem, im 8. Jh. unter der fränkischthüringischen Bevölkerung geübten Recht übereinstimmen könne, sondern karolingisch und quasi von außen diktiert worden sei. Insbesondere die Unterschiede zwischen dem Verwandtenerbrecht nach LSal und LRib einerseits und dem thüringischen Verwandtenerbrecht andererseits verbieten eine solche inhaltliche Gleichsetzung.179 Auch die neuere Literatur hält daran fest, dass es sich bei der LThu um ein Recht für die Bevölkerungsmehrheit der alteingesessenen Thüringer, nicht für die neu angesiedelten Franken und auch nicht für die eingestreuten Slawen gehandelt haben wird.180 b) Freilich muss bei der Auslegung der LThu (ebenso wie bei der LSax) beachtet werden, dass die Überlieferungslage zur LThu im Vergleich zu der der LSal und der LRib nur als verzweifelt zu beschreiben ist. Es sind nur zwei Quellen, die Nachricht vom „Recht der Thüringer“ geben: Die LThu ist in einer einzigen Handschrift, einem aus der Mitte des 10. Jh. stammenden Codex aus dem Kloster Corvey181 überliefert, der neben der LThu auch noch eine LSax, das Capitulare Saxonicum, fränkische Kapitularien und Königsurkunden für Corvey enthält, und in dem 1557 in Basel vorgenommenen Druck der Volksrechte von Johannes Herold überliefert, welcher sich auf eine heute verlorene Hs gestützt haben muss. 182 Außerdem wird der LThu in dieser Corveyer Hs nicht einmal ein eigener systematischer Standort zuteil, vielmehr ist sie textlich auseinander gerissen und eingeschaltet183 in einen Text der LSax. 178 179

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So stellt sich S CHMIDT-WIEGAND, Art. Lex Thuringorum, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 II (1978), Sp. 1965 die Abfassung der lex vor. Unterschiede bestehen nicht nur im Vorrang der Agnaten bis ins fünfte Glied, sondern auch in der Aufteilung des Nachlasses in mehrere Vermögensmassen: Erbe, Hergewete und Gerade sind ebenso wie der Übergang des Erbes vom Speer auf die Spindel in LSal und LRib unbekannt. LANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 46 hält das (insbesondere den Agnatenvorrang) für eine karolingische, den thüringischen Adel begünstigende Reform, nicht für altthüringisches Volksrecht. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 33. Vgl. zum Codex Corveiensis ausführlich THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 67 ff. V. SCHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 10. V. RICHTHOFEN hatte dazu gemeint: „quo autem codice usus sit Heroldus, omnino ignoramus “; MGH LL I, 5, S. 104. Bei diesem ignoramus ist es bis heute geblieben, V. SCHWERIN konnte nur feststellen, die Annahme, dass dem Herolddruck ein verlorener Codex Fuldensis zugrunde liege, sei ebenso wenig von der Hand zu weisen wie zur Gewissheit zu erheben; V. S CHWERIN, in: ZRG Germ. Abt. 33 (1912), S. 390, 395; DERS., Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 10. Im Codex Corveiensis folgen auf den Schluss der LSax zunächst ohne Hinweis darauf, dass es sich nicht mehr um die LSax handele, die Titt. 26-59 der LThu. Die Titt. 1-25 der LThu werden nach Tit. 59 LThu unter der Überschrift Lex Thuringo-

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Es handelt sich mithin um einen Rechtstext, von dem sich heute nur sagen lässt, dass er auf dem Aachener Reichstag schriftlich abgefasst und aufgezeichnet worden sein muss und dann in den mehr als 700 Jahren bis zu seinem ersten Druck noch zweimal abgeschrieben worden ist, davon einmal im 10. Jh. in einem nicht in Thüringen lokalisierten Kloster. Aussagen über eine gewisse Verbreitung des Textes im vermuteten Gebiet seiner eventuellen Geltung sind damit unmöglich.184 Möglich ist demgegenüber, dass die LThu außerhalb der kaiserlichen Kanzlei nie verbreitet und später außerhalb der Klostermauern von Corvey und dem Ort des Schreibers der verlorenen Hss bis 1557 unbekannt gewesen ist. Das bedeutet: Systematische Überlegungen über das in Thüringen geltende Recht werden sich aufgrund der LThu allein nie anstellen lassen. Was sich dagegen anhand der LThu zeigen lässt, ist, wie der Kaiser, die Kanzlei und die in Aachen vertretenen Optimaten des Reiches im Jahre 802/803 über einzelne rechtliche Probleme urteilten.

(2) Quellenbefund Der hier gegenständliche Tit. 51, 2 LThu ist knapp gehalten und folgt unter der Überschrift De minoribus causis als Satz 2 einer Anordnung über die Beleidigung: Libero homini liceat hereditatem suam, cui voluerit, tradere.185

Damit scheint alles gesagt. Eine solche knappe und mit einem in der gesprochenen Sprache wahrscheinlich nicht vorkommenden terminus technicus arbeitende Formulierung kann entweder in einem sinnvollen systematischen Zusammenhang für hohe Abstraktionsleistung oder andererseits, wenn ein solcher Zusammenhang nicht besteht, für Flüchtigkeit der Verfasser sprechen.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Auslegungsprobleme von der Art, wie sie die Affatomie in LSal und LRib aufwerfen, sind bei Tit. 51, 2 LThu nicht vorhanden. Keine normative Rechtsquelle zu den mittelalterlichen Verfügungen von Todes wegen scheint einfacher auszulegen zu sein als diese. Tit. 51, 2 LThu ist in seinen auf der Hand liegenden Schlüssen ein Satz, der in das fest gefügte Sippenbindungssystem des „germanischen“ Erbrechts eine nicht wieder zu verschließende Lücke reißt. Er ist der Kontrapunkt nicht nur zu Tit. 48 LRib, sondern auch zu Ssp Ldr. I, 52. Indessen ist gerade Tit. 51, 2 LThu in der älteren Literatur

184 185

rum nachgetragen; vgl. V. S CHWERIN, in: ZRG Germ. Abt. 33 (1912), S. 390, 401 f.; THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 70 f. Zum Vergleich: Die LSal ist in 87, die LRib in 35 Hss überliefert. Auch die Kapitularien sind besser überliefert. MGH LL I, 5, S. 138 (Edition V. RICHTHOFEN); Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 65 (Edition V. SCHWERIN). v. Richthofens Titelzählung bringt die Vorschrift als Tit. 54.

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entweder für unglaubwürdig gehalten oder mehr oder weniger gewaltsam interpretiert worden. a) Beispiele solcher Interpretationen, die im Wortlaut der Quelle keine Stütze finden, sind etwa die Ansicht eines Editors der LThu, Karl Friedrich v. Richthofens, das tradere in Tit. 51, 2 sei als eine Übertragung zu beneficium, nicht als Eigentumsübergang (gemeint ist wohl die Gegenüberstellung von Lehen und Vollrecht) zu verstehen. Tit. 51, 2 sei demnach eine nova constitutio zum älteren thüringischen Recht, die die Übertragung des Grundvermögens und den Rückempfang zu Lehen erlaube,186 und die These Johann Christian Hasses, Tit. 51, 2 spreche nur relativ davon, dass der Freie nicht von einem Schutzherrn (König, Herzog oder Graf) an der Verfügung über sein freies Eigentum gehindert werden solle, daneben äußere sich die lex gar nicht zur (bestehenden) „Verkettung in der Familie“. 187 Diese Überlegungen können sich auf ein formales Argument stützen. Eben weil Tit. 51, 2 LThu eine Aussage von fundamentaler Bedeutung enthält, erscheint es widersinnig, eine solche Aussage an einer so versteckten Stelle in der lex unterzubringen. Nicht nur ein umsichtig handelnder Kodifikator, sondern auch jeder Urheber, der dem Text auch nur ein Minimum an Aufmerksamkeit entgegenbringt, hätte eine solche Aussage an einer anderen Stelle der lex einbauen müssen – angeboten hätten sich bei der LThu die Titt. 26-30 de alodibus. Der LThu fehlt nämlich auch nicht das Bemühen um eine gewisse Systematik. Die Titelgruppen beinhalten die Bußzahlungen für Totschlag und Körperverletzung (Titt. 1-25), Vorschriften zum Verwandtenerbrecht (Titt. 26-30 – de alodibus), Vorschriften über Diebstahl (inkl. des auf frischer Tat erschlagenen Diebes) und Menschenhandel (Titt. 31-40 – de furtis), Bußzahlungen bei Brandstiftung (Titt. 41, 42 – de incendio) und schließlich Bußzahlungen bei Vergewaltigung und Tötung von Frauen (Titt. 44-47 – de vi). Jedoch ist diese Systematik an mehreren Stellen durchbrochen. So wird die Bußzahlung für den erschlagenen, freigelassenen ehemaligen Knecht, Tit. 43, in der Titelgruppe de furtis behandelt, wofür es ersichtlich keinen Grund gibt und so erscheinen das Ungefährwerk und der Viehschaden, Titt. 49, 50, in der Titelgruppe de vi, was ebenso wenig Sinn macht. Immerhin erscheinen diese heute unsystematisch anmutenden Einstreuungen aber nicht so gewichtig wie die hier relevante Aussage. Dagegen rangiert die Aussage von Tit. 51, 2 unter der Rubrik „Kleinere Sachen“, zwischen unerlaubten Handlungen (es handelt sich nicht um die Beschreibung von Handlungen, auf die eine öffentliche Sanktion folgt) wie Beleidigung, übler Nachrede, einer Ergänzungsvorschrift zum Beweis bei 186

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MGH LL I, 5, S. 138, Anm. 21 a. E. (S. 140): Ex mea igitur opinione ut his in locis aliisque ita in lege Thuringica tradendi voci nullus sensus inest nisi beneficiandi id est beneficiario iure offerendi. v. Richthofen seinerseits zitiert ausführlich die ältere Literatur. H ASSE, in: RheinMJ 2 (1828), S. 149, 175 Fn. 23.

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Diebstahl, der Belagerung, des Frauenraubes durch den Knecht, der Haftung des Herrn für den Knecht, und dem Viehschaden durch Hatz oder Fallenstellerei. Noch dazu handelt es sich um eine unselbständige Einschaltung in einen Titel (Beleidigung, unrechte Tat), was sich von den sonstigen systematischen Brüchen nochmals erschwerend abhebt, welche durchweg eigenständige Satzkomplexe bilden.188 Die causae minores betreffen demnach bis auf Tit. 51, 2 Bußzahlungen für weniger schwer wiegende unrechte Handlungen. Die freie Verfügung des Thüringers ist an dieser Stelle ein echter Fremdkörper, allerdings ein derart prominenter Fremdkörper, dass der Verdacht auf eine spätere, fälschende Interpolation (etwa bei der Anfertigung des Codex Corbeiensis) ausscheiden muss – denn welcher Fälscher wird eine so gewichtige Aussage an einem Ort platzieren, wo sie derartig auffallen muss? b) Gegenüber den aus diesen Gründen Tit. 51, 2 LThu jede Glaubwürdigkeit absprechenden Ansichten gibt es auch ältere Meinungen, die aus Tit. 51, 2 LThu den Schluss ziehen, dass die lex die unbeschränkte Verfügung des Einzelnen über sein gesamtes Vermögen zuließ.189 Jüngst hat sich auch Peter Landau dafür ausgesprochen, in Tit. 51, 2 LThu die Anerkennung der Verfügungsfreiheit zu erblicken. 190 Das inhaltliche Argument dafür ist nach Landau die starre Regelung des Verwandtenerbrechts in der LThu mit ihrem Vorzug der agnatischen Verwandtschaft bis in das fünfte Glied nach dem Erblasser. Mir scheint jede andere Auslegung angesichts des unzweideutigen Wortlauts von Tit. 51, 2 LThu unmöglich zu sein – ohne dass es hierzu nötig wäre, den verursachenden Kontrapunkt im rigiden Verwandtenerbrecht der lex zu suchen. Die lex enthält auch über Tit. 51 hinaus in keiner anderen Vorschrift einen Anhalt dafür anzunehmen, dass die Möglichkeit, über die hereditas zu verfügen, etwa durch die Familienbindung des Vermögens beschränkt gewesen sein sollte – „dem Freien ist erlaubt, sein Vermögen (zu hereditas sogleich) zu übertragen, wem er wolle“. Vielmehr folgt Tit. 51, 2 LThu dem ohnehin bestehenden merowingisch-karolingischen Rechtszustand, soweit er aus den normativen Quellen erschlossen werden kann: Weder LSal noch LRib kannten die generelle und strikte Familienbindung des Vermögens. Im rheinfränkischen Recht bestand sie nur für den Ausnahmefall der gegenseitigen Verfügung unter Ehegatten bei Eingehung einer weiteren Ehe. Auch die LThu überliefert normatives Recht nur sektoriell. Folgendes wird sich formu-

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Jedenfalls ist das das Bild, das der der v. Schwerinschen Edition zugrundeliegende Codex Corbeiensis bietet. So z. B. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 52; vgl. die Nachweise Landaus zu Julius Ficker und Felix Dahn; L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 49. Beseler sah hierin eine ungewöhnliche, einfache und natürliche Verhältnisse voraussetzende Durchbrechung des von Sitte und Moral gebotenen, mitunter auch auf ein gesetzliches Gebot gestützten Erbenwartrechts; vgl. BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 53 f. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50.

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lieren lassen: Während der LRib die Regelvorschrift fehlt, die die LThu enthält, fehlt der LThu die Ausnahmeregel, die die LRib wiederum enthält. Nichts zwingt dazu anzunehmen, dass den Redaktoren beider Volksrechte das unangenehm auffallen musste: Sie waren keine Kodifikatoren. c) Zu prüfen ist noch, ob Tit. 51, 2 LThu eventuell nur die warmhändige Verfügung unter Lebenden betraf. Hierfür könnte angeführt werden, dass im Text der Vorschrift, und insbesondere beim Verbum tradere eine irgendwie geartete Bezugnahme auf den Tod des verfügenden liber fehlt. Hiergegen dürfte zunächst sprechen, dass der Verfügungsgegenstand mit hereditas bezeichnet wird. Das unterscheidet Tit. 51, 2 LThu einerseits von Tit. 46 LSal und Tit. 48 f. LRib und andererseits von den einschlägigen Kapitularien, die für den Verfügungsgegenstand die Bezeichnungen fortuna, facultas oder res verwendeten. Eine unbefangene Übersetzung wird für hereditas die Begriffe „Erbschaft“ oder „Nachlass“ wählen. Damit wäre gegenüber den Begriffen res, facultas und fortuna immerhin eine Konkretisierung gewonnen. Einschränkend könnte auch noch versucht werden, hereditas mit „Erbgut“ zu übersetzen – nur machte das nur Sinn, wenn unterstellt wird, dass es dem Urheber der LThu nur darauf angekommen sei, für den Spezialfall der Verfügung über Erbgut eine Regelung zu treffen und die Verfügung über das Erwerbsgut ungeregelt zu lassen. Die Unterscheidung zwischen Erb- und Erwerbsgut war dem merowingisch-karolingischen Recht seit dem 6. Jh. geläufig,191 in den fränkischen Formularen (z. B. in Markulf II, 12) wurden für diese Gegenüberstellung die Begriffe allod und conparatum verwendet.192 Eine solche Auslegung ist möglich, hereditas wäre dann im Jahre 802 synonym mit allod gebraucht worden. Wir hätten es dann auch hier wieder mit einer sektoriellen Normgebung zu tun, die nicht den (kodifikatorischen) Anspruch der Regelung sämtlicher denkbarer Fälle erhebt. Ob eine solche sektorielle Regelung in einer Umwelt, die die Unterscheidung von Erb- und Erwerbsgut für wichtig hält, sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Nach hier vertretener Ansicht sollte diese Frage zu bejahen sein. Zweifel an all dem lassen sich jedoch mit einem Verweis auf die spätere, hoch- und spätmittelalterliche Verwendung des Begriffes hereditas in den in allen Reichsteilen angelegten Gerichts- und Schöffenbüchern begründen, in denen hereditas sehr oft nicht für Vermögen, sondern nur noch für das Grundvermögen verwendet wird.193 Auf diese Weise kann der Begriff hereditas seine erbrechtliche Grundierung verlieren. Indessen ist nicht ausgemacht, dass dieser Bedeutungswandel 802 bereits eingesetzt hatte. Wer dieses Pro-

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Vgl. Tit. 59, 6 LSal und Tit. 56, 4 LRib. Dazu und zu den Begriffen terra Salica und terra aviatica noch unten, Kap. 4, 5. Vgl. dazu unten die Kölner Schreinsurkunden und die sächsischen Schöffenbücher.

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blem umgehen will, kann hereditas mit erbe übersetzen194 – damit sind die Zweifelsfragen aber nicht gelöst, denn auch erbe wird im Hoch- und Spätmittelalter wie hereditas auch für das Grundvermögen verwendet. Hinzu kommt ein weiteres, auch von Landau herangezogenes195 Argument, das entgegen diesen Zweifeln für die Übersetzung von hereditas mit Nachlass sprechen könnte. Die verlorene Handschrift der LThu, die dem von Herold veranstalteten Druck der Volksrechte aus dem 16. Jh. zugrundelag, enthielt nämlich die handschriftliche Rubrik „De potestate testandi“ 196 und verweist so darauf, dass die traditio von Tit. 51, 2 LThu unter eine Erlebensbedingung gestellt werden konnte. Indessen lässt sich nicht entscheiden, ob der Vermerk de potestate testandi, der in Johannes Herolds Druck von 1557 als Zusatz zu Tit. 51, 2 LThu erscheint, Herold bereits vorgelegen hat oder ob Herold oder einer seiner Mitarbeiter diesen Vermerk selbst nachgetragen hat. Unterstellt, dieser Zusatz habe bereits in der Vorlage für Herolds Druck gestanden, lässt sich weiter nicht klären, wann er von welcher Hand in die handschriftliche Vorlage gelangt ist. Nur dann, wenn er zeitgenössisch wäre (also aus dem beginnenden 9. Jh. stammte), könnte er als entscheidendes Auslegungskriterium verwendet werden. Zwar darf angenommen werden, dass die kaiserliche Kanzlei, die bei der Abfassung der LThu wahrscheinlich die Feder führte, die Erlebensbedingung aus der LRib, aus Formelsammlungen und aus Einzelurkunden kennen konnte, so dass es sich bei dem fraglichen Zusatz tatsächlich um einen karolingischen handeln könnte. Jedoch ist es nicht auszuschließen, dass auch ein späterer Nutzer der Herold zum Druck vorliegenden Hs diesen Zusatz aus seinem (vielleicht sogar vom gelehrten Recht geprägten) Horizont gemacht hat. v. Schwerin hält diesen Zusatz sogar für inhaltlich bedenklich, da er in keiner Weise zum Inhalt des Textes passe und diesen offenbar missverstehe,197 was jedoch nach hier vertretener Auffassung schwerlich zutrifft. Letztlich bleibt es also bei einem non liquet und damit stellt sich bezüglich der LThu dieselbe Situation wie bei LSal und LRib ein. Auch diese normative Rechtsquelle lässt sich insoweit nicht eingrenzen. d) Es ist bei dieser normativen Aussage auch nicht zu untersuchen, ob sie mit der Rechtswirklichkeit übereingestimmt haben mag. Ein vorschriftliches Recht der Thüringer ist nicht überliefert, und so bleibt nur die Einordnung der Vorschrift in das normative karolingische Gesamtprogramm, das sich im Jahre 802 hinreichend erkennbar abzeichnet. Landau spricht hier m. E. zutreffend davon, dass Tit. 51, 2 LThu, indem er die individuelle Verfügungsfreiheit über das gesamte Vermögen anerkannt habe, einer Tendenz der zeitge194 195 196 197

So E CKHARDT, Die Gesetze des Karolingerreiches, S. 45. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50. Vgl. die Edition V. S CHWERINS, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 65, Anm. g. V. SCHWERIN, in: ZRG Germ. Abt. 33 (1912), S. 390, 399.

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nössischen Kapitulariengesetzgebung entsprochen habe.198 Dieser „Reichsgesetzgebung“ ist im folgenden nachzugehen.

4. Kapitularien (1) Allgemeines zu den Quellen Die Kapitularien waren im fränkischen Frühmittelalter neben den Volksrechten als herrscherliche Erlasse, Verordnungen oder Verlautbarungen von gesetzgeberischem oder administrativem Charakter199 die wichtigsten Rechtsquellen200 mit Normcharakter. 201 Dieser Normcharakter kann bei ihnen ebenfalls anerkanntermaßen anders als bei den Volksrechten mit guten Gründen kaum bestritten werden – was den Kapitularien in einer (hypothetischen) Normenpyramide des Frankenreiches streng genommen eine Position noch über den Volksrechten eintragen müsste. Trotzdem werden sie als Rechtsquellen üblicherweise nach den Volksrechten behandelt202, und hier soll davon auch nicht abgewichen werden. Es handelt sich bei den Kapitularien, insbesondere den hier thematisch einschlägigen, oft um Ergänzungen zu einem oder mehreren Volksrechten – während eine bestimmte Regel in einem Volksrecht regelmäßig aus sich allein heraus verständlich ist, trifft das zumindest für eine Gruppe der Kapitularien nicht zu, die nur mit dem betreffenden Normenkomplex, den sie ändern oder ergänzen, sinnvoll werden. Im Kern stellen die Kapitularien eine aus dem Willen des Herrschers entspringende Satzung dar, die zunächst soweit galt, wie der Herrscher und sein Apparat ihnen Geltung zu verschaffen in der Lage war, was zwangsläufig dazu führt, dass steigender Einfluss des fränkischen Königs die Geltungskraft und den Geltungsbereich der Kapitularien erweiterte.203 Mordek weist jedoch darauf hin, dass es sich nur selten um den spontanen Willen des Herrschers als Gesetzgeber handeln dürfte, da die fraglichen Themen im Hofkreis vorab diskutiert oder auch auf den Reichstagen beraten worden seien.204

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200 201 202 203 204

L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50. MORDEK, Art. Kapitularien, in: LexMA V, Sp. 943. S. zu Terminologie und Geltungsgrund auch G ANSHOF, Kapitularien, S. 13, 52 (entscheidend ist die königliche Banngewalt). BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 45. Vgl. dazu G ANSHOF, Kapitularien, S. 117 f. Dem entspricht auch die Überlieferungslage. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 45; G ANSHOF, Kapitularien, S. 52 f. MORDEK, Art. Kapitularien, in: LexMA V, Sp. 944.

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Zweifel an der (reichsweiten) Geltungskraft der Kapitularien resultieren aus der Tatsache, dass die Verbreitung der Kapitularien von Amts wegen205 aus heutiger Sicht mangelhaft war, obwohl die Originale auf Einzelblättern einst in großer Zahl im Frankenreich kursiert sein müssen, wobei die königliche Kanzlei hieran nur einen beschränkten Anteil hatte – die einzelnen Beamten mussten sich die Abschriften meist selbst besorgen.206 Heute wird vielleicht auch deswegen stärker auf den letztlich auch die Verbreitung sichernden consensus populi bzw. fidelium abgestellt, womit auch der Gegensatz zwischen Volksrecht und Königsrecht verschwimmt, wobei nur fraglich ist, wie der Konsens definiert wird.207 Aber das ist ein Thema, dem hier nicht nachgegangen werden kann. Hinzu kommt die Überlegung, dass das entscheidende Kriterium, mit dem ein Kapitular Geltungskraft erlangte, nicht die Tatsache gewesen sein dürfte, auf welchem Wege es schriftlich einen bestimmten Adressaten erreichte. Wichtig, so Ganshof, war demgegenüber nur eines: der mündliche Akt, durch den der König oder Kaiser die von ihm getroffene Entscheidung kundtat und damit demjenigen, an die er sie richtete, kraft seines bannum befahl, ihr Gehorsam zu leisten.208 Die Kapitularien erlangten durch Bekanntmachung gegenüber ihren Adressaten und durch Bekräftigung dieser Adressaten Geltung. 209 Dieser Hinweis impliziert auch, dass der (heute bekannte, schriftliche) Wortlaut eines Kapitulars nicht in jedem Falle verlässlich sein kann, wenn es darum geht, ein mündlich in Kraft gesetztes Kapitular zu interpretieren.210 In der angedeuteten Normenpyramide des Frankenreiches stehen die Kapitularien auch deswegen eigentlich über den Volksrechten, weil sie, wenn mehrere Völker dem Einfluss eines merowingischen oder karolingischen Königs unterworfen waren, für alle diese Völker galten. Deswegen lassen sich die Kapitularien auch als territorial geltendes Reichsrecht im Unterschied zum personal geltenden Volksrecht der einzelnen leges bezeichnen.211 Das stimmt überein mit der Bemerkung, die Kapitularien seien als der Versuch 205 206 207

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Der Terminus „von Amts wegen “ stammt von BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 46. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 47; G ANSHOF, Kapitularien, S. 98-102. MORDEK, Art. Kapitularien, in: LexMA V, Sp. 944. Zum Begriff consensus und seinen Wandlungen zwischen 800 und 880 G ANSHOF, Kapitularien, S. 53 ff., insb. S. 56-62 (von einer Zustimmung des Volkes mit Hilfe von „Volksvertretern “ könne bei Karl d. Gr. und dem frühen Ludwig d. Fr. nicht gesprochen werden, später trete die Zustimmung der Großen als Geltungsgrund neben die constitutio regis). Vgl. dazu auch S CHNEIDER, in: DA 23 (1967), S. 273 ff., der die Schriftlichkeit stärker betont. G ANSHOF, Kapitularien, S. 36. MGH LL Cap. 1, Nr. 39, S. 112 (Edition BORETIUS), Bekanntmachung der capitula legibus addenda des Jahres 803 vor Bischöfen, Äbten, Grafen und Schöffen im mallus des pagus von Paris. G ANSHOF, Kapitularien, S. 159. S. BUCHNER, Die Rechtsquellen; S. 45, GANSHOF, Kapitularien, S. 28 f.

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der fränkischen Herrscher anzusehen, ein heterogenes Großreich regierbar zu machen und es verwaltungsmäßig zu durchdringen.212 Bekanntlich wird seit Boretius weiter zwischen den capitula legibus addenda, den capitula per se scribenda und den capitula missorum unterschieden,213 wobei lediglich für die capitula per se scribenda die These von der territorialen Geltungskraft im regnum der Merowinger und Karolinger zutrifft – bei den (hier thematisch einschlägigen) capitula legibus addenda mit Spezifizierung der in Bezug genommenen lex beachtete der Normgeber wieder den Personalcharakter des durch ein Kapitular abgeänderten oder ergänzten Volksrechts; Kapitularien ohne eine solche Spezifizierung besaßen demgegenüber faktisch wohl territoriale Geltung im Gesamtreich. 214 Bereits diese, durch die merowingische bzw. karolingische Königskanzlei selbst eingeführten, verschiedenen Unterscheidungen der Kapitularien werden als der Versuch angesehen, die staatlichen Institutionen zu systematisieren und zu rationalisieren215 – und das regnum regierbar zu machen.

(2) Thematisch relevante Kapitularien Die drei Kapitularien, die das Thema dieser Untersuchung berühren, sind capitula legibus addenda, von denen es insgesamt nicht allzu viele gibt. Von Karl d. Gr. stammen drei: eines legibus additum aus dem Jahre 803, eines legi Ribuariae additum ebenfalls von 803 und eines legi Baiuvariorum additum, das vorsichtig auf 801-813 datiert wird. Alle diese Anordnungen des neuen Kaisers gehören wahrscheinlich zu dem programmatischen Versuch, das aufgezeichnete Recht zu bessern und das nicht aufgezeichnete Recht zu erfassen. Ludwig d. Fr. (bzw. seine Kanzlei) ist der Urheber der restlichen vier den Volksrechten hinzugefügten Kapitularien: Unter seiner Herrschaft entstanden ein Kapitular legi Salicae additum von 816, ein Kapitular legibus (ohne nähere Spezifizierung der betreffenden lex) additum von 818/819, ein Kapitular legi Salicae additum vom Ende des Jahres 819 und erneut ein Kapitular legibus additum vom Jahre 829.216 Hier einschlägig und deshalb im Folgenden dargestellt und untersucht sind Karls d. Gr. Kapitular zur LRib von 803 und die beiden von Ludwig d. Fr. in den Jahren 818/819 allgemein und 819 zur LSal speziell erlassenen Kapitularien.

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MORDEK, Art. Kapitularien, in: LexMA V, Sp. 945. Vgl. die Übersicht bei MORDEK, Art. Kapitularien, in: LexMA V, Sp. 944. So auch G ANSHOF, Kapitularien, S. 143. G ANSHOF, Kapitularien, S. 19. Vgl. die Zusammenstellung bei G ANSHOF, Kapitularien, S. 142. Ganshof setzt das Bayernkapitular ebenfalls in das Jahr 803. Trifft das zu, sind die Jahre 802/803 und 818/819 Fixpunkte für karolingische Eingriffe in das materielle Recht.

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a) Kapitular zur LRib. Aus dem Jahre 803 stammt ein umfangreiches Kapitular Karls d. Gr., das der LRib hinzugefügt worden ist. 217 Über das Zustandekommen dieses Kapitulars meint Ganshof, es sei aus der Zusammenarbeit weltlicher Mitglieder des Aachener Reichstages mit legislatores, Männern der Praxis, die die Volksrechte der einzelnen Stämme218 des Reiches kannten, entstanden: Sachverständige auf dem Gebiet des salfränkischen, des römischen und des burgundischen Rechts hätten wahrscheinlich bei der Vorbereitung mitgewirkt.219 Diese Vorbereitung des Kapitulars vor dem Reichstag, auf dem die Verkündung stattfand, soll in Redaktionsausschüssen, an denen sich der Kaiser teilweise beteiligt habe, vorgenommen worden sein. 220 Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass der überlieferte Wortlaut des Kapitulars einigermaßen verlässlich ist. aa) In Nr. 8 dieses Kapitulars – hinzuzufügen zu Tit. 48 LRib 221 – heißt es: Qui filios non habuerit et alium quemlibet haeredem sibi facere voluerit, coram rege vel coram comite et scabineis vel missis dominicis, qui tunc ad iusticias faciendas in provincia fuerint ordinati, traditionem faciat.222

Der Unterschied zwischen dieser Vorschrift und dem durch sie berührten Tit. 48 LRib besteht darin, dass im Kapitular nur mehr von einer traditio, also nicht mehr ausdrücklich auch von der Anfertigung einer Urkunde die Rede ist, und darüber hinaus nicht näher dargelegt wird, wie diese traditio genau vonstatten zu gehen hatte. Die aus dem Schweigen des Kapitulars zur Urkundenaffatomie womöglich zu ziehende Schlussfolgerung, das Kapitular habe diese abgeschafft und nur noch die Realvornahme der Verfügung erlaubt, ist m. E. mangels ausdrücklicher Hinweise im Text nicht zulässig. Die Voraussetzungen, unter denen eine solche traditio möglich sein sollte, sind recht eindeutig. bb) Es muss erstens der Wille des Verfügenden bestehen, sich einen Erben zu schaffen. Damit wird der traditio, mit welcher eine solche Erbeinsetzung vor sich gehen soll, eine tatsächliche und rechtliche Grundierung gegeben, die 217 218 219

220 221 222

Incipit nova legis constitutio Karoli imperatoris, qua in lege Ribuaria mittenda est, MGH LL Cap. 1, Nr. 41, S. 117 (Edition BORETIUS). Statt von Stämmen des Reiches sollte besser von einzelnen Völkern unter fränkischem Einfluss gesprochen werden. G ANSHOF, Kapitularien, S. 40 f. Auffällig ist die vermutete Parallelität zur Abfassung von der von Karls Rechtsaufzeichnungsprogramm verwirklichten LFCh, LFri, LSax und LThu: die Befragung Rechtskundiger durch eine herrscherlich autorisierte Aufzeichnungsinstitution. G ANSHOF, Kapitularien, S. 42. Vgl. auch die Synopse von BEYERLE/BUCHNER, MGH LL I, 3, 2, S. 12. Sohms Titelzählung stimmt für diesen Titel mit dem Kapitular überein. MGH LL Cap. 1, Nr. 41, S. 118 (Edition BORETIUS); vgl. auch E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 85.

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nur als erbrechtlich bezeichnet werden kann. Das Kapitular spricht zwar nicht ausdrücklich davon, dass die traditio unter eine Erlebensbedingung gestellt werden muss – diese rechtstechnische Feinarbeit wurde wahrscheinlich der Praxis überlassen223 – wenn aber der Wille des Verfügenden, sich einen Erben schaffen zu wollen, zur Voraussetzung für die Vornahme einer solchen traditio erhoben wird, dann wäre es sophistisch, trotz dieser auf Erwerberseite eindeutig erlebensbezogenen Voraussetzung davon ausgehen zu wollen, dass die traditio sofort und sachenrechtlich wirken sollte. Außerdem fällt auf, dass recht unproblematisch davon gesprochen wird, dass für den Verfügenden ein Erbe geschaffen werden soll – jeder über das Wort traditio hinausgehende Bezug auf das Vermögen (fortuna, facultas oder res) als Gegenstand der Verfügung fehlt. Tit. 48 LRib war soweit nicht gegangen, sondern hatte die omnis facultas ausdrücklich als den entscheidenden Gegenstand des Rechtsgeschäfts genannt. Mit dem Kapitular ist zunächst einmal Klarheit hinsichtlich der Frage gewonnen, was facultas in dem in Bezug genommenen Tit. 48 LRib bezeichnet – nämlich das Vermögen als ganzes, das sich aus Mobilien und Immobilien zusammensetzt. Anderenfalls wäre die Verwendung der begrifflichen Größe Erbeinsetzung nicht möglich gewesen. Weiterhin wird es nicht verfehlt sein anzunehmen, dass es sich hierbei um eine nicht gering zu schätzende terminologische Abstraktionsleistung gegenüber dem Text der lex handelt. Der Verfasser des Kapitulars scheint gesehen zu haben, dass zwischen der Formulierung: „Du sollst mein Erbe sein“ und der Formulierung: „Ich vermache dir hiermit mein ganzes Vermögen“ kein tatsächlicher Unterschied besteht, sonst hätte er erstere wohl nicht in einem Verfahren verwendet, das auf letztere zugeschnitten war. Jedoch dürfte diese Abstraktionsleistung wohl keine direkten praktischen Auswirkungen gehabt haben: Schließlich soll der Verfügende entweder vor dem Königs-, dem Grafen- oder dem Gesandtengericht eine traditio, eine Übergabe vornehmen. Wie schon bei der Affatomie der LSal und der LRib festgehalten wurde, handelt es sich dabei nicht um die Begründung einer familienrechtlichen Bindung zwischen dem Verfügenden und dem Bedachten. Ebenso wenig wie dort konnte nach dem Kapitular von 803 eine Person (der Bedachte nämlich) tradiert, übergeben werden, vielmehr blieb die Praxis dabei, das Vermögen als Verfügungsgegenstand zu mobilisieren. cc) Zweitens stand diese Möglichkeit zur Schaffung eines Erben denen offen, die keinen Erben, keinen Sohn, hatten. Hinsichtlich der zweiten Voraussetzung besteht Übereinstimmung mit Tit. 48 2. Alt. LRib. Darüber hinaus schweigt auch das Kapitular wie die LRib zu der Frage, ob, wie und worüber Franken, die Kinder hatten, verfügen konnten. Ein generelles Beispruchsrecht der Kinder ist darin nach hier vertretener Ansicht nicht zu erblicken. 223

S. dazu noch unten die Erörterungen zu den Formelsammlungen und zu den einzelnen merowingischen bzw. karolingischen Urkunden.

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dd) Was den Ablauf und die Formalitäten der traditio angeht, greift das Kapitular nur unwesentlich abändernd auf Tit. 48 LRib zu. Während dort die traditio in Gegenwart des Königs gefordert wird, konkretisiert das Kapitular diese unpraktisch erscheinende Vorschrift dahingehend, dass auch im Grafengericht und im Gericht der königlichen missi durch traditio verfügt werden konnte. b) Trierer Kapitular Ludwigs des Fr. Dieses, im Jahre 818 oder 819 abgefasste und den Rechten, legibus (ohne nähere Spezifizierung) hinzuzufügende 226 so genannte Trierer Kapitular224 wird mit Ganshof225 und Landau als ein Kapitular mit eindeutig gesetzgeberischem Charakter angesehen werden dürfen. Zusammen mit zeitgleich erlassenen capitula ecclesiastica und capitula per se scribenda ist den den Rechten hinzugefügten Anordnungen eine ausführliche Einleitung mit Motivation vorangestellt, der entnommen werden kann, dass Ludwig d. Fr. diesem Normenkomplex besonderes Gewicht beigemessen hat.227 Das Kapitular gilt als eine der Hauptbelegstellen für die Veräußerung von res (Immobilien) und für die Festlegung der Rechte der 228 nächsten Erben im frühmittelalterlichen Recht. Nr. 6 des Kapitulars spricht allgemein von jeder Art Verfügung über das Vermögen, und zwar zugunsten beliebiger Begünstigter (Kirche, Verwandte, Fremde). Es wird nicht problematisiert, ob die Verfügung sofort oder später wirksam werden soll. Das eigentliche Regelungsproblem des Kapitulars ist 229 die Frage, wie jemand wirksam über sein Vermögen verfügen soll, der sich nicht dort aufhält, wo das Vermögen belegen ist. Es heißt: U t om n i s h om o l i b e r p o t e s t a t em h a b e a t , u b i c u m q u e v o l u e r i t , re s s u a s d a r e p r o s a l u t e a n i m ae s u a e. 1Si quis res suas pro salute animae suae vel ad aliquem venerabilem locum vel propinquo suo vel cuilibet alteri tradere voluerit, et eo tempore intra ipsum comitatum fuerit, in quo res illae positae sunt, legitimam traditionem facere studeat. 2 Quod si eodem tempore quo illas res tradere vult, extra eundem comitatum fuerit, i. e., sive in exercitu, sive in palatio sive in alio quolibet loco, adhibeat sibi vel de suis pagensibus vel de aliis qui eadem lege vivant, qua ipse vivit, testes idoneos, vel si illos habere non potuerit, tunc de aliis quales ibi meliores invenire possint, et coram eis rerum suarum traditionem

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Incipiunt capitula quae legibus addenda sunt, quae et missi et comites habere et ceteris nota facere debent, MGH LL Cap. 1, Nr. 139, S. 281 (Edition BORETIUS). G ANSHOF, Kapitularien, S. 134. Nach Brunner wurde es in Aachen verfasst; B RUNNER, in: Festgabe für Dernburg, S. 39, 58. LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 382 ff. Vgl. das Prooemium generale, MGH LL Cap. 1, Nr. 137, S. 273-275 (Edition BORETIUS). LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 372. LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 372. So schon SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 53.

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faciat et fideiussores vestiturae donet, ei qui illam traditionem accipit, ut vestituram faciat. 3 Et postquam haec traditio ita facta fuerit, heres illius nullam de praedictis rebus valeat facere repetitionem; insuper et ipse per se fideiussionem faciat eiusdem vestiturae, ne heredi ulla occasio remaneat hanc traditionem immutandi sed potius necessitas incumbat illam perficiendi. 4 Et si nondum res suas cum coheredibus suis divisas habuit, non ei hoc sit inpedimento; sed coheres eius, si sponte noluerit, aut per comitem aut per missum eius distringatur, ut divisionem cum illo faciat, ad quem defunctus hereditatem suam voluit pervenire. 5Et si cuilibet ecclesie eam tradere rogavit, coheres eius eam legem cum illa ecclesia de praedicta hereditate habeat, quam cum alio coherede suo habere debeat. 6Et hoc observetur erga patrem et filium et nepotem usque ad annos legitimos; postea ipsae res ad inmunitatem ipsius ecclesiae redeant.230

Zu diesem Trierer Kapitular existiert eine aus dem 10. Jh. stammende althochdeutsche Übersetzung, die sich eng an der lateinischen Vorlage orientiert: That ein iouuelihc man frier geuualt haue, so uuar sose er uuilit, sachun sinu ce geuene. 1So uuer se sacun sinu thuruhc salichedi selu sineru athe ce anderru eraftlicheru stat athe gelegenemo sinemo athe se uuemo andremo uersellan uuilit inde ce themo cide inneneuuendiun theru selueru grasceffi uuisit, in theru sachun thie gesat sint, uuizzetathia sala ce gedune geulize. 2That auo themo seluemo cide, that er thui sellan uuillit, uzzeneeuuendiun theru grasceffi uuisit, that ist athe in here athe in palice athe in anderu sumeuuelicheru stedi, samant neme himo athe uane sinen gelandun athe uane andern, thie theru selueru uuizzidi leuen, theru er seluo leuit, urcundun retliche; auur auo’r thie hauan nimach, thane uane andern, so uueliche thar bezzera uundan mugen uuerthan: inde uora hin sachunu sineru salunga gedue inde burigun theru geuueri geue, himo, ther thia sala infahit, geuueri gedue. 3 Inde ather thiu thiu sala so getan uuirthit, geaneruo sin selues neieina uona gequetanen sachun mugi geduan iruangida. Thara uuiri inde seluo thuruch sich burigun gedue theru selueru geuueri, nio themo geaneruen thegein ursach beliue, thia sala ce bekerine, sunder mera not analige, thia thuruch ce gefremine. 4Inde auo nochthanne sachun sinu bit geaneruun sinen gesunduruth nehauoda, nesi himo that ce ungeuuorsamithu, sunder geaneruo siner, auo er gerno neuuilit, athe thuruch then grauun athe thuruch bodun sinin bethungen uuerthe, that thia sundrunga bit themo due, ce themo ther geendido eruetha sina uuolda uollocaman; 5 inde auo sumeuuelicheru samonungun thia sellan bat, ganeruo siner then uuizzut bit theru kirichun uona themo uora gesprochenemo erue haue, that bit andremo geaneruen sinemo hauan solda. 6Inde thaz behaldan uuerthe umbe then uader inde then sun inde then neuun unce cen iarun uuizzethallikhen: ather thiu selue sachun ce theru muzzungu theru selueru samungun ergeuen.231

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MGH LL Cap. 1, Nr. 139, S. 282 (Edition BORETIUS). STEINMEYER, Althochdeutsche Sprachdenkmäler, S. 305-307. V. STEINMEYER, S. 307 f. hält die Übersetzung für mangelhaft und „undeutsch “ und schließt auf eine Privatübung ohne praktischen Zweck (der z. B. in einer öffentlichen Verlesung in der Kirche habe bestehen können).

231 V.

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aa) Der erste Satz scheint keine größeren Probleme aufzuweisen. Die traditio/sala 232 wird in den dem Verfasser des Kapitulars bedenkenswert erscheinenden Fällen immer gleich behandelt, es ist unerheblich, wer der Begünstigte war: die Kirche – und zwar pro salute animae suae/salichedi selu sineru oder ein beliebiger heiliger Ort: aliquis venerabilis locus/anderru eraftlicheru stat –, die Verwandten – propinqui/gelegene sine – oder eine beliebige dritte Person – quislibet alter/uuer ander. Damit regelt das Kapitular nicht nur die Verfügung zum Seelenheil, die pro anima zugunsten der 233 Kirche vorgenommen wurde. Indem Satz 1 die verschiedenen Alternativen durch vel/athe gleichberechtigt nebeneinander stellt, kann nicht angenommen werden, dass die Verfügung zugunsten eines Verwandten oder zugunsten eines beliebigen Dritten mittels eines Mittelsmannes letztlich ebenfalls zugunsten der Kirche vorgenommen werde und damit ebenfalls eine Verfügung pro anima sei. Vielmehr scheinen auch die Verfügungen zugunsten Verwandter oder Dritter unter dem Gesamtbegriff pro salute animae suae tradere mitver234 standen worden zu sein oder, das wäre eine schlichtere Annahme, Satz 1 enthält mehr als die Überschrift. Dass derjenige, der verfügen wollte, kinderlos sein musste, wird wie auch in der LSal – und damit unterscheidet sich das Kapitular vom Kapitular von 803 und von der LRib – in der lateinischen und der althochdeutschen Fassung mit keinem Wort angedeutet. 235 Nach dem Trierer Kapitular konnte, wie die Überschrift auch anspricht, jeder Franke frei über sein Vermögen verfügen: That ein iouuelihc man frier geuualt haue, so uuar sose er uuilit, sachun sinu ce geuene. Die Urheber des Kapitulars können also davon ausgegangen sein, dass die LSal, die eine solche Einschränkung ebenfalls nicht kannte, als lex scripta im Jahre 818/819 relevant gewesen sei und deren Wertung übernommen haben. Das Vermögen – res sua bzw. sachun sinu – unterlag dabei hier wie dort keinen Einschränkungen. Angenommen werden darf deshalb, dass das Geschäft auch das gesamte Vermögen erfassen konnte. 236 Heute darf mit Landau davon ausgegangen werden, dass das Kapitular von der uneingeschränkten Verfügungsmacht eines freien Mannes ausging, wobei

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236

Der Übersetzer behandelte traditio und sala als identische Begriffe. SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 59. So SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 59. So im Ergebnis auch MAYER-H OMBERG, Die fränkischen Volksrechte des Mittelalters, S. 358 f. – freilich unter Rückgriff auf eine unterstellte ethnische Verschiedenheit von Saliern und Ribuariern. Volle Verfügungsfreiheit sahen hier schon FICKER, Untersuchungen zur Erbenfolge der ostgermanischen Rechte, Bd. 3, S. 383 und Bd. 5, S. 229 f. und MAYERH OMBERG, Die fränkischen Volksrechte des Mittelalters, S. 357 ausgesprochen; i. Erg. (obwohl Fickers und Mayer-Hombergs Einschätzung abgelehnt werden) ebenso L ANDAU, in: D ORN/S CHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 373: „die Verfügung betrifft offenbar das gesamte Erbteil “; a. A. S CHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 54 f.

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primär an Verfügungen zugunsten der Kirche, daneben aber auch an Verfügungen zugunsten anderer Personen gedacht war. 237 Problematisch an diesem ersten Satz könnte sein, dass nicht durch einen ausdrücklichen Verweis geklärt wird, was das Kapitular unter einer traditio legitima oder unter einer uuizzetathia sala verstand und unter welchen eventuellen Formerfordernissen eine solche vorzunehmen war. Allgemein wird angenommen, dass die vollständige Grundstücksübertragung in zwei Teil 238 zerfiel: die traditio/sala und die investitura am Belegenheitsort der Sache. Gleichwohl kann angesichts der Nr. 8 des Kapitulars von 803 und angesichts von Tit. 48 LRib schwerlich zweifelhaft sein, dass auch Nr. 6 des Kapitulars von 818/819 genau die dort gegenständliche traditio meint. 239 Die Ergänzung von 818/819 zur bisherigen Rechtslage war mithin nicht die Einführung eines neuen Verfügungsgeschäfts in eine salfränkische Rechtsordnung durch Satz 1, sondern die Regelung in Satz 2 ff., die in die durch die LRib weiter240 entwickelte gesamtfränkische Rechtsordnung eingriff. Dieser Eingriff, das hat die Untersuchung Landaus gezeigt, hat sich eng an erbrechtlichen Rege241 lungen der LBur orientiert, die ebenfalls von einer uneingeschränkten Ver242 fügungsmacht des Einzelnen ausgegangen war. bb) Ergänzt wird in Satz 3 noch der Deutlichkeit halber, dass nach einer traditio legitima bzw. einer uuizzetathia sala jeder Anspruch eines potenziellen Erben ausgeschlossen war. Es sollte für diesen keine Möglichkeit bestehen, die Wirksamkeit der Verfügung anzugreifen. Alle Einwendungen von erbberechtigten Personen, die die gegenständliche Sache ohne die betreffende Verfügung beim Tod des Verfügenden erhalten hätten, gegen die Verfügung wurden ausgeschlossen. Damit wird klar, dass die Kinder- bzw. die Erbenlosigkeit nicht Voraussetzung einer wirksamen Verfügung über das ganze Vermögen sein konnte. Eine solche Anordnung wäre sonst sinnlos. Gerade der Verweis darauf, dass potenzielle Erben/Kinder keine Möglichkeit hatten, gegen eine traditio legitima vorzugehen, setzt ja das Vorhandensein von Erben voraus. Hervorgehoben werden muss auch noch, dass diese Anordnung nicht nur Verfügungen zugunsten der Kirche, sondern alle Verfügungen betraf.

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LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.); Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 380. Kurzdarstellung bei LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 373. JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 113 vertritt die Ansicht, dass mit traditio hier das gesamte Geschäft, also nicht nur die körperliche Sachübergabe, gemeint sei. Für die Frage nach der Verfügungsfreiheit ist dieses Folgeproblem nicht wichtig. Vgl. zur Literatur die Nachweise bei SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 54. LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 372, 380 f. I, 1 LBur: Ut patri etiam antequam dividat de communi facultate et de labore suo cuilibet donare liceat, absque terra sortis titulo adquisita, de qua prioris legis ordo servabitur (Edition BEYERLE).

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Das Trierer Kapitular Ludwigs d. Fr. bekräftigte mithin die schon aus der LSal und der LThu ableitbare und allein nach der LRib nicht positiv beurteilbare Rechtslage: Die Nichtexistenz von Kindern/Erben war nach hier vertretener Ansicht keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verfügung über das gesamte Vermögen. Ein Beispruchsrecht der Erben, einen Erbenlaub kannte das reichsfränkische Recht demnach ebenso wenig wie die LSal. Edwin Mayer-Homberg hat richtig darauf hingewiesen, dass anders auch das Bestreben, die „unkluge“ und durch „habgierige Priester“ forcierte faktische Enterbung vieler Kinder durch ihre Eltern, die zugunsten der Kirche über ihr Vermögen verfügten, durch Konzilsbeschlüsse und innerkirchliche Anordungen einzudämmen, nicht erklärbar sei. 243 Instruktiv ist insbesondere das Kapitular v. Jahre 811 (Capitula de causis cum episcopis et abbatibus tractandis), Nr. 5: 244 Inquirendum etiam, si ille seculum dimissum habeat, qui cotidie possessiones suas augere quolibet modo, qualibet arte non cessat, suadendo de coelestis regni beatitudine, comminando de aeterno supplicio inferni, et sub nomine Dei aut cuiuslibet sancti tam divitem quam pauperem, qui simpliciores natura sunt et minus docti atque cauti inveniuntur, sic rebus suis expoliant et legitimos heredes eorum exheredant, ac per hoc plerosque ad flagitia et scelera propter inopiam, ad quam per hoc fuerint devoluti, perpetranda compellunt, ut quasi necessario furta et latrocinia exerceant, cui paternarum hereditas, ne ad eum perveniret, ab alio praerepta est.

Der vom Kapitular beklagte Missstand konnte nur entstehen, weil so etwas 245 wie ein „fränkischer Erbenlaub“ gerade nicht existiert hat. Die gegen den Missstand gerichtete Lösung Ludwigs d. Fr. ist nicht eben überzeugend und ein durchgehender Administrationszwang hat sich eher als eine Wunschvorstellung denn als Realität erwiesen – auf dem Mainzer Konzil 813 wurde die rechtliche Wirksamkeit solcher Verfügungen nicht angegriffen, die Bischöfe versprachen vielmehr nur, für Besserung, Emendation, zu sorgen, wenn sich innerhalb ihrer Diözese solche Enterbungsfälle ereignen sollten:246 [ D e f i d e C a t h o l i c a fi rm i t e r r e t i n e n d a . ] D e o rfa n i s e t ex h er e d a t i s s u b v e n i e n d i s . VI. Propter istius itaque pacis concordiam conservandam placuit nobis de orphanis et pauperibus, qui debite vel indebite dicuntur amisisse hereditatem paterni vel materni iuris ad se legibus pertinentem, si alicubi inventi fuerint quos patres vel matres propter traditiones illorum exheredes fecerunt, aliorum scilicet suasionibus aut peticionibus vel aliquo ingenio, omnino volumus atque decrevimus emendari, quantum ad nos vel ad nostram pertinet potestatem

243 244 245

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Vgl. MAYER-H OMBERG, Die fränkischen Volksrechte des Mittelalters, S. 352-355. MGH LL Cap. 1, Nr. 72, S. 162, 163 (Edition BORETIUS). A. A. wenig überzeugend SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 55: das disziplinäre Vorgehen gegen die klerikalen oder fiskalischen Übeltäter im Wege des Administrationszwanges trage in sich selbst seine Rechtfertigung, möge die Erbrechtsordnung wie immer beschaffen gewesen sein. MGH LL Con. 2, 1, Nr. 36, S. 258, 262 (Edition WERMINGHOFF).

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iuxta voluntatem Dei et vestram sanctam ammonitionem et considerationem. Quod si forte extra officium nostrum alicubi inventum fuerit, ammonere vestram clementiam audeamus, ut emendare.

Worin diese angestrebte Besserung bestanden haben könnte, bleibt dunkel. Einerseits war den Bischöfen nach dem eindeutigen Wortlaut des Konzilsbeschlusses wahrscheinlich klar, wie sie selbst, ihre Priester und Äbte den Sterbenden gegenüber vorgingen. Andererseits zeigt sich gerade hieran, für wie wichtig die Verfügungsfreiheit auch vom König gehalten wurde – oder wie abhängig der König von der katholischen Kirche war. Ein die Verfügungsfreiheit einschränkendes Kapitular, mit dem die die Kinder erblos machenden Verfügungen zugunsten der Kirche hätten unterbunden oder mindestens in ihren Auswirkungen hätten abgemildert werden können, ist nicht überliefert. Immerhin errichtete das zeitgleich mit dem Trierer Kapitular ergangene Capitulare Ecclesiasticum Kaiser Ludwigs d. Fr. aus dem Jahre 818/819 ein Verbot der Entgegennahme von Gut aus solchen enterbenden Verfügungen und eine Restitutionspflicht für den diesem Verbot zuwiderhandelnden kirchlichen Empfänger:247 Statutum est, ut nullus quilibet ecclesiasticus ab his personis res deinceps accipere praesumat, quarum liberi aut propinqui hac inconsulta oblatione possent rerum propriarum exheredari. Quod si aliquis deinceps hoc facere temptaverit, ut et acceptor sinodali vel imperiali sententia districte feriatur et res ad exheredatos redeant.

Ius Divinum sollte seit Augustinus248 solche klerikalen Praktiken verhindern und mag die Lückenhaftigkeit reichsrechtlicher Intervention erklären. Der 247 248

MGH LL Cap. 1, Nr. 138, S. 275, 277 (Edition BORETIUS). S. den Augustinus-Verweis im Decretum Gratiani, Causa 17, Quaestio 4, c. 43: Non debet ecclesia suscipere que filio exheredato sibi offeruntur. Quicumque uult exheredato filio heredem facere ecclesiam, querat alterum, qui suscipiat, non Augustinum: imo, Deo propitio, neminem inueniet. Quam laudabile factum sancti Aurelii Cartaginiensis episcopi? Quidam enim, cum filios non haberet, nec speraret, res suas omnes (retento sibi usufructu) donauit ecclesiae. Nati sunt illi filii, reddidit episcopus nec opinanti ea que ille donauerat. In potestate habebat episcopus non reddere, sed iure fori, non iure poli. Gratian. Ecce, quod aliquando oblata iure et laudabiliter redduntur. Verum non hoc exemplo recedenti sua reddenda monstrantur. Aliud est enim in professione suae uitae persistere, aliud a proposito sui ordinis discedere. Si S. Aurelius degenti in laicali habitu oblata reddidit, quia post oblationem filios accepit, non ideo in apostasiam euntibus sua reddenda sunt, quibus utilius necessaria subtraherentur, ut coacti redirent ad ordinem, a quo recesserant. Sed sicut inimicis et persecutoribus iubemur necessaria subministrare, sicut ab Apostolo monemur tempus redimere, ut expeditius orationi uacemus: sic ne ecclesia scandalum patiatur, ne discedens in deteriora precipitetur, ne in perniciem monachorum aut incendium monasterii occasione suorum exardescat, laudabilius sua sibi non dico redduntur, sed auferri sinuntur, quam ab illo ista inferantur; F RIEDBERG, Corpus Iuris Canonici I, Sp. 827 f.

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Rückübertragungsanspruch jedoch, den die enterbten Kinder oder sonstigen Verwandten vor dem geistlichen und dem weltlichen Gericht erheben konnten, war aber wie dargelegt keine Folge eines die Wirksamkeit der beeinträchtigenden Verfügung suspendierenden Wartrechts oder Erbenlaubs, sondern ein eigener Anspruch aus Bedürftigkeit. Das alles bedeutet aber: Ein Erbenlaub kann in schriftlicher, fränkischer Zeit nicht mit normativen Schriftquellen belegt werden. Ihn aus unschriftlicher Zeit zu konstruieren und den normativen Schriftquellen unterzulegen, ist methodisch unzulässig. Dem merowingisch-karolingischen Recht war er fremd. Tit. 48 LRib stellt sich demnach einerseits als Spezialregelung für die gegenseitige Gesamtverfügung unter Ehegatten bei Eingehung einer neuen Ehe heraus, bei der die Erwartung bereits vorhandener, nicht gemeinsamer Erben von Mann und Frau durch normativen Eingriff geschützt werden sollte. Andererseits muss geschlussfolgert werden, dass die Kinderlosigkeit als Voraussetzung für Verfügungen über das ganze Vermögen zugunsten von Verwandten oder Fremden, so wie Tit. 48 LRib sie in seiner zweiten Alternative enthielt, durch dieses Kapitular aufgehoben worden ist. Die Aufhebung dieser Einschränkung bedeutet aber nichts anderes als die Herstellung einer einheitlichen Rechtslage im fränkischen Reich – sei sie auf die LSal als lex scripta gestützt oder nicht. Jedenfalls unterscheiden sich die inhaltlichen Voraussetzungen einer traditio nach Nr. 6 des Trierer Kapitulars nicht von denen einer Affatomie nach Tit. 46 LSal. cc) In Satz 2 kommt das eigentliche Regelungsproblem des Trierer Kapitulars zur Sprache. Es geht darum, Verfügungen zu sichern, die fern vom Belegenheitsort des Vermögens (sive in exercitu, sive in palatio sive in alio quolibet loco/athe in here athe in palice athe in anderu sumeuuelicheru stedi) vorgenommen wurden. Sicherlich liegt das primäre Regelungsinteresse beim 249 unbeweglichen Vermögen. Das erforderliche Verfahren erklärt sich so: Je nach Situation sollte die bestmögliche Beweisbarkeit der traditio/sala gesichert werden. Und je nach Situation sollten die Formen angewendet werden, die den Beteiligten aus ihrem Herkunftsumfeld am besten vertraut waren. Bezogen auf die Formalien in LSal und LRib heißt das, dass entweder die Mittelsperson mit gemeinsamem Breiessen oder aber das Ohrenlangziehen gewählt werden konnte. Hieraus wird auch entnommen werden dürfen, dass sich die den Redaktoren der LRib bereits bekannte, gerichtliche Errichtung einer Urkunde in einer mündlichen Welt wohl (noch) nicht zum Normalfall entwickelt hatte. dd) Schließlich werden noch Ausnahmeregeln in Satz 4 ff. getroffen. Verfügungen – und zwar speziell Verfügungen zugunsten der Kirche – blieben auch dann wirksam, wenn der Verfügende den Verfügungsgegenstand gemeinsam 249

LANDAU, in: DORN/SCHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 372: unter res seien Immobilien zu verstehen.

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mit weiteren Miterben250, etwa Söhnen oder Enkeln, innehatte. 251 Die be252 günstigte Kirche trat dann schlicht in die Gemeinschaft ein – freilich war die Gemeinschaft mit amtlichem Zwang auch gegen den widerstrebenden Miterben auflösbar.253 Die gemeinsame Inhaberschaft der Sache oder Sachgesamtheit, über die verfügt wurde, setzt aber nicht eine haus- oder blutsgemeinschaftliche Bindung zwischen den Inhabern voraus, um einen minderjährigen Mitinhaber vor einer vor Eintritt seiner Volljährigkeit auf Betreiben der begünstigten Kirche erfolgenden Teilung zu schützen. Auch hieran zeigt sich, dass der Erbenlaub im merowingisch-karolingischen Recht nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung betrachtet worden sein kann – denn gerade in solchen Situationen liegt er besonders nahe und er böte sich an, um dem minderjährigen Miterben besser und effektiver vor Ansprüchen eines zur eine Verfügung Begünstigten zu schützen als dadurch, dass lediglich die Teilung auf den Volljährigkeitszeitpunkt hinausgeschoben wird. Ganz im Gegenteil bleibt das 254 Kapitular verfügungsfreundlich und dient damit wie schwerlich anders zu erwarten letztlich wieder klerikalen oder fiskalischen Interessen und nicht dem Schutz einem vielleicht „urfränkischen Blutsverband“ zwischen pater, filius und nepos. Eine weitere Ausnahmeregel betrifft die Situation, in der der Miterbe zum Zeitpunkt des Todes des Verfügenden noch unmündig war: Dann sollte die Teilung bis zur Mündigkeit hinausgeschoben werden.255 Alle diese Ausnahmeregeln änderten freilich nichts an der grundsätzlichen Möglichkeit der Verfügung auch über das gesamte Vermögen und auch unter Erlebensbedingung. c) Kapitular Ludwigs des Frommen zur Lex Salica. Das dritte gegenständliche Kapitular256 ist ein ausdrücklich zur LSal hinzuzufügendes Kapitular. Es setzt voraus, dass seine Urheber nicht nur von der Relevanz der Volksrechte schlechthin, sondern speziell auch von der Relevanz des salischen Rechts 250 251

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253 254 255 256

Brunner verwendete wie die althochdeutsche Übersetzung den Terminus „Ganerben “; vgl. B RUNNER, in: Festgabe für Dernburg, S. 39, 58 f. Zu diesem Problem und zum Vergleich des Trierer Kapitulars mit dem burgundischen Erbrecht eingehend LANDAU, in: D ORN /S CHRÖDER (Hrsg.), Festschrift für Kleinheyer, S. 371, 374-381. Anders als S CHULTZE, in: ZRG Germ. Abt. 35 (1914), S. 75, 92 und DERS., Augustin und der Seelteil, S. 53 ff. vermag ich nicht zu erkennen, dass das Kapitular nur Verfügungen über den so genannten „Freiteil “ für zulässig erklärt haben soll. Die Worte erga patrem et filium et nepotem waren Schultze eine Kardinalbelegstelle für die die Verfügungsfreiheit des Einzelnen verhindernde hausgemeinschaftliche Bindung des Vermögens im merowingisch-karolingischen Recht; vgl. DENS., Augustin und der Seelteil, S. 53-58. A DLER, Eheliches Güterrecht, S. 10. A. A. wieder SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 56. So auch B RUNNER, in: Festgabe für Dernburg, S. 39, 58 f.; S CHULTZE, in: ZRG Germ. Abt. 35 (1914), S. 75, 92 Fn. 1. E CKHARDT, Pactus Legis Salicae II 2, Capitulare VII, 10, S. 454.

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(bestehe es nun in einer lex scripta oder nicht) ausgegangen sein müssen. Dieses Kapitular stellt den Bezug zu Tit. 46 LSal – anders als das eben betrachtete, nicht spezifisch auf die LSal bezogene Kapitular eindeutig her. Zwar wird nicht auf die Titelzählung der LSal verwiesen. Indessen wird – nicht überraschend für eine Norm, die ihre Geltung vor allem der mündlichen Erklärung des Kaisers verdankt und sich damit nicht auf Verweisungen stützen kann – der Begriff der Affatomie als Anknüpfungspunkt verwendet: D e affat om i e dixerunt quod traditio fuisset. De hoc capitulo judicatum est, ut sicut per longam consuetudinem antecessores eorum facientes habuerunt, ita et omnes qui (in) lege salica vivunt, inantea habeant et faciant.

Dieses Kapitular ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert und aufschlussreich. So zeigt es zunächst im Jahre 819 den feststehenden Begriff Affatomie. 257 Wahrscheinlich sind den Redaktoren des Kapitulars und dem Kaiser Rechtsgeschäfte bekannt gewesen, die in der salisch-fränkischen Praxis als Affatomien bezeichnet wurden und bei denen nicht (mehr?) unstreitig zu sein schien, ob sie weiterhin vorgenommen werden dürften und worum es sich bei diesen Geschäften handelte. Das Kapitular beantwortet beide Fragen. Die erste Frage wird mit dem Verweis auf die lange Übung, die die Affatomie bei den Vorfahren derer, die sie anwenden, aufzuweisen habe, bejaht: Praktisch sollte alles so bleiben wie es war. Ein ausdrücklicher Verweis auf die lex Salica scripta fehlt. Da das Kapitular aber ausdrücklich ein der LSal hinzuzufügendes Kapitular war, muss angenommen werden, dass der Text der abstrakt generellen Norm (Tit. 46 LSal) mit der anhand langer Gewohnheit beobachteten und beobachtbaren fränkischen Rechtspraxis jedenfalls nicht so offensichtlich in Widerspruch stand, dass eine Korrektur des Textes der LSal durch das Kapitular nötig gewesen wäre. Effektivitätskritiker mögen hier einhaken und erklären, dass ein Kapitularienerlass wie der vorliegende die Änderung des Textes der lex scripta eigentlich erfordert haben müsste, wenn die Schriftform der lex für ihre Effektivität erheblich gewesen sein sollte.258 Die zweite Frage (Rechtsnatur der Affatomie) kann beantwortet werden, wenn berücksichtigt wird, dass das Kapitular in einer Kollisionssituation erlassen worden ist. Denn wie schon festgehalten unterschieden sich die Möglichkeiten, Verfügungen über das Vermögen vorzunehmen, im abstraktgenerellen alten (LSal) und neueren (LRib) Recht in Hinsicht auf die zu beachtenden Formalien. Während dieses die traditio vor Zeugen (mit den durch das zuvor behandelte Kapitular hergestellten Erleichterungen in Bezug auf die der Herkunft der Zeugen) oder die Urkundenerrichtung erlaubte, erforderte je257

258

Das achramire der Hss-Klasse C der LSal wird nicht einmal angedeutet. Es scheint in der Kanzleisprache des Königshofes des beginnenden 9. Jh. vollständig verschwunden zu sein. In Zeiten, als Effektivität und Aktualität der LSal noch nicht angezweifelt wurden, wurde an dieser Stelle vertreten, dass das Kapitular die alte LSal nicht mehr verstanden habe; vgl. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 282.

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nes die geschilderte (mehraktige) Affatomie. Anlass für die durch das Kapitular getroffene Regelung ist nun möglicherweise der Umstand, dass noch im 9. Jh. Affatomien nach LSal und traditiones nach LRib nebeneinander vorgekommen sind – wäre die Affatomie der LSal schon vollständig durch die neuere LRib verdrängt worden, dann hätte kein Grund bestanden, eine Kollisionsnorm zu schaffen.259 Das Kapitular zur LSal stellte nun auch in formaler Hinsicht Gleichklang her, indem es die Affatomie der traditio gleichstellte, also an die unterschiedlichen Formalien keine unterschiedlichen Rechtsfolgen knüpfte und indem es im übrigen im salfränkischen Bereich die Aufrechterhaltung des hergebrachten Instituts sicherte und keinesfalls eine Umstellung der Praxis auf die chronologisch jüngere, ribuarische Form erzwang. Kurz – es mochte praktisch so gehalten werden wie bisher: Entweder die Parteien bemühten den Mittelsmann, ließen ihn mit den Zeugen Brei essen und nutzten Schöffen- und Grafengericht oder aber sie luden die erforderlichen Zeugen vor das Gericht und zogen zusätzlich den Kindern die Ohren lang.

(3) Zwischenergebnis LSal, LRib, Kapitularien Festgehalten werden muss als Gesamtergebnis zu den frühmittelalterlichen merowingisch-karolingischen normativen Rechtsquellen, dass sie die individuelle, auch postmortale Verfügungsfreiheit sowohl über einzelne Vermögensbestandteile als auch über das Vermögen als Ganzes anerkannten.260 Die Untersuchung hat ergeben, dass der Weg, über den Nachfolge erreicht wurde, ein vermögensrechtlicher war. Schon in den frühesten Schichten des merowingisch-karolingischen Rechts zeigt sich somit ein Unterschied zum antiken römischen Recht: Mobilisiert wurde das Vermögen, eine personenrechtliche Nachfolge fand nicht statt. Ein Beispruchsrecht der Erben hat als generelle Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen im merowingisch-karolingischen normativen Recht nach hier vertretener Ansicht nicht existiert. Die Urheber der LRib sahen sich aber veranlasst, durch normativen Eingriff bereits vorhandene Kinder in ihrer Erwartung auf Beteiligung am elterlichen Nachlass dann zu schützen, wenn ihre Eltern eine neue Ehe eingingen und den neuen Ehegatten durch eine gegenseitige Verfügung für die Dauer seines Lebens wirtschaftlich absichern wollten. Die hierzu angewandte Technik war das Verbot von Verfügungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllten. Darüber hinaus wurde durch mehrere Kapitularien versucht, den Verfügungen zugunsten der Kirche entgegenzusteuern. Diese Steuerungsversuche blieben halbherzig – mehr als Appelle an die Bischofssynoden brachten die Merowinger und die Karolinger nicht zu

259 260

Das weckt Zweifel an der Richtigkeit der These von der LRib als lex Salica revisa. Ebenso L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50 f.

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Wege. Mit einem gemeingermanischen Beispruchsrecht hatte weder dieses noch jenes zu tun. Nach dieser Untersuchung der Kapitularien mit formalem Geltungsanspruch im gesamten Reich der Merowinger und Karolinger muss bei den chronologisch in weitem Abstand folgenden normativen Rechtsquellen deren eingeschränkter territorialer Geltungsanspruch beachtet werden. Normatives 261 „fränkisches“ Recht wird nach den Kapitularien erst um die Wende vom 12. zum 13. Jh. mit dem MüRB und im 14. Jh. mit dem jüngsten der „Rechtsbücher“, dem KKR, greifbar. Beide Quellen beziehen sich aber entgegen ihrer programmatischen Titel jeweils nur auf ein eher kleineres Territorium. Die Betrachtung des MüRB und des KKR an dieser Stelle der vorliegenden Untersuchung stellt außerdem einen zweifachen Bruch der Systematik dar. Erstens wird die chronologische Darstellung insofern unterbrochen, als im Anschluss an MüRB und KKR auf die merowingischen und karolingischen Formelsammlungen und damit wieder in das 8. Jh. zurückgeblendet wird. Andererseits unterscheiden sich MüRB und KKR von den leges und den Kapitularien dadurch, dass sie wie die Rechtsbücher Privatarbeiten262 darstellen und sich nicht auf einen herrscherlichen Willkürakt gründen lassen. Orientiert am modernen Gesetzesbegriff handelt es sich noch weniger um Gesetze als bei den Volksrechten. Im Unterschied zum Ssp und Swsp ist insbesondere dem KKR auch zu keinem Zeitpunkt eine wirklich normative Kraft zugekommen. Trotzdem ist dieser zweifache Bruch hier deswegen gerechtfertigt, weil das MüRB und auch das KKR Regelungen überliefern, die auf eine Vielzahl von Rechtsfällen hätten angewendet werden können. Die im Anschluss zu betrachtenden Formelsammlungen haben keinen abstrakt-generellen, sondern vielmehr individuell-generellen Charakter und sind deswegen keine normativen Rechtsquellen.

261 262

S. zum Terminus die Bemerkungen in Kap. 1. Nach Munzel-Everling handelt es sich beim KKR um das Werk des fränkischen Ministerialen Rudolf v. Sachsenhausen-Praunheim, der 1334-1341 Schultheiß in Frankfurt/M. war; vgl. DIES., in: P ÖTSCHKE, Rolande, Kaiser und Recht, S. 133, 151 und S. 251, 253.

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5. Rückschlüsse aus dem Mühlhäuser Reichsrechtsbuch (1) Allgemeines zur Quelle Das MüRB – überliefert in Hss aus den beiden Reichsstädten Mühlhausen und Nordhausen – wird nach den Untersuchungen Herbert Meyers263 in das Ende des 12. oder die ersten Jahrzehnte des 13. Jh. oder nach Eckhardt264 in den Zeitraum 1224-1231 datiert. Es handelt sich hierbei um eine Privatarbeit, die das in der fränkischen Reichsstadt Mühlhausen anzutreffende und geltende265 Stadtrecht266 darstellt. Dabei ist die Kennzeichnung als Stadtrecht insofern irreführend und fehlerhaft, als das MüRB nicht das Recht einer autonom verfassten Stadt, sondern vielmehr das Recht einer grundherrlich dominierten und damit in den Landrechtsbezirk einbezogenen Gemeinde enthält, 267 einer Gemeinde freilich, die zur Zeit der Niederschrift der Quelle bereits auf dem Weg hin zur kommunalen Verfassung war. Es handelt sich mithin beim MüRB typologisch (noch) nicht um ein Stadtrechtsbuch, auch nicht um ein Stadtrecht, sondern wie bei Ssp, Swsp, Dsp und KKR um ein Rechtsbuch – jedoch um ein Rechtsbuch mit eingeschränktem territorialem Bezug.268 Im thematischen Rahmen dieser Untersuchung ist es misslich, dass das MüRB keine ausdrückliche Vorschrift über die vorhandenen Arten von Verfügungen über Sachen oder Sachgesamtheiten enthält. Ein Befund kann sich also nur sekundär ergeben. Einige Rückschlüsse sind möglich.

(2) Quellenbefund Heranzuziehen sind hier die Vorschriften der Titel 24-30 MüRB. Regelungsgegenstand ist in den meisten Fällen die konfliktträchtige Situation der Wiederheirat. Insoweit ähnelt die Aufzeichnung (auch hier handelt es sich offensichtlich um sektorielles Recht) der der LRib. Vorschriften, die sich aus263 264 265 266

267

268

MEYER, Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, S. 74 (1220 als spätest möglicher Termin). E CKHARDT, in: DA 15 (1959), S. 441 ff. So für Mühlhausen und Nordhausen nachdrücklich MEYER, Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, S. 79-83. So K OEHLER/BECKER, Art. Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 III (1984), Sp. 722. Auch Lingelbach nennt das MüRB eine Stadtrechtsaufzeichnung; vgl. DENS., in: WEBER/LINGELBACH (Hrsg.), Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, S. XI f. Eingehend die stadtverfassungsrechtliche Untersuchung von MEYER, Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, S. 41-74. Dem stimmt auch F RÖLICH zu – in seiner Besprechung in: ZRG Germ. Abt. 44 (1924), S. 432, 432-437. Das MüRB zeigt recht deutlich, wie wenig trennscharf die Begriffe Stadt- und Landrecht sein konnten. Entscheidend ist letztlich die Frage der Grundherrschaft.

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schließlich mit der lebzeitigen oder erlebensbedingten Verfügung befassen, existieren nicht. Zunächst betrachtet das MüRB in Tit. 24 und 25 die Auswirkungen des ehelichen Güterrechts auf die Verfügungsfreiheit des seine Frau überlebenden Mannes bei beerbter Ehe: 24, 1: Is daz ein man unde ein vrowi zusamini cumin an rechtir ewi, stirbit die vrowi, die man indarph nicheinin vormundin habi. Leizit dan di vrowi liginde guit undi varindi habi undir die sine kint och sin, wil dan die man ein andir wiep neimi, daz mac he tu; daz liginde guit inmac he abir nicheinir vrowin gidingi noch gigebi, he intu iz mit dir kindiri loibi, ab su zu urin iarin kumin sin, edir mit der erbin loybe. 24, 2: Die varndi habi abir di su beidi gihat habin, die mac he woli enir andirin vrowin gebi, wil he iz sinin kindin zu leidi tu.

Die folgenden, logisch aufeinander aufbauenden Regelungen behandeln den Komplex erschöpfend. War nur Fahrhabe vorhanden, sollte der überlebende Mann die Kinder „abschichten“, bevor er über den ihm nach Abschichtung verbleibenden Teil der ehelichen Fahrhabe zugunsten einer zweiten Ehefrau verfügen durfte (Tit. 24, 3 f.). Gleiches gilt, wenn umgekehrt nur liegendes Gut vorhanden war (ein Fall, der eher selten aufgetreten sein dürfte, Tit. 24, 5). Sollte der überlebende Mann sich aber mit den Kindern nicht abschichten, dann sollte er ohne der Kinder Einwilligung nicht zugunsten einer neuen Ehefrau verfügen dürfen (Tit. 24, 6). Tit. 25 regelt weiter die Rechtsverhältnisse zwischen Vater und unabgeschichteten Kindern, die Abschichtung konkret (immer bezogen auf das von der erstverstorbenen Frau hinterlassene Gut) und den nach der Abschichtung verbleibenden lebenslangen Nießbrauch des Mannes am Frauengut. Systematisch logisch ordnet Tit. 26 dann an, dass die Regelungen der Titt. 24, 25 entsprechend für die ihren Mann überlebende Frau gelten sollten. Tit. 28 wendet sich der unbeerbten Ehe zu – hiernach erhielt der überlebende Ehegatte den lebenslangen Nießbrauch am Vermögen des Erstversterbenden; die Erben des Erstversterbenden konnten Verfügungen des Überlebenden durch Zustimmungsverweigerung verhindern. Tit. 28, 2 f. ist die einzige Vorschrift, in der die Verfügung von Todes wegen für diesen Spezialfall der unbeerbten Ehe andeutungsweise sichtbar wird: 28, 2: Wollin su iz abir mit einir gisamtin hant, bie urme lebindin liebi, bisceidi vur uri seili, edir wollin su iz urin armin vrundin bisceidi, daz mugin su tu. 28, 3: Iz inmac abir diwedir an din andirin getu, undi su inwollin zu beidi willikure mit einandir. Lazin su abir varindi habi unbesceidin, suarani iz sie, daz varindi habi heizit, nach ur beidi toidi, die sulin teili undir sich dis mannis unde der vrowin neisti erbin.

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Tit. 29 behandelt das Leibgedinge der überlebenden Ehefrau, bevor Tit. 30 in einer abschließenden Regelung das von den Ehegatten in der Ehe erworbene Gut behandelt und so verdeutlicht, dass die vorangehenden Regelungen das in die Ehe eingebrachte (entweder ererbte oder bereits vor der Ehe erworbene) Gut der Eheleute betreffen: 30, 1: Suo zuei zusamini kumin an rechtir ewi, also daz sie gut zusamine brengin, unde gewinnin die kint mit einandir unde gewinnin gut, is daz got uber ur einen gubutit, wil sich die andire [virandire], di sal sich mit sinen kinden bischichte. So mac he sin teil gebi, suemi he weil, daz ume geburt.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Fraglich könnte hieran sein, ob das MüRB eine vom bisher betrachteten normativen Recht abweichende weitgehende familiäre Bindung des Vermögens kannte, die es einem Mühlhäuser unmöglich gemacht hätte, über sein Vermögen erlebensbedingt zu verfügen. Diese Frage ist zu verneinen. Zur Begründung ist zunächst noch einmal darauf hinzuweisen, dass das MüRB keine Vorschrift enthält, die sich ausdrücklich und allein269 mit der allgemeinen Zulässigkeit und den Voraussetzungen einer Verfügung (von Todes wegen) beschäftigt. Weiter ist zu den Titt. 24-30 MüRB festzuhalten, dass in diesen Vorschriften zwar Abschichtungspflichten und Zustimmungserfordernisse von Kindern und anderen Erben enthalten sind. Diese beziehen sich aber ausschließlich auf die besonders streitanfällige Situation der Wiederverheiratung eines Ehegatten nach durch Tod aufgelöster beerbter oder unbeerbter Ehe. Alle Verfügungsbeschränkungen, die das MüRB dem überlebenden Ehegatten im Interesse der Kinder hier auferlegt, betreffen entweder das von beiden Ehegatten je in die Ehe eingebrachte oder das in der Ehe gemeinsam erworbene Vermögen, an dem dem überlebenden Ehegatten ein Nießbrauchsrecht zustand, welches den Kindern die Realisierung ihrer Erwerbsaussicht zunächst verhinderte und das die Gefahr von Verfügungen barg, die den Kindern das Elternvermögen entzogen. Dagegen existiert nicht eine einzige Vorschrift, die es einem Mühlhäuser bzw. einer Mühlhäuserin erschwert oder verboten hätte, über eigenes, nicht ehegebundenes Vermögen zu verfügen und eine solche Verfügung unter eine Erlebensbedingung zu stellen. Dass die Erlebensbedingung in Mühlhausen bekannt war, zeigt Tit. 28, 2 f. Darüber hinaus existiert keine Vorschrift, die eine solche Verfügung in ihrer Wirksamkeit von der Zustimmung der Kinder oder der sonstigen potentiellen Erben kraft Verwandtschaft abhängig gemacht hätte. Alle Einschränkungen betreffen nur das den Kindern bzw. anderen Erben infolge Todes eines Elternteils aufgrund Verwandtschaftserbrecht zustehende Vermögen ihres verstorbenenen Aszendenten, über das der andere Elternteil bei Wiederheirat nicht zu ihrem Nachteil sollte verfügen dürfen. 269

Tit. 28 liefert lediglich Andeutungen.

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Damit zeigt sich, dass das MüRB ebenso wie schon die LRib keine Verfügungsbeschränkung über das dem Verfügenden allein gehörende (angestorbene oder erworbene) Vermögen kannte. Diese normativen Quellen haben demnach auch im 12. und 13. Jh. keine grundsätzlichen Einschränkungen der Verfügungsfreiheit über das eigene Vermögen entwickelt. Bevor auf das KKR eingegangen werden kann, muss noch ein kurzer Blick auf die weitere Rechtsentwicklung in Mühlhausen geworfen werden. Diese wird illustriert nicht nur durch die Mühlhäuser Statuten des 14. Jh., sondern auch durch ein aus Mühlhausen überliefertes Schöffenurteil, in dem das MüRB reichlich 150 Jahre nach seiner Niederschrift keine Rolle mehr spielte.

(4) Mühlhäuser Statuten des 14. Jh. und ein Mühlhäuser Schöffenurteil a) Aus dem 14. Jh., sind beginnend mit dem Jahr 1311 Statutenbücher überliefert, die in einer neuen Edition zur Verfügung stehen.270 Diese Statutenbücher enthalten in ihrem zweiten (1351 mittelhochdeutsch verfassten)271 Teil eine Verfügungen unter Ehegatten betreffende Vorschrift, die in keiner Weise (mehr) Verwandtschaft mit den oben dargestellten Vorschriften des MüRB aufweist. Berührungen ergeben sich vielmehr mit dem Recht des Ssp und des Magdeburger Stadtrechts. 272 „Fränkisches“ Recht jedenfalls wird hier eindeutig nicht wiedergegeben. b) Schöffenurteile als empirische Belege für normative Wertungen sind für den fränkischen Rechtskreis vor allem in Adalbert Erlers Edition der Sprüche des Ingelheimer Oberhofs zu finden. Die dort herausgegebene Sammlung beginnt aber erst im 15. Jh. und wurde aus diesem Grunde nicht in die hier vorliegende Textfassung der Untersuchung aufgenommen. Die Edition Hugo Loerschs beginnt zwar etwas früher (1375); sie bietet aber bis zum Beginn des 15. Jh. nur eine Entscheidung zur erforderlich körperlichen Tüchtigkeit 270 271 272

WEBER /LINGELBACH (Hrsg.), Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen. Vgl. die editorischen Notizen bei WEBER /LINGELBACH (Hrsg.), Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, S. XXVI-XXVIII. Die Quellenstelle des ohne Rubrizierung und Titelzählung niedergeschriebenen Statutenbuches lautet (Rdnr. 360; bei WEBER /LINGELBACH (Hrsg.), Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, S. 350: Iz daz eyn man vnd eyn vrowe czvsamne kummen an rechtir e. da sal ir eyn dem andirren dinge uf des Ryches strazze als recht ist. Were abir daz ymant czv vorsicht hette czv deme gute, daz ir eyn dem andirn gedinget hat, die sal daz kuntliche, vnd wizzentliche anprechen bi jare vnd bi tage, ab her inwendig landis ist. Ist her abir vzwendig landis, so enmag hers nicht vorsumen bi drizzig Iaren vnd bie eyme tage, tut her des nicht bin der zit, So hat her syne vorderunge vorlorn, vnd sal an deme gute keyn recht behalde. Erläuterungen verbieten sich hier – das hier wiedergegebene sächsische Recht wird in Kap. 5 und 6 dargestellt.

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bei Verfügungen und daneben bis zu diesem Datum kein Material zur Frage der erbrechtlichen oder sachenrechtlichen Wirksamkeit von Verfügungen mit postmortalen Bezügen. Ein Urteil aus Mühlhausen soll an dieser (den Aufbau dieser Untersuchung durchbrechenden) Stelle vorgestellt werden. Diesen Einzelbefund ganz an das Ende des 4. Kapitels zu rücken, hätte den Zusammenhang nicht deutlich werden lassen, zumal Mühlhäuser Schöffenbücher nicht ediert vorliegen.274 Der Befund, den das Schöffenurteil liefert, zeigt wie das Statutenbuch, dass das MüRB eine absterbende Nebenlinie der deutschen Rechtsentwicklung gewesen ist. 1359 stießen die Mühlhäuser Schöffen in ihrem für Nordhausen ergangenen Urteil nämlich den eben anhand des MüRB aufgezeigten Befund vollständig um: Casus sextus. Lieben frunde! Wir begern ûch wizzen, daz met uns sint eine lûte unse meteburgere, die haben nicht kindre, die wolde ir erbe vorkoufe und wolden irs lîbes nôt bewîse. Nû sin ir nêhesten, die sprechen, daz sie ir erbe nicht vorkoufe sullen. Bete wir ûch met grôzem flîze, daz ir uns underwîset ûwer stat recht, wie eine lûte ire ê[h]aftigen nôt sullen bewîse, daz sie ir erbe vorkoufe mugen âne irer erben willen. Die von Mulhûsen, die schriben uns alsô wider. Lieben frunde! Als ir uns geschriben habt, daz wir ûch underwîsen unser stad recht, wie eine lûte, die nicht kindre hettin, eres lîbes nôt bewîse sullen, er gût zû vorkoufene, daz on ere nêhesten nicht gewere mugen: als wissent, daz unser stad recht darum ist, daz ein îxlich zû sînes lîbes nôtdorft sîn gûd wol vorkoufin mag, daz ime sîn erben icht gewere mugin, alsô daz her iz swere zû den heiligen, daz iz sînes lîbes nôtdorft sîe, und durch dicheinerlei ander sache nicht vorkoufen danne um sînes lîbes nôtdorft. Wêr aber, daz her varnde habe hette, die selde er ie von êrst angrîfe, und wann der nummer wêre, sô mag her sîn erbe anegrîfe und daz vorkoufen, als vore geschreben stêhet, zû sînes lîbes nôtdorft, als viel als her des darzû bedarf.275

Wenn zum MüRB festzuhalten war, dass es Einschränkungen der Verfügungsfreiheit nur in den Fällen der Wiederheirat von Personen, die Kinder hatten, kannte, die darauf abzielten, das Vermögen des verstorbenen Elternteils nicht in fremde Hände gelangen zu lassen, so zeigt das Schöffenurteil, das sich auf ein – unbekanntes – stad recht bezog, das Gegenteil. Verkaufen durften nach der Ansicht der Mühlhäuser Schöffen des Jahres 1359 selbst kinderlose Personen ihr erbe nur dann ohne Einwilligung der nächsten erbberechtigten Verwandten, wenn sie beweisen konnten, dass diese Veräußerung in einer wirtschaftlichen Zwangslage notwendig war. Die Schöffen wiesen weiter darauf hin, dass zuerst die Fahrnis zu verbrauchen und erst danach auch das erbe veräußert werden konnte. 273 274 275

Vgl. LOERSCH, Der Ingelheimer Oberhof, Nr. 2, S. 2. Anders als das Statutenbuch. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS (Hrsg.), Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 248, S. 179.

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Erkennbar hat sich die rechtliche Situation verändert. Wahrscheinlich machen sich im Verlauf des 13. und des 14. Jh. Einflüsse bemerkbar, die sich nicht auf den bisher betrachteten Quellenbefund zurückführen lassen. Zunächst wäre zu klären, welche Bedeutung der Begriff erbe hatte und ob die Fahrnis hierzu ein Gegenstück war. Schließlich wäre zu erörtern, woraus sich die Zustimmungspflicht der nächsten Verwandten in diesem Fall ergeben könnte. Schon diese beiden Fragen sind nicht zu klären, ohne dass der Bestand an normativen Regeln, der ganz Thüringen seit der Mitte des 13. Jh. erfolgreich zu dominieren und das bisherige Recht in Gestalt des MüRB vollständig zu verdrängen begann276 – das sächsische Land- und Stadtrecht – betrachtet wird. Diesen Fragen wird in Kapitel 5 und 6 eingehend nachgegangen. Abschließend ist nun noch kurz das Kleine Kaiserrecht zu betrachten.

276

Weiterer Beleg für diese Tatsache ist das auf dem Ssp, der Buch’schen Glosse zum Ssp, dem MeiRB und dem Magdeburger Stadtrecht beruhende EiRB.

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6. Die gifft nach dem tode im Kleinen Kaiserrecht (1) Allgemeines zur Quelle Das Kleine Kaiserrecht gilt als das jüngste der so genannten deutschen277 Rechtsbücher, deren Abfassung mit dem Ssp, dem Dsp und dem Swsp im beginnenden 13. Jh. einsetzte. Es ist, verglichen mit der Verbreitung und Rezeption der anderen Bücher, nicht ansatzweise so erfolgreich gewesen wie diese, sondern blieb erstens auf ein umgrenztes hessisches Territorium beschränkt und wurde zweitens nicht glossatorisch bearbeitet. Das KKR verweist in beinahe jedem seiner einzelnen Kapitel nachdrücklich278 darauf, dass es ein von Kaiser Karl herrührendes Recht sei und begründet seine Aussagen damit, dass sie geschrieben stünden in des richez recht279 – es erhebt also einen (retrospektiven) reichsfränkischen Geltungsanspruch.280 Es ruht nach der Ansicht Munzel-Everlings trotzdem auf territorialem fränkischem Fundament281 und zeichnet fränkisches Recht auf.282 Bei dem Verweis, dass eine bestimmte Regel in des richez recht geschriben stet, kann es sich mangels einer echten textlichen Abhängigkeit des KKR von Ssp und Swsp lediglich um eine Projektion auf ein imaginiertes, von Karl d. Gr. her rührendes Recht, das nun im KKR niedergeschrieben wird, handeln. Insofern stimmt das KKR mit Ssp und Swsp und den für diese beiden Rechtsbücher bekannten Karls- und Konstantinslegenden überein. Das KKR weist unterhalb dieser überhöhten Bezugsebene auf das „Reichsrecht“ eine enge Verwandtschaft mit Rechtsquellen aus dem Frankfurter Raum auf283 und das heißt, dass das KKR entgegen seinen Ankündigungen eben gerade nicht Reichsrecht, sondern dem Autor entweder aus Anschauung bekanntes oder von ihm selbst erdachtes hessisch-fränkisches Recht des Spätmittelalters wiedergibt. 284 Auch die hier thematisch einschlägige Be277 278 279 280 281 282

283 284

Für diese Quellengattung ist der Begriff „deutsch “ gerechtfertigt. Es ist angemessen, hier auch von penetranter Hartnäckigkeit zu sprechen; so MUNZEL-EVERLING, in: P ÖTSCHKE (Hsrg.), Rolande, Kaiser und Recht, S. 251, 253. Bei den betreffenden Zitaten handelt es sich dann meist um Jus Commune – freilich ohne Angaben. MUNZEL-EVERLING, Art. Spiegel des Rechts, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 IV (1990), Sp. 1760. MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht I, S. 13. MUNZEL-EVERLING, Art. Spiegel des Rechts, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 IV (1990), Sp. 1760 f.; a. A. D OLEZALEK, Art. Frankenspiegel, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1203. MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht I, S. 11 f. m. w. N. Genau das hat dem KKR auch die Bezeichnung Frankenspiegel eingetragen, eine Bezeichnung, die es selbst jedoch nie verwendet. Anders noch Endemann nach der Auskunft von Hildebrand; vgl. ENDEMANN, Das Keyserrecht, S. XV.

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stimmung (2, 36 KKR) zeigt das. Der Verfasser des KKR schrieb dieses von ihm aufgezeichnete Recht der besseren Legitimation halber dem Frankenkönig zu und zeigt sich damit ebenso abhängig von den Kaiserlegenden wie die Rechtsbücherverfasser und -glossatoren aus anderen Territorien.285 Unklar und nicht nach allen Seiten abgrenzbar ist der mögliche Einfluss des römischen (gelehrten) Rechts auf die einzelnen Vorschriften des KKR. Munzel-Everling spricht immerhin von einem spärlichen Einfluss des römischen Rechts und nennt als Beispiele etwa den Kalumnieneid und die Enterbungsgründe.286 Zu untersuchen ist deshalb, ob sich ein solcher Einfluss eventuell auch bei der einschlägigen Quellenstelle zeigt.

(2) Quellenbefund In der von Munzel-Everling herausgegebenen Flörsheimer Hs des KKR287 befindet sich die einschlägige Bestimmung im 2. Buch288 im 36. Kapitel: Von der gifft nach dem tode. Wer sin güt ymant wiel geben das Jst noch sime töde sin sie will er nü das er feste dar an sy dem er es gyt So sol er ym geben mit des kaisers hand das Jst alsulich festnünge daz sie nit gewandelt mag werden wan git eyner sin güt mit worten hinweck noch sime tode vnd beheldet es doch Jn siner hant das mag er wol wandeln wan er wil vnd dar vmme so müsze er es dün mit des keysers hant Das sint alsülliche hantfestin die vor dem keyser mogen Betzügen wan wen sie das besagen dez Jst vnd güt den der frund das Jst es eym anderen syme frunde noch der hant festen blibet das vnuerwandelt vnd Jn den worten stet die die der frund dem fründe hat gegeben So nymet es der fründ nach Des fründes töde Sint Jn des richez recht geschriben stet vn stede ist eyn yegliche dinge das man gewandeln mag.289

Die Fuldaer Hs hat in 2, 37 den folgenden, die in Flörsheim auftauchenden grammatischen Zweifelsfragen klärenden Wortlaut: Von der gift na dem dode. Der sin gut ymanne geben will nach sim tode, daz er veste mit sy, dem ers gibit, dem sal ers geben mit des keisers hant, daz ist mit solcher vestenunge, die nit gewandelt mag werden; wan wie ers im anders gibet, so ist er sin vngewert. wan wie sicherlich ein man sin gut gibit mit worten nach sinem tode, vnd belibt es doch in siner hant, er mag ez wandeln, ab er wil, er tu ez

285 286 287

288

289

Den Gründen für diese legitimistische Legendenabhängigkeit nachzugehen ist hier nicht der Raum. MUNZEL-EVERLING, des keisers recht I, S. 12. Diese ist als einzige in einer modernen Edition zugänglich. Eine textkritische Gesamtedition anhand der Corveyer Leithandschrift ist angekündigt: MUNZELE VERLING, dez keisers recht I, S. 15. Die Einteilung in Bücher ist für die Flörsheimer Hs virtuell. Sie orientiert sich an der Edition der aus dem Jahre 1372 stammenden Fuldaer Hs des KKR von E NDEMANN, Das Keyserrecht. MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht III, S. 29 f. S. auch den Faksimiledruck aus der Flörsheimer Hs bei MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht II, S. 29 f.

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dan mit des keisers hant. daz sint alsulche hantvesten, die vor dem keiser mugen bezugen. wan wem er daz gut gegeben hat nach sim tode, dem hat ers gelobit vnd gibt ers nach der gift eim andern uz der hant, der hat ez mit recht. belibt ez aber unverwandelt vnd an den worten stete, die der frund dem frunde hat getan, ez nimt der frunde mit rechte nach sines frundes tode, der ez im in sin hant hat bescheiden. Sint in des riches recht stet gesc.: unstede ist ein iglich ding, daz man wandeln mag.

Jeweils in der dieser Vorschrift unmittelbar vorausgehenden Bestimmung ist die lebzeitige (Hand-) Schenkung geregelt, bei der der Verfügende sich der Sache vollständig entledigen muss, damit der Erwerber nicht nur einen schönen wan an der Sache erhält.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Literatur zur Quellenstelle existiert nicht, was nicht verwundert: 2, 36 (37) KKR passt ebenso wenig in das Bild der „gemeingermanischen“ bzw. „altdeutschen“ Sippenbindung wie Tit. 51, 2 LThu und wurde bisher schlicht unberücksichtigt gelassen. a) Zunächst ist zu klären, ob die Quelle wirklich eine Verfügung von Todes wegen nach hier zu Grunde gelegter Terminologie beinhaltet. Die Frage ist zu bejahen. Das KKR bietet nämlich neben dem Wortlaut der Fuldaer Hs, in der von einer gift nach dem tode gesprochen wird, eine handschriftliche Textvariante, die deutlich macht, wann der Rechtserwerb auf Seiten des Begünstigten eintrat und damit die Auslegung des Rechtsbegriffs gift nach dem tod erleichtert. Eine von Endemann mit der Sigle „M “ versehene Hs des KKR 290 enthält abweichend vom Text der Fuldaer Hs statt der Worte nach sim tode, daz er veste mit sy die Formulierung daz iss nach dem tode syn sy, wil er nun daz er feste daran sy.291 „Nach dem Tod “ oder auch die lateinische Entsprechung post mortem bedeutet demnach, dass der Erwerber den Verfügungsgegenstand nach dem Tod des Verfügenden erhalten soll, dass dieser nach dem Tod des Verfügenden dem Erwerber gehören solle – nicht mehr und nicht weniger. Von einem bereits zu Lebzeiten des Verfügenden am Verfügungsgegenstand begründeten Recht des Erwerbers kann bei einer so einfach formulierten und wohl auch gemeinten Erläuterung keine Rede sein. Wenn der Verfügungsgegenstand nach dem Tod des Verfügenden dem Erwerber gehören sollte, dann gehörte er bis zum Tod des Verfügendem diesem, und mangels weiterer Einschränkungen ausschließlich diesem. Mithin dürfte es sich bei der gift nach dem tode des KKR um eine Verfügung von Todes wegen nach der 290

291

Es handelt sich dabei offenbar um eine Abschrift eines im Jahre 1418 „im mittleren Deutschland “ hergestellten Originals; E NDEMANN, Das Keyserrecht, S. XXIV. Die Sigle steht für „Münzenbergisches Archiv “. Vgl. den Apparat der Edition E NDEMANNS, Das Keyserrecht, S. 73, Note 37, 3.

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hier verwendeten Terminologie und Systematik handeln. Diese vielleicht noch etwas buchstabenhaft anmutende Beurteilung lässt sich durch die folgenden Überlegungen erhärten. b) 2, 36 (37) KKR stellt die abänderbare und die bindende Verfügung von Todes wegen über das Vermögen einander gegenüber. Bindend, nicht wandelbar, war nur eine Verfügung, die mit des keisers hant vorgenommen wurde. 2, 36 (37) KKR bezeichnet das als festnung. Einen Anhalt, dass eine solche festnung nach der Ansicht des Verfassers des KKR nur durch kaiserliches Privileg zu erreichen war oder ob nicht vielmehr die Vornahme vor einem Gericht mit Königsbann ausreichte, geben die Flörsheimer und die Fuldaer Quelle selbst nicht. Indessen enthält eine Ulmer Hs des KKR nach den Worten mit des keisers hant die Erläuterung d. i. mit des gerichtes wissende und entscheidet damit die Frage zugunsten der letzteren, praktischen Bedürfnissen gerecht werdenden Annahme.292 Nicht bindend, wandelbar, war dagegen eine Verfügung, die nur durch Worte erklärt wurde und die sich dadurch auszeichnete, dass der Verfügende den Gegenstand der Verfügung in seinen Händen behielt. Das stimmt auch mit der Anordnung zur lebzeitigen Verfügung in 2, 35 (36) KKR überein. Schloss sich an eine solche Verfügung eine weitere Verfügung an, stellte sich die Frage, wer das Gut letztendlich erhalten sollte. Die Fuldaer Hs klärt diese Frage und zeigt damit, welches Recht der zuerst Begünstigte in dieser Situation erhielt. Beide Arten der in 2, 36 (37) KKR behandelten Verfügung jedoch waren gleichermaßen dadurch gekennzeichnet, dass der Tod des Verfügenden und sein Erleben durch den Begünstigten schon nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Quelle Einfluss auf die Wirksamkeit der Verfügung hatte. Damit unterscheidet sich 2, 36 (37) KKR charakteristisch von Tit. 46 LSal und Tit. 48 LRib. In diesen Fällen war die Möglichkeit einer solchen Wirkung nur durch die Zuhilfenahme weiterer Anhaltspunkte des Textes zu erschließen. Die Gleichbehandlung der bindenden und der nicht bindenden Verfügung in dieser Hinsicht lässt nur den Schluss zu, dass die Erlebensbedingung für die Frage der Wandelbarkeit nicht entscheidend war. Und das bedeutet nach hier vertretener Ansicht weiter, dass Wandelbarkeit nicht mit Wirksamkeit verwechselt werden sollte. Damit zeigt sich: Die wandelbare, nicht durch gerichtliche Bestätigung vorgenommene Verfügung von Todes wegen führte zum Erwerb des Begünstigten nach dem Tod des Verfügenden, wenn der Verfügende nicht in der Zwischenzeit anders über das betreffende Vermögen verfügt hatte. Der Begünstigte erwarb durch eine solche Verfügung nichts als eine bloße Erwerbsaussicht auf dasjenige Vermögen, das beim Tod des Verfügenden etwa noch vorhanden war.

292

Vgl. den Apparat der Edition E NDEMANNS, Das Keyserrecht, S. 73, Note 37, 5. Vgl. auch den Faksimiledruck der Ulmer Hs bei E NDEMANN, Das Keyserrecht, vor S. 1.

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Wollte der Begünstigte seine Erwerbsaussicht auf das betreffende Vermögen sichern, musste er die gerichtliche Bestätigung der Verfügung von Todes wegen anstreben. Dadurch war das Risiko der anderweitigen lebzeitigen Verfügung des Erblassers gebannt. c) Eine Beschränkung der Verfügungsmöglichkeit ist der Quelle in keinerlei Richtung zu entnehmen. Weder ist bestimmt, dass bestimmte Vermögensbestandteile als Verfügungsgegenstand ausscheiden. Nach der Fuldaer Hs steht vielmehr fest, dass die Verfügung das gesamte Gut, das liegende und das fahrende erfassen konnte. Eine Beschränkung auf das Erwerbsgut (conparatum) existiert nicht. Darüber hinaus ist nicht angeordnet, dass die Verfügung nur dann wirksam sein sollte, wenn erbberechtigte Verwandte des Verfügenden bei ihrer Vornahme mitwirken bzw. ihre Einwilligung dazu erteilen. Das Gegenteil ist der Fall. 2, 33 (34) KKR 293 nämlich bestimmt in einer mehrfach gestuften Weise, was mit liegendem und fahrendem Vermögen geschah, das beim Erbfall vorhanden war, ohne dass der Erblasser eine Verfügung darüber getroffen hatte. Solches Vermögen – vnuergifftetes gut – fiel an die Abkömmlinge.294 Klarheit schafft schließlich auch 2, 34 (35), der klarstellt, dass niemand von seinen Verwandten daran gehindert werden konnte, sein Vermögen zu verkaufen – auch wenn der Verfügende lahm, blind oder taub gewesen sein sollte. 2, 35 der Fuldaer Hs lautet: Ein iglich mensche das mag sin gut verkaufen, wie es sy, farnde gut oder ligende gut, daz sin ist, ez si lam blint oder toub, daran mag in bruder noch bruder kint geirren durch arglist, daz ez in werde nach sym tode. wer in daran irre, der tete wider den keiser, sint in des riches recht gesc. stet: waz in des mannes ist, damit mag er tun, waz er will, daz mit recht sin ist. 295

Dass im Fuldaer Text – absichtlich oder nicht, stehe dahin – zwischen kint und geirren das entscheidende Wörtchen „nicht“ fehlt, ist unschädlich. Weitere Hss des KKR enthalten es.296 Auch die ganze Fortsetzung des Titels wäre sinnlos, sollte ein solches Einspruchsrecht bestanden haben. Damit schied 293 294

295

296

MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht III, S. 28. Nicht zum Thema gehört, dass 2, 33 KKR das Eintrittsrecht der Enkel neben ihren Vaterbrüdern bzw. -schwestern anerkennt. Aus der Erwähnung der Mutter des vorverstorbenen Kindes kann auch geschlossen werden, dass die Enkel auch nach der Großmutter und nicht nur nach dem Großvater erbten, wenn ihr Vater bzw. ihre Mutter vorverstorben war. E NDEMANN, Das Keyserrecht, S. 70 f. Die Parallelität zu § 903 BGB ist nicht zu übersehen – auch das wieder ein Grund für die Annahme, dass das KKR aus dem Jus Commune schöpft. Vgl. den Apparat der Edition E NDEMANNS, Das Keyserrecht, S. 70, Note 35, 4: nyet geirren und den Faksimiledruck einer Kölner Hs bei E NDEMANN, Das Keyserrecht, vor S. 1: niet hinderen. Auch die Flörsheimer Hs hat nit gehindern; vgl. MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht III, S. 29.

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ein Einspruchsrecht der Seitenverwandten gegen den Verkauf (auch) des gesamten Vermögens durch einen Blinden, Tauben oder Lahmen aus – dies ist aber auch die einzige Vorschrift des KKR, die den eventuellen Erbenlaub erwähnt. Dass auch ein Einspruchsrecht der Abkömmlinge – und nicht nur der Seitenverwandten – nach dem KKR nicht existierte, zeigt eine in einem Kölner Codex überlieferte Fassung des KKR, die nach Endemann um 1450 niedergeschrieben worden sein soll297 und die bei 2, 35 mit den Worten schließt: wer in daran hindert die doit weder den vader vnd den keiser.298

d) Festzuhalten ist abschließend, dass die gifft nach dem tode schließlich auch keine weiteren Besonderheiten an die Verfassung des Verfügenden stellte und zwar auch dann nicht, wenn es sich um eine seit jeher formlose Verfügung über Fahrnis handelte. Das KKR kennt insbesondere keine Kraftprobe bei der Verfügung über die Fahrnis, sondern stellt in 2, 35 (36) KKR allein darauf ab, dass der Verfügende geistig in der Lage war, die Verfügung vorzunehmen: er mag auche die gifft wol dün er sitze oder gee er stee er sy gesünt oder sieche wan er sin güt gyt vnd nit den lip Jst er aber eyn man der simeerlose was er dan düt das hat keyn maht Sint geschriben stet Jn des richez rechte alle ding die mit sinen geschent die sullent vörgangk haben.299

e) Damit blieb es bei der Grundregel: Verfügungen über das ganze Vermögen von Todes wegen waren nach dem KKR möglich. Wirksam waren nicht nur gerichtlich vorgenommene Verfügungen, sondern auch mündlich zwischen den Parteien getroffene Verfügungen. Jedoch konnten solche mündlichen Verfügungen einseitig durch den Verfügenden aufgehoben oder abgeändert werden. Ein Erbenlaub hat nicht existiert. Die weitere Prüfung wendet sich zuerst den Formularen, anschließend den erhaltenen Urkunden und abschließend den Kölner und Andernacher Schreinsbüchern zu. Dabei ist chronologisch wieder zum merowingischen Recht zurückzukehren.

297

298

299

E NDEMANN, Das Keyserrecht, S. XXXIX. Die Aufzeichnung dieser Hs soll demnach auf Veranlassung des Kölner Rates zum täglichen Gebrauch veranlasst worden sein. Vgl. den Faksimiledruck der Kölner Hs 1 bei E NDEMANN, Das Keyserrecht, vor S. 1. Verwiesen wird hier auf kanonisches Recht (vader = Papst) und römisches Zivilrecht. MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht III, S. 29. Nach der Fuldaer Hs: ist er des libes krank, daz man in muz tragen vn heben, und ist der sin gesund, so hat ez macht waz er getut. Sint gesc. Stet in des riches recht: alle dinge, die mit sinnen gescheen, di sullen macht haben.

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II. Empirische Rechtsquellen: Formulare Im Anschluss an die bisher untersuchen normativen Quellen ist nun „empirischer“ Boden zu betreten. Hier muss am einzelnen Text meist wesentlich weniger ausgelegt werden – dafür ist die Zahl der Quellen ungleich größer, und meist verlangen die Quellen auch nach einer Erläuterung des Einzelfalles, den sie schildern. Die empirischen Rechtsquellen des merowingisch-karolingischen Rechtsraumes lassen sich in zwei große Hauptgruppen gliedern: einerseits in die Formulare, die in Formularsammlungen überliefert sind und andererseits in die Urkunden, deren Überlieferungsschicksal in der Hand des Empfängers der Urkunden lag. Die Formulare sind logisch die allgemeinere Gruppe: Bei ihnen handelt es sich um vorformulierte Standardtexte, die für ein bestimmtes, in der täglichen Beurkundungspraxis vorkommendes Rechtsgeschäft einen Text bereithielten, der einer unbestimmten Anzahl von Personen und Parteien zur Vorlage für die in ihrem Fall auszustellende Urkunde gemacht werden konnte. Sie sind praxisorientiert und geben Auskunft darüber, was tatsächliche Rechtsübung gewesen sein kann.300 Die Formularsammlungen lassen daher erkennen, welche konkreten Urkunden bei positivsten Bedingungen hätten überliefert werden können. Es kann aber auch hier nicht entschieden werden, ob die Formularsammlungen wirklich eine nennenswerte Wirkung auf den tatsächlich geübten Rechtsverkehr hatten. Angesichts des zu unterstellenden verbreiteten Analphabetismus in der Bevölkerung ist anzunehmen, dass die ländliche Bevölkerung diese Formulare sicher nicht verwendet hat. Gleichwohl darf vermutet werden, dass der etwa auftretende Bedarf nach einer Urkunde in einer kommunalen oder herrschaftlichen Kanzlei durch lese- und schreibkundige Archivare wohl befriedigt werden konnte. Im Gegenzug ist wieder davon auszugehen, dass dieser Bedarf wohl eher in Schichten existiert hat, die hinreichend bindungsfrei waren. Hörige Bauern werden daher fast nie Urheber relevanter Urkunden sein. Insofern ist einzukalkulieren, dass das merowingisch-karolingische Urkundenmaterial den Rechtsverkehr unter herrschenden oder herrschaftsnahen Schichten spiegelt – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand zeigt die Tatsache, dass in den Formularsammlungen Standardtexte für Verfügungen – gleich ob erlebensbedingt oder nicht – enthalten sind, dass das praktische Bedürfnis nach solchen vorformulierten Texten im Frankenreich wahrscheinlich vorhanden gewesen ist, dass also ein Güterverkehr stattgefunden hat. Texte mit Erlebensbedingungen oder Texte, mit denen ein privates Rechtsgeschäft erbrechtlichen Charakter annehmen konnte, zeigen darüber hinaus, dass auch hierfür ein praktisches Bedürfnis bestanden haben dürfte. Im Folgenden werden die einzelnen Formularsammlungen auf thematisch relevante Stücke durchgegangen. Zunächst zu betrachten sind die aus Angers 300

S CHMITZ, Art. Formel, Formular, Formularsammlung, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1618.

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stammenden Formulae Andecavenses, dann die große Sammlung des Mönches Markulf, anschließend die Cartae Senonicae aus Sens, schließlich die salischen Formularsammlungen Merkels, Bignons und Lindenbrogs und ganz zum Schluss noch die Reichenauer Formularsammlung Formulae Augienses. Insgesamt handelt es sich um zwölf thematisch einschlägige Formularstücke. Sie werden im Anschluss in chronologischer Ordnung vorgestellt und erläutert. Dabei ist vor allem zu klären, auf welchen Gegenstand sich die ihnen vorformulierten Verfügungen richteten, ob diese Verfügungen unter eine Erlebensbedingung gestellt werden konnten, welche Personen vor allem als Begünstigte in Frage kamen und ob die Formulare hierfür die Mitwirkung bestimmter Verwandter des Verfügenden vorsahen. Daneben ist für die merowingische Zeit immer interessant, ob ein nennenswerter Einfluss des spätrömischen Rechts und der spätrömischen Urkundenpraxis auf die Rechtspraxis des Frankenreiches festgestellt werden kann.

1. Quellenbefunde (1) Das Formular Nr. 41 der Formulae Andecavenses Das erste hier zu betrachtende Formular stammt aus einer Formularsammlung aus dem neustrischen Angers301, die wohl noch im späten 6. Jh. angelegt worden ist. 302 Buchner zufolge zeigen die Formulae Andecavenses in Stil und Inhalt eine „starke Mischung römischer und germanischer Bestandteile“ – Satzbau und Wortwahl entsprächen im allgemeinen dem spätrömischen Notariatsstil, darin eingestreut sei aber „eine erhebliche Anzahl germanischer und gallischer Wörter“. 303 Das letztere trifft auf das hier interessierende Stück nicht zu: I n c i p i t i u s l i b e r o r um . Dulcissema […] iocale meo illo illa. Sane […] mente sanoque consilio, meduantis casus umani fragilitatis corpore, nec nus contingi t ultimus dies inordinatus, quod Deus avertis, de huius seculi lucis discesseremus

301 302

303

MGH LL Form., S. 18 f. (Edition ZEUMER). BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 50; N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 50; CSENDES, Art. Formel, -sammlungen, in: LexMA IV, Sp. 648; S CHMITZ, Art. Formel, Formular, Formularsammlung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1618. Liebs setzt die Formularsammlung aus Angers in das 7. Jahrhundert, LIEBS, Römische Rechtstexte im spätantiken Gallien, S. 21. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 50. Diese Charakterisierung Buchners verwenden auch das LexMA; vgl. CSENDES, Art. Formel, -sammlungen, in: LexMA IV, Sp. 648 und das HRG; vgl. S CHMITZ, Art. Formel, Formular, Formularsammlung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1618.

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debitumve nature conpleveremus, dum inter nus subolus non habemus, nostrumque elegemus, consperante Deo, conmune consilio per cartole textum nostrum volomtate conscribire. Iddeo ego memoratus illi, si tu mihi […] coniux mea illa superestitis fueris, cum ego de ac luce discessero dibitumve nature conpleveremus, tunc tu tris porcionis de omne corpore facultatis mei, quem in pago illo et illi ex aloto parentum meorum vel de qualibet contractum mihi legibus obvenit, si prulis inter nus non fuerent procriati, tibi transcribo, ut quidquid in postmodum exinde volueris faciendum […] com omne iure soliditate eorum integrum, sicut a me fuit possedendum, tue iure recipias et perpetualiter possedias, quod si exinde elegere, faciendi liberam pociares arbitrium, quia rem ipsa malit te quam quod heredibus meis [habere]. Illa quarta viro porcione reservaverunt [seu reservatam, seu reservavimus] heccontra vos propinquorum heredibus legitimus meis reservo, ut tu coniux mea illa illas tris porcionis et ipsi heredis mei illa quarta similiter debetis percipere et possedere. […]. [Es folgt die inhaltsgleiche, reziproke Verfügung der Frau]. Licit dum in tale epistola, ut legem fuit decreata, inter nus conscripsimus et quarta reservavimus, non est necessi [poenam] adnecti inserrere, nam pro rei tucius firmetate, ut robuscius inter nus conlata, [Sanktion], et hec cartole textum firmior obteniat effectum; gestis municipalis sit oblegatum, ut in perpetuum plenius obteniat effectum. Data […].304

Zwei Ehegatten setzten sich mit diesem Formular für den Fall der Kinderlosigkeit gegenseitig zu Erben ein, allerdings quotenmäßig beschränkt auf ¾ der Erbschaft, ¼ sollte an die jeweiligen legitimi heredes fallen – so die bisherige Deutung des Formulartextes.305 Nonn meint hierzu, dass eine solche Verfügung die Möglichkeit bot, die Bestimmungen der LSal über die „gesetzliche“ Erbfolge zu umgehen.306 Diese Deutung mag zwar im Ergebnis nicht falsch sein, sie dürfte aber unvollständig sein und rechtliche Gesichtspunkte verkennen. Adresse, Intitulatio, Invocatio und auch die sana mente-Formel erinnern an das römische Formular. Auch die Schlussformulierung, wonach die Urkunde in die (gallorömischen) gesta municipalia einzutragen war, ist an die römischen Formalien angelehnt. Gleichwohl fehlt die formalisierte Testamentserklärung307 und auch die Erbeinsetzungsformel. Anstatt seine Frau zur Erbin einzusetzen – te heredem meum instituo – wendete der Mann seiner Frau drei von vier Teilen aller seiner Güter zu, wenn sie ihn überlebte ohne dass beide gemeinsame Kinder hatten: ego, si tu mihi coniux mea superestitis fueris, cum ego de ac luce discessero dibitumve nature conpleveremus, tunc tu tris porcionis de omne corpore facultatis mei, quem ex aloto parentum meorum vel de qualibet contractum mihi legibus obvenit, si prulis inter nus non fuerent procriati, tibi transcribo. Gleiches erklärte anschließend die 304 305 306 307

MGH LL Form., S. 18 f. (Edition ZEUMER). N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 51. N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 51. Statt dessen erklärten die Verfügenden, sie wollten auf gemeinsamen Beschluss und mit Gottes Hilfe ihren Willen niederschreiben lassen.

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Frau im Gegenzug. Statt der römischen Erbeinsetzungsformel wurde die quotale Zuwendung einer Vermögensgesamtheit gewählt: Ich überschreibe dir ¾ meines ganzen Vermögens, stamme es aus Erbschaft oder eigenem Erwerb. Einerseits wird durch diese Formulierung die begriffliche Trennung des Vermögens (facultas) in Erbgut (allod) und Erwerbsgut (conparatum) im merowingischen Recht bereits des 6. Jh. belegt. Andererseits wählt das Formular mit dieser Wendung anders als unter Romanen üblich den aus Tit. 46 LSal bekannten Weg der Mobilisierung des Vermögens und stellt damit auf den Nachlass als den entscheidenden Bezugspunkt der Verfügung ab. Diese quotale Vermögenszuwendung war einerseits dadurch bedingt, dass die begünstigte Frau den verfügenden Mann überlebte – si tu mihi superestitis fueris – und andererseits in Bezug auf ihr Wirksamwerden auf den Moment des Todes des Verfügenden hinausgeschoben – cum ego de ac luce discessero. Dass diese quotale Vermögenszuwendung damit die Definitionskriterien einer Verfügung von Todes wegen enthalten dürfte, ist bislang in der Literatur noch nicht festgehalten worden. Es handelt sich m. E. um eine Erlebensbedingung, nicht lediglich um eine Befristung. Die Formularpraxis belegt also bereits mit diesem einen, zeitlich frühen Stück, dass eine Vermögensübertragung von Todes wegen im Merowingerreich möglich war. Es ist nach hier vertretener Auffassung schwer möglich, diese Erlebensbedingtheit mit den Anklängen des Formulars aus Angers an das römische Formular zu erklären und so zu behaupten, hier finde sich nicht merowingische, sondern spätrömische Rechtsanschauung. Wäre dem so, dann wäre es für den Urheber des Formulars einfacher gewesen, die römische Erbeinsetzungsklausel zu wählen. Dass dies nicht geschah, dass vielmehr das Vermögen die entscheidende Größe war, auf die sich das Rechtsgeschäft bezog, ist ein Beleg dafür anzunehmen, dass hier Vorstellungen zugrunde liegen, die mit gallorömischen Formalien lediglich komplettiert worden sind. Hiergegen einzuwenden, das so genannte ius liberorum sei auch im Breviar enthalten und somit könnte das Formular aus Angers eher als empirischer Nachweis für spätrömisches normatives Recht sein, dürfte m. E. nicht ganz zutreffend sein. Denn das ius liberorum aus N. V. 4, 1 pr. 1-5 geht von einer echten gegenseitigen Erbeinsetzung in einer Urkunde aus:308 (Haec lex de aliis titulis testamentorum id amplius habet) ut in coniugio positi, si filios non habeant, seu maritus uxorem, seu uxor maritum voluerit, relinquant heredem, quod ius dicitur liberorum: quia, etiamsi una charta suam condere maluerint voluntatem, ut invicem se heredes scribant, qui alteri superstes exstiterit, dimissam rem […] vindicabit.

Von dieser gegenseitigen Erbeinsetzung des spätrömischen Rechts weicht das Formular ab, wenn beide Ehegatten sich gegenseitig nacheinander bestimmte Vermögensanteile unter Erlebensbedingung zuweisen.

308

CONRAT (Hrsg.), Breviarium Alaricianum, S. 370.

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Jedenfalls aber zeigt das Formular eine inhaltliche Beschränkung auf eine ganz bestimmte, wiederum ubiquitäre (sowohl unter Romanen als auch unter Franken auftretende) rechtliche Problemsituation. Diese Situation entspricht wohl nicht zufällig der Regelung in Tit. 48, 1. Alt. LRib, die jedoch zur Zeit der Aufzeichnung der Formulae Andecavenses noch nicht existierte. Es handelt sich, wie die Wendung si prulis inter nus non fuerent procreati deutlich macht, um eine Verfügung unter Ehegatten, die nur bei kinderlos bleibender Ehe gelten sollte. Lag diese Voraussetzung beim Tod des Erstversterbenden nicht mehr vor, waren in der Ehe also Kinder geboren worden, so war die gesamte Vereinbarung wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung hinfällig. Auch hier wird – unabhängig vom Alter des Formulars und unabhängig von der Tatsache, dass die LSal eine solche Spezialregel nicht kannte – davon ausgegangen werden dürfen, dass die Berücksichtigung von Kindern, die beide Ehegatten bereits in die Ehe mitbrachten, nicht ungewöhnlich gewesen sein dürfte. Schließlich ist festzuhalten, dass das Formular, obwohl mit ihm ausdrücklich über Erbgut verfügt werden konnte, keinen Raum für eine Zustimmung der potenziellen Erben der Verfügenden gelassen haben dürfte. Dies kann auch nicht vollständig damit erklärt werden, dass diese potenziellen Erben einen von vier Teilen des Vermögens des Erstversterbenden erhalten sollten. Immerhin wurden ihnen drei Teile entzogen – trotzdem: vom Erbenlaub kein Wort. Gleichfalls keine Erklärung bietet die Tatsache, dass die Verfügung unter der Bedingung des kinderlosen Versterbens der Verfügenden stand. Beide Verfügende gingen davon aus, dass Erben vorhanden waren.309

(2) Das Markulfsche Formular I, 12 Chronologisch folgen diejenigen thematisch einschlägigen Formulare der zweibändigen Sammlung, die der fränkische Mönch Markulf zusammengetragen310 und einem Bischof Landerich (von Paris oder von Meaux, das ist strittig) gewidmet hat und die in das 7. bzw. 8. Jh. gesetzt werden. 311 Markulf erweist sich in seiner Formelsammlung, die zur Zeit Karls d. Gr. noch einmal umgearbeitet wurde, als ein guter Kenner von Recht und Verwaltung der späten Merowingerzeit. Es könnte sein, dass Markulf vor seinem Eintritt in 309

310

311

Demnach eignete sich das Formular besonders für gegenseitige Verfügungen von Todes wegen unter Eheleuten, die bereits Kinder aus vorangegangenen Verbindungen hatten. „Im Alter von über 70 Jahren mit zitternder Hand und halb erloschenen Augen “ – so die Übersetzung der Selbstcharakterisierung Markulfs durch Bruno Krusch der Mönch seine Kompilation verfasst; K RUSCH, Ursprung und Text von Markulfs Formelsammlung, S. 231. Darstellung des Datierungsstreits bei BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 51. Bei CSENDES, Art. Formel, -sammlungen, in: LexMA IV, Sp. 648 wird das Ende des 7. Jh. für wahrscheinlicher gehalten; ebenso S CHMITZ, Art. Formel, Formular, Formelsammlung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1618.

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das Kloster im Dienst der königlichen Kanzlei gestanden hat. 312 Insbesondere das zweite Buch der Sammlung bietet mit seinen Formularstücken für Privaturkunden einen guten Überblick über das praktisch geübte Recht und eignet sich demzufolge für den Vergleich mit der lex scripta. Die Reihe der hier gegenständlichen Formulare eröffnet das in der Zeumerschen MGH-Edition mit Nr. I, 12 bezeichnete Stück. Es handelt sich auch hier inhaltlich um eine gegenseitige Verfügung unter Ehegatten, die an bestimmte Voraussetzungen gebunden war: Dum Dominus […] permisit, iuxta quod legitur, in principio masculum et faeminam copulae sociari consorcium, dicens: Relinquet homo patrem et matrem suam et adherebit uxori suae, et erunt duo in carne una, si aliquid pro amorem dilectionis inter se invicem condonari decreverint, hoc nostra serenitas in id ipsis non rennuit confirmari. Igitur venientis illi et illa ibi in palatio nostro, pro eo quod filiorum procreationem inter se minime habere videntur, omnes res eorum inter se per manu nostra visi sunt condonasse, et, se ita convenit, villas aliquas inter se visi sunt condonasse. Dedit igitur predictus vir ille per manu nostra iam dictae coniuge sua illa villas […], quas aut munere regio aut de alodo parentum vel undecunque ad presens tenere videtur […]. Similiter in conpensatione rerum dedit predicta faemina antedicto iogale suo illo villas […], seu presidiae domus eorum, aurum et argentum, fabricaturas, drappus, vestimentia vel omne subpellectile eorum, pars parte per manu nostra visi sunt condonasse; ita ut, dum pariter advixerint in hunc seculum, omnes res eorum suprascribtas ab utrasquae partes pariter debeant possidere, vel si eis pro animabus eorum aliquid exinde ad loca sanctorum dare decreverit volontas, eorum liberum maneat arbitrium; et qui pare suo ex ipsis in hunc seculum supraestis extiterit, ambobus rebus quamdiu advixerit usufructuario ordine debeat possidere; et post amborum quoque de hac luce discessum, sicut eorum delegationis contenentur, tam ad loca sanctorum quam benemeritis vel eorum propinquis debeant revertere heredis tam suprascribtas villas quam et de presidio eorum quicquid morientes reliquerint. [Bekräftigung und Sanktion, diese ist auch gerichtet gegen parentibus eorum propinquis, Unterschrift].313

Bevor das Formular den Standardtext für die gegenseitige Verfügung schildert, werden die Voraussetzungen erläutert, unter denen die Verfügung zulässig sein sollte. Diese Voraussetzungen erinnern stark an Tit. 48 LRib. Das Formular stand (nur) Verheirateten zur Verfügung, die keine Kinder (mehr) bekommen konnten – oder bei denen die Wahrscheinlichkeit, Kinder zu bekommen, gering (minime) war. Gedacht ist wahrscheinlich an Ehegatten, die in höherem Alter eine (weitere) Ehe eingingen. Die bezweckte gegenseitige Verfügung über das gesamte Vermögen musste von diesen Ehegatten vor dem Königsgericht (venientis illi et illa ibi in palatio nostro) durch die Hand des Königs (per manu nostra) selbst vorgenommen werden – hierüber wurde dann das Formular ausgestellt. Das sind die Voraussetzungen, die auch Tit. 48 LRib schildert. Dieser eröffnete nur insofern einen weiteren An312 313

CSENDES, Art. Formel, -sammlungen, in: LexMA IV, Sp. 649. MGH LL Form., S. 50 (Edition ZEUMER).

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wendungsbereich, als er nicht nur gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ermöglichte. Möglicherweise füllte Markulf I, 12 für Ehegatten also genau diese normative Vorschrift auf, ohne Tit. 48 LRib selbst zu nennen und ohne den dortigen juristischen Begriff (adoptare in hereditatem vel adfatimi) zu verwenden. Selbst wenn das aber nicht so sein sollte, dann wäre Markulf I, 12 ein rechtstatsächlicher Nachweis dafür, dass das in Tit. 48 LRib geschilderte Verfahren der Affatomie in der Rechtspraxis des 7./8. Jh. tatsächlich vorgekommen sein dürfte – anderenfalls hätte es des Formulars nicht bedurft. Markulf I, 12 dürfte ein Beleg dafür sein, wie die Praxis die der normativen Rechtsaufzeichnung bekannte Alternative der Vornahme des Geschäfts per scripturam seriem handhabte. Die andere Alternative von Tit. 48 LRib – die Vornahme per traditionem et testibus adhibitis – kommt im Formular Markulf I, 12 nicht vor; es ist noch nicht einmal angedeutet, dass es erforderlich gewesen sein könnte, eine bestimmte Anzahl von Zeugen zuzuziehen und diese auf dem Schriftstück signieren zu lassen. Das ist aber auch unschädlich, das Formular liefert eben nur die eine Alternative, die traditioAlternative bleibt wegen ihrer Mündlichkeit mit Formularen und Urkunden rechtstatsächlich nicht nachweisbar. Gegenstand der Verfügung konnte das gesamte liegende und fahrende Vermögen sein. Als entscheidend wird nur hervorgehoben, dass die Verfügung wirklich gegenseitig vorgenommen wurde, dass also die Verfügung des Mannes zugunsten der Frau nur deswegen stattfand, weil umgekehrt auch eine Verfügung der Frau zugunsten des Mannes vorgenommen wurde. Diese Verknüpfung wird durch das Abstellen auf die Vornahme der Verfügung der Frau in conpensatione erreicht. Der Zweck der Verfügung wird gleichfalls geschildert. Diese Verfügung wurde vorgenommen, damit die Ehegatten, solange sie beide lebten, die von der Verfügung erfassten Güter gemeinsam und zu gleichen Teilen besitzen und nutzen konnten (ita ut, dum pariter advixerint in hunc seculum, omnes res eorum suprascribtas ab utrasquae partes pariter debeant possidere). Damit sollte aber wahrscheinlich nicht ausgeschlossen sein, dass beide Ehegatten für den Fall ihres Todes über das betreffende Vermögen von Todes wegen zugunsten der Kirche verfügen konnten. Die Ermöglichung solcher Verfügungen zugunsten der Kirche ist denn auch die eigentliche Grundmotivierung des Formulars. Eine Änderung der Rechte der Ehegatten sollte eintreten, wenn einer der beiden Ehegatten starb. In diesem Falle sollte der andere das Vermögen, solange er selbst noch überlebte, als Nießbraucher nutzen können (et qui pare suo ex ipsis in hunc seculum supraestis extiterit, ambobus rebus quamdiu advixerit usufructuario ordine debeat possidere). Diese Einschränkung des Rechts des überlebenden Ehegatten ist durch die gegenseitige Verfügung selbst nicht motiviert. Es muss ein weitergehendes Interesse gefunden werden, das den längstlebenden Ehegatten vom Eigentümer zum Nießbraucher herab stufte. Dieses Interesse hat wahrscheinlich darin bestanden, eventuelle Verfügungen des erstversterbenden Ehegatten (und erlaubt waren Verfügungen zugun-

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sten der Kirche) zu sichern oder aber das Verwandtenerbrecht der nächsten Erben vor Verfügungen des überlebenden Ehegatten zu sichern. Diese Schutzrichtung wird im weiteren Wortlaut des Formulars deutlich. Nach dem Tod des Erstversterbenden sollte alles entweder – nach dem Willen der Eheleute – vollständig an die Kirche oder aber – falls ein solcher Wille nicht gebildet wurde – an die nächsten Erben übergehen (et post amborum quoque de hac luce discessum, sicut eorum delegationis contenentur, tam ad loca sanctorum quam benemeritis vel eorum propinquis debeant revertere heredis tam suprascribtas villas quam et de presidio eorum quicquid morientes reliquerint). Der Schutz der Erwerbsaussicht der nächsten Erben macht deswegen Sinn, weil das Vermögen, das im Moment des Todes des erstversterbenden Ehegatten vorhanden war, sowohl aus dem vom Mann als auch aus dem von der Frau eingebrachten Vermögen bestand. Der Überlebende hätte also, wenn er nicht auf den Nießbrauch beschränkt würde, mit dem gemeinsamen Vermögen auch dasjenige Vermögen verbrauchen können, das der erstversterbende Ehegatte eingebracht hatte und das, hätte er es nicht in die Ehe eingebracht, bei seinem Tod seine nächsten Verwandten erhalten hätten. An dieser Stelle zeigt sich wieder eine Berührung mit der normativen Quelle in Tit. 49 LRib, der auch diese Situation schildert und für den überlebenden Ehegatten nur eine Erweiterung ermöglichte, die in Markulf I, 12 nicht vorkommen musste – nämlich den Verbrauch des Vermögens zu eigener Bedürftigkeit. Es dürfte schwerlich Zufall sein, wenn Norm und Formular einander so deutlich entsprechen. Insgesamt handelt es sich bei der Verfügung, die mit diesem Formular getroffen werden konnte, um eine gegenseitige, lebzeitige Verfügung unter Ehegatten (Bildung gemeinsamen Vermögens), die dergestalt mit einer Verfügung von Todes wegen (Zuwendung eines Nießbrauches) kombiniert war, dass der Tod des Erstversterbenden nicht nur die Bedingung für die Zuwendung des Nießbrauches abgab, sondern gleichzeitig die auflösende Bedingung der lebzeitigen Zuwendung von Vermögen darstellte. Damit diente diese kombinierte Verfügung im Ergebnis weiteren, erbrechtlichen Zwecken. Indem das Recht des überlebenden Ehegatten im Moment des Todes des Erstversterbenden beschränkt und zu einem Nießbrauch herab gestuft wurde, wurden Verfügungen von Todes wegen, die der Erstversterbende zugunsten der Kirche getroffen haben mag, geschützt oder wurde die Erwerbsaussicht der nächsten Erben vor das gemeinsame Vermögen der Ehegatten schmälernden Verfügungen des überlebenden Ehegatten geschützt.

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(3) Die Markulfschen Formulare II, 7 und II, 8 Ein weiteres Formular314 überliefert – wie schon Markulf I, 12 – einen Standardtext für eine gegenseitige Verfügung unter Ehegatten: C a r t a i n t e r d o n a t i o n e s i n t e r v i r o e t faem i n a d e e o r um re s. Quicquid enim inter coniugatos de propria facultate, manentae caritate, pro amorem dileccionis in invicem condonare placuerit, scribturarum necesse est titulis alligari, ne in posterum ab heredibus eorum vel a quemcumque posset convelle. Igitur ego […] ille te dulcissima coniux mea illa, dum et inter nos procreatio filiorum minime esse videtur, ideo convenit nobis, ut omne corpore facultatis nostrae invicem usufructuario ordine condonare deberemus, quod ita et fecimus. Proinde dono tibi dulcissima coniux mea, si mihi in hunc seculum suprestis fueris, omni corpore facultati s meae, tam de alode aut de conparatum vel de qualibet adtractu, ubicumquae habere videor, et quod pariter in coniugium positi laboravimus […] ita ut, dum advixeris, usufructuario ordine valeas possidere vel dominare, excepto quod pro animae remedium ad loca sanctorum condonavimus, ut, inspecta nostra deligatione in omnibus conservetur; et quantumcumque de alode nostra post meum discessum pro commune mercide ad loca sanctorum legaliter condonare et deligare volueris, hoc licentiam habeas faciendi, et, inspecta ipsa deligatione, inconvulsum permaneat. In relico vero omnes res ipsas, quantum post tuum discessum intestatum remanserit, ad nostros legitimos revertatur heredes. Similiter et ego illa, dulcissime iogalis meus illi. Commonit me dulcido tua in conpensatione rerum tuarum, quod in me visus es contulisse. Si mihi in hunc seculum suprestis fueris, dono tibi omni corpore facultatis meae, ubicumque aut undecumque, tam de hereditate parentum quam de conparatum, vel quod pariter laboravimus, totum et ad integrum […], excepto quod pro animae remedium ad loca sanctorum delegavimus, ut, inspecta ipsa instrumenta, in omnibus conservetur, et quicquid de ipsa alode mea post meum discessum pro commune mercide ad loca sanctorum deligare vel ingenuos relaxare volueris, licentiam habeas, et, inspecta ipsa instrumenta, in omnibus conservetur; post tuum quoque discessum, quicquid intestatum remanserit, ad nostros heredes, qui tunc propinquiores fuerint, revertatur [Sanktion].

Das Formular beschreibt in schöner Ausführlichkeit eine gegenseitige vollständige Übertragung aller den einzelnen Ehegatten gehörenden eigenen Güter zwischen Mann und Frau für den Fall des Todes – jedoch nur zu Nießbrauch. Der überlebende Partner sollte keine Möglichkeit haben, über das Vermögen eigenmächtig weiter lebzeitig oder erlebensbedingt zu verfügen. Schenkungen an Kirchen waren dem Überlebenden jedoch erlaubt. Das Formular entspricht inhaltlich den normativen Vorgaben von Titt. 48, 49 LRib, wobei es ledig-

314

MGH LL Form., S. 79 f. (Edition ZEUMER).

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lich die Bindungen des überlebenden Ehegatten verschärft – Tit. 49 LRib sah eine Beschränkung auf den Nießbrauch nicht vor. Ein weiteres Formular315 betrifft den vorgeblich genau gleich gelagerten Fall wie das vorausgegangene und füllt wie dieses Titt. 48, 49 LRib aus, enthält aber graduelle rechtliche Unterschiede, indem es der überlebenden Frau nicht einen Nießbrauch (ususfructus) sondern eine Nutzung zu Lehen (usus beneficius) einräumte. Hinzu kommt, dass die Ehefrau keinerlei Möglichkeit haben sollte, über Teile des zugewendeten Vermögens selbständig zu verfügen. Sie durfte also auch keine Schenkungen zugunsten der Kirche vornehmen: I t em a l i a s i n e a l i q u a m i n u a t i o n e. Ista alia a capite instar priorae usque: dum advixeris, usufructuario ordine debeas possedere; post tuum quoque discessum ad legitimos nostros revertatur heredes, et nullum pontefitium quicquam exinde alienandi aut minuendi habere non debeas. Similiter et ego illa dulcissime iugalis meus ille. Commonet me dulcido tua in conpensatione rerum tuarum, quod in me visus es contulisse. Si mihi in hunc seculum suprestis fueris, omnis res meas, quascumque aut undecumque possedio […], sub usu beneficio debeas possidere, et nullo ponteficium quicquam exinde alienandi aut minuendi praeter uso tantum non habeas; et post tuum discessum ad legitimos nostras revertator heredes. Si quis vero.

Die redaktionelle Technik, die Markulf hierbei anwendete, mutet modern an: Er erklärt, was vom Formular II, 7 verwendet werden soll und welcher Textbaustein auszutauschen ist.

(4) Markulf II, 12: Zuwendung der terra salica an eine Tochter Das in der rechtshistorischen Literatur bekannteste Formular der Sammlung Markulfs ist II, 12. 316 Es nimmt Bezug auf das geltende Recht – unklar ist, ob das geschriebene oder das ungeschriebene Recht gemeint sein könnte317 – und bezeichnet dieses als ungerecht. Inhaltlich geht es darum, einer Tochter denselben Platz am – ererbten318 liegenden – Vermögen des Vaters einzuräumen wie den Söhnen. Die Regel, die hier als ungerecht bezeichnet und abbedungen wird, ist das das mittelalterliche und neuzeitliche Thronfolgerecht beherrschende so genannte „salische Gesetz“, Tit. 59, 6 LSal:

315 316 317 318

MGH LL Form., S. 80 (Edition ZEUMER). MGH LL Form., S. 83 (Edition ZEUMER). Vgl. die Nachweise bei K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 98 dort Fn. 87, 88. Vgl. NEHLSEN, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 449, 463. Ich folge hier K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 98.

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De terra uero Salica nulla in muliere portio aut hereditas est, sed ad uirilem sexum, qui fratres fuerint, tota terra pertineat,319

auf die etwas näher eingegangen werden muss. Es ist hier nämlich zunächst zu beachten, dass das Wort Salica in Tit. 59, 6 in den Hss der Klasse A nicht vorkommt. Allerdings wäre es falsch, dieses Wort für eine Einfügung erst der Hss-klasse C zu halten, 320 welche nach Eckhardts Datierung als Recensio Guntchramna in die Jahre 567-593 oder 593-596 gehört.321 Vielmehr muss die Ergänzung bereits bei Abfassung der so genannten Recensio Theuderica der LSal vorgenommen worden sein. Diese Recensio Theuderica, die sich in der verschollenen Textklasse B (welche wiederum dem Heroldschen Druck im 16. Jh. als Vorlage gedient haben muss) niedergeschlagen hat, führte wieder nach Eckhardts Datierung bereits in den Jahren 511-533 zur Veränderung des Wortlautes von Tit. 59, 6, indem terra um den Zusatz terra Salica erweitert wurde.322 Das etwa 150 Jahre nach der Recensio Theuderica aufgezeichnete Formular Markulfs nun bestimmte demgegenüber: C a r t a , u t fi l i a c um fra t r e s i n p a t e r n a s u c c e d a t a l o d e. Dulcissima filia mea illa illi. Diuturna, sed impia inter nos consuetudo tenetur, ut de terra paterna sorores cum fratribus porcionem non habeant; sed ego perpendens hanc impietate, sicut mihi a Deo aequales donati estis filii, ita et a me setis aequaliter diligendi et de res meas post meum discessum aequaliter gratuletis. Ideoque per hanc epistolam te, dulcissima filia mea, contra germanos tuos, filios meos illos in omni hereditate mea aequalem et legitimam esse constituo heredem, ut tam de alode paterna quam de conparatum vel mancipia aut presidium nostrum, vel quodcumque morientes relinquaeremus, equo lante cum filiis meis, germanis tuis, dividere vel exequare debias et in nullo paenitus porcionem minorem quam ipse non accipias, sed omnia vel ex omnibus inter vos dividere vel exaequare debeatis. Si quis vero et quod sequitur.

Es dürfte sich hier um das Formular für eine Verfügung von Todes wegen handeln, mit der die Tochter neben den Söhnen des Verfügenden zur Erbin, die den nach dem Tod des Verfügenden verbleibenden Nachlass, der aus Allod 323 und Erwerb (conparatum) des Vaters bestand, gleichmäßig mit den Söhnen teilen soll, eingesetzt werden konnte.

319

320 321 322 323

MGH LL I, 4, 1, S. 223. Seit dem 14. Jh. wurde bis 1918 hieraus das Prinzip der salischen Thronfolge abgeleitet; LANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 44. So aber noch GIERKE, in: ZRG 12 (1876), S. 430, 448. E CKHARDT, in: MGH LL I, 4, 1, S. XL. Ebenso S CHMIDT-WIEGAND, in: ALTHOFF / GEUENICH u. a. (Hrsg.), Person und Gemeinschaft im Mittelalter, S. 61, 66. MGH LL I, 4, 1, S. 223. Allod bezeichnet hier wie in der Titelüberschrift von Tit. 59 LSal das Erbgut; vgl. dazu K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.); Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 95. Die Gegenüberstellung von Eigengut und Lehngut erscheint erst später.

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a) Form und Inhalt des Formulars entsprechen einander. Der Inhalt geht weit über die von der Affatomie bekannte rechtliche Mobilisierung des Vermögens als Verfügungsgegenstand hinaus. Das Formular wählte dazu den begrifflich kürzeren Weg, die Mobilisierung des Vermögens durch die Erbeinsetzung zu erreichen. Das bot sich freilich bei der zugrunde liegenden Problematik an – denn die Eigenschaft von Kindern als Erben ist dem merowingischen Recht, wie Tit. 59, 1 LSal zeigt, geläufig. 324 Diese Erbenstellung konnte für die Töchter des Erblassers durch das Formular jedoch nur (noch) hinsichtlich des Grundbesitzes ausgedehnt werden, denn davon waren weibliche Verwandte (nach v. Amira: Töchter325) nach Tit. 59, 6 LSal immerhin teilweise ausgeschlossen. 326 Schultze hielt diesen Satz 327 für zwingendes Recht. aa) Teilweise bedeutet einerseits, dass die so genannte terra Salica heute wohl überwiegend als das von dem verstorbenen Elternteil seinerseits ererbte Gut im Gegensatz zum Erwerbsgut gedeutet wird,328 welches Töchter mithin seit der Recensio Theuderica erben konnten, da sie nun nicht mehr von der terra allgemein, sondern nur noch von der terra Salica ausgeschlossen waren. Auch die (chronologisch zwischen LSal und Formular stehende) LRib kannte diesen teilweisen Ausschluss der weiblichen Verwandten (Töchter) vom liegenden Vermögen in Tit. 56, 4 LRib: Sed dum viriles sexus exteterit, femina in hereditate aviatica non succedat.329

Demnach dürften salische terra Salica und ribuarische hereditas aviatica identisch gewesen sein. Das vorliegende Formular ergänzt diese Terminologie um die terra paterna, lässt sich damit sowohl auf salische als auch ribuarische Verhältnisse beziehen und verbietet damit eine über „ererbtes Grundvermögen“ hinausgehende Auslegung für die Wendung terra Salica. bb) Teilweise heißt aber andererseits auch – und das wird m. E. heute kaum noch beachtet –, dass das Erbrecht der Töchter in das Grundvermögen nicht nur durch die Recensio Theuderica, sondern auch durch das merowingische 324 325 326 327 328

329

Zum Verwandtenerbrecht kurz L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 43 f. V. AMIRA, Erbenfolge und Verwandtschaftsgliederung, S. 14 f. Dabei ist es m. E. irrelevant, ob dieser Ausschluss germanisch war, eine Frage, die die Literatur des 19. Jh. umgetrieben hat. SCHULTZE, Augustin und der Seelteil, S. 18. Auch hierzu vgl. K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 96 – wieder unter Bezug auf BUCHNER /BEYERLE. A. A. wohl offensichtlich S CHMIDT-WIEGAND, in: ALTHOFF/GEUENICH u. a. (Hrsg.), Person und Gemeinschaft im Mittelalter, S. 61, 70. E CKHARDT, Lex Ribvaria II, S. 53.

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Edikt König Chilperichs (561-584), den so genannten Pactus pro tenore pacis, der freilich die erste, nachchlodoveische Besserstellung der Töchter schon gekannt haben muss, gegenüber dem ursprünglichen 65-Titel-Text der LSal weiter verbessert worden ist. Die im 19. Jh. hochgradig umstrittene Stelle über das so genannte Vicinenrecht bestimmte: Simili modo placuit atque convenit, ut quicumque uicinos habens aut filios aut filias post obitum suum superstitutus fuerit, quamdiu filii advixerint, terram habeant, sicut et lex Salica habet. Et si subito filii defuncti fuerint, filia simili modo accipiat terras ipsas, sicut et filii, si uiui fuissent, habuissent. Et si moritur, frater alter superstitutus fuerit, frater terras accipiat, non uicini. Et subito frater moriens fratrem non derelinquerit superstitem, tunc soror ad terram ipsam accedit possidendam.330

In Satz 2 dieser Vorschrift steckt die nochmalige Verbesserung für die Tochter. Starben alle ihre Brüder subito, dann sollte sie die terra so erhalten, wie die Söhne, lebten sie noch, sie erhalten hätten. Die Söhne erhielten die terra so, wie es Recht war – sicut lex Salica habet.331 Diese Gleichstellung der Tochter macht aber nur Sinn, wenn sie sich auf die terra Salica, das Allod, bezog – denn hinsichtlich des conparatum, des (liegenden) Erwerbsguts erbte die Tochter ohnehin seit spätestens 533 neben ihren Brüdern und war bei subito-Abgang ihrer Brüder diesbezüglich sogar Alleinerbe. Unklar hieran bleibt nur, welche tatsächliche, als regelungsbedürftig empfundene Situation sich hinter dem subito-Tod der Söhne verborgen haben kann (Krieg, Seuche, Konkurrentenmord im Königshaus). Aber das ist für die angeordnete Rechtsfolge nicht entscheidend. Dass im Reich der Merowinger später trotzdem noch ein Bedarf für ein Formular wie das vorliegende bestanden habe, setzt voraus, dass die Besserung wiederum nicht vollständig gewesen sein kann oder dass der Pactus pro tenore pacis keine praktische Wirkung gehabt hat. Erstere Variante ist die wahrscheinlichere – findet sich der Pactus pro tenore pacis doch in den meisten Hss zur LSal. Der Bedarf ergibt sich aus zwei Überlegungen. Erstens wurde durch das Formular das Warten der Tochter auf einen spektakulären Ausnahmefall verhindert – nämlich das Warten darauf, dass ihre Brüder nach dem Tod des Vaters sofort und unverhofft hinweg starben. Zweitens wurde die Beteiligung der Tochter am ererbten Grundvermögen auch in Verhältnissen gesichert, in denen keine vicini, nach Gierke keine Markgenossen,332 vorhanden waren.

330 331 332

MGH LL I, 4, 1, S. 262. Nach Eckhardts durchgehender Titelzählung wäre das Tit. 108 LSal. Je nach Ansicht zur Geltung der lex Salica scripta kann hierin ein Verweis auf Tit. 59 LSal oder ein Verweis auf das ungeschriebene Recht gesehen werden. GIERKE, in: ZRG 12 (1876), S. 430, 436. Dieses Vicinenproblem kann hier aber nicht vertieft werden.

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Dieser, aus den unterschiedlichen Redaktionsstufen der LSal und dem Pactus pro tenore pacis ableitbare, gegen Ende des 6. Jh. im merowingischen Recht nur noch teilweise Ausschluss der Töchter von der Erbfolge in das Grundvermögen erklärt auch, dass in Urkunden Frauen als Grundbesitzer erscheinen, die nicht alle als brüderlos gedacht werden können.333 b) Im Ergebnis beseitigt das Formular alle die Töchter einschränkende Hindernisse des normativen Rechts und ermöglicht es, dass Töchter das liegende Vermögen neben Söhnen erben konnten.334 So zeigt Markulf II, 12 einerseits die flexible Praxis, die ein rechtliches Hindernis zu überwinden in der Lage war, andererseits die gedankliche Beschränkung dieser Lösung. Immerhin wurde der Kreis der geborenen Erben nicht verlassen, eine für die Töchter hinsichtlich der Fahrhabe und des erworbenen Grundbesitzes bestehende erbrechtliche Berechtigung335 wurde auf das gesamte Vermögen erweitert. Das Formular erlaubt ein privatschriftliches Verfahren. Ob die ausgefertigte Urkunde der gerichtlichen Bestätigung bedurfte, ist nicht erkennbar. Die chronologisch vor dem Formular verfasste LRib und die chronologisch nach dem Formular erlassenen Kapitularien schrieben sie vor, wohl um den Gleichklang mit der (hergebrachten) traditio vor Zeugen zu sichern. Identisch mit Markulf II, 12 in Voraussetzungen und Rechtsfolgen ist das Formular Nr. 45 der Cartae Senonicae.336

(5) Markulf II, 14 Ein weiteres Formular behandelt einen ausdrücklich als pactum, als Vertrag bezeichneten Vorgang.

333

334 335

336

Kroeschells Verweis auf die Urkunde der Burgundofara – s. dazu noch unten – zeigt diesen Zusammenhang klar; K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.); Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 97. S. a. die Angaben von L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 46 f. Ebenso L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50. Dass die filii bei der Verwandtenerbfolge als erste berufen waren, kann angesichts von Tit. 59, 1 LSal (vgl. MGH LL I, 4, 1, S. 222) nicht bestritten werden. Filii bezeichnet aber nach dem Sprachgebrauch der Merowingerzeit Kinder, also Söhne und Töchter; vgl. schon V. AMIRA, Erbenfolge und Verwandtschaftsgliederung, S. 4 und O PET, Die erbrechtliche Stellung der Weiber, S. 12. Im übrigen ist es seit langem allgemeine Ansicht, dass Tit. 59 LSal keine vollständige Erbfolgeordnung angibt; vgl. nur GIERKE, in: ZRG 12 (1876), S. 430, 439 f. MGH LL Form., S. 205 (Edition ZEUMER). Als Zusatz zu Markulf II, 12 findet sich hier nur der Standardtext, mit dem die einzelnen Vermögensbestandteile näher bezeichnet werden können: omnes res meas, cum mansis, domibus, edificiis […]. Auch dazu K ROESCHELL, in: L ANDWEHR (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel, S. 87, 97 f.

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P a c t u m i n t e r p a r e n t e s 337 d e h e r e d i t a t e e o r um. Quicquid enim inter propinquos de alode parentum, non a iudiciaria potestate coacti, sed sponte, manente caritate, iusti debita unicuique portio terminatur, non de rebus detrimentum, sed augmentum potius potest esse censendum; et ideo necesse est, inter se eorum facta scribturarum series alligare, ne ab aliquibus in posterum valeat refragare. Ideoque dum inter illo et germano suo illo de alode genetoribus eorum illis bonae pacis placuit adque convenit, ut eam inter se, manente caritate, dividere vel exequari deberint; quod ita et fecerunt. Accepit itaque illi villas […]. Similiter et illi accepit econtra in conpensatione alias villas […]. De presidio vero, drappus seu fabricaturas vel omne subpellectile domus, quicquid dici aut nominare potest, aequa lentia inter se visi sunt divisisse vel exequasse, et hoc invicem pars parte tradedisse et per festuca omnia partitum esse dixisse. Propterea presentis epistolas duas, uno tenore conscribtas locum paccionis inter se visi sunt conscribsisse, ut nullus deinceps contra pare suo, nisi quod ad presens accepit, de ipsa alode genetore eorum amplius requirendi pontefitium habere non dibiat. [Sanktion]. Actum.338

Das Formular enthält keinen Standardtext für eine Verfügung von Todes wegen und auch keinen Standardtext für eine Verfügung, mit der Vermögen vor dem Tod lebzeitig verteilt werden sollte. Es handelt sich vielmehr um ein Formular für eine Erbteilung unter Geschwistern, denen von ihren Eltern ein Nachlass angefallen war. Von Erwerbsgut (conparatum) ist an keiner Stelle die Rede. Solche Erbteilungen weisen im Regelfall keine Schnittstelle zu einer Verfügung von Todes wegen auf. Bemerkenswert ist deswegen auch nicht, was das Formular enthält339 – interessant ist vielmehr, was das Formular nicht enthält: Von einer Mitwirkung erbberechtigter Verwandter an der Erbteilung der Geschwister ist im Formular nicht die Rede. Und doch wäre eine diese Situation erfassende Klausel im Formular zu erwarten, wenn das Erbgut familiengebunden und der Verfügungsmacht des Einzelnen entzogen gewesen wäre. Denn die betroffenen Geschwister verfügten bei der Erbteilung über das ihnen zustehende Erbgut. Sollten gegen die generelle Möglichkeit einer solchen Verfügung (unter Lebenden) über Erbgut rechtliche Bedenken wegen der Beeinträchtigung möglicher Erben der erbteilenden Geschwister340 bestanden haben, ist anzunehmen, dass sie im Formular aufgeführt worden wären. Da das wie erwähnt nicht der Fall ist, kann festgehalten werden, dass die Verfügungsmacht über das angefallene Erbgut bei der Erbteilung den verfügenden Geschwistern allein zustand.

337 338 339 340

Gemeint sind die gleichgeborenen Verwandten, also die von gemeinsamen Eltern abstammenden Geschwister, wie aus dem folgenden deutlich wird. MGH LL Form., S. 84 f. (Edition ZEUMER). Bemerkenswert ist, dass auch bei solchen Verfügungen der Halmwurf stattfinden musste. In Betracht kommen weitere Geschwister oder Kinder der erbteilenden Geschwister.

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(6) Markulf II, 17: Differenzen zwischen Form und Inhalt Die Sammlung Markulfs enthält auch Formulare, die auf die zersplitterte Rechtslage im fränkisch-merowingischen Reich zugeschnitten waren. Ein Beleg für die Rücksichtnahme auf die im 7. und wohl auch im 8. Jh. noch in Gebrauch befindlichen Verfügungen von Personen gallo-römischer Herkunft ist Markulf II, 17: Q u a l i t e r i n u n u m v o l um i n e t e s t am e n t o p e r s o n e c o n d a t u r. […] ego illi et coniux mea illa, sana mente integroque consilio, metuentis casus humanae fragilitatis testamentum nostrum condedimus, quem illius notario scribendum comisemus, ut, quomodo dies legitimus post transitum nostrum advenerit, recognit is segillis, inciso lino, ut Romane legis decrevit auctoritas, per inlustris viros illos, quos in hanc pagina testamenti nostri legatarios instituimus, gestis rei publicae municipalibus titulis eorum prosecutione ab ipsis muniatur. Igitur cum, iubente Domino, de istius vitae cursum migraveremus, tunc quicquid in omnibus pridie quam moriamur tenere videmur, quicquid ex proprietate parentum vel proprio laborae seu ex munificentia piis principibus percipere meruimus vel de quibuslibet titulis atquae contractis, vinditionibus, cessiones, donationes vel undique, Domino adiuvante, ad nostram pervenit dominationem, tu tunc, dolcissima coniux mea illa, vosque, dolcissimi filii mei illi, heredes quoque meos vos esse volo: hereditatem meam habituti; reliqui vero heredis exheredis sint ergo, excepto quod unicuique per hunc testamentum dedero darequae iussero. Id ut fiat, detur, prestitur, impleatur, te, omnipotens Deus, testem committo. Villas […] filius noster illi, vel filia illa […] recipiat. […]. Licet de omnibus, dum advivimus, nostrum reservavimus usum, sed dum in villas […], quas ad loca sanctorum vel heredes nostris depotavimus, quod pariter, stante coniugio, adquaesivimus, predicta coniux nostra tertia habere potuerat, propter ipsa vero tertia villas […] in integritate, si nobis suprestis fuerit, in conpensatione recipiat […].341

Der Aufbau des Formulars entspricht, so hat Nonn festgestellt, weitgehend dem spätrömischen Formular für ein Testament,342 wobei jedoch die Kodizillarklausel fehlt.343 Dies spricht dafür, dass dem Sammler des Formulars möglicherweise bewusst war, dass die Bezugnahme auf ein nicht mehr geltendes ziviles oder prätorisches römisches Recht sinnlos war. Auch hier zeigt sich, wie fundiert die Arbeit Markulfs gewesen ist – er hat nicht nur Urkunden gesammelt, sondern er hat sie umgearbeitet und an die geltende Rechtslage angepasst. Prominent in diesem Formular ist die dem klassischen römischen Recht entstammende Erbeinsetzungsklausel: tu, vosque heredes meos vos esse volo und die sich daran anschließende Enterbungsklausel: reliqui vero heredis ex341 342

343

MGH LL Form., S. 86-88 (Edition ZEUMER). Brunner nennt es deshalb ein „wechselseitiges Testament “; B RUNNER, in: Festgabe für Dernburg, S. 39, 53. Er geht davon aus, dass das Formular die volle Verfügungsfreiheit auch der Ehefrau voraussetze. N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 49.

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heredis sint ergo, mit denen dem römischen Grundsatz nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest Genüge getan wird. Es wäre aber unexakt, bei diesem Befund stehenzubleiben und das Formular als allein römisch anzusprechen. Zweifelsfragen344 treten in diesem Text nämlich spätestens beim Nießbrauchsvorbehalt – licet de omnibus, dum advivimus, nostrum reservavimus usum – auf. Er macht deutlich, dass Form und Inhalt auseinanderfallen. Der Form nach ein römisch-rechtliches Testamentsformular mit sana menteFormel und Erbeinsetzungsformel, liegt inhaltlich etwas verschiedenes vor: Der Nießbrauchsvorbehalt ist im römischen Testament fehl am Platze, weil der Testator des römischen Rechts infolge des Testaments an seiner Verfügungsmacht keine Einbußen erlitt. Die Tatsache, dass der Vorbehalt hier auftaucht, zeigt, dass mit diesem Text eine Verfügung vorformuliert wurde, in der dem Verfügenden keine volle Verfügungsmacht mehr verblieb, sondern in der der Begünstigte die Stellung des Verfügungsbefugten übernahm und der Verfügende die Sache nur noch wie ein Nießbraucher nutzen durfte. Nonn schloss aus diesem Widerspruch zwischen Form und Inhalt, dass die Vorstellungen von der rechtlichen Bedeutung des Testaments in dieser Zeit bereits unsicher gewesen seien. 345 Es ist aber unnötig, diesen Schluss zu ziehen, der suggeriert, dass die merowingische Formularpraxis dem römischen Testament gegenüber auf einem inferioren Stand gewesen sei. Entscheidend kann nur sein, ob der Inhalt des Formulars geeignet war, ein angesichts des Todes bei Erblassern häufig vorkommendes praktisches Bedürfnis zu befriedigen. Das dürfte zu bejahen sein: Mit dem Formular hatte der Verfügende die Möglichkeit, sein Vermögen oder Teile davon lebzeitig einem oder mehreren Abkömmlingen zuzuwenden und die wirtschaftliche Verantwortung für das Vermögen in jüngere Hände zu legen. Er selbst konnte sich den Nießbrauch vorbehalten, solange er lebte. Der Begünstigte erhielt eine sichere Stellung, keine bloß eventuelle Erwerbsmöglichkeit, der Verfügende konnte das Vermögen bis zu seinem Tode weiter nutzen. Dies vorausgesetzt, kann geschlussfolgert werden, dass der Zweck des Formulars (auch) darin besteht, in einer Situation, in der unterschiedliche Bevölkerungsteile unterschiedliche Rechte übten, das römische Formular einerseits für die Bedürfnisse der nichtrömischen Bevölkerung zu öffnen und der gallo-römischen Bevölkerung andererseits die Übernahme „fränkischer“ Gewohnheiten zu ermöglichen. Markulf II, 17 ist im Jahre 722 von Abt Widerad v. Flavigny für eine Verfügung von Todes wegen verwendet worden. 346

344 345 346

N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 49 spricht von Ungereimtheiten. N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 49. K RUSCH, Ursprung und Text von Markulfs Formelsammlung, S. 231, 264; wobei Widerad das römische Testamentsformular „aus Unwissenheit jämmerlich verhunzt “ habe. Zu Widerads Verfügung s. u.

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(7) Formulare aus Sens347 a) Das Formular Nr. 42 der Cartae Senonicae. Fränkisch ist dagegen ein weiteres, aus eindeutig fränkischem Raum (Sens) stammendes Formular,348 das auf Besonderheiten des merowingischen Rechts eingeht und einen ausdrücklichen Bezug zu einer lex Salica herstellt, wobei wieder fraglich ist, ob auf die LSal scripta oder auf das Recht als solches verwiesen wurde. H e r e d e t o r i a . Dulcissima filia mea illa ille. Dum non est incognitum, sed per populum devulgatum et patefactum, quod ego in ancilla mea nomen illa tibi generavi et postea ante domno illo rege, iactante denario, secundum lege Salica tibi ingenua demissi, et tu minime in hereditate mea sociare potebas, propterea ego hanc cartolam hereditoria in te fieri et adfirmare rogavi, ut si tibi Dominus iusserit, quod mihi in hunc seculo suprestitis apparueris, de omnes res meas, tam quod ex alode parentum meorum quam ex meum contractum mihi obvenit, in hereditate succedas, tam in terris […], etiam peculium […], aurum, argentum, drapalia, mobile et immobilibus […], quantumcumque de meum moriens dereliquero, in omnes res meas in hereditate apud germanus tuus, filios meos succedas, et aequalantia inter vos exinde dividere vel exaequare faciatis, et quod ad parte tua exinde recipis, quicquid exinde facere volueris, liberam et firmissimam in omnibus habeas potestatem faciendi. [Sanktion]. Actum.

Der Problemaufriss des Formulars zeigt Verwandtschaft mit Markulf II, 12.349 Auch hier ging es darum, eine Tochter neben einem Sohn am Nachlass des Vaters zu beteiligen, was, wie der Kompilator der Sammlung den fiktiven Verfügenden sagen lässt, eigentlich nicht möglich war – et tu minime in hereditate mea sociare potebas.350 Das zweimalige Erscheinen einer solchen, dem Vater zugunsten einer Tochter offen stehenden Möglichkeit in einer Formelsammlung belegt, dass von der LSal-Grundregel ohne größeren Aufwand abgewichen werden konnte. Landau spricht in diesem Zusammenhang von einer „längst vorhandenen fränkischen Gewohnheit“. 351 Diese Möglichkeit belegt auch erneut, dass die in der LSal bruchstückhaft geregelte Verwandtenerbfolge nicht alle anderen Möglichkeiten einer erlebensbedingten Vermögensverteilung ausschloss – und zwar unabhängig davon, wie die Affatomie der LSal scripta auszulegen ist. Für den Vater war das Problem noch etwas vertrackter als bei Markulf II, 12, weil die Tochter, um die es ging, nicht aus einer legitimen Verbindung stammte, sondern mit einer Magd gezeugt worden war – ego in ancilla mea 347

348 349 350 351

Es existieren zwei Sammlungen, eine ältere aus der Zeit von 750 bis 775 und eine jüngere aus der Zeit Ludwigs d. Fr.; vgl. S CHMITZ, Art. Formel, Formular, Formelsammlung, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 I (2008), Sp. 1619. MGH LL Form., S. 204 (Edition ZEUMER). L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50 stellt den Bezug zu Markulf II, 12 ebenfalls her. S. oben bei Markulf II, 12. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 50.

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tibi generavi. Deshalb war es wichtig, dass die Tochter zuerst secundum lege Salica durch Denarwurf vor dem König 352 freigelassen wurde, was im Formular dadurch angezeigt wird, dass diese Freilassung im Perfekt geschildert wird. Nachdem das geschehen ist, wurde der Tochter im Ergebnis am Vermögen des Vaters dasselbe Recht eingeräumt wie dem Sohn. Die Verfügung, die dazu verwendet wird, steht unter der Bedingung, dass die Tochter den Vater überlebte: quod mihi in hunc seculo suprestitis apparueris. Für diesen Fall sollte die Tochter an allen, ererbten und erworbenen, Gütern des Vaters in die Erbschaft folgen: de omnes res meas, tam quod ex alode parentum meorum quam ex meum contractum mihi obvenit, in hereditate succedas. Deutlicher kann eine Erlebensbedingung schwer formuliert werden. Es ist für die rechtliche Einordnung des Formulars nicht so sehr entscheidend, ob hereditas hier als Erbschaft oder als Nachlass oder als Vermögen interpretiert wird. Entscheidend ist vielmehr, dass der Vater der Tochter alle seine Güter erlebensbedingt zuwendete und dass diese Zuwendung alle Güter erfasste – sowohl die, die der Vater kraft Erbrechts bereits von seinen Vorfahren erworben hatte, als auch die, die er durch eigene Arbeit erworben hatte. Darüber hinaus wird klar gemacht, dass die Verfügung sowohl das bewegliche (Fahrhabe und Geld) als auch das unbewegliche Vermögen (mit allem Zubehör) erfasste. Nichts blieb ausgeklammert, alles was Namen hat – quicquid dici aut nominare potest –, wurde einbegriffen. Schließlich erklärt das Formular auch noch, welche rechtliche Stellung der Tochter infolge der Verfügung zukam. Es ist dieselbe Stellung, die der Sohn kraft Verwandtenerbrechts auch ohne eine solche Verfügung innehatte: quantumcumque de meum moriens dereliquero, in omnes res meas in hereditate apud germanus tuus, filios meos succedas, et aequalantia inter vos exinde dividere vel exaequare faciatis, et quod ad parte tua exinde recipis, quicquid exinde facere volueris, liberam et firmissimam in omnibus habeas potestatem faciendi. Die Tochter folgte nach in alles, was der Vater sterbend hinterließ, 353 genauso wie ihr Bruder, der Sohn des Vaters.354 Beide sollten nach des Vaters Tod gleich teilen und in Bezug auf das, was die Tochter nach der Teilung mit dem Bruder erhielt, sollte sie die volle Verfügungsmacht haben. Jetzt aber, im Moment der Verfügung, erhielt die Tochter nichts. Der Vater räumte ihr lebzeitig keinerlei Befugnis zur Einwirkung auf sein Vermögen ein. Die Berechtigung zur Verfügung über das Vermögen von Tochter und Sohn entstand erst im Moment des Todes und bezog sich nur auf dasjenige, was im Moment des (noch) vorhanden war – quantumcumque de meum moriens dereliquero. Eine lebzeitige Rechtsübertragung auf die Tochter ist ausgeschlossen.

352 353 354

Gemeint ist wohl das Königsgericht, der mallus legitimus. Logische Konsequenz: hinterließ er nichts, folgte die Tochter auch in nichts. Hier sind Singular und Plural durcheinander geraten. Beides ist möglich.

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Das Formular zeigt außerdem, dass die Diskussion der Frage, wodurch sich die (Verfügung von Todes wegen:) Erbeinsetzung von der (Verfügung von Todes wegen:) Schenkung unterscheidet, erübrigt, wenn die Verfügung das gesamte Vermögen erfasst. Im vorliegenden Fall wird gerade wegen der Beteiligung eines weiteren Erben deutlich, dass auch die Tochter durch die Verfügung des Vaters zur (Mit-) Erbin des Vermögens wird. Dies alles wird erreicht, ohne dass das Formular auch nur andeutungsweise eine Erbeinsetzung nach römischem Muster in Betracht zieht und ohne dass die Verfügung, die nach allem nur als eine einseitige Verfügung von Todes wegen gedeutet werden kann, als testamentum bezeichnet werden müsste. Der Kompilator der Formelsammlung ging auch in der Frage der Bezeichnung seines Formulars eigene Wege und nennt es eine cartola hereditoria, was sich wohl am ehesten mit „Beerbungsurkunde“ übersetzen ließe. Letzte entscheidende Besonderheit des Formulars ist, dass der Vater in einer solchen Konstellation offensichtlich für rechtlich befähigt gehalten wurde, die Verfügung ohne Mitwirkung bzw. Zustimmung anderer potenzieller Erben vorzunehmen. Das Formular erlaubt die alleinige Vornahme der Verfügung auch bei Vorhandensein eines Sohnes. Der Erbenlaub spielt mithin keine Rolle. Es ist zum richtigen Verständnis dieser Tatsache wichtig, noch einmal auf die Konstellation der beteiligten Personen hinzuweisen: Ein Vater verfügte von Todes wegen zugunsten einer illegitimen Tochter – und zwar über Erbgut und über Grundvermögen – obwohl ein legitimer Sohn vorhanden war. Wenn es eine Konstellation gibt, in der der Erbenlaub als Charakteristikum erwartet werden dürfte, dann ist es diese. Jedoch fehlt er hier und damit zeigt sich, dass das „germanische“ Beispruchsrecht ein Phantom war und ist. Es trifft zu, was Beseler zum Erbenlaub in den Formularen bereits 1835 ausgesprochen hat und dieses Formular zeigt es, nämlich „ […], dass die Veräußerung desselben [des Grundbesitzes] ursprünglich durch die Erben nicht beschränkt war, und der Eigenthümer also ihrer Einwilligung nicht bedurfte, um sie vollgültig zu vollziehen […]. In den alten Formelsammlungen wird der ausdrücklichen Einwilligung der Erben nirgends gedacht.355

Zu ergänzen ist, dass auch die normativen Quellen wie gezeigt kein anderes Ergebnis liefern. b) Formular aus dem Cartarum Senonicarum Appendix. Auch das folgende, wieder aus Sens stammende Formular356 eignet sich dazu, das Verhältnis zwischen geschriebenem und ungeschriebenem merowingischem Recht zu diskutieren. Es verweist auf lex et consuetudo, denen zufolge es einem Vater, 355 356

BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 51. MGH LL Form., S. 208 (Edition ZEUMER); THÉVENIN, Textes relatifs, Nr. 35a, S. 39 f.

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der illegitime Personen zu Söhnen hat, möglich sein soll, diese in seinen Nachlass nachfolgen zu lassen: D o n a t i o a d fi l i o s . G e s t a . Lex et consuetudo exposcit, ut, quicumque personas naturales filios habuerit, si eos in sua voluerit instituere hereditate, qualiter in suum potius arbitrium ad faciendi de id pater hoc, quod in eos voluerit, liberam habeat potestatem. Ideoque ego ille, dum non est incognitum, ut femina aliqua nomen illa bene ingenua ad coniugium sociavi uxore, sed qualis causas vel tempora mihi oppresserunt, ut cartolam libellis dotis ad ea, sicut lex declarat, minime excessit facere, unde ipsi filii mei secundum lege naturalis appellant, et filios in ea generavi, cuius baptismum nomina posuimus illos et illos: propterea volo, ut predicti filii mei omni corpore facultatis meis in pago illo, in loca […], in legitimam successionem debeatis addere adpatuere357; hoc est tam terris […], tam ibidem quam et aliunde translatus, sicut dixi, quod nostra est possessio et haec successionum parentum nobis obvenit, tam de alodo quam de conparando vel de qualibet adtractum adnoscitur pervenisset, ad die presente nostra est possessio vel dominatio, cum omni iure et merito et omnem rem inexquisita, quandoquidem moriens dereliquero, in vestra debeatis revocare potestate, dominatione et faciatis exinde iuro proprietario quod volueritis, et nullus vobis de omne hereditate mea repudiare non debeat nec facere possit. Stipulatione subnixa.

Der fiktive verfügende Vater hatte eine Freie geheiratet, ihr aufgrund widriger Umstände aber keine dos versprochen. Die Ehe war demzufolge nicht wirksam – die Kinder galten als naturales. Diesen das Vermögen zu übertragen, war der Zweck des Formulars. Der Vater ordnete an, dass (alle) seine vorgenannten Söhne legitim zur Nachfolge in die Gesamtheit seines Vermögens berufen seien – propterea volo, ut predicti filii mei omni corpore facultatis meis in legitimam successionem debeatis addere adpatuere. Das betreffende Vermögen, in das die Söhne nachfolgen sollten, setzte sich – wie aus Tit. 59 LSal, Tit. 56 LRib, Markulf II, 12 und Nr. 42 Cartarum Senonicarum bekannt – aus dem ererbten und dem erarbeiteten Gut zusammen – quod nostra est possessio et haec successionum parentum nobis obvenit, tam de alodo quam de conparando vel de qualibet adtractum adnoscitur pervenisset. Der Vater erklärte auch noch, dass ihm bis zum gegenwärtigen Tage Besitz und Verfügungsmacht an diesem Vermögen zustünden. Dieses Formular ermöglicht ebenso wie das vorangegangene eine erlebensbedingte Verfügung. Das wird deutlich aus der Formulierung, wonach die Söhne alles, was der Vater sterbend hinterlassen haben wird, in ihre Verfügungsgewalt nehmen sollten und dann wie ein Eigentümer damit hätten umgehen können. Inhaltlich entspricht das Stück dem vorangegangenen.

357

Für die beiden letzten Worte gibt es abweichende Lesarten, die bei Thévenin verzeichnet sind. Zeumer las accedere et potiri, Rozière dagegen las adire vel adprehendere.

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(8) Salische Formulare Die so genannte salische Formelsammlung Merkels358 liefert zwei Formularstücke, die sich schon in ihrer Überschrift auf die Affatomie beziehen und die die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Affatomie deutlich erkennbar werden lassen. Es wird angenommen, dass die Sammlung Merkels ebenso wie die gleichfalls salischen Formeln Bignons und Lindenbrogs aus salischem Rechtsgebiet stammt. Aus diesem Grunde kommt ihnen für die Kontrolle des in der LSal niedergeschriebenen Normbestandes besondere Bedeutung zu. Wirklich sicher aus dem Gebiet um Schelde und untere Maas stammt jedoch wohl nur die Sammlung Lindenbrogs. 359 Die Verwendung des Rechtsbegriffs affatimum oder affitimum – der Terminologie in der Hss-Klasse A der LSal entsprechend – zeigt, dass im salischen Rechtsgebiet der Terminus achramitio, wenn er dort gebräuchlich gewesen sein sollte, bis zur Mitte des 8. Jh. abhanden gekommen sein muss. a) Formulae Salicae Merkelianae 24. Betrachten wir zunächst das Merkelsche Formular. Es hat den folgenden Wortlaut: Affitimum. Dulcissimis nepotis meis illis, ego avus aut ego ille. Dum et cogitum est qualiter genitor vester et filius meus, nomine illo, conplente fine naturae, de hac luce discesserit, et vos in alode minime accedere poteratis, ideo pensantes causa consanguinitatis dabo vobis per hanc affat im um omni proportioner in loco […], hoc est in jam dicto loco tam terris, domibus, et cetera. Quicquid in jam dicto loco genitor vester et filios meos illos et illa dividere et exsequare deberet, vos quoque, nepotes mei, per hanc affa t i m um post [diem] obitus mei dividere [et] exsequare faciatis. Illud etiam in hanc affa t im um conscribere rogavimus, ut si fuerit aliquis de heredibus meis propinquos avunculos vestros, aut de aliis heredibus, vel quislibet in eorum causas, nulla calumnia nec repetitione generare non praesumat, sed jure firmissimo in omnibus habeatis potestatem faciendi, tenendi, dandi, commutandi, vel quicquid exinde facere elegeritis, liberam in omnibus perfruatur potestas faciendi. [Sanktion], sed praesens affat im u s diuturum tempore firmus et inviolatus valeat permanere, quam manu propria subterfirmavimus et bonis operibus viris magnificis roborare decrevimus.360

Das Formular half wieder, wie schon Markulf II, 12 einer wohl für unbefriedigend gehaltenen Situation des abstrakt-generellen Rechts ab. Mit diesem Formular war es möglich, dass der Großvater seinen Enkeln, deren Vater vorverstorben ist, neben seinen weiteren Söhnen – den Onkeln der begünstig358

359 360

Zum Begriff BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 53. Die salischen Formeln Merkels bestehen aus drei Teilen. Der erste Teil, dem die hier zitierten Formeln entstammen, ist systematisch geordnet und benutzt Markulf und die Formulae Turonenses, die um 750 anzusetzen sind; vgl. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 53. Die Merkelianae sind also zeitlich danach anzusetzen und gehören in die Jahre 750-800. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 53. MGH LL Form., S. 250 (Edition ZEUMER).

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ten Enkel – dieselbe rechtliche Stellung einräumen konnte wie diesen Söhnen und damit deren Enttäuschung, als Abkömmlinge eines vorverstorbenen Abkömmlings nach dem Tod des Großvaters von dessen Nachlass nichts zu erhalten (et vos in alode minime accedere poteratis), ausräumte. 361 Dieses Formular beurkundet demnach ein Rechtsgeschäft, mit dem die Anwachsung unter Geschwistern zugunsten der Abkömmlinge eines vorverstorbenen Bruders vermieden und ein Erbrecht nach Stämmen geschaffen wurde. Getreu der von der Affatomie der LSal bekannten Möglichkeit wird hierzu der Weg der Mobilisierung des Vermögens und der erlebensbedingten Zuwendung desselben gewählt; die Enkel werden nicht direkt als Erben eingesetzt: ideo pensantes causa consanguinitatis dabo vobis per hanc a f fa t imu m omni proportioner in loco […], hoc est in jam dicto loco tam terris, domibus, et cetera. Als Grund für diese Zuwendung wird die Blutsverwandtschaft des Großvaters mit seinen Enkeln angegeben. Die rechtliche Wirkung des Geschäfts sollte nach dem Tod des Großvaters eintreten. Dies allein erlaubt noch keine Entscheidung, ob eine Befristung oder eine Erlebensbedingung gemeint war. Die post mortem-Klausel wird noch näher konkretisiert und diese Konkretisierung ergibt, dass über den Weg der Zuwendung des Nachlasses letztlich doch eine Erbenstellung kreiert wurde und dass eine echte Erlebensbedingung vorliegt. Die Enkel sollten nämlich aufgrund der ausgestellten Urkunde den Nachlass, den der Großvater hinterlassen wird, mit ihren Onkeln gleich teilen. Sie sollten also wie ihr verstorbener Vater an dessen Stelle mit dessen Brüdern Erben sein: Quicquid in jam dicto loco genitor vester et filios meos illos et illa dividere et exsequare deberet, vos quoque, nepotes mei, per hanc affatimum post (diem) obitus mei dividere (et) exsequare faciatis. Es ist erkennbar, dass der Großvater den Enkeln kein sichereres Recht einräumen wollte, als seinen verbliebenen Söhnen und dass die Erwerbsaussicht der Enkel ebenso wie die der verbliebenen Söhne sich nur auf den zum Zeitpunkt des Todes des Großvaters noch vorhandenen Nachlass beziehen sollte. Während seines Lebens begab sich der Großvater also in keiner Weise seiner alleinigen Verfügungsbefugnis, ein Recht der Enkel am Vermögen entstand nicht. Die Richtigkeit dieser Überlegung zeigt auch das anschließende Formular Nr. 25 der Formulae Salicae Merkelianae. Merkels Formular Nr. 24 zeigt darüber hinaus auch noch, dass sich der Rechtsbegriff Affatomie in der fränkischen Rechtspraxis des 8. Jh. auch für die Urkunde, mit der eine solche Affatomie vorgenommen wurden, etabliert hat. 361

Für Otto v. Gierke handelte es sich bei diesem Formular um einen Beleg für den „siegreichen Kampf, den mit den Waffen eines veränderten Rechtsbewußtseins die Söhne vorverstorbener Söhne gegen ihre vom alten Recht ausschließlich berufenen Oheime um den Nachlass des gemeinsamen parens führten “ – GIERKE, in: ZRG 12 (1876), S. 430, 445. Zum Problem BECHER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 301 ff. Er stellt (S. 306 f.) fest, dass die LSal sich weder für noch gegen ein Eintrittsrecht der Enkel ausspricht.

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Anderenfalls hieße es im Text nicht mehrfach per hanc affatimum oder contra hanc affatimum. Die ausgestellte Urkunde war die Affatomie, ebenso wie das beurkundete Geschäft eine Affatomie war. Es fehlt auch nicht die Motivationsgeschichte für die Vornahme der Affatomie und insbesondere für die Ausstellung der Affatomieurkunde – sie diente der Rechtssicherheit und sie sollte vor allem Einwendungen von weiteren Erben gegen die nach dem Willen des Großvaters eintretende volle Beteiligung der Enkel am Nachlass des Großvaters ausschließen: Illud etiam in hanc affatimum conscribere rogavimus, ut si fuerit aliquis de heredibus meis propinquos avunculos vestros, aut de aliis heredibus, vel quislibet in eorum causas, nulla calumnia nec repetitione generare non praesumat, sed jure firmissimo in omnibus habeatis potestatem faciendi, tenendi, dandi, commutandi, vel quicquid exinde facere elegeritis, liberam in omnibus perfruatur potestas faciendi. Das Formular ermöglicht schließlich eine Stellungnahme zur Frage der Existenz der gewillkürten Erbfolge im merowingischen Recht. Der Verfügende traf hier eine Auswahlentscheidung. Er stellte seinen erbberechtigten Söhnen seine nicht erbberechtigten Enkel an die Seite. Damit erweiterte er den Kreis seiner Erben um Personen, die nach seinem Tod als Verwandte kein Erbrecht hatten. Die Überlegung, es handele sich hierbei um echte gewillkürte Erbfolge, wird nur dadurch abgemildert, dass die Enkel keine nichtverwandten, fremden Personen sind. Gleichwohl bleibt die Auswahl des Großvaters innerhalb eines nicht auf die nächsten Verwandten beschränkten Personenkreises als rechtstatsächliches Faktum erhalten. Aus diesem Grund ist die Frage nach der Existenz der vermögensrechtlich strukturierten, gewillkürten Erbfolge im (noch merowingischen) Recht bereits des 8. Jh. zu bejahen. b) Formulae Salicae Merkelianae 25. Gleichfalls ein affitimum behandelt das nächste Stück der Sammlung Merkels: Item Affi t im um. Dulcissimo nepote meo, ego ille. Dum et mihi senectus adgravat, et necessitates meas procurare non valeo, et cum in necessitatibus meis solacium praehibere non desistis, die et nocte deservire non cessas, ideo in bonitate et respectu servitii tui, quod circa me desudas, dono tibi mansum meum, in loco nunccupante illo, in pago illo, in centena illa, et de meo jure in tua transfundo dominatione et potestate, absque consortio fratrum tuorum vel filiis meis avunculis tuos, quicquid ibidem usque nunc habere videor, totum et ad integrum a die praesente tibi dono atque transfundo.362

Dieses Formular liefert das logische Gegenstück zu dem Geschäft, das mit Nr. 24 beurkundet werden konnte. Auch hier wieder handelte ein – offenbar dem Tode naher – Großvater zugunsten eines Enkels, der wegen der Existenz von Onkeln nicht erbberechtigt war, der allerdings den Großvater Tag und Nacht ohne nachzulassen gepflegt hatte: die et nocte deservire non cessas. Allerdings konnte mit einer an Nr. 25 angelehnten Urkunde dem Enkel sofort 362

MGH LL Form., S. 251 (Edition ZEUMER).

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ein Recht am Vermögen des Verfügenden eingeräumt werden. Es heißt im Formular, dass das Grundstück des Großvaters aus dessen Recht in das des Enkels übergehen solle – de meo jure in tua transfundo dominatione et protestate – und zwar ab dem heutigen Tage: a die praesente tibi dono atque transfundo. Die sofortige Übertragung des Rechts an einem bestimmten Grundstück passt zum gesamten motivierenden Umfeld als Belohnung für die Pflege des Alten, der, dem Tode nahe, über das Grundstück sicher nicht mehr anders verfügen wollte und deswegen kein Interesse mehr an einer verbleibenden Verfügungsmacht hatte. Wie schon beim Normtext von Tit. 46 LSal und Tit. 48 LRib festgehalten, eignete sich die Affatomie daher sowohl zur Vornahme von lebzeitigen, als auch von erlebensbedingten Verfügungen. c) Formulae Salicae Lindenbrogianae 75. Nr. 75 der Formularsammlung Lindenbrogs363 bietet ein Formular für die Bestellung einer dos, die sich auf Grundbesitz, Vieh, Fahrhabe und Geld erstreckt, zugunsten der Ehefrau. Die hierzu vorzunehmende Verfügung war nicht erlebensbedingt. Vielmehr handelte es sich um eine sofortige Übertragung eines Rechts am Vermögen des Mannes: […] Idcirco per hanc epistolam, libellum dotis, sive per fistucam atque per andelangum, dono tibi et donatum in perpetuum esse volo, id est in pago illo […], hoc est mansos tantos cum hominibus ibidem commanentibus vel aspicientibus […] vel quicquid in ipso loco mea videtur esse possessio vel dominatio, rem inexquisitam, totum et ad integrum, sicut superius dixi, dono trado tibi atque transfirmo. Insuper etiam dono tibi in pecoribus […] capita tanta; dono siquidem tibi in fabricaturis, id est inter auro vel argento solidos tantos valente; in ea vero ratione, ut hec omnia superius nominata, quando quidem dies nuptiarum evenerit, et nos Deus insimul coniunxerit, tu, dulcissima sponsa mea nomine illa, ab ipso die hoc habeas, teneas atque possedeas, vel quicquid exinde facere volueris, liberam hac firmissimam in omnibus habeas potestate […].

Die aufgenommene Bedingung war eine Befristung, keine Erlebensbedingung. Die Frau sollte die betreffenden Vermögensstücke am Tag der Hochzeit erhalten. Der Ehemann behielt hieran zu seinen Lebzeiten nichts zurück. Der Begriff der Affatomie wurde hier vermieden, es stand ein speziellerer Begriff – dos – zur Verfügung. Neben der festuca erscheint der andelang als Symbol der Übergabe. Eine unbefristete, sofort wirksame (seu me vivente seu defuncto) Verfügung zugunsten der Ehefrau und der eventuellen gemeinsamen Kinder ist auch aus den dem letzten Drittel des 9. Jh. angehörenden St. Galler Formeln bekannt. 364 Auch hier wird nicht von einer Affatomie gesprochen.

363 364

MGH LL Form., S. 271 f. (Edition ZEUMER, dort Nr. 7). MGH LL Form., S. 338 (Edition ZEUMER).

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(9) Formulae Augienses Nr. 25 Ein auf 843 datiertes Formular einer Reichenauer Formularsammlung betrifft wieder, wie schon Nr. 75 der Lindenbrogianae, eine Ehegabe. Sie wird hier deswegen aufgeführt, um im Unterschied zu diesem Formular zu zeigen, dass die dos nicht immer einen Vollrechtserwerb beinhaltete, sondern dass die Praxis des 9. Jh. die Leibgedingeverfügung kannte, aufgrund derer die begünstigte Ehefrau am Gegenstand der Verfügung sofort einen lebenslangen Nießbrauch erhielt. L i b e l l u m d o t i s . […] Do manu potestativa in pago nuncupante ill., in villa, que vocatur ill., curtem clausam cum ceteris edificiis, cum terra salice, id est iurnales tantos, pratas ad carradas tantas et mancipia nominata tantos et hobas tantas, cum agris […] ut a die presente habeas, teneas atque possideas. In ea videlicet ratione, ut, quamdiu vixeris, easdem res sub usu fructuario habeas; post obitum vero tuum ipse res in meam revertantur potestatem vel ad meos heredes legitimos, si me supervixeris. [Sanktion]. Haec vero donatio firma et stabilis permaneat cum stipulatione subnixa. Actum […].365

Auch hier wird der Begriff Affatomie vermieden. Als fränkisches Formular erkennbar wird es durch den Verweis auf die terra salica. Da die Frau von dieser terra salica nach Tit. 59,6 LSal und Tit. 56, 4 LRib nichts erhalten konnte und das mit dem vorliegenden Formular auch nicht – entsprechend Markulf II, 12 – abgeändert werden sollte, konnte der Frau immerhin ein lebenslanges Nutzungsrecht366 eingeräumt werden. Nach ihrem Tod fiel der Verfügungsgegenstand daher wieder an den Mann, oder, falls die Frau ihn überlebte, an seine nächsten Erben zurück. Das Formular ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Praxis dem Verfügenden eine Vielzahl von Möglichkeiten bot, ihm nahestehende Personen nach seinem Tod an seinem Vermögen zu beteiligen.

2. Ergebnis Die Formulare zeigen, welche Modalitäten die Rechtspraxis für lebzeitige und für erlebensbedingte Verfügungen herausgebildet hatte. Sie belegen zunächst, dass Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände, aber auch über Vermögensquoten oder ganze Vermögen, die im Privatrechtsverkehr vorgekommen sein müssen, sowohl in Urkunden, die sich an die Gewohnheiten der gallo-römischen Notariatspraxis anlehnten, als auch in eigenständige, nicht römisch beeinflusste Urkunden gefasst werden konnten. Die Formulare bele365 366

MGH LL Form., S. 358 (Edition ZEUMER). Spätmittelalterlichen Quellen verwenden hierfür den Terminus „Leibgedinge “.

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gen weiterhin, dass auch die Rechtspraxis die Nachfolge in das Vermögen einer Person nicht personenrechtlich, sondern vermögensrechtlich dachte. Hinsichtlich des Vermögens als Gegenstand der Verfügung unterschied die Formularpraxis zwischen dem selbst erworbenen und dem ererbten Gut. Bei Widersprüchen, die sich mit den römischen Formen auftaten, ging wahrscheinlich der nichtrömische Inhalt vor. Die Formulare zeigen darüber hinaus, dass es merowingischen Erblassern einerseits möglich war, durch eigene freie Entscheidung rechtliche Gestaltungserfolge zu erzielen, die den Wertungen der (überlieferten) normativen Rechtsquellen widersprachen, dass es aber andererseits auch möglich war, privatvertragliche Ergebnisse herbeizuführen, die das (rheinfränkische) Volksrecht abstrakt vorsah. Die Formulare sind so ein Beleg dafür, dass insbesondere die LRib (jedenfalls was das Thema dieser Untersuchung angeht) dem wirklich geübten Recht nicht widersprach, sondern es abbildete. Das betrifft nicht nur die generelle Möglichkeit, von Todes wegen zu verfügen, sondern auch den Umstand, dass Mitwirkungsrechte potenzieller Erben des Verfügenden im Recht des frühen Mittelalters nicht als Wirksamkeitsvoraussetzungen für Verfügungen bestanden haben: Den Formularen war der Erbenlaub ebenso fremd wie den normativen Rechtsquellen. Darüber hinaus zeigt die mehrfache, und für unterschiedlich ausgestaltete Verfügungen verwendete Terminologie (Affatomie, affitimum) in den leges, den Kapitularien und den Formelsammlungen, dass die Affatomie tatsächlich lediglich den Oberbegriff für Verfügungen abgab und sowohl sofort wirksame als auch erlebensbedingte Gestaltungen ermöglichte. Damit ist die Übersicht über die einschlägigen Formulare abgeschlossen. Im zweiten Schritt der Rechtstatsachenuntersuchung ist nun auf die Urkunden einzugehen. Hierzu sind einige Vorbemerkungen vonnöten.

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III. Empirische Rechtsquellen: Urkunden Für die Rechtstatsachenforschung bietet das frühmittelalterliche fränkische Reich zwar Urkundenmaterial, jedoch kein so breites Urkundenmaterial, dass es einer statistischen Bearbeitung zugänglich wäre. Die im folgenden erläuterten Urkunden sind Einzelüberlieferungen, die einen Rückschluss auf ein üblicherweise im privaten Rechtsverkehr gewähltes Geschäft nicht ohne Weiteres möglich erscheinen lassen. Zu beachten ist auch, dass die erhaltenen Urkunden im Regelfall Urkunden sind, die kirchliche Einrichtungen begünstigen und dort aufbewahrt wurden. 367 Eine Urkunde, die z. B. Markulf II, 12 oder Nr. 42 Cartarum Senonicarum mit konkret handelnden Personen auffüllen würde, ist nicht überliefert – was nicht verwundert, konnte doch die Kirche keine Erbtochter abgeben. Hinzu kommt, dass es sich bei den Ausstellern der Urkunden in vielen Fällen um hoch- und höchstgestellte Persönlichkeiten im Reich der Merowinger oder der Karolinger handelt. Verständlicherweise sind Urkunden solcher Aussteller in den einschlägigen, fast ausschließlich klösterlichkirchlichen Traditionsbüchern und Archiven aufbewahrt worden. Schriftlich niedergelegte und im Bestreitensfall durch Vorlage von Urkunden bewiesene Verfügungen (von Todes wegen) erscheinen so zugespitzt heute als ein Privileg einer herrschaftsnahen oder herrschenden Führungsschicht des Merowinger- bzw. Karolingerreiches bei der von einem politischen Willen getragenen Vergrößerung der wirtschaftlichen Macht der katholischen Kirche. Dabei kann und wird die konkrete Kirche schon bei der Abfassung der Urkunde durch Stellung des Notars oder durch Einwirkung von klerikalen Beratern sowohl Inhalt als auch Form des Geschäfts beeinflusst haben. Mitteis/Lieberich haben in diesem Zusammenhang von der verfälschenden Wirkung der überwiegend kirchlichen Herkunft der früh- und hochmittelalterlichen Quellen gesprochen.368 Deswegen kann die folgende Untersuchung auch nicht ein Standardgeschäft – etwa die Standardaffatomie – rekonstruieren. Im Gegenteil: Die merowingische und karolingische Einzelüberlieferung von Zuwendungen hoher Adeliger an kirchliche Institutionen enthält gerade keine exemplarische, wortlautgetreue Affatomie nach LSal oder LRib. Insbesondere zur Affatomie nach LSal und zur körperlichen traditio nach LRib lässt sich formulieren, dass diese zentral auf das unschriftliche Verfahren in der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgerichtete Prozeduren sich in Urkunden nicht niederschlagen konnten – welchen Sinn sollte es gemacht haben, eine vollzogene Affatomie nach Tit. 367

368

So auch S PRECKELMEYER, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 91, 96 und B RÜHL, Studien zu den merowingischen Königsurkunden, S. 43: „Laienarchive – soweit sie überhaupt bestanden – überdauern die Jahrhunderte nun einmal schlechter als Kirchenarchive: allenfalls die Archive fürstlicher und königlicher Häuser haben eine gewisse Überlebenschance. “ MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 11.

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46 LSal im Anschluss an Schöffengericht, Gastmahl und Grafengericht auch noch schriftlich auf Pergament festzuhalten? Hieraus nun aber wieder den Schluss der Ineffektivität der normativen Quellen zu ziehen, ist vor allem deswegen und auch angesichts der hochgradigen Spezialität der überlieferten Urkunden unangebracht. Die vorliegenden einzelnen, beurkundeten Rechtsgeschäfte stellen noch nicht einmal die Spitze der Spitze des Eisberges des statt gehabten, unschriftlichen Rechtsalltages dar: Der Einblick, den die heute noch vorhandenen Urkunden gewähren, ist in unbekanntem Ausmaß getrübt. Die Verluste sind enorm, mit „Sicherheit sind nur Bruchteile von Prozent überliefert“. 369 Auch in Bezug auf das hier gewählte Thema dürfte es einen merowingischen Rechtsalltag gegeben haben. Schon Gregor v. Tours unterrichtet darüber, dass im 6. Jh. Testamente – so seine Begriffswahl – vorgekommen sind, allerdings bleiben Ausmaß und konkreter Inhalt dieser Rechtsgeschäfte unklar. Wahrscheinlich meint aber auch Gregor schriftlich niedergelegte Geschäfte. So berichtet er aus Anlass des Todes König Chilperichs 584, dass dieser fortwährend zugunsten der Kirche errichtete Testamente vernichtet habe370 und sogar die Anordnungen seines Vaters missachtet habe:371 „Haec agens, adsiduae testamenta, quae in eclesias conscripta erant, plerumque disrupit, ipsasque patris sui praeceptiones, potans, quod non remanerit, qui voluntatem eius servaret, saepe calcavit. “

Gregor kannte auch einzelne, sicher wieder schriftliche Testamente, z. B. das Testament des Bischofs Maracharius v. Angoulême in Aquitanien, 372 ein Testament des Bischofs Nicetius v. Lyon (vor April 573)373 das Testament eines Wiliulf, Bürger von Poitiers,374 oder den letzten Willen der Königin Ingoberga, der Witwe König Chariberts, bei dessen Formulierung durch Ingoberga und einen herbeigerufenen Notar er selbst beteiligt war, 375 oder er schildert, wozu Verwandte in der Lage waren, wenn sie fürchteten, ihr Verwandter werde sein Vermögen der Kirche hinterlassen:376

369 370 371

372 373 374 375 376

B RÜHL, Studien zu den merowingischen Königsurkunden, S. 49. Eine frühe Klage über ein Phänomen, das im Hochmittelalter als Spolienrecht des weltlichen Herrschers die Gemüter erhitzte? G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum VI, 46 Satz 13. Nachdem Chilperich ermordet worden war, ordnete König Guntchram die Wiederherstellung der missachteten Testamente an, DERS., Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum VII, 7 Satz 8. G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten I, Historiarum V, 36. Vgl. SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 583. G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum IX, 13 Satz 5 (588). G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum IX, 26 Satz 2 (589). G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum VI 13 – Schilderung aus dem Jahre 581.

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Lupus urbis Turonicae civis, cum, uxore perdita ac liberis, clericatum expeteret, a fratre Ambrosio prohibitus est, timens, ne heredem institueret Dei ecclesiam, si ei coniungeretur. Rursumque illi uxorem providit et diem, in quo ad disponsalia donanda coniungerent, malesuadus frater indixit […].377

Neben solchen nebenbei mitgeteilten Sätzen wartet Gregor aber auch noch mit der Schilderung von Vereinbarungen zwischen verschiedenen Merowingerkönigen auf. Er schildert einerseits einen von Bischof Egidius v. Reims eingefädelten Vertrag zwischen Chilperich und Childebert. Diese Vereinbarung kam zustande angesichts des von Onkel und Neffen geplanten Überfalls auf das Teilreich König Gunthchrams:378 „Denique cum apud eandem villam [Nogent-sur-Marne] commoraretur, Egidius Remensis episcopus cum primis Childeberthi proceribus in legationem ad Chilpericum regem venit; ibique conlocutione facta, ut, ablato Gunthchramni regis regno, hi se coniungere debeant in pace, ait Chilpericus rex: ‘Filii mihi, peccatis increscentibus, non remanserunt, nec mihi nunc alius superest heres nisi fratris mei Syghiberti filius, id est Childeberthus rex, ideoque in omnibus quae laborare potuero hic heres existat; tantum dum advixero liceat mihi sine scrupulo aut disceptatione cuncta tenere’. At illi gratias agentes, pactionibus subscriptis, ea quae locuti fuerant firmaverunt et ad Childeberthum cum magnis muneribus sunt regressis. Quibus discedentibus, Chilpericus rex Leudovaldum episcopum cum primis regni sui dirixit [ad Childeberthum regem]. Qui, data susceptaque de pace sacramenta pactionibusque firmatis, munerati regressi sunt. “

Andererseits berichtet Gregor auch noch von einer Vereinbarung zwischen Gunthchram und Childebert aus dem Jahre 584:379 „Post haec rex Gunthchramnus, data in manu regis Childeberthi hasta, ait: ‚Hoc est indicium, quod tibi omne regnum meum tradedi. Ex hoc nunc vade et omnes civitates meas tamquam tuas proprias sub tui iuris dominatione subice. Nihil enim, facientibus peccatis, de stirpe mea remansit nisi tu tantum, qui mei fratris es filius. Tu enim heres in omni regno meo succede, ceteris exheredibus factis.’ “

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Lupus, der Frau und Kinder verloren hatte, wollte Geistlicher werden. Sein Bruder Ambrosius, der fürchtete, Lupus werde dann die Kirche zur Erbin einsetzen, hinderte ihn daran: Voll üblen Rats besorgte er ihm eine neue Ehefrau und setzte den Tag fest, an dem man zur Übergabe der Brautgeschenke zusammen kommen wollte. Ambrosius’ Furcht und Lupus’ Plan zerschlugen sich aber im wahrsten Sinne des Wortes: Der Geliebte der Frau des Ambrosius erschlug beide Brüder vor der neuerlichen Hochzeit. G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum VI, 3. In Historiarum X, 19 wird erzählt, dass dieser Vertrag durch Egidius v. Reims ohne Childeberts Wissen und Wollen abgeschlossen worden sei. Egidius wurde auf der Synode zu Verdun 590 vom inzwischen volljährigen König Childebert als Landesverräter angeklagt, exkommuniziert und nach Straßburg verbannt – immerhin erwirkten die Bischöfe aber Egidius’ Leben. G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum VII, 33, Satz 5.

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Nun kommt es nicht darauf an, den Wahrheitsgehalt der Beobachtungen Gregors und die Frage zu überprüfen, ob Gregor bei der Wiedergabe eines Vorganges zeitgenössische rechtlich relevante Begriffe verwendet hat.380 Ebenso wie auf der Aussage Tacitus’ kein systematisches Gebäude errichtet werden darf, so sollte auch der Aussage des Chronisten Gregor nicht mit juristischem Auslegungsinteresse begegnet werden. In der Schilderung Gregors von der Übergabe eines Stabes oder Speeres von Gunthchram an Childebert sollte nicht der empirischen Nachweis einer Affatomie und in der Abrede zwischen Chilperich und Childebert nicht eine echte Erbeinsetzung381 erblickt werden. Immerhin steht fest, dass es die fraglichen Geschäfte auch im Reich der Merowinger gegeben hat. Hinzu kommt der von vornherein unschriftliche Rechtsverkehr in Dörfern, Städten und Grafschaften. Es kommt auch nicht darauf an, anhand der hier behandelten Urkunden den typischen Urkundenaufbau382 (Protokoll – Kontext – Eschatokoll mit ihren Untergliederungen383) zu rekonstruieren und an Besonderheiten, Abweichungen und Übereinstimmungen anzuknüpfen.384 Ebenso wenig kann hier mit guten Argumenten in die Diplomatikerdebatte über echte und gefälschte Urkunden eingegriffen werden. Obwohl die Editionen von Jean Marie Pardessus und Karl Pertz in dieser Hinsicht schweren Angriffen ausgesetzt sind, unter denen nicht wenige der seinerzeitigen Ergebnisse zusammengebrochen sind,385 war bei der folgenden Auswahl (insbesondere in Ermangelung einer neuen Edition der von Pardessus gedruckten Urkunden und bei den Hausmeierurkunden) auf diese zurückzugreifen. 380

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Dies unterstellt läge eine Erbeinsetzung nicht vor – der Begünstigte war der einzige noch vorhandene Erbe. Der Verfügende wendete dem Begünstigten vielmehr sein gesamtes, zukünftiges Vermögen zu, behielt sich aber zeitlebens die volle Verfügungsgewalt vor. Eine solche könnte immerhin aus G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum IX, 35: Beretrudis vero moriens filiam suam heredem instituit (588/89), entnommen werden – nur ist hier frei formuliert und kein Urkundentext wiedergegeben worden. Gleiches gilt für eine Anordnung eines Aredius v. Limoges, die in Historiarum X, 29, Abs. 5, S. 2 erwähnt wird. Allgemein S PIEGEL, Art. Urkunde, in: LexMA VIII, Sp. 1301 f.; speziell N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 58-108. Zum Protokoll gehören Invocatio, Intitulatio (u. U. mit Devotio), Inscriptio und manchmal Salutatio. Das Protokoll gebe ich bei den einzelnen Urkunden stark gekürzt wieder. Der Kontext gliedert sich in Arenga, Promulgatio, Narratio, Dispositio und Sanctio nebst Corroboratio. Der rechtlich relevante Kern, die Dispositio, wird hier regelmäßig ungekürzt wiedergegeben. Kürzungen betreffen v. a. die Arengen, Promulgationen und Narrationen, und die Sanktionen und Corroborationen. Zum hier ebenfalls stark gekürzten Eschatokoll zählen die Unterschriften und die Datierungsvermerke. Verwiesen sei allgemein auf BRUNNER, Zur Rechtsgeschichte der römischen und germanischen Urkunde I, S. 217 ff. (hier behandelte Brunner die fränkische carta). Vgl. B RÜHL, Studien zu den merowingischen Königsurkunden, S. 1-49 m. w. N. und K ÖLZER, in: MGH DD M 1 (Edition K ÖLZER), S. XI.

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Vielmehr soll es darum gehen, anhand der überlieferten Einzelurkunden die in der Einleitung genannten rechtstatsächlichen Einzelfragen des Erbrechts zu klären und jeweils abzugrenzen, ob die betreffende Urkunde (immer vorausgesetzt, sie stammt tatsächlich aus der Zeit, in die sie datiert wurde) die spätrömische386 oder eine andere Rechtslage widerspiegelt. Die dabei einzukalkulierenden Mängel (insbesondere eventuelle, hier nicht erkannte Fälschungen) müssen in Kauf genommen werden – sind doch die Urkunden der einzige Zutritt zu einer ansonsten bis in das späte Mittelalter unschriftlichen Welt. Außerdem halten sich Fälschungen meist an eine echte Urkunde als Textvorlage. Mag so eine individuelle Fälschung vorliegen, werden doch oft die richtigen Rechtsformen und -inhalte verwendet. Bei der Übersicht über die einschlägigen Urkunden und über die diese Urkunden bislang thematisierende Literatur fällt auf, dass sich eventuell zeitliche Zäsuren setzen lassen. Die bisherige historische Literatur scheidet die Urkunden chronologisch in zwei große Gruppen: einerseits in die von Ulrich Nonn so genannten merowingischen Testamente387 und andererseits in die zeitlich nachfolgenden Verfügungen des 8. und 9. Jhs., die wohl als karolingische Verfügungen bezeichnet werden könnten. Diese Zäsur geht zurück auf die Arbeit von Nonn388 und sie wurde aufgenommen von Brigitte Kasten, die sich mit den karolingischen Verfügungen auseinandergesetzt hat. 389 Mit dieser grundsätzlich chronologisch vorgehenden Methode entsteht tatsächlich der Eindruck, als habe sich das römische Testamentsrecht spätestens im 8. Jh. aus den Urkunden verflüchtigt. Diese zeitliche Zäsur und auch die ihr zu Grunde gelegte Terminologie soll in der folgenden systematisch-chronologischen Darstellung nicht weiterverfolgt werden. Das hat folgende Gründe. Die frühesten überlieferten und von Nonn bearbeiteten Verfügungen stammen aus dem 6. Jh. n. Chr. Sie sind mithin zu einer Zeit aufgesetzt worden, zu der – wovon die Rechtsgeschichte seit den nicht mehr widerlegten Arbeiten Karl August Eckhardts auszugehen hat – die ersten Fassungen der LSal bereits abgefasst und im Umlauf waren. 390 Der politische Machtwechsel von den Merowingern über die Hausmeier zu den Karolingern, der sich im 8. Jh. vollzog, hatte auf das normative Recht nach dem, was über die unter-

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Einige Grundzüge bei S CHMIDT-RECLA, in: DILCHER/DISTLER (Hrsg.), Leges – Gentes – Regna, S. 461, 466-470. Aus den in Kap. 1, II dargelegten Gründen wird im Folgenden auch der Begriff Testament nicht weiter verwendet. Er führt – insbesondere in Zeiten paralleler Existenz von spätrömischem Breviar und fränkischer lex – in die Irre. N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1-128. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236-338. Sie steigen noch dadurch in ihrem Überlieferungswert, als die auf die Merowingerkönige des 6. Jh. ausgestellten Königsurkunden heute allesamt als Fälschungen erkannt sind; vgl. B RÜHL, Studien zu den merowingischen Königsurkunden, S. 49.

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schiedlichen Handschriftenklassen der LSal bekannt ist, kaum nennenswerten Einfluss. Diese Kontinuität ist insbesondere bei der Affatomieregel zu beobachten. Die textlichen Änderungen, die die unterschiedlichen Handschriftenklassen zur Affatomie bringen, sind inhaltlich zu vernachlässigen. Es gibt daher für das Recht der Verfügungen (von Todes wegen) keinen aus dem vorhandenen Normenbestand ableitbaren Grund, zwischen merowingischem und karolingischem Recht zu unterscheiden. Auch die Urkundenpraxis liefert einen solchen Grund nicht in materieller Hinsicht, wie sich aus der folgenden Untersuchung ergeben wird. Demgegenüber kann der für die zeitliche Trennung vor allem angeführte und von Nonn herausgearbeitete formale Grund nicht genügen. Nonn hat herausgefunden, dass sich die überlieferten Urkunden in der Merowingerzeit (noch) in unterschiedlich starkem Ausmaß an der formalisierten römischen Testamentspraxis orientiert haben.391 Nun mag es zwar sein, dass auch Verfügungen, die von Franken vorgenommen wurden, sich aus welchen Gründen auch immer392 für eine gewisse Zeit an der spätrömischen Praxis und an einzelnen Anordnungen des CT orientiert haben.393 Keineswegs ist es aber so, als seien Verfügungen von Todes wegen danach nicht mehr vorgenommen worden und als sei die spätrömische Formularpraxis nicht schon zuvor durch neue, nichtrömische Elemente durchbrochen bzw. mit ihr vermischt worden.394 Gerade deswegen ist solchen Verfügungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen, bei denen Form und Inhalt auseinanderfallen. Solche Verfügungen kamen aber auch noch gegen Ende des 8. Jhs. vor und sie zeigen, dass das Verschwinden der römischen Form – anders als das Verschwinden des römischen Inhalts – ein zeitlich gestreckter Vorgang war.395 Statt dessen soll die einschlägige Überlieferung nach systematischen Gesichtspunkten geordnet werden. Dies ist auch mehr als die von Spreckelmey-

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N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 3: „Das stark formalistische römische Testament hat die Merowingerzeit nicht überlebt; die Reihe der überlieferten Stücke endet mit dem Jahre 739. “ – gemeint ist die Urkunde des Abbo zugunsten des Alpenklosters Novalese. In Betracht kommt vor allem die Fortexistenz des römischen Verwaltungsapparats auch nach dem Zusammenbruch der römischen Zentral- bzw. der letzten römischen Partikularmacht in Gallien. So wird sich in den einzelnen ehemaligen Komitaten Galliens in unterschiedlicher Weise und zeitlicher Ausdehnung eine ganz bestimmte Notariatpraxis fortgesetzt haben, die erst allmählich von der überlagernden fränkisch-merowingischen Oberschicht besetzt und überformt worden sein wird. „Mischrecht “ setzt sich sogar bis in die Begründungen und die dispositiones einzelner Urkunden hinein durch – vgl. unten die Urkunde der Burgundofara. Dass fränkische Eigenheiten das römische Testamentsformular „wie Fremdkörper stören “, können nur Puristen beklagen; so SPRECKELMEYER, in CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 91, 104. „Langes Weitersterben “ nach AUBIN, Grundlagen und Perspektiven, S. 223, 235.

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er vorgeschlagene396 und von Kasten begrüßte397 „Erweiterung des römischen Testamentsbegriffs um die durch germanische Rechtsauffassungen und christliche Lebensdeutung beeinflussten letztwilligen Verfügungen“: Im Sinne der oben erläuterten, ohne das Testament als Grundbegriff und ohne das Kriterium der Letztwilligkeit arbeitenden Terminologie lassen sich die einzelnen Geschäfte zunächst danach unterscheiden, ob die betreffende Verfügung das gesamte Vermögen des Verfügenden erfasste oder ob sie lediglich einzelne Vermögensteile betraf. Diese Unterscheidung ist fundamental, sie ist gegenständlich – d. h. nicht rechtlich aufgeladen –, und sie ist auch das Differenzierungskriterium in den hoch- und spätmittelalterlichen Stadt- und Schöffenbüchern. Auch die Urkunden des Frühmittelalters lassen sich so unterscheiden. Jede dieser beiden Hauptgruppen ist teilbar in Verfügungen, die sofort wirksam waren, und solche, die erst mit dem Überleben des Verfügenden durch den Bedachten wirksam werden sollten. Diese wenigen Unterscheidungskriterien reichen aus, um das Urkundenmaterial zu ordnen. Erst innerhalb dieser einzelnen Gliederungsschritte sind die Urkunden chronologisch angeordnet. 398 Es muss noch ergänzt werden, dass auch hier nicht alle jemals edierten Verfügungsurkunden erfasst und ausgewertet werden konnten. Historiker werden dieses Manko sofort bemerken.399 Die hier gegenständlichen Urkunden sind insofern exemplarisch, als sie den maßgeblichen Hauptsammlungen entstammen400 und oft bereits in der Literatur diskutiert worden sind. Jede einzelne dieser Verfügungen verdiente eine spezielle juristische Untersuchung. Das Interesse konzentrierte sich bisher nur auf wenige Urkunden, die daher besser untersucht sind als andere.401 Eine solche Einzeluntersuchung der Urkunden kann aber hier nicht gegeben werden.

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SPRECKELMEYER, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 113. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 243 f. Zwangsläufig erscheinen so die charakteristischen Verfügungen über Vermögensgesamtheiten, die im 6. und 7. Jh. die Abgrenzung zwischen spätrömischem und fränkischem Recht herausfordern, erst später in der Untersuchung. Das liegt aber eben am Wechsel von einer chronologischen hin zu einer systematischen Darstellung. Nennungen und Erörterungen weiterer (Schenkungs-) Urkunden z. B. bei K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236 ff. und bei SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 582 ff. Vornehmlich den beiden Bänden von P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges. Bekannter und infolgedessen eingehender behandelt sind etwa die Urkunden von Burgundofara, Fulrad v. St. Denis und Eberhard v. Friaul.

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1. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände (1) Verfügungen ohne Erlebensbedingung In allen folgenden Urkunden ist keine Rede davon, dass die beurkundeten Verfügungen in ihrer Wirksamkeit daran gekoppelt waren, dass der Zuwendungsempfänger den Verfügenden überlebte. Im Gegenteil lässt sich den meisten der folgenden Urkunden entnehmen, dass es sich bei den Beurkundungen um Schenkungen handelte, die sofort wirksam waren und die in den meisten Fällen auch sofort vollzogen worden sind. Besonderer Wert ist jeweils auf die genaue Bezeichnung der Urkunde oder des beurkundeten Geschäfts zu legen. Es zeigt sich hieran eine einigermaßen feststehende Urkundenpraxis, die wegen ihrer Terminologie nicht zu Missverständnissen führen darf. Die hier ausgewählten Urkunden werden wegen ihres exemplarischen Charakters bzw. wegen der aus den einzelnen Urkunden möglicherweise entstehenden Zweifel in Bezug auf ihre rechtliche Einordnung vorgestellt. a) Urkunde Ermemberts und Ermenoaras. Zugunsten der Kirche verfügten ein Ermembert und seine Frau Ermenoara im Jahre 632:402 […] ego […] Ermenbertus, ejusque matrona Ermenoara. [Lohnarenga 403 pro animae nostrae remedio]. Idcirco donamus […] a die presenti, hoc est locella […], quod portio nostra est, in supradicta locella, tam de allodo patrum nostrorum vel undecumque ad nos ibidem pervenit, aut inantea pervenire potest […] hoc totum sancto Benigno […] damus, ita ut a presenti die nomine recipiant, habeant, dominentur, possideant, vel quicquid exinde actores ipsius ad profectum sancti Benigni suisque servientibus facere voluerint, liberam ac firmissimam […] in omnibus exinde habeant potestatem, ut ipsi monachi, vel pauperes ibidem consistentes, pro nobis peccatoribus, Domini debeant misericordiam deprecare. [Sanktion, Stipulation] Actum […].

Diese erste hier zu nennende Urkunde liefert ein Muster für eine lebzeitige Verfügung über Einzelgüter, die den verfügenden Ehegatten als Erbgut zugefallen sind, an die Kirche. Es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Verfügung sofort, ab dem gegenwärtigen Tage wirksam sein sollte (donamus die presente). Die Kirche erwarb mithin lebzeitig und schenkweise – richtig wird das beurkundete Rechtsgeschäft auch als donatio bezeichnet. Obwohl über Gut verfügt wurde, das die beiden jetzt Verfügenden früher von Todes wegen 402 403

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 256, S. 14 f. Der Aussteller erklärte, zu seinem Seelenheil oder zur Vergeltung seiner Sünden zu verfügen und verband dies mit der Aufforderung an die Kleriker der begünstigten kirchlichen Einrichtung, für dieses sein Seelenheil zu beten. Vgl. zum Begriff (Lohn-) Arenga FICHTENAU, Art. Arenga, in: LexMA I, Sp. 917 f. Vgl. zum Zweck der Zuwendung (Erlangung des Seelenheiles) auch S PRECKELMEYER, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 91, 108.

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erworben haben (es ist ihnen von ihren Eltern zugefallen), wird in der Urkunde kein Bezug auf die Zustimmung etwa erbberechtigter Verwandter der beiden Verfügenden genommen. Ob es solche Verwandten gegeben hat, muss offen bleiben. b) Urkunde des Grafen Wulfaud. Nicht anders verfügte Graf Wulfaud im Jahre 675 zugunsten der Kirche v. St. Michel (in Verdun):404 […] ego Vuolfaudus comes […] dono per hoc testamentum, ad monasterium […] donatumque esse volo in perpetuum: hoc est, villam […], totum et ad integrum […] donamus per hoc testamentum ad monasterium […], ad diem præsentem, ut ipsi monachi qui ibi sunt habeant, teneant, possideant libere, et firmissime in omnibus habeant potestatem [Sanktion, Firmation, 13 Zeugen].

Die Urkunde, mit der ein von Wulfaud und seiner Frau neugegründetes Kloster mit einem Wulfaud gehörenden Dorf begünstigt wurde, wird im Text selbst als testamentum bezeichnet. Jedoch handelt es sich nicht um ein testamentum nach spätrömischem Recht. Eine Erbeinsetzungsklausel fehlt ebenso wie die Kodizillarklausel, die Enterbungsklausel und die nuncupatio. Verfügt wurde über einzelne Vermögensbestandteile und nicht über Vermögensgesamtheiten oder Vermögensquoten. Wulfaud übertrug das betreffende Dorf sofort, a die presente405 an das Kloster. Diese Verfügung über das einzelne Gut war nicht dadurch bedingt, dass das Kloster den Tod Wulfauds erlebte. Trotz der Bezeichnung testamentum handelt es sich um eine lebzeitige Verfügung. Eine Gegenleistungspflicht des Begünstigten ist nicht erkennbar – mithin handelte es sich bei dem beurkundeten Geschäft um eine Schenkung eines einzelnen Gutes. Die merowingische Urkundenpraxis hat demnach bereits im 7. Jh. den Begriff testamentum wie auch die normativen Quellen auf Geschäfte angewendet, die in Gegenwart von Zeugen vorgenommen wurden. Letztwilligkeit bzw. Erlebensbedingtheit der in einer solchen Urkunde beurkundeten Rechtsgeschäfte wurde damit nicht ausgedrückt. Vielmehr bezeichnete testamentum die Urkunde schlechthin bzw. das vor Zeugen vorgenommene Rechtsgeschäft.406 Die weiteren Urkunden bestätigen dies.

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P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 375, S. 165. Dass fehlerhaft der Akkusativ verwendet wird, ändert nichts am Zweck dieser Zeitangabe. Vgl. dazu auch N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 121-128, insbes. S. 127: seit dem letzten Viertel des 7. Jh. sei die Bezeichnung testamentum durchaus geläufig auch für nicht testamentarische Schenkungen. Dem kann nur zugestimmt werden. S. zuvor schon BEYERLE, in: ZRG Germ. Abt. 48 (1928), S. 264, 299-309.

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c) Urkunde des Amalfrid. Die im Jahre 685 pro remedio anime mee vorgenommene Verfügung lässt es zweifelhaft erscheinen, ob hier eine erlebensbedingte oder eine lebzeitige Verfügung vorliegt. Amalfrid ordnete an:407 […] ego […] Amalfridus […] deputavi et concessi atque delegavi per hanc paginam donationis, ad monasterium […] una cum voluntate vel convenientia filiee mee Auriane que ibidem rectrix esse videtur: hoc est monasterium nostrum […], in tali ratione, ut ad ipsum monasterium […] jam dictum monasterium cum omni integritate vel soliditate sua in se aspicientem vel pertinentem, ibidem delegare deberemus, quod ita et fecimus, tam de alode parentum meorum, quam et de comparato, seu et de quolibet adtracto undecumque ipsum monasterium dotatum esse videtur, tam de parte nostra quam et de aliorum collata bonorum hominum, vel undecumque manu vestita habuimus, et nostre fuit possessionis, justitia […], ad integrum, et sicut nobis convenit, quamdiu in hoc seculo advixero, ipsum monasterium pro precaria sancti Petri vel vestra, usitare vel dominare seu emeliorare debeamus, et post meum obitum atque de hac luce discessum, memorata filia mea Auriana in ipso monasterio degere vel regere debeat, et post suum obitum, ipsum monasterium […], ad integrum aspectus vel subjectus omni tempore ad Sitdiu monasterio debeat esse, […], et ipsum monasterium in eorum jure, perpetua dominatione, hoc est ipsiu s monasterii Sitdiu, habeant, teneant atque possideant, vel quicquid exinde facere voluerint, aut eum liberum in omnibus potiantur arbitrium. [Sanktion, Stipulation]. Actum [Unterschrift] Ego Auriana abbatissa consentiens. [17 Zeugen, Notar].

Die Urkunde wird in ihrer Einleitung als Schenkungsurkunde – pagina donationis – und an ihrem Ende, im Anschluss an die Strafklausel, als testamentum bezeichnet, ohne ein römisches Testament zu sein. Die einleitende Bezeichnung als Schenkungsurkunde nimmt demgegenüber richtiger auf den Inhalt des Geschäfts Bezug. In der Sache handelt es sich um eine Verfügung über ein einzelnes Gut, hier eines Klosters mit allen einzeln genannten Zubehörstücken ohne Erlebensbedingung an ein anderes Kloster. Das von der Verfügung betroffene Kloster beruhte teilweise auf Erbgut, das dem verfügenden Amalfrid von seinen Eltern angefallen war (de alode parentum meorum), teilweise auf von Amalfrid selbsterworbenem (de comparato, seu et de quolibet adtracto) oder auf von Amalfrid oder Dritten gespendetem Gut. Dass in der Zustimmung der Tochter des Amalfrid gleichwohl keine Zustimmung einer erbberechtigten Person zu einer ihr Erbrecht beeinträchtigenden Verfügung (Erbenlaub) liegt, ist daran zu erkennen, dass diese Tochter neben dem dortigen Abt bereits Rektorin in dem begünstigten Kloster war und nach dem Tod des Verfügenden das übertragene Kloster leiten sollte. Dies ist auch der einzige Bezug zum Tod des Amalfrid, der in der Urkunde hergestellt wird. Die Verfügung über das Kloster selbst wurde von dieser Bestimmung, die die Propstei des Klosters betrifft, nicht berührt. Es ändert an diesem Befund nichts, dass in der Urkunde eine die sofortige Wirksamkeit ausdrückende a die presente-Klausel nicht enthalten ist. 407

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 409, S. 197-199.

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Der in der Urkunde angeordnete Vorbehalt zugunsten des Amalfrid (et sicut nobis convenit, quamdiu in hoc seculo advixero, ipsum monasterium pro precaria sancti Petri vel vestra, usitare vel dominare seu emeliorare debeamus) ist kein Verfügungsvorbehalt zu seinen Gunsten. Amalfrid behielt sich einerseits lediglich die Leitung (ipsum dominare) seines Klosters als dessen Propst vor. Er verpflichtete sich andererseits, es zu vermehren (ipsum emeliorare). Für ein bloßes mit diesen Rechten und Pflichten eines Klosterpropsts verbundenes Nutzungsrecht (ipsum usitare) spricht schließlich der Zusammenhang. Ob es sich um einen darüber hinausgehenden Nießbrauch mit Fruchtziehungsrecht handelte, kann aus der Urkunde nicht sicher erschlossen werden, es gibt jedenfalls keinen positiven Anhalt in dieser Richtung. Nach allem ist die Verfügung Amalfrids als eine lebzeitige Schenkung einzuordnen. Es handelt sich nicht um eine Verfügung von Todes wegen. d) Urkunde des Bischofs Reolus v. Reims. Auch Bischof Reolus’ Verfügung aus dem Jahre 686408 wird im Text der Urkunde als testamentum bezeichnet, obwohl es sich inhaltlich nicht um eine erlebensbedingte Verfügung handelt. […] Reolus […] episcopus. [die Narratio schildert, dass Reolus über eine villa verfügt, die Abt Beracharius zur Gründung eines Nonnenklosters benötigt]. nos vero, una cum consensu fratrum meorum vel convivium Remensium […] seu et inlustribus viris […], ut per nostram epistolam, a die presenti, absque ullius contrarietate, pro anime nostre salute, vel pro eterna retributione, ipsam villam […] ad monasterium puellarum construendum, ipsi […] abbati Berachario tradere deberemus [in commutatione wird eine villa Reolus’ an die Rheimser Kirche übertragen] ad possidendum, […] totum et ad integrum […] tradidimus ad possidendum; ut et nostre vite tempore, et post de hac luce discessum, firmiorem stabilitatem ipsum monasterium puellarum habere debeat […]. Nam dum illas ibidem sub sancto ordine regulariter vivere vel habitare videntur, et nos a die presenti per hanc epistolam nostram testamenti, integro quoque et deliberato consilio ac prompta voluntate ipsum locum eis tradidimus ad possidendum, ita ut illi hoc habeant, teneant atque possideant. [Sanktion] Actum […].

Auch hier liegt eine Verfügung über einzelne Gegenstände ohne Erlebensbedingung vor. Reolus verfügte zugunsten des Abtes Berachar, der ein Kloster errichten wollte und deswegen auf Spendensuche war, über ein bestimmtes einzelnes Gut, dessen Herkunft genau angegeben wird. Reolus musste der Reimser Kirche einen Ersatz für das aus dem Kirchenvermögen ausscheidende Dorf verschaffen und beurkundete auch das in derselben Urkunde mit. Auswirkungen auf die Rechtsnatur der Schenkung hatte das nicht. Die Formulierung per hanc epistolam nostram testamenti lässt bei diesem Inhalt des Geschäfts erkennen, dass der Testamentsbegriff der damaligen Urkundenpraxis mit dem des römischen Rechts nichts gemein hat.

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P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 406, S. 200-202.

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e) Urkunde der Irmina v. Oeren. Im Jahre 697 bzw. 698409 ordnete die Äbtissin des Trierer Klosters St. Marien, Irmina, eine Angehörige der austrasischen Führungsschicht (Schwiegermutter Pippins II.),410 an: idcirco dono a die presenti […], Ista omnia […] ad memorata loca sanctorum a die presenti per presentem paginam testamenti nostri tradimus atque transfundimus […].

Auch hierbei handelt es sich um eine lebzeitige Verfügung ohne Erlebensbedingung und nicht um eine Verfügung von Todes wegen. Auch hier liegt der merowingisch-karolingische Testamentsbegriff zugrunde. f) Urkunde Pippins II. und Plektruds. Der merowingische Hausmeier Pippin II. (Vater Karl Martells) und seine Ehefrau Plektrud verfügten am 13. Mai 706411 zugunsten der Kirche von Echternach (bei Trier412): Ego […] Pippinus […] Plectrudis […]. Idcirco […] donamus donatumque in perpetuum esse volumus ad monasterium nostrum […] ubi decrevimus et costituimus […] Willibrordum episcopum […]: hoc est illam medietatem de […], cum omni integritate de iure et dominatione nostra in iure et dominatione praedicti monasterii vel rectoribus suis seu successoribus et omni congregationi ibidem consistenti tradimus atque delegamus perpetualiter […] ad possidendum, ut ibidem omni tempore pro mercede nostra proficiat in augmentis; ea ratione, ut ipsum monastirium in nostra vel heredum nostrorum dominatione vel defensione inantea semper permaneat. [Sanktion]. Actum […].

Auch hier findet sich inhaltlich keine Spur eines Testaments, sondern eine lebzeitige Schenkung. Der sofortige Übergang der betreffenden Sachen in die Verfügungsgewalt des Klosters Echternach wird umständlich und ausdrücklich hervorgehoben. Die ganze Verfügung hat nur eine auflösende Bedingung: Das Kloster Echternach wurde verpflichtet, in Pippins Lehen zu bleiben (in dominatione vel defensione). Trotzdem wurde zur Bezeichnung wieder der fränkisch zu interpretierende Begriff testamentum verwendet. Eine weitere Ur-

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WAMPACH, Geschichte der Grundherrschaft Echternach im Frühmittelalter I, 2, Nr. 4, S. 20-23. Weitere lebzeitige Schenkungen der Irmina v. Oeren bei WAMPACH, Geschichte der Grundherrschaft Echternach im Frühmittelalter I, 2, Nrn. 3, 6, 9 und 10. A NTON, Art. Irmina, in: LexMA V, Sp. 662. Zu Irmina vgl. auch B RÜHL, Studien zu den merowingischen Königsurkunden, S. 30 m. Anm. 19 und ausführlich WERNER, Adelsfamilien im Umkreis der Karolinger. Auch K RIER, in: W IECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 466, 471, hält Irmina wohl für die Mutter Plektruds. MGH DD M, Nr. 4, S. 93 f. (Edition PERTZ). Zu Echternach und dem Kloster des Hl. Willibrord s. K RIER, in: WIECZOREK /PÉRIN /V. WELCK /MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 466 ff.

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kunde Pippins II. und Plektruds v. 13 Mai 706413 beinhaltet keine neue Verfügung, sondern ist lediglich ein Bestätigungsbrief für den Bischof Willibrord v. Echternach. Festgehalten wurde die Bindung Echternachs an die mundiburdio Pippins auch über den Tod Willibrords hinaus. 414 g) Urkunde Wulfoalds und Adalsindas. Zugunsten des Klosters St. Michel (in Verdun) verfügten Wulfoald und seine Frau Adalsinda im Jahre 709:415 […] Ego itaque Wulfoaldus […] et coniux nostra Adalsinda […], donatores: […]. In primis itaque donamus portione nostra cognominante Widinovilla […]. Similiter donamus […], portionem quam de Crudelberto pretio comparavimus, […]. Similiter donamus portiones illas in […], quam de […] dato pretio comparavimus […]. Ista omnia supra nominata vel conscripta, junctis mobilibus et immovilibus utriusque sexus, peculium nationum, vel omne subpellectile […] ad se pertinentia, cum rem inexquisitam et exquisitam, ad integrum, a die presente, plenissima voluntate, aevis temporibus tradimus atque transcribimus, ad possedendum ab hodierno die jure firmissimo, absque consortio coheredum nostrorum, habendi, tenendi, possidendi habeant ipsi potestatem, ut in Dei nomine inde potiantur in aeternum. [Sanktion]. Facta […] Sig. Wlfoaldo, qui istud testamentum donationis fieri rogavit. – Sig. Adalsindæ […], consentiente testamento donationis fieri rogavit. [19 Zeugen, Schreiber].

Deutlich wird auch hier, dass die Urkunde über das lebzeitige Rechtsgeschäft Schenkung als Testament bezeichnet wird (testamentum donationis). Möglicherweise wird sich sagen lassen, dass das Wort testamentum hier die Urkunde selbst meint. Inhaltlich handelt es sich um eine Reihe von Verfügungen über Einzelgüter ohne Erlebensbedingung. Immerhin scheint auch hier eine erbrechtliche Motivation durch, die in der Verfügung selbst keinen rechtlichen Niederschlag findet: Wulfauld und Adalsinda erklärten, dass das begünstigte Kloster den Verfügungsgegenstand nicht gemeinsam mit seinen/ihren Erben erhalten sollte. Es handelt sich um lebzeitigen Vollzug im Sinne einer vorweggenommenen Erbfolge. h) Schenkung Herzog Arnulfs an Echternach. Auch diese Urkunde v. 715/716416 bietet eine lebzeitige Schenkung einzelner Güter, die sofort (a die presente) wirksam sein sollte. Gleichwohl wird die Urkunde selbst als testamentum bezeichnet: […] Ego Arnulfus dux […] dono per hanc cartulam testamenti ad monasterium […], ubi Willibrordus episcopus praeesse videtur, in villa […] quantumcumque

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MGH DD M, Nr. 5, S. 94 f. (Edition P ERTZ). Damit wurde Echternach dem Einfluss der Trierer Kirche entzogen und zum Eigenkloster der Karolinger; K RIER, in: WIECZOREK/P ÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 466, 472. 415 P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 475, S. 280-283. 416 MGH DD M, Nr. 7, S. 96 (Edition PERTZ). 414

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in ipsa villa […] mihi legibus obvenit, meam portionem in integrum dono atque trado, ut a praesenti die ipsam rem monachi omni tempore habeant, teneant, possideant et suis possidendum successoribus derelinquant. [Sanktion] Et ut hoc testamentum apud locum sanctum firmum et stabile permaneat, manu propria subter scribimus, et testes qui subter scriberent vel signarent in praesenti rogavimus stipulatione subnixa. Actum […].

i) Schenkung Karl Martells an Echternach. Auch diese Urkunde v. 23. Februar 717417 bietet – wieder unter der Bezeichnung testamentum – nicht anders als die voranstehenden Urkunden eine lebzeitige, sofort wirksame Verfügung über einzelne Güter des Verfügenden: Ego […] Karolus [… Arenga:] pro animae meae remedio dono ad aecclesias sancti Petri et sancti Pauli cum sociis eorum villam, que vocatur […], quantumcumque mihi ibidem obvenit de genitore meo Pippino, quod contra allodiones meos recepi, totum ad integrum dono atque transfundo […], totum ad integrum, quantumcumque mihi ibidem obvenit; in ea ratione, ut ab hac die ipsa aecclesia habeat, teneat, possideat, vel quicquid inde facere voluerit liberam et firmissimam in omnibus habeat potestatem. [Sanktion, Stipulation]. Actum […].

Der Testamentsbegriff (testamentum erscheint in der Sanktion) wurde hier wie oben in einem weiten Sinne und umschrieb lediglich den solennen Akt vor Zeugen. Dass sich bei Urkunden aus verschiedenen Kanzleien keine Übereinstimmung in der Terminologie findet, muss nicht überraschen. Die Kanzlei Karl Martells jedenfalls verwendete den Begriff testamentum nicht für die Urkunde selbst (wie andere Notare), sondern wendete ihn auf das beurkundete Geschäft selbst an. Dies geht aus der Alternativbezeichnung (donatio vel testamentum) in der Sanktion hervor. Ebenso wenig aber findet sich in der Urkunde eine Spur des Erbenlaubes. Immerhin handelte es sich bei dem Gut, über das Karl Martell verfügte, um Erbgut, das ihm, wie bei der Erwerbsgrundangabe vermerkt ist, von seinem Vater Pippin (dem Mittleren) angestorben war. Da Karl Martells Sohn Pippin (der Jüngere) aber bereits 714 geboren worden ist, sollte die Urkunde einen Hinweis auf dessen Einwilligung zur hier vorgenommenen Verfügung seines Vaters (und sei sie auch wegen der Minderjährigkeit Pippins im Jahre 717 von seinem Vater, dem Verfügenden, in Pippins Namen erklärt worden) enthalten, wenn im merowingischen Recht das Beispruchsrecht der Kinder existiert hätte. Den normativen Rechtsquellen konnte es bereits nicht entnommen werden. Die vorliegende Urkunde verneint es auch aus rechtstatsächlicher Perspektive.418

417 418

MGH DD M, Nr. 9, S. 97 (Edition PERTZ). Das hat auch MAYER-H OMBERG, Die fränkischen Volksrechte des Mittelalters, S. 392, gesehen. Vgl. dort auch weitere Nachweise (zu Karlmann, Karl d. Gr. und Ludwig d. Fr.).

Verfügungen von Todes wegen im merowingisch-karolingischen Recht

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j) Urkunde der Bertrada v. Prüm. Bertrada v. Prüm, eine Tochter der Irmina v. Oeren, verfügte im Jahre 721419 lebzeitig und mit sofortiger Wirkung zugunsten des Klosters Prüm über Grundbesitz: […] Ego Bertrada, seu et filius meus Charibertus, […]. Propterea donamus ad monasterio […] de foreste nostra […] et […] donamus de villas nostras […]. Villas superius nominatas ad monasterio […] vel quicquid in ipsis villis antecessores nostri ibidem tenuerunt, et nos a die presente tenere visi sumus, totum et ad integrum […] ad jam dicto monasterio, pro animae nostrae vel filiis meis defunctis remedium vel aeterna retributione, donamus atque transfundimus de jure nostro in jure et dominatione ipsorum servorum Dei, ut ibidem perpetualiter proficiat eis in augmentis, et a die presenti ipsi servi Dei […] jam dictas villas habeant, teneant atque possideant, et eorum posteris spiritualibus derelinquant ad possidendum, vel quicquid de ipsa facere voluerint liberam et firmissimam in omnibus habeant potestatem faciendi. [Sanktion]. Unde et nos ipsam cartulam donationis a die presenti fieri rogavimus, et manus nostras subter decrevimus affirmare, et viris magnificis affirmare rogavimus. Facta [Unterschriften, drei Zeugen].

Pardessus merkte zu dieser Urkunde an, testamentum sei nicht im gewöhnlichen Sinne zu verstehen, Bertrada habe ihre Güter nämlich mit sofortiger Wirkung (a die presenti) übertragen und habe in der Urkunde auch cartulum donationis geschrieben. Mit dem Wort testamentum würden also donationes inter vivos bezeichnet und damit sei gemeint, dass es sich um die testatio die declaratio voluntatis handele, so wie in Titt. 59, 67 LRib von einem testamentum venditionis, traditionis420 gesprochen werde. In der Tat handelt es sich um eine Einzelgutsverfügung ohne Erlebensbedingung. Dass dafür die Bezeichnung Testament gewählt wurde, ist für die rechtliche Natur des beurkundeten Geschäfts irrelevant. Der von Pardessus hergestellte Bezug auf die LRib liegt nahe. k) Urkunde des Grafen Ebroin zugunsten der Kirche von Rindern (b. Kleve). Auch diese Urkunde aus demselben Jahre 721421 schildert eine lebzeitige und sofort (a die presente) wirksame Verfügung über einzelne Vermögensbestandteile. Auch hier handelte es sich also um eine Schenkung unter Lebenden (richtig nannte sich Ebroin in der Einleitung donator), die in der Sanktionsformel wieder als testamentum bezeichnet wird. Vorgenommen wurde sie, weil Ebroin von der begünstigten Kirche eine Gegenleistung in Form von Messen zu seinem Seelenheil erwartete. […] Ego Ebroinus comes […], donator; aliquod de rebus meis ad loca sanctorum, pro remedio animae meae, seu dilectissimae conjugis meae Theodelindae, dare disposui: hoc est, ad basilicam […] dono […] villa nostra, casatos tres […], terra

419 420 421

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 516, S. 328 f. P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, S. 329, Fn. 2. P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 519, S. 332 f.

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cum sala422 et curticle meo, vel adjacentia et ad eundem locum pertinentia; et portionem meam in […], silvam juris mei, totum et ad integrum dono. Sed et hoc quid mihi legibus provenit in […]. Haec omnia, cum integritate […] ad supradictum locum sanctum dono donatumque esse perhennis temporibus volo, pro orationum lucro, vel missarum solempniis celebrandis perpetualiter pro me et pro meis, et ipse locus sanctus et custodes ejus hoc habeant, teneant et possideant ac defendant, et quicquid exinde facere voluerint liberam ac firmissimam in omnibus potestatem habeant. [Sanktion, das Geschäft wird hier als testamentum bezeichnet]. Actum [Unterschriften, sieben Zeugen].

l) Schenkung Karl Martells an das Kloster in Utrecht. Auch in dieser Urkunde des Hausmeiers v. 1. Januar 722423 findet sich keine inhaltliche Spur eines Testaments und einer Verfügung von Todes wegen. Der Testamentsbegriff wird hier in merowingisch-karolingischem Sinne gebraucht. Die Wendung ad instar testamenti, die zur näheren Beschreibung der donatio verwendet wird, macht das deutlich, sie bedeutet soviel wie einem Testament entsprechend. Es wird also nicht (gleiches trifft auf die Kanzlei Pippins II. zu) die Urkunde selbst als testamentum bezeichnet. Vielmehr bezieht sich die Terminologie auf das beurkundete Geschäft selbst. Ego […] Karolus […]: idcirco donamus a die presenti per hanc paginam testamenti et donatum in perpetuo esse volumus: hoc est ad monasterium […] omnem rem fisci ditionibus, quicquid in ipso Traiecto castro, tam infra muros quam a foris […] vel quicquid ibi fiscus ad praesens esse videtur […] totum et ad integrum, cum omni re quaesita et inquisita; et similiter villam […] cum omni mero et soliditate sua, omnes adiacentias vel appendicias [...] totum et ad integrum […] a die praesenti ad ipsum monasterium […] tradimus atque deligamus perpetualiter […] ad possidendum, ita ut ibidem omni tempore pro nostra mercede proficiat in augmentis; et quicquid exinde patres ante iam dicti monasterii vel rectores pro eorum oportunitate facere decreverint, liberam et firmissimam in omnibus habeant potestatem. [Sanktion] Sed praesens donatio, ad instar testamenti a me facta, omni tempore firma et stabilis permaneat cum stipulatione subnixa. Actum [Zeichen Karl Martells und Karlmanns, 14 Zeugen und des Kanzlers].

Auch hier wird die Mitwirkung Pippins, des Bruders Karlmanns, nicht erwähnt. Bei Karlmanns Unterschrift kann es sich also nicht um die Ausübung eines diesem zustehenden Beispruchsrechts gehandelt haben. m) Urkunde von Luitfrid und Eberhard an das elsässische Kloster Hagenau. Inhaltlich nichts anderes – nämlich eine lebzeitige und sofort wirksame Verfügung über einzelne Vermögensteile – enthält auch die Urkunde Luitfrids und Eberhards v. 722 424. Testamentum bezeichnet hier die Urkunde selbst

422 423 424

Hier findet sich sala in seiner zweiten, gegenständlichen Bedeutungsebene. MGH DD M, Nr. 11, S. 98 f. (Edition PERTZ). P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 525, S. 337 f.

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und nicht das beurkundete Geschäft. Die Verfügung bezieht sich auf Vermögen, das den Brüdern von ihrem Vater angestorben ist: Sacrosancto monasterio […], Luitfridus et Ebrohardus […] propterea complacuit nobis animus, ut de ipsa insula […] de parte nostra quantumcumque genitor noster Adelbertus dux nobis moriens dereliquit, ad ipsum monasterium condonare deberemus, quod ita et fecimus. Ideoque hec omnia supra jam dicto monasterio, vel agentibus vestris a die presenti in vestram tradimus dominacionem ad possidendum, ut quicquid exinde facere volueritis, liberam ac firmissimam habeatis in omnibus […] potestatem. [Sanktion] Actum […]. Signum Luitfridi ducis qui consensit. Signum Ebrohardus domesticus hanc epistolam testamenti a me factam relegi et recognovi. Signum ego Eugenia, ac si indigna abbatissa, que consensi. Ego Haimo […] hanc donacionem scripsi et subscripsi.

Trotz der Schlussworte, aus denen sich ergibt, dass Eberhard die Urkunde gemacht habe (was soviel heißen wird: veranlasst habe – denn geschrieben hat das Schriftstück der Priester Haimo), und dass Luitfrid ihr zugestimmt habe, kann nicht angenommen werden, dass in dieser Zustimmung ein Erbenlaub Luitfrids liege. Beide Brüder verfügten ausweislich der Eingangsformulierung gemeinschaftlich über ihnen gemeinschaftlich angefallenes Erbgut. Unklar (jedenfalls aus dem Text der Urkunde allein) bleibt die Rolle der gleichfalls zustimmenden Äbtissin Eugenia. Ob sie eine Schwester der Brüder war, ist nicht erkennbar. Möglich ist auch, dass sie das begünstigte, elsässische Kloster vertrat. Ein eindeutiger Beleg für ein Beispruchsrecht ist hierin nicht zu erkennen. n) Ein zweites „Testament“ des Abtes Widerad v. Flavigny. Die am 18. Januar 722 ausgestellte Urkunde425 übertrug nach der Arenga eine große Zahl von Höfen und Gütern an das burgundische Kloster Flavigny. Nach der Aufzählung aller einzelnen Verfügungen werden diese in einem Satz zusammengefasst und als lebzeitige, sofort wirksame Verfügungen deklariert: […] Widradus abba. Antiqua legum auctoritas et principum decreta sanxerunt, ut unusquisque, dum manet in corpore, de propria quam possidet facultate voluntatem suam literis inserat, ut perennis temporibus inviolata permaneat. Quapropter […] donamus et donatum in perpetuum esse volumus ad jam nominatum monasterium […] castrum, ubi ipsum monasterium est constructum, cum ipso agro […] cum omnibus adjacentiis vel omnibus appendiciis eorum ad integrum. Similiter donamus curtem […]. Et donamus […]. Similiter […]. Ista omnia quae superius quantumcumque ibidem per quemlibet adtractum tenemus, totum et ad integrum cum omne supraposito, in nostro videlicet et priori testamento, a die presente, in honore sancti Praejecti, pro remedio animae meae vel aeterna salute dedimus, cum […] mobilibus et immobilibus omnem rem inexquisitam, quidquid dici vel nominari

425

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 587, S. 399-402. Die Urkunde ist Gründungsurkunde für Flavigny; vgl. MARILIER, Art. Flavigny, in: LexMA IV, Sp. 537.

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postest inibidem, totum et integrum ad suprascriptum Flaviniacum monasterium, vel jam dicto abbati ejusque monachis perpetualiter, protegente Domino, tradimus ad possedendum. Et donamus areas infra […].

Damit ist der rechtlich entscheidende Inhalt abgeschlossen. Es handelt sich um sofort wirksame Verfügungen, eine Erlebensbedingung findet sich nicht. Die Urkunde ist frei von römischen Formalitäten. Widerad ließ seinen Anordnungen noch eine umfängliche Bestätigung folgen, in der er unter anderem erklärte, über sein (sonstiges) eigenes Vermögen freie Verfügungsmacht zu behalten. Das scheint das die Verfügung grundierende Problem zu sein. Immerhin hat Widerad es auch in der Arenga für nötig gehalten, darauf hinzuweisen, dass jeder, solange er lebe, die freie Verfügungsmacht über sein Vermögen habe. Womöglich ist zuungunsten Widerads oder, wenn die Urkunde eine Fälschung ist, zuungunsten desjenigen, der die betreffenden Güter beansprucht hat, die Verfügungsmacht – eventuell mit dem Hinweis auf die Klerikereigenschaft des Verfügenden – bestritten worden. Die für die freie Verfügungsmacht als Begründung herangezogene antiqua legum auctoritas und die decreta principum wurden nicht näher erläutert. Da römische Testamentsbestandteile fehlen, ist es nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich, dass der Aussteller damit auf das merowingische Recht anspielte. Die Untersuchung der leges und der Kapitularien, die hier gemeint sein könnten, hat gezeigt, dass der Aussteller der Urkunde damit nicht Unrecht hatte. o) Schenkung Karl Martells an Bischof Willibrord v. Echternach. Die Reihe der merowingischen sofort wirksamen Verfügungen unter Lebenden wird fortgesetzt durch eine erneute Schenkung Karl Martells v. 9. Juli 726426 zugunsten des schon von Pippin II. und später von Karl Martell überreich mit Zuwendungen ausgestatteten427 Klosters Echternach. Auch sie betraf einzelne Vermögensbestandteile. Die betreffenden Güter hatte König Childebert einem dem König untreuen Eberhard entzogen, dem Fiskus einverleibt und Karl Martells Vater Pippin übertragen, welcher sie auf Karl Martell zu Erbrecht übertragen hat. Die Bezeichnung testamentum wird, der bisherigen Praxis der Kanzlei Karl Martells widersprechend, einmal für die Urkunde selbst und einmal für das in ihr beurkundete Geschäft verwendet: Ego […] Karolus […] trado a die praesenti per hac paginam testamenti pro redemptione animae meae, donatumque in perpetuum esse volo, […] villa iuris nostri […] totum et ad integrum […] ad praefatam aecclesiam […]. Ea ratione, ut domnus Willibrordus episcopus praefatas res in ius et in dominium suum recipiat suorumque successorum in Dei nomine ad possidendum, ita ut ibidem omni tempore proficiat in augmentum pro remedio animae meae [Sanktion]. Sed praesens

426 427

MGH DD M, Nr. 12, S. 99 f. (Edition PERTZ). SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 590.

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traditio, ad instar testamenti a nobis facta, omni tempore firma et stabilis permaneat stipulatione subnixa. Actum […].

p) Urkunde des Bischofs Willibrord v. Echternach. In dieser Verfügung v. 726428 nahm Willbrord Bezug auf die zu seinen (bzw. des Echternacher Klosters) Gunsten erfolgten Verfügungen Pippins II., Plektruds und Karl Martells, die oben dargestellt sind und das Echternacher Kloster zum ersten Hauskloster der pippinidisch-karolingischen Dynastie machten429. Willibrord bezeichnete die Zuwender wenig überraschend als ingenui Franci. Er verfügte nun seinerseits über diese einzelnen Teile seines Vermögens zugunsten der casa Dei zu Echternach und der dortigen klösterlichen Gemeinschaft. Diese Verfügung geschah lebzeitig, a die presente. Die Urkunde weist inhaltlich keine Besonderheiten auf – in der Sanktionsformel wird das beurkundete Geschäft als testamentum vel donatio bezeichnet. Die Urkunde ist aber trotzdem sicher wertlos gewesen, weil ihr die Zeugenunterschriften fehlen. q) Urkunde der Adela zugunsten des Klosters Pfalzel. Auch diese Urkunde v. 732430 unterscheidet sich inhaltlich nicht von den vorangegangenen. Die (neben Bertrada v. Prüm) weitere und wie diese hochadlige Tochter der Irmina v. Oeren übertrug aus Anlass ihres Klostereintritts, nicht angesichts ihres Todes, Güter an das Kloster Pfalzel b. Trier. Immerhin gerät das Geschäft durch die Wendung legamus itaque et donamus eventuell in die Nähe einer Verfügung von Todes wegen. Eindeutig festgestellt werden kann das aber nicht und so wird wohl angenommen werden müssen, dass legare hier mit donare synonym ist und dass der Schwerpunkt der Bedeutung auf dem sofortigen Schenken liegt. Die Bezeichnung testamentum wird hier wieder für die Urkunde, nicht für das beurkundete Geschäft verwendet. Obwohl Adela v. Pfalzel mehrere Kinder hatte,431 wirkten diese bei der gegenständlichen Verfügung nicht mit: Adela […] in eoque monacharum cœtum, disciplina et regula S. Benedicti viventium, aggregavimus; faciendum denique nobis visum est, ut has vitæ degendæ necessarias opes, quas de propriis hactenus largitæ sumus, testa-menti etiam præsenti pagina confirmaremus. Legamus itaque et donamus huic quod diximus monasterio, villam […] cum omni integritate […] et omnibus iis quæ ad ipsam pertinere villam constat. […] Ad extremum id quoque de sententia congregationis memoratæ statuimus, ut quidquid opum possessionumque in monasterium hoc ipsum contu428

429 430 431

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 540, S. 349 f. Willibrord soll damals 68 Jahre alt gewesen sein, er starb 739 im Alter von 81 Jahren; K RIER, in: WIECZOREK/PÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 466, 476. SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 591. P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 551, S. 364 f. Vgl. die Angaben bei V. D. NAHMER, Art. Adela v. Pfalzel, in: LexMA I, Sp. 143 und ausführlich WERNER, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger.

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limus, id in archiepiscoporum Ecclesiæ Trevericæ semper sit in arbitrio atque tutela. Datum […].

r) Urkunde des Priesters Felix zugunsten der Abtei St. Bertin. Diese Urkunde v. 745 432 zugunsten der flandrischen Abtei St. Bertin an der Aa („Sithiu “) unterscheidet sich von allen vorhergehenden dadurch, dass sie zwar nicht an eine Erlebensbedingung geknüpft ist, dass sie aber zugunsten des Verfügenden einen Vorbehalt enthält. [...] ego […] Felix praesbiter […] concessi atque delegavi per hanc paginam donationis ad monasterium […] cellam meam […] in tale ratione, ut ad ipsum monasterium Sitdiu ad opus sancti Petri iam dicta cella cum omni integritate vel soliditate in se aspicientia vel pertinentia ibidem delegare deberemus, quod ita et fecimus, ad integrum perpetualiter ad possidendum, ut ibidem aspiciat et subjecta sit omni tempore […]; hoc fratribus, vel ad opus monasterii […] a die praesenti, dono, trado atque transfundo perpetualiter ad possidendum.

Im Folgenden weicht die Urkunde von der bisher dargestellten Grundstruktur einer lebzeitigen Verfügung ab: et post meum obitum ipse qui tunc abbatis fungitur moderamen, vel fratres de […] monasterio agant exinde quicquid libitum placitumque fuerit, et qualemcumque praepositum superponi voluerint, potestatem in omnibus habeant secure. […] Me autem, quamdiu […] advixero, ipsa cella usualiter pro ipsius monasterii beneficio possidere concedatur: in eo tenore, ut aliubi nec ipsam cellam quam ad ipsum monasterium delegavi, nec ipsas res quae ad ipsum locum pertinent, aliubi nec dare nec vendere, nec commutare, nec alienare, nec naufragare, potentiam habeam. […] Et post meum obitum atque de hac luce discessum, suprascripta cella cum omnibus rebus emelioratis atque superpositis, fratres praedicti monasterii Sitdiu cuncta quae restant a die presente, abque ullius terroris contradictione, hoc in eorum jure et denominatione ad integrum recipiant ad possidendum, et faciant exinde quidquid utile est quod eligerint [Sanktion]. Actum [18 Zeugen, davon einige scauuini; Schreiber].

Beachtenswert an diesem Vorbehalt ist seine genaue Eingrenzung, die ihn rechtlich erkennbar macht. Felix sollte seine Einsiedelei nutzen dürfen, solange er lebte, er sollte sie aber zum Vorteil des Klosters nutzen. Und darüber hinaus: Er durfte weder sie noch ihr Zubehör an einen Dritten übergeben, verkaufen oder dem Kloster anderweit entfremden. Damit wird deutlich, dass Felix seine Verfügungsgewalt über die Zelle vollständig aufgegeben und dem Kloster übertragen hat. Auch die bloße Nutzung war insoweit eingeschränkt, als eine Verschlechterung des Besitzes zu unterbleiben hatte. Damit stellt sich die Verfügung als eine sofort wirksame, lebzeitige Schenkung dar, bei der dem Schenker ein Nutzungsrecht verblieb.

432

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 585, S. 396 f.

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s) Urkunde des Chrodegang zugunsten des Klosters Gorze. Chrodegang und die übrigen an der Stiftung des (zwischen Verdun und Metz gelegenen) Klosters Gorze Beteiligten (v. a. Pippin) verwendeten für den vorliegenden Gründungsbrief v. 745433 den Begriff testamentum. Um eine erlebensbedingte Verfügung handelt es sich nicht, sondern lediglich um ein vor Zeugen vorgenommenes Geschäft. Bei den Einzelverfügungen liegen von Chrodegang eingesammelte Spenden zur Klostergründung434 vor, so dass die Verfügung Chrodegangs sich nur noch als eine letztendliche Widmung und nicht als Rechtsübertragung darstellt. t) Eine Urkunde des Hausmeiers Karlmann. Eine Verfügung Karlmanns v. 6. Juni 746435 begünstigte das Kloster Stablo-Malmedy. Sie sollte a die presente wirksam sein. Die Übertragung des Vollrechts an den betreffenden Dörfern wird mit tradere und transcribere bezeichnet. Idcirco ego Karlemannus 436 […], donamus donatumque in perpetuum esse volumus in elemosina nostra vel Anglino abbati nostro ad monasterio […] villas […], ad ipsas casas Dei tradimus atque transcribimus a die praesente ego Karlemannus pro animae nostrae […]. In ea scilicet ratione, ut quamdiu ipse Anglinus advixerit, ipsas res usualiter excolere debeat, et si nepus suus nomine Gotbaldus illum superstis fuerit, ipsius Wadelino absque praeiudicio et per praecaria vel consensum ipsius monachis praedicto Wadelino tenere vel excolere debeat sine ulla deminoratione, tantum ista superius denominata totum et ad integrum trado et dono ad ipsius monasteria pro animae nostrae vel Anglino abbati nostro; […], ad praefata monasteria in elemosina nostra vel sua post suum quoque discessum ibidem revertatur absque ulla contradictione. [Sanktion] Factum […, Zeichen Karlmanns und seines Sohnes Drogo, Notar].

Die Kanzlei verwendete den Begriff Testament im üblichen fränkischen Sinne. Inhaltlich handelt es sich um eine sofort wirksame Verfügung über einzelne Vermögensbestandteile. An diese sofortige Rechtsübertragung wurden jedoch weitere, weit in die Zukunft reichende Anordnungen geknüpft. Die Dörfer sollten an das Kloster Stablo-Malmedy übergehen – die Nutzung derselben sollte jedoch dem dortigen Abt Anglinus allein zustehen. Karlmann bedachte auch den Fall des Ablebens des Anglinus und traf weitere, einen Wadelinus begünstigende Anordnungen. Diese Anordnungen betrafen aber nicht den Tod des verfügenden Karlmann und sind daher keine die Verfügung selbst betreffende Erlebensbedingungen.

433 434

435 436

P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 586, S. 397-399. Die rechtliche Bedeutung dieser Urkunde liegt darin, dass Chrodegang Bistumsgut in eine Kirchenstiftung einbrachte. Zu dieser hier nicht gegenständlichen Frage s. SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 595 f. m. w. N. MGH DD M, Nr. 15, S. 102 (Edition P ERTZ). Hausmeier 741-747, zusammen mit seinem Bruder, dem späteren Pippin III.

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u) Eine weitere Urkunde des Hausmeiers Karlmann. Ebenfalls aus der Kanzlei der merowingischen Hausmeier stammt das folgende Stück vom 15. August des Jahres 746,437 in der der Hausmeier Karlmann eine von seinem Vater angeordnete, bislang noch nicht vollzogene Verfügung auf einem von ihm abgehaltenen Gerichtstag438 auf eine Klage des durch die seinerzeitige Verfügung Pippins begünstigten Klosters vollzog. Inluster Karlemannus […] Igitur cum nos […] Duna villa ad universas causas audiendas vel iusta iudicia rimanda resideremus, ibique veniens Anglinus abba, rector monasteriorum Stabulaus et Malmundarias asserebat nobis dicens, quod dominus et avus noster Pippinus 439 quondam per suum testamentum villam […] ad casam sancti Petri et sancti Pauli Stabulaus et Malmundarias condonasset vel delegasset, et nos ipsam villam post nos malo ordine retineamus et iniuste unde ipsum testamentum se prae manibus habere adfirmat; cumque ad relegendum nobis tradidisset, invenimus eum verum esse. Nos autem […] ipsam villam […] per nostrum wadium ipsum abbati Anglino visi sumus redidisse, et per nostram festucam nos in omnibus exhibuisse. Proinde nos taliter una cum fidelibus nostris [sechs Namen], vel reliquis quam plurimis, visi fuimus iudicasse, ut dum hanc causam sic actam vel perpetratam cognovimus, et ipsum testamentum sic veracem invenimus, ideo iubemus, ut ipse domnus Anglinus abba vel eius successores vel rectores monasteriorum illorum ipsam villam […] cum omni integrate iure perpetuo ad ipsa monasteria habeant. [Sanktion: Karlmann überlässt es successoribus nostris regibus, über Verstöße zu entscheiden]. Data […].

Erkennbar ist, dass Karlmann die von Karl Martell vorgenommene, aber zu dessen Lebzeiten nicht vollzogene Schenkung als eigene traditio vornahm. Erforderlich hierfür war die auf dem Gerichtstag vorgenommene Übertragung (hier als Rückgabe bezeichnet) durch Festucawurf und die hierüber ausgestellte, vorliegende Urkunde. Damit wurde allen normativen Erfordernissen der LRib Genüge getan. Erforderlich war nicht die Mitwirkung von Karlmanns Bruder, dem nach Karl Martell ebenfalls erbberechtigten Pippin III. v) Urkunde des Hugo zugunsten des Klosters Hagenau. Auch die folgende Urkunde eines Hugo, die aus dem Jahre 748 stammt, 440 verdeutlicht die Begriffswelt der merowingischen Kanzleipraxis. […] ego […] Hugo, cogitans ad ipsum locum sanctum de rebus meis aliquid dare debere propitio Deo, quod et ita feci, hoc est, infra ipsam insulam que dicitur Hohenaugia, quantumcunque genitor meus […], id est infra ipsam insulam, michi moriens dereliquit […]; in eam vero condicionem, ut a die presenti, ipsas res ad ipsum locum sanctum omni tempore stabilita et firma permaneat. Idem dono ad ipsum locum sanctum portionem meam totam […]. [Sanktion, Stipulation] Actum

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MGH DD M, Nr. 16, S. 103 (Edition P ERTZ). Vgl. zu den Placita die Abhandlung von BERGMANN, in: AD 22 (1976), S. 1 ff. Pippin II. P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 595, S. 408.

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[…]. Signum Hugonis, qui hujus donacionis testamentum fieri rogavit [sechs Zeugen, Schreiber].

Es handelt sich um eine unentgeltliche Einzelzuwendung eines Erbgutes an die Kirche. Der Verfügende und der Schreiber wussten, dass es sich um eine donatio, eine Schenkung handelte. Diese nicht erlebensbedingte Verfügung über ein Einzelgut wurde in ein testamentum geschrieben: Die Urkunde trägt diesen Namen, nicht das Geschäft. Der Schreiber ging noch einen Schritt weiter: Er bezeichnete die Urkunde als testamentum donationis. Der Begriff testamentum ist hier eine Bezeichnung für die Urkunde selbst und mit Zeugnis anstatt mit Testament oder Verfügung zu übersetzen. Ungeachtet der Tatsache, dass Hugo über Erbgut verfügte, findet sich keine Erwähnung eines eventuellen Beispruchsrechts. w) Urkunde des Grafen Rotger v. Limoges und seiner Frau Eufrasia. Von dieser Urkunde aus dem Jahre 773441 wird behauptet, der Graf habe perfekt das an die römischen Formalien für die römische Testamentserrichtung angelehnte Formular verwendet.442 Die Urkunde ist ein Beleg für das lange Fortleben römischer Formalien bei Aufgabe des damit verbundenen Inhalts. […] Rotgerius comes et coniux sua Eufrasia […], proinde communiter testamentum nostrum condere propria deliberatione disposuimus, vel ipsum scribendum rogavimus. Quod testamentum ipsum si iure civili non valuerit, proprio 443 iure subsistat; quod si iure pretorio stare nequiverit, iam ipsum ad vicem codicis illesum444 manere precipimus; quod septem testibus ad suscribendum ex more firmatum, vel a pluribus signatum, plenam suscipiat firmitatem. Quod testamentum amico nostro Bertrando Pictavensi episcopo credidimus commendendum, ita ut si amborum nostrorum obitus noster advenerit, ipsum testamentum palam prolatum ad ipsos monachos et abbatem quem per hoc testamentum ibidem instituemus eis traditum, omnique tempore vigore firmitatis subsistat.

Demnach enthält die Urkunde tatsächlich die Erklärung, ein Testament nach ius civile bzw. ius praetorium445 errichten zu wollen und auch eine römische Kodizillarklausel. Inhaltlich handelt es sich aber um nichts weniger als um ein Testament nach römischem Vorbild. Es fehlt zunächst eine Erbeinsetzungsklausel. Selbst wenn davon ausgegangen werden dürfte, dass die Wirksamkeit eines spätrömischen Testaments hiervon nicht (mehr) abhing, hat sich doch damit der Begriff gleichsam verflüchtigt und es bleibt nur noch zu

441 DE MONSABERT, in: Archives historiques du 442 So KASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), 443 444 445

Poitou 39 (1910), S. 53-62. S. 236, 248. de Monsabert schlägt vor, proprio in pretorio zu korrigieren; vgl. DENS., in: Archives historiques du Poitou 39 (1910), S. 53, 54, Fn. 6. Hier sollte sicher ad vicem codicillorum stehen; so auch DE MONSABERT, in: Archives historiques du Poitou 39 (1910), S. 53, 54, Fn. 7. Im Jahre 773 war dieser Verweis sinnlos.

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beurteilen, ob gleichwohl eine Verfügung von Todes wegen vorgelegen hat. Die Urkunde fährt fort: Ideo devotione animi, voluntatis, imperii, despondimus in loco [...] monasterum edificare [...], sanctorumque martirum collocandum rogavimus, et monachos duodecim presentialiter ibidem instituimus […]; atque illic Dominicum sub nostra pariter directione super ipsam abbaciam instituimus […].

Inhaltlich stifteten der aquitanische Graf Rotger und Eufrasia ein Eigenkloster in Charroux bei Poitiers, indem sie eine Mönchsgemeinschaft und einen Abt einsetzten und dieser Gemeinschaft eine liturgische Grundausstattung 446 in Form von Reliquien, einem Kelch und einer Patena übertrugen. Die wirtschaftliche Ausstattung hatte bereits Karl der Gr. durch Ausstattung mit Grundbesitz, Zinsen und Kirchenpfründen vorgenommen. Diese Verfügungen Karls wurden in Rotgers und Eufrasias Urkunde noch einmal einzeln aufgezählt. Auch Rotger und Eufrasia übertrugen Grundbesitz – dabei werden erst die Verfügungen Rotgers: Huic autem predicte basilice memorati cenobii, videlicet Karoffi […] cedimus agrum cum omnibus suis appendiciis […] volo esse concessum […] Hanc donationem predicto cenobio ex proprio iure concedo: in pago Pictavensi, villam […]. Rursus dono in pago Lemovicensi castrum […]

und daran anschließend diejenigen Eufrasias genannt. Das so ausgestattete Eigenkloster wollten sie aber für ihre eigene Lebenszeit in ihrem Schutz behalten, erst später sollte es dem königlichen Schutz unterstehen, aber auf jeden Fall vom Einfluss des Bischofs von Poitiers frei bleiben. Unde placuit nobis, quamdiu viventes fuerimus, prefatum locum sub nostra tuitione esse locandum […]. Itaque post obitum amborum […] tutela atque deffensione potestateque regia precipimus deffensandum [… unter den 22 Zeugen waren je drei Bischöfe und Grafen].

Die Unterstellung des Eigenklosters unter den eigenen Schutz war kein die einzelnen Verfügungen tangierender Vorbehalt der Eheleute. Anders als dem mehr als 200 Jahre älteren so genannten Testament des Remigius v. Reims 447 fehlt der Urkunde Rotgers und Eufrasias nicht nur die Erbeinsetzungsklausel, sondern auch die Enterbungsklausel. Es ist daher zu weit gegriffen, wenn diese Urkunde als Musterbeispiel für die Verwendung des römischen Testamentsformulars bezeichnet wird. Für die Beurteilung des rechtlich relevanten Inhalts der in der zweiten Hälfte des 8. Jh. errichteten Urkunde kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Urkunde in ihrem (hier nicht weiter thematisierten) sonstigen Aufbau anderen Formularstücken ähnelt oder nicht.

446 KASTEN, 447

in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 249. S. dazu noch unten.

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Wir haben es vielmehr mit einer Vielzahl, in einer Urkunde zusammengefasster einzelner, sofort wirksamer lebzeitiger Verfügungen zu tun, die aus ungeklärten Gründen mit einer im Jahre 773 sinnentleerten Testamentserrichtungs- und Kodizillarklausel verziert worden ist. An der rechtlichen Beurteilung der Verfügungen kann sich dadurch nichts ändern. x) Urkunde des Walach zugunsten der Heilandskirche in Prüm. Bei dieser Urkunde aus dem Jahre 776-777448 handelt es sich um eine lebzeitige Verfügung über Erbgut zugunsten der Kirche und deren Rückempfang zu Lehen. Solche Verfügungen wurden in der älteren Literatur gern dazu benutzt zu zeigen, dass es echt erlebensbedingte Verfügungen nicht gegeben habe. Indessen handelt es sich lediglich um einen Spezialfall der lebzeitigen Verfügungen. Domno […] Asuero abbate de monasterio […] ego Uualac. Dum omnibus non habetur incognitum, qualiter ego res meas in […] in villa […] ad monasterium […] per strumenta delegavi, sed postea mea fuit peticio et vestra seu servorum Dei, qui in ipso cenobio commodare videntur, decrevit voluntas, ut ipsas res vestras superius nominatas michi per vestrum beneficium prestare debuissetis, quod ita et fecistis. Id est ipsa porcione, quod, ut supra dixi, de parte genitore meo Francone et germano meo Uuarimbald michi advenit, quod ego, ut iam dixi, per strumenta ad monasterium […] delegavi, necnon et vineolas […]: in ea vero racione, ut ipsas res vestras superius nominatas per vestrum beneficium excolere atque usu fructuario tenere debeam et nichil exinde neque vendendi neque alienandi postestatem habeam, nisi, ut iam dixi, quamdiu advivo per vestrum beneficium tenere et excolere faciam. Unde adcensimus nos ipsos annis in luminaribus ipsius basilice ad festa sancti Salvatoris denarios 4 aut in cera aut in argento, et si de ipso censo negligens aut tardus apparuero, cum fide facta pro censo solvere faciam. Et de ipsas res expoliatus quamdiu advivo esse non debeam, post meum quoque decessum ipsas res emelioratas casa sancti Salvatoris seu rectores ipsius absque ullius iudicis consignatione vel expectata traditione recipere faciant. Actum […].

Walach, der Urkundenaussteller, berichtet, dass er sein ihm von Vater und Bruder angestorbenes Gut an die Heilandskirche in Prüm vermacht habe. Hierfür wird das Verb delegare verwendet. Eine Schenkung kann hierin vielleicht nicht ohne Weiteres gesehen werden, jedenfalls ist aus der Urkunde nichts über eine unmittelbare Gegenleistung der Heilandskirche zu erfahren. Später habe er das Gut dann auf sein Ersuchen von eben dieser Kirche als Lehen, in beneficium, zurückerhalten. Diese Vorgänge werden so dargestellt, als hätten sie sich vor der Niederschrift der Urkunde bereits in der Wirklichkeit vollzogen – sämtliche Verben werden ins Perfekt gesetzt (delegavi, fuit, decrevit, fecistis). Hier wird der echte Vollzug einer lebzeitigen Verfügung durch Übertragung des Besitzes an den Begünstigten und die echte Rückübertragung an den ursprünglich Verfügenden geschildert. Dabei wird auch deutlich, worin der Sinn dieser Rück448

L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechts, Nr. 25, S. 16 f.

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übertragung bestand. Der ursprünglich Verfügende wurde bei der Rückübertragung Lehnsnehmer des Begünstigten und verzichtete auf die volle Verfügungsgewalt über die ehemals ihm gehörenden Vermögensbestandteile. Walach sollte als lebenslänglicher Inhaber der Güter diese nicht mehr verkaufen oder der Heilandskirche sonstwie entfremden können, sondern sollte sie lediglich nutzen und landwirtschaftlich bebauen (excolere). Fraglich bleibt, ob das Gut zu Lebzeiten Walachs wirklich, wie die Urkunde glauben macht, auf die Kirche übergegangen ist – oder ob delegare nur die tatsächlich zwischen den Parteien ausgehandelte Situation umschreibt: Walach blieb in vollem Besitz und Nutz des Gutes. Er sollte nur nicht mehr die Möglichkeit haben, über das Gut zu verfügen und es der Begünstigten zu entfremden (et nichil exinde neque vendendi neque alienandi postestatem habeam). Es handelt sich bei der Urkunde Walachs demnach um eine lebzeitig vollzogene Schenkung an die Kirche und um eine ebenso lebzeitig vollzogene und auflösend bedingte (et de ipsas res expoliatus quamdiu advivo esse non debeam, post meum quoque decessum ipsas res emelioratas casa sancti Salvatoris seu rectores ipsius absque ullius iudicis consignatione vel expectata traditione recipere faciant) Lehnsreichung an Walach unter Ausschluss der Verfügungsbefugnis über die verlehnten Güter. Auch hier wurde über das Erbgut ohne Mitwirkung potenzieller Erbberechtigter verfügt. Dass es sich um Erbgut handelte, wird einleitend deutlich gemacht; die Güter, über die Walach verfügt hat, sind ihm von seinem Vater Frankonus und seinem Bruder Warimbald zugeflossen. Das hierbei gebrauchte Verbum advenire wird üblicherweise dann verwendet, wenn das Gut angestorben ist. Kinder und sonstige Erben Walachs werden nicht erwähnt. Bemerkenswert ist weiter die Formel, wonach die Güter Walachs nach dessen Tod von selbst, d. h. vor allem ohne Zustimmung eines Richters und ohne Vornahme einer der üblichen Traditionsformen, in den endgültigen Besitz des Klosters bzw. seiner Rektoren übergehen sollten. Der Wechsel des Gutes in die Alleinverfügungsgewalt des Klosters vollzog sich mithin nach der Vorstellung der Parteien unpublik außerhalb der Traditionsformen des normativen Rechts. 449 y) Urkunde des Helmbald v. Wedap zugunsten der Abtei v. Werden. Vom 8. Mai des Jahres 801450 stammt die folgende Verfügung über Einzelgut (es handelt sich um Neubruch) ohne Erlebensbedingung an die Kirche, die dasselbe Problem regelt wie die eben gezeigte Verfügung Walachs. In derselben Urkunde übertrug Abt Liudger, der Vertreter der Kirche von Werden/Ruhr, die Hälfte des Gutes zu Leibgedinge an den Verfügenden und seine Söhne zurück, wofür diese eine Zinsverpflichtung übernahmen. 449 450

Vgl. dazu weiter H ÜBNER, Die donationes post obitum, S. 123 f. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 31, S. 21.

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Dum omnibus vivinis suis non habetur incognitum, qualiter Helmbaldus […] tradidit ad reliquias sancti Salvatoris et in manus Liudgeri abbatis in elimosinam suam comprehensionem illam, quam ipse Helmbaldus in propria hereditate et in communione proximorum suorum proprio labore et adiutorio amicorum suorum legibus conprehendit et stirpaverit, id est in loco […], et postea postulavit, ut dimidiam ipsam conprehensionem in beneficium accipere deberet diebus vite sue et filii sui sub usu fructifero, id est demedio solido per singulos annos ad pasca Domini ad supradictas reliquias, que in eodem loco ponende sunt ad lumina conparanda: ita et feci ego modicus abba Liudgerus, prestiti ei dimediam conprehensionem illam in ea ratione, ut diebus vite sue et filii sui meliorati fiant res ipse que ad eandem conprehensionem respitiunt, absque ulla distractione et contradictione post obitum ipsorum ad supradictas reliquias res ipse inmeliorate revertantur et in usum servorum Dei, qui easdem relinquias procurare, Deo largiente, et custodire merentur in posterum. Acta […]. Ego Liudgerus abba subscripsi. Signum [sechs Zeugen]. Ego Uuambertus clericus subscripsi.

Über den Gegenstand der Verfügung – die comprehensio – wird ausgesagt, dass Helmbald diesen legibus451 entsprechend zu eigenem Erbrecht und zu gesamter Hand mit seinen nächsten Erben durch eigene Arbeit mit Unterstützung seiner Verwandten erworben habe. Gleichwohl verfügt Helmbald, der Söhne hat, allein darüber. Einen erbrechtlichen Zweck verfolgt das Geschäft nicht. z) Urkunde des Thancgrim und seiner Söhne Hardgrim und Athugrim v. Husten/Ruhr. Der 13. Januar 802 bringt eine weitere Verfügung zugunsten der Abtei Werden/Ruhr.452 Der Unterschied zur Urkunde Helmbalds besteht darin, dass die Söhne des Verfügenden hier aktiv an dem beurkundeten Rechtsgeschäft beteiligt waren. Den Grund hierfür liefert die Urkunde selbst. Notum fieri desideramus omnibus fidelibus qualiter ego Thancgrimus. et duo filii mei Hardgrimus et Athugrimus pro remedio animarum nostrarum. et defuncti Bosoconis tradimus partem hereditatis nostre. que nobis iusto iudicio ex lugubri occisione filii mei eiusdem bosoconis aduenit. in uilla […]. id est omnem patrimonium quod in eadem uilla Brunico et filii eius. qui eandem occisionem instigante diabolo. malignis manibus peregerunt legibus habere uisi sunt. uel ubicunque iuste aliquid ad eos pertinebat. ad reliquias sancti saluatoris. et in manus Liudgeri abbatis, quia michi et filiis meis secundum leges seculi potestati nostre diiudicatum est. Idcirco hec omnia in elemosinam nostram et filii mei occisi bosoconis cum omni integritate tradidimus Liudgero abbati. siue in terra. siue in silua. uel in omni comprehensione que ad supradictum Bruniconem et filios eius legaliter respiciebat. traditaque in perpetuum esse uolumus. et nullis umquam inmutari temporibus. Acta […]. coram testibus […]. Signum thancgrimi. qui hanc traditionis cartam fieri rogauit. et propria manu firmauit. [neun Zeugen].

451 452

Auch hier bleibt offen, ob die Gesetze oder die Rechte gemeint sind. SEIBERTZ, Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westfalen III, Nr. 1061, S. 418 f.

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Thancgrim und seine Söhne Hardgrim und Athugrim handelten bei der Verfügung gemeinsam, weil ihnen das Gut, über das sie verfügten, gemeinsam gehörte. Sie haben es aufgrund Urteils erworben – eines Urteils, das ihnen das betreffende Gut als Ausgleich für die Tötung ihres Sohnes und Bruders Bosoco zusprach. Hardgrim und Athugrim sind also nicht lediglich erbberechtigte Verwandte Thancgrims, ihnen steht vielmehr an dem betreffenden Gut bereits jetzt ein Vermögensrecht zu. Damit stellt sich ihre Mitwirkung nicht als Zustimmung, etwa als Beispruchsrecht, heraus, sondern als die zwangsläufig erforderliche Verfügung zweier selbst verfügungsberechtigter Personen. za) Urkunde des Raginbald. Eine im Jahr 957 zugunsten des Klosters Gorze ausgestellte Urkunde eines Raginbald, mit der einzelne ererbte und selbst erworbene Güter ohne erkennbare Erlebensbedingung an das Kloster übertragen wurden und der Frau des Verfügenden ein zinspflichtiger Nießbrauch daran eingeräumt werden sollte, schildert eine Übertragung der Güter an drei Mittelspersonen, die nach salischen Recht lebten und die diese Güter an das schließlich begünstigte Kloster Gorze übertragen sollten:453 […] ego Raginbaldus […] mente revolvens saepe […] tradidi namque per manus fidelium meorum lege Salica viventium, Vuinemanni videlicet et Vuachini atque Girivilfi, praedium meum […] cum […] mobilibus et immobilibus, et in cunctis, quae dici vel nominari possunt, ad ipsam curtium pertinentibus, tam de concessi s a parentibus quam a me adquisitis, ut, quemadmodum ego illis dictum tradidi alodium, ita ipsi parti altaris sancti Petri, quod est in prefato Gorziensi monasterio […] traderent et vestirent: ea scilicet ratione ut, quamdiu Fredelindis, coniux mea, vixerit, usu possideat fructuario, nullum ex eis habens pontificium454 minuendi, quin potius augendi, emeliorandi, restituendi, ac proinde annis singulis in festivitate sancti Gorgonii, quae est 5. idus Septembris, pro vestitura argenti libram persolvat. Post eius quoque discessum […] statim et absque alicuius contradictione hae res cum suis omnibus ad ius et ditionem abbatis dictae congregationis et ad prebendam monachorum […] remittantur, habeantque talem ex eis potestatem, qualem de reliquis ad eorum prebendam pertinentibus. Si autem ex ipso censu negligens aut tarda extiterit legemque facere distulerit, similiter faciant. Deprecatus sum insuper, ut huius facti scriptum in pleno mallo levaretur et a comite, scabinis aliisque Deum timentibus firmaretur. [Sanktion]. Actum […]. Isti sunt scabinii: [14 Namen].

Obwohl es für erwähnenswert gehalten wird, dass die Mittelspersonen nach salischem Recht lebten, sind die sonstigen Erfordernisse der salischen Affatomie hier offensichtlich nicht (mehr) eingehalten worden. Es genügte zur Wirksamkeit der Verfügung die traditio legitima/uizzethatia sala, die vor dem ordentlichen Gericht (dem Grafengericht) vorgenommen und vom Grafen 453 454

L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 72, S. 57 f. Pontificium ist zu verbessern in potestas oder ius.

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und den Schöffen bestätigt worden ist. 455 Insofern bestätigt die Urkunde die Geltung des durch LRib und Kapitularien fortgebildeten merowingischkarolingischen Rechts. zb) Weitere bekanntere Urkunden. Weitere sofort wirksame Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände sind die Urkunde eines Wano aus dem Jahre 783,456 bei der ohne Erbenlaub über ererbtes Gut verfügt wurde,457 die 792 angefertigte Urkunde der Eheleute Paulus und Tassila in Rieti zugunsten des dortigen Klosters St.a Maria, 458 die im Mai 902 ausgestellte Urkunde eines Guitbald v. Bouyssols zugunsten der Kirche von Rodez in Guyenne, 459 und eine 910 ausgestellte Urkunde der Königin Richilde zugunsten des Klosters Gorze.460 Schließlich sind zu einem „Testament“ zusammengefasste Einzelzuwendungen des Bischofs Brun v. Köln (953-965),461 warmhändige Einzelzuwendungen des Augsburger Bischofs Ulrich (923-973), 462 des Metzer Bischofs Adalbero II. (984-1005)463 und des Bischofs Heribert v. Köln (9991021)464 zu nennen. Warmhändige Zuwendungen von Bischöfen, die das gesamte Vermögen des Verfügenden erfassten, müssen immer vor dem Hintergrund des Streits 455

456 457 458 459 460

461 462 463 464

Ob in diesem Gericht noch eine levatio cartae vorgenommen worden ist, worauf der Text der Urkunde hinweist, soll dahinstehen. Diese ist als Wirksamkeitsvoraussetzung weder den leges, noch den Kapitularien, noch auch den Formularen zu entnehmen. Weitere Belege für die levatio cartae sind die (burgundische) Urkunde des Anselm v. Lausanne (anno 1025), s. L OERSCH /S CHRÖDER /P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 77, S. 60 f. und ein langobardisches Kartular aus dem 11. Jh., in dem für die verschiedenen Volksrechte verschiedene Formularien bei der traditio venditionis aufgeführt sind, s. LOERSCH / S CHRÖDER /P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 86, S. 67 und MGH LL 4, S. 595. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 29, S. 20. Vgl. zur Urkunde auch BESELER, Die Lehre von den Erbverträgen I, S. 51 ff. GIORGI /BALZANI, Il regesto di Farfa compilato da Gregorio di Catino II, CLXVIII, Documento 152, S. 126-128. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 68, S. 53 f. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 69, S. 54 f. Hier wird die sofort übertragene villa gegen eine Zinszahlung an die ursprüngliche Eigentümerin zu beneficium rückübertragen. Vgl. dazu H AARLÄNDER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 599, 600 f. S. HAARLÄNDER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 599, 603. H AARLÄNDER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 599, 603. H AARLÄNDER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 599, 604.

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um das mit dem Investiturrecht verknüpfte Spolienrecht betrachtet werden. 465 Insofern mag es sein, dass die „Bischofstestamente“, die sich oft in Einzelverfügungen erschöpfen, insofern einen nicht verallgemeinerungsfähigen Sonderfall darstellen, als der Verfügende in der Wahl des Rechtsinstituts, mit dem das Vermögen weitergegeben wurde, nicht frei war. Wegen des bis zur Confoederatio cum principibus ecclesiasticis 1220 auf Reichsebene relevanten Anspruchs des Herrschers auf den Nachlass eines verstorbenen geistlichen Fürsten konnte ein Bischof, der sein Vermögen der Kirche oder kirchlichen Einrichtungen zuwenden wollte, es oftmals gar nicht riskieren, dass dieses Vermögen in den Nachlass und erst aus diesem an den in Aussicht genommenen Begünstigten fiel. Er musste also warmhändig verfügen. Hieraus darf nicht geschlossen werden, dass kalthändige Verfügungen nicht möglich gewesen wären, dass also keine Testierfreiheit geherrscht hätte – sie waren eventuell nur untunlich. Auch die Urkunde König Heinrichs I. zur Bestellung eines Wittums zugunsten seiner Ehefrau Mathilde vom 16. 9. 929 466 gehört schließlich zu den lebzeitigen Einzelzuwendungen, ebenso wie die zwischen 1037 und 1052 ausgestellte Urkunde eines Werinbrecht zugunsten der Kirche von Osnabrück.467 Diese beiden letztgenannten Urkunden enthalten den ausdrücklich erwähnten Konsens eines erbberechtigten Verwandten des Verfügenden. Der Vollständigkeit halber seien weiter 23 lebzeitige Verfügungen über einzelne Güter genannt, die in der Sammlung von Pardessus ediert sind, 468 deren ausführliche Darstellung sich aber nicht rechtfertigt, da keine anderen als die schon diskutierten Probleme und Ergebnisse enthalten sind.

(2) Verfügungen von Todes wegen Alle folgenden Urkunden überliefern Verfügungen über einzelne konkrete Vermögensbestandteile, die unter der Bedingung standen, dass der Begünstigte den Verfügenden überlebte. a) Urkunde des Abtes Fulrad v. St. Denis. Eine echte Besonderheit stellt die Urkunde des Abtes Fulrad v. St. Denis/Paris, die im Zeitraum Januar-März des Jahres 777469 abgefasst wurde, dar. Sie ist nicht nur äußerlich auffällig, 465

466 467 468 469

Vgl. die Schilderung der lebzeitigen Verfügung des Kölner Bischofs Anno II. (1056-1075) und die Auseinandersetzung mit dem Spolienrecht bei HAARLÄNDER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 599, 607 ff. MGH DD RI I, S. 55, Nr. 20 (Edition SICKEL). L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 79, S. 61 f. P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II (Addita), Nrn. 10, 11, 14, 16, 20, 25, 36, 38, 39, 40, 48, 49, 53, 58, 60, 61, 63, 65, 66, 67, 72, 75, 80. TANGL, Das Testament Fulrads von Saint-Denis, S. 540-581, erstmals erschienen in: Neues Archiv für ältere deutsche Geschichtskunde 32 (1907), S. 167-217.

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sondern sie ist auch das erste der hier betrachteten Stücke, das einen echten Verfügungsvorbehalt470 enthält und sich damit als Verfügung von Todes wegen zu erkennen gibt. […] Ego Fulradus […] dono donatumque in perpetuum omnes res proprietatis meae, quicquid de succesionem parentum meorum mihi obvenit vel dationibus regum seu de conparato vel commutationis et traditionis, quantumcumque mihi et germano meo Gaustberto traditum fuit, et quicquid ipse germanus meus Gaustbertus mihi tradidit, et villas denominatas, quae Theudericus mihi tradidit, id sunt […]471, quicquid in ipsos pagos visus sum habere […], undecumque moderno tempore vestitus sum, totum et ad integrum […] ad partes sancti Dyonisii a die presente pro anime meae et genitore meo Riculfo et genetrice mea Ermengarde et germano meo Gaustberto et Bonefacio et sorore mea Uualdradane et pro genealogia mea, ut per intercessionem sancti Dyonisii cum sociis suis mereamur adaepisci vitam aeternam. Similiter […], quicquid ibidem datum fuit de conlata populi et ipse populus mihi tradidit, omnia ex omnibus, sicut per testamentum meum iam confirmavi, a partibus sancti Dionisii ipsa cella debeat ascipere, tam illas commutationes, que cum Angalramno episcopo feci, quamque et reliquas commutationes. Similiter […], quamtumcumque ad ipsas cellas ascipere videntur et conlata populi ibidem delegavit […], totum et ad integrum a die presente ad partes sancti Dionisii delegavi. Et dum ego vixero, ipsas res in mea potestate habere debeam; post meum quoque discessum absque ullius iudicis contradictione a partibus sancti Dionisii debeant revertere. Et nullus heredisque meorum potestatem habeant contra hanc traditione mea agere [Sanktion, Stipulation]. Actum […].

Diese Urkunde ist in einer Weise besiegelt, die unter den erhaltenen Urkunden des 8. und 9. Jhs. eine einmalige Sonderstellung einnimmt. 472 Rechts unten in der Ecke des Pergaments ist das Blatt viermal vertikal eingeschnitten, so dass zwei Streifen entstanden. In diesen Streifen, die zur Schleife gehoben wurden, steckt noch heute ein dünner hölzerner Zweig – eine festuca – das Symbol der Verfügung, das bei der Affatomie eine so zentrale Rolle spielte. Tangl meint, die Urkunde bringe so wie kaum eine zweite den Kompromiss zwischen römisch-rechtlicher und deutsch-rechtlicher Anschauung sichtbar zum Ausdruck.473 Joswig spricht (etwas weniger weitgehend) zutreffend von einer Verbindung von Urkunde und Sachsymbol474 und weist damit auf das Aufeinandertreffen bzw. die Verbindung von unschriftlichem und schriftlichem Rechtsverkehr hin.

470 471

472 473 474

Im Unterschied zu einem Nießbrauchsvorbehalt. Zu Struktur und Zusammensetzung vgl. TANGL, Das Testament Fulrads von SaintDenis, S. 544 und 572 ff. in den Fußnoten. Diese Einzelaufzählung ist unvollständig; s. TANGL, Das Testament Fulrads von Saint-Denis, S. 544. Vgl. TANGL, Das Testament Fulrads von Saint-Denis, S. 554 f. TANGL, Das Testament Fulrads von Saint-Denis, S. 555. JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 164.

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Die Urkunde wird auch als Testament bezeichnet – nicht nur in der Überschrift von Tangls Abhandlung, sondern auch in Tangls Text, wo es heißt, dass Fulrad das Kloster St. Denis zu seinem Erben eingesetzt habe. 475 Eine Anknüpfung an das römische Recht ist indessen schwerlich zu erkennen. Fulrad war ein begüterter Austrasier, wahrscheinlich beheimatet im Elsass und auf der Spitze seiner Karriere Erzkaplan am Hofe Pippins III. und Karls d. Gr. 476 Die Verfügung des Einzelbesitzes an das Kloster von St. Denis fand in Herstal vor ausschließlich fränkischen Zeugen, wahrscheinlich im Königsgericht Karls d. Gr. statt. Die Urkunde beinhaltet keinen Anklang an die Testamentsformen des römischen Rechts, weder in Gestalt des echten römischen Testaments (mit Testamentserrichtungs- und/oder Kodizillarklausel, Erbeinsetzungsklausel, ita do, ita lego, ita testor-Formel), noch des römischen Kodizills. 477 Nirgendwo im Text wird St. Denis als Erbin Fulrads bezeichnet. Die einzige Stelle, an der das Wort testamentum verwendet wird, hat keinen Bezug zur Verfügung zugunsten von St. Denis, 478 sondern bezieht sich auf die Herkunft eines der jetzt an St. Denis verfügten Einzelgüter – Salona –, das Fulrad vom Saloneser populus übertragen worden sei, was er, Fulrad, durch testamentum bereits bestätigt habe. Ein (spät-) römisches Testament kann in der Urkunde mithin nicht gesehen werden. In der Literatur ist denn auch darauf hingewiesen worden, dass die Urkunde Fulrads eine lebzeitige Verfügung darstelle479 – was wohl bedeutet, dass es sich nicht um ein römisch-rechtliches Testament handeln kann. Dafür spricht, dass Fulrad seine Verfügung, die er als schenkungsmotiviert bezeichnet (Fulrad verwendet das Verbum donare), ausdrücklich a die presente vornimmt. Gegen die Lebzeitigkeit der Verfügung spricht das bemerkenswerte rechtliche Charakteristikum der Urkunde – der schon eingangs angedeutete Verfügungsvorbehalt, mit dem Fulrad sich das Recht der Verfügung über seine Eigengüter auf Lebenszeit vorbehielt. Dem entspricht es, dass von einer Übereignung der Güter an St. Denis in der Urkunde nicht die Rede ist. 480 Vielmehr handelt es sich um ein bedingtes Versprechen Fulrads, die einzeln aufgezählten Güter an seine Kirche St. Denis zu verschenken. Der als Bedingung verwendete Vorbehalt lautet: Et dum ego vixero, ipsas res in mea potestate habere debeam; post meum quoque discessum absque

475 476 477 478 479 480

TANGL, Das Testament Fulrads von Saint-Denis, S. 541. TANGL, Das Testament Fulrads von Saint-Denis, S. 540. Dies ändert sich auch nicht, wenn die formalen und inhaltlichen Erleichterungen der spätrömischen Entwicklung als Maßstab angelegt werden. Zutreffend K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 249. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 249. So aber wohl K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 249.

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ullius iudicis contradictione a partibus sancti Dionisii debeant revertere.481 Für das Verständnis dieses Vorbehalts ist die Übersetzung des Verbums revertere bedeutsam. Entweder sollen die bereits übertragenen Güter an St. Denis zurückfallen482 – dann müsste die in der Urkunde verwendete Form revertere von dem Passivverbum revertari abgeleitet werden können. Nur für dieses ist die Übersetzung zurückfallen gesichert. Oder die versprochenen Güter sollen nach dem Tod Fulrads dem Kloster St. Denis zugewendet werden – dann wäre die von Fulrad verwendete Form ein einfacher Indikativ Aktiv 483, der durch die Zusammenstellung mit debeant (einem Konjunktiv Plural) wieder passivisch übersetzt werden muss. Wer die erstere Übersetzung favorisiert, müsste in der Verfügung eine lebzeitig durch tatsächliche Tradition der Güter an St. Denis vollzogene Schenkung Fulrads an St. Denis sehen. Der Vorbehalt wäre dann Ausdruck einer Rückübertragung der verfügten Güter durch St. Denis an Fulrad und der Tod Fulrads könnte tatsächlich als Voraussetzung für ein Zurückfallen der Güter an St. Denis angesehen werden. Die Urkunde beschriebe dann ein aus zwei Teilen zusammengesetztes Rechtsgeschäft: erstens eine lebzeitige Verfügung von Fulrad an seine Kirche St. Denis und zweitens eine ebenso lebzeitige, dafür aber auflösend bedingte Rückverfügung von St. Denis an Fulrad, wobei dieser hier als Vertreter von St. Denis auf beiden Seiten des Geschäfts gehandelt hätte. Da der Tod Fulrads inzwischen eingetreten ist, sind die einzelnen Güter nach Eintritt der auflösenden Bedingung wieder an St. Denis zurückgefallen. Wer die letztere Übersetzung vorzieht, kommt zu einem einaktigen Rechtsgeschäft. Über die Güter wird nur einmal verfügt – durch Fulrad – diese Verfügung ist aber aufschiebend bedingt durch Fulrads Tod. Mit dem Eintritt der Bedingung sollten die Güter dann St. Denis zugewendet werden – debeant revertere. Diese Verfügung wäre erbrechtlich motiviert und auf keinen Fall lebzeitig vollzogen. Hier wird die zweite Variante befürwortet. Dies hat zunächst einen grammatikalischen Grund. Es ist schwer nachzuvollziehen, dass ein zweiaktiges, in Wahrheit auflösend bedingtes Rechtsgeschäft durch einen gebildeten Vertreter einer der Hauptkirchen des Frankenreiches so missverständlich formuliert worden wäre, dass hierin auch ein einaktiges, aufschiebend bedingtes Geschäft gesehen werden könnte. Die Urkunde ist auch nicht in einem Latein abgefasst, das verriete, dass der Schreiber sich der Bedeutung seiner Worte und Sätze nicht sicher gewesen sein könnte, was immerhin ein Anhalt dafür sein könnte, dass der grammatische Unterschied zwischen revertari und revertere nicht verstanden worden wäre. Näher liegt es anzunehmen, dass Ful481

482 483

Und solange ich leben werde, sollen diese Güter in meiner Gewalt sein; nach meinem Abgang aber sollen sie ohne Widerspruch irgendeines Richters an St. Denis gewendet werden. So der Vorschlag von K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 249. Revertere wäre dann bedeutungsgleich mit transmigrare oder tradere.

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rad und der nicht genannte Schreiber (möglicherweise hat Fulrad die Urkunde selbst geschrieben), wenn sie wirklich ein zweiaktiges Rechtsgeschäft schriftlich niederlegen wollten, dies auch wirklich getan hätten. Hinzu tritt aber noch eine weitere Überlegung. Fulrad wollte die gegenständlichen Güter in seiner Verfügungsgewalt behalten. Der Vorbehalt enthält keine Beschränkung etwa auf eine bloße Nutzung ohne Veräußerungsbefugnis durch den Abt. Welcher zusätzliche rechtliche Vorteil wäre bei einem zweiaktigen Rechtsgeschäft entweder auf Fulrads oder auf St. Denis’ Seite entstanden? Ein solches zweiaktiges Vorgehen ist nur sinnvoll, wenn die Rückübertragung durch den letztendlich Begünstigten an den ursprünglichen Inhaber des Gutes oder Rechts mit einer Einschränkung von dessen Verfügungsgewalt einhergeht. Dass ein solches Vorgehen Sinn macht und im fränkischen Recht bekannt und üblich war, zeigt die zeitgleich vorgenommene Verfügung Walachs zugunsten der Heilandskirche in Prüm. Genau das aber ist bei Fulrad v. St. Denis nicht erkennbar. Nach allem lässt sich zusammenfassen, dass die Verfügung des Abtes Fulrad eine einseitige, erlebensbedingte Verfügung über einzelne Bestandteile seines Vermögens darstellt, über dessen sonstige Größe und über dessen sonstiges erbrechtliches Schicksal nichts bekannt ist. Es handelt sich um eine Schenkung von Todes wegen. b) Urkunde des Victor in Rieti. Eine interessante, mehrfach bedingte Verfügung zugunsten der Kirche und zugunsten der Ehefrau des Verfügenden stammt ebenfalls aus dem Jahre 777. Bei dieser Urkunde handelt es sich zwar um eine aus dem Herzogtum Spoleto und aus einer langobardischen Stadt484 stammende Urkunde – ihre Behandlung als fränkische Rechtstatsache ist damit streng genommen nicht gerechtfertigt. Ich gehe hierauf nur ein, weil die Urkunde in der Literatur bereits besprochen worden ist. Victor ordnet an:485 […] Ideoque ego uictor, dono, trado, atque concedo in aeterna traditione pro remedio animae meae in monasterio […] portionem meam in […], casas […]. Simul et portionem meam in […], casas […], sic in ipso sancto loco tradimus possidendam […], in tali vero tenore ut si ipsa [gemeint ist Victors Frau Tassila] lectum meum custodierit absque mala operatione, dum ipsa aduixerit, omnia ista quae nominatiue diximus […], habeat coniux mea, usu fructuandi non alienandi. Post eius uero discessum, omnia in integrum deueniant […] in potestate sanctae dei genetricis Mariae […]. In tali autem tenore ista omnia disposuimus, ut si michi dominus uitam conseruauerit, omnia in integrum in mea sint potestate, sicut prius fuit, faciendi quod uoluero. Actum […].

484 485

MARAZZI, in: LexMA VII, Sp. 842: Eine in ihrer äußeren Charakteristik langobardisierte städtische Aristokratie habe als Partner der Abtei Farfa agiert. GIORGI /BALZANI, Il regesto di Farfa compilato da Gregorio di Catino, Documento 108, S. 96 f.

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Auch hier handelt es sich wieder um eine zugunsten der Kirche vorgenommene Verfügung. Im Unterschied zu der Walachs handelt es sich bei der Verfügung Viktors aus Rieti jedoch um eine vom Tode motivierte Verfügung. Der Verfügende lag offenbar krank darnieder. Er verschenkte, übergab und trat an das Kloster Sta. Maria in Acutia Teile seines Vermögens ab, wobei nicht deutlich wird, ob es sich bei den gegenständlichen Gütern um Viktors ganzes Vermögen oder nur um Einzelteile desselben handelte. Da dies aus der Urkunde selbst nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, muss unterstellt werden, dass es sich nur um Teile des Vermögens handelte. Diese Verfügung war jedoch in zweierlei Hinsicht bedingt. Erstens sollte die Frau Viktors, Tassila, ein lebenslanges Nutzungsrecht an den gegenständlichen Gütern haben, wenn sie das Bett, in welchem Viktor krank lag, gut hütete (in tali vero tenore ut si ipsa lectum meum custodierit absque mala operatione, dum ipsa aduixerit, omnia ista quae nominatiue diximus, habeat coniux mea, usu fructuandi non alienandi). Zweitens wollte Viktor selbst die volle und unumschränkte Verfügungsgewalt behalten, wenn er – seine Krankheit überstehend – am Leben bleiben sollte (in tali autem tenore ista omnia disposuimus, ut si michi dominus uitam conseruauerit, omnia in integrum in mea sint potestate, sicut prius fuit, faciendi quod uoluero). Es handelt sich um eine letztwillige Einzelgutsverfügung von Todes wegen, um eine Schenkung von Todes wegen. Zu weit geht deshalb die oben angedeutete Ansicht Kastens, Viktor habe seine Ehefrau zur Vorerbin, das Kloster zur Nacherbin eingesetzt. 486 Das lebenslange Nutzungsrecht der Ehefrau – der Nießbrauch – unterscheidet sich deutlich von der Erbenstellung des Vorerben. c) Urkunde des Bischofs Remigius v. Straßburg. Remigius urkundete im Jahre 778 zugunsten der Straßburger Kirche St.a Maria. Diese Urkunde fällt zwar sowohl wegen ihrer geografischen Herkunft als auch wegen des in ihr erscheinenden Verweises auf die LAla aus dem von den (ausschließlich fränkischen) leges umschriebenen Untersuchungsgebiet heraus. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass in der Sache trotzdem auf das merowingisch-karolingische Recht Bezug genommen wird. Das lässt auch erkennen, wie eine Normenhierarchie im fränkischen Reich gedacht werden könnte. Der Text der Urkunde lautet:487 […] ego itaque Remigius […] episcopus Argentinensis urbis sana mente sanoque consilio hoc testamentum feci, quod ego plena devotione et unita voluntate condidi, quod ego ipse dictavi et manibus meis scripsi et subscripsi adhibitis legitimi numeri testibus, qui a nobis rogati subter subscripserunt vel signacula manibus suis roboraverunt. quod testamentum volo ut advicem omnium codicellorum plenissimam obtineat firmitatem, et si causa juris civilis pretorii aliquis tamquam intestatum velit infirmare, et ut id non valeat, dentur testes huic heredi mee sanc486 487

K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 255. WIEGAND, Urkundenbuch der Stadt Straßburg I, Nr. 16, S. 11-14.

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rosanctæ ecclesie ac domne mee Marie genitrici dei domini nostri Jesu Christi Argentinensi, ubi me peccatorem pietas dei vel misericordia sancte Marie honorem pontificatus habere præcepit. propterea dulcissima domna mea sancta Maria te esse constituo heredem meam et in omnibus eligo atque decerno et fidei tue cuncta, que a me decreta sunt, sub tua protectione commendo, et que subter in hoc testamento conscripta continentur, tu piissima et dulcissima domna coram deo celi et terre meam in omnibus voluntatem adimplendam atque perficiendam summam habeas potestatem. igitur tu dulcissima domna mea sancta Maria, cum me deus de hac luce fragilique corpore sua vocatione jusserit emigrare, tu mihi domina heres assistas.

Nach dieser klar erkennbar am römischen Formular488 orientierten Erbeinsetzung fuhr der Aussteller fort: propterea tibi, dulcissima domna mea heres mea sancta Maria, tibi dono donatumque in perpetuum esse volo in ea ratione, ut dum mihi deus spacium dederit ad vivendum et Scolastice nepte mee vel Raderamno abnepoti meo, quicquid visus sum habere in […]. propterea tibi, dulcissima, dono, et heres mea sancta Maria, tibi trado ipsam insulam pro anime mee remedio vel pro eterna retributione, ut apud pium dominum veniam merear adipisci sempiternam. […] ideoque dulcissima domna et heres mea, tibi ipsam insulam […] trado cum omni integritate […], vel quicquid dici aut nominari potest et mea ibidem legitima hodie videtur esse possessio, vel quicquid ad ipsum sanctum locum aspicere videtur vel a bonis hominibus per series scripturarum ibidem condonatum fuit, vel quicquid ego ibidem conquisivi aut mihi traditum fuit, vel per comparationis titulum conquisivi. et ego iterum per donationis titulum ad ipsum locum sanctum delegavi tibi, dulcissima domna mea sancta Maria, in ea ratione, sicut superius conscripsimus, tradimus atque transfundimus, ut tu ipsa pro peccatis meis exorare digneris, ut veniam merear accipere et molem peccaminum meorum minuere. similiter tibi dono, dulcissima domna et heres mea […] monasteriolum, […], quod Rapertus […] mihi per suum cultellum coram testibus tradidit, et iterum germani ipsius Raperti his nominibus Erlulfus et Cundbertus ipsum monasteriolum requisierunt, et ego ipsos exinde revestivi. sed postea gratias deo et intercedentibus bonis hominibus et xenio meo, quod ego dedi, vel beneficium meum, quod ego illis per precariam beneficiavi, dum ipse adviverent et exinde nobis censum solverent, et post eorum obitum in nostram revocaremus dominationem, et ipsum beneficium hoc est, quod Raperti proprietas fuit ex alode. et pro hoc ipsius germani Raperti ipsum monasteriolum nobis iterum tradiderunt coram testibus, seu et cartulam traditionis nobis fecerunt, et de ipso monasteriolo nobis revestierunt, et per festucam sibi exinde de ipso monasteriolo exiti fecerunt coram testibus, sicut lex Alamannorum fuit. propterea tibi, dulcissima et heres mea sancta Maria, dono tibi ipsum monasteriolum, quod dicitur Werith […] tam pro salute anime mee quam pro remedio anime Raperti episcopi, ut tu ipsa intercedes pro nobis […]. propterea tibi, dulcissima et heres mea sancta Maria, dono ipsum monasteriolum superius denominatum cum omni integritate vel soliditate, 488

Semmler schlussfolgert hieraus, der Aussteller habe sich bemüht, möglichst viel von Formular und Formelbestand des zu diesem Zeitpunkt „unmodern “ gewordenen spätantiken Bischofstestaments zu bewahren; DERS., in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 586.

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cum basilicis, cum domibus […]. tibi, dulcissima et heres mea sancta Maria, hec omnia superius denominata tibi trado atque transfundo in ea ratione, sicut superius diximus. quod ego ipse et Scolastica nepta mea et Raderamnus abnepos meus, dum advivimus, per tuum beneficium domna mea et successores mei, qui tunc temporis esse videntur, habere debeamus sub usu fructuario, et censum annis singul is ad festivitatem sanctæ Marie in dedicatione ipsius altaris, quod modo dedicavimus, solidos 20 in argento dare debeamus. et hoc volumus, ut ipsos solidos illic clerici nostri canonici in nostra elymosina recipiant, ut ipsos melius delectet die noctuque deo et sanctæ Marie deservire et pro nobis dominum exorare, et ut nomina nostra scripta sunt in libro vite, et ut corpusculum meum in illa cripta, quam novo opere feci, requiescat. volo ego et precor et rogo successoresque meos contestor, ut per nullam occasionem licentiam habeatis Scolastice nepte mee nec Raderamno abnepoti meo de ipso beneficio, quod ego dedi, eicere foras, hoc est illa cella sancte Sophie in insula Ascgaugia et illo monasteriolo in Aragaugia, quod dicitur Werida. et si ista contempneritis aut aliud facere vultis, nisi quod ego superius conscripsi, ante tribunal Christi exinde deducatis rationem et hoc non valeatis facere. et quandoquidem cum ego Remigius et Scolastica et Raderamnus jam fati munus inpleverimus, tum sacrosancta ecclesia sancta Maria agentesque tui totum ad integrum, sicut a nobis fuit possessum, in vestram revocetis potestatem atque dominium, et tibi perpetualiter, sancta Maria heres nostra, proficiat in augmentum. et hoc volumus et supplicamus, ut post nostrorum quoque discessum nullus homo illas cellulas Ascgaugiam et Werida, quas ego ad sanctam Mariam dedi, nullo tempore in beneficio habeat. [Sanktion, Stipulation]. Actum […].

Der Editor meint, es sei berechtigt, an der Form der in einer Handschrift aus dem 10. Jh. überlieferten Urkunde, an den andauernden Apostrophen (fortwährend wird die Titulatur sacrosancta wiederholt) der Maria und der ängstlich sorgfältigen Beobachtung der Rechtsnormen für Testamente Anstoß zu nehmen und meint, wenn hier nicht gar ein späterer Fälscher am Werke gewesen sei, dann liege jedenfalls eine spätere Umarbeitung vor. 489 In der Tat wirken einige der Formulierungen befremdlich, insbesondere stört die ständige Wiederholung der Einzelverfügungen zugunsten der Kirche, sogar in die Reihe der Zeugenunterschriften ist nochmals eine umfängliche Inhaltsangabe der Verfügung eingeschaltet. Diese Frage kann sich aus der Edition der Urkunde allein nicht klären lassen und die folgenden Überlegungen zum angeblichen „Testament“ des Bischofs Remigius gehen deshalb von der Hypothese aus, dass die Urkunde echt sei. Inhaltlich fällt besonders auf, wieso in der Urkunde andauernd wiederholt wird, dass St.a Maria die Erbin des Remigius sei. Diese ständige Wiederholung ist im überlieferten Urkundenmaterial singulär und wirkt für heutige Leser aufdringlich. Angesichts dieser fortgesetzten Beteuerungen ist denn auch vermutet worden, dass Remigius tatsächlich die Muttergottes als reale Part-

489

WIEGAND, Urkundenbuch der Stadt Straßburg I, S. 14.

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nerin seiner Verfügung angesehen habe.490 Sollte diese Vermutung zutreffen, dann stünde die Urkunde im 8. Jahrhundert auch bezüglich ihres Inhaltes singulär dar. Kaum eine andere überlieferte Verfügung weist dieses Charakteristikum – eine direkte Erbeinsetzung einer weltlich nicht realen Person – ebenfalls auf, keine jedoch in so prägnanter Form wie die Verfügung des Remigius. Erbeinsetzungen von konkreten Kirchen, und nicht von Heiligen, kommen dagegen vor. Es bietet sich aber auch eine andere Erklärung für diese Besonderheit der Urkunde an. Unterstellt, es handelt sich nicht um eine Fälschung oder eine spätere Umarbeitung, sondern um den authentischen Text des Jahres 778, dann könnte mit der Erbeinsetzung der Muttergottes und ihrer fortwährenden Titulatur als heres mea des Remigius eine rein sakrale Zielrichtung verfolgt worden sein. Remigius kann es vor allem darauf angekommen sein, in der Person der Muttergottes – wieder in Gestalt der Straßburger Kirche – einen Sakralerben für sich zu schaffen, dem nach dem Tod Remigius’ die Sorge für dessen Kult obliegen sollte. Dies wird wahrscheinlicher durch einige weitere Überlegungen. Die Urkunde tritt zwar nach außen wie ein in römischen Testamentsformen verfasstes Testament auf. Remigius gibt an, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte dieses Testament errichtet zu haben, verwendet die Kodizillarklausel und setzt die Muttergottes zur Erbin ein: ego […] sana mente sanoque consilio hoc testamentum feci, quod ego plena devotione et unita voluntate condidi, quod ego ipse dictavi et manibus meis scripsi et subscripsi adhibitis legitimi numeri testibus, qui a nobis rogati subter subscripserunt vel signacula manibus suis roboraverunt. quod testamentum volo ut advicem omnium codicellorum plenissimam obtineat firmitatem, et si causa juris civilis pretorii aliquis tamquam intestatum velit infirmare, et ut id non valeat, dentur testes huic heredi mee […], ubi me peccatorem pietas vel misericordia sancte Marie honorem pontificatus habere præcepit. propterea dulcissima domna mea sancta Maria te esse constituo heredem meam.491 Der vermögensrechtlich greifbare Inhalt ist aber demgegenüber keinesfalls eine Erbeinsetzung, sondern eine zugunsten der Straßburger Marienkirche492 vorgenommene Einzelgutsverfügung über mehrere einzelne Bestandteile des Vermögens Remigius’ ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt. Jede einzelne Verfügung über jedes einzeln erwähnte Gut wird als Schenkung bezeichnet. Alle diese Schenkungen wurden einzeln und der Reihe nach vor490

491

492

K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 250: es handele sich hier um ein Beispiel für die imaginäre, aber durchaus rechtserhebliche Übertragung von Besitztiteln an die Heilige. Kasten meint, Remigius habe das römisch-rechtlich geprägte fränkische Formular für Testamente in beinahe reiner Form verwendet; K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 249. So auch SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 586.

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genommen. Für den Teile dieser Schenkungen erfassenden Nießbrauch zugunsten Remigius’ und seiner Schützlinge Scholastica493 und Raderamn (quod ego ipse et Scolastica nepta mea et Raderamnus abnepos meus, dum advivimus, per tuum beneficium domna mea et successores mei, qui tunc temporis esse videntur, habere debeamus sub usu fructuario) wurde dabei die rechtliche Konstruktion des Lehens gewählt, für das der Verfügende und künftige Lehnsnehmer eine Jahrzinszahlung übernahm, über deren künftige Verwendung wiederum er und nicht die Begünstigte entschied und den er weiteren Beschränkungen unterwarf. Die Einkleidung dieses rechtlichen Inhalts in römische Formen ist hier aber deshalb auffällig, weil anhand der Urkunde nicht erkennbar wird, welche Rolle die Erbin in vermögensrechtlicher Hinsicht über die Verfügung über die beiden Klostergüter im Elsaß und im Aargau hinaus spielen sollte. Eine Erwähnung des sonstigen Besitzes des Remigius fehlt. Es mag sein, dass das Vermögen nach diesen Einzelverfügungen erschöpft gewesen ist und an sonstigem Vermögen nur noch die bewegliche Habe des Bischofs vorhanden war, für die sich in der Kirche sicherlich weitere Verwendung hat finden lassen. In diesem Falle bliebe die Erbeinsetzung der Kirche nach römischem Vorbild in Hinblick auf das Vermögen zweckfrei. Die religiöse Motivierung sowohl der Erbeinsetzung als auch der relevanten Einzelverfügungen wird aber auch aus dem Wortlaut der Urkunde selbst erkennbar. Beide sollen vorderhand dazu dienen, dass die „Erbin “ für alle in der Urkunde getroffenen Regelungen die Schutzherrschaft übernehme und vor Gott und den Menschen in jeder Hinsicht die Macht habe, des Remigius Willen durchzusetzen (propterea dulcissima domna mea sancta Maria te esse constituo heredem meam et in omnibus eligo atque decerno et fidei tue cuncta, que a me decreta sunt, sub tua protectione commendo, et que subter in hoc testamento conscripta continentur, tu piissima et dulcissima domna coram deo celi et terre meam in omnibus voluntatem adimplendam atque perficiendam summam habeas potestatem), dass sie in Gestalt ihres Konventes für den am Ende seines Lebens offensichtlich einige in der Vergangenheit liegende Handlungen bereuenden Altbischof Fürbitte leiste (ut tu ipsa pro peccatis meis exorare digneris, ut veniam merear accipere et molem peccaminum meorum minuere) und dass sie ihm beim von Gott verfügten Sterben beistehe (igitur tu dulcissima domna mea sancta Maria, cum me deus de hac luce fragilique corpore sua vocatione jusserit emigrare, tu mihi domina heres assistas). Alle diese Zwecksetzungen beziehen sich nicht auf die einzelnen Verfügungsgegenstände und verfolgen keinen auf diese bezogenen rechtlich fassbaren Zweck, sondern lassen erkennen, dass es sich bei der „Erbeinsetzung“ der Muttergottes um eine religiös motivierte Anrufung handelt.

493

Sollte hier wirklich eine weibliche Enkelin (nepta mea) dieses Namens gemeint sein? Gegen die Personifizierung einer Institution (etwa einer Klosterschule o. ä.) wiederum spricht die Begrenzung des Nießbrauchs auch auf deren Lebenszeit.

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Schließlich ist zu berücksichtigen, dass schon das klassische römische Recht bei der testamentarisch verfügten Erbeinsetzung ebenfalls genau diese religiöse Dimension kannte. Sollte Remigius oder der Notar, der die Urkunde aufgesetzt hat, diese Besonderheit des römischen Testamentsrechts noch gekannt haben (wofür angesichts der Formulierungen einiges spricht), dann wäre die Urkunde in ihrem Inhalt zweigeteilt. Hinsichtlich der Erbeinsetzung und der Verwendung römischer Formularien handelte es sich um eine aus religiösen Gründen verwendete Formularhülle. Bezüglich der einzelnen wirtschaftlich relevanten Verfügungen handelte es sich um lebzeitig vollzogene Verfügungen über Einzelvermögensbestandteile, die mit einigen Vorbehalten und Bedingungen versehen worden sind (Nießbrauchsvorbehalt, Jahrzinsbestimmung, Verbot der Lehnsreichung einiger der gegenständlichen Güter nach dem Tod des Verfügenden und seines Schützlings Raderamn). Bei diesem – hier favorisiertem – Verständnis träfe die Überlegung Kastens, bei Remigius’ Verfügung divergierten deutlich die rechtliche Form und die Art des Rechtsgeschäfts,494 nicht zu. Vielmehr darf davon ausgegangen werden, dass die römische Erbeinsetzung, die Kodizillarklausel und der Bezug auf das zivile und prätorische Recht, so sinnlos er im Jahre 778 sein mochte, sich auf die lebzeitige Einzelgutsverfügung mit Nießbrauchsvorbehalt nicht auswirkte. Sollte die Urkunde aber doch keine Fälschung sein, sondern tatsächlich dem letzten Drittel des 8. Jh. entstammen, so gewinnt sie an Wert durch die Schilderung des bisherigen Schicksals des Klösterleins (monasteriolum) Schönenwerd im Aargau, bei der auf die Verfügung durch die Vorbesitzer Erlulf und Kundbert, Brüder eines Bischofs Ratpert, 495 eingegangen wird, mit der Remigius wieder in den Besitz Schönenwerds gelangt sein will, nachdem er es bereits zuvor einmal besessen, aber an Ratpert wieder weggegeben habe. Diese letzte, gegenüber Remigius vorgenommene Verfügung Erlulfs und Kundberts über Schönenwerd soll sich, so Remigius, lege Alamannorum vollzogen haben und zwar durch vor Zeugen vorgenommene Tradition einer carta traditionis und durch einen anschließend ebenfalls vor Zeugen vorgenommenen, diese Traditio wahrscheinlich vollziehenden Festucawurf: et pro hoc ipsius germani Raperti ipsum monasteriolum nobis iterum tradiderunt coram testibus, seu et cartulam traditionis nobis fecerunt, et de ipso monasteriolo nobis revestierunt, et per festucam sibi exinde de ipso monasteriolo exiti fecerunt coram testibus, sicut lex Alamannorum fuit. Rechtlich problematisch an dieser Schilderung ist die Tatsache, dass Tit. 1, 1 LAla keinen Festucawurf kennt. Hieraus lassen sich zwei Schlüsse ziehen. Beide setzen jedoch eines voraus: Bei der Verfügung Erlulfs und Kundberts müsste es sich um eine Verfügung zugunsten der Kirche gehandelt haben – sollte das nicht der Fall gewesen sein, dann würde der Inhalt der ge-

494 495

K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 251. S. zu Bischof Ratperts Person kurz SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 587 Fn. 109.

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schriebenen LAla keine Bezugsgröße darstellen.496 Es gibt in der LAla keine Bestimmung, die darüber informieren würde, wie die Verfügung über das Vermögen unter Privaten vorzunehmen sei. Allerdings dürfte die genannte Voraussetzung hier vorgelegen haben, denn Remigius schildert die Verfügung Erlulfs und Kundberts an ihn, den Bischof von Straßburg. Anzunehmen, diese Verfügung sei keine Verfügung zugunsten der Kirche gewesen, erscheint nicht lebensnah. Nun aber zu den beiden möglichen Schlüssen. Entweder Remigius verweist mit den Worten sicut lex Alamannorum fuit nicht auf die lex Alamannorum scripta, sondern auf das alemannische Recht schlechthin. Dies würde die so genannte Ineffektivitätsthese stützen, die davon ausgeht, dass die Volksrechte kein verlässliches Bild des vom 6. bis zum 8. Jahrhundert im merowingischen bzw. karolingischen Reich geltenden Rechts abgeben und/oder tatsächlich nicht benutzt worden seien. Stützen ließe sich diese Annahme eventuell auf die Verwendung der Perfektform des Verbums esse, es heißt sicut lex fuit und nicht etwa sicut lex continet. Remigius würde dann über die zeitlich zurückliegende Verfügung Erlulfs und Kundberts gesagt haben, dass sie vorgenommen wurde, wie es Recht der Alemannen war. Oder aber die Formulierung verwiese direkt in die lex scripta und es wäre zu übersetzen, dass die Verfügung Erlulfs und Kundberts so vorgenommen wurde, wie es das Gesetz der Alemannen war. Dabei taucht dann das Problem des im Text der LAla fehlenden Festucawurfes auf. Es ließe sich überwinden, wenn angenommen würde, dass Tit. 1, 1 LAla nicht vollständig die Tatbestandsvoraussetzungen für wirksame lebzeitige bzw. erlebensbedingte Verfügungen zugunsten der Kirche schildert, sondern nur die zusätzlichen Voraussetzungen enthält, unter denen eine ansonsten (also unter Privaten) vorgenommene Verfügung auch zugunsten der Kirche wirksam sein sollte. Subsidiär wäre dann ein im gesamten fränkischen Rechtsraum geltender Rechtssatz heranzuziehen, der besagt, dass zum Vollzug einer unter welchen Bedingungen auch immer versprochenen Übertragung von Vermögen sowohl unter Privaten als auch an die Kirche ein Formalakt – z. B. die Übergabe einer festuca – erforderlich sei. Richtig an Remigius’ Formulierung wäre dann der Bezug auf Tit. 1, 1 LAla, soweit dieser einschlägig ist. Das ist insoweit der Fall, als für das Versprechen der Vermögensübertragung nach Tit. 1, 1 LAla die Ausfertigung einer Urkunde, einer cartula traditionis und deren Hinterlegung bei dem Altar der begünstigten Kirche erforderlich ist. Ich halte diese Annahme für wahrscheinlich.497

496

497

Was unschädlich wäre – so ließe sich erschließen, welche Voraussetzungen das ungeschriebene alemannische Recht für die Verfügung über Vermögen unter Privaten vorsah. Auch dies steht aber, wie oben schon deutlich gemacht, unter dem Vorbehalt, dass die Urkunde wirklich aus dem Jahre 778 stammt und auch in dieser Form den Bezug auf das alemannische Recht enthalten hat.

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Wie auch immer dieses Problem zu lösen sein mag: Für die Frage der rechtlichen Kategorisierung der Verfügung Remigius’ wiederum ist der Hinweis auf die lex Alamannorum entscheidend. Der Verfasser der Urkunde (Remigius oder ein Notar) kannte beide Rechte (bzw. hatte jeweils ein Formularbuch greifbar), das römische und das fränkisch-alemannische. Und ihm musste klar sein, dass die römischen Testamentsformen allenfalls für eine Sakralerbeinsetzung taugten – denn wie sollte die Kodizillarklausel mit ihrem Verweis auf das ius civile und das ius praetorium in fränkischer Rechtslandschaft wirksam sein können? d) Urkunde der Königin Kunigunde. Die Frau Bernhards v. Italien urkundete am 15. Juni 835:498 […] ego […] Cunicunda […] cogitans pro mercedem et remedium anime seniori meo Bernardi vel mea seu filio meo Pippino ut aliquid de rebus meis dare volo in monasterio […] a presenti die dono cedo trado mancipo adque transfirmo, ita ut ab hac die habeat ipsum meum sanctum monasterium omnes verum rebus meis quas nunc tempore ad manum meam habere visa sum hic in finibus […], tam monasterias et curtis seu massariciis rebus meis: […], omnia in integrum […]. Quicquid facere voluerit, pars ipsius monasterii […] liberam in omnibus habeat potestatem ex meam plenissimam donatione vel tradicione. Sed tamen volo ut dum Dominus mihi vitam concesserit, de ipsis omnibus suprascriptis casis et rebus […] in mea sit potestatem de ipsis fructibus et censoras vel redditus quod Dominus exinde annue dederit, faciendum exinde quicquid melius mihi previsum fuerit, tantum ad usum fructuandum, nam non ipsas monasterias et casis et omnibus rebus superius comprehensis vendendi nec donandi nec commutandi nec alienandi nec oblicandi per nullumvis ordinem, nisi tantum, ut dixi, diebus vite mee ad usum fructuandi. Post autem verum meum decessum volo et iudico atque instituo ut habere debeat ipsas monasterias et casis et rebus ad eas pertinentibus ipse filius meus Pipinus et filiis filiorum eius et eorum heredibus ac proheredibus legitimis masculini qui propinquiores inventi fuerint. Et hanc percamena cum atrementario de terra levavi et Aresindi not. civitatis Parmensis ad scribendum adque cum stipula spondidi ut ei auctor conscriptionis omnibus essem nec non et testibus obtulis roborandum. Et firmiorem omni tempore obteneat roborem. [Sanktion, Stipulation] Actum […]. Signum man. Cunicunde [13 Zeugen, darunter zwei Bischöfe und ein Graf, Notar].

Die königliche Verfügende nahm, so scheint es zunächst, eine einfache lebzeitige Schenkung von bestimmten innerhalb und außerhalb der Stadt Parma gelegenen Gütern zugunsten des Parmenser Klosters S. Alessandro vor. Dass es sich hierbei Gütern nicht um das gesamte Vermögen Kunigundes handelte, wird dadurch deutlich gemacht, dass Kunigunde klarstellt, sie wolle einiges von ihren Gütern (aliquid de rebus meis) zu ihrem, zu König Bernhards, und zu Pippins, ihres Sohnes, Seelenheil an das betreffende Kloster geben. Kunigunde hatte dieses Kloster selbst gegründet und stattete es nun mit (weiterem) Grundbesitz aus. 498

BENASSI, Codice diplomatico Parmense I, S. 101-106.

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Diese Schenkung sollte sofort wirksam sein: a presenti die dono cedo trado mancipo adque transfirmo, ita ut ab hac die habeat ipsum meum sanctum monasterium omnes verum rebus meis quas nunc tempore ad manum meam habere visa sum. Die Häufung von Verben in der ersten Person Singular (dono, trado, cedo, mancipo, transfirmo) macht deutlich, dass es sich um eine sofort wirksame lebzeitige Schenkung handelt. Diese Schenkung wird als plenissima donatio bezeichnet, was darauf hindeuten könnte, dass neben der Beurkundung des Geschäfts auch dessen Vollzug sofort vorgenommen worden ist. Auch eine levatio cartae hat stattgefunden, was aber nicht unbedingt als Vornahme des Vollzugsaktes gedeutet werden muss, sondern noch zum Grundgeschäft gehören kann. Hierzu stimmt es, wenn Kunigunde sich auf Lebenszeit nicht die volle Verfügungsgewalt, sondern nur Nutzungsrechte an den Gütern selbst und an dem von diesen zu erzielenden Zins vorbehielt und das Recht, die Güter zu vekaufen, zu verschenken oder sonst dem Kloster zu entfremden, ausschloss: sed tamen volo ut dum Dominus mihi vitam concesserit, de ipsis omnibus suprascriptis casis et rebus, ut superius in ipsum nostrum monasterium institui habere, in mea sit potestatem de ipsis fructibus et censoras vel redditus quod Dominus exinde annue dederit, faciendum exinde quicquid melius mihi previsum fuerit, tantum ad usum fructuandum, nam non ipsas monasterias et casis et omnibus rebus superius comprehensis vendendi nec donandi nec commutandi nec alienandi nec oblicandi per nullumvis ordinem, nisi tantum, ut dixi, diebus vite mee ad usum fructuandi. Es handelt sich um einen Nießbrauchsvorbehalt, der nicht in lehnsrechtliche Formen gefasst wurde. Nur scheinbar problematisch an der Urkunde sind Kunigundes Anordnungen, die ihren Sohn Pippin und dessen Nachkommen betreffen. Streng genommen handelt es sich bei der Urkunde um eine aus zwei selbständigen Teilen zusammen gesetzte Verfügung der Königin. Beide Teile dürfen wegen ihrer unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung nicht zu einer Gesamtverfügung vermengt werden, die dann entweder als überwiegend lebzeitig oder als überwiegend erlebensbedingt charakterisiert werden müsste.499 Die betreffende Stelle lautet: Post autem verum meum decessum volo et iudico atque instituo ut habere debeat ipsas monasterias et casis et rebus ad eas pertinentibus ipse filius meus Pipinus et filiis filiorum eius et eorum heredibus ac proheredibus legitimis masculini qui propinquiores inventi fuerint. Dieser Satz hat einen vom voraufgehenden verschiedenen Regelungsgehalt. Kunigunde ordnete an, dass nach ihrem Tod ihr Sohn Pippin, seine 499

So aber K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 251: „ Eine sicherer erbrechtliche Verfügung und Besitzerhaltung als diese Schenkung unter Lebenden war von rechtlicher Seite für das frühe Mittelalter kaum denkbar. “ Unklar ist, was damit gemeint ist: Eine erbrechtliche Schenkung unter Lebenden ist ein juristischer Hermaphrodit. Wenn nur gesagt sein soll, dass die Schenkung unter Lebenden vorgenommen wurde, ist damit nichts gewonnen, denn das trifft auf jedes Rechtsgeschäft zu. Entscheidend ist immer der Moment des Wirksamwerdens.

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Söhne, Erben und weiteren legitimen männlichen Erben alle vorher benannten Klöster, Gebäude und zugehörigen Sachen erhalten sollten. Das schließt, so darf angenommen werden, auch das Kloster S. Alessandro in Parma ein, anderenfalls wäre es wohl ausgenommen worden. Dieser Einschluss des zunächst durch eine lebzeitige Schenkung begünstigten Klosters liefert den Schlüssel für das Verständnis der Gesamtverfügung. Da es sich bei dem Kloster S. Alessandro um eine Eigenkirche Kunigundes handelt – quod in nostris propriis rebus construere vel edificare visa sumus –, konnte die lebzeitige Schenkung zugunsten des Klosters rechtlich nur dergestalt wirken, dass die bisher nicht vom Eigenkirchenvermögen umfassten Güter nun in die Eigenkirche einbezogen wurden, aber nicht ganz aus der Verfügungsgewalt Kunigundes, die sich auf die Eigenkirche insgesamt bezog, ausschieden. Das begünstigte Kloster blieb Kunigundes Kloster – meum monasterium – und dieses konnte wiederum mit allen seinen Pertinenzen an weitere Personen übertragen werden. Diese weitere Übertragung nun ist wohl eine Verfügung von Todes wegen. Für ihre Wirksamkeit ist es erforderlich, dass der Tod der Verfügenden eingetreten ist. Es handelt sich bei dieser zweiten Verfügung um eine Schenkung von Todes wegen zugunsten der männlichen Erben Kunigundes. e) Urkunde des Grafen Richard v. Villance. Der Graf nahm zugunsten des Klosters Prüm im Jahre 842500 eine erlebensbedingte Verfügung vor, die später durch eine Mittelsperson vollzogen wurde. Testimonia qui viderunt, quod […] Folradus, fideiussor existens Bivini comitis et Gerardi comitis atque Tancradi, et venit cum pluribus viris in villam Vilanciam in pago Arduennae, quae olim Richardi comitis fuerat, et supradictos viros pro animae suae remedio suggessit, eam cum omnibus rebus propriis ex ista parte Reni fluminis sitis monasterio Prumia deligare. Et his omnibus in presentia imperatoris gestis atque confirmatis, supradictus Folradus cum testibus subter adnexis veniens in eadem villa Vilancia et tam de ipsa villa quam de omnibus rebus Richardi, sicut supra comprehensum est, manalitis 501 venerabilis Macuuardi abbatis, Goeramnum scilicet, Adalbertum et Hildifraudum simulque et Teotfredum, advocatum ipsius monasterii, revestivit, et ipsi easdem res triduo secundum legem insiderunt. Hii sunt testes: [22 Namen]. Testimonia in quorum presentia fuit Vilancia tradita partibus sancti Salvatoris. De omnibus vero mancipii per servum unum, nomine Germinanum, similiter eosdem missos revestivit.

Die Urkunde schildert folgenden Vorgang: Graf Richard v. Villance hatte seine Brüder, die Grafen Bivo und Gerhard beauftragt – suggessit –, die Stadt Villance und alles eigene Vermögen diesseits des Rheins an das Kloster Prüm zu vermachen – deligare. Nach Richards Tod erschien der Vertreter der

500 501

L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 46, S. 32 f. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS: Beamte, Beauftragte.

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Grafen Bivo und Gerhard, ein gewisser Folrad, mit ansehnlichem Gefolge von Zeugen in der Stadt Villance und ließ die Stadt den Beamten des Prümer Abts Markward, Goeramn, Adalbert und Hildifraud und dem Anwalt des Klosters Prüm, Teotfred, auf – revestire. Diese von den Vertretern der beiden handelnden Parteien vorgenommene Investiturhandlung vollzog sich secundum legem – und zwar durch die sessio triduana, also die Besitzergreifung und -haltung während dreier Tage und Nächte. Dass mit der in Bezug genommenen lex eine lex franconica gemeint ist, ist bei der geografischen Einordnung der belegenen Sache und der handelnden Personen wohl anzunehmen. Die beiden in Betracht kommenden leges, LSal und LRib, und auch die Kapitularien enthalten jedoch in keiner Ausgabe die sessio triduana. 502 Hinzu kommt, dass auch das in casam manere des Tit. 46, 2 LSal nicht ohne Weiteres als Vorläufer der sessio triduana angesprochen werden kann: Beim solennen Akt im Haus des Verfügenden nach Tit. 46, 2 LSal handeln der Verfügende und der Mittelsmann, bei der sessio triduana in der hier vorliegenden Urkunde handeln der Mittelsmann und der Erwerber. Mithin ist zu folgern, dass der Verweis auf eine lex hier nicht eine uns bekannte lex scripta betreffen kann. Entweder ist die Überlieferung insofern lückenhaft oder der Verweis bezieht sich auf ungeschriebenes Recht. Möglich ist es aber auch, dass die sessio triduana eine lokale (aus Alemannien und Bayern bekannte)503 Besonderheit darstellte, die in LSal und LRib nicht vorkommen konnte und in den Kapitularien unerwähnt blieb. f) Urkunde des Grafen Eberhard v. Friaul und seiner Frau Gisela. Erlebensbedingt ist auch die bekannte und auch hinsichtlich der Bildung eines hochgestellten Adligen aufschlussreiche Verfügung des Grafen Eberhard v. Friaul und seiner Gattin Gisela aus dem Jahre 867504. Diese Verfügung mutet wegen ihres Aufbaues und ihrer Vollständigkeit modern an. Sie bezog sich auf einzelne Vermögensgegenstände. Ego Eurardus comes, cum coniuge mea Gisela, facere decreui, qualiter nostri infantes, quandoque post obitum nostrum, predium nostrum inter se absque aliquo impedimento vel animositatis iurgio a nobis divisum, rationabili executione particu502

503

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Auch JOSWIG, Die germanische Grundstücksübertragung, S. 121 beschränkt sich darauf zu erklären, dass die sessio triduana an die Handlungen der Mittelsperson bei der Affatomie des Tit. 46 LSal erinnere. Erstmals urkundlich erwähnt wird die sessio triduana im Jahre 766 in einer alemannischen Urkunde; vgl. GEFFCKEN, Lex Salica, S. 182. Umgekehrt könnte Tit. 46, 2 LSal auf eine rechtstatsächlich vorangehende Dreitagesfrist bezogen sein, weil eine solche sessio ein sehr nahe liegender Publizitätsakt ist. Dort erscheint sie häufiger in den Urkunden. Vgl. die Verweise bei BEWER, Sala, Traditio, Vestitura, S. 95 f. Auch B RUNNER, Zur Rechtsgeschichte der römischen und germanischen Urkunde I, S. 296 lokalisiert die sessio triduana in alemannischen und bayerischen Urkunden. S CHRAMM /MÜTHERICH, Denkmale der deutschen Könige und Kaiser, S. 93-95.

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latim cum mancipiis ceterisque mobilibus, que ad nos pertinere videntur, potestate habita, deinceps obtinere debeant […]. De paramento autem nostro, volumus, ut habeat primogenitus noster Unroch spatam I cum aureis hilcis et cuspide aurea et facilum I de auro et gemmis […]. De paramento vero capelle nostre ciboreum cum cruce aurea et capsa aurea et calicem aureum cum patena, coronam auream cum ligno Domini […]. Hec volumus, ut supradictus filius noster primogenitus habeat. Secundus Berengharius volumus ut habeat spatas II, unam cum hilcis argenteis et aureis simul, facilum de argento et auro I […]. De paramento capelle nostre altare argento paratum I, calicem eburneum cum patena auro paratum I […]. Hec volumus, ut secundus Berengharius habeat. Tercius Adalardus volumus ut habeat spatas II, unam cum hilcis eburneis et aureis, facilum simile […]. De paramento capelle nostre altare de cristallo et argento paratum I, calicem vitreum auro paratum […]. Hec volumus, ut tercius Adalardus habeat. Quartus Rodulphus volumus ut habeat spatas III, mancosos C […]. De paramento capelle nostre, busteam cristallinam cum reliquiis […]. Hec volumus, ut Rodulphus habeat. Engeldrud filia nostra volumus ut habeat scutellum argenteum I et pallium unum. Judith volumus ut habeat scutellum argenteum I et pallium I. Heiliuuch volumus ut habeat argenteum vas et pallium I. Quibus singulis, ne de capelle nostre exortes esse viderentur benedictione, dedimus singula filacteria de auro parata.

Die Einzelaufzählung der Mobilien erscheint erschöpfend. Den Söhnen wurden vor allem Waffen und Schmuck zugewendet. Das alles geschah minutiös und erlaubt einen Einblick in die gräfliche Schatzkammer. Anschließend wird die Bibliothek verteilt: De libris etiam capelle nostre diuisionem inter eos facere sic volumus. In primis volumus, ut Unroch habeat Psalterium […] et […] et librum […] et librum de Lege Francorum et Ribuariorum et Langobardorum et Alamannorum et Bavariorum et librum […] et librum […], et librum […] et librum Constitutionibus principum et Edictis imperatorum, et Sinonima Ysidori et librum de Quatuor virtutibus et Euangelium et librum Bestiarum et Cosmographia et Oethici philosophi. Berengharius alium Psalterium volumus ut habeat cum auro scriptum et librum de Ciuitate Dei sancti Augustini, de Verbis Domini et Gesta Pontificum Romanorum et Gesta Francorum et librum Isidori, Fulgentii, Martini, episcoporum et librum Ephrem et Sinonima Isidori et librum Glosarum et Explanationis et Dierum. Adalardus tercium Psalterium volumus ut habeat, quod ad nostrum opus habuimus, et Expositionem super Epistolas Pauli et librum sancti Augustini de Verbis Domini et super Ezechielem prophetam et Lectionarium de Epistolis et Euangeliis cum auro scriptum et Vitam sancti Martini et librum Aniani et volumen VII librorum magni Orozii Pauli et librum sancti Augustini, Ieronimi presbiteri de hoc, quod Jacobus ait, qui totam legem seruauerit et in uno offenderit, factus est omnium reus. Rodulphus volumus ut Psalterium cum sua expositione habeat, quem Gisla ad opus suum habuit, et Smaragdum et Colectaneum et Fulgentium et Missale cotidianum, quod semper in nostra capella habuimus, et vitam sancti Martini et Phisonomia Loxi medici et Ordinem priorum principum. Primogenita etiam filia nostra Engeldrud volumus ut habeat librum, qui appellatur Vitae Patrum, et librum, qui appellatur Liber de doctrina sancti Basilidis, et Apollonium et Sinonima Isidori. Judith volumus ut habeat Missale unum et librum I, qui incipit a sermone sancti Augustin i

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de Ebrietate, et Legem Langobardorum et librum Alquini ad Widonem comitem. Heiliuuch volumus ut habeat Missale I et Passionalem et Librum orationum cum psalmis et Libellum de orationibus. Gisla 505 volumus ut habeat librum de Quatuor virtutibus et Enhiridion sancti Augustini […].

Nach dieser Schilderung schließt die Urkunde mit den üblichen Schlussformulierungen: Hec super omnia, sicut iam diximus, ut ita permaneant volumus. Ego, in Dei nomine, Eubrardus comes, cum coniuge Gisla, hujus testamentum diuisionis fieri inter infantes nostros institui, quorum hec sunt nomina: Unroch, Berengharius, Adalardus, Rodulphus, Engeldrud, Judith, Heiliuuch, coram fidelibus nostris qui interfuerunt, quorum nomina sunt hec: [elf Namen]. Actum […].

Die Urkunde dokumentiert erlebensbedingte Verfügungen der gräflichen Ehegatten. Fast modern regelten Eberhard und Gisela (Tochter des Kaisers Ludwigs d. Fr.) die Verteilung ihres vorhandenen Vermögens und künftigen Nachlasses. Es fehlt jede Bezugnahme auf römisches Privatrecht und auf geistliche Instanzen. Es liegt ein Privatrechtsdokument vor, das für die Erkenntnis des geltenden karolingischen506 Rechts bedeutsam ist. Graf Eberhard bedachte, nachdem er grundsätzlich erklärt hat, dass sein und seiner Frau Vermögen nach beider Tod von ihren Abkömmlingen ohne Streit zu teilen sein solle (Ego […] facere decreui, qualiter nostri infantes, quandoque post obitum nostrum, predium nostrum inter se absque aliquo impedimento vel animositatis iurgio a nobis divisum, rationabili executione particulatim cum mancipiis ceterisque mobilibus, que ad nos pertinere videntur, potestate habita, deinceps obtinere debeant), in seiner Urkunde jeden seiner Abkömmlinge mit einzelnen Bestandteilen seines aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen bestehenden Nachlasses. Dies geschah genau und pro Abkömmling gesondert, so dass der Eindruck entsteht, Eberhard sei diktierend seine gesamte vor ihm ausgebreitete Habe abgeschritten und habe jedes einzelne Stück in die Hand genommen. Plastisch ist das auch bei der Durchmusterung der gräflichen Bibliothek, in der mehrere Volksrechtehandschriften vorhanden gewesen sind: ein Buch, das das fränkische (also das salische), das ribuarische, das langobardische, das alemannische und das bayerische Volksrecht enthielt507 und ein Buch, das

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Gisela, die Frau Graf Eberhards und Mitausstellerin der Urkunde wird an dieser Stelle wie jedes der Kinder behandelt. Es handelt sich nicht um ein evtl. noch langobardisches Dokument; die Verfügungen Königin Kunigundes, Kaiserin Angilbergas und Grafs Eberhard v. Friaul sind wegen der reichsadeligen und überregionalen Stellung und der teilweise fränkischen Abstammung der Verfügenden als reichsfränkische Dokumente anzusehen; KASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 246 f. Eine von Lupus v. Ferrières in Fulda hergestellte Sammelhandschrift; vgl. BUCHNER, Die Rechtsquellen, S. 57; KOTTJE, in: BEUMANN/S CHRÖDER, Die transalpinen Verbindungen der Bayern, Alemannen und Franken, S. 359, 363. Diese

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nur das langobardische Recht enthielt. Dieses sollte die Tochter Judith erhalten, jenes der Sohn Unroch. Diese einzelnen Regelungen Eberhards sind erklärbar, wenn eine Verfügungsmacht des Einzelnen über seinen Tod hinaus anerkannt wird. Jede einzelne Verfügung stand unter dem Vorbehalt, dass das bedachte Kind seine Eltern überlebte: volumus ut habeat ist hier mit wir wollen, dass n. n. bei der Teilung des Nachlasses bekomme zu übersetzen. Diese Urkunde unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nur durch die beigefügten Zeugenzeichen von einem zeugenlosen Schrifttestament, das ein moderner Erblasser abfassen könnte, der jeden einzelnen Vermögensgegenstand den verschiedenen Erben genau zuweisen will. In moderner Terminologie ließe sich von einer Mehrzahl von Vorausvermächtnissen bzw. von Teilungsanordnungen sprechen, die den beweglichen Nachlass508 erschöpften. Um jedoch in der Terminologie des frühen Mittelalters zu bleiben, können wir davon ausgehen, dass es sich um Einzelgutsverfügungen unter Erlebensbedingung handelt, die zugunsten der erbberechtigten Abkömmlinge vorgenommen wurden. Zu ergänzen ist noch, dass keiner der Abkömmlinge in der ausgefertigten Urkunde in die seine Geschwister betreffenden Anordnungen Graf Eberhards und Gräfin Giselas eingewilligt hat – ein Erbenlaub scheidet aus. Zu ergänzen ist an dieser Stelle ein Hinweis auf die erlebensbedingten Verfügungen des Grafen Heccard v. Burgund, die um das Jahr 876 vorgenommen worden sind. Brigitte Kasten hat diese verschiedenen Verfügungen einer 1990 veröffentlichten detailreichen Spezialstudie unterzogen.509 Wegen der guten Erreichbarkeit dieser Quelle sei zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen. Kasten bezeichnet die Verfügungen Heccards – das wurde schon erwähnt – als „lebzeitige Treuhandschenkung auf den Todesfall“. 510 Ich möchte dieser Einordnung nicht folgen. Rechtlich missverständlich ist die terminologische Verknüpfung von Lebzeitigkeit und Erlebensbedingtheit. Kasten wird mit der Aussage, es handele sich um eine lebzeitige Treuhandschenkung, ausdrücken wollen, dass die Verfügung eben zu Lebzeiten Heccards vorgenommen worden ist. Dies wird hier aber noch dadurch unterstützt, dass Heccard dazu bezüglich des Hauptteils seines Vermögens (das Gut Perrecy-les-Forges) einen Weg ging, den das zeitgenössische Recht, die LRib, nicht enthält, der aber aus der LSal bekannt ist: Heccard beauftragte nämlich per guadium et andelangum fünfzehn namentlich genannte testes et elemosinatores, diesen seinen Grundbesitz nach seinem, Heccards Tod an das Kloster St. Benoît-

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Handschrift ist nach Eckhardt die Vorlage für die Hss-klasse S der LSal, E CKHARDT, in: MGH LL I, 4, 1, S. X, XXVI. Über das unbewegliche Vermögen ist der Urkunde nichts zu entnehmen. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 304-333. K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 333 u. ö.

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Grundbesitz nach seinem, Heccards Tod an das Kloster St. Benoît-sur-Loire zu übertragen.511 Was hier geschildert wird, ist eine Affatomie in dem Sinne, wie er oben bei der Erörterung von Tit. 46 LSal festgehalten wurde. Hier wird rechtstatsächlich aufgefüllt, was Tit. 46 LSal offen ließ: die Möglichkeit, das Geschäft unter eine Erlebensbedingung zu stellen. Die verschiedenen Zwecksetzungen offen stehende Frist zwischen gebotenem und echtem Ding diente hier dazu, abweichend von der in der normativen Quelle geschilderten Grundsituation dem Willen des Verfügenden entsprechend die Übertragung von der Mittelsperson auf den Begünstigten erst nach dem Tod des Verfügenden, der hier wohl im Jahre 883 eintrat,512 weshalb die 12-Monats-Grenze aus Tit. 46 LSal nicht gewahrt werden konnte, vorzunehmen. Das Recht, das die Mittelspersonen aus dieser Verfügung erlangten, war kein dem Eigentum gleiches oder ähnliches Recht. Sie konnten nicht wie Eigentümer darüber verfügen und das Gut etwa einer beliebigen Person zuwenden. Vielmehr traf die Mittelspersonen wie bei Tit. 46 LSal nur die Pflicht, eine öffentliche Handlung vorzunehmen, mit der die gegenständliche Sache an den Begünstigten offensichtlich übertragen wurde.513 Die zeremonielle „Übertragung“ durch den Verfügenden an sie diente der Provokation von Einwendungen durch potenzielle Erben des Verfügenden und der Präklusion von nicht oder zu spät erhobenen Einwendungen.514 Rechtlich zu fragen ist nicht nach dem Moment der Vornahme eines Geschäfts, sondern nach dem Moment seines Wirksamwerdens – entscheidend ist, dass die Verfügung unter Erlebensbedingung vorgenommen worden ist; das drückt Kasten mit den Worten „auf den Todesfall“ aus und das ergibt sich aus der Anordnung des Grafen, Perrecy-les-Forges „nach seinem Tod “ 511

512 513

514

K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 266 f. Auch dass diese Weiterübertragung nicht unproblematisch geschah, sondern zunächst von Graf Heccards Bruder Theoderich verhindert wurde, hat Kasten herausgefunden; vgl. DIES., in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 337 f. Vgl. KASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 336. Der Überlegung Kastens, dass die Mittelspersonen sofort Rechtsgewalt über Perrecy-les-Forges erhalten hätten, die sie damit stützt, dass eine solche Anordnung auch zugunsten von Heccards Frau Richildis vorkomme, die von ihrem Mann auf Lebenszeit mit Fahrnis beschenkt worden sei, welche bei ihrem Tod an die Mittelsleute zurückfallen sollte, kann nicht gefolgt werden. Zweck dieser Regelung ist es allein, den Heimfall des Leibgedinges an den Verfügenden selbst bzw. dessen Erben – hier insbesondere an den Bruders Heccards – zu verhindern und es zu ermöglichen, dass die Mittelsleute auch diese Güter an das schließlich begünstigte Kloster auskehren konnten. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die Mittelsleute vor Heccards Tod irgendein Recht an seinem Vermögen erhalten hätten. So wird erkennbar, warum das Handeln Theoderichs vielleicht zunächst tatsächlich (kraft seiner Gewalt), aber nicht rechtlich Bestand haben konnte: Er hatte gegen Heccards Verfügung keine (überlieferten) Einwände erhoben. Die von Kasten zitierten Urkunden zeigen, dass er contra legem et iustitiam handelte.

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an das begünstigte Kloster zu übertragen. Dieses Kriterium macht Graf Heccards Anordnungen zu auf einzelne Vermögensgegenstände bezogenen Verfügungen von Todes wegen.

2. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten (1) Verfügungen ohne Erlebensbedingung Auch sofort wirksame Verfügungen über ein gesamtes Vermögen oder über eine Vermögensquote existieren im merowingischen und karolingischen Überlieferungsmaterial. a) Urkunde des Egilolf in Fulda. Vom 6. Februar 796 stammt eine Urkunde aus Fulda,515 in der eine Quote an einem dem Verfügenden zugefallenen Erbgut an die Kirche übertragen wurde. Die Übertragung dieser Quote war nicht daran geknüpft, dass der Begünstigte den Verfügenden überlebte. Ego […] Egilolf in elimosinam meam et filii mei Helpfolfes sancto Bonifatio martyri trado hanc partem ex iure proprietatis meae sicut pater meus Huntolf in hereditatem reliquit, id est in istis locis: [14 Orte, in denen jeweils tertiam partem tradiert werden soll]. In his supradictis locis sicut hic scriptum est sic volo esse traditum ad supradictum sanctum tertiam partem in terris, […], vobis et posteris vestri s absque ullius personae contradictione, vos et successores vestri ad possidendum et ad fruendum in elimosinam meam ulterius perenniter firmissimam habeatis potestatem, stipula confixum vobis ad roborandum et ad tuendum. Actum […]. Ego Asger scripsi. Ecce his testes illius vestitionis qualiter Egilolf tradiderat sancto Bonifacio in Suuanafeldum: [elf]. Ecce isti testes sunt supra in Uuangheim: [dreizehn]. Ecce testes in Heriffu: [neun Zeugen].

Verfügt wurde über Erbgut, das Egilolf von seinem Vater Huntolf angestorben war. Egilolf verfügte nicht über einzelne Vermögensstücke, sondern über Quoten daran: An jedem einzelnen Teil seines Grundvermögens übertrug er dem Kloster jeweils den dritten Teil. Die Verfügung erfolgte ohne die Zustimmung etwaiger erbberechtigter Verwandter Egilolfs im Kloster zu Fulda. Eine Bedingung, die die Wirksamkeit der Verfügung auf den Zeitpunkt des Todes Egilolfs hinausschob, ist nicht vorhanden. Indessen liegt die Vermutung nahe, dass eine solche Bedingung von den Parteien unterstellt worden ist. Schließlich musste es sowohl Egilolf als auch dem Vertreter des Klosters klar sein, dass das Kloster den Tod Egilolfs „erleben“ würde. Außerdem 515

L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 30, S. 20 f.

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macht die Verfügung einer Quote an konkreten Gütern Egilolfs solange nur eingeschränkten516 Sinn, als die Quote nicht gebildet werden kann. b) Urkunde der Kaiserin Angilberga. Die Witwe Ludwigs d. Fr., des Urhebers der beiden Kapitularien von 818/819 – sie selbst war „salfränkischer“ Herkunft,517 verfügte im Jahre 877 über eine große Vermögensgesamtheit: 518 […] Angilberga, domni Hludovvici […] piissimi imperatoris olim coniux et imperatrix augusta […]. Statuo igitur ut habeat supra nominatum cenobium presenti die et hora cortes meas domocoltiles in finibus Placentinis una cum universis casis et rebus meis infra vel extra urbem Placentinam quantumcunque michi nunc inibi legibus pertinet aut in antea Deo propicio adquirere potuero. Id sunt in primis […] Dono insuper eidem sancto loco omnes res meas in finibus […]; res etiam meas in finibus […]. Dono etiam et confero in ipsum sanctum locum cortes meas que michi in dotis nomine advenerunt de eodem domino et vir meus […]. Offero insuper et confirmo cortes meas in […] ad usum et perpetuam possessionem in eiusdem venerabili loci habendas, eo videlicet ordine ut in predicto loco […] decem monachi vel canonici excubare debeant et exorare iugiter pro remedio anime sepedicti gloriosissimi imperatoris domini et senioris mei et mercedem meam; et dentur eis ab abbatissa que pro tempore fuerit per annum convenientia subsidia in alimentis et vestibus seu reliquis corporis necessitatibus. Similiter etiam confirmo habendas iam dicto venerabili sanctuario cortes meas in […]. Quas supradictas cortes in prenominatas cortes in prenominatis finibus et comitatibus cum omni integritate et possessione earum cunctisque adiacentiis et pertinentiis earum in rebus mobilibus et immobilibus seu utriusque sexus et diverse conditionis familiis ubicunque michi lege ac ratione competit vel in posterum competere legibus poterit sive per imperatoria precepta sive per emptionem et donationum cartulas sive per cuiuscunque generis contractuum seriem universa volo adque delibero ut sint in subsidium et perhennem utilitatem ancillarum Christi in predicto monasterio degentium et divino cultui sub regulari disciplina iugiter famulantium pro anima, ut predixi, digne recordationis magnifici imperatoris domini et senioris mei et mercedem meam quamque et parentum in commune nostrorum. Ad senedochium autem ipsum quod supra institui volo ut rescipiat cortis mea in […] illa videlicet ordine atque tenore ut dum ego advixero, ordinatio vel dispositio tam monasterii quam senodochii ipsius in mea sit potestate. Post meum vero obitum volo atque decerno ut si Hermingarda unica mea religiosam vestem induerit, ipsa provisionem eiusdem loci mea vice suscipiat atque ad retinend. sanctam regulam statu pariter cum abbatisse que tunc fuerit omnem inibi

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Vorstellen ließe sich allenfalls eine Drittelsbeteiligung an den Einkünften aus den betreffenden Gütern – eintreffende Zinsleistungen lassen sich auch ohne Realteilung der Güter in drei Teile zerlegen. Wenn diese Art der sofortigen Beteiligung des Klosters am Vermögen Egilolfs gemeint war, hätte es freilich näher gelegen, das auch so in den Text der Urkunde zu übernehmen. So GOEZ, in: LexMA I, Sp. 634. BENASSI, Codice diplomatico Parmense I, Nr. XXII, S. 146-157.

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solicitudinem gerat, ita tamen ut ad mea hac ordinatione vel despositione nullo modo recedens sacrato cenobio vel senedochio nullum inpedimentum inferat. [es folgt eine Anordnung für den Fall, dass Irmingard beim Tod ihrer Mutter noch nicht ordiniert sein sollte und eine Anordnung für den Fall des Todes der Irmingard – dann soll deren Tochter nach Klosterausbildung und Eignung zum Hirtendienst nachrücken. So soll es auch bei anderen Verwandten aus der Tochterlinie gehalten werden]. Quod si de ipsa linea filie mee nulle invente fuerint ad huiusmodi ministerium abte, volumus ut de paterna successione nostra talis eligatur, qualem supra designavimus; et si de paterna non fuerit, de materna fiat ut superius determinatum est. Si vero ex utraque parte defecerit, tunc congregatio loci ipsius de suo numero talem sibi eligant abbatissam, qualem sancta regula instituit ordinandam. [Anordnungen über die Äbtissinnenwahl]. Inter hec volumus atque instituimus ut pro requie iamdicti domni et senioris mei vel mea cotidie in ipso monasterio missa celebretur et ad omne divinum et nocturnum officium singuli psalmi in commune canantur. In annuali vero supranominati domini et senioris mei volo ut singulis annis trecentos pauperes pascant sufficienter [es folgen weitere fromme Stiftungen dieser Art]. Familias vero meas de omnibus nominatis cortibus meis quas in hac iudicati pagina designavi, in mea reservo potestatem quales aut quantas voluero libertatem donandi aut cui voluero distribuendi; reliquas autem quas nominative non dedero vel libertavero, in iamdicto monasterio vel senodochio deservire statuo pro mercede sepenominandi senioris mei vel mea. [Angilberga ordnet ferner an, dass alles das, was sie noch für das Kloster erwerben wird oder was dem Kloster noch gespendet werden wird, dem Kloster bleiben solle. Sanktion, Actum, 28 Zeugen, Notar].

Angilbergas Notar bezeichnete die aus mehreren Ebenen zusammengesetzte Verfügung519 einmal als pagina testamenti. Dies bedeutet aber nur, dass damit eine vor Zeugen vorgenommene Verfügung gemeint war. Testamentum hat daher auch in dieser Urkunde eine rein formale Dimension. Inhaltlich wird die Verfügung demgegenüber denn auch mehrfach als ordinatio vel dispositio, oder als ordinatio, institutio atque deliberatio bezeichnet und auch von der Urkunde selbst wird an späterer Stelle selbst als pagina iudicati gesprochen. Nachdem Angilberga zu Anfang festgehalten hat, dass sie die Rechtsmacht zur Errichtung eines Eigenklosters habe, stellte sie den Beschluss klar, dieses Kloster (S. Sisto) und eine Pilger- und Armenherberge (ein xenodochium) in Piacenza zu errichten (hedificare), wobei sie hervorhob, dass sie diesen Errichtungsbeschluss mit Einwilligung ihrer Verwandten und Eltern gefasst habe. Anschließend wurde zugunsten dieses Eigenklosters520 über Grundbesitz verfügt: Statuo igitur ut habeat supra nominatum cenobium presenti die 519 520

Vgl. zur Urkunde insgesamt PIVANO, in: Archivio storico Lombardo 49 (1922), S. 263-294. In diesem Punkt stimmt Kaiserin Angilbergas Verfügung deutlich mit derjenigen Königin Kunigundes v. Italien überein.

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et hora cortes meas domocoltiles in finibus Placentinis una cum universis casis et rebus meis infra vel extra urbem Placentinam quantumcunque michi nunc inibi legibus pertinet aut in antea Deo propicio adquirere potuero. Id sunt in primis […]. Nun wurden alle einzelnen Güter aufgezählt, deren Übertragung an das Kloster immer schenkweise erfolgte, wie sich aus der durchgängigen Verwendung des Verbums donare ergibt. Schließlich wurde noch abgegrenzt, welche Güter der Herberge zukommen sollten: Ad senedochium autem ipsum quod supra institui volo ut rescipiat cortis mea in […]. Der Eingangssatz enthält jedoch bereits die Gesamtmenge der Güter, auf die sich die Verfügung der Kaiserin bezieht – erfasst werden sollen alle innerhalb und außerhalb Piacenzas gelegenen Güter und Sachen, die Angilberga jetzt legibus zustanden oder die sie mit Gottes Hilfe noch erwerben konnte. Die Verfügung erfasste also das gesamte gegenwärtige und auch das gesamte zukünftige (Grund-)Vermögen. Die Einzelaufzählung war möglicherweise dadurch motiviert, hinreichend deutlich zu machen, welcher Vermögensbestandteil auf welche Einrichtung entfallen solle. An die Einzelaufzählung schließt sich dann aber wieder eine allgemeine Aussage an, die bei Königin Kunigunde nur erschlossen werden konnte, die aber die besondere rechtliche Situation der Eigenkirche umschreibt und in der Urkunde Angilbergas deutlich hervortritt: illa videlicet ordine atque tenore ut dum ego advixero, ordinatio vel dispositio tam monasterii quam senodochii ipsius in mea sit potestate. Solange Angilberga lebte, sollte sie die Bestimmungsgewalt (ordinatio vel dispositio) über Kloster und Herberge behalten. Die einzeln aufgezählten Güter wurden in das zu bildende Eigenkirchenvermögen einbezogen, schieden aber nicht aus der rechtlichen Einflussnahmemöglichkeit Angilbergas, die sich auf die Eigenkirche insgesamt bezog, aus. Möglicherweise unterscheiden sich aber gerade in diesem Punkt die Verfügungen Kunigundes und Angilbergas. Während Kunigunde das Eigenkloster ausdrücklich als meum monasterium bezeichnete und durch eine weitere Verfügung zugunsten ihres Sohnes letztwillig diesem zuwendete, fehlt ein solches Vorgehen bei Angilberga. Statt dessen beschränkte sich Angilberga auf die Anordnung, dass ihr die ordinatio und die dispositio über das Kloster und die Herberge weiter zustehen solle. Kasten hat hieraus einen echten Verfügungsvorbehalt über Angilbergas „Eigentum, gleichermaßen über Kloster und Herberge“ abgeleitet. 521 Dieses Verständnis des Vorbehalts wirft Fragen auf. Die Entscheidung, ob bei der Urkunde die Entscheidung der Frage, ob eine lebzeitige oder eine erlebensbedingte Verfügung522 vorliegt, kann nicht entscheidend auf diesen Vorbehalt gestützt werden, denn immerhin sollte die Verfügung der Kaiserin nach ihrem Wortlaut sofort wirksam sein: statuo igitur ut habeat cenobium presenti die et hora [...]. Es ist auch annehmbar, dass die von Angilberga 521 522

K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 253. So wohl KASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 253 mit den Worten, es handele sich um eine erbrechtliche Regelung.

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gewollte ordinatio vel dispositio weniger eine vermögensrechtliche Verfügungsmacht darstellt, sondern eher die Leitung und Lenkung des Klosters beinhaltete. Damit würde übereinstimmen, dass Angilberga im weiteren Verlauf der Urkunde bestimmte, welche Rolle ihrer Tochter Irmingard – falls diese doch noch Nonne werden sollte – bei der Leitung des Klosters neben der Äbtissin zukommen sollte. Diese Rolle entspricht nicht derjenigen, die Angilberga hinsichtlich ihrer Güter zukam, bevor sie ihre Verfügung traf, sondern diese Rolle betrifft allein die Führung des Klosters S. Sisto und der Herberge. Die Güter, über die verfügt worden ist, sollten der Tochter Irmingard also nicht selbst zufallen – Irmingard sollte für den Fall ihres Klostereintritts lediglich mit der jeweiligen Äbtissin von S. Sisto auf eine Stufe gestellt werden: provisionem eiusdem loci mea vice suscipiat und Irmingard sollte dafür sorgen, dass den die Güter betreffenden Verfügungen Angilbergas kein Abbruch geschah. Angilberga ordnete schließlich auch noch an, dass diese der Irmingard zugedachte Rolle bei deren Tod deren weiblichen Erben zukommen sollte.523 Schließlich spricht gegen eine erlebensbedingte Zuwendung der betreffenden Güter an das Kloster die Tatsache, dass Angilberga in ihrer Verfügung hinsichtlich der ihr an den betreffenden Gütern bislang zustehenden Befugnisse differenzierte. So behielt sie sich die Befugnis vor, über die Frage der Freilassung oder der Verteilung an Dritte der auf den von der Verfügung betroffenen Gütern ansässigen Hörigen auf Lebenszeit frei zu entscheiden: Familias vero meas de omnibus nominatis cortibus meis quas in hac iudicati pagina designavi, in mea reservo potestate quales aut quantas voluero libertatem donandi aut cui voluero distribuendi; reliquas autem quas nominative non dedero vel libertavero, in iamdicto monasterio vel senodochio deservire statuo pro mercede sepenominandi senioris mei vel mea. Diejenigen, die sie nicht ausdrücklich selbst aus der Abhängigkeit entließ, sollten auch weiterhin (also nach ihrem Tod) dem Kloster dienen. Diese Anordnung legt die Vermutung nahe, dass Angilberga, wenn sie die volle Verfügungsgewalt über ihre Güter auch nach der Verfügung bis zu ihrem Tod hätte behalten wollen, dies vom Notar auch in dieser Form hätte beurkunden lassen. Somit lässt sich bis hierin festhalten, dass es sich um eine rein lebzeitige Verfügung handelt. Das einzige Argument für eine erlebensbedingte Verfügung liegt darin, dass die Verfügung nicht nur das gegenwärtige, sondern auch das künftige, noch zu erwerbende Vermögen erfassen soll. Diese Formulierung begegnet in der in das Jahr 877 datierenden Verfügung Angilbergas recht früh, ist indessen im hohen und späten Mittelalter häufig anzutreffen. Es dürfte aber nicht gerechtfertigt sein, eine Verfügung (auch) über das Gesamtvermögen bereits dann für erlebensbedingt anzusehen, wenn eine solche Bedingung in der Verfügung selbst ausdrücklich nicht vorgesehen ist. 523

Das ist aber keine Vererbung von Kloster und Herberge, wie KASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 253 meint.

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(2) Verfügungen von Todes wegen Die Verfügungen von Todes wegen über Vermögensgesamtheiten setzen zeitlich früher ein. Deshalb wird in der Literatur für diese Verfügungen auch der Begriff der „merowingischen Testamente“ 524 verwendet. Hier liegt das Problem der rechtlichen Einordnung: Es ist zu prüfen, ob es sich um gallorömische Verfügungen nach spätrömischem Recht oder um merowingischfränkische Verfügungen nach nicht römischem Recht oder um Mischformen handelt. a) Das so genannte Testament des hl. Remigius v. Reims. Die Reihe der Einzelurkunden wird chronologisch eröffnet durch das so genannte Testament des heiligen Remigius v. Reims, das noch vor dem Jahre 533 abgefasst worden ist, 525 das als das älteste auf die Moderne überlieferte, thematisch einschlägige Stück gilt526 und (heute) für echt gehalten wird. 527 Der Aussteller bezeichnet es bereits zu Anfang als testamentum. Damit gehört die Urkunde in die Gruppe der Verfügungen, die Beleg für ein spätrömisch-gallisches Testamentsrecht sein können. Die Urkunde beginnt: […] Ego Remigius episcopus […] sacerdotii compos testamentum meum condidi iure pretorio atque id codecillorum vice valeri precepi fieri 528: iuris aliquid videbitur defuisse? Quandoque ego Remigius […] de hac luce transiero, tu mihi heres esto, sancta et venerabilis aecclesia catholica urbis Remorum, et tu, fili fratris mei, Lupe episcope, quem precipuo semper amore dilexi, et tu, nepos meus Agricola presbyter, qui michi obsequio tuo a puericia placuisti, in omnia substantia mea, que mea sorte obvenit, antequam moriar, preter id quod unicuique donavero, legavero darive iussero, vel unumquemque vestrum voluero habere precipuum.

Bis hierhin könnte bei Zugrundelegung der römischen Lehre vom Testament davon ausgegangen werden, dass ein echtes römisch-rechtliches Testament mit Erbeinsetzungsklausel vorliegt. Remigius setzte die Reimser Kathedralkirche, seinen Neffen, Bischof Lupus, und seinen Enkel, Priester Agricola, zu seinen Erben ein. Diese Einsetzung bezog sich auf das gesamte Vermögen – omnia substantia –, das beim Ableben Remigius’ noch vorhanden sein wird. Die römische Praxis wird hinsichtlich des in Reims im Jahre 533 nicht mehr geltenden prätorischen Rechts fortgeführt.

524 525

526 527 528

Eingeführt von N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1 ff. K RUSCH, in: MGH SS rer. Mer. 3, S. 239, 336-340. Die Urkunde ist nicht datiert, Nonn setzt als terminus ante quem das wahrscheinliche Todesjahr des Remigius an; N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 25 f. N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 25. SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 578. Gero Dolezalek wies mich darauf hin, dass mit der Form fieri ein Lesefehler (falsch fĩ statt richtig si) eines späteren Abschreibers in den Text geraten sein könnte.

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Diese Einordnung ist aber einer Reihe von Zweifeln ausgesetzt. In der Urkunde folgt eine Vielzahl von Einzelanordnungen, die sich alle auf Vermögen beziehen, das Remigius ererbt, vom König geschenkt erhalten oder anderweit selbst erworben hat529. Diese Einzelanordnungen begünstigten sowohl die Reimser Kathedralkirche, als auch Lupus und Agricola und weitere, nicht näher identifizierte Personen (z. B. den Amtsnachfolger, Reimser Mitbrüder etc.). Zunächst eine Gruppe von Bestimmungen zugunsten der Kathedralkirche: Tu sancta heres mea Remensis aecclesia, colonos, quos in […] habeo territorio vel de paterna maternaque substantia, vel quos cum fratre meo sanctae memoriae Principio episcopo commutavi vel donatos habeo, possidebis […]. Amorinum quoque servum tuo dominio vindicabis nec non agros quos possideo in solo Portensi cum pratis, pascuis, silvis ad te testamenti huius autoritate revocabis. Futuro episcopo successori meo amphibalum album paschalem relinquo; stragola columbina duo, vela tria, que sunt ad hostia diebus festis triclinii, cellae et culinae. Vas argenteum X et VIII librarum inter te, heres mea, et diocesim tuam aecclesiam Lugdunensem, factis patenis atque calicibus ad ministerium sacrosanctum, prout volui, Deo annuente, distribui. Aliud argenteum vas, quod mihi domnus illustris memoriae Hludowicus rex, quem de sacro baptismatis fonte suscepi, donare dignatus est, ut de eo facerem, quod ipse voluissem, tibi, heredi meae aecclesiae supra memoratae, iubeo turibulum et imaginatum calicem fabricari. Quod faciam per me, si habuero spatium vite; si ante clausero ultimum diem, tu fili fratris mei, Lupe episcope, species antedictas tui ordinis memor efficies. Compresbiteris meis et diaconibus, qui sunt Remis, viginti et V solidos aequaliter dividendo in commune dimitto. Vitis plantam super vineam meam ad Subnem positam simili modo communiter possidebunt cum Melanio vinitore, quem do in loco aecclesiastici hominis Albovichi, ut Albovichus libertate plenissima perfruatur. Subdiaconibus solidos duos, lectoribus solidos duos, ostiariis et iunioribus solidos duos iubeo dari. Pauberibus in matricola positis, ante fores aecclesiae exspectantibus stipem, duo solidi, unde se reficiant, inferentur. […]

Sodann folgt eine Gruppe von einzelnen Bestimmungen zugunsten des Lupus: Tu vero, fili fratris mei, Lupe episcope, tuo dominio vindicabis Nifastem et matrem suam Mutam, vineam […]. Eniam et Monulfum, eius filium iuniorem, iubeo libertate perfungi. Mellovicum porcarium et Pascasiolam, coniugem suam, Vernivianum cum filiis suis, excepto Widragasio, cui tribuo libertatem, tuo iuri deputabis. Servum meum de Cesurnico tuum esse precipio. Agrorum partem ad te, quam frater meus Principius episcopus tenuit, cum silvis, pratis, pascuis revocabis. Servum meum […] Viteredum derelinquo.[…]. Partem meam de prato, quod Lugduni iuxta vos habeo, ad imitatem moncium posito, et que Iovia sunt pratella, quae tenui, ad te revocabis.

529

SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 578.

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Schließlich wurde Agricola mit Einzelanordnungen bedacht, hauptsächlich handelt es sich um die Zuwendung von servi: Tibi autem, nepos meus Agricola presbiter, qui intra domesticos parietes meos exegisti pueritiam tuam, trado atque transcribo Merumvastem servum […]. Amantium […] tibimet derelinquo […]. Alaricum servum tuae deputo portioni […] cuius uxorem […] commendo ingenuam defendendam. Bebrimodum […] tuo dominio vindicabis; eorum filius Monacharius gratulabitur beneficio libertatis. Mellaricum […] ad tuum dominium revocabis; Medaridus, eorum filius, sit libertus. Vineam […] tibi dono. Brittobaude […], vineam […] tibi eatenus derelinquo, ut diebus festis et omnibus dominicis sacris altaribus mea offeratur oblatio, atque annua convivia Remensibus presbiteris et diaconibus prebeantur. Delegoque nepoti meo […] servum […], coclearia quattuor de maioribus, acitabulum, lacernam, quam mihi tribunus Friaredus dedit, et argenteam cabutam figuratam; filiolo illius Parovio acitabulum et tria coclearia et casulam, cuius fimbrias commutavi. Remigia cocclearia tria, que meo sunt nomine titulata, mantele ipsius quod habeo feriale transcribo; hichinaculum quoque dono illi, de quo Gundebado dixi.

Im Anschluss hieran verließ Remigius den Kreis der bisher begünstigten Personen und nannte weitere Begünstigte (seine Tochter Helaria, seinen Enkel Aetius, die Kirche von Lyon, Verwandte des Erzdiakons Ursus, einen Friaredus) und erlegte Lupus und der Reimser Kirche Pflichten (hauptsächlich Freilassungsanordnungen) auf. Dabei wurden hauptsächlich servi verschenkt (donare) oder übertragen (transmittere) bzw. hinterlassen (delegare, relinquere). Eine einheitliche Terminologie existiert nicht, möglicherweise ist der Schreiber nicht um juristische Exaktheit, sondern um grammatische Buntheit besorgt gewesen. Erlebensbedingungen finden sich bei diesen vielen Einzelanordnungen nicht. Delegoque […] filiae meae Helariae diaconae ancillam […] et vitium pedaturam, que suae iungitur vineae […] dono et partem meam […] transcribo […]. Aetio, nepoti meo, partem de […] cum omni iure, quod tenui atque possedi; Ambrosium quoque puerum ad ius illius dominiumque transmitto. Vitalem colonum liberum esse iubeo et familiam suam ad nepotem meum Agathimerum pertinere; cui vineam dono […]. Dono aecclesiae […] solidos X et VIII, quos presbiteri et diaconi inter se aequali divisione distribuant. […]. Commendo sanctitati tuae, fili fratris mei, Lupe episcope, quos libertos esse precipio […] hos totos, fili fratris mei, Lupe episcope, sacerdotali autoritate liberos defensabis. Tibi autem, heredi meae aecclesiae, Flavianum […] dono […]. Cispiciolum colonum liberum esse precipio et ad nepotem meum Aetium eius familiam pertinere […]. Pronepti meae […] dono […]. Profuturo Leudocharium puerum trado; Profuturae dari iubeo Leudovevam. Lugdunensibus subdiaconibus […] quattuor solidos derelinquo. Pauperibus in matricula positis solidus dabitur ad eorum refectionem. Delegoque VIII solidos aecclesiae […], aecclesiae solidos VI, […] solidos V, Vongensi agrum apud officinam molinarum, quae ibi est constituta, […] aecclesiae solidos IIII […]. Ursi archidiaconi familiaribus usus obsequiis, dono ei domitextilis casulam subtilem et aliam pleniorem, duo saga delicata, tappete quod habeo in lecto et tunicam quam tempore transitus mei reliquero meliorem. Heredis mei, Lupe episcope et Agricola

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presbiter, porcos meos inter vos equaliter dividetis. Friaredus, quem, ne occideretur, quattuordecim solidis comparavi, duos concessos habeat; duodecim det ad basilicae […] cameram faciendam.

Den Schluss der Urkunde bilden romanisierende Formalien (nuncupatio, Enterbungsklausel, Bestätigung, Unterschriften der Zeugen). Schließlich folgt ein Nachsatz, mit dem Remigius nach Schluss der Urkunde eine weitere Anordnung traf: Hec ita do, ita lego, ita testor. Ceteri omnes exheredes estote, sunt tote. Huic autem testamento meo dolus malus abest aberitque: in quo si qua litura vel caraxatura fuerit inventa, facta est me presente, dum a me relegitur et emendatur. Actum […]. [sechs Zeugen]. Post conditum testamenti, immo signatum, occurit sensibus meis, ut basilice domnorum martyrum Timothei et Apollinaris missiorum argenteum VI librarum ibi deputem, ut ex eo sedes futura meorum ossuum componatur.

Die Urkunde enthält nach allem eine umfangreiche, und sicherlich das gesamte Vermögen des Remigius erfassende Verfügung. Dieser Schluss rechtfertigt sich aus der Erbeinsetzungsklausel in Verbindung mit den zahlreichen Einzelanordnungen. Diese Einzelanordnungen, die sich auf jede der in der einleitenden Erbeinsetzungsklausel begünstigten Personen und auf weitere, dort nicht genannte Personen bezogen, geben der Urkunde ihren charakteristischen Inhalt. Diese Einzelanordnungen dürften die rechtlich entscheidende Größe sein, nicht die einleitende Erbeinsetzung und die abschließende Enterbungsklausel. Diese Beurteilung ergibt sich, wenn erwogen wird, dass diese Einzelanordnungen eigentlich entbehrlich gewesen wären, wenn der Verfügende wirklich eine quotale, erlebensbedingte Zuwendung durch Erbeinsetzung gewollt hätte. Hinzu kommt, dass auch in dieser Urkunde die Auflistung aller Einzelanordnungen Inventarisierungszwecken gedient haben wird. Eine Deutung der die Reimser Kirche, Lupus und Agricola betreffenden Einzelanordnungen als Vorausvermächtnisse oder Teilungsanordnungen, die nach römischem Muster mit der Erbeinsetzung zu vereinbaren wären, scheidet bis auf eine Ausnahme aus. Diese Ausnahme ist die Teilungsanordnung hinsichtlich der Schweine. Lupus und Agricola sollten sie sich teilen, dies ist nach dem Wortlaut der Urkunde eindeutig. Die Kirche von Reims sollte mithin, obwohl sie Erbin sein sollte, davon nichts erhalten. Dieses Gegenbeispiel zeigt, dass Remigius oder seinem Notar die Teilungsanordnung bekannt war und dass sie hätte auch für das übrige Vermögen verwendet werden können, wenn die einzelnen, die Kirche, Lupus und Agricola begünstigenden Anordungen als Teilungsanordnungen gewollt gewesen wären. b) Testament des hl. Caesarius v. Arles. Vor dem 27. August des Jahres 542 soll das so genannte Testament des hl. Cesarius aus Arles530 angefertigt worden sein. Caesarius stammte aus Chalon-sur-Saône und verfügte deswegen 530

MORIN, in: Revue Bénédictine 16 (1899), S. 97-112; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges I, Nr. 139, S. 104-107.

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nicht über Eigengut in der civitas und der Diözese Arles. 531 Er konnte mithin keine ausgreifenden Verfügungen treffen. Die Verfügung steht wohl nicht zuletzt deswegen nicht in dem aus dem so genannten Testament des Remigius v. Reims bekannten Widerspruch zwischen merowingischem Inhalt und römischer Form. Es ist in der Abschrift einer Bestätigungsurkunde überliefert: […] Et ideo juxta hanc epistolam […] hoc testamentum meum condidi, vel manu propriâ subscripsi, atque jure pretorio, vel jure civili, et ad vicem codicillorum firmavi. Ego Cesarius peccator, cum debitum humane carnis reddidero, cunctum monasterium Arelatensis pontificis canonice sit, heredem meum esse volo ac jubeo. Ceteri cetereve exheredes sint. Totum quod cuique aut per hoc testamentum meum dedero, legavero, darive jussero, ut detur fiat. Ceterum autem […]

Einzelverfügungen wie die Urkunde des Remigius v. Reims enthält die Schrift nicht – sie kann sie nicht enthalten. Sie enthält in ihrem weiteren umfänglichen Text lediglich einige Freilassungen und Anordnungen zur persönlichen Habe des Caesarius. Die Urkunde schließt mit Legaten: Ancille nostre Cesarie quod ipsa fecit mantum majorem, quem de gaunabe fecit, dari volo. Domno meo Leoni presbytero manutantum dari volo. Domino meo Cypriano episcopo mantum et cunctorum mesiorem dari volo. Quidquid servo meo Braciano contulimus, per hoc testamentum eum confirmo. Agritia puella mea propria, libentissime monasterio sancte Cesarie serviat, et Veregariolas, quas illis vel parentibus eorum dedi, confirmo. Omnes cubicularios meos tibi, domine episcope, coram Deo et angelis ejus commendo.

Damit stellt sich die Urkunde als die Beurkundung eines nach römischen Regeln abgeschlossenen Rechtsgeschäfts dar. Sie kann nicht merowingisch genannt werden. Wahrscheinlich spielt die Ausstellung in Arles, in dem sich die gallorömische Praxis unbeeinflusster erhalten konnte als im Norden des Merowingerreiches, dabei die wesentliche Rolle. c) „Testament“ des Aridius. Im Jahre 572 urkundeten der Abt Aridius v. Limoges532 und seine Mutter Pelagia zugunsten der Kirche St. Martin im fränkischen Tours:533 […] Ego Aredius […] et Pelagia sanâ mente, integroque consilio judices et arbitros rerum nostrarum, metuentes casus fragilitatis humanæ, ne nos subito repentina mortis præveniret occasio, residentes testamentum nostrum condidimus, quem ego ipse Aredius manu propriâ scripsi, et testibus numero competenti tradidimus subscribendum. Quod testamentum nostrum, si casu, jure civili aut prætorio aut cujuslibet legis novellæ conscriptione vel veteris, valere non potuerit, ad vicem

531 532 533

SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 588. Biografisch belegt bei G REGOR V. TOURS, Zehn Bücher Geschichten II, Historiarum X, 29. P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges I, Nr. 180, S. 136-141.

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codicillorum et omnium scripturarum quæ [firmiter] consistunt, valere [jubemus], ut id fiat, detur, præstetur, illibatum in omnibus teneatur, secundum tenorem infra scriptum, quem, Christo Domino adiuvante, constituimus. Itaque te, sancte Martine Turonensis, judicantes constituimus [indicantes heredem instituimus]

Aridius hat die Urkunde selbst geschrieben, kannte sich mit dem römischen Formular mithin aus eigener Anschauung aus. Dann fährt die bis dahin erkennbar streng am römischen Formular orientierte Urkunde fort: ita ut per præpositum sanctæ ordinationis tuæ basilicæ […] quod vero tibi vel quicquid unicuique donavimus, aut quod fieri rogavimus, hæc omnia potestate et sanctâ dominatione tuâ post obitum nostrum ut fiat et permaneat suplicamus. Ideoque donamus tibi, sancte Martine, per hujus testamenti paginam, medietatem […]. Portionem nostram […] cum omni jure suo, sicut a nobis præsenti tempore possidetur […]. Basilicæ sancti domni Martini dedimus portionem nostram […] cum omni jure suo […]. Caballos et jumenticula nostra, seu vaccas, oves et boves, et porcos, lecturia, utensilia per domos, vel quicquid per cellaria aut areas nostras post obitum nostrum invenerit ordinator sancti Martini, medietatem pauperibus eroget, et aliam medietatem monachi nostri supradicti percipiant […]. Quod unusquisque locus sanctus constitutus ibi habeat ministerium declaratum, rectum duximus inserendum; id est […]. Hæc omnia et ornata sanctorum, vel quicquid super sepulchra nostra martyrii Attanensis sanctorum, id est Scipionem diaconem et Aventiolum, quos instituimus ipsis custodiendum et studendum ante sanctos, et domno nobis Nicetio diacono sancti Martini consignavimus, simul et de sisciaco oratorio tribunalia dua valentia solidos iv, vela ad ostia iij valentia solidos vj, turres, calices, pallas et coopertoria prædictis martyriariis ad custodiendum tradidimus. […]. Quicquid vero in hoc testamento nostro fortasse non comprehensum et, aut ut poni debuit, excessit, si terrula, aut aliqua res mobilis inventa fuerit, ab herede nostro domno Martino omnia sibi vindicanda revocet. Si mancipiola remanserint et inventa fuerint foris testamentum, tam qui chartulas libertatis extenderint, quam qui non habuerint, defensante sancto Martino, in libertate permaneant; et quaecumque per chartulas manûs nostræ subscriptione firmatas dedimus, omnino valere præcipimus. [Sanktion, Unterschriften, fünf Zeugen].

Auch die Urkunde Aridius’ zeigt damit die von Remigius v. Reims bekannte unsichere Zwischenstellung zwischen der durch die römische Erbeinsetzungsklausel bewirkten personalen Ersetzung des Erblassers durch den Erben und der Ausrichtung auf das Vermögen in den Einzelanordnungen. Möglicherweise handelte es sich bei den Ausstellern und ihren Notaren um Romanen, die in der merowingischen Frühzeit das römische Formular weiterverwendeten und es nur insoweit der vielleicht geänderten rechtlichen Situation anpassten, als sie der Klarheit halber die Einzelanordnungen nicht mehr als Legate, sondern als Schenkungen von Todes wegen einfügten. d) Testament des Bischofs Bertram v. Le Mans. Eine weitere wichtige, wegen ihrer geografischen Herkunft und wegen ihres wohl nicht gallorömischen,

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sondern fränkischen Ausstellers merowingische Urkunde überliefert die voluminöse Verfügung534 des Bischofs von Le Mans, die auf den 27. März des Jahres 616 datiert535 und die ebenfalls wohl das gesamte Vermögen Bertrams erfasste.536 Die Urkunde beginnt nach römischem Vorbild: […] Bertrannus […] episcopus sanctae Ecclesiae Coenommanicae, sanus, Deo propitio, mente et corpore, sanoque consilio, metuens casus humanae fragilitatis, testamentum meum condidi, idemque filium meum Ebbonem notarium scribere rogavi et dictavi: quod testamentum meum, si quo jure civili, aut jure praetorio, vel per alicujus novae legis interventum valere nequiverit, ac si ab intestato, ad vicem codicillorum valere id volo, et valeat. Itaque quando ego, suprascriptus Bertrannus peccator, ex rebus humanis excessero, debitumve naturae tempus explevero, tunc tu sancrosancta ecclesia Coenomannica, una cum sancta ac venerabili basilica domni Petri et Pauli apostolorum, quam in conspectu civitatis, opere meo, pro defensione civitatis vel ad salubritatem populi aedificavi, haeredes mihi estote, haeredesque meos vos esse constituo ac jubeo, caeterive exhaeredes sint toti. Omnis itaque cui quid per hoc testamentum meum dedero, legavero, darive jussero, id ut detur, fit, praestetur, fidei haeredum meorum committo. Si quos autem liberos esse jussero, liberae liberive sint toti: et quia inclitus atque praecelsus domnus Clotarius rex, cui Deus in millia aeternam retribuat beatitudinem, suum praeceptum manus suae jure firmatum mihi dedit, ut de propria facultate quod ex parentum successione habeo, seu quod munere suo consecutus sum, aut aliunde comparavi, vel comparare, Deo adjuvante, potuero, vel in quibuscumque rebus atque corporibus facultatum augmentare potuero, tam pro animae meae remedio, quam pro propinquis meis seu fidelibus meis delegare voluero, liberum utendi tribuit arbitrium;

Freilich verlässt auch diese Urkunde nach dieser formal römischen Einleitung den Boden des spätrömischen Testamentsrechts und wendet sich Einzelzuwendungen zu, die in dieser Urkunde sehr den ansonsten bekannten Verfügungen nach merowingischem Recht ähneln: idcirco te, sacrosancta ecclesia Coenomannica, haeres mea, habere volo ac jubeo villam juris mei […] Bonalpha […] seu Sequalina sylva, quam mihi praecelsu s domnus Clotarius rex, suo munere, una cum praecelsa domna Fredegunde regina, quondam genetrice sua, postquam eis domnus Vaedola coram justitia eorum reddidit, me humilem eorum pro fidei meae conservatione, quam semper circa ipsum principem inviolabilem tenere visus sum, habere concesserunt. Ipsam villam […] vel omni jure et adjacentibus suis, tam mobilibus quam immobilibus, post obitum meum tibi valeas perpetualiter possidere, exceptis quos exinde liberare voluero.

Insbesondere der letzte Satz (ipsam villam post obitum meum tibi valeas possidere) entspricht inhaltlich einer auf ein einzelnes Gut bezogenen Verfügung 534 535 536

N ONN, in: AD 18 (1972), S. 1, 28: „Prachtstück der merowingischen Testamente “. BUSSON/LEDRU, in: Archives Historiques du Maine, Le Mans 1902, S. 101-141; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges I, Nr. 230, S. 197-215. S. dazu auch WEIDEMANN, Das Testament des Bischofs Berthramn von Le Mans.

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von Todes wegen, die so auch in den folgenden Jahrhunderten im fränkischen Reich üblich blieb. Gleiches folgt für zahlreiche weitere Güter, bevor Anordnungen für den Amtsnachfolger537 angeschlossen werden. Danach wandte sich Bertram Verfügungen zu, die andere Begünstigte betrafen, z. B. die Kirche von Paris und König Chlothar II. und seine Gattin, kehrte aber wieder zur Kirche von Le Mans zurück und traf eine Anordnung, die – bezogen auf das Gut Villadolus – nicht nur Bertrams gegenwärtiges Vermögen erfasste, wie mit dem Futur laboravero ausgedrückt wird: Ecclesiae vero haeredi meae Villadolus […] proveniat post diem obitus mei. Item, quem quicquid inibi laboravero […] te, sancta ecclesia, integrum habere decerno […].

Schließlich wurde der in der Urkunde nicht ausdrücklich erwähnten Vermögensteile gedacht und hinsichtlich dieser angeordnet, dass die zur Erbin eingesetzte Kirche von Le Mans und die Basilica St. Peter und Paul diese gleich teilen sollten. Dann schließt die Urkunde mit der Sanktion. Illud etiam constituens ac dercernens, quod quicquid mihi in minutis rebus, aut quibuscumque modis datum est, velut in meis cartis res noscuntur esse, quia in hoc folio testamenti mei forsitan in oblivione mihi obvenit, hoc totum et ad integrum, tu, sancta ecclesia, et venerabilis basilica domni Petri et Pauli, aequa lance dividatis possidendum […]. [Sanktion]. Si quae liturae, si quae charaxaturae, si quae litterae adjectae sunt vel detractae, ego feci, fierive jussi, dum meam mihi saepius praelego voluntatem; et omnia per singula recognosco vel emendo. Ut lex edocet, septem virorum honestorum subscriptionibus et sigillis credidi muniendum, et pro totius rei firmitate atque stipulatione annecti praecepi. Actum […]. Bertichramnus […] testamentum meum, quod filio meo Ebboni notario scribendum dictavi, relegi et subscripsi. [sechs Zeugen]. Ego Ebbo, notarius […] hoc testamentum scripsi, relegi et subscripsi […].

Es handelt sich um ein römisch-rechtliches Formular mit Erbeinsetzungsformel und Kodizillarklausel. Der Bezug auf das römische Testamentsrecht wird deutlich bei der Begründung der Siebenzahl für die Zeugen. Hier wurde auf das spätrömische Recht Bezug genommen: ut lex edocet. Zu Erben eingesetzt wurden die Kirche von Le Mans zusammen mit der Basilika St. Peter und Paul. Daneben wurden vielfältige Anordnungen getroffen, mit denen den Erbinnen und Dritten Einzelgüter zugewendet werden. Gegenstand dieser Verfügungen war „persönliches Eigentum des Bischofs“. 538 Diese Einzelverfügungen sind Verfügungen, die teilweise unter Erlebensbedingung standen. So sollte die Erbin beispielsweise die villa Bonalpha erst post obitum meum erhalten, gleiches gilt für Villadolus. Hinsicht537

538

Bischof Hadoin, der später (643) ebenfalls von Todes wegen verfügte; vgl. SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 582. SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 582.

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lich der villa Colonica, der villa Brea, der villa Nimione, der um Kaufgeld erworbenen Güter jedoch fehlte eine solche Bedingung. Die villa Umbriaco gehörte nicht zum Vermögen Bertrams, hier ordnete er nur die Fortdauer des Besitzes seiner Erbin an. Schließlich kommen auch Einzelverfügungen zugunsten Dritter vor, insbesondere wurden Verwandte (Söhne, Enkel) bedacht. Diese Einzelverfügungen sind – identisch mit denen zugunsten der beiden Erbinnen – mit und ohne Erlebensbedingung anzutreffen. Inhaltlich ist es schwer, die zahlreichen Einzelverfügungen mit und ohne Erlebensbedingung mit dem römischen Testamentsformular in Übereinstimmung zu bringen. Die Erbeinsetzung der beiden Kirchen wird durch die Einzelverfügungen, die auch wieder die beiden Kirchen und Dritte begünstigen, überholt. Römisches Testaterbrecht taucht nur in den Formalien auf: am Anfang mit der Erbeinsetzungs- und der Kodizillarklausel und am Ende bei der Begründung der Siebenzahl der Zeugen. Die Einzelverfügungen zugunsten der Erbinnen als Vorausvermächtnisse zu deuten, fällt noch schwerer. Wie bei Remigius und Aridius war der Wille des Verfügenden wohl darauf gerichtet, sein Vermögen nach seinem Tode einer oder mehreren Personen zuzuwenden. Die Vielzahl der hierfür erforderlichen Geschäfte wurde in ein römisches Formular eingebettet. Nachzutragen ist zu dieser Urkunde Bertrams noch, dass eine heute als Fälschung erkannte539 Urkunde des Bischofs Aldrich v. Le Mans aus dem Jahre 838540 eng an der Verfügung Bertrams orientiert war. Sie muss daher nicht eingehender untersucht werden. e) Das so genannte Testament der Burgundofara. Die gleiche Beurteilung wie die Urkunden Remigius’, Aridius’ und Bertrams gebührt der Urkunde, die die hl. Burgundofara, Angehörige einer merowingischen Adelsfamilie aus Meaux,541 im Jahre 633/634 zugunsten des Klosters Faremoutiers bei Meaux542 hat ausstellen lassen. 543 Die in dieser Urkunde beurkundeten Verfügungen können wegen einiger Besonderheiten etwas eingehender untersucht werden. Die Verfügende hob an: 539 540 541

542

543

K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 245. Vgl. zu dieser Verfügung noch unten. CHARLES/F ROGER, Gesta domni Aldrici, S. 98-109. Die Burgundofarones zählen in der ersten Hälfte des 6. Jh. zu den herausragenden Familien der austrischen Führungsschicht; vgl. E BLING, Art. Burgundofarones, in: LexMA II, Sp. 1098. Faremoutiers (bei Burgundofara hieß es noch Eboriacum) war mit dem fränkischen Adel fest verbunden. Im 9. Jh. erscheint es als „Versorgungskloster für Töchter aus der herrschenden karolingischen Familie und aus den angesehensten Adelsfamilien “; so K ASTEN, in: ZRG Germ. Abt. 107 (1990), S. 236, 295. G UEROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761-821, Text d. Urkunde auf S. 816-820; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 257, S. 15-17. Letzte Darstellung des Streitstandes um die Datierung bei G UEROUT, in: RHE 60 (1965), S. 763 ff. Guérout, S. 784, selbst datiert auf den 26. Oktober 633 oder 634.

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[…] Interea, accersito Waldone notario, praesentibus testibus sacerdotibus ac secularibus viris, in praesentia mea rogavi hoc testamentum confirmare, quo nullo casu civili vel praetoriano haec calumniare quisquam valeat, aliquod jus sibi volens vindicare, Dei majestatis offensus, et hoc testimonio convictus resipiscat. Itaque ego Burgundofara, honorans […] locum Eboriacum […], quod est constructum in honore domnae ac sancte Mariae et sancti Petri […], dono quae videbar habere in saeculo, id est [… es folgen Verfügungen, donationes, über einzelne Güter, alle mit Erwerbsgrundangaben und Pertinenzklauseln].

Diese Einzelverfügungen zugunsten der Kirche stehen nicht unter Erlebensbedingung, gleichwohl bezeichnete die Ausstellerin die Urkunde als testamentum. Das allein ist aber kein Einwand gegen die Lebzeitigkeit, wie schon an einer Vielzahl von Urkunden zu sehen war. Handelte es sich also um lebzeitige Schenkungen? Charakteristisch ist die Tatsache, dass Burgundofara alle einzelnen Verfügungen zugunsten der Kirche zunächst zusammenfasste: dono quae videbar habere in seculo. Motivation der Verfügenden war die Verfügung über ihr gesamtes weltliches Gut544 – dem werden (der Präzisierung halber) die einzelnen konkreten Verfügungen angeschlossen. Geklärt ist auch, dass die Verfügung dasjenige gesamte irdische Gut der Verfügenden erfasst, das diese haben wird (videbar habere statt videor habere) – gemeint sein kann also nur das Gut, das bei ihrem Tod (ein anderer Zeitpunkt kommt mangels Angabe in der Urkunde nicht in Betracht) vorhanden sein wird, der Nachlass. Freilich ist diese Zusammenfassungsabsicht und der Bezug auf den Nachlass nicht konsequent durchgeführt, was zu Zweifeln an der Erlebensbedingtheit der Verfügung führen könnte und was in der Literatur zu unterschiedlichen Ansichten über die Einheitlichkeit der Niederschrift der Verfügung geführt hat. 545 Burgundofara hob nämlich nach den verschiedenen einzelnen Verfügungen zugunsten der Kirche neu mit Einzelverfügungen zugunsten ihrer Verwandten546 an und motivierte die folgenden Verfügungen durch einen angesichts der Herkunft der hochadeligen fränkischen Ausstellerin, angesichts des Ortes, an dem die Verfügung vorgenommen wird und auf den sie sich bezieht und angesichts des zeitlichen Abstandes zwischen Urkunde und in 544 545

546

So auch G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 790. Streitstand (der sich auch auf die Datierung auswirkt) bei G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), s. 761, 766-771 (Stichworte: Einheitlichkeit der Entstehung im 7. Jh. versus karolingische Interpolation, für letzteres MEYER, in MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1 ff.) und bei VISMARA, Storia dei patti successori I, S. 195-202. Es gibt noch ein weiteres Problem der Datierung, das hier nicht weiter verfolgt werden soll: Burgundofaras Urkunde ist doppelt datiert (am Anfang und am Ende der Urkunde stehen unterschiedliche Monatsangaben); auch dazu G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 782-784. Bekannt sind vier Geschwister der Burgundofara, drei Brüder (Chagnoald, Burgundofaro, Chagnulf) und eine Schwester (Agnetrad); s. E BLING, Art. Burgundofarones, in: LexMA II, Sp. 1098 f. Über Abkömmlinge der Burgundofara ist nichts bekannt.

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Bezug genommener Norm überraschenden Verweis auf den CT (nicht auf das Breviar), der es einem Kleriker vorschreibe, sein weltliches Vermögen an seine Erben zu übertragen, wenn er keine Kinder hinterlasse. In der Urkunde heißt es: In lege quoque Theudosiana ut est insertum, sic trado, eo 547 ut unusquisque de facultate laicali, qui filios non reliquerit, ad suos haeredes legitimos debeat deferre548. Propterea dono, dulcissimis germanis meis faventibus […] portionem meam de villa […].

Um ein wörtliches Zitat Burgundofaras aus (dem Breviar oder aus) dem CT handelt es sich hierbei nicht.549 Auch Spreckelmeyer meint unter Berufung auf Guérout, der Hinweis auf den CT eröffne nicht das Zitat eines bestimmten Artikels, sondern diene nur allgemein zur Rechtfertigung der im Folgenden getroffenen Anordnungen. 550 v. Savigny vertrat die Ansicht, verwiesen worden sei auf die in 8, 12, 1 CT geregelten Formalitäten bei Schenkungen (öffentliche Beurkundung, namentliche Nennung des betroffenen Gutes und der Parteien, tatsächliche Übergabe). 551 Diese Annahme ist problematisch: Warum sollte die Einhaltung einer allgemein üblichen und beachteten Form durch ein Zitat in einem Zusammenhang hervorgehoben werden, der auf ein ganz anderes rechtliches Problem hindeutet? In der Tat ist die Suche nach einer entsprechenden Regel im CT nicht einfach. Sollten aber Burgundofara und ihr Notar (bzw. ein karolingischer Interpolator) ein zu ihren Lebzeiten längst durch eine modernere Kurzform (das Breviar) ersetztes Regelwerk nur ganz allgemein zitiert haben, um ihrer Anordnung mehr Gewicht zu verleihen? Lebensnah dürfte eine solche Annahme nicht sein: Jeder potenzielle, rechtskundige Empfänger der Urkunde hätte dieses Blindzitat erkennen können und wahrscheinlich auch erkannt.

547 548 549

550

551

Guérout übersetzt eo ut bzw. ea ut als „pour cette raison que “; vgl. DENS., in: RHE 60 (1965), S. 761, 777. Das halte ich für richtig. Guérout schlägt anders als Pardessus das Verb delegare als richtige Lesart vor; vgl. G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 819. G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 774 Fn. 6: „nous n’avons pu retrouver, ni dans le Code Théodosien, ni dans le Bréviaire d’Alaric un texte en liaison absolument directe avec la référence faite par le testament. “; MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 5. SPRECKELMEYER, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 91, 105; G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 774: „la reference au Code Théodosien faut voir moins la citation d’un article de loi précis qu’une réminiscence plus ou moins vague “. V. SAVIGNY, Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter II, S. 119. VISMARA, Storia dei patti successori, S. 197 Fn. 1, meint, es werde auf 8, 5, 1 CT verwiesen. Auch dort geht es um Formerfordernisse für Schenkungen.

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Eindeutig nicht verwiesen worden sein kann auf N. Th. 11, 2, 1-10 und den dort geregelten Anspruch der Kurie auf die falzidische Quart vom Nachlass eines Kurialen.552 Dort geht es um das genaue Gegenteil. Allerdings gibt es eine Vorschrift des CT, die erstens im Breviar nicht enthalten ist – die also direkt aus dem CT zitiert werden musste – und die zweitens das Problem, vor dem Burgundofara stand, regelte. Es handelt sich m. E. um 16, 2, 27 CT, eine Novelle der Kaiser Valentinian, Theodosius und Arcadius aus dem Jahre 390, die im Breviar nicht enthalten ist 553 und die, nach dem sie in Satz 1 den Klostereintritt von gebärfähigen Frauen überhaupt verhindern wollte, in Satz 2 f. anordnete, dass eine Nonne keine Kirche, keinen Kleriker und auch kein Armenhaus zu Erben einsetzen dürfe, sondern ihr Vermögen universa integraque ihren Kindern, ihren sonstigen Verwandten oder sonstigen beliebigen dritten Personen554 von Todes wegen zuwenden müsse: Nulla nisi emensis sexaginta annis, cui votiva domi proles sit, secundum praeceptum apostoli ad diaconissarum consortium transferatur. Tum filiis suis, curatore, si id aetas poscit, petito, bona sua idoneis sedula religione gerenda committat, ipsa tantum praediorum suorum reditus consequatur, de quibus servandi abalienandi donandi distrahendi relinquendi vel quoad superest vel cum in fata concedit et libera ei voluntas est, integra sit potestas. Nihil de mobilibus et superlectili, nihil de auro argento ceterisque clarae domus insignibus sub religionis defensione consumat, sed universa integra in liberos proximosve vel in quoscumque alios arbitrii sui existimatione transcribat ac si quando diem obierit, nullam ecclesiam, nullum clericum, nullum pauperem scribat heredis. […].555

Diese antike Anordnung befolgte Burgundofara, die zum Zeitpunkt der Vornahme der Verfügung Kanonikerin war, 556 zwar keineswegs – wendete sie doch dem Kloster Faremoutiers große Vermögensteile zu –, sie war aber offensichtlich bemüht, auch die Verwandten mit Einzelzuwendungen zu begünstigen (und vielleicht zu beruhigen, so dass die Zuwendungen an die Kirche nicht hintertrieben werden konnten). Wahrscheinlich diente dem auch die Bezugnahme auf die betreffende, hier zitierte Novelle. Guérout jedoch schlug 1965 vor, den Verweis auf den CT als eine Reminiszenz an die römische Quart (die aus der antiken Lex Falcidia abgeleitete 552 553

554 555

556

CONRAT, Breviarium Alaricianum, S. 414-417. Aus dem 16. Buch des CT sind nur die Kapitel 1 (de fide catholica), 7 (de apostatis), 8 (de Iudaeis, caelicolis et Samaritanis), 9 (ne Christianum mancipium Iudaeus habeat) und 11 (de religione) in das Breviar übernommen worden. Das hier zitierte Kapitel 2 (de episcopis, ecclesiis et clericis) fehlt in Alarichs Sammlung. Gemeint sind natürliche Personen, nicht die Kirche oder einzelne Kleriker. MOMMSEN/MAYER, Theodosiani libri XVI, I, S. 843. Die Novelle fährt dann fort, indem sie die Ungültigkeit von hiergegen verstoßenden epistolae, codicilla, donationes und testamenta anordnet. Überzeugende Argumente bei G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 790; a. A. MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 9.

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Mindestquote, die Verwandte erhalten müssen) zu verstehen.557 Wenn das gewollt gewesen wäre, hätte erwartet werden dürfen, dass Burgundofara und ihr Notar Waldo (bzw. der karolingische Interpolator) das Breviar korrekt zitierten – wenn sie die Lex Theudosiana kannten, dann kannten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den auch damals schon seit Jahrhunderten feststehenden Terminus der Falcidia in 4, 5, 6 der Paulussentenzen,558 die Bestandteil des Breviars waren. Auch ist es angesichts der Masse der dem Kloster Faremoutiers zugewendeten Güter problematisch, in den wenigen die Geschwister begünstigenden Zuwendungen ein Viertel des Vermögens der Burgundofara erblicken zu wollen. Entgegen Guérout und Spreckelmeyer ist anzunehmen, dass der Verweis auf die Lex Theudosiana nicht ein eventuell auf die falzidische Quart verweisendes Blindzitat darstellt. Gleichwohl trifft es zu, wenn Guérout als Motivation für Burgundofaras Ansicht anführt: „Fare veut remercier ou prier discrètement ses proches de ne pas s’opposer à la dévolution presque totale de ses biens au monastère.“ 559 Im Text der Urkunde folgen dann auch Einzelverfügungen zugunsten der lieben Geschwister (dulcissimi germani), alle wieder ohne Erlebensbedingung. Nach diesen Verfügungen zugunsten ihrer Verwandten besann sich Burgundofara erneut auf die Kirche und nahm noch einige, diese begünstigende, abschließende Verfügungen vor. Ad integrum vero casas, cum areis, tam infra muros quam extra muros Meldicae civitatis, portionem meam quam contra germanos meos accepi, praedicto monasterio Eboriaco habere cupio [… weitere einzelne donationes]. Invoco Domini majestatem, ut post obitum meum intra legitimi temporis agonem, voluntas mea, secundum legem et consuetudinem loci ipsius, prosequente omnimodis propitio Domino, convalescat, scilicet, hoc quod pro animae meae remeddio et peccatorum meorum absolutione tribuo, legibusque sit stabilitum, et legaliter consistat. [nur geistliche Sanktion]. Ego feci fierique mandavi, dum testamentum meum mihi saepius volui revisere560, et per singula recognovisse, constipulatione subnixa. Actum […].

Diese erneuten Zuwendungen an das Kloster haben Bruno Meyer 1939 zu der Annahme geführt, dass die Urkunde ursprünglich mit den durch den CTVerweis motivierten Verfügungen zugunsten der Geschwister endete. Die „zweite“ Verfügungsliste zugunsten des Klosters beinhaltet auch Verfügungsgegenstände, die schon in der „ersten Liste“ vor dem CT-Verweis erscheinen. Diesen zweiten Teil der Urkunde hielt Meyer für eine karolingische 557 558 559 560

G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 778. P. 4, 5, 6: […] liberis Falcidia, id est, uniuscuiusque portionis quarta portio debetur; CONRAT, Breviarium Alaricianum, S. 405. G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 776. Vismara las hier dum testamento meo nihil saepius volui revisere und erblickte in der Klausel einen Widerrufsverzicht; vgl. DENS., Storia dei patti successori, S. 199. G UEROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 820 und P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 257, S. 15, 17 haben die hier zitierte Fassung. Demnach handelt es sich um eine Bestätigungsformel nach eigener Überprüfung.

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Interpolation des 9. Jh. 561 Diese Annahme mag zutreffen oder nicht; sie ist nicht entscheidend für die rechtliche Wertung. Ein Widerspruch hinsichtlich des rechtlichen Charakters der im ersten und im zweiten Teil der Urkunde getroffenen Anordnungen ist nämlich nicht erkennbar.562 Die Urkunde verwendet den Testamentsbegriff im merowingischen Sinne563 – erkennbar ist, dass es sich nicht um ein römisches Testament handelt. Inhaltlich handelt es sich um eine Zusammenfassung einer Mehrheit von einzelnen Verfügungen, bei der die Absicht der Verfügenden, über ihr gesamtes, zum Zeitpunkt ihres Todes (noch) vorhandenes Vermögen, mithin über ihren Nachlass zu verfügen, bereits im ersten Teil der Urkunde hervortritt. Mit dem Verweis auf normatives (spätrömisches) Recht564 wurde klargestellt, dass die Verfügungen einem erbrechtlichen Zweck dienten, auch wenn sie anscheinend unbedingt vorgenommen wurden. In 16, 2, 27 CT wurden der Nonne ja eindeutig Verfügungen von Todes wegen vorgeschrieben. Dieser Verweis verdeutlicht nicht nur, dass die merowingische Rechtspraxis sich bibzw. multilateral zu orientieren hatte;565 es machte offensichtlich Sinn, sich in fränkischer Umwelt und unter Franken auf (antikes) römisches Recht zu beziehen. Der Verweis zeigt aber auch, dass die rechtliche Beurteilung einer konkreten Verfügung von Zufällen abhängen kann – hier eben von dem in die Urkunde aufgenommenen Verweis, der in anderen Fällen unterblieben sein mag. Das „Testament“ der Burgundofara ist in seiner systematischen Einordnung trotz seiner Besonderheiten kaum zweifelhaft.566 Inhaltlich liegen mangels einer ausdrücklich erklärten Erlebensbedingung und/oder eines umfassenden Verfügungsvorbehalts in den einzelnen Anordnungen nur scheinbar keine echten, einzelnen Verfügungen von Todes wegen vor. Stattdessen ist 561 562

563 564

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MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 6 f. A. A. MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 7 f. Er erblickte im ersten Teil Schenkungen unter Lebenden, im zweiten Teil Verfügungen von Todes wegen. Ebenso VISMARA, Storia dei patti successori, S. 197, 198. Dabei dürfte das bona, quae videbar habere in saeculo, dono fehlgedeutet sein. MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 8. Die Tatsache, dass eine merowingische Adlige burgundischer Abstammung auf das normative Recht der Romanen verwies, zeigt das gleichberechtigte Nebenbzw. Miteinander mehrerer auf verschiedenen historisch-ethnischen Wurzeln beruhender Rechte im Reich der Merowinger. Das ließe sich auch so formulieren: Zitiert wird, was der eigenen Sache nützlich zu sein scheint, egal, woher es stammt und ob es wirklich passt. G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 792 sprach von einer „interpénétration profonde des usages romains et germaniques “ – ohne mit einem Wort auf das merowingische Recht einzugehen. Ebenso MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 11 f. Er hielt das Testament der Burgundofara für ein „wunderbares Beispiel dafür, wie sich in der Merowingerzeit germanischer Geist in römischen Formen ausspricht “. Anders VISMARA, Storia dei patti successori, S. 199: „Definire con precisione la natura del ‚testamento’ di Burgundofara non è cosa facile, nè forse possibile. “

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ein alle Einzelanordnungen übergreifendes Motiv – nämlich das Abstellen auf den Nachlass – vorhanden. Formal erfüllt die Urkunde außerdem die Erfordernisse des (spät-) römischen Rechts für Verfügungen von Todes wegen. Der Verweis auf den CT stützt als innere Motivation der Verfügenden sowohl die Konzentration auf den Nachlass als auch das rein formale Argument. Inhalt, Form und Motivation führen zu einem Schluss: Ein Wille der Verfügenden, die einzelnen Gegenstände ihrer Verfügung den Begünstigten bereits zu Lebzeiten zuzuwenden, ist zu verneinen. Hätte eine solche Willensrichtung Burgundofaras vorgelegen, wäre nicht erklärlich, wieso der Notar Burgundofaras das römische Testamentsformular verwendet und die Verfügungen zugunsten der Geschwister mit einem Verweis auf spätrömisches Recht motiviert hätte. Zwar geht die Bemerkung Guérouts, die Urkunde Burgundofaras sei einem Testament näher als einer Schenkung unter Lebenden,567 in die richtige Richtung (erbrechtliche Wirkung); sie trifft aber gleichwohl nicht zu, weil sie den letzten Schritt nicht vollzieht. Die auf den Nachlass gerichtete und deswegen erlebensbedingte Verfügung muss definitorisch dem römischen Testament nicht angenähert werden,568 weil es sich um eine in ein römisches Formular gekleidete merowingische Verfügung von Todes wegen handelte: Eben weil die fränkische Nonne von Todes wegen über ihr weltliches Vermögen verfügen wollte und nach in ihrem Umfeld herrschender Anschauung offensichtlich auch konnte, konnte sie eine solche Verfügung auch in ein römisches Formular kleiden. Burgundofaras Urkunde macht deutlich, dass die Urkunden nicht immer nur am (spät-) römischen und am an Tacitus geeichten „germanischen“ Recht569 gemessen werden dürfen. Abschließend ist festzuhalten, dass Burgundofaras Urkunde andeutet, die Geschwister Burgundofaras hätten den vorliegenden Verfügungen – die ja vor allem die Kirche begünstigten – zugestimmt. Anhalt dafür ist die Beschreibung der dulcissimi germani als faventi. Es ist nicht auszuschließen, dass favere hier als Synonym zu consentire o. ä. verwendet worden ist. Damit könnte der gesamte durch das CT-Zitat gekennzeichnete „Geschwistereinschub“ eine Zustimmung der zwei Brüder und der einen Schwester zu den Verfügungen zugunsten des Klosters beinhalten. Jedoch bleiben Unsicherheiten. So wäre die Zustimmung der Geschwister zu den Verfügungen an das Kloster Faremoutiers in einen Satz eingeschaltet worden, der Verfügungen zugunsten dieser Geschwister enthält. Ein solches Vorgehen mutet eher ungewöhnlich an. Außerdem kann in faventi auch eine Suggestion der Ausstel567 568

569

G UÉROUT, in: RHE 60 (1965), S. 761, 801. So aber VISMARA, Storia dei patti successori, S. 199: „La voluntas di Burgundofara […] rappresenta un negozio intermedio tra il testamento, cui si avvicina in quanto dichiarazione di ultima volontà, e la donatio post obitum, alla quale si assimila a motivo della irrevocabilita. “ Es wird auch bei MEYER, in: MÖIG Ergänzungsbd. 14 (1939), S. 1, 9 zur Abgrenzung herbei bemüht.

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lerin an ihre Geschwister liegen – diese sollten der Verfügung geneigt sein. Ein eindeutiger Beleg für einen Erbenlaub ist das „Testament“ der Burgundofara demnach nicht. f) Die Urkunde des Diakons Adalgisel-Grimo v. Verdun. Ebenfalls aus dem Jahre 634 stammt eine in Verdun ausgestellte Urkunde eines Klerikers, 570 die von auffälligen Widersprüchen gekennzeichnet ist. Die Urkunde beginnt mit mehreren nicht zwangsläufig erlebensbedingten Verfügungen über einzelne Güter bzw. über einzelne Anteile (porciones) an Gütern zugunsten eines Klosters. Freilich zeigt bereits die Sprache – insbesondere mit dem (finiten) Verb conferre – an, dass es nicht wie bei anderen, eindeutig lebzeitigen Schenkungen um ein donare, also um ein dare ohne Gegenleistung ging: […] Ego Adalgyselus qui et Grimo […] pro anime meae remedium et tantorum abluenda contagia peccatorum devotione promptissima per huius deliberationis seriem … [testamentum meum condidi eumque]571 vero venerabili Erehenulfo diacono scribendum commisi. Confero monasterio […] L. villam ipsam […] possidenda promptissima animae devotione transfundo, domus inexquisitas tam in […] quam in […] cum omni integritate monasterium L. [in suo iure] possideat et defendat. Porcionem meam de […] quod mihi legibus debetur, cum integra soliditate […] [monasterium] […] L. in suo iure retineat.

Im Fortgang der Urkunde vermischt sich der Kreis der aus den einzelnen Verfügungen begünstigten Personen. Einerseits wurden Enkel, andererseits wieder Klöster und Kirchen begünstigt. Dabei begann der Aussteller der Urkunde auch sprachlich zu einer Diktion hinzuneigen, die Erlebensbedingtheit anzeigt und auf ein künftiges Erhalten hinweist (z. B.: haberi volo oder habere debeat): Porcionem meam, quem in […] habere videor, dulcissimis nepotibus meis filii s Adoni haberi v[o]lo. [De villa vero] […] porciones duas […] monasterius L. habere debeat; tertiam vero portionem basilica domni Petri […]. Similiter portionem meam in villa […] basilica domni Petri […] in suo iure valeat possidere.

Die daran anschließende Einzelgutsverfügung zeigt dann, dass der Wille Adalgisels darauf gerichtet sein wird, dass das betreffende Gut erst nach seinem Tod an die begünstigte Kirche von Verdun übergehen sollte – denn dieses Gut sollte mit allem, was am Tage von Adalgisels Tod zu ihm gehörte,

570

571

LEVISON, in: DERS., Aus rheinischer und fränkischer Frühzeit, S. 118-138 (insb. S. 124-136 mitsamt den dortigen Emendaturen und Deutungen), und DERS., in: TriererZs 7 (1932), S. 69-85. Die Urkunde wird von Oexle als eine der ältesten echten Urkunden des Frankenreiches und als bemerkenswertes Zeugnis über die sozialen, wirtschaftlichen und kirchlichen Verhältnisse des 7. Jh. bezeichnet; vgl. OEXLE, Art. Adalgisel-Grimo, in: LexMA I, Sp. 104 f. Diese Emendatur Levisons soll hier nicht kommentiert werden. Ihre Berechtigung ergibt sich aus dem Gesamtbild der Urkunde.

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von der Kirche von Verdun in suo iure et dominatione entgegengenommen werden: Villa vero mea […], quantum porcio mea continet vel legibus obvenire debet […] cum omni superlectili vel appenditiis et reditibus suis vel quicquid in die mortis meae in ipsa villa inventum fuerit, sacrosanctae eclesie Virdunense in suo iure et dominationi recipiet, ab ipsa ecclesia perpetualiter in Dei nomine possidendum.

Gleiches ordnete Adalgisel für weitere Güter und andere begünstigte kirchliche Institutionen an und er bekräftigte: […] Omnimodis volo, quantumcumque per tabulas vel per epistolas seu quolibet titulo ingenuos dimisi, [vel q]ui[cqui]d per epistolas meas ad loca sancta seu merentibus personis contuli aut donavi, firma stabilitate permaneat,

womit er sich weitere Verfügungen und Freilassungen zugunsten anderer Begünstigter vorbehielt. Es folgen weitere Einzelanordnungen über konkrete Güter mit ihren Pertinenzien, die teilweise wieder wie im schon genannten Beispiel auf den Tag des Ablebens von Adalgisel bezogen wurden. Wird jede dieser einzelnen Verfügungen für sich betrachtet, dann wird sich nur schwer allein aus der Diktion und der Wortwahl die Absicht sicher folgern lassen, die gesamte Verfügung sei erlebensbedingt gewesen. Träte – wie bei anderen Urkunden – kein zusätzliches Moment hervor, dann müsste angenommen werden, dass es sich um die Zusammenstellung einer Reihe von lebzeitigen Verfügungen handelt. Doch Adalgisels Urkunde liefert den Gegenbeweis: [Quod t]estamentum meum firmum et stabile haberi placuit, ut omnem facultatem meam secundum quod presens pagina loquitur, id est villas, terras, pratis, silvis, mancipiis, aedificiis, aurum, argentum, species, utensilia, [mobilia] et immobilia tam in Wabrense quam in Adernense seu Treverense, quicquid post discessum meum inventum fuerit, ad integrum monasterium sanctae Agathae L. in suam recipiat potestatem [cum vaccis], vaccariis, vervecibus, vervicariis, porcis, porcariis, ubicumque habeo et hoc alicubi non est delegatum, sancto monasterio seu congregatio L., quos mihi heredes constitui, in tuo iure [et domina]tione transfundo.

Diese Erbeinsetzungsklausel steht mitten in der Urkunde, also nicht dort, wo sie nach dem spätrömischen Formular ihren normalen Platz hätte. 572 Es folgen weitere Einzelanordnungen, bevor der Gedanke, der mit dieser Erbeinsetzung der Kirche von Verdun verbunden ist, wieder aufgegriffen wird. Inhaltlich scheint es fast so, als sei mit dieser Formulierung der Gedankengang zunächst abgeschlossen gewesen, bevor Adalgisel noch weitere Güter und Personen in den Sinn kamen, über die eine Anordnung getroffen werden 572

Das bemerkt auch LEVISON, Aus rheinischer und fränkischer Frühzeit, S. 118, 137, der fragt, ob es sich hierbei um einen Beleg für die „décomposition “ des römischen Formulars oder um einen der geografischen Lage Verduns geschuldeten Beleg für das Zurückweichen römischer Einflüsse vor dem fränkischen „Einbruch “ handele.

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musste.573 Nachdem Anordnungen über eine Leprastation und über ein Armenhaus getroffen und dem Abt der Kirche von Verdun eine Auflage zur Versorgung eines Priesters auferlegt waren, bedachte Adalgisel seine Verwandten: Vos vero, parentes mei et propinqui nihi[l aliud requirere debeatis nisi quo]d vobis per presentem paginam delegavi.

Die Urkunde wird erneut mit einer Vielzahl von Einzelanordnungen, die fast ausschließlich die Kirche von Verdun begünstigten, fortgesetzt. Mehrfach wurden dabei die gegenständlichen Güter derart bestimmt, dass sie so, wie sie am Tage des Todes Adalgisels vorgefunden werden,574 auf die Kirche übergehen sollen. […] villa […], quem germana mea Ermenegundis quondam dyacona pro anime sue remedium ecclesie Virdunense dedit et ego ipse sub usufructuario per precatoria possedi, cum integra soliditate omnibusque ad se pertinentibus cum id quod ibidem augmentare vel laborare potuero omnia et ex omnibus post discessum meum ad sepedicta ecclesia Virdunense revertat.

Dann schloss Adalgisel mit Formulierungen, in denen er sich nochmals seine volle Entscheidungsfreiheit sicherte. Die Urkunde erhält dadurch den Charakter der Letztwilligkeit (nicht unbedingt auch der Erlebensbedingtheit): Si qui liturae aut caraxature adiectionisve in hanc deliberationem meam inventi fuerint, ego feci fierique presens volui, dum sepeus deliberatione mea recurro vel ad meam dirigo voluntatem. [Sanktion]. Nihilominus deliberatio mea firma stabilitate permaneat. Quam vero deliberationem manu propria subter scripsi et venerabilium virorum seu magnificorum subscribendum rogavi. Vobis supplico [et] coniuro, principes et potestates, per Patrem et Filium et Spiritum sanctum, ut presentem voluntatem et deliberationem meam a quacumquelibet persona non permittati s convelli aut infringere [vel] mutare. Actum Virdunum. […]

Die Urkunde ist echt, sie entspricht sachlich und sprachlich der Merowingerzeit. Was sie auszeichnet, ist eine aus einer Summe von Einzelanordnungen, die die Kirche von Verdun begünstigen, geschöpfte Erbeinsetzungsformulierung, die ohne formale Anlehnung an römische Testamentsformen in der Urkunde eines Franken, die auf seit langem fränkischem Territorium errichtet wurde, erscheint. Die Erbeinsetzung wird nicht mittels der nuncupatio (ita do, ita lego, ita testor) des römischen Rechts komplettiert, ihr fehlt der Verweis auf das ius civile ebenso wie der auf das ius praetorium, es fehlt weiterhin auch die Kodizillarklausel. Darüber hinaus wird die Enterbung der Ver573

574

LEVISON, Aus rheinischer und fränkischer Frühzeit, S. 118, 138 weist darauf hin, dass die „Unordnung “ in der Urkunde eventuell darauf zurückzuführen sein kann, dass dem Abschreiber des sicher auf Papyrus niedergeschriebenen Originals ein auseinandergebrochenes Original vorgelegen habe, das er so gut er konnte wieder zusammengefügt haben könnte. Das halte ich, wie schon mehrfach hervorgehoben, für einen Beleg dafür, dass die betreffenden Anordnungen unter Erlebensbedingung stehen.

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wandten ebenfalls nicht auf einen römischen Formelsatz (exheredati sint toti) gestützt, sondern frei formuliert. Der ausstellende Notar oder Adalgisel haben eine formale und inhaltliche Synthese zwischen der römisch-personellen Vermögensnachfolge und der merowingisch-gegenständlichen Vermögenszuwendung gefunden. g) Das Testament des Bischofs Hadoindus v. Le Mans. Die folgende Urkunde datiert v. 6. Februar 645.575 Der Bischof ordnete an: […] Ego Hadoindus […] sanus, Deo propitio, mente et corpore, sanoque consilio, metuens casum humanae fragilitatis, testamentum tradidi, illudque Cadulpho diacono scribendum dictavi: quod testamentum meum si quo casu iure civili aut praetorio, vel alicujus novae legis interventu valere nequiverit, ac si ab intestato ad vicem codicillorum valere id volo ac valeat. Itaque si quando ego Hadoindus […] ex rebus humanis excessero, ac debitum venturi temporis complevero, tunc tu, sacrosancta Ecclesia venerabilis [Cenomannis], haeres mea esto, haeredem meam te esse constituo; ita ut aliquid per hoc testamentum meum dedero, legavero, dare jussero, id ut detur, fiat, praestetur, fidei tuae, haeres mea, committo.

Nach diesen Formalien (unter unzeitgemäßem Bezug auf das prätorische Recht) und der ausdrücklichen Erbeinsetzung der Kirche von Le Mans geht die Urkunde wie die Urkunden Remigius’, Aridius’, Bertrams und Burgundofaras zu Einzelverfügungen über. Es bleibt unklar, was neben diesen einzelnen Gütern noch an Vermögen zurückblieb, das eventuell von der Erbeinsetzungsformel allein erfasst werden könnte. Hinweise darauf gibt es nicht. Die Einzelverfügungen wurden bei Hadwin teilweise unter eine Erlebensbedingung gestellt, teilweise ausdrücklich a die presente vorgenommen. Eingeschaltet findet sich auch noch eine Leibgedingeverfügung zugunsten eines Haddo und seiner Söhne. Dono tibi, sancta venerabilis Ecclesia […] villam juris mei […], ad jus et dominationem vestram revocetur, perpetualiter possidendum. Similiter basilicae domni Victurii […] dono tibi villam […], exceptis his quos pro animae meae remedio ingenuos fieri praecepi, totum et ad integrum praefata basilica post meum discessum suae potestatis faciat revocare perpetua dominatione possidendum. […]. Similiter dono ipsi basilicae domni Petri et Pauli […] villas […], post meum discessum, cum omni integritate, quod ad ipsas villas aspicere videtur, ministri nostri jam dictae basilicae de praesenti percipiant dominandum. […]. Pariter et mansionem […] Chaddoni volumus esse concessam: si tamen habuerit filios, in eorum permaneat potestate; et siquidem filios non habuerit, post suum transitum, ad ius et dominationem domnae Mariae de Aureonense vico revertatur. […]. Itemque villam […] praefatae sanctae Mariae basilicae, ejusque ministri in perpetuum a die praesente jure suo recipiant. Simul villa […] volo esse donatum. Similiter […] basilicae domnae Mariae […] conscribimus […].

575

BUSSON/LEDRU, in: Archives Historiques du Maine, 1902, S. 157-162; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 300, S. 69-71.

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Auch hier liegt nach hier vertretener Ansicht der Schwerpunkt der rechtlichen Beurteilung auf den Einzelverfügungen, bei denen genau unterschieden wurde, welche unter Erlebensbedingung standen und welche sofort wirksam sein sollten und die in ein römisches Formular nur beziehungslos eingefügt wurden. Anders als bei Adalgisel liegt keine eigenständige Verwertung der römischen Form vor. h) Das Testament eines Unbekannten. Als Original auf Papyrus ist die Verfügung eines Unbekannten aus dem Jahre 690 überliefert. 576 Individualisierbar wird der Verfügende nur als Sohn einer Idda und Gatte einer Chramnetrud. Ganz anders als z. B. die soeben betrachtete Verfügung des Bischofs Hadwin v. Le Mans spiegeln die erhaltenen Bestandteile der Urkunde eine starke Verflechtung zwischen römischem und merowingischem Recht. Die einzelnen Verfügungen, die teilweise unter Erlebensbedingung standen, wurden nicht nur in ein römisches Formular eingefügt. Vielmehr wurde an die Einzelverfügungen die aus dem klassischen römischen Recht bekannte nuncupatio (ita do, ita lego, ita testor) angeschlossen. Eine Erbeinsetzung fehlt, mag aber in den verlorenen Teilen der Urkunde enthalten gewesen sein, was sehr wahrscheinlich ist, da die begünstigten Kirchen als heredes bezeichnet werden. … que decerno ut juxta dispensationem meam, si quid dedero, legavero, darive jussero id ut detur, fiat, pristetur, fidei tuae devocioneque permaneant vo…que sanctas basilecas villa […], similiter et vilare […], et villa […], quod jam vobis per aepistolas donacionis dedi, ipsa villa Chinnachario dulcissime genetricae nostrae Iddane husufructo dum advixerit tantum suprascribta villa Ghinnachario possedeat; post obetum virum suum ad … gre revertatur. Simile modo vilare […], porcionem meam ad jam dictas basilecas cum omni solidetate habendum et possedendum relinco. – Villa […] cum omni jure et termeno suo, sicut a me praesenti tempore posseditur, ad ipsas basilecas post obetum meum habendum et possedendum praecipio. – Villa […] simile modo, et villa […] quam una cum Herone et matronae suae commutavi, cum omni jure eorum […] habendum et possedendum instituo.

Im Anschluss an diese Einzelaufzählung fasst der unbekannte Sohn der Idda diese Verfügungen noch einmal zusammen. Dabei wird die Auslegung erschwert, denn die Urkunde ordnet in einem Satz an, dass die Güter einerseits post decessum des Verfügenden andererseits a die presente auf die begünstigten Kirchen übergehen sollten und dass sich der Verfügende den Nießbrauch an den Gütern auf Lebenszeit vorbehalten habe: – Haec omnia suprascribta in integritate villas ipsas cum domebus, mancipeis, vineis, silvis, pratis, peculiis omnebus, pascuis, aquis, aquarumve decursebus, cum

576

MARINI, I Papiri diplomatici, Nr. 77, S. 119-121; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 413, S. 211 f.; TARDIF, Monuments historiques, S. 21 f. Eine Abbildung des Papyrus bei N ONN, in: WIECZOREK/PÉRIN/V. WELCK/MENGHIN (Hrsg.), Die Franken – Wegbereiter Europas, S. 505, 507 Abb. 383.

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omni jure et termenis eorum, sicut hec a me praesenti tempore possedire et domenare viditur, et quamtumcumque in supra nomenata loca moriens derelinquero, post meum discessum absque ullius contrarietate vel tradicione, a die praesenti ipsas sanctas basilecas herides meas habendum et possedendum relinco, et hoc dum advixero, husufructuaria condicione, et absque praejudicio sanctarum basilecarum, tenire et domenare dibeant post meum discessum, ut saepae dixi, cum omnebus rebus in se habentes, absque ullius spectata tradicione, ipsas sanctas basilecas, et heridis meas ad se recipeant; et quicquid exinde ipse abbas qui tunc temporis ibidem fuerit, pro hutilitatebus memoratarum basilecarum decriverit, faciendi liberam et firmissemam, Christo praesolae, habeatis in omnebus potestatem.

Zur Auflösung dieser Widersprüche vermag die Urkunde nichts beizusteuern; angenommen werden kann immerhin, dass bezweckt war, die Güter im Moment des Todes des Verfügenden ohne weiteren Verfügungsakt auf die Kirche übergehen zu lassen. Es folgen weitere Einzelanordnungen. Dabei ragt besonders eine Verfügung zugunsten der Chramnetrud heraus, die erlebensbedingt war. Gleiches gilt für die unmittelbar anschließende Verfügung zugunsten des Fiskus: Villa […] cum omni jure et termeno suo, sicut a me praesenti tempore possedire et domenare videtur, et moriens derelinquero, cum peculiis omnebus, dulcissime atque amantissime conjuge meae Chramnethrude habire decerno ac delibero. Sacratissemo fisco villa […] cum omni jure et termeno suo, sicut a me est possessum, et moriens dereliquero, cum peculiis omnebus habire decerno.

Nach Freilassungsanordnungen und einer Zuwendung an die Kirche, wo der Verfügende begraben zu werden wünschte, folgt dann die nuncupatio, bevor die Urkunde mit dem gegen Ende verderbten Eschatokoll endet: – Ita do, ita lego, ita testor, ita …munium tanti ceteri ceteraeque proxemi proximaeque … habetote. Si quae literae vel caraxaturae in hunc testamentum meum inventi fuerint, ego feci, fierique praecipi, dum mihi saepius testamentum meum volui recensire et crepius emendare. – [Sanktion; hier wird mit dem Fegefeuer gedroht; Stipulation]. Actum […].

i) Das Testament der Erminetrud. Ein weiteres Original einer Verfügung auf Papyrus ist undatiert, stammt aber wohl aus dem Ende des 7. Jh. oder aus dem Jahr 700 selbst. 577 Das Protokoll und der Kontext bis zum Anfang der dispositio und die dort sicherlich vorhandene Erbeinsetzungsklausel sind nicht überliefert. Es ist zu vermuten, dass eine namentlich nicht näher genannte Tochter der Erminetrud zur Erbin eingesetzt worden ist, da diese bei den Einzelverfügungen immer nur als tu, dulcissima fili[a] bezeichnet wird, was einen Bezug zu einer Anordnung im verlorenen Teil der Urkunde nahelegt.

577

MARINI, I Papiri diplomatici, Nr. 76, S. 117-119; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, Nr. 452, S. 255-258.

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Daraus ergibt sich auch die rechtliche Schlussfolgerung, es habe sich um eine Verfügung über eine Vermögensgesamtheit gehandelt, aus der Tatsache, dass eine Vielzahl von Einzelanordnungen in einer am römischen Formular angelehnten Urkunde zusammengefasst worden sind und dass der Schluss der dispositio eine klassische nuncupatio und eine vollständige Enterbungsklausel enthält. Insgesamt trägt die Verfügung der Erminetrud die wenigsten merowingischen Züge unter den hier gegenständlichen Urkunden. Die erhaltenen Stücke der dispositio bieten viele Einzelanordnungen, in denen Mobilien und Immobilien, Vieh und Sklaven geschenkt wurden, bzw. angeordnet wurde, dass jemand einen bestimmten Gegenstand haben solle. Dafür wurden unterschiedliche Verben verwendet – einerseits dono, dari constituo und dari jubeo ebenso wie andererseits habere cupio, habere praecipio oder habere jubeo. Dabei ist mitunter eine systematische Ordnung zu erkennen, so dass geschlussfolgert werden kann, dass hier rechtliche Unterschiede gemacht worden sind (in Schenkungen, Vermächtnisse oder Auflagen). Diese Ordnung wurde aber durchbrochen im Komplex von Anordnungen zugunsten der Tochter, in denen mehrheitlich, aber nicht ausschließlich das Verbum dare verwendet wurde. Dieser Komplex wird mit einem dieses gleichsam aufhebenden Satz abgeschlossen, in dem Erminetrud zu allen diesen Verfügungen erklärte: haec omnia tibi habere constitui. … sacratissimus fiscus percipet. Si vero omnia quod in hunc testamentum inserui in[tactum] custodieris, quidquid tibi superius deligavi in tuo jure perenni tempore permaneant. [Si quid] in hunc testamentum, cuicumque depotavi tibi, dulcissime fili, habere cupio. Similiter […] dono tibi canna argentea […], et a parte mea dono tibi cauco argenteo […], et medietatem ovium […]. Simili modo de […] tam vestis quam aeramen vel utinsilia, et de bovebus ex omnia medietatem, tibi dulcissime fili, habere praecipio. Pari conditione ex demandatione bonae memoriae Deorovaldi, dono tibi, dulcissime fili, de portione ejus et de proprietate mea, mancipia his nominebus: […] vineae pedaturas duas […]. Vineae pedatura tertia […]. Vineae pedatura quarta […]. Vineae pedatura quinta […]. Haec omnia suprascribta, tibi, dulcissime fili, ex mea voluntate vel ex demandacione dive memoriae Deorovaldi habere constitui.

Es folgt eine Vielzahl von Anordnungen vor allem zugunsten einzelner Kirchen, die als Legate bzw. als Auflagen angesehen werden müssen. Hier ist die Wortwahl überwiegend gleich, mitunter ist es nicht ganz einfach zu entscheiden, wann der Begünstigte direkt einen Anspruch erhielt und wann nur der Erbe (oder die Erbin) belastet war. Immer sollte einem bestimmten Begünstigten etwas gegeben werden bzw. sollte ein Begünstigter etwas haben. Die folgende Aufzählung ist stark gekürzt: Vinea […] medietatem sanctae ecclesiae […] dare praecipio; aliam medietatem […] nepoti meo Berterico habere praecipio. Vinea […] Bertovarae habere jubeo. Item […] nepoti meo Bertegisilo, ichrario argenteo, et mancipia his nominebus […] habere constituo. […] nepoti meo Berterico, puero […] habere jubeo. Baselicis constitutis Parisius […] urcio argenteo, valente soledus duodece, et fibla aurea

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[…] dari constituo. Baselicae domnae Mariae gavata argentea […] et cruce aurea […] dari jubeo. Baselicae domni Stefani anolo aureo […] dari volo. Baselicae domni Gervasi anolo aureo, nomen meum in se habentem scriptum, dari praecipio. Baselicae Sancti Sinfuriani, in qua bonae recordacionis filius meus Deorovaldus requiescit, freno […] et caballo strato, et carruca in qua sedere consuevi, cum boves; et lectaria cum omni stratura sua […] dari praecipio. Alia carruca cum boves vel omni stratura sua ecclesiae vici Bonisiacinsis dari jubeo. Similiter villarem […] cum adjacentia sua, suprascribtae ecclesiae Bonisiacense, pro remedio animae meae habere praecipio. […] Item, pro remedium anemae meae […] villam […] vel in omni jure et termino suo […] baselicae Sancti-Sinfuriani […] dari praecipio. […].

Es folgen Freilassungen und Anordnungen von Auflagen gegenüber einigen dieser Freigelassenen, die bestimmten Kirchen zinspflichtig sein sollten: Libertorum meorum nomena in his testamento abnecti constituo […] Hos omnes cum omni peculiare eorum, tam aerolas, hospitiola, hortellos, vel vineolas, et cum id quod in quibuslibet rebus habere videntur, liberos liberasque esse praecipio; et quidquid exinde facere voluerint, habeant liberam potestatem. Similiter Mumolane cum omni peculiare suo ingenuam esse praecipio: luminaria tantum in ecclisia Bonisiaca ministrare stodeat. […]. Simili modo pro remedium animae meae et ex demandatione fili mei Deorovaldi, […]: hos omnes cum omni peculiare, tam aerolas, quam hospiciola, vineolas, vel hortellos, cum id quod praesenti habere videntur, ingenuus esse constituo. Baudulfo et Sumthahario cum boves quos bajolant, laborare praecipio, unde oblata ad baselica domni Sinfuriani jugiter ministretur.

Mit der schon angesprochenen nuncupatio und der Enterbungsklausel endet die dispositio: Ita do, ita ligo, ita testor, ita vos mihi, Quiritis, testimonium perhibetote testanti; citeri citeraeque proximi proximeque, exheredis mihi estote; proculque habetote. Si que liturae vel caraxaturae in hoc testamento meo sunt, ego feci fierique praecipi, dum mihi saepius volui recenseri. [geistliche Sanktion]. Actum […] Signum Erminethrudine testatricis [5 Zeugen inkl. des Schreibers].

Das Testament der Erminetrud ist in seiner Gesamtheit wie das des Caesarius v. Arles als ein römisches Testament anzusprechen. Trotzdem ist es hinsichtlich des Komplexes, der die Tochter begünstigt, von Einzelanordnungen durchbrochen. j) Testament des Patricius Abbo für Novalese. Schließlich existiert noch eine umfangreiche Verfügung eines Abbo578 vom 5. Mai 739 579 zugunsten der

578

Bei Abbo dürfte es sich um einen im Rhônetal ansässigen Franken gehandelt haben, der, wie die Namen der Leibeigenen zeigen, über die er zugunsten der Abtei verfügte, in fränkischer Umgebung lebte; vgl. LEWIS, The Development of Southern French and Catalan Society, bei Fn. 67. Zur Person kurz auch SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 592.

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piemontesischen Abbazia di Novalese580 in der das römische Testamentsformular mit allen Erfordernissen581 noch einmal vollständig hervortritt: […] ego […] Abbo […] sana mente, atque consilio, cogitans casus humani fragilitatis, testamentum condidi, quem venerabili Hytberto clerico scribendo rogavi, quod testamentum meum si quo casum et iure pretorio, vel quale cuius lege adinventionis que quomodo valere nequiverit, ac si ab intestato ad vicem codicellorum eum valere volo ac iubeo, quos quas (liberas) liberosve esse decrevero, liberi libereve sint omnes, et queque per hoc testamentum meum dedero, legavero, dare iussero, id ut fiat detur, prestetur fidei heredes mei committo. ego in dei nomine Abbo, cum me dispensatio divina de hac luce migrare preceperit, dibitove natore complevero, tunc tu sacrosancta ecclesia in honore beati Petri apostoli, seu et ceterorum sanctorum Novalicis monasterij in valle Sigusinam quem ex opere nostro in rem proprietatis nostre construximus, ubi norma monachorum sub religionis ordine spiritale et regula sancti Benedicti custodiensis, Deo adiuvante, conlocavimus, ubi a presens (venerabilis) vir Abbo preesse videtur, heres michi es tu, heredem meam te esse volo ac iubeo, ceteri cetere exheredis sint tote.

Hierauf folgt eine große Zahl von einzelnen Anordnungen, mit denen der Verfügende zugunsten der schon als Erbin eingesetzten Kirche sein gesamtes, riesiges (an der mittleren Rhône belegenes) Vermögen gleichsam erneut übertrug, wobei jede einzelne Anordnung mit der Bekräftigung tu heres mea habere volo ac jubeo vervollständigt wurde. Wenige Beispiele müssen hier genügen: […] similiter quicquid in Balmas, ubi oratorius in honore sancti Verani est constructus, visi sumus habere, et in Lastadio, Gallionis, Grummo, Camundis, Luxomone, Corvallico, Petracava, Trebocis, vel circa civitate, quantumcumque ex proprie parentum nostrorum, vel conquestum in ipsa loca habere videntur, te heredem meam habere volo ac iubeo. et quicquid circa civitate Segusia vel in ipsa valle habere videmur, hoc est in Orbano, Ciminiano, Voroxio, Raude, Noviliano, tu heres mea habere volo ac iubeo. et in Valaucis portione quam a liberto nostro Theudaldo dedimus, volo ut habeat, et ipse et infantes sui, ad heredem meam aspicere debeant, volo ac iubeo.[…]

Auf diese Art verfuhr Abbo seiten- bzw. pergamentlang. Schließlich fasste er alles noch einmal zusammen:

579 580

581

CIPOLLA, Monumenta Novaliciensia vetustiora I, Nr. II, S. 13-38; P ARDESSUS, Diplomata, chartae, epistolae, leges II, S. 370-378. Die Gründung der im Susatal auf einem Alpenhauptverkehrsweg unterhalb des Mont Cenis zwischen dem fränkischen Gallien und dem langobardischen Norditalien gelegenen Benediktinerabtei dürfte im Wesentlichen auf die Zuwendungen Abbos zurückgehen. So auch SEMMLER, in: K ASTEN (Hrsg.), Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter, S. 573, 592.

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et illa que non sunt nominata et ad nostro iure pertinet et alicubi non delegavimus, volo ut ad herede meam perveniant.[Sanktion, Stipulation] Ego Abbo hunc testamentum a me factum subscripsi (…conscripsit). [fünf Zeugen].

Die Verfügung Abbos ist wahrscheinlich eine für ein Mischrecht geschriebene Urkunde. Sie bedient sowohl die römischen als auch die fränkischen Rechtsvorstellungen über eine wirksame Verfügung von Todes wegen.582 Vom Erbenlaub findet sich auch hier wie sonst keine Spur. Keine eingehendere Betrachtung verdienen einige weitere Urkunden, die keine eigenen Verfügungen beinhalten, die sich aber mit Verfügungen auseinandersetzen – das betrifft insbesondere drei Urteile583 aus der Kanzlei des Hausmeiers Pippin III., in denen der Hausmeier Streitigkeiten anhand von Urkunden über lebzeitige Schenkungen entschied. Statt dessen ist noch auf den aus dem Jahre 881 überlieferten Vollzug einer Verfügung hinzuweisen, der in einer Urkunde zugunsten der Abtei v. Beaulieu584 überliefert ist. Hier vollzog der Sohn die Verfügung seiner Eltern gegenüber den Vertretern der Abtei per cordam de signo et hostium de domo et cespitem te terra sive ramum arboris – womit die Traditionssymbolik komplett war: […] veniens Ebrardus […] ad villam […], quas ipse Guigo et ipsa Ava […] per cartam cessionis sancto Petro Belliloci monasterii […] condonaverunt, sicut in ipsa carta loquitur. Tunc veniens ipse Ebrardus introivit in ipsam ecclesiam et veniens ad ipsam villam, per cordam de signo et hostium de domo et cespitem de terra sive ramum arboribus, missis sancti Petri […] Loboleno et Ebrardo monachis, manibus tradidit in vicem patris et matris suae, ut faciant tam ipsi quam successores eorum iure ecclesiastico quicquid elegerint. Quapropter necesse fuit, ut ipsi monachi Lobolenus et Ebrardus notitiam exinde colligerent et colligere deberent; quod ita et fecerunt. [… es fehlt die Zeugenreihe]. […].

Leider fehlt der Urkunde ein Anhalt dafür, ob die Verfügung Guigos und Avas erlebensbedingt war. Der Vollzug durch den Sohn spricht dafür, beweist dies aber freilich nicht.

582 Zu 583 584

dieser Charakteristik der Verfügung Abbos auch VISMARA, Scritti di storia giuridica, S. 145, 169. MGH DD M, Nr. 18, S. 104 f.; MGH DD M, Nr. 21, S. 106 f.; MGH DD M, Nr. 22, S. 107 f. (alle Edition PERTZ). L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrechtes, Nr. 61, S. 48 f.

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3. Ergebnis Die Betrachtung der hier ausgewählten merowingischen und karolingischen Urkunden, deren Entstehungszeit identisch mit den unterschiedlichen Redaktionsstufen der untersuchten normativen Rechtsquellen (LSal, LRib, LThu, Kapitularien) ist, hat zunächst gezeigt, dass diejenigen Angehörigen des Frankenreiches, die Urkunden hinterlassen haben, seit dem 6. Jh. sowohl lebzeitig als auch postmortal verfügten. Sie wählten dazu vor allem einen Weg: Möglichst jeder einzelne Vermögensgegenstand wurde konkret mit allen Angaben seiner Herkunft (Erbschaft oder eigener Erwerb) beschrieben und einzeln übertragen. Die über solche Einzelverfügungen ausgestellten Urkunden nahmen demzufolge einen mitunter beträchtlichen Umfang an. Damit zeigen auch die Urkunden wie schon die normativen Rechtsquellen, dass die merowingische und die karolingische Rechtspraxis sowohl die sofortige als auch die durch den Tod verursachte Rechtsnachfolge nicht personenrechtlich, sondern vielmehr vermögensrechtlich dachte. In den meisten einzelnen Urkunden wurde auseinandergehalten, welche Anordnung a die presente und welche post obitum des Verfügenden wirksam sein sollte. Für Verfügungen – seien sie sofort wirksam gewesen oder unter Erlebensbedingung gestellt worden – bedurften die Urkundenaussteller in keinem Fall der Mitwirkung etwaiger potenzieller Erben. Verfügt werden konnte aber nicht nur über einzelne Vermögensgegenstände, sondern auch über Vermögensgesamtheiten. Hierbei ist jedoch nicht zu verkennen, dass die Einzelverfügungen durchaus überwogen und sich eine Gesamtheit mitunter nur aus der Vielzahl der Einzelsachen, über die verfügt wurde, ergab. Von Bedeutung ist darüber hinaus, dass für Verfügungen aller Arten häufig auf die im 6. und im 7. Jh. offensichtlich noch gut funktionierende gallorömische Notariatspraxis und die von ihr verwendeten Formulare zurückgegriffen wurde. Nahe liegend war das insbesondere für die Verfügungen kirchlicher Würdenträger. Schon mit den ersten hier gegenständlichen Urkunden über Verfügungen wird freilich deutlich, dass die römischen Formulare lediglich die äußere Form abgaben, dass römische Termini weiterverwendet wurden, ohne dass diese Begriffe rechtlich irgendwie relevant gewesen wären. So fanden sich selbst in den „Bischofstestamenten“, die sehr nahe am römischen Testamentsformular orientiert waren, die Einzelverfügungen als die entscheidende inhaltliche Größe. Nach diesem Überblick über einige Zeugnisse der Urkundenpraxis vom 6. bis in das 9. Jh. ist im Anschluss dem Privatrechtsverkehr, wie er in Sammelquellen überliefert wurde, nachzugehen. Er wird in Köln, und damit in einer durch das gesamte Mittelalter besonders bedeutenden civitas sowohl des Franken- als auch des Heiligen Römischen Reiches, seit dem Jahr 1135 sichtbar.

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IV. Empirische Rechtsquellen: Sammelquellen Die mittelalterliche Sammelquellenüberlieferung durch Stadt- und/oder Schöffenbücher585 aus dem Zentralgebiet des Franken- und dem westlichen Teil des Alten Reiches ist, soweit sie den hier gewählten Untersuchungszeitraum betrifft, nach dem heutigem Kenntnisstand weniger umfangreich als die aus dem Verbreitungsgebiet des Ssp und des Magdeburger Stadtrechts. Erhalten haben sich Registraturen aus Köln (die so genannten Schreinsurkunden), aus Andernach bei Bonn am Rhein (der so genannte Rotulus von Andernach) und aus Deutz bei Köln.586 Zusammenhängend und ediert sind nur die Kölner und die Andernacher Bestände. Vermutet wurden schon im 19. Jh. zu Köln und Andernach zeitlich analoge Verhältnisse auch für Mainz, Gent, Brügge und Ypern.587 Daneben sind spätere (aus dem hiesigen Untersuchungszeitraum herausfallende) Bestände aus Kalkar und Kleve zu erwähnen. Überliefert und ediert sind aus späteren Zeiträumen der so genannte „Baculus iudicii“ aus Frankfurt/M. 588 und die so genannten Mainzer Gerichtsformeln589. Erwähnt werden in der Literatur auch Bestände aus Wiesbaden (ab ca. 1340), Babenhausen (ab 1355), Hofheim (ab 1425), Eppelsheim (1445), Flörsheim (1447-1613), Hamm (1449), Erpolzheim (1468), Osthofen (1488) und schließlich Diedenbergen (1550). 590 Wegen des Jahres 1400 als terminus ante quem sind diese Quellen hier außer Betracht geblieben. Eine den Kölner bzw. Andernacher Beständen vergleichbare Edition auch der vor 1400 einsetzenden Bestände von Wiesbaden und Babenhausen existiert freilich nicht. 591 Hinzu kommen Gerichtsbücher mit Sammlungen streitiger Entscheidungen, die wieder nicht zum Bereich dessen gehört, was heute mit dem Begriff „freiwillige Gerichtsbarkeit“ umschrieben wird, so die Oberhofbücher der Schöffen von Neustadt gegenüber Mannheim592 und die Spruchsammlungen aus Ingelheim. 593

585 586 587 588 589 590 591

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Zum Begriff „Stadt “- bzw. „Schöffenbuch “ s. eingehend noch unten, Kap. 6 II 1 (2). Das Buch stammt aus dem 14. Jh.; vgl. H OENIGER, in: Niederrhein. Annalen 42 (1884), S. 1, 6. H OENIGER, in: Niederrh. Annalen 42 (1884), S. 1, 6. THOMAS, Der Oberhof zu Frankfurt/M. H ALLEIN, Mainzer Civilrecht. Vgl. die Angaben bei MUNZEL-EVERLING, dez keisers recht I, S. 5. Zu Babenhausen existieren Einzelstudien; so CIRULLIES, Die Rechtsterminologie des Stadtgerichts Babenhausen und G UDIAN, in: D AMRAU (Hrsg.), Festschrift für Otto Mühl, S. 209 ff. E RLER, Der Oberhof zu Neustadt an der Weinstraße. E RLER, Die älteren Urteile des Ingelheimer Oberhofes; L OERSCH, Der Ingelheimer Oberhof.

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Schließlich ist noch auf eine Untersuchung zur „Geschichte der Testamente in Frankfurt“ aus dem Jahre 1853 hinzuweisen. 594 Euler hat unter Übernahme der von Beseler aufgestellten Grundsätze über dessen Vergabung von Todes wegen einzelne Urkunden, kein Schöffen- oder Stadtbuch untersucht. Eine moderne Untersuchung des gesamten Frankfurter Materials steht aus. Nachteilig ist hierbei, dass eine der Kölner oder Andernacher Situation vergleichbare Quellenlage für Frankfurt nicht besteht: Zwar lassen sich einzelne Urkunden auch zum hier gewählten Untersuchungszeitraum dem 1836 herausgegebenen Codex Diplomaticus Moenofrancofurtanus entnehmen, eine Schöffen- bzw. Stadtbuchüberlieferung existiert jedoch erst für das 15. Jh. Eine Darstellung von Einzelbelegen soll hier unterbleiben, ein Eindruck lässt sich aus der Untersuchung Eulers gewinnen.595 Immerhin existiert hinsichtlich der Form, in der Verfügungen (von Todes wegen) in Frankfurt vorzunehmen waren, ein Privileg des römischen Königs Wenzel aus dem Jahre 1395. Hier wurde altes Herkommen bestätigt: Solche Verfügungen sollen vor Schöffen und Rat,596 wie es Herkommen ist, vorgenommen werden.597 Die Rechtslage in Frankfurt unterschied sich wenigstens diesbezüglich also nicht von der bisher untersuchten. Im 15. Jh. entwickelte sich in Frankfurt für die ursprünglich vor dem (gesamten) Schöffengericht vorgenommenen lebzeitigen und erlebensbedingten Verfügungen das flexiblere Institut der Vornahme der Verfügung vor drei Ratsmitgliedern und die Anlegung der von diesen dann so genannten „Deputirten zu den Testamenten“ geführten Minor-Wehr- oder Testamentsbücher.598

594 595

596 597 598

E ULER, in: AfFGK 5 (1853), S. 1-48. E ULER, in: AfFGK 5 (1853), S. 1 ff., insbes. S. 8-19 mit einigen (wenigen) Beispielen. Die Erlebensbedingung lautet z. B. in einer Urkunde aus dem Jahre 1238 post mortem possidenda, vgl. Urkunde zugunsten des Klosters Haina, CDM, S. 65. Im Jahre 1341 beurkundete der Frankfurter Schultheiß, dass eine Frau vor ihm und den Schöffen zugunsten eines Klosters über verschiedene Güter nach ihrem Tod verfügt und angeordnet habe, dass das Kloster diese Güter nach ihrem Tod mit ihrer Tochter teilen sollte, vgl. CDM, S. 575. Auf einen eventuellen Unterschied der Frankfurter Kollegien einzugehen, ist hier nicht angezeigt, weil eine Gesamtauswertung nicht vorgenommen wurde. Nachweis bei E ULER, in: AfFGK 5 (1853), S. 1, 23. Vgl. EULER, in: AfFGK 5 (1853), S. 1, 20-27. Diese Entwicklung hatte Parallelen im gesamten Reich.

Verfügungen von Todes wegen im merowingisch-karolingischen Recht

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1. Die Kölner Schreinsurkunden Verfügungen von Todes wegen in der Metropole des Alten Reichs, in Köln, sind schon im Jahre 1932 Gegenstand der (historischen) Literatur gewesen. Günter Aders hat sich mit dem Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter auseinandergesetzt.599 Er hat dazu neben Originalverfügungen auch die damals bereits vorliegende Edition der Kölner Schreinsbücher von Robert Hoeniger zu Grunde legen können. Aders meinte, die ältesten Testamente fänden sich in den Schreinsurkunden, 600 indessen hat er das rechtstatsächliche Gewicht seiner Untersuchung nicht hierauf, sondern auf einzeln überlieferte Urkunden gelegt.601 Seine Schrift steht zwar hinsichtlich der Verfügungsfreiheit im „germanischen Recht“, das wurde schon deutlich gemacht, auf dem Boden der Anwachsungsthese des 19. Jh. Auch geht er von der Existenz eines ursprünglichen Erbenlaubes auch zur Zeit der Volksrechte aus.602 Gleichwohl gelangt er anhand des von ihm zu Grunde gelegten Quellenmaterials zu Schlussfolgerungen,603 die mit den andernorts feststellbaren Zuständen des 14. und 15. Jh. übereinstimmen, aber für Köln erheblich früher gezogen werden können. Es soll dazu hier die Auswertung der Kölner Schreinsurkunden folgen.

(1) Allgemeines zur Quelle Die von 1884 bis 1893 in einer mustergültigen – alle anderen hier benutzten Quellensammlungen bis heute übertreffenden – Edition 604 herausgegebenen so genannten Schreinskarten605 oder -urkunden von Köln enthalten eine große Menge thematisch relevanter Eintragungen v. a. aus dem 12. Jahrhundert. Es handelt sich um genau die Zeit, in der die Stadt Köln ein beträchtliches Aufblühen erlebte und zur bevölkerungs-, handels- und verkehrsreichsten Stadt

599 600 601

602 603 604 605

A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 17. Er gibt an, die Reihe von ihm so genannten Kölner Bürgertestamente beginne im Jahre 1302. Bis 1325 seien zehn, bis 1350 45, bis 1375 nur 25 und bis 1400 wieder 75 Testamente vorhanden. Danach sei ein gleichmäßiges Zunehmen der Testamente zu verzeichnen, allein der Zeitraum 1475-1500 ergebe 150 Testamente; vgl. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 17 f. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 2. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 10-15. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden des zwölften Jahrhunderts. Der Begriff verdunkelt die tatsächliche Natur der Aufzeichnungen. Es handelt sich nicht um kleinformatige Karten, sondern um große Pergamentblätter, die in einer bestimmten Weise vorder- und rückseitig beschrieben wurden und die mit an den Oberseiten befestigten Stäben zu Rotuli aufgerollt werden konnten. Eine einzelne „Karte “ enthält so in den meisten Fällen mehr als 100 Eintragungen.

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am Rhein und im gesamten Reich wurde.606 Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich in der Kommune bzw. ihren Teilen das Bedürfnis durchsetzte, ein unschriftliches Verfahren bei Verfügungen (eventuell der LRib folgend) durch ein schriftliches zu ersetzen. Auf das 12. Jh. beschränkte sich auch das Editionsprojekt Hoenigers. Spätere Schreinsbücher sind vorhanden, aber nicht herausgegeben. Der früheste Bestand setzt im Jahre 1135 ein. Es steht mithin ein 65-Jahreszeitraum zur Auswertung bereit. Die hier relevanten Einträge gehören wie die ebenfalls in den Karten enthaltenen Standardeinträge, die Käufe und Verkäufe von im jeweiligen Schreinsbezirk607 belegenen Grundstücken betreffen, zu den Einträgen, die dauernde Besitzwechsel (perpetualia) anzeigen. Unter diesen perpetualia sind Verfügungen, die aufgrund eines gegenseitigen Leistungsaustausches erfolgten, von solchen zu unterscheiden, in denen nur einseitig geleistet wurde. Der Standardeintrag für beurkundete Verfügungen, denen ein gegenseitige Pflichten begründender Kauf zugrundelag, lautet: n. n. emit/comparavit/vendidit domum unam contra n. n., wobei das betreffende Grundstück möglichst genau lokalisiert und nach Möglichkeit mit dem Vorbesitzer und den Nachbargrundstücken bezeichnet wurde.608 Der Standardeintrag, der sich auf Verfügungen bezieht, die ohne Gegenleistung vorgenommen wurden und die die hier interessierende Menge bilden, enthält die Wendung: n. n. dedit oder n. n. disposuerit oder auch n. n. delegavit. Daneben enthalten die Schreinskarten auch Eintragungen über Verpfändungen und Zeitpachtverträge. Diese temporalia stehen in den Karten meist ungeordnet neben den perpetualia, welche aber mengenmäßig überwiegen.609 In den 90er Jahren des 12. Jh. führte die Unübersichtlichkeit des Nebeneinanders dieser Gruppen insbesondere im Schöffenbezirk der Martinspfarrei zu einer Reorganisation des Schreinswesens und zum Übergang von den Pergamentblättern zu fest gebundenen Büchern.610 Im Bezirk der Columbapfarrei 606 607

608 609

610

A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 5. Zum Begriff „Schrein “ s. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden II, S. I, Fn. 1: „Schrein (lat. scrinium) bezeichnet ursprünglich die Lade, in welcher Gegenstände von Werth aufbewahrt wurden. In Köln hat der Ausdruck seit dem 13. Jh. als Bezeichnung für die Grundbuchämter der Stadt sich festgesetzt. Die Rechtsgeschäfte fanden an zuständiger Stelle, vor dem Schrein statt, in welchem Urkunden und Werthobjekte der Grundbuchbehörde verschlossen waren. So erklären sich die Wortverbindungen: Schreinsamt, Schreinmeister, Schreinspraxis, Anschreinung etc. “ Da das aber auch nicht immer erfolgte, fällt es schwer, den Schreinskarten entweder das Personal- oder das Realfolienprinzip zu attestieren. Karten, die vornehmlich der Beurkundung von temporalia dienten, sind schlechter überliefert: wenn sich alle Verpfändungen auf einer Karte erledigt hatten, konnte das Pergament entweder gesäubert und neu verwendet oder ausgesondert werden. Vgl. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden, S. 10 f., 175, 206. Die reorganisierten Buchungen des 13. Jh. sind von Hoenigers Edition nicht mehr erfasst.

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gingen die Schöffenschreiber schon um 1170 dazu über, die Pergamentblätter zu falten und zu Heften zusammenzubinden. Es ist nicht zielführend, alle diese Kauf- und Verpfändungsregistraturen in eine (statistisch auswertbare) Gesamtübersicht über Verfügungen von Todes wegen einzubeziehen. Temporalia wurden demnach unberücksichtigt gelassen. Dies erlaubt auch eine Ausscheidung ganzer Karten, die ausschließlich Verpfändungen und Zeitpachtverträge enthalten.611 Bei den perpetualia sind diejenigen Einträge berücksichtigt, bei denen der Wortlaut nicht auf das Vorliegen eines Grundstückskaufes (mit Gegenleistung) oder eine Verzinsung hindeutet, sondern bei denen eine nicht durch eine Gegenleistung motivierte Verfügung erkennbar wird. Bei dieser Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ist noch eine Einschränkung zu machen. Wenn grundsätzlich Beurkundungen von Verfügungen ausgesondert wurden, denen ein gegenseitiger Leistungsaustausch zu Grunde lag, so betrifft das nicht Beurkundungen von Verfügungen, die gegenseitig unter Ehegatten vorgenommen wurden. Solche Verfügungen sind hier berücksichtigt – was schon daran liegt, dass solche Verfügungen als Gegenstand von Eheverträgen zwangsläufig eine begriffliche Nähe zu erlebensbedingten Verfügungen aufweisen. Außerdem fehlt es bei solchen Verfügungen unter Ehegatten meist an einer ausgewogenen Leistungsbilanz. In den meisten hier beobachteten Fällen ist es einer der Ehegatten, der über das größere Vermögen verfügt. Der andere schließt sich dann der Verfügung nur noch an. Ebenso wie die im sächsisch-magdeburgischen Recht auftretenden Schöffen- bzw. Stadtbücher lassen die Eintragungen in die Schreinskarten in Köln eindeutig erkennen, dass es sich um Aufzeichnungen der vor das gehegte Ding gehörenden und dort auch tatsächlich vorgenommenen Rechtsgeschäfte handelt. 612 Das wird insbesondere an den in dem einzelnen Karten früh feste Formen gewinnenden Einleitungs- und Schlussklauseln613 deutlich, aber auch an den in einzelnen Schreinen über einen längeren Zeitraum gewahrten Volltextversionen, aus denen sich die Vornahme des Geschäfts vor dem Schöffengericht ergibt. 614 Kein einziger Eintrag übrigens enthält einen Hinweis darauf, dass es sich bei dem beurkundeten Geschäft um die abermalige Vornahme des Geschäfts vor Gericht handelt. Alle beurkundeten Verfügungen sind mithin in 611 612 613

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So z. B. die Karte Nr. 5 der Martinspfarre. S. dazu H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 78 f. Ebenso H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden II, S. I. Ein Anhalt für die Formalitäten, die für perpetualia erforderlich waren, wird insbesondere ab Karte 3 der Martinspfarrei erkennbar. Seit Eintrag I 26 dieser Karte wird mit dem Schlusssatz Factum coram iudice et magistris gearbeitet, der mit Fact. etc. abgekürzt wird. In Karte 7 der Martinspfarre variiert ein anderer Schreiber das ab Eintrag II 2 zu Hoc accidit coram iudicibus et magistris et testimonio. Indessen werden beide Schlussformeln nicht konsequent durchgehalten. Es existieren auch Passagen ohne diese Formeln. Das darf aber nicht überbewertet werden. Das betrifft v. a. die Urkunden des Laurenz- und des Schöffenschreins.

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einem einaktigen, nicht mehraktigen Verfahren vorgenommen worden. Die Affatomieform der LSal kam also in Köln seit dem Jahre 1135 nicht vor. Ob sie vorher vorgekommen ist, muss unentschieden bleiben. Die Aufzeichnungen in Köln sind demnach Beurkundungen der vor den jeweiligen Schöffenkollegien der einzelnen Pfarrbezirke vorgenommenen, insbesondere die Liegenschaften betreffenden Rechtsgeschäfte. Es handelt sich bei den Schreinskarten um Schöffen- bzw. Gerichtsbücher. Die Nummerierung der Eintragungen (z. B. M 2 III 5) lässt das Erscheinungsbild der einzelnen Schreinskarten hervortreten. Die großformatigen Pergamentblätter sind in der Regel in mehrere, meist drei oder vier Kolumnen eingeteilt. Auf manchen Blättern ist diese Kolumneneinteilung ausgeschmückt, so dass der optische Eindruck einer Säulenhalle entsteht. Jede Kolumne enthält die Einzeleintragungen; mitunter lässt sich die Reihenfolge, in der die Kolumnen nacheinander gefüllt worden sind, nachvollziehen.615 Der auch hier verwendete Buchstabe bezeichnet den jeweiligen Pfarr- und damit Schöffenbezirk,616 in dem die Karten geführt wurden, die erste arabische Zahl das Pergamentblatt, 617 die römische Ziffer die Kolumne (von links), die zweite arabische Zahl den konkreten Eintrag in der Kolumne (von oben). Die Karten der einzelnen Bezirke unterscheiden sich deutlich in ihrem äußeren Erscheinungsbild und in der Art ihrer Beschriftung.618 Hier ausgewertet wurden die Karten von vier je mit einem eigenen Schreinsamt ausgestatteten Bezirken der mittelalterlichen Stadt Köln (Bezirke der Martins-, der Laurenz-, der Brigiden- und der Columbapfarrei)619 und die Karten des Schöffenschreins, der mit diesen Einzelschreinen konkurrierte und außerdem Oberinstanz für die Schreine der altstädtischen Teilgemeinden gewesen ist. 620 Diese fünf Bezirke liefern für das 12. Jh. insgesamt 3.626 Eintragungen, davon sind insgesamt 1.240 dem hier gegenständlichen Themenbereich zuzuordnen. Es handelt sich mithin bei der hier zu Grunde gelegten Fallzahl um eine für reliable Aussagen genügend große Anzahl von Einträgen. Für eine Übersicht über den Grundstücksverkehr eignen sich am besten die 14 Schreinskarten der Martinspfarrei. Hoeniger schreibt zutreffend, dass

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H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 21. M = Schreinskarten der Martinspfarrei (1.828 Eintragungen aus den Jahren 11351193); L = Schreinskarten der Laurenzpfarrei (579 Eintragungen aus den Jahren 1135-1206); B = Schreinskarten der Brigidenpfarrei (287 Eintragungen aus den Jahren 1145-1220 bzw. aus dem Jahr 1324); C = Schreinskarten der Columbapfarrei (752 Eintragungen aus den Jahren 1170-1200), S = Schreinskarten des Schöffenschreins (180 Eintragungen aus den Jahren 1150-1220). Aus dem Bezirk der Martinspfarrei z. B. haben sich 14 Pergamentblätter erhalten. Vgl. dazu die Angaben von H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 3-11; 213216; 291 f.; 329 f. Es handelt sich um den ersten Band der Edition Hoenigers. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden II, S. II.

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sich in der Martinspfarrei der Besitzwechsel für viele Grundstücke von Hand zu Hand über lange Zeiträume nachverfolgen lasse.621 Schon das dort enthaltene Material eignet sich bereits für verlässliche Aussagen.622 Während die Eintragungen der Martinspfarrei bereits auf der ersten Karte zu einer gedrängten Registratur gelangen, bieten z. B. die der Laurenzpfarrei bis auf die vierte Karte noch die „Volltextversion “ des vor dem Gericht abgeschlossenen Rechtsgeschäfts.623 Hier finden sich mitunter auch noch volle Zeugenreihen, die in der Martinspfarrei zur gleichen Zeit längst in abgekürzten Formeln verschwunden sind. Erst die fünfte Karte geht zur kurzen Registratur über. 624 Die beste Registraturform bieten jedoch die acht zu zwei Heften zusammengebundenen Blätter aus dem Bezirk der Columbapfarrei. Hier sind alle unwesentlichen Ergänzungen weggelassen, die Eintragungen ganz auf den wesentlichen rechtlichen Gehalt zurückgeführt. Dieser Verwaltungsfortschritt beinhaltet den Verlust von Sekundärinformationen, die in den Karten der Laurenzpfarrei am reichlichsten vorhanden sind. Die Schreiber dort wechselten nämlich mitunter unvermittelt in die einheimische Sprache – teilweise direkt im Text, teilweise durch Glossierung am Rand – und zurück ins Latein. Das bietet manche Einblicke. So findet sich eine aus den Jahren 1135-1165 stammende Schlussbegünstigungsklausel: dad id uppe dat ander erve,625 die Übersetzung des Verbums delegare, die einerseits mit versalen,626 andererseits mit fermachen627 gegeben wird und die Übersetzung des Substantivs victualia in lifzut. 628 Ein Erwerb hereditario iure beispielsweise ist erflich.629 Um das Jahr 1200 wird

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H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 214. Insgesamt 1.828 Eintragungen. So z. B. die gegenseitige Verfügung von Todes wegen über das Gesamtgut unter zwei Eheleuten in L 1 I 7, von der es heißt, dass die Eheleute im Rathaus vor den versammelten Bürgern über ihr stehendes und fahrendes Vermögen verfügt hätten. Was nicht weiter verwundert, da, wie Hoeniger festgestellt hat, diese Karte sich als Reinschrift älterer Vorlagen darstellt; vgl. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 262. L 2 III 20. Ein Vater verfügt lebzeitig über ein Grundstück zugunsten seiner beiden Söhne. Stirbt einer von ihnen, soll der andere das Grundstück erhalten. L 2 IV 11. Im Anschluss an einen Kaufvertrag delegavit der Verkäufer das Grundstück an den Käufer. Versalen wird aber auch übersetzt als tradere: L 4 IX 2. L 3 IV 14. In der Bedeutung fermachen existiert aber nicht nur delegare, sondern auch parare, wie L 3 IV 15 zeigt. L 3 I 2. Das erlaubt es z. B., Verfügungen, in denen victualia übertragen werden, als Leibgedinge mitzuerfassen und sie nicht, wie das lateinische Wort erlauben würde, als Verfügungen mit Gegenleistung in Form von Unterhalt auszusondern. L 3 III 15. Bezeichnet wird aber hier nicht ein Erwerb nach Erbrecht, sondern ein Erwerb zu Erbrecht. Erbgut wird hier von Zinsgut unterschieden.

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ein Verzicht davon abhängig gemacht, dass ein anderer seinerseits auf ein Grundstück secundum ius civile verzichtet.630 Zeitlich einschlägige Summenliteratur zeigt in Köln anhand von Glossatoren-Literatur abgehaltenen Unterricht im römischen und im kanonischen Recht schon um 1160. 631 Die für diesen Unterricht angefertigte Literatur ging auch auf einheimische (in diesem Fall niederrheinische) Gebräuche anlässlich der Vornahme von Rechtsgeschäften ein.632 Es dürfte nicht abwegig sein, die Übersetzungen633 in den Schreinskarten auf Schreiber zurückzuführen, die solchen Unterricht erhalten haben. Entscheidend ist aber, dass der Inhalt der beurkundeten Rechtsgeschäfte nicht zu einer je nach Schöffenbezirk unterschiedlichen Systematik zwingt, sondern dass in allen Kölner Bezirken dieselben Arten von Geschäften geschlossen und beurkundet wurden. Das trifft auch für die Schreinsurkunden der hier nicht erfassten, sondern lediglich einer Richtigkeitskontrolle unterzogenen Schreinsbezirke (Apostelnpfarrei, Köln-Niederich, 634 Gereonsbezirk, Severinsbezirk und Köln-Dilles)635 zu. Nicht mehr vorhanden sind die Schreinsurkunden der altstädtischen Bezirke der Albans- und der Peterspfarrei, in denen ähnliche Bestände wie in den vier hier ausgewerteten Bezirken existiert haben müssen.

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L 5 VI 11. Spekuliert werden kann wieder, was ius civile in diesem Zusammenhang bedeutet. Ein Stadtrecht von Köln ist für das 12. Jh. nicht überliefert – gleichwohl wird zwischen 1159 und 1175 im Schrein der Brigidenpfarre auf das ius urbale Bezug genommen, vgl. B 2 III 14. Die so genannte Summa Coloniensis, die aus dem Jahre 1169 stammt und deren Autor (Bertrand v. Metz oder Godfrey v. Köln), von den Universitäten Paris und Bologna beeinflusst war – so GILCHRIST, in: Speculum 46 (1971), S. 738, 739, ist in vier Bänden ediert in den Monumenta iuris canonici von Gérard Fransen und Stephan Kuttner; s. DIES., Summa „Elegantius in iure diuino “ seu Coloniensis, Città del Vaticano 1969-1990. Bertrand v. Metz ist auch der Verfasser eines Kommentars zu D. 50, 17 De regulis iuris, ediert durch Severino Caprioli, Perugia 1981. Zur Datierung dieses Kommentars auf die Jahre zwischen 1167 und 1179 vgl. D OLEZALEK, in: Ius Commune 11 (1984), S. 31-36. „Mos uarius est de uenditione in terra nostra; quidam enim emptores dant licopium, quidam non; quidam dant x. nummos, quidam tantum unum“: So Bertrands Kommentar zu D. 50, 17, 30, vgl. D OLEZALEK, in: Ius Commune 11 (1984), S. 31, 34 f. (auch zu lîtkouff und licopium; hinzuzufügen ist hier, dass die Wortwurzel lît sich im Niederrheinischen im Begriff Letsch erhalten hat. Auch die Letsch, ein Polterabend ohne Polterpflicht bei Hochzeiten, dient letztlich Publizitätszwekken und dem Provozieren von Einwendungen.). Ein charakteristisches Gegenstück aus Bertrands Kommentar zu D. 50, 17 schildert D OLEZALEK, in: Ius Commune 11 (1984), S. 31, 35: „committi Teutonice dicitur eruolgen “. Der Niederich-Bestand, der einen ähnlichen Umfang wie der der Martinspfarrei hat – insgesamt 1.648 Eintragungen – ist in den Karten 1 bis 7 vielfach defekt. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden II.

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(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Wenden wir uns zunächst den Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände (meist Grundstücke, Häuser oder Teile davon) zu. Die ausgewerteten Schreinskarten enthalten insgesamt 997 entsprechende Eintragungen. a) Erlebensbedingte Verfügungen. Von diesen 997 Verfügungen standen 220 unter einer Erlebensbedingung. Die Formularklausel lautet n. n. 1 dedit illud n. n. 2 post vitam/mortem. Zu diesen erlebensbedingten Verfügungen zählen auch jene, die unter die Bedingung des Todes auf einer Pilger- oder Kreuzfahrt gestellt wurden. Es handelt sich nach der hier verwendeten Terminologie um Verfügungen von Todes wegen. Es existieren dabei 35 Verfügungen zugunsten der Abkömmlinge des Verfügenden. Davon sind zwei mit Zustimmung erbberechtigter Verwandter vorgenommen worden. Bei insgesamt acht Einträgen ist angeordnet, dass der Verfügungsgegenstand beim Tod eines begünstigten Abkömmlings den anderen anwachsen sollte. Zwei Verfügungen waren durch die Geburt von Erben durch den Abkömmling auflösend bedingt. In 24 Einträgen wurde die Ehefrau des Verfügenden begünstigt. Diese Verfügungen waren in sechs Fällen auflösend dadurch bedingt, dass in der Ehe Erben geboren werden.636 In diesem Falle sollten diese den Gegenstand der Verfügung erhalten.637 Diese Resolutivbedingung, die auch als Rechtssprichwort („Kinderzeugen bricht Ehestiftung“) bekannt ist, ist eine wiederkehrende Konstante in allen untersuchten Schöffenbüchern.638 Es scheint also so gewesen zu sein, dass die Verankerung des die Erben schützenden Rechtsgedankens, der in diesen Resolutivbedingungen aufscheint, als gottgegebenes und daher unabdingbares Gebot auch im kanonischen Recht639 vielen Parteien nicht hinreichende Gewähr für ihre tatsächliche Beachtung zu bieten schien. Anderenfalls wäre die Beurkundung eher unnötig gewesen. Eine Verfügung erfolgte mit Zustimmung erbberechtigter Verwandter, eine Verfügung ordnete an, dass die Ehefrau im Falle der Wiederheirat den Verfügungsgegenstand nur mehr nutzen dürfe. 13 Einträge schildern die umgekehrte Situation – die Verfügung zugunsten des Ehemannes. Wiederum sechs Einträge enthalten die eben betrachtete Resolutivbedingung, zwei Vermerke sind suspensiv bedingt. 636 637 638

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Diese Bedingung wird im folgenden auch als „Resolutivbedingung Erbengeburt “ bezeichnet. Es handelt sich mithin um die Versorgung der Ehefrau bei unbeerbter Ehe. Im römischen Recht war sie seit den Kaisern Constantius und Constans (355) gesetzlich angeordnet; vgl. C. 8, 55, 8 – wobei diese Vorschrift es dem Vater, dem Kinder nachgeboren wurden, erlaubte, neu zu verfügen. Die in Köln meist angewandte Bedingung wendete die Vermögensgegenstände den Kindern ohne erneute Verfügung zu. Vgl. F RIEDBERG, Corpus Iuris Canonici I, Decretum Gratiani, Causa 17, questio 4, c. 43, Sp. 827 f.

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Weitaus häufiger kamen solche Verfügungen aber wechselseitig unter Ehegatten vor. Verwendet wurde meist die Wendung n. n. 1 dedit n. n. 2 illud hoc modo, ut qui illorum diutius vivat, illud libere obtineat. Es existieren insgesamt 107 solche Beurkundungen. Die Mehrzahl dieser Verfügungen war wieder resolutiv bedingt und diesbezüglich inhaltsgleich. Bei der Geburt eines Erben sollte dieser den Gegenstand der Verfügung erhalten, ansonsten sollte er bei dem Ehegatten verbleiben – ea conditione, si prolem genuerint, hereditatem illam possideat, si vero non genuerint et n. n. 1 n. n. 2 supervixerit, hereditatem illam possidebit. Es handelt sich um stark formalisierte Eheverträge, mit denen der weniger bemittelte Ehegatte bei unbeerbter Ehe nach dem Tod des Erstversterbenden materiell abgesichert wurde. Mitunter ist eine Schlussbegünstigtenklausel angefügt, derzufolge der Verfügungsgegenstand nach dem Tod des Längstlebenden zur Hälfte an die Erben des Mannes und zur Hälfte an die Erben der Frau fallen sollte (so z. B. M 13 II 2). Die Zustimmung erbberechtigter Verwandter fehlt in dieser Gruppe vollständig, nicht eine Verfügung weist dieses Kriterium auf. Bei fünf unmittelbar aufeinander folgenden Einträgen aus dem Bezirk der Brigidenpfarrei wurde kein Vollrecht in Aussicht gestellt, sondern nur ein Nutzungsrecht. Sonstige Verwandte des Verfügenden wurden in 19 Fällen begünstigt. Meist handelte es sich um Seitenverwandte (Geschwister, Geschwisterkinder). In nur einem Fall ist die Zustimmung erbberechtigter Verwandter eingeholt. Auch in dieser Gruppe taucht einmal die ansonsten nur unter Ehegatten bzw. Eltern und Kindern übliche Resolutivbedingung der Geburt eines Erben durch den Begünstigten auf. Nicht näher identifizierbare Dritte wurden fünfmal begünstigt, die Kirche in insgesamt 17 Fällen. Erlebensbedingte Verfügungen, bei denen sich der Verfügende ausdrücklich vorbehielt, zu seinen Lebzeiten frei anderweit verfügen zu können, existieren nicht. Statt dessen kommen insgesamt drei Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt vor. Die hierfür verwendete Klausel lautet n. n. 1 dedit n. n. 2 illud post vitam suam eo tenore, ut quamdiu n. n. 1 vivat, utilitatem de … optineat oder: n. n. 1 tradidit illud n. n. 2, ut is/ea vivente secum fruatur, post mortem eius libere utatur. Zweimal waren die Empfänger Abkömmlinge, einmal fand eine solche Verfügung wieder unter Ehegatten statt. Es ist nicht deutlich erkennbar, worin in diesen Fällen der Unterschied zur größeren Gruppe der Verfügungen ohne Vorbehalt bestehen soll. Die kleine Zahl (220:3) lässt vermuten, dass es in diesen Fällen nur um Verdeutlichung ging. b) Lebzeitige Verfügungen. Erwartungsgemäß den größeren Umfang hat die Gruppe der sofort wirksamen, lebzeitigen Schenkungen. Die ausgewerteten Schreinskarten enthalten 515 entsprechende Vermerke, in denen die Erlebensbedingung fehlt. Der Standardeintrag hat die Form n. n. 1 dedit/concessit /tradidit/disposuit n. n. 2 illud.

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Zugunsten der Abkömmlinge wurden 221 entsprechende Beurkundungen vorgenommen. In vielen Fällen ist davon auszugehen, dass es sich um Abschichtungen zwischen Eltern und Kind aus Anlass der Verheiratung des Kindes handelte.640 Manchmal wird die Motivation der Eltern deutlich, etwa dann, wenn das Kind den Eltern im Gegenzug Unterhalt versprach – insgesamt 27 Vermerke. Klauseln, in denen bestimmt wird, dass der Verfügungsgegenstand bei Tod des begünstigten Kindes seinen Geschwistern anwachsen sollte (auch das ist typisch für eine Abschichtungssituation) erscheinen in dieser Gruppe in 25 Fällen. Ebenfalls typisch ist es, wenn in solchen Situationen die übrigen Kinder an der Verfügung mitwirkten und ihre Zustimmung erklärten. Leider lassen die entsprechenden 21 Vermerke – es handelt sich um Verzichte in Form der effestucatio – das Verwandtschaftsverhältnis meist nicht klar genug hervortreten. Es kann aber nicht angenommen werden, dass diese 21 Fälle die einzigen unter den insgesamt 221 lebzeitigen Schenkungen an Abkömmlinge waren, in denen der Verfügende weitere erbberechtigte Verwandte hatte. Solches muss vielmehr auch für eine größere, nicht eruierbare Zahl von ohne diese Zustimmung beurkundeten Verfügungen dieser Gruppe unterstellt werden. Diese Angaben berechtigen aber vor allem dazu, die These, dass die Zustimmung aller Kinder für eine rechtliche Notwendigkeit gehalten wurde, wenn es sich um Verfügungen von Immobilien handelte,641 für Köln als empirisch widerlegt zu bezeichnen.642 Die Eltern des Verfügenden wurden auf diesem Wege nur zweimal begünstigt, die Ehefrau insgesamt 32 Mal. In vier Fällen wurde erklärt, die Ehefrau sollte die jeweilige Sache in dotem erhalten. Dreimal war die Verfügung aufschiebend bedingt bis zur Geburt eines Erben durch die begünstigte Frau. In diesen Fällen erhielt die Frau, wenn die Ehe unbeerbt blieb, nur ein Nutzungsrecht an der Sache. Erkennbar ist an dieser Stelle, dass hier bereits wieder die Schwelle zur erlebensbedingten Verfügung überschritten war, denn Gewissheit darüber, dass die Ehe unbeerbt bleiben wird, ist erst nach dem Tod des Verfügenden zu erlangen. Freilich ist auch einmal der umgekehrte Fall, in dem die Erbengeburt zur Unwirksamkeit der Verfügung führte, beurkundet. Auch Frauen verfügten zugunsten ihrer Ehemänner lebzeitig über einzelne Vermögensstücke. 23 solcher Fälle sind ermittelbar. Zweimal verfügte die Frau dabei über Gut, das ihr durch Erbfall angefallen war. Und einmal war ebenso wie in umgekehrter Richtung der Erwerb des Vollrechts durch den Mann daran geknüpft, dass die Ehe beerbt wurde. Blieb sie unbeerbt, erhielt der Mann nur ein Nutzungsrecht an der Sache. Eine einzige dieser Verfügungen von Frauen enthielt die Zustimmung erbberechtigter Verwandter.

640 641 642

Vgl. dazu noch die Gruppe der Leibgedingeverfügungen. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 7. S. dazu noch unten (Rolle des Erbenlaubs).

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Bei den 54 Verfügungen zugunsten sonstiger Verwandter (es handelte sich regelmäßig um Seitenverwandte, also Geschwister und Geschwisterkinder, dreimal um Enkel und einmal um den Vater) kam zweimal eine Besonderheit vor, die unter Geschwistern nicht weiter beunruhigt: In diesen, unmittelbar aufeinander folgenden Fällen verfügte ein Bruder zugunsten des anderen über den Nachlass des noch lebenden Vaters. Zwei andere Verfügungen waren suspensiv bedingt. 24 Verfügungen betrafen Schwiegerkinder bzw. Schwiegereltern, dabei wurde zweimal die Zustimmung erbberechtigter Verwandter eingeholt. In einem Eintrag ordnete der Verfügende ein Verfügungsverbot für den überlebenden Teil der Begünstigten an, wenn dieser nach Abgang seines Ehegatten erneut heiraten sollte. Ein weiterer Eintrag verrät etwas über die Lage des Verfügenden – er sei zwar in extremis, aber compos sui, also auf dem Totenbett, aber seiner mächtig. Der Vornahme der Verfügung und der Buchung im Schrein tat das keinen Abbruch. Eine Verfügung betraf eine Stieftochter, hier wurde die aufschiebende Bedingung der Beerbtheit der Ehe der Stieftochter errichtet. Insgesamt 81 Vermerke betrafen Verfügungen zugunsten nicht weiter identifizierbarer Dritter. In zwei Fällen wurde die Zustimmung erbberechtigter Verwandter beurkundet. Ein Fall ist dadurch herausgehoben, dass der Verfügende bei Beerbtheit seiner Ehe die Sache zurückerhalten sollte. 643 Er verpflichtete sich, in diesem Fall einen Ausgleich zu zahlen. Sieben Verfügungen waren inhaltlich identische Anordnungen in Ausführung einer erlebensbedingten Verfügung eines anderen nach dem Tod dieses Verfügenden. 77 Vermerke betreffen lebzeitige Verfügungen an die Kirche, wobei hier nur viermal die Zustimmung erbberechtigter Verwandter beurkundet wurde. Eine Verfügung war aufschiebend dadurch bedingt, dass der Verfügende das Noviziat in der begünstigten Kirche überlebte und als Mönch in das Kloster eintrat und auflösend bedingt dadurch, dass er während des Noviziats wieder austrat und heiratete. Bei diesen Verfügungen zugunsten der Kirche ging es im Martinsschrein meist um Jahrzinsen, die aus den Grundstücken der Verfügenden zu festen Terminen zu zahlen waren. In manchen Einträgen wurde der begünstigten Kirche die Auflage gemacht, den Zins zum Unterhalt von in das Kloster eingetretenen Kindern des Verfügenden zu verwenden. Damit stellt sich die Verfügung dann schon nicht mehr als eine rein kirchennützige und dem Seelenheil des Verfügenden dienende Verfügung dar. Wie oft diese Motivation solchen Jahrzinsverfügungen in Wahrheit unterlag, in der Registratur aber nur nicht erscheint, ist nicht festzustellen. Im Laurenz- und Brigidenschrein kommen öfter Verfügungen über ganze Grundstücke bzw. Teile davon zugunsten der Kirche vor. Eine Seelenheilsklausel fehlt indessen oft.

643

Das entspricht schon eher C. 8, 55, 8 als die sonstigen Resolutivbedingungen.

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c) Lebzeitige Verfügungen mit Verfügungsvorbehalt. Demgegenüber und auch gegenüber der Gruppe der eindeutig erlebensbedingten Verfügungen nimmt sich die einzige vorkommende Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt als ein sehr mageres Ergebnis aus. Mit ihr wurde auch kein Vermögen an erbberechtigte Verwandte oder an Ehegatten übertragen. Die Beziehung zwischen Verfügendem und Begünstigtem bleibt unklar. Der Eintrag wählt die Formel: n. n. 1 disposuit illud n. n. 2 hac conditione, ut quamdiu ego vixero, proprietatem retineam.644 Es handelt sich hierbei um einen angesichts der Gesamtzahl der Verfügungen extremen Ausnahmefall. d) Lebzeitige Verfügungen mit Nießbrauchsvorbehalt. Etwas häufiger sind Verfügungen ohne Erlebensbedingung beurkundet, die mit einem Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Verfügenden ausgestattet waren. Insgesamt kommen 39 solcher Verfügungen vor. Die Formel lautet: n. n. dedit n. n. illud, n. n. vero usumfructum habebit eiusdem illud. Die weitaus größte Gruppe dabei stellen die Verfügungen zugunsten von Abkömmlingen (insgesamt 20 Einträge). Die Zustimmung weiterer erbberechtigter Verwandter wird dabei nur einmal beurkundet. Eine Verfügung war auflösend bedingt (Bedingung ist der erbenlose Tod der bedachten Tochter), eine andere aufschiebend bedingt (Bedingung ist das Erreichen des heiratsfähigen Alters). Sonstige Verwandte wurden einmal begünstigt, hierbei stimmten erbberechtigte Verwandte zu. In vier Fällen ließ sich die Beziehung zwischen Verfügendem und Bedachtem nicht klären. Die Kirche wurde in nur 14 Fällen begünstigt. Gemessen an der Zahl der erlebensbedingten und der vorbehaltslos lebzeitigen Verfügungen über einzelne Vermögensbestandteile lässt sich festhalten, dass der Weg einer lebzeitigen, mit Nießbrauchsvorbehalt versehenen Verfügung nur selten, der der einer lebzeitigen, mit Verfügungsvorbehalt ausgestatteten Verfügung in Köln fast nie beschritten wurde. e) Lebzeitige Verfügungen zu Leibgedinge. Eng mit den bedingungslos lebzeitigen Verfügungen korrespondieren 154 Verfügungen ohne eine Erlebensbedingung zu Leibgedinge. Es handelt sich hier um ein stark formalisiertes Massengeschäft. Verwendet wurde die Formel: n. n. 1 tradidit/dedit n. n. 2 illud, quamdiu ipse/ipsa viveret, postea heredes illud libere recipiant. aa) Insgesamt 88 dieser 154 Verfügungen wurden zugunsten der Abkömmlinge vorgenommen. In den meisten Fällen wird erkennbar, dass es sich um Verfügungen handelt, die aus Anlass der Verheiratung des Abkömmlings vorgenommen wurden. 73 dieser 88 Verfügungen waren aufschiebend bedingt. Die aufschiebende Bedingung war dabei die Kinderlosigkeit der Ehe des durch die Verfügung 644

Wegen der Verwendung von proprietas war hier ein umfänglicher Vorbehalt und nicht nur ein Nießbrauchsvorbehalt zu konstatieren.

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begünstigten Abkömmlings. Für diesen Fall der unbeerbten Ehe eines Abkömmlings sollte der überlebende Ehegatte (meist war das der Schwiegersohn) den Gegenstand der Verfügung (i. d. R. ein der Tochter als Mitgift gegebenes Grundstück) als Leibgedinge nutzen können. Starb auch er, soll das Grundstück/die Mitgift an die sonstigen Erben der Eltern heimfallen. Wurden dagegen Erben geboren, erhielten diese das Grundstück: n. n. 1 dedit n. n. 2 (filie sue) et n. n. 3 (marito suo) domum (…) ea conditione, si prolem genuerint, hereditatem illam possideat, si vero non genuerint et n. n. 3 n. n. 2 supervixerit, hereditatem illam ad finem vite sue possideat, post mortem vero suam eadem hereditas ad proximos heredes n. n. 1 rehereditet. Das Ganze war auch möglich, wenn der Abkömmling noch gar keine Ehe schließen konnte. Hier wurde einfach angeordnet, dass die beschriebene Situation eintreten sollte, wenn der Abkömmling eine Ehe schließen werde (so C 1 XV 35, C 1 XVI 2).645 Regelungszweck konnte es auch sein, den Verfügungsgegenstand nach dem Tod des Längstlebenden der beiden Ehegatten hälftig zwischen den Erben des Mannes und der Frau aufzuteilen (so z. B. M 13 II 14). In einem solchen Fall musste es sich um Ehen handeln, in denen die Ehegatten beide schon Kinder mitbrachten. Diese sollten aber erst zum Zuge kommen, wenn die Ehe unbeerbt blieb. Als Schlussbegünstigter konnte aber anstelle von erwarteten Enkeln auch die Kirche auftauchen (so C 1 XV 35). bb) Leibgedingeverfügungen ohne Erlebensbedingung machen auch Sinn zugunsten von Ehegatten. In 25 Fällen wurde die Ehefrau begünstigt, sieben solcher Verfügungen waren auflösend bedingt. In sechs Fällen war die Bedingung die Geburt eines Erben, welcher dann als Abkömmling erbte, in einem Fall war die auflösende Bedingung die Wiederheirat der Frau nach dem Tod des Verfügenden. Drei Verfügungen waren aufschiebend bedingt – Bedingung war auch hier wie bei den Abkömmlingen die Unbeerbtheit der Ehe. Diese drei Verfügungen hatten damit erbrechtlichen Charakter, auch wenn keine ausdrückliche Erlebensbedingung formuliert wurde. Der Ehemann tauchte nur sechsmal als Begünstigter auf, in einem dieser Fälle war die Verfügung auflösend bedingt dadurch, dass die Tochter des Ehemannes Abkömmlinge hervorbrachte. Gegenseitig unter Ehegatten wurde zweimal in Form einer Leibgedingeverfügung ohne Erlebensbedingung verfügt. Beide Fälle waren auflösend bedingt durch die Geburt von Erben in der Ehe. Leibgedingeverfügungen ohne Erlebensbedingung machten auch Sinn, wenn weitere Familienangehörige versorgt werden mussten. 18 solche Verfügungen kommen vor, begünstigt wurden Eltern, Schwiegereltern, Großeltern und Geschwister. Nicht identifizierbare Dritte wurden in 15 Fällen begünstigt. In einem Fall ließ der Verfügende beurkunden: michi autem nunc et post 645

Eine solche Regelung macht nur Sinn, wenn die Eltern befürchteten, vor der Verheiratung des Abkömmlinngs zu sterben und wenn wegen weiterer Geschwister das Risiko bestand, dass der favorisierte Abkömmling den betreffenden Vermögensgegenstand nicht vollumfänglich in seine Ehe würde mitnehmen können.

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mortem proprietatem retineam, wohl um dem Begünstigten deutlich zu machen, wo die Grenzen seines Rechts verliefen. In einem weiteren Falle wurde die Vereinbarung ausdrücklich als pactum bezeichnet. Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt zu Leibgedinge kommen nicht vor, lediglich einmal behielt sich der Verfügende einen Nießbrauch vor. Diese atypische Gestaltung wurde in die Formel n. n. 1 dedit n. n. 2 illud ea condicione ut n. n. 2 quamdiu vixerit, illud libere obtineat, ipse vero n. n. 1, quamdiu vixerit, totum usum eiusdem obtineat gekleidet. Begünstigt war ein nicht identifizierbarer Dritter. Auch hier zeigt sich wieder wie schon bei den Vollverfügungen, dass diese rechtliche Gestaltungsmöglichkeit in Köln keine maßgebliche Rolle gespielt hat. f) Erlebensbedingte Verfügungen zu Leibgedinge. Wenig überraschend existieren auch Verfügungen unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge. Solche Vereinbarungen sind 62 mal beurkundet. Die verwendete Formel lautet: n. n. disposuit n. n. q. n., ita tamen, si ipsa eum supervixerit, hereditatem/usumfructum illam/illum ad finem vite sue possideat. Auch hier kristallisieren sich wieder charakteristische Schwerpunkte heraus. aa) Abkömmlinge wurden nur einmal begünstigt. Das ist in diesem Falle auch besonders einleuchtend, war doch der bedachte Sohn ein Mönch, der infolge seiner Klerikereigenschaft als Erbe ausschied und nach dem Tod des Vaters lediglich lebenslang zu versorgen war. bb) Häufiger als Abkömmlinge (nämlich insgesamt 39 mal) wurden naturgemäß Ehefrauen mit einem erlebensbedingten Leibgedinge ausgestattet. Und ebenso wenig überraschend ist es, dass diese Verfügungen in den meisten Fällen (34 mal) zusätzlich zur Erlebensbedingung auflösend bedingt wurden. Dasselbe gilt auch für die 16 entsprechenden Verfügungen zugunsten von Ehemännern, die fast alle (bis auf eine Ausnahme) auflösend bedingt wurden. Eine solche Regelung war auch gegenseitig unter Ehegatten möglich. Dieser Weg wurde sechsmal gewählt, vier dieser Verfügungen waren auflösend bedingt. cc) Alle diese auflösend bedingten Verfügungen sind inhaltsgleich. Bei der Geburt eines Erben sollte dieser den Gegenstand der Verfügung erhalten, ansonsten sollte er als Leibgedinge bei dem Ehegatten verbleiben. Es dürfte sich fast ausschließlich um Eheverträge gehandelt haben, mit denen der weniger bemittelte Ehegatte bei unbeerbter Ehe nach dem Tod des Erstversterbenden materiell abgesichert wurde. Zwischen 1159 und 1170 taucht in der Laurenzpfarrei ein solcher Eintrag erstmals volkssprachig auf. Es heißt in L 3 II 6: Hec karta vobis omnibus notificat, qualiter Heriman Rimo sinem wivo sin hus hevet gemachet, dad in disem kirspel steit, of si geburt van emo gewunne, dad id ire zweier geburde were; und of si negeine ne gewunne da, und of si enen verle-

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vede, dad si seze und hedde cende irs lives, und dad id sint sine neste erven hedden.

Dieser Eintrag weist nach, dass die entsprechenden voraufgegangenen und nachfolgenden, auf Latein verfassten Einträge eben diesen Inhalt hatten. Nur eine auflösende Bedingung weicht von diesem Grundmuster ab – in diesem Falle trat Auflösung ein, wenn der Ehemann erneut heiratete. g) Vermächtnisanordnungen. Schließlich sind noch zwei Einzelgutsvermächtnisanordnungen unter Erlebensbedingung zu verzeichnen. Die Formel hierfür lautet n. n. legaverat q. n. Eine dieser Verfügungen war dadurch auflösend bedingt, dass der Verfügende wohlbehalten von einer Pilgerreise zurückkehrte, im anderen Fall handelte es sich um eine Verfügung zugunsten eines Erben, die deshalb in die Nähe eines Vorausvermächtnisses rückt.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Nach dieser Übersicht über die Verfügungen über Einzelgüter sollen nun die Verfügungen betrachtet werden, in denen über eine Sachgesamtheit bzw. über ganze Vermögen verfügt wurde. Die untersuchten Schreinskarten enthielten insgesamt 130 solcher Verfügungen. Damit lässt sich ein eindeutiges Überwiegen der Einzelgutsverfügungen konstatieren. Trotzdem sind die Gesamtgutsverfügungen keine außergewöhnlichen Seltenheiten. a) Erlebensbedingte Verfügungen. Zunächst enthielten die ausgewerteten Karten 22 Verfügungen unter Erlebensbedingung. Die hierfür verwendete Formel lautete: n. n. 1 disposuit q. n. et omnem suam mobilem substantiam n. n. 2 ea conditione, si ipse eum supervixerit, facultatem habeat faciendi de ea quicquid velit. Die Einschränkung auf die sua mobilis substantia konnte auch omnem mobilem pecuniam lauten, es gab aber auch Verfügungen, die das gesamte liegende und fahrende Vermögen erfassten. Eine solche begünstigte die Kirche; das Vermögen wurde bezeichnet mit omnia que possedit in hereditate, in subpellectile, in auro et argento, in mobilibus quod residuum est post mortem eius. Das bedeutet, dass Gesamtgutsverfügungen von Todes wegen in der Mehrzahl der Fälle die Fahrhabe betrafen. Nur ausnahmsweise wurden erlebensbedingte Gesamtgutsverfügungen auf das liegende und fahrende Vermögen erstreckt. Gleichwohl sind solche Fälle beurkundet, wie unter f) bb) noch eingehender dargestellt wird. Neben dieser erlebensbedingten Verfügung zugunsten der Kirche wurden Abkömmlinge in acht Fällen, Ehefrauen in zehn Fällen und Ehemänner in drei Fällen bedacht. Die Verfügungen zugunsten eines Ehegatten waren sechs mal auflösend durch Erbengeburt bedingt. Ein Eintrag weist zusätzlich zur Resolutivbedingung Erbengeburt auch noch ein Verfügungsverbot der begünstigten Ehefrau bei Wiederheirat auf. Auch bei den erlebensbedingten Gesamtgutsverfügungen spielen Einträge, in denen sich der Verfügende die freie Verfügung bzw. einen Nießbrauch am

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Vermögen vorbehielt, nur eine ganz marginale Rolle, was sich als folgerichtig heraustellt, wenn die Verfügungen unter Erlebensbedingung wie hier als Verfügungen von Todes wegen mit erbrechtlicher Wirkung angesehen werden. Ein Nießbrauchsvorbehalt kommt nur einmal vor, begünstigt in diesem Falle waren die Abkömmlinge, die Eltern verfügten gemeinsam. Ein Verfügungsvorbehalt kam nicht vor. b) Lebzeitige Verfügungen sind 20 mal beurkundet. Ich habe hierzu alle Eintragungen gerechnet, in denen es hieß n. n. 1 dedit n. n. 2 quicquid hereditatis habuit. Spektakuläre Entdeckungen waren dabei nicht zu machen. Die Ehefrau wurde sechs mal begünstigt, in einem Fall stimmten erbberechtigte Verwandte zu. In einem anderen Fall wurde über Gut verfügt, das der Verfügende durch Erbfall erworben hatte. Die Beteiligung von Verwandten an dieser Verfügung ist nicht nachweisbar. Abkömmlinge wurden sechs mal begünstigt. Einmal behielt sich der Verfügende aber das Recht vor, aus dem Vermögen noch Seelenheilsverfügungen vorzunehmen. Ein anderes mal ist die Zustimmung erbberechtigter Verwandter nachzuweisen, in einem wieder anderen Fall ließ sich der Verfügende seinen Unterhalt durch den Bedachten zusichern. Sonstige Verwandte (Eltern, Geschwister) wurden viermal begünstigt, nicht identifizierbare Dritte in drei Fällen, wobei eine dieser Verfügungen dadurch auflösend bedingt war, dass die Verfügende Abkömmlinge gebar. Die Kirche wurde einmal begünstigt. Gesamtgutsverfügungen ohne Erlebensbedingung, aber mit Verfügungsvorbehalt kamen wieder nicht vor, dafür wieder eine solche Gesamtgutsverfügung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt – n. n. 1 dedit n. n. 2 omnem hereditatem ea condicione, quod ipse habeat possessionem vite sue – zugunsten von Abkömmlingen. Auch hier wieder zeigt sich, dass diese Art der Verfügung zwar vorkam, aber nur eine nebensächliche Rolle spielte: Wer zu Lebzeiten frei weiter über sein Gut verfügen wollte, griff zur Verfügung von Todes wegen. c) Gegenseitige, erlebensbedingte Verfügungen unter Ehegatten. Wegen der Häufigkeit sind die gegenseitigen Verfügungen unter Ehegatten über eine Vermögensgesamtheit unter Erlebensbedingung hier wie in allen anderen Schöffenbüchern auch als eigene Gruppe hervorgehoben. Insgesamt fanden sich 50 solcher Verfügungen mit der Formulierung n. n. 1 et n. n. 2 invicem disposuerunt res suas alter alteri, ut quisquis ex eis altero plus viveret, qui superesset, bona alterius possiderit. Davon waren acht Verfügungen auf Fahrhabe beschränkt. Obwohl es sich nicht um Immobilienvermögen handelte, sind die betreffenden Geschäfte vor dem Schöffengericht beurkundet worden. Auch hierbei spielte vordringlich der Gedanke der Vorsorge für den überlebenden Ehegatten bei unbeerbter Ehe eine entscheidende Rolle – elf dieser Verfügungen waren auflösend bedingt durch die Geburt von Erben. In dieser

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ganzen Gruppe gibt es nur eine einzige Verfügung, bei der die Zustimmung erbberechtigter Verwandter beurkundet worden ist. Zwei aus dem Schöffenschrein stammende Einträge646 dieser insgesamt 50 Verfügungen von Todes wegen sind besonders hervorzuheben. Sie werden unter f) cc) vorgestellt. Mengenmäßig weit seltener vorgenommen wurden dagegen gegenseitige Gesamtgutsverfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung. In den untersuchten Karten sind nur vier entsprechende Verfügungen eingetragen. Zwei davon beinhalteten ein Verfügungsverbot bei Wiederheirat zu Absicherung der Kinder, eine Verfügung war auflösend bedingt durch die Geburt von Erben. Und auch hier bestätigt sich wieder der nun schon mehrfach festgehaltene Befund: Es gibt keinen einzigen Eintrag, in dem der Verfügende sich einen lebenslangen Verfügungsvorbehalt sicherte und auch keinen Eintrag mit Nießbrauchsvorbehalt. Die gegenseitige Gesamtgutsverfügung unter Erlebensbedingung war aber nicht nur auf Ehegatten beschränkt. Eine solche Verfügung wurde unter Geschwistern für den Fall der Erbenlosigkeit vorgenommen. d) Erlebensbedingte Verfügungen über eine Vermögensquote. Verfügungen über eine Vermögensquote unter Erlebensbedingung sind in zehn Fällen beurkundet. Dafür wurde im Schöffenschrein die Klausel n. n. tradidit … partem sue possessionis, sive in edificiis sive in agris vel ubicunque habuerit post mortem verwendet. Abkömmlinge kamen zweimal in den Genuss einer solchen Verfügung, ein Enkel einmal (wobei in diesem Fall die Besonderheit besteht, dass der zwischen Verfügendem und Begünstigtem stehende Sohn noch lebte). Die Ehefrau wurde viermal bedacht, in einem Fall erhielt sie quintam partem eines Anfalls, aber nur zu Leibgedinge und bedingt durch Erbenlosigkeit, in einem anderen unter den gleichen Bedingungen tertiam partem eines Hauses. Sonstige Verwandte wurden einmal, Schwiegersöhne zweimal mit einer Vermögensquote bedacht, wobei in beiden Fällen nur ein Leibgedinge an der Quote entstehen sollte, das durch die Geburt von Erben auflösend bedingt war. Auch hier handelt es sich also wieder um eine typische Mitgiftsituation. Verfügungen über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt kommen wieder nicht vor, ebenso existiert keine derartige Verfügung mit Nießbrauchsvorbehalt. e) Lebzeitige Verfügungen über eine Vermögensquote. Die untersuchten Schreinskarten enthalten fünf Verfügungen über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung (n. n. 1 disposuit n. n. 2 partem hereditatis sue), sie betrafen ausschließlich Verwandte. Viermal wurden Abkömmlinge begünstigt, einmal ein Neffe. Dieser Fall zeichnet sich dadurch aus, dass der Eintrag ausdrücklich hervorhebt, dass der Verfügende bei Vornahme der Verfügung im 646

S 2 V 14 und S 2 VII 2.

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Sterben lag (in extremis iacens). Über seine noch – oder nicht mehr – vorhandene körperliche und geistige Tüchtigkeit schweigt der Eintrag. Spezieller hinsichtlich des Gegenstandes sind die 16 Verfügungen über eine Kindesteilsquote (n. n. recipiat de hereditate et de mobili substantia equalem portionem oder: et cum aliis liberis per omnia equaliter dividet). Zwar enthalten sie sämtlich keine Erlebensbedingung, trotzdem müssen sie als Verfügungen von Todes wegen angesehen werden – steht doch erst beim Tod des Verfügenden fest, wieviele Abkömmlinge noch vorhanden waren und welchen Umfang die Quote haben konnte. Mit solchen Verfügungen wurde dem betreffenden Begünstigten die gleiche Stellung eingeräumt wie den geborenen Erben des Verfügenden – sie lassen sich deshalb auch mit Vorsicht als vermögensrechtlich strukturierte Erbeinsetzungen bezeichnen. Abkömmlinge wurden in 15 Fällen bedacht, einmal auch ein Schwiegerkind. Es handelt sich in diesen Fällen mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls um Abschichtungen einzelner Kinder, denen über das zugewendete Gut hinaus neben den verbleibenden Kindern eine Beteiligung am Nachlass gesichert werden sollte. Der hieraus zu gewinnende Schluss lautet, dass der Kölner Bürger des 12. Jh. eine komplette Nachlasszuwendung an Personen, die nicht dem Kreis der geborenen Erben angehörten, vermied. Die Verfügung zugunsten eines Schwiegerkindes stellt keine echte Durchbrechung dieses Satzes dar – ist doch die Tatsache, dass die Verfügung sicherlich nur wegen der Verheiratung des beteiligten Abkömmlings vorgenommen wurde, ein Indiz dafür, dass letztlich auch dieser Abkömmling aus der Verfügung Nutzen ziehen sollte.

(4) Verschiedenes Schließlich bleiben noch die varia. In Köln sind sie nicht variabel bestückt, es kommen nur Verzichte und einige wenige Anordnungen von Auflagen an die Erben, dafür keine Drittwidersprüche gegen Verfügungen und auch keine Genehmigungen von Verfügungen durch Dritte vor. a) Die untersuchten Schreinskarten enthalten insgesamt 94 Verzichtserklärungen, mit denen der Erklärende entweder auf ein Erbrecht oder auf ein durch eine Verfügung erhaltenes Gut verzichtete. Die Klausel ist stark formalisiert und unterlag nur geringen Variationen. Sie lautet n. n. hereditatis (in seltenden Fällen wird ein portionem hinzugefügt) abdicavit, effestucavit oder renuntiavit. Diese Verzichte erfolgten fast ausschließlich durch effestucatio. Oben wurde schon erwähnt, dass 21 dieser 94 Verzichtserklärungen mit einer Verfügung zugunsten von Verwandten des Verfügenden und des Verzichtenden verknüpft waren. Diese 21 effestucationes können mithin als Zustimmung erbberechtigter Verwandter zu einer lebzeitigen oder erlebensbedingten Verfügung interpretiert werden. Bei den verbleibenden 73 Verzichtserklärungen ist ein solcher Zusammenhang aus dem Eintrag nicht erkennbar.

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b) Schließlich sind noch 18 Einträge zu nennen, die Anordnungen von Auflagen an Erben beinhalten. Meist ging es dabei darum, dass der Erbe an eine bestimmte Person eine bestimmte Geldsumme zu zahlen hatte. Wenn auch hier der Tod des Anordnenden nicht ausdrücklich als Bedingung im Eintrag auftauchte, so lag er der Verfügung doch zugrunde, wie folgende Formel zeigt: quicunque heredum hereditatem obtinuerit, dabit de eadem hereditate centum marcas n. n. quocunque voluerit et rogaverit. In einem Fall war derjenige, der die Auflage ausführen sollte, der aus einer erlebensbedingten Gesamtgutsverfügung begünstigte Ehegatte. Damit ist die Übersicht über die gegenständlichen Verfügungen der ausgewerteten Kölner Schreinsurkunden abgeschlossen. Diese Übersicht zeigt vor allem eines: Zwar sind die Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände durchaus in der Mehrzahl vorhanden. Gleichwohl existiert eine nicht unerhebliche Anzahl von Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit. In beiden Gruppen stehen lebzeitige und erlebensbedingte Verfügungen nebeneinander. Verfügungen, in denen sich der Verfügende einen Verfügungs-, bzw. einen Nießbrauchsvorbehalt reservierte, bilden, abgesehen von den lebzeitigen Einzelgutsverfügungen zugunsten von Abkömmlingen,647 die krasse Ausnahme. Unzutreffend dürfte es daher nach dem Quellenbefund sein, der lebzeitigen Verfügung mit Nießbrauchsvorbehalt eine systematisch prägende Funktion zuzuschreiben und sie der (sachenrechtlich interpretierten) „donatio post obitum“ 648 gegenüberzustellen. 649

(5) Einzelbelege In einem weiteren Schritt sind zur Verdeutlichung noch einige ausgewählte Eintragungen näher zu betrachten, die exemplarischen Charakter haben. Schließlich ist noch auf die Streitfrage nach dem Erbenlaub als Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen über Immobilien einzugehen. a) Lebzeitige Verfügungen. Zu den lebzeitigen Verfügungen gehört die große Gruppe der Abschichtungen von Kindern, die wie erwähnt sehr häufig vorkommen. Meist wurden sie vorgenommen, wenn das betreffende Kind heiratete. Aus diesem Anlass erhielt die Tochter eine Mitgift, die der Ehemann zu Leibgedinge erhalten sollte, wenn beider Ehe unbeerbt bleiben sollte. In solchen Situationen wurden nur einzelne Bestandteile des Vermögens des Verfügenden weitergegeben. Wurden dagegen Kinder geboren, dann sollten diese die ihrer Mutter gegebene Mitgift ihrer Großeltern erhalten. Ich verweise dazu auf die oben schon erwähnten 88 suspensiv bedingten lebzeitigen Leibgedingeverfügungen. Diese Verfügungen sind stark formalisiert, sie weisen in den 647 648 649

In diesen Fällen handelt es sich durchweg um Situationen, in denen der Verfügende mit den begünstigten Kindern im Hause wohnen blieb. Nach hiesiger Terminologie die Einzelgutsverfügung unter Erlebensbedingung. So aber ADERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 8-10.

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untersuchten Schreinsbezirken fast identische Formulierungen auf. Für diese Art von Verfügungen spiegeln die Schreinskarten von Anfang an eine eingespielte Praxis. Zu den sofort wirksamen Verfügungen zählen aber auch Verfügungen, die zwar aufschiebend bedingt werden, die aber dennoch keine Erlebensbedingung enthalten. Mindestens eine solche Verfügung lässt den Unterschied zwischen sogenannten betagten Verfügungen und Verfügungen von Todes wegen hervortreten: M 12 II 20: Sigewinus Inzel emit octavam partem domus et aree que est iuxta domum Henrici Pinguis-scapule erga Ottonem filium Imeze, ubicunque ei in divisione contingit, in proprietatem, ita ut post mortem Imeze Sigewini sit propria.650

Sigwin kaufte von Otto ein Achtel eines Hauses und Gartens, den Otto von seinem Vater Imeze abschichtungsweise erhalten hatte. Aber: Übereignet werden sollte dieses Achtel erst nach dem Tod Imezes. Das ist nun freilich keine die Verfügung Otto-Sigwin in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigende Erlebensbedingung. Sigwin und Otto waren sich sicher, dass sie beide den Tod Imezes erleben würden und dass Otto dann sein Achtel würde übertragen können. Dagegen ist die Abschichtung, die Imeze unter seinen Kindern vorgenommen hat, höchstwahrscheinlich erlebensbedingt gewesen. Anders als bei einer echten Erlebenbedingung behielt Otto bei seiner so aufschiebend bedingten Verfügung keinerlei Rechtsmacht an seinem Achtel zurück – er konnte also nicht (ohne gegenüber Sigwin vertragsbrüchig zu werden) anderweitig über das Achtel verfügen. b) Verfügungen von Todes wegen zugunsten der Abkömmlinge. Seit dem Jahre 1135 sind in Köln Verfügungen von Todes wegen zugunsten der Abkömmlinge des Verfügenden zweifelsfrei erkennbar. Im Folgenden sollen einige Beispiele dafür gegeben werden, welche Gestaltungsvarianten diese Verfügungen von Todes wegen haben konnten und welche komplexen Sachverhalte zu regeln sie in der Lage waren. Eine vollständige, anlässlich einer Eheberedung vorgenommene Nachfolgeregelung, bei der eindeutig erkennbar ist, dass die jeweils Begünstigten zu Lebzeiten des Verfügenden keine Erbenstellung erlangt haben, stammt von der zehnten Schreinskarte651 der Martinspfarrei: M 10 II 11: N. s. t. etc. quod Everardus remisit et dedit filie sue Elisabeth et marito suo Ludewico tabernam (cameram) quandam (ita ut nunc est) iuxta domum suam versus domum Luperti sitam, ut habeant utilitatem totam inde provenientem, quamdiu Everardus vixerit: post mortem vero Everardi Ludewicus et uxor sua adiciant (eandem cameram) ad reliquam hereditatem et tota hereditas in tres partes di650 651

Sigwin erwarb ein ebensolches Achtel in gleicher Weise auch noch von zwei weiteren Kindern Imezes (M 12 II 21, M 12 II 22). Sie enthält Einträge aus den Jahren 1180 bis 1188; vgl. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden, S. 147.

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vidatur et tribus pueris (liberis) Everardi equaliter, sicut iustum est, dividatur; et si unus illorum trium obierit, eadem hereditas super suos superstites hereditet, et si duo obierint, super unum tercium hereditet. Si vero Ludewicus et uxor sua prolem genuerint, hereditatem illam possideat, sin autem uter eorum alium supervixerit, illam hereditatem ad finem vite sue obtineat, post mortem vero eorum hereditas Ludewici ad suos heredes et hereditas Elisabet ad suos heredes rehereditet. Fact. etc.

Die Regelungssituation ist ebenso klassisch wie die Lösung. Eberhard verheiratete seine Tochter Elisabeth an Ludwig. Als „Mitgift“ erhielt sie eine Schankstube. Diese Schankstube erhielt das Paar aber, solange der Vater lebte, nur zur Nutzung. Die Verfügung gab Ludwig und Elisabeth mithin die Stellung eines von der Pachtzahlung befreiten Pächters. Sie erwarben weder Eigentum noch ein eigentumsähnliches Recht. Infolgedessen kann von einer echten Mitgift, die vollständig in das Vermögen des Schwiegersohnes überging, nicht gesprochen werden. Diese Verfügung wirkte somit weder sachennoch erbrechtlich. Da noch zwei andere Kinder Eberhards vorhanden waren, mussten Ludwig und Elisabeth die „Mitgift“ nach Eberhards Tod wieder in den dann vorhandenen Nachlass einwerfen und den so vervollständigten Nachlass mit Elisabeths Geschwistern gleich teilen. Damit ist erbrechtliches Gebiet betreten. Die folgenden Anordnungen waren ausnahmslos erlebensbedingt und regelten das Schicksal des Nachlasses. Da das Vorversterben eines oder zweier Geschwister bedacht werden musste, wurde mit Hilfe zweier Schlussbegünstigtenklauseln für Anwachsung beim schließlich überlebenden Kind gesorgt. Auch der potentiellen Enkel wurde bereits bei der Verheiratung der Tochter gedacht:652 Wenn Elisabeth und Ludwig einen Abkömmling zeugten, sollte dieser nach Teilung des Nachlasses Eberhards den auf Elisabeth entfallenden Teil – als Nachfolger seines Großvaters – erhalten. Da hier nicht mehr auf einzelne Vermögensgegenstände abgestellt wurde (und abgestellt werden konnte), handelt es sich um eine Verfügung über eine Vermögensgesamtheit – eben einen Teil am Nachlass. Festzuhalten ist dabei weiter, dass aufgrund einer zwischen Eberhard, Ludwig und Elisabeth vorgenommenen Verfügung ein noch nicht erzeugter Dritter ein Recht am Nachlass Eberhards erhielt. Dieses Recht konnte aber kein Sachenrecht, sondern musste ein Erbrecht sein. Trat dieser Fall nicht ein und blieb die Ehe unbeerbt, so wurde der jeweils überlebende der beiden Ehegatten zwar mit einem lebenslangen Leibgedinge versorgt, 653 schließlich war aber noch dafür zu sorgen, dass der an Elisabeth gefallene Teil von Eberhards Nachlass nicht an die Erben Ludwigs (und damit aus der Familie heraus) fiel. Deshalb wurde schlicht angeordnet, dass das Vermögen der Ehegatten ge652 653

Das kam massenhaft vor. Aus der Gesamtübersicht im Anhang ergeben sich die Fallzahlen. Lebte Elisabeth länger, war das nachvollziehbar, wie sich noch aus der letzten Anordnung ergibt. Daher war der eigentliche Grund für diese Anordnung die Vorstellung, Ludwig könnte seine Frau überleben.

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trennt blieb und dass das jeweilige Vermögen an die jeweiligen Erben fallen sollte. Im Ganzen ist das eine vernünftige, die gegenseitigen Beziehungen über mehrere Generationen hinaus regelnde Vertragslösung, die sowohl ein konkretes Gut als auch den Nachlass des Verfügenden zum Gegenstand hatte. 654 Ein weiteres Beispiel aus der ersten Schreinskarte655 der Martinspfarre soll das untermauern. Die Karte beginnt mit diesem Eintrag. Siegfried, Besitzer eines zweistöckigen Hauses, verheiratete seine Tochter Mathilde ein zweites Mal. Der neue Ehemann Gerhard nahm seine Frau nicht mit, vielmehr sollte die neue Familie in Siegfrieds Haus untergebracht werden. 656 Mathilde hatte Kinder aus erster Ehe. Siegfried, der neue Ehemann Gerhard, Mathilde, ihre Kinder aus erster Ehe und die eventuell folgenden Kinder aus zweiter Ehe mussten bedacht werden. M 1 I 1: Sigefridus tradidit filie sue Mathilde dimidietatem sue domus in qua manet, ipsa autem tradidit marito suo Gerardo tali condicione, si generaret de se filios aut filias, ut quivis filius prioris mariti et predicti equaliter dividant, Sifridus autem cellarium ad vitam suam habeat. Si autem non fuerit propagacio sobolis et si Gerardus supervixerit eam, habeat predictam domum ad vitam suam, post vitam vero patris Methildis, si vixerit, possideat domum superius et inferius, si observare possit.

Die diese Gemengelage regelnden Verfügungen hatten folgenden Inhalt: So erhielt Mathilde – bedingungslos und sofort – die Hälfte des Hauses, offensichtlich das obere Stockwerk. 657 Diese Verfügung wirkte sehr wahrscheinlich sofort, also sachenrechtlich. Siegfried dagegen behielt das untere Stockwerk solange er lebte. Dieses untere Stockwerk erbte Mathilde als sein Abkömmling bei Siegfrieds Tod aufgrund von Verwandtenerbfolge. Mathilde als nunmehr Berechtigte des oberen Stockwerks verfügte über dieses zugunsten Gerhards und behielt keine Berechtigung daran zurück. Diese Verfügung freilich war mehrfach bedingt. Gerhard erhielt das obere Stockwerk unter der Bedingung, dass die zu erwartenden Kinder mit denen aus Mathildes erster Ehe vorhandenen gleich teilen sollten (Einkindschaft). Wurden keine Kinder geboren und überlebte Gerhard seine Frau Mathilde, sollte er als Witwer (nur) dieses obere Stockwerk solange er lebte (und nur) als 654

655 656

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Ähnliche Regelungen enthalten auch M 10 VI 3 und M 11 II 16, nur waren hier die begünstigte Tochter und ihr Mann nicht gezwungen, die Mitgift bei Tod der Eltern der Frau wieder einzuwerfen, sondern konnten diese Möglichkeit wählen, um mit den anderen Kindern teilen zu können. Warfen sie nicht ein, behielten sie die Mitgift, konnten aber auch nicht teilen. Sie enthält Einträge aus den Jahren 1135 bis 1142; vgl. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden, S. 13. Es handelt sich bei dem Sachverhalt um eine klassische Situation zur Begründung von so genanntem Stockwerkseigentum, wie schon Jünger, Ueber das Stockwerkseigentum, S. 18, gesehen hat. Der Eintrag ist einer der frühesten Nachweise für das Stockwerkseigentum.

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Leibgedinge behalten.658 Nach dem Tod seines Schwiegervaters Siegfried jedoch sollte Gerhard, wenn er dann noch gelebt haben sollte, auch das untere Stockwerk als Leibgedinge dazu erhalten. Auf diese Weise erhielten, wenn der Normalverlauf eintrat (es wurden Kinder geboren, Siegfried starb vor Mathilde und Gerhard), alle Kinder Mathildes das gesamte Haus. Eine die Aussicht der Kinder, einst das ganze Haus zu erhalten und gleich zu teilen, vereitelnde Verfügung sowohl Mathildes als auch Gerhards war aus folgenden Gründen ausgeschlossen. Mathilde einerseits konnte über das obere Stockwerk nicht mehr verfügen. Gerhards Berechtigung andererseits daran war beschränkt: Zeugte er Kinder, durfte er nicht zu deren Lasten verfügen, denn die Kinder sollten alle gleich teilen dürfen. Zeugte er keine Kinder, durfte er das obere Stockwerk (und, sobald Siegfried starb, auch das untere) nur lebzeitig nutzen, nach seinem Tod aber musste es zurückfallen und zwar an Mathildes Erben, also deren Kinder aus erster Ehe. Auch durch eine Mehrheit einzelner nicht erlebensbedingter, gleichwohl aber an eine in der Zukunft liegende Bedingung geknüpfter Verfügungen wurde ein Effekt erreicht, der nur als erbrechtlich bezeichnet werden kann. Auf der dritten Schreinskarte der Martinspfarre659 verfügte eine Mutter über eine Wirtschaft auf dem Bäckermarkt – und zwar zugunsten ihres Sohnes und ihrer von diesem Sohn stammenden Enkelin: M 3 IV 19: N. s. q. Hadewigis dedit Heinrico genero suo et filie sue (nepti sue) Adelheidi dimidiam tabernam inter venditores pannorum sitam iuxta domum Hermanni (Stelle) ea conditione, si Adelheidis ad annos maturitatis pervenerit et virum acceperit, hereditatem illam et 10 marc., quas ei pater suus Heinricus dederat, possideat et habeat, si vero, antequam virum accipiat, obierit, Heinricus pater eius (si tunc vixerit) illas 10 marc. habeat et in hereditate illa victualia sua possideat, post mortem suam hereditas illa super Hadewigis, si vixerit, vel supra proximos heredes eius hereditet. (Si vero Heinricus tunc non fuerit, proximi heredes eius illas 10 marcas habeant.)

Hedwig wollte ihrer Enkelin Adelheid die halbe Wirtschaft zukommen lassen und knüpfte diese Verfügung, die von ihrem, Hedwigs, Tod unabhängig sein sollte, daran, dass Adelheid das Erwachsenenalter erreichte und heiratete. Bis dahin jedoch erhielt Hedwigs Sohn und Adelheids Vater Heinrich die halbe Wirtschaft. Dass Heinrichs Recht beschränkt sein sollte, ist der Verfügung nicht zu entnehmen. Es war, als Sachenrecht, eben nur auflösend bedingt. Bei Eintritt der Bedingung (Verheiratung seiner Tochter) erlosch Heinrichs Recht und Adelheid erhielt die halbe Wirtschaft. Trat die Bedingung nicht ein und ging Adelheid vorzeitig ab, wandelte sich Heinrichs Recht ebenfalls: Er sollte 658 659

Auch hier der typische Versorgungsgedanke für den die unbeerbte Ehe überlebenden Schwiegersohn. Sie enthält Einträge aus den Jahren 1149 bis 1178; vgl. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden, S. 41.

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an der halben Wirtschaft nur einen lebenslangen Nießbrauch haben. Wenn dann auch Heinrich starb (Adelheids vorzeitiger Abgang war hierfür weiter die Voraussetzung) sollte die halbe Wirtschaft an Hedwig zurück, oder – falls sie ebenfalls bereits verstorben war – an Hedwigs nächste Erben weiter fallen. Komplettiert wurde das noch durch die Verfügung über 10 Mark, die Heinrich von Hedwig erhalten und bereits an Adelheid weitergegeben hatte. Diese sollten grundsätzlich das Schicksal der halben Gastwirtschaft teilen (also Adelheid bei ihrer Hochzeit zufallen) mit der Besonderheit, dass Heinrich sie bei Adelheids vorzeitigem Abgang behalten sollte. Sollte er dann schon nicht mehr leben, fielen die 10 Mark nicht wie die Gastwirtschaft an Hedwig bzw. deren Erben zurück, sondern wurden an Heinrichs nächste Erben weitervererbt. Zwar war in keiner der beiden unterschiedlich auflösend und aufschiebend bedingten Verfügungen über einzelne Güter Hedwigs das Überleben des Zuwendungsempfängers die entscheidende Bedingung der Verfügung. Gleichwohl diente die Gesamtgestaltung des Geschäfts eindeutig erbrechtlichen Zwecken. Die Verfügende rechnete zwar mit Abweichungen vom Normalverlauf, sie wollte aber sowohl das halbe Gasthaus als auch die zehn Mark über ihren eigenen Tod hinaus ihrer Enkelin Adelheid und deren Deszendenz sichern. Die hierfür erforderlichen Bedingungen wurden so gesetzt, dass von Hedwigs Tod bis auf einen eher unwahrscheinlichen Fall abgesehen werden konnte. Schließlich erfahren wir auch noch, was mit der anderen Hälfte der Gastwirtschaft geschehen sollte. Diese wurde sofort an Hedwigs (anderen) Sohn Ingeram übertragen: M 3 IV 20: N. s. q. eadem Hadewigis dedit filio suo Ingeram aliam dimidietatem eiusdem taberne [in] proprietatem.

Eine Verfügung über ein einzelnes Gut, bei der eine Erlebensbedingung fehlt, die aber gleichwohl erlebensbedingt ist, wie sich aus dem vorhandenen Verfügungsvorbehalt zeigt – einer der wenigen, die in den Schreinsurkunden aufgefunden werden konnten –, findet sich auch in M 2 II 15. Sie ist noch dadurch komplettiert, dass die Begünstigten die Verfügende im Falle nachträglich eintretender Armut unterstützen sollten: Pateat tam presentibus quam futuris me Bezzechin domus mee hereditatem videlicet Bodolungo et nepti sue Metthildi disposuisse, hac adhibita conditione, ut quamdiu ego vixero, proprietatem retineam, hoc etiam modo, ut, si paupertatis necessitate coacta fuerim, ipsi, prout retinere voluerint, mihi subveniant. Hinc Bodelungus et Methildis neptis eius testimonium civibus tribuerunt, ut, si aliqui eos offendere voluerint, cives, ut veritas eorum exigit, eis confiteantur.

c) Verfügungen von Todes wegen unter Ehegatten. Verfügungen unter Ehegatten sind auch in Köln häufig. Auch sie konnten, wie eben schon gesehen, unter die Erlebensbedingung gestellt und damit zu Verfügungen von Todes wegen gemacht werden:

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M 1 II 5: Erinbertus nec non et uxor eius Rezechin emerunt domum unam pro Rutardo clerico, et de predicta domo inter se fecerunt machinacionem, si quis eorum sue concederet nature, alter possideat et quocunque velit tradat. Ob hanc causam dederunt amam vini 660 civibus, ut sint eis testes.

Die Verfügung unter den Eheleuten, womit sie hinsichtlich des gekauften Hauses bestimmten, dass der Längstlebende unter ihnen dasselbe behalten sollte und darüber frei verfügen konnte, wird in dem Eintrag als machinacio bezeichnet, was wohl soviel bedeutet wie makinge. Solche gegenseitigen, erlebensbedingten Verfügungen kommen freilich nicht nur hinsichtlich einzelner Güter vor,661 sondern erfassten auch das Gesamtgut – das gegenwärtig vorhandene und das zukünftig noch zu erwerbende. Musterbeispiele662 sind: M 2 II 18: Notum sit […], qualiter ego Garnerus Moguntinus et uxor mea Gisla pro hereditate nostra sive etiam tota possessione nostra, tam illa quam in presentiarum tunc possedimus, quam illa quam possessuri fuerimus, consilio amicorum nostrorum convenimus, quatenus uter nostrum supervixerit alteri, quicquid dum viximus possederimus, post mortem alterius libere possideat. M 2 IV 23: Non lateat posteris, quod Wernerus Hastator et uxor eius Segewiz coram iudicibus et magistris civium et ipsis civibus sic res suas invicem disposuerunt alter alteri, ut quisquis ex eis altero plus viveret, qui superesset, bona alterius possideret. M 3 VII 24: Cunradus legavit uxori sue Hadewigi, et ipsa invicem ei, omnem mobilem sive immobilem summam, quam nunc habent vel post habituri sunt, ut si quis alterum supervixerit, faciat inde quid velit.

Insbesondere das letzte Stück lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Es enthält die Erlebensbedingung und es erfasste das gesamte gegenwärtige und zukünftige, liegende und fahrende Vermögen Conrads und Hedwigs. Eine solche Verfügung konnte begrifflich auch noch weiter getrieben werden, indem der überlebende Ehegatte nicht nur das gesamte Vermögen erhalten sollte, sondern indem er als Erbe des Erstversterbenden bezeichnet wurde: M 2 IV 25: Notum sit quod idem Wizo et Badeloga uxor sua sic hereditatem suam et alias res suas disposuerunt ad invicem, ut si alter prius altero obierit, qui vixerit, heres alterius per omnia erit.

Und noch mehr: Der Verfügende konnte zu Lebzeiten seiner Ehefrau einen erlebensbedingten Nießbrauch an einem Grundstück zusichern und sich die Bestimmung, wer das Eigentum an demselben nach seinem Tode erwerben

660 661 662

Die Parteien gehörten zu denen, die nach Bertrand v. Metz’ Beschreibung das licopium, den lîtkouf gaben. Weitere Beispiele sind etwa M 3 I 6, M 3 I 10/11, M 8 II 18. Weitere Beispiele sind etwa M 7 IV 17, M 8 II 5.

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sollte, für die Zukunft vorbehalten. Er brauchte dann nur noch eine Person zu benennen und musste die Verfügung nicht noch einmal vornehmen: M 7 II 1: Notum sit tam futuris quam presentibus, quod domus illa et area in qua manet Heinricus Zukescaf propria est ipsius tota, et ipse Heinricus, si necesse habuerit, eam sine omni contradictione vendere poterit; et si illam usque ad obitum suum non venditam vel non expositam retinuerit, uxor sua Tizegen post mortem ipsius victualia sua in ea domo obtinebit, proprietas autem eiusdem domus illiu s erit, cuicunque illam Heinricus ante obitum suum disposuerit.

Schließlich kommen so komplexe Verfügungen vor wie diejenigen, mit denen dem Ehegatten am gesamten Vermögen des anderen Ehegatten bei Versterben des anderen ein lebenslanger Nießbrauch für den Fall eingeräumt wurde, dass der Überlebende sich nicht wieder verheiratete. Tat er es doch, war er berechtigt, aus der Fahrhabe fünfzig Mark zu entnehmen und zu einer beliebigen Seite wegzuleiten (divertere). Die omnis hereditas (womit im Gegensatz zur Fahrnis die Liegenschaft gemeint gewesen sein wird) und die übrig bleibende Fahrhabe erhielten die Kinder sofort. Erbteile abgehender Kinder wuchsen den anderen an. Gingen aber alle Kinder vor dem überlebenden Ehegatten ab, erhielt er den Nachlass ganz. Schließlich wurde für beide Ehegatten ein mit dem Tod des Erstversterbenden erlöschendes Widerrufsrecht vereinbart: S 2 VII 2: Sciendum itaque quod Iohannes […] et uxor sua Cristina unanimi consilio ita convenerunt, uter eorum alterum supervixerit et, ipse absque legitima vel ipsa absque legitimo, cum pueris ipsorum sedere et vivere voluerit, in omni hereditate eorum et in omnibus mobilibus eorum usumfructum percipiat. Si vero superstes eorum legitime vivere voluerit, quinquaginta marcas denariorum de mobilibus in quamcunque partem voluerit divertat, et omnis hereditas et mobilia que supersunt erunt pueris ipsorum libera et absoluta. Et si aliquis puerorum ipsorum post vitam alterius, videlicet patris et matris, decesserit, hereditas ipsius pueri et mobilia eum attingentia aliorum puerorum secularium erunt libera et absoluta, et sic de omnibus pueris usque ad ultimum. Si vero omnes pueri ipsorum decesserint, et pater vel mater superstes vixerit, totam hereditatem puerorum et mobilia liberam habeat potestatem divertendi quocunque voluerit. Et sciendum quod, si predictus Iohannes et uxor eius Cristina predictam ordinationem in vita amborum frangere voluerint, liberam frangendi habeant potestatem.663

Diese Verfügung wurde zwischen 1205-1214 vorgenommen. Der interessanteste Bestandteil dieser Verfügung von Todes wegen ist das im letzten Satz des Eintrages enthaltene Kriterium der Letztwilligkeit, nämlich die freie Widerruflichkeit zu Lebzeiten beider Ehegatten: Solange beide Ehegatten lebten, konnte jeder von ihnen einseitig zurücktreten. Sobald einer gestorben war, hatte der andere am gesamten Nachlass (Liegenschaft und Fahrnis) den Nießbrauch (ususfructus). Diese Kölner Widerrufsvorbehalte sind in der Literatur bereits behandelt worden. Günter Aders hat 1932 – anhand vergleichbarer Kölner Originalur663

Identisch ist der Eintrag S 2 V 14.

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kunden – folgende Einordnung vorgenommen: Da infolge eines solchen Widerrufsvorbehalts der Verfügende weder schuldrechtlich noch dinglich gehindert war, unter Lebenden über sein Vermögen als Ganzes oder als Teil zu verfügen, habe „diese rechtsgeschäftliche Bestimmung erst beim Tode des Verfügenden nach dessen Willen für seinen Nachlass in Wirkung treten“ können. Das bedeute „nichts anderes, als dass aus der ursprünglichen Schenkung auf den Todesfall664 eine einseitige Verfügung von Todes wegen geworden“ sei. 665 Demgegenüber muss erstens darauf hingewiesen werden, dass in solchen Situationen beim Tod des Erstversterbenden mehrere Wirkungen eintreten. Stirbt etwa der Mann zuerst, wirkt die Verfügung bei seinem Tod derart, dass die Frau den Nießbrauch am gesamten Vermögen beider Ehegatten erhält und die Kinder das volle Verfügungsrecht. Gleichzeitig verliert die Frau in demselben Moment das Verfügungsrecht an ihren privaten und eingebrachten Gütern sofort. Stirbt auch sie, erlischt ihr bis dahin existierender Nießbrauch und die Kinder erhalten ein unbeschränktes Vollrecht. Eine „einfache“ Schenkung auf den Todesfall des Erstversterbenden allein liegt darin nicht. Außerdem ist bereits hier erbrechtliche, nicht sachenrechtliche Wirkung gegeben. Zweitens kann deshalb die durch eventuelle Widerrufsvorbehalte erzeugte Letztwilligkeit kein konstitutives Kriterium der Verfügung von Todes wegen an sich, sondern höchstens für deren mögliche Einseitigkeit sein. Auch die beiden hier betrachteten Einträge im Schöffenschrein belegen, dass Verfügungen von Todes wegen im Köln des frühen 13. Jahrhunderts einseitig vorgenommen werden konnten und keine Vertragsstruktur aufweisen mussten, denn die Beschränkung der Widerrufsmöglichkeit folgt aus der Verkoppelung zweier an sich einseitig denkbarer Verfügungen. Da aber hier die Ehegatten gemeinsam und eben nicht einseitig verfügten, musste der Erstversterbende die Sicherheit haben, dass die gemeinsame Verfügung nach seinem 664

665

Sie ist Aders’ systematischer Ausgangspunkt, der ihr die Definition Hübners zugrundelegt. Diese „Schenkung auf den Todesfall “ habe dem Begünstigten auf sachenrechtlichem Wege eine gesicherte Anwartschaft (hinzuzufügen wäre: und damit im Sinne der älteren Lehre sofort ein Sachenrecht) verschafft; so ADERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 10. Dort heißt es sogar, der Verfügende sei bei der „Schenkung bzw. der Vergabung auf den Todesfall “ bis zu seinem Tode Eigentümer, wenn auch ein Eigentümer ohne Veräußerungs- und Vererbungsbefugnis geblieben. Diese Fiktion eines inhaltsleeren Eigentums widerspricht nicht nur Beselers Konstruktion sondern auch der hier vertretenen Ansicht. A DERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln, S. 13 f. Er fährt fort, der Schenker werde damit zum Erblasser, weil seine letztwilligen Verfügungen nicht bloß seine Verhältnisse für den Fall seines Todes regeln, und nicht erst mit seinem Tode wirksam werden sollen, sondern auch eine Disposition über seinen Nachlass oder doch über erst nach seinem Tode eintretende Verhältnisse enthalten. Damit sei aber endgültig mit der allen germanischen Rechten gemeinsamen Vorstellung gebrochen, dass keiner nach dem Tode, wo er nicht mehr sei, noch vollkräftig wirken könne, die Persönlichkeit des Schenkers könne jetzt über das Grab hinaus wirken.

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Tod nicht einseitig verändert wurde – deshalb führte der Tod des Erstversterbenden zum Erlöschen des Widerrufsrechts. Anders freilich als bei Aders kann die Definition der Verfügung von Todes wegen nicht an die freie Widerruflichkeit, sondern nur an den rechtlichen Charakter der Bedingung geknüpft werden. Trotzdem ist festzustellen, dass das Recht der Verfügungen von Todes wegen mit der Konstruktion des Erlöschens der freien Widerruflichkeit gegenseitig wirkender (wechselbezüglicher) Verfügungen unter Ehegatten beim Tod des Erstversterbenden einen hohen Abstraktionsgrad erreicht. In Köln lässt sich dies mit den beiden Eintragungen im Schöffenschrein schon zu Anfang des 13. Jh. nachweisen. Unproblematisch funktionierte eine solche Gesamtverfügung von Todes wegen auch unter einer Personenmehrheit. In M 2 III 9 finden wir zunächst die Verfügung einer Witwe über zwei einzelne Häuser zugunsten ihrer Tochter und deren Mann, bei der sich die Verfügende die Häuser bis zu ihrem Tod mit der Formel utar predictis domibus usque ad finem vite mee zur Nutzung vorbehielt. Ein späterer Zusatz666 vermerkt dann: et qui ex illis tribus supervixerit alium, totam hereditatem possideat. Dieses Mehrpersonenproblem, das wurde oben bei den Verfügungen von Todes wegen zu Gunsten der Abkömmlinge schon festgestellt, war massenhaft Anlass der Verfügung. Dieses Problem konnte auch zwischen den Ehegatten selbst bei Eingehung der Ehe geregelt werden und es liegt nahe anzunehmen, dass eine solche Verfügung immer dann getroffen wurde, wenn eine Frau ohne Beteiligung ihres Vaters eine Ehe einging. Beobachten lässt sich das bei Witwen, die erneut heiraten. Ein wegen seiner Umstände auffälliger Fall ist in der zehnten Schreinskarte der Martinspfarrei eingetragen. M 10 III 4: Richmudis disposuit et dedit marito suo Heidenrico hereditatem illam quam Tiezo et uxor sua Eviza dederunt ei et marito suo Richezen, sicut eam in sua proprietate (Richezo) habuit et omnem mobilem pecuniam (et subpellectilem) quam modo habent et post habituri sunt, ea conditione, si prolem genuerint, hereditatem possideat, sin autem, uter eorum alium supervixerit, hereditatem illam et mobilem pecuniam et subpellectilem libere habeat et faciat inde quicquid velit.

Da hier eine ganze Generation – die der Eltern der Ehefrau – mit ihren Interessen wegfiel, ist es beinahe zwangsläufig, dass der begünstigte (zweite) Ehemann der Verfügenden das Vermögen auch bei unbeerbter Ehe ganz behalten konnte, wenn er seine Frau überlebte. Die Kinder waren durch die auflösende Bedingung vollständig geschützt. Offensichtlich hatte Richmudis auch keine Rücksicht auf sonstige Verwandte zu nehmen. Bemerkenswert an diesem Eintrag ist die Tatsache, dass die Eingehung der ersten Ehe der Richmudis mit ihrem Mann Richezo bereits auf der zweiten Schreinskarte (Zeitraum 1142 bis 1156) der Martinspfarre eingetragen

666

H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 32, Note d) zu Eintrag M 2 III 9.

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ist. 667 Richmudis verheiratete sich also mehr als dreißig Jahre nach ihrer ersten Hochzeit erneut. 668 Richmudis musste, als sie erneut heiratete, mindestens die Mitte des vierten Lebensjahrzehnts überschritten haben. Gleichwohl wurde damit gerechnet, dass Richmudis und Heidenrich Kinder zeugen können. Könnte hieraus nicht die Formularpraxis des ansonsten im Dunkel bleibenden Gerichts sprechen, die hier schlicht den Standardtextbaustein bei erlebensbedingten Verfügungen aus Anlass einer Eheschließung verwendete? Mehrpersonenprobleme waren auch der Anlass der im Folgenden darzustellenden Geschäfte. Sie lassen erkennen, dass der Wille, eine bestimmte, derzeit noch nicht lebende Person in den schließlichen Genuss eines Gegenstandes gelangen zu lassen, mit Hilfe einer hier etwas untechnisch so genannten Schlussbegünstigtenklausel verwirklicht wurde. In einem ersten Fall ging es darum, dass eine Witwe über ihr Grundstück zugunsten eines jungen Ehepaars verfügte und sich zusichern ließ, dafür lebenslang auf diesem Grundstück unterhalten zu werden. Verknüpft wurde das noch mit der Anordnung, dass das Grundstück später an die Kinder der jungen Einzügler fallen sollte: M 3 I 19: Notum sit tam futuris quam presentibus, quod domina Cristina et filius eius Giselbertus dederunt Everberno (Coufman) et uxori sue Sophiae domum et aream iuxta s. Martinum sitam in qua ipsa mansit (et lobium inter macellos) ea conditione, ut si prolem genuerint, proles eorum hereditatem illam possideat, sin autem, uter eorum alium supervixerit, hereditatem illam habeat et faciat inde quod velit;

Strenggenommen sind hierbei zwei Verfügungen auseinanderzuhalten. Einmal verfügten Cristina und ihr Sohn (der das Grundstück offensichtlich nicht übernehmen wollte oder konnte) lebzeitig zugunsten von Everbern und Sophia. Diese Verfügung wurde nur vorgenommen, weil Everbern und seine Frau sich im Gegenzug verpflichteten, Cristina lebenslang Kost und Logis zu gewähren. Gleichzeitig nahmen Everbern und Sophia eine gegenseitige Verfügung vor, mit der sie dem unter ihnen Längstlebenden das Grundstück von Todes wegen zur freien Verfügung übertrugen. Nach dem Tod des Längstlebenden sollte dann der (noch zu zeugende) gemeinsame Nachkomme das dann eventuell noch vorhandene Grundstück erhalten. Solche Eintragungen lassen sich in ihrer rechtlichen Einordnung strenggenommen kaum von der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft (bzw. von der konstruktiven Nacherbfolge) unterscheiden.669 Es konnte auch erforderlich sein, eine Tochter und deren Ehemann, von denen Enkel zu erwarten waren, neben den Brüdern der Tochter bereits zu 667 668 669

Unter M 2 III 38. Tyzo und Eveza hatten damals Richezo und Richmudis ihr Grundstück mit allem Zubehör ohne Einschränkung lebzeitig übertragen. H OENIGER, Kölner Schreinsurkunden I, S. 153, Note 1) zu Eintrag M 10 III 4. Kaum missverständliche Beispiele bilden neben den hier genannten Einträgen auch M 7 I 32, M 7 II 22, M 10 II 12.

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Lebzeiten des Vaters dergestalt am Vermögen zu beteiligen, dass der potenzielle Enkel, sollte er nach dem Tod des (Groß-) Vaters geboren werden, das Grundstück später ganz erhalten konnte. Sollte aber kein Enkel mehr geboren werden, dann sollte der Längstlebende des jungen Paares neben den Brüdern der Tochter gleichmäßig am Nachlass beteiligt werden. Auch das konnte in einer Verfügung, die auch erlebensbedingt war, geregelt werden: M 3 IV 9: N. s. q. Bruno (et uxor sua Blithildis) dedit [ad] filiam suam Blithildem hereditatam equaliter aliis pueris suis Heinrico filio Heinrici hac conditione, si post mortem Brunonis prolem genuerint, hereditatem illam possideat, si vero non genuerint, uter alium supervixerit, de hereditate Brunonis et de mobili substantia equalem portionem aliis pueris Brunonis recipiat et vertat quocunque velit.

Das Regelungsinteresse der Eheleute konnte auch dahin gehen, das gesamte Vermögen bereits beim Tod des Erstversterbenden den Kindern zukommen zu lassen und dem überlebenden Ehegatten „nur“ den Unterhalt für seine Lebenszeit zu sichern. Auch hierfür war eine Verfügung nur unter den Ehegatten ausreichend. Ein solcher Fall ist beurkundet in: M 2 III 45: Notum sit, quod Reinboldus et uxor sua Hadewigis sic disposuerunt inter se de proprietate et hereditate et de omni suppellectile et de vadimoniis, que modo ad presens possident et adhuc acquirere debent, uter eorum alium superaverit vita, obtineat victualia sua, et eorum amborum filii omnia, sicut iure debent, possideant.

Anzunehmen ist, dass auch diese Verfügung über das gesamte gegenwärtige und zukünftige Vermögen der Ehegatten erlebensbedingt war. Das folgt aus der Anordnung der victualia für den überlebenden Ehegatten. Außerdem dürften Reinbold und Hedwig zum Zeitpunkt ihrer gemeinsamen Verfügung noch keine Kinder gehabt haben – in M 2 III 44 wurde ihnen von Hedwigs Vater Dietrich erst ein halbes Haus (wohl ein Stockwerk) und ein großer Keller in demselben Haus übertragen, was sicherlich im Zusammenhang mit der Verheiratung Hedwigs stand. Mit einer solchen, erlebensbedingten Verfügung unter Ehegatten, mit denen nicht den beteiligten Ehegatten, sondern Dritten (naheliegenderweise oft die Kinder) ein Recht am Nachlass der Ehegatten übertragen werden konnte, ließ es sich auch verhindern, dass der überlebende Ehegatte Vermögensbestandteile bei einer etwaigen Wiederheirat entfremdete. Dazu genügte es, wenn die Ehegatten sich gegenseitig nach dem Tod des Erstversterbenden den Unterhalt aus einem bestimmten Vermögensbestandteil (Grundstück) zusagten und ansonsten anordneten, dass das Eigentum an der betreffenden Sache nach dem Tod des Erstversterbenden auf die Kinder übergehen sollte. Bei mehreren Kindern ließ sich dann noch mitregeln, dass der Tod eines Kindes zur Anwachsung bei den anderen Kindern führen sollte: M 9 IV 6: Albero disposuit et dedit uxori sue Gertrudi (et liberis suis) domum suam, in qua ipse manet, ita ut, si ipsa eum supervixerit, victualia sua tantum in eadem hereditate possideat, ita quod alteri viro eam dare non possit, sed post mor-

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tem suam proprietas eiusdem hereditatis ad liberos suos (eorum duorum) hereditet, et si unus liberorum obierit, eadem hereditas super alterum hereditet; et si Albero eam supervixerit, tantum victualia sua in eadem hereditate possideat, ita quod alteri uxori dare non possit, sed post mortem suam proprietas eiusdem hereditatis super liberos eorum duorum hereditet; et si unus [liberorum] obierit, super alium hereditet.670

Im Grunde wurde mit einer solchen Verfügung, die zunächst wie eine Verfügung unter Vorbehalt des Nießbrauches anmutet, den begünstigten Dritten (den Kindern) nur die Auflage gemacht, dem längstlebenden Ehegatten den Unterhalt zu gewähren. Unterstellt, das Haus, um das es hier geht, war das gesamte Vermögen Alberos und Gertruds, so wird aus dieser Verfügung nichts anderes als die komplette Nachlasszuwendung mit Auflagenanordnung. Und ein weiteres wird erkennbar. Die einleitende Wendung: Albero disposuit et dedit domum suam Gertrudi, die ja wörtlich meint, dass Albero über sein Haus zu Gunsten Gertruds verfügt und es ihr gegeben habe, stellte nur die äußere Hülle für die nach dem Parteiwillen erkennbare erlebensbedingte Zuwendung an die Kinder dar. Denn in Wahrheit hat Albero seiner Frau sein Haus nicht gegeben – er hat nur dafür gesorgt, dass sie nach seinem Tod ihren Lebensunterhalt daraus nicht verliert. Hätte er es ihr – lebzeitig oder von Todes wegen – gegeben, hätte er nicht so einfach verhindern können, dass sie es den Kindern bei einer Wiederheirat entzog. Die „Gabe“ des Hauses an Gertrud war keine Zuwendung an diese, die „Gabe“ war vielmehr nur der Formalakt, 671 in den die erlebensbedingte Zuwendung zugunsten der Kinder gekleidet war. Damit erweist sich der Begriff „Gabe“ und der daraus abgeleitete der „Vergabung“ erneut als materiell nicht aussagekräftig. d) Verfügungen von Todes wegen zugunsten der Kirche. Zu diesem Bereich sollen nur zwei Einträge vorgestellt werden. Die Verfügungen zugunsten der Kirche nehmen in den Kölner Schreinskarten bei weitem nicht den Raum ein, wie anhand der Literatur bisweilen vermutet werden kann. Das liegt am Quellenmaterial – es handelt sich bei den Schöffenbüchern eben nicht um Traditionsbücher von Klöstern. Das Vorkommen solcher Verfügungen zugunsten der Kirche in den Aufzeichnungen weltlicher Gerichte ist aber ein verlässlicheres Indiz für das Ausmaß, das diese Verfügungen tatsächlich erreicht haben, als der Eindruck, der aus der selektiven Überlieferung in Akten desjenigen gewonnen werden kann, der von solchen Verfügungen begünstigt war. 670

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Einen Eintrag weiter, M 9 IV 7, wird haargenau dieselbe Form noch einmal gewählt, nur geht es diesmal nicht um ein eigenes Grundstück, sondern um ererbtes Vermögen, das Albero und Gertrud von Gertruds Eltern und Alberos Schwiegereltern angefallen war. Auch die weiteren zwei Einträge, M 9 IV 8 und 9 sind gleichen Inhalts. Es bleibt in den Schreinskarten lediglich unklar, vor welcher Institution dieser Formalakt mit welchen eventuellen weiteren formalen Erfordernissen vorgenommen werden musste.

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Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass die Verfügungen zugunten der Kirche nicht selten der Versorgung von Angehörigen des Verfügenden dienten, die als Mönche oder Nonnen in die begünstigte Kirche eintraten. 672 Seelenheilsverfügungen waren das jedenfalls nicht. Der folgende Eintrag zeigt, wie in Köln eine das gesamte Vermögen ergreifende Verfügung aussehen konnte, die neben der Begünstigung der Kirche die Sicherung des überlebenden Ehegatten und die Berücksichtigung weiterer Erben zum Ziele hatte: M 1 III 2: Hermannus nec non uxor sua Adelheit consensu amicorum suorum conventionem inter se fecerunt de domo quam inhabitant, si quis vero prius sue concesserit nature, ipsius rogatu detur dimidia pars predicte domus ad quamcunque ecclesiam rogaverit, superstes residuam partem possideat et cuicunque velit tradat. De dimidia parte que ecclesie datur ille qui de duobus eis manet vivus persolvi t predicte ecclesie singulis annis in anniversario 3 sol. Post vitam alterius, ecclesia de sua dimidietate quicquid velit faciat. De alia hereditate ipsius Hermanni et Adelheidis fecerunt inter se traditionem, si quis prius sue concesserit nature, alter possideat usque ad finem vite sue, post vitam amborum utriusque heredes suam hereditatem possideant, de usualibus et de alia subpellectile, sive ille, sive illa possideat, superstes habeat et quocunque velit tradat. Ob hanc conditionem dedicaverunt amam vini civibus in testimonium.

Die beiden Eheleute vereinbarten mit Zustimmung der Verwandten, dass die Hälfte ihres Hauses nach dem Tod des Erstversterbenden an die Kirche fallen sollte. Der Überlebende sollte diese Hälfte nutzen, dafür aber einen Jahreszins zahlen. Erst nach dem Tod des Längstlebenden sollte die Kirche frei verfügen können. Das sonstige liegende Vermögen übertrugen die Eheleute sich gegenseitig unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge. Bei Tod des Längstlebenden sollten die Erben dieses Vermögen erhalten. Hausrat jedoch und Zubehör sollte der Längstlebende gänzlich erhalten und darüber verfügen können, wie er wollte. Ein weiterer Eintrag weist darauf hin, dass die Kirche den Verfügenden vollständig in der Hand hatte. Ein Emelrich verfügte ohne Erlebensbedigung über sein Grundstück und behielt sich den lebenslangen Nießbrauch vor, für den er allerdings einen Jahreszins an die ohnehin Begünstigte zahlen musste. Etwas später – im Angesicht des näher rückenden Todes – übertrug er dann auch noch den Nießbrauch: M 1 III 1: Notum sit […], quod ego Emelricus pro salute anime mee et patris mei ac matris ceterorumque parentum meorum optuli ecclesie s. Apostolorum in usum fratrum illic deo famulantium domum quandam cum obumbraculis que vulgo hallen appellantur, ea tamen condicione, quod quamdiu superstes essem, eam in usum vite mee retinerem et predictis fratribus singulis annis dimidiam marcam persolverem Transacto autem deinde spacioso tempore et termino vite mee magis ac magis ap-

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Vorstellbar ist auch, dass die betreffende Kirche von den Angehörigen des Eintretenden die Verfügung als Mitgift regelrecht verlangt hat.

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propinquante, usum predicte domus propria voluntate fratribus supradictis ante terminum vite mee cum proprietate ante data reliqui. […] fratres prescripte ecclesie civibus s. Martini amam vini tribuerunt et eorum nomina sub quorum presentia hec acta sunt in testimonium ascribi rogaverunt […].

e) Zur Rolle des Erbenlaubs in den Kölner Schreinsurkunden. Wie gezeigt, hatten die normativen merowingischen und karolingischen Quellen den Erbenlaub als generelle Wirksamkeitsvoraussetzungen für Verfügungen über bestimmte Vermögensgegenstände nicht gekannt, sondern nur den Schutz von Kindern in bestimmten Situationen bezweckt (Wiederheirat eines Elternteils und völlige Enterbung durch Verfügungen zugunsten der Kirche). Die Zustimmung erbberechtigter Verwandter zur Verfügung über Erbgut lässt sich auch in den Kölner Schreinskarten nicht durchgehend nachweisen. Zwar existiert eine Vielzahl von Verfügungen unter Lebenden, die mit einem durch effestucatio bzw. abrenuntiatio vollzogenen Verzicht weiterer verwandter Personen komplettiert wurden. Dabei ist aber in den meisten Fällen überhaupt nicht erkennbar, in welchem Verwandtschaftsverhältnis die verzichtenden Personen zu den verfügenden Personen standen. Darüber hinaus gibt es auch Verfügungen über Erbgut, die ohne solche Verzichte ausgekommen sind. Es lässt sich nicht angeben, ob in diesen Fällen erbberechtigte Personen tatsächlich vorhanden gewesen sind. Eine klare Aussage, der Erbenlaub sei eine Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen (zumindest über Erbgut) gewesen oder nicht gewesen, ist daher nicht möglich. Empirisch widerlegt ist deshalb die bereits zitierte Aussage Aders, der Erbenlaub sei immer dann für eine rechtliche Notwendigkeit gehalten worden, wenn zugunsten von Fremden über Immobilien verfügt wurde.673 aa) Indessen existiert im Laurenzschrein jedenfalls ein Eintrag, in dem ein Dietrich vor Richter und Schöffen den Beweis dafür antritt, dass er gezwungen sei, ein Grundstück zu verkaufen,674 das ihm und seiner Frau von seinen Eltern übertragen worden war: L 5 VII 20: Teodericus filius Ordwini post obitum prioris uxoris sue Helie coram iudicibus et scabinis probavit iuramento, quod necessitate cogente compelleretur vendere hereditatem, quam pater suus et mater ei et uxori sue tradiderunt.

Hierin könnte – der Erbenlaub als präsumptive Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verfügung von Todes wegen vorausgesetzt – eine Ausnahme von diesem Grundsatz für den Fall der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Verfügung gesehen werden. Offensichtlich ist es in diesem Beispiel nach dem Tod der Frau zu Streitigkeiten mit Verwandten gekommen, die ein Recht an diesem 673

ADERS, Das Testamentsrecht der Stadt Köln im Mittelalter, S. 7. Aders meinte dazu, es würde zu weit führen, den Nachweis dieser These im einzelnen zu führen. Dass er nicht geführt werden kann, zeigt die systematische Betrachtung der Schreinsurkunden. 674 Der folgende Eintrag L 5 VII 21 beurkundet dann den Verkauf.

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Grundstück behaupteten oder aber Dietrich wollte solchen Streitigkeiten vor dem beabsichtigten Verkauf von vornherein den Boden entziehen. Leider ist ein Eintrag zugunsten Dietrichs und Helias nicht zu finden und deswegen die Frage auch nicht eindeutig beantwortbar, ob bei der Verfügung der Eltern zugunsten Dietrichs ein Erbenlaub vorgelegen hat oder vorliegen hätte müssen. bb) Freilich ist auch eine andere Interpretation, die vom generellen Erbenlaub wegführt, möglich, wie ein weiterer Eintrag aus dem Laurenzschrein zeigt. Um 1200 verfügte ein Gottfried zugunsten seiner Ehefrau über eine Vermögensquote, die ihm als Erbschaft von seinen Eltern anfallen sollte. Voraussetzung war, dass die Eltern nicht – durch wirtschaftliche Notwendigkeit gezwungen – anders über den für Gottfried bestimmten Anteil ihres Vermögens verfügten: L 6 I 4: […] E converso Godefridus dedit Hildegundi uxori sue portionem totius hereditatis, que eum attinget post mortem patris et matris, hac conditione, si pater et mater necessitate cogente non alienaverint. Sic tamen, si Godefridus eam vel ipsa eum supervixerit, vertat et convertat quocunque velit.

In diesem Falle ist zu vermuten, dass ein berechtigtes Interesse Gottfrieds daran bestand, dass das Vermögen, das er seiner Frau zukommen lassen wollte, auch tatsächlich bei ihm anfiel. Insofern ließe sich von einem Interesse sprechen, das sich zu einem Zustimmungsvorbehalt des Erben verdichtet hat. Dieses Interesse wurde aber überlagert von dem Interesse der Eltern, bei Not anders disponieren zu können und Gottfrieds Pläne zu durchkreuzen. Gerade dieses Beispiel zeigt aber, dass ein solches „verdichtetes Interesse“ nicht in jedem Falle unterstellt und dass deshalb nicht von einem generellen Erbenlaub ausgegangen werden kann. In eine ähnliche Richtung wie der eben genannte Eintrag – nämlich dahin, den Erbenlaub nur bei absehbar eventuell bestehendem Interesse weiterer Erbprätendenten für relevant zu halten – weist auch ein Eintrag aus dem Brigidenschrein aus dem Zeitraum 1197-1215. Ein Dietrich und seine Frau Berta erwarben ein halbes Haus und verabredeten dabei, dass Dietrich – gleich ob krank oder gesund – bei seinen Lebzeiten dieses halbe Haus der Kirche stiften „konnte“ (= sollte), ohne von irgendeiner Seite Einspruch gewärtigen zu müssen. Verfügte er aber nicht auf diese Weise, so „konnte“ (= sollte) seine Frau das halbe Haus in dieser Weise nutzen und der Kirche stiften. B 3 II 5: Theodericus de Erinporzin et uxor eius Berta comparaverunt sibi medietatem domus cum area contra Gerardum Dunkille et uxorem eius Bertradim […] ita quod predictus Theodericus et uxor eius Berta iure et sine omni contradictione obtinebunt, ea condicione, quod predictus Theodericus sive sanus sive infirmus fuerit tamdiu vixerit predictam hereditatem dare possit in salutem anime eius et uxoris eius Berte sine contradictione alicuius. Et si predictus Theodericus hoc factum non impleverit, prenominata Berta, si eum supervixerit, ea conditione fruatur.

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Dietrich scheint bei dem Rechtsgeschäft, das dieser bis dahin singuläre Eintrag wiedergibt, befürchtet zu haben, seine Erben würden eine Verfügung zugunsten der Kirche nicht dulden.675 Da diese Befürchtung offensichtlich nicht dadurch beseitigt werden konnte, dass die Erben der beabsichtigten Verfügung zugunsten der Kirche zustimmten – eventuelle Erben treten ja nicht auf –, wurde die Stiftungsabsicht gleich mit dem Veräußerer verabredet: Dietrich und Berta erwarben das halbe Haus nur unter der Bedingung, es später zu stiften. Auf diese Weise wurde derselbe Effekt erzielt, ohne die Erben um Erlaubnis ersuchen zu müssen. Dieser Eintrag liefert aber auch genügenden Anhalt, das mögliche Recht, mit dem potentielle Erben gegen eine Verfügung Dietrichs hätten vorgehen können, näher zu bestimmen. Dietrich behielt sich die Verfügungsmacht, hier gekleidet in die Verpflichtung zu stiften, nämlich auch für den Fall der Krankheit (zu ergänzen wäre noch: der Todesnähe) vor.676 Damit wurde den Erben der mögliche Einwand abgeschnitten, Dietrich habe infolge von Krankheit keine wirksame Verfügung über die Sache mehr treffen können. So erweist sich das eventuell hinter der Anordnung verborgene Zustimmungsrecht von Erbprätendenten in Wahrheit nicht als präsumptive Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern als ein nachträgliches Anfechtungsrecht der Erben. Diese Ansicht wird noch durch einen in den Karten der Columbapfarrei vermerkten Eintrag über ein Urteil der dortigen Schöffen677 aus den Jahren 1179-1190 bekräftigt. Der Vermerk lautet: C 1 VII 29: Winandus Irmingardim uxorem suam dotavit cum domo illa que est ante eream portam in qua molendinum est; post mortem vero Winandi duo fratres eius invaserunt eam querimonia, et de illis liberata est iudicio scabinorum, in presencia iudicium, et inde testimonium dedit officialibus.

Die beiden Brüder Winands, die mit ihrer Klage gegen Irmgard abgewiesen wurden, konnten sich also nicht mit Erfolg gegen die Verfügung Winands zugunsten seiner Frau wehren. Es liegt nahe anzunehmen, dass die Klage entweder auf die fehlende Zustimmung der Brüder zur Verfügung zugunsten Irmgards oder aber auf den Vortrag, Winand sei nicht allein verfügungsbefugt über das Haus, etwa wegen Vorliegens einer Miterbengemeinschaft zwischen den drei Brüdern, gestützt wurde. So ergibt sich aus den Befunden zwar nicht mit Gewissheit, dass der Erbenlaub in Köln eindeutig nicht existiert habe. Freilich lässt sich umgekehrt

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Ähnlich C 1 XV 13. Hier erschien ein Wasmut vor den Schöffen und ließ sich bestätigen, dass necessitas ihn zwinge, ein Haus zu verkaufen. So geschah es dann auch. Das gleiche Problem ließ sich auch mit einem durch die Erben erklärten Verzicht lösen: S 2 II 6. Grammatisch wird das in die kürzest mögliche Form (gleich ob gesund oder krank) gebracht. Jede andere Formulierung hätte einen in der Registratursprache zu vermeidenden größeren Aufwand verursacht. Solche Eintragungen sind selten.

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nicht nachweisen, er habe existiert. Letzteres wäre aber notwendig, um die Aussage der normativen Rechtsquellen erschüttern zu können. f) Formerfordernisse. Zum Gebrauch der festuca. Hinsichtlich eventueller neben der Beurkundung im Schrein, welche die öffentliche Erklärung der verfügenden Partei vor dem Schreiber logisch voraussetzte etwa noch zu beachtender Formalien lässt sich anhand der Registraturen in den untersuchten Schreinskarten keine einheitliche Linie beobachten. Zahlungen von Handgeldern fanden sich nicht beurkundet. Einige wenige Belege,678 die auch bei der Einzelbetrachtung schon herangezogen wurden, bezeugen den lîtkouff (licopium oder ama vini),679 also das gemeinsame Trinkgelage zwecks späterer besserer Erinnerung. Keinesfalls aber lassen sich diese einzelnen Belege für Köln im Sinne einer verbindlich zu beachtenden Formalität verallgemeinern – freilich bleibt unklar, wie oft Angelder gezahlt oder zum Leikauf eingeladen wurde, ohne dass dieser Vorgang in die Beurkundung in der Schreinskarte überging. So zeigen die Schreinskarten, dass Bertrand v. Metz mit seiner zeitgenössischen Beobachtung, der Kölner Brauch sei diesbezüglich uneinheitlich,680 Recht hatte. Dass die festuca auch im 12. Jahrhundert in Köln noch im Gebrauch war, zeigt M 2 I 49. Hier erwarb der Probst von St. Trond zwischen 1145 und 1155 ein Grundstück zurück: Wiricus prepositus [s. Trudonis] vice abbatis sui Gerardi hereditatem Winrici, Berneri filii, quam de ecclesia s. Trudonis habuit, redemit et ecclesie sue readquisivit; ipse Winricus et mater eius et heredes eorum in presentia iudicum et parrochianorum reddiderunt et exfestucaverunt […]

Weitere Einträge aus dem Zeitraum 1172-1178 bestätigen diesen Befund. Mehrere Erbprätendenten verzichteten z. B. auf ein Grundstück, das ein Emund für sich und seine Ehefrau erhalten sollte: M 3 I 39: Notum sit quod domus illa in qua manet Emundus et sicut eam habet in sua possessione, et cum area et edificio, propria est Emundi et uxoris sue Bertradis et heredum suorum; et omnes choheredes ad eam pertinentes effestucaverunt eam.681

Fraglich könnte sein, ob in beiden Fällen wirklich eine festuca übergeben worden sei oder ob das Verbum effestucavere nicht lediglich den Verzicht beschreiben soll. 682 Daneben wurde das Verfahren der effestucatio auch ange678 679 680 681 682

S. z. B. die oben auch verwendeten M 1 II 5 und M 1 III 2. S. dazu – Ingelheim betreffend – ausführlich EIGEN, Die Verbotung in den Urteilen des Ingelheimer Oberhofes. Vgl. DOLEZALEK, in: Ius Commune 11 (1984), S. 31, 34 f. Inhaltsgleich M 3 I 41, M 3 II 35. Die effestucatio findet sich auch in der sonstigen Urkundenüberlieferung; vgl. L OERSCH/S CHRÖDER/P ERELS, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Privatrech-

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wendet, wenn nicht nur auf ein einzelnes Grundstück, sondern auf ein gesamtes, aus Liegenschaft, Fahrnis und auch Geld bestehenden Vermögen, bzw. ein Erbrecht an einem solchen verzichtet werden sollte: M 4 IV 23: Leo et uxor eius Clara et heredes eorum abnegaverunt, manu et calamo effestucaverunt omnem hereditatem quam habet Mandewinus extra Coloniam sive infra Coloniam, et omnem mobilem pecuniam, (quam habuit cum Vastrade vel sine ipsa).

Dunkel bleibt jedenfalls die Beziehung, in der die beiden Verzichtenden zu Mandewin gestanden haben. Dass sie seine Abkömmlinge oder sonstige Verwandte waren, liegt nahe, lässt sich aber nicht nachweisen. Dieser Eintrag liefert immerhin auch einen Anhalt zur Klärung der Frage, ob die effestucatio auch im 12. Jahrhundert noch mittels Symbols vollzogen wurde. Die beiden Verfügenden leisteten den Verzicht nämlich manu et calamo also mit Hand und Stab.683 Hieraus darf geschlossen werden, dass die effestucatio und wohl auch ihr logisches Gegenstück, die festucatio, sich im 12. Jahrhundert in Köln noch keineswegs von der symbolischen Übergabe eines den Gegenstand der Verfügung vertretenden Substituts gelöst hatte.

2. Der Rotulus von Andernach b. Bonn (1) Allgemeines zur Quelle Die neben den Kölner Schreinsurkunden zweite maßgebliche Quelle rheinischer Stadtrechtstatsachen im hohen Mittelalter ist eine im Archiv der Stadt Andernach am Rhein aufbewahrte Pergamentrolle, die aus mehreren an der Schmalseite aneinandergehefteten Blättern besteht. Am obersten Blatt befindet sich ein Holzstab zum Aufrollen. Der so entstandene Rotulus ist insgesamt 4,40 Meter lang.684

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tes, Nr. 100, S. 75 f. An eine durch Kauf begründete Verpflichtung zur exfestucatio schloss sich in einem zweiten Akt die exfestucatio selbst an. Mit ihr erwarb die Kirche die volle tatsächliche Sachherrschaft. Diese exfestucatio wurde mit Einwilligung aller Erben und sogar in deren Beisein vollzogen. Ob dies durch Halmwurf, durch Auflassung oder durch Flurbegehung geschah, teilt die Urkunde nicht mit. Vgl. die Bedeutungen von calamus bei Georges, Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, Sp. 914 f.: Rohr, Schreibrohr, Leimrute, Angelrute, Stab, Stange, Stengel u. ä. Ein Eintrag aus dem Laurenzschrein (L 4 V 5) aus den Jahren 11701182 beinhaltet ebenfalls einen Verzicht durch Hand und Stab (abrenunctiaverunt festuca et manu). Vgl. Beschreibung bei Hoeniger, in: Niederrh. Annalen 42 (1884), S. 1 ff.

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Der Andernacher Rotulus ist ein Schöffenbuch. Sein Editor Hoeniger hielt fest, dass in der Stadt Andernach seit dem Jahre 1171 ein Schöffenkollegium nachweisbar ist, dass dieses Kollegium mit dem Rat identisch war und dass der Schultheiß den Vorsitz im Gericht und im Rat geführt hat. 685 Weiter gibt Hoeniger an, dass der Rotulus hauptsächlich Eintragungen über Privatsachen der einzelnen Bürger enthalte.686 Die Zeit seiner Nutzung reicht von 1173 bis 1256. Die Sprache des Rotulus ist wie die der Kölner Schreinsurkunden lateinisch. Es gibt jedoch vereinzelte deutsche Einstreuungen.687 Insgesamt zählt Hoeniger 188 Eintragungen im gesamten Rotulus. Dessen Schreiber ist an keiner Stelle zu einer verkürzenden Registratur gelangt. Über den ganzen Benutzungszeitraum hinweg sind die Beurkundungen im Volltext mit vollständiger Zeugenreihe gegeben. Die Zahl der beurkundeten Geschäfte ist für den langen Zeitraum der Verwendung des Rotulus sehr gering. Schon hieraus ergibt sich der Verdacht einer verschollenen Parallelrolle. Angesichts der für Köln zur Verfügung stehenden Quellenmasse kann der Andernacher Rotulus wirklichen statistischen Anforderungen nicht im Ansatz genügen. Der Rotulus enthält in einem seiner ersten Einträge eine sowohl für das hiesige Thema als auch für die Struktur des Rotulus entscheidende Erinnerung an eine Anordnung des Kölner Erzbischofs Philipp, des Stadtherrn von Andernach, aus dem Jahre 1173: 3. Noverint etiam burgenses hoc ab archiepiscopo Philippo statutum esse: nullum allodium dari vel delegari debere vel posse et coram testibus aliis, nisi coram iudice et coram scabinis.

Über allodialen – also lehnfreien – Grundbesitz konnte und durfte nicht schlicht vor Zeugen, sondern musste vor Richter und Schöffen verfügt werden. Dass bei der Verfügung zwischen einem dare und einem delegare differenziert wurde, legt bereits die Vermutung nahe, dass damit sowohl die lebzeitige als auch die erlebensbedingte Verfügung gemeint gewesen sein könnte. Gewissheit muss aber der Inhalt des Rotulus ergeben. Jedenfalls haben sich die Andernacher Schöffen an die Verfügung gehalten – der Rotulus beinhaltet in der Mehrzahl Beurkundungen über Besitztitel. Dabei fiel Hoeniger allerdings auf, dass Besitzveränderungen durch Ehevertrag und durch Erbgang fast nicht vorhanden sind. 688 Er will es unentschieden lassen, ob für beide die mündliche Verhandlung genügt habe oder ob sie in einem anderen, nicht überlieferten Schriftwerk aufgezeichnet worden seien. 689 Letzteres ist 685 686 687

688 689

H OENIGER, in: Niederrh. Annalen 42 (1884), S. 1, 2 f. H OENIGER, in: Niederrh. Annalen 42 (1884), S. 1, 3. Im Eintrag Nr. 23 wird das lateinische dare übersetzt als selen inde sezen. Das entspricht dem Sprachgebrauch in Köln. Salen oder versalen ist demnach ein endgültiges Übertragen auf einen anderen, sezen oder versetzen steht für das Verpfänden, bei dem vom Rückerwerb ausgegangen wird. H OENIGER, in: Niederrh. Annalen 42 (1884), S. 1, 5 f. H OENIGER, in: Niederrh. Annalen 42 (1884), S. 1, 6.

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angesichts der massiven Kölner Überlieferung die wahrscheinlichere Annahme. Auch bei der Erfassung der Rotuluseinträge habe ich mich auf die Verfügungen beschränkt, die ohne Gegenleistung vorgenommen wurden. Käufe, Verzinsungen und Verpfändungen bleiben unberücksichtigt. Der Erfassung liegt dieselbe Systematik zugrunde wie für Köln. Von den insgesamt 188 Einträgen waren daher 53 für diese Untersuchung relevant.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Betrachtet werden zunächst wieder die Verfügungen über einzelne Vermögensbestandteile. Insgesamt enthält der Rotulus 36 solcher Einträge. a) Erlebensbedingte Verfügungen. Es existieren vier Verfügungen, die in ihrer Wirksamkeit davon abhängig waren, dass der Begünstigte den Verfügenden überlebte. Begünstigt wurden je einmal Abkömmlinge und Ehefrau des Verfügenden, nicht näher identifizierbare Dritte und die Kirche. Das hierfür verwendete Vokabular lautet si ipse prior obierit, n. n. obtinebit. Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungs- oder Nießbrauchsvorbehalt kommen nicht vor. b) Lebzeitige Verfügungen. Verfügungen ohne Erlebensbedingung – also die große Gruppe der lebzeitigen Schenkungen – sind zahlreicher vertreten. Insgesamt handelt es sich um 29 Einträge. Die Formularwendung lautet n. n. dedit q. n. n. n. Abkömmlinge wurden zweimal begünstigt, dabei existiert eine Schlussbegünstigtenklausel, ein andermal war die Verfügung suspensiv bedingt, wobei die Bedingung darin bestand, dass der Begünstigte mündig wurde. Sonstige Verwandte wurden ebenfalls zweimal (einmal die Mutter, einmal der Bruder des Begünstigten), Schwiegerkinder einmal begünstigt. Bei insgesamt acht Verfügungen ließ sich nicht beurteilen, ob der Begünstigte mit dem Verfügenden verwandt war. Zugunsten der Kirche wurde insgesamt 15mal verfügt. Zwei dieser Verfügungen geschahen mit Zustimmung von erbberechtigten Verwandten des Verfügenden, eine Verfügung war suspensiv bedingt – die Bedingung bestand darin, dass ein Leibzuchtsberechtigter starb. Verfügungen, bei denen sich der Verfügende vorbehielt, zeit seines Lebens selbst anders verfügen zu können, sind im Rotulus nicht beurkundet. Dafür existieren zwei lebzeitige Verfügungen mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. 1 contulit q. n. n. n. 2 ea condicione, ut n. n. 1 obtinebit q. n. quamdiu vixerit). Begünstigter dieser Verfügungen war die Kirche. c) Verfügungen zu Leibgedinge. Über ohne Erlebensbedingung an einem konkreten Vermögensbestandteil ausgesetzte Leibgedinge – Verfügungen ohne endgültigen Rechtserwerb – gibt der Rotulus nur einmal Auskunft, der

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Begünstigte war hier mit dem Verfügenden nicht verwandt. Leibgedinge ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt kommen nicht vor. Immerhin findet sich aber eine Verfügung über ein Leibgedinge an einem konkreten Vermögensbestandteil, die unter der Bedingung stand, dass der begünstigte Ehemann die verfügende Ehefrau überlebte. Die Verfügung lautet: si n. n. prior obierit, n. n. quoad usque vixerit reservet. Einzelgutsvermächtnisanordnungen unter Erlebensbedingung sind nicht beurkundet.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Verfügungen über Vermögensgesamtheiten sind seltener. Es handelt sich um 14 Einträge. Der Rotulus vermerkt n. n. contulit omnem suam hereditatem n. n. Es ist nicht vollständig klärbar, ob hereditas hier Vermögen an sich oder liegendes Vermögen bezeichnete. Jedenfalls verdeutlicht der Vorsatz omnis, dass (unterstellt, es handelt sich allein um Immobilien) eine Mehrheit von Sachen von der Verfügung erfasst wurde. a) Erlebensbedingte Verfügungen. Zwei solcher Verfügungen waren erlebensbedingt, sie begünstigten die Abkömmlinge und die Ehefrau. Die letztere Verfügung war resolutiv bedingt, Bedingung war die Geburt von Erben. Gesamtgutsverfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungs- bzw. Nießbrauchsvorbehalt sind nicht beurkundet. b) Lebzeitige Verfügungen. Die zehn lebzeitigen Gesamtgutsverfügungen (n. n. 1 contulit omnia bona sua, tam in allodio quam in hereditate n. n. 2), die der Rotulus enthält, begünstigten einmal den Bruder des Verfügenden und neunmal die Kirche. Anhand der hier verwendeten Formel wird sichtbar, dass es sich um das gesamte Vermögen des Verfügenden gehandelt haben muss. Die Gegenüberstellung von allod und hereditas als Erwerbsgründe für die bona sua des Verfügenden ist ungewöhnlich. Dass es sich um Immobilien handeln muss, erscheint zwingend – jedenfalls ist die Bezeichnung von allod für Fahrhabe bislang unbekannt. Offensichtlich stellte der Schreiber des Rotulus mit allod und hereditas das lehnsfreie (allodiale) und das lehnsgebundene, aber vererbbare (daher hereditas) Grundvermögen gegeneinander. Drei dieser neun Verfügungen sind mit Zustimmung erbberechtigter Verwandter vorgenommen worden; mithin erfolgten sechs lebzeitige Gesamtverfügungen ohne diese Zustimmung. Ob in diesen sechs Fällen erbberechtigte Verwandte vorhanden waren oder nicht, konnte nicht festgestellt werden. Die weiteren Gruppen der Gesamtverfügungen kommen im Rotulus nicht vor, mit Ausnahme einer lebzeitigen Gesamtverfügung über eine Vermögensquote zugunsten der Kirche, bei der der Verfügende keine weiteren Vorbehalte machte und einer (logischerweise erlebensbedingten) Verfügung über eine Kindesteilsquote zugunsten eines Abkömmlings.

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(4) Verschiedenes Verzichte wurden zweimal erklärt, einmal ordnete der Verfügende gegenüber seinen Erben eine Auflage an.

(5) Einzelbelege Einzelheiten anhand konkreter Nachweise nachzuweisen ist beim Andernacher Rotulus nicht angezeigt. Zu schmal ist die Quellenbasis. Es ist nicht erkennbar, welche Eintragungen für die Verfügungen von Todes wegen besonders repräsentativ sein könnten. Immerhin zeigt sich ansatzweise eine der Kölner entsprechende Mengenverteilung. Die lebzeitige Verfügung mit vorbehaltenem Verfügungsrecht bzw. Nießbrauch war ebenso wie in Köln keine systembildende Größe. Die Zustimmung erbberechtigter Verwandter kann nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen unter Lebenden oder von Todes wegen erkannt werden.

3. Zwischenergebnis Anhand der in Köln und auch in Andernach erhobenen Befunde kann an der Existenz der Verfügung von Todes wegen im dort geübten Recht des hohen Mittelalters kaum gezweifelt werden. Solche Verfügungen von Todes wegen konnten nicht nur einzelne Vermögensteile, sondern auch das gesamte gegenwärtige und zukünftige Vermögen erfassen, ja sie konnten darüber hinaus sogar als vermögensrechtlich strukturierte Erbeinsetzungen (Zuwendung eines ganzen Nachlasses) ausgestaltet werden. Es ist erkennbar, dass diese Erbeinsetzung als zulässige Form der Verfügung von Todes wegen sich aus der erlebensbedingten Zuwendung eines gesamten Vermögens heraus entwickelt hat – wenn sie überhaupt das zeitlich später anzusetzende Institut sein sollte – und dass beide gleichzeitig nebeneinander in einem eng umgrenzten Territorium (z. B. in einem Pfarrbezirk innerhalb Kölns) vorgenommen werden konnten. Schreinskarten und Andernacher Rotulus sind in die Gesamtzusammenfassung der Sammelquellenanalyse in Kapitel 6, Abschnitt II, Nr. 16 eingegangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei hinsichtlich weiterer Einzelheiten hierauf verwiesen.

D R I TT E R T E I L : V E R F Ü G U N G E N V O N T O D E S W E G E N I M V E R B R E I T U N G S G E B I E T D E S S AC H S E N S P I E G E L S U N D D E S M A G D E B U R G E R S T A DT R E C HT S

Kapitel 5: Verfügungen von Todes wegen im sächsischen Landrecht

Normative, sächsische Landrechtsquellen sind leicht fassbar und bekannt. Die Darstellung bewegt sich auch in editorischer Hinsicht auf sicherem Boden. Es handelt sich um die LSax, den Ssp, und um diejenigen Rechtsbücher, die über das Territorium einer Stadt hinaus ein signifikantes, dörfliches Umland erfasst haben können,1 denen also die Vorstellung von einer territorialen Geltung des Rechts eigen war. Hier zu betrachten sind aus diesem Kreise daher das Görlitzer Rechtsbuch (nicht das Magdeburg-Görlitzer Stadtrecht!), das Burger Landrecht und das Meißener Rechtsbuch (nach Distinktionen). Die Darstellung geht chronologisch vor, Unsicherheiten bei den Datierungen sind einzukalkulieren.2 Bei der Auslegung des Ssp ist auch die um 1320, also innerhalb des relevanten Untersuchungszeitraums entstandene Glosse des Johann v. Buch heranzuziehen. Zweifelhaft könnte sein, ob nicht einige weitere normative Quellen zu den landrechtlichen Quellen gerechnet werden müssen. Diese Zweifel betreffen vor allem das Freiberger und das Zwickauer Recht. Das Zwickauer Rechtsbuch könnte von seiner Anlage her wohl ehestens als eine dem Ssp und dem MeiRB nachempfundene, gedanklich mit territorialem Geltungsanspruch angelegte Rechtsquelle verstanden werden. Trotzdem ordne ich das ZwRB den stadtrechtlichen Quellen zu. Das liegt vor allem daran, dass es ein über die Stadtgrenzen hinausreichendes Territorium, in dem das Zwickauer Rechtsbuch angewendet worden sein könnte, nachweislich nicht gegeben hat. 3 Ge1

2 3

Die Größe des Weichbildes, bzw. die Zahl der zugehörigen Dörfer ist dabei irrelevant. Vgl. z. B. zur tatsächlichen Lage im Kolonisationsgebiet östlich der Elbe ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 32-42, 41. So ist es z. B. durchaus möglich, dass das Burger Landrecht älter ist als der Ssp (s. dort). S. dazu unten Kap. 6 (Zwickauer Rechtsbuch).

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Verfügungen von Todes wegen im sächsischen Landrecht

nau entgegengesetzt ist die Lage in Freiberg/Sa. Beim Freiberger Recht handelt es sich um eine eindeutig bürgerschaftliche Kodifikation unter Federführung des Rates. Indessen war Freiberg erfolgreich in seinem Bestreben, sein Stadtrecht auf ein beträchtliches Territorium – immerhin das gesamte Erzgebirge – auszudehnen. Auch das Freiberger Recht soll hier jedoch bei den stadtrechtlichen Quellen betrachtet werden. 4 Der Grund für die territoriale Verbreitung – die Verknüpfung von Stadt- und Bergrecht5 – ändert nichts an der primär städtischen Setzung des Rechts.

1. Nulli liceat traditionem hereditatis suae facere: Tit. 62 LSax (1) Allgemeines zur Quelle Wie die LThu gehört auch die LSax – oder zumindest Teile von ihr – zu demjenigen Bestand an normativen Rechtsquellen, die die Rechtsreform Karls d. Gr. hervorgebracht hat. Im Unterschied zur LThu verbietet es sich aber, die LSax infolge ihrer Aufzeichnung auf einem fränkisch dominierten Reichstag durch die fränkisch dominierte Reichskanzlei als eine normative Quelle fränkisch-karolingischen Rechts anzusehen. Das folgt schon aus den historischen Fakten. Anders als das thüringische war das sächsische Territorium im Jahre 803 dem Reich der Karolinger gerade erst gewonnen. Eine Eingliederung in das Reich Karls d. Gr. und seiner Nachfolger konnte, obwohl sie versucht worden ist, nach den Sachsenkriegen der Jahre 772-803 keineswegs so erfolgreich sein, dass reichsweite Rechtseinheit wenigstens in zentralen Bereichen hergestellt worden wäre. Dass davon auch später im Unterschied zu Thüringen nicht die Rede sein konnte, zeigt nicht zuletzt der Ssp. Anders als die Unterwerfung der Thüringer und deren Eingliederung in das fränkisch-merowingische Reich hat die Eroberung Sachsens das fränkisch-karolingische Reich auch in staatsrechtlicher Hinsicht verändert und mit der Herrschaft der Ottonen und Salier letztendlich ein deutsches Gesamtgebilde hervorgebracht. Die Sachsen wurden – das wird schon aus dem im Jahre 797 erlassenen Capitulare Saxonicum deutlich – als den Franken gleichberechtigt in das Reich eingegliedert; der fränkische König war darin nach verbreiteter Meinung bemüht, ihnen das sächsische Recht (was auch immer er darunter verstanden hat) zu erhalten.6 Dieser Satz ist freilich für den hier gegenständlichen Bereich korrekturbedürftig. 4 5 6

S. dazu unten Kap. 6 (Freiberger Stadtrecht). S. dazu S CHMIDT-RECLA, in: Festschrift der Juristenfakultät zum 600jährigen Bestehen der Universität Leipzig, S. 579-596. THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 39.

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Wie die LThu zeigt aber auch die LSax, dass das Ergebnis der karolingischen Rechtsreform7 aus heutiger – nicht notwendigerweise auch aus zeitgenössischer – Sicht kümmerlich war.8 Das betrifft nicht nur die Tatsache der offensichtlichen Unvollständigkeit der Quelle, die Überlieferung (nur) sektoriellen Rechts9 – ein Tatbestand, der die Quelle nach hier vertretener Ansicht allein jedoch nicht abwertet. Daneben ist aber auch die LSax nur unwesentlich besser überliefert als die LThu: Zwar gibt es je eine Hs und einen Humanistendruck mehr von ihr,10 aus dem Territorium aber, in dem diejenigen Normadressaten, auf die sie sich bezogen haben kann, überwiegend lebten, ist sie nur in einer Hs überliefert. 11 Da das Territorium und die Zahl seiner Einwohner Thüringen an Größe jedoch weit übertraf, ist die Überlieferungslage der LSax noch schlechter als die der LThu. Wie schon bei der LThu festgehalten wurde, werden sich daher abschließende systematische Überlegungen nie auf die LSax allein stützen dürfen, auch wenn Peter Landau die Effektivität sowohl der LSax als auch der LThu positiver beurteilt12 als die bisherige Literatur, die davon ausgeht, dass die Überlieferung der LSax seit etwa 950

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12

Zu diesem Anspruch vgl. zuletzt wieder THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 54-67. Immerhin ist die Kritik in den Worten eines auch nicht unmittelbaren, aber Karl d. Gr. doch sehr nahen Zeitgenossen – Einhard – nicht zu überhören: „sed de his nihil aliud ab eo factum est, nisi quod pauca capitula, et ea inperfecta, legibus addidit “; EINHARDUS, Vita Karoli Magni, c. 29. Jedenfalls er schien sich von Karls Plänen mehr versprochen zu haben bzw. die Ankündigung, die Gesetze zu verbessern, so ähnlich verstanden zu haben wie wir. Freilich setzt die Klage hierüber voraus, dass der Urheber der lex einen kodifikatorischen Anspruch hatte, der sich jedoch m. E. nicht überliefert findet. Theuerkauf meint den Grund für den begrenzten Erfolg der Rechtsreform Karls d. Gr. in der Spanne zwischen dem Anspruch des Kaisertums und dem Stand der Rechtskunde im fränkischen Reich finden zu können; vgl. DENS., Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 67. Dass Vollständigkeit angestrebt war, ist jedoch nicht überliefert und über den Stand der Rechtskunde wissen wir zuwenig, um ihn mit diesem (imaginierten) Anspruch vergleichen zu können. Den von Theuerkauf, S. 61 vollzogenen Dreischritt von quellenmäßig belegter Verbesserungs- über ebenso belegte Erweiterungsabsicht zur nicht belegten Vervollständigungsabsicht des Kaisers kann ich nicht nachvollziehen. Zur Überlieferungslage und zu den Bestandteilen der beiden Codices, in denen die LSax enthalten ist s. THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 67 ff. und L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. (124) 2007, S. 296 f. Zu LSax und LThu im Codex Corveiensis s. auch schon oben Kap. 4 I 3 (1) und L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 118 (2001), S. 23, 27-29. Die zweite Hs, der Codex Spangenbergianus, ist am Ende des 9. oder zu Beginn des 10. Jh. im französischen Sprachraum geschrieben worden; vgl. THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium iuris, S. 68. Vgl. LANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 300.

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versickert sei und dass Eike v. Repgow sie nicht mehr gekannt haben könne.13

(2) Quellenbefund Die LSax bietet zum Problem der lebzeitigen und der postmortalen Verfügungsfreiheit eine Belegstelle, aus der ein deutlicher Gegensatz zur merowingisch-karolingischen Rechtslage offenbar wird. Nachdem Tit. 61 LSax eine Vorschrift für kollidierende Rechte bzw. für Überleitungen bestehenden in neu verfasstes Recht bei Rechtsordnungswechseln aufstellt: Traditiones et venditiones omnes legitimae stabiles permaneant 14

folgt in Tit. 62 eine Verbotsnorm mit mehreren, Ausnahmen darstellenden Erlaubnistatbeständen: Nulli liceat traditionem hereditatis suae facere praeter ad ecclesiam vel regi ut heredem suum exheredem faciat, nisi forte famis necessitate coactus ut ab illo qui hoc acceperit sustentetur; mancipia liceat illi dare ac vendere.15

Tit. 62 gehört zur nach v. Schwerin und Theuerkauf jüngsten dritten systematischen Gruppe von Vorschriften innerhalb der LSax. Hier wird, ebenso wie in der LThu und anders als in LSal und LRib kein Verfahren geschildert, sondern ein Rechtssatz ausgesprochen, der von seiner Formulierung her allgemeinen Charakter hat, obwohl auch hier der verfahrensrechtliche Rahmen nicht verlassen wurde. Der Sprachgebrauch – traditionem facere – orientiert sich aber am zeitgenössischen technischen Vokabular von LRib und Kapitularien.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Diese Vorschrift scheint auf den ersten Blick das Gegenteil zu den bisher erörterten normativen Rechtsquellen zu sein. Das hängt damit zusammen, dass Tit. 62 LSax als in technischer Hinsicht als Verbotsnorm, flankiert von einer Erlaubnisnorm konstruiert worden ist. 16 Diese Technik ist bei den bisher untersuchten normativen Quellen nicht angewendet worden. Es ergibt sich aus dieser allgemeinen Charakteristik der Norm als Verbotsnorm, dass das, was verboten wird, als rechtstatsächliches Phänomen im Gesichtskreis des Urhebers der Norm vorhanden ist. Der Schluss von einem Verbot auf das Vorkommen des verbotenen Handelns ist auch kein methodischer Fehlschluss. Es handelt sich hierbei nicht um eine kodifikatorisches Denken voraussetzende Analogiebildung oder um einen Umkehrschluss. 13 14 15 16

THEUERKAUF, Sachsenrecht im Übergang von der Lex Saxonum zum Sachsenspiegel, S. 415, 416. V. SCHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 32. V. SCHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 32. Dazu eingehender sogleich.

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Vielmehr wird lediglich danach gefragt, ob es logisch möglich bzw. für einen Normgeber sinnvoll sei, ein Handeln zu verbieten, das nicht vorkommt. Ich halte das für wenn nicht unmöglich doch für schwer vorstellbar und demzufolge den Schluss von einem normativen Verbot auf real existierende, verbotswidrige rechtsgeschäftliche Handlungen für möglich. Gegen die Übersetzung nulli liceat als „niemandem sei es erlaubt“, d. h. „es ist verboten“, könnte eingewandt werden, dass licere hier untechnisch formuliert sein kann, dass also keine bewusste Konstruktion einer Verbotsnorm vorliege. Dann müssten sich Belege im Text der LSax finden, die ein solches unreflektiertes Verwenden des Wortes licere nahe legen. Indessen ist das nicht der Fall. Licere kommt im Text der LSax nur an zwei Stellen vor. Die erste Stelle ist der hier betrachtete Tit. 62. Er kennt licere einmal verneinend, einmal bejahend: Einerseits sei es niemandem erlaubt (= es ist verboten), eine traditio der hereditas vorzunehmen, es sei denn […]17. Andererseits dürfen Knechte übergeben und verkauft werden. Hier handelt es sich um ein Gegenüberstellen von verbotenem und erlaubtem rechtsgeschäftlichen Handeln. Dass das von den Redaktoren der lex gewollt war, liegt nahe. Die zweite Stelle ergibt nichts anderes. Es handelt sich um Tit. 65. 18 Auch dort wird erlaubtes Handeln (Erwerb einer Ehefrau durch einen litus des Königs an beliebigem Ort19) verbotenem Handeln (Verkauf jedweder Frau) gegenübergestellt. Auch scheint es so zu sein, dass es den Redaktoren auf diese Gegenüberstellung angekommen ist. Weitere Belegstellen für licere bietet die LSax nicht. Da die beiden Vorschriften aber wichtige Bereiche des Vermögens- und des Familienrechts betreffen, sollte nicht ohne Grund davon ausgegangen werden, dass die Urheber der beiden Titel hier unüberlegt und vorschnell formuliert hätten. Unterstellt, der Text war effektiv und aktuell, dann konnten beide Verbotsnormen zentral auf die Handlungsfähigkeit der Normadressaten (wenn es sie gab) in zentralen Belangen der Lebensgestaltung wirken. Darüber hinaus liefert Tit. 61 LSax den Nachweis, dass den Redaktoren auch der rechtliche Unterschied zwischen Ungültigkeits- und Verbotsnorm geläufig gewesen sein dürfte. Stabiles permaneant heißt es dort über Übergaben und Verkäufe. Wäre hinsichtlich der traditiones über hereditates in Aachen nicht ein appellatives, die Eingehung bestimmter Geschäfte von vornherein verhinderndes Verbot, sondern eine weniger einschneidende, im Anschluss an die Vornahme des Rechtsgeschäfts wirkende Ungültigkeitsnorm geplant gewesen, dann hätte es nahe gelegen, im unmittelbar darauf folgenden Tit. 62 redaktionell nicht mit nulli liceat, sondern mit einem verneinten permanere zu arbeiten. 17 18 19

S. zu hereditas und den Ausnahmen noch sogleich im Text. „Lito regis liceat uxorem emere, ubicumque voluerit; sed non liceat ullam feminam vendere “; vgl. V. SCHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 33. Ubicumque heißt wohl reichsweit, was die Eingehung von Ehen zwischen sächsischen Halbfreien und nichtsächsischen Frauen ermöglichte.

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Die Konstruktion des Tit. 62 LSax ergibt also, dass traditiones, die die Voraussetzungen der Erlaubnis nicht erfüllten, keinen Erwerbsgrund abgeben konnten. Nachträgliche Heilung schied aus, Zeitablauf konnte daran ebenfalls nichts ändern. Die demnach planvolle Konstruktion einer Verbotsnorm bedeutet, dass die Urheber von Tit. 62 LSax davon ausgegangen sein dürften, dass in Sachsen solche fortan verbotenen traditiones hereditatium vorkamen. Es wäre wenig sinnvoll, heute vom Gegenteil auszugehen – die Situation hat auf den Aachener Reichstagen höchstwahrscheinlich realistisch eingeschätzt werden können. Geklärt werden muss nur, welche dieser traditiones verboten wurden, um im Gegenschluss zu wissen, dass die LSax versuchte, auf solche Geschäfte Einfluss zu nehmen. Wie erfolgreich der Versuch der Einflussnahme war, entzieht sich wieder der heute noch möglichen Erkenntnis. 20 Dabei ist die Gegenüberstellung von Verbot und Erlaubnis ungleichgewichtig, die Erlaubnis gegenüber dem Verbot unspektakulär: Niemandem ist es erlaubt, über die hereditas zu verfügen, jedem ist es erlaubt, Hörige zu verschenken oder zu verkaufen21. Nicht die Erlaubnis ist hier zu erörtern, sondern das Verbot. b) Der Urheber der LSax wollte es demnach wahrscheinlich verhindern, dass im Sachsen des beginnenden 9. Jh. Verfügungen über die hereditas vorgenommen werden, wenn mit ihnen nicht ein bestimmter Zweck verfolgt wurde. Dieser Zweck verrät die LSax zugleich als eine den unmittelbar vor bzw. im Zuge der Aufzeichnung der LSax kriegerisch unterworfenen Sachsen aufgezwungene Satzung und führt zu der Vermutung, dass als Urheber der LSax weniger unabhängige einheimische Rechtsweiser,22 sondern vielmehr der fränkische Herrscher und seine Administration in Betracht kommt: 23 verfügt werden darf nur zugunsten der (den heidnischen Sachsen eben erst mit Waffengewalt aufgezwungenen) katholischen Kirche und des (karolingischen) Königs – bzw. seines (ebenfalls karolingischen) Fiskus. Allein hieraus müssen sich Zweifel ergeben, ob die LSax jedenfalls in diesem Titel das bei den Sachsen geübte, bis dahin nicht aufgezeichnete Recht abbildet. Der Vergleich mit dem 20

21

22 23

Es ist sogar wahrscheinlich, dass der Versuch der Durchsetzung des Verbotes nicht in erster Linie auf die lex scripta gestützt wurde, sondern vielmehr mündlich unter Zuhilfenahme des neu in Sachsen eingeführten, fränkischen administrativen Unterbaues erfolgte. Ich schließe aus der gleichberechtigten Verwendung von dare und vendere, dass es dem Verfasser mit dare darauf ankam, einen Gegensatz zum gegenseitig verpflichtenden Kauf aufzustellen. Wäre es nur auf das Übergeben/Übereignen angekommen, hätte dare allein genügt. Dies dürfte wesentlich eher den Verhältnissen bei Angeln und Warnen als denen im damaligen Sachsen entsprochen haben. Es handelt sich hierbei um eine aus der Untersuchung einer einzigen Vorschrift gewonnene Vermutung. Ob dieses Bild zutrifft, kann letztlich nur die gesamte lex zeigen. Das sprengt den hier gesteckten Rahmen.

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eher aus sich geschöpften und in mehreren Redaktionsstufen überlieferten merowingisch-karolingischen Recht der LSal und LRib legt eher das Gegenteil, oder doch zumindest Zweifel nahe. Jedenfalls an dieser Stelle der LSax aber bezweckte der Urheber der Norm einen gestaltenden Eingriff in die sächsischen Lebensverhältnisse. Es ging mithin um das Gegenteil der Wahrung vorgefundenen sächsischen Rechts. Um diesen Zweck noch klarer hervortreten zu lassen, ist es nützlich darauf zu verweisen, dass Karl d. Gr. die Zweifel seines Sohnes, Ludwig d. Fr. noch nicht angefochten haben, der mit drei Kapitularien (811, 813 und 818/819)24 versuchte, Verfügungen zugunsten der Kirche im Interesse der dadurch benachteiligten Erben wenigstens ansatzweise einzudämmen. Dass die Urheber der LSax das Problem ebenfalls kannten (wahrscheinlich eher aus im fränkischen Reichsteil geschöpfter Anschauung, denn die Missionierung in Sachsen hatte gerade erst begonnen) belegt Tit. 62 LSax. Es ist an dieser Stelle erforderlich, die grammatischen Bezüge in Tit. 62 LSax zu benennen. Die Grundregel ist die folgende: Nulli liceat traditionem hereditatis suae facere ut heredem suum exheredem faciat – Niemandem ist es erlaubt (= Es ist verboten), über seine hereditas so zu verfügen, dass er seine Erben [dadurch] enterbe. Die Verfügungen zugunsten der Kirche und des Fiskus sind eine Ausnahme hiervon, erläutert durch den mit praeter – außer – beginnenden Einschub. Es ergibt sich folgendes Regel-Ausnahme-Verhältnis: Die Erben erblos machende Verfügungen waren verboten, es sei denn, es handelte sich um Verfügungen zugunsten der Kirche und des Fiskus. In diesem Ausnahmefall waren (sogar) sie erlaubt. Es ergibt sich weiter: Verfügungen, die die Erben nicht erblos machten, waren vom Verbot nicht erfasst, also, wenn sie vorgekommen sind, erlaubt – und zwar nicht nur solche zugunsten der Kirche und des Fiskus, sondern zugunsten jedermann. Verfügungen zugunsten der potenziellen Erben schließlich waren nach dem Wortlaut ebenfalls vom Verbot nicht erfasst und deswegen, wenn sie vorgekommen sind, erlaubt; Anhaltspunkte für ein regulierendes Eingreifen etwa im Interesse einer gleichmäßigen Berücksichtigung aller potenziellen Erben sind nicht vorhanden. Damit enthüllt sich Tit. 62 LSax einerseits wieder als eine Spezialvorschrift, eine Norm, die keine umfassende Regelung eines Rechtsinstituts anstrebt, sondern eine sektorielle Regel aufstellt. Andererseits wird die Eignung von Tit. 62 LSax als Belegstelle für ein bei den Sachsen verbreitetes Mitwirkungsrecht der potenziellen Erben als Wirksamkeitsvoraussetzung für jede Verfügung25 relativiert.

24 25

S. o. Kapitel 4, Abschnitt I, Nr. 4. So aber noch L OENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechts, S. 44: der Erbenlaub sei durch Tit. 62 LSax „unzweifelhaft erwiesen “. Nicht ganz so absolut L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 299: Die Notwendigkeit des Erbenlaubes ergebe sich indirekt (sic!) aus Tit. 62 LSax.

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Hinzu kommt noch die Überlegung, dass der Urheber der Quelle bei Kenntnis von einem unter den Sachsen etwa gewohnheitsrechtlich geübten Erbenlaub diesen schwerlich unterschlagen und statt dessen, wie geschehen, ein über dieses (vergleichsweise moderate) Mittel, das in einer Ungültigkeitsvorschrift hätte platziert werden können, weit hinausgehendes allgemeines Verbot erblos machender Verfügungen – unabhängig von einer Erlaubnis der potenziellen Erben – aufgestellt hätte. Die hier gewählte Regelung geht weiter als die Anerkennung des Erbenlaubes, mit dem den Interessen der Erben hinreichend gedient gewesen wäre. Auch das zeigt, dass mit Tit. 62 LSax ein bewusst und eigenständig gestaltendes, karolingisches Regelungsinteresse verfolgt wurde. Eben wegen dieser, Kirche und Fiskus begünstigenden Ausnahme lässt sich auch noch ein wenig mehr Licht in die Frage bringen, ob Tit. 62 LSax wirklich dem unter den Sachsen geübten, mangels Schriftlichkeit nicht erkennbaren Recht entsprach. Die Ausnahme vom Verbot begünstigt die Karl d. Gr. gesonnene sächsische Oberschicht. Erblos machende Verfügungen sind generell erlaubt zugunsten der Kirche und des Fiskus: Es wird zulässig sein, davon auszugehen, dass in der Situation der erst anlaufenden Missionierung der heidnischen Sachsen, denen Karl d. Gr. in der Capitulatio de partibus Saxoniae das Verharren im heidnischen Glauben bei Todesstrafe verbot, 26 das Interesse, der katholischen fränkischen Reichskirche sein Vermögen zuzuwenden, in der Bevölkerungsmehrheit wahrscheinlich nicht sehr ausgeprägt war. Gleiches gilt von der Verfügung zugunsten des Fiskus. Die Erlaubtheit einer solchen Verfügung konnte aber sinnvoll sein für Inhaber größerer Vermögen, die sich von der Verfügung zugunsten des Fiskus lehnsrechtliche Vorteile – also die vasallitische Bindung an den Frankenkönig – erhofften. Das konnte wieder nur das Interesse einer wahrscheinlich nicht allzu zahlenstarken Oberschicht sein. Dieser Gedanke führt noch ein Stückchen weiter. Es dürfte nicht zu viel Interpretation sein, wenn geschlussfolgert wird, König und Kirche hätten es mit Tit. 62 LSax den kollaborationswilligen Sachsen erleichtern wollen, sich aus etwaigen alten Bindungen einfacher zu lösen und ihr Land (inklusive der davon und ihnen Abhängigen) in den karolingischen Reichsverbund zu integrieren und den Anreiz dazu noch dadurch erhöht, dass Verfügungen zugunsten anderer Begünstigter nach Möglichkeit unterbunden wurden.27 Unabhängige sächsische Rechtsweiser (unterstellt, es hat sie überhaupt gegeben) hätten eine solche, einer sächsischen Autonomie offensichtlich abträgliche Regel wahrscheinlich nicht von sich gegeben. Nein: nach der militärischen Unterwerfung der Sachsen gab es keine Unabhängig26 27

Cap. 7 der Capitulatio de partibus Saxoniae; V. S CHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 38 f. Wir hätten es dann (auch) bei Tit. 62 LSax mit einem rechtspolitischen Steuerungsinstrument zu tun, über dessen Effektivität nichts ausgesagt werden kann. Hochgradig aktuell dürfte dieses Instrument im Jahre 803 allerdings gewesen sein.

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keiten – dazu war das Risiko eines historischen „rollback“ für Karl d. Gr. zu groß. Der Franke hat sich in Sachsen selbst auf seine Waffen und auf den Reichstagen – wenn überhaupt – auf seinen Zielen bereits gewonnene sächsische Optimaten gestützt. Der Zweck einer solchen Anordnung liegt darin, durch von einer frankophilen, kollaborationswilligen Oberschicht ausgehende Verfügungen über große Mengen an Land das noch unsichere Sachsen in die karolingische Vasallität zu bringen. M. E. ist das auch der Schlüssel zum Verständnis der einander widersprechenden und doch zeitgleich aufgezeichneten Regeln in Tit. 52, 2 LThu und Tit. 62 LSax. Im seit über 200 Jahren fränkisierten Thüringen war es nicht (mehr) nötig, einen solchen regelnden Impuls auszulösen, in Sachsen schon.28 Es handelt sich mithin wahrscheinlich nicht um stammes- oder volksbedingte Eigenheiten des jeweiligen Volksrechts. Die Auslegung hat bis hierhin ergeben, dass es darum ging, Verfügungen zu kanalisieren und Hemmnisse, die sich aus landsmannschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen ergeben konnten, zu beseitigen. Sollte aber hier das Regelungsinteresse des Urhebers der Norm gelegen haben, dann musste der Urheber der Norm eine weitere, von der ersten Ausnahme vom Verbot systematisch unterscheidbare Ausnahme vorsehen, um nicht Gefahr zu laufen, dass die erwünschte Regel auf generelle Nichtakzeptanz stieß und faktisch derogiert wurde. Dazu sogleich.29 c) Diese oben umrissene Regel-Ausnahme-Struktur von Tit. 62 LSax erlaubt es aber vorerst, noch näher auf den bisher mit hereditas umschriebenen Gegenstand der Verfügung einzugehen. Zunächst ist hierbei festzuhalten, dass auch die LSax in dieser Vorschrift auf vermögensrechtlichem Boden steht. Im Zentrum des Geschäfts stehen Sachen (oder Sachgesamtheiten), keine Personen. Mit einer traditio nach Tit. 62 LSax konnte also (unterstellt, sie konnte unter Erlebensbedingung gestellt werden) kein Erbe geschaffen, keine personale Universalsukzession angeordnet, sondern eine hereditas, also eine Sachgesamtheit übertragen werden. Insoweit besteht also zwischen dem Recht der LSax und dem merowingisch-karolingischen Recht der LSal, LRib und der Kapitularien kein Unterschied. Sodann ist zu klären, was unter hereditas verstanden werden soll. Ich habe dieses Problem schon anlässlich von Tit. 52 LThu erörtert und verweise deshalb hier darauf.30 Als Übersetzungsgröße bietet sich einerseits Nachlass/Erbschaft und andererseits Liegenschaften – beide wieder kombinierbar mit dem Erwerbsgrund, hier also einerseits ererbter Nachlass und andererseits ererbte Liegenschaften. Nachlass wäre der weitere Begriff, er schlösse Fahrnis 28

29 30

Dass solche Impulse für Thüringen nicht überliefert sind, ist kein Einwand. Ob sie auch dort nach der Unstrutschlacht erfolgt sind oder nicht, entzieht sich mangels Quellen unserer Erkenntnis. Unter e). Vgl. Kap. 4 I 3 (3) c).

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und Geld ein. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die Liegenschaften damals wie heute der werthaltigste Teil des Vermögens waren, insbesondere deswegen, weil kraft Zubehörseigenschaft ein großer Anteil per se beweglicher Sachen zur Liegenschaft gehörte. Claudius Frhr. v. Schwerin meinte, hereditas betreffe hier nur das liegende Gut31 ohne diese Ansicht anders als durch einen Verweis auf Tit. 64 LSax näher zu begründen. Eine Parallele zum dort geregelten Notverkauf der hereditas32 liegt in der Tat nahe, aber auch dort ist eine Übersetzung der hereditas mit Liegenschaft nicht zwingend. Letztlich kann diese Frage aus den normativen Quellen heraus nicht abschließend geklärt werden, weil aus dem sächsischen Recht zeitgenössische, also dem beginnenden 9. Jh. angehörende Vergleichsquellen nicht zur Verfügung stehen – anders später beim Ssp und beim Magdeburger Stadtrecht. Für die Begrenzung von hereditas auf das ererbte (Grund-) Vermögen jedoch ist in Tit. 62 LSax jedenfalls genügender Anhalt geboten. Die Motivation, die Erben des Verfügenden vor der Aushöhlung ihres Verwandtenerbrechts zu schützen, ist deutlich genug angesprochen. Ein solches schützenswertes Erwerbsinteresse der potenziellen Erben ergab sich nun insbesondere in Bezug auf das Vermögen, das der Verfügende und potenzielle Erblasser selbst bereits durch Erbgang erworben hatte. Hieraus ergibt sich schließlich auch noch ein weiterer Auslegungsgesichtspunkt. Die Vermögen, um die es bei der traditio nach Tit. 62 LSax ging, müssen einen gewissen Umfang gehabt haben, um das Kriterium der Gefahr, dass durch die Verfügung über sie die erbberechtigten Verwandten um ihr Erbe gebracht werden könnten, zu erfüllen: es muss sich um die gesamte hereditas gehandelt haben. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände oder vielleicht sogar über Quoten der hereditas blieben nach dem Wortlaut von Tit. 62 LSax möglich – sie machten die erbberechtigten Verwandten jedenfalls nicht erblos. Dass die Quelle solche Verfügungen nicht erwähnt, ist unschädlich. d) Eng mit der Frage nach der Übersetzung von hereditas verknüpft ist auch die Frage, ob es sich bei der traditio nach Tit. 62 LSax um eine Verfügung von Todes wegen, also um eine unter Erlebensbedingung stehende Verfügung gehandelt haben kann. Wenn jemand über seine Erbschaft, seinen Nachlass verfügt, dann verfügt er über künftiges Vermögen, mithin über etwas, was er zum Zeitpunkt der Verfügung vielleicht noch, beim Erbfall aber nicht mehr hat oder – anders herum – was er zum Zeitpunkt der Verfügung noch nicht hat, beim Erbfall aber haben wird. Nach der hier zugrunde gelegten Termino31 32

V. SCHWERIN, Leges

Saxonum et Lex Thuringorum, S. 32, Fn. 10. Auf die Tit. 64 LSax eigenen Probleme, insbesondere auf wen sich das qui iam in exilium missus est bezieht – den verkaufenden liber homo oder den nobilis, unter dessen tutela der liber zu stehen scheint – kann hier nicht eingegangen werden. Auch diese Fragen harren einer erneuten Bearbeitung; Nachweise zur Lit. bis 1918 bei V. SCHWERIN, Leges Saxonum et Lex Thuringorum, S. 33, Fn. 4 und 5.

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logie dürfte es sich bei solchen Verfügungen über künftiges Vermögen jedenfalls nicht um sofort wirksame Verfügungen handeln. Die Alternative wäre die Erlebensbedingtheit. Die Quelle spricht sich über die Möglichkeit einer solchen Bedingung nicht aus. Infolge dieser Unsicherheit und auch wegen der Unsicherheit der richtigen Übersetzung von hereditas kann nicht mit Gewissheit angenommen werden, dass die in Tit. 62 LSax gegenständliche traditio eine Verfügung von Todes wegen darstellt. Ausgeschlossen freilich ist es nicht – letztlich handelt es sich um eine offene Norm, ebenso wie Tit. 46 LSal. Ein klares Zeugnis gegen die Möglichkeit, die traditio hereditatis unter eine Erlebensbedingung zu stellen, ist Tit. 62 LSax freilich ebenso wenig zu entnehmen. e) Die oben bereits angesprochene Ausnahme, mit der – die obige Auslegung zugrunde gelegt – die faktische Akzeptanz der Vorschrift in Sachsen gesichert werden konnte, ist die das allgemeine Verbot durchbrechende Erlaubnis, Verfügungen vorzunehmen, mit denen den potenziellen Erbnehmern zwar die hereditas entzogen wurde, die aber wegen qualifizierter wirtschaftlicher Notwendigkeit erforderlich waren und die dadurch charakterisiert waren, dass der Verfügende vom Erwerber der hereditas fortan unterhalten wurde: nisi forte famis necessitate coactus ut ab illo qui hoc acceperit sustentetur. Ich neige zur Übersetzung der plastischen Formulierung famis necessitas mit qualifizierter wirtschaftlicher Notwendigkeit, weil die Hungersnot sich in einer agrarisch wirtschaftenden33 Gesellschaft sofort einstellt, wenn bäuerliche Misswirtschaft, Witterungsunbill, Missernten oder kriegerische Verwüstungen den als normal vorgestellten Wirtschaftskreislauf stören; mit anderen Worten: es gibt keine andere qualifizierte wirtschaftliche Notwendigkeit zur Verfügung über die hereditas als die Hungersnot. Warum aber „qualifiziert“? Die Antwort liegt in der Hungersnot. Wahrscheinlich von der das Verbot durchbrechenden Erlaubnis ausgeschlossen sein sollten durch lediglich Gewinnstreben oder durch leichte, nicht auf die Lebensgrundlagen durchschlagende Engpässe motivierte Verfügungen. Eine andere Regel als diese wäre angesichts der sicherlich im Gesichtskreis der Verfasser der LSax vorkommenden, auch erblos machenden Verfügungen in Sachsen nur als ungerecht zu bezeichnen gewesen. Sollte der Bauer (mit seinen Erben) auf seinem Gut verhungern müssen, statt es an einem beliebigen Erwerber zuwenden zu dürfen und so am Leben zu bleiben? Besser war es auch für die Erben, am Leben zu bleiben, und eine dem dienende Regel konnte gut auf den Erbenlaub verzichten. Freilich: Der karolingische Normgeber erweist sich auch bei dieser Erlaubnis als ein strenger Zuchtmeister der Sachsen. Der Verfügende muss sich mit seiner Verfügung in die Abhängigkeit vom Erwerber begeben, dieser 33

Agrarisch wirtschaften heißt in der norddeutschen Tiefebene im 9. Jh. Getreide anbauen und Vieh züchten, was wiederum auf dem funktionierenden Getreideanbau basiert.

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muss sich verpflichten, den Verfügenden fortan zu unterhalten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Wirksamkeitsvoraussetzung engt die Zahl der möglichen erblos machenden Verfügungen ein. Angemerkt werden muss auch, dass letztlich auch dieser Erlaubnistatbestand der Zentralisierung diente und vielleicht auch dienen sollte. Von dem Erwerber musste eine gewisse Leistungsfähigkeit erwartet werden, wenn er in der Lage sein sollte, dem Verfügenden den Lebensunterhalt zu sichern. Konzentration des Wirtschaftsguts Boden in der Hand leistungsfähiger Einheiten war wahrscheinlich ein nicht unerwünschter Nebeneffekt. f) Graf Friedrich v. Eilenburg und der sächsische Erbenlaub 1017. Das hier vorgeschlagene Verständnis von Tit. 62 LSax widerspricht der bisherigen Literaturansicht zur LSax – und es widerspricht auch einem erstmals von Peter Landau 2007 präsentierten Bericht Thietmars v. Merseburg (975-1018) über eine Verfügung, die der sächsische Graf Friedrich v. Wettin und Eilenburg (960-5./6. 1. 1017)34 vor seinem Tod getroffen haben soll. 35 Auf letzteren ist deswegen hier abschließend zur LSax noch einzugehen. Thietmar berichtet: […] et in sacra nocte eadem Frithericus comes fidelis Christo et seniori suo obiit in civitate sua Ilburg dicta. Hic, quia sapiens erat et sibi finem huius vitae iam appropinquare cernebat, predictam civitatem fratris suimet filio nomine Thiedrico ea racione dedit, ut cum laude sua, quia heres suimet fuit et aliter hoc legitime fieri non potuit, liceret sibi tribus suis filiabus predium omne, quid remansit, tradere.36

Friedrich v. Wettin und Eilenburg übertrug demnach kurz vor seinem Tod, 37 den er herannahen spürte, seine Burg Ilburg (Eilenburg)38 an seinen Neffen

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35 36

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Der Wettiner Friedrich, Sohn Graf Dietrichs I. v. Wettin und Bruder Graf Dedis I. v. Wettin, hatte die Grafschaft über den Gau Siusili (Susali, Suselitz) 997 von Otto III. erhalten. 1009 erhielt er von Heinrich II. noch die Grafschaft über den nördlichen Hassegau. 1009/1010 und 1015 trat er mehrfach als Burggraf von Meißen auf. Er war demnach neben bzw. nach den Ekkehardinern einer der einflussreichsten sächsischen Optimaten vor und nach der Jahrtausendwende und Gefolgsmann Heinrichs II. in den Wirren des „Wahljahres “ 1002. Erwähnt auch bei LEYSER, Herrschaft und Konflikt, S. 100; P ÄTZOLD, Die frühen Wettiner, S. 14 f., 105. Vgl. den Text der Chronik Thietmars bei H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, VII 50, S. 460 (fol. 164r der Dresdner Hs) und bei L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 297. Ein genaues Datum für die Verfügung Friedrich v. Wettin und Eilenburgs ist nicht bekannt. Eilenburg (im Gau Susali; spätere Grafschaft Brehna, heute Teile der Landkreise Torgau-Delitzsch-Oschatz, Wittenberg, Anhalt-Bitterfeld und Elbe-Elster-Kreis) war Eigengut der Wettiner. Die Burg wird 961 erstmalig in einer Urkunde Otto s I. als civitas Ilburg erwähnt.

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Dietrich II. v. Wettin 39 unter der Bedingung, dass dieser Neffe Dietrich seine Einwilligung (laus sua) dazu gebe, dass er seinen übrigen Grundbesitz an seine drei Töchter (Oda, Hilda und Hidda) übertrage. Thietmar v. Merseburg, unmittelbarer Zeitgenosse des Grafen Friedrich v. Wettin und Eilenburg, kommentierte das mit der Wendung quia heres suimet fuit et aliter hoc legitime non fieri potuit – „weil er sein Erbe war und das anders legitim nicht geschehen konnte“. Landau erblickt in diesem Kommentar des Chronisten eine Bestätigung des in Tit. 62 LSax indirekt angeordneten „Erbenlaubes“ und in der gesamten Verfügung Friedrichs eine kombinierte Anwendung von Tit. 27 LThu, der die Töchter von der Erbfolge in die terra ausschließt, Tit. 51, 2 LThu, der bereits eingehend untersucht wurde und eben Tit. 62 LSax.40 Die Kombination beider leges erklärt er mit der besonderen Gestalt des Codex Corveiensis, der zwar beide leges enthält, aber die Tit. 26 bis 59 der LThu fälschlich als Schlusskapitel der LSax erscheinen lässt. 41 Dieser Codex spiegele demnach eine Kombination sächsischen und thüringischen Rechts, welche mit der aus Friedrichs Verfügung zugunsten Dietrichs ablesbaren Rechtsüberzeugung frappierend übereinstimme.42 Landau legt, ohne es freilich selbst so deutlich auszusprechen, durch den Hinweis darauf,43 dass Thietmar v. Merseburg den Grafen Friedrich als sapiens, also als kenntnisreich bezeichnete, nahe, dass Rechtskenntnis zu Friedrichs Kenntnisreichtum zählte und dass diese Rechtskenntnis der Lektüre des Codex Corveiensis entsprungen sein könnte. Hierzu sind einige Bemerkungen angezeigt. aa) Zunächst ist fraglich, wie weit eine Exegese von sapiens reichen kann. Die Eindeutschung als „kenntnisreich“ ist sicher nicht falsch, richtig sind aber auch „klug “, „verständig“ oder „weise“. Die angesprochene Weisheit, Klugheit oder der Kenntnisreichtum Friedrichs steht bei Thietmars Bericht grammatisch aber nicht in Beziehung zu Recht, Wissenschaft oder dergleichen, sondern kennzeichnet nur des Grafen Voraussicht in Bezug auf seinen nahen Tod. Wie realistisch Thietmars Chronik darüber hinaus an dieser Stelle ist, ist unklar. Es könnte sich auch um eine lediglich chronistische Floskel handeln. Dass der Graf bei der Bestellung seines Hauses oder irgendwann in 39

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Der Sohn Dedis I. v. Wettin und Neffe Friedrichs wurde 1017 von Heinrich II. – der Verfügung Friedrichs folgend – mit der Grafschaft im Gau Siusili belehnt. Er heiratete Mathilde, die Tochter des 1002 ermordeten Markgrafen Ekkehard I. v. Meißen (ca. 960-1002). 1031 wurde er Markgraf der sächsischen Ostmark, als solcher aber am 19. November 1034 von Gefolgsleuten seines Schwagers Ekkehard II. v. Meißen, erschlagen. Er war der Großvater des ersten wettinischen Markgrafen von Meißen, Heinrich I. v. Eilenburg (1070-1103). L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 298 f. S. dazu V. SCHWERIN, Leges Saxonum und Lex Thuringorum, S. 53. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 300. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 300 u. ö.

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seinem Leben die Möglichkeit hatte, Vorstellungen über Erbrecht anhand eines Textes zu bilden, muss letztlich eine Vermutung bleiben. Das freilich wäre unschädlich, solange das Friedrich bekannte Recht mit dem im Codex Corveiensis enthaltenen übereinstimmte. Hier liegt das Problem: Weil der betreffende Kodex sich beim Verwandtenerbrecht der Töchter inhaltlich widerspricht, kann er nicht geltendes Recht wiedergeben. Zunächst die LSax: 41. Pater aut mater defuncti filio non filiae hereditatem relinquent. 44. Qui defunctus non filios sed filias reliquerit, ad eas omnis hereditas pertineat; tutela vero earum fratri vel proximo paterni generis deputetur.44

Söhne schließen Töchter aus – sind keine Söhne vorhanden, erben die Töchter alles. Beschränkungen hinsichtlich der Art des hinterlassenen Vermögens existieren in dieser Frage nicht. Demgegenüber die LThu: 26. Hereditatem defuncti filius non filia suscipiat. 27. Si filium non habuit qui defunctus est, ad filiam pecunia et mancipia. Terra vero ad proximum paternae generationis consanguineum pertineat […].45

Der Widerspruch ist mit Händen greifbar. Zunächst stimmen beide Normativaussagen überein. Söhne schließen Töchter aus. Während die LSax den Töchtern bei Nichtvorhandensein von Brüdern aber die omnis hereditas zuerkennt, schließt die LThu die Töchter von Liegenschaften komplett aus und gesteht ihnen (nur) Fahrnis und Knechte zu. Theuerkauf meint trotzdem, es liege kein Widerspruch, sondern eine Ergänzung vor: Die LThu sei genauer und ergänze die LSax um einige Spezialregeln, ein Abschreiber beider leges hätte also der Meinung sein können, Tit. 26 ff. der LThu gehörten zur LSax.46 Landau unterstützt das mit der Aussage, ein Leser des Codex Corveiensis habe Tit. 27 und Tit. 51, 2 LThu für Bestimmungen der LSax halten müssen. Unter dieser Voraussetzung hätten sowohl der Ausschluss des Frauenerbrechts als auch die Verfügungsmöglichkeit über Grundstücke zugunsten von Töchtern (hier wird wohl auf Tit. 51, 2 LThu Bezug genommen) als Bestimmungen des sächsischen Erbrechts erscheinen können. 47 Ich vermag dem nicht zu folgen. Theuerkaufs und Landaus These dürfte an ihrer Voraussetzung scheitern, nämlich dem Faktum, dass offene Widersprüche im Normenbestand nicht vorhanden waren. Der „sächsischthüringische“ Widerspruch beim Verwandtenerbrecht ist so fundamental und darüber hinaus wahrscheinlich auch für Zeitgenossen leicht erkennbar, dass

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V. SCHWERIN, Leges

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V. SCHWERIN, Leges

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Saxonum und Lex Thuringorum, S. 28 f. Saxonum und Lex Thuringorum, S. 60 f. THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium Iuris, S. 86 f. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 124 (2007), S. 296, 300.

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der Codex Corveiensis 48 allein dadurch als ineffektive Rechtsquelle angesprochen werden muss. Wer weniger fordert, etwa, dass offene Widersprüche regulierbar sein mussten, setzt sich allen oben49 bereits thematisierten Problemen des Tit. 51, 2 LThu aus. Ist aber die oben zur (postmortalen) Verfügungsfreiheit unternommene Auslegung dieses Titels richtig, dann entsteht ein weiteres Problem: Landau unterstellt, dass die den Widerspruch beim Verwandtenerbrecht hervorrufende Töchterbeschränkung des Tit. 27 LThu durch Tit. 51, 2 LThu habe abgemildert werden können. Das aber scheitert nun wieder an Tit. 62 LSax, der Theuerkaufs und Landaus Annahme zufolge ebenfalls zum gemeinsamen Bestand eines verbundenen „sächsischen Stammesrechts“ 50 gehören muss. Denn auch wenn wie hier unterstellt wird, dass Tit. 62 LSax nur erblos machende Verfügungen verhindern sollte, bleibt ein nicht zu beseitigender Widerspruch – der Kreis erlaubter Verfügungen nach Tit. 51, 2 LThu ist größer als der nach Tit. 62 LSax. Anzunehmen, beide Rechtsmengen ließen sich synthetisch verschmelzen, heißt demnach, zwei Widersprüche im Normbestand gegeneinander aufzurechnen – ohne dass die Gleichung aufginge. bb) Immerhin bleibt fraglich, ob Thietmars Text einen Beleg für den „sächsischen Erbenlaub“ und seine Verankerung in Tit. 62 LSax liefert. Dass Eikes Erbenschutzmodell51, das sich auch mit zahlreichen weiteren Urkunden, in denen ein consensus heredum beurkundet ist, 52 belegen lässt, hier grundsätzlich in Frage kommt, kann nicht bestritten werden, denn ersichtlich handelt es sich bei dem Verfügungsgegenstand (predium omne, quod remansit) um Liegenschaft, nämlich um alle außer Eilenburg noch vorhandenen Eigengüter des Grafen, und nicht um Fahrhabe. Klar scheint darüber hinaus zu sein, dass der fragliche Kommentar sich auf die von Friedrich noch beabsichtigte Verfügung zugunsten seiner Töchter bezieht. Diese, so die Lesart Landaus, habe anders als durch die Zustimmung des Neffen Dietrich nicht legitim, also rechtswirksam, vorgenommen werden können. Fraglich ist, auf welche Normativordnung im Umkreis des Verfügenden der Chronist mit dem Wort legitime anspielt. Über Volksrechte als in der Chronik verwendete Quellen ist bislang in der Literatur nicht berichtet.53 Die Verwendung von legitime allein reicht nicht aus, einen Bezug zu einer lex scripta, wie sie die LSax darstellen könnte, 48 49 50 51 52 53

Nicht aber die Vorlagen, aus denen der/die Schreiber des Codex Corveiensis LThu und LSax miteinander vermengte. Kap. 4, I. 3. (3) a). So THEUERKAUF, Lex, Speculum, Compendium Iuris, S. 87. S. dazu sogleich unter 2 (3) d). Unter anderen eine, an deren Zustandekommen Eike v. Repgow selbst als Zeuge beteiligt war; vgl. dazu K ÜMPER, Sachsenrecht, S. 72. Vgl. die Quellenangaben bei H OLTZMANN, Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. XXX-XXXII.

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herzustellen. Thietmar v. Merseburg selbst verwendete lex zwar mehrfach, besonders häufig als lex divina oder lex Dei,54 als lex nova eines neuen Herrschers55 und einmal auch als lex dominica.56 Daneben bezog er sich auf die Bibel als lex Moysi.57 Hervorhebenswert ist der Umstand, dass die aus Corvey stammende Überarbeitung der Chronik Thietmars, die keine bloße Abschrift des von Thietmar teilweise diktierten, teilweise auch selbst geschriebenen Dresdner Leitkodex darstellt, sondern durch Interpolationen erweitert und wohl im Jahre 1120 niedergeschrieben und auch danach noch verändert wurde,58 je einen Verweis auf eine lex Romanorum59 und eine lex vestra 60 enthält. Letzterer Verweis, bei dem es um eine sächsische lex in Gegenüberstellung zu einer des Königs geht, betrifft aber nicht eine lex scripta und noch weniger die LSax, sondern sächsisches Recht, über dessen Beachtung bei der Huldigung sächsischer Optimaten im Juli 1002 in Merseburg gegenüber dem bereits in Mainz gekrönten Heinrich II. verhandelt wurde. Thietmar v. Merseburg selbst jedenfalls bezog sich, ebensowenig wie der Corveyer Bearbeiter seiner Chronik, an keiner Stelle auf die LSax. Hinzu kommt, dass das hier vertretene Verständnis von Tit. 62 LSax eine Identifizierung mit dem später von Eike normativ gefassten Erbenlaub nicht zulässt. Der von den Urhebern der LSax bezweckte Erbenschutz wurde mit einem wesentlich strengeren Mittel erreicht, als es, dieser Vorgriff sei hier erlaubt, der Erbenlaub des Ssp darstellen konnte.61 Hätte Thietmar sich bei seinem Kommentar auf die LSax als Normbestand beziehen wollen und insbesondere Tit. 62 LSax gemeint, dann hätte er nicht auf die Erlaubnis Dietrichs abstellen dürfen, sondern darauf abstellen müssen, dass die (künftige) Verfügung zugunsten der Töchter Friedrichs den Erben Dietrich entweder nicht erblos gemacht hätte (was nahe lag, da dieser ja die Burg Eilenburg erhielt) bzw. zugunsten des Reichsfiskus oder der Kirche vorgenommen wur54 55 56 57 58 59 60

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H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. 216 f., 494 f. und 512 f. H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. 434. H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. 495. H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. 20 f. Vgl. HOLTZMANN, Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. XXXVII f. H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. 497. H OLTZMANN (Hrsg.), Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, S. 239, Z. 14 (Antrag Herzog Bernhard I. von Sachsen, der zuvor die Kandidatur des mittlerweile ermordeten Markgrafen Ekkehard v. Meißen unterstützt hatte): „[…] Bernhardus dux cum consensu omnium astante coram rege voluntatem plebis convenientis aperiens omniumque necessitatem ac legem specialiter exponens, quid eis misericordie dictis promittere seu factis vellet impendere, diligenter inquirit “ und Z. 29 (Erwiderung des bereits gekrönten Königs Heinrich II., Teil der Huldigungsvereinbarung): „[…] Legem igitur vestram non in aliquo corrumpere, sed vita comite malo clementer in omnibus adimplere et vestre racionabili voluntati, inquantum valeo, ubique animum adhibere. “ S. dazu sogleich unter 2 (3) d).

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de. Letzteres wäre immerhin dann möglich gewesen, wenn den Töchtern nur ein lebenslanges Nießbrauchsrecht, einer bestimmten kirchlichen Einrichtung aber das Vollrecht nach deren Tod übertragen worden wäre. Nichts dergleichen schildert der Chronist. Die Merseburger Chronik bietet dem heutigen Betrachter also schwerlich eine Retrospektive, welche die damals 200 Jahre alte LSax in Anwendung zeigen würde. Anders als Landau möchte ich es dagegen für wahrscheinlich halten, dass in Friedrich v. Eilenburgs Verfügung und in ihrem chronistischen Kommentar nicht eine von der LSax ausgehende zumindest punktuelle Beeinflussung des Rechtslebens im nord- und mitteldeutschen Raum, 62 sondern ein rechtstatsächlicher Nachweis derjenigen Rechtsauffassung zu sehen ist, die Eike v. Repgow etwa 200 Jahre nach Vornahme dieser Verfügung in Ssp Ldr I, 52, 1 niederlegte. Diese Annahme relativiert freilich die Kreativität Eike v. Repgows, der die Mitwirkung potenzieller Erben an einer erlebensbedingten Verfügung dann in seinem Umfeld rechtstatsächlich hat beobachten können. Auch so – nämlich iSv. traditionell – kann Thietmars Bezugnahme legitime verstanden werden. Daneben bleibt die Möglichkeit, dass Thietmar, der die Tatsache der Einwilligung Dietrichs wohl kannte (sonst hätte er diese Beobachtung wohl eher ganz weggelassen), schlicht nach einer Begründung für ein solches Handeln suchte, ohne eine begründete Anschauung von den rechtlichen Voraussetzungen einer erlebensbedingten Zuwendung zugunsten der Töchter des Verfügenden zu haben. Dann wäre mit legitime nicht mehr bezeichnet als der Umstand, dass über die Wirksamkeit der Verfügung Friedrichs v. Eilenburg zwischen Dietrich und Friedrichs Töchtern nach dessen Tod nicht gestritten wurde.

(4) Ergebnis Tit. 62 LSax macht – als Verbotsnorm konstruiert – Sinn vor dem Hintergrund bis dahin bestehender Verfügungsfreiheit. Verboten werden kann nur, was vorhanden ist; die Vorschrift greift steuernd ein und verhindert bestimmte, zukünftig vorzunehmende Verfügungen. Auseinander gehalten werden müssen erblos machende Verfügungen und nicht erblos machende Verfügungen. Verfügungen zugunsten der potenziellen Erben waren generell nicht verboten. Der Erbenlaub als Wirksamkeitsvoraussetzung existierte nach der Quelle nicht. Ein vom Urheber der Vorschrift eventuell intendierter Schutz der Erben wurde technisch anders, nämlich durch das Verbot der erblos machenden Verfügung erreicht. Unterschiedliche Ausnahmetatbestände vom Verbot der erblos machenden Verfügung ermöglichten einerseits die Einbindung größerer Landmassen in den karolingischen Reichsverbund und dienten andererseits vitalen Überlebensinteressen der Landbevölkerung.

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2. Die gabe von gelobdes halben nach dem Sachsenspiegel (1) Allgemeines zur Quelle Über den Sachsenspiegel als Quelle des sächsischen Rechts und über seinen Urheber ist so viel geschrieben worden, dass die Wiederholung älterer Ansichten entbehrlich erscheint. 63 Der Ssp ist diejenige mittelalterliche Rechtsquelle, die die seit dem 19. Jh. entwickelte Dogmatik des „deutschen Privatrechts“ sicherlich am stärksten geprägt hat. Das gilt auch für das Erbrecht des Ssp. 64 Über den Ssp als ein in seinem Kernbestand von einer Einzelperson ohne gesetzgeberisch legitimierten Impetus verfasstes Rechtsbuch, das freilich infolge einer bald nach dem Tod seines Verfassers einsetzenden, beispiellosen Rezeption, die mit der des römisch-kanonischen Rechts vergleichbar ist, gesetzesähnliche Autorität erlangte, herrscht für die Zwecke dieser Untersuchung hinreichende Klarheit. Klarheit herrscht auch über den handschriftlichen Überlieferungsstand und über die Bearbeitungen, die der Text Eike v. Repgows noch im 13. Jh. erfahren hat. Eckhardt, der die bislang maßgeblichen Editionen erstellt hat, ging davon aus, dass Eike v. Repgow bis 1230/31 zwei Ausgaben des Ssp selbst erarbeitet habe (die Textordnungen Ia und Ib). Bei diesem „Erarbeiten“ dürfte es sich eher nicht um ein eigenhändiges Niederschreiben sondern vielmehr um ein Diktieren in die Feder eines geistlichen Schreibers gehandelt haben. 65 Nach Eikes Tod, der auf nach 1233 zu datieren ist, sei eine dritte Ausgabe entstanden (Textordnung Ic), bevor kurz vor 1270 wohl in Magdeburg eine vierte Fassung redigiert worden sei (die Textordnung IIa), der Eikes zweite Ausgabe (Ib) zugrunde gelegen habe.66 Die Reimvorrede in Strophen, in der Eike gegen Missdeutungen verteidigt wird, soll anders als die Eike’sche Vor-

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Verwiesen sei statt auf viele jetzt v. a. auf die breit angelegte Erörterung bei K ÜMPER, Sachsenrecht, S. 68-206 mit allen einschlägigen Nachweisen; daneben auch auf K ROESCHELL, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 349-380; DERS., recht unde unrecht der sassen, S. 79-84; L ÜCK, in: P UHLE/P ETSCH, Magdeburg. Die Geschichte der Stadt, S. 155, 155-160 und BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 66-86 (Revue der Urkundenzeugnisse Eike v. Repgows und Hoyer v. Falkensteins). K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenspiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 454 und MEUTEN, Die Erbfolgeordnung des Sachsenspiegels und des Magdeburger Rechts, S. 27 f. E CKHARDT, Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 11, 14; auch LÜCK, in: P UHLE/P ETSCH, Magdeburg. Die Geschichte der Stadt, S. 155, 159 rechnet mit dieser Möglichkeit. Gegen dieses Modell Eckhardts jedoch grundsätzlich, nicht nur in Details, BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 94-108, 107 f.

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rede in Reimpaaren erst aus dieser, nach Eikes Tod unternommenen Arbeit stammen. 67 Bertelsmeier-Kierst dagegen geht aktuell davon aus, dass die Langfassungen (Eckhardts Textordnung II) die Textformen der Klasse I nicht als ältere Stufen voraussetzten und dass schon in der ältesten Überlieferungsphase mit konkurrierenden Textfassungen zu rechnen sei. 68 Diskutiert wird heute – abgesehen von den editorischen und lokalisierenden69 Dauerstreitfragen – weniger über die Fort- und Fernwirkung des Werkes, sondern darüber, ob das, was Eike v. Repgow als Recht aufschrieb, dort, wo er es aufschreiben ließ, tatsächlich geltendes Recht war oder ob Eike das als Recht aufschreiben ließ, von dem er sich vorstellte, es sollte geltendes Recht sein. 70 Diese Frage kann nicht anhand des Ssp allein beantwortet werden. Die Auslegung des bloßen Ssp-Textes kann im Idealfall ein in sich stimmiges Bild von der rechtlichen Vorstellungswelt des Autors liefern. Der Versuch der rechtstatsächlichen Überprüfung der Ssp-Vorschriften ist dadurch behindert, dass Landrechtstatsachen kaum erhalten sind, Stadtrechtstatsachen aber nur dann einen Rückschluss auf den Ssp zulassen, wenn die konkrete Norm im Recht der betreffenden Stadt mit der jeweiligen Ssp-Regel übereinstimmte. Trotzdem soll der Ssp hier als eine normative Rechtsquelle betrachtet werden – und zwar deswegen, weil er abstrakte Rechtsregeln, mit denen sich Personen-Personen-Konflikte lösen und Personen-Sachen-Zuordnungen vornehmen lassen, enthält. Neuerdings ist aber ein anderes – rechtlich erhebliches – Problem ins Blickfeld geraten. Rezente Untersuchungen71 werfen ein neues Licht auf Eikes Werk mindestens in Teilbereichen. Kurz gesagt: Die These von der (schlichten) Aufzeichnung sächsischen Gewohnheitsrechts72 durch den in diesem Gewohnheitsrecht wahrscheinlich 67

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E CKHARDT, Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 7 f. Die Bilderhandschriften, die lateinischen Übersetzungen und auch die Glosse Johann v. Buchs beruhen alle auf der vierten, der „Magdeburger “ Ausgabe. BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 108. Da wesentliche (kanonistische und biblische) Vorlagen Eikes heute identifiziert sind und auch bekannt ist, in welchem Territorium Eike gelebt hat, spielt es m. E. eine (für Rechtsfragen) weniger entscheidende Rolle, ob der Ssp in Falkenstein, Quedlinburg, Altzelle, Magdeburg oder einem bis heute unbekannten fünften Ort – oder an mehreren Orten – diktiert worden ist. S. dazu auch MOLDT, Deutsche Stadtrechte im mittelalterlichen Siebenbürgen, S. 210 f. S CHUMANN, in: KERN/WADLE/S CHROEDER/K ATZENMEIER (Hrsg.), Humaniora: Medizin – Recht – Geschichte, S. 338 ff.; LANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 125 (2008), S. 18, 48 f. Die – ausgehend von der Reimvorrede – auch Schriftsteller vertraten, die sich mit den Verfügungen von Todes wegen befassten; vgl. als ein Beispiel nur LOENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechts, S. 3. Griffig L ÜCK, Sachsenspiegel und Magdeburger Recht, S. 17: „Sowohl beim Landrecht als auch beim

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aus eigener Erfahrung geübten Schöffen Eike73 könnte demnach durch die Erkenntnis zu revidieren sein, dass Eike im Spiegel in erheblichem Umfang frühmittelalterliches und kanonisches Recht rezipiert74 und daneben auch eigene rechtliche politische Vorstellungen normativ umgesetzt haben kann, 75 wofür vieles spricht. 76 Eike erscheint bei dieser Betrachtung mehr als „Schöpfer“ denn als „Spiegler“, 77 und sein Werk war, wie Kroeschell schon vor Jahrzehnten anlässlich der Übereinstimmung zentraler Bereiche von Eikes Spiegel mit den Rechtslehren Gratians und Isidors v. Sevilla schrieb, nicht bloß Abbild, sondern zugleich ein Vorbild. 78 Eike hat nicht nur (wahrscheinlich aber auch) geltendes Recht niedergeschrieben und nicht nur „uralte Traditionen“ bewahrt, sondern auch rechtspolitische Konstruktionen erfunden und Rechtssätze formuliert, die erst nach ihm Recht geworden sind. 79 Diese Überlegung lässt sich womöglich auch noch damit stützen, dass der Ssp für eine heterogen zusammengesetzte Bevölkerung in einem Siedlungsland geschrieben wurde und eine homogen sächsische Bevölkerung, die einheitlich sächsische Gewohnheiten durch mündliche Tradierung bewahrt hat, wahrscheinlich nur schwerlich existiert haben dürfte.80 Der Ssp erscheint dann eher als ein Versuch, den unterschiedlichen Siedlern und ihren Nachkommen in Anhalt eine gemeinsame (rechtliche) Identität und eine verbindliche Rechtsordnung zu geben. 81 Letztlich zeigt sich auch hier das klassische, auch jedem modernen Juristen geläufige Methodenprogramm: Rechtssätze sind, sobald eine abstrakt-

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Lehnrecht handelt es sich um Verhaltensregeln, die schon lange vor ihrer Niederschrift bestanden und befolgt wurden. Der Vater gab das Wissen um diese Gewohnheiten an den Sohn und dieser an den Enkel weiter. “ Vgl. dieses Dogma bei LIEBERWIRTH/K AUFMANN, in: MGH, Fontes iuris Germanici antiqui, nova series VII, I Einleitung zur Buch’schen Glosse, S. XVII f. S CHUMANN, in: KERN/WADLE/S CHROEDER/K ATZENMEIER (Hrsg.), Humaniora: Medizin – Recht – Geschichte, S. 338, 366: ein Werk, „das Rechtsgewohnheiten mit rezipiertem Rechtsgut zusammenführte und als einheitliche Lehre auswies “. In dieselbe Richtung K ROESCHELL, recht unde unrecht der sassen, S. 88 f. L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 125 (2008), S. 18, 48 f. Auch die von Landau aufgegriffene These von der (mindestens teilweisen) Abfassung des Ssp. in der mit entsprechender Literatur ausgestatteten Bibliothek des zwischen Nossen und Freiberg in Obersachsen gelegenen Zisterzienserklosters Altzelle unterstützt das; vgl. LANDAU, in: DA 61 (2005), S. 73-101. „Eike war dann jedenfalls kein reiner Traditionalist, sondern durchaus auch ein Neuerer, den man etwa im Sinne von Hans Dölle unter die juristischen Entdecker einreihen könnte. Vielleicht sogar besser unter die juristischen Erfinder “; L ANDAU, in: ZRG Germ. Abt. 125 (2008), S. 18, 49. K ROESCHELL, in: CLASSEN (Hrsg.), Recht und Schrift im Mittelalter, S. 349, 366. MOLDT, Deutsche Stadtrechte im mittelalterlichen Siebenbürgen, S. 210; L ANDAU, in: DA 61 (2005), S. 73, 100 f. So MOLDT, Deutsche Stadtrechte im mittelalterlichen Siebenbürgen, S. 211 unter Bezug auf rezente landeskundliche Literatur. MOLDT, Deutsche Stadtrechte im mittelalterlichen Siebenbürgen, S. 211.

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generelle Struktur erreicht ist, variabel formulierbar und einsetzbar. Sie haben idR. keine ethnogenetische Wurzel, sondern geben stets das Rechtsdenken eines auf bestimmte Weise vorgebildeten Menschen an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Zeit wieder82 – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Problematisch beim Versuch der Grenzziehung zwischen Rezeption und Neuformulierung83 bleibt dabei die genaue, am Einzeldogma orientierte Zuordnung, die beim Ssp in den meisten Fällen (abgesehen etwa von der bekannten Erörterung über die Unfreiheit) infolge der Kreativität Eikes84 wirklich schwierig ist. Wie stets dürfte die Wahrheit auch für den Ssp in der Mitte liegen: Das Rechtsbuch enthält Regeln, für die die beobachtete Praxis Pate gestanden haben wird. Daneben gibt es Bestandteile, in denen Eike nicht gespiegelt, sondern in unterschiedlich starkem Ausmaß abstrahiert und selbst geformt hat. Ein Verhältnis zwischen beiden anzugeben ist kaum möglich,85 weil die Praxis, die Eike vor Augen gestanden haben wird, nicht originalgetreu rekonstruierbar ist. Auf das gegenständliche Thema bezogen wird sich Folgendes sagen lassen: Bislang fehlen verlässliche Einschätzungen dazu, ob Eike bei der Redaktion seines Spiegels für die Vorschriften, in denen er die Übertragung liegenden und/oder fahrenden Gutes (evtl. unter Erlebensbedingung) behandelte, auf Tit. 62 LSax oder andere Normen des beispielsweise karolingischen Rechts zurückgegriffen hätte. Lediglich hinsichtlich des freilich wieder in der vorliegenden Untersuchung nicht weiter thematisierten langobardischen gairethinx meint Schumann, dass sich entsprechendes im Ssp nicht finde, wobei Eike mit dem langobardischen Institut vermutlich „kaum hätte etwas anfangen können“. 86 Mindestens letzterem möchte ich widersprechen. Wahrscheinlich hätte Eike im gairethinx die vor Gericht vorgenommene Verfügung (ein „Geding “: einen öffentlich geschlossenen Vertrag) erkennen können. Genau das hat er für „sein “ Landrecht schließlich auch gewollt. 87 Ob die Langobarden im 7. Jh. zur Bestätigung wirklich mit den Lanzen oder Schwertern klirrten (gairethinx als „Speergericht“) oder die Schilde krachend gegeneinander stießen – und ob Eike damit etwas anfangen konnte oder nicht, ist m. E. ebenso irrelevant 82 83 84

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So für den Ssp MOLDT, Deutsche Stadtrechte im mittelalterlichen Siebenbürgen, S. 210. K ÜMPER, Sachsenrecht, S. 114 f. Eine Spielart dieser Kreativität könnte z. B. darin gelegen haben, durch geschickte begriffliche Abstraktion unübersichtliche Einzelfallanordnungen zu einer Generalregel zusammenzuführen. Beispiel bei S CHUMANN, in: KERN/WADLE/S CHROEDER /K ATZENMEIER (Hrsg.), Humaniora: Medizin – Recht – Geschichte, S. 338, 350. Der Versuch dazu müsste zunächst klären, welches Ausmaß textlicher und inhaltlicher Ähnlichkeit konkret erreicht sein müsste, um Rezeption bejahen zu können. Dazu gibt es bislang kaum verlässliche Kriterien. S CHUMANN, in: KERN/WADLE/S CHROEDER/K ATZENMEIER (Hrsg.), Humaniora: Medizin – Recht – Geschichte, S. 338, 351. S. dazu unten.

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wie die Frage, ob Eike etwas mit dem gemeinsamem Breiessen von Mittelsmann und Zeugen der LSal oder mit dem Ohrfeigen der Knaben der LRib etwas hat „anfangen können“. Das rechtlich Entscheidende an allen diesen vermeintlich archaischen Verfahren sind nicht die Publizitätserfordernisse, die in je unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten unterschiedlich ausgestaltet sein konnten, sondern der Umstand, ob der Normenbestand ein Verfahren zuließ, mit dem eine Neuzuordnung von Sachen oder Sachgesamtheiten zwischen Personen vorgenommen werden konnte. Insofern konnte sich Eike überall und nirgends bedienen – und die Darstellung der Lösung, die er im Ssp gegeben hat, wird zeigen, dass diese sich von der in Tit. 62 LSax unterschied.

(2) Quellenbefund Überraschenderweise gibt es keine monographische Literatur zu den Verfügungen von Todes wegen nach dem Ssp. In der bisherigen Forschung herrscht durchaus die Technik des kurzen Seitenblicks vor – anscheinend weil die Regelungen in Ssp Ldr. I, 52 und Ldr. II, 30 für unproblematisch gehalten werden.88 Tit. 52 ist derjenige Titel des ersten Buches des Landrechts, der in mehreren Paragraphen einen ganzen Komplex von Regelungen enthält, die einerseits Verfügungen über verschiedene Bestandteile des Vermögens betreffen und andererseits Voraussetzungen enthalten, die an die Person des Verfügenden geknüpft sind oder die Vornahme der Verfügung selbst betreffen. Ssp Ldr. I, 52, 1: Ane erven gelof unde ane echte dink ne mut neman sin egen noch sine lute geven. [Doch weslet de herren ere denstman wol ane gerichte, of men de wederwesle bewisen unde getugen mach.] Gift he it weder rechte sunder erven gelof, de erve underwinde’t sek met ordelen, also of he dot si, jene de it dar gaf, so he is nicht geven ne mochte.89

Über eigen und abhängige Leute durfte demnach ohne ordentliches Gericht und ohne Erbenlaub nicht verfügt werden. Das scheint in der Tat kaum missverständlich zu sein. Das Gericht als notwendiger Ort der Verfügung ist aus dem merowingisch-karolingischen Recht hinlänglich bekannt. Es überrascht

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Anders als WEHLISCH, Erbrechte thüringischer Staaten, S. 20, Fn. 82 anzunehmen scheint, ist Ssp. Ldr. I, 9, 6 nicht einschlägig. Es geht hier um die Frage, ob der Sohn eine Auflassung vorzunehmen habe, zu der sich der Vater verpflichtet hatte. Ganz im Einklang mit der Erbenhaftung in Ssp Ldr. I, 6, 2 wird angeordnet, dass der Sohn hierzu nur verpflichtet sei, wenn er selbst die Auflassung gelobt oder hierfür gebürgt habe. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 52 f. Der in eckige Klammern gesetzte Satz stammt aus der Textordnung IIa, die nach Eckhardt um 1270 in Magdeburg entstand. Die hier mitgeteilte Ausnahme ist nicht weiter interessant.

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nicht, dass auch Eikes sächsisches Landrecht einen öffentlichen, gerichtsförmigen Verfügungsakt verlangte. Ssp Ldr. I, 52, 1 ist jedoch die historisch früheste normative (wohlgemerkt: nicht empirische90) Belegstelle, in der der Erbenlaub anscheinend als Voraussetzung für eine Verfügung greifbar wird. Das bisher betrachtete frühmittelalterliche, schriftlich fixierte, normative Recht hatte den Erbenlaub wie gezeigt nicht gekannt, auch wenn er tatsächlich vorgekommen sein mag, wie Thietmar v. Merseburg mindestens für einen prominenten Verfügenden berichtet hat. Doch Eike schien selbst zu wissen, dass die Praxis es damit nicht sonderlich ernst nahm – sonst hätte er wohl kaum einen Satz angeschlossen, der eine Situation betrifft, in der von Satz 1 abgewichen wird. Diese Ausnahme betrifft die Missachtung des Erbenlaubes, hierzu muss bei der Auslegung Stellung genommen werden. Nun – nach der das eigen betreffenden Anordnung – wendet sich der Ssp der Fahrnis zu: Ssp Ldr. I, 52, 2: Alle varende have gift de man ane erven gelof in allen steden, und let unde liet gut, al de wile he sek so vermach, dat he, sek begort mit eneme swerde unde mit eneme scilde, op en ors komen mach, van eneme stene oder stocke, ener dumelnen ho, sunder mannes hulpe, deste men eme dat ors unde den stegerep halde; swen he disses nicht dun ne mach, so ne mach he geven noch laten noch lien, dat he it jeneme untverne, de is na sineme dode wardende is.91

Ein Problem, das auf den ersten Blick logisch mit der Pferdprobe verknüpft zu sein scheint, sich dann aber als ein anderes darstellt, ist schließlich in § 4 angeschlossen: Ssp Ldr. I, 52, 4: Swe binnen siner suke sine have vergift oder ut sat to der tit, so he is nicht dun ne scal, dat wif unde dat ingesinde scal dar nemande umme sculdegen, went se ne mogen noch ne moten des mannes gave nicht weder spreken, se si recht oder unrecht. Gift men iemande icht mit unrechte, dat vordere men mit rechte weder [oppe den, deme ist gegeven is]. Dat wif ne antwardet vor nen des mannes gut, wan vor dat, dat dar under er irstorven is.92

Erwartet wird eine allgemeine Aussage zur Verfügung im Siechbett, was folgt ist (nur) der Ausschluss der Frau und des Gesindes von der Einrede gegen 90

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Dazu gibt es mehrere Beispiele – jüngst hat K ÜMPER, Sachsenrecht, S. 512 bei Fn. 143 wieder auf eine schon länger bekannte, 1215 errichtete Urkunde des Grafen Hildebold v. Limmer zugunsten des Bischofs Friedrich v. Halberstadt aus dem Halberstädter Urkundenbuch hingewiesen, die auch K ROESCHELL, Rechtsgeschichte I, S. 285 f. abdruckt und in der der Bruder des Verfügenden zusammen mit seinen Kindern als zur Zustimmung zu einer Verfügung zugunsten des Klosters Marienthal berechtigt erklärt wird. Ich hege zwar Zweifel, ob aus der dort geschilderten doppelten Vollmachtserteilung (zugunsten einerseits des Bruders und andererseits des Bischofs) wirklich ein Erbenlaub i. S. v. Ssp Ldr. I, 52, 1 abgeleitet werden kann, will dem aber auch nicht grundsätzlich widersprechen. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 52 f. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 52 f. Auch hier ist der Zusatz aus Textordnung IIa durch eckige Klammern gekennzeichnet.

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eine solche Verfügung oder gegen eine unzeitgemäße Verpfändung mit dem Argument, die Frau und das Gesinde könnten gegen eine gave des Mannes nicht vorgehen, selbst wenn sie unrecht sei. Eine Klärung der Frage, wann die Verfügung binnen siner suke – bei Krankheit – unrecht, also unbeständig oder unwirksam sei, liefert Ssp Ldr. I, 52, 4 anders als das Görlitzer Rechtsbuch, das Burger Landrecht, die Buch’sche Glosse und das magdeburgischsächsische Stadtrecht nicht. Anders als in diesen Quellen ordnete Eike die Unwirksamkeit einer Siechbettverfügung nicht ausdrücklich an. Sie soll deshalb auch hier unerörtert bleiben. Eine weitere, entscheidend wichtige Regel findet sich im zweiten Buch des Landrechts: Ssp Ldr. II, 30: Swer so eme erve toseget nicht van sibbe halven, wan van gelovedes halven, dat hebbe men vor unrecht, men ne moge dat getugen, dat dat gelovede vor gerichte gestedeget si.93

Diese Regel wird beispielsweise von Seif für die zentrale Ssp-Belegstelle für die „deutschrechtlichen Vergabungen von Todes wegen“ angesehen.94 In der Tat ist die Kombination von Ssp Ldr. I, 52 und II, 30 der entscheidende Dreh- und Angelpunkt.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Zur Verfügung allgemein. Vorweg ist festzuhalten, dass im Ssp weder an dieser noch an einer anderen Stelle von einer (worauf auch immer gestützten) Gesamtrechtsnachfolge die Rede ist. 95 Unproblematisch dürfte sodann sein, dass die beiden Ssp-Vorschriften Verfügungen überhaupt anerkannten. Es spielt dabei keine Rolle, dass Ldr. II, 30 mit dem malerischen Verdikt dat hebbe men vor unrecht arbeitet. Es handelt sich um eine „es sei dennRegel“: Ein irgendwie gearteter Vorrang kommt dabei weder dem ervenehmen aufgrund von Verwandtschaft noch dem ervenehmen aufgrund von Verfügung zu. Das Regelungsinteresse des Spieglers war eindeutig nicht auf das Ob, sondern vielmehr auf das Wie von Verfügungen gerichtet. Die Probleme, die dabei in den Blick geraten, sind die folgenden. b) Zum Verfügungsgegenstand. Dass der Ssp in Ldr. I, 52 und II, 30 vermögens- und nicht personen- oder familienrechtlich argumentiert, dürfte heute kaum strittig sein. Es ging nicht darum, dass eine Person durch eine Verfügung nach I, 52 bzw. II, 30 zum Erben hätte eingesetzt werden können, sondern vielmehr darum, dass einer Person Vermögensgegenstände zugewendet 93 94 95

E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 79. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 92. Dieser Nachweis steht nur stellvertretend für Legionen. So auch K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenspiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 455.

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werden konnten. Ebenso wie schon das frühmittelalterliche, merowingischkarolingische Recht stellte auch das spätmittelalterliche sächsische Recht das Vermögen bzw. den Nachlass in das Zentrum allen Erbrechts. 96 Problematisch ist aber die korrekte Bestimmung derjenigen Vermögensbestandteile, auf die sich eine Verfügung beziehen konnte. Bei einem ersten Vergleich von Ssp Ldr. I, 52, 1 und II, 30 fällt auf, dass es möglicherweise um unterschiedliche Dinge geht: Während I, 52, 1 vom eigen handelt, spricht II, 30 vom erve. Angesprochen ist damit das vielfach zur Paarformel erstarrte Gegensatzpaar „Eigen und Erbe“ 97. Vorschnelle Betrachtung könnte geneigt sein, bereits hierin eine Differenzierung nach dem Erwerbsgrund zu sehen. Indessen wäre eine solche Differenzierung nicht quellenadäquat. aa) Differenzierung zwischen Eigen und Fahrnis. Aus Ssp Ldr. I, 52 ergibt sich vielmehr, dass Eike das Vermögen primär und grundsätzlich in liegendes und fahrendes Gut trennte. Das liegende Gut bezeichnete er in I, 52, 1 als Eigengut oder eigen. In I, 52, 2 wandte er sich der Fahrnis zu. Die einzig mögliche Interpretation für eigen ist in der Gegenüberstellung zur Fahrnis das liegende Vermögen. Dieser Gegenüberstellung stimmte auch Johann v. Buch zu.98 Dieser Interpretation folgt wohl auch Ruth Schmidt-Wiegand bei ihrer Übersetzung von eigen mit Grundeigen.99 Otto v. Gierke fasste dies in die klassische Formel, wonach der Gegensatz zwischen Fahrnis und Liegenschaft das „Sachenrecht vom Fundament bis zum Giebel spaltete“. 100 Hiergegen ist, wenn die Formel nur auf das sächsische Landrecht angewendet wird, nichts einzuwenden. Dem entspricht auch die etymologische Herleitung von eigen. Das althochdeutsche Wort eigan bezeichnet zunächst Habe, Gut, Besitz, Eigen, Eigentum,101 im Mittelhochdeutschen bezeichnet es darüber hinaus auch ererb96

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Das gilt auch für das Verwandtenerbrecht; vgl. nur Ssp Ldr. I, 4, Ldr. I, 6, 2 S. 1 und Ldr. I, 17, 1. Hier unterschied der Ssp in verschiedene Gegenstände oder Vermögensmassen, die verschiedenen Personen zufallen konnten. Zur Paarformel eigen und erbe DRW II (1932), Sp. 1322-1323 oben und DRW III (1935), Sp. 46 Mitte-47 unten. Buch’sche Glosse zu Ssp Ldr. I, 52, 1; K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Teil 1, S. 375: […] Vmme desse rede so sint de Sassen afgegan vnd hebben drierleie recht an drierleie gude. Jd erste is egen, vnd dat moten ze nicht laten ane eruen geloff, alze he hire secht. Dat andere is leen, dat mach he laten, wenne he will, dest he dat ok dor des willen nicht en late, dat he des nicht lenger bruken mach […]. Dat drudde is varene haue, de is twyerleye [es folgt die Unterscheidung zwischen Sachen und Personen/egen man]. S CHOTT/S CHMIDT-WIEGAND, Eike von Repgow. Der Sachsenspiegel, S. 74. V. GIERKE, Deutsches Privatrecht II, S. 187. S. a. OGRIS, Art, Fahrnis, Fahrhabe, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 I (2008), Sp. 1477, wonach das einheimische Recht zwei Sachenrechte geschaffen habe – das Liegenschafts- und das Fahrnisrecht. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 214. G ROSSE, Althochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 108-101 und SPLETT, Althochdeutsches Wör-

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tes Grundeigentum und unbewegliches Vermögen.102 eigen bezeichnet also einen (Rechts-) Zustand, der dadurch gekennzeichnet ist, dass fremde Einwirkung auf die als eigen bezeichnete Sache (oder Person103) ausgeschlossen ist. Mithin konnte sowohl selbst erworbenes als auch ererbtes Grundvermögen eigen sein. Über die weitere Herkunft des Begriffes Eigengut sollen hier keine Vermutungen angestellt werden. Dieter Schwab meinte unter Berufung auf Otto v. Gierke, der Begriff Eigen stelle den Gegenpol zur Allmende, also zum markgenossenschaftlichen Gemeingut dar.104 Philippi hatte 1914 ausgehend von der Prämisse, dass die Freien des Sachsenspiegels die an der Unterwerfung der Sachsen beteiligten fränkischen Militärangehörigen gewesen seien, festgestellt, dass Eigen das Reichs- und Königsgut bezeichne, welches nach fränkischem Amtsrecht durch Vermittlung des Grafen bzw. Schultheißen an einzelne Freie mit weitgehendster Verfügungsbefugnis ausgegeben worden sei. 105 Das mag zutreffen, für das Spätmittelalter bringt diese Herleitung freilich nur wenig Gewinn. Es existierte schließlich noch eine weitere Unterscheidung beim eigen: die zwischen liegendem und stehendem eigen. Sie knüpft an Ssp Ldr. I, 29 – eigen unde huven – an. Sie meint die Unterscheidung zwischen Acker als liegendem und Haus als stehendem eigen.106 Diese Unterscheidung spielt für die hiesige Untersuchung freilich keine Rolle, weder in den normativen noch in den empirischen Quellen sind hinsichtlich der Verfügungen darüber Unterschiede in der rechtlichen Behandlung festzustellen. Nachdem geklärt ist, wie eigen zu verstehen ist, ist zu betrachten, was unter erve in Ldr. II, 30 verstanden werden soll. Dieser Begriff erlaubt in funktionaler Hinsicht zwei Blickrichtungen. Einmal lässt sich erve aus der Sicht des Erblassers definieren als das Vermögen, das er, zu Lebzeiten sein Vermögen überblickend, nach Abzug der Sondermassen einer bestimmten Person zuwenden oder zufallen lassen will. Außerdem lässt sich erve, wieder aus der Sicht des Erblassers, danach definieren, woher er selbst die jetzt sein Vermögen bildenden Güter hat. bb) Differenzierung zwischen Erb- und Erwerbsgut – Variante 1. Möglicherweise trennte Eike (wie auch das fränkische Recht)107 unterhalb dieser primären Unterscheidung zwischen Liegenschaft und Fahrnis die einzelnen

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terbuch I, 1, S. 169 nennen noch „Erbteil “, „Eigentümlichkeit “, „Verfügungsgewalt “. K OEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 214. S. z. B. den Begriff „Eigenleute “. S CHWAB, Art. Eigen, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 877. P HILIPPI, in: MIÖG 35 (1914), S. 209, 253. DRW II (1932), Sp. 1322 Mitte. Vgl. die aus den Formularen und Urkunden bekannte Trennung in allod und conparatum.

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Bestandteile des als unbewegliches Vermögen verstandenen eigen aber zunächst hinsichtlich ihres woher, ihrer Herkunft. So konnte der Einzelne eigen besitzen, das ihm infolge Erbganges angefallen, angestorben war. Solches Vermögen hieß erbegut oder auch einfach erbe, weil es auf den jetzigen Inhaber geerbt108 wurde.109 Eike hat diesen Begriff im Ssp an anderer Stelle, Ldr. II, 43, 2, auch selbst verwendet, so dass eine Verwendung mit gleicher Bedeutung hier durchaus möglich ist. Das ist eine mögliche Bedeutungsebene von erve: Erbgut wird vom erarbeiteten, gewonnenen Gut unterschieden,110 ungeachtet der weiteren Frage, ob wieder dieses erarbeitete Gut beweglich oder unbeweglich ist. Mit jedem Erbfall wandelte sich gewonnenes Gut in Erbgut. Mit diesem Ausgangspunkt lässt sich auch zeigen, dass erbe sowohl dauerndes und originär in der Hand des Berechtigten befindliches, liegendes eigen sein konnte – nämlich erbeigen, als auch nicht dauernd, sondern um eine Gegenleistung in der Hand des Berechtigten befindliches, liegendes eigen – nämlich erbeczins, Erbzinsgut. 111 Auch das Erwerbsgut ist logisch mit dem Begriff eigen kombinierbar. Erwirbt jemand ausschließlich, dann ließe sich von erwerbeigen sprechen, erwirbt jemand so, dass er einem anderen eine dauernde Gegenleistung für die Nutzung der betreffenden immobilen Sache schuldet, könnte von erwerbczins gesprochen werden. Die Differenzierung zwischen Erbgut und Erwerbsgut hatte übrigens auch der Verfasser des MeiRB vor Augen. Zunächst formulierte er freilich missverständlich: I, 7, II: Eygen ist underscheyden. Eygen in wichbilde ist sogetan gud, daz eyn man gekouft hat mit sines selbes gute, unde nicht uf on geerbet ist von sinen eldern. Daz heiszt sin eygen gut.112

Hieraus ergibt sich (für das Meißnische Stadtrecht!) nur vordergründig die oben schon angesprochene, die Trennung zwischen eigen und Fahrnis verwischende Fehlinterpretation von eigen und erbe. Die Gegenüberstellung von Eigen und Fahrnis in Ssp Ldr. I, 52, 1 und 2 aber verdeutlicht, dass der Verfasser des MeiRB auch in I, 7, II (nur) den Gegensatz zwischen Erwerbeigen

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Sehr lehrreich das Weichbild in § 48 des Magdeburg-Breslauer Rechts v. 1261: „Stirbet ein man unde hebet her gut unvorgeben, iz gut erbet uf sine kindere [...]“.M. a. W.: erbe erstirbt auf den Erben oder: der Sterbende erbt den Erben mit erbe. Vgl. G ROSSE, Althochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 353 erbi: Erbe, Erbgut, vom Vater auf den Sohn vererbtes Besitztum. erbe ist streng genommen nichts anderes als patrimonium. S. a. KOEBLER, Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, S. 229 f. So wohl auch O GRIS, Art. Erbgut, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 964; wie hier DRW III (1935), Sp. 43-44 unten. DRW III (1935), Sp. 44 unten-46 Mitte. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 28.

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und Erbeigen gemeint haben kann. Das bekräftigte er auch selbst mit wünschenswerter Deutlichkeit in folgender Distinktion: I, 45, II: Welch gud uf eyn geerbit ist, daz heyst sin erbegud; daz her abir gekouft had, daz heyst sin gewunnen gud; zcu lantrechte unde wichbilde.113

Es ist mithin als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Verfügungen über Fahrnis und die Verfügungen über Liegenschaften grundsätzlich auseinander gehalten werden müssen. Sie folgten verschiedenen Regeln. Regeln, die die Verfügungen über Liegenschaften mit Rücksicht auf den Erwerbsgrund der Liegenschaften einschränkten, galten nicht ohne weiteres für Verfügungen über Fahrnis. Zur Definition dieser Bedeutungsebene des Begriffes erve lässt sich auch folgender Satz aufstellen: Immer dann, wenn der Begriff erve zur Bestimmung des Woher einer Sache verwendet wurde, war die Trennung zwischen Liegenschaft (eigen) und Fahrnis gewahrt. Es handelt sich bei dieser Definition von erve mithin immer um die Perspektive einer Person, die eine Sache entweder selbst erworben oder eine Sache geerbt hat. Konsequent wird eine solche Betrachtung dazu führen, bei den Voraussetzungen für Verfügungen danach zu unterscheiden, ob der Verfügende die zu verfügende Sache selbst erworben oder ererbt hat. 114 cc) Differenzierung zwischen erve, herwede, gerade und musteil – Variante 2. Eikes Landrecht trennt die einzelnen Vermögensbestandteile aber nicht nur hinsichtlich ihrer Herkunft, sondern weiterhin auch hinsichtlich des Ortes, an den sie fallen. Dabei tritt eine weitere, zweite – nun vom Begriff eigen losgelöste – Bedeutung des Rechtsbegriffes erve hervor.115 Auszugehen ist von Ldr. I, 6, 1: Mit swelkeme gude de man bestirft, dat het allet erve.116

Die Vorschrift scheint einfach zu sein: das gesamte, im Moment des Todes vorhandene Vermögen, der Nachlass, des Mannes hieß demnach erve.117 Nichts spricht dagegen, Liegenschaften und Fahrnis hier gleichzubehandeln. Und in der Tat fand diese Gleichbehandlung statt. Bei der Grundregel von Ldr. I, 6, 1 blieb es nämlich nicht, vielmehr trat beim Tod eines Mannes 113 114 115 116 117

O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 79. Diese Perspektive liegt auch der Betrachtung Seifs zugrunde; vgl. DIES., in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 92-96 oben. Das DRW behandelt diese Bedeutungsebene in DRW III (1935), Sp. 40-43 oben. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 35. Es bestand kein wesentlicher Unterschied beim Tod einer Frau. Nur fielen dann die der Ehefrau beim Tod des Mannes zustehenden Sondervermögen gerade und (eventuell) morgengave zugunsten des überlebenden Mannes nicht an. Getrennt wurde nur zwischen erve und gerade, die freilich der nächsten weiblichen Verwandten der abgegangenen Frau zufiel; vgl. Ssp Ldr. I, 27, 1. Hergewede konnten Frauen nicht vererben, weil sie es schon nicht ererben konnten.

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nach dem Dreißigsten (Ldr. I, 22, 1) eine Aufteilung des Nachlasses in mehrere Sondervermögensmassen: gesindelon (Ldr. I, 22, 2), gerade (Ldr. I, 24, 3; I, 5, 2 f. u. ö.), herwede (Ldr. I, 22, 5 und I, 23, 1) und musteil (Ldr. I, 22, 3 und I, 24, 2118) ein.119 War eine morgengave ausgesetzt, wurde auch diese aus dem Nachlass ausgesondert (Ldr. I, 24, 1 und I, 20, 1 und 8). Es geht hier nicht um die Einzelheiten und die Personen, an die diese Sondervermögensmassen fielen. Dasjenige Gut aber, das nicht in eine dieser Sondervermögensmassen fiel, blieb schließlich (zu den Erwerbern hinblickendes) erve: Ldr. I, 24, 3 S. 5: Swat so boven dit benumede dink is, dat horet allet to deme erve.120

Wem dieses erve bei Fehlen einer Verfügung (von Todes wegen) anfiel, regelte Ldr. I, 17. Auf die dort vorhandenen Probleme ist hier nicht einzugehen. Die Sondervermögensmassen, die verschiedenen, exklusiv bestimmten Personen zufielen, zeigen aber, dass zum erve in dieser Bedeutung auch bewegliche Sachen gehörten. Das MeiRB bestätigt diese Bedeutungsebene von erve in I, 7, 1 in einer Form, die der abstrakter formulierte und geschickt mit Negativabgrenzungen arbeitende Ssp nicht kennt: Nu ist nod, daz wir kuntlich uszscheyden, was erbe ist unde waz zcu erbe gehorth noch lantrechte unde wichbilde. Do gehort zcu acker, wesszen, holcz, wingarten, tische, huser, fleyszbencke, brodbencke, zcins uf husern adder uf garten, alles getreyde, gedrosszen unde ungedrossen, win, mete, bir, alle vaz, alle kasten unde schrine, turm unde laden, dy zcu fruwen gescherre nicht sin uszgescheyden, troge, kessele, holringen, houwestucke, hackebred, pherde, swine, kuwe, kelbere, schaffe, do dy fruwen den dritten teyl nemen 121 – wo abir die fruwen nicht dritten teyl nemen, do geborn dy schaf zcu der gerat –, alles golth, alles silber, geworcht adder ungeworcht, es ste phandes adder nicht, ane daz zcu fruwen lip gehorth, alles bettegewant, do man fruwen dritte teyl gebet – wo man aber nicht dritteil gibt, do ist daz alles anders bescheyden in der gerade –, abir harnasch, der obir eynes lip ist, alles gewant, linen ader wullen, alle koufmannesschacz, alle farnde habe, wy dy benant ist, tysche, sedeln unde bencke.122

Zwar enthält der Ssp einen solchen Positivkatalog nicht. Wegen der Offenheit von Ldr. I, 24, 3 S. 5 darf aber davon ausgegangen werden, dass Eike und 118 119 120 121

122

Die Beschreibung der Musteilbestandteile in Ssp Ldr. I, 24, 2 stammt wieder aus der um 1270 in Magdeburg entstandenen Textordnung IIa. O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 61 f. betont, dass diese Sondervermögensmassen erst mit dem Erbfall entstanden. Das ist völlig richtig. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 44. Das betraf in der Markgrafschaft Meißen insbesondere die Stadt Freiberg/Sa., deren zugehöriges Weichbild und den ebenfalls zugehörigen „Berg “ – ein recht großes Territorium: das Erzgebirge. Hier galt im Ehegüterrecht das (fränkische) Dritteilsrecht – die Gerade war unbekannt. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 27 f.

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der rund 160 Jahre später schreibende Verfasser des MeiRB hier dasselbe meinten. Immer dann also, wenn danach differenziert wird, wohin ein Vermögensbestandteil nach dem Dreißigsten fallen sollte, ist im erve die Trennung zwischen Liegenschaft und Fahrnis aufgegeben. Bei dieser Betrachtung handelt es sich mithin um die Perspektive des potenziellen Erblassers, der, sein Vermögen überblickend, sich die Frage stellt, wem das nach Abzug der Sondermassen verbleibende erve zukommen soll. dd) Erve und hereditas im praktischen Sprachgebrauch – Variante 3. Eine dritte Bedeutungsebene von erve schließlich erschließt sich weniger aus dem Ssp als vielmehr aus den rechtstatsächlichen Quellen. Erve bzw. hereditas wird nämlich (wie das auch schon in Köln beobachtet werden konnte) ebenfalls als Bezeichnung für ein ganz bestimmtes, meist mit einem festen Haus bebautes Grundstück verwendet.123 Nun liegt der Verdacht nahe, dass diese Bezeichnung auch wieder darauf abhebt, woher das betreffende Grundstück stammt – freilich ist das anhand der vielfach knappen Registraturen nicht nachprüfbar. Immerhin beeinflusst diese dritte Bedeutungsebene aber nicht die Auslegung von Ldr. I, 52 und II, 30. ee) Problematisch scheint nun zu sein, welche der drei Bedeutungen von erve der Vorschrift Ldr. II, 30 zugrunde liegt. Die dritte Bedeutungsebene scheidet m. E. von vornherein aus. Es geht in beiden Vorschriften nicht um Grundstücke, die so individualisiert werden konnten, sondern um abstrakte Vermögensbegriffe. Möglich ist es aber, dass Ldr. II, 30 entweder erve (Variante 2: unter Einschluss von Fahrnis) oder erbeigen (Variante 1: nur ererbte Liegenschaften) betraf. Der Wortlaut ist hier mehrdeutig. Die Variante 1 scheint bei einer Zusammenschau124 von Ldr. I, 52 und II, 30 aus folgendem Grunde vermeintlich den Vorzug zu verdienen: Bezog sich Ldr. II, 30 allein auf die Verfügung über ererbtes Grundvermögen, dann konkretisierte sie Ldr. I, 52, 1. Das mutet auch in sich stimmig an, denn wenn das erve in Ldr. II, 30 auch Fahrnis beinhaltete, so bestünde ein eventueller Widerspruch hinsichtlich der Formalitäten, die bei einer Verfügung darüber zu beachten wären. Es gäbe dann vorderhand keine abschließende Klärung der Frage, wo denn nun über Fahrnis verfügt werden dürfte: entweder überall bei körperlicher Gesundheit oder immer nur vor Gericht. Ist aber die Fahrnis von Ldr. II, 30 gar nicht mehr erfasst und bezieht sich das dortige erve nur auf das eigen in Ldr. I, 52, 1, dann bestünde ein solcher Widerspruch nicht und über die Fahrnis könnte immer gerichtsfrei, unpublik verfügt werden. 123 124

Vgl. dazu auch P OECK, Das älteste Greifswalder Stadtbuch, S. LXXIII. Niederländisch erf heißt nicht von ungefähr „Grundstück “. Wer diese Auslegungsmethode hier für unzulässig hält, muss annehmen, dass Eike Ldr. II, 30 niedergeschrieben hätte, ohne noch einen Gedanken an Ldr. I, 52 zu verwenden.

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Andererseits könnte Ldr. II, 30 auch eine „Spezialregel“ für Verfügungen über Vermögensgesamtheiten (eben das erve i. S. v. Ldr. I, 24, 3 S. 5) sein. Aus kodifikatorischen Gründen wäre es dann sicher sinnvoll gewesen, wenn Eike die schließlich in Ldr. II, 30 niedergelegte Regel bei Ldr. I, 24 eingruppiert hätte. Dass er das nicht getan hat, darf freilich nicht gegen diese Auslegungsmöglichkeit sprechen. 125 Da sich beide Auslegungsmöglichkeiten in ihrem Ergebnis unterscheiden, handelt es sich auch nicht um folgenlose Wortklauberei: Variante 1 unterwarf die Verfügung über ererbtes Grundvermögen den Voraussetzungen von Ldr. I, 52, 1 und Ldr. II, 30. Zur Verfügung über Fahrnis nahm Eike in Ldr. II, 30 dann keine Stellung. Es blieb hier (immer) bei den Voraussetzungen von Ldr. I, 52, 2. Variante 2 unterwarf die Verfügung über liegendes und fahrendes Vermögen, soweit sie Bestandteil des erve i. S. v. Ldr. I, 24, 3 S. 5 waren, den Voraussetzungen von Ldr. II, 30. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen der Verfügung über Fahrnis abweichend von Ldr. I, 52, 2 so verschärft waren, dass die Verfügung immer vor Gericht vorgenommen werden musste. Ich nehme an, dass Variante 2 zutraf. Zur Begründung dieser Ansicht ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der zur Stützung von Variante 1 angeführte Widerspruch rechtstatsächlich leicht zu handhaben war. Es konnte nämlich nicht zweifelhaft sein, ob die zur Verfügung über Fahrnis schreitende Person publik oder unpublik verfügen musste. Wollte jemand über einzelne, konkrete Fahrnisstücke verfügen, war das (auch für das ex post eventuell zur Entscheidung angerufene Gericht) einfach zu erkennen, weil eine tatsächliche Besitzübergabe erfolgt und es genügte die nicht öffentliche Verfügung bei körperlicher Eignung. Ebenso einfach zu erkennen war die Absicht, über eine Vermögensgesamtheit, die erve darstellte und bei der keine tatsächliche Besitzübergabe möglich war (und ist), zu verfügen. Dann musste die Verfügung publik erfolgen. Diese Anforderung war selbst dann zu erfüllen, wenn das erve im konkreten Fall keine Liegenschaften enthielt. Variante 2 führt außerdem zu einem stimmigen Ergebnis auch hinsichtlich des weiteren Erfordernisses. Beinhaltete die zur Verfügung in Aussicht genommene Vermögensgesamtheit Liegenschaften, eigen (und zwar unabhängig von der Frage ob erbeigen oder erwerbeigen!), dann könnte Eike den Verfügenden zusätzlich zum Formerfordernis nach Ldr. II, 30 auch noch an Ldr. I, 52, 1 und den dort erwähnten Erbenlaub haben binden wollen (die Formerfordernisse deckten sich dann). Für Variante 2 spricht schließlich die Tatsache, dass Ssp Ldr. II, 30 von Eikes Glossator Johann v. Buch genau in diesem Sinne verstanden worden ist. v. Buch erläuterte Ldr. II, 30, indem er zunächst in einer romanisierenden Einleitung seiner Glosse wohl nicht zutreffend versuchte, eine Parallele zur römischen Erbeinsetzung durch Adoption zu ziehen und damit die rein ver125

Auch der Verfasser des MeiRB hat einen solchen systematischen Zusammenhang nicht hergestellt.

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mögensrechtliche Wertung der einheimischen Quelle gegen eine personenbzw. familienrechtliche auszutauschen. Bereits v. Buch negierte so126 das Faktum, dass (auch) nach sächsischem Recht der Nachlass die erbrechtliche Zentralkategorie war. Schließlich gelangte er aber zu durchaus richtigen Schlüssen: Hir roret Eike enerleye keyserrecht, dat hetet de adopcionibus, van gewillekorden erffnamen. Dat was aldus, dat en yslik mochte willekoren enen zone edder ene dochter, wene he wolde, vnde de weren in siner gewalt vnde beeruede se mit sinem gude, ut Instit. de adopcionibus § 1, et ff. e. ti. l. I. [Inst. 1. 11. 1; D. 1. 7. 1]. Dit was to gnaden gedan den, de nene kindere en hadden, vnde ok dor de, de se in striden vorloren hadden. Synd wart dit also wijt, dat en islik sik to zonen kos vnde zatte sik enen eruen, wene he wolde, ut in autent. De nupcijs § disponat coll. IIIII, et ff. ad legem Falcidiam l. I. [Nov. 22. 2 pr. 2. S.; D. 35. 2. 1]. Dit begonde sik to wandelnde in en ouel, wente itlike vorgheuen al ere gud vnde leten ere kindere vmme dat brot gan, ut in autent. de tryente et semisse § frequenter coll. III. [Nov. 18 pr. 3. S.]. Dar klaget dit de keyser vnde rechtigede dit recht vnde zatte, dat men den kinderen py plicht laten scholde dat drudde del des vader gudes, ut in autent. de tryente et semisse § sed nos coll. III. [Nov. 18. 1].127 Du vindest auer manige wegene 128 dar dat noch mynre steit, de sind al aff gelecht in desser lege. Vppe dit recht ghing vele rechtes vnde vele ghewornes. Hir zeggen leges aff Instit. per quas personas nobis acquiritur § per totum [Inst. 2, 9]. Bute dat bok al vth. Desse bewornicheid hebben de Sassen al aff gelecht vnde holden waldichliken, dat ere erue129 nemend van kore noch van ghelouede nemet,130 mer na zibbetale. 126

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Diese Negation folgt zwangsläufig aus v. Buchs Plan, das Recht des Ssp an das kanonisch-römische Recht anzuschließen (oder anzupassen) – auch das Erbrecht dazu K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenspiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 463. Die Busch’sche Glosse ist Teil derjenigen Literatur, die versuchte, das lokal geltende Recht an das Jus Commune anzuschließen, damit dessen wissenschaftliche Methoden auf jenes angewendet werden konnten und Lücken des lediglich sektoriellen Rechts (s. o.) geschlossen werden konnten. Definitorische Gleichsetzungen bzw. auch Umwertungen von Rechtsinstituten waren dabei notwendig und keine versehentlichen Missverständnisse. Ob v. Buch auch an die Bemühungen Karls d. Gr. und Ludwigs d. Fr. gedacht haben mag, die freilich zu einer wirklichen Beschränkung der Verfügungen zugunsten der Kirche nicht in der Lage waren? Hier müsste es, so ein Hinweis von Gero Dolezalek, eigentlich wettene heißen: v. Buch bezieht sich auf die Digesten und den Codex Justinians, die durch die Nov. 18. 1 (desse lege) aufgehoben (aff gelecht) seien. Kaufmanns Edition der Berliner Handschrift Ms. germ. fol. 942 verzeichnet an dieser Stelle keine Varianten der „Schwesterhandschriften “ Heidelberg und Wolfenbüttel; K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht. Buch’sche Glosse, Teil 2, S. 718. Hier wird zutreffend vermögensrechtlich argumentiert.

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Dat secht he hire, et supra li. I ar. III [Ssp Ldr. I, 3, 3]131, et in autentic. De heredibus ab intestato venientibus § si vero neque coll. IX. [Nov. 118. 3. 1]. Wo, offt men dit tugen mochte, dat ik dy louet hedde vor gherichte, dat du muyn erue nemen scholdest, mochtes du dat denne nemen? Ya. Yo steit dat hir, vnde wat dat recht wel, dar en scholle wy nicht wedder, wente de keyser132 wel, alze dat recht wel, ut in autent. in medio litis non fieri sacras iussiones in principio coll. VIII [Nov. 113 pr.].133

Ich will diese Belegstelle bei v. Buch nun nicht dazu benutzen, um darzulegen, dass die Verfügung von Todes wegen im historischen Rückblick, den v. Buch anstellte, vorhanden war. Indessen ist wahrscheinlich, welche Zeiten v. Buch meinte, als er von der freien kore und davon schrieb, dass viele ihre Kinder um Brot (also betteln) gehen ließen. Er schilderte hier römische Rechtsgeschichte, die er den Begründungen in den zitierten Novellen entnahm. Bernd Kannowski stellt die weitere Vermutung an, dass die durch v. Buch in der Glosse zu Ldr I 8 vorgenommene Einreihung des römischen Testaments in den Katalog der Fälle von Gerichtszeugnis bedeuten könnte, dass es möglich war, vor einem nach Ssp-Recht urteilenden Gericht ein (Siebenzeugen-) Testament na leges zu errichten. 134 Ich hielte das zwar für unwahrscheinlich – auch weil solche Varianten in den von mir untersuchten Rechtstatsachen nicht vorgekommen sind. v. Buch selbst jedoch könnte dieser Ansicht gewesen sein. Entscheidend ist jedoch, dass es sich auch bei Johann v. Buch bei dem erbe, über das vor Gericht wirksam verfügt werden durfte, um diejenige Vermögensgesamtheit handelte, die Eike in Ldr. I, 24, 3 meinte. Anderenfalls hätte er nicht den aus der Verfügung Begünstigten mit dem Erben verglichen, der ohne eine solche gerichtliche Verfügung „das erbe nahm“. Damit ist die Deutung, die v. Buch der Vorschrift von Ldr. II, 30 gab, eine erbrechtliche: „wenn bewiesen werden kann, dass ich dir vor Gericht versprochen hatte, 130 131

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Nur Blutsverwandtschaft könne ein Erbe begründen – K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenspiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 463. Das ist ein recht gewagtes Zitat, denn in Ldr. I, 3, 3 (dem berühmten Gliederbild), machte der Spiegler keine Aussage von der Art, wie v. Buch sie suchte. Sie ergibt sich allein aus Ldr. II, 30. v. Buch verschmilzt nicht nur hier die römischen und die deutschen Kaiser zu einem Kaiserbild. K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht. Buch’sche Glosse, Teil 2, S. 717-719. Der ganze Passus der Glosse ist beinahe wortgleich, wenn auch unter Weglassung der Novellenzitate, um das Jahr 1387 in I, 34 EiRB übernommen worden; vgl. RONDI, Eisenacher Rechtsbuch, S. 58-60. Jedenfalls war der Verfasser dieser Rechtsquelle (Johannes Rothe) insoweit nicht selbst schöpferisch, sondern (nur) kopierend tätig. K ANNOWSKI, Die Umgestaltung des Sachsenpiegelrechts durch die Buch’sche Glosse, S. 463.

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du solltest mein Erbe nehmen, dann sollst du es nehmen. So steht es hier. “ Das Erbe, von dem hier die Rede ist, ließ sich aber immer erst (durch Abzug der Sondervermögensmassen Gerade135, Hergewete und Musteil) nach dem Tod des Versprechenden bilden. ff) Es ist noch darauf hinzuweisen, dass diese hier vorgeschlagene Betrachtung eine andere Perspektive zugrunde legt als die bisherige, auch neueste Literatur, die – wie oben schon angedeutet – regelmäßig danach unterscheidet, woher eine bestimmte Sache im Vermögen des Verfügenden stammt. So kommt Seif zu der Konklusion, dass der zweite Halbsatz von Ldr. II, 30 die freie Verfügung über gewonnenes Gut und Fahrnis enthalten habe und dass das (weitere) Erfordernis Erbenlaub nur bei ererbtem Grundvermögen zu beachten war.136 Ich möchte hiervon abweichen – jedenfalls für das Recht des Ssp. Diese Aussage dürfte verkennen, dass nach Ldr. I, 52, 1 jede Verfügung über eigen irgendwie137 vom Erbenlaub abhängig war.138 Mir scheint der Wortlaut hier unmissverständlich zu sein: ane erven gelof unde ane echt ding ne mut neman sin egen […] geven. Eine Beschränkung auf das erbeigen ist der Vorschrift weder für sich noch in Zusammenschau mit Ldr. II, 30 zu entnehmen: Eike hatte demnach eine wesentlich stärkere Bindung des Verfügenden im Sinne, als die Auslegung von Seif ergibt. 139 Diese Aussage beinhaltet nicht, dass sich dieser Plan des Spieglers rechtstatsächlich nachweisen ließe. Überdies ergibt Ssp Ldr. I, 34, 1, dass die von Eike angestrebte Bindung des eigen an den erven gelof sogar noch stärker sein sollte als die Bindung der Verfügung über eigen an die gerichtliche Vornahme. Mit erven gelof durfte nämlich über eigen auch unpublik verfügt werden, wenn dem Verfügenden ein Grundstock seines Grundvermögens und dem Richter daraus nur seine Gebühren blieben: Ssp Ldr. I, 34, 1: Ane des richteres orlof mut en man sin egen wol vorgeven in erven gelof, deste he behalde ene halve huve unde ene word 140, dar men enen wagen oppe wenden moge; dar af scal he deme richtere sines rechtes plegen.

Es darf daher davon ausgegangen werden, dass die von Eike gewollte Bindung des Grundvermögens an die potenziellen Erben des Verfügenden absolut

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S. zur sächsischen Gerade in der Neuzeit GOTTSCHALK, Eigentum, Geschlecht, Gerechtigkeit. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 93 und 94. S. dazu unten c). Richtig H ASSE, in: RheinMJ 2 (1828), S. 149, 185. Auch Johann v. Buch band alles eigen, konsequent Eike folgend, an den Erbenlaub; vgl. die Buch’sche Glosse bei K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht. Buch’sche Glosse, Teil 2, S. 719. W arte, worte oder wurte bezeichnet die Hofstelle, den Hofplatz.

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war.141 Ausnahmen, etwa die Bindung nur an das ererbte Grundvermögen, kennt Eikes Landrecht nicht. gg) Der Vollständigkeit halber sei noch nachgetragen, dass der Glossator Johann v. Buch sich bei seiner Erörterung von Ssp Ldr. II, 30 genötigt sah, noch mit einem Missverständnis aufzuräumen. Er erklärte, es sei unzutreffend, eine Verfügung nur dann für wirksam zu halten, wenn der Verfügende das betreffende Gut innerhalb von Jahr und Tag auch wirklich von sich gegeben habe. Woher dieses angebliche Missverständnis rührte, erklärte v. Buch nicht. Er stellte dagegen in Erklärung des Terminus vor gerichte gestediget durch eine Unterscheidung nach Verfügungsgegenständen klar, dass die Verfügung über Fahrnis nur voraussetze, dass der Verfügende gesund sei, dass die Verfügung über erue erfordere, dass dieses in Jahr und Tag geräumt werden müsse und dass die Verfügung über eigen mit eruen gelof erfolgen solle. Es bleibt unerörtert, woher das Erfordernis der Räumung des erues stammt – der Ssp enthält es nicht. v. Buch glossierte: Hir is doch yegen dat recht, dat secht, wat en man vorgeuen wel, dat schal he bynnen yare vnde dage van sik don, edder de gaue en helpet nicht. Vnderschede dat, so vindestu, dat id nicht in sik en schelet. Is id varende haue, de mach he geuen, de wile he rorich is, ut supra li. I ar. LI [Ssp. Ldr. I, 52, 2]; js dat erue, dat schal he rumen yar vnde dach; js id egen, dat schal he mit eruen geloue geuen, ut supra li. I ar LI [Ssp Ldr. I, 52, 1]. Desse der gaue schedet he, dar he hire secht: Vor gherichte ghestediget zy. Dat is, desse gaue sy, alse se wesen schal. Dit hefstu Instit. de rerum divisione § per tradicionem [Inst. 2, 1, 40].142

Was unerörtert blieb und was auch anhand des Wortlautes des Ssp nicht nachvollzogen werden kann, ist v. Buchs innerhalb seiner Unterscheidung aufgestellte Forderung, eine Verfügung über erue erfordere die Räumung des betreffenden erues binnen Jahr und Tag. v. Buch gab auch selbst keine Verweisstelle an, aus der er diese Forderung gezogen haben könnte. c) Zur Erlebensbedingung. Wesentlich kürzer ausfallen kann die Erörterung zur Erlebensbedingung nach dem Ssp. Eike hat sie wie auch die Urheber von Tit. 46 LSal und Tit. 62 LSax vor ihm nicht erwähnt. Darf angenommen werden, er habe sie nicht gekannt, nicht für möglich gehalten und der Ssp habe demzufolge die Verfügung von Todes wegen nicht ermöglicht? Nach sächsischen Landrecht sei die Verfügung von Todes wegen also unmöglich gewesen? Es wäre einfach, diese Frage zu verneinen, wenn auch nur ein heute 141 142

Er blieb auch konsequent bei der Verfügung über eigen an die Frau zu Leibgedinge. Auch hier sollte Erbenlaub vorliegen, Ssp Ldr. I, 21, 1. K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Teil 2, S. 719.

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noch erhaltenes sächsisches Schöffenbuch mit seinen massenhaften Verfügungen von Todes wegen143 vor 1220 einsetzte oder wenn ein einziger zu einer Verfügung von Todes wegen ergangener Magdeburger Schöffenspruch aus der Zeit vor 1220 überliefert wäre. Eike hätte die Erlebensbedingung dann kennen müssen. Wenn er dann dazu im Spiegel wie geschehen schwieg: Es ließe sich kaum annehmen, er habe sie verbieten wollen. Aber auch ohne dies ist die Frage zu verneinen. Ldr. II, 30 ist ebenso wie Tit. 46 LSal und Tit. 62 LSax in dieser Frage eine offene Norm. Ein positives Zeugnis gegen die Möglichkeit der Erlebensbedingung ist ihr nicht zu entnehmen. Nur 30 Jahre nach der vermuteten Abfassung des Ssp setzt etwa 1255 das erste heute noch erhaltene sächsische Schöffenbuch (der Stadt Neuhaldensleben) ein. Es enthält Verfügungen, die die in Kapitel 3 erläuterten Definitionsvoraussetzungen von Verfügungen von Todes wegen aufweisen. 144 Ich gehe deswegen davon aus, dass Eike die bis dahin im sächsischen Privatrechtsverkehr für uns heute schriftlich nicht mehr erkennbare Erlebensbedingung kannte und dass er sie für zulässig hielt. Dass er den Erbenlaub als Instrument des Erbenschutzes in Ldr. I, 52, 1 aufnahm, spricht ebenfalls dafür. d) Zum Erbenlaub. Fragen wirft auch der Erbenlaub – erven gelof145 – auf. Zeitlich ältere normative (wohl aber empirische) Quellen kannten ihn nicht, darauf wurde schon hingewiesen. Der Erbenlaub, der ein das sächsische Güterrecht beherrschender Grundsatz sei, 146 ist, so scheint es, die perfekte Illustration zur Sippenbindung des (liegenden) Vermögens im mittelalterlichen germanischen und deutschen Recht, die ja schon klassisch-taciteisch nachgewiesen zu sein scheint. Eike seinerseits – als hätte er nichts von der Dramatik dieser von ihm normativ gefassten Rechtsfigur geahnt – beschränkte sich darauf, ihn einfach als feststehenden Terminus zu gebrauchen. Mit keinem Wort ging Eike darauf ein, dass vor ihm bereits die LSax Erbenschutz durch ein anderes rechtliches Mittel (das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, s. o.) bezweckt hatte. Aus Gründen, die sich nicht erhellen lassen, spielte diese rechtliche Variante für ihn als Autor keine Rolle (mehr). In der Rückschau bleibt Eike derjenige, der dieses Rechtsinstitut erstmals schriftlich in einem Normativtext niederlegte und damit einen Beleg für „littera scripta manet“ liefert – ob er es „er-

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S. dazu unten, Kap. 6. Vgl. die Inhaltsangaben zum Neuhaldensleber Stadtbuch in Kap. 6 und im Anhang. Gelof bedeutet Erlaubnis, Zustimmung; vgl. nur das Glossar Alfred Hübners zu Eckhardts Edition der seit 1945 verschollenen Quedlinburger Hs des Ssp, dort S. 135. Ebenso P UNTSCHART, Schuldvertrag und Treugelöbnis, S. 31-35 m. zahlr. Nachweisen. K ÜMPER, Sachsenrecht, S. 512.

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fand“, 147 ist eine Frage, die sich nicht entscheiden lässt. Auch begründete oder rechtfertigte er den Erbenlaub mit keinem Wort. Fand er ihn im Land vor148 oder wünschte er sich nur, er möge beachtet werden? Wo hatte er eventuell darüber gelesen oder davon gehört? Warum führte ihn ein Sachse in das schriftlich niedergelegte Privatrecht ein und nicht ein Franke? Lag das vielleicht daran, dass die merowingischen und karolingischen Rechtsquellen bei der Verwandtenerbfolge dem Grundsatz der zerstückelnden Teilung unter gleichberechtigten Geschwistern folgten – in Extremfällen so lange, bis nichts vom elterlichen Grundbesitz mehr übrig blieb –, während der sächsische Schöffe oder Ministeriale Eike von dem die wirtschaftliche Basis zusammenhaltenden Grundsatz ausging, den er im 3. Buch seines Landrechts niedergelegt hatte?: Ldr. III, 29, 2: Swar twene man en erve nemen scolen, de eldere scal delen unde de jungere scal kesen.149

aa) Der technische Gebrauch, den Eike von „seinem“ Erbenschutzinstrument machte, war ein negativer: An das Nichtvorliegen des Erbenlaubes wurden für die Verfügung negative Folgen geknüpft. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass der Ssp an keiner Stelle Angaben dazu macht, wie der Erbenlaub erteilt werden musste, konnte oder sollte und dass auch vergeblich danach gesucht wird, welcher potenzielle Erbe zur Ausübung des Erbenlaubes berechtigt war und welcher nicht – anders ausgedrückt: welcher Verwandtschaftsgrad die Grenze für das Zustimmungsrecht des Erben bildete, war nirgends geregelt. 150 Dass der Spiegler auch hier (bewusst oder unbewusst) eine Lücke gelassen hat, ist nicht zu übersehen. Etwas lässt sich aber doch über die Rechtsnatur des erven gelof in Ldr. I, 52, 1 sagen. Die Vorschrift scheint eine Wirksamkeitsvoraussetzung aufrichten zu wollen: ane erven gelof […] ne mut nieman sin egen […] geven. Das klingt recht absolut, so als wäre eine Verfügung über eigen, die ohne erven gelof vorgenommen worden wäre, von vornherein unwirksam und unkräftig gewesen. Tatsächlich aber war das Gegenteil der Fall. Das folgt nicht nur aus der nachträglich (also nicht von Eike selbst) eingefügten Regel über die Verfügungen von Herren über ihre Dienstleute in Ldr. I, 52, 1 S. 2. Auch sonst, im nicht hoheitlichen Rechtsverkehr, muss schon Eike davon ausgegangen sein, dass Verfügungen über eigen auch ohne erven gelof vorgenommen wurden. Hätte er sonst Ldr. I, 52, 1 S. 3 geschrieben, aus dem deutlich wird, dass er den Erbenlaub nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verfügung ausgestaltet wissen wollte, sondern als ein (vor147 148 149 150

Erfinden ist etwas anderes als niederschreiben. Diese Arbeit behauptet an keiner Stelle, Eike habe den Erbenlaub „erfunden “. Dafür spricht das von Thietmar v. Merseburg geschilderte Eilenburger Vorgehen im Jahre 1017, s. o. E CKHARDT (Hrsg.), Sachsenspiegel Landrecht, S. 212. So die Beobachtung von WEHLISCH, Erbrechte thüringischer Staaten, S. 21.

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sichtig formuliert:) Gestaltungsrecht151 eines durch eine Verfügung zurückgesetzten Erben?: Gift he it weder rechte sunder erven gelof, de erve underwinde’t sek mit ordelen, also of he dot si, jene de it dar gaf, so he is nicht geven ne mochte. bb) Rechtliche Folge dieser Konstruktion als Gestaltungsrecht des zurückgesetzten Erben ist, dass eine ohne erven gelof vorgenommene Verfügung zunächst wirksam war und dies auch blieb, wenn der Erbe nicht dagegen vorging. Der Geltungsgrund für das Behaltendürfen auf Seiten des Erwerbers war demnach nur, dass der Verfügende eine den Erwerber begünstigende Verfügung vorgenommen hatte. Ein eventuelles Gegenrecht des zurückgesetzten Erben setzte demgegenüber voraus, dass dieser tätig wurde: Der zurückgesetzte potenzielle Erbe erhielt (nur) so etwas wie eine Einrede oder ein Anfechtungsrecht, die die Verfügung nachträglich unwirksam werden lassen konnte. Weiter scheint Eike das Einrederecht des Erben aber nicht beschränkt zu haben. Insbesondere enthielt der Ssp keine andere ausdrückliche „Verschweigungsfrist“ als die lange Frist von 30 Jahren und Jahr und Tag 152: Ldr. I, 29: An egene unde an huvene mach sek de Sasse verswigen an erme erve binnen drittich jaren unde jar unde dage unde er nicht. Dat rike unde de Swave ne mogen sek nimmer verswigen an erme erve, de wile se it tugen mogen.153

Die Aussage unde er nicht scheint nahe zu legen, dass es von dieser Grundregel keine Ausnahmen gab. Jedoch ist bei der Frage, wann der Widerspruch des zurückgesetzten Erben verfristete, eine wichtige Differenzierung nötig. Ulrike Seif meint – ausgehend vom Weichbild –, dass die dortige „kurze Verschweigungsfrist“ 154 auch im Landrecht (Eikes) gegolten habe.155 Eine auf den Erbenlaub selbst zugeschnittene Fristenlösung enthielt der Ssp nicht. Gleichwohl erstarkte die Rechtsposition dessen, der aus einer ohne erven gelof vorgenommenen Verfügung etwas erlangt hatte, aus dem allgemeinen Prozessrecht des Ssp: Ldr. II, 44, 1 S. 1: Swelk gut en man in siner gewere hevet jar unde dach ane rechte wedersprake, de hevet dar an ene rechte were.156

Nach Werner Ogris konnte deshalb nach Ablauf der Frist ein materiell besser Berechtigter infolge Verschweigung seine Rechte an der Sache gegen den 151

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Seif nennt den Erbenlaub ein „Widerspruchsrecht “; vgl. DIES., in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 94. Das hatte auch Hasse schon getan; vgl. DENS., in: RheinMJ 2 (1828), S. 149, 185. Das ergab zusammen 31 Jahre, sechs Wochen und drei Tage. E CKHARDT, Sachsenspiegel Landrecht, S. 96. Die Worte an erme erve in Satz 1 stammen nicht von Eikes Hand, sondern aus Textordnung Ic. Vgl. dazu unten Kap. 6. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 94. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 85.

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Gewereinhaber nicht mehr durchsetzen und der Beklagte musste sich, wenn er den fristgemäßen Besitzstand nachweisen konnte, nicht mehr auf die Erörterung der materiellen Rechtslage einlassen.157 Es kann angenommen werden, dass Ldr. II, 44, 1 eine Ausschlussfrist auch158 für das Widerspruchsrecht der Erben gegen eine Verfügung darstellen sollte. Hierzu ist zweierlei zu bemerken. Erstens entstand diese gesicherte Position (der rechtmäßige Besitz159) von Ldr. II, 44, 1 nur, wenn der Begünstigte den Verfügungsgegenstand auch tatsächlich in Besitz genommen hatte. Das bedeutet, dass eine rechte were dann nicht entstehen konnte, wenn der mit einer Verfügung Begünstigte keinen Besitz am Verfügungsgegenstand erlangte. Andere Ergebnisse wären nur möglich, wenn eine weitgehende sogenannte „ideelle were“ bejaht wird. Es kann und soll hier nicht das Gewereproblem im „deutschen Privatrecht“ behandelt werden, dazu ist Ldr. II, 44, 1 im systematischen Zusammenhang dieser Untersuchung sicher zu unbedeutend. Aus der Quelle selbst folgt eine ideelle were jedenfalls nicht. Erwiesen ist, dass auch im beginnenden 14. Jh. bei der rechten were eher gegenständlich gedacht wurde, wie die Buch’sche Glosse zeigt, die nur drei Erwerbsgründe für die rechte were kannte: erstens Erbanfall (van machschop, alse erue), zweitens Übergabe (van vromeder lude hande) und drittens Selbsterwerb (der sich auf wilde vogele vnde wilde deer, vnde wilde lant bezog). 160 „Gegenständliches“ Denken muss aber nicht zwangsläufig „Bindung an das Körperliche“ 161 bedeuten: So konnte es wahrscheinlich sowohl Eike v. Repgow als auch Johann v. Buch nicht verborgen geblieben sein, dass jemand eine Sache besitzen konnte, die er gerade nicht in der Hand hielt oder auf der er gerade nicht stand. Einen Ansatz dafür, dass eine rechte were ohne tatsächlichen Besitz gedacht werden konnte, liefert ja schon v. Buchs Unterscheidung zwischen lifflik besyttinge162 und besyttinge in deme mode.163 Die 157 158

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O GRIS, Art. Gewere, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1664. Eine eigene Regelung für diesen Spezialfall ist dem Ssp nicht zu entnehmen. Ldr. II, 44 1, S. 1 war jedenfalls nicht Ausdruck eines spezifischen Näherrechts von Verwandten. „rechte were “ als „rechtmäßiger Besitz “ bei: H ÜBNER, Glossar zur Quedlinburger Hs des Ssp, in: E CKHARDT (Hrsg.), Sachsenspiegel. Quedlinburger Handschrift, S. 136 und bei Schmidt-Wiegand, vgl. S CHMIDT-WIEGAND/S CHOTT (Hrsg.), Eike v. Repgow. Der Sachsenspiegel, S. 135. Auch Johann v. Buch, vgl. seine Glosse zu Ssp Ldr. I, 44, 1 bei K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum SachsenspiegelLandrecht, Buch’sche Glosse II 42, S. 799: in geweren hefft, dat is, de en gud hefft in gheweren, dat he bezittet identifizierte were mit Besitz. Vgl. die Glosse zu Ssp Ldr. I, 44, 1 bei K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse II 42, S. 797 f. So die Frage von OGRIS, Art. Gewere, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1658 ff. „Ze is lifflik, alze dar ik vppe sta, edder dat ik in der hant hebbe “; K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel, Buch’sche Glosse II, 42, S. 799.

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besyttinge in deme mode setzte freilich ebenso wie die lifflike voraus, dass die Person die betreffende Sache „gedanklich als die ihrige“ besaß. Gedanklich als „mein “ besitzen heißt aber: allein besitzen und das setzt voraus, dass ein verbleibendes Recht einer anderen Person an der Sache keine vollständige rechte were verschaffte. Auch hier handelt es sich um eine gegenständliche Betrachtungsweise: gewere als Besitzrecht sollte sich nach der Glosse auch auf die aus der Hand gelegten Sachen oder die Grundstücke, auf denen der Inhaber sich gerade nicht aufhielt, erstrecken. Weitere hier relevante Dimensionen eines were-Begriffes164 lassen sich an dieser Stelle weder dem Ssp selbst noch der Buch’schen Glosse165 entnehmen. Das bedeutet, dass erbberechtigte Verwandte im Landrecht dann mit ihrem Widerspruch ausgeschlossen waren, wenn der aus einer Verfügung Begünstigte die Sache als fortan ihm gehörig (entweder lifflik oder in deme mode) erhalten hatte und seitdem Jahr und Tag vergangen waren. Unproblematisch ist das bei den Verfügungen mit warmer Hand, die sofort vollzogen wurden. Unproblematisch wäre das auch bei den Verfügungen aus kalter Hand,166 bei denen die Erlebensbedingung eingetreten war und der Begünstigte die Sache erhalten hatte. Bleiben wir beim Wortlaut und kehren wir die Konstellation um, dann war es nach Eikes Regeln dem nächsten erbberechtigten Verwandten möglich, zu Lebzeiten des Verfügenden, der den Verfügungsgegenstand in seinem alleinigen Besitz behielt, so dass dieser dem Begünstigten (noch) nicht fortan gehören sollte, innerhalb der langen Verschweigungsfrist von Ldr. I, 29 gegen die Verfügung vorzugehen. Zweitens konnte der aus der Verfügung Begünstigte mit ordelen – wie der Spiegler in Ldr. I, 52, 1 S. 3 formulierte – der rechten were, also des rechtmäßigen Besitzes auch innerhalb der langen Verschweigungsfrist aus Ldr. I, 29 wieder enthoben werden:

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„To ener liknisse: Hebbe ik golt in der hand, kumpt it my dar uth, so hebbe ik id liffliken in geweren nicht; doch vmme dat ik id yo in deme mode vor myn hebbe, dar vmme ne kumpt id vte myner were nicht. Alsus mach en man mit danken syn gut in gheweren hebben […] “; K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel, Buch’sche Glosse II, 42, S. 799. Vgl. erschöpfend noch immer ALBRECHT, Die Gewere und OGRIS, Art. Gewere, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1665 mit insgesamt acht Gewerearten. v. Buch diskutierte im Anschluss noch das Problem des Besitzes ohne das Wissen darum und den mittelbaren Besitz durch Dienst-, Lehns-, Zins- oder Eigenmann. Auch bei letzterem aber forderte er, offt id we besit van diner wegene; vgl. K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel, Buch’sche Glosse II, 42, S. 801. Oben ist festgestellt worden, dass sich dem Ssp keine Andeutung entnehmen lässt, die darauf schließen ließe, dass solche Verfügungen nicht möglich gewesen sein sollten.

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Ldr. II, 24, 2 S. 1: Iewelk man de mach sines rechten gudes wol mit rechte anich werden, of […] it eme verdelt wert to lantrechte oder to lenrechte, oder to swelker wis he des af geit umbedwungen, so is he der were geloset mit rechte.167

Einen hundertprozentigen Schutz gegen den Verlust rechter were enthielt demnach der Ssp nicht. Wer trotz dreimaligem gerichtlichem Aufgebot168 sein Recht nicht wahrte, verlor es auf Antrag des Anspruchstellers im vierten Gericht. Auch die bereicherungsrechtliche Vorschrift von Ldr. II, 44, 2 beweist, dass wenn nicht Eike selbst, so doch die Redaktoren, die seinen Text kurz vor 1270 neuredigierten,169 mit der Möglichkeit des Verlustes von rechter were rechneten: Ldr. II, 44, 2: Swe aver en gut in geweren hevet, dat eme an irstorven is, oder eme gegeven oder gelegen is, unde he’t selve nemanne ne nimt, des ne darf he nicht weder geven des he dar ut nimt, of eme dat gut af gewunnen wert, de wile he dar af nenes rechtes ne weigeret.170

Andere Schutzmöglichkeiten für den Erwerber vor dem Angriff des zurückgesetzten Erben als die Beschränkung seiner Herausgabepflicht auf die Sachsubstanz enthält der Ssp nicht. Das alles bedeutet, dass das Widerspruchsrecht der nächsten erbberechtigten Verwandten gegen eine ohne ihre Mitwirkung vorgenommene Verfügung nach Eikes Vorstellungen jedenfalls nach der langen Verschweigungsfrist von Ldr. I, 29 erlosch. War die Verfügung freilich vollzogen, war der Begünstigte im Besitz der Sache, dann erlosch das Widerspruchsrecht der erbberechtigten Verwandten schon nach Jahr und Tag. Für den Lauf der kurzen Frist war die tatsächliche Besitzerlangung das entscheidende Kriterium. Auch der Vortrag, die Verfügung sei, obwohl sie eigen oder erve ergriff, nicht vor Gericht vorgenommen worden, blieb dem zurückgesetzten Erben innerhalb von dreißig Jahren und Jahr und Tag möglich – auch hier enthält der Ssp keine andere Ausschlussfrist als Ldr. I, 29171 – wenn nicht der Begünstigte Besitz an der Sache erlangt hatte. Dann musste auch für diesen Einwand die kurze Jahr und Tag-Frist maßgeblich sein. Schließlich ist noch zu erwähnen, dass der Ssp denjenigen, der die dargestellte Verschweigungsfrist deswegen versäumte, weil er während des Laufes derselben außer Landes war und von der Verfügung keine Kenntnis hatte, nur dann mit Ldr. II, 7 schützte, wenn er „echte Not“ nachweisen konnte. Tatbestände echter Not aber waren nach dem Katalog von Ldr. II, 7 nur Gefangenschaft, Krankheit, und auswärtiger Dienst an Kirche und Reich. Weitere, „private“ Hinderungsgründe erkannte der Ssp nicht an. 167 168 169 170 171

E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 76. „Verdelen “ (absprechen) meint das Erheben eines Anspruches in drei aufeinander folgenden Gerichtstagen. Die Vorschrift entstammt Textordnung IIa. E CKHARDT (Hrsg.), Das Landrecht des Sachsenspiegels, S. 85. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 94 f.

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cc) Hinzuweisen ist bei den Folgen, die dieser Angriff des Erben hatte, auch noch darauf, dass die Geltendmachung des Anspruches des Erben aus Ldr. I, 52, 1 S. 3 nicht etwa dazu führte, dass einfach die Verfügung beseitigt wurde und der Verfügende wieder die volle Rechtsmacht über den Verfügungsgegenstand erhielt. Vielmehr ist den Worten alse of he dot si, jene de it dar gaf zu entnehmen, dass es sich um eine Herausgabeklage des zurückgesetzten Erben handelte, der die Herausgabe des Verfügungsgegenstandes an sich fordern konnte – als wäre der Verfügende schon gestorben. Es scheint so zu sein, als habe für Eike ein Verfügender, der ohne erven gelof über Grundvermögen verfügte, vollständig auf den Verfügungsgegenstand verzichtet, so dass dieser bei Widerspruch des Erben nicht mehr an ihn (wenn er noch lebte) zurückgelangte, sondern gleich dem Erben zufiel. Es muss aber stets beachtet werden, dass der von Eike so ausgestaltete erven gelof nur dann galt, wenn die Verfügung Liegenschaften ergriff.172 Nach Eikes Landrecht war es daher möglich, über das gesamte erve, soweit es nicht Liegenschaften umfasste, ohne erven gelof zu verfügen. Ging es dagegen um Grundstücke, dann war stets der erven gelof zu beachten – unabhängig vom Erwerbsgrund. dd) Im Ergebnis bedeutete dieses System einen besonderen und zeitlich lang gestreckten Schutz der Erben (nur) für Liegenschaften. Diese waren und sind im Land aber die eigentlich interessante Größe. Eike erweist sich demnach als ein agrarischer Traditionalist, der es in seinem System zu verhindern wusste, dass den Erben ohne ihre Mitwirkung Bestandteile des wirtschaftlich entscheidenden Grundvermögens entzogen werden konnten. Weiter reichte der Schutz indessen nicht. Und schließlich: Der Verfügende hatte es in der Hand, vom Erben die laus sua zu Verfügungen über Fahrnis zu erzwingen. Jedenfalls das zeigt die oben schon besprochene Verfügung Graf Friedrich v. Eilenburgs aus dem Jahre 1017 deutlich. Dem Erben wurde ein bestimmter, für ihn besonders interessanter Vermögensgegenstand lebzeitig zugewendet unter der Bedingung, dass weiteren möglichen Verfügungen über Liegenschaften vorab zugestimmt wird. Es erweist sich an dieser Stelle wieder, wie flexibel ein starr erscheinendes Rechtsinstitut in der Hand der konkreten Parteien jederzeit eingesetzt werden kann. e) Zur Kraftprobe und zum Gerichtszwang. Die berühmte, alt und bildlich erscheinende Kraftprobe durch Besteigung eines Pferdes mit Waffen173 bei der 172 173

Ebenso O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 88. Etwas vergleichbar Anschauliches hatten LSal und LRib als normative Quellen nicht zu bieten.

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Verfügung über Fahrnis steht in direktem Zusammenhang mit der in Ssp Ldr. I, 52, 1 getroffenen Regel über das Eigen. Dort war die Vornahme der Verfügung vor dem ordentlichen Gericht vorgeschrieben – die Verfügung über Fahrnis war davon befreit; sie konnte nach dem Ssp in allen steden, also überall vorgenommen werden. Hervorhebenswert ist, dass diese Vorschrift mit einem Argument untermauert wird, das ebenfalls an I, 52, 1 – an den Erbenlaub – anknüpft: verhindert werden soll, dass jemand seine Fahrnis demjenigen entzieht, der nach dem Tod des Verfügenden darauf „wartend ist“. 174 Als Wartender gemeint sein konnte nur der potenzielle Erbe, dem so eine Anwartschaft eingeräumt wurde. Dieses Warten schien für Eike dann einen rechtlich sicheren Grad erreicht zu haben, wenn der Verfügende so schwach war, dass er zur Pferdprobe eben nicht mehr in der Lage war. Der Spiegler forderte bei oberflächlicher Betrachtung, dass der Verfügende rüstig und wehrfähig, also physisch kräftig und gesund war. Doch die Pferdprobe erfordert eine etwas genauere Betrachtung. Von vornherein ausgeschlossen scheinen nämlich die Frauen: Alle varende have gift de man […]. Daneben tauchen weitere Zweifel auf. Offensichtlich ist zunächst nur, dass der Spiegler darüber hinaus davon ausging, jeder, der im Land über Fahrnis verfügen wollte, hätte in der Lage sein müssen, sich mit Schwert und Schild am Gürtel von einem maximal etwa 50 cm hohen175 Podest auf ein Pferd zu schwingen, wobei das Pferd fest- und dem Aufsteigenden auch noch der Steigbügel gehalten werden durfte.176 Nach dem Wortlaut von I, 52, II war damit die Pferdprobe bestanden; Eike forderte nicht, dass der Reiter, der das Pferd erklommen hatte, nun auch noch tatsächlich hätte reiten müssen.177 Immerhin scheint ein Widerspruch zur Verfügung über eigen nach I, 52, 1 offensichtlich: Musste der Verfügende hier nur bei Gericht erscheinen, also laufen und stehen können? Diesen vermeintlichen Widerspruch hat Eike zwar selbst beseitigt, indem er die Pferdprobe durch den Teilsatz und let unde liet gut auf jegliche Art Vermögen, das „übertragen“ bzw. „verliehen“ 178 werden

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Die grammatische Form dieses Satzes scheint darauf hinzudeuten, dass dieses Warten schon vor dem Tod des Verfügenden beginnt: warten als Partizip Präsens, „wartend sein “. Eine „dumelne “ ist eine „Daumenelle “: das Maß von der Spitze des Daumens bis zum Ellenbogen; LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch I, Sp. 475. Vom bewaffneten „Auf ein Pferd schwingen “ bleibt bei so massiver Hilfestellung freilich nicht viel übrig. Anders der Dsp. I, 49, 1, wonach der Proband eine Meile weit reiten musste; vgl. E CKHARDT /H ÜBNER (Hrsg.), Deutschenspiegel und Augsburger Sachsenspiegel, S. 121. Let ist 3. Person Singular von mhd. lâzen, lassen, überlassen, übertragen, verlassen; LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch I, Sp. 1843 f.; liet ist ebenfalls 3. Person Singular von mhd. lîhen, leihen, verleihen, auf Borg geben; LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch I, Sp. 1917.

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sollte, erstreckte. Dieses Erfordernis galt daher dem Wortlaut nach auch für die Verfügung über erve nach Ldr. II, 30. Problematisch an der Pferdprobe ist aber nicht nur, dass sie die Verfügung von Frauen verhinderte und vordergründig mit Schwert und Schild wehrfähige Männer voraussetzte und dass sie so ersichtlich auf eine ganz bestimmte Personengruppe, die Ritterschaft, zugeschnitten war. Genau dieses Problem hat auch Johann v. Buch gesehen. Anders als Eike hat er auch Regeln angegeben, wie die Kraftprobe bei Bauern und bei Frauen aussehen sollte: I, 51: […] Dit wonen manige lude, dat dit gemenliken van allen luden gesproken sy. Det ys nicht. Wen id en ys van nemende sproken wenne van ridderen. Dat prof dar bi, dat he seght: Mit eme schilde vnde mit eme swerde. Wenne dat borit to der ridderscap. […] En bur mach dat vorgeuen, alze he enen vmmeghangh plogen mach enes morgens lang. En vrouwe, wen ze to der kerken ghan mach, alze ze dar van is XX rode. Wen se des nicht don en mogen, so hefft me id dar vore, dat se dat eren eruen entvernen willen.179

Der Bauer musste demnach in der Lage sein, einmal um einen Acker von der Größe eines Morgens180 herumzupflügen (wohlgemerkt: nicht den morgengroßen Acker einmal komplett umzupflügen – genauso wie Eikes Ritter nicht reiten musste), oder mit dem Pflug eine Ackerfurche von ca. 202 Metern Länge zu ziehen. Eine Frau musste über eine Strecke von 20 Ruten181 Länge, das sind ca. 92 m, zur Kirche gehen können, jedenfalls die einfachste aller Tüchtigkeitsproben. Das scheint praktisch durchaus handhabbar gewesen zu sein, wobei die schwerste Probe sicherlich dem Bauern abverlangt wurde.182 Der Spiegler lässt aber anhand der für Bauern und Frauen (auch für Bürger, aber die kamen im Land ja nicht vor) ungeeigneten Pferdprobe erkennen, dass seine Angaben nicht allgemeingültig waren und auch nicht immer historisch verlässlich sind. Bestanden diese Fähigkeiten nicht mehr, dann gingen sowohl Eike als auch sein Glossator davon aus, dass der oder die Verfügende die Sache, über die er oder sie verfügen wollte, nicht mehr selbst gebrauchen konnte. Wie die Pferd- und auch die Pflugprobe zeigen, war freilich nicht ein wirkliches „gebrauchen“ intendiert. Der Ritter musste nur bewaffnet auf sein Pferd steigen und nicht mit Waffen „reiten“, der Bauer nur um einen Morgen herum 179 180

181 182

K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Teil 1, S. 375 f. Ein Morgen bezeichnete die Ackerfläche, die mit einem einscharigen Pferde- oder Ochsenpflug an einem Vormittag umgepflügt werden konnte. Der „Magdeburger Morgen “ hatte (im 19. Jh.) die Größe von 180 Quadratruten, das entsprach 2553 m2 (etwa 25 a, ein Viertelhektar). Der (quadratische) Morgen maß daher an jeder Seite 50,53 m. Die norddeutsche Rute war überwiegend 16 Fuß lang, das entspricht im Mittel 4,60 m. Freilich klärte Johann v. Buch nicht, ob die Furche schnurgerade gezogen sein, wie tief der Pflug gehen musste und ob ein Helfer das Gespann führen durfte.

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(200 Meter weit) pflügen und nicht den Morgen „umpflügen“. Es konnte vielmehr bei diesen Proben nur darauf ankommen zu verdeutlichen, dass der Verfügende nach außen das Bild abgab, seiner Sache Herr zu sein. Es kam demnach entscheidend darauf an, die verfügende Person im Vollbesitz der Attribute ihres Standes erscheinen zu lassen und zwar in einer Form, an die sich anwesende Zeugen besonders gut erinnern konnten. Geschickt wurden hier die Person (Ritter und Bauer)183, das Symbol ihres Standes (Wehr und Acker) und das die Verfügungsmacht kennzeichnende Beherrschen des Symbols durch die Person miteinander kombiniert. Diese Überlegung relativiert auch die gängige Ansicht, beginnend mit der frühen Neuzeit hätten die normativen Rechtsquellen die Beurteilung der Physis des Verfügenden durch die Beurteilung der Psyche des Verfügenden ersetzt. Beurteilt werden sollte nämlich nach Ssp und Glosse nicht die wirkliche körperliche Tüchtigkeit. Dafür war das durch ein immerhin halbmeterhohes Podest und den festgehaltenen Steigbügel erleichterte Aufsteigen auf das auch noch festgehaltene Pferd trotz Schwert und Schild am Gürtel zu einfach, dafür war die 200-Meter-Ackerfurche sicher zu kurz, und zu kurz bemessen waren auch die knapp 100 Meter Wegstrecke zur Kirche. Beurteilt werden sollte vielmehr, ob der oder die Verfügende für einen Herrn seines oder ihres Vermögens und seiner Profession gehalten werden konnte. Gemeint ist jedenfalls, dass bei Nichtvorliegen der nach außen erkennbaren Verfügungsmacht der Verfügende nicht mehr selbst sich des Verfügungsgegenstandes entäußerte, sondern dass es eigentlich seine Erben waren, denen nun die Herrschaft über den Verfügungsgegenstand zustand. Auch diese Überlegung sprach v. Buch viel deutlicher aus als Eike mit seinem Argument des Wartens: I, 51: […] Unde dar vmme hebben de Sassen vnder sik dat recht, dat, we wat vorgeuen wel, de schal vorgeuen, de wile he des gebruken mach. Wente wes in gud vorgift, alze he des nicht mer gebruken ne mach, de vorgift nicht dat sin is, mer he gifft dat siner eruen is, ut in autent. de mandatis principum § oportet 184 autem collacione III [Nov. 17, 12]. Vnd is wunder, dat se dat don, dat se ere eruen vnderwegen laten vnd geuen dat vromeden luten, ut in autentica de triente et semisse § frequenter collacione III [Nov. 18 pr. S. 3].185

Problematisch an der Pferd-, Pflug- und Kirchgangsprobe ist freilich, dass sie sich rechtstatsächlich kaum nachweisen lässt. Während Verfügungen über eigen, varende have und erve massenhaft vorgekommen sind, 186 erscheinen

183 184 185 186

Von der Frau sehen wir hier einmal ab: Frausein war kein Stand, ebensowenig wie die Kirche die Frauen symbolisiert. Oportet weist darauf hin, dass v. Buch hier die umgesetzte Gleichsetzung versucht – nämlich die Anpassung des Jus Commune an das Lokalrecht. K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Teil 1, S. 374. Vgl. dazu unten Kap. 6.

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Kraftproben fast nie beurkundet. 187 Das mag zwar auch daran liegen, dass der ländliche Privatrechtsverkehr wegen seiner Unschriftlichkeit leider fast nicht empirisch greifbar ist. Im Landgericht werden die Beteiligten aber sicher auch gewusst haben, ob der Verfügende noch in der Lage war, eine 200 Meter lange Ackerfurche zu pflügen bzw. ob die Verfügende noch knapp 100 Meter weit zur Kirche laufen konnte. Jedenfalls ließ sich das im Bestreitensfalle leicht nachweisen. Die umständliche Symbolik diente daher m. E. letztlich nur einem: der Beschaffung möglichst vieler geeigneter Zeugen, die in der Lage waren, einen „Vorritt“, eine „Probepflügung“ oder einen „Vorgang“ zu bestätigen. Das gelobede188, das vor gerichte gestediget sein musste, bedarf keiner ausführlichen Erläuterung. Der Spiegler wollte, dass Versprechen, mit denen erve zugewendet werden sollte, nur wirksam vor Gericht abgegeben wurden. Allerdings scheint das Wort gelobede in die Zukunft zu weisen und damit eine erbrechtliche Charakterisierung der Verfügung nahe zu legen. Hierauf soll aber nicht weiter eingegangen werden, weil Eike keine Angaben über die Erlebensbedingung gemacht hat. Es bliebe ansonsten nur Spekulation. Über die Art des abzuhaltenden Gerichtes enthalten die Vorschriften Ldr. I, 52 und Ldr. II, 30 keine Angaben. Es ist anzunehmen, dass das ordentliche Landgericht des Grundherren gemeint war.

(4) Ergebnis Fassen wir das System, das Eike vorgelegt hat, zusammen. Verfügungen waren danach erstens grundsätzlich erlaubt. Hinsichtlich des Verfügungsgegenstandes war in mehrfacher Weise zu differenzieren: Handelte es sich um erve i. S. v. Ldr. I, 24, 3, musste die Verfügung nach Ldr. II, 30 immer publik, also vor Gericht vorgenommen werden. Beinhaltete das erve Liegenschaften (gewonnene oder ererbte), konnte zusätzlich der nächste erbberechtigte durch die Verfügung benachteiligte Verwandte der Verfügung widersprechen und einen Anspruch auf Herausgabe des erve geltend machen, wenn er der Verfügung nicht zugestimmt hatte. Beinhaltete das erve nur Fahrnis und/oder Geld, bestand diese Möglichkeit nicht. Handelte es sich nicht um erve, war wieder zwischen Fahrnis und Liegenschaft zu unterscheiden. Über Fahrnis konnte – Verfügungsgewalt wie oben beschrieben vorausgesetzt – generell unpublik und ohne die Mitwirkung potenzieller Erben verfügt werden. Das Gegenteil galt für die Liegenschaft: über sie sollte – auch hier Verfügungsgewalt vorausgesetzt – generell nur publik und nur unter Mitwirkung der Erben verfügt werden dürfen.

187 188

Über eine Ausnahme (in Freiberg/Sa.) ist in Kapitel 6, Abschnitt I, Nr. 3 zu berichten. Gelobede in Ssp Ldr. II, 30 oder gelübede meint Versprechen, Gelöbnis; so LEXER, Mittelhochdeutsches Wörterbuch I, Sp. 828.

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Keine Aussage machte Eike zweitens zur Frage der Erlebensbedingung. Ich unterstelle, dass er sie kannte und für zulässig hielt. Drittens sah Eike zum Schutz verwandter erbberechtigter Personen als historisch erster Verfasser eines Normativwerkes ein Gestaltungsrecht dieser Personen vor. Es verhinderte einen die Erben benachteiligenden Entzug von Liegenschaften ohne deren Willen – in der agrarischen Gesellschaft des Spätmittelalters im Land das entscheidende Wirtschaftsgut. Dieses Gestaltungsrecht konnte sowohl für Verfügungen unter Lebenden als auch von Todes wegen gelten, und es führte zu einem Herausgabeanspruch des an der Verfügung nicht beteiligten Erben an sich (auch wenn der Verfügende noch lebte). Falls der Erwerber den Besitz am Verfügungsgegenstand bereits erlangt hatte, konnte der Erbe dieses Gestaltungsrecht nur binnen Jahr und Tag ausüben. War der Verfügende dagegen noch im Besitz der Sache, bestand das Widerspruchsrecht während der Frist von 30 Jahren, Jahr und Tag. War keine Liegenschaft erfasst, schied der erven gelof aus. Das Ganze ist überschaubar und in sich stimmig – freilich sehr erbenfreundlich, wie sich an dem grundsätzlichen Mitwirkungsrecht der Erben bei Verfügungen über Liegenschaften zeigt. Ob das als „konservativ “ 189 bezeichnet werden darf, will ich nicht entscheiden.

3. Görlitzer Rechtsbuch (1) Allgemeines zur Quelle Das sogenannte „Görlitzer Rechtsbuch“ – noch immer unbekannter und weniger bearbeitet als LSax, Ssp und auch als das historisch jüngere MeiRB – ist eine Privatarbeit, die in einer Pergamenthandschrift190 überliefert ist. Es darf nicht verwechselt werden mit dem sogenannten Magdeburg-Görlitzer Stadtrecht, das aufgrund einer brieflichen Mitteilung der Magdeburger Schöffen 1304 nach Görlitz gelangt ist und welches der Verfasser des Görlitzer Rechtsbuches neben dem Magdeburger Weichbildrecht bei seiner Arbeit benutzt haben soll191. Das Rechtsbuch, dessen Verfasser und genauer Abfas189 190

191

H ÜBNER, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 792: in Sachsen habe ein konservativer Sinn geherrscht. H OMEYER, Die deutschen Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften, 3. Aufl., S. 95, Nr. 422; CARLS, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG 2 II (2009), Sp. 464; O PPITZ, Beschreibung der deutschen Rechtsbücher des Mittelalters, Nr. 580a. E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis I. Einleitung, S. 21; DERS., Auctor vetus de beneficiis II. Einleitung, S. 17.

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sungszeitpunkt noch immer unbekannt sind, gilt als eine örtliche Sonderform des Ssp. 193 Als Entstehungszeitraum wird „um 1300“ genannt.194 Es wird für wahrscheinlich gehalten, dass es bald nach 1304 verfasst sein könnte.195 Das Görlitzer Rechtsbuch ist nach überwiegender Lesart wohl als ein „Stadtrechtsbuch“ zu bezeichnen, da es, wie überall hervorgehoben wird, 196 städtische Verhältnisse erörtert und teilweise mit dem Magdeburg-Görlitzer Stadtrecht von 1304 übereinstimmt. Freilich sind hieran Zweifel angebracht. Weil die Görlitzer Situation im 13. und 15. Jh. von einem Nebeneinander zweier normativer Rechtsquellen (Rechtsbuch und Magdeburg-Görlitzer Stadtrecht) gekennzeichnet war, weil das Görlitzer Rechtsbuch zwar auch vom magdeburgisch-sächsischen Stadtrecht, vorwiegend aber doch vom Landrecht des (archetypischen) Ssp beeinflusst ist, 197 und weil angenommen werden darf, dass das Görlitzer Rechtsbuch nicht für die Stadt Görlitz selbst – hier galt ja das von den Magdeburger Schöffen mitgeteilte Recht –, sondern von einem Görlitzer Schreiber vielleicht im Auftrag des Görlitzer Rates für das der Görlitzer Gerichtsbarkeit unterworfene dörfliche Umland der Stadt verfasst worden sein könnte – in der herrschaftsfernen Oberlausitz hat sich im Verlauf des 13.-15. Jh. eine ansehnliche Autonomie der sogenannten „Sechs Städte“ herausgebildet, die das sie umgebende Land weitgehend unbeeinflusst von den landesherrlichen Vögten dominieren konnten – betrachte ich das Görlitzer Rechtsbuch als eine land198 rechtliche Quelle, jedenfalls insoweit, als sein Inhalt nicht lehnrechtlich ist. Ob und wie es eventuell im Görlitzer Umland tatsächlich gegolten haben mag, von welchem Gericht es dort eventuell angewendet wurde (wahrscheinlich dem Görlitzer Rat) und wie es in diesem Gericht vom MagdeburgGörlitzer Stadtrecht selbst abgegrenzt worden sein mag, ist bis heute unerforscht. Es stellen sich dieselben Probleme wie beim Ssp selbst. Bedeutung in der Rechtsgeschichte wird dem Görlitzer Rechtsbuch freilich aber nicht wegen seiner Eigenschaft als normativ-landrechtliche Quelle in 192

193 194

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197 198

CARLS, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 II (2009), Sp. 465. BUCHDA, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 1755. CARLS, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG2 II (2009), Sp. 464. Ebenso schon BUCHDA, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG 1 I (1971), Sp. 1755; H OMEYER, Die deutschen Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften, S. 95, Nr. 422. E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis II, Einleitung, S. 17. Vgl. nur STOBBE, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I, S. 368; S CHMIDTWIEGAND, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: STAMMLER/LANGOSCH/RUH (Hrsg.), Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon III, Sp. 100. Das zeigt die Druckanordnung von E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis II, S. 99-133 deutlich. Das betrifft sechzehn Artikel ab Art. 31.

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der Oberlausitz, sondern vielmehr deswegen zugemessen, weil sich aus ihm auf einen heute verlorenen, zwischen 1221 und 1224 von Eike verfassten lateinischen Archetyp des Ssp-Landrechts zurückschließen lässt. 199 Das Görlitzer Rechtsbuch ist zweigeteilt in einen ersten lehnrechtlichen und einen zweiten landrechtlichen Teil (Artt. 31-47200). Hier finden sich thematisch relevante Vorschriften.

(2) Quellenbefund Es ist nicht viel, was das Görlitzer Rechtsbuch neben dem Ssp liefert. Die Anordnung der einzelnen Vorschriften ist noch bunter als im endgültigen deutschen Ssp-Text. Sollte es zutreffen, dass dem Görlitzer Verfasser der Archetyp des Ssp-Landrechts vorgelegen hat, dann hätte Eike zwischen der Urform und der Endform seines Spiegels erhebliche systematische Ordnungsarbeit betrieben. Das gilt etwa für die Erbfolge aufgrund Verwandtschaft, die sich in Art. 35, 3 und 6 GöRB in unmittelbarer Nachbarschaft zur Haftung des Hirten und zur Buße eines Ehrlosen findet. In Art. 45 GöRB findet sich neben der Ansprache zum Kampf, dem Verlust der Ritterschaft, dem Recht der Schöffenbaren und dem Verfahren im Kampfgericht die aus Ssp Ldr. I, 52, 2 bekannte Pferdprobe – mit einem wesentlichen Unterschied: Art. 45, 6: Alse lange so der man uf ein pert komin mac von eime stocke odir von eime steine, der von der erde in die hohe hat eine dume elin, alse lange mac er len unfan unde lien. Sin varinde gut mac er wol gebin, die wile daz er von aldir gen mac.201

Damit war die Pferdprobe bei der Fahrnisverfügung im Gegensatz zur endgültigen Version des Ssp erheblich erleichtert und dem angenähert, was die Gerichtsbücher rechtstatsächlich aussagen.202 Die Pferdprobe war, insofern bestätigt das Görlitzer Rechtsbuch die kurze Zeit später verfasste Buch’sche Glosse, nach dem Görlitzer Rechtsbuch nur (noch) lehnsrechtlich von Bedeutung; freilich war sie hier noch einfacher, nämlich sogar ohne Schwert und Schild, zu absolvieren als nach dem Landrecht des Ssp. Für die Fahrnisverfügung

199

200

201 202

H OMEYER, Des Sachsenspiegels zweiter Theil nebst den verwandten Rechtsbüchern, S. 50-55; E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis II, Einleitung, S. 26; E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis. Archetypus, Görlitzer Rechtsbuch. Einleitung, S. 12 f.; CARLS, Art. Görlitzer Rechtsbuch, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG 2 II (2009), Sp. 465. Eigentümlicherweise wird das Görlitzer Rechtsbuch in der Literatur immer nach Artikeln und Paragraphen gezählt, obwohl diese Zitierweise nicht zeitgenössisch war. Es wäre ebenso gut möglich, wie beim Ssp zu zählen. E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis II, S. 122 f.; HOMEYER, Des Sachsenspiegels zweiter Theil nebst den verwandten Rechtsbüchern, S. 214. S. dazu unten Kapitel 6, II.

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war einfach ausreichend, dass der Verfügende gehen konnte – wie weit ist nicht entscheidend. Es wurde hier auch nicht danach differenziert, ob der Verfügende ein Bürger oder ein Bauer war; die Pflugprobe wurde nicht erwähnt. Es scheint so zu sein, als ob die landrechtliche Symbolik hier endgültig aufgegeben wurde. Das Görlitzer Rechtsbuch fährt dann fort: Art. 45, 7: Swelich man sin gut einem andirn gibit unde iz doch selbe in sinen werin beheldit unze an den tach daz er gevangen wirt, oder in eine suche bevelli t von der er nicht genesin ne mac; mit der gabe ne hat er sin gut sinen erbin nicht gevremedit, sundir al eine sines wibis morgingabe.203

Weitere relevante Vorschriften enthält das Görlitzer Rechtsbuch nicht. Freilich sind hier gravierende Unterschiede zu Eikes Landrecht offensichtlich, die wohl eher auf dem wahrscheinlich kurz vor der Niederschrift des Görlitzer Rechtsbuches als Rechtsbelehrung nach Görlitz gelangten Magdeburger Stadtrecht beruhen als auf einer nicht durchgehend bearbeiteten Fassung des Ssp-Landrechts. Auch Eckhardt hebt hervor, dass Art. 45, 7 GöRB sicher bzw. höchstwahrscheinlich auf dem Magdeburger Weichbild bzw. auf dem Magdeburg-Görlitzer Stadtrecht von 1304 beruhte.204

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Zum Verfügungsgegenstand. Der Verfasser des Görlitzer Rechtsbuches ging bei der Beschreibung der einzelnen möglichen Verfügungen viel weniger gründlich vor als der endgültige deutsch verfasste Ssp. Er differenzierte nicht wie Eike nach den einzelnen möglichen Verfügungsgegenständen. Betroffen sein konnte das gut schlechthin ohne irgendwelche Eingrenzungen. Er hielt sich auch nicht mit den Voraussetzungen einer Verfügung über eigen, erbe oder Fahrnis auf (etwa Vornahme vor Gericht) und er nahm keine ausdrückliche Stellung zur Frage, ob manche Verfügungen die Mitwirkung potenzieller Erben erforderten. b) Zum Erbenschutz. Das Görlitzer Rechtsbuch beschränkte sich vielmehr darauf, die Frage zu klären, wann eine ganz bestimmte, näher beschriebene Verfügung deswegen unwirksam sei, weil der Verfügende durch sie sein Vermögen seinen Erben entfremde. Art. 45, 7 GöRB ordnet aber nicht die Unwirksamkeit von bestimmten Verfügungen an, sondern erklärt, dass eine bestimmte, näher definierte Art von Verfügungen wirksam sei, weil sie den potenziellen Erben das Vermögen eben nicht entfremde. Es handelt sich hier um 203 204

E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis II, S. 123; HOMEYER, Des Sachsenspiegels zweiter Theil nebst den verwandten Rechtsbüchern, S. 214. E CKHARDT, Auctor vetus de beneficiis II, S. 123 i.V.m. S. 18 (Druck in eckigen Klammern). Als Anknüpfungspunkt weist Eckhardt im Apparat auf das stadtrechtliche Verbot der Verfügung im Siechbett hin; § 24 des Magdeburg-Görlitzer Stadtrechts von1304.

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eine durchaus eigenwillige, weder im Ssp noch in den stadtrechtlichen Quellen angewendete Formulierungstechnik. Sie führt zu dem Schluss, dass alle anderen Verfügungen, die von der spezifischen Definition von Art. 45, 7 GöRB nicht erfasst waren, in denen mithin schon von vornherein die Gefahr der „Entfremdung“ nicht bestand, höchst wahrscheinlich als von vornherein möglich und erlaubt angesehen wurden. Problematisch erschienen dem Verfasser des Görlitzer Rechtsbuches Verfügungen, die dadurch gekennzeichnet waren, dass der Verfügende den Verfügungsgegenstand in seinen weren behielt, bis er in eine Lage geriet, in der er als nicht mehr handlungsfähig erschien – genannt sind Gefangenschaft oder Todkrankheit. Diese Situationen führten – genau wie v. Buch in seiner Glossierung zu Ssp Ldr. I, 52 schrieb205 – dazu, dass der Verfügende, obwohl er noch lebte, vermögensmäßig bereits als beerbt betrachtet, bzw. angenommen wurde, dass er dann erbenschädigende Verfügungen in Benachteiligungsabsicht vornahm. 206 Fand die Verfügung aber vor Eintritt einer solchen Situation statt, entfremdete sie den Erben das Vermögen des Verfügenden nach Ansicht des Verfassers des Görlitzer Rechtsbuches nicht, sondern allenfalls seiner Frau die Morgengabe. Die Beschreibung betrifft alle irgendwie aufschiebend bedingten Verfügungen und speziell die Verfügungen von Todes wegen. Damit behandelt Art. 45, 7 GöRB die hier thematisch relevante Frage und betrachtet sie unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Erben vor Verfügungen, bei denen dem Verfügenden aufgrund seiner Todesnähe keine Verfügungsmacht mehr zustand. Insofern fokussiert Art. 45, 7 GöRB die Problematik geschickt. Die Lösung fällt zugunsten der aufschiebend bedingten Verfügungen aus – wenn nur davon ausgegangen werden konnte, dass der Verfügende selbst als voll verfügungsbefugt und nicht durch Krankheit oder Gefangenschaft207 beeinträchtigt angesehen werden konnte. Das Erlöschen der Rechtsmacht in den beiden Fällen Todesnähe und Gefangenschaft ist zwar lehrreich und unterstreicht die grundlegende Übereinstimmung mit Ssp Ldr. I, 52, 2 und der hierzu gegebenen Buch’schen Glosse. Es wirkt sich aber nicht auf die grundsätzliche Bedingungsfreundlichkeit der Verfügung aus.

(4) Ergebnis Nach allem ermöglichte das Görlitzer Rechtsbuch neben sofort wirksamen Verfügungen unter Lebenden auch aufschiebend bedingte Verfügungen und Verfügungen von Todes wegen ohne Mitwirkung der Erben, die sich mangels 205 206 207

K AUFMANN (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Teil 1, S. 376. Bei der Gefangennahme freilich musste stets das ius postliminii, die Wiedereinsetzung in die Rechte nach dem Ende der Gefangenschaft, beachtet werden. Dieses zusätzliche Kriterium der fehlenden Verfügungsmacht fehlt sowohl im Landrecht des Ssp als auch in den Quellen des magdeburgisch-sächsischen Stadtrechts.

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einer einschränkenden Formulierung auf jede Art von Vermögen erstrecken konnten. Voraussetzung war nur, dass der Verfügende nicht durch unheilbare Krankheit bzw. durch Gefangenschaft an der Verfügung gehindert war, sondern dass er als voller Herr über sein Vermögen angesehen werden konnte.

4. Spezialregeln für die Siechbettverfügung: das Burger Landrecht (1) Allgemeines zur Quelle Beim Burger Landrecht handelt es sich um eine in der Literatur bisher zwar bekannte, aber doch eher stiefmütterlich behandelte normative Quelle. Das Schattendasein, das das Burger Landrecht führt, hängt wohl damit zusammen, dass es einerseits nur in einer einzigen Handschrift erhalten ist, erst spät in das Blickfeld von Editoren geraten ist208 und dass es andererseits nicht sehr umfangreich ist und keine Rubriken aufweist, sondern fortlaufend niedergeschrieben worden ist. Außerdem ist auch nach den neuesten Forschungsbemühungen immer noch nicht klar, wann genau das Burger Landrecht erstmals zusammengetragen worden ist, 209 wer es verfasst hat und in welchem genauen territorialen Umkreis es angewendet worden sein mag.210 Auch über die Ortsgeschichte und die Stadt- und Gerichtsverfassung von Burg ist noch viel zu wenig bekannt. Burg wird sich wahrscheinlich aus einer im 9. Jh. in die Hände der Franken und Sachsen gefallenen slawischen Verteidigungsstellung entwickelt haben,211 vielleicht blieb die zunächst dörfliche Siedlung aber auch wendisch. In der ersten Hälfte des 12. Jh. erfolgten östlich der Elbe zahlreiche Lokationen von Städten und Dörfern durch flämische Siedler. Auch Burg

208

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211

Erstedition 1867, (u. a.) Faksimiledruck 1938 bei MARKMANN/K RAUSE, Das Burger Landrecht (es handelt sich um einen Teil des von dem Magdeburger Oberbürgermeister Fritz Markmann während des Dritten Reiches betriebenen Editionsprojekts) und jetzt (2004) wieder ZIMMER, Das Burger Landrecht. ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 47 weist die erhaltene Hs. (eine „nicht mit großer Sorgfalt angefertigte Abschrift “) den Jahren 1320-1340 zu. Das Recht soll zeitlich vor der Ausstellung der Lokationsurkunden der Dörfer Pechau (1159) und Löbnitz (1185), aus denen hervorgeht, dass in diesen Dörfern ius burgense gelten solle, vorhanden gewesen sein; vgl. hierzu ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 28, 31 f., 47. BUCHDA, in: ZRG Germ. Abt. 60 (1940), S. 377 meinte, es handele sich um eine Aufzeichnung für das bäuerliche Land um Burg, vielleicht auch nur für die Ackerbürger des Ortes. WOLTER, in: GBllMagd 7 (1872), S. 442-446; WINTER, in: GBllMagd 8 (1873), S. 1 ff.

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wird hier vielleicht völlig neu gegründet worden sein;212 eine Lokationsurkunde ist freilich nicht erhalten. Im Jahre 1179 verlieh Erzbischof Wichmann v. Magdeburg Burger Kaufleuten aber Handelsrechte in Magdeburg.213 Obwohl es theoretisch möglich ist, dass das Burger Landrecht älter ist als alle Textstufen des Ssp, soll es wegen der Datierung der vorhandenen Abschrift in das beginnende 14. Jh. chronologisch nach dem Ssp und nach dem Görlitzer Rechtsbuch behandelt werden. Die Tatsache, dass das Burger Landrecht in der bisherigen Literatur keine Rolle gespielt hat, mag auch damit zusammenhängen, dass die genauere Betrachtung große Lücken in das Bild von der einheitlichen Geltung des Landrechts des Ssp in den nichtstädtischen Bereichen Nieder- und Obersachsens zu reißen in der Lage ist. So zeigt sich nicht nur, dass das Burger Landrecht anders als der Ssp im ehelichen Güterrecht keine Sondervermögen (Erbe, Gerade, Hergewete und Musteil) und keine Verwaltungsgemeinschaft kannte, sondern durchweg vom Grundsatz der Gütergemeinschaft und daraus folgend der Halbteilung beim Tod eines Ehegatten beherrscht war.214 Hier könnte holländisch-flämische Rechtsgewohnheit mitten im „Kernland“ des Ssp hervortreten.215 Damit nicht genug: nach dem Burger Landrecht beerbte die Mutter ihr nichteheliches Kind, traten Halbgeschwister bei der Erbfolge nicht gegen die Vollgeschwister um eine Parentel zurück, war die Mutter nach dem Tod ihres Mannes Vormund der gemeinsamen Kinder.216 Im Verbreitungsgebiet des Ssp existierten also flämische Enklaven, deren Ursprung in die im Verlauf des 11. Jh. vollzogene Kolonisation zurückreichten.

(2) Quellenbefund Das Burger Landrecht behandelt das Thema der Verfügungen unter Lebenden und von Todes wegen nicht explizit. Anders als etwa die betrachteten Regeln des Ssp enthält es nur zwei Vorschriften über Verfügungen auf dem Siechbett: Were eyn man odder eyn wif, dy sik legen, dy en mach neyn gut vorgeven, dy wile dat sy nicht gan odder stan, ane der erven wille, wen dat mit der hant von den bedde langen mach.217

212 213 214

215

216 217

So WINTER, in: GBllMagd 8 (1873), S. 1, 14. G ÖTZE, in: GBllMagd 4 (1869), S. 252. Vgl. zusammenfassend ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 258 f. Die Halbteilung beherrscht auch rechtstatsächlich das Burger Fragment eines Schöffenbuches. Vgl. dazu unten Kap. 6 II C 6 und den Anhang. Burg und sein Weichbild ist in dieser Frage auch keine singuläre Erscheinung gewesen. In den einzelnen hier untersuchten Schöffenbüchern sind weitere Beispiele für die Halbteilung oder das Dritteilsrecht nachweisbar. ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 259; dort noch weitere Abweichungen. Burger Landrecht fol. 66 v, Z. 13-18 bei ZIMMER, Das Burger Landrecht, Anhang, S. 326.

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Men schal ok en ghen gut von der were bringen also lange, wente dy sike genese odder ane der erven willekor.218

Die zweite Anordnung ist hier nicht weiter interessant. Die erste Vorschrift macht keinen Unterschied danach, ob der Verfügung eine Erlebensbedingung beigegeben war. Es ist mithin anhand der normativen Quellen Burgs nicht erkennbar, ob eindeutig als solche erkennbare Verfügungen von Todes wegen möglich waren. Immerhin ist die Quelle verwendbar für die nähere Konkretisierung des Erbenlaubes.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Die Auslegung wirft nach hier vertretener Ansicht keine größeren Probleme auf. Die Quelle dürfte eine Verbotsnorm beinhalten. Verfügungen auf dem Krankenlager sollten unwirksam sein – dy en mach neyn gut vorgeven. Mögliche Gründe hierfür lassen sich vermuten219 – aber fast nie belegen. Von diesem Verbot wurden jedoch zwei Ausnahmen zugelassen und diese beiden Ausnahmen konnten sich auf unterschiedliche Vermögensgegenstände richten. Keno Zimmer hat sicher recht, wenn er feststellt, dass dem Kranken jede Verfügung erlaubt war, wenn sie einerseits dem Willen der Erben entsprach, so dass der Kranke über jegliches Gut (d. h. also Fahrnis und Liegenschaft, Erbgut und Erwerbsgut) verfügen konnte, wenn die Erben einwilligten oder wenn der Kranke andererseits den Gegenstand, über den er eine Verfügung treffen wollte, mit eigener Hand vom Krankenlager weggeben konnte. 220 Damit stellte das Burger Landrecht auf ein Minimum an Körperkraft ab,221 das auch dem, der nicht mehr gehen oder stehen konnte,222 Verfügungen ohne Einwilligung der Erben jedenfalls über Bestandteile der Fahrnis und über das Barvermögen ermöglichte. Dass es sich bei der betreffenden Formulierung des Burger Landrechts um sektorielles Recht handelt, scheint wahrscheinlich. Verbotsnormen mit Ausnahmetatbeständen führen zu dem Schluss, dass neben den erfassten Tatbeständen nicht erfasste Sachverhalte erlaubt sind. Das ist auch für das Burger 218 219

220 221 222

Burger Landrecht fol. 66 v, Z. 18-21 bei ZIMMER, Das Burger Landrecht, Anhang, S. 326. Etwa: Der Todkranke verfügt über Sachen, die er selbst nicht mehr gebrauchen kann, er verfügt mithin nicht über sein Eigentum, sondern über das seiner Erben. Das ist das Argument, das schon Johann v. Buch in seiner Glosse verwendete; MGH, Fontes iuris Germanici antiqui, nova series VII, I, S. 374. Oder: der Todkranke steht ohnehin mit einem Bein im Grab – die verfügten Sachen fallen daher bereits in den Nachlass. ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 89. Bei der Auslegung der Formulierung mit der hant van den bedde langen mach ist das Weggeben gemeint. Letztlich handelt es sich um nichts weiter als um eine spezielle Kraftprobe. Gemeint sein kann hier eine Situation, in der der Verfügende infolge von Krankheit nicht mehr vor Gericht erscheinen kann. Immer dann jedoch, wenn diese Fähigkeit besteht, wird eine weitere Kraftprobe nicht verlangt.

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Landrecht zu vermuten – und durch ein Fragment eines Burger Schöffenbuches auch nachgewiesen.223 Da im Burger Landrecht keine weitere, die Verfügungsfreiheit einschränkende Norm vorhanden ist, kann davon ausgegangen werden, dass – fränkischem Recht folgend – im Burger Landrecht generelle Verfügungsfreiheit gegeben war. Beschränkt war diese Verfügungsfreiheit nur in Fällen von bettlägeriger Krankheit und auch hier nur beschränkt auf Vermögensgegenstände, die der Verfügende nicht mehr selbst aus der Hand geben konnte.

5. Meißener Rechtsbuch (nach Distinktionen) (1) Allgemeines zur Quelle Zwischen den Jahren 1357 und 1387 ist das MeiRB, das in seiner bis heute maßgeblichen Edition durch Friedrich Ortloff aus dem Jahre 1836224 den Titel Rechtsbuch nach Distinktionen trägt, entstanden.225 Es handelt sich um eine Privatarbeit eines bis heute unbekannten Verfassers, welcher nach den Feststellungen von Günter Ullrich bei seiner Arbeit nicht nur den Ssp und die originären Quellen des Magdeburger Stadtrechts, sondern auch spätere lokal gebundene Kompilationen aus beiden, insbesondere das ZwRB verwendet haben soll226. Dass der Verfasser auf dem Ssp als Landrechtsquelle aufbaute, sagt er selbst. 227 Das Programm dieses Verfassers ist beinahe in jeder einzelnen Vorschrift (distinctio) spürbar: Es geht darum, zum besseren Gebrauch in Städten, in denen das Magdeburger Recht als Stadtrecht (wichbild) gegolten hat, Landrecht und Stadtrecht nebeneinander zu stellen und Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Allerdings ging es ihm auch um Verbesserungen, denn was die Altvorderen zu kurcz gesaczt haben, das wolle das MeiRB 223 224

225 226 227

Vgl. unten in Kapitel 6, Abschnitt II. Kritik an dieser Edition bei MUNZEL, Art. Meißener Rechtsbuch, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 463: eine neue Edition (nach Munzel-Everlings Ansicht wohl auf Grundlage der Wolfenbütteler Hs des MeiRB) sei wünschenswert; kritisch schon ULLRICH, in: Deutschrechtliches Archiv I, S. 87, 88: Ortloff habe eine Hs schlechtester Textüberlieferung zugrundegelegt. Auch er plädierte bei einer neuen Edition für die Wolfenbütteler Hs. MUNZEL, Art. Meißener Rechtsbuch, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 462; O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. XXXVIII-XLI. ULLRICH, Deutschrechtliches Archiv I, S. 87. Einleitung (O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 15): „geczogen unde gesichert usz keyserlichen buchern, usz deme lantrechte spigels der sachsen, wichbildern buchern und usz geystlichen buchern. “

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kuntlicher ausrichten zcu vornemen menschlicher vornunft. 228 Eingriffe in den vorgefundenen Bestand an Regeln sind daher nicht auszuschließen. Der Verfasser nennt selbst das Territorium, in dem er eine solche Notwendigkeit sah: Dit ist eyn buch dez rechten in wichbilde in sechsisszer art, also is dy von meydeburgk gebruchen, unde dy von halle, unde dy ore volbort do nehmen, unde dy von lipczk zcu halle, dornoch vel stete in der marggreveschaft zcu missen ore volbort nehmen dez rechten.229

Neben den Städten der Markgrafschaft Meißen werden noch Polen, Böhmen, Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Westfalen und alle Reichsstraßen genannt, in denen Magdeburgisches Recht gegolten habe. In I, 34, 2 (es geht um die Frage, wer binnen bzw. buten Landes ist) wird die Markgrafschaft Meißen noch näher konkretisiert: Daz heyst in deme lande: zcwusschen bohemschen gemercke unde zcwuschen deme frenckeschen walde, zcwuschen der elbe unde doringeschen gemercke; daz ist missenlanth, ime oster lande, in plisenland unde in der voite land von widow.230

Diesem vom Verfasser selbst hervorgehobenen Territorium, in dem das Meißener Rechtsbuch Land- und Stadtrecht zuverlässig nebeneinander darstellen soll, entsprechen auch die Fundorte der ca. 100 Hss. des MeiRB. Es handelt sich damit um das am weitesten (berechtigterweise wird sich sagen lassen: auch das am tiefsten in einem genau umrissenen Territorium verankerte) Rechtsbuch des Spätmittelalters.

(2) Quellenbefund Das MeiRB liefert unter den hier interessierenden Normen zunächst Ssp Ldr. II, 30 in teilweiser Übernahme mit einer wohl aus Ssp Ldr. I, 52, 1 gezogenen Ergänzung: I, 32, 3: Wer eine erbe czusait von gelubdes wegen und nicht von sippe halben, das sol man haben vor unrecht; ez en sy denn das man geczuge muge, das dy gelubde bestetiget sin vor gerichte mit erben glubde. Und ruret wickpilde und lantrecht.231

Die vom Verfasser vorgenommene Kombination von Ssp Ldr. I, 52, 1 und II, 30 führte dazu, dass das Erfordernis des Erbenlaubes nach I, 32, 3 MeiRB entgegen dem oben dargestellten Gedankengang des Ssp auf erve generell erstreckt wurde. Dagegen musste bei dieser Technik der Erbenlaub bei der Verfügung über eigen anders als bei Eike verschwinden. Die bereits oben angesprochene Grundregel Eikes, dass der Sachse ererbtes Vermögen nur verlor, wenn er sich über dreißig Jahre und Jahr und Tag 228 229 230 231

Einleitung, O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 15 f. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 15. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 67. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 65.

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daran verschwieg (Ssp Ldr. I, 29), wiederholte der Verfasser des MeiRB ebenfalls, nachdem er Jahr und Tag konkretisiert hatte: I, 34, 1: Jor unde tagk ist eyn iar unde sechs wochen unde dry tage. Obir drisig iar unde tag steth zcu gewin unde zcu vorlust, den dy anewartunge haben zcu erblicheme gute, ab sy in der czith nicht in daz lanth komen.232

Anschließend folgt, übernommen aus Ssp Ldr. II, 44, 1, im MeiRB I, 34, 3, S. 1: Welch man gud had in gewern iar unde tagk ane rechte weddersprache, der had an deme gute eyne rechte gewer.233

In einer weiteren Vorschrift wird die Widerspruchsfrist dergestalt konkretisiert, dass Jahr und Tag ab dem Zeitpunkt zu bemessen sind, in dem ein sich außerhalb des Landes aufhaltender Erbe wieder in das Land zurückkehrte. Außerdem stellte der Verfasser fest, dass die kurze Widerspruchsfrist in diesem Falle bei Verfügungen über Erbgut sowohl Land- als auch Stadtrecht entspreche: I, 42, 2: Wes erbegud vorlassen adder vorkommert wert, dywile he usz deme lande ist, wen der wedder kempt in daz lanth, daz sal her weddersprechen by ior unde by tage; thud her des nicht, dornoch mag her des nicht weddersprechen. Unde ist wichbilde unde lantrecht.234

Kapitel 45 des ersten Buches des MeiRB widmet sich nochmals dem Gerichtszwang, gibt Begründungen für das Erfordernis der Vornahme von Verfügungen über Grundstücke und erve vor Gericht und bekräftigt das Erfordernis des Erbenlaubes. Auch hier wird im wesentlichen Sachsenspiegelrecht wiedergegeben: I, 45, 1: Keyn eygen mag man geloszen an gerichte in lantrechte unde in wichbilde. Wert abir in keyserwichbilde des riches stete vor deme rate icht gelobet, gelassen ader gegeben, adder bekennet man vor deme rate icht, daz sal man halden vor gerichte unde anderswo. Doch so ist in unsen wichbilden: alle ufgelossen erbe gobe unde eygen gelobde sullen geschen vor gerichte, uf daz ab ymant dorin icht hette zcu sprechen von anefelle adder von schulde wegen, daz he icht vorsumet worde an sins rechten. I, 45, 2: Welch gud uf eyn geerbit ist, daz heyst sin erbegud; daz her abir gekouft had, daz heyst sin gewunnen gud; zcu lantrechte unde wichbilde. I, 45, 3: Man en mac kein erbegut gelasen an erben gelubde, sundern ane libes nod, czu lantrecht und czu wicpilde. Man en mag is ouch wedder vorkouffen noch

232 233

234

O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 67. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 68. Satz 2 der Distinktion ist hier nicht relevant. Er regelt, dass der Besitz über Jahr und Tag trotz Klage nicht zum Entstehen einer rechten gewer führte. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 75.

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vorkummern ane erben gelobde, sundern libes nod. Wel abir der erbe eym sine nod geben unde sine schult gelden, so behilt her daz erbe: noch keyserrecht, wichbilde unde lanthrechte.235

Die oben bereits angesprochene Verschmelzung von Ssp Ldr. I, 52, 1 und II, 30 zu einem Rechtsgedanken wird in der zuletzt zitierten Vorschrift (I, 45, 3 MeiRB) erneut deutlich. In Kapitel 46 des ersten Buches findet sich schließlich eine aus dem Ssp nicht bekannte Regelung, welcher Erbe zum Erbenlaub berechtigt sein sollte: I, 46, 13: Leth eyner gud adder vorkummert is, do siner nester erbe willen had zcu gegeben: der noch deme, der dy volborth had gethan, eyne sippe verner ist, mag daz weddersprechen nicht. Sin aber neher erben zcwene, adder dry adder me, willekorn sy daz alle nicht, so mag yener daz gud nicht gelassen, an sinen gewunnen guthe.236

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Zur Verfügung allgemein, zum Verfügungsgegenstand, zur Möglichkeit der Erlebensbedingung und zu den Formerfordernissen bei Verfügungen über Grundstücke und über Grundstücke enthaltendes erve ist dem MeiRB kein anderer Befund als dem Ssp zu entnehmen. Etwas genauere Auskunft als der Ssp gibt das MeiRB freilich über das Widerspruchsrecht von Erbprätendenten gegen diese beeinträchtigende Verfügungen. a) Bedeutungswandel. Bereits angesprochen wurde ein charakteristischer Bedeutungswandel des Widerspruchsrechts von Erbprätendenten. Während Eike noch davon ausgegangen war, dass die Verfügung über eigen (wie gezeigt: Grundstücke) von zurückgesetzten Erbprätendenten immer mit einem Widerspruch angegriffen werden konnte, legte der Verfasser des MeiRB einen anderen Ansatz zugrunde. Für ihn war die Verfügung über erve mit dem Widerspruch angreifbar. Wahrscheinlich stand für ihn nicht mehr die Abgrenzung zwischen Fahrnis und Eigen im Zentrum der Betrachtung, sondern vielmehr die Abgrenzung zwischen Erbgut und Erwerbsgut. Es ist insbesondere wegen der übereinstimmenden Verbindung der Verfügung mit dem Widerspruchsrecht in I, 32, 3 und I, 45, 3 (1. Halbsatz) MeiRB davon auszugehen, dass der Verfasser des Rechtsbuches mit erve in I, 32, 3 und erbegut in I, 45, 3 dasselbe meinte. Hieraus folgt, dass über Erwerbsgut nach Ansicht des Verfassers des MeiRB verfügt werden durfte, ohne dass Erbprätendenten widersprechen konnten, auch wenn dieses Erwerbsgut Grundstücke enthielt. Das ist ein deutlicher Unterschied zu Ssp Ldr. I, 52, 1. Andererseits folgt hieraus, dass 235 236

O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 79. O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 84.

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Verfügungen über Erbgut nach Ansicht des Verfassers des MeiRB von zurückgesetzten Erben immer mit dem Widerspruch angegriffen werden konnten, auch wenn das Erbgut kein Grundstück enthielt. Das wiederum ist ein Unterschied zu Ssp Ldr. II, 30. Möglicherweise sind diese Unterschiede dem Verfasser des MeiRB auch klar gewesen – immerhin schrieb er in I, 32, 3 MeiRB nicht: und ist wicpild unde lantrecht, sondern nur: und ruret wickpilde unde lantrecht. b) Zur Widerspruchsfrist. Ein anderes Problem wird bei der Frist, innerhalb derer der Widerspruch des zurückgesetzten Erben ausgeübt werden musste, erkennbar. Festgehalten wurde bezüglich des Ssp, dass von einer Begrenzung des Widerspruchsrechts eines Erbprätendenten auf die kurze Jahr und TagFrist nur bei warmhändigen Verfügungen ausgegangen werden kann. Verfügungen kalter Hand konnten davon nur betroffen sein, wenn der Besitzwechsel infolge Eintritts der Erlebensbedingung stattgefunden hatte. Nichts anderes drückt I, 42, 2 MeiRB aus, welcher die kurze Frist mit „unde ist wichbilde unde lantrecht“ kommentiert. Darüber hinaus behandelt I, 42 MeiRB eine Problemsituation, die der Ssp abgesehen von Ldr. II, 7, der aber einen deutlich eingeschränkten Tatbestand (echte not) hatte, gar nicht in den Blick genommen hatte. Es geht in I, 42, 2 MeiRB um einen Spezialfall, bei der mögliche erbberechtigte Verwandte deswegen einer Verfügung nicht widersprechen konnten, weil sie während und nach der Verfügung außerhalb des Landes gewesen waren, ohne dass Kirchen- oder Reichsdienst sie dorthin geführt haben müsste. Für diesen Sonderfall wollte der Verfasser des MeiRB nun, dass ein eventueller Widerspruch nach „Rückkehr in das Land“ binnen der kurzen Frist von einem Jahr, sechs Wochen und drei Tagen erfolgte. Die angeschlossene Aussage, Weichbild und Landrecht glichen sich hier, kann jedenfalls nicht ohne weiteres auf den Ssp bezogen werden. Diesem fehlt eine entsprechende Vorschrift und auch Ssp Ldr. II, 44, 1, S. 1 kann für diesen Fall nicht herangezogen werden. c) Durchbrechungen des Erbenlaubes. Abzuhandeln ist noch der in I, 45, 3 MeiRB neu auftauchende Gedanke, wonach der Erbenlaub entbehrlich sei, wenn der Verfügende durch eine wirtschaftliche Zwangslage („echte libes not“) zur Verfügung über Erbgut schreiten musste. Eine entsprechende Regel beinhaltete der Ssp, anders als der Wortlaut von I, 45, 3 MeiRB es mit seinem Verweis auf lanthrecht glauben machen will, nicht – freilich handelt es sich nur scheinbar um eine Neuerung. Der Gedanke, potenzielle Erben eines Verfügenden müssten dann nicht geschützt werden, wenn der Verfügende gezwungen sei, sein durch Erbfall erworbenes Vermögen zu veräußern, ist schon in Tit. 62 LSax niedergeschrieben worden. Damals, Anfang des 9. Jh., war auf die necessitas famis, auf die Hungersgefahr abgestellt worden – bei echter libes not wird es sich wohl auch im 14. Jh. um ähnliches gehandelt haben. Dass es sich bei der Formulierung in I, 45, 3 MeiRB nicht um eine Rezeption handeln muss, ist

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wahrscheinlich: Wer würde es schon einem in Not geratenen Bauern oder Bürger abverlangen wollen, sein Vermögen um den Preis des Lebens zu behalten, nur damit die potenziellen Erben dasselbe erhalten? Der Verfasser des MeiRB muss also Tit. 62 LSax nicht gekannt haben, um diesen allgemein gültigen und verständlichen Rechtssatz niederzuschreiben. Der vom Verfasser des MeiRB gegebene Verweis auf keyserrecht könnte sich zwar durchaus – und ganz ohne Rückgriff auf die Karlslegende – als ein korrektes Anspielen auf die vom fränkischen König initiierte LSax verstehen lassen. Nach Ortloff bezeichnet „Kaiserrecht“ im MeiRB freilich einerseits das Stadtrecht von Goslar oder andererseits und allgemeiner das auf kaiserlicher Autorität beruhende, römische Recht.237 Ob das zutrifft, soll hier nicht entschieden werden – es genügt, darauf hinzuweisen, dass der Verfasser des MeiRB hier einen Gedanken ausgedrückt hat, der vor ihm ebenfalls schon in rechtlich relevantem Zusammenhang ausgedrückt worden ist und der vernünftig erscheint. I, 45, 3 MeiRB bot dem Erben freilich eine Möglichkeit, die Tit. 62 LSax vorderhand nicht vorsah: Der künftige Erbe konnte dem in Not geratenen Verfügenden dadurch beispringen, dass er ihm den erforderlichen Unterhalt zahlte oder dass er die Schuld des in Schieflage Geratenen beglich. In diesem Fall sollte „er“ das betreffende Erbgut, den in Aussicht genommenen Verfügungsgegenstand „behalten“. Problematisch hieran sind die grammatischen Bezüge: Unklar ist, wer mit dem Personalpronomen „er“ gemeint gewesen sein könnte: der künftige Erbe oder der Erblasser. Für letzteren spricht die finite Verbform beheldit, für ersteren die Logik. Welchen Sinn sollte es für den künftigen Erben machen, die Not des Erblassers zu beheben oder dessen Schuld zu begleichen, wenn der Erblasser bei einem solchen Handeln seines potenziellen Erben die Verfügungsmacht über das betreffende Vermögen voll behielt? Wesentlich mehr Sinn dürfte es gemacht haben, wenn der Erbe das betreffende Vermögen erhielt, nachdem er dem künftigen Erblasser zu Hilfe gekommen war und diesen bei fortbestehender Bedürftigkeit dann aus dem Vermögen unterhielt. So könnte sich im Ergebnis sogar wieder Übereinstimmung mit dem Rechtsgedanken von Tit. 62 LSax herstellen lassen, der ja auch vorgesehen hatte, dass derjenige, der in einer Zwangslage Vermögen zugewendet bekam, den Verfügenden zu unterhalten hatte: „ut ab illo qui hoc acceperit sustentetur“. Verbindlich entschieden werden kann die Frage anhand des mehrdeutigen Wortlautes von I, 45, 3 MeiRB freilich nicht.

237

O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinctionen, S. XXXI ff.

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6. Zwischenergebnis Damit ist die Betrachtung der normativen sächsischen Landrechtsquellen abgeschlossen. Auch bei ihnen stand das Vermögen, das je nach Betrachtungsweise verschieden untergliedert werden konnte, im Mittelpunkt der Rechtsnachfolge. Verfügungen waren möglich – Beweise für das Nichtvorhandensein der Erlebensbedingung können den Quellen nicht entnommen werden. Der Erbenschutz wurde auf unterschiedliche Weise erreicht: Während die LSax erblos machende Verfügungen in bestimmten Konstellationen verbot, stellte Eike auf den sogenannten erven gelof ab und führte den Begriff in das normative, schriftlich aufgezeichnete Privatrecht ein, ohne ihn indessen „erfunden“ zu haben. Dieser erven gelof war freilich keine Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen über bestimmte Vermögensgegenstände, sondern ein Widerspruchsrecht, das potenziellen Erben zustand, die durch eine Verfügung über Liegenschaften in ihrer Aussicht, einst den Nachlass des Erblassers zu erhalten, beeinträchtigt wurden. Dieses Widerspruchsrecht erlosch in unterschiedlich langen Fristen; der auch von Eike gedachte Normalfall dürfte das Erlöschen Jahr und Tag nach erfolgtem Besitzwechsel gewesen sein. Die für Verfügungen jeder Art zu beachtenden Formerfordernisse unterschieden sich nicht wesentlich von denen des merowingisch-karolingischen Rechts. Liegenschaften, Erbgut und erve erforderten grundsätzlich einen Zuwendungsakt vor Gericht. Eike hatte es darüber hinaus noch bezweckt, dem Verfügenden den Nachweis abzuverlangen, dass er Herr seines Vermögens sein konnte.

Kapitel 6: Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Die Darstellung des Rechts der Verfügungen von Todes wegen im sächsischen Stadtrecht bedarf einer eigenen Einleitung. Dabei ist zunächst der Begriff Stadtrecht zu erläutern. Unter Stadtrecht wird zunächst die Summe derjenigen abstrakten Regeln verstanden, die einerseits die (vom Land abweichende) Stadt- und Gerichtsverfassung und andererseits die Beziehungen der Stadtbürger untereinander zum Gegenstand haben.1 Dieses Stadtrecht wird gespeist aus drei Quellen: aus lokal bzw. personal gebundenem Herkommen (in verschieden weit gehendem, mehr oder weniger gut erkennbarem Ausmaß), aus grundherrlichen Privilegien und aus bürgerschaftlichen Willküren. Das genaue Verhältnis dieser drei Quellen für eine bestimmte Stadt exakt bestimmen zu wollen, ist eine Aufgabe, die hier nicht versucht werden soll. Meist werden Ansätze für ein Stadtrecht erkennbar, wenn der Grundherr für einen bereits bestehenden Ort auf wessen Veranlassung hin auch immer bestimmte Privilegien erteilt (vor allem Marktrechte) oder wenn ein Grundherr einem Lokator für eine neu zu gründende Gemeinde eine bestimmte Verfassungsordnung vorgibt. Die bürgerschaftlichen Willküren setzen in der Regel später ein, können aber auch auf bürgerschaftlichem Herkommen beruhen, das älter ist als die grundherrlichen Privilegien.2 Darüber hinaus ist der Begriff Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises eine Vereinfachung – es kann schon aus formellen Gründen kein einheitliches Stadtrecht dieser Art gegeben haben, sondern immer nur das konkrete Recht der einzelnen Stadt – jedoch eine zulässige Vereinfachung. Das hängt damit zusammen, dass das Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises, das den Gegenstand auch dieser Betrachtungen bildet, ohne die einheitliche landrechtliche Grundierung3 nicht denkbar ist. 4 Die quellenbezogene Differenzierung 1

2 3

Vgl. zum Begriff Stadtrecht nur DILCHER, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1863 ff.; MITTEIS/LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 293; enger auf Magdeburg und Brandenburg bezogen E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 247 und L ÜCK, in: P UHLE /P ETSCH (Hrsg.), Magdeburg. Die Geschichte der Stadt, S. 155, 162. Pointiert in diesem Sinne K RETZSCHMAR, Die Entstehung von Stadt und Stadtrecht, S. 145 ff. Es soll hier offengelassen werden, welcher Rechtskreis den jeweils anderen durch Rezeptionen oder Abänderungen beeinflusst haben mag. Für die quellenlosen, unschriftlichen Jahrhunderte vor Eike und vor den einzelnen Stadtrechtsurkunden, in welchen sächsisches Land- und Stadtrecht sich gebildet haben, ist Aufhellung unmöglich.

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zwischen Stadt- und Landrecht sollte für Sachsen nicht als scharfe Trennung verstanden werden – Lück spricht trotz unübersehbarer Eigenheiten von einem „Wechselverhältnis“ 5. Außerdem ist zu beobachten, dass den Rechtsmitteilungen der Magdeburger Schöffen an magdeburgische Tochterstädte dort Rezeptionen einer bestimmten Textklasse des Ssp folgen oder dass der Ssp oft mit Magdeburger Stadtrechtsquellen zusammen tradiert wird.6 Bertelsmeier-Kierst führen diese (und urkundliche) Befunde etwa zu der These, dass Eike v. Repgow im engsten Kontakt mit den Magdeburger Schöffen gestanden, ihnen vielleicht sogar selbst angehört habe.7 Gleichwohl unterscheiden sich Stadt- und Landrecht in legitimatorischer Hinsicht und Kroeschells Diktum, aus dem Ssp wehe die Luft von Ratskanzleien und Schöffenstuben, von geistlichen Gerichten und Gelehrtenstuben,8 sollte nicht zu einer einfachen Nivellierungsthese verallgemeinert werden. Immer wieder zeigt sich ferner auch bei der Betrachtung der einzelnen Stadtrechte, dass diese sich (auch in Bezug auf die lebzeitigen und die erlebensbedingten Verfügungen) nicht voneinander unterschieden haben, und dass den städtischen Rechtsquellen diesbezüglich ein gemeinsames System zugrunde gelegen hat. Dieser gemeinsame Grundbestand spiegelt sich auch im Begriff „sächsisches Weichbild “. Unter Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises wird daher das Recht solcher Städte verstanden, die geografisch im Gebiet des alten Herzogtums Sachsen belegen sind bzw. die später im Zuge der Ostkolonisation durch Verleihung bzw. durch autonome Übernahme des Magdeburger Stadtrechts bzw. durch Aufnahme eines Oberhofzuges nach Magdeburg in den sächsischen Stadtrechtskreis einbezogen worden sind. Zeitlich die frühesten Beispiele hierfür bieten das märkische Stendal kurz nach 1160 und das (kur-) sächsische Leipzig zwischen 1156 und 1170. 9 Bekanntlich sind von diesem Übernahmephänomen Gemeinden erfasst, die im 13. bis 15. Jh. in folgenden Territorien lagen: im Erzbistum Magdeburg, in Brandenburg, in Anhalt und beiden (albertinischen und ernestinischen) Obersachsen, in (nichtfränkischen) Teilen Thüringens, in der Ober- und der Niederlausitz, in Schlesien, im

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Otto Loening stellte sich diese Grundierung so vor: „So entwickelte sich allmählich auch ein besonderes Stadtrecht, das also nur als eine Entwicklung des agrarischen Landrechtes unter !erücksichtigung der neuen städtischen Verhältnisse anzusehen ist. “; L OENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 2; ähnlich LÜCK, in: P UHLE/P ETSCH (Hrsg.), Magdeburg. Die Geschichte der Stadt, S. 155, 162. L ÜCK, in: P UHLE /PETSCH, Magdeburg. Die Geschichte der Stadt, S. 155, 163. BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 109. BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 111. Anhand der Ergebnisse der hiesigen Untersuchung kann Bertelsmeier-Kiersts Nivellierungsthese jedenfalls nicht erhärtet werden. K ROESCHELL, in: CLASSEN, Recht und Schrift im Mittelalter, S. 349, 371. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 220.

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

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nördlichen und östlichen Böhmen und Mähren, in Ungarn, in der Zips, in Polen, in Preußen und in Pommern.10 Der Schwerpunkt der folgenden Untersuchung wird dabei auf dem seit der ottonischen Ausdehnung des Reiches als Siedelland zur Verfügung stehenden Kolonisationsgebiet liegen. Das betrifft vor allem das „Alt- und Neusiedelgebiet“ des Erzbistums Magdeburg, der Mark Brandenburg und des späteren Kursachsen.11 Für eine bedeutende Stadt des altsächsischen Territoriums, das auch Rechtsverkehr nach Magdeburg unterhielt, steht bereits eine vergleichbare Quellenstudie12 zur Verfügung. In einem weiteren niedersächsischen Quellenmaterial13 wurden Vergleiche angestellt, die das hier herausgearbeitete System ebenfalls bestätigten. Gute Vergleichsmöglichkeiten bieten auch einige böhmische und Zipser Quellen. Problematisch bei der Darstellung des sächsischen Stadtrechts in dem hier interessierenden Territorium ist der Forschungsstand. Es ist wohl nicht fehlgegriffen zu behaupten, dass die juristische Stadtrechts- und Stadtbücherforschung für den Magdeburger Rechtskreis noch immer in dem Zustand ist, in dem Paul Rehme sie bei seiner Emeritierung 1935 in Leipzig hinterlassen und wie sie Gertrud Schubart-Fikentscher zuletzt 1942 überblicksartig zusammengestellt hat.14 Auszunehmen hiervon sind freilich die um die Schöffenspruchtradition verdienstvollen Arbeiten Friedrich Ebels. Moderne Editionen von vorhandenen Stadtrechten sind dabei weniger ein Desiderat der Forschung, mit den vorhandenen Quellen lässt sich gut arbeiten, auch wenn sie z. T. schon angejahrt sind wie die Magdeburger Rechtsquellen von Paul Laband. 15 Die überlieferten Stadtrechte sind in guten Ausgaben vorhanden und zugänglich.

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Vgl. die Aufzählungen von BUCHDA, Art. Magdeburger Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 135; E BEL, Unseren fruntlichen grus zuvor, S. 219; und ZACKE, in: GBllMagd 16 (1881), S. 34, 41 f. Zacke rechnet darüber hinaus noch großzügig das Verbreitungsgebiet von Deutschen- und Schwabenspiegel hinzu. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Die nähere Vorstellung der verfügbaren Quellen wird die Wahl dieses Schwerpunktes rechtfertigen. P IPER, Testament und Vergabung von Todes wegen im braunschweigischen Stadtrecht des 13. bis 17. Jahrhunderts. Diese Arbeit wurde 1988 komplettiert durch die Edition der im braunschweigischen Stadtarchiv befindlichen spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Testamente; vgl. MACK, Testamente der Stadt Braunschweig. REINECKE, Lüneburgs ältestes Stadtbuch. Das Lüneburger Stadtbuch eignet sich aber, da es sich um ein Stadtbuch und nicht um ein Schöffenbuch handelt (s. zur Unterscheidung noch unten), nicht für eine gründliche statistische Bearbeitung. Thematisch hier relevante Einträge sind zu selten. REHME, Über Stadtbücher als Geschichtsquelle; DERS., Stadtbuchstudien II; S CHUBART-FIKENTSCHER, Die Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Osteuropa. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Dramatischer ist die Situation hinsichtlich der empirischen Rechtsquellen, der in den meisten mittelalterlichen Städten des Magdeburger und des Lübischen Rechtskreises geführten Gerichts-, Schöffen- und Stadtbücher. In solchen Büchern kann sich bei günstiger Überlieferungslage der städtische Privatrechtsverkehr lückenlos abbilden. In Städten, denen ein eigenes geschriebenes Stadtrecht fehlt (bzw. nicht überliefert ist) lässt sich so der tatsächlich geübte Rechtszustand betrachten. Zwar wurde bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jh. die Bedeutung dieser Überlieferungsmasse für die Privatrechtsgeschichte erkannt – den Anstoß lieferte Carl Gustav Homeyer16 – und zwar setzte auch alsbald eine rege Editionstätigkeit, gefolgt von einzelnen rechtshistorischen Überblicksarbeiten, ein. Freilich führten diese Bemühungen nur in Ausnahmefällen zu einem ein bestimmtes Territorium erschöpfend abdeckenden Editionsergebnis und nur in wenigen Fällen zu einer juristischen Auswertung. Es liegen heute aus diesen Anfängen daher vorwiegend punktuelle Untersuchungen vor, die vorwiegend von lokalhistorischem Interesse geleitet waren. Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges erlosch beinahe jede weitere Beschäftigung mit den Stadt- und Gerichtsbuchquellen im Magdeburger Rechtskreis. Noch bis heute steht die dogmengeschichtliche Arbeit mit diesen mehr oder weniger mühelos zugänglichen Quellen fast still. 17 Aber nicht nur der rechtshistorische Fokus liegt derzeit auf anderen Zeiträumen und anderen Fragestellungen, auch die historischen Hilfswissenschaften waren seit der letzten Edition des Stadtbuchs einer sächsischen Stadt (Dresden) im Jahre 1963 bis in das Jahr 2002 hinein nicht mehr in der Lage, die entsprechenden Quellen durch kritische Texteditionen zugänglich zu machen, obwohl gerade Sachsen eine reiche Stadt- und Schöffenbüchertradition hat. 18 Henning Steinführer meint, seit 1963 sei in der Beschäftigung mit der sächsischen Stadtbuchüberlieferung eine gewisse Stagnation (sic!) eingetreten.19 Ein Gesamtinventar der vorhandenen Stadtbücher auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ist gegen Ende der 80er Jahre zwar noch geplant, aber nicht mehr realisiert worden.20 Erst die Veröffentlichung der Leipziger Ratsbücher der Jahre 1466 bis 1500 durch Steinführer21 hat einen neuen Anfang gemacht. 16 17 18 19

20 21

H OMEYER, Die Stadtbücher des Mittelalters. Abgesehen von der Teilauswertung der Hallischen Schöffenbücher durch SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 96-100. STEINFÜHRER, in: NASächsGesch 69 (1998), S. 245, 246. STEINFÜHRER, in: NASächsGesch 69 (1998), S. 245, 246 bei Fn. 3; DERS., Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500) I, S. XXXVI. Die Edition des Zwickauer Rechtsbuches von Günther Ullrich aus dem Jahre 1941 kann nicht als Edition eines Rechtstatsachen bietendes Stadt- bzw. Schöffenbuches angesehen werden – so aber STEINFÜHRER, Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500), I, S. XXXVI, bei Fn. 128. Es ist ein Stadtrechtsbuch, so MUNZEL, Art. Stadtrechtsbücher, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1874, kein Stadtbuch. Immerhin gibt es einen Bericht darüber: KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90-95. STEINFÜHRER, Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500).

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

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I. Normative Rechtsquellen 1. Das Magdeburger Recht „Das Magdeburger Recht kennt zunächst keine Testamente. Es akzeptiert im 13. Jahrhundert nur Vergabungen unter Lebenden von Todes wegen (mit Erbengelob). Sie erscheinen bis Ende des 15. Jahrhunderts als gebräuchliche Form der gewillkürten Nachlassverteilung. Dieses Rechtsgeschäft übernahm objektiv die Funktion der Testamentserrichtung. Sie knüpft an die Veräußerung unter Lebenden an, ist auch eine solche, nur unter der suspensiven Bedingung des Todes des Vergabenden. Damit bleibt sie Rechtsgeschäft unter Lebenden und folgt dessen Regeln, vor allem hinsichtlich möglicher Gegenstände des Geschäfts und ausgenommener Vermögensteile, den Formvorschriften und den Beispruchsrechten der nächsten Erben. “

So beschreibt Friedrich Ebel 200422 die von ihm in Übereinstimmung mit der älteren Lehre so bezeichneten „Vergabungen“. Dass dieser Begriff ein Artefakt ist, wurde einleitend schon gezeigt. Auch Friedrich Ebel steht – das Zitat zeigt es – hinsichtlich der Rechtsnatur dieser „Vergabungen“ zwischen den Stühlen, er nennt sie „Vergabungen unter Lebenden von Todes wegen“. Schließlich entschied er sich für die sachenrechtliche Theorie: Es handele sich (und zwar vom Jahre 1200 bis zum Jahr 1400) um suspensiv bedingte Veräußerungen bzw. Übereignungen unter Lebenden.

(1) Allgemeines zu den Quellen a) Originäres Magdeburger Stadtrecht. Das Magdeburger Recht als eigenständige Größe, dessen Ursprünge im (mündlichen) Dunkel liegen23 tritt in schriftlicher Form erstmals im Jahre 1188 in einer Urkunde des Magdeburger Erzbischofs Wichmann zugunsten der Stadt Magdeburg hervor. Erhalten hat sich die Urkunde freilich nicht in Magdeburg, sondern in der schlesischen Stadt Goldberg (heute Z!otoryja). 24 Die wenigen Bestimmungen dieser Urkunde setzen bereits die Existenz einer (unbekannten) städtischen Rechtsordnung voraus. Das wird noch dadurch erhärtet, dass das „Magdeburger Recht“ bereits im Jahre 1160 auf die neu gegründete altmärkische Stadt Stendal übertragen worden ist. 25 Es ist wohl richtig, davon auszugehen, dass sich eine städtische Verfassung und damit das Magdeburger Recht bereits im 11. Jahrhundert zu entwickeln begann. Ob und wie diese frühe städtische 22 23 24 25

E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 478. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 218. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 1. S CHWINEKÖPER, Art. Magdeburg, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 131.

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Rechtsordnung freilich von einem gleichfalls unschriftlichen Landrecht abwich, muss unentschieden bleiben. Im Jahre 1100 wird der Schultheiß erstmals erwähnt, majores civitatis erscheinen 1129 – vielleicht handelte es sich hierbei um das Schöffenkollegium. 1213 werden zwei Bürgermeister erkennbar, der Rat entwickelte sich zunächst als ein Ausschuss des Schöffenkollegiums für die Verwaltungsangelegenheiten. Die hart umkämpfte Trennung beider Kollegien erfolgte 1293, seit 1336 durfte kein Schöffe mehr zum Rat gehören. Die vollständige Emanzipation der Stadt vom Land erfolgte 1294, als der Rat das Burggrafenamt von den Herzögen von Sachsen-Wittenberg erwarb und dieses dem Erzbischof von Magdeburg überließ, der freilich zusichern musste, das Amt nicht wieder zu besetzen und nur vom Rat vorgeschlagene Personen zum Schultheißen zu ernennen.26 Jedenfalls hat sich kein eigener Magdeburger Stadtrechtskodex erhalten, 27 ebenso wenig eine neuzeitliche Magdeburger Stadtrechtsreformation. 28 Bekanntlich ist bei der gründlichen Zerstörung der Stadt Magdeburg im Dreißigjährigen Krieg am 10. Mai 1631 auch das Schöffenhaus und das Archiv des Schöffenstuhls, wo ein solcher etwa verfasster Stadtrechtskodex höchstwahrscheinlich auch aufbewahrt worden wäre, vernichtet worden. 29 Die Urkunde von 1188 ihrerseits stellt nur einen kleinen Ausschnitt aus der Magdeburger Stadtrechtsüberlieferung dar und ist auch inhaltlich nicht die maßgebliche Stadtrechtsquelle. Das Magdeburger Recht ist in seiner heute bekannten Gesamtheit aus den erhaltenen schriftlichen Zeugnissen rekonstruierbar, die von Magdeburg aus an anfragende Stadtbehörden in Mittel- und Osteuropa versandt worden sind und die sich in den Archiven der Städte und Territorien erhalten haben, die mit Magdeburg und insbesondere mit seinem Schöffenstuhl im Austausch gestanden haben. Die wichtigsten normativen Magdeburger Rechtsquellen stehen in der noch immer aktuellen Ausgabe von Paul Laband und – teilweise, soweit sie Breslau betreffen – in der Edition von Friedrich Ebel30 zur Verfügung. Auf Labands Edition stützt sich die hiesige Darstellung. 31 Im Ganzen sind das elf Rechtsquellen: Erstens die bereits erwähnte Urkunde Erzbischof Wichmanns aus dem Jahre 1188, zweitens ein an Herzog Heinrich I. von Schlesien gerichteter, 26 27 28 29 30 31

Vgl. hierzu S CHWINEKÖPER, Art. Magdeburg, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 131. L ÜCK, Sachsenspiegel und Magdeburger Recht, S. 30. BUCHDA, Art. Magdeburger Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 134. BUCHDA, Art. Magdeburger Recht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG III (1984), Sp. 135; E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 221. E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 1-20. Ebel wich bei den Magdeburger Rechtsmitteilungen für Breslau von 1261 und 1295 nicht wesentlich von Laband ab.

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undatierter Brief der Magdeburger Schöffen, drittens das hinsichtlich seiner genauen Datierung (wohl 1235)32 umstrittene Hallische Recht für das schlesische Neumarkt (heute "roda "l#ska) – eine von der Magdeburger Tochterstadt Halle/Saale ausgehende Tochterrechtsquelle,33 viertens und fünftens zwei Rechtsmitteilungen aus Magdeburg an die schlesische Stadt Breslau (heute Wroc!aw) aus den Jahren 1261 und 1295, sechstens das aus dem 13. Jh. stammende34 sogenannte Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung, siebtens das ebenfalls aus dem 13. Jh. datierende Magdeburger Schöffenrecht, das gleichfalls auf eine Breslauer Hs. zurückgeht, 35 achtens das vom 1. November 1304 datierende, von Magdeburg an die kurz vorher von ihrem brandenburgischen Stadtherrn ausdrücklich mit Magdeburger Recht ausgestattete Stadt Görlitz versendete Görlitzer Stadtrecht, neuntens ein nach Kulm (Che!mno) in Ostpreußen verschicktes Magdeburger Weistum von 1338,36 zehntens ein ebensolches, nach Schweidnitz ("widnica) in Schlesien versendetes Weistum von 1363 und schließlich elftens ein 1364 an die Tochterstadt Halle/Saale verschicktes Weistum. Die drei wichtigsten unter diesen elf Quellen sind das MagdeburgBreslauer Recht von 1261, das Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung und das Magdeburger Schöffenrecht. Diese drei Quellen bilden den Grundstock des Magdeburger Stadtrechts. Alle drei Quellen sind wahrscheinlich etwa zeitgleich (um die Mitte des 13. Jh. oder zwischen 1250 und 1300) erstmals niedergeschrieben worden. Diese drei Quellen dürfen deshalb als gleichberechtigt und einander ergänzend betrachtet werden. Die beiden letzteren sind es auch, die oft unter der Bezeichnung „sächsisches Weichbild “ oder „sächsisches Weichbildrecht“ editorisch und literarisch zusammengefasst werden.37 Es existieren Drucke von 155138, 158939, 172140, 1837 41, 185342 und 32 33 34

35

36 37

38

So 2004 E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 430. Vgl. dazu K ANNOWSKI /D USIL, in: ZRG Germ. Abt. 120 (2003), S. 61 ff. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 43, gibt an, dass der Grundstock desselben nach dem Ssp und vor dem Magdeburg-Görlitzer Recht von 1304 entstanden sei. V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 52, Fn. 3 meinte, das Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung sei zwischen 1253 und 1269 entstanden. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 43, der v. Martitz hier kritisierte, meinte, 1253 sei als terminus post quem zu spät angesetzt. Wieder anders L ÜCK, Sachsenspiegel und Magdeburger Recht, S. 37, der das Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung auf 1257-1261 datiert. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 431 folgt in der Titulatur hier nicht Laband, sondern spricht von einer zeitlich vor 1304 anzusetzenden Fassung eines Weichbildrechts. Beide meinen aber dieselbe Quelle, wie sich aus ihrem Verweis auf die Signatur der Leit-Hs. (Breslau, UB, II. Q. 3.) ergibt. Vgl. STEFFENHAGEN, Deutsche Rechtsquellen in Preussen, S. 57. Vgl. insbesondere L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 32; E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 217, 221; L ÜCK, Sachsenspiegel und Magdeburger Recht, S. 30 und 37. Sechsisch Weichbild, Lehenrecht und Remissorium.

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187143. Sie alle sind durch die Arbeiten Labands und seine systematische Trennung des „Weichbilds“ in das Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung und das Magdeburger Schöffenrecht überholt. Diese drei authentischen Magdeburger Quellen stehen in zeitlicher und örtlicher Nähe zu derjenigen Ssp-Ausgabe (Textordnung IIa), auf der alle folgenden Ssp-Ausgaben beruhen und die diejenige ist, auf der auch das heutige Bild vom Gesamtbestand des Ssp beruht. Es ist, unterstellt Eckhardts Aussage von der Entstehung der Ssp-Textordnung IIa kurz vor 1270 in Magdeburg trifft zu, möglich, dass ein oder mehrere Autoren Land- und Stadtrecht parallel bearbeiteten. b) Weitere sächsische Stadtrechtsquellen. Eigene schriftlich formulierte sächsische Stadtrechte sind angesichts der Vielzahl der im 13. und 14. Jahrhundert hervortretenden Städte nur selten greifbar. Offensichtlich entsprach das Magdeburger Recht den Anforderungen in den meisten Kolonistengemeinden. Das beweist die inhaltliche Übereinstimmung vieler z. T. weit territorial gestreuter Handschriften mit dem Magdeburger Schöffenrecht. 44 Bedürfnis und Potenzial zur schriftlichen Niederlegung bzw. zu einer Kodifizierung eines eigenständigen Stadtrechts waren nur in wenigen magdeburgischsächsischen Städten vorhanden. Aus dem Gebiet der Mark Meißen sind niedergeschriebene Stadtrechte überliefert aus der Silberstadt Freiberg/Sa., wo zwischen 1298 und 1307 das Freiberger Stadtrecht aufgezeichnet wurde45 und der Stadt Zwickau, die mit dem zwischen 1348 und 1357/58 zusammengestellten Zwickauer Rechtsbuch46 ebenfalls zu einer städtischen Rechtsbildung gelangte. Unübersichtlich ist die Lage im Magdeburger Erzbistum. Obwohl hier vom 12. bis zum 14. Jh. zahlreiche Städte entweder als Neugründungen oder aber dadurch entstanden, dass Burgsiedlungen und dörfliche Marktsiedlungen zusammenwuchsen, sind kaum Stadtrechtsaufzeichnungen vorhanden. Schon das in der Salzstadt Halle geltende Stadtrecht ist als solches nur deswegen ansatzweise zu erkennen, weil die Hallischen Schöffen ihre Rechte einer 39 40

41 42 43 44 45 46

ZOBEL, Sächsisch Lehenrecht und Weichbilt. L UDOVICI (Hrsg.) Das sächsische Weichbild: in der lateinischen und jetzo gebräuchlichen hoch-teutschen Sprache aus alten bewährten Codicibus nebst nöthigen Auszügen aus der Gloße. In der Leipziger Universitätsbibliothek wird dieser Druck als vermisst geführt. V. THÜNGEN, Das sächsische Weichbildrecht nach dem Codex Palatinus Nro. 461. V. DANIELS, Dat buk wichbelde recht. WALTHER, Das sächsische oder Magdeburgische Weichbild-Recht. Vgl. dazu die Übersicht bei LABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 74-77. Zum Quellenbefund s. unten 3. Streng genommen handelt es sich um eine Falschbezeichnung: Als Rechtsbücher werden üblicherweise nur Sammlungen bezeichnet, die Privatarbeiten sind. Zur Zwickauer Rechtslage s. unten 4.

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schlesischen Stadt übersandt haben. Diese Rechtsmitteilung gilt aber mit Recht als ein Zeugnis Magdeburger Rechts und kann daher nicht eigenständig behandelt werden – von einer eigenen, das Stadtrecht betreffenden, Aufzeichnungsarbeit in Halle ist nichts überliefert. Nicht anders sieht es in den Städten aus, die immerhin durch Schöffenbücher hervorgetreten sind: weder Neuhaldensleben, noch Aken, noch Zerbst können aus dieser Zeit Sammlungen normativer Rechtsquellen vorweisen, obwohl hier der Privatrechtsverkehr ausweislich der Schöffenbücher sehr ausgedehnt und die wirtschaftliche und infrastrukturelle Bedeutung dieser Städte im Spätmittelalter eine größere als die heutige gewesen ist. Schließlich sind zu den normativen Stadtrechtsquellen noch Privatarbeiten zu rechnen, die in eingeführter Terminologie wegen dieses ihres Ursprungs als (Stadt-) Rechtsbücher bezeichnet werden. Aus der Stadt Eisenach stammen zwei Arbeiten eines Verfassers zu einem Stadtrechtsbuch: das Rechtsbuch des Johannes Purgoldt47 und das sogenannte Eisenacher Rechtsbuch.48 Dass beide Bücher von einem Autor – Johannes Rothe – stammen und in die Zeit von 1374-1384 bzw. 1384-1397 zu setzen sind, hat Peter Rondi nachgewiesen.49 Zwar gehört das Eisenacher Rechtsbuch nicht zur Magdeburger Stadtrechtsfamilie. Da sich aber das Eisenacher wie das Magdeburger Recht neben dem (sächsischen) Landrecht entwickelt hat und auch wie dieses mit dem Landrecht verwandt geblieben ist50 – wie sich gerade hinsichtlich der Verfügungen von Todes wegen zeigt – kann es hier nicht ausgespart werden.51

(2) Quellenbefund des originären Magdeburger Stadtrechts a) Für das hier interessierende Thema unergiebig sind zunächst die Urkunde Erzbischof Wichmanns von 1188 und der Brief an den schlesischen Herzog Heinrich I. Ebenso unergiebig sind das Magdeburger Weistum für Kulm (Che!mno) aus dem Jahre 1338, das Magdeburger Weistum für Schweidnitz ("widnica) von 1363 und das Magdeburger Weistum für Halle von 1364. Es verbleiben die Hallische Rechtsmitteilung nach Neumarkt ("roda "l#ska), die beiden Magdeburg-Breslauer Rechte, das Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung und das Schöffenrecht. Eine chronologisch erste thematisch einschlägige Vorschrift liefert die Rechtsmitteilung der Schöffen von Halle nach Neumarkt ("roda "l#ska). Hier wird angeordnet, dass beim Tod des Mannes die Frau vom Gut des Mannes

47 48 49 50 51

O RTLOFF, Rechtsbuch Johannes Purgoldts. RONDI, Eisenacher Rechtsbuch. RONDI, Eisenacher Rechtsbuch, S. XII-XXX. Kurzcharakteristik Stadt- Landrecht bei E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 220. S. dazu unten 5.

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nichts erhalten sollte52, es sei denn, sie könne mit Zeugen beweisen, dass der Mann ihr vor Gericht etwas übertragen habe: § 26. Item, si alicui domine maritus ejus moritur bona ipsorum non spectabunt ad dominam, sed tantum illa, que maritus tradidit uxori coram judicio et per hoc testes si poterit approbare.53

Daneben gibt es in diesem Rechtsbrief Vorschriften zum Verwandtenerbrecht und zum Ehegattenerbrecht,54 die keinen Unterschied zum Landrecht erkennen lassen. Schließlich existieren ein erve- und ein rade-Katalog. 55 b) Das Magdeburg-Breslauer Recht von 1261 bietet mehr als der Hallesche Brief nach Neumarkt ("roda "l#ska). Zunächst wird aber die schon aus diesem bekannte Regel (der eben zitierte § 26 der Hallischen Rechtsmitteilung) auf deutsch wiederholt: § 14: Ofte ein man ein wip nimet, stirbet die man, daz wip ne havet in sime gute nicht, her hab iz ir gegeben in gehegeteme dinge, oder zu libgedinge zu irme libe.56

Weiter enthält aber diese Quelle mehr und wichtigere Vorschriften, in denen sich Unterschiede zum Landrecht andeuten: § 16: Swaz so ein man gibit in hegeteme dinge, besitzet her damite jar unde tach ane jemannes widersprache, die recht ist, der ist her naher zu behaldene mit dem richtere unde mit den schephenen, dan iz ime jeman untvuren muge.57

Ohne systematischen Bezug zu dieser prozessrechtlich eingekleideten Regel folgt ein Verbot über Verfügungen im Siechbett: § 18: Nichein man noch nichein wip die nie moch an irme suchebette nicht vorgeben boven drie schillinge, an ir erben gelop, noch die vrouwe an ires mannes gelop.58

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56

57

Zur Erbfolge nach Magdeburger Stadtrecht O BLADEN, Magdeburger Recht auf der Burg zu Krakau, S. 48-57. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 11. Geregelt sind das Hergewete (§ 21 f.), die Gerade (§§ 23-25) als güterrechtliche Beteiligung der Frau am Mannesvermögen und der Schoßfall bei vorversterbenden Abkömmlingen (§ 27); vgl. LABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 10 f. § 43 und § 44; vgl. LABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 13. Zum erve (hereditas), gehörten demnach Grundstücke, Kaufmannsgut, Pferde, Rinder, Stallschweine, (plane) Kisten, gemauerte Braupfannen, Fässer, ungeschnittenes Linnen, Gold- und Silberringe, Waffen und alle Forderungen. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 16; E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 3. Die Vorschrift wird komplettiert dadurch, dass die Frau das Recht erhielt, das Gut des Mannes so lange zu nutzen, wie sie bei ihren Kindern im Mannesgut bleibt. Daneben sollte sie die Schafe als Gerade erhalten. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 16; E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 4.

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Schließlich findet sich noch eine den Schoßfall regelnde Vorschrift, die erkennen lässt, dass bei der Teilung des Nachlasses danach unterschieden werden sollte, ob der Erblasser über die einzelnen Vermögensstücke Verfügungen getroffen hatte: § 48: Stirbet ein man unde hebet her gut unvorgeben, iz gut erbet uf sine kindere, ob si ime ebenburdich sint, unde stirbet der kint dichein, sin teil, daz vellet uf sine muter, unde die muter die ne mach nicht mit deme gute tun, an der erben gelob.59

Die Quelle übernahm schließlich in einem Block rezipierter Sachsenspiegelvorschriften noch die schon erörterte Definition des erve aus Ssp Ldr. I, 24 in ihren § 58. 60 Das aus dem Jahr 1295 datierende Magdeburg-Breslauer Recht enthält keine relevanten Vorschriften.61 Es scheint sich um Klarstellungen und Ergänzungen zum bereits 1261 übermittelten Recht zu handeln. c) Im Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung behandelt Art. 20 umständlich die Frage, wie nach Weichbild über eigen – also über Liegenschaften – verfügt werden sollte. Es handelt sich um eine Vorschrift von wünschenswerter Genauigkeit. Sie soll deshalb im vollen Wortlaut folgen, obwohl es sich vom Verfügungsgegenstand her nur um einen Teilbereich der Verfügungen allgemein handelt: Art. 20. Wie man eigen gebit zu wicbilde. § 1. Ob ein man ein eigen gibet binnen wicbilde, wie man das geben sulle alse recht und redeliche als ez helfende si. Jener der ez geben sal, der sal kumen zu echteme dinge; daz sal ouch iener, der ez entfan sal. So bitte jener einis vorsprechen, der ez da geben wil, den sal man im geben. Der bitte von ienis halben an einem urteile zu versuchene, wie her sin eigen geben sule, daz ez helfende si. So vindet man im zu rechte: mit erben gelobe, ob her beerbet oder begabet ist. Ist her aber unbeerbet vnde vnbegabet vnde hat her ez gecouft mit sinen pfenningen, so mac her ez geben, wem er will. Und jener der entfet ez; vnde alz her ez entfangen habe, so vrage sin vorspreche, ob ez im gegeben si, also rechtliche vnde redeliche als ez im helfende si. Als im das gevunden wirt, so bitte her dan der inwisunge mit urteilen von gerichtes halben. So sal in inwisen der schultheize oder der voget, ob ez vor im geschiet. Dar suln die schepfen mite gen, die das sen vnde horen, das man in rechte vnd redelichen inwise, wand si des gezuc sin muzen dar na, ob man is bedarf.

58 59 60 61

L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 16; E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 4. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 20; E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 8 f. Bei E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 11 handelt es sich um § 59. Auf § 12 der Magdeburg-Breslauer Rechtsmitteilung von 1295 hinzuweisen erübrigt sich. Dort ist nur die Rede von einer Verfügung zugunsten von Kindern aus zweiter Ehe. Rechtliche Weiterungen der schon aus den bisherigen Quellenstellen zu entnehmenden Verfügunsgmöglichkeiten sind hier nicht zu erkennen.

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§ 2. So wiset in der schultheize oder der voget alsus: Der richter sal vor in das hus gen ader uffe die hovestat, ob do nehein hus en ist; vnde jener ste uffe der straze die wile, vnde die schepfen mit im. So neme in der richter bi der rechten hant vnde leite in in. Vnd die schepfen suln na in gen, durch das sie horen vnde sehen, das in der richter rechte dar inwise. Vnde der richter spreche alsus: Die gabe, die y gegeben ist vor gerichte rechte vnd redliche da wise ich y in, als y mit vrteilen erteilet ist, vnd setze des die schepfen vnde die anderen, die hie zu gegenworte sin, zu gezuge, das ich y ingewiset habe Vnde ge wider an sin gerichte. § 3. So trete iener vor vnde sin vorspreche, der in daz eigen gewiset ist, vnde bitte den richter mit vrteile, daz her gezuc wesen wolle, das her in das erbe (sic!) rechtlichen vnde redelichen gewiset si, das her das sehe vnde horte, das im gegeben wart. Dez muz her sich verpflegen mit dem eide, den her zu dem gerichte gesworen hat vnde das her sin gezuc si [Entsprechendes gilt nach § 4 auch für die Schöffen].62

Es folgt in Art. 21 die Anordnung, dass der Verfügende dem Erwerber Jahr und Tag gewere (hier im Sinne von Gewährschaft) leisten müsse. Dieser Liegenschaftsübertragung vor Gericht und der anschließenden Einweisung des Erwerbers in das Grundstück liegt die Vorstellung einer sofort wirksamen Verfügung unter Lebenden zugrunde. Anschließend wird die aus dem Halle-Neumarkter Rechtsbrief und aus dem Magdeburg-Breslauer Recht von 1261 bekannte Vorschrift wiederholt, wonach die Frau am Vermögen des Mannes bei dessen Tod mit Ausnahme der Gerade und von vor Gericht vorgenommenen Zuwendungen keinen Anteil habe: Art. 22 Von wibes recht an todes mannis gute. § 1. Nu vernemet was ein vrowe ires mannes gutes behalde nach sinem tode: Nicht dan ir rade vnde das her ir gegeben hatte vor gerichte.63

Es folgt ein Geradekatalog – Art. 23, Regeln über die Musteilung – Art. 24, eine Vorschrift über das Hergewete – Art. 25 und schließlich ein Erbekatalog – Art. 26 64. Anhand dieser Artt. 23-25 wird deutlich, dass sich das Weichbild hinsichtlich dieser Sondervermögensmassen nicht substanziell vom 62 63

64

L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 65 f. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 66. Hier schließt sich noch eine Erörterung über die Morgengabe an. Die Quelle gibt an, dass Landrecht und Weichbild sich bei der Morgengabe unterschieden, erstens weil nicht eingezäuntes Gut gegeben werden könne, da in der Stadt in Stein gebaut zu werden pflege und weil nach Weichbild keine Unterschiede nach Ständen gemacht würden – die Morgengabe nach Landrecht unterschied sich nach der, die Ritter gaben und der, die Bauern geben konnten. Dazu gehörten Grundstücke, über die keine Verfügung getroffen war (andere Grundstücke gehörten also nicht zum Nachlass!), Gold und Silber, Wolle und Leinen, Pferd, Rinder und Feldschweine etc.; vgl. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 68.

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Landrecht unterschied. Damit ist das Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung erschöpft. d) Es bleibt noch das Magdeburger Schöffenrecht zu betrachten. Es überrascht nicht, dass auch hier die Regel zu finden ist, dass die Frau am Nachlass des Mannes nur mit der Gerade und mit den vor Gericht vorgenommenen Zuwendungen beteiligt werden sollte. Lagen solche Zuwendungen nicht vor, dann hatte die Frau nur den Anspruch, im Gut des Mannes wohnen zu bleiben und von den Kindern aus dem Gut des Mannes versorgt zu werden, solange sie unverheiratet blieb: Art. 16: Von lipgeczug. Ob ein man ein wip nimet stirbet der man, daz wip hat an sime gute nicht, her enhabiz ir gegeben in gehegtem dinge oder zu morgengabe, die gabe zu irme libe. Chein wip mac morgengabe noch libgedinge zu eigene behalden, stirbet aber si, is get wider an des mannes erben. En hat ir der man kein gut gegeben, si besitzet an deme gute vnd di kinder sulen ir geben ire notdurft.65

Es existierte weiter das ebenfalls bereits bekannte Verbot der Verfügung im Siechbett, die genau § 18 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 entspricht (solche Entsprechungen sind auch bei anderen Themen sehr häufig). Daneben enthält das Schöffenrecht aber eine aus den früheren originär Magdeburger Quellen nicht bekannte Vorschrift über die Behandlung mehrerer aufeinander folgender Verfügungen über denselben Verfügungsgegenstand: Art. 36: Ob ein man sin gut vergibet. Gibet ein man sinem wibe ader sinen kinden sin gute in gehegetem dinge ider der vrowen czu irme libe mit erben gelobe vnde gibet her darnach an dem gute iemanne icht, iener dem die erste gabe geben ist, mac is wol widerreden mit rechte ob er will, vnd ob her is geczuc hat an dem richter vnd an den scheppen, das im die erste gabe gegeben ist vor dem richter vnd vor den scheppen mit erben gelobe, vnd dar ein recht vrede ober geworcht worde. Is in were denne mit siner willecore geschen, das di leste gabe gegeben worde eder ane sine widerrede vnd eine daruf vorderte bi der iare zale, so in mac he is nicht vntrede, ab is iene gezuk hat na rechte.66

Die Artt. 37, 38 und 39 des Magdeburger Schöffenrechts behandeln ergänzend einige weitere Probleme. Art. 37, 1 betrifft die Verfügung eines Mannes zugunsten seiner Frau über ein auf czinsgut errichtetes Gebäude. Eine solche Verfügung soll bei unbeerbter Ehe dann wirksam sein, wenn die Verfügung vor dem Hofherrn und den Nachbarn vorgenommen wurde, die Frau in den Besitz eingewiesen worden ist und die Frau beides beweisen kann. In Art. 37, 2 wird die Grundregel wiederholt, dass eine solche (ohne Gericht vorgenommene) Verfügung bei eigen nicht wirksam war. Und schließlich folgt eine Konkretisierung für erbe czinsgut in Art. 37, 3:

65 66

L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 119. Es folgen weiter verwandtenerbrechtliche Sätze (so u. a. die Gerade). Der Schoßfall wird nicht erwähnt. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 124.

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Art. 37 Von czinse gute. 1: Gibet ein man sinem wibe sin gebw, das uf czinsgute stat vor sime hoveherren vnd vor sinen nakeburen bi sinen gesunden libe vnd wiset her si dorin, stirbet der man ane kint, vnd wil sin erbe uf das gebw sprechen nach des mannes tode, her en hat nicht doran, ob die vrouwe des geczuc hat, das is ir gegeben si. 2: Ist is aber eigen, do das gbw uf stet, so brichet is der erbe der vrouwen, wenne is en mac nimant sin eigen geben sinem wibe, wenne in gehegetem dinge vor dem richter vnd vor den scheppen, oder sin erbe sprichet doruf. 3: Ist is aber erbe cinsgut, so en mac her is sinem wibe nicht gegeben, her en tu is denne mit des herren willen, der das gut bestat.67

Art. 38, 1 erstreckt die Pflicht zu publiker Verfügung vor Gericht auf solche Fahrnis bzw. auf solchen Kaufschatz, die bzw. der mit Gut gekauft worden ist, das der Verfügende von seinem Vater geerbt hat. Beinahe folgerichtig wird in Art. 38, 2 die Grundregel angeschlossen, dass über sonstige Fahrnis wo auch immer verfügt werden dürfe – ausgenommen im Siechbett: Art. 38 Von varender hab. 1: Hat aber ein man koufschacz oder varende habe, das her mit dem gute gekouft hat, das in angeerbet si von sinem vater, das en mac her sinem wibe nicht gegeben, wenne in gehegetem dinge vor dem richter vnd vor den scheppen. 2: Hat aber ein man gut ererbeit, sint dem male das her sin wip nam vnd leget her das an koufschacz oder an varende habe, das mac her gebin bi sinem gesunden libe, swenne her wil, an iemandes widerrede.68

Art. 39 ist hier nicht weiter zu betrachten, es handelt sich um eine das Verwandtenerbrecht betreffende Anordnung bei Vorhandensein mehrerer vorehelicher Kinder. Art. 45 schließlich schafft Klarheit über die Rechtsfolgen einer Verfügung vor Gericht: Art. 45 Von der gabe. Di gabe die der vrouwen oder dem manne gegeben werden vor gerichte in gehegetdem dinge, da mac der man mit sinem teil das her enphangen hat, tun was her will an iemannes widersprache. Dasselbe mac das wip mit irme teil tun, das si enphangen hat czu glicher wis. Stirbet die vrouwe an erben, so das si keinen erben hat bi irme manne, so erbit ir teil uf iren nechsten mage, her si wip oder man, der ir ebenburtic ist. Dasselbe tut der man dem synen, der im ebenburtic ist.69

Nicht zuletzt finden sich auch im Schöffenrecht der obligatorische Erbe- und der Geradekatalog (Artt. 46, 47). Hierbei bestehen keine echten Unterschiede 67 68 69

L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 124 f. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 125. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 127. Es folgt ein Satz, der den erveKatalog in Art. 46 komplettiert.

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zu den sonstigen Katalogen, allenfalls werden periphere Kleinigkeiten anders zugeordnet. Grundstücke gehören jedenfalls auch hier zum erbe.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Zum Verfügungsgegenstand. Auch das Magdeburger Stadtrecht stellte das Vermögen bzw. einzelne Teile desselben in den Mittelpunkt der Regelungen über Verfügungen. Erbrechtliche Zentralkategorie war demnach wie im Ssp der Nachlass, nicht eine personal gedachte Nachfolge. Immer ging es um die Frage, wer welche Teile des Vermögens einer verstorbenen Person erhalten sollte. Das Vermögen wurde wie in Eikes Landrecht von der Trennung in liegendes und fahrendes Gut beherrscht. Daneben existierte auch im Magdeburger Stadtrecht die Bezeichnung erve – in zweierlei Bedeutung. aa) Liegendes Gut war im Weichbild wie im Ssp eigen. Das wird deutlich in Art. 39 des Magdeburger Schöffenrechts, der Vermögensgruppen aufzählt, die mit erarbeitetem Gut erworben bzw. vermehrt werden konnten. Wie in Ssp Ldr. I, 52 wurde hier zwischen eigen, varender habe (und koufschacz) unterschieden. Eigen war der Gegenpol zur Fahrnis – das Grundvermögen. Das folgt auch aus Art. 37 des Magdeburger Schöffenrechts und seinen drei Gruppen von Grundvermögen. Mit eigen wurde unbewegliches Gut bezeichnet, das der Besitzer nicht gegen Zins oder Erbzins von einem anderen zur Nutzung überlassen bekommen hat, sondern über das er allein die Verfügungsmacht innehatte. bb) Das Magdeburger Stadtrecht trennte die einzelnen Vermögensbestandteile hinsichtlich ihrer Herkunft. Der Bürger konnte Vermögen besitzen, das ihm angestorben war. Solches Vermögen hieß erbgut oder erbe, weil es auf den Inhaber geerbt70 wurde. Den Gegensatz dazu bildete das Erwerbsgut. Die Gegenüberstellung ist erkennbar in Art. 38 des Magdeburger Schöffenrechts. Das Gut in Art. 38, 2 unterscheidet sich vom erbe dadurch, dass es nicht durch Erbfall erlangt wurde, während Art, 38, 1 als Ausgangspunkt das Gut wählt, das dem Mann durch seinen Vater angeerbt worden ist. Gleiches wird geschildert in Art. 39 des Schöffenrechts und in Art. 20 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung. 71 Dass Land- und Stadtrecht sich hier jedenfalls in der zweiten Hälfte des 14. Jh. nicht (mehr) unterschieden, zeigt auch I, 46, II MeiRB:

70

71

§ 48 des Magdeburg-Breslauer Rechts v. 1261: Stirbet ein man unde hebet her gut unvorgeben, iz gut erbet uf sine kindere [...]. M. a. W.: erbe erstirbt auf den Erben oder: der Sterbende erbt den Erben mit erbe. Dazu eingehend noch unten beim Erbenlaub.

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Welch gud uf eyn geerbit ist, daz heyst sin erbegud; daz her abir gekouft had, daz heyst sin gewunnen gud; zcu lantrechte unde wichbilde.72

Wenn Seif meint, die Unterscheidung zwischen ererbtem und gewonnenem Gut sei vor der Buch’schen Glosse in Hamburger Statuten von 1270 und im Magdeburg-Görlitzer Recht von 1304 nachweisbar,73 so mag das zutreffen; zu ergänzen sind die für das Magdeburger Stadtrecht entscheidenden Referenzquellen. Wenn überdies Art. 20 der so genannten Weichbildvulgata, der die Verfügungsfreiheit über gewonnenes Gut ebenfalls kenne, in das 14. Jh. verlegt wird,74 dann wird übersehen, dass dieser zitierte Art. 20 der Art. 20 des aus dem 13. Jh. stammenden Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung ist. Immerhin bleibt das Ergebnis richtig. Mit dieser Unterscheidung zwischen Erbgut und Erwerbsgut im Magdeburger Stadtrecht ist jedoch noch keine weitere gegenständliche Konkretisierung des jeweiligen Nachlassbestandteils vorgenommen. In dieser Beziehung freilich, in der Abgrenzung zwischen hergewede, rade, musteil und erve wird der Begriff erbe im Weichbild genau so verwendet wie in Ssp Ldr. I, 24, 3. Das zeigen die zahlreichen, auch im Weichbild vorhandenen erbe-Kataloge. b) Die Verfügung allgemein. Grundsätzlich erlaubte das Magdeburger Stadtrecht die Verfügung über das Grundvermögen und über die Fahrnis – gleich ob es sich um erbe oder erwerb handelte. Es galt nur, unterschiedliche Erfordernisse (etwaige Mitwirkung erbberechtigter Verwandter und Formerfordernisse) zu beachten. Dass die Verfügung insgesamt für unproblematisch gehalten wurde, ergibt sich aus der Vielzahl der Quellen (§ 26 der Hallischen Rechtsmitteilung nach Neumarkt; §§ 14, 16, 18, 48 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261; Artt. 20, 22 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung; Artt. 16, 36-38, 45 des Magdeburger Schöffenrechts), die von der gabe sprechen oder davon, dass nur das Gut, über das keine Verfügung getroffen worden war, auf die Verwandten übergehen sollte. Damit kann den Quellen keine gegenständliche Eingrenzung abgewonnen werden. Verfügungen konnten demnach nicht nur das fahrende und liegende Vermögen, sondern auch das gerade vorhandene und das künftige Vermögen des Verfügenden erfassen. Einschränkungen hinsichtlich der Personen, zu deren Gunsten verfügt werden konnte, waren ebenfalls nicht vorhanden. Im Gegenteil: Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts hielt Verfügungen zugunsten beliebiger Personen – iemann ohne jede Eingrenzung – für möglich.

72 73 74

O RTLOFF, Das Rechtsbuch nach Distinktionen, S. 79. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 93. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 94 – Dieser Hinweis steht in Seifs Aufstellung an chronologisch letzter Stelle nach Quellen aus dem 14. Jh.

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c) Zur Erlebensbedingung. Über die Verfügung von Todes wegen ist den Magdeburger Rechtsquellen keine verbindliche Aussage zu entnehmen. Keine der einschlägigen Quellen enthält eine ausdrücklich erlaubende oder verbietende75 Vorschrift. Sicherer Aufschluss ist hier nur anhand der empirischen Rechtsquellen zu erlangen. Dass die sofort wirksame Verfügung möglich war, bedarf keiner Erläuterung, hinzuweisen ist nur auf Art. 20 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung. Mehrere der genannten Quellen deuten jedoch einen Bezug von Verfügungen zu einem Erbfall an. Es handelt sich um die das Ehegattenerbrecht regelnden Vorschriften (§ 26 des Halle-Neumarkter Rechtsbriefs, § 14 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261, Art. 22 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung, Art. 16 des Magdeburger Schöffenrechts) und um eine das Verwandtenerbrecht regelnde Vorschrift (§ 48 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261). Alle diese Regeln sind übereinstimmend davon gekennzeichnet, dass sie Konflikte betreffen, die nach dem Tod einer Person entstehen. Fraglich ist immer, was Frau und Kinder eines Erblassers nach dessen Tod aus seinem Vermögen erhalten sollen. Immer wird bei der Klärung dieser Frage darauf abgestellt, dass der Verstorbene über sein Vermögen oder Teile davon verfügt hatte: So sollte die Frau neben der Gerade nur das erhalten, was der verstorbene Mann ihr zugewendet hatte, so sollten die Kinder das erhalten, worüber der verstorbene Vater keine Verfügung getroffen hatte. Es liegt nahe, in den Verfügungen, die in diesen Vorschriften angesprochen sind, Verfügungen mit Bezug zum Erbfall zu sehen: Waren die Verfügungen vom verstorbenen Erblasser vor seinem Tod mit warmer Hand vollzogen worden, dann konnte nach seinem Tod eigentlich kein Konflikt zwischen Frau, Kindern und etwaigen Dritten um die Berechtigung aus einer Verfügung mehr entstehen. Alle genannten Quellen setzen voraus, dass nach dem Tod des Erblassers über Vermögen gestritten werden kann, das dieser im Moment seines Todes in seiner Verfügungsgewalt hatte. Nur dann konnte zwischen Frau und Kindern oder zwischen Frau, Kindern, Verwandten und Dritten fraglich sein, ob ein bestimmter Bestandteil des vorhandenen Vermögens einer der am Streit beteiligten Personen vom Erblasser für diesen Fall des postmortalen Konflikts zugedacht worden war. Offensichtlich war es den Verfassern dieser Regeln wichtiger, den nach dem Tod typischerweise entstehenden Konflikt einer Lösung zuzuführen, als die Verfügung abstrakt zu definieren. Auf die Frage, ob allgemein zulässige Verfügungen über das Vermögen unter eine Erlebensbedingung gestellt werden konnten, bleibt das normative Magdeburger Stadtrecht eine verbindliche Antwort schuldig. Auch hier liegt also nicht ein normativ zu Ende gedachtes System, sondern eine punktuelle Regelung vor. Jedenfalls aber erlaubt die vorhandene punktuelle Regelung nicht die Schlussfolgerung, das Magdeburger Stadtrecht habe die Erlebensbedingung bei Verfügungen nicht gekannt. 75

Aus logischen Gründen wäre von einem Verbot nicht viel zu halten, s. o.

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Dagegen spricht eindeutig die Beschreibung des von der punktuellen Regelung erfassten Konflikts. Fraglich ist also nicht, ob das Magdeburger Stadtrecht die Verfügung von Todes wegen nicht gekannt habe – dies wäre zu verneinen –, sondern vielmehr, ob den Andeutungen in den genannten Vorschriften die Anerkennung der Erlebensbedingung abgewonnen werden darf. Die Frage muss freilich hier nicht entschieden werden: Das empirische Quellenmaterial beantwortet sie. d) Zur Notwendigkeit von Verfügungsvorbehalten. Das Magdeburger Stadtrecht erlaubt freilich an anderer Stelle einen Einblick in das Problem der Bindungswirkung von Verfügungen. Bislang ist ein wichtiges Element der von den normativen Quellen so genannten gabe vor gericht noch nicht behandelt worden. Eine gabe setzt nach allgemeinem Wortsinn voraus, dass an ihr zwei Personen beteiligt sind: ein Geber und ein Nehmer. Augenscheinlich wurde diese Zweipersonenstruktur der gabe schon in Art. 20 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung, der dem Geber und dem Nehmer vor Gericht ganz fest umrissene Handlungsvorgaben macht. Auch Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts liegt diese Zweipersonenstruktur zugrunde: „gibt ein Mann seiner Frau oder seinen Kindern im gehegten Gericht sein Gut …“. Die Verfügung war demnach nach Magdeburger Stadtrecht ein zweiseitig gedachtes Geschäft. Dass aus dieser Tatsache der Zweiseitigkeit Bindungen folgen mussten, liegt nahe. Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts nahm auf diese Bindungen Rücksicht. Angeordnet wird, dass ein Begünstigter aus einer wirksamen Verfügung gegen eine neuerliche Verfügung des Verfügenden vorgehen durfte, die sein, des Begünstigten Recht, beeinträchtigen konnte. Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts setzt demnach voraus, dass der Verfügende den Verfügungsgegenstand nach der ersten Verfügung behielt und deswegen in die Lage kommen konnte, erneut und anders als bisher über ihn zu verfügen. Obwohl dem Wortlaut der Vorschrift nicht sofort entnommen werden kann, dass die erste Verfügung in irgendeiner Weise aufschiebend bedingt gewesen sein muss, regelt Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts doch genau diesen Fall. Handelte es sich nämlich um eine sofort vollzogene Verfügung mit Übergabe des Verfügungsgegenstandes, konnte der Veräußerer infolge Rechtsverlusts nicht mehr in die Lage kommen, erneut zu verfügen. Näheres über die Art der aufschiebenden Bedingung ist Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts nicht zu entnehmen, es kommt daher grundsätzlich auch eine Erlebensbedingung in Frage. Aus der Tatsache der Zweiseitigkeit der Verfügung folgte nach Art. 36 Magdeburger Schöffenrecht, dass der Verfügende an seine erste Verfügung derart gebunden war, dass er das Recht des Begünstigten, den Verfügungsgegenstand bei Eintritt der Bedingung zu erhalten, nicht (mehr) beeinträchtigen durfte. Vereitelte der Verfügende diesen Rechtseintritt durch eine erneute Verfügung, konnte der ursprünglich Begünstigte auf seinen Beweis hin die Verfügung unwirksam werden lassen. Auf eine zielgerichtete Beeinträchtigungs-

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absicht des Verfügenden kam es dabei nicht an. Trotzdem handelt es sich bei der aus der Zweiseitigkeit der Verfügung folgenden Bindung des Verfügenden nicht um ein Kriterium, das der Verfügung eventuell76, dann aber zwangsläufig den erbrechtlichen Charakter hätte nehmen müssen. Voraussetzungen für das Recht des Begünstigten war, dass er beweisen konnte, dass die ihn begünstigende Verfügung wirksam gewesen ist: dass sie vor Gericht und – wenn ein Tatbestand dafür vorlag77 – mit Erbenlaub vorgenommen worden war. Der Ausweg für den Verfügenden aus dieser Bindung an seinen Partner war ein bei Vornahme der ersten Verfügung vereinbarter Verfügungsvorbehalt – in den terminologischen Grundlagen ist schon auf die sogenannten Verfügungen mit underscheid hingewiesen worden. Rechtstechnisch möglich erscheint es auch angesichts von Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts, dass der Verfügende sich das Recht vorbehielt, erneut und anders über den Verfügungsgegenstand zu verfügen, etwa durch die Anordnung, dass der Verfügende, solange er lebe, Herr der Sache bleiben wolle. Dass diese Möglichkeit in den Städten Magdeburger Rechts wirklich genutzt wurde, zeigen die Rechtstatsachen. Es lässt sich zusammenfassen, dass der Begünstigte aus einer aufschiebend bedingten Verfügung dasselbe Recht erhielt wie ein geborener Verwandter: Er konnte durch seine Mitwirkung (weitere) Verfügungen des Verfügenden wirksam werden lassen bzw. sie durch fristgerechten Widerspruch nachträglich beseitigen. Dieses Recht soll im Folgenden näher betrachtet werden. e) Zum Erbenlaub. Der landrechtliche Erbenlaub, der wie gezeigt nach Eikes Plan eine erhebliche rechtliche Bedeutung entfalten konnte, war im Stadtrecht deutlich eingeschränkt. Gleichwohl war er dem Magdeburger Stadtrecht bekannt. Vier Konstellationen mit je unterschiedlichen Rechtsfolgen sind zu betrachten. Dabei handelt es sich um drei Konstellationen mit einem praktisch eher schmalen Anwendungsbereich und um einen vierten Tatbestand mit einer möglichen großen praktischen Bedeutung. Drei Tatbestände waren im Magdeburg-Breslauer Recht von 1261 enthalten, der vierte im Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung. Zunächst sollen die drei Tatbestände mit klar erkennbarem Anwendungsbereich erörtert werden (§§ 14, 48 MagdeburgBreslauer Recht von 1261 und Art. 20 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung). aa) Erstens war der Erbenlaub eine echte Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen, die in schwerer Krankheit oder im Angesicht des Todes (im

76 77

Dann nämlich, wenn eine Erlebensbedingung eingefügt war. Es waren aber auch andere aufschiebende Bedingungen möglich. S. zu den Erbenlaubtatbeständen des Magdeburger Stadtrechts sogleich e).

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Siechbett)78 vorgenommen wurden. § 18 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 ordnete an, dass auf dem Siechbett ohne Einwilligung der Erben nicht über Sachen verfügt werden durfte, deren Wert drei Schillinge überstieg. Es kam dabei nicht darauf an, ob es sich um Fahrnis oder Liegenschaft (über die ohnehin nur vor Gericht verfügt werden konnte) handelte. Stadt- und Landrecht unterschieden sich schon hier: Obwohl im Siechbett die landrechtlichen Kraftproben (Pferd-, Pflug- und Kirchgangsprobe) ersichtlich nicht mehr erfolgreich abgelegt werden konnten und eine Verfügung (über Fahrnis) nach Landrecht demnach bereits ausgeschlossen sein sollte, durfte der Kranke oder Sterbende nach Stadtrecht noch wirksam verfügen – und zwar bis zum Wert von drei Schillingen ohne Hindernis. Wollte der Kranke oder Sterbende über Grundvermögen verfügen, dann – so könnte gefolgert werden – musste ihm im Krankenzimmer ein Gericht gehegt werden. Auch hier wäre dann der Erbenlaub beachtlich gewesen. Eine detaillierte Begründung für diesen teilweise Entzug der Verfügungsmacht mag hier dahinstehen. Wie im Landrecht wird damit der Gedanke ausgedrückt worden sein, dass der Kranke oder Sterbende Sachen im Wert von über drei Schillingen während des Rests seines Lebens nicht mehr würde gebrauchen können und dass er, verfügte er über mehr, sich Rechtsmacht über das Vermögen der Erben, also fremdes Vermögen, anmaßte. bb) In § 48 Magdeburg-Breslauer Recht von 1261 wurde der andere Fall geregelt, in dem ein Verfügender an die Zustimmung erbberechtigter Verwandter gebunden war. Es handelte sich um die Bindung der Mutter beim Schoßfall. Freilich handelt es sich hierbei um eine Ausnahmesituation, die den Erbenlaub in einer Spielart zeigt, die von allen anderen Konstellationen sowohl nach Land- als auch nach Stadtrecht abwich. Hier standen vitale Interessen auf dem Spiel, die ein solches Zustimmungsrecht erforderten: Starb der Vater, so erbten seine ihm ebenbürtigen Kinder dasjenige Vermögen, über das der Vater keine anderweitige Verfügung (nach hier vertretener Ansicht: von Todes wegen) getroffen hatte. Ging nun bei mehreren Kindern eines der Geschwister von Todes wegen ab, so wuchs dessen Erbteil nicht den anderen Geschwistern an, sondern es fiel an die Mutter „zurück“. Freilich: Über dieses schoßgefallene Vermögen konnte die Mutter danach nicht mehr frei verfügen – es handelte sich ja um Vermögen, das schon einmal in die nächste Generation gelangt war. Wollte die Mutter nun darüber verfügen, so bedurfte sie nach § 48 des MagdeburgBreslauer Rechts von 1261 der Einwilligung der Angehörigen dieser nächsten Generation, der lediglich eine nehmende Hand verloren gegangen war. Gegenständlich beschränkt war dieses Zustimmungserfordernis nicht. Demnach war jegliches Vermögen (gleich ob Fahrnis oder Liegenschaft) von dieser Spielart des Erbenlaubes erfasst. Das unterschied den Erbenlaub nach § 78

Wer siech war, aber genas, dessen Verfügungsmacht war nach der Genesung wiederhergestellt.

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48 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 vom landrechtlichen Erbenlaub und auch vom Erbenlaub aus den weiteren normativen stadtrechtlichen Quellen. Es muss nicht weiter nach Gründen für den Erbenlaub beim Schoßfall gesucht werden: Das Fehlen eines Erbenlaubes in dieser, vom vorgestellten Normalfall abweichenden Ausnahmesituation wäre erläuterungsbedürftig, nicht seine Existenz. cc) Der dritte Tatbestand, in dem das Magdeburger Stadtrecht vom Erbenlaub sprach, ist Art. 20 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung. Es handelt sich um die Vorschrift, mit der allgemein die Verfügung über Grundstücke geregelt wurde. Zunächst ist Einklang mit Eikes Landrecht insoweit festzustellen, als die Verfügung über Grundstücke auch im Weichbild vor Gericht vorgenommen werden musste. Das Verfahren, das vor Gericht zu beachten war, beinhaltete gleich zu Anfang die Prüfung der Frage, ob der Verfügende allein handeln konnte, oder ob er der Zustimmung seiner nächsten erbberechtigten Verwandten bedurfte. Diese Frage wurde auf eine vom Verfügenden durch seinen Vorsprecher zu stellende Urteilsfrage förmlich geklärt. Die Zustimmung der Erbberechtigten war erforderlich, „ob her beerbet oder begabet ist“, Art. 20, 1, S. 5 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung. Das Weichbild beinhaltet an dieser Stelle die für die hiesige Untersuchung sicherlich gravierendste Differenz gegenüber Eikes Landrecht. Während Ssp Ldr. I, 52, 1 die Verfügung über alle Grundstücke dem erven gelof unterwarf,79 nahm das Magdeburger Stadtrecht ganz erhebliche Teile des Grundvermögens vom erben gelobe aus: „Ist her aber vnbeerbet vnde unbegabet vnde hat er ez gecouft mit sinen pfenningen, so mac her ez geben, wem er wil.“ In Art. 20, 1 manifestiert sich erneut die Trennung von Erbund Erwerbsgut, 80 das hinsichtlich der Verfügung darüber unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen unterlag. In der Stadt konnte der Bürger über das Erwerbsgut demnach vollständig frei verfügen, er musste bei Grundstücken nur den Gerichtszwang beachten. Problematisch freilich bleibt, zu welchem Schluss die Gleichstellung „ob her beerbet oder begabet ist“ führen muss. Wenn mit begabet wirklich gemeint gewesen sein sollte, dass über ein Grundstück immer dann nur mit Zustimmung der Erben verfügt werden durfte, wenn derjenige, der das Grundstück aktuell übertragen wollte, dieses Grundstück selbst aufgrund einer Verfügung erhalten hatte, dann hätte die eben dargestellte Befreiung des Erwerbsguts vom erben gelobe keinen Sinn gemacht. Immerhin setzte auch die Übertragung eines mit eigenen Pfennigen gekauften Grundstückes eine gerichtsförmige Übergabe i. S. v. Art. 20 des 79 80

Insofern m. E. unzutreffend SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 94. Wie schon oben bemerkt handelt es sich hier um die Perspektive der Person, die einen bestimmten Gegenstand geerbt, durch Erbgang erhalten hat.

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Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung voraus. In den terminologischen Grundlagen wurde schon darauf hingewiesen, dass in den empirischen (sächsischen) Rechtsquellen das Wort geben auch dann verwendet wurde, wenn der Übergabe vor Gericht ein (obligatorischer) Kauf zugrundelag.81 Die mangelnde Differenzierung zeigt an, dass es für den Erwerb des Vollrechts vor Gericht nicht darauf ankam, ob die gabe der Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zwischen Geber und Nehmer diente oder ob die Geltungskraft einer gabe allein aus dieser selbst folgte. Die gabe, die mit dem Erben gleichgestellt wurde, musste deshalb eine bestimmte Eigenschaft haben, eine Eigenschaft, die dem eigenen Erwerben aufgrund eines Handelns des jetzt erneut Verfügenden nicht gleichkam. Es ist wahrscheinlich, dass mit dem begaben in Art. 20, 1, S. 5 nur die Berechtigung aus einer Verfügung von Todes wegen gemeint sein kann, die dann folgerichtig mit dem Erben aufgrund Verwandtenerbrechts gleichgestellt wurde. Es handelt sich auch hier um ein weiteres Indiz dafür, dass das normative Magdeburger Stadtrecht die Verfügung von Todes wegen anerkannte, auch wenn es eine positive Definition nicht hervorgebracht hat. Theoretisch möglich ist es immerhin noch anzunehmen, dass Art. 20, 1 des Rechtsbuches von der Gerichtsverfassung auch lebzeitige Schenkungen anders behandeln wollte als eigenen Erwerb infolge Kaufes. Freilich ist eine nachvollziehbare Begründung für dieses Argument nicht in Sicht. Worin sollte in der mittelalterlichen Stadt die sachliche Rechtfertigung dafür bestanden haben, Grunderwerb durch eine lebzeitige Schenkung und Grunderwerb durch Kauf so unterschiedlich zu behandeln, dass das geschenkte Grundstück dem Erbenlaub unterfiel, während das gekaufte davon befreit war? Der einzige Unterschied zwischen beiden – die Entgeltlosigkeit der Schenkung – steht in keinem irgendwie gearteten Zusammenhang zu rechtlich billigenswerten Interessen etwaiger Erben des Verfügenden. Eingewendet werden kann hiergegen nicht, dass es gerade die entgeltlose Minderung des Vermögens des Verfügenden war, die einen Erbenschutz erforderlich erscheinen ließ. Denn dann hätte auch beim Kauf mit Verlust an ein Widerspruchsrecht der Erben gedacht werden müssen. Das heißt: Erbenschutz wurde (und wird) nicht immer dort relevant, wo Vermögen vermindert wird – Erbenschutz wurde (und wird) nur dort relevant, wo dem Nachlass nach dem Erbfall Wert entzogen wird, der dem Erblasser zu seinen Lebzeiten noch voll zustand. Letzte Klarheit bringen in dieser Frage jedoch nicht die normativen Quellen, anhand derer immerhin noch gezweifelt werden kann, sondern ein Urteil der Magdeburger Schöffen, das vor 1385 nach Thorn versendet wurde und in der Sammlung der sogenannten „Magdeburger Fragen“ erhalten ist. 82 Diese 81

82

Bei der Erörterung der einzelnen Schöffenbücher wird das deutlicher werden; im Anhang habe ich die einzelnen Einträge mit gabe infolge Kaufes oder mit Gegenleistungsverpflichtung kenntlich gemacht. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 12, 3, S. 125 f.

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Entscheidung ist unten unter III. 1. (3) wiedergegeben. Die Schöffen behandelten dort Gut, das dem Verfügenden durch Verfügung vor Gericht übertragen worden war, als erbenlaubfreies Erwerbsgut. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Schöffen in diesem Fall von Art. 20, 1, 5 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung abwichen. Der Grund für dieses Abweichen war aber nicht Inaktualität oder Ineffektivität der normativen Quelle,83 sondern die Möglichkeit, zwischen warm- und kalthändigen Verfügungen zu unterscheiden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Art. 20, 1 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung alle Verfügungen über Vermögensgegenstände, die von Todes wegen in die Verfügungsgewalt des Verfügenden gelangt sind, dem Erbenlaub unterwarf. Frei verfügt werden konnte demnach über jegliches Gut, das der Verfügende nicht von Todes wegen, sondern lebzeitig erworben hatte. dd) Die vierte Konstellation, anhand derer über so etwas wie „Erbenwartrecht“ diskutiert werden kann, zeigt, wie wenig berechtigt die Rede von einem über die drei genannten Ausnahmesituationen hinausgehenden Erbenlaub in terminologischer Hinsicht ist. Es handelt sich um § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261. Wenn ein Erwerber durch Zeugnis des Richters und der Schöffen nachweisen konnte, dass ihm ein bestimmter Gegenstand vor Gericht zugewendet worden war, dann konnte ihm dieser zugewendete Gegenstand nur durch rechte Widersprache binnen Jahr und Tag wieder entzogen werden. Spätere Rechtsquellen (Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung, Magdeburger Schöffenrecht) beinhalteten keine Ergänzungen zu dieser Grundregel mehr. Fraglich ist freilich mangels weiterer Konkretisierung, ob die kurze Frist in dem Moment zu laufen begann, in dem die Verfügung vor Gericht vereinbart worden war. Das widerspräche dem Landrecht und auch der Aussage in I, 42, 2 MeiRB, wonach Landrecht und Weichbild sich bei der kurzen Frist nicht unterschieden haben sollen. Gleichlauf zwischen Weichbild und Landrecht postuliert auch Seif.84 Ich möchte es für unwahrscheinlich halten, dass das Weichbild in dieser zentralen Frage eine so gravierende Abweichung vom Landrecht hervorgebracht haben sollte. Es erscheint wesentlich praktischer, die Verschweigungsfrist immer an den Besitzwechsel zu knüpfen, anstatt eine Aufspaltung bei lebzeitigen und erlebensbedingten Verfügungen zu konstruieren und bei letzteren von dem zurückgesetzten Erben zu verlangen, sich bei Lebzeiten des Verfügenden gegen dessen Entscheidung zu stellen – was schließlich nichts 83 84

Die Magdeburger Schöffen bezogen sich in ihren Entscheidungen immer wieder auf „ihr “ Stadtrecht. SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 94. Dabei meint sie, dass das Widerspruchsrecht des Erben nach einem Jahr erlosch. Jahr und Tag bedeutete in Sachsen aber ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage.

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anderes bedeutet, als das Risiko einer erneuten, dann vielleicht lebzeitigen und nicht mehr angreifbaren Verfügung heraufzubeschwören. Klarheit in dieser Frage führt ein Urteil des Schöffengerichts von Halle/S. herbei, auf das weiter unten eingegangen wird. Gleichwohl ist festzustellen, dass das Magdeburger Stadtrecht generell Angriffe gegen vor Gericht vorgenommene Verfügungen nur innerhalb der Jahr und Tag-Frist vorsah. Es spielte keine Rolle, auf welche Rechtsposition sich der eventuell Widersprechende berief: Verwandte des Verfügenden waren gegenüber sonstigen Personen, die ein eventuelles Recht an der von der Verfügung betroffenen Sache geltend machen wollten, nicht kraft ihrer Verwandtschaft privilegiert. Das bedeutet im Weiteren: § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 sanktionierte nicht ein spezifisches, auf Verwandtschaft beruhendes Näherrecht. Es ist daher schon sehr fraglich, ob die allgemeine Widerspruchsmöglichkeit überhaupt als Ausprägung eines „Erbenwartrechts“ oder als „Erbenlaub“ bezeichnet werden darf. Eher scheint das Gegenteil zuzutreffen: Vor Gericht vorgenommene Verfügungen genossen nach Ansicht der Urheber der Magdeburger normativen Quellen solches Gewicht, dass sie generell nur innerhalb einer bestimmten Frist angegriffen werden konnten. Anderenfalls verdiente der Rechtsverkehr den Vorrang. Wer seinen Einwand verspätet vorbrachte, konnte ohne weitere Prüfung der behaupteten Rechtsposition zurückgewiesen werden, gleich ob er ein Erbe oder ein Gläubiger des Verfügenden war. Demnach unterschieden sich die Konstellationen – § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 einerseits und §§ 18, 48 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 und Art. 20, 1 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung andererseits – fundamental. Gleichzeitig zeigt der vierte Tatbestand eine weitere prozessuale Einschränkung der auf dem Gedanken einer Bindung zwischen Verfügendem und seinen Erben beruhenden Zustimmungsrechte. Ohne die prozessuale Regel von § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 müssten die drei erörterten Tatbestände als echte Wirksamkeitsvoraussetzungen für Verfügungen angesehen werden. Die Zustimmung der erbberechtigten Verwandten war nach dem unmissverständlichen Wortlaut jeder Quelle zwingend erforderlich. Es liegt nahe zu schlussfolgern, dass Verfügungen, die gegen dieses Erfordernis verstießen, von vornherein und unheilbar unwirksam waren und blieben. Die Konstruktion § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 lässt das jedoch in einem anderen Licht erscheinen. Die beispielsweise ohne Erbenlaub vorgenommene Verfügung von Todes wegen über ererbtes Grundvermögen (Tatbestand des Art. 20, 1 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung) war, wenn sie von zustimmungsberechtigten Verwandten des Verfügenden nicht in der Frist des § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 angegriffen wurde, prozessual nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Damit erscheinen die drei Erbenlaubberechtigungen praktisch als Einreden: Mit § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 erhielt ein Normanwender die Möglichkeit, die Frage zu prüfen, ob ein Widerspruch von zu-

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stimmungsberechtigten Verwandten verfristet war. War er es nicht, konnte nach dem Wortlaut der Vorschrift weiter geprüft werden, ob die widersprache recht war oder nicht. Hier konnte also, wenn der Widersprechende sich darauf berief, dass er als Erbe hätte der Verfügung zustimmen müssen, entschieden werden, ob eine Erbenlaubberechtigung vorgelegen hat oder nicht. Erfolgte der berechtigte Widerspruch innerhalb der Frist von Jahr und Tag, so wurde die angegriffene Verfügung nachträglich unwirksam. e) Formerfordernisse. Die Verfügung über das ererbte oder erarbeitete Grundvermögen, das eigen, gleich ob lebzeitig oder erlebensbedingt, gehörte sowohl nach sächsischem Landrecht als auch nach sächsischem Stadtrecht übereinstimmend vor das gehegte Ding und damit vor das grundherrliche Gericht. Das ergibt sich aus § 23 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261, Art. 20 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung und schließlich Art. 21 des Magdeburger Schöffenrechts. Entscheidend ist, dass die Verfügung über das Gut weder gänzlich unpublik, noch auch nur vor dem Rat der Gemeinde stattzufinden hatte, wenn die Gemeinde einen vom Rat verschiedenen Grundherrn hatte. War der Rat einer Stadt sein eigener Grundherr, war er für die freiwillige Gerichtsbarkeit zuständig. Hinzuweisen ist abschließend noch darauf, dass das Formerfordernis anders als das Erbenlauberfordernis bei Siechbett-, Erbgut- oder Schoßfallverfügung nicht durch Fristablauf erlosch. § 16 des Magdeburg-Breslauer Stadtrechts von 1261 setzte für den Beginn des Laufs der Jahr und Tag-Frist eine in hegeteme dinge vorgenommene Verfügung voraus. Das bedeutet im Gegenschluss, dass eine Verfügung über Grundstücke, die nicht vor Gericht vorgenommen wurde, unwirksam gewesen sein dürfte. Diese Unwirksamkeit konnte jedermann geltend machen; anders als bei dem Widerspruch aufgrund der Berechtigung zum Erbenlaub handelte es sich bei dem allgemeinen Formerfordernis nicht um eine Einrede. Nicht ganz genau ist es deswegen nach hier vertretener Ansicht, darauf abzustellen, dass eine nicht in gehegtem Ding vorgenommene Verfügung von den nächsten Erben jederzeit angefochten werden konnte.85 Es handelte sich m. E. nicht um ein einer bestimmten Personengruppe zustehendes „Anfechtungsrecht“, mit dem einer Verfügung nachträglich die Wirksamkeit (evtl. auch von Anfang an) entzogen werden konnte. Unpublik vorgenommene Verfügungen über Grundstücke waren per se unwirksam. Nach allen einschlägigen normativen Rechtsquellen des Magdeburger Rechts gehörte mithin jede Verfügung über das liegende Vermögen vor das (grundherrliche) Schöffengericht. Gleiches galt für erbe, wenn es Grundstücke umfasste. Über Fahrnis konnte demgegenüber unpublik verfügt werden.

85

So unter Bezug auf HEUSLER, Institutionen II, S. 632 SEIF, in: ZRG Germ. Abt. 122 (2005), S. 87, 95.

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(4) Ergebnis Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die originären Quellen des Magdeburger Stadtrechts die Verfügung allgemein erlaubten. Einschränkungen hinsichtlich des Verfügungsgegenstandes kannte das Magdeburger Stadtrecht nicht, ebenso wenig wie Einschränkungen hinsichtlich der Personen, zu Gunsten derer verfügt werden konnte. Das Stadtrecht enthielt keine positive Anerkennung der Erlebensbedingung, obgleich mehrere Indizien nach hier vertretener Ansicht unverkennbar darauf hindeuten, dass die einschlägigen Quellenstellen mit vorgeben immer die Verfügung von Todes wegen meinten. Nach den drei Hauptquellen des Magdeburger Stadtrechts waren drei Sondertatbestände von Verfügungen an die Zustimmung der nächsten erbberechtigten Verwandten des Verfügenden gebunden: Verfügungen im Siechbett, die Sachen von mehr als drei Schillingen Wert betrafen, Verfügungen, die eine Mutter nach Schoßfall über das schoßgefallene Gut der Kinder vornahm und Verfügungen, die Grundstücke betrafen, die der Verfügende geerbt oder durch Verfügung von Todes wegen erhalten hatte. In diesen drei Fällen konnten die Erben einer Verfügung, die ohne ihre Zustimmung vorgenommen worden war, binnen Jahr und Tag nach Besitzerwerb durch den jetzigen Besitzer widersprechen. Widersprachen sie nicht, blieb die betreffende Verfügung wirksam, widersprachen sie, wurde die Verfügung nachträglich unwirksam. Verfügungen über Grundstücke mussten grundsätzlich vor Gericht vorgenommen werden. Dieses Erfordernis war im Unterschied zum Erbenlaub eine echte Wirksamkeitsvoraussetzung.

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2. Das Görlitzer Stadtrecht (1) Allgemeines zur Quelle Das Görlitzer Stadtrecht spielt in der bisherigen Forschung keine eigenständige Rolle. Das liegt m. E. vor allem daran, dass die vom 1. November 1304 datierende Urkunde, die die Magdeburger Schöffen an den Görlitzer Rat gerichtet haben,86 von Paul Laband in editorischer Hinsicht als eine uneigenständige Ergänzung des Magdeburger Schöffenrechts behandelt wurde. Er hat in den Teilen der Görlitzer Urkunde, die weder dem Schöffenrecht, noch dem Magdeburg-Breslauer Recht von 1295 noch auch dem Sachsenspiegel entstammen, 87 nur „Zusätze“ zum Schöffenrecht gesehen, die die Magdeburger Schöffen im Jahre 1304 entweder ganz neu oder aus unbekannter Vorlage aufgeschrieben haben. Das soll hier nicht angegriffen werden. Sicherlich ist es richtig, die Magdeburger Gesamtsituation aus allen von Magdeburg ausgehenden Rechtsquellen zu rekonstruieren. Bei einer solchen Betrachtungsweise ist die Görlitzer Urkunde wirklich nicht selbständig genug, da sie eben vorwiegend das schon behandelte Magdeburger Schöffenrecht wiedergibt. Das gilt auch für die Vorschriften über Verfügungen unter Lebenden bzw. von Todes wegen. Das MagdeburgGörlitzer Stadtrecht ist also insofern unergiebig. Hinzuweisen ist aber auf eine spezielle Görlitzer Willkür.

(2) Quellenbefund Die Verfügung von Todes wegen unter der Bezeichnung gift war nach dieser autonomen Görlitzer Willkür, die nicht Bestandteil der Magdeburger Urkunde und auch nicht Bestandteil des Görlitzer Rechtsbuches gewesen ist, möglich und erlaubt. Vermutlich ist diese Willkür um das Jahr 1305 aufgezeichnet worden. Sie wurde auf ein Pergamentblatt geschrieben, das auf die Innenseite des vorderen Deckels des ältesten, 1305 einsetzenden Görlitzer Stadtbuches aufgeklebt wurde. 88 Die Willkür hat den folgenden Inhalt: Dese wyllekorn sin geschen hy zu Gorlicz mit der eldisten rate: czum ersten stirbet eyn man, zo sal der frauwen dy gerade volgen, stirbit abir dy frauwe, zo sal se 86 87

88

Gedruckt bei TZSCHOPPE /STENZEL, Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte, S. 448-480. Nach Laband zerfällt die Görlitzer Urkunde in fünf Teile. Artt. 1-42 bieten das Schöffenrecht nach der Breslauer Hs., Artt. 43-62 sind eine Übernahme aus dem Magdeburg-Breslauer Recht von 1295, Artt. 63-80 bieten wieder das Schöffenrecht, in Artt. 81-121 folgen Ssp-Zitate, schließlich die Artt. 122-140 sind Zusätze aus unbekannter Quelle; vgl. die Übersicht bei LABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 106 f. Vgl. JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch von 1305 ff., S. 7.

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ith in dhenewiz geraden, sundir iz sal allez dem manne volgen und blyben. Stirbet eyn man, zo sal daz hergewete blyben by dem hoffe. Vorweissen ouch kynder, stirbet der keys, dez guter gevallen der mutir in dy schos czu erem lybe, nach der muter tode gevallen ze, wo se von rechte gevallen sollen. Dese wyllekorn sal man alle helden; alz hy vor geschreben ist, iz inwere denne mit gyft andirs bewarit.89

Ebenso wie die originär Magdeburger Quellen sah die Willkür vor, dass durch eine Verfügung – eine gift – von den festgesetzten Regeln (das Ehegattenerbrecht beschränkte die Frau auf die Gerade, der Mann beerbte seine Frau voll; das Hergewete sollte beim Hof bleiben, bei Wegfall eines Kindes trat Schoßfall ein) abgewichen werden konnte.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung Außer Betracht bleiben soll hier das Ehegattenerbrecht.90 Die Willkür entspricht in ihrem zweiten Teil der Regelung, die schon in § 48 MagdeburgBreslauer Recht von 1261 getroffen wurde. Entscheidend ist auch hier der letzte Halbsatz, der von der voranstehenden Regelung abweichende Verfügungen erlaubt. Einschränkungen sind nicht vorhanden. Wie in den Magdeburger Stadtrechtsquellen kann der Quelle keine positive Definition einer Verfügung von Todes wegen entnommen werden; wie dort liegt aber der Schluss nahe, dass es bei der angesprochenen gift um nichts anderes ging als um eine solche Verfügung, die erst im Moment des Todes des Erblassers wirksam wurde. Anzunehmen ist, dass die Modalitäten der gyft in Görlitz entsprechend dem Magdeburger Weichbild gehandhabt wurden.

3. Das Freiberger Stadtrecht (1) Allgemeines zur Quelle Zwischen 1296 und 1307 wurde in der damals bevölkerungsreichsten Stadt der Mark Meissen, wenn nicht ganz Obersachsens, der Silberbergbaumetropole Freiberg/Sa., ein umfangreiches Werk normativer Vorschriften zusammengestellt, das seither als Freiberger Stadtrecht bezeichnet wird. Die Geschichte des Freiberger Stadtrechts, die Beschreibung der Quelle und die

89 90

Abgedruckt bei JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch von 1305 ff., S. 7 Fn. 1. Fränkische oder flämische Einflüsse sind nicht erkennbar. Die Frau erhielt die Gerade – es galt weder Dritteils- noch Halbteilungsrecht.

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Edition des Stadtrechts ist in bis heute erschöpfender Weise von Hubert Ermisch gegeben worden.91 Hierauf sei verwiesen. Die Freiberger Stadtgründungsgeschichte ist untrennbar mit der Aufnahme des Silberbergbaues an der Freiberger Mulde verknüpft, der nach den bisherigen Forschungen seit dem ausgehenden 11. Jh. überwiegend von flämischen und böhmischen Bergleuten betrieben worden ist. 92 Charakteristisch für Freiberg wie für andere Monopolsiedlungen auch war die Existenz zweier einander nicht berührender Rechtskreise: Das Bergrecht der Bergleute und das Stadtrecht der Nichtbergleute standen sich in Freiberg so gegenüber wie in Halle/S. das Talrecht der Salzsieder und das Bergrecht93 der sonstigen städtischen Bevölkerung.

(2) Quellenbefund Das Freiberger Stadtrecht94 enthält in Kapitel I zunächst eine den Gerichtszwang statuierende Vorschrift für alle Verfügungen über eigen unde erbe: I, 35: Wirt einem manne ufgegeben vor gerichte hus oder hof oder eigen unde erbe alse recht ist, ienre, der iz da ufgibet, der sal in werin iar unde tac. Dirre, der iz ufnimit, der mac biten einis urteilis: welchin vride he darubir haben sulle. So sal man im teilen: unsirs herren gotis, unde unsirs herren des koniges vride unde des richteris unde alle der, di da vride unde gnade haben wollen. So sal he dem richtere sin urkunde geben, daz ist ein schillinc unde sal dem schriber geben zwene pfenninge, daz he iz schribit, ab iz zu rede kumit, daz he wizze, waz da benant si oder zu welcher cit iz geschen si, unde sal geben dem butele einen pfenninc, ab he wil. Unde beheldet daz also in gewalt unde in gewere iar unde tac ane ansprache, so ist ienre ledic, der iz im ufgap, wend he hat in gewert, unde he beheldit iz ouch vorwart vor allir manne glich, billicher unde baz nach der stat rechte, wen iz im imant angewinnen kunne oder muge.

Das fünfte Kapitel enthält mehrere relevante Vorschriften. In V, 1 folgt eine – angesichts der altertümelnden Kraftproben aus dem Ssp und der Glosse – modern anmutende Vorschrift über die Voraussetzungen, die an den Verfügenden zu stellen waren: V, 1: Swelch man also sinnik unde also selic ist, daz he sin dinc setzet unde berichtet bi sime lebendigem libe unde di wile he bi guten sinnen ist unde ouch mit redehafter zunge wizzentliche dem richter unde erhaften luten oder ioch sinen vrunden oder sinen guten nakeburen, he lige oder sitze, daz hat craft unde bestet billiche unde mit rechte, ab he denne abeget. Ist iz aber, daz he wider ufkumit des 91 92 93 94

E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg in Sachsen III, CDSR 13/2. Vgl. dazu S CHMIDT-RECLA, in: Festschrift der Juristenfakultät zum 600jährigen Bestehen der Universität Leipzig, S. 579-596. Bergrecht hieß es in Halle/S. nur deswegen, weil die Stadtsiedlung auf dem Berg lag, im Unterschied zu den Salzbrunnen und Siedehäusern im Tal der Saale. E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg in Sachsen III, CDSR 13/2, S. 1-176. Hieraus alle folgenden Belegstellen.

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legirs, so tut he wol, welchiz he wil. Abir waz elicher kindere hat, di mac he nicht gesunderen nach der stat recht, daz he eime gebe me, dem anderen minner, des mac nicht gesin; sie behalden alle geliche teil zu rechte. Ist ouch, daz he hat bruder oder swester, vettern oder omen, waz he den bescheidet oder zu gotishusern zu sime gute oder von sime erbe zu gebene, daz bestet ouch billiche. Quem iz also verre, daz di, die sich des erbis underwunden, nicht geben wolden, daz he also wizzentlichen bescheiden hette, di mochten si zu rede setcen darumme unde sprechen also: „Wir wollen iz bewisen mit erhaften luten, daz he iz uns beschit, di wile he bi guten sinnen was, unde mit redehafter zunge. “ Welcher denne daz bewisen mac mit zwen erhaften besezzenen mannen, di darubir gewest sin, daz he iz in beschit, die wile he bi guten sinnen was unde iz tet mit redehafter zunge, daz sal man im billicher geben unde leisten zu dem erbe, wen im imant davor geloukenen muge.

V, 1 des Freiberger Stadtrechts enthält also nicht nur Regelungen über die physische oder psychische Verfasstheit, die ein Freiberger Bürger aufweisen musste, wenn er verfügen wollte, sondern auch über die Erlebensbedingung und über den Personenkreis, dem wirksam Vermögen zugewendet werden konnte. Weitere Vorschriften befassen sich dann mit prozessualen Fragen und hier insbesondere mit einem eventuellen Widerspruchsrecht eines zurückgesetzten Erben: V, 27: Wer erbeanspreche machen wil, der sal iz tun zu rechte in der ersten iarisvrist unde sal ieme vorgebiten unde sal in zu rede steten. Daz heizet ansprache. Tut he des nicht in dem ersten iare, darnach sal he swigen ouch zu rechte. Daz ein man vil tritet in di benke unde machet anspreche eines guten mannes erbe eines oder zwir von iare zu iare oder wi dicke iz ist, daz ist nicht der stat recht, iz insal in ouch nicht zu rechte helfen.

Diese allgemeine, § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 entsprechende Regel wird unmittelbar darauf komplettiert und konkretisiert durch eine Vorschrift, die die mögliche prozessuale Situation schildert und einer Lösung zuführt: V, 28: Hat ein man eigen unde erbe in gewalt unde in gewere iar unde tac gehabet ane ansprache unde ist gewert von ieme, der iz im ufgegeben hat, als recht ist, wizzentliche, unde ein ander kume unde setce in zu rede unde spreche: iz si sines vater gut gewest, oder iz si in anirstorben, daz wolle he bezugen, oder spreche: iz si im ufgegeben vor gerichte, daz wolle he aber bezugen, so sal dirre einis urteilis biten dakein, wende he dazselbe erbe habe gehabit iar unde tac wizzentliche in gewalt unde in gewere ane ansprache unde ist gewert von ieme, der iz im ufgap, wi he daz also lange verswigen habe, daz he gewert si von ieme, unde daruf nicht getheidinget habe in der iarisvrist, als recht ist, ab he nu zu rechte icht swigen sulle unde ab he im zu rechte keine antwerte darumme durfe geben. So sal man teilen zu rechte: habe he iz gehabit also lange in gewalt unde in gewere, biz daz he gewert si wizzentliche, daz he im keine antwerte darumme durfe geben.

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Anhand von V, 28 wird deutlich, dass die rechte gewere im Freiberger Stadtrecht keinen Erwerbsgrund, sondern nur eine Beweiserleichterung abgab – aufgegebenes Gut erwarb der Begünstigte nicht, wie es auch scheinen könnte, durch gutgläubige Ersitzung, sondern nur durch die Aufgabe. Das wird deutlich dadurch, dass das Freiberger Stadtrecht den Ausschluss des Anspruchstellers daran knüpfte, dass die Verfügung an den gegenwärtigen Besitzer als recht ist, wizzentliche (I, 35) stattgefunden haben müsse. Lag das nicht vor, dann half dem Besitzer der Ablauf der Verschweigungsfrist (iar unde tac) nicht und der Anspruchsteller konnte seinen Beweis antreten. Dieselbe Beweiserleichterung für den Besitzer wird noch einmal wiederholt in V, 42. Hier wird auch geklärt, dass die Einjahresfrist nicht lief, wenn der Widerspruchsberechtigte außer Landes gewesen ist: V, 42: Welch man eigin unde erbe hat in gewalt unde in sinir rechtin gewer iar unde tac unde ist gewert, alse recht ist, ane ansprache, der beheldit iz vor allirmenglich, he si gewesit uzewendic landis verre adir na, so hat he io dran nicht zu rechte. Dirre, der das erbe hat, darf ouch nimme tun, wanne daz he dar trit mit sin einis hant unde swere also, tar he: daz he dazselbe erbe habe gehabit in sinir gewalt unde in [es folgt eine mehrzeilig verderbte Stelle: …] r gewer iar unde tac ane ansprache, daz ime got so helfe unde alle heiligin.

Eingeschaltet in eine Vorschrift, die das Repräsentationsrecht der Enkel für vorverstorbene Söhne des Erblassers anerkannte, folgt noch ein weiterer Hinweis auf eventuelle Verfügungen (von Todes wegen): V, 33: Mugen eninkil, daz sint kindeskint, erbeteil behalden an ires eldervaters gut oder nicht ? Hat ir eldervater keinen nehern erben den si, so behalden si wol mit rechte. Hat abir he erben unde ist ir vater abegewiset, so behalden si nicht, wen alse man in geben wil unde ab he in icht bescheiden hat. Ist abir ir vater nicht abegewiset, so mugen si treten an des vater stat an die theilunge des erbis unde teilen mit iren vetteren oder mit iren oemen.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Zur Verfügung allgemein und zum Verfügungsgegenstand. Anhaltspunkte dafür, dass die Begriffe eigen und erbe im Freiberger Stadtrecht andere Bedeutungen hatten als im Ssp und im Magdeburger Stadtrecht, sind nicht zu erkennen. Sämtliche Vorschriften gehen davon aus, dass die Verfügung sowohl über eigen als auch über erbe möglich war. Übereinstimmend mit den schon erörterten Quellen ging auch das Freiberger Stadtrecht von einem allgemeinen Gerichtszwang für Verfügungen aus, die Liegenschaften und ererbtes Vermögen betrafen. b) Zum Erbenlaub und zur Erlebensbedingung. Das Freiberger Stadtrecht vermeidet hinsichtlich des Erbenlaubes alle Fragen, die im Landrecht und im Magdeburger Stadtrecht zu stellen waren. Es ist in V, 28 unmissverständlich klargestellt, dass die Frist, innerhalb der zurückgesetzte Erben ihren Wider-

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spruch gegen eine Verfügung zu erheben hatten, nach der Inbesitznahme durch den aus der Verfügung Begünstigten zu laufen begann. Oben ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Verschweigungsfrist nicht so gedeutet werden kann, dass der Erwerb von eigen und/oder erbe generell durch gutgläubige Ersitzung möglich gewesen sei. Die Frist war m. E. nur für das Widerspruchsrecht eines möglichen zurückgesetzten Erben des Verfügenden ausgelegt. Erwerbsgrund war in jedem Fall die Verfügung, die vor Gericht geschehen sein musste und bei der der Verfügende dem Begünstigten noch zusätzlich Gewähr über Jahr und Tag zu leisten verpflichtet war. Zusätzlich geklärt wurde in V, 28, dass auch derjenige wie ein Erbe berechtigt war, gegen eine ihn beeinträchtigende Verfügung binnen Jahr und Tag Widerspruch einzulegen, der selbst aus einer formgerecht vorgenommenen Verfügung ein Recht zum Besitz des Verfügungsgegenstandes herleitete. Diese Konstellation setzte die aufschiebend bedingte Verfügung als logische Möglichkeit voraus; anderenfalls wäre es gar nicht möglich gewesen, dass der Widersprechende binnen Jahr und Tag gegen einen Besitzer des Verfügungsgegenstandes vorgehen konnte. Dass die aufschiebend bedingte Verfügung in Freiberg eine Verfügung kalter Hand sein konnte, wird durch das Stadtrecht nicht angezweifelt – im Gegenteil: V, 1 des Freiberger Stadtrechts räumte demjenigen, dem der Verstorbene nachweislich etwas aus seinem Gut beschieden hatte, eine Herausgabeklage gegen den Erben ein, wenn der Erbe sich weigerte, den Anordnungen des Verstorbenen nachzukommen. Eine solche nach dem Tod des Verfügenden entstehende Streitlage setzte voraus, dass der Verfügende nicht mehr selbst das betreffende Gut mit warmer Hand von sich gegeben hatte, sondern dass die Verfügung dergestalt aufschiebend bedingt war, dass der Begünstigte den Tod des Verfügenden erlebte. Nur dann konnte eine Herausgabeklage gegen den widerstrebenden Erben sinnvoll sein. Damit ist dem Freiberger Stadtrecht die Verfügung von Todes wegen nach hier vertretener Ansicht bekannt gewesen. c) Zu Siechbettverfügungen und Kraftproben. V, 1 des Freiberger Stadtrechts knüpft anders als der Ssp und anders als die Magdeburger Originalquellen bei der kritischen Frage, ob der Gesundheitszustand des Verfügenden einen Einfluss auf die Wirksamkeit der vorgenommenen Verfügungen hatte, weder an eine symbolische Kraftprobe noch auch an das sinnbildliche eigene Weggeben des Verfügenden an. Die Verfasser des Freiberger Stadtrechts hielten es vielmehr für entscheidend, ob der Verfügende geistig in der Lage war, über sein Vermögen zu bestimmen: V, 1 des Freiberger Stadtrechts stellte darauf ab, ob der Verfügende bi guten sinnen war. Die einzige physische Bedingung, die der Verfügende erfüllen musste, war die Fähigkeit zu sprechen (mit redehafter zunge). Unbeachtlich sollte es sein, ob der Verfügende bei seiner Verfügung lag oder saß – so weit waren weder der Ssp noch das Magdeburger Stadtrecht gegangen.

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Damit legt das Freiberger Stadtrecht davon Zeugnis ab, dass bereits um die Wende vom 13. zum 14. Jh. bei Verfügungen nicht (mehr)95 gegenständlich-körperlich gedacht werden musste. Statt dessen war in der Mark Meißen im Jahre 1300 die Einsicht vorhanden, dass Verfügungsmacht über das Vermögen eine geistige Herrschaft voraussetzte. Trotzdem soll hier nicht verschwiegen werden, dass die einzige, an Ssp Ldr. I, 52, 2 erinnernde Kraftprobe, die ich in den für diese Untersuchung ausgewerteten Stadt- und Schöffenbüchern gefunden habe, aus dem Stadtbuch von Freiberg stammt. Dieses Stadtbuch enthält für das Jahr 1396 – also fast 100 Jahre nach der Abfassung des Freiberger Stadtrechts – einen Eintrag, in dem die Frage der Wirksamkeit einer Verfügung auch danach entschieden wurde, ob der sachte siech erscheinende Verfügende von seinem Pferd herabsteigen, nach der Vornahme der Verfügung wieder aufsteigen und aus dem Stadttor von Dippoldiswalde96 hinausreiten konnte: 1396 I 106: Die burger bekennen, daz vor sie komen syn yn den rat Magnus Wolfgang und H. Bobriczscher uf eyn teil und N. Gosewin uf den andern teyl von des erbes und gutes wegin Ha. Gosewins, dem got gnade. Dieselbe sache saczten sie beyderseyt mit gutem willen zcu den burgern, also daz sie die burger scheiden solden nach rechte yn alle der mase, also die sache mit orteilen vor sie komen were. Donoch brachte N. Gosewin den voyt Frau. von Dypoldiswalde yn den rat, der bekante also: daz N. Gosewin und syn brudir Hans quamen mitt eynander rytende an eyem frytage yn des voytes hus und traten beidersyt von iren phferden und bunden sie an und santen nach dem voyte. Do sprach N. Gosewin zcu dem voyte: „Fraget mynen bruder, ap er mir ufgebe, was er habe. “ Da sprach der voyt: „Ich sehe wol, daz er suchte sich ist, ich hore is wol, ap ist craft hat. “ Do gap Hans synem bruder Niclause uf alles, daz er hatte, mit redehafter zcungen und guten synnen. Des gap Niclas dem voyte syne schonde und stigen beide edir uf ane hulfe uf ire phfert und rethen zcu dem Erlewischen thore us. Und mit dem voyte quamen yn den rat Sydentockel, Pa. Wolfgang yn der Erlewischen gasse und Frau. Olbir, die dabie ouch gewest waren, und bekanten glicherwis also der voyt. Nach demselbin bekentnisse – sprachen die burger das erbe und gut, daz Ha. Gosewin gelaßen hatte, N. Gosewyne nach der stat rechte zcu und Magnus Wolfgange unde Ha. Bobriczscher abe.97

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Bei den Kraftproben des Ssp und der Glosse ist oben schon erläutert worden, dass diese auch nicht vollständig als Ausdruck eines somatischen Denkens verstanden werden können. Dippoldiswalde und Freiberg liegen territorial weit auseinander. Trotzdem hat der Freiberger Rat den dort angesiedelten Streit entschieden, und zwar, wie es am Ende des Eintrages heißt, nach der stat recht – womit nur Freiberg gemeint sein kann, da ein Dippoldiswalder Stadtrecht nicht bekannt ist: Dippoldiswalde hat, wie das gesamte Erzgebirge, im 13. Jh. Freiberger Stadtrecht unterstanden. Dieser Befund könnte Anlass geben, das Freiberger Stadtrecht als einen landrechtlichen Normenbestand aufzufassen, denn offensichtlich ist es territorial angewendet worden. Trotzdem handelt es sich von der Genese her um eine städtische Setzung. E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg III, CDSR II 14.

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Erkennbar ist, dass hier eine Verfügung über das gesamte Vermögen umstritten war. Der Schreiber des Stadtbuches legte trotz der Schilderung, dass die beiden Brüder ohne fremde Hilfe wieder auf ihre Pferde gestiegen und davongeritten seien, Wert auf die Feststellung, dass der Verfügende – ganz so wie V, 1 des Freiberger Stadtrechts es verlangte – seine Verfügung mit redehafter zcunge und guten sinnen vorgenommen hatte. Es scheint so zu sein, als ob in zweifelhaften Fällen auf jedes Anzeichen geachtet wurde, von dem angenommen werden musste, dass es rechtliche Bedeutung erlangen konnte. Wäre dem nicht so, dann müsste angenommen werden, dass die detailgenaue Schilderung des Einreitens und Wiederausreitens der Brüder redundant war. Das hielte ich freilich für nicht quellenadäquat. Der Freiberger Rat, der Schreiber des Eintrages und auch der Zeugnis ablegende Dippoldiswalder Vogt wussten m. E., dass es bei der Entscheidung des Streites auf die landrechtliche Pferdprobe einerseits und auf die stadtrechtliche redehafte zcunge und die guten sinne andererseits ankommen konnte. Das Freiberger Stadtrecht kannte schließlich auch keine gegenständliche Beschränkung solcher, eventuell auf dem Sterbebett vorgenommener Verfügungen. Es setzte damit die Möglichkeit voraus, dass auch im Sterbezimmer des Verfügenden ein Gericht gehegt werden konnte, wenn über Liegenschaften verfügt werden sollte – praktischerweise durch Abordnung eines oder mehrerer Schöffen oder Ratleute. d) Durchbrechung des Kreises der nächsten Verwandten. V, 1 des Freiberger Stadtrechts erlaubt schließlich auch die Schlussfolgerung, dass jedenfalls für das Freiberg an der Wende vom 13. zum 14. Jh. von echter gewillkürter, vermögensrechtlich konstruierter Erbfolge gesprochen werden kann. Eingeschaltet in die Bestimmung über die Siechbettverfügungen ist nämlich eine Aussage darüber, welchen Personen der Verfügende Teile seines Vermögens zuwenden konnte. Geregelt wurde zunächst, dass der Verfügende, wenn er mehrere eheliche Kinder hatte, diesen jeweils gleich große Anteile seines Vermögens zuzuwenden hatte. Daneben konnten aber auch die Seitenverwandten durch Verfügungen begünstigt werden: Auch Brüder, Schwestern, Vettern und Ohme hatten die Möglichkeit zu behaupten, ihnen sei vom Verfügenden Vermögen zugewendet worden. Damit nicht genug: V, 1 des Freiberger Stadtrechts bezog auch die Kirche in den Kreis der möglichen Begünstigten mit ein. Was in V, 1 des Stadtrechts jedoch fehlt, ist eine Klärung der Frage, ob Seitenverwandte und/oder die Kirche eventuell auch Abkömmlingen ganz und gar vorgezogen werden durften. Gegen diese theoretische Möglichkeit scheint zu sprechen, dass mehrere Abkömmlinge gleichbehandelt werden mussten. Hieraus dürfte geschlussfolgert werden können, dass sie dann auch den Seitenverwandten vorgezogen werden mussten. An dieser entscheidenden Stelle schweigt das ansonsten so beredte Stadtrecht.

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(4) Ergebnis Das Freiberger Stadtrecht erlaubte die Verfügung über eigen und erbe. Es sah auch die Möglichkeit einer Erlebensbedingung vor. Einschränkungen in Bezug auf den Verfügungsgegenstand existierten nicht. Der Verfügende konnte nicht nur Abkömmlinge, sondern auch Seitenverwandte und die Kirche begünstigen. Erbberechtigte Verwandte konnten einer Verfügung binnen Jahr und Tag nach Besitzergreifung des aus der Verfügung Berechtigten widersprechen. Dabei handelte es sich nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der Verfügende musste bei seiner Verfügung geistig in der Lage sein, die Herrschaft über sein Vermögen auszuüben. Verfügungen über eigen und erbe setzten die Vornahme vor Gericht voraus.

4. Das Zwickauer Rechtsbuch (1) Allgemeines zur Quelle Eine Hs98 aus dem Stadtarchiv der westsächsischen Stadt Zwickau überliefert das sogenannte Zwickauer Rechtsbuch. Diese Hs. ist grob gegliedert in mehrere Teile: Urkundenabschriften – Zwickauer Stadtrecht – übernommenes Ssp-Landrecht und Weichbild (mit eigenständigen Modifizierungen) – zwei Bücher Gerichtsverfassung und Strafrecht – Abschriften der Weichbildvulgata und des Ssp-Lehnrechts.99 Von Planitz und Ullrich als Zwickauer Rechtsbuch ediert wurden die drei zentralen Teile der Hs. (Teil I: Stadtrecht i. e. S., Teil II: Landrechts- und Weichbildadaptionen, Teil III: Rechtsgang und Strafrecht). In der Reimvorrede zum ZwRB wird das Jahr 1348 als Entstehungszeitpunkt genannt. Es kann sich hierbei nur um einen terminus post quem handeln. Ullrich hat nachgewiesen, dass der Hauptbestand des Zwickauer Rechtsbuches 1357/1358 abgeschlossen war100 und dass der Zwickauer Stadtschreiber, Bürgermeister und Ratmann Heinrich vom Steinhaus nicht nur der Schreiber der Hs. des Rechtsbuches, sondern auch sein Verfasser war.101

98 99

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Beschreibung bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. X-XV. Vgl. ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. XI. Die Modifizierungen betreffen insbesondere das Ehegüter- und das Erbrecht; DERS., S. XIII. Das Ehegüterrecht ist – wie im benachbarten Freiberg – im Zwickauer Rechtsbuch vom fränkischen Dritteilsrecht beherrscht; s. ZwRB I, 16, 4; I, 16a 1; ULLRICH, S. LII f. ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. LIX. ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. LIX-LXXXI.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Territorial verbreitet wurde das Zwickauer Recht gegen Ende des 14. Jh. noch minimal, als es der Zwickauer Nachbarstadt Werdau nebst Rechtszug nach Zwickau und dem gemeinsamen Oberhof Leipzig verliehen wurde. Anders als beim Görlitzer Rechtsbuch handelt es sich aber beim ZwRB trotzdem mit Sicherheit um eine stadtrechtliche Quelle. Das wird vor allem im ersten Teil des Rechtsbuchs deutlich, der die städtischen Satzungen enthält (hierunter auch eine Willkür über Verfügungen von Todes wegen). Auch der dritte Teil (das Gerichtsverfassungsrecht) behandelt ausschließlich die städtische Gerichtsbarkeit und enthält keinen Hinweis auf die Ausübung städtischer Gerichtsbarkeit im Land. Einzelne Verweise auf das Landrecht102 dürften wohl eher der Abgrenzung der Zwickauer Regeln dienen. Gegen die Charakterisierung als stadtrechtliche Quelle spricht auch nicht die Übernahme zahlreicher (landrechtlicher) Ssp-Regeln im zweiten Teil des Rechtsbuches. Die Übernahmen aus dem Landrecht des Ssp stehen gleichberechtigt neben den Übernahmen aus dem magdeburgisch-sächsischen Stadtrecht. Die Inkorporierung einer landrechtlichen Regel in einen städtischen Kodex führt zur Geltung des landrechtlichen Satzes in der Stadt.

(2) Quellenbefund Das ZwRB erweist sich in den hier einschlägigen Vorschriften zunächst als abhängig von der landrechtlichen Vorlage Eikes. Das beginnt mit II, 31, der vollständig Ssp Ldr. I, 34 wiedergibt. 103 Die Grundregel des Ssp aus Ldr. I, 52, 1 bietet das ZwRB fast wortgleich in I, 49, Ssp Ldr. I, 52, 2 folgt in II, 50. Das Verbot der Siechbettverfügung aus Ssp Ldr. I, 52, 4 steht im ZwRB in II, 51. 104 Neben diesen landrechtlichen Anleihen hat Heinrich vom Steinhause Magdeburger Stadtrechtsquellen verarbeitet. In ZwRB II, 52 hat er mit inhaltlich nicht entscheidenden Abweichungen Art. 36 des Magdeburger Schöffenrechts übernommen, Art. 37 folgte in II, 53 ZwRB. 105 Die einzige Klarstellung, die das ZwRB hier gegenüber dem Magdeburger Schöffenrecht bietet, ist die Definition des eigen aus Art. 37, 2 des Magdeburger Schöffenrechts, das der Zwickauer Legislator so umschreibt: ist abir das ertriche des mannes gewest mit sament dem gebude […]. Eigen war demnach überall, wo Magdeburger Stadtrecht oder Sachsenspiegelrecht galt: Grundstück. Schließlich hat Heinrich vom Steinhause in II, 59 seines Rechtsbuches ohne Änderung den § 18 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 übernommen. 106 II, 61 ZwRB entsprach Art. 45 des Magdeburger Schöffenrechts;107 die Frist 102 103 104 105 106 107

Vgl. z. B. III, 2, 25, 10 ff. ZwRB. ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 124. Vgl. den Abdruck bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 136-138. Vgl. den Abdruck bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 138. Vgl. den Abdruck bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 142. Vgl. den Abdruck bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 142-144.

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zur Geltendmachung eines Widerspruchs gegen eine Verfügung aus § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 wurde in II, 65 ZwRB übernommen.108 Schießlich kehrte der Verfasser zum Landrecht zurück und übernahm noch Ssp Ldr. II, 30 in II, 68. 109 Die Zwickauer Vorschrift weicht hier insoweit von der Ssp-Fassung ab, als dem Anspruch von gelobdes halben des Landrechts ein Anspruch von satzunge bime wicpilde hinzugefügt wurde. Alle diese Regeln bedürfen keiner eingehenden Betrachtung, da sich keine wesentliche inhaltlichen Abweichungen zum Stadtrecht finden. Ein konfliktträchtiger Spezialfall einer Verfügung von Todes wegen ist mit einer im Jahre 1392 ergangenen Satzung der Stadt geregelt worden. Ausdrücklich erlaubt wurde hier, dass eine Witwe, die von ihrem verstorbenen Mann das (fränkische) Drittel, das sich auf Fahrnis und Liegenschaften gleichermaßen erstreckte, geerbt hat, dieses Drittel ihrem neuen Ehemann ohne Einrederecht der Erben und sonstigen Verwandten von Todes wegen zuwendete: I, 16a, 1 S. 2: das eyne icliche frawe hy zu der stat nach yres mannes tode mac andern man, ab sy des lustet, nemen mit yrem dritteyl und sol habin ane irer kindere unde nechsten willin mit irem dritteyl macht unde craft yrem manne dazu zu gebin, ab si weil, des es denne nach der frawen tode ist unde wirt, dor an yn ire kindere und nechsten nicht hinderen sullen.110

Bemerkenswert ist, dass Heinrich vom Steinhause diese städtische Satzung mit folgender Begründung versah: I, 16a, 1 S. 1: Wenne alle gemachte ding und gesaczte in der zit mit der zit vorgenclichin sint, so ist nod, das di selben ding mit einer wirdigen, erluchten schrift in eine ymmer wernde kuntschaft bracht werden.111

Die Verfügung der Witwe über ihr Dritteil war in Zwickau offenbar so umstritten, dass hierüber nicht nur eine städtische Willkür erlassen wurde, sondern dass diese Willkür auch noch mit besonderem Nachdruck im Stadtrechtskodex verzeichnet wurde. Es handelte sich demnach bei der Verfügung der Frau über ihr Dritteil zugunsten des neuen Mannes nicht um eine unumstrittene Gewohnheit, sondern um ein gemachtes und gesatztes Ding. Den rechtstatsächlichen Nachweis für diese den Parteien offen stehende Möglichkeit, über Erbgut zu verfügen, erbringt das älteste Zwickauer Stadt-

108 109 110

111

Vgl. den Abdruck bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 146. Vgl. den Abdruck bei ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 146. ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 76. I, 16a, 2 ordnet an, dass ohne eine solche Verfügung das Dritteil an die Kinder bzw. die nächsten Verwandten gelangen sollte. ULLRICH, Das Zwickauer Rechtsbuch, S. 76.

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buch bereits im Jahre 1380. Unter dem 23. Juni dieses Jahres beurkundet der städtische Rat112: Wisset, das Clara Schakanyn hat Hanse von Wida irme elichin wirte iren dritteil uf gelasen mit guten willen an allen den guten dy si hat und angefallen mag dy von dem Rate tzu lehen gen. actum [...].113

Ein halbes Jahr später, im Januar 1381, wurde die Verfügung wiederholt und ausgeweitet: [...] do quam vor uns in einen vollin Rat Clara Schakanin und hat mit gutem willin Jo[hann]i von Wida irem elichen wirte uf gelazin alle ire gute di von uns zu lehin gen und si von irem vorderm manne und irem kinde sint angestorben di selbin gute, si sint an acker oder bie si namen habin [,] habe wir gelihen dem obgenant[en] Johanni von Wida mit allen den rechten alz [d: von uns] di zu lehen habin und von uns zu lehin gen zu einem rechten erbe.114

Auch damit noch nicht genug – 1387 wird unter dem 28. März beurkundet: Wisset daz vor uns chomen ist in unß[ern] siczenden Rat frawe Clara Tschakanen und hat mit guten willin Hansen von Wyda erem elichen wirte ggebin und ufgelazin alle dy guter varnde und unvarede, dy sy hat und ouch dy sy von irer muter und bruder angestorbin und gevallin syn, dy von dem Rat der Stad zu lehen gen, wo sy gelegen sin und wy sy namen habin. dy selbin guter habe wir Hansen von Wida obgenant geligen zu eynem rechten erbe mit allen den rechten als sy im dy uffgelazin hat. Actum [...].115

Ob diese Verfügungen der Anlass für die oben genannte, 1392 erfolgte städtische Satzung waren, kann nicht entschieden werden. Es erscheint aber sehr wahrscheinlich – denn es scheint ein Bedürfnis gegeben zu haben, die Verfügung innerhalb kurzer Frist erneut und bei Einbezug weiterer Gegenstände wiederum vor dem Rat vorzunehmen. Das weist auf einen innerhalb der Bürgerschaft116 geführten Konflikt um die Verfügungsfreiheit der Witwe hin. Auch nach 1392 fehlt der Hinweis auf „der Stadt Recht“ in diesen Fällen nicht: Wisset daz vor uns komen ist Hans Ebirhardes dem Gote gnade husfrawen und hat Nickeln Marquarden irem elichen manne, den sy nu genomen hat, ufgelazin, waz an erbe und gut [d: von iren vordern man us] sy von iren vordern manne ane

112

113 114 115 116

Die Zuständigkeit des Rates (nicht des Schöffengerichts) resultiert in allen folgenden Einträgen wahrscheinlich daraus, dass die Stadt als Lehnsgeber zu beteiligen war. PROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 70 (Nr. 58). Ebenso Nr. 62 (1380). P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 72 (Nr. 75). Weitere Verfügungen dieser Art sind Nr. 78 (1381), 79 (1381). P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 78 (Nr. 122). Der begünstigte Johann v. Weida war immerhin 1383 und 1386 Ratmann; vgl. PROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 73 (Nr. 88), 78 (Nr. 120).

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gevallen ist, alzo daz sy noch ires mannes tode, ab sy yn uberlebet, ein dritteyl an allen ires mannes gut und erbe nach der stad recht nemen sol.117

5. Das Eisenacher Rechtsbuch (1) Allgemeines zur Quelle Der letzte Bestand normativer Rechtsquellen, dem in dieser Arbeit nachzugehen war, wurde kurz vor 1400 in Eisenach vom dortigen Kleriker und, jedenfalls bis 1394, Stadtschreiber Johann Rothe (1350/60 – 5. 5. 1434) zusammengetragen. Die heute maßgebliche Edition des EiRB stammt von Peter Rondi. Er hat 1942 die Entstehung der Quelle und die Quelle selbst eingehend beschrieben, weswegen hierauf verwiesen sei.118 Eine genaue Datierung war Rondi nicht möglich, jedenfalls dürfte das EiRB um 1380 zusammengestellt worden sein.119 Als Quellen für das EiRB hat Rothe das MeiRB, den Ssp mit Glosse, den Swsp, „Eisenacher Gerichtsläufte“ und ein Stadtrecht des Thüringer Landgrafen Albrecht II. aus dem Jahre 1283 verwendet – ebenso wie römische Quellen: „Dekretum“, „Dekretalen“, „Liber sextus“ und „Digesten“. 120 Die Hauptquelle, das MeiRB, vermittelte dem Autor das Magdeburger Weichbild. Wie schon der Verfasser des MeiRB hat auch Rothe an vielen Stellen ausdrücklich hervorgehoben, dass eine bestimmte von ihm übernommene Regel mit Landrecht und/oder Weichbild übereinstimmte.

(2) Quellenbefund Das EiRB enthält in seinem ersten Buch mehrere, teilweise weit verstreute und aus unterschiedlichen Vorlagen geschöpfte relevante Vorschriften. Eine Vorschrift, die dem Erbenschutz bei erneuter Eheeingehung diente, ist I, 19 EiRB: I, 19: Welch man nemmit eyn wip, der vor kindir had, der enmag sin gut nicht vorkouffin an der kindir orlup, her enhabe alrest mit en geteilit; so mag her sinen teil

117 118

119 120

P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 85 (Nr. 170). RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, Einleitung, S. IX-XLVII. Das von Friedrich Ortloff 1860 herausgegebene Rechtsbuch des Johannes Purgoldt stammt ebenfalls von Johannes Rothe; vgl. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. XIV u. ö. Rondi plädiert für einen Zeitraum zwischen 1374 und 1387 oder zwischen 1384 und 1397; vgl. DENS., Das Eisenacher Rechtsbuch, S. XXX. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. XXV.

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teil danne wol vorsetzce adir vorkouffe zcu siner notdorfft ane hindirnisse. Dit ist stadrecht.121

In der Tat konnte Rothe hier weder sächsisches Landrecht noch Weichbild zitieren, sondern musste sich auf Eisenacher Stadtrecht beschränken. Daneben hat Rothe aber in I, 33 EiRB auch die zentrale Vorschift von Ssp Ldr. II, 30 übernommen: I, 33: Heischit eyner erbe von gelobides wegin, daz sal man haldin vor unrecht, di rechtin erbin habin ez danne gewilkort vor gerichte, also daz man daz zcu rechte irczugin mag mit dem richter und dingphlichtigin. Dit ist stadrecht, landrecht. Abir in witpildisrechte, so sal man es irzcugin mit dem richter und schepphin, adir mit des gerichtes briffin.122

Stadtrecht bezeichnet bei Rothe das Recht der Stadt Eisenach, Landrecht den Ssp. Weichbild ist dagegen das Recht aller Städte in den Ländern Sachsen, Meissen, Thüringen und Hessen. 123 Abweichungen dieser unterschiedlichen zitierten Rechte sind nur für die Zusammensetzung des betreffenden Gerichts festzustellen. Auffällig ist, dass sich das EiRB hier näher an den Ssp anlehnt als an das Weichbild. In unmittelbarem Anschluss an I, 33 übernahm Rothe in seine Vorschrift I, 34 EiRB die Glosse v. Buchs zu Ssp Ldr. II, 30, indem er die von v. Buch angezogenen römischen Belegstellen beiseiteließ. Ansonsten handelt es sich um eine fast wortwörtliche Übernahme. 124 Zur Auslegung ist auf Kapitel 5 zu verweisen.125 Abhängig von Ssp und Magdeburger Stadtrecht war Johann Rothe schließlich in der umfangreichen Vorschrift I, 35 EiRB. Hier sind sämtliche Gedanken, die schon zum Ssp und zum Magdeburger Stadtrecht zusammengetragen wurden, in voller Breite greifbar: I, 35, 1: Vorgebit eyn man icht synes erbis adir guthis, daz en duchte, er mochte ez wol sin gewaldig, daz ist keyn gabe und ist dem rechtin unrecht. Her enmag ouch yn syme suchtbette nicht vorgebin obir funff schillinge der mynnern munzce, di do genge und gebe ist in der stad adir yn dem gerichte, ane der erbin gelobede.

121 122 123 124 125

RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 50. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 58. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. XXVI f. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 58-60. Vgl. zu dieser „Rezeption “ S CHUMANN, in: KERN /WADLE /S CHROEDER/K ATZENMEIER (Hrsg.), Humaniora. Medizin – Recht – Geschichte, S. 337, 362 f. Eine Abweichung, die sich Rothe von der Glosse erlaubte, besteht darin, dass er v. Buchs Formulierung „Ya, Yo steit dat hir “ ersetzte durch „Ja, wan daz lantrecht sagit ez “. Die Schlussfolgerung, die Schumann aus Rothes Formulierung zieht – nämlich dass Ssp Ldr. II, 30 nach Rothe kein seit Generationen mündlich tradiertes Gewohnheitsrecht, sondern neu geschaffenes Recht, dessen Geltungsgrund in seiner Schriftlichkeit bestehe, enthalte, wäre wegen der Vermittlung durch die Buch’sche Glosse zu überprüfen.

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Gebit er ez darobir an erin orloup, si undirwindin sich des ab si wullin, mit orteiln, alz ab jenir tod si, der ez vorgab, wan her ez vorgebin nicht enmuste. 2: Eyn man mag abir mit sime guthe, daz her ererbeitit had, machin an sime ganghaftigen libe waz her wel, und ouch mit deme, daz her gewunnen adir gekouft had, und eme von nymande anirstorbin ist. Dit ist witpildis und stadrecht. In syme suchtbette mag her dez nicht gethun. Und ab her erbezcins adir gud gekoifft had um sin gewunnen gud und wolde daz gebin zcu gotishusern adir geistlichen luthin, daz enmag her nicht gethun ane der erbin gelobide und ane willen der herschafft, uz den ez gesprossin ist zcu lehene. Dit ist lantrecht. In witpildisrechte enmag her dez nicht gethun ane gerichte, in der stad rechte ane volword des ratis, wan ez were wedir ere wilkore und eynunge ist.126

In I, 71 EiRB wurde Ssp Ldr. II, 44, 1 übernommen, unter Hinweis darauf, dass es sich um Landrecht und Weichbild handele.127 Das Privileg der Fristverlängerung für den Widerspruch von durch Verfügungen beeinträchtigten Personen, die sich außerhalb des Landes befanden, folgt in I, 75 EiRB mit dem Bemerken, Stadt- und Landrecht und Weichbild stimmten hier überein. In I, 79 EiRB übernahm Rothe die Regel, wonach über Erbgut nicht ohne Zustimmung der erbberechtigten Verwandten verfügt werden durfte, eine Regel, die I, 45, 3 MeiRB um den Tatbestand der wirtschaftlichen Zwangslage, in der die Zustimmung entbehrlich war, erweitert hatte: I, 79: Man enmag keyn erbegud gelassin ane erben gelobede, daz ist ane willin der erbin, sundern ane libesnod; zcu stadrechte, lantrechte, und zcu witpilde. Man mag ez wol vorkoiffin und nicht kummern an erbe gelobede; man wolle ez dane gewern, daz ez libesnod si, uf den heilgin, so mag her ez vorkoiffin adir vorkummern, ab her wel. Weil em abir der erbe sine notdorfft gebin, und eme sine schult geldin, so beheldit er daz erbe. Noch keisirsrechte und witpilde, lantrechte und stadrechte.128

Die Formulierung bei Rothe stimmt wörtlich mit I, 45, 3 MeiRB überein. Rothe bietet nur insofern unwesentlich mehr als I, 45, 3 MeiRB, als er verdeutlicht, wie die libesnod bewiesen werden musste: durch Schwur auf den Heiligen. In I, 88 EiRB gab Rothe einen umfangreichen erbe-Katalog, indem er sich wieder auf das MeiRB stützte. Dieser erbe-Katalog verdeutlicht, dass erbe auch im Eisenacher Stadtrecht als Teil des Nachlasses – und zwar im Unterschied zu gerade, hergewete und musteil verstanden wurde. Auch insoweit wich das EiRB systematisch nicht vom Ssp und auch nicht von den originär Magdeburger Stadtrechtsquellen ab, wenn auch bei den einzelnen Vermögensstücken Differenzen vorgekommen sein mögen. Schließlich folgt in I, 89 EiRB die schon aus dem MeiRB bekannte eigen-Definition: 126 127 128

RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 60. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 82-84. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 86.

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I, 89: Eygin ist undirscheidin. In witpilde ist sogetan gut, daz eyn man selbir gekoufft had mit synes selbis guthe und nicht daz uf en geerbit had syn vadir adir sin mutir, noch sine eldirn, daz heisit eygin gud.129

Weitere Regeln lassen keine Verwandtschaft mit sächsischen Landrecht oder Stadtrecht erkennen, sondern sind dem Swsp entnommen. Dabei wendete sich Johann Rothe zunächst einer allgemeinen Betrachtung über die Formerfordernisse bei gaben noch sime tode zu. I, 90: Est, daz eyn man eyme sime frunde gut gebin adir bescheidin wel, daz her dez gebruche noch sime tode, der sal em daz sichir mache mit briffin, die her em darobir gebin sal, und hantfestin, an den eynis bischoffes adir eynis lehinforstin adir eynis clostirs adir eynir stad adir stadherrin adir eynis landrichtirs, ingesigil anhenge, adir sal sinen richtir und di schepphin darobir zcu geczugin nehmen. Wan die gabe heissit stete, die vor dem gericht gescheid; dy ist abir noch stetir, di mit den hantfestin gescheid, alz itzcund gesprochin ist; dy ist abir allir stetist, di mit der gewer geschet. Wel her ez eme gar stete mache, so setzce her eynen zcins daruff, damete had her di gewere daran.

Unmittelbar darauf heißt es: I, 91: Had der man abir erbin, der ez also vorgebit adir bescheidit, di wedirsprechin ez, ab si wullin. Abir si mogen ez ouch wol vorsumen, ab si daz zcu rechtir zcid nicht enthun. Und ist ez darnach daz den man, der daz gut also vorgebin had, icht nod aneged, der mag daz gut wol anegriffen, und sine nod darmede bussin; und wel em yener daz werin, dem her ez also gegebin had, so sal her varin vor synen herrin adir vor den richter und sal bewise sine ehaffte nod, daz ist hungir und notfrust und gedrenckenisse ane sine geverde; und wan der daz getud, so sal der richter yeme gebite, daz her en darane nicht hindere. Ez mag ouch der man, dem daz gud also gegebin ist, vorwerckin wedir den, der em daz gud gegebin had, daz si em wedir ledig wirt.

Die letzte Vorschrift regelte einen bei Verfügungen unter Eheleuten in Eisenach offensichtlich aufgetretenen Spezialfall, der sich bei Heiratsberedungen gut vorstellen lässt: I 93. Eyn wip enmag erme manne keyn erbe gegebin, daz dan noch nicht uf sie geerbit ist adir besitzcit und dez si wartit zcu erbe; und also enmag der man dem wibe ouch keyn erbe gegebin in der wise; und also enmag ouch eyn dem andirn nicht erbe gegebin, daz her selbir nicht enhad und daz noch nicht uf en geerbit ist.

(3) Auslegungsprobleme und rechtliche Würdigung a) Zur Verfügung allgemein. Dass die Verfügung allgemein für zulässig gehalten wurde, bedarf keiner Erörterung. Die Möglichkeit einer gabe geht aus einer Vielzahl von einzelnen Belegstellen130 hervor. 129

RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 94. Auch die folgenden Belegstellen sind dort entnommen.

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b) Zum Verfügungsgegenstand. Auch das EiRB unterschied das Vermögen so, wie auch der Ssp unterschieden hatte, in erbe, eigen und varinde habe. Diese drei Arten von Vermögen werden schon in I, 12 EiRB 131 nebeneinander gestellt. Erbe wurde in I, 88 EiRB außerdem als Teil des Nachlasses abgegrenzt von gerade und hergewete. Differenziert wurde aber auch nach Erbgut und Erwerbsgut, hier übernahm Rothe in I, 78 EiRB 132 die Formulierung von I, 45, II MeiRB. Diese Differenzierung wiederholte Rothe in I, 89 EiRB, wo er das Erwerbsgut als eigen bezeichnete. Die jeweilige Bedeutung von eigen und erbe ist dabei aus dem Kontext zu ermitteln. c) Zur Erlebensbedingung. Die grundsätzliche Möglichkeit erlebensbedingter Verfügungen ergibt sich aus I, 90 EiRB. Die Quelle spricht davon, dass der Verfügende etwas derart geben oder bescheiden könne, dass der Begünstigte den Zuwendungsgegenstand nach sime tode gebrauchen könne. Klar ist, dass sime tod sich hier nur auf den Verfügenden beziehen kann. Die Klausel noch sime tode gebruchen kann jedoch Zweifel daran erwecken, ob hier wirklich eine echte Erlebensbedingung gemeint gewesen ist. Es könnte auch angenommen werden, dass hier ein sofortiger Rechtserwerb des Begünstigten bezweckt war, wobei das Recht des Begünstigten erst im Moment des Todes des Verfügenden zum Vollrecht erstarkte. Es könnte an eine dem Grunde nach bestehende Zugriffsmöglichkeit des Begünstigten gedacht worden sein: Die Rede ist nicht vom Haben nach dem Tod oder von Erwerben nach dem Tod. Diese Zweifel werden noch verstärkt durch die an das Widerspruchsrecht der Erben angeknüpfte Formulierung in I, 91, 3 EiRB. Diese Vorschrift erlaubte es nach ihrem Wortlaut dem Verfügenden, den Zuwendungsgegenstand anzugreifen, wenn ihn nach einer Verfügung nach I, 90 EiRB not133 ankam. Damit ist wohl im Umkehrschluss gemeint, dass der Verfügende nicht auf den Zuwendungsgegenstand zugreifen konnte, wenn er nicht in wirtschaftliche Not geriet. Auch das spricht eindeutig für eine verschärfte Bindung des Verfügenden an seine Erklärung und auf Seiten des Begünstigten mindestens für ein Anwartschaftsrecht, mit dem eine abredewidrige Verfügung zu Lebzeiten des Verfügenden verhindert werden konnte. Der Verfügende behielt bei einer Verfügung nach I, 90 EiRB mithin nicht die volle Verfügungsfreiheit über sein Vermögen. 130 131 132 133

Vgl. nur I, 72 EiRB; RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 84. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 48: Brudir und brudirkint, swestir und swestirkint, di sullin glich teil nemen an erbe, eigin und an varinder habe. RONDI, Das Eisenacher Rechtsbuch, S. 86. Die Definition der ehafften not folgte in der gleichen Vorschrift: Hunger, „Notfrust “ und nicht selbst verschuldete „Bedrängnis “. Auf die genaue Klärung des Begriffes „Notfrust “ kann hier verzichtet werden. Diese Notdefinition unterscheidet sich stark von der in Ssp Ldr. II, 7.

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Johannes Rothe hat hier eine den sächsischen Rechtsquellen fremde Erwägung angestellt. Bezeichnenderweise hat er bei den Übernahmen aus dem Swsp die Bemerkung, es handele sich um Stadtrecht, Landrecht oder Weichbild, vermieden. Die Vorschriften, die er hier niederschrieb,134 wichen nicht nur vom sächsischen Stadtrecht ab, sondern auch vom Landrecht. Unklar ist, was Rothe damit bezweckte: Meinte er, echte Erlebensbedingungen (bei denen der Verfügende die volle Herrschaftsgewalt behielt), seien in Eisenach nicht möglich? Handelte es sich also bei I, 91 EiRB um eine abschließende Regelung, die andere Vertragsgestaltungen ausschloss? d) Zum Erbenlaub. In dieser Frage unterschied sich das EiRB nicht vom Magdeburger Stadtrecht. Der Erbenlaub war als Widerspruchsrecht gegen Verfügungen konstruiert, das durch Fristablauf erlosch. Eine genaue Widerspruchsfrist hat Rothe jedoch nicht angegeben. e) Formerfordernisse. Der gleiche Befund wie zur Erlebensbedingung ist auch bei den Formerfordernissen für Verfügungen zu beobachten. In I, 90 EiRB hat Rothe Regeln niedergeschrieben, die weder das sächsische Stadtrecht, noch das Landrecht kannte. Handschriftliche Urkunden, die mit dem Siegel eines Bischofs bekräftigt wurden, kannte weder das Stadt- noch das Landrecht als Beweismittel für eine wirksam vorgenommene Verfügung. Auch hier bleibt unklar, warum Rothe keine Harmonisierung versucht hat – der Widerspruch muss ihm als Kenner des MeiRB aufgefallen sein.

(4) Ergebnis Dem EiRB waren Verfügungen von Todes wegen bekannt. Sie konnten Vermögen jeglicher Art und Herkunft betreffen. Das EiRB unterschied bei den zu beachtenden Formalien nicht danach, ob es sich beim Verfügungsgegenstand um liegendes oder fahrendes Gut handelte. Den Erben des Verfügenden stand ein nicht näher spezifiziertes Widerspruchsrecht zu, das freilich erlosch, wenn es nicht fristgerecht ausgeübt wurde. Welche Frist dem Verfasser des EiRB hier vorschwebte, bleibt unklar. Dieses Widerspruchsrecht bezog sich auf das gesamte Vermögen: Einschränkungen auf das von Todes wegen erworbene Gut oder auf Liegenschaften allgemein waren nicht vorhanden. Der nach diesen normativen Quellen des magdeburgisch-sächsischen Stadtrechts folgende Abschnitt ist, dem Plan dieser Untersuchung folgend, den Rechtstatsachen desselben gewidmet.

134

Das gilt auch für I, 93 EiRB, in dem die Verfügung über den Nachlass eines noch lebenden Dritten untersagt wird.

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II. Rechtstatsachen des Magdeburger Stadtrechtskreises 1. Die Terminologie Um die einzelnen Quellen einordnen und beurteilen zu können, muss zunächst geklärt werden, von welchen Quellen Ertrag für den hiesigen Forschungsgegenstand erwartet werden kann und wodurch sich die einzelnen Quellen in systematischer Hinsicht unterscheiden. Verfügungen über das Vermögen sind entweder überliefert in amtlichen Sammelquellen oder in original erhaltenen Einzelurkunden.

(1) Einzel- und Sammelquellen Quellenkundlich werfen Einzelurkunden kaum Probleme auf. Das Problem der Einzelurkunde ist ihre Überlieferung. Zunächst musste über die Verfügung überhaupt eine Urkunde ausgestellt worden sein, was nicht der Regelfall war. Zu Beweiszwecken war es ausreichend, dass die Verfügung der Körperschaft,135 vor der sie vorgenommen wurde, bekannt war. Diese Kenntnis konnte sich auf zwei Tatbestände stützen: Wenn die Rechtspflege der betreffenden Körperschaft unschriftlich war, musste die Erinnerung der Beteiligten ausreichen. Besser bekannt blieb die Verfügung, wenn Schriftlichkeit herrschte und die Verfügung in der amtlichen Sammlung der betreffenden Körperschaft vermerkt worden ist. Dass die Kenntnis der Körperschaft, vor der die Verfügung vorzunehmen war, für deren rechtliche Wirksamkeit ausreichte, wurde geklärt: keine der Quellen des sächsisch-magdeburgischen Rechts forderte die Ausstellung einer Urkunde – erforderlich war die Vornahme der Verfügung vor dem ordentlichen Gericht, nicht aber die Beurkundung. Ferner durfte das Material nicht untergehen. Dass die Risiken groß waren und sind, zeigen nicht nur mittelalterliche Stadtbrände, neuzeitliche Kriege, Plünderungen und moderne Bombardierungen und Beutezüge, sondern auch zeitgenössische Überschwemmungen oder Bauprojekte.136 So ist erklärlich, dass Einzelurkunden über Verfügungen nicht so häufig anzutreffen sind, wie Beurkundungen über Verfügungen in heute noch erhaltenen amtlichen Sammelwerken vermerkt sind. Die große Masse machen diese Einzelurkunden nicht aus, sie dürften von ihren privaten Inhabern regelmäßig dann als veraltet vernichtet worden sein, wenn kein wirtschaftlicher Bezug zum Gegenstand der Verfügung mehr vorhanden war. Zu berücksichtigen ist auch, dass 135

136

Ich verwende hier diesen unbestimmten Begriff, weil mitunter nicht einfach herauszufinden ist, ob die betreffenden Verfügungen vor dem grundherrlichen Gericht oder der Selbstverwaltungskörperschaft vorgenommen worden sind. 2002 wurde das ins Mittelalter zurück reichende Stadtarchiv der sächsischen Stadt Grimma ein Opfer des Elbe- und Muldehochwassers. 2009 versank das Kölner Stadtarchiv in einem UBahn-Schacht.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Einzelurkunden, bei denen ein Aufbewahrungsinteresse vorlag (Herrendiplome, Kloster- und Kirchenurkunden), keinen repräsentativen Querschnitt des unter den Abhängigen oder Privaten (Bauern und Bürgern) geltenden Rechts bieten, sondern einen selektiven Ausschnitt des Privatrechts abbilden. Für die Merowinger- und Karolingerzeit musste das in Kauf genommen werden, mit Einsetzen der Kölner Schreinsurkunden wurde aber auch dort auf die Sammelquelle abgestellt. Für das sächsisch-magdeburgische Recht kann der Einzelurkunde von Anfang an nachrangige Wertigkeit attestiert werden. Wertvoller für die Rechtstatsachenarbeit sind die amtlichen Sammelquellen, die Stadt- und Schöffenbücher, in denen eine große Zahl von lebzeitigen und erlebensbedingten Verfügungen beurkundet ist.

(2) Stadt- und Schöffenbücher Einen Überblick über die Vielfalt dessen, was unter dem Begriff „Stadtbuch“ verstanden werden kann, bietet Klötzer in der Erstauflage des HRG.137 Er unterscheidet für das späte Mittelalter (1) Statutenbücher, (2) Justizbücher, (3) Verwaltungsgeschäftsbücher und (4) Hypotheken- und Testamentsbücher. Klötzer entlehnte die Kategorisierung bei Konrad Beyerle.138 Dieser unterschied 1910 insgesamt fünf Kategorien: (1) Bücher, die sich auf die Verfassung der Stadt und ihr Recht, auf das Ämterwesen und die Bürgergemeinde beziehen, (2) Stadtverwaltungsbücher, (3) Rechtsprechungsbücher in Zivilund Strafsachen, (4) Bücher der freiwilligen Gerichtsbarkeit und (5) Stadtfinanzbücher. Die Unterschiede bei dieser Kategorisierung sind in hiesigem Zusammenhang eher unbedeutend. So gehören wohl Beyerles Stadtfinanzbücher zu den Verwaltungsbüchern nach Klötzer und die Trennung Beyerles zwischen den Büchern der streitigen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet sich bei Klötzer in der Trennung zwischen den Justiz- und den Hypotheken- und Testamentsbüchern. Auch die Archivwissenschaft unterscheidet nach ähnlichen Kriterien.139 Die Einteilung Beyerles und Klötzers140 ist ergebnisorientiert: Ein konkretes Buch kann erst nach Kenntnis seiner Funktionsparameter einer dieser Gruppen zugeordnet werden. Bleiben wir kurz bei dieser Unterscheidung, so könnte angenommen werden, dass sich die hier interessierenden Beurkundungen in Justiz- und in Hypotheken- und Testamentsbüchern finden müssen, während die Statutenbücher für die Arbeit an normativen Rechtsquellen in Frage kommen. Leider ist nicht ein einziges untersuchtes Buch ausdrück137 138 139 140

KLÖTZER, Art. Stadtbuch, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1849 f. Vgl. BEYERLE, K., in: DtGeschBll 11 (1910), S. 145, 192-198. Vgl. RICHTER, Inventar der Stadtbücher, S. 8. Die dortigen Kriterien sind detaillierter. Beide fußen ihrerseits auf HOMEYER, Die Stadtbücher des Mittelalters.

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lich als Justizbuch gekennzeichnet und leider tritt die Benennung Hypothekenbuch oder Testamentsbuch erst zu einem späteren Zeitpunkt auf. Ein gutes Beispiel hierfür bietet das Ratsarchiv Görlitz, in welchem noch 1909 ein spätmittelalterliches Stadtbuch mit Einträgen aus den Jahren 1337 bis 1387, libri obligationum (also Hypothekenbücher) von 1384 bis 1555 und Testamentsbücher von 1581 bis 1820 nachgewiesen waren.141 Statt dessen firmieren die hier zeitlich relevanten Bücher oft unter der Bezeichnung Stadtbuch oder Ratsbuch einerseits und Schöffenbuch oder Dingbuch andererseits. Wichtiger für die hier angestellte Untersuchung als die nur im Ergebnis vorzunehmende Zuordnung eines Buches zu einer der vier oder fünf Gruppen Beyerles oder Klötzers ist also die Frage, ob und wie Stadtbzw. Ratsbücher von Schöffen-, Ding- bzw. Gerichtsbüchern unterschieden werden können. Der einzige Weg, diese Frage zu beantworten, führt über die Klärung der beiden Zwischenfragen, welche Körperschaft der mittelalterlichen Stadt das fragliche Buch geführt hat142 und welchen Charakter die Einträge haben, die von dieser Körperschaft vorgenommen worden sind. Beide Zwischenfragen stehen in einem engen Zusammenhang. In Betracht kommt dafür einerseits das unter Königsbann abgehaltene grundherrliche Gericht, die Schöffenbank mit dem Gerichtsherrn selbst oder seinem Vertreter als Richter. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass das Schöffenkollegium sich vermutlich aus dem allgemeinen Gerichtsumstand gebildet habe und notwendigerweise als überpersönlich aufgefasst worden sei.143 Die grundherrliche Gerichtsbarkeit unterteilte sich in das mit schwerem Unrecht befasste Hochgericht, das der Gerichtsherr selbst oder sein direkter Vertreter (in Magdeburg der Burggraf, in vielen Städten des Magdeburger Rechtskreises ein landesherrlicher Vogt, ein advocatus) abhielt und in das mit dem streitigen und dem nichtstreitigen Privatrecht und leichterem Unrecht befasste Niedergericht, das in der Regel der Schultheiß als der Lehnsmann des Grundherrn abhielt. Beide, Vogt und Schultheiß, entschieden in streitigen Angelegenheiten nicht selbst als kompetente Richter (römisch-kanonischen Zuschnitts), sondern leiteten die Entscheidungsfindung durch die Schöffen, die scabini des grundherrlichen Gerichts. Die städtische Schöffenbank unterschied sich dabei in gerichtsverfassungsrechtlicher Sicht

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Vgl. JECHT, Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz bis 1600, S. 36-43, 67. Zu den Einzelheiten hinsichtlich des alten Stadtbuches vgl. noch unten. Auch bei REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 32 findet sich diese grundlegende Unterscheidung. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 423, 459 f. Das mag sein, ist aber kaum zu belegen. Zum Umstand vgl. WEITZEL, Art. „Umstand “, in: E RLER/K AUFMANN, HRG V (1998), Sp. 438-442.

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nicht von der Dorfschöffenbank,144 solange die Schöffen, die scabini, nicht mit den iurati, den Geschworenen, vermischt wurden.145 Als buchführende Körperschaft in Betracht kommt andererseits das kommunale Korporativorgan der Stadt – der von den Bürgern gewählte Rat, der über die von den Bürgern selbstgesetzten Statuten und Willküren ohne Königsbann entschied. 146 Die Funktion dieser beiden Gremien und ihre jeweilige Rechtsprechungskompetenz147 zieht den Charakter der Einträge in den meisten Fällen konsequent nach sich. Es sind damit Probleme des (sächsischen) Stadt- und Gerichtsverfassungsrechts des späten Mittelalters angesprochen.148 Als Ausgangspunkt lässt sich festhalten, dass Schöffenbücher immer von dem mit Richter und Schöffen besetzten herrschaftlichen Gericht geführt wurden. Wurde ein Buch bereits von der buchführenden Körperschaft selbst als Schöffenbuch bezeichnet, liegen bei den hier kontrollierten Quellen angesichts des Inhalts derselben kaum Falschbezeichnungen vor. Anders ist es, wenn für das Buch eine andere Bezeichnung gewählt wurde. Dann kommt es wieder auf die Körperschaft an, die das Buch führte und die den (evtl. falschen) Titel gewählt hat. Auch Bücher, die sich Stadtbücher nennen, die aber von den Schöffen geführt worden sind, sind eigentlich Schöffenbücher. Sie wären richtig als unechte Stadtbücher zu bezeichnen. Echte Stadtbücher dagegen wurden nicht von den Schöffen, sondern vom aus Bürgermeister und Ratmännern gebildeten Rat der betreffenden Stadt geführt. Allerdings können hierbei zwei weitere Probleme auftreten. Es handelt sich 144 145

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WEITZEL, in: LexMA VII, Sp. 1515: die Schöffen des hohen und späten Mittelalters saßen in Dorf-, Land- und Stadtgerichten. BOONE, in: LexMA VII, Sp. 1516. Die iurati, die in vielen städtischen Quellen neben oder anstelle der scabini und der consules vorkommen, können mit den Schöffen, aber auch mit den Ratsherren identisch sein, müssen es aber auch nicht. Schöne Gegenüberstellung bei STOBBE, G., in: GBllMagd 32 (1897), S. 78, 86. Für den Magdeburger Rechtskreis STOBBE, G., in: GBllMagd 32 (1897), S. 78, 8691. Eine sehr plastische Kompetenzabgrenzung bietet z. B. ein Weistum für den Rat von Kulm (Che!mno; Stadt Magdeburger Rechts mit Oberhofzug nach Magdeburg), 1444/1445 bearbeitet von Johannes Lose (Text bei STEFFENHAGEN, Deutsche Rechtsquellen in Preußen, S. 58-66, hier S. 64): „[14.] Keynerley sache geborit deme rate in ir buch zcu schribin lazin, vnd sunderlich eynes mannes schult adir pfant vorsecczin, adir is sy, waz sache is sy, dy deme schultiszin, scheppin vnd geheitem dinge mit allim rechte noch clage vnd noch antwert geborit zcu richten. In welcher wiese andir sachin geschrebin, dy geheytem dinge geborit zcu richten, dy mus man mit rechte vs dem buche thun, vnd der rot hot sich ihres herrn gerichte vndirwundin. “ Die Quelle fällt zwar aus dem Untersuchungsszeitraum heraus, illustriert aber den in den mittelalterlichen Stadt- und Schöffenbüchern anzutreffenden Originalbefund. S. a. Nr. [15] und [16] desselben Weistums. Vgl. zur mittelalterlichen Ratsverfassung S CHROEDER, Art. Ratsverfassung, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 171-176; LINGELBACH, in: WEBER /LINGELBACH (Hrsg.), Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, S. XI, XIX f.

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erstens um die Auswirkungen von Kompetenzüberlagerungen zwischen Rat und Schöffen und zweitens um die Auswirkungen der Exemtion einer Stadt von der grundherrlichen Hoch- und/oder Niedergerichtsbarkeit. a) Das Personalunionsproblem. Überschneidungen können dann auftreten, wenn das (historisch meist ältere) Schöffenkollegium und das (historisch meist jüngere) Ratskollegium149 nicht voneinander getrennt gefasst werden können, sondern Personalunion besteht. Deutlich nachgewiesen ist die stadtund gerichtsverfassungsrechtliche Trennung beider Kollegien für viele Städte: z. B. für Magdeburg selbst, 150 aber auch für entferntere Gemeinden wie die Kulm (Che!mno).151 In der Tat ist es jedoch nicht nur in kleineren, sondern auch in den größeren Städten so gewesen, dass oft mindestens temporäre personelle Überschneidungen zwischen dem Rats- und dem Schöffenkollegium bestanden.152 In den meisten Fällen dürfte das Schöffenkollegium auch die Keimzelle für das Ratskollegium gewesen sein. 153 So erscheinen die Ratsherren neben den Schöffen in Magdeburg erstmals 1244,154 in Halle 1258 und in Leipzig 1270.155 Größere Gemeinden wie diese waren alsbald in der Lage, die Kollegien organisatorisch sauber zu trennen. Diese Trennung wird als das markanteste Beispiel magdeburgischen Stadtverfassungsrechts bezeichnet, das sich in den Tochterstädten regelmäßig wieder finde.156 Bekannt ist, dass die endgültige Trennung in Magdeburg nach schweren Auseinandersetzungen 1294 vollzogen wurde.157 149

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So jedenfalls stellen sich die Verhältnisse in der sächsischen Modellstadt Magdeburg dar. Schilderung noch immer lesenswert bei V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 17-20. STOBBE, G., in: GBllMagd 32 (1897), S. 78, 86. L ÜCKERATH/BENNINGHOFEN, Das Kulmer Gerichtsbuch 1330-1430, S. 44 f. Vgl. für Leipzig STEINFÜHRER, Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500) I, S. XVIII, XX. Allgemein L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 260 und S CHROEDER, Art. Ratsverfassung, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 172. Vgl. überblicksweise BATTENBERG, Art. Schöffen, Schöffengericht, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1465, 1467; genauer E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Chemnitz, CDSR II 6, S. XXIV. Hier waren die Kompetenzkämpfe besonders heftig. Ein Hauptinteresse des (jährlich gewählten) Magdeburger Rates in der Auseinandersetzung mit den sich durch Kooptation ergänzenden Schöffen war gerade die Führung der Stadtbücher durch den Rat. Vgl. V. P OSERN-KLETT, Urkundenbuch der Stadt Leipzig, CDSR II 8, S. XXIX. L ÜCK, Sachsenspiegel und Magdeburger Recht, S. 32. E BEL, Unseren fruntlichen grus zuvor, S. 217, 223. Die Schöffen verloren die freiwillige und die streitige Gerichtsbarkeit über alle städtischen Liegenschaften und über Nachlasssachen an den Rat: Wi sint to rade worden mit unsen wittigisten borgeren, dat di schepen sullen richten over wunden, over schulde, over not und over heimesoken und over lage; und dat eigen schal me vor uns geven in dem burdinge; dat over wil wi richten und dat entscheiden und herweden und radeleve; JANICKE (Bearb.), Magdeburger Schöffenchronik, S. 171.

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Erkennbar ist das Auftreten des Rates neben dem grundherrlichen Schöffengericht auch in der Magdeburger Tochterstadt Leipzig. Nachdem zunächst der grund- und damit landesherrliche Vogt mit den Schöffen aus der Gemeinde (scabini) das grundherrliche Gericht gebildet hatte, löste zunächst 1263 der landesherrliche Schultheiß (scultetus) den Vogt als Richter ab. Dieser Schultheiß steht dann auch dem 1270 erstmals erwähnten Rat aus zwölf Ratsherren (consules) vor. In diesem Rat unter dem Vorsitz des Schultheißen taucht 1292 ein Bürgermeister (magister civium) auf. Von 1301 an urkundet der Rat dann ohne den Schultheißen.158 Ratsherren und Schöffen dürften sich im Zeitraum 1263 bis 1270 personell nicht unterschieden haben. Der erste Schritt zur selbständigen Ratsverfassung ist hier die Ablösung des landesherrlichen Landvogtes durch den ebenfalls landesherrlichen Stadtschultheißen. Die Schöffen der Stadt, die nun einen nur noch für sie und nicht mehr für ein größeres Territorium zuständigen landesherrlichen Richter hatten, bilden dann die personelle Keimzelle für den Rat, nehmen für einen Übergangszeitraum parallele Aufgaben wahr und werden, sobald sich die Ratsverfassung gefestigt und der Rat die auf die eigenen Angelegenheiten (Willküren) bezogene ausschließliche Rechtsprechungskompetenz erworben hat, wieder auf ihre rechtsprechende Tätigkeit (nach dem beschrebenen rechte159) zurückverwiesen. 160 In kleineren Städten ist dagegen die Personalunion weithin zu unterstellen.161 Die Anschlussfrage, ob die Kompetenzen der Schöffen nach der Konsolidierung des Rates wieder klar auf die Rechtsprechung nach beschrebenem rechte zurückgeführt wurde, muss hier oft verneint werden. 162 Die Schöffen werden in solchen Gemeinden dann auch über die korporativen Statuten entschieden haben, wie umgekehrt der Rat über nichtkorporatives Recht entschieden haben dürfte. Im Extremfall der personellen Übereinstimmung konnte dann die Ratssitzung durch die Hegung zum Ding werden.163 Das muss dazu führen, dass die stadt- und gerichtsverfassungsrechtliche Trennung der beiden Körperschaften in den Büchern in solchen Städten im 158 159

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Vgl. STEINFÜHRER, Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500) I, S. XVIII. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 3, 3: „dy scheppin sullen orteil vinden noch beschrebenem recht unde nicht noch den willekoren “. Beschrebenes recht ist sowohl das verliehene Stadtrecht als auch das Sachsenspiegelrecht. In diesem Sinne S CHROEDER, Art. Ratsverfassung, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 172. Exemplarisch für Magdeburg E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 217, 225 f.: „Die Schöffen sinken in ihrer Bedeutung als städtisches Gericht in dem Maße herab, wie sie als Belehrungs- und Scheltungsinstanz im Rechtszug von außerhalb gewinnen. “ H ÜLßE, in: GBllMagd 14 (1879), S. 369 ff. für Neuhaldensleben; E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 121 z. B. für Crimmitschau; dort auch weitere Nachweise für andere kleinere sächsische Stadtgemeinden. Zu den bekannten lokalen Einzelangaben vgl. unten bei den verschiedenen Kommunen. Zu den Einzelheiten vgl. unten bei den einzelnen Städten. L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 260.

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13. und 14. Jh. nicht beachtet und die vor das gehegte Ding gehörigen Gegenstände der streitigen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit in die Stadtbücher aufgenommen und nicht gesondert in Schöffenbücher eingetragen wurden. In vielen kleineren Städten, wo die Personaldecke kürzer war als in großen Stadtgemeinden, ist tatsächlich zu beobachten, dass die Bücher Mischcharakter haben164 und dass in sogenannten Stadtbüchern auch Schöffenangelegenheiten beurkundet wurden. Bücher mit Mischcharakter können auch daraus resultieren, dass das vom Rat geführte Buch aus Gründen der besseren Nachweisbarkeit Eintragungen aufgenommen hat, die vor dem Schöffengericht einer zum städtischen Weichbild gehörenden Landgemeinde formgültig, aber nicht schriftlich vorgenommen worden sind. Der Bürger einer Stadt konnte ein Interesse daran haben, ein Rechtsgeschäft, das er wegen der Belegenheit der Sache vor einem Weichbildgericht vorgenommen hat, auch im Stadtbuch seiner Heimatstadt verzeichnen zu lassen. Dass solche Situationen vorgekommen sind, belegt eine von Kulm (Che!mno) in Magdeburg eingeholte Rechtsmitteilung. 165 In solchen Situationen liegen Doppelvornahmen vor: Das vollgültig vor dem nichtstädtischen Gericht vorgenommene Geschäft war vom Eintrag in das Stadtbuch nicht abhängig, dieser diente nur der leichteren Beweisführung. Nur in Städten, in denen die stadt- und gerichtsverfassungsrechtliche Trennung beobachtet wurde, lassen sich demnach echte, voneinander getrennte Schöffen- und Stadtbücher finden. Sind sie teilweise nicht vorhanden, findet sich beispielsweise nur ein reines Stadtbuch ohne die Eintragung von Vorgängen, die vor gehegtem Ding vorgenommen werden mussten, so liegt die Vermutung zwingend nahe, dass Schöffenbücher vorhanden gewesen sein müssen. Mit der Personalunion zwischen Schöffen und Räten und dem Führen getrennter Bücher ist ein weiteres Problem der mittelalterlichen Stadt verbunden. Es manifestiert sich in der Person des Stadtschreibers. Da oft nur ein Stadtschreiber vorhanden war (er war der wichtigste Angestellte der Stadt –

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Solche Überscheidungen kommen oft vor. Vgl. dazu eingehender noch unten, zu den kursächsischen Kleinstadtgemeinden insbesondere die Angaben bei E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 119 ff. S. a. RICHTER, Inventar der Stadtbücher, S. 7. Text bei STEFFENHAGEN, Deutsche Rechtsquellen in Preußen, S. 72: „[…] hy saltu wissen, das men vff gobenn adir dirlange erbes garten, ackern ader legende grunde, schichtunge vnd teylunge, echtunge, czynsze jn wigbildes gerichte gescheen vnd gelautbart vnd geworben, sollen der richter vnd dy scheppen vff czeugen vor dem sitczenden roth. Do salm men denne schreybenn yn des rotes bucher, do men sulche sachen phlegit hyn zcu schreibenn, vnd ander nicht. wen so sulche sachen richter vnd scheppen ausz mechtig stat czeugen an den rot, habenn sy macht vnd craft. Colmisch recht ausz magdbr. gefroget. “ Die Handschrift, die die Auskunft überliefert, stammt aus dem Jahre 1482.

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das kollektive Gedächtnis ruhte in seiner Hand),166 musste er mit der Entstehung des Rates doppelte Bücher führen. Da er oft Ratsherr war,167 vereinigten sich sämtliche Personalunionsprobleme mitunter in seiner Person. Die Potenzierung dieser Probleme entsteht endlich, wenn der Stadtschreiber auch noch Schreiberdienste für das Landgericht versah. 168 Dass hierbei Misslichkeiten auftreten mussten, überrascht nicht. 169 Auch aus diesem Grund ist die Person des Stadtschreibers für die Rechtsgeschichte des Mittelalters eine der interessantesten Figuren.170 Leider finden sich wenig entsprechende Forschungsansätze.171 b) Das Exemtionsproblem. Solange die Stadt nicht wenigstens teilweise von der grundherrlichen Gerichtsbarkeit ausgenommen war, konnte der Rat keine eigenen Gerichtsbücher führen, sondern lediglich eigene Verwaltungsangelegenheiten (Geschosslisten, Bürgerlisten etc.) beurkunden. Keine echte kompetenzrechtlich begründete Überschneidung, sondern eine nicht weniger missliche falsa demonstratio in der Bezeichnung der Bücher konnte eintreten, wenn der Rat durch grundherrlichen Entscheid die Gerichtsbarkeit der Stadt übertragen bekam (so 1294 in Magdeburg und 1423/1434 in Leipzig). Wurde das grundherrliche Gericht auf die Stadt übertragen, so war diese fortan in Gestalt des Rates ihr eigener Grundherr172 und hielt das Gericht ab. Zu unterscheiden sind dabei die Hoch- und die Niedergerichtsbarkeit. Die Übertragung auch der Hochgerichtsbarkeit auf eine Stadt mag zwar – in den Dimensionen des Reiches gedacht – die Ausnahme gewesen sein.173 Gleichwohl ist sie im Untersuchungsgebiet vorgekommen, und zwar nicht 166

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Nachweise zu sächsischen Stadtschreibern bei E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 88-94, und zur Personalunion zwischen Stadt- und Schöffenschreiber S. 95-97; s. a. LÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 261. Beispiele aus Dresden bei BOER, Das älteste Stadtbuch von Dresden, S. X-XIII. Vgl. LÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 261. Leipzig trennte die beiden Schreiberstellen im Jahre 1472, vgl. V. P OSERN-KLETT, Urkundenbuch der Stadt Leipzig, CDSR II 8, S. 386 f., Nr. 460, weil: „so ein stadschreiber des rats vnd ouch der schepen warten solle, es muste vorgeß oder vorsewmlichkeit in den dingen gescheen “. Der Rat beschloss, dass die Schöffen sich einen eigenen Schreiber halten sollten, den der Rat freilich bezahlen würde. Offenbar ging der Rat davon aus, dass dieser Schöffenschreiber der qualifiziertere sein müsste, denn dieser sollte dem Rat u. a. „in lateinischen sachen “ beratend zur Seite stehen. Diese praktischen Gegebenheiten bilden eine der Brücken für das gelehrte Recht in das Alte Reich. Ein solcher Ansatz ist die auf den Zwickauer Heinrich den Schreiber verwendete Mühe in ULLRICH, Zwickauer Rechtsbuch, S. LIX-LXXXI. Heinrich der Schreiber war sowohl Stadtschreiber, als auch Verfasser des ZwickRB, Ratsherr und Bürgermeister. Von etwa 1340-1380 „war “ er das Recht der Stadt Zwickau. L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 258. BUCHDA, Art. Gerichtsverfassung, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG1 I (1971), Sp. 1566.

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nur bezogen auf die großen Städte, sondern auch bezogen auf kleinere Gemeinden, insbesondere in den Lausitzen. Sächsische Städte werden also bis etwa 1400 hinsichtlich des Grades der Einflussnahme des Stadtherren auf die Gerichtsbarkeit danach unterschieden, ob in ihnen ein stadt- (also grund-) herrlicher Vogt oder ein von der Stadt gewählter und vom Stadtherrn bestätigter Richter oder auch ein vom Stadtherrn willkürlich eingesetzter Richter die Gerichtsbarkeit ausübte. 174 Dabei ist nun aber einschränkend wieder zu berücksichtigen, dass auch die Städte unter der Gerichtsgewalt des Vogtes (später so genannte amtssässige Städte) die Niedergerichtsbarkeit innehatten; die Exemtion vom Vogt (später so genannte schriftsässige Städte) bedeutete in der Regel die Zuerkennung auch der Hochgerichtsbarkeit. 175 Auf dem Gebiet der freiwilligen Zivilgerichtsbarkeit bedeutete schon der grundherrliche Rückzug aus der Niedergerichtsbarkeit (insbesondere in den Fällen der Aufteilung der Hoch- und der Niedergerichtsbarkeit), dass der Rat in Person des Bürgermeisters zum dem Schöffenkollegium vorstehenden Richter wurde. Dieser Rückzug des Stadtherrn aus der Niedergerichtsbarkeit war für das Untersuchungsgebiet um 1300 abgeschlossen.176 Rats- und Schöffenkollegium können, werden aber nur selten unterschiedlich besetzt gewesen sein. Nahm der Rat dann in sein eventuell schon bestehendes Stadtbuch Schöffenangelegenheiten auf, dann führte er – eventuell unter der Überschrift Stadt- oder Ratsbuch – ein echtes Gerichtsbuch, 177 bzw. wiederum ein Mischbuch. Verfügungen – gleich ob lebzeitig oder erlebensbedingt – über das Vermögen wurden aber, das belegen die hier untersuchten Bücher und das ergibt sich auch aus den Magdeburger Stadtrechtsquellen, in allen Städten als Gegenstand der freiwilligen Gerichtsbarkeit178 gleichartig vor dem grundherrlichen Gericht, und damit vor den Schöffen vorgenommen. Es finden sich zwar mitunter in den echten Stadtbüchern ebenfalls Einträge, die ihrer Rechtsnatur nach eigentlich vor die Schöffenbank gehört hätten. Diese Nachweise sind aber in den hier gegenständlichen Quellen selten und resultieren wohl aus den angesprochenen Kompetenz- und Exemtionsproblemen in der konkreten Stadt oder stellen sich als Doppelbeurkundungen dar, für deren Vornahme die verschiedensten Motive ausschlaggebend sein konnten.

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L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 257. L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 257. L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. 258. Das ist der Fall bei den Leipziger Ratsbüchern der Jahre 1466 bis 1500. BATTENBERG, Art. Schöffen, Schöffengericht, in: E RLER /K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1467.

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2. Der Forschungsstand (1) Edierte und verwertete Quellen a) Erzbistum Magdeburg. Das Erzbistum Magdeburg war das Kernland des von Eike v. Repgow überlieferten Sachsenspiegelrechts und mit der erzbischöflichen Stadt Magdeburg auch die Wiege des Magdeburger Rechts, das früh auf Halle übertragen wurde. Halle und Magdeburg bildeten so die Brücke für den Transport des Sachsenspiegelrechts, soweit es mit dem Magdeburger Recht übereinstimmte, in andere, neue Städte. Bekanntestes Beispiel hierfür ist das hallische Weistum für die schlesische Stadt Neumarkt ("roda "l#ska) von 1235. 179 Rechtstatsachen aus Städten des Erzbistums Magdeburg sind demnach auch in typologischer Hinsicht die Quelle der Wahl. Als Quellen für die hier unternommene Rechtstatsachenforschung hinsichtlich der letztwilligen Verfügungen kamen mehrere Editionen in Betracht. Zunächst und vor allem die mittelalterlichen Schöffenbücher der Stadt Halle/S., die Schöffenbücher der Stadt Zerbst, die Stadtbücher der Stadt Neuhaldensleben, die Schöffenbücher der Stadt Aken und das sogenannte „Wetebuch“ der Schöffen von Calbe. Diese Quellen sind fast vollständig erhalten, fallen mit einem relevanten Teil ihres Inhalts in den Untersuchungszeitraum und sind umfänglich ediert.180 Diese Quellengruppe ist die einzige magdeburgische Quellengruppe, von der sich heute sagen lässt, dass sie eine verlässliche Basis für die Rechtstatsachenforschung für einen eng umschriebenen Zeitraum und ein eng umschriebenes Territorium mit mehreren Stadtgemeinden bietet. Die Edition dieser Quellen ist ein so bis heute nicht wieder geleistetes Pionierwerk der Archivwissenschaft in der preußischen Provinz Sachsen um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jh. Sie ist verbunden mit den Namen der preußischen Archivare Gustav Hertel und Robert Hülße. Diese Bücher erlauben eine vollständige Erfassung der Verfügungen von Todes wegen in der spätmittelalterlichen sächsischen Stadt, weil es sich bei ihnen um Gerichtsbücher bzw. echte Schöffenbücher handelt. Ihr Inhalt entstammt fast ausschließlich dem Privatrecht und hier der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hier finden sich Verfügungen in Größenordnungen, von denen sich sagen lässt, dass beinahe jede vorstellbare Konstellation mindestens einmal auftauchen muss. Dieser besonders gute Editionsgrad der Schöffenbücher aus dem Gebiet des ehemaligen Erzbistums Magdeburg wurde seither für kein anderes, näher beschreibbares Territorium des Magdeburger Rechtskreises wieder erreicht. 179 180

Vgl. dazu monografisch SANDOW, Das Halle-Neumarkter Recht. Hier thematisch einschlägige Vorschriften enthielt dieses Weistum nicht. Ein von Hertel weiter erwähntes Schöffenbuch von Staßfurt ist bis heute nicht ediert.

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b) Weitere Territorien des Magdeburger Rechtskreises. Herausgegeben, zeitlich und inhaltlich relevant und daher voll verwertet sind aber auch Stadtbzw. Schöffenbücher weiterer Städte, die zwar nicht zum Territorium des ehemaligen Erzbistums Magdeburg, aber infolge der Siedlerbewegung und der Übernahme magdeburgisch-sächsischen Rechts zum sächsischen Rechtskreis gehört haben. Dies betrifft z. B. die mark-brandenburgischen Kommunen Brandenburg und Treuenbrietzen, die oberlausitzische Stadt Bautzen, die heute tschechischen bzw. slowakischen, im Spätmittelalter deutschen Stadtgemeinden Dux (heutiges Duchcov), Böhmisch-Kamnitz (heutiges $eská Kamenice) und Zipser Neudorf (heutiges Spi%ska Nova Ves). Gerichtsbücher dieser Städte stimmen mitunter mit den sächsischen Büchern in Form und Inhalt fast völlig überein. Neben diesen amtlichen Sammelquellen bleiben Einzelbeurkundungen, die sich mitunter als Originale erhalten haben, zu berücksichtigen. Sie finden sich systematisch in den einschlägigen Urkundensammlungen.

(2) Teilweise herausgegebene und verwertete Quellen Daneben herangezogen werden konnten Auszüge aus überlieferten, aber nicht vollständig edierten Schöffenbüchern. Dies betrifft die Städte Burg, Brandenburg, Treuenbrietzen und die schlesische Kapitale Breslau (Wroc!aw). Auch bei diesen nur ausschnittsweise edierten Quellen handelt es sich um Gerichtsbücher bzw. um echte Schöffenbücher. Erhalten und herausgegeben ist auch das Stadtbuch von Freiberg/Sa. Dieses ist als Quelle zwar hoch interessant, ist aber wegen seines Charakters als echtes Stadtbuch nur eingeschränkt verwertbar (vgl. dazu dort). Die so entweder vollständig oder teilweise herangezogenen Schöffenbücher werden in einem folgenden Abschnitt noch näher vorgestellt. Vorab ist noch ein Blick auf weitere vorhandene, aber nicht herangezogene Quellen zu werfen.

(3) Edierte, zeitlich oder inhaltlich nicht verwertbare Quellen Überliefert und herausgegeben, aber hier nicht verwertbar sind Stadt- bzw. Schöffenbücher der folgenden Städte aus den jeweils angegebenen Gründen: Das 1883 publizierte Stadtbuch von Berlin 181 – es setzt 1391 ein – ist ein auf dem Ssp beruhendes Statutenbuch. Eintragungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden sich nicht, abgesehen von Einträgen zu Vergehen und Verbrechen. Aus der böhmischen Stadt Falkenau hat sich ein Stadtbuch erhalten, das die Jahre 1483 bis 1528 umfasst. Es liegt ediert vor und bietet Teile eines statutarischen Stadtrechts182 und Einzeleintragungen. Inhaltlich kommen ne-

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CLAUSWITZ, Das Berlinische Stadtbuch. RIETSCH, Das Stadtbuch von Falkenau, S. 31-37.

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ben einem Zinsregister,183 Eintragungen über streitig entschiedene Prozesse und Eintragungen über Verkäufe und Verpfändungen einige Verfügungen von Todes wegen vor, die (auch) als Testamente bezeichnet wurden.184 Die aus den Jahren 1464 bis 1501 erhaltenen Gerichtsbücher der Bergstadt Freiberg/Sa. sind teilweise herausgegeben. 185 Zeitlich früher einsetzende Schöffenbücher müssen vorhanden gewesen sein,186 sind jedoch nicht überliefert. Es existiert zwar ein Stadtrecht, aber keine ausführliche mittelalterliche Rechtstatsachenüberlieferung. Die wenigen einschlägigen Eintragungen in die Freiberger Stadtbücher wurden hier verwendet. Thematisch sind die für Freiberg zugänglichen Gerichtsbücher einschlägig, jedoch nicht zeitlich. In dem unweit von Dohna östlich von Dresden gelegenen Städtchen Liebstadt wurde zwischen 1490 und 1493 ein Stadtbuch begonnen. Es ist ein Buch mit Mischcharakter.187 Eine Ratsverfassung bildete sich in Liebstadt seit dem Ende des 15. Jh. heraus, bis dahin bestand das kommunale Leitungsgremium aus den Schöffen und einem Richter. 1492 wurde Stadtrecht verliehen, zeitgleich finden sich an der Stadtspitze Bürgermeister, Richter und Geschworene des Rates. Das Buch weist auch Einträge von Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf. Diese wurden bis 1492 vor Richter, Schöffen und gehegter Dingbank und seitdem vor dem geschworenen oder dem sitzenden Rat verlautbart und eingetragen. Des rades bock der im Erzbistum Magdeburg gelegenen Gemeinde Oschersleben, das 1428 einsetzt und bis 1562 läuft, steht in einer Gesamtedition zur Verfügung. 188 Es handelt sich – auch deshalb ist es hier nicht relevant – um ein echtes Stadtbuch, in dem die freiwillige Beurkundung von Privatrechtsgeschäften nicht vorgenommen wurde, sondern das der Verwaltungsbuchführung durch den Rat diente. Ob daneben in Oschersleben ein Gerichtsbuch geführt und ob das Schöffenkollegium vom Ratskollegium geschieden wurde, ist nicht bekannt. Einiges spricht angesichts der reinen Verwaltungsbuchführung im Ratsbuch dafür. Ein überliefertes und teilweise ediertes Ratsbuch von Posen (Pozna&) setzt 1398 ein und läuft in mehrbändig bis 1507. Inhaltlich stellt es sich, der Ratsverfassung entsprechend, als echtes Stadtbuch, das vom Rat der Stadt geführt wurde, dar. Verfügungen von Todes wegen kommen nach Rehme nicht vor. 189 Daneben existieren wegen der Trennung von Rats- und Schöffenkollegium nicht edierte Posener Schöffenbücher, die allerdings erst seit 183 184 185 186 187 188 189

RIETSCH, Das Stadtbuch von Falkenau, S. 40-44. RIETSCH, Das Stadtbuch von Falkenau, S. 38 ff. E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg in Sachsen III, CDSR II 14, S. 370412. REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 49. Vgl. zu den folgenden Angaben über Liebstadt E RMISCH, in: NASächsGesch 23 (1902), S. 110-114. SETZEPFANDT, in: GBllMagd 32 (1897), S. 371-452. REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 27 f.

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1491 überliefert sind. Vorläufer, deren Existenz wahrscheinlich ist, sind nicht erhalten.190 Neu ediert ist das Stadtbuch der Stadt Schwerin, 191 das 1421 einsetzt, bis 1597/1622 läuft und als liber civitatis oder stadtbok bezeichnet wird. Es wurde hier nicht verwendet, weil es für den Untersuchungszeitraum keine Angaben macht. Besonderes Interesse bei Untersuchungen für das frühneuzeitliche Recht müssen auch erhaltene und textkritisch edierte Dorfschöffenbücher wecken. Der Editionsstand und die juristische Bearbeitung dieser Quellengattung ist aber noch weit weniger fortgeschritten als die von Stadtschöffenbüchern.192 Es gibt solche Dorfschöffenbücher in edierter und in Deutschland schnell zugänglicher Form vor allem von vier Gemeinden. Es handelt sich um die Bücher der im Spätmittelalter von schlesischen und Zipser Siedlern gebildeten Gemeinde Krzemienica (in Polen bei Rzeszów gelegen) aus den Jahren 14511482,193 um ein Dorfgerichtsbuch, das in der oberlausitzischen Bundesstadt Löbau für die Dörfer des Löbauer Weichbildes in den Jahren 1491-1543 geführt wurde, und um ein aus der heute ebenfalls polnischen, bis 1945 zur preußischen Oberlausitz gehörenden Gemeinde Niederhalbendorf aus den Jahren 1569-1657194. Diese Bücher können besonders deswegen interessant sein, weil sich hier Magdeburger (Stadt-) Recht in der Übung durch eine Landgemeinde niedergeschlagen hat. Darüber hinaus spiegelt sich im Schöffenbuch von Krzemienica durch Magdeburg und seine Tochterstädte transportiertes sächsisches Landrecht im unmittelbaren Vorfeld der Rezeption.

(4) Nicht edierte Quellen Die Darstellung der folgenden erhaltenen, nicht herausgegebenen und damit hier nicht verwertbaren Schöffen- bzw. Gerichtsbücher ist der Tatsache geschuldet, dass diese in der Sekundärliteratur bereits beschrieben worden sind. Eine Zusammenstellung rechtfertigt sich hier deswegen, weil so Forschungsdesiderate herausgestellt werden können. Augenmerk liegt dabei auf Schöffenbzw. Gerichtsbüchern, die in den Untersuchungszeitraum fallen. Solche Bücher sind aber eher die Ausnahme. Mehrheitlich handelt es sich um nicht edierte, im Verlaufe des 15. Jh. einsetzende Quellen. Diese Bücher, so interessant sie im Einzelfall sein mögen, mussten außer Betracht bleiben. Ein Buch, das im Jahre 1450 einsetzt, kann nicht mehr mit Berechtigung als ein Buch bezeichnet werden, das (noch) mittelalterliche Rechtstatsachen abbil190 191 192

193 194

REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 30. P OECK, Das Schweriner Stadtbuch. Vgl. aber die über die folgenden Hinweise hinausgehenden Angaben über polnische Literatur (Schöffenbücher von Kroscienko 1408 ff.) aus dem 19. Jh. bei D OUBEK/S CHMID, Das Schöffenbuch der Dorfgemeinde Krzemienica, S. 29, Fn. 2. D OUBEK/S CHMID, Das Schöffenbuch der Dorfgemeinde Krzemienica. S CHULZE-SCHÖNBERG, in: NLausMag 101 (1925), S. 33 ff.

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det. Mögen auch die einzelnen verzeichneten Rechtsgeschäfte sich wesentlich nicht von denen unterscheiden, die bereits 200 Jahre zuvor in ein sicher mittelalterliches Buch eingetragen worden sind, ist doch zu unterstellen, dass mit den Personen, die die Bücher führten, das gelehrte Recht Eingang in die Buchungspraxis gezogen haben kann. Eine Auswertung dieser Rechtstatsachen kann erst auf dem Hintergrund des genügend ausgearbeiteten mittelalterlichen Rechts stattfinden. Sollte sich herausstellen, dass die Unterschiede nur marginal sind, wäre nichts verloren. Die Aufzählung lässt sich vervollständigen durch einen Vergleich mit Lücks kursächsischer Gerichtsbücherliste, die aber alle aus dem Untersuchungszeitraum herausfallen.195 Gleiches trifft für die im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig inventarisierten Stadt- und Gerichtsbücher der Kleinstädte im Leipziger Umland zu.196 Sie setzen weitgehend erst im Verlaufe des 15. Jh. ein. Im Jahre 1889 besaß das Ratsarchiv der im Leipziger Südraum gelegenen Stadt Borna ein Stadtbuch aus den Jahren 1434 bis 1512. 197 Dieses scheidet aber sowohl zeitlich als inhaltlich aus der hier interessierenden Gruppe der Gerichtsbücher aus. Es ist ein reines Stadtbuch. Ein Chemnitzer Schöffenbuch aus den Jahren 1475 bis 1483198 verdiente Interesse, wenn es nicht aus dem Untersuchungszeitraum herausfiele. Es soll durchweg Einträge über Vorgänge enthalten, die vor Richter und Schöffen, meist in gehegter Dingbank verhandelt worden sind.199 Es ist nicht ediert und konnte auch zeitlich nicht berücksichtigt werden. Offensichtlich wurde die stadtverfassungsrechtliche Trennung beachtet. Ermisch und Arno Lange200 beschrieben unter dem Titel Stadtbuch ein Gerichtsbuch der seit 1265 als Stadt bezeichneten Gemeinde Colditz an der Mulde, das im Jahre 1431 einsetzt und bis 1526 geführt wurde. Am Anfang dieses Buches sind städtische Willküren eingetragen, 201 die eine thematisch relevante Aussage enthalten, aus der sich neben dem (flämischen) Halbteilungsgrundsatz im Ehegüterrecht auch die Zulässigkeit gegenseitiger Verfügungen über das gesamte derzeitige und künftige Vermögen unter Eheleuten entnehmen lässt:202 Ouch haben wir eine alde gewonheyt gehabit von aldir vnnd mit vnsen alden czu der czyt vnnd mit volborth der ganczhen gemeyne. Wo czwey Eliche menschen 195 196 197 198 199 200 201

202

L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. XV f., XVIII. RICHTER, Inventar der Stadtbücher, S. 16 ff. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 115. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 118 f. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 117. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 118-120; LANGE, Die Colditzer Stadtordnung, S. 99. Abgedr. bei L ANGE, Die Colditzer Stadtordnung, S. 100-103. Aus dieser Willkür ergibt sich für das Jahr 1431, dass der Stadt keine volle Niedergerichtsbarkeit, sondern im Wesentlichen nur die Flurgerichtsbarkeit zustand. L ANGE, Die Colditzer Stadtordnung, S. 102.

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zcusammen komen, alzo man vnd wyb yr eyne störbe vnd ir eyne hett des andirn betthe beschritten, so syn dy güter halb syn. Vnd gehen dar vor gerichte vnd das ir eine deme andirn let lyhen, was her hat adir vmir gewynnet. Sterbit dem manne das wyb, so beheldet der man das beste cleyt mit gesmeyde […]. Das selbe behelth ouch das wyb des mannes kleid das beste nach syme tode.203

Rechtsfolgen und mögliche Bedingungen, unter die die Verfügung gestellt werden konnte, werden aus der Quelle nicht erkennbar. In der zweiten Lage des Stadtbuches bildeten Ermischs Angaben zufolge Verlautbarungen über Privatgeschäfte vor dem Stadtrat in Form knapper Registraturen den Hauptinhalt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die vor dem Rat vorgenommenen und in das Stadtbuch eingetragenen Auflassungen von Immobilien zuweilen nachträglich vor dem grundherrlichen Gericht wiederholt worden seien. Städtischer Rat und grundherrliches Gericht waren in Colditz voneinander getrennt, die Schöffen wurden nicht aus dem Kreis der Ratmänner gewählt. 204 Testamente, so Ermisch, seien nur als Abschriften in das Stadtbuch aufgenommen worden. Neben dem Stadtbuch müssen daher grundherrliche Gerichtsbücher geführt worden sein, die sich jedoch nicht erhalten hätten.205 Der zeitliche Ansatz des vorhandenen Buches führte dazu, es hier nicht zu berücksichtigen, obwohl die erwähnten Eintragungen thematisch einschlägig sein könnten. Anders als in Colditz stellt sich die Stadtverfassung in Crimmitschau dar. Zwar hatte der Rat keine echte eigene Gerichtsbarkeit. Allerdings fungierten als Schöffen im stadtherrlichen Gericht die Mitglieder des sitzenden Rates: So war das Gericht meistens eine erweiterte und durch Hegung von derselben abgegrenzte Ratssitzung. Dies schlug sich auch im Stadtbuch nieder, das um 1436 angelegt206 und bis 1497 geführt wurde. In das Buch wurden in der Hauptsache vor dem Rat und/oder vor dem gehegten Ding abgeschlossene und verhandelte Rechtsgeschäfte Privater eingetragen, es scheint gleichgültig gewesen zu sein, ob die gewöhnliche Ratssitzung oder die Gerichtsversammlung gewählt wurde.207 Das Stadt- bzw. Schöffenbuch verdiente wegen dieser Besonderheit eine eingehende Untersuchung und Edition. Ähnlich scheint die Lage in dem kleinen östlich von Leipzig gelegenen Städtchen Dahlen gewesen zu sein. Auch hier ist eine Trennung der beiden

203 204 205

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Der letzte Satz macht je eine Ausnahme von Gerade und Hergewete. Er setzt die gegenseitige Gesamtverfügung nicht zwingend voraus. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 118. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 120. Diese Schlussfolgerung erscheint zwingend, da der Colditzer Rat zu dieser Zeit nicht über die volle Niedergerichtsbarkeit verfügte. Nachdem die vorherigen Archivalien in den Hussitenkriegen untergegangen waren; vgl. dazu und zu Crimmitschau insgesamt E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 120 ff. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 123.

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Körperschaften Rat und Gericht nicht greifbar,208 es wurde nur Des Raths zu Dahlen Stadt-Buch geführt, in das aber Beurkundungen von Rechtsgeschäften aufgenommen sind, die vor dem gehegten Ding vorgenommen worden sind.209 So finden sich im 1429 angelegten und bis 1638 geführten Stadtbuch210 Verfügungen unter Eheleuten, mit denen der Mann der Frau die Hälfte seiner Güter auf den Todesfall zuwendete.211 Diese vor dem gehegten Ding vorgenommenen212 Verfügungen dürften inhaltlich vergleichbar sein mit den in den hier ausgewerteten Schöffenbüchern anzutreffenden quotalen Verfügungen unter Erlebensbedingung. Eine weitere sächsische Stadt mit erhaltenem, aber nicht ediertem Stadtbuch ist Frankenberg. Es dürfte interessant sein, eine sächsische Kommune, deren Stadtname bereits auf fränkische Besiedelung hinweist, thematisch zu untersuchen. Nähere Nachrichten über die dortige Situation sind jedoch nicht vorhanden.213 Auch die kleine Erzgebirgsstadt Geising bei Altenberg ist durch die Nichttrennung von Rat und Gericht gekennzeichnet – Verwaltung und Rechtspflege oblagen einem Richter mit sieben oder acht Schöffen. Es ist ein Buch aus den Jahren 1484 bis 1632 vorhanden, das als Stadt- und als Gerichtsbuch bezeichnet wurde. 1889 befand es sich noch im Ratsarchiv Geising.214 Es enthält Einträge über den Abschluss von Privatrechtsgeschäften vor dem Gericht, seltener vor dem Rat. 215 Die Nachrichten über das älteste Görlitzer Stadtbuch vollständig zusammenzutragen und zu würdigen, würde die hier bezweckte überblicksartige Darstellung zu sehr belasten. Deshalb hier nur einige Andeutungen. Der seinerzeitige Ratsarchivar Richard Jecht hat 1891 das älteste Görlitzer Stadtbuch beschrieben als ein im Jahre 1305 angelegtes und bis 1416 geführtes Werk.216 Paul Rehme gibt ebenfalls eine Beschreibung dieses Buches,217 wobei nicht klar erkennbar ist, ob Rehme das Buch selbst in Görlitz eingesehen oder ob er sich lediglich auf die Beschreibung Jechts gestützt hat. Die-

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210 211 212 213 214 215 216 217

P ETER, in: NASächsGesch 51 (1930), S. 20, 28: „Es wurden also Gerichts- und Ratsverhandlungen nicht streng voneinander geschieden, weshalb man auch nur ein gemeinsames Buch für beide Verhandlungsarten führte. “ P ETER, in: NASächsGesch 51 (1930), S. 20, 25 f.: es bedurfte der Trennung nicht, denn Dahlen hatte nur ein Stadtbuch. Die Schriftleitung des NASächsGesch war 1930 offenbar etwas anderer Ansicht, vgl. die Hinweise derselben auf S. 26, Fn. 2 und 3. P ETER, in: NASächsGesch 51 (1930), S. 20, 21. P ETER, in: NASächsGesch 51 (1930), S. 20, 26; E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 124 f. P ETER, in: NASächsGesch 51 (1930), S. 20, 27. KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90, 94 nennt Frankenberg nur. L ÜCK, Kursächsische Gerichtsverfassung, S. XV nennt es nicht. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 134. JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch von 1305 ff., S. 6 ff. REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 3.

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ses Buch ansehnlichen Umfanges (158 Pergamentblätter, also 316 Seiten mit je zweispaltiger Beschreibung) soll sich im Ratsarchiv Görlitz befunden haben.218 Die Datierung der Einträge ist bis 1336 nicht einwandfrei möglich, danach aber sicher. Die Sprache ist zunächst deutsch, auf S. 55 tritt Latein auf, vier Seiten später mischt sich wieder Deutsch ein und überwiegt bis an das Ende des Buches. Dieser Sprachwechsel ist für die Zeit ungewöhnlich. Das Buch enthält ausschließlich Eintragungen von Vorgängen, die vor gehegtem Ding verhandelt wurden. Es überwiegen von Anfang an die Eintragungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, betreffend Verfügungen über den festen Grundbesitz und die „Testamente“ 219; beide, also die lebzeitigen und die erlebensbedingten Verfügungen über den Grundbesitz, werden im Verlauf des Buches sogar die einzigen. Jecht erklärt220 das damit, dass 1342 ein weiteres Buch angelegt wurde, in das jetzt die Verpfändungen und Eintragungen über die Fahrhabe eingetragen worden seien. Das 1305 begonnene Buch enthält nach Jecht daneben vor allem Eintragungen über Käufe und Verkäufe.221 Es existiert auch eine weitere Beschreibung des 1342 angelegten Stadtbuches, in der Jecht in den Jahren 1893 und 1909 ein aus 107 Blatt Papier bestehendes Buch beschrieb, das sich zum Zeitpunkt der Beschreibung durch Jecht im Handschriftenschrank der Bibliothek der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften befunden haben soll. 222 Es soll Eintragungen aus den Rats- und Gerichtssitzungen der Jahre 1337 bis 1387 enthalten – und zwar Hypothekenangelegenheiten, Verpfändungen, Auflassungen, einige Eintragungen über den Verkauf von liegendem Grund, Eintragungen über kriminelle Sachen, Testamente, Steuerergebnisse und Schöffenlisten.223 Es ist nach demnach ein Buch mit Mischcharakter. Was dieses Buch interessant macht, ist die Tatsache, dass es sich, anders als bei dem 1305 begonnenen Pergamentkodex, nicht um eine Reinschrift, sondern um eine in den Verhandlungen angefertigte primäre Niederschrift handelt. 224 Es steht damit an der Seite des Wetebuchs der Schöffen von Calbe (s. dazu noch unten). Der Inhalt beider Bücher, vor allem der des ersten wäre für die hiesige Untersuchung von Interesse. Jecht hat nach eigenen Angaben das gesamte spätere Buch (1342 ff.) von fol. 1 bis fol. 107 Wort für Wort abgeschrieben und für das Archiv der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften auch Re-

218 219 220 221 222 223 224

Angaben von JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch, S. 7 ff. Begriff bei JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch, S. 9. REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 4 bei Fn. 4: „Vergabungen von Todes wegen “. JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch, S. 9. REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 5: „Auflassungen “ und „Vergabungen von Todes wegen “. Vgl. JECHT, Über das älteste Görlitzische Stadtbuch, S. 10 f. JECHT, Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz, S. 36 f. JECHT, Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz, S. 37.; ebenso DERS., in: NLausMag 69 (1893), S. 133. JECHT, in: NLausMag 69 (1893), S. 133, 134.

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gesten angefertigt. 225 Seltsamerweise hat Jecht das Buch von 1305, das er knapp zwanzig Jahre zuvor beschrieben hat, 1909 nicht erwähnt. Interesse verdient auch, dass das erste, 1305 angelegte Buch zeitlich eng an die Verleihung des Stadtrechts an Görlitz (1298) und an die Erteilung des Magdeburger Schöffenbriefs an Görlitz aus dem Jahre 1303 anschließt, mit dem die Magdeburger Schöffen ihr Recht an die Görlitzer weitergaben. Görlitz bietet damit ein prominentes Exempel, an dem nicht nur die Verleihung von Magdeburger Recht an eine Kolonistengemeinde, sondern auch die Aufnahme einer geregelten Verwaltung und die Aufnahme des Oberhofzuges nachvollzogen werden kann. Leider muss es bei Andeutungen bleiben, denn der der Inhalt beider Bücher lässt sich heute nicht mehr eruieren.226 Seit der Teilung der Stadt Görlitz im Jahre 1945 sind nicht nur das Stadtbuch von 1305, sondern auch das von 1342, dessen Abschrift durch Jecht und die zugehörigen Regesten verschwunden. Alles zusammen gilt noch heute als verschollen. Gemutmaßt wird, dass sich das Material in Breslau (Wroc!aw) befinde. Unbefriedigend ist die Situation auch hinsichtlich der sächsischen Kreisstadt Grimma an der Mulde, die spätestens seit dem Jahre 1292 städtische Selbstverwaltungsorgane aufweist. 227 Erst seit 1391 war der städtische Rat im Besitz der Niedergerichtsbarkeit,228 die bis dahin der grundherrliche Schultheiß ausgeübt hatte. In Grimma muss es in der Buchführung eine saubere Trennung zwischen Rat und Gericht gegeben haben, denn beschrieben werden sowohl erhaltene Gerichts- als auch Stadtbücher: 1889 befand sich im Ratsarchiv Grimma ein Gerichtsbuch, das 1346 angelegt wurde229 und insofern in den Untersuchungszeitraum fallen würde. Leider ist es nicht ediert worden. Es soll, in lateinischer Sprache verfasst, Einträge über Verhandlungen im gehegten Ding, hauptsächlich Auflassungen, Verzichte, Verfügungen enthalten. Die Eintragungen sind undatiert, das genaue Ende des Buches lässt sich nicht ermitteln. Ein zweites, ebenfalls erhaltenes und gleich strukturiertes Gerichtsbuch setzt 1406 ein. 230 Ich entnehme diesen Angaben, dass diese Grimmaischen Schöffenbücher ebenso wie das Bautzener aldt dingbuch und das alte Stadtbuch von Görlitz den Hallischen, Zerbster, Akener und 225 JECHT, Quellen zur Geschichte 226 Einzige thematisch relevante

227 228 229

230

der Stadt Görlitz, S. 37. Nachricht über erlebensbedingte Verfügungen in Görlitz geben zwei von Jecht exzerpierte Einträge aus dem Stadtbuch von 1342 ff. aus den Jahren 1368 und 1381; JECHT, in: NLausMag 69 (1893), S. 133, 151. Jecht meinte, es handele sich um Testamente. Vgl. die Zitate von Lorenz aus einer Urkunde vom 2. September 1292; L ORENZ, Die Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, S. 436 f. L ORENZ, Die Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, S. 461. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 135. Der auffällige zeitliche Abstand zur Stadtrechtsverleihung – reichlich 50 Jahre – wäre erklärungsbedürftig. Eine Magdeburger Rechtsmitteilung gibt es aber anders als in Görlitz nicht. Vgl. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 136. Daneben existiert ein echtes Stadtbuch.

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Neuhaldenslebener Schöffenbüchern an die Seite gestellt werden könnten. Freilich konnten sie wegen ihrer Nichtedition nicht berücksichtigt werden. In Kamenz soll ebenfalls ein Gerichtsbuch erhalten sein, 231 über dessen zeitlichen Ansatz und nähere Beschreibung freilich nichts bekannt ist. Gleiches gilt für die oberlausitzische Sechsstädtebundesstadt Löbau.232 In Königstein in der Sächsischen Schweiz oblag im Mittelalter einem Richter mit sechs Schöffen sowohl die Verwaltung als auch das Gericht. Es gab daher für beide Zwecke nur ein gemeinsames Buch. Vorhanden ist ein Stadtbuch aus den Jahren 1463 bis 1534, dessen Inhalt fast ausschließlich Verhandlungen und Verlautbarungen von Privatgeschäften vor dem Richter und den Schöffen darstellt. Hierbei sind aber vor dem gehegten Ding vorgenommene Akte nur die Ausnahme.233 Aus der mittelsächsischen Stadt Lommatzsch ist ein nicht ediertes Stadtschöffenbuch der Jahre 1412 bis 1531 vorhanden. In Lommatzsch gab es keine Trennung der Kollegien, der Rat aus neun Räten einschließlich des Bürgermeisters war auch das Schöffenkolleg des Stadtgerichts. Deswegen heißt es im Buch auch, dass Verhandlungen stattgefunden hätten vor uns yn eynen sitczenden rath und gehegitte dingbangk.234 Das Buch, das nur selten benutzt worden sein soll, hat 138 Papierseiten, auf denen Verlautbarungen von Rechtsgeschäften zwischen Privaten eingetragen sind: Schuld- und Zahlungsbekenntnisse, Satzungen und Verpfändungen, Vergleiche und „Vergabungen“. 235 Ratsangelegenheiten kommen seltener vor. Sie geben dem Buch seinen Mischcharakter. Für die Altstadt Prag wurde 1915 ein im Jahre 1310 einsetzendes Stadtbuch beschrieben. Allerdings soll es sich bei diesem liber vetustissimus statutorum et aliarum rerum memorabilium nicht um ein Gerichtsbuch, sondern um ein Stadtbuch handeln.236 Über eine Edition desselben ist mir nichts bekannt. Gleiches gilt für die böhmischen Städte Neu-Byd'ow, Leitmeritz (Litome(ice), Saaz ()atec) und Kolin. Auch für diese Städte gab es 1915 Hinweise auf das Vorhandensein von Stadt- bzw. Gerichtsbüchern.237 Neuerdings wurde auch über Schöffenbücher der ganz in der Tradition des Ssp und des Magdeburger Stadtrechts stehenden niederschlesischen Stadt

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Nennung bei KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90, 94. Nennung bei KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90, 94. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 141. Vgl. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 184. Hinsichtlich der Vergabungen spricht Ermisch von Erbverträgen; vgl. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 185. P ETERKA, in: VEREIN FÜR DIE GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste Böhmisch-Kamnitzer Stadtbuch, S. 223. P ETERKA, in: VEREIN FÜR DIE GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste Böhmisch-Kamnitzer Stadtbuch, S. 224.

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Schweidnitz ("widnica) berichtet, die 1377 beginnen, jedoch nicht gedruckt vorliegen. 238 Stadtbücher der etwa seit 1160 planmäßig besiedelten, bis 1192 königlichen, bis 1323 reichsunmittelbaren und seitdem landesherrlichen westsächsischen Stadt Zwickau239 sind im Jahre 1898 wieder aufgefunden worden. 240 Im Jahre 1375 wurde das älteste von ihnen auf Initiative des zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Ratskollegiums 241 angelegt und bis 1472 geführt.242 Es ist primär ein Stadtbuch mit Eintragungen über Verwaltungsgeschäfte, über die Finanzverwaltung und über Rechtshandlungen, die sich auf Zwickauer Lehnsgüter bezogen, enthält aber auch einige Eintragungen über vor dem Rat vorgenommene Rechtsgeschäfte zwischen Privaten.243 Helmut Protze hat das Stadtbuch im Jahre 2008 ediert. Die thematisch relevanten, in den Untersuchungszeitraum fallenden Einträge im Stadtbuch rechtfertigen wegen ihrer Seltenheit nicht eine Gleichbehandlung mit den in dieser Untersuchung ausgewerteten Schöffenbüchern; es sind schlicht zu wenige.244 Ob die vor dem Rat (nicht vor dem Schöffengericht) vorgenommenen Geschäfte wirksam waren oder nicht, ließe sich nur bei einem Vergleich mit einem Zwickauer Gerichtsbuch beurteilen. Das Stadtbuch erwähnt ausdrücklich das Vorhandensein eines Gerichtsbuches, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei diesen Eintragungen von vor dem Rat vorgenommenen Rechtsgeschäften unter Privaten um Doppelungen handelt; zuweilen verlautbarten auch der Vogt und 238 239 240 241

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BISZCZANIK, in: LIEBERWIRTH/L ÜCK (Hrsg.), Akten des 36. Deutschen Rechtshistorikertages, S. 479, 483. Angaben bei P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 14. E RMISCH, in: NASächsGesch 20 (1899), S. 33, 34. Das ergibt sich aus der Vorrede: „Ditz buch ist gegeben [...] do burgermeister waz Heinrich der alde schriber und sin mit ratmanne waren [...]“; P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 63 und E RMISCH, in: NASächsGesch 20 (1899), S. 33, 35. Abdruck der Vorrede auch bei ULLRICH/P LANITZ, Zwickauer Rechtsbuch, S. LIV. Kompletter Text des Stadtbuches bei P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 63-263. Angaben von E RMISCH, in: NASächsG 20 (1899), S. 33, 36. Es handelt sich bis einschließlich 1399 um 25 Notate; vgl. P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, Nrn. 12 (1376): Vergleich unter Geschwistern; 22 (1376): lebzeitige Verfügung mit Zustimmung der Töchter; 24 (1376): lebzeitige Verfügung über Forderungen; 30 (1377), 170 (1395): lebzeitige Verfügung über der Ehefrau angefallenes Gut; 35 (1377), 36 (1378), 78, 79 (1381), 94 (1383), 159 (1393), 162 (1393), 166 (1395): lebzeitige Verfügung über Erbgut; 37 (1400): lebzeitige Verfügung über Gesamtgut; 48 (1379): erlebensbedingte Verfügung über Gesamtgut zugunsten der Kirche; 57 (1380), 111 (1384): lebzeitige, gegenseitige Verfügung über Gesamtgut unter Eheleuten; 61 (1380): Einkindschaft; 62 (1380): lebzeitige Verfügung über Gesamtgut unter Ehegatten; 66 (1380), 127 (1387), 163 (1393), 164 (1393): erlebensbedingte Verfügung zugunsten der Kirche; 126 (1387), 182 (1397): erlebensbedingte Verfügung unter Ehegatten.

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die Schöffen selbst die vor ihnen in gehegter Bank vorgenommenen Handlungen nochmals vor dem Rat. 245 Beides betrifft vor allem Geschäfte, an denen der Rat als Lehnsgeber mittelbar beteiligt war. Die älteren Jahrgänge des erwähnten Gerichtsbuches sind aber verloren, erst ab dem Jahre 1486 haben sich die Gerichtsbücher erhalten.246

(5) Nicht erhaltene Quellen Als nicht erhalten gelten auch heute noch die mittelalterlichen Schöffenbücher folgender Städte. Stadtbücher von Dessau sollen im 2. Weltkrieg im Stadtarchiv untergegangen sein. 247 Für Dresden sind mittlerweile drei Stadtbücher aus dem Zeitraum 14041476 ediert248. Dabei handelt es sich aber um Stadt- und eben nicht um Schöffen- bzw. Gerichtsbücher249. Die ehemals vorhandenen Schöffenbücher von Dresden müssen heute wie schon 1889 als verloren gelten.250 Im Dresdener Stadtbuch von 1406 existieren zwar auch Einträge von Rechtsakten, die Schöffenangelegenheiten betrafen und die vor gehegter Bank vorgenommen wurden.251 Trotzdem wurde das Buch nach Ansicht seiner Editorin damit nicht zum Mischbuch, vielmehr geht sie mit Ermisch davon aus, dass in diesen Fällen eine nachträgliche Verlautbarung vor dem Rat oder ein besonderer Antrag auf Niederschrift in das Stadtbuch anzunehmen sei. 252 Anders liegt es bei der heutigen Dresdener Neustadt, dem mittelalterlichen Altendresden. Hier bestand keine Trennung zwischen Rat und Gericht, ein Ge245

246 247 248

249 250

251 252

P ROTZE, Das älteste Zwickauer Stadtbuch, S. 83 (Nr. 155). Dieser Eintrag ist ein erbrechtlicher Klassiker: „Wisset daz voyt und schepphen, di zu der zit an gerichte sazin, vor uns in uns[er]m Rate by irem eide, den sy dem gerichte getan haben, bekant habin und uns ouch obgeschr. Ratesmannen wissin ist, daz Hennel Frawenreud, dem God gnade, da er gen Rome zoch, bestalt hat und beschicket an gehegter bank mit willen und volborth syner elichen wirthinne, die an gehegter bank geinwertige waz, ab er in frenden landen abesturbe, waz synen kinden an erbe und an gutern geburd, di er leset, daz die guter von eynen kinde uf daz andere lebende sterben und vallen sullen und eyn kind auf das andere sulle erben [d: und nicht uf die muter] da gabe der kinder muter yren willin und gunst und volbort zu. Actum [...]. “ S. a. E RMISCH, in: NASächsGesch 20 (1899), S. 33, 36. E RMISCH, in: NASächsGesch 20 (1899), S. 33, 38. KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90, 93. KLINGNER/MUND, Die drei ältesten Stadtbücher Dresdens; das erste dieser Bücher, das von 1404 bis 1436 lief, wurde schon 1963 maschinenschriftlich herausgegeben – BOER, Das älteste Stadtbuch von Dresden. BOER, Das älteste Stadtbuch von Dresden, S. IV. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 129. Dem stimmt auch MUND, in: KLINGNER/MUND, Die drei ältesten Stadtbücher Dresdens, S. 88, zu. Auch STEINFÜHRER, in: NASächsGesch 69 (1998), S. 245, 246 erwähnt sie nicht. BOER, Das älteste Stadtbuch von Dresden, S. VI. BOER, Das älteste Stadtbuch von Dresden, S. VI.

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richtsbuch hat es nicht gegeben, das Stadtbuch vertrat seine Stelle. Es ist von 1412 bis 1509 erhalten und enthält hauptsächlich Einträge über Privatgeschäfte vor dem Rat oder dem gehegten Ding. 253 Die im ausgehenden Mittelalter nach Freiberg bedeutendste und einwohnerstärkste Gemeinde Mitteldeutschlands,254 Leipzig, ist zwischen 1156 und 1170 als Stadt mit Hallischem und Magdeburger Recht ausgestattet worden.255 Der jährlich wechselnde Rat bestand im Untersuchungszeitraum aus 12 Räten und einem Bürgermeister, seit dem 14. Jh. wurde dieser von drei sich ablösenden Räten unterstützt. Das daneben existierende Schöffenkollegium bestand bis 1438 aus sieben, danach aus sechs Personen. Diese Schöffen waren gleichfalls Räte, wobei das Schöffenamt lebenslänglich war. Stets gehörten dem Schöffenkolleg seit 1438 die drei Bürgermeister an. An der Spitze des Schöffenkollegiums stand der Schöffenmeister, der älteste der drei Bürgermeister. War dieser gerade „an der Regierung“, folgte der nächstälteste.256 Die Stadtbücher und auch die Schöffenbücher des 13. und des 14. Jh., die es in Leipzig wegen der Existenz der getrennten Kollegien gegeben haben muss, sind nicht erhalten. Dass sie existiert haben, wird aus einem Schreiben des Leipziger Rates aus dem Jahre 1292 deutlich, in dem auf ein liber civium (also ein Ratsbuch) hingewiesen wird.257 Dieses verlorene liber civium ist demnach das älteste heute bekannte Stadtbuch im Gebiet des heutigen Freistaats Sachsen. Der Grund für seinen Verlust wird in der sächsischen Justiz- und Verwaltungsreform der Jahre 1832-1835 gesucht, in der ganze Strukturen mitsamt Schriftgut obsolet wurden und die vermeintlich wertlosen Archivalien durch Kassation und Verkauf zerstört wurden.258 Immerhin hat sich durch eine vollständige Edition aus der Mitte des 19. Jh. ein 1359 begonnenes weiteres Stadtbuch erhalten, dessen Original heute ebenfalls nicht mehr existiert.259 Es enthielt städtische Willküren, Einträge des Stadtvogtes über 253

254 255 256 257

258 259

E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 129 f. Im Buch kommt die organisatorische Einheit von Rat und Gericht zum Ausdruck in Einträgen wie: „sie sind kommen vor gehegte Bank und vor einen ganzen Rath “, Stadtbuch Altendresden, fol. 29b (zit. nach E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 129). STEINFÜHRER, Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500) I, S. XII f. Im 13. und 14. Jh. stand sie allerdings noch im Schatten Freibergs. Sog. Leipziger Stadtbrief, in: V. P OSERN-KLETT, Urkundenbuch der Stadt Leipzig, CDSR II 8, S. 1, Nr. 2. Vgl. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177; V. P OSERN-KLETT, Urkundenbuch der Stadt Leipzig, CDSR II/8, S. XXIX. V. P OSERN-KLETT, Urkundenbuch der Stadt Leipzig, CDSR II/8, S. 28. Dort heißt es, dass in dieses Buch eine Schenkung an das Thomaskloster eingetragen sei. Da dies die einzige Nachricht vom Inhalt dieses verlorenen Buches ist, kann nicht mit Sicherheit rückgeschlossen werden, ob es sich tatsächlich, wie die Bezeichnung liber civium nahelegt, um ein Ratsbuch oder um ein Schöffenbuch handelt. KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90, 93, berichtet von wagenweisem Verkauf der Bestände als Altpapier. KLUGE, in: Archivmitteilungen 1988, Heft 3, S. 90, 93 gibt Kriegsverlust an.

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Vergehen und ein Zinsregister.260 Es gibt noch verstreute Nachrichten über weitere Ratsbücher,261 bis zu den Leipziger Ratsbüchern der Jahre 1466 bis 1500.262 Sie enthalten zwar auch viele Einträge, mit denen Privatgeschäfte verlautbart werden und unter denen sich für die Jahre 1467 bis 1483 auch Nachrichten über Verfügungen von Todes wegen finden. Sie sind zeitlich nicht relevant. Schließlich gibt es noch Nachrichten über ein nicht herausgegebenes, aber noch vorhandenes Leipziger Schöffenbuch aus den Jahren 1420 bis 1478. Dieser Band von 149 Blatt Pergament in mittelalterlichem Einband263 entspricht von Anlage264 und Inhalt265 her den Hallischen, Akener, Zerbster und Neuhaldenslebener Schöffenbüchern. Das Buch wurde sorgfältig geführt, was dafür spricht, dass es sich um eine Reinschrift auf das kostbare Pergament handelt, nachdem in den Gerichtstagen Manuale verwendet wurden.266 Es wurde, da nicht herausgegeben und zeitlich nicht einschlägig, nicht benutzt. Über die Ratsverfassung der Stadt Leisnig, deren Rat 1386 ein Drittel und 1423 die übrigen zwei Drittel der Ober- und Erbgerichte erwarb, ist bekannt, dass der Rat aus Bürgermeister und fünf Räten bestand und dass daneben ein Stadtrichter mit fünf bis sechs Schöffen das Stadtgericht versah.267 Es herrschte Kompetenz- und Büchertrennung, wobei ein Stadtbuch aus den Jahren 1438 bis 1460 erhalten ist, die mittelalterlichen Schöffenbücher nicht mehr vorhanden sind.268 Für ihre einstige Existenz spricht die oben angeführte Vermutung, insbesondere da in das Stadtbuch keine Schöffenangelegenheiten eingetragen wurden.269

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265

266 267 268 269

E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 179. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 179 f. STEINFÜHRER, Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500). E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 182 f. „Alz man schribit nach gotis gebort [1420], alz Hartman von Kuncz das gerichte sas in geinwertigkeit deser nachgeschreben scheppfen Nickel Stuesses, Hans Schribers, Peter Ilborges, Nickel Saldinbutten, Lucas Waltheymes, Heinrich Mullers und Hans Wachowen, ist dys buch angehaben czu beschribene von jare czu jare alle louffte, die sich vor iczlichem gerichte des jars vorlouffen myd gaben, gifftungen, und ufflassunge der erbe umb eyns gemeynen nuczes willen aller inwoner czu Lipczk die louffte der gerichte von sullicher handelunge wegen damete czu bewaren und czu geczugene. “; zit. nach E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 183. Es enthält regestenartige Vermerke über die im gehegten Ding vor Richter und Schöffen vorgenommenen Vergabungen von Immobilien und Gesamtvermögen, daneben Schuld- und Pfandsachen; so E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 183. So auch schon E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 177, 183. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 141 f. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 142. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 143.

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Schlecht ist die Lage bezüglich der Mutterstadt allen sächsischen Stadtrechts, Magdeburg selbst. Es wird auch heute davon ausgegangen, dass das gesamte mittelalterliche Archivgut des Magdeburger Rates und des Schöffenstuhls, zu dem auch von den Schöffen geführte Schöffenbücher270 gehört haben müssen, in der Zerstörung der Stadt im Jahre 1631 durch Tillys Truppen vernichtet worden ist. 271 Es existieren nur wenige authentische Quellen des Magdeburger Rechts, dagegen keine den Untersuchungszeitraum tangierende Schöffen- bzw. Stadtbücher.272 Ein mittelalterliches Stadtbuch von Rochlitz an der Mulde fand schon Ermisch nicht mehr, die mittelalterlichen Stadtbücher der zum Oberlausitzer Sechsstädtebund gehörenden Stadt Zittau gingen mit dem gesamten Ratsarchiv von Zittau bei der Beschießung der Stadt im Siebenjährigen Krieg 1757 unter.273

(6) Inhaltlich nicht verwertbare Quellen Der Vollständigkeit halber zu ergänzen ist, dass zwei Editionen von Stadtbzw. Gerichtsbüchern aus Städten des Magdeburger Rechtskreises hier nicht verwertet werden konnten, weil sie inhaltlich keinen Ertrag boten. Es handelt sich um die Stadtbücher der slowakischen Stadt Kaschau (Ko%ice)274 und um das Gerichtsbuch der Deutschordensstadt Kulm (Che!mno)275. Die Durchsicht dieser Bücher hat kaum gegenständliche Verfügungen erbracht. Nach dieser Übersicht sollen nun die Quellen sprechen.

270 271 272 273 274 275

Davon geht etwa BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 93, ganz selbstverständlich aus. BERTELSMEIER-KIERST, Kommunikation und Herrschaft, S. 93. Über spätere Quellen berichtet etwa E BEL, Unseren fruntlichen grus zuvor, S. 131-133 (betr. das 17. Jh.). E RMISCH, in: NASächsGesch 20 (1899), S. 33, 34. H ALAGA (Bearb.), Acta iudiciaria civitatis Cassoviensis 1393-1405: Das älteste Kaschauer Stadtbuch. L ÜCKERATH/BENNINGHOFEN, Das Kulmer Gerichtsbuch 1330-1430.

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3. Die Stadtbücher von Neuhaldensleben (1) Allgemeines zur Quelle Die Stadtbücher der unweit nordöstlich von Magdeburg im Erzbistum Magdeburg gelegenen, 966 erstmals erwähnten und 1224 mit Magdeburger Recht bewidmeten276 Stadt Neuhaldensleben277 umfassen sechs Bände. Hiervon sind fünf im Jahre 1923 ediert worden. 278 Die Edition des sechsten Bandes und eines Registers scheiterte 1923 an der Finanzierung. Der sechste Band erschien später in den GBllMagd registerlos. Auch die Hauptedition litt wohl bereits unter Finanzknappheit: die Einträge sind nicht numeriert. Die Einträge waren deshalb bücherweise zu zählen. Dies und das Fehlen eines Registers erschweren die Arbeit mit der Quelle erheblich. Die für den hiesigen Untersuchungszeitraum vollständig edierten Neuhaldensleber Bücher sind nach meiner Kenntnis für die rechtsgeschichtliche Arbeit bislang noch nicht benutzt worden. Das wird dem Wert der Quelle in keiner Weise gerecht. Insgesamt 4.460 thematisch einschlägige Eintragungen liegen vor. Erstmalig beschrieben wurden die 1820 aufgefundenen Bücher von Robert Hülße. Er war davon ausgegangen, dass sich in der preußischen Provinz Sachsen nur Schöffenbücher aus Halle und Bruchstücke von Schöffenbüchern der Städte Könnern und Aken erhalten hätten, während die Schöffenbücher von Groß-Salze abhanden gekommen seien.279 Hülße ging von einem Ein-

276 V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 25. 277 Haldensleben ist eine von zehn „Rolandstädten “ im heutigen

278 279

Sachsen-Anhalt. Vier weitere dieser zehn Städte (Burg, Calbe, Halle/S., Zerbst) sind „Schöffenbuchstädte “ in dieser Untersuchung. Zum Roland als Symbol für städtische Freiheiten, Marktrechte und allgemeine städtische Gerichtsbarkeit vgl. TRUSEN, Art. Rolandsäulen, in: E RLER/K AUFMANN (Hrsg.), HRG IV (1990), Sp. 1102-1106 und die Arbeiten von Pötschke, Munzel-Everling, Wittek und Schwachenwalde, in: P ÖTSCHKE (Hrsg.), Rolande, Kaiser und Recht. Nicht übersehen werden kann die Verknüpfung von Karlslegende, normativer Rechtssetzung seit dem Spätmittelalter und Besinnung auf Roland als den Garanten des kaiserlichen (bzw. vom Grundherrn ausgehenden) Rechts. Die Stichworte sind: Rolande als Zeichen des Kaiserrechts, Rolande als Zeichen des Stadtfriedens, Rolande als Zeichen städtischer Autonomie. Freilich lässt sich aus einem Roland nicht auf ein Stadtrecht schließen; immerhin aber auf Urbanität und die Verbindung von Verkehr, Markt und Handel – so WITTEK, in: P ÖTSCHKE, Rolande, Kaiser und Recht, S. 158, 161. SORGENFREY/P AHNCKE (Hrsg.), Die Stadtbücher von Neuhaldensleben. H ÜLßE, in: GBllMagd 14 (1879), S. 369, 370. Stadt- und Schöffenbücher von Groß-Salze sind heute nicht bekannt.

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setzen der Bücher um 1250 aus, vielleicht sogar noch etwas früher280 und legte bereits thematisch geordnete Exzerpte vor. Die heute gültige Beschreibung der Originale stammt von Max Pahncke. Danach erfassen die Bücher Akte der freiwilligen und streitigen Zivilgerichtsbarkeit der Stadt aus den Jahren etwa 1255 bis 1277, 1285 bis etwa 1297, fünf Jahre zwischen 1300 und 1310, 1325 bis 1327, 1330 bis 1333, 1336, 1344, 1347, 1349, 1358 bis 1390, 1393 bis 1397. 281 Freilich handelt es sich beim Einsetzen der Bücher im Jahr 1255 um eine Rekonstruktion. Pahncke rechnet anfangs mit 13-15 Eintragungen pro Jahr. 282 Die erste Datierung (1277) findet sich bei Eintrag Nr. I 260, das Jahr 1255 als Anfang wird unter dieser Voraussetzung errechnet. Pahncke stellt die Bücher damit in eine Reihe mit den Büchern von Aken (1265), Halle/S. (1266) und Braunschweig (1268).283 Das älteste Buch von Zerbst setzt erst ca. 80 Jahre später ein. Trifft dieser Ansatz zu, dann liegt mit den Neuhaldensleber Büchern die älteste Quelle für die Rechtstatsachenforschung im sächsischen Rechtskreis vor. Band I erfasst die Jahre 1255-1300 und enthält 610 lateinisch abgefasste Einträge, ausschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Pahncke errechnete das Ende etwa für das Jahr 1300.284 Die letzten zehn folia des ersten Bandes (Einträge I 535 bis I 610) stammen von neuer Hand und wurden auch mit anderer Tinte beschrieben. Pahncke meint, sie seien erst später beigelegt. Die erste Edition von Hülße berücksichtigte diese zehn folia nicht. 285 Hier tauchen eigenartige, aus den Voreinträgen der Stadtbücher unbekannte Formulierungen juristischer Natur auf.286 Band II soll die Jahre 1330-1349 erfassen, enthält insgesamt 2.112 Einträge und ist lückenhaft datiert. Die Einträge müssen ihrer Menge wegen aber weiter reichen als nur bis 1349, bzw. schon vor 1330 einsetzen. 287 Der datierte Zeitraum 1347 bis 1349 beinhaltet 109 Einträge und hat damit einen auch später (im gut datierten dritten Band) beobachtbaren Umfang. In Band II gehen die Bücher bei Eintrag II 30 vom Lateinischen zum Deutschen über und behalten diese Sprache bis 1397 bei. Der

280 281 282 283 284 285 286 287

H ÜLßE, in: GBllMagd 14 (1879), S. 369, 370 f., 372: „nicht allzu lange nach der Neugründung der Stadt 1223 “: P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. XII. P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. VIII f. P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. X. P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. VIII f. SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. 34, not. a. S. dazu auch unten bei den Einzelnachweisen. Insofern scheinen mir Bedenken an den Jahresangaben von Sorgenfrey/Pahncke angebracht. 730 Notationen können nicht allein in dem einen Jahr 1349 vorgenommen worden sein.

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fast vollständig datierte Band III beinhaltet 2.265 Einträge der Jahre 1358 bis 1390. Die Zahl der jährlich beurkundeten Vorgänge schwankt zwischen 50 und 100, überschreitet aber nur selten 100 Einträge pro Jahr. Band IV erfasst die Jahre 1393 bis 1430. Die Datierung ist ebenso wie gegen Ende des Bandes III detailliert. Zwischen 1397 und 1401 fehlen Teile des Stadtbuches. Die hiesige Erfassung endet bei Eintrag IV 244 im Jahre 1397. Band I beginnt mit der Bemerkung: Incipit liber civitatis Haltesslevensis de proprietatibus et hereditatibus hominum. Dementsprechend erscheinen bis 1277 ausschließlich Verfügungen als Inhalt der Eintragungen. In Band II treten Einträge der streitigen Zivilgerichtsbarkeit auf, die sich im Verlauf mehren, bis sie denen der freiwilligen die Waage halten und sie schließlich überwiegen.288 Eine Häufung der Einträge aus der streitigen Gerichtsbarkeit lässt sich ab 1366, insbesondere ab Eintrag III 623 feststellen. Gegen Ende von Band III und mit Beginn von Band IV überwiegen die Streitigkeiten. In den Büchern von Halle kann die gleiche Beobachtung gemacht werden. Die Neuhaldensleber Bücher werden in späteren Eintragungen entgegen der Eingangstitulatur liber civitatis als der schepen schedebok oder fredebok bezeichnet,289 was auch auf die Tätigkeit des die Bücher führenden Gremiums als Streitgericht hinweist. Hiermit ist aber darüber hinaus eine gerichtsverfassungsrechtliche Unsicherheit verknüpft. Problematisch muss es sein, wenn als Beurkundungsbehörde der freiwilligen privaten Gerichtsbarkeit die Schöffen und der Rat nebeneinander auftauchen. Ganz besonders zweifelhaft wird die Lage durch eine Zwischenüberschrift in Band I (Eintrag I 260), die lautet: hee sunt donationes que facte sunt coram consulibus et burgensibus in Haldesleve. Anno domini mcclxxvii. Dies streng genommen handelt es sich also weder um Stadt- noch um Schöffenbücher, sondern um eine Mischung. Wenn sich auch in den hier bearbeiteten Zeiträumen nur wenige Einträge klar einer der beiden Körperschaften zuordnen lassen, so kann auf diese Zwischenüberschrift jedoch nicht allzuviel Wert gelegt werden. Jedenfalls in Band II und III finden sich Hinweise, dass die Einträge von den Schöffen vorgenommen worden sind. In Eintrag II 130 bekennen we scepen das Bestehen einer Zinspflicht für einen Hof. III 122 und III 134 vermerken, dass Jorden Bernburg vor ein gehegtes Ding (das Schöffengericht) gekommen sei und dort eine Verfügung vorgenommen habe. III 296 berichtet in gleicher Weise von der Verfügung einer Witwe an ihren Sohn (einen Pfarrer) vor heghedem dinghe. Auch später kommen solche Berichte vor, z. B. in III 1940, III 2000. Hier, im Jahre 1385, wird vermerkt, dass Verfügende seine Verfügung mit enen brive vorgenommen habe. Auch das Auftauchen der Ratmänner in II 240 steht dem Führen des Buches durch die Schöffen nicht im Wege, denn die Ratmänner antwordeden Tilen Zegarde in dat ding, 288 289

P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. XIII. P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. XIII.

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nachdem sie für diesen gebürgt hatten – Tile Zegard wird also vom Rat an das Schöffending verwiesen.290 Hülße nahm richtig an, dass entgegen der Benennung der Bücher als Stadtbücher und entgegen der genannten Zwischenüberschrift die Schöffen die Beurkundungsbehörde gewesen sein müssen, denn ansonsten hätte in Neuhaldensleben die Übertragung der privatrechtlichen Gerichtsbarkeit an die Stadtbehörde – den Rat – wesentlich früher stattgefunden als in anderen Städten, insbesondere in Magdeburg selbst, wo diese Übertragung erst 1294 vollzogen wurde.291 Einen Schöppenstuhl dagegen gab es in Neuhaldensleben spätestens seit 1224, als die nach ihrer Zerstörung neugegründete Stadt vom Stadtherrn Erzbischof Albert II. von Magdeburg das Magdeburger Stadtrecht verliehen bekommen hat. 292 Wie wäre es darüber hinaus sonst zu erklären, dass Band II und III jedenfalls von den Schöffen geführt worden sind, während die Verfügungen über Eigen und Erbe in Band I vor dem Rat hätten stattfinden sollen? Für Neuhaldensleben müsste dann in der Tat eine von der sonstigen Entwicklung in den Magdeburger Städten losgelöste und umgekehrte Verlagerung der Gerichtsbarkeit vom Rat auf die Schöffen stattgefunden haben. Lösen lässt sich das Problem, wenn mit Hülße angenommen wird, dass die „Räte“ (consules) zumindest im Jahre 1277 gleichzeitig auch Schöffen waren und unterstellt wird, dass es ein echtes Ratskollegium in Neuhaldensleben nicht gegeben hat. 293 Dass die Zugehörigkeit (Neu-) Haldenslebens zum magdeburgischen Recht sich nicht nur auf eine heute unbekannte Stadtrechtsverleihung stützen lässt, sondern auch personeller Natur war, zeigt die Liste der Mitglieder des Magdeburger Schöffenstuhls, die für das Jahr 1350 einen Arnd von Haldenschleue und für das Jahr 1362 einen Busse Haldesleue als Magdeburger Schöffen ausweist. 294

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Von den insgesamt 4.460 Einträgen betreffen 2.954 einzelne, konkret benannte Vermögensgegenstände. Nicht ausgeschlossen werden kann freilich, 290

291 292

293 294

Die weiteren von P AHNCKE, in: SORGENFREY/P AHNCKE, Die Stadtbücher von Neuhaldensleben, S. XIII angegebenen drei Stellen (aus dem vierten Band) lassen aber gerade nicht, wie Pahncke meint, die Räte als beurkundende Behörde erscheinen, sondern betreffen lediglich Verfügungen bzw. Prozesse, bei denen der Rat als Partei beteiligt war. H ÜLßE, in: GBllMagd 14 (1879), S. 369, 373 f. H ÜLßE, in: GBllMagd 14 (1879), S. 369, 373. LOENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 7, nennt Neuhaldensleben eine Gründung auf Magdeburger Stadtrecht. H ÜLßE, in: GBllMagd 14 (1879), S. 369, 376. E BEL, Unseren fruntlichen grus zuvor, Anhang, S. 506. Auch später (1516) erscheint noch einmal ein Haldensleber: Er Pasche Aluensleuen, der arcztnie doctor.

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dass mitunter ein konkret benanntes Grundstück das gesamte Vermögen des Verfügenden gebildet hat. a) Verfügungen von Todes wegen. In dieser Gruppe existieren 138 Verfügungen von Todes wegen. Die in Neuhaldensleben gebrauchte Formulierung der Verfügung unter Erlebensbedigung lautet n. n. dedit n. n. illud (q. n. marcas, bona, hereditas sita, domum) post mortem. Freilich sind hier Variationen möglich, so findet sich einmal statt post mortem oder nach sime tode die Formel levet sie sinen tod. 295 Die Begünstigten waren nicht genau identifizierbar. Ein Eintrag (I 104) steht unter der Bedingung, dass der Verfügende erbenlos starb. I 326 enthält eine erlebensbedingte Verfügung über Geradestücke und zeigt damit die Zugehörigkeit Neuhaldenslebens zum sächsischen Ehegüterrecht. Es gibt insgesamt sechs Schlussbegünstigtenklauseln, z. B. in I 344 quicunque eorum super vixerit (hier könnte es sich um Abkömmlinge gehandelt haben) und in I 364 filie sue in claustro et post mortem filie debent ee claustro. Der Schoßfall wurde auch verhindert in III 328 bei einer Verfügung zugunsten von vier Kindern: ofte eyn sturve, so vallet an dy anderen. Die Kirche erscheint dreimal als Begünstigte. 39 weitere Einträge in dieser Gruppe weisen zusätzlich zur Erlebensbedingung einen Verfügungsvorbehalt auf. Der Verfügungsvorbehalt wurde üblicherweise mit folgender Formel deutlich gemacht: selven wil he woldihc sin, di wile dat he levet. Gleichberechtigt daneben existiert die Wendung sulven wil he herre sin, de wile dat he levet. Dass diese Formeln aber nicht feststanden, sondern von Person zu Person bewusst variiert wurden, zeigt die Formulierung:296 sulve wil se vrowe sin, wil sy levet. Die Verfügungsmacht einer vrowe stand der eines herre also (jedenfalls in diesem Eintrag) nicht nach. Einer dieser 39 Einträge (I 132) ist in Form eines Einspruchsverbots konstruiert: si autem necessitas fuerit, quod vendere posset nullo prohibente. Die restlichen Verfügungen haben alle die Form n. n. het ghegheven n. n. illud na sime dode, de wile dat he levet, wel he is woldihc sin. In II 1824 ist durch eine Schlussbegünstigtenklausel der Fall des Vorversterbens des Begünstigten geregelt. Die Begünstigten sind wieder kaum identifizierbar, nur in III 1836 wurde ein Neffe begünstigt, starb er, sollte ein anderer Neffe den Verfügungsgegenstand erhalten. Die Kirche erscheint einmal als Begünstigte. Einzelgutsverfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt existieren nicht. Keine dieser Verfügungen von Todes wegen ist unter Mitwirkung potenzieller Erben des Verfügenden vorgenommen worden.

295 296

III 1941. III 296. Dort hatte eine Witwe über ihr gesamtes bei ihrem Tod noch vorhandenes Gut zugunsten ihres Sohnes, eines Pfarrers, verfügt.

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b) Verfügungen unter Lebenden. Erwartungsgemäß den breitesten Raum nahmen in Neuhaldensleben die Verfügungen unter Lebenden ein. Es handelt sich insgesamt um 2.622 einfache Verfügungen unter Lebenden. Betroffen waren vor allem Grundstücke und Geld. In I 43 wurde über 50 Schafe verfügt, viermal bildete auch eine Klage den Gegenstand der Verfügung. Die Standardformel der Schöffen lautet: n. n. dedit/dimisit n. n. illud (bonum, hereditas sita, q. n. marcas) oder, nach dem Übergang zum Deutschen: n. n. het gegeven. In Band II häuft sich dann statt geven das Verb oplaten und verdrängt geven vollständig. Einmal erscheint in III 2029 das Verb ghiften. Schlussbegünstigtenklauseln erscheinen nach dem Muster si quis horum primo moriatur, quod alter obtineat in zehn Fällen. Zwei Fälle (I 539, I 540) sind als gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten erkennbar, hier wird es sich beim Verfügungsgegenstand wohl um das gesamte Vermögen gehandelt haben. Die Kirche wurde in nicht mehr als 14 Fällen begünstigt. Es existiert ein Eintrag (III 650), in dem die Verfügung aufschiebend (aber nicht erlebens-) bedingt ist – Bedingung war hier die Ausstattung einer Tochter. In fünf der 2.622 Eintragungen (I 104, I 382, I 482, II 333 und II 358) wird ausdrücklich erwähnt, dass dem Verfügenden der Verfügungsgegenstand angestorben sei. In lediglich einem einzigen Fall (III 2065) ist die Zustimmung potenzieller Erben zur Verfügung beurkundet. Mitgezählt wurden hier auch 27 Verpfändungen, obwohl sie eigentlich nicht in den thematischen Zusammenhang gehören. c) Verfügungen von Todes wegen, bei denen eine ausdrückliche Erlebensbedingung zwar fehlt, dafür aber ein umfassender Verfügungsvorbehalt vorgesehen ist – n. n. het ghegheven/opgelaten n. n. illud, des wil he selven weldich sin, de wile dat he levet, kommen in 68 Fällen vor. Zwei davon waren wieder mit einer Schlussbegünstigtenklausel versehen. Das Gegenstück hierzu bilden die Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt. Die Neuhaldensleber Bücher weisen eine derartige Eintragung (I 439) aus – n. n. contulit n. n. illud, ita si de necessitate vite detineat und zeigen damit, dass der Unterschied zwischen beiden Vorbehaltsarten in Neuhaldensleben im Einzelfall genau beobachtet wurde.297 d) Leibgedingeverfügungen, bei denen es sich um Verfügungen unter Lebenden handelte, weisen in Neuhaldensleben folgende Formulierung auf: n. n. dedit n. n. illud, sed ipse rehabebit post mortem ipsius oder n. n. hat gegeven n. n. illud tu ereme live. Es wurden hier 50 solcher Grundfälle gezählt. Obwohl das Leibgedinge ohnehin dadurch gekennzeichnet ist, dass der betreffende Gegenstand nach dem Tod des Begünstigten an den Verfügenden oder dessen Erben zurückfällt, weisen 17 Einträge noch besondere Schlussbegünstigtenklauseln auf. Eine dieser Klauseln (III 1526) ließ den Verfü297

Etwas deutlicher wird das noch in Halle/S. (in diesem Abschnitt Nr. 5) werden. Dem soll hier nicht vorgegriffen werden.

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gungsgegenstand an die Kirche fallen. Leider konnte nur in zwei Fällen der Begünstigte identifiziert werden, in I 207 handelte es sich um die Mutter des Verfügenden, in I 536 um die Tochter. Es existieren daneben insgesamt 9 Leibgedingebestellungen, die sich durch einen umfassenden Verfügungsvorbehalt zugunsten des Verfügenden als Verfügungen von Todes wegen erkennen lassen: n. n. het gegeven n. n. illud to sime/ereme live, oc wel he/se es selven woldihc wesen, de wile dat he levet. Zwei dieser Verfügungen weisen wieder eine Schlussbegünstigtenklausel auf. Sechs weitere Leibgedingeverfügungen werden schon durch eine Erlebensbedingung als Verfügungen von Todes wegen erkennbar: n. n. het ghegheven n. n. illud na ereme/sime dode (t! syme lyve), wan n. n. sterft, so valt illud weder an di rechten erven (an n. n.). In zwei dieser Fälle (II 2079 und II 2100) wurde auch noch ein Verfügungsvorbehalt angefügt. e) Einzelgutsvermächtnisanordnungen unter Erlebensbedingung sind 21 mal beurkundet. Verwendet wurde die Formulierung si n. n. moritur, n. n. obtinebit illud oder n. n. schal hebben illud tu vornut.298 Es handelt sich hierbei eindeutig um Verfügungen von Todes wegen, mit denen einer bestimmten Person (nicht immer ist erkennbar, ob es sich dabei um einen potenziellen Erben handelte) bei der Teilung des Nachlasses ein bestimmter Vermögensgegenstand zugewendet werden sollte. In den meisten Fällen wurden feste Geldbeträge zugewendet.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Von den insgesamt 4.460 relevanten Einträgen betreffen 1.454 Verfügungen über Vermögensgesamtheiten. Das sind zwar weniger als die Einzelgutsverfügungen unter Lebenden, gleichwohl eine beträchtliche Anzahl. a) 303 dieser 1.454 Verfügungen waren Verfügungen von Todes wegen, die an der Erlebensbedingung erkennbar sind. Die Schöffen verwendeten die Formel n. n. dedit/dimisit n. n. omnia bona sua que habet et habebit post mortem suam oder n. n. het gegeven n. n. svat he hat nach sineme tode. Es überwogen die Verfügungen zugunsten von Frau und Kindern. Mit dem Einbezug der Frau in den Kreis der begünstigten Personen ist der Kreis der verwandten Personen verlassen. In drei Einträgen (I 262, I 451 und I 496) wurde der Schoßfall ausgeschlossen. Enkel wurden zweimal bedacht, der Ehemann fünfmal, der Vater (ein unüblicher Fall) einmal. In sechs Fällen wurde der Kreis der allernächsten Verwandten verlassen: I 268 begünstigte den Bruder, I 372 einen Neffen, I 445 wieder einen Bruder. Ein überhaupt nicht 298

Vornut dürfte hier „voraus “ bedeuten. Nutzen hätte mit tu und vor- ein doppeltes Präfix. Freilich wäre auch „zu Vornutz “ möglich – dann müsste im Sprachgebrauch der Neuhaldenslebener Bücher neben dem „Vornutz “ auch der „Nachnutz “ vorkommen. Das freilich ist nicht der Fall.

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mit dem Verfügenden Verwandter, ein Schwager, wurde in I 518 bedacht. In zwei Fällen (I 379 und I 774) ließ sich eine Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsbeziehung zwischen dem Verfügenden und dem Bedachten nicht erkennen. Möglich ist demnach eventuell, dass in diesen beiden Fällen das gesamte Vermögen an nicht verwandte und nicht verschwägerte Personen von Todes wegen übertragen wurde. Die Kirche war immerhin in sieben Fällen (I 588, II 365, III 697, III 1165, III 1331, III 1332, III 2187) der Erbnehmer des gesamten Vermögens des Verfügenden. Das bedeutet, dass die Zuwendung eines gesamten Vermögens an die Kirche in Neuhaldensleben im Untersuchungszeitraum statistisch öfter vorkam als die Zuwendung nur einzelner Vermögensgegenstände an sie. 23 weitere Verfügungen waren ebenfalls Verfügungen von Todes wegen – gekennzeichnet vom umfänglichen Verfügungsvorbehalt: n. n. contulit/dedit n. n. omnia bona sua post mortem suam tali condicione, quod quamdiu ipse vivit, vult esse potens oder n. n. het gegeven n. n. al dat he het unn ummer mer ghewint na sime dode, de wile dat he levet, wel he is woldihc sin. Unter ihnen ist II 425 zu erwähnen, hier wurde eine Wiedereinbringungspflicht für ausgeradete Kinder vereinbart. Die Kirche wurde viermal begünstigt. Eine Gesamtgutsverfügung unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt konnte nicht gefunden werden. b) Verfügungen unter Lebenden. 299 Verfügungen, bei denen eine Erlebensbedingung fehlt, betreffen das gesamte Vermögen des Verfügenden. In vielen Fällen wird es als das gegenwärtige und künftige bezeichnet. In den Büchern wurde hierfür die Formel n. n. dedit n. n. omnia bona sua, que nunc habet vel umquam habebit oder n. n. het ghegheven allet dat he hevet unn wint n. n. verwendet. Es kommen aber auch zahlreiche nähere Umschreibungen für Sachgesamtheiten vor: So wurde etwa über die gesamte Fahrnis, die gesamte Gerade, über das gesamte Barvermögen (reydeschop, gereites gut) verfügt. Besonders kennzeichnend für diese Gruppe sind Einträge, in denen der Verfügende ausdrücklich erklärt, dass er selbst keine Rechtsmacht am Verfügungsgegenstand mehr zurückbehalten wolle. Damit werden einerseits die betreffenden Einträge ganz deutlich erkennbar als sofort wirksame Verfügungen unter Lebenden und andererseits wird die definitorische Abgrenzung zu den Verfügungen von Todes wegen sicher ermöglicht, die durch einen umfassenden Verfügungsvorbehalt erkennbar sind. Es handelt sich um 14 solcherart näher konkretisierte Einträge – die Formel lautet des wil he nicht weldich wesen oder selve wel he is unweldihc wesen oder auch und neyn here wil hes sin. Die Kirche wurde in neun Fällen begünstigt, in acht dieser neun Fälle verfügten Frauen über ihre gesamte Gerade zugunsten der Kirche. Ein anderer Eintrag, III 1519, lässt deutlich die Versorgungsmotivation für eine solche lebzeitige Komplettveräußerung erkennen – die Verfügende ließ sich vom Erwerber (nicht der Kirche) bestätigen: dar scal he se erer von phlegen. Die-

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selbe Motivation dürfte auch den Geradeverfügungen an die Kirche zugrundegelegen haben. 187 dieser 299 Eintragungen lassen erkennen, dass es sich um Gesamtverfügungen handelt, die vorgenommen wurden, weil dem Verfügenden infolge Erbfalles Vermögen angefallen war. Ganz häufig verfügten hier Frauen über einen Anfall – also eine Vermögensgesamtheit – zugunsten verwandter (Mutter, Vater, Bruder, Sohn) oder nicht verwandter (z. B. Stiefmutter, Stiefvater, Witwe des verstorbenen Bruders, Pfarrer299) Personen. Nicht selten ist auch die Situation, dass eine Frau über das ihr von ihrem ersten Mann angestorbene Gut zugunsten ihres zweiten Ehemannes verfügte. In fast allen diesen Fällen dürfte es ebenso wie schon oben um Versorgungsaspekte infolge des Todes eines den Verfügenden bisher versorgenden Angehörigen gegangen sein. Neunmal wurde aber auch nicht über einen Anfall, sondern über eine gift verfügt – mithin über Gut, das infolge einer Verfügung (nicht selten wohl einer von Todes wegen) an den Verfügenden gelangt ist. 300 Dreimal schließlich ist eine Rückfallklausel für den Fall des Todes der begünstigten Frau angeordnet – es handelte sich also um Nießbräuche an Sachgesamtheiten. Es gibt eine einzige Verfügung, II 1439, die eine Frau mit Erlaubnis ihres Mannes und ihrer Tochter vornahm. Der Erbenlaub spielte in Neuhaldensleben also auch bei den Verfügungen über Vermögensgesamtheiten keine signifikante Rolle. c) Als Verfügungen von Todes wegen anzusprechen sind 574 Verfügungen über Sachgesamtheiten (jetziges und künftiges Vermögen), bei denen zwar eine Erlebensbedingung fehlt, dafür aber ein umfassender Verfügungsvorbehalt eingetragen wurde. Standardisierte Formel war hier: n. n. het gegeven n. n. alle dat he het unde umber mer gewint, de wile dat he levet, so wil he des silves weldich wesen. Mit der Anzahl dieser Verfügungen steht Neuhaldensleben in den untersuchten Schöffenbüchern an erster Stelle. In keiner anderen untersuchten Stadt wurde dieser Weg so oft beschritten wie hier. Die Verfügungen lassen besonders gut die mit ihnen verbundene Motivation erkennen. Verfügungen ausschließlich zugunsten der Ehefrau liegen vor in 22 Einträgen. In 510 Einträgen wurden Frau und Kinder begünstigt. Zu deren Nennung wurde die Formel siner husvrowe unn den erven, dy von en beyden komen moghen verwendet. Es handelte sich also um Verfügungen, die der Mann bei Eingehung einer Ehe in Erwartung der Geburt von Kindern vor299

300

III 206 und III 857. Merkwürdig ist, dass hier nicht eine Kirche, sondern eine ganz bestimmte Person gewählt wurde. Verwandtschaften sind aber nicht sicher erkennbar. Ganz in diesem Sinne II 1419: Greta Vricken Gheverdes weddewe het oppelaten, svat ere anirstorven was, unn gheghiftiget was von Vricken ereme manne Gesen unn Lenen unn Greten Vricken Gheverdes dochteren.

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nahm. Frau und Kinder wurden so gleichmäßig am Nachlass beteiligt, gleichzeitig wurde die Errichtung einer neuen Verfügung bei der tatsächlich erfolgenden Geburt von Kindern entbehrlich.301 Das wahrscheinliche Ziel dieser Verfügungen war es, die Beschränkung der Frau auf die Gerade – bzw. die Nichtbeteiligung der Kinder an der Gerade – zu vermeiden und eine quotale Aufteilung des Nachlasses zu erreichen. Nach hier vertretener Ansicht hatten diese Verfügungen erbrechtliche Wirkung. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, die Kinder (die noch gar nicht geboren waren) hätten durch die Verfügung ein sofort wirksames, dingliches Recht am Vermögen des Vaters erworben. Wenn das der Zweck dieser Verfügungen gewesen sein sollte, dann wären die Verfügungen das falsche Mittel gewesen; die Verfügung hätte dann wohl nicht mehr Recht begründet als die Verwandtschaft bei wirklicher Geburt eines oder mehrerer Erben. Das Gegenteil ist der Fall: Diese Verfügungen beschränkten die geborenen Erbnehmer von vornherein dadurch, dass die Frau als gleichberechtigte Erbnehmerin neben die Kinder trat. Die Gesamtverfügung unter Verfügungsvorbehalt wurde 24 mal auch ausschließlich zugunsten der „Erben“ vorgenommen, einmal wurden ausdrücklich die Enkel begünstigt. Schlussbegünstigtenklauseln tauchen hier dreimal auf. Es wurden schließlich auch weitere mit dem Verfügenden verwandte (Schwester, Bruder, Neffe, Mutter) oder nicht verwandte (Mann, Schwager und ein Treuhänder302) Personen begünstigt. Die Kirche erscheint in vier Fällen als Begünstigte. Demnach wurde auch in dieser Gruppe der Kreis der (nächsten) Verwandten verlassen. Ein Erbenlaub hat in keinem dieser 574 Einträge stattgefunden. Gesamtverfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt sind in den Neuhaldensleber Büchern nicht vermerkt. d) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten sind auch in Neuhaldensleben Gegenstand der Beurkundung in den Schöffenbüchern. Bei denjenigen, die als Verfügungen von Todes wegen angesprochen werden müssen, weist der erste Band der Bücher zwei interessante Besonderheiten auf. Es handelt sich um insgesamt 71 Einträge, die unter einer Erlebensbedingung stehen. Dabei wurde, solange das Schöffenbuch lateinisch geführt wurde, entweder die Formel n. n. dedit n. n. marito eius/uxori eius (et heredibus suis) omnia bona sua post mortem suam et ipsa e converso für eine aus zwei Teilen zusammengesetzte Verfügung verwendet, bei der sowohl die Verfügung des Mannes als auch die der Frau nebeneinander verzeichnet wurden.303 Daneben 301 302

303

Verhindert wurde so, dass Kinderzeugen Ehestiftung brach. III 1323: Olte Suke het gheven Heynen Vinken unn Hennig Beren allet, dat he het unn umber wint, sulven wil hes woldich sin, dat scullen se keren in goddes ere unn war he en dat bescreven ghift. Gesamtverfügung an zwei Treuhänder, die nach dem später kundzugebenden Willen des Verfügenden handeln sollen. Teilweise wurden die (potenziellen) Erben mit in die Verfügung einbezogen.

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gibt es aber im ersten Band des Schöffenbuches auch eine Formulierung, die beide Verfügungen in einer stark verkürzten Form wiedergibt: n. n. dedit n. n. omnia, que possidet, et si unus moriatur, quod alter obtineat. 304 Auf diese Weise wurde dasselbe rechtliche Ergebnis erreicht, vom Unwesentlichen abstrahiert und das Vermögen des Erstversterbenden vollumfänglich von Todes wegen auf den Längstlebenden übertragen. Lebzeitige gegenseitige Gesamtverfügungen unter Ehegatten waren eher die Ausnahme. Insgesamt wurden nur 12 derartige Einträge registriert. Häufiger dagegen kommen die gegenseitigen Gesamtverfügungen unter Ehegatten von Todes wegen vor, bei denen die Erlebensbedingtheit sich aus dem Verfügungsvorbehalt ergibt: n. n. het ghegheven sime/ire wive/manne [unn erer tvier erven, de von en beyden komen moghen,] al dat he het unn ummer mer ghewint, de wile dat he levet, wil he is woldihc sin. Es sind insgesamt 112 solche Verfügungen registriert worden. Auch hier fehlt der Erbenlaub. Eine Eigenart der Neuhaldensleber Bücher ist dabei die Tatsache, dass diese Verfügungsart einerseits in Band II nicht vorkommt und andererseits dafür die in Band I gewählte, elastische Formel später nicht mehr erscheint, sondern durch die umständlichere Einzelregistratur der beiden gegenseitigen Verfügungen ersetzt wurde. Die gegenseitige Gesamtverfügung von Todes wegen war aber nicht auf Ehegatten beschränkt, sondern stand (ebenso wie in Köln, Halle, Aken und Zerbst) auch anderen Personen offen. Freilich wurde in Neuhaldensleben bis zum Jahr 1400 nur zweimal davon Gebrauch gemacht. In einem Fall (I 527) wendeten sich so zwei Brüder ihr gesamtes Vermögen zu, in einem anderen (I 564) eine Witwe und ihr Stiefsohn. e) Auch Verfügungen über Vermögensquoten sind in den Neuhaldensleber Büchern enthalten; entweder unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. partem in suis bonis post mortem) in fünf Fällen – modern mutet II 973 an, hier wurden der Kirche 2/3, dem Pfarrer 1/3 des Vermögens von Todes wegen zugewendet; oder mit Verfügungsvorbehalt (n. n. het gegeven n. n. de helfte des gudes, des wil he silven weldich wesen, die wile dat he levet) in acht Fällen. Lebzeitig scheinen solche Quoten fünfmal (n. n. dedit n. n. partem in suis bonis) übertragen worden zu sein; wobei am Sinn einer solchen Verfügung gezweifelt werden könnte. Schließlich werden wieder eindeutig als Verfügungen von Todes wegen erkennbar 40 Einträge, in denen dem Begünstigten eine Kindesteilsquote am Vermögen des Verfügenden zugewendet wurde. Dabei wurde die Formel n. n. scal to likem dele gan mit den kinderen, de nu sin unde noch en beyden werden moghen verwendet, wenn die Frau des Verfügenden begünstigt wurde. Unter Weglassung des letzten Halbsatzes wurde diese Formel auch für andere Personen geöffnet. Da die Gleichteilung erst erfolgen konnte, wenn der 304

Es handelt sich um die Einträge I 38, 47, 444, 468, 505, 511, 545, 554, 560, 591, 592, 599, 607, 608.

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Nachlass vorhanden – wenn also der Verfügende gestorben war – hätte es sich eigentlich erübrigt, noch eine ausdrückliche Erlebensbedingung hinzuzufügen. Gleichwohl findet sich eine solche (nach sime dode) in sieben Fällen. Der Eintrag III 1491 variiert die Bedingung zu were dat he aveginge.

(4) Verschiedenes a) Verzichtsklärungen, die sich entweder auf ein Erbrecht oder eine den Verzichtenden begünstigende Verfügung beziehen, sind nur in 36 Eintragungen zu finden. 30 Verzichte beziehen sich auf ein Erbrecht, sechs auf eine Verfügung. Die Art der Verfügungen sowohl unter Lebenden als auch von Todes wegen erlaubt es aber nicht, diese 36 Fälle als Fälle des Erbenlaubes zu identifizieren. Es handelte sich um Spezialfälle. b) Achtmal ordnete der Verfügende Beschwerungen seiner Erben durch Auflagen an. c) Sechs Eintragungen zeigen Einsprüche gegen eine Verfügung an (n. n. wederspriht de gabe/giftinge). Dabei wurde in zwei Fällen (II 272 und II 286) der Grund für den Einspruch angegeben: von des erven weghene. Auch diese sechs Eintragungen lassen sich angesichts der Gesamtzahl der Verfügungen nur schwer als Kennzeichen eines allgemein existierenden, stets von Amts wegen als Wirksamkeitsvoraussetzung konstruierten Erbenlaubrechts interpretieren. Eine solche Konstruktion müsste zahlenmäßig weitaus deutlichere Spuren hinterlassen haben. e) Schließlich sind noch zwei Genehmigungen zu Verfügungen zu nennen (n. n. wulbordet dy ghift, die n. n. ghedan het n. n.). Hier gilt das eben Festgestellte entsprechend.

(5) Einzelbelege Abschließend sollen einige für Neuhaldensleben aussagekräftige Einzelnachweise erörtert werden. a) Zum Verfügungsgegenstand. Beispiele für die völlige Aufteilung des Vermögens für den Todesfall unter mehreren Personen (Frau, Kinder aus unterschiedlichen Ehen etc.) sind: I 98: Fredericus sonolte dedit suis prioribus pueris omnia bona sua dimidia, uxori autem sue et heredibus suis, si contingat, dedit post mortem quicquid ibi superfluum fuerit. I 503: Henning pese contulit uxori sue et heredibus suis dimidiam curiam et ad hoc omnia presencia et futura post mortem suam, aliam dimidiam curiam dedit filio suo Johanni anteriori post mortem suam.

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I 538: Tidericus Barut contulit uxori sue Mechtilde et pueris illius mulieris VIII tal. post mortem suam, insuper quicquid super est cedit aliis pueris. II 3: Fricke Kempe donavit uxori sue Adelheydis et heredibus eorum curiam suam et omnia, que habet post mortem, si moreretur Kempe, tunc primogenitus suus deberet habere XII marcas in paratissimis bonis suis et si plures generaret pueros, omnes reciperent equales partes cum uxore sua Adelheydis. II 95: Heyne von Wellen dhy heft ghygeben synen wibe Iden unde eren tvyeren erven alle dat hy het nach sinen dode, op hy sterft, so scal syn irste shone mhyt synen vybe dhy he nhu heft unn mitten anderen kynderen lhyken teyl nemen.

Unproblematisch war es auch, einer Tochter eine Vermögensquote unter Erlebensbedingung zuzuwenden, sich gleichwohl die Möglichkeit der Ausstattung dieser Tochter vorzubehalten und für diesen Fall den Nachlass der Ehefrau von Todes wegen zuzuwenden: I 523: Hinricus repere contulit filio suo (sic!) Adelheyde terciam partem omnium bonorum suorum post mortem suam, si vero hunc puerum separavit a se amilicabiliter ipso vivente, omnia que nunc habet et habiturus est, cedunt mulieri sue post obitum.

b) Zur Erlebensbedingung. Die folgenden Einträge können bei jeweils unterschiedlicher einzelner Ausformung die erbrechtliche Wirkung der Erlebensbedingung verdeutlichen. Deutlich wird der Gegensatz zwischen dem Geben mit warmer und dem Nehmen aus kalter Hand schon in Eintrag II 126: Heyneke Sedorp het opgelaten eyn verding geldis Geben siner suster in dem hove, den he gekoft het, den verding to gevene bi ereme live eder na ereme dode, wur se wil eder also den gelt, als he werdich were is.

Klärung hinsichtlich der rechtlichen Wirkung der Erlebensbedingung liefert auch II 763: Cone Benneke die olde scultete het ghegheven Telen syner dochter, die in deme clostere is tu Oldenhaldesleve, XVI schilling gheldes in Tilen huse Nabakes unn in des smedes huse darby unn IIII schilling gheldes in Pustes huse unn enen halven virding geldes in Clauses huse Rucobes na syme dode, vorcoft he dit, so schal desse gift nicht wesen, na Telen dode so schal et vallen weder an Cone den olden schulten oder an syne erven.

Die Erlebensbedingung, unter der diese Leibgedingeverfügung stand, wurde hier durch einen Zusatz hinsichtlich ihrer Wirkung plastisch verdeutlicht. Die Begünstigte erwarb kein sicheres Recht an den verfügten Gegenständen (Zinsen). Verkaufte der Verfügende die Zinsen zu seinen Lebzeiten anderweit, so war das Recht der Begünstigten bei Bedingungseintritt gegenstandslos. Folgendem zwischen Mutter und begünstigtem Sohn vorgenommenen Geschäft ist gleichfalls erbrechtliche Wirkung zuzuschreiben:

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II 773: Greta des stummen moder unn die stumme ere sone die hebben ghegheven Tilen Heynen sone van Flechtingh allet dat se hebben unn jumber mer ghewinnen, weldech wil se disses wesen, thvyl se levet. Na ereme dode so schal me deme stummen sine notorft geven van deme gode.

Die Auflage traf hier nicht einen geborenen Erben, sondern eine Person, die aus der Gesamtgutsvergabung begünstigt wurde. Trotzdem stellte sich folgende Situation ein: Die Verfügende wandte ihr gesamtes bei ihrem Tod vorhandenes Vermögen einer anderen Person als ihrem Erben (ihrem stummen Sohn) zu. Der Sohn, der auf diese Weise enterbt wurde, wurde an der Verfügung beteiligt, wobei unklar bleibt, ob er zu diesem Anlass von seiner Mutter oder einem Vormund wirksam vertreten worden ist. Dem Begünstigten wurde auferlegt, den enterbten Sohn nach dem Tod der Mutter zu unterhalten – bis zu ihrem Tod kam die Mutter selbst für den Unterhalt auf und behielt sich zu diesem Zweck auch die Verfügungsmacht über das Vermögen vor. Das Ineinandergreifen mehrerer Verfügungen (lebzeitig und erlebensbedingt) ergibt sinnvolle Gesamtlösungen wie in II 820: Hampe Dalemannes wedwe het oppelaten unn ere sone Bartolt eren hof half Gesen Dalemannes dochter, darmede schal se sceden wesen von eres vadere erve unn von syme gode, vortmer ist, dat die kyndere thvey erer moder dot leven, so schal Bartolt ere sone die anderen helft des hoves to voren hebben unn svat se dar na erft, dat scholen se like delen die kyndere, die modere wil eres deles woldech wesen, thvyl se levet.

In den beiden folgenden Einträgen verfügte zuerst die Tochter über den halben Hof zugunsten ihres Mannes, anschließend verfügte dieser über sein Gesamtgut unter Verfügungsvorbehalt zugunsten seiner Frau und ihrer beider Erben. Das Ganze ist ein schöner Fall einer Abschichtung einer Tochter anlässlich ihrer Verheiratung. Um die Ehe der Tochter angemessen auszustatten, wurde erst der halbe Hof der Mutter bedingungslos und damit lebzeitig und sofort an die Tochter übertragen. An dieser Verfügung wurde deren Bruder beteiligt. Damit sollte die Tochter abgeschichtet und am Erbe ihres Vaters nicht mehr beteiligt sein. Dass jedoch keine vollständige Enterbung der Tochter auch nach der Mutter bezweckt war, zeigt sich später. Anschließend wurde dafür gesorgt, dass der Bruder den restlichen halben Hof beim Tod der Mutter vollständig erhielt. Da der Sohn am Vermögen der Mutter bei deren Tod ohnehin als geborener Erbe beteiligt war, musste ihm ein Vorausvermächtnis bezüglich des halben verbliebenen Hofes eingeräumt werden. Das geschah auch unter der Bedingung, dass die beiden Kinder den Tod der Mutter erlebten. An dem über den Hof hinaus verbleibenden Vermögen der Mutter sollten wieder beide Kinder zu gleichen Teilen beteiligt werden. Beide sollten als Erben das verbleibende Vermögen gleich teilen – die Tochter wurde also durch die lebzeitige Zuwendung des halben Hofes nicht als Erbin ihrer Mutter enterbt. Siehe zur Vervollständigung des Vorganges in dieser Familie noch

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II 1057 und II 1058: Hampe Dalemannes wedwe unde ere sone Bartolt hebben oppelaten eren hof Ludeman Steyndals ereme swagere (1057). Hampe Dalemannes wedwe het oppelaten 1 * marc gheldes Bartolt ereme sone, die sy hevet in Brunes hove van Hakenstede na ereme dode, na Bartoldes dode so schal se weder vallen an Gesen syne suster oder an ere erven.305

Ein sicheres Indiz für die erbrechtliche Wirkung der Verfügung unter Erlebensbedingung liefert auch III 395: Bette Conen Beren husvrowe het oppelaten Hanse Beren al, dat ere anesturven is von eren manne et si an gift eder an rade eder wurane et si.

Die gift, die der Mann der Ehefrau gegeben hatte, starb der Frau beim Tod des Mannes an (daneben die Gerade). Der Erwerb des gegifteten Gutes vollzog sich wie der der Gerade also von Todes wegen – ein Nachweis für die rein erbrechtliche Wirkung des Rechtsgeschäfts. Nicht nur die reine Erlebensbedingung, sondern auch der Verfügungsvorbehalt lässt sich weiter konkretisieren mit Eintrag III 883: Hanne Dunichtes het gheven unser vrowen allet, dat se het unn sulven wel ses woldich sin. Ok het se gheven unser vrowen ere rade von staden an.

Unterschieden wurde bei dieser Verfügung zugunsten der Kirche zwischen dem Gesamtvermögen der Verfügenden und ihrer Gerade. Über diese verfügte sie von staden an – d. h. auf der Stelle. Die Gerade sollte mithin anders als das verbleibende Gesamtvermögen sofort auf die begünstigte Kirche übergehen. Es bleibt nur der Schluss, dass das Gesamtvermögen, obwohl keine Erlebensbedingung vorhanden ist, erst mit dem Tod auf die Kirche überging. Damit hatte die Gesamtverfügung erbrechtliche Wirkung. Dasselbe Muster wurde auch in den Einträgen III 884, 885, 1165, 1917, 1929 beobachtet. Bei III 1929 war aber nicht die Kirche die Begünstigte, sondern die Schwiegertochter. Schließlich kann zur Charakteristik der Erlebensbedingung auch noch auf eine Gruppe von Verfügungen Bezug genommen werden, bei denen sich das freie Handeln des Verfügenden zu Lebzeiten klar manifestiert: IV 140: Brant Voss hadde begiftiget sin wif unn sine kindere, also dat he des woldich wolde wesen, de hed he nu anderes ghemaket unn hed gegheven Betten siner husvrowen unn den erven, de se rede hebben unn von en beyden noch komen moghen, allet, dat he hed unn jummer wint nach sinen dode. Ginge den der kindere welk ave unberaden, von den scolde dat erven von enen oppe dat ander, went an dat leste, ging dat denne abe unberaden, so scolde dat gud half vallen an sine erven unn de ander helfte dar it sik geborde unn de wile dat se ane man bleve, so scolde se gesamet sin mit den kinderen in dem gude unn der gift wil he weldich sin, de wile dat he levet.

305

Ähnlich III 1886-1890.

500

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Das Bemerkenswerte an diesem Eintrag ist nicht die Tatsache, dass es sich um eine Gesamtverfügung unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt handelte, sondern die Tatsache, dass Brant Voss hiermit seine vorherigen Verfügungen – III 2247, 2248, 2249 aus dem Jahre 1390 und III 1941 aus dem Jahre 1384 – abänderte. 1384 hatte Brant Voss zugunsten seiner Ehefrau Bette über 33 Mark unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt verfügt: III 1941: Brant Vos de junger het ghegheven Betten siner husvrowen dryunndrittich mark an sinem redesten ghude, dar scal se mede afghesundert wesen von sinen erven, levet se sinen dot, sulven wel he des woldich sin.

Die Verfügung 1390 war dann eine Gesamtverfügung unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt: III 2248: Brand Vos het gegeven na sinen dode negest der gift, de he sinen wive geven het, Rickelken, Greteken unn Betteken sinen kinderen unn den erven, dy eme noch werden mogen, al dat se het unn umber wint, unn gheit der kindere welk ave, dat gud scal vallen an den anderen kindere went an dat leste kint unn ging dat leste kint ave, so scolde de helfte vallen an Henning sinen bruder eder gi eme die negheste were um Brandes wegen unn dy ander helfte, dar it sik geboeret unn wel der gift unn der stucke mechtich sin, de wile he levet.

Dies hatte aber nur die drei Töchter von Brant Voss begünstigt, seiner Ehefrau hatte er 1390 abermals eine Geldsumme ausgesetzt, nun weitere sieben Mark ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt III 2247: Brand Vos het gegeven Betten siner husvrowen seven mark do deme, dit he ere rede geven het unn wel des en here wesen, de wile he levet.

Damit sollte die Ehefrau mit Voss’ Tod 40 Mark erhalten. Dass Voss auch bezüglich der weiteren sieben Mark seinen Tod als Erwerbszeitpunkt voraussetzte, wird sich ohne Missachtung des Parteiwillens daraus schließen lassen, dass die zweite Zuwendung die erste ausdrücklich ergänzen sollte (do deme, also „zu dem hinzu“). Schließlich war noch anzuordnen, wie das Verhältnis von Frau und Kindern ausgestaltet sein sollte. III 2249: Brand Vos het gekoren to vormundern sinen kinderen na sinen dode Henning Vosse, Claus Scerpig, Hinrik Beverman, Brande Jouchere to dunde unn to latene mit dissem undersceide, di wile dat Bette sin husvrowe blift ane man, so scullen sy de mit den kinderen in dem gude laten insammet unn se scal dissen viren vormunderen des jares ens rekenscop dun van dem gude: wan se enen man neme, so scolde sy utgesundert wesen mit deme, dar si mede begiftiget is unn dat ere gelegen is, wat si dar de wile van op nimt, dat scolde midde in dat gud komen unn ging der vormunder en ave, des god nicht en wille, so scolden de dry den kinderen enen vrunt in di stedde wederkisen unn wel der gift unn der stucke mechtich wesen, die wile he levet.

Die noch 1390 der Frau ausgesetzte Geldsumme entfiel jetzt im Jahre 1395, dafür wurde die Ehefrau wie die Kinder, also gleichberechtigt als Erbnehme-

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rin bedacht. Es musste nicht mehr ausdrücklich angeordnet werden, dass die Vormünder der Kinder die Ehefrau im Gut gegen Rechenschaftslegung sitzen lassen sollten, da die Frau jetzt wie die Kinder gleichen Anteil und gleiches Recht am Nachlass Voss’ hatte. Ausgeschieden aus der Verfügung ist 1395 Voss’ Bruder Henning, der vorher für den Fall, dass alle drei Töchter unberaden sterben sollten, die Hälfte des Gutes erhalten sollte. Dafür waren jetzt Voss’ Erben allgemein für diesen Fall berufen. Grund dafür könnte sein, dass Henning in der Zwischenzeit abgegangen war, was sich aber aus dem Stadtbuch nicht erschließt. Die Änderungen, die sich hauptsächlich auf die Stellung der Ehefrau auswirkten, zeigen, dass die Ehefrau bisher hinsichtlich der ihr ausgesetzten Geldsumme keine sachenrechtlich zu beschreibende Rechtsposition erlangt hatte. Voss war ungeachtet der vorherigen Verfügungen frei in seinen Entscheidungen, wie er sein Gut nach sinen dode ordnete. Die Einzelverfügungen zugunsten der Frau bewirkten nicht, dass diese bei späteren Verfügungen in irgendeiner Weise an einer solchen hätte beteiligt werden müssen. Das kennzeichnet den Sinn des Verfügungsvorbehaltes: Es geht hierbei nicht darum, dem Verfügenden lediglich ein Nutzungsrecht zu sichern. Aufgrund des Vorbehaltes konnte der Verfügende durch eine spätere Verfügung das eingeräumte Recht auch beseitigen. Damit wirkte sowohl die Gesamt-, als auch die Einzelgutsverfügung unter Verfügungsvorbehalt erbrechtlich. c) Nicht eindeutig interpretierbare Einträge. Dass manche Verfügungen schwierig zu deuten sind, liegt mitunter an der Urkundsperson. I 440 (1255-1300): Cunradus cellator contulit Hennige clocsideken et uxori sue dimidiam curiam suam post obitum uxoris eiusdem Cunradi, sed si venderet de necessitate vite, tunc idem Hennigus reciperet III tal. absque aliqua contradictione.

Zwei Auslegungsmöglichkeiten kommen hier in Betracht: Entweder handelte es sich um eine Verfügung ohne Erlebensbedingung. Es lag dann aber immer noch eine in ihrer Wirksamkeit aufschiebend bedingte Verfügung vor – die aufschiebende Bedingung war der Tod der Ehefrau des Verfügenden. Oder aber es war, obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, der Tod des Verfügenden Wirksamkeitsvoraussetzung. Der Erwerb der Hofhälfte wurde durch die zusätzliche Bedingung, dass auch dessen die Ehefrau zunächst noch sterben musste, noch weiter in die Zukunft geschoben. Konrad, der Ratskellermeister, wollte seiner Frau auf diesem Wege nach seinem Tod bis zu ihrem Lebensende die ungestörte Herrschaft über die Hofhälfte sichern. Beide Auslegungsmöglichkeiten sind mit dem Verfügungsvorbehalt und der Strafzahlung für den Verfügenden bei verfügungswidriger Veräußerung an Dritte vereinbar. Eine endgültige Zuordnung ist wegen der objektiven Mehrdeutigkeit nicht möglich. Ein bemerkenswerter, aber leider dunkler Eintrag ist auch

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I 569: Thydericus de Bulsteringe contulit filio suo Tiderico omnia bona sua coram iudice sub tali forma secundum quod ius civile requiritur et reliquit in manus nunc filii eius.

Unklar bleibt, auf welche Form, die das Zivilrecht vorschreibe, bei dieser lebzeitigen Verfügung Bezug genommen wird. Ein Neuhaldensleber Stadtrecht ist nicht überliefert. Sächsisches Land- und sächsisch-magdeburgisches Stadtrecht verlangten nicht mehr als die Verfügung vor Gericht, wenn Liegenschaften betroffen waren, wovon bei den omnia bona wohl ausgegangen werden kann. Derselbe Schreiber hat in einem weiteren Eintrag einen Verfügungsvorbehalt formuliert, der in den Neuhaldensleber Büchern ansonsten unbekannt und einzig blieb: I 573: Senior Tidericus de Bulsteringe et filius suus Tidericus contulerunt omnia bona eorum post mortem eorum Udoni et Tiderico de Ekenbardeleve tali condicione adiecta interim quod vivunt, cum iure hereditario possidebunt.

Fraglich bleibt, wozu das ius hereditarium die Verfügenden im Unterschied zu den sonst üblichen Verfügungsvorbehalten berechtigen sollte. Gemeint war wahrscheinlich nicht mehr als die Abgrenzung zwischen erblichem und zinslichem Besitzrecht. I 569 und I 573 betreffen dieselben handelnden Personen. Nicht recht verständlich ist auch II 276: Cone Beneke de sculte het ghegheven sime wive Alheyde unn erer tvier erven al sine varende have unn al sine sculde, dar scolen se mede dun unn laten, svat se willen, na ereme dode, so wil he is eyn erve wesen.

Hier liegt der Verdacht nahe, dass der Schreiber bei der Erlebensbedingung fehlerhaft nicht auf den Tod von Kunz Beneke, sondern auf den der Begünstigten abgestellt hat. d) Zum Erbenlaub. Es dürfte symptomatisch sein, dass der Erbenlaub, der in den Stadtbüchern von Neuhaldensleben im Zeitraum von 1255 bis 1400 bei über 4.000 Verfügungen ganze zwei Mal auftaucht, an der zweiten Stelle (IV 67) im Jahre 1394 eingesetzt wurde, um eine Verfügung zugunsten der Kirche anzugreifen. Hieraus lässt sich zunächst ablesen, dass der Erbenlaub in Neuhaldensleben wohl nicht als eine allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzung angesehen, sondern nur in Ausnahmefällen eingesetzt wurde, um spezielle Verfügungen nachträglich anzugreifen. IV 67 gibt eine Entscheidung des Gerichts wieder: IV 67: Heydeken Wellen is gevunden, dat her Diderik sin bruder sin gud nicht vorgheven moge an erven ghelof he en si so mechtich, also dat recht utwiset.

Ob dieser Streit sich auf Eintrag IV 34 bezieht, ist zwar nicht eindeutig auszumachen, aber zu vermuten. Dort hatte ein Dietrich von Wellen über den Hof, in dem er wohnte, ohne Erlebensbedingung, aber mit Verfügungsvorbehalt, also von Todes wegen verfügt. Begünstigter dieser Verfügung war das Kloster in Hillersleben (Kreis Neuhaldensleben), für das dessen Abt gehan-

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delt hatte. Zuvor hatte Dietrich von Wellen in IV 33 diesen Abt bereits zum Vormund gewählt. Bemerkenswert an dieser Verfügung aus dem Jahre 1394 ist noch, dass sie weiter bedingt war durch folgenden undersced: Die Stadt sollte an dem Hof Bürgerrecht behalten und daran keine sonderliche Freiheit haben. Was sie (gemeint ist wohl das Kloster) und wen sie in dem Hofe hätten, das und der sollte hier (also in der Stadt) Recht geben und nehmen. Das sollte wohl verhindern, dass der Hof an die tote Hand fiel, indem die Steuerund Gerichtshoheit der Stadt über das Grundstück und den jeweiligen Nutzer aufrecht erhalten wurde. Auch sollte es dem Kloster nur dann gestattet sein, an dem Hofe ein Pfandrecht zu bestellen oder diesen ganz wegzugeben, wenn dies gegenüber einem Haldensleber Bürger und Laien geschehe. Auch dies diente letztlich der weitgehenden Amortisation des Hofes. Immerhin wurde diese Verfügung von Dietrichs Bruder Heydek angegriffen. Dieser wehrte sich gegen die Verfügung zugunsten des Klosters mit der Begründung, sie sei ohne Erbenlaub vorgenommen worden und begehrte ein Urteil über diese Frage. Da Heydek nicht in fremdem Namen handelte, ist anzunehmen, dass er (wahrscheinlich mangels anderer Erben – Abkömmlinge, Eltern) der zum Erbenlaub berechtigte Erbe Dietrichs war. Das Neuhaldensleber Schöffengericht fällte keine abschließende Entscheidung, sondern entschied auf Heydeks Einwand, Dietrich habe nicht ohne Erbenlaub verfügen können, wenn er rechtlich dazu nicht in der Lage war und bezog sich damit eindeutig auf den Ausnahmetatbestand des Verbots der Siechbettverfügung im originär Magdeburger Stadtrecht (§18 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261, s. o.). Nun oblag es Heydek, die Krankheit Dietrichs zu behaupten und zu beweisen. e) Originalüberlieferungen. Ganz zum Schluss sei noch ein seltenes Exemplar erwähnt, in der der Eintrag den Wortlaut der von dem Verfügenden abgegebenen Erklärung genau überliefert: III 1441: Ik Vricke Kiritz bekenne, icht ik aveginge, des got noch nicht en wille, unn denne Hans myn sone darna aveginge bynnen jaren, so gheve ik Frederike unn Otten Gheverde unn Lucken mynen bruderen unn myner sustere half dat ik hebbe unn dy ander helfte scal vallen, dar se sik von rechtes weghen boret unn wenne myn sone tu jaren kompt, so scal he is sulven mechtich unn ervent vort sinen erven unn wil aller dusser ghift sulven en here sin unn ghantze macht hebben tu dunde unn tu laten.

Der Schreiber setzte die Erklärung nicht um, sondern ließ den Verfügenden selbst sprechen. Der Sache nach hatte die Verfügung erbrechtlichen Charakter.

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4. Die Schöffenbücher von Aken/Elbe (1) Allgemeines zur Quelle Die Schöffenbücher306 der unweit von Dessau an der Elbe gelegenen Kleinstadt Aken sind nach der Angabe ihres Editors Ernst Neubauer307 einzelne Bögen (24 * Pergamentbögen) im Folioformat. Jeder Bogen hat demnach 4 Seiten, jede Seite ist horizontal in zwei Kolumnen geteilt. Die aus den zerschnittenen Schöffenbüchern herausgelösten Pergamentbögen hatten zwischenzeitlich als Einbände für die Ratsrechnungen und andere Verwaltungsbücher gedient.308 Die Eintragungen beginnen 1265, mithin zehn Jahre später als in Neuhaldensleben und laufen fast ununterbrochen bis 1399. Der überlieferte Bestand ist daher mit dem von Neuhaldensleben beinahe deckungsleich. Nach 1399 ist für Aken ein größerer Verlust zu verzeichnen; erst mit dem Jahre 1427 sind weitere Bestände überliefert. Sie fallen jedoch aus dem hier gewählten Untersuchungszeitraum heraus. Zwischen 1273 und 1329 fehlen die Datierungen auf den entsprechenden Bögen des Originals. Sie setzten erst mit dem Jahr 1330 wieder ein. Gleiches gilt für den Zeitraum 1352 bis 1364, für den Zeitraum 1367 bis 1376 und für die Jahre 1387 bis 1390. Die hier verwendete Zählweise der Einträge ist (da es keine Büchereinteilung gibt) eine durchlaufende. Der undatierte Block 1273-1329 wurde durchgezählt. Die Sprache der Eintragungen ist zuerst für einen kurzen Zeitraum deutsch (von 1265 bis 1272), wechselt dann für einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren ins Lateinische (von 1272 bis 1393) und geht schließlich ab 1394 erneut zum Deutschen über. In den großen lateinischen Block sind einzelne deutsche Einträge eingestreut: 1330 erscheinen zwei einzelne deutsche Einträge, zwischen 1352 und 1364 tauchen zwei weitere vereinzelte deutsche Einträge auf. Auch in weiteren Jahren ist diese Einstreuung deutscher Einträge zu beobachten: 1365 zwei309, zwischen 1367 und 1376 ein310, 1376 zwei311, 1381 zwei312, 1384 ein313 und 1385 ein314 deutscher Eintrag. Dabei

306 307 308 309

310 311

Dass es sich um Bücher der Schöffen und nicht des Rates handelt, ist bislang noch nicht in Zweifel gezogen worden. NEUBAUER, in: GBllMagd 30 (1895), S. 251-328 (1265-1348); 31 (1896), S. 148211 (1349-1399); 32 (1897), S. 33-77 (1427-1555); 35 (1900), S. 288-341. NEUBAUER, in: GBllMagd 30 (1895), S. 251, 252. In Nr. 1108 wird ein Spruch der Akener Schöffen wiedergegeben, in denen sie aus einer Eviktionsklausel auf Schadloshaltung erkannten. In Nr. 1109 bewies eine Partei mit dem Schöffenbuch, dass ein anderer (sein Gegner?) auf das Erbe seines Vaters verzichtet habe. In Nr. 1229 wurde der Anspruch einer Frau auf die Gerade einer Witwe bestätigt. In Nr. 1270 wurde über ein herwede zugunsten einer Nichte (!) verfügt, nachdem dieses dem Verfügenden von seinem Bruder angestorben war.

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handelt es sich durchaus um disparate Gegenstände – sowohl um Einträge der freiwilligen als auch der streitigen Gerichtsbarkeit und innerhalb dieser beiden Gruppen um unterschiedliche Gegenstände. Ein einheitliches Muster kann diesen deutschen Einstreuungen also nicht zugrundeliegen. Im übrigen kann es sich wegen des zeitlichen Auseinanderliegens nur schwerlich um denselben Schreiber handeln. Neubauer vertritt die Ansicht, dass dieser überraschende Befund eine Akener Besonderheit sei und dass die These, die ersten deutschen Passagen seien eine spätere deutsche Abschrift eines verlorenen lateinischen Originals, sich nicht begründen lasse. 315 Auffällig ist, dass die verstreuten deutschen Einträge im eigentlich lateinischen Zeitraum aber vor allem dann auftauchen, wenn keine Standardeinträge vorgenommen wurden. In sechs von neun Fällen handelt es sich um die Dokumentierung von Entscheidungen der Schöffenbank. Dies spricht dafür, dass die Schreiber für die Masseneinträge lateinisch vorformulierte Textbausteine verwenden konnten. Ihr Latein reichte aber offenbar nicht so weit, Besonderheiten adäquat wiederzugeben. Möglicherweise war es aber in diesen Fällen auch aus Nachweisgründen sicherer, sich des Deutschen zu bedienen. Der rechtsgeschichtliche Wert der Akener Schöffenbücher soll, so die Ansicht ihres Editors, nur gering sein. Das liege daran, dass das Akener Schöffengericht nur ein Gericht eines kleinen Landstädtchens gewesen sei – seine Bücher böten daher nichts anderes als die anderer Städte auch. Außerdem mindere die nur bruchstückhafte Überlieferung ihre Eignung, einen Überblick über die bürgerliche Rechtspflege zu geben.316 Ich kann diesem Urteil nicht zustimmen. Der Wert gerade der Akener Schöffenbücher für die vorliegende Untersuchung liegt darin, dass Aken im hohen und späten Mittelalter eben nur ein kleines Landstädtchen ist. Eine Stadtrechtsverleihung an Aken ist bislang nicht bekannt – es fehlen auch Nachrichten über andere Zeichen städtischer Autonomie. Zwar handelt es sich bei Aken um eine Gründung des Brandenburger Markgrafs Albrechts d. Bären, über eine Gründungsurkunde und eine Stadtrechtsverleihung ist aber jedenfalls ebenso wenig, nämlich nichts bekannt317 wie über die Akener Stadtverfassung im Mittelalter. Einige Einträge lassen immerhin den (lan312

313 314 315 316 317

In Nr. 1310 sprachen die Akener Schöffen zwei Frauen der Ansprache gegen die Gerade ihrer Mutter ledig, in Nr. 1319 beurkundeten sie, dass eine Frau die Gerade einer anderen genommen habe. In Nr. 1343 zog sich Heinz Gronau aus einer Verfestung. Wie Heinz Gronau in Nr. 1343 zog sich in Nr. 1390 Martin Kenk aus der Verfestung. NEUBAUER, in: GBllMagd 35 (1900), S. 289 f. NEUBAUER, in: GBllMagd 35 (1900), S. 290 f. Schubart-Fikentscher nannte Aken nicht; vgl. S CHUBART-FIKENTSCHER, Die Verbreitung der Deutschen Stadtrechte in Osteuropa. Nach einer Auskunft des Stadtarchivs Aken existiert in demselben auch keine Verleihungsurkunde.

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desherrlichen) Vogt als Richter im Schöffengericht bei der Beurkundung von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (also der Niedergerichtsbarkeit) erscheinen318 – was gegen eine Ratsverfassung spricht. Ein eigenständiges Akener Stadtrecht ist außerdem schriftlich nicht überliefert. Sollte sich nachweisen lassen, dass der Inhalt der Schöffenbücher einer Stadt, die (heute) kein eigenes (verliehenes oder gewachsenes) Stadtrecht aufzuweisen hat, von dem Inhalt der Schöffenbücher einer Stadt, die nachweisbar nach Magdeburger Stadtrecht ausgesetzt worden ist (etwa Halle und Neuhaldensleben), nicht abweicht, dann lässt sich die Geschlossenheit des Magdeburger Stadtrechtskreises viel direkter als aus den Verleihungsakten der Stadtherren erkennen. Nicht mehr als eine Hypothese freilich muss die Überlegung bleiben, Aken sei als Kommune vielleicht nie aus dem Landrecht herausgelöst worden und sei somit ein Ort, an dem sich die rechtstatsächliche Geltung des Ssp nachweisen lassen müsste. Hinzu kommt, dass die in den Akener Schöffenbüchern angewandte Registraturtechnik durch zwei charakteristische Besonderheiten, auf die noch näher einzugehen sein wird, einerseits bereits im 13. Jh. rationelle und flexible Gestaltungen ermöglichte (gemeint ist die Längstlebenden- bzw. diucius-vixerit-Klausel) und andererseits deutlich erkennen lässt, wie das Verwandten- und Ehegattenerbrecht des Ssp bzw. des Magdeburger Stadtrechts durch den Willen der Verfügenden unproblematisch abgeändert werden konnte (das betrifft die sog. gewillkürte Halbteilung). Beides zeigt, dass auch in Gebieten, die von der rechtsgeschichtlichen Forschung bislang völlig vernachlässigt worden sind und wo gelehrte Juristen zu diesem Zeitpunkt eher (noch) nicht vermutet werden, modern anmutende Konstruktionen bereits im Spätmittelalter mit Leichtigkeit gehandhabt werden konnten. Auch mindert die nur bruchstückhafte Überlieferung den rechtshistorischen Wert der Schöffenbücher nicht. Gerade für das 13. und 14. Jh. sind die Eintragungen fast vollständig. Es fehlen kurze Intervalle von 1268 bis 1271, 1338 bis 1345, 1348, 1376 bis 1380, 1392 und 1395 bis 1397. In dem die Jahre 1387 bis 1390 umfassenden Bogen sind durch Beschneidungen Ausfälle zu verzeichnen. Die Akener Schöffenbücher sind daher in einem Zeitraum von 134 Jahren mit Ausnahme von 20 Jahren vollständig überliefert und stehen ungeachtet dieser Verluste quantitativ und qualitativ gleichberechtigt neben anderen. Sicherlich ist ihr Umfang geringer als der anderer Schöffenbücher. Dies ist aber auch die einzige Einschränkung, die hinsichtlich der Eintragungen vorgenommen werden muss. Über den Inhalt der Akener Bücher ist damit noch nichts ausgesagt. Eine grammatische Bemerkung muss noch vorausgeschickt werden. Der Terminus erve bzw. erbe bedeutet in Aken meist ein Grundstück, eine hereditas, wobei zu beachten ist, dass durch die Wortwahl klargestellt wird, dass es sich um ein dem Verfügenden angestorbenes Grundstück handelt. Diese 318

So Nr. 333 und 521: Verfügungen wurden coram prefecto et scabinis vorgenommen.

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Bedeutung wird dadurch gesichert, dass das erbe oft durch eine nähere Lagebezeichnung konkretisiert wird. Ab dem Jahre 1398 wird, beginnend mit Nr. 1613 im deutschen Text statt der konjugierten Form hed gegeven die Form gift verwendet.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Die erste Hauptgruppe weist für den Untersuchungszeitraum 1.272 Verfügungen auf. Das sind wesentlich mehr als Verfügungen über Vermögensgesamtheiten. Während in Neuhaldensleben 2.954 Einzelverfügungen 1.454 Gesamtverfügungen gegenüberstanden, ist das Verhältnis in Aken mit 1.272:237 wesentlich ungleichgewichtiger. Die Akener Einzelverfügungen gliedern sich wie folgt. a) Verfügungen von Todes wegen. In der hier ersten Gruppe weisen die Akener Bücher 314 Verfügungen auf. Die Standardformulierung lautet hier bei 295 Einträgen n. n. gaf n. n. illud, swelk ir lenger lebe, dat des si (meist ein erve oder eine Summe Geldes aus dem redesten gut an die Frau); ab dem Eintrag 1272 144 wurde diese Formel lateinisch umgestellt: n. n. dedit n. n. illud, qui diucius vixerit, habebit eam. Sie unterscheidet sich charakteristisch von der in Neuhaldensleben und Halle verwendeten post mortem/nach sinem tode-Formel und macht noch deutlicher als diese klar, dass die Bedingung hier darin besteht, dass der Begünstigte den Verfügenden überleben muss. Gleichzeitig ermöglichte es die diucius vixerit-Klausel319 anders als die einfache post-mortem-Klausel, dass die an einer gegenseitigen Verfügung beteiligten Personen nicht jeder für sich ihre Erklärung abgeben mussten, welche dann getrennt zu beurkunden gewesen wären. Vielmehr wurde so die Verknüpfung zwischen beiden Erklärungen hergestellt, Wechselbezüglichkeit erreicht und gleichzeitig nur eine Beurkundung erforderlich. Die verbleibenden 19 Einträge verwenden dann die auch aus anderen Städten bekannte Formel n. n. gaf n. n. illud, nach irme/sime dode; ab 1273 n. n. dedit n. n. illud post mortem/decessum/obitum suum. Eine weitere Rationalisierung für den Schreiber ergab sich, wenn folgendes Modell gewählt wurde: Ein Verfügender verfügte über sein Grundstück zugunsten von Eheleuten (dabei wird es sich meist um frischvermählte, auszustattende Kinder oder Verwandte gehandelt haben). Beide Eheleute wandten sich anschließend dieses Grundstück gegenseitig und wechselbezüglich zu. Beurkundet wurde hier nur die Verfügung zugunsten der Eheleute, die diucius vixerit-Klausel wurde dann um einen Verweis erweitert, der klarstellen sollte, auf welches Personenverhältnis sie sich bezog: qui diucius vixerit inter – es folgten die Namen der Eheleute (Beispiele in Nrn. 628, 632, 635, 642, 672, 697). Der Vorgang wurde daher hier zweimal erfasst – nämlich einmal bei der bedingungslosen Einzelverfü319

Die übrigens noch in Brandenburg vorkommt. S. dazu dort.

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gung (Verfügung des Ausstattenden) und ein andermal bei der Einzelverfügung unter Erlebensbedingung (wechselbezügliche Verfügung der begünstigten Eheleute). Die Begünstigten sind jedoch oft nicht hinreichend identifizierbar. Die Kirche jedenfalls erscheint nur einmal (1273-1329 626) als Begünstigte. Hinzuweisen ist auf den Eintrag 1273-1329 492, in dem der Verfügende seine (Elb-) Kähne nebst seinen Forderungen, die als Verfügungsgegenstand kein Problem darstellten, seinem Sohn zuwandte. Neben diesen 314 Einträgen mit einer einfachen Erlebensbedingung wurde in 40 Einträgen zusätzlich auch noch ein Verfügungsvorbehalt vermerkt: n. n. dedit illud (marcas, domum etc.) n. n. post mortem suam; sed n. n. vult esse potens, quam diu vixerit. Zwei weitere Einträge kombinieren die Erlebensbedingung wahrscheinlich mit einem Nießbrauchsvorbehalt: n. n. dedit n. n. hereditatem (etc.), qui diucius vixerit, habebit, idem autem n. n. possidebit eam, wenn possidere (nur) mit besitzen und nicht eigentümlich besitzen übersetzt wird. Freilich ist letzte Gewissheit in der Frage, ob zwischen esse potens und possidere wirklich ein rechtlich relevanter Unterschied ausgedrückt werden sollte, nicht zu erlangen. Wegen der Erlebensbedingung waren diese beiden Einträge aber jedenfalls den Verfügungen von Todes wegen zuzurechnen. Einen Erbenlaub habe ich in dieser ersten Untergruppe nicht finden können. b) Verfügungen unter Lebenden. Die Hauptmasse der Einzelverfügungen stellen auch in Aken die lebzeitigen Verfügungen. Insgesamt handelt es sich um 876 Verfügungen, die mit der Formel n. n. gaf n. n. illud; ab 1272 142: n. n. dedit n. n. illud gekennzeichnet sind. Bei diesen Verfügungen ist mitunter eine obligatorische Grundlage zu erkennen (meist ein Kauf) oder eine Gegenleistung für die vorgenommene Verfügung erwähnt. Mitunter sind auch Verpfändungen erkennbar, wobei die Verpfändung von der endgültigen Vollrechtsübertragung terminologisch nicht eindeutig (etwa durch das Verbum setzen) unterschieden ist. Schlussbegünstigtenklauseln, die mitunter vorkommen, geben der Verfügung dann beinahe wieder erbrechtliches Gepräge, sind aber wegen der fehlenden Erlebensbedingung aus Sicherheitsgründen hier eingeordnet worden. Ebenso in die Nähe von Verfügungen von Todes wegen geraten solche Verfügungen, die durch Wiederverheiratungsklauseln auflösend bedingt sind. Auch sie aber wurden wegen der fehlenden Erlebensbedingung den warmhändigen Verfügungen zugerechnet. Auffällig ist der Befund, dass von den 28 Verfügungen, in denen der Kirche etwas zugewendet wird, fast die Hälfte (13) in den kurzen Zeitraum von 1390 bis 1399 fallen. Auch in dieser großen Gruppe fehlt jeder Hinweis auf einen Erbenlaub. c) Verfügungen von Todes wegen, bei denen die Erlebensbedingung durch einen umfänglichen Verfügungsvorbehalt ausgedrückt wird, sind in Aken

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nicht sehr zahlreich. In 32 Einträgen wurde die Formel n. n. dedit n. n. illud, sed n. n. vult esse potens, quam diu vixerit eingetragen. Identifizierbar ist in Eintrag 1378 aus dem Jahr 1366 die Tochter des Verfügenden als Begünstigte. Die Kirche wurde in 14 Fällen begünstigt, dabei handelt es sich aber in elf Einträgen aus dem Jahr 1366 (1119-1130) um Verfügungen ein und derselben Person. Auch hier fehlen Hinweise auf eventuelle Mitwirkungen potenzieller Erben. Die Gegenprobe hierzu sind die Verfügungen unter Lebenden mit Nießbrauchsvorbehalt – sie kommen in Aken in zwei Fällen (312, 1514) mit der Formel n. n. dedit n. n. hereditatem, idem autem n. n., quam diu vixerit, hereditatem illam optinebit vor. d) Selten waren auch Leibgedingeverfügungen. In fünf Fällen (n. n. dedit n. n. illud quam diu vivit, possidendo) handelt es sich um ein lebzeitig wirksames Leibgedinge; in einem Fall (129) liegt eine Erlebensbedingung vor. Vermächtnisanordnungen existieren im ausgewerteten Bestand nicht.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Dass Gesamtverfügungen in Aken gegenüber Neuhaldensleben weniger häufig vorgenommen worden sind, wurde schon festgehalten. Gleichwohl kommen fast alle Untergruppierungen vor. a) Verfügungen von Todes wegen. Gesamtverfügungen unter Erlebensbedingungen wurden 22 mal gezählt. Die Schöffen verwendeten die Formel n. n. gaf n. n. sin erve unde al dat he hevet unde immer gewint, swelk ir lenger lebe, dat des si, ab 1272: n. n. dedit n. n. que habet et unquam habuerit post mortem suam/qui diucius fuerit, habebit. Auch hier fällt das charakteristische Schwanken zwischen der moderner formulierten Erlebensbedingung (swelk ir lenger lebe bzw. qui diucius vixerit) und der hölzerneren postmortem-Klausel ins Auge. Letztlich bedeuten jedoch beide dasselbe. Bei diesen 22 Einträgen ging es ganz augenscheinlich um die Versorgung der Familienangehörigen, meist wurden die Frau, der Mann und/oder die Kinder begünstigt. Einmal erscheint die Kirche als Begünstigte. In 48 weiteren Einträgen ist die Erlebensbedingung noch durch den Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. hereditatem et omnia sua bona, que habuit et que lucraretur diebus vite sue; qui diucius vixerit inter eos, illa omnia optinebit, sed n. n. potens erit super eis in vita sua) ergänzt. Dabei wurde in drei Fällen die Frau und in einem Fall die Kirche allein begünstigt. In den verbleibenden 44 Fällen zeigt sich eine weitere Akener Eigenart. Die die Frau begünstigende Verfügung war auflösend dadurch bedingt, dass den Ehegatten Kinder geboren wurden. Trat dieser Fall ein, sollte freilich nicht gesamte Verfügung hinfällig werden, vielmehr sollte die Frau in diesem Falle die Hälfte des Vermögens erhalten. Damit werden auch diese Verfügungen ganz klar erkennbar als bei Eingehung einer Ehe vereinbarte Regelungen, die

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den Satz „Kinderzeugen bricht Ehestiftung“ und die Beschränkung der Frau auf die Gerade beim Tod des Mannes abdingten. Lokale Akener Besonderheit ist schließlich, dass der Frau nicht nur die Stellung eines mit den übrigen (noch zu zeugenden) Erbnehmern gleichberechtigten Erbnehmers eingeräumt wurde, sondern die Frau schon gegenüber zwei Abkömmlingen mit der Hälfte des Nachlasses wesentlich begünstigt wurde. Damit ist für Aken die gewillkürte Halbteilung nachgewiesen. Aber nicht nur dieses Modell war den Akenern geläufig. Es existiert auch ein Eintrag, dessen rechtliches Ergebnis sich von einem modernen „Berliner Testament“ nur dadurch unterscheidet, dass er 1336 vor dem Akener Schöffengericht stattfand (Nr. 838): Henke de Tekkowe dedit Alheydi uxori sue curiam suam et omnia bona sua, que habit et habiturus esset omnibus diebus suis; sed ipse Henke debet esse potens in eisdem bonis, quam diu vixerit, et post mortem amborum Johanna filia eorum habebit omnia illa bona.

Die Ehefrau erhielt nach dem Tod des Mannes das Vermögen ganz. Nach dem Tod auch der längstlebenden Ehefrau sollte die gemeinsame Tochter das gesamte Vermögen erhalten. In dieser Untergruppe ist noch ein Eintrag zu erwähnen, der hinsichtlich der Wirksamkeit des Geschäfts zu Zweifeln Anlass gibt. Nr. 841 aus dem Jahre 1336 begünstigte die Kirche unter Erlebensbedingung mit dem gesamten Vermögen. Der Verfügende schien sich aber bereits zu Lebzeiten stärker binden zu wollen oder zu müssen und behielt sich nur einen Nießbrauch vor (n. n. dedit n. n. omnia bona sua post mortem suam, in vita sua debet uti suis bonis ad necessaria sua). Damit ist zunächst belegt, dass der extrem selten vorkommende Nießbrauchsvorbehalt deutlich vom Verfügungsvorbehalt unterschieden wurde. Andererseits war diese Verfügung einer lebzeitig wirksamen Verfügung sehr angenähert, indem der Verfügende darauf verzichtete, zu Lebzeiten noch ganz frei über das Vermögen verfügen zu können. Gleichwohl gab für die hier vorgenommene Zuordnung die Erlebensbedingung den Ausschlag. b) Verfügungen unter Lebenden. Die 21 Akener Gesamtverfügungen, bei denen eine Erlebensbedingung und ein Verfügungsvorbehalt fehlen (n. n. dedit n. n. quicquit habet et habuerit), standen ebenfalls ganz im Zeichen der Versorgung von Familienangehörigen. In den meisten Fällen wurden Frau oder Mann des/der Verfügenden begünstigt; nur einmal erscheint die Kirche. Ein Eintrag steht wieder unter der (teilweise) auflösenden Bedingung der Erbengeburt, auch hier sollte die Frau dann die Hälfte des Vermögens erhalten. c) Die 77 Gesamtverfügungen von Todes wegen, die nur durch den völligen Verfügungsvorbehalt gekennzeichnet sind (n. n. dedit n. n. omnia, que habet et habebit, sed ipse vult esse potens, quam diu vivit), bezogen neben Frau und Abkömmlingen (auch hier herrschte die schon geschilderte teilweise auf-

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lösende Bedingung der Erbengeburt vor) auch andere Personen in den Kreis der Begünstigten ein. Unter den sonstigen begünstigten Verwandten erscheinen Onkel, Vater und Bruder, als nicht verwandte Personen wurden Stieftochter und Schwager begünstigt. Zwölf Einträge lassen ein Verwandtschaftsoder Näheverhältnis zwischen Verfügendem und Begünstigtem nicht erkennen. Hier liegt aber wegen der ansonsten in den Büchern zu beobachtenden Gründlichkeit, mit der auf solche Verhältnisse hingewiesen wird, der Schluss nahe, dass es sich bei diesen Verfügungen um Zuwendungen an tatsächlich nicht mit dem Verfügenden verwandte oder verschwägerte Personen handelte. Wieder wurde die Kirche nur einmal begünstigt. Die Gegenprobe – anhand von Gesamtverfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt – kann hier nicht angestellt werden, denn solche Verfügungen fanden sich nicht. d) Auch die insgesamt 31 gegenseitigen Gesamtverfügungen unter Ehegatten, die unter Erlebensbedingung standen (n. n. gaf n. n. sime wibe unde sie ime darweder al, dat sie hebbe; swelk ir lenger lebe, dat des si – es fehlt die Floskel unde immer mer gewinnt; ab Nr. 212: n. n. dedit n. n. quicquit habuit, et ipsa ei econverso, qui diucius etc.), waren in Aken vom Gedanken der Halbteilung des Nachlasses des Mannes zwischen Frau und Kindern beherrscht. Die Mehrzahl der betreffenden Einträge ist derartig ausgestaltet. In elf Fällen ist zusätzlich zur Erlebensbedingung noch ein Verfügungsvorbehalt vorhanden. Demgegenüber sind lebzeitige gegenseitige Gesamtverfügungen die Ausnahme. Es konnten nur drei derartige Einträge gefunden werden. Dafür erscheinen wieder neun Einträge, die auf Verfügungen von Todes wegen hinweisen, indem sie zwar keine ausdrückliche Erlebensbedingung, dafür aber den absoluten Verfügungsvorbehalt enthalten. Diese neun Einträge sehen wieder die Halbteilung zwischen Frau und potenziellen Kindern vor; sie sind deswegen den 31 bereits genannten Einträgen dieser Gruppe als echte Verfügungen von Todes wegen unter Ehegatten gleichzuachten. Schließlich waren noch zwei Einträge mit gegenseitigen Gesamtverfügungen von Todes wegen unter Nichtehegatten zu finden. In einem Fall (Nr. 468) waren die Verfügenden Geschwister, in dem anderen Eintrag (Nr. 59) konnte ein Verwandtschafts- oder Näheverhältnis nicht erschlossen werden. e) Die Gesamtverfügungen über eine Vermögensquote erreichten in Aken zwar keine stattliche Anzahl, immerhin kamen sie aber in zwei Varianten vor. Es überrascht nicht, dass gewillkürte Halbteilung auch hier die Regel war. Bei den drei durch eine Erlebensbedingung charakterisierten Verfügungen von Todes wegen (n. n. dedit n. n. dimidietatem bonorum suorum post mortem suam) wurde einmal die Frau mit der Hälfte des Vermögens (Nr. 575), einmal die Kirche mit der Hälfte und die Erben mit der anderen Hälfte (Nr. 1480) und einmal der Mann mit der Hälfte und die Kinder mit der ande-

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ren Hälfte bedacht (Nr. 1607). Das gleiche Bild bietet sich bei den 19 durch den umfassenden Verfügungsvorbehalt gekennzeichneten Verfügungen von Todes wegen (n. n. dedit n. n. mediam partem omnium bonorum suorum, que habet et habebit; sed ipse n. n. debet esse potens super eis, quam diu vixerit). Hier erscheinen als Begünstigte nur Ehefrauen und in sechs Fällen neben den Ehefrauen die (künftigen) Kinder. Quotale Gesamtverfügungen unter Lebenden konnten nicht gefunden werden. Dagegen fand sich eine Zuwendung eines Kindesteils (Nr. 437, an die Ehefrau). Diese einmalige „Ausnahme“ kann aber gut mit dem Vorhandensein der gewillkürten Halbteilung erklärt werden, die ja den Ehegatten schon bei zwei Kindern wesentlich besser stellte als die Zuwendung einer Kindesteilsquote.

(4) Verschiedenes a) Verzichte (n. n. vorteich des erves oder n. n. resignavit) sind 30 mal im Schöffenbuch vermerkt. Dabei handelt es sich überwiegend um Verzichte auf Erbgut. Dabei zeigt sich in zwei Fällen, dass das Verwandtenerbrecht des Ssp bzw. des magdeburgisch-sächsischen Rechts in Aken grundsätzlich beachtet – und durch die gewillkürte Halbteilung nur modifiziert worden ist. In Nr. 333 wurde coram prefecto et scabinis auf das herwede verzichtet, in Nr. 736 auf Gerade und Erbe. Die grundsätzliche Trennung des Nachlasses in die Sondervermögensmassen Erbe – Hergewete – Gerade (und Musteil) war demnach der Grundfall, von dem durch die gewillkürte Halbteilung abgewichen wurde. Die Charakterisierung dieser 30 Verzichtserklärungen als ausgeübte Mitwirkungsrechte der Erben an einer Verfügung (Erbenlaub) ginge jedoch aus statistischen Gründen ebenso wie in Neuhaldensleben fehl. b) In Nr. 32 findet sich die Anordnung einer Auflage an die Erben. c) Eher Ausdruck von Mitwirkungsrechten sind Einsprüche bzw. Genehmigungen von Verfügungen. Leider ist in den beiden nachgewiesenen Akener Einträgen nicht erkennbar, ob der Widersprechende (Nr. 1094) bzw. der Genehmigende (Nr. 158) Erbe des Verfügenden war oder nicht. Eindeutige Belege für den Erbenlaub sind daher aus den Akener Schöffenbüchern nicht zu gewinnen.

(5) Einzelbelege a) Zum Verfügungsgegenstand. Verfügungen konnten jeden beliebigen Vermögenswert erfassen: 32: Beatre Bertoldes wif des roden gaf ir radeleve unde al ir kleder tu den godeshusen unde tovoren eine halve marc tu unser vrowen unde einen ferdinc den par-

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rere, unde swat des anderen is, dat sal man delen gelike tu den kirken unde tu den spetale; dat untfinc Jordan. 38: Johan de bedere gaf sime wibe Gerderude unde Johannen unde Alheyd sinen kynderen sin erve unde al sin gud; swelk ir lenger lebe, dat des si, unde sie solen sine scult gelden na sime dode. 59: Hinric unde Jan Hincen kindere van Zkudere vergifteden ir gut under einander; swelk ir lenger lebe, dat des si. Ist aver, dat sie sterven ane erfkinder, so salit sterven uppe Philippus wif unde Phlilippusse unde nicht up den vader. 129: Hence van Brizin gaf sime wive unde siner dochter sone an dem selben erbe unde an sinem redesten gude XL mark, also swelk ir lenger leve, dat des si. Stirf aver Brizin eir, so sal die vrowe des erves geweldich sin, die wile siu levet, aft es ir not doth, dat [sie] mit dem erve dun sal, swat [sie] will.320

Einschränkungen existierten weder hinsichtlich der Liegenschaften noch der landrechtlichen Sondervermögensmassen. Gesamtverfügungen bezogen sich besonders häufig auf das gesamte Gut des Verfügenden. b) Zur Erlebensbedingung. Es lässt sich eine Vielzahl von Nachweisen anführen, mit denen die erbrechtliche Wirkung der Erlebensbedingung verdeutlicht werden kann. Augenfällig geschieht das in folgendem Eintrag aus dem Jahre 1337: 850: Katherina vidua Hennighi grutmekeres dedit Conrado de Loderwiz genero suo et Katherine filie sue, uxori eiusdem Conradi, mediam curiam suam et post mortem suam aliam medietatem.

Eine Witwe versorgte ihre Tochter und ihren Schwiegersohn. Ob sie mehr Vermögen hatte, als den einen hier gegenständlichen Hof, bleibt unklar. Jedenfalls sollten die jungen Eheleute den halben Hof sofort und den anderen halben Hof dann erhalten, wenn die Witwe starb (und sie selbst noch lebten). Nicht zu verkennen ist die erbrechtliche Wirkung auch in einem weiteren Eintrag aus dem Zeitraum zwischen 1273 und 1329 320: Henricus Saltman dedit Gytte uxori sue sex marcas in hereditate sua et in promtioribus bonis suis; si autem idem Henricus hereditatem non haberet, eadem uxor sua habebit omnia bona sua et ipsa ei econverso dedit, quicquid habet; qui vixerit, habebit.

Dass auch die Verfügungen ohne ausdrückliche Erlebensbedingung, aber mit Verfügungsvorbehalt Verfügungen von Todes wegen sind, zeigt vielleicht kein Eintrag deutlicher als der folgende aus dem Jahre 1347:

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Die letzte Anordnung war ein von Todes wegen ausgesetztes, von Verfügungsbeschränkungen befreites Leibgedinge.

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884: Conradus Tornow dedit Conrado Gutmanne suo swagero omnia bona sua, que habet et habebit; sed ipse vult esse potens, quam diu vixerit, et in lecto sue infirmitatis vult esse potens omnium suorum bonorum faciendo testamentum.

Die Gesamtverfügung ohne ausdrückliche Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist dagegen der Vorbehalt für eine Verfügung auf dem Siechbett. Zwar kommen solche Vorbehalte öfter vor, sie betreffen aber meistens nur eine bestimmte Summe Geldes, die sich der Verfügende für eine Siechbettverfügung vorbehält. Hier ist das anders. Konrad Tornau behielt sich vor, auf dem Siechbett über sein gesamtes Vermögen (erneut) zu verfügen. Bezeichnet wurde diese Siechbettverfügung dann als testamentum. Welche Stellung erlangte der Schwager aus der ersten Verfügung, die ihm gegenüber geschah? Er musste gewärtigen, dass Konrad Tornau auf dem Sterbebett sein gesamtes Vermögen neu verteilte. Tat Tornau das nicht, erhielt Gutmann das Vermögen entsprechend der Verfügung. Nahm Tornau aber eine solche Neuverteilung vor, musste Gutmann damit rechnen, gar nichts zu erhalten. Die Verfügung zugunsten Gutmanns beschränkte also die Verfügungsfreiheit Tornaus nicht. Gutmann erhielt eine Stellung wie ein geborener Erbnehmer. Auffällig ist, dass dieses Geschäft allen normativen Regeln widerspricht, die bislang diskutiert worden sind. Die Rechtsmacht, im Siechbett über das ganze Vermögen zu verfügen, räumten weder Ssp noch irgendeine der Magdeburger Quellen ein. Die Akener Schöffen aber hatten keine Bedenken, das Geschäft zu beurkunden – und folgten dem Willen der Parteien. Eindeutig ist auch die Anordnung in einem Eintrag aus dem Jahre 1267: 78: Otto van Roseburch unde Mette sin wif unde ir kint gaven ver Soffien van Glinde unde Mechtilde unde Aleide ir erbe; swelk ir lenger lebe, dat des si. Ver Soffie sal aver darob weldich sin.

Angeordnet wurde nicht, dass Sofie bereits mit Vornahme der Verfügung vor den Akener Schöffen die volle Verfügungsmacht erhalten sollte. Vielmehr wurde zwischen den Begünstigten diejenige ausgewählt, die später die alleinige Verfügungsmacht erhalten sollte. c) Nicht eindeutig interpretierbare Einträge. Zweifeln lässt sich über die Erlebensbedingung in Eintrag 434: Conradus de Wrenz dedit hereditatem, que fuit Thilonis de Dissowe, Thiderico penestico de Magdeburg et uxori sue; qui diucius etc. Et ipsi dabunt eidem Conrado de Wrenz III * fortonem Brandenburgensis argenti singulis annis et dictus Thidericus debet emendare eandem hereditatem et non peiorare.

Ist die bruchstückhaft eingefügte Längstlebendenklausel ein Schreiberversehen? Sie macht in dem ansonsten klar motivierten Geschäft nur Sinn, indem sie auf den Längstlebenden unter den beiden Empfängern bezogen wird. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, welches Recht Konrad an dem Grundstück behielt. Die Antwort hierauf liefert die vereinbarte Gegenleis-

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tungspflicht: Dietrich aus Magdeburg erhielt zwar die Sachherrschaft über das Grundstück gegen die jährliche Zahlung von 3 * Silbervierdingen Brandenburgisch, durfte das Grundstück (wie ein Nießbraucher) aber nicht verschlechtern, sondern nur verbessern. Mit dem Tod Konrads v. Wrenz sollte er dann das Vollrecht erhalten. Anlass zu (freilich ausräumbaren) Zweifeln gibt auch Eintrag 968: Idem Tile Beme dedit Lucie uxori sue omnia bona sua, que nunc habet et habebit in futuro, tali condicione: si pueros genuerint, dimidietatem predictorum bonorum optinebunt; sed ipse vult esse potens, quam diu vixerit, scilicet tu eyner vormunderschop.

Gab der Schreiber mit der Glosse (tu eyner vormunderschop) eine Definition der Klausel zum Verfügungsvorbehalt – oder stellte er nur die Besonderheit dieses Falles heraus? Ich tendiere zu letzterer Annahme. Verdeutlicht werden sollte hier nur am Einzelfall, dass Tile abweichend vom Normalfall nur die Verwaltungsbefugnis und keine Vollrechtsinhaberstellung behalten wollte. Wenn der Schreiber wirklich eine allgemeine Definition geben wollte, dann hätte er erstens davor dazu schon Gelegenheit gehabt – die letzte gleichlautende Klausel wurde nur acht Einträge weiter zurück (960) verwendet und das Schriftbild unterscheidet sich an beiden Stellen nicht.321 Auch nur einen (969) und erneut drei Einträge später (972) wurde die Klausel von derselben Hand wieder unkommentiert verwendet. Hätte es nicht nahegelegen, dass der Schreiber hier – wahrscheinlich am selben Gerichtstag – seine Definitionsabsicht fortgesetzt oder wenigstens erneut andeutungsweise kenntlich gemacht hätte? Da das jedoch unterblieben ist, wird es sich bei 968 um einen Einzelfall handeln, in dem dem Schreiber nicht klar war, wie er die üblicherweise für den Verfügungsvorbehalt verwendete lateinische Klausel dem abweichenden Parteiwillen anpassen sollte. Er ist statt dessen auf die deutsche Glosse ausgewichen, um diesem vom Formular abweichenden Willen Rechnung tragen zu können. d) Zum Erbenlaub. Hier sind – neben den bereits angeführten – nur noch einige wenige charakteristische Einträge zu nennen, in denen ein Erbenlaub nicht vorkommt, obwohl eindeutig über Erbgut verfügt worden ist. Sie ließen sich vermehren – nicht alle dieser Verfügenden können erbenlos gewesen sein: 80: Cone Appelurares sone gaf Hencen Ciseke ein half erbe, dat in anerstarf van sime vader. 468: Hinricus, Herdegen, Jutta, pueri Herdegni, unusquisque eorum dedit suam portionem, que cessit ei ex hereditate patris sui, aliis duobus; qui diucius vixerit, habebit partem omnium eorum. 321

Neubauer gibt hier keine Variation an, die er ansonsten regelmäßig verzeichnet; NEUBAUER, in: GBllMagd 31 (1896), S. 155.

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1503: Hinricus Stidingh dedit Annan uxori sue medietatem omnium bonorum, que sunt sibi derelicta per obitum sue uxoris, relicte Ludyke Bonnyttes, et vult esse potens, quam diu vixerit.

e) Besonderheiten. Hier ist zunächst ein Eintrag zu erwähnen, mit dem den Erben der Verfügenden eine Auflage gemacht wurde: 247: Berta Wetinsche dedit filie sue hereditatem et Martino viro eius et ipsi dabunt ei necessaria vite sue et fertonem pro anima sua dabunt post eius obitum.

Im Gegenzug für die lebzeitige Schenkung des Hofes mussten Tochter und Schwiegersohn der Verfügenden diese nicht nur lebenslang unterhalten, sondern auch nach dem Tod der (Schwieger-) Mutter noch zu deren Seelenheil spenden. Darüber hinaus ist ein Eintrag zu erwähnen, der möglicherweise darauf hinweist, dass das Akener Schöffengericht problemlos damit umgehen konnte, dass ein wahrscheinlich nicht sächsischer Verfügender gleichsam im Ausland wirksam verfügen konnte. Im Jahr 1394 wird beurkundet: 1592: Hans von deme Ryne dye hed gegeven Coppe Kermen und Hinrich Sever allis, dat hye hed, mit sulchim undirscheide, daz sye daz geven sollin, wur hye daz bescheidit nae syns bichtigers rade; vult esse potens.

Der Rheinländer Hans verfügte über sein gesamtes Vermögen – mittels zweier Treuhänder. Dass hier nicht alte Affatomievorstellungen deutlich werden, wird schon daran erkennbar, dass der Verfügende den Begünstigten nicht bereits bei der Verfügung benannte, sondern sich die Entscheidung für die Zukunft offenlassen wollte, nachdem er sich mit seinem Beichtvater beraten haben wird. Jedenfalls wollte er lebenslang die volle Verfügungsgewalt haben. Ob die Wahl der beiden Treuhänder von fränkisch geprägten Rechtsvorstellungen des Verfügenden, der vielleicht an die Salmänner gedacht haben mag, beeinflusst war oder ob nicht vielmehr bei der Verfügung eines Auswärtigen, der dazu noch nicht einmal den Begünstigten nennen konnte/wollte, ein erhöhtes Maß an Öffentlichkeit hergestellt werden musste, mag offen bleiben. Und schließlich sei zu Aken die letzte Bemerkung gemacht, dass sich in den Büchern wiederholt Einträge von Verfügenden finden, deren Vornamen durch den Zusatz „de Repegowe“ näher bestimmt wird. Sicher handelte es sich bei dem Akener Schöffengericht um das Gericht, vor dem Eike v. Repgow eventuelle Verfügungen über in Reppichau belegenes Gut hätte vornehmen müssen. Leider reichen die Akener Bücher nicht in die Generation Eikes zurück.

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5. Die Schöffenbücher von Halle/Saale (1) Allgemeines zur Quelle Die Salzstadt Halle/Saale – wie Neuhaldensleben eine Rolandstadt – entwickelte sich im hohen und ausgehenden Mittelalter neben der Metropole Magdeburg zum zweiten wirtschaftlich besonders wichtigen Schwerpunkt des Erzbistums Magdeburg.322 Im Jahre 961 wurde Halle als Pertinenz Giebichensteins neben anderen Plätzen von König Otto I. an das Magdeburger Moritzkloster übertragen, um die Gründung des Erzbistums, das zentrale innenpolitische Projekt Ottos d. Gr., voranzutreiben.323 Stadtherr der 1177 erstmals als civitas bezeichneten324 Stadt Halle war der Magdeburger Erzbischof, bis das Erzbistum einschließlich Halles 1680 an Kurbrandenburg fiel. Eine moderne Gesamtdarstellung des hallischen Stadtrechts fehlt ebenso wie eine solche der Gerichtsverfassung, obwohl die Quellenlage günstig ist. Immerhin steht fest, dass Halle mit seiner charakteristischen Teilung in „Berg“ und „Tal“ drei verschiedene Gerichtsbarkeiten beherbergte: die städtische Niedergerichtsbarkeit der Bergstadt, die dem Schöffengericht mit dem grundherrlichen Schultheißen oblag, 325 die Hochgerichtsbarkeit, die der Burggraf von Magdeburg als der Vertreter des Erzbischofs ausübte326 und die Talgerichtsbarkeit über den Sonderrechtsbereich (sog. „Talrecht“) der Saline und der Pfänner, die die Talschöffen unter dem Vorsitz des erzbischöflichen Salzgrafen innehatten.327 Der Schöffenstuhl in Magdeburg war der Oberhof für (die Bergstadt) Halle – diese Beziehung war so wichtig, dass sie in den verschiedenen Stufen des Magdeburger Rechts immer wieder ausdrücklich hervorgehoben wurde: Do Magdeburg allirerst besaczt wart mit kuniges Otten des grossen rate und mit des landes willeköre und bestetiget an seinem rechte, als es noch weichbilde rechte hat nach der alden gewonheit und Halle doraus gestiftet wart: dorumb ist es alles mit einem rechte begriffen. Hirumb sullen alle die von Polen und von Behemen und us der marke zu Meissen und us der marke zu Lusicz alle ir recht zu 322 V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 8. 323 Vgl. F REITAG, in: F REITAG/L ÜCK, Halle und das Salz, S. 15, 17. 324

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SANDOW, Das Halle-Neumarkter Recht, S. 124. Ein Bürgerausschuss sei 1225 nachweisbar, 1258 erschienen die Ratleute urkundlich; SANDOW, Das HalleNeumarkter Recht, S. 127. Der Schultheiß in Halle hatte – im Unterschied zu Magdeburg – kein echtes Ding, es handelte sich vielmehr um ein regelmäßig aller 14 Tage ausgelegtes gebotenes Ding; vgl. § 7 des Hallischen Rechtsbriefes für Neumarkt (aus dem Jahre 1235). Die Schöffen des Berggerichts müssen es auch gewesen sein, von denen das Weistum für Neumarkt ("roda "l#ska) stammt; vgl. SANDOW, Das HalleNeumarkter Recht, S. 128. V. MARTITZ, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, S. 8. Vgl. LÜCK, in: F REITAG/L ÜCK, Halle und das Salz, S. 37, 39, 43.

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Halle holen, und von den steten die do binnen besessin sein. Ab sie des orteiles aber nicht enkunnen ader ab in broch wirt an einem orteile, das müssen sie zu Magdeburg holen, darumb daz es alle weichbilde beschirmet.328

Die Bindung Halles an Magdeburg war jederzeit entscheidend. Während der Jahrzehnte 1180 und 1220329 erreichte die politische Stellung der Magdeburger Erzbischöfe zwar ihren Zenit – die askanischen Markgrafen von Brandenburg erkannten den Erzbischof als Lehnsherrn an330 – gleichwohl war die territoriale Entwicklung des Erzbistums durch Brandenburg und Obersachsen behindert. Seit dem 15. Jh. griffen Kursachsen und Kurbrandenburg auf das Erzbistum zu. Zeitweilig erschöpfte sich das in der Konkurrenz der Askanier und der Wettiner um den Stuhl des Erzbischofs.331 Die Streitigkeiten führten für Halle 1478 zum Verlust der städtischen Autonomie: Erzbischof Ernst eroberte Halle und ließ die hallischen Rechte und Privilegien öffentlich verbrennen und das Autonomiesymbol einmauern.332 1648 erwarb Brandenburg eine Anwartschaft auf das säkularisierte (nun:) Herzogtum, die sich 1680 verwirklichte, so dass das Herzogtum mit Halle an Brandenburg fiel. Bei Sachsen verblieben Teile der südlicheren, ehemals erzbischöflichen Erwerbungen (Merseburg, Querfurt). Die hier interessierende, spätmittelalterliche Niedergerichtsbarkeit des Schöffengerichts der Bergstadt Halle/S. ist verfügbar in der aus den Jahren 1882 und 1887 stammenden Edition von Gustav Hertel. 333 Diese Edition ist die einzige Sammlung von sächsischen Stadtrechtstatsachen, die in der Vergangenheit und gegenwärtig in der rechtsgeschichtlichen Quellenarbeit hin und wieder benutzt wird. Der Zweck der Sammlung ist ausweislich der Vorrede: In deme jare von goddes gebort ouer dwsent iar vnde twei hundert iar vnde ses vnde sestich iar in dere kalenden Januario in sante Agneten dage [21. Januar 1266] bi des byskop Roprechtes tiden von Megeb+rch vnde bi des borchgreuen

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Tit. 10 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung; vgl. L ABAND, Magdeburger Rechtsquellen, S. 56. „Geschichtliche Stunde “ des Magdeburger Stadtrechts. TULLNER, Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt, S. 41; s. dort auch zum folgenden. Entscheidend für Halle war die Wahl Ernsts v. Wettin zum Erzbischof 1476 und dessen Entscheidung, die erzbischöfliche Residenz 1478 nach Halle zu verlegen. Die Präsenz des Grundherrn in der neu errichteten Moritzburg beschränkte die städtische Autonomie. WITTEK, in: P ÖTSCHKE, Rolande, Kaiser und Recht, S. 158, 181. Dieses Schicksal teilte Halle mit Zerbst, Stendal und Quedlinburg (wobei deren Rolande geschont wurden) – in letzterer Stadt war der Erfolg des Grundherrn augenfällig: der Bischof nahm die Vogtei ein und setzte Schöffen ein, die die Stadt regieren sollten, womit der Rat vernichtet war; s. WITTEK, in: P ÖTSCHKE, Rolande, Kaiser und Recht, S. 158, 186. HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher.

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tiden heren Borchardes von Megeb+rch vnde bi des ivngen scultheten tiden heren Janes von Halle, do worden vnse herren de scepenen von Halle des t+ rade mit der borgere wilkore, dat se bescriven leten alle de gave, de uor gerichte vnde vor den scepenen gegeven wvrde, der stat gemene armen vnde den riken t+ eren vnde t+ vromen vnde t+ not.

In dieser Vorrede wird nicht nur ansatzweise die hallische Gerichtsverfassung erkennbar, sondern auch der Bestimmungszweck des Schöffenbuches umrissen. Es soll dem dienen, was das sächsische Landrecht und das magdeburgische Stadtrecht vorgeben: dem Zeugnis der vor Gericht vollzogenen Verfügungen. Diese Vorrede wiederholt sich mit den unterschiedlichen Zeitangaben im zweiten und im vierten Schöffenbuch in ähnlicher Weise. Jeweils sind die aktuellen Schöffen namentlich genannt. Die aufgezeichneten Verfügungen waren unterschiedlicher rechtlicher Natur, d. h. ihnen lagen unterschiedliche (nicht nur obligatorische) Geschäfte (Käufe, Verpfändungen) zugrunde. Alle Eintragungen, die keine Verfügung über bestimmte Sachen oder Sachgesamtheiten beinhalten, sind daher hier unberücksichtigt geblieben. Die Anfangsdatierung 1266 findet sich auf fol. 1; weitere Datierungen an verschiedenen Stellen.334 Hertel ordnet wie folgt: Das erste Schöffenbuch (I) beginne ausweislich der Vorrede 1266. Das letzte Jahr, das im ersten Schöffenbuch vorkomme, sei das Jahr 1325. Das zweite Schöffenbuch (II) beginne mit 1308, 1309 oder 1312 – alle drei Jahre werden in der Vorrede genannt – und reiche ausweislich der Datierungen bis etwa 1369. Im dritten Schöffenbuch (III) finde sich die erste Jahresangabe – 1366 – erst auf fol. 51a, auf fol. 51b finde sich das Jahr 1365. Man dürfe annehmen, dass die Eintragungen auf den ersten 50 Folien einen Zeitraum von etwa zehn Jahren umfassten. Es setzte dann mit 1355/56 ein. Das vierte Schöffenbuch beginne 1383, ab 1387 seien die Jahreszahlen auf den Folien vor den Eintragungen verzeichnet. Die Eintragungen enden im Jahre 1400. Damit enthalten die ersten drei Bücher zeitlich nebeneinander her gehende Eintragungen. Diese zeitliche Verwirrung lasse sich wegen der inhaltlichen Nichtordnung nicht anders erklären als dadurch, dass die Schöffenbücher keine Originale seien, die Eintragungen also nicht direkt anlässlich der einzelnen Verhandlungstage vorgenommen worden seien. Vielmehr handele es sich um die Niederschrift von während der Verhandlung gemachten Aufzeichnungen und Notizen in ein gesondertes Schöf-

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I 594: 1296, I 968: 1313, I 974: 1316, I 975: 1314, I 992: 1318, I 1025: 1320; I 1031: 1320, I 1053: 1320, I 1098: 1325, 1104: 1319, II 201-II 220: 1315, II 466: 1369, II 469: 1369, II 525-II 537: 1400-1430, III 548: 1366, III 551: 1365, III 616: 1367, III 623: 1367, III 657: 1368, III 761: 1371, III 887: 1373, III 906: 1375, III 956: 1376, III 1042: 1377, III 1203: 1379, III 1311: 1380, IV 1: 1383, IV 64: 1387, IV 148: 1390, IV 178: 1391, IV 207: 1392, IV 242: 1393, IV 272: 1394, IV 284: 1395, IV 318: 1396, IV 410: 1398, IV 477: 1399, IV 522: 1400.

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fenbuch. Über den zeitlichen Abstand der Verhandlung von der Niederschrift lasse sich den Büchern kein Anhalt entnehmen.335 Auch die Hallischen Schöffenbücher unterlagen mit fortlaufender Zeit einem Wandel. Während anfangs nur Beurkundungen über vor dem Gericht vorgenommene Rechtsgeschäfte (anfangs nur Verfügungen) eingetragen werden, das Buch also ein Register der freiwilligen Gerichtsbarkeit darstellt, erscheinen später immer mehr streitige Entscheidungen der Schöffen. In einigen Eintragungen werden prozessuale Abläufe bis zu Urteilen des Rates geschildert. Dies häuft sich vor allem im dritten Schöffenbuch. Es handelt sich dabei besonders oft um das Klage- und Vollstreckungsverfahren wegen Schuld über vier Dingtage. Daneben kommen erbrechtliche Streitigkeiten vor.336 In grammatischer Hinsicht ist vorauszuschicken, dass bis Eintrag Nr. I 134 durchweg das Verbum geben in der Perfektform hevet gegeven vorherrscht. Bereits davor wurde abweichend hiervon die Form begauete verwendet in I 106, I 107, I 113, I 116, I 119, I 134 (begeuen). Ab Eintrag I 134 taucht die Form hevet gegeven kaum noch auf (nur noch in I 360). In II 468, II 478, II 485 erschien gegeuen wieder und hielt sich dann durchgehend.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Insgesamt bieten die Schöffenbücher von Halle im Zeitraum von 1266 bis 1400 die Zahl von 1.558 gegenständlichen Verfügungen über konkret benannte, einzelne Sachen. a) Verfügungen von Todes wegen. Unter diesen 1.558 Verfügungen standen 71 unter Erlebensbedingung. Die in den Büchern verwendete Formel lautet: n. n. hevet gegeven/begauete n. n. den hof/dat egen/q. n. mark/etc. na sime live/na sime dode oder swen her/se afgeit. Meist handelte es sich in den 30 Fällen, in denen der Bedachte in seiner Stellung zum Verfügenden identifiziert werden kann, um Verfügungen, die zugunsten der Ehefrau des Verfügenden vorgenommen wurden (insgesamt 20 Fälle), seltener um Verfügungen, die Verwandte des Verfügenden betrafen. Unter den Verwandten wurden zweimal die Enkel des Verfügenden, zweimal die Mutter, zweimal der Bruder und nur selten – insgesamt drei mal – Kinder des Verfügenden begünstigt. Die Verfügung einzelner Sachen unter Erlebensbedingung scheint demnach in Halle/S. keine für eine Zuwendung an Kinder gebräuchliche Verfügungsform gewesen zu sein. Lediglich eine dieser 71 Verfügungen unter Erlebensbedingung wurde mit Zustimmung erbberechtigter Verwandter vorgenommen. Es kann nur schwer335 336

Dazu eingehend und überzeugend HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher. Erster Theil 1266 1400, S. XXI-XXIX. Die thematisch relevanten werden bei den Schöffensprüchen behandelt.

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lich angenommen, jedoch auch nicht eindeutig belegt werden, dass in den restlichen 70 Fällen keine erbberechtigten Verwandten vorhanden gewesen seien. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass bei dieser Gruppe die Grenze zur Verfügung über eine Vermögensgesamtheit nicht immer sicher bestimmbar ist. In welchen Fällen etwa war der genannte Hof das gesamte Vermögen des Verfügenden? Eindeutig ist das der Fall bei vier hier aufgeführten Einträgen,337 in denen neben einer Gesamtverfügung die hier gelistete Einzelverfügung vorkommt. Wahrscheinlich ist eine Gesamtverfügung in drei Fällen.338 Verfügungen unter Erlebensbedingung mit einem zusätzlichen Verfügungsvorbehalt kommen in den Hallischen Schöffenbüchern 32 mal vor. Die hierzu verwendete Formel lautet: n. n. hevet gegeven/begauete n. n. den hof/dat egen/etc. na sime live/na sime dode, al de wile, dat he levet, so will he dar mede dun, swat so he will. Nur 15 dieser Einträge lassen einen Schluss auf die Identität des Begünstigten zu – in 14 Fällen war es die Ehefrau, in einem Fall der Ehemann. In einem Fall sollte die Frau bei der Geburt von Erben nur noch ein Leibgedinge behalten, in vier Fällen sollte die Frau bei der Geburt von Erben auf ein Kindesteil beschränkt sein. Insbesondere an diesen Beispielen zeigt sich klar, dass die betreffenden Verfügungen in ihrer Wirksamkeit davon abhingen, dass die Begünstigte den Verfügenden überlebte und dass sie vor dem Abgang des Verfügenden kein Recht am Vermögen des Verfügenden erwarb – anderenfalls wäre eine einseitige, durch den Verfügenden allein vorgenommene Beschränkung dieses etwa schon am gesamten Verfügungsgegenstand erworbenen Rechts für den Fall der Erbengeburt unverständlich. Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt sind im Zeitraum 1266 bis 1400 in den Hallischen Schöffenbüchern nicht zu finden gewesen. Dieser Befund könnte dafür sprechen, die hier als Verfügungen unter Erlebensbedingung bezeichneten 71 oben schon vorgestellten Verfügungen als Geschäfte zu verstehen, in denen die Bedingung nach sime dode oder nach sime live (nur) eine Befristung darstellt, so dass dem Begünstigten, falls er den Erbfall erlebt, die Sache sicher ist und der Verfügende nicht durch eine nachfolgende lebzeitige Verfügung über die Sache das Recht des Begünstigten wieder vereiteln kann. Dies käme dann der Situation gleich, wie sie von der sachenrechtlich argumentierenden Theorie zur Erklärung der „Vergabungen“ vorgeschlagen wurde und nach welcher der Bedachte bereits im Moment der Vornahme der Verfügung ein dingliches Recht an der Sache erwarb und dem Verfügenden ein Nutzungsrecht verblieb, das jedenfalls eventuelle den Bedachten beeinträchtigende spätere Verfügungen ausschloss. Indessen lässt sich aus den Hallischen Schöffenbüchern selbst der Nachweis führen, dass diese Auslegung unzutreffend ist. Träfe sie zu, dann wäre der Nießbrauchsvorbehalt nämlich gänzlich unnötig und könnte immer bei337 338

Nr. I 21, I 98, I 279, I 323. Nr. III 1043, III 1293, III 1386.

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seite gelassen worden sein. Dass er aber vorkommt – und zwar bezeichnenderweise bei den Verfügungen ohne Erlebensbedingung – wird dort zu zeigen sein und beweist einen rechtlichen Unterschied zwischen beiden Verfügungsformen. b) Verfügungen unter Lebenden. Es verwundert nicht, dass die lebzeitigen Verfügungen unter den insgesamt 1.558 Verfügungen über einzelne Vermögensbestandteile die Hauptmasse darstellen. Die Hauptgruppe bilden die 1.180 Einträge zu Verfügungen ohne Erlebensbedingung, bei denen der Verfügungsgegenstand sofort auf den Bedachten übergegangen sein dürfte. Ein plastisches Beispiel dafür bildet ein Eintrag, der dergestalt auflösend bedingt war, dass der Verfügende starb und seine Frau den Hof verließ. Folglich kann hier dem Bedachten nichts anderes als ein sofortiges (Nutzungs-) Recht an dem Hof eingeräumt worden sein,339 beschränkt auf die Lebensdauer des Verfügenden und die Verweildauer der Ehefrau. 946 dieser insgesamt 1.180 Einträge sind ohne die Beteiligung von erbberechtigten Verwandten beurkundet worden. Die Mitwirkung erbberechtigter Verwandter an der Verfügung (Erbenlaub) findet sich in 203 Fällen. Immer wird die Standardformulierung mit erven gelove verwendet. Praktisch ist nicht klar, wie dieser erven gelof eingeholt oder überprüft wurde. Den Schöffenbüchern kann nicht entnommen werden, ob der Verfügende die einwilligenden Erbberechtigten in das Gericht mitbrachte und diese dort ihre Erklärung abgaben oder ob der Verfügende einfach behauptete, er habe den Erbenlaub und verfüge jetzt. Damit weisen die Hallischen Bücher weit mehr Erbenlaubeinträge aus, als die Bücher von Neuhaldensleben und Aken – obwohl dort größere Fallzahlen ermittelt wurden. Hieraus kann nur geschlossen werden, dass die Mitwirkung erbberechtigter Verwandter in Halle deutlich wichtiger genommen wurde als anderswo. Wer aber annehmen will, dass der Erbenlaub eine allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzung gewesen sei, der muss unterstellen, dass es sich in allen übrigen 946 Fällen um Verfügungen über erbenlaubfreies Erbgut gehandelt hat. Diese Unterstellung erscheint unangemessen angesichts der Menge der Einträge, die ja fast ausschließlich Liegenschaften betreffen. Ich möchte daher auch bezüglich der Schöffenbücher von Halle davon ausgehen, dass es sich bei den Fällen, in denen der Erbenlaub eingeholt wurde, von vornherein um solche Fälle gehandelt haben wird, in denen der Verfügende aus welchen Gründen auch immer damit rechnete, dass seine Erben nach seinem Tod versuchen würden, sich gegen die eine dritte Person begünstigende Verfügung zu wenden. Dabei ist es anhand der Einträge nur eher selten (in 61 Einträgen) möglich, die Beziehung zwischen Verfügendem und Bedachtem zu identifizieren. Allerdings zeigen die Schöffenbücher deutlich, dass immer dann, wenn eine verwandtschaftliche oder eheliche Beziehung zwischen den Parteien bestand, 339

Nr. II 43.

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diese sich auch im Eintrag niederschlug. Aus diesem Grunde kann mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass in Fällen der Nichterwähnung einer familienrechtlichen Bindung zwischen den Parteien eine solche nicht bestanden hat. Recht häufig handelte es sich bei den seltenen Verfügungen zugunsten von Verwandten bzw. Ehegatten um Verfügungen zugunsten der Geschwister; wahrscheinlich handelte es sich in diesen Fällen um Erbauseinandersetzungen zwischen Geschwistern. Dass hier die Mitwirkung aller sich niederschlagen konnte in einer ausdrücklichen Erlaubnis der beteiligten Geschwister, liegt auf der Hand. Elf der 946 ohne Erbenlaub und keine der 203 mit Erbenlaub vorgenommenen Verfügungen begünstigten die Kirche – es handelt sich mithin um sehr seltene Fälle. In einem Fall waren die Begünstigten die Ratsherren der Stadt Halle, die Stadt selbst als Begünstigte erscheint in zwei Einträgen. In dieser Gruppe kommen die verschiedensten Regelungsanlässe vor. Bei vielen Verfügungen von Grundbesitz ist ohne weiteres anzunehmen, dass das betreffende Gut die Gesamtheit des Vermögens des Verfügenden darstellte.340 Diese Geschäfte sind also ohne weiteres als Fälle „vorweggenommenen Erbganges“ einzustufen. Eine genaue Quantifizierung ist nicht möglich, weshalb alle diese Zweifel offen lassenden Einträge bei den Einzelverfügungen eingeordnet wurden. Bei anderen wiederum war die Erfüllung verschiedenartiger Forderungen Anlass der Verfügung. Dies trifft vor allem auf die immer wieder auftretenden Verpfändungen zu, die freilich in Halle nicht durch eine besondere Terminologie (etwa satzen statt geven) erkennbar sind. Daneben existieren Verfügungen über reine Geldsummen. In 25 Einträgen ist angeordnet, wohin die Sache beim Tod des Bedachten gelangen sollte (Schlussbegünstigtenklausel)341. Dabei ist in 23 Fällen ein weiterer, aus dem Eintrag meist nicht näher identifizierbarer342 Begünstigter genannt. In zwei Fällen sollte der Verfügungsgegenstand wieder an den Verfügenden zurückfallen. Bei sechs Einträgen schließlich war die Verfügung dadurch auflösend bedingt, dass dem Verfügenden Erben geboren wurden (Resolutivbedingung Erbengeburt), dass er kinderlos blieb oder dass der Begünstigte starb. Diese Einzelfälle, in denen mitunter auf unterschiedlichem Formulierungswege letztlich dasselbe rechtliche Ergebnis erzielt wird, zeigen, dass die Beurkundungspraxis im Untersuchungszeitraum vor dem Schöffengericht nicht so stark formalisiert gewesen ist, dass ein bestimmtes Rechtsgeschäft immer in gleicher Weise formuliert werden konnte/musste. Verfügungen ohne Erlebensbedingung, aber mit Verfügungsvorbehalt – nach hiesiger Terminologie Verfügungen von Todes wegen – kommen bis 340 341

342

Vgl. Nrn. I 138, I 374, I 394, I 423, I 444, I 455, I 601, I 612, I 651, I 658, I 725, I 795, I 796, I 1311, II 403, III 143. Eine solche Klausel ist die Methode der Wahl zur Verhinderung des Schoßfalles bei Vorversterben eines Geschwisters. Das wurde schon in Köln, Neuhaldensleben und in Aken deutlich. Nur einmal sind Verwandte genannt – die Enkelinnen des Verfügenden.

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1400 in insgesamt 91 Schöffenbucheinträgen vor. Nur drei dieser Einträge weisen die Zustimmung erbberechtigter Verwandter zu der vorgenommenen Verfügung aus, wobei in diesen Fällen der Begünstigte sehr wahrscheinlich nicht mit dem Verfügenden verwandt war.343 Die verwendete Standardformel lautet: n. n. hevet gegeven/begauete den hof/dat egen/etc. n. n., al de wile, dat he levet, so wil he dar mede dvn vnde laten, swat so he wil (oder: so wil he des geweldich sin). Aufgrund dieses Vorbehaltes behielt der Verfügende das Recht, vollständig nach Belieben über die Sache zu verfügen; eine zu einem dinglichen Recht erstarkte Rechtsposition konnte der Bedachte aus einer solcherart bedingten Verfügung nicht erlangen. Eine Beschränkung des Rechts des Verfügenden ist nicht erkennbar. Verfügungen, die Verwandte oder Ehegatten begünstigten, sind hier viel häufiger als in der Gruppe der Verfügungen ohne Erlebensbedingung ohne jeden Verfügungsvorbehalt. Trotzdem überwiegen auch hier die Verfügungen zugunsten von Personen, die nicht mit dem Verfügenden verwandt waren. Die Kirche erscheint nicht als Zuwendungsempfänger. Ein Eintrag schließlich liefert den Nachweis, dass der Nießbrauchsvorbehalt in Halle bekannt war und bei den Verfügungen ohne Erlebensbedingung angewendet werden konnte. Damit ist der Gegenpol einerseits zur Erlebensbedingung und andererseits zum absoluten Verfügungsvorbehalt, die beide eine Verfügung von Todes wegen ergeben, erkennbar. Es handelt sich um Eintrag II 490: n. n. het begauet n. n. sinen hof myt sulkem vnderschede, dat he es seluen wil gewaldich syn, die wile he leuet, auer vorkopen noch vorgeuen ensal he syn nicht.

Nun mag eingewendet werden, dass ein einzelner Eintrag zuwenig sei, um hierauf eine Aussage wie die hier getroffene aufbauen zu können. Indessen kann es sich bei dem Vermerk nicht um einen Irrtum oder eine Unsicherheit des Schöffenbuchschreibers handeln. Es ist eine viel zu einfach zu verstehende Formulierung, die hier verwendet wurde. Außerdem zeigen andere Schöffenbücher (Neuhaldensleben, Aken) durchaus mehr solche Nießbrauchsvorbehalte. Schlussfolgern lässt sich aus der Singularität des Eintrages nur, dass der Nießbrauchsvorbehalt im Unterschied zum Verfügungsvorbehalt im Schöffengericht in Halle bekannt war, dass er aber nicht regelmäßig verwendet wurde. c) Leibgedingeverfügungen sind auch in Halle anzutreffen. Sofort wirksam wurden 133 solche Geschäfte abgeschlossen (n. n. hevet gegeven/begauete den hof, dat egen oder q. n. sime wiue/n. n. t! irme live); der Natur der Sache nach waren Verwandte bzw. Familienangehörige (Abkömmlinge, Ehefrauen, Mütter, auch Schwiegerkinder) oft die Nutznießer. Es existiert aber 343

Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Erbenlaub nur in Ausnahmefällen eingeholt wurde.

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auch eine ganze Anzahl von Einträgen, in denen ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Verfügendem und Begünstigtem nicht genauer eruierbar ist. Immerhin finden wir ein Leibgedinge zugunsten einer Magd (II 433) und eines zugunsten eines Priesters (IV 193) ausgesetzt. Fünf dieser 133 Verfügungen sind mit Erbenlaub abgeschlossen worden. Von Todes wegen ausgesetzt wurden insgesamt 36 Leibgedinge, davon sind 21 durch vollständigen Verfügungsvorbehalt (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. zu irme libe, die wiele her lebet, so wil he is gewaldich sin) und 15 durch eine Erlebensbedingung (sterf n. n., so schal n. n. den hof/dat egen/etc. hebben to sime/ere libe; na sime tode) gekennzeichnet. Ein Erbenlaub erscheint in zwei Fällen. d) Vermächtnisse. Bemerkenswert unter den Einzelverfügungen sind schließlich acht Einträge, die nicht anders als als Vermächtnisse beschrieben werden können, und die ganz eindeutig dadurch bedingt waren, dass der Bedachte den Verfügenden überleben muss. Halle steht damit in absoluten Zahlen zwar hinter Neuhaldensleben und Zerbst zurück; die statistische Häufigkeit des Vorkommens solcher Anordnungen dürfte aber in Halle und Neuhaldensleben etwa gleich hoch sein. Zerbst fällt insoweit etwas aus dem Rahmen. Die in Halle verwendete Formel lautete: n. n. bekante, were dat hie/sie afginge, so scolde n. n. hebben q. n. Bemerkenswert ist, dass solche Eintragungen in Halle erst im dritten Band der Schöffenbücher auftauchen. In den beiden ersten Büchern konnten derartige Einträge nicht gefunden werden.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Das Verhältnis zwischen den Einzelverfügungen und den Gesamtverfügungen ist in Halle noch ausgeglichener als in Neuhaldensleben. 1.554 Einzelverfügungen stehen in Halle 945 Gesamtverfügungen gegenüber. a) Verfügungen von Todes wegen. Die Hallischen Schöffenbücher enthalten 20 Verfügungen, die ausdrücklich unter einer Erlebensbedingung (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. swat he nv hevet vnde immer mer gewint, na sime liue/dode) stehen. Vorwiegend geht es um die Versorgung von Kindern und Ehegatten. Drei Einträge, die Gesamtverfügungen zugunsten der Frau enthalten, sind durch die Geburt von Kindern auflösend bedingt – wobei die Frau in diesem Fall mit einer Kindesteilsquote am Nachlass des Mannes beteiligt wurde. Wie in Neuhaldensleben und Aken wurde mit diesen Verfügungen das landrechtliche und magdeburgische Ehegattenerbrecht abbedungen. Dabei gingen die Verfügungen in Halle aber nicht so weit wie die in Aken, sondern stellten die Ehefrau wie in Neuhaldensleben den Abkömmlingen gleichberechtigt an die Seite. Sonstige Verwandte wurden nur einmal bedacht (es handelt sich um einen Neffen); Dritte, bei denen kein Verwandtschafts- bzw. Näheverhältnis ermittelbar war, wurden in sieben Einträgen begünstigt.

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Unter den Verfügungen von Todes wegen, die nicht nur durch eine Erlebensbedingung, sondern auch noch durch einen absoluten Verfügungsvorbehalt gekennzeichnet sind, herrschten wieder die Verfügungen vor, mit denen der Ehefrau des Verfügenden bei unbeerbter Ehe das gesamte Vermögen, bei beerbter Ehe eine Kindesteilsquote eingeräumt wurde. Solche Verfügungen kommen hier insgesamt 40 mal vor. Es handelt sich mithin auch in Halle um ein standardisiertes Rechtsgeschäft (n. n. begauede n. n. alle dat hie nu het vnde vmmer mer wint, seluen wil hie waldich sin, dy wile dat hie leuet; winnen sie kindere, so schal sie kinder diel nemen; winnen sie nicheyne kindere, so schal sie na n. n. dode mit sime gude dun vnde laten, wat sie wil). Ein weiterer Eintrag (I 1428) variiert dieses Modell dadurch, dass die quotale Beteiligung bei Wiederheirat der Ehefrau eintreten sollte.344 Mit diesen Rechtstatsachen lässt sich die Behauptung, dass im magdeburgischen Halle weder das Halbteilungs- noch Dritteilsrecht gegolten habe, 345 durchaus verifizieren. Es existiert in dieser systematischen Gruppe ein Eintrag (I 111), in dem die Verfügung mit Erlaubnis eines potenziellen Erben vorgenommen worden ist. b) Verfügungen unter Lebenden. Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. den hof/dat egen/etc. vnde dar t!, swat he nu hevet vnde immer mer gewinne – oder nur: dat he nu hedde/hevet vnde immer gewinnet) wurden in 387 Einträgen gefunden. Das Abstellen auf das gegenwärtige und/oder künftige Vermögen verdeutlicht aber in vielen Verfügungen fließende Übergänge zur erbrechtlichen Wirkung. In Eintrag I 1363 wird der Verfügungsgegenstand noch folgendermaßen konkretisiert: vnde wat on anirsteruen mach von sime vadere. Hier ist anzunehmen, dass der Begünstigte jedenfalls an diesem Verfügungsgegenstand jedenfalls kein sofort wirksames Recht erworben haben kann. Bei 58 Verfügungen konnten die Begünstigten nicht näher beschrieben werden. Die 80 Verfügungen zugunsten der Ehefrau verdeutlichen aber das eben bereits angedeutete Bild: 24 Einträge waren durch die Geburt von noch nicht vorhandenen Erben auflösend bedingt, wobei die Frau in diesem Fall neben den Kindern gleichberechtigte Erbnehmerin sein sollte. Diese Verfügungen haben auf jeden Fall erbrechtlich gewirkt. In einem Fall (I 858) sollte bei beerbter Ehe wie in Aken Halbteilung eintreten. In 59 Fällen erscheinen die bereits vorhandenen Kinder bereits im Moment der Verfügung neben der Ehefrau als Begünstigte. Nur Kinder wurden in 26 Fällen begünstigt. Hier scheinen sofort wirksame Verfügungen in den einzelnen Einträgen sehr wahrscheinlich. Ebenso liegt es bei den 26 lebzeitigen Verfügungen zugunsten von Ehemännern. Es gab auch Verfügungen zugunsten der Enkel und sonsti344 345

Eine eigenwillige Lösung: Trotz Wiederheirat der Frau sollte diese noch am Vermögen des ersten Ehemannes durch Kindesteil beteiligt werden. SANDOW, Das Halle-Neumarkter Recht, S. 91.

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ger Verwandter (Geschwister, Vettern und Neffen). Daneben wurde auch einmal Vermögen an die Schwiegertochter, einmal an den Stiefsohn, einmal an einen Vormund (I 1275) einmal sogar an Mägde (III 1304) übertragen. Hier wurde der Kreis der Verwandten verlassen. 115 dieser Gesamtverfügungen können dadurch noch näher beschrieben werden, dass eindeutig über Erbgut bzw. über einen Anfall (also angestorbenes Vermögen) verfügt wurde. Genau hier stellt sich dann die Frage nach einem eventuellen Erbenlaub. Er erscheint indessen nur in zwölf Fällen. Es dürfte kaum anzunehmen sein, dass die Verfügenden in den übrigen 103 Einträgen sämtlich erbenlos gewesen seien. Es zeigt sich demnach auch in den Schöffenbüchern von Halle, dass der Erbenlaub in den sächsischen Städten nicht als eine allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzung behandelt wurde, sondern dass er nur in Ausnahmefällen bei Vornahme der Verfügung erfragt worden ist. Neun weitere Verfügungen ohne Erlebensbedingung lassen sich, da der Verfügungsgegenstand bei ihnen in einer künftigen Erbschaft bestand, freilich nicht mehr als Verfügungen unter Lebenden beschreiben. In Halle hat demnach die Erlebensbedingung wohl keine so starke Rolle gespielt wie in anderen Städten. c) Gesamtverfügungen von Todes wegen, die sich durch den Verfügungsvorbehalt erkennen lassen (n. n. hevet gegeven/begauet n. n. swat he nv hevet vnde immer mer gewint, al de wile dat (he) aver levet, so wil he sines g!des geweldich sin/dar ouer wil he herre sin, de wile he leuet), finden sich in den Hallischen Schöffenbüchern in immerhin 223 Fällen. Hier wurden fast ausschließlich Ehegatten und jetzige bzw. künftige Kinder begünstigt. Auch die Zuteilung eines Kindesteils an die Ehefrau bei beerbter Ehe ist hier wieder sehr häufig anzutreffen. Bei 223 Verfügungen liegt nur in 2 Einträgen ein Erbenlaub vor. Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt waren nicht zu ermitteln. d) 159 Einträge weisen gegenseitige Gesamtverfügungen unter Ehegatten von Todes wegen aus (n. n. vnde sin husvrowe heben undergiftiget ir god – oder: n. n. hevet gegeven sime wiue dat he nu het vnde immer mer gewint; dat selue heve siv gedan t! geliker wis – oder: hebben siek begauet vnder eynander, se wellic ir des andern dod leuet, dat das des andern sin – oder: na sime dode). Dabei ist die Registratur der Hallischen Schöffen insbesondere mit der Formulierung se wellic ir des andern dod leuet, dat das des andern sin zu einer ähnlich flexiblen und kurzen Formulierung gelangt wie die der Akener. Neben 79 Einträgen, die dieses Grundmuster aufweisen, erscheinen fünf Verfügungen, in denen die Zuwendung an den jeweils längstlebenden Ehegatten durch Erbengeburt auflösend bedingt war und bei denen der Längstlebende in diesem Fall als gleichberechtigter Erbnehmer neben die

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Abkömmlinge treten sollte. Hervorhebenswert ist daneben der dem 13. Jh. angehörende Eintrag I 786, in dem die Schöffen beurkundeten: stiruit sie, so ist iz sin, stiruit he, so ist iz ire; steruen sie beyde, so ist iz der eruen.

Ein solches Beispiel für eine spätmittelalterliche Voll- und Schlusserbschaft wurde schon bei den Akener Schöffenbüchern hervorgehoben. Auch die Hallische Praxis zeigt damit letztlich, wie wenig sich das moderne Erbrecht in den Grundstrukturen vom mittelalterlichen unterscheidet. Anschaulich wird die erbrechtliche Wirkung dieser Verfügungen auch in den beiden Einträgen III 968 und III 991, die aus dem 14. Jh. stammen und in denen es heißt welk orer er afghet, so sal dy andere behalden, wat sie hebben bzw. welk orer er afghet, so schal dy andere mit deme gude d+n vnd laten, wat hie wil.

Noch deutlicher wird das eben angesprochene Grundmuster in 80 weiteren Einträgen, die meist dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Ehemann zusätzlich die absolute Verfügungsgewalt vorbehielt (n. n. begauede n. n., siner husvruwen, alle dat hie nu het vnde vmmer mer wint; seluen wil he waldich sin, dy wile dat hie leuet; winnen sie kindere, so schal sie kinder diel nemen; hebben sie nicheyne kindere, so schal dy vruwe na n. n. dode mit dem gude dun vnde laten, wat sie wil – n. n. begauede n. n., orme werde, alle dat sie nu het vnde vmmer mer wint). Hier liegen bei Eingehung einer Ehe abgeschlossene Geschäfte vor, mit denen dem längstlebenden Ehegatten (nach dem Grundmuster wird immer der Frau diese Rolle zugedacht) bei unbeerbter Ehe das Vermögen des Erstversterbenden vollständig und bei beerbter Ehe in Höhe eines Kindesteils anfallen sollte. An der erbrechtlichen Wirkung dieser Verfügungen zweifle ich nicht. Keine dieser Verfügungen wurde unter Mitwirkung etwaiger Erben abgeschlossen. Nun könnte sich vielleicht einwenden lassen, dass bei den Ehestiftungen ein Erbenlaub wohl eher nicht üblich gewesen sein dürfte. Da die meisten dieser Verfügungen ja von der Hoffnung auf Nachwuchs sprechen, können zumindest Abkömmlinge als Erbenlaubberechtigte noch nicht vorhanden gewesen sein. Eltern, die der Ehe zustimmten, werden wohl ebenfalls kein Interesse gehabt haben, die betreffenden Verfügungen zu torpedieren. Diese Überlegungen, so berechtigt sie sein mögen, zeigen aber vor allem eines: Einer möglichen Erbenlaubberechtigung liegen unterschiedliche Schutzgedanken zugrunde, die so stark einzelfallgeprägt sein können,346 dass sich eine Verallgemeinerung verboten haben dürfte. Anzufügen ist noch die Beobachtung, dass diese Verfügungen sich im 3. und 4. Schöffenbuch an manchen Stellen so häufen, dass die Vermutung begründet erscheint, die betreffenden Gerichtstage seien zu nichts anderem benutzt worden als zur Beurkundung solcher Ehestiftungen. 346

Das meiste wird von der Familiensituation und vom mit der Verfügung verfolgten Zweck abgehangen haben.

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Es existieren 34 gegenseitige Gesamtverfügungen unter Ehegatten, die unter Lebenden vorgenommen worden sind, während weitere 30 Einträge zwar keine Erlebensbedingung, dafür aber den Verfügungsvorbehalt enthalten und sich damit wieder als Verfügungen von Todes wegen beschreiben lassen und bei denen wieder die Kindesteilszuwendung bei beerbter Ehe erscheint. Sieben gegenseitige Gesamtverfügungen wurden unter Nichtehegatten vorgenommen. Dabei handelte es sich in einem Fall um Brüder, in einem Fall um Vettern; die anderen Fälle sind nicht auflösbar. Zwei dieser Verfügungen waren dadurch auflösend bedingt, dass den Verfügenden Erben geboren wurden. e) Verfügungen über Vermögensquoten kamen nur von Todes wegen vor. Es handelt sich um drei Verfügungen unter ausdrücklicher Erlebensbedingung (n. n. begauete n. n. den q. n. del an sinem/eren houe/egen/etc. na sineme/ereme dode) und um vier Verfügungen mit Verfügungsvorbehalt (n. n. begauete n. n. den q. n. diel an sinem/eren houe/egen/varnden haue; seluen wil her/sie waldich sin, die wile dat he leuet). Besonders auffällig ist hier eine dem Dritteilsrecht (und damit nicht dem sächsischen Ehegüterrecht) verpflichtete Verfügung an die Ehefrau. In IV 142 wurde so von Todes wegen über jeweils 1/3 am Eigen, 1/3 am Erbe, 1/3 an den sonstigen Gütern und 1/3 an der Fahrhabe des Mannes an die Ehefrau verfügt. Die Verfügung wurde ohne die Mitwirkung potenzieller Erben vorgenommen. Verfügungen über eine Kindesteilsquote (n. n. begauete n. n. kinder diel an alle sime gude) kommen 17 mal vor. Dass diese Verfügungen nur als Verfügungen von Todes wegen beschrieben werden können, zeigt Eintrag IV 36. Hier verfügte der Mann zugunsten der Ehefrau einen Kindesteil na syme dode an allen synen guderen, de he hinder sik liet – an allen seinen Gütern, die er nach sich lassen wird.

(4) Verschiedenes a) Verzichtserklärungen, die sich auf ein Erbe bezogen, sind 180 mal eingetragen. Dass sie nicht als Mitwirkungen von erbberechtigten Verwandten an anderen Verfügungen missdeutet werden dürfen, zeigt die Tatsache, dass bei diesen Verzichtserklärungen selbst acht mal ein Erbenlaub vermerkt ist. Der Verzicht war damit hier nichts anderes als eine Verfügung über ein Erbrecht. In 57 Fällen wurde auf ein Recht an einer Verfügung verzichtet. b) Auflagen. Verfügungen, mit denen den Erben eine Auflage auferlegt wurde, wurden in sieben Fällen gefunden. Es handelte sich ausschließlich darum, dass die Abkömmlinge des Verfügenden ihrer Mutter dann eine Rente zu zahlen hatten, wenn die Mutter (und Frau des Verfügenden) ihren Witwenstuhl verrücken sollte – also nicht mehr mit den Abkömmlingen auf dem Grundstück des Verfügenden leben wollte. Freilich erschienen diese sieben Fälle alle im ersten Schöffenbuch.

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c) Widersprüche. Eine Sonderrolle spielen die Hallischen Schöffenbücher hinsichtlich der Widersprüche, die von Dritten gegen bereits vorgenommene Verfügungen in das Schöffenbuch eingetragen wurden. Während in Neuhaldensleben und Aken bei größeren Fallzahlen kein einziger Widerspruch vorhanden ist und in Zerbst bei noch größeren Fallzahlen nur fünf Widersprüche beurkundet sind, liegen in Halle 75 solcher Eintragungen vor. Das kann – jedenfalls ist das das Bild, das sich aus den Büchern ergibt – nur damit zusammenhängen, dass in Halle insgesamt der Erbenlaub wichtiger genommen wurde als in den anderen untersuchten Städten. Dabei fällt als weitere Besonderheit auf, dass offensichtlich über die Berechtigung zur Einlegung eines Widerspruchs gestritten wurde: Es gibt zwei Fälle, in denen der Widerspruch für kraftlos erklärt347 und einen Fall, in dem der Widerspruch zurückgenommen348 wurde. Ein weiterer Eintrag (I 1081) weist ausdrücklich aus, dass der Widerspruch gegen die angegriffene Verfügung binnen Jahr und Tag eingelegt worden sei. Bei dieser Sachlage verwundert es nicht, wenn auch neun Genehmigungen beurkundet wurden und ein Verfügender seine Verfügung selbst widerrief. Bei den Genehmigungen ist dann auch noch ein Eintrag (III 1065) vorhanden, bei dem die Genehmigung ihrerseits mit Erbenlaub erfolgte.

(5) Einzelbelege Die folgende Auswahl ist auf Einzelnachweise aus dem ersten Schöffenbuch, das jedenfalls aus dem 13. Jh. stammt, beschränkt. a) Zum Verfügungsgegenstand. Dass über Liegenschaften – sowohl ererbte als auch erworbene –, Fahrnis, Geld etc. verfügt werden konnte, muss nicht weiter hervorgehoben werden. Zwei Einträge aber sind besonders – vergleichbares war in Neuhaldensleben und Aken nicht zu finden: I 158: Rule von der Kemenaten ist gekomen in geheget ding vnde heuet sinen bruder Bussen begauet sine wardinge half an sines vader houe, dat is ein vierdeil des houes; de wile die vader leuet, so wil he is geweldich sin; dit is geschen mit des vader willen. I 272: Heidenric von der Sale quam in geheget ding vnde begauede Johannese Scriuere dat egen hinder den broderen na siner mvder dodhe.

Es handelte sich um Verfügungen über Erbgut, das noch gar nicht angefallen ist – mithin um Verfügungen über den Nachlass von noch lebenden Dritten. Während in I 158 aber der Vater einwilligte und das Geschäft zwischen zwei 347

348

IV 180, Kraftloserklärung in IV 188 (also wahrscheinlich noch im gleichen Gerichtstermin oder im unmittelbar danach folgenden); IV 518, mit Kraftloserklärung in demselben Eintrag. IV 558.

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Brüdern stattfand, die den betreffenden Hof sowieso aufgrund Verwandtenerbrecht erhalten hätten, wird sich wenig dagegen einwenden lassen. Anders sieht es in I 272 aus – hier wird nicht deutlich, ob Heidenreich von der Saale und Johann der Schreiber miteinander verwandt waren und ob die Mutter, nach deren Tod die Verfügung wirksam werden sollte, mit dieser Verfügung einverstanden war. Immerhin zeigen beide Verfügungen, dass die Schöffen keine Bedenken hatten, solche Geschäfte zu beurkunden. An der umfassenden Verfügungsfreiheit kann demnach auch im Halle des 13. Jh. nicht gezweifelt werden. b) Zur Erlebensbedingung. Wie die Erlebensbedingung na sime dode auch in Halle wirkte, wird anschaulich deutlich in Eintrag I 19: Her Johan Questenberch de is comen in geheget ding vor den richtere vnde vor de schepenen vnde hevet gegeven sinen hof hern Heinemanne, des herenmengeres sone, mit erven gelove; so hebet ine vord gegeven sime wiue vnde sinen kindern, dat se dar mede d+n vnde laten mvten na sime dode, swat so se willen; al de wile dat he levet, so sal her dar mede d+n, swat so he will; vnde dar t+ so hevet he ire gegeven na sime dode al, dat he nv hevet vnde immer mer gewint; over disse gave sin tv vormunden gecoren de sculthete Alexander vnde Kone Baldewin vnde her Volcmar Questenberch vnde her Symon Sterekin.

Es handelt sich nach hier vertretener Ansicht um ein Lehrbuchbeispiel für die Wirkung verschiedener erlebensbedingter und lebzeitiger Verfügungen. Drei verschiedene Ebenen sind auseinanderzuhalten. Johann Questenberg hatte erstens seine Ehefrau und seine Kinder mit seinem Hof dergestalt begünstigt, dass diese mit dem Hof nach seinem Tode frei verfahren sollten. Questenberg wollte aber zu seinen eigenen Lebzeiten Herr des Vermögens bleiben und über den Hof frei verfügen können. Eine Unterscheidung zwischen Eigen und Erbe fand nicht statt. Ob der Hof schließlich das einzige Grundvermögen Johann Questenbergs war, wird nicht deutlich, es wird jedoch kein Fehler sein, das anzunehmen. Dies folgt aus der weiteren Verteilung des Vermögens Questenbergs innerhalb der Kleinfamilie. Zweitens hat Questenberg nämlich seiner Ehefrau darüber hinaus alles Gut, das er zu diesem Zeitpunkt hatte und noch dazu erwerben würde, „nach seinem Tode gegeben“. Es ist anzunehmen, dass Questenberg mit dieser Verteilung der Frau den gemeinsamen Hausrat und sonstige Fahrhabe und eine mit den Kindern gleiche Quote am Hof sichern wollte. Die Wirkung der solchermaßen zweiaktigen Verfügung zugunsten der ohnehin erbberechtigten Kinder und der Ehefrau sollte in jeglicher Hinsicht erst zum Zeitpunkt seines Todes eintreten. Dass diese Verfügung erbrechtliche Wirkung hatte, wird am weiteren Vorgang deutlich. Johann Questenberg war voll verfügungsbefugt: Er wandte den Hof drittens in einer weiteren, der ersten Verfügung folgenden, Verfügung Heinemann, dem Sohn des Heringshändlers zu. Dass diese weitere Verfügung ihrerseits ebenfalls erst nach dem Tode Johann Questenbergs wirksam werden sollte, geht aus der Eintragung im Schöffenbuch nicht

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hervor. Es ist daher vom Normalfall auszugehen und sofortige Zuwendung an Heinemann anzunehmen. Die Abweichung davon wäre eingetragen worden. Bei der Verfügung zugunsten Heinemanns wurde schließlich der erven gelof eingeholt. Die Erben stimmten der Verfügung zu – leider bleibt unerwähnt, wer die „Erben“ hier konkret waren, sicher die Kinder. Wird der ersten Verfügung aber vollumfänglich erbrechtliche Wirkung zugeschrieben, dann müsste auch die Ehefrau als gewillkürte Erbnehmerin ihre Einwilligung abgegeben haben. Hierzu schweigt die Eintragung im Schöffenbuch. Jedenfalls ist aus der Beachtung des Erbenlaubes weiter zu entnehmen, dass die erste Verfügung des Hofes an Frau und Kinder keine aufschiebend bedingte Übereignung, keine betagte Schenkung war, denn in diesem Fall wäre doch anzunehmen, dass die Anwartschaftsberechtigten nicht als Erben, sondern als Eigentümer oder zumindest Mitinhaber der Gewere aufgetreten wären. Das wiederum ist nicht erfolgt. Ein Beispiel dafür, dass auch der Verfügungsvorbehalt dazu führen muss, die Verfügung als Verfügung von Todes wegen zu klassifizieren, liefern I 1027: Jan von Nembec quam in geheget ding vnde begauete Hinrike Mulre to der baruoten broder han[t] sinen hof vnde ene marc geldes an Hermannes houe von Yetzniz, also daz he is wolde gewaldich sin, de wile her leuet. I 1028: Dar nach quam de selue Jan in geheget ding vnde wandelde de gaue, de her waldich was, alsus: he begauete dem seluen Hinrike Mulre to der broder hant sinen hof vor en recht egen na sime dode vnde de marc geldes an Hermannes houe von Jezniz de vier parren: vnser vrowen 1 fer., sancte Gertrude 1 fer., sancte Olrico 1 fer., sancte Petro 1 fer., dar to geredet vnde gelouet koufte der selue Herman eyne marc also g,t an egene, alse sin marc was, so solden de aldermanne der vier godes[hus] eme de marc uplazen vnde de anderen marc untfan an der stat.

Die mit diesen beiden Einträgen nachgewiesene erbrechtliche Wirkung der Verfügung von Todes wegen muss nicht durch weitere Nachweise vervielfacht werden. Freilich soll der Nachweis nicht versäumt werden, dass die Hallischen Schöffenbücher es in manchen Ausnahmefällen sogar erlauben, von einem echten Vertrag mit erbrechtlicher Wirkung zu sprechen, da klar erkennbar wird, wer vor Gericht handelt. Beispiele hierfür sind: I 359: Har Johan von Isleve vnde sin hvsvrowe Ysendrut sin komen an geheget ding vnde hebbet sec vnder en ander begauet; swel auer erest steruet, swat he let, dhat is dhes anderen al. I 561: Roniken kinder von Zorbike quamen in gheheget ding vnde vndergaueden sic mit erme hegen; wiliker sturue, dat up den anderen velle; sturuen se beyde, so scal et sin eres vader suster, eyner Hanne unde eyner Hilsebete.

c) Zum Erbenlaub. Die Rolle des Erbenlaubes in Halle kann aber nicht nur durch die oben bereits geschilderten Einträge beschrieben werden. Die Schöffenbücher enthalten auch einige Urteile der Hallischen Schöffen zu diesem

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Problemkreis. In II 444 und III 106 findet sich je ein Schöffenurteil über eine ohne weiteres voll wirksame Verfügung über Eigengut, in III 5 und III 312 Schöffenurteile über eine Verfügung über Erbgut ohne Erbenlaub. III 44 schildert ein erfolgreiches Aufgebot einer widersprochenen Verfügung über vier Dingtage. 349 In Nr. III 378 wurde einer Frau „ein Recht“ gewiesen, die aus Not ihr Erbgut verkaufen wollte. Die Schöffen urteilten, dass sie des Erbenlaubes bedürfe, wenn es sich bei dem Erbe um angestorbenes Erbe handele, worauf die Frau erwiderte, sie hätte die Einwilligung ihrer nächsten Erben. Weiter wird ausgeführt, dass jemand, der die Frau darüber hinaus wegen der Verfügung ansprechen wollte, seine Berechtigung dazu mit der Geburt beweisen müsse. Wahrscheinlich war der Frau und den nächsten Erben nicht ganz klar, ob weitere zum Erbenlaub berechtigte Erben vorhanden waren. Weitere Urteile der Hallischen Schöffen sind in Abschnitt III, Nr. 2 dieses Kapitels zusammengestellt.

6. Die Schöffenbücher von Zerbst (1) Allgemeines zur Quelle Die von Ernst Neubauer und Richard Siebert veröffentlichten350 und heute noch vorhandenen Schöffenbücher der Stadt Zerbst in Anhalt erfassen nicht alle ehemals vorhandenen. Das seinerzeit erste Schöffenbuch gilt auch heute als verloren. Neubauer vertrat 1894 die Ansicht, dieses Buch müsse in der zweiten Hälfte des 13. Jh. angelegt worden sein,351 was in der Tat wahrscheinlich zu sein scheint. Dann wäre es den erhaltenen Schöffenbüchern von Neuhaldensleben, Halle, Aken, Braunschweig und dem verlorenen von Leipzig chronologisch an die Seite zu stellen. Wann genau das Zerbster Schöffengericht zur Schriftlichkeit überging, kann damit heute nicht mehr geklärt werden. Auch ohne letzte Gewissheit in dieser Frage ist das Zerbster Schöffenbuch aber bemerkenswert. Über die Zerbster Stadtverfassung des Mittelalters und über ein eigenes Zerbster Stadtrecht liegen wenige Nachrichten vor. Trotzdem unterscheidet sich die Lage von der Nachrichtenlosigkeit in Aken – für Zerbst wird in der 349 350

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In der Sache waren vorangegangen in III 34 der Widerspruch und in III 39 das erste Aufgebot des Verfügenden. NEUBAUER, in: MittAnhaltGesch 7 (1894), S. 376-422; SIEBERT, in: MittAnhaltGesch 8 (1898), S. 243-308, 356-546; SIEBERT, in: MittAnhaltGesch 8 (1898), S. 547-573. NEUBAUER, in: MittAnhaltGesch 7 (1894), S. 376.

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Literatur immerhin berichtet, dass hier magdeburgisches Recht gegolten habe.352 Das ist in der Tat wahrscheinlich: Zerbst wurde 948 erstmalig in der Gründungsurkunde des Bistums Brandenburg erwähnt; Thietmar v. Merseburg nannte 1008 eine urbs Zerwisti. 1196 existierte ein bedeutender Burgward und damit sicher eine Burgsiedlung. Die Stadt wuchs im Laufe des 13. Jh. aus Burg- und Marktsiedlung zusammen – ein typischer Ablauf; eine Münze ist 1214 (unter den damaligen Grundherren v. Alsleben) nachweisbar. 1253 war Zerbst im Besitz der Markgrafen von Brandenburg. Die Zollfreiheit wird 1259, die Münzfreiheit 1294 verliehen. 1291 wurde die Breite Straße (in den lateinischen Schöffenbüchern heißt sie platea oder latitudo) erstmals genannt. Im 14. und 15. Jh. galt Zerbst als eine der bedeutendsten Städte Mitteldeutschlands (die Ruine der St. Nikolaikirche gilt als die größte gotische Hallenkirche Anhalts), sicherlich begünstigt durch die Erwerbung des elbaufwärts gelegenen Fleckens Roßlau – eines frequentierten Elbüberganges. Seit 1307 war Zerbst, zunächst unter Graf Albrecht I. von Anhalt, in askanischem Besitz, 1308 erwarben die Askanier auch die Burg dazu. 1380 wurde mit dem Bau eines (neuen?) Rathauses auf dem Holzmarkt begonnen. Im Jahre 1385 wurde erstmals der Zerbster Roland, Zeichen städtischer Autonomie und Gerichtshoheit, auf dem Marktplatz erwähnt. 353 Die erhaltenen Schöffenbücher fallen also mitten in eine Zeit blühender städtischer Entwicklung mit großem Bevölkerungsreichtum – sicher flankiert von hoher Gütermobilität – und eigener städtischer Gerichtsbarkeit. Diese Situation spiegelt sich ganz deutlich in den Schöffenbüchern: Das vorhandene älteste Schöffenbuch beginnt ohne Vorrede und Einleitung mit Einträgen im Jahre 1323 und ist ersichtlich eine Fortsetzung eines ehemals bereits vorhandenen Buches. Das Buch ist durchgehend lateinisch verfasst, mit einigen mittelhochdeutschen Einsprengseln, die beispielsweise zur genauen Identifizierung einer Liegenschaft verwendet wurden. Die beiden hier benutzten Schöffenbücher decken den Untersuchungszeitraum ab. Der recht kurze zur Auswertung zur Verfügung stehende Zeitraum von 39 Jahren (1323 bis 1360 und 1399/1400) bietet, das ist die angesprochene Zerbster Besonderheit, eine im Vergleich zu anderen überlieferten Schöffen- und Stadtbüchern unvergleichlich hohe Zahl an vorgenommenen Verfügungen: In einem Zeitraum von nur 39 Jahren bringt es das Zerbster Schöffenbuch auf über 4.000 Verfügungen über Einzel- und Gesamtgüter, während die Hallischen Schöffenbücher im Zeitraum von 134 Jahren „nur“ knapp 2.900 gegenständliche Verfügungen vorzuweisen haben. Die Zerbster Überlieferung übertrifft für diesen kurzen Zeitraum auch die Neuhaldensleber Bücher, die 352

353

L OENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 7. Einen Nachweis für diese These gibt Loening nicht; Schubart-Fikentscher erwähnt Zerbst nicht. Vgl. zu allem http://www.stadt-zerbst.de/tourismus/geschichte (Stand: 17. 8. 2005). Zum Zerbster Roland s. MUNZEL-EVERLING, in: P ÖTSCHKE (Hrsg.), Rolande, Kaiser und Recht, S. 133, 144 f.

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zwar absolut einige Einträge mehr aufweisen, dafür aber wie die Hallischen über einen sehr langen Zeitraum laufen. Dieser überraschende Befund lässt auf eine im Vergleich zu anderen Städten wesentlich größere Bevölkerungszahl im spätmittelalterlichen Zerbst und auf eine vergleichsweise hohe Gütermobilität schließen – oder aber er zwingt zu der Annahme, dass in anderen Städten bei vergleichbarer Bevölkerungszahl weitere Bücher existiert haben müssen, die verloren sind. Eine dritte Erklärung schließlich muss unterstellen, dass die Zerbster Datierungen falsch sind. Die beiden letzten Überlegungen halte ich für unwahrscheinlich. Fraglich bleibt es angesichts dieser Tatsachen nur, warum in einer Stadt mit einer solchen Gütermobilität (die zu einem effektiven Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwingen musste) der Impuls zu einer Niederschrift des geübten Stadtrechts anders als in anderen Städten ausblieb. Immerhin ist es möglich, dass verlorene Teile des Schöffenbuches allgemeine Sätze des Zerbster Stadtrechts enthielten. Der Zeitraum 1361-1399 ist, ebenso wie der Anfang des Buches, verloren. Jetzt, also später als andere Stadt- bzw. Schöffenbücher, muss auch das Zerbster Schöffenbuch vom Lateinischen zum Deutschen übergegangen sein. Vom zweiten, 1399 einsetzenden Schöffenbuch wurden – dem gewählten Untersuchungszeitraum entsprechend – nur die beiden ersten Jahre berücksichtigt. Dieses zweite Schöffenbuch ist durchgehend mittelhochdeutsch (mit einigen lateinischen Füllwörtern) abgefasst. Die (abgelegene) Edition der Zerbster Bücher in einer lokalhistorischen Zeitschrift weist (wie in Neuhaldensleben) den Hauptmangel einer fehlenden Numerierung der Einträge auf. Die Bücher sind auch durch Register nur schlecht erschlossen. Da keine Bandangaben zur Verfügung standen und die Anzahl der Verfügungen zu groß für eine durchgehende Numerierung war, wurden die einzelnen Einträge hier jahresweise gezählt. Die Zerbster Bücher lassen einen bei den normativen Quellen angesprochenen Gebrauch des Wortes hereditas erkennen. Hereditas taucht zwar auch hier in unterschiedlichen Bedeutungen auf. Besonders häufig wurde es aber gebraucht, wenn über ein bestimmtes Erbgut verfügt wurde. Dann ist die hereditas, über die verfügt wurde, durch einen klärenden Zusatz charakterisiert, der die Lokalität beschreibt; z. B.: 1324 40: Herman Role Richenbachis sone dedit Arnoldo de Witstok hereditatem suam sitam in lata plathea.

Ebenso auf deutsch: 1344 47: Claus Tupan unde Merten hebben up ghelaten Hynrik Meymberchen eyn erve in dy beckerstrate. Unde Hynrik Meymberches water schal vlyten dor Hans Tupans hof. Unde Hynrik Meymberch schal vry halden dy runne tuschen Tupans Malthus unde Hundelopes.

Deutlich wird diese Bedeutung von hereditas auch in 1334 60. Dort verfügte Johannes Plebanus über eine hereditas super Weghenberch zugunsten von

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Salomon Plebanus. Diesem wurde das Recht eingeräumt, ipsam curtem zu kaufen. Geregelt wurde dann noch die Schosszahlung. Ganz klar erkennbar ist hier, dass hereditas ein Gut, einen Hof meinte, höchstwahrscheinlich ein Erbgut und nicht eine Erbschaft oder einen Nachlass als Vermögensgesamtheit bezeichnete. Immer dann, wenn die hereditas bzw. das erve nicht durch einen auf das Gesamtvermögen verweisenden Zusatz gekennzeichnet ist, wurde die betreffende Verfügung deshalb den Einzelverfügungen zugeordnet, um nicht die Zahl der Gesamtverfügungen zu verfälschen. Das Verhältnis zwischen den Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände und den Verfügungen über Vermögensgesamtheiten entspricht der Situation, die auch in Neuhaldensleben, Aken und Halle/S. gefunden wurde. 2.854 Einzelverfügungen stehen in Zerbst 1.259 Gesamtverfügungen gegenüber. Die hier unter Varia erfassten Rechtsgeschäfte halten sich in der Neuhaldensleber Größenordnung.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände a) Verfügungen von Todes wegen. Auch in Zerbst begegnen Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände, die unter Erlebensbedingung standen (insgesamt 150 Einträge). Es handelt sich hier vor allem um zwei formelhafte Wendungen, mit denen die Erlebensbedingtheit des Geschäfts angezeigt wurde. Entweder begegnet (in 63 Eintragungen) die einfache post mortemKlausel. Die Personen, die mit solchen Verfügungen begünstigt wurden, sind bei der sehr knappen Wortwahl der Zerbster Registraturen fast nie in ihrem Verhältnis zum Verfügenden zu individualisieren. Mehr als die Tatsache, dass in fünf Verfügungen die Kirche begünstigt wurde, war der Quelle nicht abzugewinnen. Daneben existierte in Zerbst – jedenfalls zeitweilig – eine weitere formelhafte Wendung, die immer und ausschließlich dann angewendet wurde, wenn die betreffende Verfügung unter Ehegatten vorgenommen wurde. Dann lautete der Eintrag (bei den 87 derartigen Verfügungen über Einzelgüter): n. n. dedit/dimisit n. n. marcas/hereditas sita/domum quid eorum diucius vixerit optinebit. Das Bindewort eorum kann sich nur auf die beiden an der Verfügung beteiligten Ehegatten beziehen. Die Formel enstpricht genau der auch in Aken verwendeten Klausel swelk ir lenger lebe, dat des si oder qui diucius vixerit, habebit. Auch die Zerbster Schöffen (bzw. ihr Schreiber) kannten also die wechselbezügliche postmortale Zuwendung unter Ehegatten, die mit einem einzigen Eintrag in das Register beurkundet werden konnte. Schwerfälliger waren dagegen die Hallischen Schöffen, bei denen sich eine viel größere Zahl von Vermerken findet, in denen zwei einander entsprechende Verfügungen der Ehegatten getrennt voneinander registriert wurden. Immerhin verwendeten auch die Zerbster Schöffen diese Splitting-Technik – jedoch nur bei den Verfügungen unter Ehegatten über Vermögensgesamtheiten. Rechtstatsächlich auffällig ist jedoch in Zerbst, dass diese Formulierung vor allem in den Jahren 1324-1332 verwendet wurde. Zwar fanden sich auch in den

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Jahren 1333, 1337 und 1338 noch je vier solcher Einträge. Die verbleibenden Jahre bis 1358 kannten nur je einen solchen Eintrag, bis zum Abbruch der Überlieferung 1361 fehlen dann die diucius vixerit-Klauseln. Anders als zu erwarten wäre, bleiben aber auch die auf zwei Einträge aufgeteilten Verfügungen bei den Einzelverfügungen aus oder sind als solche mangels näherer Bezeichnung der handelnden Personen als Ehegatten nicht erkennbar. Vier Verfügungen unter Erlebensbedingung wurden außerdem noch mit einem Verfügungsvorbehalt versehen (n. n. dedit marcas, domum etc. n. n. post mortem suam. Dicte donacionis ipse erit compos, quam diu vixerit, ad dandam eam vel ad optinendam; oder: post mortem suam, ita, ut non impedient eum, si eam vendere voluerit, cum adhuc vivit), eine Verfügung unter Erlebensbedingung war mit einem Nießbrauchsvorbehalt ausgestattet (n. n. dedit n. n. illud post mortem suam, in vita vero sua vult per se uti bonis suis). Letztere Verfügung – Eintrag 1334 98 – zeigt einerseits, dass auch in Zerbst wie in anderen magdeburgischen Städten genau unterschieden wurde, wie die Rechtsmacht des Verfügenden für die noch verbleibende Zeit seines Lebens ausgestaltet sein sollte. Andererseits ist dieser Eintrag für sich allein betrachtet geeignet, der sachenrechtlichen Betrachtung der einfachen post mortem-Klausel Vorschub zu geben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Einzelfall nicht gegenüber dem Regelfall (63 Zerbster post mortemKlauseln ohne Nießbrauchsvorbehalt) zur Definitionsgrundlage erhoben werden darf. Dann bleibt nur die Schlussfolgerung, dass der Eintrag 1334 98 eine Abweichung vom Regelfall darstellt, eine Abweichung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Verfügende hier dem Begünstigten ein weiter gehendes Recht am Verfügungsgegenstand einräumen wollte als bei einfacher post mortem-Klausel. Überhaupt ist der Nießbrauchsvorbehalt in Zerbst ebenso selten wie in anderen magdeburgischen Städten354 – er kommt in den Zerbster Büchern bei über 4.000 relevanten Einträgen insgesamt nur dreimal vor. Festzuhalten ist noch, dass in dieser gesamten Gruppe in Zerbst nur ein einziges Mal – Eintrag 1400 159 – ein Erbenlaub beurkundet wurde. b) Verfügungen unter Lebenden. Die Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände bilden auch in Zerbst mit 2.487 die große Masse der Eintragungen. Nähebeziehungen zwischen den Parteien der Verfügungen konnten hier nicht festgestellt werden. Mitgezählt wurden in Zerbst auch die Verpfändungen, weil sie vom Schöffenschreiber nicht durch die Verwendung einer gesonderten Terminologie (etwa setzen statt geben) ausgezeichnet wurden. Sehr oft wurde bei diesen 2.487 Verfügungen über Sachen verfügt, die dem Verfügenden kraft Erbrechts angefallen waren. In solchen Fällen – 1329 52, 1334 354

Vgl. die einzelnen Gruppen I. 1. c, I. 2. c, II. 1. c. und II. 2. c. in der Gesamtübersicht. Etwas häufiger ist er nur in Köln, aber auch dort nur bei den Verfügungen ohne Erlebensbedingungen vertreten. Ansonsten spielt er praktisch keine relevante Rolle.

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73 – findet sich auch ein Erbenlaub, in drei anderen Fällen – 1335 24, 25, 1340 40 – handelten die Kinder der Verfügenden aktiv mit. Solche Fälle können vielleicht auch in die Nähe eines Erbenlaubes gestellt werden. Angesichts der Masse der Verfügungen, die ohne Erbenlaub auch über Erbgut vorgenommen wurden, kann nur konstatiert werden, dass der Erbenlaub in Zerbst als Wirksamkeitsvoraussetzung keine relevante Rolle gespielt hat. Wie sicher das Zerbster Gericht in der Unterscheidung zwischen den Verfügungen unter Lebenden und den Verfügungen von Todes wegen gewesen ist, zeigen die lediglich drei Verfügungen, bei denen eine explizite Erlebensbedingung (post mortem-Klausel oder diucius vixerit-Klausel) zwar fehlt, die Charakterisierung der Verfügung als Verfügung von Todes wegen aber aus einem umfassenden Verfügungsvorbehalt (hier: n. n. dedit n. n. hereditatem, mansum, agrum etc., in vita sua ipse vult esse potens huius) hervorgeht. Die Suche nach Gründen dafür, weshalb es den Parteien in diesen drei Fällen auf eine Hervorhebung des Alleinverfügungsrechts des Verfügenden zu Lebzeiten ankam, blieb ergebnislos. In der absolut überwiegenden Mehrzahl der Fälle genügte zur Unterscheidung die stark formalisierte Erlebensbedingung. c) Leibgedingeverfügungen über konkret bezeichnete Sachen waren in Zerbst überraschenderweise im Vergleich zu den sonstigen Verfügungen und auch im Vergleich zu anderen Städten selten. Offensichtlich wurde die endgültige Güterzuweisung bevorzugt und der Heimfall an den Verfügenden oder dessen Erben eher abgelehnt. Zu finden waren 13 Leibgedingeverfügungen ohne Erlebensbedingung, und nur eine Leibgedingeverfügung von Todes wegen, bei der zwar eine post mortem-Klausel fehlte, dafür aber ein Verfügungsvorbehalt angeordnet war. d) Vermächtnisse. Andererseits weist keines der hier untersuchten Schöffenbücher eine so hohe Zahl von Vermächtnisanordnungen auf wie das Zerbster. Insgesamt waren dieser Gruppe 195 Einträge zuzuordnen. Das übersteigt die Zahlen, die in Köln, Neuhaldensleben, Aken und Halle/S. zu ermitteln waren, obwohl auch dort solche Fälle vorkamen. Die Formel, die das Zerbster Gericht zur Beurkundung verwendete, lautet: n. n. dedit n. n. marcas in prompcioribus bonis in hereditate et ubicumque habuerit, primo excipiendis. Diese Formel war in den Büchern der anderen Städte so nicht anzutreffen. Die Erlebensbedingung ergibt sich hier daraus, dass der Verfügende die Geldzahlung aus seinen gereiten oder bereiten Gütern (bona prompciora)355, aus seiner Erbschaft und allem Vermögen, wo auch immer er solches haben wird, anordnete – vielfach taucht sie dann in der expliziten Form post mortem suam auch auf. Dass es sich dabei tatsächlich um das handelt, was in römischer und moderner Terminologie als Legat bzw. als Vermächtnis be-

355

Gereites oder auch redemes gut bezeichnet das Barvermögen.

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zeichnet wird, ist aus primo excipiendis zu entnehmen.356 Verwendet wurde diese Formel ausschließlich für Geldzuwendungen. Letztlich untermauert diese Gruppe von Einträgen die Vielgestaltigkeit des Zerbster Privatrechtsverkehrs im Spätmittelalter, der ausweislich dieser Zuwendungen offensichtlich stärker als in anderen Städten monetär geprägt gewesen ist.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten a) Verfügungen von Todes wegen. Von den 1.259 Zerbster Verfügungen über Vermögensgesamtheiten standen 946 – und damit die weit überwiegende Masse – unter Erlebensbedingung. Begünstigt wurden hierbei fast ausschließlich die Ehefrauen; zuverlässig wurde hier die Angabe uxori sue verwendet. Die Standardformel lautet: n. n. dedit/dimisit n. n. omnia bona sua oder dimidietatem omnium bonorum suorum in hereditate et ubicumque habuerit post mortem suam; seit 1330 wurde auch die Formel que nunc habet vel umquam habebit verwendet und damit zweifelsfrei auf den beim Tod des Verfügenden vorhandenen Nachlass als Verfügungsgegenstand abgestellt. Auch die Verfügungen, mit denen über das komplette halbe Vermögen (dimidietas omnium bonorum) verfügt wurde, wurden hier – und nicht bei den Verfügungen über Vermögensquoten gezählt. Dies geschah wegen des diese Verfügungen insgesamt beherrschenden Versorgungsaspekts, der auf einer von der sächsisch-magdeburgischen Grundregel der Beschränkung der Frau auf die Gerade abweichenden Ansicht über den dem Ehegatten am Nachlass zustehenden Anteil beruht. Es mag sein, dass dadurch die Zahl der Verfügungen über Vermögensquoten herabgesetzt wurde. Freilich ist das für die Zwecke dieser Untersuchung solange unschädlich, als in allen Fällen die Erlebensbedingung Verfügungen von Todes wegen anzeigt. In 38 Fällen wurde (selten aber typisch) angeordnet, dass die Ehefrau bei der Geburt von Erben in der Ehe neben den Erben die Hälfte des Nachlasses erhalten sollte. Auch für den Fall der beerbten Ehe war in Zerbst also der Halbteilungsgedanke vorherrschend. Anders als in den Fällen, in denen der gemeinsamen Kinder nicht gedacht wurde, verhinderten diese Einträge die Geltung des Satzes „Kinderzeugen bricht Ehestiftung“ und privilegierten die jeweiligen Frauen damit einerseits gegenüber den eigenen Kindern und andererseits gegenüber der Mehrzahl aller Frauen, die bei unbeerbter Ehe infolge der Verfügung von Todes wegen zwar den gesamten oder den halben Nachlass erhalten konnten, bei beerbter Ehe infolge der Erbengeburt aber lediglich Anspruch auf die Gerade hatten. In nur vier Fällen wurde die Frau den Kindern gleichgestellt, indem sie beim Tod des verfügenden Mannes am Nachlass Kindesteil nehmen sollte. Als Besonderheit ist zu diesen Verfügungen noch zu erwähnen, dass der Verfügende sich mitunter vorbehielt, über eine 356

Inwieweit es sich um so etwas wie Vorausvermächtnisse gehandelt hat, konnte nicht ermittelt werden: Die Einträge gaben wieder keinen Anhalt für Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Parteien und über die Zahl der eventuell vorhandenen Erben.

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bestimmte Geldsumme357 auf dem Totenbett noch anders zu verfügen. Ein Eintrag – 1357 210 – bezeichnet das sehr plastisch: exceptis sex marcis quas in dei laudem in agone mortis potest erogare und zeigt an, dass es bei diesen Vorbehalten um Seelgerätsvorbehalte ging. Mit diesem Vorbehalt wurde eine zweifache, vom Verfügenden befürchtete Bindung durchschnitten: Erstens wurde das allgemeine (im Landrecht und im Stadtrecht angeordnete) Verbot, auf dem Siech-/Totenbett nicht verfügen zu dürfen, abbedungen und zweitens wurde der Einwand der aus der Verfügung von Todes wegen begünstigten Frau und der Kinder unmöglich gemacht, sie hätten aufgrund der Verfügung den Nachlass ungeschmälert zu erlangen. Untermauert werden kann insbesondere letzteres durch Eintrag 1400 160: Hans Litzo het befredet, dat he mechtich will sin sesteyn mark tu vorgevene ut syner helffte syns gudes in godes ere war he wil unschedeliken der gave, de he Gryten, sinen wife, vorgegeven hat.

Fünfzehn Einträge komplettieren die Erlebensbedingung noch mit einem Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. hereditatem et omnia sua bona, que habet post mortem suam, hac tamen condicione addita, quod n. n. in vita sua bona dare poterit, ubicumque voluerit, absque inpedicione suorum puerorum), ein Eintrag enthält statt dessen einen Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia bona sua post mortem suam, in vita sua debet uti suis bonis ad necessaria sua). Hier gilt entsprechendes wie oben bei den Einzelverfügungen von Todes wegen. b) Verfügungen unter Lebenden konnten anhand der Formel n. n. dedit n. n. omnia bona sua, que habet in hereditate et ubicumque oder que nunc habet vel umquam habebit 222 mal gezählt werden. Dabei besonders auffällig sind Verfügungen über Vermögen, die den Verfügenden kraft Erbrechts angefallen (Anfälle oder Geraden) waren.358 Es finden sich mehrfach so sinnvolle Gesamtregelungen aus Anlass der Wiederverheiratung einer Witwe; sie überwiegen die sonstigen Gesamtzuwendungen unter Lebenden. Bemerkenswert ist wieder die Tatsache, dass in nur zwei Fällen ein Erbenlaub registriert werden konnte. 357

358

Freilich musste dieser Vorbehalt nicht auf die Zuwendung einer Summe Geldes an die Kirche oder den Pfarrer beschränkt sein. 1358 behielt sich der Verfügende in Eintrag 19 das Recht vor, die Hälfte seines Vermögens für ein Seelgerät verwenden zu dürfen. Typisch der folgende Vorgang (Anlass war die Wiederverheiratung einer Witwe) 1336 23/24/25: Yda, relicta Bolles, et filie sue Yda et Greta dederunt Hinrico Bodewiz hereditatem cum omnibus bonis, que cesserunt eis de morte Bollen Pannificis. Hinricus Bodewis dedit Greten et Yde, privignis suis, quinque marcas argenti in hereditate et in aliis bonis suis prompcioribus primo recipiendas. Hinricus Bodewiz dedit Yden, uxoris sue, medietatem in hereditate et in aliis bonis suis omnibus post mortem suam. Ähnliche Gesamtregelungen finden sich in Nrn. 1340 40/41/42, 54/55, 1341 3/4 und 1343 64/65.

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Drei Gesamtverfügungen fehlte schließlich die Erlebensbedingung, dafür weist sie der Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia bona, ita quod n. n. illud dare poterit ubicumque voluerit in vita sua) als Verfügungen von Todes wegen aus. c) Die 61 gegenseitigen Gesamtverfügungen unter Ehegatten von Todes wegen nach der Standardformel n. n. dedit n. n. marito eius/uxori eius omnia bona sua post mortem suam unterscheiden sich von den wechselbezüglichen Verfügungen über Einzelgüter vor allem dadurch, dass sie überwiegend auf zwei Einträge verteilt worden sind. Diese Technik wurde vom Zerbster Gericht auch zeitlich parallel zur diucius vixerit-Klausel angewendet – wenngleich deutlich weniger häufig. Bekannt war auch hier wieder die Resolutivbedingung Erbengeburt, bei deren Eintritt die Frau neben den in der Ehe geborenen Kindern halbteilungsberechtigt sein sollte. In diesen 61 Einträgen ist nur ein Erbenlaub – 1400 156/157 – enthalten. Die Bücher ließen demgegenüber nur eine einzige lebzeitige Gesamtverfügungen unter Ehegatten aus dem Jahre 1399 erkennen. Sonstige gegenseitige Gesamtverfügungen konnten in vier Einträgen identifiziert werden, dabei handelte es sich um drei Verfügungen von Todes wegen unter Brüdern, beim vierten Eintrag war ein Näheverhältnis zwischen den handelnden Personen nicht erkennbar. In Eintrag 1357 216 wird die Erlebensbedingung sehr handgreiflich: die Brüder bona sua invicem tribuerunt, ita quod uno moriente cedent alteri. d) Verfügungen über Vermögensquoten, insbesondere über Kindesteilsquoten, waren in Zerbst die Ausnahme. Ich habe nur sechs Einträge gefunden, in denen es hieß n. n. dedit n. n. mediam/tertiam partem omnium bonorum suorum – sie stammen alle aus dem Jahre 1338.

(4) Verschiedenes Verzichtserklärungen wurden 38 mal beurkundet. Ausgeschlossen ist es, diese angesichts der Masse der Verfügungen über ererbtes Vermögen als Ausprägungen des Erbenlaubes zu interpretieren. Verzichtserklärungen konnten sich wie in den anderen Städten auch auf Erbrechte oder auf Verfügungen beziehen. Fünf Einträge beinhalten einen Widerspruch gegen eine bereits vorgenommene Verfügung. In einem dieser fünf Fälle – 1399 11 – erhoben die Ratsherren Widerspruch gegen eine Verpfändung. Es verbleiben mithin vier Fälle, in denen Verfügungen unter Lebenden bzw. von Todes wegen angegriffen wurden. In zwei Fällen hat der Verfügende selbst seine Verfügung anschließend widerrufen. Als Besonderheit zu nennen sind noch zwei Einträge, in denen sich Ausradungsverträge zu erkennen geben. Im Eintrag 1351 135 schlossen die Parteien vor den Schöffen einen Vertrag, über alle Güter (wiederum vor den

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Schöffen) zu verfügen. Hier wurde die obligatorische Grundlage der später vorzunehmenden Verfügung zum Gegenstand der Beurkundung gemacht. Die Motivation hierfür bleibt dunkel.

(5) Einzelbelege Ein ausführlicher Nachweis von einzelnen, besonders auffälligen Eintragungen erübrigt sich für die Zerbster Bücher. Grund hierfür ist die stark durchgeführte Registratur, die die Besonderheiten des Einzelfalles zurücktreten lässt. Auch aus der Gesamtübersicht der untersuchten Bücher ergibt sich, dass die Eintragungen im Zerbster Gericht weniger über die vorhandenen Gruppen „streuen“ als in anderen Büchern, sondern dass sich vielmehr eine stärkere Orientierung an den Hauptgruppen feststellen lässt. Der Erbenlaub, das wurde bei der Übersicht an den jeweiligen Stellen schon gezeigt, spielte in Zerbst fast keine Rolle – er wurde so gut wie nie beurkundet. Zur Erlebensbedingung. Ein aus dem Jahre 1325 stammender Eintrag, bei dem das Zusammenspiel von Erlebensbedingung und Verfügungsvorbehalt besonders deutlich und die Charakterisierung der Verfügung als Verfügung von Todes wegen einfach wird, ist darüber hinaus noch dadurch gekennzeichnet, dass er für Zerbst den frühesten Nachweis der Verwendung des Wortes testamentum liefert. Das verwundert nicht, denn der Verfügende setzte lauter Geldzuwendungen an einzelne kirchliche Institutionen aus und dürfte entsprechend klerikal beraten worden sein: 1325 65: Hinricus Milstorp dedit XV marcas pro testamento suo post mortem suam. De quibus habebunt fratres minores in Cerwist sex marcas, ita ut quilibet fratrum optineat unum lotonem. Dedit eciam de illis quindecim marcis in claustro sanctimonialium, dominabus tres marcas, de quibus habebit unaqueque domina dimidium lotonem, et, si aliquid superest, divident inter se. Dedit eciam de dicta pecunia minoribus fratribus in Magdeburg duas marcas et predicatoribus duas marcas et Augustinesibus duas marcas. Dicte tamen donacionis ipse erit compos, quam diu vixerit, ad dandam eam vel ad optinendam.

Dass der aus einer Verfügung unter Verfügungsvorbehalt Begünstigte im Moment der Vornahme der Verfügung tatsächlich nichts anderes erhielt als die Aussicht, die betreffende Sache nur dann zu erhalten, wenn sie beim Tod des Verfügenden noch in dessen Vermögen vorhanden ist (also in den Nachlass fällt), zeigt auch der folgende, anlässlich einer Ausstattung eingetragene Vermerk: 1330 78: Thilo Kocstede dedit filie sue Heylen et pueris suis, qui manent in domo non separati a patre et matre, hereditatem et omnia sua bona, que habet post mortem suam, hac tamen condicione addita, quod Thilo Kocstede in vita sua bona dare poterit, ubicumque voluerit, absque inpedicione suorum puerorum.

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Schließlich ist noch ein Eintrag aus dem Jahre 1340 zu erwähnen, in dem zwei Verfügungen, eine unter Lebenden und eine von Todes wegen in einer knappen Registratur zusammengefasst sind: 1340 108: Herman Braxator dedit Johanni Tonys et uxori sue unam aream ante latam plateam, eo vivente vult esse potens sed post mortem uxor optinebit.

Das Bindewort eo kann sich nur auf den Begünstigten Johann Tonis beziehen. Anderenfalls machte die optinebit-Klausel zugunsten der Ehefrau keinen Sinn, da eine Ehefrau Hermann Braxators nicht erwähnt wird. Wahrscheinlich ist der Verfügende der Schwiegervater des Begünstigten, der dem jungen Paar ein Grundstück unter Lebenden sofort übertrug. Gleichzeitig wurde durch Verfügung des eben begünstigten Mannes angeordnet, dass das von der Frauenfamilie herstammende Grundstück nach dem Tod des Mannes bei der Frau verbleiben sollte.

7. Das Wetebuch der Schöffen von Calbe (1) Allgemeines zur Quelle Auch für die südlich von Magdeburg und Schönebeck gelegene Stadt Calbe fehlt eine eigene schriftliche Stadtrechtsüberlieferung. Calbe existiert wahrscheinlich seit karolingischer, sicher seit ottonischer Zeit. Burganlage und Marktzentrum waren auch hier die Keimzellen für die mittelalterliche Stadt. Der Magdeburger Grundherr in Gestalt des Erzbischofs Wichmann soll dem im Mittelalter infrastrukturell nicht unwichtigen Saaleübergang Calbe bereits zwischen 1160 und 1166 Privilegien zugestanden haben,359 die sich auf den Markt und damit verbundene Stapelrechte für Fernkaufleute360 bezogen haben. 1168 soll Calbe einen eigenen Schultheißen (Hugold) erhalten haben – hierin manifestiert sich für Hanns Schwachenwalde die Exemtion Calbes aus dem „öffentlichen Landgericht“. Da ein Schultheiß als lokaler Vertreter eines grundherrlichen Vogtes aber in jeder Gemeinde erforderlich war, lässt sich hieraus allein nichts für die Eigenschaft Calbes als Stadt ableiten. Die Existenz einer Ratsverfassung darf später wohl unterstellt werden. Immerhin sei, so Schwachenwalde, 1392 urkundlich belegt, dass der erzbischöfliche Vogt in Calbe nur das Recht gehabt habe, bei der Wahl der Ratmänner Einfluss zu 359 360

Hierzu und zum folgenden S CHWACHENWALDE, in: P ÖTSCHKE (Hrsg.), Kaiser, Rolande und Recht, S. 188-192. Schwachenwalde betont diesen Fernhandel (mit Getreide, Holz, Salz, Fleisch, Häute und Leder, Bier, Gold, Silber, Gewürze, Bernstein, Tuch, Pelz und Zobel) nachdrücklich als einen entscheidenden Faktor für die Stadtentwicklung.

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nehmen und die Innungen zu beaufsichtigen.361 Schließlich wurde 1376 ein neues, stattliches Rathaus errichtet – an dem dann auch der 1381 erstmals erwähnte Holzroland aufgestellt wurde. Damit zeigen sich für Calbe die typischen Verfassungsverhältnisse der spätmittelalterlichen sächsischen Stadt, auch wenn nicht klar wird, wann der Rat begonnen hat, sich neben dem Schöffenkollegium unter dem Schultheißen zu etablieren und wie erfolgreich diese Etablierung letztlich gewesen ist. Die Bücherüberlieferung betrifft freilich das Schöffenkolleg, nicht den Rat. Das Wetebuch ist in der Originalschrift (39 pergamentene Quartblätter, beidseitig beschrieben) erhalten. Dieses Buch ist von Gustav Hertel vollständig ediert362 und von Felix Waltsgott rechtshistorisch untersucht363 worden. Es enthält die Eintragungen so, wie sie vom Schöffenschreiber gleich im Gericht bei der Verhandlung angefertigt wurden – die Schrift ist keine Reinschrift, sondern flüchtig und fehlerhaft, das Pergament ist minderwertig. Das Wetebuch war zur raschen Niederschrift im Ding bestimmt; es war ein Protokollbuch.364 Das erhaltene Original beginnt mit Einträgen aus dem Jahre 1381. Es fehlen allerdings im Zeitraum bis 1400 einige Jahre: 1388, 1391-1394, 1397 und 1398. Diese Jahre sind im Text nicht hervorgehoben, was freilich nicht bedeuten muss, dass Einträge aus diesen Jahren nicht vorhanden sind. 365 Die Edition von Hertel bringt die Einträge des Wetebuchs unnumeriert. Für die hiesigen Zwecke wurden die einzelnen Einträge, beginnend im Jahre 1381 und endend mit dem Jahr 1399 fortlaufend numeriert. Insgesamt sind in diesem Zeitraum 448 Einträge vorhanden. Die folgende Aufstellung orientiert sich an dieser fortlaufenden Numerierung. Waltsgott dagegen hat ebenso wie Hertel keine Numerierung vorgenommen. Seine Angaben sind daher nur mit der Hertelschen Edition nachzuvollziehen. Die Einträge unterscheiden sich erheblich von den Einträgen in den Büchern von Neuhaldensleben, Aken, Halle, Zerbst, Brandenburg, Breslau und Treuenbrietzen. In das Wetebuch von Calbe sind vor allem Entscheidungen der Calber Schöffenbank in privatrechtlichen Streitigkeiten eingetragen, die das gesamte Privatrecht abdecken. Es gibt Sprüche über Beweiserbringungen, zu Zahlungs- und Herausgabeverpflichtungen, zu Investituren, zu Ächtungen (und Aufhebungen von Ächtungen) aus den verschiedensten Gründen.366 Beurkundungen von Verfügungen spielen nur eine sehr marginale

361

S CHWACHENWALDE, in: P ÖTSCHKE (Hrsg.), Kaiser, Rolande und Recht, S. 188, 191. HERTEL, in: GBllMagd 20 (1885), S. 43-62, 125-148, 217-264, 349-380; 21 (1886), S. 72-102. 363 WALTSGOTT, in: ThSZs 2 (1912), S. 1-44. 364 W ALTSGOTT, in: ThSZs 2 (1912), S. 18. 365 HERTEL, in: GBllMagd 21 (1886), S. 97 f. 366 Vgl. zu den einzelnen Rechtsgebieten die Zusammenstellung von W ALTSGOTT, in: ThSZs 2 (1912), S. 19 ff. 362

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Rolle. Aus dem Zeitraum von 1381 bis 1400 sind bei 448 Einträgen insgesamt nur ganze 30 thematisch relevante Verfügungen erfassbar. Hieraus darf geschlossen werden, dass es sich bei dem Wetebuch nicht vordringlich um ein Buch zur Beurkundung in der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Möglich ist der Verlust solcher parallel zur streitigen, im Wetebuch der Schöffen abgebildeten Gerichtsbarkeit geführten Bücher.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Nachgewiesen werden konnte nur eine Verfügung von Todes wegen, die mit einer Schlussbegünstigtenklausel versehen war und vier lebzeitige Zuwendungen. Dieser Umstand spricht dafür anzunehmen, dass neben dem Wetebuch weitere Bücher geführt worden sind.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Etwas häufiger finden sich Einträge, die Verfügungen über Vermögensgesamtheiten betreffen, im Wetebuch – allerdings handelt es sich um 17 Verfügungen, die sämtlich nicht unter Erlebensbedingung standen. Dabei wurde ausnahmslos über Gut verfügt, das dem Verfügenden angefallen war; überwiegend wurde der Verfügungsgegenstand entweder als herwede oder als gerade bezeichnet. Es handelt sich ganz offensichtlich ausschließlich um Auseinandersetzungen, die nach einem Erbfall stattfanden oder aber um Einbringungen des betreffenden Gutes in Ehen. Zustimmungen erbberechtigter Verwandter wurden im Wetebuch der Schöffen von Calbe nicht verbucht.

(4) Verschiedenes Sieben Einträge betreffen Verzichtserklärungen. Dabei wurde in sechs Fällen auf Erbgut und in einem Fall auf die Gerade verzichtet. Ein Eintrag weist einen Widerspruch gegen eine Verfügung aus. 1384 wurde eine Verfügung angegriffen, die die Kirche begünstigt hatte: dy gaue, dy n. n. hadde n. n. gegeuen, dy heft n. n. wedersproken, also eyn recht is. Dabei konnte anhand des Wetebuches nicht herausgefunden werden, wann die angegriffene Verfügung vorgenommen worden ist, wie sie ausgestaltet gewesen ist, worauf sie sich bezogen hat und ob der Widersprechende mit dem Verfügenden verwandt gewesen ist.

(5) Einzelbelege Auch bei den Einzelnachweisen zeigt sich die thematische Unergiebigkeit der Quelle. Erwähnung verdient nur ein Eintrag, anhand welchem in der schmalen Literatur zum Calber Wetebuch der Unterschied zwischen einseitig und mehrseitig vorgenommenen Verfügungen diskutiert worden ist. 1389 263: Peter Ogen het bescheyden Greyteken, Hanseken vnde Fricken siner dochter kinderen XXX marc nach sinen dode vt sinen redesten gude; were dat der

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kindere ennich storue, dat scal vallen an dat ander kint, were dat dy kinder alle storuen ane eruen, dy von den kinderen keymen, so schal dat gud vallen an Peter Ogen eruen vnde nicht an dyr kindere eruen.

Felix Waltsgott hatte hierin ein Testament gesehen. Dieser Eintrag habe ein erst vom Tode des Verfügenden an wirksames Recht geschaffen.367 Wahrscheinlich ließ Waltsgott sich dabei von der Vermutung leiten, Peter Ogen habe das betreffende Geschäft allein vorgenommen. Hinzu kommt die post mortem-Klausel. Diesem Geschäft stellte Waltsgott die „Vergabung“ von Todes wegen gegenüber. Zwar sei die juristische Unterscheidung in Anbetracht des Mangels an einer scharfgeprägten Ausdrucksweise und der knappen Formulierung der Quellenstellen nur schwierig durchzuführen; „Vergabungen“ von Todes wegen seien aber in denjenigen Eintragungen zu erblicken, wo vergeben werde allet dat he het unde ummer mer ghewinnet, wozu noch manchmal der Vorbehalt trete, der Vergabende wolle dez weldich zin die wile he levet. Denn handelte es sich hierbei um Testamente, so wäre der Machtvorbehalt überflüssig. Ohne diesen Machtvorbehalt sei die unausbleibliche Folge der „Vergabung“ von Todes wegen, dass der Wille des „Vergabenden“ für seine Lebzeiten gebunden sei.368 Es ist hierzu zu erwähnen, dass die von Waltsgott angeführten „Vergabungen“ von Todes wegen sich aus dem Calber Wetebuch nicht erschließen. Wie in Calbe lediglich fragmentarische Überlieferung liegt auch für die Stadt Burg vor, die im folgenden betrachtet werden soll.

367 368

WALTSGOTT, in: ThSZs 2 (1912), S. 33. WALTSGOTT, in: ThSZs 2 (1912), S. 32 f.

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8. Ein Bruchstück der Schöffenbücher von Burg (1) Allgemeines zur Quelle Die Schöffenbücher der 25 km nordöstlich von Magdeburg gelegenen Stadt Burg, ebenso wie Zerbst erstmalig im Jahre 948 in der Gründungsurkunde des Bistums Brandenburg erwähnt und im 12. Jh. Ziel einwandernder holländischer und flämischer Kolonisten, sind nicht erhalten. Sie sind wahrscheinlich als überständig und wertlos zu Einbanddeckenüberzügen anderer städtischer Bücher zerschnitten und verarbeitet worden. Es hat sich immerhin ein Bruchstück erhalten, ein einzelnes Pergament-Folioblatt, das zwar ebenfalls als Einbanddecke herhalten musste, aber doch wieder restauriert werden konnte und das von Ernst Neubauer herausgegeben wurde.369 Es enthält die Eintragungen des letzten Dingtages des Jahres 1394, die des ganzen Jahres 1395 und aus dem Jahre 1396 die Eintragungen des ersten und teilweise die des zweiten Gerichtstages370 – insgesamt 64 Vermerke. Angesichts der Quellenmasse anderer Städte kann das Burger Bruchstück daher nur zu einer oberflächlichen Richtigkeitskontrolle verwendet werden. Die Eintragungen sind auch in der Edition von Neubauer unnumeriert. Das Burger Fragment ist insofern von Bedeutung, als aus Burg eine landrechtliche Quelle überliefert ist. Hierzu ist zweierlei zu bemerken. a) Einerseits ist es erklärungsbedürftig, dass das Schöffenbuchfragment in dieser Untersuchung als städtische und nicht als landrechtliche Quelle eingeordnet wird. Burger Landrecht und Burger Schöffenbuch könnten gemeinsam eine Gesamtschau auf das wirklich geltende Landrecht in Burg und seinem Weichbild bzw. den mit Burger Recht beliehenen Dörfern oder Marktflecken ermöglichen. Allerdings erscheint eine solche Betrachtung den Quellen nicht angemessen. Das Schöffenbuchfragment berichtet heute nur noch aus einer kurzen, im hiesigen Untersuchungszeitraum sehr spät angesiedelten Zeit (1395, 1396). Das Ende des 14. Jh. aber ist in ganz Obersachsen die Zeit der vollen Ausprägung städtischer Autonomie. Auch in Burg ist diese gesamtsächsische Tendenz bereits in der Mitte des 13. Jh. spürbar: 1263 liegen die ersten überlieferten Ratslisten vor.371 Das Burger Landrecht seinerseits ist wahrscheinlich weit vor 1330, dem Jahr, aus dem eine Abschrift überliefert ist, entstanden. Es kann keineswegs als sicher gelten, dass das Burger Schöffengericht, aus dem das Fragment des Schöffenbuches stammt, nach Abschluss der Kolonisationsphase wirklich

369 370 371

NEUBAUER, in: GBllMagd 55 (1920), S. 82-88 NEUBAUER, in: GBllMagd 55 (1920), S. 82 f. L ORENZ, Die Burger Ratsmitglieder von 1263 bis 1639.

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noch als ein eigenes Landgericht fungierte oder ob es sich nicht vielmehr um ein städtisches Gremium handelte. Diese Unsicherheit muss dazu führen, das Fragment des Schöffenbuches den Tatsachen des Stadtrechts zuzuschlagen. Das Burger Landrecht wird jedenfalls in Burg selbst gegolten haben. Vergleiche zwischen dem Schöffenbuchfragment und dem Burger Landrecht sind daher grundsätzlich möglich – was nicht möglich ist, ist der Nachweis von außerhalb der Stadt Burg im Land geltendem Recht anhand der sich auf die Stadt Burg beziehenden Rechtstatsachen. b) Andererseits ist bereits oben darauf hingewiesen worden, dass dem Burger Landrecht mit einer Ausnahme (Verfügungen auf dem Krankenlager) keine Einschränkung der Verfügungsfreiheit entnommen werden kann. Das Burger Schöffenbuchfragment zeigt nun, dass die in ihm überlieferten Verfügungen unter Lebenden und von Todes wegen auch tatsächlich in ihrer Wirksamkeit jedenfalls in den Jahren 1395 und 1396 nicht davon abhängig waren, dass potenzielle Erben ihnen zustimmten. In den heute noch erhaltenen Vermerken des Fragments ist kein einziger Erbenlaub beurkundet. Hinweise auf eine Verfügung „im Siechbett“ liefert das Fragment nicht. Anzunehmen, dass die hier relevanten Einträge alle von erbenlosen Verfügenden bzw. über Erwerbsgut vorgenommen wurden, wäre unexakt. Jedenfalls in den Jahren 1395 und 1396 war Burg damit erbenlaubfrei. Dass das mit der ermittelten normativen Rechtslage nach Burger Landrecht übereinstimmt, spricht für die Authentizität der normativen Quelle.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Aus den genannten Dingtagen sind nur neun Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände bekannt. Es existiert eine Zuwendung von Todes wegen, bei der darauf hingewiesen wurde, dass die zugewendete Geldsumme für den Fall des Vorversterbens der Bedachten wieder an den Verfügenden zurück (und nicht etwa an Erben der Bedachten) fallen sollte (sed si Ilsen supervixerit, tunc redundabit marca in usum suum). Die restlichen acht Verfügungen waren Verfügungen unter Lebenden.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten 49 Einträge betreffen Vermögensgesamtheiten. Zwei zeigen Verfügungen von Todes wegen (n. n. dedit n. n. omnia bona post mortem, sed vult esse dominus, quam diu vixerit). Eine Gesamtverfügung über das jetzige und künftige Vermögen ist ohne Erlebensbedingung vorgenommen worden (n. n. dedit n. n. totum bonorum, que habet ac acquirit debitis persolutis), eine weitere, die Frau begünstigende, wird dadurch als Verfügung von Todes wegen erkennbar, dass ein umfassender Verfügungsvorbehalt angefügt wurde (n. n. dedit n. n. totum bonorum, que habet et unquam acquirit, sed pro se vult esse dominus, quamdiu vixerit). Als auffällig darf vermerkt werden, dass das

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Fragment auch eine Gesamtverfügung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt überliefert (n. n. dedit n. n. totum bonorum, que habet ac acquirit, debitis persolutis, sed pro se vult uit, quam diu vixerit)372 – wie häufig diese Gestaltung in Burg insgesamt gewesen sein mag, lässt sich nicht abschätzen. Häufiger sind gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten nachgewiesen. Sechs dieser Verfügungen waren Verfügungen von Todes wegen – angewendet wurde die aus Aken und Zerbst bekannte diucius vixerit- bzw. swelk ir lenger lebe-Klausel: n. n. et n. n. condonaverunt sibi in integris bonis, quis eorum diucius vixerit, totum optinebit. In einem deutsch abgefassten Vermerk (67) wird condonaverunt als vorgifftiget wiedergegeben. Zwölf Einträge lassen vermeintlich Verfügungen unter Lebenden erkennen (n. n. dedit n. n. omnia bona que habet ac unquam acquirit debitis persolutis) – dabei wurde der Ehefrau in allen Fällen die Hälfte des Vermögens des Mannes zugewendet. Mit der Klausel debitis persolutis wird freilich ebenfalls auf den Todesfall abgehoben. Der Begünstigte sollte durch die Verfügung das zugewendete Vermögen nach Begleichung der Schulden erhalten. Problematisch könnte nur sein, wer die Schulden zu begleichen hatte: der begünstigte Ehegatte oder der Erbe. Das geht aus den Einträgen selbst nicht hervor – gemeint sein freilich kann nur der Erbe, der die andere Hälfte des Vermögens erhielt. Die Klausel soll klarstellen, dass die begünstigte Frau ebenso wie der den restlichen Nachlass erhaltende Erbe an den Schulden des Nachlasses quotal beteiligt wurde. Auffälligerweise dominiert hier die SplittingTechnik. Halbteilung herrschte, soweit das Fragment verlässlich ist, auch in Burg bei den gegenseitigen Verfügungen unter Ehegatten vor. Auch damit wird die Authentizität und Effektivität des Burger Landrechts, das im Ehegüterrecht vom Ssp und dem Magdeburger Recht abweicht,373 unter Beweis gestellt. Verfügungen über Vermögensquoten dienten ebenfalls der Absicherung von Ehegatten. Auch hier herrschte Halbteilung. Diese Zuwendungen – es handelt sich um 25 Einträge – des halben Vermögens (n. n. dedit n. n., uxori sue, dimidium bonorum, que habet ac unquam acquirit debitis persolutis) haben zwar alle keine Erlebensbedingung und auch keinen Verfügungsvorbehalt zugunsten des Verfügenden. Ich gehe aber trotzdem davon aus, dass wir es hier mit Verfügungen von Todes wegen zu tun haben: erstens wurde auf das jetzige und künftige Vermögen abgestellt und zweitens wurde die Bedachte an den Nachlassschulden beteiligt.

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In Eintrag 1395 71 verfügte Grite Sepernik über ihr gesamtes Vermögen zugunsten ihres Sohnes. Eine stärkere Bindung der Verfügenden an den Erwerber scheint hier im Unterschied zu Verfügungen bei Eingehung einer Ehe auch nachvollziehbar. Burger Landrecht, fol. 65 v, Z. 7-20 bei ZIMMER, Das Burger Landrecht, S. 324.

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(4) Verschiedenes Dieser Rubrik waren in Burg nur sechs Verzichtseinträge zuzuordnen. Es wurde ausschließlich auf erve verzichtet, in einem Falle handelte es sich um einen Anfall. Aussagekräftig sind diese Verzichtserklärungen nicht.

(5) Einzelbelege Zur Erlebensbedingung. Großenteils wirft das Burger Fragment keine größeren Zuordnungsprobleme auf. Hinzuweisen ist auf einen Eintrag, bei dem eventuell eine Gesamtbetrachtung des Vorganges eine für sich genommen lebzeitige Gesamtverfügung doch zu einer Verfügung von Todes wegen macht: 1395 42: Arnd Hase dedit Ilsen uxori sue legitime totum bonorum, que habet ac unquam acquirit, debitis prius persolutis, et Ilse econverso dedit Arnd Hasen viro suo legitimo totum bonorum. Sed si ipsa prius moreretur, tunc XL marce transeunt ad veros heredes de promcioribus bonis, scilicet ad heredes ipsius Ilsen pertinent et transeunt et non ad heredes ipsius viri.

Interessant ist der Zusatz. Zunächst handelt es sich um eine gegenseitige Gesamtverfügung ohne Erlebensbedingung. Diese Unbedingtheit der Verfügung wird allerdings sowohl durch den Einbezug des künftigen Vermögens (also durch das Abstellen auf den Nachlass) als auch durch die debitis persolutisKlausel in Zweifel gezogen. Dieser Gesamtverfügung schließt sich dann eine Verfügung über 40 Mark für den Fall des Todes der Ilse Hase an. Diese 40 Mark sollten auf keinen Fall an die Erben des Mannes gelangen, sondern den Erben der Frau verbleiben: scilicet ad heredes ipsius Ilsen pertinent et transeunt et non ad heredes ipsius viri. Diese 40 Mark wurden also nicht von der vorausgegangenen Gesamtverfügung Ilses zugunsten ihres Mannes erfasst, sondern blieben als Sondervermögen ausgeklammert. Bei dieser Verfügung handelte es sich um eine Verfügung von Todes wegen. Die Erben erhielten die 40 Mark nicht sofort, sondern erst im Moment des Todes der Ilse. Fraglich bleibt, ob dieser Zusatz als Überlebensbedingung auch die vorangehende Verfügung erfasst. Mit dem Fragment der Schöffenbücher von Burg ist die Schöffenbuchüberlieferung aus dem Gebiet des ehemaligen Erzbistums Magdeburg erschöpft. Die weiteren Quellen beziehen sich auf brandenburgische, lausitzische, meißnische, böhmische, Zipser und schlesische Territorien.

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9. Auszug aus den Schöffenbüchern von Treuenbrietzen (1) Allgemeines zur Quelle Ebenso wie bei Aken ist über ein autonomes Stadtrecht und über die Stadtund Gerichtsverfassung der brandenburgischen, am Nordrand des Fläming gelegenen Stadt Treuenbrietzen nichts bekannt. Treuenbrietzen dürfte aus einer um 1217 erwähnten askanischen Burganlage hervorgegangen sein; 1290 wurde der Ort als civitas erwähnt,374 1301 soll ein Rat existiert haben. Treuenbrietzen soll, wie die anderen brandenburgischen Städte auch, von Magdeburg als eventueller Mutterrechtsstadt durch die Aufwertung Brandenburgs zum Oberhof abgeschnitten worden sein. Dass die Treuenbrietzener sich im 14. Jh. aber eines eigenen Stadtrechts bewusst waren, zeigen einige der Einträge. Nach Nr. 1357 39 sollte secundum communem375 vorgegangen werden. Gleiches wird auch in 1379 61 und 62 deutlich; hier wird über die zwischen Ehegatten übliche Halbteilung gesagt: alzo hir eyn wilkore vnd wonheit is. Es handelt sich bei der heute greifbaren Edition 376 der Schöffenbücher lediglich um einen von Adolph Friedrich Riedel bereits im Jahre 1833 nach dem damals noch vorhandenen Original angefertigten Auszug. Es lässt sich mithin kein lückenloses Vergleichsbild zeichnen. In der Gesamtübersicht zu den hier ausgewerteten Schöffenbüchern wird die Tatsache, dass es sich um einen Auszug handelt, dadurch hervorgehoben, dass nicht alle Felder mit Ziffern gefüllt sind. Gesicherte Aussagen zum Verhältnis zwischen Einzelund Gesamtgutsverfügungen und zur Rolle des Erbenlaubes sind unmöglich. In der Edition wird das Original nicht beschrieben, fehlen Angaben zum Archivstandort, zum Zustand der Quelle, zu ihrem Gesamtumfang etc. Wegen dieser ungenügend aufgearbeiteten Quellenlage lässt sich noch nicht einmal mit Sicherheit entscheiden, ob es sich bei den dem Editor vorliegenden Büchern um Bücher des Schöffengerichts gehandelt hat. Auch die ausgezogenen Einträge werden nicht kommentiert, es lässt sich nicht erkennen, ob die erfassten Einträge charakteristisch sind. Trotzdem bietet der Auszug interessante Einblicke in das Recht der Verfügungen von Todes wegen in einer brandenburgischen Landstadt. Das vorhandene Schöffenbuch erfasst nach dem vorliegenden Auszug und nach den Angaben Riedels die Jahre 1324 bis 1458. Der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes zufolge werden hier nur die Eintragungen bis einschließlich 1400 erfasst.

374 375 376

RABENHORST, Treuenbrietzener Heimatblatt 10/2008. Wie 1379 61 und 62 zeigen, könnte der Editor die in der Quelle verwendete Abkürzung falsch in communis statt richtig in consuetudo aufgelöst haben. RIEDEL, in: Jahrbücher für die Preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung 42 (1833), S. 259-278.

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(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Der Auszug liefert hierzu nur 22 Einträge, drei mit post mortem-Klausel, also Verfügungen von Todes wegen und 17 lebzeitige Verfügungen ohne eine solche Erlebensbedingung. Besonderheiten sind hier nicht zu vermerken. Ich nehme an, dass die Zahl der Einzelverfügungen wie auch in anderen Städten weit höher war. Wie in anderen „Halbteilungsstädten“ auch, so existieren auch in Treuenbrietzen Vermächtnisanordnungen mit der Formel n. n. dedit n. n. marcas in prompcioribus bonis in hereditate et ubicumque habuerit, primo excipiendis. Der Auszug überliefert zwei solche Vermerke.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten a) Verfügungen von Todes wegen. Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dotauit n. n. omnia bona sua oder dimidietatem omnium bonorum suorum post mortem suam meist an die Frau, uxori sue) hat Riedel achtmal ausgeschrieben. Es geht – das ist aus anderen Städten nun genügend belegt – fast immer um die Witwenversorgung. Dass in Treuenbrietzen grundsätzlich das sächsische Land- oder Magdeburger Stadtrecht gegolten haben muss, wird an Eintrag 1342 29 deutlich: Hier verfügte der Verfügende von Todes wegen über sein gesamtes Vermögen, ausgenommen Hergewede und Gerade. b) Verfügungen unter Lebenden. Schwieriger ist es mit den 27 von Riedel ausgezogenen Verfügungen über das gesamte Vermögen des Verfügenden, denen eine ausdrückliche Erlebensbedingung fehlt (n. n. dotauit n. n. omnia bona sua oder dimidietatem bonorum suorum). Einer dieser 27 Einträge – 1370 49 – ist auch ohne Erlebensbedingung als Verfügung von Todes wegen zu erkennen: verfügt wurde nämlich über das, was der Verfügende in seinem Hause hinterlassen werde (quoque reliquerit in domo sua). Damit war auf den Nachlass abgestellt. Problematisch ist aber nicht dieser eine Eintrag, sondern 20 weitere, in denen die Standardformulierung ergänzt ist durch einen lateinischen oder (seltener) deutschen Zusatz. Entweder heißt es: qui prius obierit proximi succedent oder quis eorum post obierit proximis bona cedunt oder quis eorum prius absque heredibus obierit proximis bona cedunt, variiert auch als quando eorum quis decedat, cedant super proximos und schließlich auf deutsch welk orer eir steruet ane erfe, so vallet dat gut an die nehesten. In allen Einträgen handelte es sich um Verfügungen zugunsten von Ehegatten. Diese Klausel tangierte zwar nicht die Grundverfügung und sagt nichts darüber aus, ob der begünstigte Ehegatte das betreffende Vermögen aus warmer oder kalter Hand erwarb. Da aber ausdrückliche Erlebensbedingungen in diesen Fällen fehlen, lag wohl eher sofortiger Erwerb vor. Immerhin bleibt fraglich, wer mit dieser Formulierung für den Fall des Abganges eines Ehegatten begünstigt werden sollte. Für das richtige Verständnis der proximi succedunt-Klausel ist 1357 38 entscheidend. Während

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die früheren Einträge lediglich das nicht näher definierte Nachfolgen der Nächsten für den Fall des Vorversterbens eines Ehegatten anordneten, enthält der Eintrag Nr. 1357 38 einen Bezug auf die vermachten Güter, die bona legata. Damit stellt sich die proximi succedunt-Klausel als eine Ersatzbegünstigtenklausel dar, die bewirkte, dass für den Fall des Vorversterbens eines Ehegatten dessen nächste Verwandten das betreffende Gut erhalten sollten. Die Treuenbrietzener Schöffen beurkundeten demnach in diesen Fällen, dass bei unbeerbter Ehe (steruet ane erue) kein Heimfall an den Verfügenden bzw. dessen Erben stattfand. Fraglich kann nur sein, ob der Bezug auf die bona legata in Nr. 1357 38 eine bewusste Ausnahme ist, oder ob der Bezug auf die vermachten Güter nicht vielmehr auch den Einträgen zugrundeliegt, in denen er nicht ausdrücklich erwähnt wird. Auf deutsch erscheint dieser Bezug zuerst in Nr. 1373 57. Die Entscheidung dieser Frage muss klären, welchen Sinn die proximi succedunt-Klausel ohne den Bezug auf die vermachten Güter haben könnte. Es kommt dann nur eine Deutung in Betracht, die sich von der oben angebotenen Lösung tatsächlich und wirtschaftlich unterscheiden lässt: Das Nachrücken der nächsten Verwandten musste sich auf den Rest des Vermögens des Verfügenden beziehen – denn hätte es sich auf das zugewendete Gut bezogen, dann stimmte das mit dem ausdrücklichen bona legata-Bezug in Nr. 1357 38 überein. Allerdings stellt sich die Frage, welchen Sinn eine Klausel haben sollte, die anordnete, dass hinsichtlich des beim Verfügenden verbleibenden Restvermögens dessen nächste Verwandten nachrückten. Dies war ohnehin der Fall, einer ausdrücklichen Erwähnung hätte eine solche Verwandtenerbrechtsregel nicht bedurft. Es bleibt mithin dabei, dass die proximi succedunt-Klausel eine Ersatzberechtigung für den nächsten Verwandten des vorversterbenden Ehegatten darstellte. Ein Heimfall an den Verfügenden fand nicht statt. Sehr deutlich wird dieses Ergebnis in zwei aus dem Jahre 1379 auf Deutsch abgefassten Beurkundungen. Sie unterscheiden sich: Im ersten Fall wird die Ersatzberechtigung für den nächsten Verwandten des vorversterbenden Ehegatten erkennbar, im zweiten Fall handelte es sich um eine eindeutig erlebensbedingte Zuwendung an den längstlebenden Ehegatten ohne Ersatzberechtigung von etwaigen Verwandten:377 1379 61: Merten becker dy heyt gemaket syner husvrowen margariten half vnd half alzo hir eyn wilkore vnd wonheit is: welk orer steruet so vallet an den neisten. 1379 62: Hans schulte von stanlach dy heit gemaket syner husvrowen margarite half vnd half welk orer steruet tu den irsten, zo steruet an den andern alzo hir eyn recht vnd wilkor is.

377

Entsprechendes findet sich auch 1363 in zwei den deutschen wortgleichen lateinischen Einträgen (1363 43 und 48).

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Beide Einträge führen bereits hinüber zu den gegenseitigen Verfügungen unter Ehegatten, die in Treuenbrietzen abweichend vom sächsischen (Land- und Stadtrecht gleichermaßen beherrschenden) Ehegüterrecht meist vom Halbteilungsgrundsatz beherrscht waren, obwohl die Gerade auch in Treuenbrietzen bekannt gewesen ist. c) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten sind aus Treuenbrietzen auch überliefert, sie entsprechen dem bisher zu anderen Städten geschilderten Bild. Acht dieser Verfügungen waren erlebensbedingt, zwei Einträge modifizieren die Gesamtzuwendung für die beerbte Ehe nach dem Halbteilungsgrundsatz. Riedel hat auch eine Gesamtzuwendung ohne Erlebensbedingung exzerpiert. Unter den acht Verfügungen von Todes wegen ist eine, die mit Zustimmung von Erben vorgenommen worden ist. Schließlich sind wohl auch in Treuenbrietzen Verfügungen über Vermögensquoten vorgekommen. Der Auszug Riedels belegt aber nur eine Einkindschaft unter ausdrücklicher Erlebensbedingung, bei der das eingekindete Kind mit den anderen Kindern des Verfügenden gleiches Erbe nehmen sollte.

(4) Einzelbelege Ein ausführliches Referat von Einzelnachweisen verbietet sich für den hier verwendeten Auszug von Riedel. Bereits dieser hat exemplarische Einträge aus dem ihm vorliegenden Schöffenbuch zusammengestellt. Es ließe sich daher beinahe jede Eintragung als charakteristisch hinstellen. Es soll daher hier, auch abweichend von der bisherigen Vorgehensweise nur wenig ergänzt werden. a) Zur Erlebensbedingung. Wie die post mortem-Klausel in Treuenbrietzen verstanden wurde, zeigt ein Eintrag aus dem Jahre 1330, in dem die einfache Beurkundung einer post mortem-Verfügung durch einen klärenden Nachsatz verdeutlicht wurde: 1330 18: Margarita relicta Nicol. Gregorii pie memorie dotauit quatuor filiabus suis videlicet Ermegarde, Katerine, Gryten, Gelden, omnia bona sua quocunque locorum sita post mortem eius preter agrum situm in villa Dorbrizen et preter curiam apud nun kil. Item predicta Domina sc. Margarita dotauit modo scripta sua bona quod post obitum ipsius filie eius equalem partem bonorum singule recipient. item si predictarum aliqua dominarum aut filiarum prescriptarum de nutu obierit, extunc filii et filie ipsarum equalem partem bonorum participabunt.

Die Übersetzung lässt erkennen, dass mit post mortem die Vorstellung verknüpft wurde, der Bedachte müsse den Tod des Verfügenden erleben: Margarita, Nikolaus Gregors Witwe, hat über ihr wo immer belegenes Gut nach ihrem Tod an ihre vier Töchter Irmgard, Katharina, Greta und Gelda verfügt – außer einem Acker in Treuenbrietzen und einem Hof. Margarita hat über ihr genanntes Gut so verfügt, dass ihre Töchter nach ihrem Tod jeweils glei-

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chen Teil am Gut erhielten. Starb eine der genannten Frauen oder Töchter, dann erhielten deren Söhne und Töchter gleichen Teil am Gut. b) Halbteilung versus Gerade im ehelichen Güterrecht. Es ist schon angesprochen worden, dass das eheliche Güterrecht in Treuenbrietzen, das sich auf die Verfügungen unter Ehegatten auswirken musste, vom Grundsatz der Halbteilung ausging. In vielen Eintragungen wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Teilung half vnde half um eine Treuenbrietzener Gewohnheit und Willkür handelte.378 Trotzdem war in Treuenbrietzen die Gerade bekannt, wie folgender Eintrag zeigt: 1342 29: Nicolaus Lemmen et uxor sua katerina ambo dotam379 post mortem vtrorumque omnia bona sua duobus filiis suis scilicet fratribus ordinis predicatorum, exceptis hergewede vnd radeleue: et ipsi in remedio animarum suarum quicunque voluerint poterint delegare et ipsi predicti fratres debent reddere heredem patris si permanserint, post obitum parentum infra annum et diem.

Nicolaus und Katharina Lemmen verfügten gemeinsam nach ihrer beider Tod – also unter Erlebensbedingung – über ihr gesamtes Gut zugunsten ihrer beiden Söhne, die Dominikaner gewesen sein müssen – ausgenommen Hergewede und Gerade: die wollten und konnten die Eheleute zu ihrem Seelenheil wem auch immer vermachen und die beiden Brüder mussten sie (Hergewede und Gerade) dem Erben des Vaters binnen Jahr und Tag nach dem Tod der Eltern herausgeben, wenn ein solcher vorhanden war. Nicht geklärt werden kann anhand des vorliegenden Auszugs, ob die Teilung half vnde half unter Ehegatten immer eine vor Gericht vorgenommene Verfügung voraussetzte und ob es bei Fehlen einer solchen Verfügung beim Abgang des Mannes zur Abfndung der Ehefrau mit der Gerade kam. Der Verdacht liegt angesichts dieses Eintrages immerhin nahe. c) Lateinische Fachbegriffe vor sächsischen Gerichten. Hinzuweisen ist noch auf zwei Einträge, in denen der Schreiber des Treuenbrietzener Schöffengerichts eindeutig römische Fachbegriffe in seine Einträge eingehen lässt. Einerseits weist Eintrag 1357 39 auf Legate hin, die nach dem Tod des Verfügenden der Stadtgewohnheit und dem Erbrecht entsprechend ausgeführt werden sollten. Andererseits erlaubt es Eintrag 1371 51, dass der vorversterbende Ehegatte, der seinen Ehegatten in einer gegenseitigen, erlebensbedingten Verfügung mit seinem gesamten Nachlass begünstigt hat, sterbend noch etwas Geld nach Art eines Testaments vermachen dürfe:

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S. nur die beiden oben zitierten Einträge 1379 61 und 62. Auch in den lateinisch abgefassten Einträgen weist der Editor (grammatikalisch unexakt) auf communis statt auf consuetudo hin. Hier könnte ein Lesefehler des Editors vorliegen. Ohne Verb bleibt der Eintrag unklar. Statt dotam muss es donant oder dotaverunt heißen. Die Hs. könnte dotañ haben.

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1357 39: Koppe jeserick dotauit vxori sue katherine dimidium bonorum suorum exceptis mansis in dorbricen, quos mansos idem coppe si uxor sua prius obierit sibi soli hereditandos reseruauit, si autem ipse obierit prius tunc omnia legata secundum communem380 et hereditariam diuidantur. 1371 51: Laurencius lowe et uxor sua katherina condonaverunt sibi mutuo ac dotauerunt, quod quis eorum prius obierit altero superuiuens omnia bona ipsorum legata mobilia et immobilia optinebit, sed decedens prior inter eos habebit proprietatem assignandi duas marcas nomine testamenti ad placitum suum.

10. Auszug aus dem Schöffenbuch von Brandenburg (1) Allgemeines zur Quelle Das von Georg Sello herausgegebene Schöffenbuch der (Neu-)Stadt Brandenburg,381 deren Altstadt (westlich der Havel) 1170 und deren Neustadt (östlich der Havel) erstmals 1196 jeweils als Stadt (also mit einem Rat als Selbstverwaltungsgremium ausgestattet) erwähnt wurde, sicher mit Magdeburger Recht beliehen worden ist, 382 und sich mit dem seit 1326 als gemeinsamem Gericht für beide Städte nachgewiesenen Schöffenstuhl zu einem bedeutenden Oberhof für die brandenburgischen Territorien entwickelte, 383 beginnt mit Einträgen im Jahre 1297 und endet 1370. Das Schöffenbuch beginnt damit bereits vor der ersten urkundlich bekannten Bestätigung des Stadtrechts für Brandenburg durch den Markgrafen von Meißen im Jahre 1395384 und ist damit neben anderen Sekundärbelegen385 Beweis für die Existenz eines heute urkundlich (Privilegien, Willküren) nicht mehr erschließbaren Stadtrechts im 13. Jh.

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Auch hier dürfte es wieder consuetudinem geheißen haben. SELLO, in: Märkische Forschungen 18 (1884), S. 1-108. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 242; LOENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 7. Das Problem besteht darin, dass es an urkundlichen Belegen hierfür mangelt; vgl. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 242 f. Liste der in Brandenburg Recht holenden Städte bei E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 242. Auch Treuenbrietzen gehörte demnach dazu. Literatur zum Brandenburger Schöffenstuhl wieder bei E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 244-247. RICCIUS, Zuverläßiger Entwurff von Stadt-Gesezen, S. 236. Etwa Verleihung und Bestätigung Brandenburger Rechts für Spandau in den Jahren 1232 und 1240; vgl. dazu E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 244.

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Ob ein früheres Brandenburger Schöffenbuch existiert hat, ist heute nicht bekannt. Die Edition von Sello ist wie die Riedels für Treuenbrietzen (nur) ein Exzerpt. 386 Es lässt sich also hinsichtlich Brandenburgs mit diesem Editionsmaterial kein vollständiges Abbild aller vorgekommenen Verfügungen erstellen. Insofern ist der Aussagewert gemindert. Sello erklärt zwar, dass viele Eintragungen „vollkommen denselben Charakter hätten, was den Gesamtabdruck weder ratsam noch wünschenswert habe erscheinen lassen“, dass er aber meine, nichts Erhebliches übergangen zu haben.387 Gleichwohl lässt sich nicht abschätzen, in welchem Verhältnis Einzel- und Gesamtverfügungen zueinander gestanden haben, welches Rechtsgeschäft für einen bestimmten Regelungszweck besonders häufig benutzt wurde und welche Stellung dem Erbenlaub in der Rechtswirklichkeit zugekommen ist. Der Begriff hereditas wurde vom Brandenburger Schöffenschreiber in der gleichen Bedeutung verwendet wie in Zerbst. Meist wurde die hereditas näher bezeichnet und erweist sich dann nicht als der gesamte Nachlass, sondern als ein Erbgut, eine Liegenschaft. Statt dare oder facere oder geuen wurde in Brandenburg als Verb assignare gewählt. Ob damit ein Bedeutungsunterschied festgestellt werden muss, ist offen. Sicher sind die Verfügungen vor gehegtem Ding vorgenommen worden – handelt es sich doch um ein von den Schöffen angelegtes und geführtes Buch. Es gibt einzelne Einträge, in denen ausdrücklich betont wird, dass die Verfügung coram iudice et scabinis vorgenommen worden sei. Ebel gibt aber auch für Brandenburg zu bedenken, dass die Schöffen eventuell mit den Räten identisch gewesen sein können. 388 Sellos Auszug liefert 128 relevante Einträge. 95 dieser 128 Einträge betreffen Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände, 33 Verfügungen über Vermögensgesamtheiten.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände a) Verfügungen von Todes wegen. 15 der 95 Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände standen unter Erlebensbedingung, die mit post mortem-Klausel gekennzeichnet wurde. Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt und Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt hat Sello nicht exzerpiert. b) Verfügungen unter Lebenden. Unter den 77 Verfügungen unter Lebenden wird in vielen Fällen deutlich, dass es sich um Verfügungen handelt, die im

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Die Edition ist eigenwillig aufgebaut. Die exzerpierten Einträge im Schöffenbuch sind über die Jahresgrenzen hinweg durchnummeriert. Manche Nummern umfassen mehrere Einträge aus einem Jahr. Sie sind hier durch Minuskeln kenntlich gemacht. SELLO, in: Märkische Forschungen 18 (1884), S. 6. E BEL, Unsern fruntlichen grus zuvor, S. 245.

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Anschluss an einen Erbfall vorgenommen wurden. Diese Verfügungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Begünstigte eine Gegenleistung erbrachte – in Gestalt eines ihm angefallenen Erbgutes, das er dem Verfügenden übertrug. Die Kirche erscheint einmal als Begünstigte. Der Auszug enthält keinen Erbenlaub. Eine Verfügung ohne ausdrückliche Erlebensbedingung, die wegen eines umfassenden Verfügungsvorbehalts aber trotzdem als eine Verfügung von Todes wegen angesehen werden muss, ist von Sello ebenfalls in seinen Auszug aufgenommen worden. Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt enthält die Quelle nicht. Es gibt schließlich zwei Leibgedingeverfügungen ohne Erlebensbedingung.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Sello hat aus Brandenburger Schöffenbuch nur 33 Eintragungen mit Verfügungen über Vermögensgesamtheiten herausgeschrieben. Eine sofort erkennbare Besonderheit ist die Tatsache, dass offenbar besonders häufig über Vermögensquoten – insbesondere über ein Viertel – verfügt wurde. Das betraf gehäuft Verfügungen unter Ehegatten. Im einzelnen: a) Der Auszug liefert nur zwei an einer echten Erlebensbedingung erkennbare Verfügungen von Todes wegen (n. n. assignavit n. n. omnia bona sua post obitum). Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt und Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt hat Sello nicht erfasst. b) Ebenso wenig erfasst wurden Verfügungen unter Lebenden über Vermögensgesamtheiten. Wie originalgetreu der Auszug hier ist, konnte nicht überprüft werden. Ich halte dieses Ergebnis angesichts der parallelen Schöffenbücher freilich für unwahrscheinlich. c) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten wurden häufiger (24 mal) exzerpiert. In fast allen dieser Fälle wurde dem Ehegatten ein Viertel am Vermögen des Verfügenden zugewendet. In Brandenburg war demnach im Ehegüterrecht weder die Gerade, noch das Dritteilsrecht, noch auch der Halbteilungsgrundsatz üblich. Fünf dieser Einträge standen unter Erlebensbedingung, die in zwei Fällen mit Hilfe der post mortem-Klausel angedeutet wurde und in drei Fällen mit Hilfe der schon aus anderen Schöffenbüchern bekannten diucius vixerit-Formulierung. Diese Längstlebendenklausel wurde nach Sello im Schöffenbuch regelmäßig verwendet.389 Auch in Brandenburg waren demnach die Gesamtverfügungen von Todes wegen ein gängiges Rechtsinstitut. 389

SELLO, in: Märkische Forschungen 18 (1884), S. 31, Fn. **.

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18 dieser Einträge beurkunden offensichtlich Verfügungen unter Lebenden. Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt gab Sello nicht an. Er überlieferte aber eine gegenseitige Gesamtgutsverfügung unter Erlebensbedingung unter Geschwistern. Über die Quart wurde auch zugunsten von anderen Personen als Ehegatten verfügt. Fünf dieser Verfügungen über Vermögensquoten standen unter Erlebensbedingung, zwei wurden unter Lebenden vorgenommen. Erbverzichte, Genehmigungen oder Einreden gegen Verfügungen sind in Sellos Auszug nicht enthalten. Auch hier ist zu vermuten, dass das der tatsächlichen Situation des Schöffenbuches nicht entsprechen dürfte.

(4) Einzelbelege Auch für Brandenburg verbietet sich ein ausführliches Eingehen auf Einzelnachweise. Die Tatsache, dass die verwendete Edition einen Auszug darstellt, zwingt zur Vorsicht. Immerhin illustriert ein Eintrag aus dem Jahre 1318, welche Bedeutung der Verfügende und die Schöffen der post mortemKlausel beimaßen: 1318 97: Item Caput assignavit Johanni dicto Hovemeyster 15 marc. in prompcioribus suis bonis sub hac forma, quod post mortem suam extorqueat eas primo, et non ante, ab hereditatibus suis, sed dabit sibi, quamdiu Caput vivet, expensas cum vestimentis. Acta sunt hec anno in predicto.

Die zugewendeten 15 Mark sollte der Begünstigte erst nach dem Tod des Verfügenden aus dessen hereditatibus – aus dessen Nachlass also – und keinesfalls früher herausverlangen können. Das ist eine eindeutige Erlebensbedingung. Offensichtlich hat diese Verfügung einen ihrer Zwecke – die Versorgung des Verfügenden – nicht erfüllen können, sondern vielmehr Haupt den Johann Hofmeister überlebt, denn 3 Jahre später musste Haupt über sein Erbgut wieder gegen Kost und Kleidung verfügen (Nr. 1321 108), diesmal an Walter Smergau, der offensichtlich in den Hof einzog. Die hierzu errichtete Verfügung diente der Erfüllung eines Schuldvertrages und hatte sofortige Wirkung. Nach diesen Anhalt und Brandenburg betreffenden Beständen gilt es nun, die Oberlausitz, die Mark Meissen und Böhmen zu betrachten.

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11. Das aldt dingbuch der Stadt Bautzen (1) Allgemeines zur Quelle Bautzener Stadtrecht wird seit dem Beginn des 13. Jh., spätestens seit 1240 erwähnt. Die Stadt hatte bis dahin schon länger ein kommunales Eigenleben unter wechselnder Herrschaft geführt – nur sind Aufzeichnungen darüber nicht überliefert. Bis zum 14. Jh. war Bautzen – obwohl Hauptort der (zunächst brandenburgischen, später böhmischen) terra Budissin – ein Gemeinwesen von nicht mehr als 5.000 Einwohnern. Ab 1346 gehörte Bautzen zum Oberlausitzer Sechsstädtebund, der das Machtvakuum in der Oberlausitz durch weitgehende kommunale Autonomie ausfüllte. Hubert Ermisch beschrieb im Jahre 1889390 ein auch noch heute im Stadtarchiv Bautzen aufbewahrtes aldt dingbuch, das mit Aufzeichnungen im Jahre 1359 einsetzt und bis 1399 läuft. Es liegt in gedruckter Form vor391 und wurde hier komplett ausgewertet – freilich handelt es sich bei diesem Druck nicht um eine textkritische Edition, auch die Einleitung erhebt nicht den Anspruch, das Buch umfassend vorzustellen und einzuordnen.392 Das Bautzner aldt dingbuch ist nach meiner Kenntnis bislang für rechtshistorische Fragestellungen noch nicht benutzt worden. Es handelt sich um ein 3 cm dickes, 19 cm breites und 29 cm hohes, in Pergament gebundenes Buch mit 136 papiernen Blättern. Das eigentliche Dingbuch umfasst die Blätter 1-89, 93 und den oben angegebenen 40Jahreszeitraum. Auf diesen Blättern sind recto und verso chronologisch fortlaufend die vor dem gehegten Ding393 vorgenommenen und fast ausschließlich dem Privatrecht, und hier der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehörenden Geschäfte in Reinschrift eingetragen, überwiegend in lateinischer Sprache.394 Die Eintragungen wurden im Anschluss an jedes gehaltene Gericht vorgenommen, der jeweilige Gerichtstermin ist mit judicium post – es folgt der Kirchensonntagsname – angegeben. In der Mitte der sechziger Jahre des 14. Jahrhunderts halbiert sich die Zahl der Eintragungen, wobei nicht erkennbar ist, dass eine bestimmte Gruppe von Registrierungen verschwände, was darauf schließen lassen könnte, dass ein neues Buch parallel geführt worden wäre.

390 391 392 393

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E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 111 f. NEUMANN, Eyn aldt Dingbuch, Bautzen 1930. Hinzu kommt, dass die Eintragungen auch im Abdruck nicht durchnumeriert wurden. Es war eine eigene Zählung vorzunehmen. Der im Buch gebrauchte Ausdruck ist gehegte bank, judicium bannitum, mitunter auch Vierbänke. In Nr. 1361 65 findet sich die Bezeichnung als dy virbenke, do alle ding macht vnd craft habyn. NEUMANN, Eyn aldt Dingbuch, S. III.

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In den Jahren 1383/84 aber (auf den letzten Blättern des Dingbuches, die Jahre 1385 bis 1398 sind nur sehr lückenhaft verbucht, ganze Blätter sind freigelassen) wandelt sich der Charakter des Buchs ganz erheblich. 1383 und 1399, als das Buch noch benutzt wurde, erscheinen offensichtliche Mitschriften aus dem Alltag des Niedergerichts (Pfandaufbietungen über mehrere Dingtage, Klagen und Antworten). Dieser Befund lässt sich nicht anders erklären als mit der Anlegung eines neuen Buches, das freilich nicht erhalten ist. Während kurzer Zeit (1399) wurde das aldt dingbuch dann wieder benutzt, nun aber nicht mehr wie früher, sondern als Registratur für prozessrechtlich erhebliche Vorgänge vor Gericht. 1399 brechen dann die Einträge mit privatrechtlichem Inhalt ganz ab.395 Der von Neumann aus finanziellen Gründen nicht edierte, die Bl. 94 bis 136 enthaltende zweite Teil des Buches präsentiert sich dann als Statutenbuch.396 Es handelt sich bei den Einträgen der Jahre 1359-1383 um knappe Registraturen, die sich vor allem auf Grundstücksgeschäfte beziehen: Käufe und Verkäufe, Auflassungen und Verzichte, Satzungen und Verpfändungen. Diese Arten von Rechtsgeschäften, und unter ihnen besonders die Verpfändungen, bilden die Masse aller Eintragungen. Daneben finden sich auch lebzeitige und erlebensbedingte Verfügungen, Seelgerätsstiftungen, Vergleiche und Sühnen, Schuldbekenntnisse, Zahlungsversprechen, Bürgschaftsübernahmen und Vormundschaftsbestellungen. Seltener sind Einträge der streitigen Gerichtsbarkeit, also Urteilsfragen und Urteile.397 Rechtsgeschäfte, die vor dem Rat vorgenommen worden sind, scheinen zu überwiegen, da nur manche Eintragungen ausdrücklich hervorheben, dass das gegenständliche Geschäft vor gehegter Bank vorgenommen worden sei. Die oft angegebenen Zeugen für ein eingetragenes Geschäft waren – das ergibt sich aus ihrer mehrmaligen Nennung im Zusammenhang mit dem Bürgermeister – höchstwahrscheinlich Ratsleute, keine Schöffen. Mitunter beurkunden auch der Rat und die Schöffen gemeinsam: Wir rathmanne vnd scheppfin […] burgermeister czu der czit […].398 Schließlich kommen im aldt dingbuch auch Eintragungen vor, die keinesfalls in die Zuständigkeit eines Schöffenkollegiums gefallen sein können. Das betrifft z. B. Einbürgerungen. 399 Diese – wenigen – Eintragungen zeigen, dass es sich um ein Mischbuch handelt, bei dem aber der Schöffenbuchcharakter überwiegt. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass die korporationsrechtliche Trennung zwischen den beiden Verfassungsorganen Rat und Schöffenkollegium in Bautzen nicht strikt durchgeführt war. Seit 1364 wird im Dingbuch 395 396 397

398 399

NEUMANN, Eyn aldt Dingbuch, S. VI. Vgl. die Angaben von NEUMANN, Eyn aldt Dingbuch, S. VI. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 111 f. Vgl. z. B. nur die Nrn. 1359 20, 50, 59, 1361 19 f., 72, 1363 22, 1364 16, 18, 1365 1, 12, 15, 97, 1368 32, 1371 31. Vgl. Nrn. 1364 46, 60, 1372 54. Vgl. Nr. 1360 57: Jacobus de Bresyn acceptauit ius ciuile.

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vor den Einträgen des jeweiligen Gerichtstages die Zusammensetzung des Gerichts genannt. Der Standardeintrag hierzu nennt den Namen des Richters (iudex) und die Namen der Schöffen (scabini). Gleichwohl agierte mitten in den Einträgen eines so benannten Gerichts bei streitigen Entscheidungen der Rat, und zwar unter dem Vorsitz des Bürgermeisters und des Richters.400 Mitunter werden Personen, die als Schöffen benannt sind, nur wenige Einträge weiter in demselben Gerichtstermin als Ratsleute geführt.401 Dass zwischen dem Rat und dem Schöffenkollegium nicht getrennt wurde, wird auch an Einträgen deutlich, in denen die Namenliste der an einer Entscheidung beteiligten Personen mit wir rathmannen vnde scheppfin czu Budissin überschrieben wird.402 Dass in Bautzen bereits vor 1359 Stadt- bzw. Schöffenbücher geführt worden sind – was vor allem deswegen angenommen werden könnte, weil in der späteren Bundesstadt Görlitz bereits 1305 damit begonnen wurde – ist wahrscheinlich: Auf dem Vorblatt findet sich ein Zeichen, das als das römische Ziffernzeichen III gedeutet werden kann.403 Das Bautzener aldt dingbuch enthält insgesamt 179 thematisch einschlägige Einträge. Die Mehrzahl davon – 126 – beurkunden Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände. Das Bemerkenswerte an diesen Bautzener Einträgen ist die Tatsache, dass die Beurkundungen sich stark auf die Hauptgruppen der hier verwendeten Gliederung konzentrieren, während Besonderheiten (insbesondere Kombinationen aus unterschiedlichen Bedingungen und Vorbehalten) fast völlig fehlen. Inwieweit das der im Vergleich zu anderen Beständen wenig umfangreichen Fallzahl oder der Neigung der Bautzener Schöffen (und ihrer Schreiber) zur Konzentration geschuldet ist, kann nicht beurteilt werden.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände a) Verfügungen von Todes wegen. Neun dieser 126 Verfügungen standen unter Erlebensbedingung. Verwendet wurde der Standardeintrag n. n. assignauit n. n. q. n. post mortem. Sieben Verfügungen blieben im Familienkreis (Abkömmlinge, Ehegatten, Verwandte), in zwei Fällen konnten die Begünstigten nicht näher individualisiert werden. Verfügungen unter Erlebensbedingung, die mit weiteren Vorbehalten ausgestattet waren (Verfügungs-

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Vgl. Nr. 1365 15: Niclaus Stenczer vnd sin swogir Opecz Kursener […] sint fruntlich bericht vnde entscheyden in dem rate […] Dez sint geczug Cunrat Lobdow richter, Hannus Prischwisz burgermeister, Hannus Konigisprug, Han Vtchin, Ny. Glatwircz, Jo. Swarcze, Pecz Schroter, Hannus Hoscze, Gencz Hunlin. Die Schöffenliste vor Eintrag 1365 13 (dem Termin, unter dem auch die Entscheidung Nr. 1365 15 verbucht ist) lautet: Scabini Han Vtchin, Jo. Niger, Pecz Schroter, Jo. Hoscze, iudex Cunrad Lobdow. Vgl. Eintrag Nr. 1365 21. NEUMANN, Eyn aldt Dingbuch, S. IV.

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oder Nießbrauchsvorbehalt) kamen bei diesen Einzelverfügungen nicht vor. Das erscheint auch folgerichtig. b) Verfügungen unter Lebenden. 104 Verfügungen über einzelne Güter blieben ohne Erlebensbedingung. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wurden hier die Abkömmlinge begünstigt. Es gab aber auch Verfügungen zugunsten von Ehegatten, von Schwieger- bzw. Stiefkindern oder -eltern und an sonstige Verwandte. 20 Verfügungen begünstigten nicht näher beschreibbare Dritte, die Kirche und ein Spital wurden je einmal begünstigt. Diese 104 Verfügungen weisen nur einen einzigen Eintrag auf, in dem ein Erbenlaub beurkundet wurde. Es handelt sich dabei (1367 5) um eine Verfügung zugunsten von Schwiegerkindern, also um eine typische Konfliktsituation, in der es für die Parteien ratsam war, bei Abschluss des Geschäfts für Klarheit zu sorgen. Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (bekanntlich hier als Verfügungen von Todes wegen betrachtet) konnten nicht ausgemacht werden, ebenso wenig Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt. Leibgedingeverfügungen wurden 13 mal beurkundet. Sie betrafen fast ausschließlich Verwandte, nur in zwei Fällen wurde ein Näheverhältnis zwischen den Parteien nicht deutlich. Elf dieser 13 Verfügungen wurden unter Lebenden vorgenommen, zwei waren erlebensbedingt. Kombinationen mit Verfügungs- oder Nießbrauchsvorbehalten kamen nicht vor.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Das gleiche Bild der Konzentration auf die Hauptgruppen zeigen auch die 19 Verfügungen über Vermögensgesamtheiten. a) Verfügungen von Todes wegen. Im aldt dingbuch waren nur zwei Gesamtverfügungen von Todes wegen aufzufinden. Es gab keine Kombination mit Verfügungs- bzw. Nießbrauchsvorbehalten. Einmal wurden Verwandte begünstigt, im anderen Fall ließ sich ein Näheverhältnis zwischen den Parteien nicht erkennen. b) Verfügungen unter Lebenden. Dagegen erscheinen 14 Verfügungen, die nicht unter Erlebensbedingung standen. Der Schöffenschreiber verwendete die Formulierung n. n. hot vff gegebin all sin/ir gutir n. n. Abkömmlinge wurden in drei Fällen, weitere Verwandte in fünf Fällen, ein Stiefvater in einem Fall begünstigt. Gesamte Vermögen wurden nicht identifizierbaren Dritten in fünf Fällen zugewendet, zweimal mit der Gegenleistung eines Altenteils an den Verfügenden. In dieser gesamten Gruppe war nicht ein einziger Erbenlaub zu finden.

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c) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten. Aufällig ist das Fehlen von Verfügungen, mit denen sich Ehegatten gegenseitig Vermögensgesamtheiten bzw. Vermögensquoten übertragen haben. Das ausgewertete aldt dingbuch enthielt aber Anhaltspunkte dafür nicht. Es ist möglich, dass solche Verfügungen in einem gesonderten Buch beurkundet wurden. Aus dem Fehlen solcher Einträge wird jedenfalls nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden können, dass solche Verfügungen in Bautzen überhaupt nicht vorgekommen sind und dass hier strikt das Geraderecht des Landrechts gegolten haben muss. Dass die gedankliche Möglichkeit der Verfügung über Vermögensquoten auch in Bautzen bestanden hat, erweisen zwei Verfügungen über Vermögensquoten ohne Erlebensbedingung. Hier wurden einmal Abkömmlinge, einmal die Frau des Verfügenden begünstigt. Schließlich existiert eine Verfügung über eine Kindesteilsquote (hier zugunsten von Abkömmlingen), die nach hier vertretener Ansicht ebenfalls als Verfügung von Todes wegen zu deuten ist.

(4) Verschiedenes In der Rubrik „Varia“ bietet das Bautzener aldt dingbuch 32 Verzichtserklärungen, die ausschließlich ein potenzielles Erbrecht betreffen. Der Schöffenschreiber verwendete hierfür die Formulierung n. n. resignaverat omnia bona, que possent ei cedere a n. n. Daneben existiert im Buch eine Anordnung von Auflagen an die Erben des Verfügenden und ein Widerruf einer Verfügung durch den Verfügenden selbst.

(5) Einzelbelege a) Zum Verfügungsgegenstand. Die Verfügung über das gesamte Vermögen war auch in Bautzen nicht unbekannt. Einen anschaulichen Fall bietet 1362 83: Frenczillinus Gumprecht ist komen vor gehegite bank, do alle ding craft habin, vnd hot vfgegebin mit gutin willin 404 vnd mit rote allis, daz her hot, synen bruder Hempil Gumprecht. Dez wart gevrot recht vnd orteyl, ab ymant do wedir redyn welde. Do teyle recht vnd orteyl, wer nu swege, daz der nu vnd ymmir sulle swigin. Testes Pomirlinus, Jurge Leteney, Opecz Leske, Pecze Schreter, tunc temporis iudex Lobedow.

An diesem Vorgang ist zu erkennen, welche Wirkung der Vornahme der Verfügung über das Gesamtgut vor dem gehegten Gericht zukam. Mit der Frage um Recht und Urteil wurde erreicht, dass Einwendungen Dritter gegen die Verfügung provoziert wurden und bei Nichtvorliegen für die Zukunft ausge-

404

Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, dass der Schöffenschreiber hier und an weiteren Stellen Wert auf die Feststellung legte, der Verfügende sei bei „gutem Willen “ gewesen. Eine physische Tüchtigkeit wird nicht hervorgehoben.

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schlossen waren. 405 Der vorliegende Eintrag betrifft eine lebzeitige Verfügung. Für die gleichfalls vorkommende Verfügung von Todes wegen (sowohl über einzelne Vermögensbestandteile als auch über das gesamte Vermögen) gilt freilich entsprechendes. Das wird – neben anderem – erkennbar an einem aus mehreren Geschäften bestehenden Eintrag aus dem Jahre 1365, in dem verschiedene, für sich allein vielleicht lebzeitige Verfügungen durch einen erläuternden Nachsatz als Verfügungen von Todes wegen erkennbar werden: 1365 21: Wir rathmanne vnde scheppfin czu Budissin Conrat Lobdow, burgermeister czu der czit, Hannus Konigisprug, Han Vtchin, Nycla Glatwircz, Hannus Swarcze, Jan Zeysch, Hannus Libing, Hannus Prischwicz, Petir Rabe, Niclas Stenczer, Ticze Schroter, Heynich Herolt, Hannus Seligman, richter czu der czit, bekennen, daz der wise man Henczil Schroter ist komen mit siner elichen vrowin vnd mit sinen kinden mit gesundem libe williclich vnbetwungen vor dy virbenke in gehegite bank, do alle ding craft han, vnd hat bescheiden vnd gegebin in alle syme gute synen elichen kinden Gerdruten, Claren, Elzbetin, Nyten, Barbaren, Pawil sechczig marg czuvor vor irre mutir dritteil. Iczlichim kinde, alz sy hy benant sin, czehn marg czu nemyn von syme gute ane hindirnisse. Ouch hatte her siner elichen vrowin Elian bescheiden czwenczig marg. Daz wedir sprach her, vnd dy selbe vrowe vorczeichs sich des geldis in den virbenkin, vnd gap ir do andirweide vf eyn dritteil an alle syme gute, daz in erbgerichte lit. Do stunt dy selbe wedirbe vrowe Elian in den virbenkin mit wolbedochtem mute vnd lis uf daz selbe dritteil halp an allen stucken dem erbern knechte Nykil Heynczil, irme eldisten stifsone, im vnd sinen erbin vnde nachkomelingen ewiclich czu haben, vnd vorczeich sich dez do selbist in gehegitir bank. Dor noch beschit der egenante Heynczil Schroter czweyn sonen, Pawil vnd Reincz, andirhalbe kowfkamer czu behalden mit allem genise. Vnd daz alle dy beschribene ufgabe vnd vorczihunge ist redelich mit vrteiln vnd mit rechte bewart, daz is billich gesin mag mit rechte ane ymandis hindirnisse, vnd daz alle beschribene sache redelich nach dez bedirwin mannes tode gehalden werde, habe wir egeschribene ratmanne vnd scheppfin lazen schribin zu eyme gedechtnisse an dem nehsten fritage noch dem Obirstin Tage in dem 64. jare.

Dass Henzel Schröter und seine (jetzige) Ehefrau erlebensbedingt verfügten, muss zwar auch schon dann klarwerden, wenn die Formulierung daz alle beschribene sache nach dez mannes tode gehalden werde fehlte. Denn sowohl er als auch sie verfügten über entweder bezifferte Anteile oder über Quoten am Nachlass, die sich erst bilden ließen, wenn der Tod eingetreten und der Nachlass als Vermögensmasse vorhanden war. Die einzige Verfügung, die auch als lebzeitige Verfügung verstanden werden könnte, ist Henzel Schröters Verfügung über sein Handelsgeschäft, das seine Söhne Paul und Reinz erhalten sollten. Diesbezüglich schafft aber die bereits genannte Formulierung Klarheit. Die Vornahme vor Gericht und die Eintragung in das

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Ebenso Nr. 1363 130, 1370 32.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

aldt dingbuch sicherten die Verfügungen gegen Einwendungen von dritter Seite ab. b) Zur Erlebensbedingung. Bei den Verfügungen über eine einzelne Sache kamen sowohl lebzeitige als auch erlebensbedingte Verfügungen vor. Um hier keine überzähligen Verfügungen von Todes wegen zu erfassen, wurden alle Verfügungen, die nicht erkennbar unter der Bedingung des Überlebens des Begünstigten standen, den lebzeitigen Verfügungen zugeordnet. Dass dabei in gegenteiliger Hinsicht wieder Fehlzuordnungen auftreten können, zeigt die Verfügung eines der Bautzner Honoratioren zugunsten seines Sohnes, der Geistlicher war: 1367 19: Cunrad Lobdow assignauit filio Petro, fratri Ordinis Minorum, 20 mr. de bonis suis nomine testamenti et constituti; sorores et fratres sui in iudicio bannito fassi sunt, eandem pecuniam habere super curiam eorum, et factum est cum voluntate eorum. Testes iudex et scabini superius nominati.

Es fehlt zwar eine eindeutige Erlebensbedingung. Gleichwohl zeigt die Formulierung, der Verfügende habe nomine testamenti verfügt, dass wohl bezweckt war, dass Peter die 20 Mark nicht sofort, sondern aus dem Nachlass Konrad Lobtows erhalten sollte. Dieser Eintrag ist gleichzeitig der erste, in dem der Begriff Testament im Bautzener Stadtbuch erscheint. Der Begriff taucht in Bautzen und Treuenbrietzen406 etwa zeitgleich auf. In der zweiten Hälfte des 14. Jh. wird der Einfluss des gelehrten Rechts auch in den Schreibstuben der Stadtgerichte spürbar. Abgesehen von diesem Beispiel existierte aber auch der Normalfall der erlebensbedingten Verfügung über einen einzelnen Vermögensbestandteil, der zwar selten aber doch vorkam und bei dem das Recht des Erwerbers unterschiedlich abgesichert sein konnte. Den einfachen Grundfall bietet 1363 122: Item dominus Jacobus predictus habet vnum scampnum sutorum in proprietate. Post mortem ipsius deuoluet ad fratres suos, videlicet Petrum et Niczkonem et sororem Margaretam. Testes Georgius Leteny iudex, Nycolaus Zeisch et Claus Zeisch et cetera.

Hier erwarben die drei Geschwister des Verfügenden im Moment der Verfügung nichts.407 Die Schusterbank sollte eben erst nach Jakobs Tod an sie fallen (devolvere). Daneben bietet die Verfügung einer Nonne zugunsten einer nicht näher identifizierbaren Dritten eine Klarstellung, dass die Verfügende über den verfügten Gegenstand nach der Verfügung nur noch mit Einwilligung der Bedachten anderweit habe verfügen können: 1369 5: Dy nunne, Calandis swestir, hat acht marg vf Mathey Gadows hofe. Daz selbe gelt hat sy gegebin Ny. Lesk tochtir noch irme tode vnde sal daz selbe gelt nicht vorruckin ane dez kindis wille. Testes superius prescripti. 406 407

S. dazu oben in diesem Abschnitt. Genauso Nr. 1370 9 zugunsten einer Enkelin.

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Das unproblematisch parallele Vorkommen beider Verfügungen erlaubt aber keinen Schluss dahingehend, dass die eine Variante den Normalfall, die andere die Ausnahme darstellte. Erweisen bereits diese Einträge die Existenz der erlebensbedingten Verfügung von Todes wegen, so wird dieses Faktum noch erhärtet durch eine gegenseitige Verfügung unter Ehegatten von Todes wegen, mit der von beiden Seiten über eine Geldsumme verfügt wurde. Diese Verfügung wurde umständlich abgesichert durch die Genehmigung der Kinder und durch ein die Wirksamkeit der Verfügung feststellendes Urteil: 1370 32: Hannus Cochan ist komen in gehegit ding mit siner elichen vrowen Katherin vnd hat ir gegebin vnde benumet mit wol bedochtem mute 50 schok grosschin, dy sy czu irme dritteil sal habin, ap an im icht geschit. Dez hat sy im wedir gegebin vnd benumet 70 schok czu syme teile, ap sy abeget. Dez habin Herman Cochans kinder vnd Lobdows kinder beidirsyt irn willen dor czu gegebin in gehegitir banc williclich vnbetwungen. Dor vbir sint vrteil gegangen, daz is craft vnde macht hat. Dez sint geczug richtir vnd scheppfin obene beschribin […].

Einen seltenen Fund stellt eine im Jahre 1362 vorgenommene Eintragung dar, in der der Bautzener Rat wortgetreu eine Verfügung wiedergab, die einer der Bürger vor ihnen vorgenommen hat. Erkennbar ist das Original einer mündlich abgegebenen Verfügung von Todes wegen: 1362 65: Wer Rathmanne vnd gesworne der stat zu Budessin bekennen, daz vor vns komen syn vnsir eydgenoz Pecze Schreter vnd Nickil Hunlyns vnd habin vor vns vorkundegit vnd bekannt, daz Henczil Manczhait, dem got gnade, syn selgerete alzo bestalt vnd gemacht hot, alze her noch vorschrebin stet, daz er mit gutir wilkor vnd mit gutin willin sprache zu synem stifsone: Lybir Nickil, ich geloube vnd getruwe der wol, daz du mynen bruder lest volgin, vaz em zu rechte geburyt, vnd wer daz, daz her czu lande nicht queme, zo gebe ich der allis, daz ich habe, wissintlich den egenantin schepphin vnd synen nakebur Heynich Manczhait, Gregor Kursener vnd Herman Keseling.

Dieser Eintrag ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Zunächst ist in tatsächlicher Hinsicht festzuhalten, dass die Verfügung nicht vor dem gehegten Gericht und auch nicht vor dem Rat vorgenommen worden ist, sondern vor zwei Schöffen und drei Nachbarn des Verfügenden, der wahrscheinlich nicht mehr zu Gericht erscheinen konnte. Die Verfügung ist nachträglich niedergeschrieben und zwar nach dem Tod des verfügenden Henzel Manzheit, wie sich aus der Wendung dem got gnade ergibt, die der Rat bei der Niederschrift verwendet. Die beiden Schöffen sind also sicherlich zum Sterbenden gerufen worden, damit dessen Anordnungen wirksam bezeugt werden konnten. Aus dieser Tatsache ergibt sich auch, dass die im Angesicht des Todes vorgenommene Verfügung, obwohl im Wortlaut eine Erlebensbedingung nicht vorkommt, eindeutig erst nach dem Tod des Henzel Manzheit wirksam werden sollte. In diese Richtung deutet ferner die Wendung daz du mynen bruder lest volgin. Schließlich lässt sich dem Eintrag noch entnehmen, dass der Verfügende sich unmittelbar an den (auch) Begünstigten gewendet hat und seine mündliche Erklärung gerade ihm gegenüber abgegeben hat. Offen-

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kundig wird hier die vertragliche Struktur des Geschäfts: die Erklärung wurde gegenüber dem Begünstigten abgegeben, nicht einseitig. Inhaltlich handelte es sich um eine Verfügung über das Gesamtgut. Henzel ordnete an, dass sein Bruder bekommen solle, was ihm (kraft Verwandtschaft) zustehe. Einen Abkömmling scheint Henzel nicht (mehr) gehabt zu haben. Der mit der Ausführung der Anordnung betraute Niklas408 war der Stiefsohn Henzels. Erschien Henzels Bruder jedoch nicht mehr im Lande,409 dann sollte der Stiefsohn selbst das gesamte Vermögen Henzels erhalten. Der Verfügende erklärte nicht, binnen welcher Frist der gedachte Bruder erschienen sein musste, um von Niklas den Nachlass Henzels erhalten zu können. Dies ist die einzige entscheidende Unklarheit, die die Verfügung hinterlässt: sollte Niklas Zeit seines Lebens auf den abwesenden Bruder warten müssen oder ist anzunehmen, dass dieser binnen rechtserheblicher Zeit – also etwa binnen Jahr und Tag – erscheinen musste und Niklas nach Ablauf dieser Frist den Nachlass Henzels vollständig erwarb? Letzteres scheint näher zu liegen. Damit erweist sich, dass die erlebensbedingte Verfügung über das Gesamtgut in der Mitte des 14. Jh. in Bautzen möglich war und dass sie auch vor einem „Notgericht“, das aus abgeordneten Schöffen und anwesenden Nachbarn des Verfügenden bestand, vorgenommen werden konnte. b) Zum Erbenlaub. Aufschluss über die Notwendigkeit des sogenannten Erbenlaubs zu einer Verfügung gibt schließlich ein Eintrag aus dem Jahre 1376. Nicht näher genannte Kinder eines Haynsbach leisteten Verzicht an einem Acker ihres Vaters: 1376 62: Haynsbachs kinder habin sich vorczegin dez ackirs ihres vatir, den her meystir Lorenczin in gehegiter bank hat gereycht vnd ufgelazen.

Die Suche nach einem entsprechenden Eintrag über eine Verfügung Haynsbachs zugunsten eines Meister Lorenz im aldt dingbuch blieb ergebnislos. Der Name Johannes Haynsbachs taucht zwar mehrere Male auf,410 jedoch oh408 409 410

Unklar ist, ob es sich dabei um den vor dem Rat erscheinenden Niklas Hunlein handelte. Unklar bleibt, wie das „Land “ umschrieben ist. Gemeint sein könnte das Bautzener Weichbild oder die gesamte terra Budissin. In Eintrag 1360 65 agierte er als Zeuge, 1361 3 als Treuhänder, 1376/77 (in einem späteren, in das Jahr 1362 eingeschobenen, ansonsten leeren Blatt) wieder als Zeuge, 1363 36 als Verfügender zugunsten eines Peczsche Flogil. 1365 79 verpfändete er sein Haus für acht Mark den Söhnen Peter Czehns (dieser Eintrag ist gelöscht), 1369 31 ließ er sich von Otto Strezewicz dessen Grundstück verpfänden, 1375 5 kaufte er das Haus eines Johannes Lerbecher und ließ es sich übereignen. 1375 86 verpfändete er seinen Hof seinen Söhnen für 12 Mark auf Wiederkauf, 1376 52 schließlich verpfändete er sein Haus für eine Mark an Martin Predil auf Wiederkauf und zahlte einen jährlichen Zins von 6 Groschen. Spätere Einträge zeigen ihn noch als Schuldner von Nikolaus Sartor (1377 39) und Ni-

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ne Bezug zum hier gegenständlichen Verzicht. Soll nicht ein Verlust einer entsprechenden Verfügung oder ein zweites Buch unterstellt werden, so kann die Verfügung zugunsten Meister Lorenz’ nur in demselben Gericht wie der Verzicht der Kinder vorgenommen worden sein. Ungewöhnlich hieran wäre, dass zuerst der Verzicht und dann die eigentliche Verfügung beurkundet worden wäre, was die spätere Suche im Buch erschwert hätte. Aber ungeachtet dieses Überlieferungsproblems zeigt der Eintrag, wozu die von Johannes Haynsbach vorgenommene Verfügung die Kinder berechtigte: Sie hatten sich entweder zu erklären oder sich zu verschweigen. Das Erklären konnte eine Zustimmung wie hier oder aber eine Verweigerung sein. Die Rechtsfolgen des Verschweigens konnten keine anderen sein als die der Zustimmung: Die Verfügung war wirksam. Nur die ausdrückliche Verweigerung konnte die Wirksamkeit der vorgenommenen Verfügung (nachträglich) behindern. Dass die Wirksamkeit der Verweigerung an das Einhalten bestimmter Fristen gebunden war, wird nicht verwundern. Das dingbuch verweist freilich nicht auf das normative Magdeburger Recht. An dieser Stelle ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass im aldt dingbuch von Bautzen bei insgesamt 179 relevanten Verfügungen, von denen die meisten Grundvermögen betrafen, nur ein einziger ausdrücklicher Erbenlaub beurkundet worden ist.

(6) Zwei ergänzende Einträge aus Görlitz Auch aus der Bautzen benachbarten oberlausitzischen Bundesstadt Görlitz, deren Schöffen- bzw. Stadtbücher hier (s. o.) nicht ausgewertet werden konnten, sind immerhin zwei Verfügungen von Todes wegen in Form von Stadtbucheinträgen überliefert. Beide fügen sich nahtlos in das bereits dargestellte Gesamtsystem ein. Es handelt sich einmal um eine Einzelverfügung von Geld unter Erlebensbedingung, die auf ein Seelgerät gerichtet war und ein andermal wiederum um eine Einzelverfügung zu Leibgedinge ohne Erlebensbedingung zugunsten einer (blinden) Tochter des Verfügenden, die mit einer Gesamtverfügung unter Erlebensbedingung zugunsten der anderen Kinder des Verfügenden kombiniert war.411 Diese Verfügungen halten sich in Sprache, Stil und Form an die aus anderen Städten des Magdeburger Rechtskreises bekannten Vorgaben. Ein einheitliches Bild vom Recht der erlebensbedingten Verfügungen in Görlitz ist aber heute, solange die Stadtbücher verschollen sind, nicht zu erlangen.

411

kolaus Tondey (1381 51). Hainsbachs Kinder tauchen nur 1380 und 1381 auf, in diesem Jahr ließ sich ein Sohn Haynsbachs den Hof eines Czeyoth verpfänden. JECHT, in: NLausMag 69 (1893), S. 133, 151.

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12. Das Stadtbuch von Freiberg/Sa. (1) Allgemeines zur Quelle Das hier herangezogene Stadtbuch von Freiberg/Sa.412 besteht aus insgesamt drei Büchern, deren erstes in den Untersuchungszeitraum fällt. Es setzt 1378 ein, läuft bis 1404 und hat insgesamt 174 Einträge. Es ist vorbildlich ediert von Hubert Ermisch im Codex Diplomaticus Saxoniae regiae (Stadtbuch I).413 Ausweislich des editorischen Vorberichts sind die Freiberger Stadtbücher anscheinend vollständig erhalten. Das Stadtbuch I wurde 1891 als ein Folioband von 46 Blatt Papier in einem weichen gelben Pergamentumschlag beschrieben. Das Buch diente nicht nur als Stadtbuch (also zur Eintragung der vor dem Freiberger Rat vorgenommenen Geschäfte von Freiberger Bürgern und des Rates selbst), sondern auch als Bürger- und Ratsmatrikel. Die Sprache ist fast vollständig deutsch, nur die Einträge über Wahlen zum Rat und über die Aufnahmen von Bürgern sind lateinisch verfasst. 414 Das Stadtbuch enthält im Untersuchungszeitraum bis 1400 nur wenige Einträge, mit denen Rechtsgeschäfte unter Freiberger Bürgern im eigentlichen Sinne beurkundet werden, es ist kein Gerichtsbuch415 von der Art, wie sie aus Halle/S., Aken, Zerbst und Neuhaldensleben überliefert sind. Ermisch vermutete deshalb mit Recht, dass neben den überlieferten Stadtbüchern weitere Gerichtsbücher auch in Freiberg geführt worden sein müssen, die aber wahrscheinlich dem Stadtbrand vom 17. März 1375 zum Opfer gefallen seien.416 Schon die Gesamtzahl der Einträge von 1378 bis 1400 (144) kann nicht annäherungsweise die Zahl der tatsächlich vorgenommenen Rechtsgeschäfte abbilden. Freiberg/Sa. ist vom Ende des 12. bis zum 14. Jh. die bedeutendste und bevölkerungsreichste Stadt in der Mark Meißen und im späteren Kursachsen gewesen.417 Daher wäre zu erwarten, dass Verfügungen 412

413

414 415 416 417

Zur Stadtgeschichte vgl. U NGER, in: K ASPER/WÄCHTER (Hrsg.), Geschichte der Bergstadt Freiberg, S. 15, 30; s. a. S CHMIDT-RECLA, in: Festschrift der Juristenfakultät der Universität Leipzig zum 600. Jubiläum der Universität Leipzig 2009, S. 579 ff. E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg III, CDSR II 14, S. 266-292. Neben Stadtbuch I sind auch Stadtbuch II von 1404 bis 1472 und Stadtbuch III von 1472 bis 1485 und ein Gerichtsbuch I von 1464 bis 1480 von Ermisch ediert. Nicht herausgegeben, aber noch 1889 vorhanden sind ein Gerichtsbuch II von 1482 bis 1493 und ein Gerichtsbuch III von 1493 bis 1501; vgl. E RMISCH, in: NASächsGesch 10 (1889), S. 83, 134. E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg III, CDSR II 14, S. XL. So auch REHME, in: ZRG Germ. Abt. 37 (1916), S. 1, 41. E RMISCH, Urkundenbuch der Stadt Freiberg III, CDSR II 14, S. XL. STEINFÜHRER, in: NASächsGesch 69 (1998), S. 245, 247; DERS., Die Leipziger Ratsbücher (1466-1500) I, S. XI.

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mindestens in dem Umfange wie in Halle/S., Zerbst oder Neuhaldensleben beurkundet sein müssten. Es ist sicher richtig, wenn hierfür der Verlust der entsprechenden Gerichtsbücher unterstellt wird. Unter den 144 erfassten Einträgen sind auch nur verhältnismäßig wenige Einträge vorhanden, in denen der Rat als Behörde der freiwilligen Gerichtsbarkeit fungiert hat. Demgegenüber häufiger sind Einträge, die der streitigen Gerichtsbarkeit des Rates entstammen. Sie wurden hier jedoch gleichfalls berücksichtigt, soweit in ihnen auf vorgenommene Verfügungen abgestellt wurde. In mehreren Fällen handelt es sich dabei um Verfügungen, die erst anlässlich eines vor dem Rat geführten Streits zur Beilegung desselben vorgenommen worden sind. Es gibt aber auch einige reine Beurkundungseinträge, in denen der Rat als Behörde der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Anspruch genommen wurde.418 Von den 144 hier betrachteten Einträgen betreffen 32 Einträge Verfügungen. Abweichungen von den in anderen Schöffenbüchern gefundenen Ergebnissen treten im Freiberger Stadtbuch bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes nicht auf.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände In dieser Gruppe sind 15 Einträge vorhanden. Davon konnte ein Eintrag als Verfügung von Todes wegen identifiziert werden. Der Eintrag stammt aus dem Jahre 1392 und lautet: „[...] were abir, daz Francze abeginge, si solde die gnante sine muter die zcwey schok habin an alle dem, daz er lest, und wer dez gebruchet, der sal daz gelt bezcalen.“ Der Erwerb der zwei Schock (Geldes) war derart aufschiebend bedingt, dass die begünstigte Mutter ihren Sohn Franz überlebte. Zehn Verfügungen waren lebzeitige Verfügungen, bei denen ein Bezug zum Erbfall nicht erkennbar war. Ebenfalls lebzeitig erfolgten vier Verfügungen, mit denen dem Begünstigten ein Leibgedinge zugewendet wurde.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Zehn Einträge zeigen Verfügungen über Vermögensgesamtheiten. Zwei dieser Verfügungen waren erlebensbedingt: n. n. hat ufgegeben n. n. al sin gut (halp), were, daz er abesturbe, so sol sie/er daz (halbe) teil syns gutes nehmen. Sechs weitere Gesamtverfügungen ließen keine Bedingung erkennen. Dagegen existiert ein weiterer Eintrag, der auf eine Verfügung von Todes wegen schließen lässt, bei den gegenseitigen Gesamtverfügungen unter Ehegatten. Vereinbart worden war hier im Jahre 1390: Husel unde Elze Fleyscherynne habein vor den burgern gewillekurt alles, daz sye mit eynander habin, welche under en zcwen abeginge, daz is an dy ander lediklich an alle hindernisse gefallen zulle.

418

So insbesondere Eintrag I 65 aus dem Jahre 1390.

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Schließlich ist im Untersuchungszeitraum noch ein Eintrag vorhanden, bei welchem über eine Kindesteilsquote – und damit über einen Teil des Nachlasses – verfügt wurde.

(4) Verschiedenes Bei den sonstigen Einträgen sind sieben Verzichtserklärungen zu erwähnen, mit denen auf bereits stattgefundene und auf künftige Anfälle verzichtet wurde: n. n. hat sich vorzcegen alles, was ir/im anirstorben ist adir noch anirstorben mochte. Der prominenteste Einzelbeleg aus dem Freiberger Stadtbuch ist schon oben in Abschnitt I, Nr. 3 dieses Kapitels erörtert worden.

13. Das Stadtbuch von Böhmisch-Kamnitz ($eská Kamenice) (1) Allgemeines zur Quelle Erhalten, 1915 vollständig herausgegeben und hier ausgewertet ist ein im Jahre 1380 auf grundherrliche Bewilligung des seinerzeitigen Grundherrn Johanns von Michelsberg begonnenes und bis in das Jahr 1516 laufendes Stadtbuch der im Spätmittelalter von deutschen Kolonisten gegründeten und erstmals 1352 als oppidum erwähnten419 Stadt Kamnitz in Böhmen (seinerzeit Kempnicz, heute $eská Kamenice).420 Die Stadt (Geburtsort Antonín Dvo(áks) liegt unweit von Tetschen (heute D-.ín) in Nordböhmen, wo die Böhmische Schweiz in das Lausitzer Gebirge übergeht. Das Stadtbuch ist eine in mit Leder überzogenen Holzdeckeln gebundene Papierhandschrift mit insgesamt 94 Seiten.421 Sie wurde während des Benutzungszeitraums von insgesamt 39 Schreibern benutzt. Die Einträge sind von einer Hand des 17. Jahrhunderts nummeriert worden, wobei einige zeitliche Ungereimtheiten aufgetreten sind; es sind insgesamt 219 Einträge vorhanden.422

419 420 421

422

Vgl. die Ortschronik von HLAVNI$KA auf der website www.ceska-kamenice.cz/ mesto/historie. VEREIN FÜR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste BöhmischKamnitzer Stadtbuch. Ansichtsprobe und Beschreibung der heute im Kreisarchiv (Státní okresní Archiv) in D-.ín verwahrten Handschrift von HLAVNI$KA auf www.ceskakamenice.cz/mesto/historie/nejstarsi-kniha. Vgl. die editorischen Notizen in: VEREIN FÜR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste Böhmisch-Kamnitzer Stadtbuch, S. V-VII.

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Frühere Stadt- und/oder Schöffenbücher aus Böhmisch Kamnitz dürften nicht vorhanden sein. Dafür spricht bereits die zugunsten der Stadt erteilte urkundliche Bewilligung der Grundherren der Stadt aus dem Jahre 1380, die dem Text des Buches auf dem inneren Einbanddeckel vorangestellt ist. Mit ihr hat der Grundherr der erstmals 1352 urkundlich erwähnten Stadt die Erlaubnis erteilt, ein Stadtbuch anzulegen. Sie enthält auch die Anordnung, dass diesem Stadtbuch unwiderlegliche Beweiskraft zukommen solle.423 Das Buch bietet für den Untersuchungszeitraum bis 1400 einen 20Jahreszeitraum und eignet sich eher weniger für eine statistische Erhebung. Insgesamt betreffen nur 25 Einträge das hier gegenständliche Thema. Aus den Eintragungen des Buches können daher nur vorsichtige Schlüsse gezogen werden. Dieser Nachteil des Buches wird aber mehr als aufgewogen durch die mit anderen Büchern nicht vergleichbare Genauigkeit der einzelnen Einträge. Es handelt sich nicht um Registraturen, wie sie in den meisten sächsischen Schöffenbüchern vorherrschen, sondern um Volltextwiedergaben des vor Gericht verhandelten Geschäfts bzw. Rechtsstreits. Dadurch werden die einzelnen Vorgänge sehr plastisch; das Buch bietet für die Auslegung und die Motivation der beteiligten Parteien wesentlich mehr Anhaltspunkte als die aus den meisten sächsischen Schöffenbüchern bekannten Registereinträge. Bei der Quelle handelt es sich um ein echtes Gerichts- bzw. Schöffenbuch und nicht, wie der heutige Titel glauben macht, um ein vom Rat der Stadt geführtes Stadtbuch mit Einträgen zur Stadtverwaltung und dergleichen. Zwar sind der Edition kaum Angaben über die Stadtverfassung der Stadt im Spätmittelalter zu entnehmen.424 Die Tatsache, dass die Schöffen aber die Buchführungsbehörde waren, ergibt sich aber eindeutig aus den Eintragungen selbst, denn die Mehrzahl der eingetragenen Rechtsgeschäfte wird vor den in den Einträgen jedesmal namentlich genannten Schöffen vorgenommen. Die peinliche Genauigkeit, mit der diese Angaben vorgenommen wurden, ergibt sich zum Beispiel aus dem Eintrag Nr. IX vom 29. Januar 1382, in dem es zu dem Schöffen Mühlacker heißt: der ist nycht do bey gewest, der was krank.425 Neben dem Schöffenkollegium erscheint jedenfalls keine weitere Stadtverwaltungsbehörde als buchführende Institution, so dass davon auszugehen ist, dass das Schöffenkollegium unter dem Vorsitz anfangs des grundherr423 424

425

Vgl. dazu P ETERKA, in: VEREIN FÜR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste Böhmisch-Kamnitzer Stadtbuch, S. 227. Peterka gibt dazu nur wenige Hinweise, aus denen sich erschließen lässt, dass Vorsitzender des Schöffenkollegiums zunächst der Vogt als (grundherrlicher) Stadtrichter gewesen sei, bis die Erstarkung des Bürgermeisteramts zur Verdrängung des Vogtes geführt habe; P ETERKA, in: VEREIN FÜR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste Böhmisch-Kamnitzer Stadtbuch, S. 248. VEREIN FÜR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN BÖHMEN (Hrsg.), Das älteste BöhmischKamnitzer Stadtbuch, Nr. IX, S. 8.

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lichen Vogtes und später des Bürgermeisters das einzige Selbstverwaltungsals auch Rechtsprechungsorgan der mittelalterlichen Stadt gewesen ist. Bei den in das Stadtbuch eingetragenen Geschäften handelt es sich überwiegend um den unstreitigen Rechtsverkehr zwischen Privaten. Richtig zu bezeichnen wäre die Quelle daher als Schöffenbuch.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Von den 25 relevanten Einträgen konnten sechs als Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände angesprochen werden. a) Verfügungen von Todes wegen. Von diesen sechs Einzelverfügungen standen zwei unter Erlebensbedingung. Mit ihnen wurde beide Male die Kirche begünstigt: n. n. hat vorgeben n. n. daz gut/den halben garten noch sinem/ire tode. Kombinierte Bedingungen kennt das Buch ebenso wenig wie das Bautzener aldt dingbuch. b) Verfügungen unter Lebenden. Die restlichen vier Einträge standen nicht unter Erlebensbedingung. Drei davon erfolgten bedingungslos, in zwei Fällen erhielt der Verfügende als Gegenleistung sein Altenteil auf dem gegenständlichen Hof. Der vierte Eintrag (1382 11) ist von einem anschaulichen Nießbrauchsvorbehalt gekennzeichnet: n. n. hat vorlanget vnd vff gegeben daz gut n. n. mit zilschem vnder scheide, das her in ime sich neren sol, dy veil her lewet, vn gehindert, vnd noch seynem tode daz gut n. n. sey mit allem rechten.

Die Verfügung geschah mit Einwilligung des Grundherrn. Es macht wenig Sinn, diesen Eintrag in eine Verfügung von Todes wegen umdeuten zu wollen. Es ist erscheint vertretbarer, dass der Erwerber im Moment der beurkundeten Verfügung das Gut mit der Beschränkung durch einen Nießbrauch zugunsten des Verfügenden erworben hat. Nach dem Tod des Verfügenden sollte lediglich die dem Erwerber auferlegte Beschränkung fortfallen. Die Existenz eines solchen deutlich ausformulierten Nießbrauchsvorbehaltes neben der einfachen post mortem-Klausel (s. oben a) beweist aber wieder, dass die post mortem-Klausel keinesfalls mit dem Nießbrauchsvorbehalt vermengt werden darf. Hier waren unterschiedliche Rechtsfolgen gewollt. Leibgedingeverfügungen wurden in dem vorliegenden Buch ebenso wenig beurkundet wie Vermächtnisanordnungen.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Fünf der 25 relevanten Einträge betreffen Vermögensgesamtheiten. a) Verfügungen von Todes wegen. Zwei dieser fünf Einträge waren erlebensbedingt. Der Schöffenschreiber verwendete die Formulierung: n. n. hat vor geben noch sinem/ire tode ale sin/ir gut, das si gehaben mag vnd noch ge-

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vint. Dass damit eindeutig auf den künftigen Nachlass abgestellt wurde, bedarf nicht mehr der Hervorhebung. Begünstigt wurde einmal ein Bruder, der der Verfügenden ein Altenteil als Gegenleistung gewährte und einmal die Kirche. Bedingungskombinationen fehlten auch hier. b) Verfügungen unter Lebenden. Nur ein Eintrag verweist auf eine sofort wirksame Verfügung unter Lebenden. c) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten. Auch hier ist das Buch nicht sehr ergiebig. Es fand sich nur ein betreffender Eintrag (1395 61), der auf eine Verfügung von Todes wegen hinweist. Er erlaubt einen kurzen Blick auf eventuell geltendes Ehegüterrecht. Die Formulierung lautet: n. n. vnde seyn ewrawe han eyn ander vor reichet vnd vor gebin ir guter, vnde ab n. n. ab ginge, ader ab stiurbe, za schallin dy selbin guter gewallin an seyne ewrawe und umgekehrt. Die eindeutig erlebensbedingte Verfügung war derart auflösend bedingt, dass die Frau bei Erbengeburt 1/3, und die (dann vorhandenen) Kinder 2/3 des Nachlasses erhalten sollen. Das hier ausgedrückte Dritteilsrecht würde in die böhmische Umgebung passen. Sicherheit ist hier freilich mit nur einem Eintrag nicht zu erreichen. Weitere relevante Einträge enthält das Buch nicht. d) Verfügungen über Vermögensquoten. In dieser Gruppe liefert die Quelle einen Eintrag über eine Verfügung von Todes wegen, mit der der Verfügende seiner Frau sein Vermögen nach seinem Tod halb zuwendete: n. n. hat n. n. sein gut halp vor geben vnd vorlanget noch seinem tode.

(4) Verschiedenes Ungewöhnlich ist, dass die größte Zahl von relevanten Einträgen auf die Verzichtserklärungen (insgesamt 14) entfällt. Das zeigt erneut, dass die Verzichtserklärungen nichts mit dem eventuellen Erbenlaub zu tun hatten – dann wären es eindeutig zu viele. Die Schreiber wählten für diese Verzichtserklärungen die Formel n. n. hat sich vor czigen vor dem rechten, vas er rechtes in dem gute gehabet haben, das sines vaters gewest is.

(5) Einzelbelege Betrachtet werden sollen einige Komplexe von Einträgen, bei denen die Unterschiede in der Behandlung lebzeitiger und erlebensbedingter Verfügungen deutlich hervortreten – die Verfügungen des Vogtes Nikolaus Hockacker. Bemerkenswert ist Nr. 15, ein Eintrag aus dem Jahre 1385, in dem zunächst zwei Geschwister einen (Erb-) Verzicht auf das Vermögen ihres Vaters, des alten Vogtes, leisteten und in dem sich anschließend der amtierende Vogt seine Verfügungsfreiheit sicherte:

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Vir Nicz Hockackir, erbfoit czu Kempnicz, vnd Freise birgermeistir vnd Ditterich Peiker [weitere elf Namen], vir gemeinne der schepffen, vir bekennen vffenlichen in disem statbuche, daz vor vns komen ist vor geheitte fir benke, do alle dink crafft vnd macht haben, Peter des foittes son vnd seinne tochter Orretee. dy haben sich vor czigen ihres vater gut, voher das hot ie, is sey vil ader veink, mit gutem villen vnd mit vol bedachtem mute vnd mit gesundem leibe, daz sy den vor genante Nicz Hockackir, noch seinne frauwe noch seinne kinder, nu noch nimmerme, gehindern sillen, noch nugen, noch in sein gut fallen mit keinerley hilffe seillen, sunder vas her yn mit gutem ville gabbet. vnd ap der forgenantte Nicz Hockackir kranger lege vff seim bette, daz her nicht czegehen mechte ader vff gestein, vaz her yn hise geben, ap he genade czu yn hette, daz sol man yn geben. Do sol man auch bey haben drey schepfen, ader der birgermeister ader eynen andern an seinne stat. vnd vaz der vorgenante Nicz foit czu kirchen bescheide, daz sol man auch gebnn [… Datierung auf 1385].

Der Grund für den erklärten Verzicht der Geschwister wird nicht hinreichend deutlich, ebensowenig wie deutlich wird, ob es sich bei dem Sohn Peter und bei Dorothee um (Halb-) Geschwister Nikolaus’ Hockackers handelte. Es könnte immerhin sein, dass dieser den Verzichtenden im Gegenzug Vermögen zugewendet hat, wie aus der Andeutung sunder vas her yn mit gutem ville gabbet entnommen werden könnte. Jedenfalls begaben sich die beiden Verzichtenden aller Ansprüche auf das von ihrem Vater hinterlassene Vermögen. Nikolaus Hockacker benutzte den Anlass dieser Verfügung, um vor den Schöffen feststellen zu lassen, dass etwaige Verfügungen, die er auf dem Totenbett (daz her nicht cze gehen mechte ader vff gestein) in Gegenwart von drei Schöffen und dem Bürgermeister oder einem Vertreter426 treffen wird, wirksam sein sollten. Damit wurde das Verbot der Verfügung (von Todes wegen und/oder unter Lebenden) auf dem Siechbett, das in den meisten Magdeburger Rechtsquellen zu finden ist, abbedungen. Die grundsätzliche Geltung dieses Verbots auch für Böhmisch-Kamnitz ist gerade aus dieser abbedingenden Eintragung im Stadtbuch zu erschließen. Die Abbedingung dieses Verbots, die unwidersprochen in der Hand Nikolaus Hockackers lag, ist Ausdruck der aus den Rechtstatsachen erkennbaren Verfügungsfreiheit, die sich – zumindest in diesem Falle – auch dahin erstreckte, solche Siechbettverfügungen zugunsten der Kirche vorzunehmen. Freilich erreichte Nikolaus Hockacker offensichtlich nicht alle seine Ziele. Zur Wirksamkeit einer etwaigen Siechbettverfügung, so legt es der Stadtbucheintrag fest, sollte die Hinzuziehung dreier Schöffen oder des Bürgermeisters oder eines Vertreters desselben erforderlich sein. Es blieb also die Formgebundenheit der Erklärung des Verfügenden gesichert. Das Gericht, vor dem die Verfügung normalerweise vorgenommen werden musste, wurde in verkleinerter Form an das Totenbett des Verfügenden entsandt. 426

Auch in dieser Stadt war die Notverfügung vor einem verkleinerten und ausgesandten Schöffengericht möglich.

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In fast identischer Weise wurde nur kurze Zeit später (1387) in Eintrag Nr. 25 erneut von Nikolaus Hockacker, diesmal zugunsten seines Sohnes Hans anlässlich von dessen Abschichtung verfügt. Diesmal fungierte der schon aus der ersten Hockackerschen Verfügung bekannte Peter als Vogt und Richter. Der Sohn Hans erklärte vor seinem Vater, dass er wegen einer Zahlung von 30 Groschen an seinem Erbteil befriedigt sei und seine Geschwister nach des Vaters Tod nicht mehr beanspruchen werde: [… einleitend wird wieder das gesamte Gericht vorgestellt, mit Nikolaus Hockacker als Hauptmann von Scharfenstein und Peter Hockacker als Vogt von Böhmisch-Kamnitz] daz der selue Hannus sein son hat sich recht vnd redellich mit gutem vilen mit gesundem leybe, mit volbedochtem mute, vnbeknuggen seinnes water erbtel vnd gutes vor czygen hat, vaz yn dor an gefallen mechte noch seynem tode, seinne ge swistereit nimmer an gereden mit keinerley artikel ader hilffe rede yn daz selue gut seines vater,

Unmittelbar anschließend wurde aber wie schon oben die Verfügungsmacht des alten Hockacker auf dem Sterbebett auch zugunsten des Sohnes Hans bekräftigt: aus genumen, ap seyn water sych lege an dem tode, daz her gesprechchen mechte, do by richter vnd schepfen veren vnd seyne frauwe Kathereyne vnd seyne kinder, eyn teil, vaz her ym hyse geben, daz sol man ym geben [… 21. November 1387].

Diese Sicherung der Verfügungsfreiheit auf dem Sterbebett wurde jedoch im Vergleich zur ersten Verfügung an striktere Formen gebunden: anwesend sein sollten jetzt nämlich als Zeugnis bzw. Urkundspersonen Richter und Schöffen – wobei nicht festgelegt wurde, wie viele Schöffen anwesend sein mussten –,427 und als von der Verfügung Betroffene die Ehefrau und die anderen Kinder (Peter und Dorothea) Nikolaus Hockackers. Bemerkenswert ist, dass der Bürgermeister (im Jahre 1385 und 1387 dieselbe Person des Namens Freyse) dem Richter und den Schöffen weichen sollte. Konkrete Gründe hierfür sind aus dem Stadtbuch nicht ersichtlich. Von Interesse dürfte noch sein, dass Nikolaus Hockacker sich im Jahre 1389 zu einer Romfahrt entschloss 428 und zu diesem Zwecke zwar keine erneute Verfügung von Todes wegen errichtete – die bisherigen reichten wohl aus –, aber seiner Frau in Eintrag Nr. 33 die Vormundschaft über die noch unmündigen Kinder übertrug mit der Verpflichtung, jedes Kind, das 24 Jahre alt werden würde, abzuschichten. Hierfür wurden noch insgesamt fünf Aufsichtspersonen429 bestellt, die auch die Entscheidung darüber zu treffen hat-

427 428 429

Das Wort veren lese ich als finite Form von sein, es heißt demnach, dass Richter und Schöffen dabei wären. Ob er sie angetreten hat, ist zweifelhaft, jedenfalls wird er 1391-1400 wieder als Hauptmann von Scharfenstein in der Besetzung des Gerichts mit gelistet. Als Vormünder oder Treuhänder werden diese fünf aber nicht bezeichnet.

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ten, womit die Frau abgesondert werden sollte, wenn sie bei den Kindern nicht bleiben wollte – wenn sie also wieder heiratete. Der Eintrag bietet schließlich noch eine Einsicht in das mittelalterliche Prozessrecht einer kleinen Gemeinde, es heißt nämlich […] vnd allis, das oben beschreben ist, in allen seinen stucken, das ist vor den fire benken geschan, sam di gehegit worn zcu dem egenanten Nicz Hockagker in der kachil stoben […].

Danach war das gehegte Ding in Böhmisch-Kamnitz keine orts- und zeitfeste Einrichtung. Es konnte in der Kachelstube des alten Vogts mit vier Bänken gehegt werden. Nicht weniger bemerkenswert als diese aufeinander Bezug nehmenden Verfügungen Nikolaus Hockackers ist der aus dem Jahre 1385 stammende Eintrag Nr. 16, der eine Verfügung Walter Mutschs beurkundet: Vir Nicz Hockackir, erb foit czu Kempnicz, vnd Freise birgermeistir, Ditterich Peiker vnd [weitere elf Namen], vir gemeinne der schepfen, bekennen offenlichchen inn disen stat buche, daz vor vns komen ist Valther Mucze von Jonspach vnd hat seiner elichen frauwen Katerinnen sein gut halp vor geben vnd vor langet vor geheitter banc, do alle dinger craft vnd macht haben, noch seinnem tode, daz dy vor genantte Katerina vngehinder sol sein vor seinnen kinder vnd frinde, vnd vor aller ansproche. vnd ob daz got velde, daz dy frauwe abe ginnge ader abe stirbe, so sol daz selbe halbe gut, daz der frawen vorlanget ist, halp an ire tochter gevallen, dy si mit Mirschen Fleisscher gehabet hat, ven si ihres vater gut in daz selbe gut geleget hat, daz sei vil ader wenig. dy selbe tochter heiset Margareta. dy sol nimunt adem [i. e.: an dem] vor gescriben gute hindern mit keinerley hilffe [… 24. Mai 1385].

Es handelt sich um eine Verfügung von Todes wegen über eine Quote des Gesamtgutes, hier die Hälfte, an die Ehefrau. Die Besonderheit besteht hier nicht in der Erlebensbedingung für die Ehefrau, sondern in der Ersatzanordnung für deren vorzeitiges Wegfallen. Fiel die begünstigte Ehefrau nämlich weg, sollte deren Tochter, die aus der ersten Verbindung der Frau stammte, die Hälfte der der Frau zugedachten Quote, also insgesamt ein Viertel, von Mutschs Nachlass erhalten – im Grunde ist das nichts anderes als eine Ersatzerbeneinsetzung. Walter Mutsch verfügte auch später (1386) wieder mit erbrechtlicher Absicht in Eintrag Nr. 22 erneut zugunsten seiner Schnur – Stieftochter – Margarete: Wir Nicz Hokacker […], bekennen offenlich in disem statpuch, das vur vns ist kumen Walter Mocz czu gehegter pank, do alle dink kraft haben, vnd hat gemorgengabt seines gutes das vierde teil seyner snvr Margareten, der Mirschin tochter [… es folgt die Datierung auf den 14. Oktober 1386].

Das zwar auch vom Gedanken der Versorgung nach dem Tod motivierte, aber trotzdem lebzeitige Gegenstück zur Verfügung von Todes wegen findet sich ebenfalls im Stadtbuch. Besonders plastisch zu sehen ist die sofort wirksame Übertragung, die freilich auch von Alter und Tod der Verfügenden

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hintergründig motiviert ist, in folgender Eintragung aus dem Jahre 1389 (Nr. 29): Vir haupmam vnde ricter vnde schoppen czu Kempnicz, vir bekennen offenlichen indysem stat buche, do alle recht craff haben, daz do ist komen Elze Moczen swester mit vol bedochten mut vnnd hot gegeben ir gut Hannus Rusenhayn mit allem rechte. vnnd der zelbe Hannus sal sy halden bis an yr ende vnd auch czu getrawer hant.

Hier liegt eine sofort wirksame Übertragung vor. Die Verfügende behielt sich weder die Verfügung, noch den Nießbrauch an dem betreffenden Gut vor. Dafür erklärte der Begünstigte, der Verfügenden das Altenteil zu gewähren. Die Beziehungen zwischen den Beteiligten wurden damit auf obligatorische Grundlage gestellt, das Gut ging in die volle Gewalt des Erwerbers über. Unsicherheiten bei der rechtlichen Einordnung des vorgenommenen Geschäfts lässt dagegen der Eintrag Nr. 64 aus dem Jahre 1395 erkennen. Es heißt dort: Wir vor genanten manne Nicze Hogacker […], daz vor vns komen seynt Ticze Spanker, richter vor Kunradstorf, vnde seyne swester Gele. vnde syne swester Gelle hot vor langet irem bruder ir gut, varinde hab vnde vn warinde. der veile zy lebit, schol her zy haldin vnde schol ir gebin leipliche narunge, essen vnde trinkin, alzo billich vnde erlichen ge seyn mag, noch ir notdorft noch seyner macht. vnde ab dy zelbe wrauwe ab sturbe, zo schal daz selbe gut der vor beschrebene Gele gewallin an iren bruder Ticze, es sey wil ader venig an alles hindernis.

Solche Geschäfte sind es, die Zweifel sowohl an der Lebzeitigkeit als auch an der Erlebensbedingtheit der beurkundeten Verfügung laut werden lassen und die den Ausweg Beselers in die Konstruktion eines zwischen Verfügendem und Erwerber zustandekommenden Gesamteigentums nahelegen. Es ist eindeutig nicht erkennbar, welche Rechtsmacht die Schwester an ihrem Gut noch zurückbehielt, da sie ihren Bruder nur verpflichtete, ihr Kost und Logis auf Lebenszeit zu gewähren, so gut er es konnte, und gleichwohl wird festgehalten, dass das Gut erst nach ihrem Abgang ohne alles Hindernis an ihren Bruder übergehen sollte. Wird freilich die Existenz der Erlebensbedingung auch für das mittelalterliche Böhmisch-Kamnitz anerkannt – wie sich aus den anderen Einträgen des Buches auch erweisen lässt – so wird das Rechtsgeschäft hier so beschrieben werden dürfen, dass der auf den Tod der Schwester abstellende Nachsatz nur hervorheben sollte, dass die Verpflichtung des Bruders, seine Schwester aus dem übertragenen Gut zu versorgen, eben erst mit dem Tod der Schwester fortfallen sollte. Demnach handelt es sich um eine sofort wirksame Verfügung, die in Erwartung einer Gegenleistung vorgenommen wurde.

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14. Das Stadtbuch von Dux (1) Allgemeines zur Quelle In der wie Böhmisch-Kamnitz in Nordböhmen am Südhang des Erzgebirges unweit von Teplice liegenden liegenden, mittelalterlichen Stadt Dux (heute Duchcov) bei Komotau (heute Chomutov), die 1240 erstmals erwähnt und seit dem Ende des 18. Jahrhunderts als Alterssitz und Sterbeort Giacomo Casanovas berühmt wurde,430 begann das aus zwölf Männern bestehende Schöffenkollegium im Jahre 1389 ein Stadtbuch431 zu führen, das alle Merkmale eines echten Schöffenbuches aufweist. Es unterscheidet sich inhaltlich nicht von den weiteren hier ausgewerteten sächsischen Schöffenbüchern. Der hier ausgewertete, nur kurze Zeitraum von 1389 bis 1400 umfasst 360 Einträge432 ausschließlich der freiwilligen und der streitigen Gerichtsbarkeit. Davon sind 156 thematisch relevant. Damit ist das Duxer Buch viel besser geeignet, nordböhmische Verhältnisse widerzuspiegeln als das BöhmischKamnitzer Schöffenbuch. Statuten, Verwaltungs- oder Finanzangelegenheiten wurden in dieses Buch jedenfalls nicht eingetragen. Auch später verliert das Buch diesen Charakter als Gerichtsbuch, das dem Gerichtszeugnis über vermögensrechtlich belangreiche Rechtsgeschäfte und Tatsachen dienen soll, trotz vereinzelten Ausnahmen nicht. 433 Buchführende Körperschaft waren die Schöffen der Stadt.

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Damit nicht genug: Das Stadtbuch enthält Einträge, in denen der Name Vogelweyder oder von der Vogelweyde auftaucht. In Nr. 224 (1396) bekam ein Walther von der Vogelweyde ein Haus übertragen. Derselbe übertrug das Haus zwei Jahre später weiter, Nr. 294 (1398). K OCHMANN, Das Stadtbuch von Dux 1389. Es handelt sich um eine Edition aus dem Jahre 1941, die geistig getragen ist von der nationalsozialistischgroßdeutschen Euphorie und wohl auch ohne dieselbe nicht zustande gekommen wäre; vgl. dazu das Vorwort des damaligen Duxer Bürgermeisters Karl Kutschera und die einleitenden Bemerkungen von Kochmann zur „nationalen Auswertung “ des Stadtbuches, K OCHMANN, Das Stadtbuch von Dux 1389, Beschreibung des Alten Duxer Stadtbuches – ohne Seitenangabe, p. 1. Sie entstammen alle der Hand des Duxer Stadtsschreibers und Schulmeisters Jakob, der das Buch bis einschließlich August 1425 führte. Er war wohl Bakkalaureus der Universität Prag; vgl. KOCHMANN, Das Stadtbuch von Dux, Beschreibung des Alten Duxer Stadtbuches – ohne Seitenangabe, p. 5. P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. I-III. Diese Ausnahmen stellen einige erzählende Einträge dar, die für die Zeitgenossen politische Bedeutung gehabt haben werden – so z. B. die im Jahre 1436 vorgenommene Beurkundung der Tatsache, dass das Stadtbuch wieder fortgeführt werden solle. Zum Zeugniszweck P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. II mit charakteristischen Einträgen als Beleg.

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Das Stadtbuch wurde mit Unterbrechungen434 bis 1739 geführt; von Karl Kochmann herausgegeben sind die Jahre 1389 bis 1530435. Das Buch beginnt – anders als z. B. das von Böhmisch-Kamnitz – unvermittelt mit seinen Einträgen. Die sich hierauf gründende, berechtigte Vermutung, es hätten Vorläufer existieren müssen,436 ist bislang nicht verifiziert. Zur städtischen und gerichtlichen Verfassungsgeschichte der Stadt Dux437 bietet das Stadtbuch nur indirekte Belege, es setzt die verfassungsrechtlichen Grundlagen voraus. Dux war ursprünglich wohl eine königliche Stadt, die unter der Pflege der Herren von Riesenburg stand, welche diese durch einen Hauptmann ausübten. Die Stadt wurde später an die Markgrafen von Meißen verpfändet. Neben dem Hauptmann, welcher wohl eher ein Landhauptmann war, war ein Vogt der unmittelbare Vertreter der Stadtherrschaft. Dieser hielt in der Stadt das Vogtding (iudicium advocatorum). Dem Stadtgericht wiederum (eine eindeutige organisatorische und kompetenzrechtliche Abgrenzung ist aus dem Stadtbuch ohne weiteres nicht zu erkennen) saß ein herrschaftlicher Richter, ein iudex, vor. Die Person und die Rechte dieses Richters werden aus dem Stadtbuch ebenfalls nicht recht deutlich; Peterka geht wohl mit Recht davon aus, dass das Stadtrichteramt infolge des Erstarkens der Bürgermeisterverfassung, die auch in Dux bereits in den ersten Einträgen des Stadtbuches erkennbar ist, nur wenig Bedeutung gehabt haben könne.438 Das Schöffenkollegium war das Organ städtischer Verwaltung und städtischer Rechtsprechung. Es bestand aus zwölf Schöffen, einschließlich des Bürgermeisters. Die Schöffen wurden jährlich bestellt, undeutlich ist, ob diese Bestellung von der Bürgerschaft oder vom Stadtherrn ausging. Das Schöffenkollegium war – in einer kleineren städtischen Gemeinde nicht überraschend – wohl identisch mit dem Rat, jedenfalls wurden die Mitglieder des Zwölferkollegs sowohl als scabini, als auch als iurati civitatis oder consules bezeichnet. Neben dem Zwölferkolleg muss ein Ältestenkolleg existiert haben, jedenfalls gibt es Einträge, die von einem ganzen Rat sprechen439 und

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Vor allem während der Hussitenkriege – hier scheint das davor regelmäßig fünfmal im Jahr gehaltene Gericht zeitweise stillgestanden zu haben; vgl. K OCHMANN, Das Stadtbuch von Dux, Beschreibung des Alten Duxer Stadtbuches – ohne Seitenangabe, p. 8. Zum hier gegenständlichen Zeitraum bis 1400 vgl. Peterka: „In ruhigem jahrweisen Flusse, den Sitzungen der Schöffen folgend, reihen sich die Eintragungen bis 1425 aneinander “, DERS., Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. I. In diesem Jahre wechselte die Grundherrschaft. Seit etwa 1240 wird von einem Markt und einem Gericht in Dux berichtet; vgl. P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. I. Vgl. auch zum Folgenden PETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. XXII-XXV. P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. XXIV. Vgl. Nr. 446 (1404), 1204 (1455).

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einen Eintrag, in dem die vier Ältesten des Jahres 1459 namentlich genannt werden.440 Das Stadtbuch bot mit seinen thematisch relevanten Einträgen den Anlass für Peterka,441 im Jahre 1941 entgegen der damals herrschenden und in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Ansicht zum rechtlichen Charakter der mittelalterlichen „Vergabungen“ zu resümieren, dass sich bei diesen „Vergabungen von Todes wegen in anschaulicher Weise der Übergang von sachenrechtlichen zu erbrechtlichen Abmachungen, Erbverträgen verfolgen“ lasse. Dies zeige gleich Eintrag Nr. 11 (1390), bei dem das – noch – sachenrechtliche Geschäft das ganze Vermögen erfasse, wobei das Geschäft erst nach dem Tode wirksam werden solle und sich so einer erbrechtlichen Denkweise nähere, da der Witwe ein Drittel des Vermögens, den Kindern der Rest zufallen solle. Hinzu trete auch noch ein anderes erbrechtliches Moment: der Verfügungsvorbehalt, zuerst erkennbar in Eintrag Nr. 13 (1390). Noch deutlicher werde der Übergang zum erbrechtlichen Geschäft, wenn der Eintrag besage, Gegenstand der Verfügung solle dasjenige sein, was der Verfügende hinterlasse. Dieser Anordnung gleichzustellen seien die Vermerke, nach denen sich die Verfügung nach toter Hand auf die Habe bezöge, die der Verfügende habe oder künftig haben werde, wie in Eintrag Nr. 54 (1391). Dasselbe besage die Fassung, Gegenstand der Verfügung sei all seyn gut, das her iczunt hot adir noch gewinnen mag. Die auf den Todesfall gerichtete erbrechtliche Absicht zeige sich auch in der Formel das lebende zu behalten oder in den Worten welches ee stirbet, das es das lebende behalten zal. Diese Einträge seien bedeutende Belege für die starke Verbreitung gegenseitiger Erbverträge zwischen Ehegatten im deutschen mittelalterlichen Stadtrecht. 442 Peterka ist mit diesen Aussagen bisher (jedenfalls im deutschen Sprachraum) nicht rezipiert worden. Nach hier vertretener Ansicht sind Peterkas Aussagen auch noch zu vorsichtig: Das magdeburgische Stadtrecht zeigt die rein erbrechtlichen Verfügungen schon viel früher als im mittelalterlichen Dux. Hier immerhin waren die verwendeten Formulierungen so deutlich, dass Fehldeutungen kaum möglich sind. Zum ehelichen Güterrecht hielt Peterka fest, dass die Rechtsinstitute der Morgengabe und der Gerade belegten, dass das Duxer Stadtbuch dem sächsischen Rechtskreis angehöre, 443 und zum Erbrecht, dass eine Reihe von Einträgen die Wartrechte der Erben bezeugten, was ebenfalls auf sächsischen Rechtsbestand hindeute: Es stehe im Einklang mit der Gestaltung des sächsischen Rechts, dass im Duxer Stadtbuch die Wartrechte der nächsten Blutsverwandten oft als für den Bestand der getroffenen Abmachungen entscheidend bezeugt seien. Es bilde einen immer wiederkehrenden Bestandteil der Eintragungen über Güterauflassungen, dass die Einwilligung der nächsten 440 441 442 443

Vgl. Nr. 1241 (1459). P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. V f. P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. VI. P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. XVI.

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Blutsverwandten (fruende) hervorgehoben werde oder dass dafür Gewähr geleistet werde, die erfolgte Übertragung gegen Anfechtungen der Warteberechtigten zu schützen.444 Diese Aussage Peterkas lässt sich bis in das Jahr 1400 freilich nicht verifizieren – es gibt nur einen einzigen beurkundeten Erbenlaub. Schließlich stellt Peterka noch heraus, dass das Stadtbuch einseitige letztwillige Verfügungen selbst in den Einträgen des 16. Jahrhunderts nicht kenne, was als ein Beleg dafür gewertet werden dürfe, dass das Wesen des Stadtbuches vom römischen Recht nicht beeinflusst sei; auch möge der Umstand Einfluss gehabt haben, dass eine besondere Privilegierung der Duxer Bürger zur Errichtung von Testamenten nicht vorgelegen habe.445 Auffällig ist die fast in allen Verfügungen (von Todes wegen) betreffenden Einträgen auftauchende Formulierung, dass der Verfügende das Geschäft mit wolbedochten mvte oder mit gesundem leibe vorgenommen habe. Meist werden diese beiden Beschreibungen auch zusammengesetzt. Diese Formel weist im Stadtbuch einen starken Zusammenhang mit erbrechtlichen Zwecksetzungen des Verfügenden auf446 – bei den einfachen lebzeitigen Verfügungen über Grundbesitz fehlt die Formel.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände 102 der insgesamt 156 relevanten Einträge betreffen Verfügungen über einzelne, konkrete Vermögensgegenstände. a) Verfügungen von Todes wegen. Verfügungen unter Erlebensbedingung wurden bis 1400 fünfmal verbucht. Die Erlebensbedingung war eine einfache post mortem-Klausel. Zwei Verfügungen, die gegenseitig unter Ehegatten vorgenommen wurden, waren zusätzlich durch die schon angesprochene Längstlebendenklausel charakterisiert. Abkömmlinge wurden nur einmal neben dem Ehegatten bedacht, die Kirche erscheint auf Begünstigtenseite einmal. Eine Besonderheit war eine Verfügung über Forderungen zugunsten des nächsten Verwandten (1390 15). Verfügungen von Todes wegen mit einem Nießbrauchsvorbehalt wurden nicht beurkundet. b) Verfügungen unter Lebenden. Die Mehrheit aller Einträge bilden die 91 Verfügungen unter Lebenden. Begünstigt wurden Abkömmlinge, Verwandte, Dritte (ohne erkennbares Näheverhältnis zum Verfügenden) und die Kirche. Unter diesen Verfügungen erscheint der einzige bis zum Jahr 1400 eingetragene Erbenlaub (1391 95). In einigen Fällen wird eine obligatorische Grundierung (Kauf) der Verfügung deutlich.

444 445 446

P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. XVIII. P ETERKA, Einführung in den Rechtsinhalt des Duxer Stadtbuches, S. XIX. Vermutlich dürfte dieser Gedanke verallgemeinerbar sein.

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Hervorzuheben sind vier Verfügungen, bei denen eine ausdrückliche Erlebensbedingung fehlt, die aber durch zusätzliche Vorbehalte in zwei Fällen als Verfügungen von Todes wegen und in zwei Fällen als lebzeitige Verfügungen erkennbar werden. Es handelt sich um den Unterschied zwischen Verfügungs- und Nießbrauchsvorbehalt, der im Stadtbuch so deutlich wird wie sonst nur selten. Zweimal heißt es: n. n. hot vorgabet vnd vorreicht eine Sache in sulcher mosze, das her seyn gewaldig seyn sal czu vorkauffen, vorseczen, wen her will, dieweile her lebet. Hier liegt ein echter Verfügungsvorbehalt vor, mit dem der Verfügende deutlich machte, dass er bis zu seinem Tod die volle Rechtsmacht über die betreffende Sache behalten wollte. Dagegen heißt es in den beiden anderen Fällen: n. n. hot vorgabet vnd vorreycht eine bestimmte Sache czu haben in sulcher mosze, das derzelbe des genisen sal, dieweyle her lebet. Dass hier keine Verfügung von Todes wegen, sondern eine lebzeitige Schenkung mit Nießbrauchsvorbehalt vorlag, kann m. E. nicht bestritten werden. Klarer lassen sich Verfügungs- und Nießbrauchsvorbehalt nicht gegenüberstellen. In den beiden Nießbrauchsfällen wurde einmal eine Schwiegertochter und einmal die Kirche begünstigt, in den beiden Verfügungsvorbehaltsfällen sonstige Verwandte. Das Buch enthält bis 1400 nur eine Leibgedingeverfügung zugunsten einer Ehefrau von Todes wegen. Der Schreiber buchte: n. n. hot vorgabet n. n. eine bestimmte Sache noch seynem tode, so sal sie diese haben vnd der genisen, dieweyle sie lebet, vnd der nicht gewaldig seyn czu vorkeufen. In einem Eintrag aus dem Jahre 1399 ist schließlich eine Vermächtnisanordnung zu erblicken. Der Schulmeister verfügte über seine Bücher zugunsten seines Sohnes – freilich nicht dergestalt, dass er die Bücher seinem Sohn lebzeitig oder erlebensbedingt übertrug, sondern indem er anordnete, dass die Bücher seinem Sohne zukommen sollten: n. n. hot bekant, das dy buecher sinem son seyn sollen.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Von den 40 Verfügungen über Vermögensgesamtheiten, die das Buch bis 1400 ausweist, entfällt die Mehrzahl auf die gegenseitigen Verfügungen unter Ehegatten. a) Verfügungen von Todes wegen. Einfache Verfügungen über gesamte Vermögen unter Erlebensbedingung wurden fünfmal gezählt. Drei dieser fünf Einträge arbeiten zusätzlich zur post mortem-Klausel (n. n. hat vorgabet und vorreichet seyn gut, beyde, varende und unvarende, noch seynem tode oder nach toder hant) noch mit einem besonderen Verfügungsvorbehalt. Begünstigt wurden Ehegatten, Abkömmlinge und Verwandte; bei einem Eintrag ist ein Näheverhältnis zwischen den Parteien nicht erkennbar. Verfügungen von Todes wegen mit Nießbrauchsvorbehalt kamen wieder nicht vor.

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b) Verfügungen unter Lebenden. Sechs Einträge verweisen auf lebzeitige Verfügungen über gesamte Vermögen (n. n. hot vorgabet vnd vorreychet all seyn gut, varnde vnd vnvarnde habe). Begünstigt wurden nur sonstige Verwandte (also keine Abkömmlinge) und Dritte. Bei einer dieser einen Dritten begünstigenden Verfügungen erteilte ein Neffe des Verfügenden eine Genehmigung. Mit Vorbehalten wurde in dieser Gruppe bis 1400 nicht gearbeitet. c) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten. Insgesamt wurden bis 1400 24 gegenseitige Verfügungen über gesamte Vermögen in das Buch eingetragen. Sie alle standen unter Erlebensbedingung (n. n. hot vorgabet vnd vorreichet all seyn/ir gut, varende vnd vnfarende in sulcher mose, welches under en ee sturbe, das das gut das lebendige behalden sal vnd an is gefallen; später verkürzt: n. n. hot aufgeben allez seyn gut seyner vrouwen, alzo, daz daz lebendige behalt). In einigen Fällen waren die Erben (gemeint waren in der Ehe geborene Kinder) in die Verfügung eingeschlossen, so dass der überlebende Ehegatte und die Kinder bei beerbter Ehe gleich erbten. Lebzeitige Gesamtverfügungen unter Ehegatten konnten nicht erfasst werden. d) Verfügungen über Vermögensquoten. Es existieren zwei Verfügungen von Todes wegen über eine Vermögensquote unter Erlebensbedingung. Begünstigt wurden einmal die Ehefrau (n. n. hot vorgabet vnd vorreycht das […] teyl aller seyner guter, an varnde vnd vnvarnde habe, nichtes ausgenvmen, in sulcher mosze, welches ee stirbet, das ys das lebende behalde) und einmal die Abkömmlinge (n. n. hat vorgabet vnd vorreicht all seyn gut halb in sulcher mosze, das her seyn gewaldik seyn sal dieweile her lebet). Daneben wurden drei Verfügungen über eine Kindesteilsquote eingetragen, mit denen Abkömmlinge und Ehegatten begünstigt wurden (n. n. hot bekannt, das n. n. gleych teil haben sal an allen gutern als ander ir geswisterde). Ein klares Bild über das Ehegüterrecht ist anhand der Einträge bis 1400 nicht erkennbar. Es wurden sowohl Drittel als auch Hälften zugewendet. Hergewete und Gerade waren gleichfalls bekannt.

(4) Verschiedenes Die letzte Gruppe erfasst in Dux ausschließlich 14 Verzichtserklärungen.

(5) Einzelbelege Eine umfängliche Verfügung von Todes wegen über das Gesamtgut einer ohne Vormund handelnden Frau gibt Aufschluss über den genauen Inhalt des Verfügungsvorbehalts. Darüber hinaus ist der Eintrag interessant wegen der Vorklärung der Frage, ob die Verfügende berechtigt war, zugunsten einer beliebigen Person eine solche Verfügung von Todes wegen vorzunehmen. Der Begünstigte aus der schließlich vorgenommenen Verfügung stand nicht in irgendeinem Verwandtschaftsverhältnis zur Verfügenden.

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1390 31: Jtem wir vorn geschriben scheppen bekennen, das vur vns kvmen ist vor gehegte bank ffraw Appolonie vnd gebeten hot, ir czu erfaren in eynen rechten, ap sie in wirden sey, ir gut czu geben vnd czu vorreychen bey gesvndem leibe, wem sie wolle. Des habe wir ir geteilet in eynem rechten, das sie mechtig sey ir gut vorgeben, vorreichen, wem sie welle. Des hot sie vor gehegter bank mit gesvndem leibe mit wolbedochtem mute all ir gut vorgabet vnd vorreychet Niclosen, Lozen son dem elstem, haus in der stat hof vur der stat, acker, gearn vnd vngearn, besat vnd vmbesat, wo die gelegen synt, vnd alle varnde vnd vnvarnde habe, nisnicht ausgenomen, in sulcher mosze, das sie des alles gewaldik seyn sal bey irem leben, domite czu tvn vnd czu losen, wie sie will, vorkeufen, vorseczen, wem sie will, vnd noch irem tode alles das gut, das sie lesset, gevallen sal an denzelben Niclosen, des Losen son, nichtes ausgenvmen.

Der Verfügungsvorbehalt das sie des gewaldik seyn sal bey irem leben lässt in seiner näheren Konkretisierung domite czu tvn vnd czu losen, wie sie will, vorkeufen, vorseczen, wem sie will erkennen, dass der Begünstigte durch die Verfügung allein noch nichts erhielt. Die Verfügende konnte völlig frei mit dem Gut umgehen und war durch kein aus der Verfügung folgendes Recht des Begünstigten an einer weiteren Verfügung über das Gut oder über Teile desselben gehindert. Sie konnte es verkaufen und verpfänden – beide Möglichkeiten wären ausgeschlossen gewesen, wenn die Verfügung sachenrechtliche Wirkungen gehabt hätte. Welchen Grund die gerichtliche Klärung der Vorfrage nach der Verfügungsberechtigung hatte, lässt sich aus diesem Eintrag allein nicht schlüssig erklären. Jedenfalls liegt der Grund hierfür nicht darin, dass die Verfügende eine Frau war. Auch Männer haben solche Vorentscheidungen der Schöffen herbeigeführt: 1390 34: Jtem wir bekennen, das vur vns kvmen ist Duchan vnd hot ym gebeten czu irfaren in eym rechten, ap her in wirden vnd mechtig were, seyn gut czu vorgaben, wem her will. Des habe wir ym geteilet, das her des wol mechtig sey. Des hot her mit gesvndem leibe, mit wolbedochtem mute all seyn gut vnd sunderlichen 3 schok gr. vergabet vnd vorreichet Maczken, seynem eydem, die her czu im gebrocht hot.

Als Erklärung für die gerichtliche Entscheidung in beiden Fällen kommt wohl nur die Sorge der Verfügenden in Betracht, eventuelle Verwandte (von deren Vorhandensein, aber auch von deren Nichtvorhandensein die beiden Einträge keine Nachricht geben) könnten versuchen, mit dem Argument gegen die Verfügung zu intervenieren, der Verfügende sei bei Vornahme derselben nicht mehr genügend geschäftsfähig gewesen. Also ließ er sich das zuvor attestieren. Bezeichnenderweise hatte der Verfügende in beiden Fällen den Begünstigten nicht aus dem Kreis der Verwandten ausgewählt. Mit Sicherheit beantworten lässt sich diese Frage aber nicht. Ein Musterbeispiel für eine erbrechtlich wirkende gegenseitige Verfügung unter Eheleuten bietet Eintrag Nr. 54, vorgenommen am 25. Januar des Jahres 1391:

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1391 54: Jtem wir vorn geschriben scheppen bekennen, das vur vns kvmen ist Niclos Cramer vor gehegte bank mit gesvndem leibe vnd hot vorgabet vnd vorreichet mit gutem wissen vnd willen, mit wolbedochtem mute, ffrawen Kathereynen, seyner elichen frawen, noch toder hant, all seyn gut, varnde vnd vnvarnde habe, das er iczunt hat adir in kunftigen czeiten gehaben mag. Auch hat dieselbe ffraw Katheryn ym ir gut ufgegeben vnd vorreichet noch sulcher mosze, welches vnder en ee stirbet, das das gevallen svlle an das ander lebende.

In Eintrag Nr. 195 vom 13. Januar 1395 erklärten die Schöffen ausdrücklich, welches Erfordernis für den Erbverzicht gegeben war – auch er musste, wie jede Verfügung über erbe, worin Grundstücke enthalten sind, und Grundvermögen überhaupt, vor gehegter Bank erklärt werden: 1395 195: Jtem vur vns ist kvmen vor gehegte bank ffraw Anna Sczechsczewynne mit Waczlawen, irem elsten sone vnd Jost, der jungeste son vnd Barbara, ir elste tochter vnd haben vorgabet vnd vorreycht iren hof vor dem Toplichen tore den erbern manne Herman von Stupicz, czu der czeit vnser heren voyt vnd dieselben haben gelobet bey den andern iren gutern vur Josten, den jungesten son vnd vur Annen, die jungeste tochter, das sie sichs des hofes auch vorczeyhen sullen vor gehegter bank, do man pflichtik ist erbe vnd guter vorczeyhen.

Am Gerichtstag des 14. April 1395 wurde eine ausdrückliche Bekräftigung eines Erbrechts einer Tochter vorgenommen. Offensichtlich hatte es innerfamiliären Streit darüber gegeben, ob diese Tochter bereits ausgestattet worden war. Der Verfügende erklärte nun vor den Schöffen, dass das keineswegs der Fall gewesen sei und dass die betreffende Tochter neben ihren Geschwistern gleichberechtigt erben sollte. Darüber hinaus erklärte er noch, dass er voll und ganz Herr seines Vermögens bleibe – womit klargestellt war, dass diese Verfügung keine sachenrechtliche Wirkung hatte: 1395 200: Jtem wir bekennen, das vur vns kvmen ist vor gehegte bank Peter Randecke vnd bekannt hot, das seyner tochter, frawen Kathereyn, Nicze Sneyders eliche hausfraw, keynes gevallen ist von irem vaterlichen erbe vnd das sie gleich teyl haben sal an allen gutern als ander ir geswisterde vnd dieweyle derzelbe Peter Randecke lebet, so sal her aller seyner guter gewaldik seyn czu vorkaufen vnd domete czu tvn, wie her will, vngehyndert von allen seynen kyndern.

Eine teilweise auflösend bedingte Verfügung über das Gesamtgut, an der wegen der eingefügten Bedingung mehrere Personen beteiligt waren, wurde am 5. April 1396 vorgenommen. Dabei handelte es sich bei dem Gut, über das verfügt wurde, um das dem Verfügenden eventuell zukünftig von Todes wegen zufallende Erbe. Zugrunde lag offensichtlich der Eintritt des Verfügenden in ein Kloster, wobei Vorsorge für den Fall getroffen wurde, dass er die Priesterweihe nicht erhielt: 1396 222: Jtem vur vns ist kvmen in gehegte bank Benesch, Peniczen son, mit gesvndem leibe, mit wolbedochtem mvte vnd hot vorgabet vnd vorreychet all seyne guter, die yn angeboren mochten von seynes vaterlichen erbes vnd angevalles, ys sey vil adir wenyk, nichtes ausgenvmen, dem edelen heren hern Borssen

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von Risenburg, hern Slawken son dem jungern, erbeclich czu haben, in sulcher mosze, were das, das derzelbe Benesch eyn prister wurde, so sal die gerade an yn gevallen vnd sal die lediclich heben. Were ys abir das her nicht prister wurde, so sal die gerade gevallen an seyne swestern. Dorczu hot auch Benesch seynen willen czugegeben in gehegter bank.

Nach diesen beiden böhmischen Quellen ist noch ein Bestand aus einer Kolonistengemeinde in der Niederen Tatra zu betrachten, bevor die Untersuchung mit Auszügen aus den Breslauer Büchern abgeschlossen wird.

15. Das Stadtbuch von Zipser Neudorf (1) Allgemeines zur Quelle Das erhaltene und 1940 im Volltext herausgegebene447 Stadtbuch der heute slowakischen, im ausgehenden Mittelalter gegründeten Stadt Zipser Neudorf (slowakisch Spi%ska Nova Ves, ungarisch Iglo) – im südöstlichen Vorland von Niederer und Hoher Tatra gelegen – beginnt mit datierten Einträgen im Jahre 1383 zu laufen. Der verbleibende 17-Jahres-Zeitraum bis zum Jahre 1400 fällt in den Untersuchungszeitraum und rechtfertigt eine inhaltliche Erfassung der einschlägigen Einträge. Selbstredend können die 33 thematisch relevanten Einträge keine eigene statistische Basis bilden. Über die Verfassungsgeschichte der Gemeinde berichtet der Editor des Stadtbuches wenig bis nichts. Es handelt sich bei der Gemeinde um eine im 13. Jh. planvoll angelegte deutsche Siedlergemeinde, die nicht auf eine Vorläufersiedlung zurückgriff.448 Eine Stadtrechtsverleihung war mit dieser Gründung nicht verbunden, noch in den ersten Einträgen des Stadtbuches wird die Gemeinde als Nova Villa bezeichnet und auch das Buch bezeichnet sich selbst als des dorffis buch. Erst im Jahre 1407 erscheint erstmalig die Bezeichnung Neustadt, die sich freilich in der Volkssprache nicht durchgesetzt hat, denn später wird wieder Neudorf geschrieben. 449 Zipser Neudorf war im ausgehenden Mittelalter und der Neuzeit eine Acker- und Bergbaubürgergemeinde,450 in der sich offenbar nur wenig Rechtsverkehr regte. Das Buch läuft bis in das 17. Jahrhundert, es handelt sich – gemessen an der langen Nutzung – um einen wenig umfänglichen Band von 93 Blättern aus Papier. Die laufenden Einträge sind zeitlich nicht geordnet, immer wieder wur-

447 448 449 450

WEINELT, Das Stadtbuch WEINELT, Das Stadtbuch WEINELT, Das Stadtbuch WEINELT, Das Stadtbuch

von Zipser Neudorf. von Zipser Neudorf, S. 2 f. von Zipser Neudorf, S. 7. von Zipser Neudorf, S. 14.

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de in späteren Jahren auf frei gebliebene Stellen zurückgegriffen.451 Den Schluss bildet eine Abschrift der 1370 erstmals schriftlich niedergelegten sogenannten Zipser Willkür, der Sammlung des in der Zips gebräuchlichen Privatrechts. 452 Um einige Klarheit über die Stadtverfassung zu erlangen, muss auf die Einträge selbst zurückgegriffen werden, die freilich kein einheitliches Bild liefern. Noch vor dem Jahr 1383 scheint in Zipser Neudorf ein Rat aus einem Bürgermeister und zwölf Bürgern bestanden zu haben, der von einem Ältestenkollegium begleitet war.453 Über Kompetenzen und Aufgaben des Rates und der Ältesten ist nicht viel, aber immerhin etwas zu erfahren. So enthält das Buch für das Jahr 1383 den Eintrag: Notandum hy stet gescribin noch dem gelubd der gemeyn des dorff, das wir Iohannes Kuwnsch mit meynyn XII burgern in eym gebundin rote zeyn gezessin anno domini MCCCLXXXIII vnd vor vns kumyn zeyn erber leute, dy ir zachche vor vns begertin czu beschreybin in des dorffis buch, das man hynoch finden wirt allis, das man hy findet beschribin, das ist aus vnser allwer mund; et prima:454

Es folgen dann die einzelnen Einträge, deren Gegenstände inhaltlich weit auseinanderfallen. Es handelt sich vor allem um Einträge von vor dem so beschriebenen Rat vorgenommenen Rechtsgeschäften unter Privaten. In demselben Jahr, nur einen Eintrag später, wird neben dem genannten Johannes Künsch ein weiterer Amtsträger genannt – der Richter Mattis. 455 Ganz offensichtlich war Johannes Künsch kein Richter, sondern wie sich aus der Zusammenstellung mit den zwölf Bürgern ergibt, der Bürger- oder Bauermeister. Gericht und Rat scheinen also bei diesen Einträgen tatsächlich wohl auseinander gehalten worden sein, wenn auch beider Tätigkeit in das Buch eingetragen worden ist. Die Trennung zwischen Rat, Gericht und Ältestenkollegium tritt auch in weiteren Einträgen hervor, 456 verschwimmt aber andererseits auch wieder: Notandum hy stet geschribyn nach des dorfs gelubd, das wir Iohannes Knol, richter, gesessin seyn in eym gebundin rote mit meyn XII burgern, vnd was vor vns geschicht, das vint man hernoch et primo: 457

451 452

453 454 455 456 457

WEINELT, Das Stadtbuch von Zipser Neudorf, S. 17. WEINELT, Das Stadtbuch von Zipser Neudorf, S. 16. Vgl. zur Zipser Willkür SZABO, in: S CHMIDT-RECLA/S CHUMANN /THEISEN (Hrsg.), Sachsen im Spiegel des Rechts, S. 95 ff. Nr. 5 (vor 1383): Is ist wissentlich dem ganczen rot [...].Nr. 6 (etwa 1383: Nota ich I. K. vnd meyn XII burgern mitzampt den eldistin [...]. Nr. 7 (1383). Nr. 8 (1383). Nr. 23 (1383). Nr. 31 (1384). Diese Zusammenstellung des Richters mit den Bürgern erscheint auch in Nr. 34 (1384).

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Im Jahre 1409 ist wiederum zu lesen, dass der Richter Jörg Besteller zusammen mit seinen Bürgern beurkundete, dass jemand in unseren Rat gekommen sei und dort ein bestimmtes Rechtsgeschäft vorgenommen habe.458 Und schließlich wird noch erwähnt, dass die zwölf Bürger geschworene Bürger waren.459 Aus all dem ist zu entnehmen, dass die zwölf Bürger sowohl das Schöffen- als auch das Ratskollegium gebildet haben. Inhaltlich ist das Buch uneinheitlich. Es wurden viele Rechtsgeschäfte unter Privaten eingetragen (Verpfändungen, Verfügungen, Schuldanerkenntnisse). Insofern spiegelt das Buch die Tätigkeit des Rates als Behörde der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Daneben kommen aber auch Eintragungen über streitige Entscheidungen vor, die auch Gegenstände öffentlich-rechtlicher Herkunft betreffen. Nun zu den 33 thematisch relevanten Einträgen. Es handelt sich um sechs Einzelgutsverfügungen und 27 Gesamtgutsverfügungen. Erbverzichte (Sonstiges) bietet das Buch nicht. Hervorhebenswerte Einzelnachweise sind gleichfalls nicht zu finden gewesen.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Unter den sechs Einzelverfügungen standen drei unter Erlebensbedingung mit einfacher post mortem-Klausel (n. n. hat bescheydin n. n. illud, ob got vber in gebut). Zwei Einträge weisen auf lebzeitige Verfügungen hin. Ein Eintrag stellt sich als Vermächtnisanordnung dar. 460

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten Hier bietet das Buch nur Verfügungen über Vermögensquoten. 25 Verfügungen wurden gegenseitig unter Ehegatten vorgenommen – zugewendet wurden von Todes wegen ausschließlich Dritteile des Nachlasses (n. n. hat beschedin n. n. al syn gut vnd dy fraw hat ym weder ir gut beschedin alsso, wer czv dem erstin sterbit, daz das andir daz gut nemen sal). Ein Eintrag (38) klärt auch noch, wohin das Dritteil beim Tod des Längstlebenden gelangen sollte (in diesem Falle an die Kirche). Eine ebenfalls erlebensbedingte Verfügung über ein Dritteil wurde zugunsten einer mit dem Verfügenden wohl nicht verheirateten Person vorgenommen und schließlich fand sich eine lebzeitige Verfügung über eine Vermögensquote wieder mit einer Schlussbegünstigtenklausel.

458 459 460

Nr. 33 (1409). Nr. 41 (1407/1409), 42 (1407/1409). Eine sichere Zuordnung war unmöglich. Systematisches Gewicht kann hierauf nicht gelegt werden.

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16. Auszug aus den Stadt- und Schöffenbüchern von Breslau (1) Allgemeines zur Quelle Im Jahre 1241 war die auf seit alter Zeit bestehenden Vorgängersiedlungen entstandene461 schlesische Metropole Breslau (Wroc!aw) auf Magdeburger Stadtrecht „ausgesetzt“ worden.462 1261 erging die bei den normativen Quellen schon behandelte Rechtsmitteilung aus Magdeburg nach Breslau, 1295 folgte eine weitere. Die Verleihung und die Weiterverleihung Breslauischen Rechts an eine Vielzahl weiterer schlesischer Städte war der entscheidende Impuls für die weite Verbreitung des Magdeburger Stadtrechts nach Osten und Südosten. Hinzu kam die Tatsache, dass Breslau Oberhof für mindestens 65 anfragende bzw. bewidmete Städte war,463 was – etwa bei der Verleihung des Oberhofzuges nach Breslau für die mährische Stadt Olmütz (heute Olomouc) – zur Anbindung weiterer Territorien an die Magdeburger Quelle führte. Seit 1261 soll in der Stadt eine Ratsverfassung bestanden haben, nachdem seit 1214 ein Schultheiß als Vorsteher der damals schon so bezeichneten civitas fungierte, der 1241 von einem Vogt abgelöst worden war. Elf Schöffen, die dem Vogt zur Seite standen, wurden 1254 erstmals erwähnt.464 Diese bildeten offensichtlich das Stadtgericht, das die Nieder- und die Hochgerichtsbarkeit innegehabt haben soll. 465 Aus der Stadt- und Schöffenbuchüberlieferung hat (auf deutsch) als letzter Paul Rehme berichtet.466 Zuvor hatten bereits Otto Stobbe467 und Paul Laband468 aus den Breslauer Signaturbüchern und Alwin Schulz469 über die Breslauer Stadtschreiber berichtet.

461 462 463 464 465

466 467

468 469

Erste urkundliche Erwähnung Breslaus im Jahre 1000; vgl. E BEL, Art. Breslau, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG I2 (2005), Sp. 682. E BEL, Art. Breslau, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG I2 (2005), Sp. 683; L OENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 8. E BEL, Art. Breslau, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG I2 (2005), Sp. 684. E BEL, Art. Breslau, in: CORDES/LÜCK (Hrsg.), HRG I2 (2005), Sp. 682. Auch hierzu E BEL, Art. Breslau, in: CORDES/L ÜCK (Hrsg.), HRG I2 (2005), Sp. 682 f. Die Gerichtsbarkeit des Rates soll daneben bestanden haben. Vgl. auch PIIRAINEN, in: Silesia Nova 5 (2008), S. 77 ff. REHME, Über die Breslauer Stadtbücher. STOBBE, in: ZschlesGesch 7 (1866), S. 176-191; 344-362; 8 (1867), S. 151-166; 438-453. Diese Mitteilungen betreffen aber vollständig das 15. Jahrhundert. Darüber hinaus haben die Signaturbücher den Charakter von Stadtbüchern: buchführende Behörde war der Rat, Verfügungen über Grundeigentum oder Vermögen wurden kaum eingetragen. L ABAND, in: ZschlesGesch 4 (1863), S. 3 ff. (Schöffenbücher gelistet auf S. 4 f.). S CHULZ, in: ZschlesGesch 10 (1869), S. 158 ff.

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Eine vollständige Edition der Breslauer Quellen liegt bis heute nicht vor. Das von Rehme hergestellte Breslauer Urkundenbuch exzerpiert Eintragungen aus unterschiedlichen Breslauer Quellen. Für den hiesigen Untersuchungsgegenstand und -zeitraum kommen drei Quellen in Frage: erstens das fragmentarisch überlieferte Stadtbuch Hirsuta Hilla vetus, die so genannte Struppige Hilde mit Einträgen aus den Jahren 1299-1361, zweitens das Stadtbuch Nudus Laurentius, der Nackte Lorenz470 mit Einträgen aus den Jahren 1361-1373 und drittens die drei alten Bände Registra litterarum scabinorum mit Einträgen aus den Jahren 1345-1393. Über die Breslauer Stadtquellen hinaus gibt es Nachrichten über Gerichtsbücher des Breslauer und des Neumarkter Landgerichts. Sie sollen seit 1385 erhalten sein, sind aber nicht ediert. 471 Auch für Breslau lässt sich mit diesem Editionsmaterial kein vollständiges Abbild aller vorgekommenen Verfügungen erstellen. Insofern ist der Aussagewert deutlich gemindert. Dies wird aber wiederum teilweise aufgewogen durch die editorischen Notizen Rehmes, die auch den Untersuchungsgegenstand betreffen. Rehme gibt an, dass er aus den betreffenden Quellen jeden Typ einer Eintragung mindestens einmal in seine Auswahl aufgenommen habe. Wie verlässlich diese Aussage ist, lässt sich freilich ohne einen Vergleich der Originale nicht beurteilen. Aus Rehmes Zusammenstellung konnten 178 thematisch relevante Einträge gewonnen werden. 139 davon betreffen Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände a) Verfügungen von Todes wegen. Mit einer einfachen post mortem-Klausel als Verfügungen von Todes wegen erkennbar waren vier Einträge. Bei zehn weiteren Einträgen war diese Klausel mit einem zusätzlichen Verfügungsvorbehalt kombiniert (n. n. hat ufgereicht n. n. illud noch syme tode – oder: ab her/sie in ubirlebit oder: ab an im icht gesche – di wyle her abir lebit, so wil her selbir mite tun und lossin). Problematischer ist es mit drei Einträgen, in denen die Erlebensbedingung mit einem Nießbrauchsvorbehalt kombiniert wurde. Der Schöffenschreiber beurkundete: n. n. hot begobit und ufgereicht n. n. illud noch syme tode, dy wyle her/sie abir lebit, so sal her/sie sin bruchin und genisin und sal ir ouch der/dem n. n. dy selbe gift nicht entpfremdin. Das in dieser Arbeit ausgewertete Quellenmaterial kennt diese extrem seltene Kombination nur noch dreimal in Köln, zweimal in Aken und einmal in Zerbst. Hier in Breslau war offensichtlich eine stärkere Bindung des Verfügenden an die Verfügung gewollt. Er sollte nicht die Möglichkeit haben, später anders 470

471

Diese Titulaturen könnten auf die Bindung der Bücher zurückgehen. Die Struppige Hilde wird wohl ein Einbandleder mit Tierhaaren gehabt haben, während der Nackte Lorenz in blankes Leder gebunden gewesen sein dürfte. Vgl. BOBERTAG, in: ZschlesGesch 7 (1866), S. 102 ff., tabellar. Übersicht auf S. 140.

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und/oder zugunsten einer anderen Person über den Verfügungsgegenstand zu verfügen. Auch diese drei Breslauer Vermerke beweisen letztlich nur eines: Es war sowohl nach dem betrachteten merowingisch-karolingischen, als auch nach dem Recht des Magdeburger Stadtrechtskreises ohne weiteres möglich, die Bindung des Verfügenden durch einen Nießbrauchsvorbehalt so zu verstärken, dass dieser nicht mehr anderweitig über den Verfügungsgegenstand verfügen konnte – was im Gegenschluss bei einfacher post mortem-Klausel möglich gewesen sein muss. b) Verfügungen unter Lebenden. 109 Einträge lassen Verfügungen unter Lebenden erkennen. Oftmals ist ein Kauf als obligatorische Grundlage sichtbar. In dieser Gruppe erscheinen drei in Rehmes Material vorhandene Zustimmungen erbberechtigter Verwandter. c) Leibgedingeverfügungen wurden sowohl erlebensbedingt als auch lebzeitig vorgenommen. Rehme überliefert acht entsprechende Einträge; vier waren lebzeitig, vier erlebensbedingt (n. n. hat ufgereicht n. n. illud czu irme libe, abir di wile her selbir lebit, so will her sin sin ein herre czu tun unde czu lossin oder n. n. hat ufgereicht n. n. illud czu irme lybe ap sy in ubirlebit). Vermächtnisanordnungen sind in fünf Einträgen, in denen es heißt: n. n. hat ufgereicht n. n. illud bevor us zu hebin ab sy in ubirlebin beurkundet. Hier erscheint im Jahre 1347 der einzige echte Erbenlaub in Rehmes Breslauer Exzerpten. Begünstigt wurde eine Ehefrau, die Verfügung war auflösend bedingt durch die Wiederheirat der überlebenden Frau.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten a) Verfügungen von Todes wegen. Unter den 26 Gesamtgutsverfügungen bei Rehme standen 21 unter Erlebensbedingung (n. n. hat ufgereicht n. n. alles daz her hat adir immir gewinnet, ab her in ubirlebit, czu tun und czu lossin). Bei 16 dieser Verfügungen trat noch ein Verfügungsvorbehalt verstärkend hinzu (n. n. hat ufgereicht n. n. allis, daz her hat an erbe und an gute adir ymmer gewinnet, ab sy in ubirlebit, czu tun und czu lossin, dy wile her abir lebit, so wil hers selbir eyn herre sin czu tun und czu lossin). Meist begünstigten diese Verfügungen die Ehefrau, deshalb treten manchmal Wiederverheiratungsklauseln auf. Verfügten Frauen, dann betrafen ihre Verfügungen oft die Gerade.472 b) Verfügungen unter Lebenden. Auffällig ist das vollständige Fehlen von Einträgen über Gesamtverfügungen unter Lebenden in Rehmes Breslauer Ma-

472

Die Existenz der Gerade wird flankiert vom fast völligen Fehlen von Verfügungen über Vermögensquoten. Breslau ist daher ehegüterrechtlich dem sächsischen Grundmodell zuzuordnen.

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terial. Darf hier an der Verlässlichkeit von Rehmes Angaben gezweifelt werden oder hat es solche Verfügungen in Breslau wirklich nicht gegeben? c) Gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten. Auch hier überliefert der Editor nur zwei Einträge (n. n. hat ufgereicht n. n. allis, daz her hat adir ymmer gewinnet an erbe und an gute ab sy in ubirlebit, czu tund und czu lossin; dy wile her abir lebit, so wil her selbir mite tun und lossin, idem ipsa n. n. simili modo n. n. omnia predicta resignavit). Immerhin sind solche Verfügungen vorgekommen. d) Verfügungen über Vermögensquoten. Aus dieser Gruppe überliefert Rehme immerhin drei Einträge (n. n. assignavit n. n. portionem omnium bonorum suorum post mortem suam faciendo et dividendo). In einem Fall handelte es sich sicher um eine Einkindschaft, in den anderen beiden Fällen ist die Motivierung nicht erkennbar.

(4) Verschiedenes Unter dieser Rubrik sind nur 12 Verzichtserklärungen und eine Anordnung von Auflagen an die Erben zu erwähnen.

(5) Einzelbelege Die aus den Breslauer Büchern anführbaren Einzelbelege konzentrieren sich alle auf die Frage des richtigen Verständnisses der Erlebensbedingung. Eine Verfügung von Todes wegen, die durchaus an eine echte Erbeinsetzung grenzt, ist aus dem Jahre 1347 überliefert: HH 1347 3: Feria tercia post Margarethe dominus Johannes de Reste in presentia capitanei et domini Ottonis de Donyn assignavit et deputavit omnibus suis pueris tam masculis quam femellis equam portionem omnium bonorum suorum, post mortem suam faciendo et dividendo; vivente autem eo vult esse dominus premissorum; statuens etiam junioribus duobus pueris Tilkonem Roten et Henricum Renkeri in provisores dicto domino Johanne mortuo.

Verfügungen von Todes wegen konnten auch in Breslau vor Abgesandten des Schöffengerichts vorgenommen werden: RLS I 1347 122: Feria sexta ante Johannis apostoli. Heyneman Scherer vor czweyen scheppfin, die us gehegtem dinge czu im in sin hus gesant worden, und hat ufgereicht Katherynen, syner elichin husvrowin, drysik mark groschin in alle syne schult und varnde habe, bevor czu hebin vor synen kinden, ab sy in ubirlebit, czu tun und czu lossin; were abir, daz sy iren witebinstul besiczczin welde in deme erbe, do sy inne wonen, daz mag sy tun, und so sal sy denne der vorbenanten drysik marke nicht hebin, sundirn sy sullin hebin des selbin Heynemannis kint czu tun und czu lossin.

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[...] Czu alle der vorbenanten rede hat Katheryn, des selbin Heynemans eliche husvrow, Niclos, Hannos, Thomas, Nickil, Agnite, Clare und Margrite, des selbin Heynemans kindir, vor uns in gehegtem dinge iren willin gegebin.

Die Form der Errichtung (vor gehegtem ding) wurde gewahrt, indem ausdrücklich erwähnt wird, dass die zwei Schöffen aus dem gehegten Ding ins Haus des Verfügenden gesandt worden sind. So blieb die Bindung des Verfügenden an das Gericht erhalten. Dass die Verfügung erbrechtlichen Charakters war, liegt auf der Hand: Es handelte sich um eine auf den Tod des Verfügenden aufgeschobene Vermächtnisanordnung zugunsten der Ehefrau. Dass die Begünstigte zu Lebzeiten des Mannes irgendeine über eine bloße Erwerbsaussicht hinausgehende Rechtsposition an den 30 Mark erhalten habe, kann nicht angenommen werden. Etwas zweifelhaft erscheint die Erlebensbedingung in Eintrag RLS I 1348 138: Sophye, die Hannos Bederinne von Glacz, und hat ufgereicht Nicklose, irem sone, die badestobe halp, di sy im vor ouch halp vorreicht hat, die do lit by der Spitolmol czu nest, und allis daz erbe, daz dorczu gehort, daz do selbis gelegin ist, czu tun und czu lossin noch irem tode; dy wile sy abir lebit, so will sy der selbin stobin und erbe alczumole gewaldic syn, also daz her sy nicht durfte vorspelin noch unnuczlichin czubrengen, in sulchirwis, daz her sich der selbin stobin und erbe undirwinden sal virczen tage vor der nestin Vasnacht, vorwert me czu haldene und czu genisene, und daz her die selbe Sophye, syne mutir, halden sal an synir kost und sal ir gebin alle wochin eyn scot pfenninge, dy wyle daz sy gelebit. Ouch hat der selbe Niclos sich kegin ir vorlobit, daz her czuhant, als her sich der stobin undirwindit, und alle syne nochkomelinge do selbis badin sullin alle wochin an dem mantage 20 mensche durch Got eweclichin. Ouch sal der selbe Niclos gebin noch der selbin syner muter tode, ab her sy ubirlebit, Jocobe, Hannose, Mertine, Claren unde Elzen, synen geswistreden, sechczen mark groschin binnen dryen jaren von der ebenanten stobin ane hindernis, und wenne her denne die 16 mark gancz und gar beczalit, so mag her mit der selbin badestobin unde erbe tun unde lossin, waz her will. Des sind boten Tile von Zarow und Hanke Rote. Item ipsa Sophya habet litteram consonantem.

Nach dem Wortlaut scheint festzustehen, dass es sich um eine Verfügung unter Erlebensbedingung handelte. Allerdings wird das konterkariert durch den Nießbrauchsvorbehalt, der erkennen lässt, dass Nickel durchaus vor dem Tod der Mutter ein dingliches Recht an der Badestube erhielt. Offenbar wurde mit dem baldigen Tod der Mutter gerechnet, denn jedenfalls sollte Nickel sich 14 Tage vor der nächsten Fastnacht in den Besitz der Badestube setzen. Ein Vertrag unter Erbberechtigten über den Nachlass eines Dritten findet sich in Eintrag RLS I 1350 190: Hanke von Crocow, der burgermeistir, von der ratman wegin und hat bekannt, daz Nathalie, Mechthilt, Andirke unde Pauil, Petir Russin kindir, vor eyme siczinden rate bekant habin, daz Anne, ir swestir, di do ist czu Sente Katheryn in dem closter, habe vir mark geldeis alle jar uf der badestobin, die do lit uf dem Zande, do Lorencz inne wont, czu irme lybe, und wenne ir nymme ist, so sal

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der vir marke eyne vallen an Pauil Russin, iren brudir, czu syme libe und an Nathalien eyne, an Mechthilden eyne und an Elzen, ir swestir, eyne noch rechten anevalle, und daz sich Andirke Russe der selbin vir marke geldis vorczegin habe und kein teil doran habin sal, und daz do mite alle zachin, di czwischin in bis her gelegen sint, vorsunit sullin sin und vorricht liplich unde vruntlich. Hec littera est Pauli. Nathalia et Mechthildis habent litteram consimilem, et Elizabeth consimilem.

Zwar war nicht der Nachlass der Klosterfrau Anna Russ betroffen, denn die vier Mark, die diese zu Leibgedinge zur Zeit des Vertragsschlusses noch innehatte, stammten nicht aus deren Nachlass, sondern mit Sicherheit aus dem Nachlass von Peter Russ, des Vaters aller fünf beteiligten Kinder. Ob Peter Russ zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch lebte, wird nicht mitgeteilt. Einzelverfügungen konnten sich zu einer Gesamtverfügung summieren. Das folgende Beispiel macht deutlich, wie nahe eine solche Anordnung einer modernen Erbeinsetzung kommen konnte: RLS I 1351 207: Wir scheppfin czu Bresslow, Petir von Richinbacuh etc. bekennen, daz Hannos Heyse, der apotheker, mutte, daz man czwene scheppfin us gehegtem dinge czu im sente in sin hus, und des sante wir czu im Niclosen von Lemberg und Hannosen Flaming, syne meynunge czu behoren. Di quomen unde sprochen, daz her vor in in geginwertikeit synir kindir, die ouch des vor uns bekanten in gehegetem dinge unde dorczu iren willen gobin, sin ding alsus enkscheidin unde gemacht hette czwischin den selbin synen kinden: ab an im icht gesche, daz Petir, Jutte unde Hedwig, syne kint, blyben sulden by syme hofe unde steynhus, do her inne wont, unde Petir alleyne by der apothekin unde by alle deme, daz dorczu gehort, mit allir schult, die man dem selbin synem vatir schuldig ist, also bescheydenclich, daz her des selbin sins vatirs schult ouch geldin sal, unde daz Jutte und Hedwig mit der schult czu hebin und czu geldin sullen syn unvorworren. Ouch hat der selbe Hannos bescheyden Annen, synir tochtir, czu hebin 13 mark groschin czu Jutten, synir tochtir, noch syme tode, di di selbe Jutte ir ouch globit hat czu gebin in gehegetem dinge. Ubir alle di vorbeschrebene rede, di wile Hannos Heyse lebit, so wil her sins gutis selbir gewaldig sin czu tun und czu lossin. Des sint boten Niclos von Lemberg und Hannos Flaming.

Es handelt sich strenggenommen um Einzelverfügungen, allerdings um so viele, dass sie das gesamte Vermögen Hans Heyses erschöpft haben dürften. Insbesondere die Anordnungen zugunsten über die Beteiligung Peters, Juttas und Hedwigs an den Forderungen für und gegen den Nachlass machen deutlich, dass hiermit eine Erbenstellung bezweckt worden ist. Sinn macht das Ganze, wenn im Gegenzug bedacht wird, dass eine vierte geborene Erbin, die Tochter Anna, enterbt wurde; sie sollte lediglich ein Vermächtnis gegen die Erbin Jutta erhalten. Ansonsten wurde das Vermögen unter den verbleibenden Erben verteilt. Der folgende Eintrag bietet die nachträgliche Inkorporierung eines früher ausgestellten Schöffenbriefes über eine Verfügung in das Schöffenbuch:

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RLS I 1352 227: Feria sexta post Michaelis. Desin brief hat man heysen registriren. Vor uns scheppfin czu Breslow, [es folgen elf Schöffennamen], gestanden hat in gehegetem dinge, do Jocob Schertilczan das gerichte sas, Hanke Rosinstengil unde hat ufgegebin Annen, syme elichen wybe, die vleischbanc halp, di do lit by Hanken Ketirlins vleischbanc undir den nuen vleischbenken, und dorczu 20 mark groschin in alle sin gut noch syme tode czu tun und czu lossin. Weris abir, daz her ane geburt virfure e denne sy, so sal sy alle sin andir gut varnde habe unde erben, besiczen als lange, als sy iren witebinstul besiczit. Nymt sy abir eynen andirn man, so sal das selbe gut gevallen an syne newendegestin. Di wile her abir lebit, so wil hers allis sin ein herre czu tun unde czu lossin. Dorobir ist dirre brif vorsigilt mit unsin ingesigiln. Noch Gotis geburt tusint dryhundirt jar in deme vir unde drysigsten jare an deme vritage an Sente Hedwigen abund, der heyligen vrowen.

Das Geschäft bestand aus zwei Teilen. Erstens wurde die Ehefrau des Verfügenden mit einer Verfügung von Todes wegen abgesichert: Sie erhielt die halbe Fleischbank und eine Geldsumme nach dem Tod des Mannes. Zweitens wurde für den Fall Vorsorge getragen, dass der Verfügende erbenlos vor seiner Frau sterben sollte. Im Wege einer auflösend bedingten Verfügung von Todes wegen erhielt die Frau in diesem Fall das gesamte sonstige Vermögen des Mannes nach dessen Tod. Auflösende Bedingung war die Wiederheirat, bzw. – dies wird zwar nicht ausdrücklich benannt, ergibt sich aber aus dem Verwandtenerbrecht – der Tod der Witwe. In diesem Fall sollte das gesamte sonstige Vermögen den Nächstverwandten des Mannes zufallen. Die Verfügung wurde davon nicht berührt. Im Ganzen funktionierte das gesamte Geschäft nicht anders als eine auflösend bedingte Vor- und Nacherbeneinsetzung: Auflösende Bedingung war die Erbengeburt, der Nacherbfall trat ein bei Wiederheirat bzw. Tod des Vorerben.

17. Ergebnisse der Sammelquellenanalyse (1) Gesamtüberblick Aus 15 Sammelquellen wurden insgesamt 15.204 thematisch relevante Eintrage ermittelt. Davon überliefert die Mehrzahl der Registraturen Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände. Es handelt sich um insgesamt 10.192 Notate. 4.340 Notate dagegen beurkunden Verfügungen über Vermögensgesamtheiten. Sie machen damit eine signifikante Menge aus: Verfügungen über Vermögensgesamtheiten, darunter zahlreiche Verfügungen über künftige Vermögen (Nachlässe) und Vermögensquoten (gleichfalls nur nachlassbezogen denkbar) waren vom 12. bis zum 14. Jh. in rheinischen und magdeburgischen Städten eine eingespielte Normalität. Einträge, die thematisch rele-

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vante Rechtsgeschäfte beurkunden, die weder den Einzel- noch den Gesamtverfügungen zugeordnet werden konnten (vor allem Verzichte), wurden 672 mal gezählt. Die untersuchten 15 Bücher legen mit der Gesamtzahl der über einen Zeitraum von 265 Jahren ermittelten 15.205 relevanten Verfügungen Zeugnis davon ab, dass die Anordnung der normativen Quellen, wonach Verfügungen, soweit sie das liegende Vermögen oder den Nachlass des Verfügenden betrafen, vor Gericht vorgenommen werden mussten, befolgt wurden. Die normativen Quellen waren in dieser Frage aktuell und effektiv. Zwar lässt sich auch nach der hier angestellten Analyse nicht beurteilen, wie viele Verfügungen in den betreffenden Städten überhaupt vorgenommen worden sind. Ausgeschlossen werden kann aber, dass angesichts der selbst in kleinen Landstädtchen (z. B. Zipser Neudorf) mühelos geübten Registratur entsprechende Verfügungen, die unter Privaten unpublik vorgenommen worden sind, unproblematisch rechtliche Anerkennung gefunden hätten. 473 Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass sich bei den einzelnen Notaten nicht immer hinreichend deutlich erkennen ließ, ob das beurkundete Geschäft Ein- oder Mehrpersonenstruktur aufwies. Überwiegend dürfte von Vertragsstruktur ausgegangen werden. Dafür spricht, dass vor Gericht „gegeben“ wurde. Ausnahme von diesem Grundsatz könnten die in manchen Sammelquellen (vor allem in Calbe) auftauchenden, hier so genannten Vermächtnisanordnungen darstellen. Ausreichend ist die Quellenmenge für den Nachweis der einleitend aufgestellten Behauptung, dass Gegenstand der Verfügungen von Todes wegen, die in den beiden Hauptgruppen enthalten sind, das Vermögen war oder konkrete Vermögensgegenstände waren. Es gibt aus den untersuchten Quellen nicht eine Belegstelle, in der der Begünstigte nicht eine „Zuwendung“ erhalten, sondern „zum Erben eingesetzt“ worden wäre.474 Der private Rechtsverkehr in den untersuchten Städten kannte demnach keine personal gedachte Nachfolge eines Begünstigten. Damit belegen die empirischen Rechtsquellen, was die hier erörterten normativen Rechtsquellen475 auch aussagen: Sowohl das merowingisch-karolingische Recht des Frühmittelalters als auch das sächsisch-magdeburgische Recht des Spätmittelalters konstruier-

473

474

475

Den endgültigen – wieder rechtstsächlichen – Nachweis dafür, dass unpublike Verfügungen, bei denen kein Besitzwechsel stattgefunden hat, vor dem weltlichen Gericht unwirksam waren, liefert schließlich ein Magdeburger Schöffenurteil; vgl. unten III, Nr. 1 (5). Privatschriftliche, am römischen Vorbild ausgerichtete Kleriker- und Laientestamente wurden hier nicht untersucht. Es ging ja darum, den unter der einfachen Bevölkerung der Städte geübten Rechtsverkehr zu analysieren. Meine Aussage verneint demzufolge nicht das Vorkommen von Erbeinsetzungen, die vom Gedanken der personalen Nachfolge ausgehen. Immerhin: solche Geschäfte wurden nicht in die untersuchten Bücher eingetragen. Diese Aussage gilt übrigens auch für das Verwandtenerbrecht.

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

599

te nicht nur die lebzeitigen, sondern auch die postmortal wirksamen Verfügungen476 vermögensrechtlich, nicht personenrechtlich. Festzuhalten ist weiter die alle einzelnen Gruppen betreffende Beobachtung, dass die Verfügenden die Begünstigten zwar überwiegend, aber nicht nur aus dem Kreis ihrer Verwandten wählten. Es gibt eine Vielzahl von Einträgen, bei denen nicht festgestellt werden konnte, ob zwischen dem Verfügenden und dem Begünstigten ein Verwandtschaftsverhältnis oder eine Ehe bestand oder nicht. Wo immer das möglich war, ist es in die Einzelerhebung eingegangen. Bei den unentscheidbaren Einträgen davon auszugehen, es habe ein nicht näher hervorgehobenes Verwandtschaftsverhältnis bestanden, wäre methodisch falsch: In zu vielen Fällen ist eindeutig zu klären, dass kein Verwandtschaftsverhältnis und keine Ehe bestand. Es lässt sich belegen, dass sowohl bei Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände als auch bei Verfügungen über Vermögensgesamtheiten der Kreis der Verwandten verlassen werden konnte. Abschließend ist zur Gesamtübersicht anzumerken, dass Mitwirkungen potenzieller Erben zu den relevanten Verfügungen selten beurkundet wurden. Einzig Halle/S. liefert hier einen messbaren Anteil. Diese Beobachtung untermauert aber, dass der Erbenlaub dort, wo es ihn überhaupt gab, so wie es bei den land- und stadtrechtlichen Normen schon herausgearbeitet wurde, eben keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verfügung über bestimmte Vermögensbestandteile oder Nachlässe war, sondern dass er ein Widerspruchsrecht beeinträchtigter Erben darstellte. Kein Schöffengericht prüfte daher bei der Beurkundung einer Verfügung über Grundvermögen, Erbgut oder Nachlassbestandteile, ob der Verfügende vorher die Zustimmung seiner potenziellen Erben eingeholt hatte.

(2) Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände Unter den 10.192 Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände befanden sich 939 Verfügungen, bei denen eine einfache post mortem-Klausel die Erlebensbedingtheit anzeigt. Die aus den einzelnen Sammelquellen angeführten Beispiele und die (für die sächsischen Quellen) ausgewerteten Schöffensprüche zeigen, dass die Begünstigten in diesen Fällen kein sofort wirksames Recht am Verfügungsgegenstand, sondern lediglich eine Erwerbsaussicht für den Fall erwarben, dass sie die Verfügenden überlebten. „Kombinierte Verfügungen“ von Todes wegen über einzelne Vermögensbestandteile, also Verfügungen, die sowohl eine post mortem-Klausel als auch einen Verfügungsvorbehalt aufwiesen, wurden in 128 Einträgen niedergelegt. Diese Verfügungen sind damit seltener als die einfachen erlebensbedingten Verfügungen. Sie waren überdies hier nur in sächsischen Städten und hier auch nur in Städten des Erzbistums Magdeburg und in Böhmen und

476

S. zur ermittelten Gesamtzahl sogleich.

600

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Schlesien nachweisbar, in Köln und Andernach fehlen sie. 477 Eine abschließende Wertung über diese so kombinierten Verfügungen kann freilich erst vorgenommen werden, wenn die einschlägigen Magdeburger Schöffensprüche erörtert sind. Verfügungen, die post mortem-Klauseln mit Nießbrauchsvorbehalten kombinierten, waren extrem selten. Unter den 10.192 Verfügungen über einzelne Sachen kamen ganze neun (!) solche Verfügungen vor. Damit ist die Ansicht der älteren, sachenrechtlich argumentierenden Literatur, 478 solche Verfügungen seien häufig dazu benutzt worden, dem Verfügenden trotz sofortigen Erwerbs des Zuwendungsempfängers den Gebrauch der Sache zu erhalten, nicht haltbar. Erklärungsbedürftig ist freilich das Verhältnis dieser neun Einträge zu den 48 Einträgen, in denen bei einer Verfügung über einzelne Sachen ein Nießbrauchsvorbehalt angeordnet, aber eine Erlebensbedingung beiseitegelassen wurde. Eine sinnvolle Motivation für diese unterschiedliche Buchung ist nicht ersichtlich: Der Nießbrauchsvorbehalt zeigt immer an, dass der Verfügende dem Zuwendungsempfänger die Verfügungsmacht über die betreffende Sache sofort einräumte. Ausgeschlossen werden können auch interlokale Differenzen, denn in Köln kamen beide Varianten vor.479 Eine sinnvoll erscheinende Erklärung könnte darin bestehen, dass der Schöffenschreiber hier nicht exakt gearbeitet hat. Dass das keine inhaltlich befriedigende Erklärung ist, liegt auf der Hand. Die Tatsache, dass unter den Verfügungen über einzelne Sachen die sofort wirksamen, lebzeitigen Verfügungen absolut und deutlich überwiegen, kann nicht überraschen. Hinter den 8.133 betreffenden Einträgen verbirgt sich im Wesentlichen der gesamte in den Büchern erfasste Grundstücksverkehr. Alle ausgewerteten Sammelquellen haben hier übereinstimmend die meisten Einträge aufzuweisen. Die Motivationen für die Verfügungen sind mannigfach – sie reichen vom Kauf über die Schenkung zur Verpfändung. Nicht immer ist eine solche Motivation freilich erkennbar, die vor Gericht vorgenommene Verfügung war demnach meist eine abstrakte Auflassungserklärung, die jedenfalls in den Städten seit dem hohen Mittelalter nicht (mehr?) auf dem Grundstück selbst vorgenommen wurde. Immerhin bestätigt sich in den sächsischen empirischen Quellen, wie effektiv Land- und Stadtrecht, die die Vornahme einer Verfügung über Liegenschaften (eigen) vor Gericht forderten,

477 478

479

Der gleiche Befund gilt übrigens für die Gesamtverfügungen. Diese schrieb diese Wirkung freilich den „einfachen “ post mortem-Klauseln zu. Die betreffenden neun Einträge (und die 48 Einträge, in denen bei einem Nießbrauchsvorbehalt die post mortem-Klausel fehlt) sind die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen, die beweist, dass der Rechtsverkehr zwischen Verfügungen unter Erlebensbedingung und Verfügungen unter Nießbrauchsvorbehalt unterschied. 39 Verfügungen ohne Erlebensbedingung aber mit Nießbrauchsvorbehalt stehen drei Verfügungen mit Erlebensbedingung und mit Nießbrauchsvorbehalt gegenüber.

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

601

waren. Aber auch für das merowingisch-karolingische Recht (LRib) kann letztlich nichts anderes gelten. Die folgenden beiden Gruppen belegen die Elastizität des mittelalterlichen städtischen Rechtsverkehrs. Einzelverfügungen, in denen eine post mortemKlausel fehlte, die aber gleichwohl durch einen umfänglichen Verfügungsvorbehalt als erlebensbedingte Verfügungen erkennbar wurden, konnten in 198 Fällen gezählt werden. Auffällig ist dabei, dass solche Verfügungen fast ausschließlich in den Quellen aus dem Erzbistum Magdeburg überliefert sind. In Köln konnte nur eine entsprechende Notation gesichert werden, in Brandenburg eine weitere und in Böhmen (Dux) zwei weitere. Halle, Neuhaldensleben und Aken liefern hier die Nachweise. Das genau entgegengesetzte Bild bieten die Einzelverfügungen ohne post mortem-Klausel, die durch einen Nießbrauchsvorbehalt als lebzeitige Zuwendungen charakterisiert wurden. Zwar konnten insgesamt nur 48 entsprechende Notate erfasst werden: Davon stammen aber 39 aus den Kölner Schreinskarten; die restlichen neun verteilen sich splitterartig über das Erzbistum Magdeburg und über Böhmen. Wieder sind es diese 48 Nachweise,480 die belegen, dass in den mittelalterlichen Stadtgerichten genau differenziert wurde, wenn es um die Frage der lebzeitigen oder der postmortalen Wirkung der Verfügung ging. Die lebzeitig wirksamen Verfügungen unter Nießbrauchsvorbehalt beweisen, dass die Verfügungen mit einfacher post mortem-Klausel eine andere Wirkung als diese gehabt haben müssen. Immerhin: Es war im Zeitraum zwischen 1135 und 1400 weder in rheinischen, noch in sächsischen, böhmischen oder schlesischen Städten üblich, über einen konkreten einzelnen Vermögensgegenstand so zu verfügen, dass dem Verfügenden die Nutznießung der Sache verblieb und die Verfügungsmacht auf den Zuwendungsempfänger überging. Leibgedingeverfügungen über Einzelsachen waren häufiger. 502 unter 10.192 Einträgen sind so strukturiert, dass dem Zuwendungsempfänger etwas so zugewendet wurde, dass es beim Tod des Empfängers nicht an dessen Erben gelangen, sondern an den Zuwendenden selbst oder an die Erben des Zuwendenden zurückfallen sollte. Dabei konnte auch wieder differenziert werden – in 378 Fällen fehlte eine post mortem-Klausel. Hier ist also anzunehmen, dass der Erwerber sofort in den Genuss des Verfügungsgegenstandes kam. In 33 Fällen fehlte zwar eine post mortem-Klausel, dafür existierte aber ein Verfügungsvorbehalt zugunsten des Zuwendenden. 91 Notate standen unter Erlebensbedingung. Die betreffenden Einträge kamen in allen Städten mit großen Fallzahlen vor, häufig waren sie in Halle/S., selten dagegen in Zerbst und in Aken. 235 Eintragungen sind hier als Vermächtnisanordnungen unter Erlebensbedingung charakterisiert worden. Hier ist in der Regel angeordnet worden, 480

Dass es sich um kleine Fallzahlen handelt, tut der Relevanz dieser Gruppe keinen Abbruch. Auch eine einzige entsprechende Verfügung unter tausenden wäre ein Nachweis dafür, dass der konkrete Einzelfall durch gedankliche Variation in eine dem Parteiwillen entsprechende juristische Form gebracht werden konnte.

602

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

dass der Begünstigte einen bestimmten Gegenstand nach dem Tod des Verfügenden vorab (also vor den anderen Erben) erhalten sollte. Eigentümlicherweise ist dieser Weg fast nur in Zerbst beschritten worden (hierher stammen allein 195 Notate). Solche Verfügungen waren aber auch in Köln und in Breslau möglich.

(3) Verfügungen über Vermögensgesamtheiten 4.343 Verfügungen betrafen keine einzelne, konkret benannte Sache, sondern Vermögensgesamtheiten und Nachlässe (in der Form des künftigen Vermögens). Hier waren die Motivationen andere als bei den Einzelverfügungen: Verpfändungen und Verkäufe scheiden hier gedanklich schon von vornherein aus, viel häufiger wird es in dieser zweiten Hauptgruppe um Geschäfte gegangen sein, mit denen postmortale Verteilungswünsche verwirklicht werden sollten. Bemerkenswert ist dabei, dass solche Gesamtverfügungen in den untersuchten sächsischen, böhmischen und schlesischen Städten proportional häufiger vorkamen als in der untersuchten rheinischen. Während die Gesamtverfügungen im Osten regelmäßig ein Drittel bis die Hälfte aller Verfügungen ausmachten, erreichten sie in Köln nur etwas mehr als ein Achtel aller Verfügungen. Immerhin kamen sie auch dort vor – nur eben seltener. Auf Calbe und Burg, wo die Zahl der Gesamtverfügungen die der Einzelverfügungen überstieg, kann kein Gewicht gelegt werden – hier handelt es sich um fragmentarische Überlieferungen. Umso überraschender ist das Ergebnis, das Böhmisch-Kamnitz (fast gleichviele) und Zipser Neudorf (deutlich mehr Gesamt- als Einzelverfügungen) lieferten – nur ist hierbei zu bedenken, dass in den beiden betreffenden Büchern kaum Grundstücksverkehr erkennbar wird. Wahrscheinlich haben wir es hier mit recht statischen Gemeinwesen zu tun, in denen das kalthändige Erben im Untersuchungszeitraum häufiger vorkam als das warmhändige Erwerben. Mehr als ein Viertel aller dieser Gesamtverfügungen (1.338) war mit einer einfachen post mortem-Klausel in der Wirksamkeit daran gebunden, dass der Begünstigte den Verfügenden überlebte. Nicht gefunden werden konnten solche Verfügungen nur in Calbe und Burg, wobei hier wieder der fragmentarische Charakter der Quellen eine Verallgemeinerung verbietet. Erlebensbedingte Verfügungen über Vermögensgesamtheiten waren damit dem Rechtsverkehr in allen untersuchten Städten bekannt. Kombinierte Verfügungen fanden sich auch hier. In 171 Fällen war die post mortem-Klausel mit einem Verfügungsvorbehalt gekoppelt. In drei Fällen stand neben der post mortem-Klausel ein Nießbrauchsvorbehalt. Solche Kombinationen fanden sich aber bis auf eine einzige Ausnahme (eine Kombination von post mortem-Klausel mit einem Nießbrauchsvorbehalt in Köln) ausschließlich in Städten sächsischen Rechts (Erzbistum Magdeburg, Böhmen und Schlesien). Auch hier besteht wieder das oben schon angesprochene Problem, worin der Sinn einer Kombination aus Erlebensbedingung und

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

603

Nießbrauchsvorbehalt bestanden haben könnte, das hier noch verschärft wird dadurch, dass Gesamtverfügungen, die nicht unter Erlebensbedingung standen und einen Nießbrauchsvorbehalt aufwiesen, ebenfalls extrem selten waren (sie kamen nur ganze zwei Mal vor). Ob es sich aber um Fehlbuchungen handelte oder ob die Parteien wirklich einen Sinn darin sahen, dass der Verfügende sich den Nießbrauch an seinem Vermögen vorbehielt und es gleichzeitig dem Erwerber nur unter der Bedingung, dass dieser ihn überlebte, zuwendete, mag dahinstehen: Auch bei den Gesamtverfügungen zeigt sich, dass der Nießbrauchsvorbehalt zwar bekannt war, aber nur in seltenen Fällen verwendet wurde. Häufiger war die einfache post mortem-Klausel oder eine Kombination aus dieser mit einem Verfügungsvorbehalt, die eine sinnvolle Gestaltung ermöglichte. Zahlenmäßig nicht weit zurück hinter den Gesamtverfügungen unter Erlebensbedingung stehen die Gesamtverfügungen, die sofort wirksam wurden, weil ihnen eine Bedingung fehlte. Insgesamt wurden 1.034 entsprechende Notate erfasst. Damit zeigt sich: Wird der Grundstücksverkehr, der auf einem gegenseitigen Leistungsaustausch beruht, aus den eine Vornahme vor Gericht erfordernden481 Verfügungen herausgenommen, halten sich sofort wirksame und postmortal wirksame Verfügungen nicht ganz die Waage – lebzeitige Schenkungen waren weniger häufig als Schenkungen von Todes wegen. Dieses Bild verschiebt sich noch mehr zugunsten der Schenkungen von Todes wegen, wenn die Gesamtverfügungen, denen eine post mortem-Klausel fehlt, die aber einen Verfügungsvorbehalt aufweisen, den Verfügungen von Todes wegen hinzugerechnet werden. Solche Verfügungen kamen im untersuchten Quellenmaterial 878 mal – freilich nur in den Städten des Erzbistums Magdeburg vor. Den gegenseitigen Verfügungen unter Ehegatten ist eine eigene Untergruppe unter den Gesamtverfügungen eingräumt worden. 444 Einträge aus allen Büchern beurkunden Verfügungen unter Erlebensbedingung. Nur in Andernach, Calbe und Bautzen fehlten solche Verfügungen. Ihnen stehen 85 sofort wirksame Verfügungen gegenüber – Ausnahmen, die nur in Neuhaldensleben, Halle, Burg und Brandenburg etwas häufiger vorkamen. Verfügungen (von Todes wegen) ohne post mortem-Klausel aber mit Verfügungsvorbehalt waren wider häufiger (151 Notate), wobei zu beachten ist, dass diese Variante eine Zerbster Spezialität war: hier wurde 112 Mal entsprechend beurkundet. Die restlichen 39 Notate stammen aus Aken und Halle. In den übrigen Büchern fehlt diese Variante ganz. Nachzutragen sind noch 17 gegenseitige Verfügungen unter Erlebensbedingung, die nicht unter Ehegatten stattgefunden haben. Oft hat es sich um Geschwister gehandelt – die Einzeldarstellung der einzelnen Bücher hat diese Verfügungen schon hervorgehoben.

481

Grund hierfür war, wie schon mehrfach hervorgehoben, der Verfügungsgegenstand (Liegenschaften, Erbgut oder Nachlässe).

604

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Verfügungen über Vermögensquoten bilden den Abschluss. Auch sie kamen überall vor – oft ging es um Halb-, Drittels- oder Viertelszuwendungen. Sie konnten unter Erlebensbedingung (60 Nachweise), ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt (32 Nachweise) und ganz ohne Bedingung (47 Nachweise, davon allein 25 aus Burg) vorgenommen werden. Eindeutig erbrechtlichen Charakter hatten die 81 Zuwendungen von Kindesteilsquoten (die den Erbfall voraussetzten). Auch sie kamen sowohl in der rheinischen als auch in der sächsischen, böhmischen und schlesischen Praxis vor. Ob es sich dabei immer um Einkindschaften gehandelt hat, ist den Quellen nicht deutlich zu entnehmen, Kindschaftsverhältnisse sind zu den Begünstigten nicht immer angedeutet.

(4) Verschiedenes Abschließend gilt es bei dieser Zusammenfassung noch die 670 Notate zu betrachten, in denen keine eigene Verfügung vorgenommen wurde, die aber gleichwohl thematisch relevant sind. Zunächst lieferten die Schöffen- und Stadtbücher 529 Verzichtserklärungen. Damit steht fest, dass die Verzichte nicht als Zustimmungserklärungen von potenziellen Erben zu eventuellen Verfügungen gewertet werden dürfen, hierfür wäre ihre Zahl zu klein. Es handelt sich vielmehr um eigene Rechtsgeschäfte, die, wenn sie Liegenschaften, Erbgut oder einen Nachlass betrafen, vor Gericht erklärt wurden. Erbrechtlichen Charakter tragen die 37 Anordnungen von Auflagen gegenüber den Erben des Anordnenden. Sie waren in Köln häufiger als in den anderen untersuchten Quellen, kamen aber auch in anderen Büchern vereinzelt vor (Magdeburg, Lausitz, Schlesien). Die verbleibenden Einträge bezogen sich alle entweder auf fremde oder eigene Verfügungen: Es handelt sich um fremde Widersprüche (88 Einträge), fremde Genehmigungen (12 Notate) und – sehr selten – eigene Widerrufserklärungen (4 Einträge). Freilich waren sie nur in den Büchern von Neuhaldensleben, Aken, Halle, Zerbst, Calbe und einmal in Bautzen zu finden. Besonders häufig (75 von 88 Notaten) wurden fremde Widersprüche gegen Verfügungen in Halle beurkundet. Wahrnehmbar sind solche fremden Widersprüche auch in Neuhaldensleben und Zerbst. 482 Die besondere Häufigkeit in Halle korreliert freilich mit der Tatsache, dass die Hallischen Bücher auch besonders gründlich in der Notierung des eventuellen Erbenlaubes gewesen sind.

482

Das mag freilich auch damit zusammenhängen, dass die Bücher von Neuhaldensleben, Zerbst und Halle die größten Fallzahlen liefern.

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

605

(5) Tabellarische Übersicht Die auf der folgenden Seite wiedergegebene Tabelle483 zeigt die Zusammenstellung aller Ergebnisse auf einen Blick. Die Einzelnachweise befinden sich im Anhang. Bevor eine abschließende Zusammenfassung möglich ist, müssen noch die sächsischen Schöffensprüche in den Blick genommen werden. Sie liefern insbesondere Aufschluss über die Sinnhaftigkeit der schon mehrfach angesprochenen Kombinationen aus Erlebensbedingung und Verfügungsvorbehalt.

483

Die Städtesiglen in der ersten Zeile bedeuten: KOE Köln, AND Andernach, HAL Halle/Saale, ZER Zerbst, AKE Aken/Elbe, NHL Neuhaldensleben, CAL Calbe, BUR Burg, TBR Treuenbrietzen, BRB Brandenburg, BZ Bautzen, FRB Freiberg/Sa., BKM Böhmisch Kamnitz, DUX Dux, ZND Zipser Neudorf, BRS Breslau. Vollständig ausgefüllte Spalten zeigen an, dass eine vollständige Edition ausgewertet werden konnte, bei nicht vollständig ausgefüllten Spalten handelt es sich um auszugsweise Editionen.

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

606

KOE

AN D

NHL

AKE

HAL

ZER

CAL

BUR

TBR

BRB

BZ

FRB

BKM

DU X

ZND

BRS

I.1.a

220

4

138

314

71

150

1

1

3

15

9

1

2

3

3

4

939

I.1.b

0

0

39

40

33

4

0

0

0

0

0

2

0

10

128

I.1.c

3

0

0

2

0

1

0

0

0

0

0

0

0

3

9

I.2.a

515

28

2622

876

1180

2487

4

8

77

104

10

3

91

2

109

8133

I.2.b

1

0

68

32

91

3

0

0

1

0

0

0

2

0

I.2.c

39

2

1

2

1

0

0

0

0

0

1

2

0

I.3.a

154

1

50

5

134

13

0

0

11

4

0

0

0

4

378

I.3.b

1

0

9

0

21

1

0

0

0

0

0

0

0

1

33

I.3.c

62

1

6

1

15

0

0

0

2

0

0

1

0

3

91

I.4.

2

0

21

0

8

195

0

0

2

0

0

0

1

1

5

235

! I.

997

36

2954

1272

1554

2854

5

9

22

95

126

15

6

102

6

139

10192

II.1.a

22

2

303

22

20

946

0

0

8

2

2

2

2

2

0

5

1338

II.1.b

0

0

23

48

64

15

0

2

0

0

0

3

0

16

171

II.1.c

1

0

0

1

0

1

0

0

0

0

0

0

0

3

II.2.a

21

10

299

21

387

224

17

1

14

6

1

6

0

1034

II.2.b

0

0

574

77

223

3

0

1

0

0

0

0

0

878

II.2.c

1

0

0

0

0

0

0

1

0

0

0

0

0

II.3.a

50

0

71

31

159

61

0

6

8

5

0

1

1

24

25

II.3.b

4

0

12

3

34

1

0

12

1

18

0

0

0

0

0

85

II.3.c

0

0

112

9

30

0

0

0

0

0

0

0

0

151

II.3.d

1

0

2

2

7

4

0

0

1

0

0

0

0

0

II.4.a

10

0

5

3

3

0

0

1

5

0

0

1

1

1

II.4.b

0

0

8

19

4

0

0

0

0

0

0

1

0

32

II.4.c

5

1

5

0

0

6

0

25

2

0

0

0

1

47

II.4.d

16

1

40

1

17

0

0

0

1

1

1

0

3

0

! II.

131

14

1454

237

948

1261

17

49

72

19

10

5

40

27

26

4343

III.1.

94

2

36

30

237

38

7

6

32

7

14

14

0

12

529

III.2.

18

1

8

1

7

0

0

0

1

0

0

0

0

1

37

III.3.

0

0

6

1

75

5

1

0

0

0

0

0

0

88

III.4.

0

0

2

1

9

0

0

0

0

0

0

0

0

12

III.5.

0

0

0

0

1

2

0

0

1

0

0

0

0

! III.

112

3

52

33

329

45

8

6

0

0

34

7

14

14

0

13

670

total

1240

53

4460

1542

2831

4160

30

64

94

128

179

32

25

156

33

178

15205

I.

17

2

198 48

II.

27

27

0

2

33

2 2

444

17 3

60

81

III.

4

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

607

III. Verfügungen von Todes wegen vor sächsischen Schöffenstühlen Das untersuchte Quellenmaterial bietet neben den Rechtstatsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Gestalt der Entscheidungen sächsischer Schöffenstühle (Magdeburg, Leipzig, Halle) auch Interpretationshilfen aus der streitigen Gerichtsbarkeit. Orientiert an den Fragestellungen dieser Arbeit sind die einzelnen ergangenen Entscheidungen der einzelnen Schöffenstühle hier geordnet: zum Verfügungsgegenstand, zur Erlebensbedingung, zum Erbenlaub und zu Kraftproben (bzw. zur Siechbettverfügung). Dabei kommt es freilich an manchen Stellen zu Überschneidungen – manche Schöffensprüche müssten als Beleg für jedes Probem zitiert werden.

1. Magdeburg Zahlreiche Entscheidungen hat der vom 13. bis zum 15. Jh. wichtigste sächsische Schöffenstuhl auf Anfragen aus Tochterstädten des Magdeburger Stadtrechts an die dortigen Gerichte versendet. Sie stehen mittlerweile in einigen Editionen zur Verfügung, obwohl auch noch bisher unerschlossenes Material vorhanden ist. 484 Ein Überblick über den Editionsstand soll hier nicht gegeben werden.485 Die einschlägigen Publikationen sind leicht zugänglich. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Hauptmasse der heute in edierter Form zur Verfügung stehenden Magdeburger Schöffensprüche entweder aus dem 15. Jh stammen oder nicht genau datierbar sind. Letzteres trifft auf einen nicht unerheblichen Teil der von Viktor Friese und Erich Liesegang gesammelten Magdeburger Schöffensprüche486 zu, bei denen nur die zeitliche Einordnung 14. oder 15. Jh. möglich war. Dem zeitlichen Ansatz dieser Untersuchung folgend sind daher nur die bis einschließlich 1400 ergangenen Sprüche in den Text übernommen worden. Auch anhand dieses Materials lässt sich die These, dass das sächsische Recht echte Verfügungen von Todes wegen seit jeher kannte, belegen.

(1) Zum Verfügungsgegenstand a) Erbgut und Erwerbsgut. Über die unterschiedlichen Voraussetzungen einer Verfügung über Erwerbs- und Erbgut (und auch zur Auslegung einer Erlebensbedingung) sind folgende Sprüche der Magdeburger Schöffen zu beach484 485 486

So über 400 originale Schöffenbriefe aus Magdeburg im Görlitzer Ratsarchiv. Die Sammlung setzt freilich erst im beginnenden 15. Jh. ein. Vgl. hierzu die bibliografischen Nachweise im Quellenanhang. F RIESE/LIESEGANG (Hrsg.), Magdeburger Schöffensprüche.

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ten. Ein erster Spruch erging kurz nach dem 28. April 1324 nach Leitmeritz (Litome(ice): [...] 3. Ferner habt ihr uns gefragt, ist, daß ein Mensch Habe und Erbe erarbeitet hätte, ob er das bei seinem gesunden Leben seinen Kindern verschaffen könne, oder geben, wem er wollte, damit sie es nach seinem Tode erblich besäßen, mit solchem Unterschied, daß er, diewiel er lebt, damit tun und lassen könne, was er wollte oder könnte, oder ob etwas daran zu bessern oder zu strafen ist, daß wir Euch darüber belehrten, ob das sein kann. Denn Ihr und Eure Vorfahren habt das geteilt bis zum heutigen Tag, denn das sagen auch die Rechtsbücher, daß ein Mensch mit seinem erworbenen Gut tun und lassen kann, was er wolle. Hierauf sprechen w. Sch. zu Magdeburg ein Recht: Ein Mensch, der sein Gut erarbeitet hat, kann es bei seinem gesunden Leben seinen Kindern oder wem er wollte geben nach seinem Tode, also daß er dessen mächtig sei, dieweil er lebt, ist, daß solche Gabe vor gehegtem Gerichte geschieht, wie Recht ist. Von Rechtes wegen.487

Nach dieser Entscheidung der Magdeburger Schöffen bestand Verfügungsfreiheit für das Erwerbsgut, über das vor dem Gericht sowohl zugunsten der Kinder (also den nächsten Erben) als auch jeder beliebigen dritten Person verfügt werden konnte. Über das Erbgut des Erblassers trifft die Quelle keine Aussage. Fraglich ist, ob dem Verfügenden zu Lebzeiten die volle Verfügungsmacht verblieb oder ob er zu Lebzeiten nur noch als ein durch das Vollrecht des Begünstigten beeinträchtigter Nutzer der Sache (i. e. ein Nießbraucher) anzusehen ist. Die Quelle meint einesteils in ihrem Anfrageteil, der Verfügende nehme das Geschäft mit dem Unterschied vor, dass er selbst, solange er lebe, mit dem Eigengut tun und lassen könne, was er wolle und was er könne. Im Spruchteil andernteils nehmen die Magdeburger Schöffen diese Formulierung entsprechend auf und formulieren, der Verfügende sei des verfügten Gutes, solange er lebe, mächtig. Der Anfragende (der Rat von Leitmeritz) wies mit dem Wortlaut der Anfrage zurück in die Vergangenheit: Die Magdeburger Schöffen selbst und auch ihre Vorgänger hätten bisher immer so geurteilt. Damit dürfte die Urkunde wenigstens auf den Anfang des 14. Jh. zurückverweisen. Ihre Datierung nach 1324 ergibt sich aus einer Referenzquelle, auf die in Nr. 7 des hier zitierten Spruches verwiesen wird.488 Gewicht erhält diese Quelle dadurch, dass der Rat von Leitmeritz sich auf die Rechtsbücher (im tschechischen Original: knihy prawni) bezog, die zu eben demselben Ergebnis kämen. Unklar bleibt, ob die Schöffen damit auf Ssp oder Magdeburger Stadtrechtsquellen abstellen wollten. Insgesamt kamen die Magdeburger Schöffen zu dem Ergebnis, dass 487

488

WEIZSÄCKER, Magdeburger Schöffensprüche und Rechtsmitteilungen für den Oberhof Leitmeritz, Nr. 4, S. 30-34. Übersetzung nach Weizsäcker (bei dem tschechischen Text des Originals handelt es sich um eine Übersetzung des ursprünglich deutsch abgefassten Spruches). Vgl. WEIZSÄCKER, Magdeburger Schöffensprüche für Leitmeritz, S. 35, Anm. 2.

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die Verfügungsfreiheit des Einzelnen über sein Erwerbsgut ausnahmslos anzuerkennen sei. Eine Beschränkung des Geschäfts auf solche begünstigten Personen, die zum Kreis der berechtigten Erben nach dem Verfügenden gehören, ist nicht erkennbar. Freie Verfügbarkeit über das Erwerbsgut bestätigten die Magdeburger auch in einem Spruch nach Breslau (Wroc!aw), der vor 1352 verfasst wurde und der die Frage behandelte, ob über den aus einem Zinsgrundstück erworbenen Gewinn verfügt werden durfte: Hat ein man eine koufkamer oder ein ander erbe 489, das her gekouft hat ader das im gegebin ist, do her czins von gebit, die besserunge bobin dem czins mak her vorkoufen ader vorgebin, wenne her wil.490

Die Voraussetzungen einer Verfügung über das Erbgut andererseits erörterten die Magdeburger Schöffen in einem weiteren Spruch nach Leitmeritz (Litome(ice) aus dem Jahre 1326: ... Hierauf sprechen w. Sch. zu Magdeburg ein Recht: Kann Elias durch Bekenntnis der Schöffen, wie Recht ist, das beweisen, daß sein Vater vor gehegtem Gericht, vor den vier Bänken, da wo alle Dinge Macht haben, ihm Habe übergeben hat, die ihm [dem Vater] angestorben und erblich überkommen ist, und hat sich sodann Elias aus rechter echter Not aus dem Stadtrechte gezogen und dort seinen rechten Wohnsitz nicht gehabt zu Kirche und zu Wegen, und ist er im Herrendienst gewesen bis zu dieser Zeit, wenn er das bewiese, so wie Recht ist: hat sodann er [Witek] sich seines [Elias’] vorgenannten Erbes einmal, ihm [Elias] unwissentlich, unterwunden und es in seiner Gewere und Macht gehabt Jahr und Tag und über Jahr und über Tag fünf Jahre, wie es sich ihm eben traf, also daß es Elias niemals ihm noch einem andern Menschen vor gehegtem Gerichte, da wo Erbe von Rechts wegen übergeben werden soll, übergeben hat, und Elias in demselben Jahre, da er wieder ins Land zurückgekehrt ist, als es ihm wissentlich wurde, binnen Jahr und Tag widersprochen hat von Rechts wegen; kann Elias das beweisen, wie Recht ist, dann kann Witek an diesem Gute keine rechte Gewere noch Recht haben. Denn Elias ist nach Recht näher sein Erbe und seine Eigengewere zu behalten ist nach der Niederschrift mit Beweis oder Zeugnis der Schöffen, wie Recht ist, als daß es Witek mit seinem Beweise erhalten könnte. Und das bezeugen wir mit unserem Insiegel, das oben an diesem Brief aufgedruckt ist. Anno etc. 26.491

Berichtet wird, dass Elias’ Vater seinem Sohn (ob er ein ehelicher Sohn ist, bleibt unerwähnt) Erbgut übergeben hat. Eine tatsächliche Übergabe des Gutes kann aber nicht stattgefunden haben, anderenfalls hätte Witek nicht ohne Mitwirkung Elias’ das Gut in Besitz nehmen können. Die Übergabe vom 489 490 491

Erbe dürfte hier ein bestimmtes, nicht lehnsgebundenes Grundstück bedeuten. E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 28 (Nr. 18). WEIZSÄCKER, Magdeburger Schöffensprüche für Leitmeritz, Nr. 5, S. 35 f. Übersetzung nach Weizsäcker (bei dem tschechischen Text handelt es sich um eine Übersetzung des ursprünglich deutsch abgefassten Spruches).

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Vater an Elias muss daher in ihrer Wirkung aufgeschoben gewesen sein. Naheliegend ist eine Erlebensbedingung. Das einzige Bedenken, das die Magdeburger Schöffen bei diesem Geschäft thematisieren, ist die Frage, ob diese Verfügung in den rechten Formen vollzogen worden ist. Erbe soll von Rechts wegen vor gehegtem Gericht übergeben werden. Dass das mit normativem Land- und Stadtrecht übereinstimmt, braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden. Die Verfügungsmacht bestand auch für die Magdeburger Schöffen. Sie erstreckte sich auch auf das Erbgut. Einschränkungen sind nicht erkennbar. b) Fahrnis und Liegenschaften. Die Magdeburger Schöffen hatten auch Gelegenheit, über die unterschiedlichen Voraussetzungen der Verfügung über Fahrnis und Liegenschaften zu entscheiden. Eine erste Entscheidung hierzu wurde im Jahre 1330 in das altmärkische Stendal versandt: Tu den saken de gy uns ghescreven hebben an juweme breve, spreke wy vor eyn recht: Dat de vrowe van der gy uns ghescreven hebben, wol gheven mochte van rechte erme werde, do si one nam, swat se hadde an redeme ghude unde an varender have ane heghet dingh. Swaz se aver eghenes unde standes erves hadde, des en mochte se ome nicht gheven wenne in gheheghedem dinghe, unde gaf se om des nicht, so scal it volghen to rechte oren erven. Vortmer umme de anderen ghift de ore wert ore heft ghegheven. Spreke wy vor eyn recht: Heft se dar jeghenwerdich ghewesen, do ore wert ore de anderen gyft dede unde se de ghyft mit willen heft anghenemet, so en heft de erste ghyft nene macht.492

Umstritten zwischen den Erben einer Frau und ihrem Mann bzw. dessen Erben war eine Verfügung der Frau zugunsten ihres Mannes, die sie augenscheinlich vorgenommen hatte, als beide heirateten. Die Schöffen differenzierten nach Fahrnis (hierzu gehört auch die redeme have: Barhabe) und Grundvermögen. Über erstere konnte wirksam auch ohne Gericht verfügt werden.493 Die Verfügung über letztere musste vor Gericht geschehen sein. Das entspricht sowohl Land- als auch Stadtrecht. Die Schöffen klärten noch eine Zusatzfrage. Die Verfügung der Frau konnte dadurch aufgehoben worden sein, dass der Mann zugunsten seiner Frau seinerseits über Vermögen (wohl unter Einschluss desjenigen, was die Frau ihm vorher zugewendet hat) verfügt hat. Logische Folge war, dass solches Vermögen dann den Erben der Frau zustehen sollte. c) Künftiges Gut (Nachlass). Zur Auslegung der ummer mer gewynnet- und auch der aus einzelnen Schöffenbüchern bekannten proximi succedunt-Klausel 492 493

BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, Nr. 11, S. 51 f. Inhaltlich identisch die zwischen 1352 und 1363 nach Breslau ergangene Entscheidung bei E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 55 (Nr. 77 f).

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eignet sich ein weiterer Spruch der Magdeburger Schöffen nach Stendal aus dem Jahre 1335: O ft e e n e r v r o w e n e y n e r v e a n s t o r v e d e s s i n i c h t e r e n m an n e h e d d e g h e g h e v e n . Ok hebbe gy und ghevraghet umme eynen juwer borghere, de nam eyne juncvrowen to echte unde ghaf ere in deme gheheghedem dinghe half unde half, wie lengher levede, dat he deilede mit den neghesten erfnamen. Dar na starf der vrowen an eyn stande erve von erer muder weghene, dat en gaf sie nicht orme manne. Des besat die man dat selve anghestorven erve mit der vrowen jar unde dach unde echt jar unde dach ane ansprake unde beterde unde buwete dat erve von jare to jare. Nu is de man ghestorven, des spricht de vorve [vrowe], dat dat anghestorven erve ore to voren si, na dem male dat sie dat nicht vorgheven heft. Nu spreken des mannes erfnamen dar jeghen: nach dem male dat die man dat vorbenomde erve beseten heft jar unde dach unde echt jar unde dach sunder ansprake, dat sie to rechte dat selve erve deylen scolen lyk deme anderen gude. Des spreke wi vor eyn recht: Spricht de ghift, dat die vrowe erme manne ghegheven hedde, swat se hadde, so scal de vrowe dat stande erve dat ore anghevallen is, alleyne to rechte behalden. Sprickt aver die ghift, dat die vrowe orme manne hedde ghegheven swat sie hadde unde ummer mer ghewunne, so scolen die erfnamen dat stande erve, dat ore anghevallen is, to rechte half nemen. […].494

Die Auslegung richtet sich nach einer sachgemässen Willensinterpretation: Entweder das der Frau durch Erbfall zugefallene bebaute Grundstück (stande erve) gehörte nach dem Tod des Mannes zur der Verfügung entsprechend halb und halb zu teilenden Teilungsmasse oder nicht. Der Einwand der Erben des Mannes, der Erblasser hätte das Grundstück über Jahr und Tag besessen, verfing bei den Schöffen nicht, denn nur der Besitz über Jahr und Tag infolge einer Verfügung schützte vor der Ansprache durch einen Dritten, wie sich aus § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 und Art. 37 des Magdeburger Schöffenrechts ergibt. Die Schöffen stellten in ihrer Entscheidung zwei Auslegungsalternativen auf. Entweder verfügte der Verfügende über das, was er hatte – oder er verfügte über das, was er hatte und was er noch erhalten würde. In letzterem Fall fiel das streitige bebaute Grundstück zur Hälfte den Erben des Mannes an, nur im ersteren Fall behielt die Frau es allein.495 Der Spruch der Schöffen klärt, dass das künftige Vermögen (der Nachlass) als Verfügungsgegenstand ohne weiteres zulässig war. Die Entscheidung klärt aber auch noch eine weitere Frage. Der Sachverhalt war ja davon gekennzeichnet, dass die Frau das umstrittene bebaute Grundstück infolge Erbganges erworben hatte. Es handelte sich mithin um Erbgut, das unproblematisch von einer Verfügung über eine Vermögensgesamtheit erfasst werden konnte. Die Formulierung vmmer mer gewint bezieht sich demnach nicht nur auf selbst gewonnenes (erarbeite494 495

BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, Nr. 20/2, S. 84 f. Diese Frage entschieden die Magdeburger Schöffen nicht – das überließen sie dem anfragenden Gericht.

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tes) Gut. Die rechtliche Mobilisierung des auf welchem Erwerbsgrund auch immer beruhenden Nachlasses lässt sich somit auch für die streitige sächsische Gerichtsbarkeit nachweisen. Die gegenseitige Verfügung unter Ehegatten, die hier gewählt wurde, kam (darauf wurde schon hingewiesen) auch in den Schöffenbüchern häufig vor. Sie unterschied sich aber von der ebenfalls aus den Schöffenbüchern bekannten Beurkundung zweier unter Ehegatten vorgenommener, selbständiger Verfügungen, die nur sachlich miteinander korrespondierten. Hier dagegen ist nur eine, dafür aber wechselbezügliche Verfügung vorgenommen worden und zwar im Wege der so genannten proximi succedunt-Klausel: wer lenger levede, dat he deilede mit den neghesten. Eine Bindung der Frau an diese Verfügung war nur möglich, wenn sie diese Erklärung des Mannes angenommen hat, wenn die Verfügung Vertragscharakter hatte. Von dieser Bindung gingen aber die Schöffen aus. Diese Annahmeerklärung der Frau wirkte dann so, als hätte sie selbst eine eigene Verfügung an den Mann vorgenommen. Es ist bei dieser einaktigen, wechselbezüglichen Verfügung anders als bei der mehraktigen gegenseitigen Verfügung möglich, eine einzige Bedingung aufzustellen, nämlich den Tod des Erstversterbenden. Ausgeschlossen sein sollte aber nach der zwischen 1352 und 1363 nach Breslau mitgeteilten Ansicht der Magdeburger die Verfügung über den Nachlass eines noch lebenden Dritten: Ab eyne fraue bey eres elichen manne leben die gerade, die noch desselben mannes tode an sie gefallen sulde, moge vorgeben irem manne ader weme sie welde, bey erem leben, ader nicht? Hiruf sprechen wir vor eyn recht: Die gerade, die einer frauen noch eres mannes tode angefallen sal, der mag keyne fraue irem manne noch nymande bey eres mannes leben gegebin. Von rechtes wegen.496

(2) Zur Erlebensbedingung Dass das richtige Verständnis der Erlebensbedingung vor sächsischen Gerichten umstritten war, wird wenig verwundern. Dass die Magdeburger Schöffen die Verfügung unter Lebenden als eigenes Institut kannten, wird deutlich an einem vor 1352 nach Breslau verschickten Urteil: Swelich kint sin vatir usgeradet unde begabit hat by sime lybe, das sal nicht czu teile gehen zu seynes vatir gute mit den andern kindern, die in dem gute besterben. Swelch kint abir von sime vatir nicht begabit ist, das sal mit den kinden, di in der were besterbin, billichin teil haben an sines vatir gute.497

496 497

E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 55 (Nr. 77 e). E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 41 (Nr. 49).

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Es überrascht nicht, dass die Magdeburger Schöffen die Verfügung von Todes wegen von diesen Verfügungen by sime lybe498 unterschieden. Das ist Gegenstand der folgenden Entscheidungen. a) Zur einfachen post mortem-Klausel. Eine erste Entscheidung der Magdeburger Schöffen, die im Jahre 1330 nach Stendal verschickt wurde, befasste sich mit der Frage des Bedingungseintritts. Zwei Eheleute hatten gegenseitig untereinander unter Erlebensbedingung über Vermögen verfügt: Der Mann hatte seiner Frau sein Vermögen (postmortal) zur Hälfte zugewendet, die Frau das ihre dem Manne ganz. Technisch lagen zwei gesonderte, korrespondierende Verfügungen vor: W o e y n m an s i n e w i v e g af h a lf s i n g u t u n d e s i g af em w e d e r a l i r g u t . […] Wo eyn ledich man nam eyne ledighe vrouwen tu eyner echten vrowen; de brachten kleyne ghudes tu hope; dar na wunnen se ghud, des quam de man unde gaf siner vrowen in deme hegheden dinghe de helfte sines ghudes dat he hadde unde ummer mer ghewinnen scolde, unde vif mark ute deme redesten ghude to voren ut tu nemende, ofte se sinen dot levede, unde scolde vort mit den neghesten erfnamen deylen. Dar na quam de selve vrowe in deme hegheden dinghe unde gaf oren manne al ore ghut; levede he lengher wenne se, so scolde he alle dat ghut alleyne nemen. De beyde ghyft stunden by jare unde by daghe an allerley ansprake. Des is de man ghestorven unde de vrowen starf langhe er de man, beyde sunder kindere. Des ist ghekomen de richtere unde anspreket dat ghut nach der ersten ghyft van der vrouwen weghene, de helfte des ghudes, unde dat selve gut ansprakede de richter ny er des, er de man dot was. Des spreke wy vor eyn recht: Do de vrouwe gaf oren manne alle ore ghut tu hebbende sik alleyne, ofte se storve er he, do hadde si om de ersten ghyft weder ghegheven unde de ghyft de he oren ghedan hadde, is dar mede gebroken, ofte he oren dot heft ghelevet; unde is de man nu dar na ghestorven, so is dat ghut dat he ghelaten heft, tu rechte uppe sine erven ghevallen unde nicht uppe den richter.499

Die Frau starb zuerst, danach der Mann – beide kinderlos. Nach dem Tod des Mannes beanspruchte der Richter die der Frau nach dem Tod des Mannes zugewendete Hälfte des Vermögens. Die Schöffen urteilten, dass dieses Verlangen unbegründet war. Sie meinten, die Frau habe mit ihrer Verfügung zugunsten des Mannes diesem die von ihm ausgehende Verfügung wiedergegeben. Das erscheint etwas gekünstelt: Einfacher wäre es sicher gewesen, wenn die Schöffen nur entschieden hätten, dass die Verfügung des Mannes zugunsten der Frau deswegen nicht wirksam geworden ist, weil die dafür nötige Bedingung nicht eingetreten ist – schließlich ist ja der Mann nicht vor der Frau gestorben, sondern umgekehrt die Frau vor dem Mann. Diese Überlegung stellten die Schöffen aber an: unde de ghyft de he oren ghedan hadde, is dar mede gebroken, ofte he oren dot heft ghelevet. Zusammenfassend meint Behrend500 hierzu, die beiden Verfügungen hätten 498 499

Weiteres Beispiel: E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 148 (Nr. 247, um 1397). BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, Nr. 15, S. 71 f.

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send meint Behrend500 hierzu, die beiden Verfügungen hätten den Zweck, die gesetzlichen Folgen des Todesfalles durch vertragsmäßige Anordnungen zu ersetzen, beide seien von dem Vorversterben des Verfügenden abhängig gemacht. Dem ist nichts hinzuzufügen – es handelt sich um echte Verfügungen von Todes wegen. Anlässlich einer Verfügung zugunsten einer Ehefrau nahmen die Schöffen auch in einem vor 1352 nach Breslau verschickten Urteil eine erbrechtliche Wirkung der Verfügung an, wobei nicht ganz klar wird, ob die Verfügung eine ausdrückliche Erlebensbedingung enthalten hatte (es fehlt ein Aktenzitat): Swo eine vrowe wirt begobit von irem manne in der stat rechte ader in dem lande, do sal si ire gobe nach ires mannes tode habin unde sal dorumme ire rade nicht abe gan. Was czu rechte czu der rade gehorit, das sal die vrowe habin, wo das ist.501

Streitig war hier, ob eine Verfügung zugunsten der Frau verhinderte, dass die Frau auch noch Anspruch auf die gerade hatte. Die Schöffen bejahten das, nachdem sie die hier entscheidende Aussage getroffen hatten, dass die Frau den nicht näher bezeichneten Verfügungsgegenstand nach dem Tod ihres Mannes erhalten sollte und damit die aufschiebende, erbrechtlich wirkende Erlebensbedingung anerkannt hatten. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf ein weiteres, 1363 versendetes Magdeburger Urteil für Breslau, das einen in Kapitel 3, Abschnitt IV, Nr. 2 am Ende als „exotisch“ bezeichneten Ausnahmefall502 betraf. Die Schöffen beurteilten eine Verfügung, die mit einer post mortem-Klausel versehen worden war, die aber zusätzlich die Konkretisierung enthielt, der Verfügende wolle zu Lebzeiten kein Recht am Verfügungsgegenstand zurückbehalten: Gibit unde vorreychit eyn man in gehegetim dinge vor den scheppfin dem andirn gud adir erbe noch syme tode czu tun und czu lossen ane undirscheit, alzo daz her ym keine gewald beheldit an deme gute unde erbe czu tun und czu lossyn, dywile her lebit, so enmag her dy gobe nicht gewandiln noch entpfuren adir empfremden deme, dem her dy sundir undirscheit noch syme tode gegeben hat. Von rechtis wegene.503

Das Ergebnis der Schöffen verwundert nicht – ungewöhnlich ist nur die Fallgestaltung. Es ist hier möglich, den Parteien eine reine Befristungsabsicht und nicht die Vorstellung, der Begünstigte müsse den Verfügenden überleben, zu unterstellen. Solche Fälle sind wie angedeutet in den untersuchten Schöffenbüchern nur extrem selten anzutreffen gewesen. Auch dieses Urteil

500 501 502 503

BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, S. 74 f. E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 29 (Nr. 19). Ganz vereinzelt kamen solche Fälle in den Schöffenbüchern vor. Es ist bereits darauf hingewiesen worden. E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 78 (Nr. 110).

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zeigt aber, dass die einfache post mortem-Klausel ohne eine solche weitergehende Konkretisierung nicht als Befristung verstanden werden kann. Zu demselben Ergebnis kam auch ein vor 1385 nach Thorn (Toru&) ergangener Spruch der Magdeburger Schöffen. Streitig war, ob eine Frau, die von ihrem Mann vor Gericht die Hälfte seines ganzen (beweglichen und unbeweglichen, jetzigen und künftigen) Vermögens noch sime tode zugewendet bekommen hatte, aufgrund dieser Verfügung gegen eine spätere Verfügung des Mannes über sein Haus vorgehen konnte. Die Schöffen verneinten das und bestätigten damit die volle Verfügungsfreiheit bei post mortem-Klausel: [… ] In eyn gehegit ding ist komen adir eyn briff worde geleget, der von worten zcu worten also spreche: [P. de G. verfügt zugunsten Jo. E.s und dessen Erben lebzeitig über ein Steinhaus]. Do der brieff gelesen wart also, do sprach her504 durch synen vorsprechen: sint demmol das desser briff spricht Jo. E. unde synen erben, und her nu nirgen eynen nehern erben hat denne myn wip, ab man dy nu nicht in das erbe wisen sulle noch des briffes lut von rechtis wegen. Do weder […]505 sprach des toten mannes wip: her richter unde scheppin, ich dirmane uch des, das ich vormols eyner andirn briff in gehegetem dinge habe gehat, do mete ich redelich bewiset habe, das mir myn man alle syn gut bewegelich unde unbewegelich, das her hatte unde haben worde, noch syme tode dy helfte vor gehegetem dinge gegebin hat zcu thunde unde zcu loszene. Do wedir spreche her: sint dem male, das mynes wibis frund dy gobe, dy her synem wibe getan hath, ym do ynne dy herschafft hatte behalden, domete her bewiset hat das erbe, das her dornoch gekoufft hatte, daz her ym unde synen erbin ouch dar uff nam, ab nu myn wip nicht billicher by deme erbe bliben sulle, adir ab sy do von ymand getriben mochte, adir was eyn recht sey. Do wedir spreche des toden mannes wip: als ich vormols geantwortet habe, wy mir yn dem kouffe des erbis dy helffte redelich benumet wart unde mir dy uffgobe unwissentlich ist vorswegen und mir dy vorswygunge ouch unwissentlich gewest ist, ab mir nu nicht dy helffte des erbis volgen und bliben sulle, adir was recht sey. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Bekennet der richter unde dy scheppin, das der briff mit irem wissen volfurt sey usz gehegetem dinge obir dy reichunge des husses gegebin unde besegilt sey, so en mag den briff nymand brechen noch wedir sprechen, me man sal das husz teylen noch uszwisunge des brives, unde dy frauwe mag do wedir nicht komen mit irem vordern brive, dorumme das ym ir erste man herschafft dorynne behalden hatte. Von rechtis wegen.506

Entscheidend war hier, dass die Verfügung zugunsten der Ehefrau, die die Hälfte des Vermögens ihres Mannes Jo. E. nach dessen Tod erhalten sollte – ein weiterer Vorbehalt ist nicht erkennbar – nicht dazu führte, dass der Verfügende die Verfügungsmacht über sein Vermögen verlor. Er konnte vielmehr bei einfacher post mortem-Klausel anderweit verfügen – das tat er hier, in dem er ein Grundstück für „sich und seine Erben“, aber nicht auch für seine 504 505 506

Gemeint ist der Kläger, dessen Frau Erbin nach E. war. Gestritten wurde noch über den korrekten Wortlaut der Verfügung P ’s. BEHREND, Magdeburger Fragen, I. 3. 19, S. 69-71.

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Frau erwarb und damit das Vermögen, aus dem seine Frau nach seinem Tod die Hälfte erhalten sollte, minderte. Die Schöffen kamen zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau kein Recht an dem erworbenen Grundstück habe.507 Hierzu ist noch folgende Überlegung anzustellen. Der geschilderte Sachverhalt könnte Anlass zu der Vermutung geben, dass der Verfügende nicht nur schlicht nach sime live verfügt habe, sondern dass er sich mit einem weiteren Vorbehalt die freie Verfügung zu Lebzeiten vorbehalten habe. Immerhin trug der Kläger (der Ehemann der Tochter des Verfügenden) das vor. Beweisen konnte er das jedoch nicht mit dem Schöffenbrief,508 den die Frau des Verfügenden in den Prozess eingeführt hatte, sondern nur damit, dass der Verfügende später ein Grundstück für sich und seine Erben erworben habe. Das bedeutet, dass die umstrittene Verfügung selbst einen solchen Verfügungsvorbehalt nicht enthalten haben kann, sonst hätte der Kläger sich seinerseits auf den Schöffenbrief beziehen können (und müssen). Das Urteil liefert aber noch mehr: Es ermöglicht eine Aussage zu der Frage, welches Recht der Begünstigte aus einer Verfügung unter Erlebensbedingung in Gestalt einer post mortem-Klausel nach Ansicht der Magdeburger Schöffen am Ende des 14. Jh. erwarb. Die Beklagte hatte vorgetragen, dass ihr (als der Begünstigten aus der Verfügung ihres Mannes) der nach der Verfügung vorgenommene Erwerb des Grundstücks, mit dem der Kläger die Verfügungsfreiheit des Erblassers begründete, verschwiegen worden sei. Diese Argumentation geht von der Voraussetzung aus, dass die beklagte Ehefrau der (ihre Erwerbsaussicht mindernden) Verfügung ihres Mannes hätte widersprechen können. Dieser Argumentation folgten die Schöffen auch im Grundsatz; sie verneinten einen wirksamen Widerspruch nur, weil er trotz Kenntnis der Ehefrau von der ihre Aussichten beeinträchtigenden Verfügung nicht erhoben worden war. Diese Überlegung ist der Schlüssel zum Verständnis der Wirkung einer Erlebensbedingung. Der Begünstigte erwarb aus einer solchen Verfügung nichts – das ist in dieser Untersuchung in vielen einzelnen Fällen festgestellt worden. Er erhielt kein sofortiges Recht am Verfügungsgegenstand, weswegen solche Verfügungen auch nicht sachenrechtlich wirken konnten. Dagegen erwarb der Begünstigte aus solchen Verfügungen dasselbe Recht, das nach sächsischem Land- und Stadtrecht auch ein geborener Erbe eines jeden potenziellen Erblassers hatte: Er konnte einer seine postmortale Erwerbsaussicht beeinträchtigenden weiteren Verfügung des künftigen Erblassers (binnen 507

508

Dieses Urteil war für Hugo Böhlau Beleg dafür, dass die Magdeburger Schöffen das Eindringen römischer Testamente „durch unbeugsames Festhalten an der Notwendigkeit persönlich-gerichtlicher Übertragung von Liegenschaften in den vier Bänken des Liegenschaftsgerichts “ zu verhindern suchten; BÖHLAU, in: ZRG 9 (1870), S. 1, 31. In der Tat lässt sich so argumentieren, wenn, wie Böhlau das tat, das Verlangen der Ehefrau des Verfügenden so gedeutet wird, als sei diese davon ausgegangen, durch die Verfügung ihres Mannes zu dessen Erbin eingesetzt worden zu sein. Damit wurde der Bezug auf das Schöffenbuch hergestellt.

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Jahr und Tag) widersprechen. Blieb der Widerspruch aus, blieb die Verfügung wirksam. Mit dieser Erkenntnis wird nach hier vertretener Ansicht endgültig verständlich, welchen Sinn die Kombination aus einer post mortem-Klausel und einem Verfügungsvorbehalt509 hatte: Auf diese Weise wurde das Widerspruchsrecht des Begünstigten ausgeschlossen. Damit ist die im ersten Teil in Kapitel 3, Abschnitt IV, Nr. 2 (3) aufgeworfene Frage nach den unterschiedlichen Wirkungen der einfachen post mortem-Klausel und des Verfügungsvorbehaltes beantwortet. Verfügungen von Todes wegen konnten nach sächsischem Recht in ihrer Bindungswirkung abgestuft werden; es handelt sich um ein flexibles System, das in der Lage war, auf unterschiedliche Motivationen der Parteien einzugehen. Die Sammlung der Magdeburger Fragen aus Thorn (Toru&) enthält schließlich auch noch eine Entscheidung der Magdeburger Schöffen zu den aus den Schöffenbuchüberlieferungen bekannten Schlussbegünstigtenklauseln, jenen Formulierungen, mit denen die zugewendete Sache nach dem Tod des Begünstigten an einen weiteren Begünstigten fallen sollte. Die Magdeburger hielten solche mehrfachen Stufungen der Erlebensbedingung für zulässig: A b e y n m an s y n er b e u n d g u t v o r g e b e n m a g . Ab eyn man mag gegeben noch syme tode syn gut unde erbe eyner personen, dornoch der andern, deme dritten unde noch irrer aller tode an kirchen unde an selgerethe wenden, was recht sey. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Eyn man mag syn gegebin stehende erbe, gewunnen erbe510 unde gut unde varnde habe vor gericht wol vorgeben, wy manchen personen her wil, von deme eynen uff den andern zcu kommende, ader zcu kirchen adir zcu selgerethe, wy her wil. Von rechtis wegen.511

Gleichzeitig grenzten die Schöffen die Vermögensgegenstände ein, über die so verfügt werden konnte. Ererbtes Gut (soweit es Grundvermögen war) wurde von der gänzlich freien Verfügung ausgenommen. b) Zum Verfügungsvorbehalt. Dass die post mortem-Klausel mit Verfügungsvorbehalt auch von den Magdeburger Schöffen so wie in dieser Arbeit512 verstanden wurde, zeigt ein 1380 nach Schweidnitz ("widnica) versandtes Urteil: Auch ist fur vns kvmen Paulus Fle[chser] vnd mute eynes rechten, ap her icht mit syme gute moge tuen vnd lassen, wen her vs syme gute welde stifftin eynen altar 509 510

511 512

Auch hierzu gibt es mehrere Schöffenurteile; s. dazu sogleich b). Aus der Gegenüberstellung ergibt sich, dass die Schöffen mit stehendem erbe und gewonnenem erbe Grundvermögen meinten. Der Sprachgebrauch der normativen Quellen des Magdeburger Stadtrechts weicht hier von dem der Schöffen ab. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 12, 1, S. 124. Ein Beispiel noch bei E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 103 (Nr. 155, zwischen 1363 und 1386). S. noch einmal oben Kapitel 3, Abschnitt IV.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

fon sechs marken zinses, ap her icht das getuen mochte. Do ward geteylit, welche nymand dowedir, her mochte mit syme gute tuen vnd lassen. Des nam her eynen schepphinbrieff dorobir. Des quam sin wip mit erin frunden vnd fursprach den brieff vnd lyes ir eyn recht werden, wenne ir man ir das gut halb gegeben habe, ap ir die gabe icht fulgen sulle, e denne das her keyn selegerete machen moge, dofon ere gabe geswechit mechte werde, vnd wyste des eynen schepphinbrieff dorobir. Do sprach ir man: Ich abe ir die gabe gegeben, allerste zu fulgen nach myme tode; die weyle ich lebe, daz ich mynes gutis selbir eyn herre sie, ap ich icht mynes gutes selber eyn herre sin sulle zu tuen vnd zu lassen, wen das man mir is mit deme schepphinbriue geweren moge, adir was recht sie. Hirvff sprechin wir eyn recht: Hat Pauwil der gabe gewald behalden, alzo der brieff vns wisit, domite her syn wip begabit hat, zo mag sie dese leczste gabe nicht geweren vnd selegerete zu machin nicht gewerin. Fon rechtis wegen.513

Dass eine Verfügung von Todes wegen über das Gut (leczste gabe) vorlag, entschieden die Schöffen ganz im Sinne des Verfügenden. Die Verfügung zwischen Paul Flechser und seiner Ehefrau wird als Vorgang zwar nicht weiter erwähnt und beschrieben, lag aber dem Rechtsstreit als Ausgangssituation zugrunde. Gestritten wurde über die Wirkung dieser Verfügung zu Lebzeiten des Verfügenden Paul Flechser. Dieser wollte ungeachtet der seine Ehefrau begünstigenden Verfügung ein Seelgerät stiften. Die Ehefrau befürchtete, dass die ihr ausgesetzte Gabe dadurch geschmälert würde (offensichtlich war das Verhältnis der Ehegatten nicht mehr das beste). Die angerufenen Schöffen entschieden, dass die Gabe die Verfügungsbefugnis des Mannes über das Gut nicht beschränkt habe und lassen damit den erbrechtlichen Charakter der Verfügung klar hervortreten. Es handelt sich auch nach der hier verwendeten Terminologie um eine Verfügung von Todes wegen, bei der der Begünstigte nur die Aussicht erhält, das zu erhalten, was beim Tod des Verfügenden von dem Gut, über das verfügt worden ist, noch vorhanden ist. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Verfügende sich der gabe gewald behalden habe. Das aber liegt nach Ansicht der Schöffen dann vor, wenn der Verfügende wie im vorliegenden Sachverhalt erklärt, nach myme tode zu verfügen und mynes gutis selbir eyn herre sein zu wollen. Genau diese Formulierung bieten die untersuchten Schöffenbücher tausendfach. Auch in einer zwischen 1352 und 1363 nach Breslau (Wroc!aw) verschickten Entscheidung werteten die Schöffen eine Verfügung unter eben diesem Vorbehalt rein erbrechtlich: Gibit eyn man in gehegtem dinge syner kinder eyme synen hof mit allem husrate ader ander erbe, daz in der stat gerichte gelegen ist, noch syme tode czu tun und czu lossin; diwile her aber lebte, daz her selber do mite will tun und lossin: Stir-

513

G OERLITZ/G ANTZER, Rechtsdenkmäler der Stadt Schweidnitz II 2, Nr. 10, S. 127.

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bit nu der man, daz her di gift nicht virwandilt hat, so ist daz gut des kindes, und di gift sal vorgang habin […].514

Die Magdeburger Fragen kennen noch eine weitere Entscheidung zum Verfügungsvorbehalt in Gestalt der Formulierung vnde will eyn herre bliben diwile dat her levet: V o n g a b e n o c h e y n i s m a n n i s t o d e . Ab eyn man bey gesundem leibe syn gut weg gebe vor gehegetem dinge, das her zcu gebin hat, unde doch der selbin gobe ym dy herschafft behilde zcu syme leibe, stirbet der geber unde dy gobe blibet unwedirrufen, so hat dy gabe crafft unde macht. Stirbit aber der begobete man, is erbit uff synen nehesten. Von rechtis wegen.515

Problematisch an dieser Entscheidung ist, wer mit der Formulierung syn nehester gemeint war. Zwei Personen kommen in Betracht: der nächste Verwandte des Verfügenden oder der nächste Verwandte des Begünstigten. Ich bin aufgrund des Eindruckes aus den Schöffenbüchern der Ansicht, dass hier nur der neheste des Verfügenden, nicht der des Bedachten gemeint sein konnte.516 Dieses Ergebnis ergibt sich aber auch aus der Entscheidung selbst. Die Schöffen meinten, dass die gabe wirksam sein sollte (crafft vnde macht haben sollte), wenn der Verfügende starb, ohne dass er die Verfügung widerrufen hatte. Dann fiel der Verfügungsgegenstand (von Todes wegen) an den Erwerber. Den Gegensatz dazu bilden die Schöffen im letzten Satz und dieser Gegensatz war das Vorversterben des Bedachten. Folge einer solchen Gegenüberstellung musste sein, dass die Verfügung in diesem Fall keine crafft unde macht entfalten konnte, weil die Erlebensbedingung eben nicht eingetreten war. Das bedeutet, dass der Verfügungsgegenstand dem Erben des Verfügenden anfiel. Und eine letzte, kurz vor Ende des Untersuchungszeitraumes nach Laun (Louny) bei Leitmeritz (Litome(ice) in Nordböhmen versendete Entscheidung der Magdeburger Schöffen verdeutlicht die erbrechtliche Wirkung einer Verfügung von Todes wegen. Deutlich erklärten die Schöffen, dass eine erlebensbedingte Verfügung über das Gesamtvermögen den Verfügenden nicht hinderte, weitere Verfügungen aus diesem Vermögen vorzunehmen, solange der Verfügende über den Verfügungsgegenstand die alleinige Verfügungsmacht innehatte. In diesem Fall freilich war das anders: […] Als […] Albrecht unter uns […] Richter war, da haben sie 517, aller künftigen Schwierigkeiten von den Freunden zuvorzukommen, all sein Gut, fahrend und unfahrend oder beweglich, das er hat oder haben wird, an all seiner Habe, welche

514

515 516 517

E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 60 (Nr. 82). Ebenso eine weitere Entscheidung für Breslau aus der Zeit zwischen 1363 und 1386 bei E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 105 (Nr. 159). BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 12, 4, S. 126. A. A. LOENING, Das Testament im Gebiet des Magdeburger Stadtrechtes, S. 25. Albrecht und seine (erste) Ehefrau Katharina.

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immer die wäre, es sei an freier oder wie immer von ihnen erworbener Habe, vor uns, vor unserem ordentlich und recht gehegten Gerichte, persönlich vortretend, gegenseitig eines dem anderen ordentlich und vernünftig übergeben mit dem Unterschied, dass der Überlebende mit den gemeinsam gezeugten Kindern solche Habe haben und erhalten könnte ohne […] Hinderung.518 Und während sie nachher oder vorher miteinander waren, zeugten sie miteinander Kinder, und ihre Aufgabe und Schickung ist bis heute unverändert. Inzwischen verstarb Frau Katharina, Albrechts Eheweib, und […] Albrecht mit seinen Kindern erhielt die Aufgabe und verharrte im verwitweten Stande, solange es ihm beliebte. Dann nahm er eine andere Frau, mit Namen Anna, und mit dieser zeugte er eine Tochter; dieser Frau und seiner Tochter übergab er gutwillig vor seinem Tode auch in unserem gehegten Gerichte ordentlich und vernünftig und verschrieb in unser Stadtbuch und vermachte ihnen: sein Haus und allen Hausrat, welcherlei Sachen das wären, mit dem Garten und mit dem Hof in Benatek hat er übergeben, und seine Frau hat er zur mächtigen Vormünderin gemacht bis zu den Jahren seiner Tochter, die sie noch nicht erreicht hat. Das hat er sich sonderlich in seiner Aufgabe bedungen, wenn die Tochter der letzten Frau die vernünftigen Jahre nicht erreicht und verstürbe, so soll seine eheliche Frau den ersten Töchtern Albrechts, Katherina und Anna, je fünf Schock Groschen aus dem Gute zu all dem, was obbeschrieben ist, ohne alle Schwierigkeit herausgeben. Dieser Aufgabe und Bescheidung in unserem und in der Weise wie oben gehegten Gerichte genießen Frau Anna […] mit ihrer Tochter nach dem Tode Albrechts bis anjetzt ohne allermänniglich Hinderung. Aber dabei will sie nicht bleiben und spricht mit ihrer Tochter den genannten ersten Kindern, die nach […] Albrecht verblieben, und mit […] Katharina […] gezeugt sind, solche auf sie lautende Verschreibung im Stadtbuch an, will sie vernichten und ihre letzte Tochter hineinbringen, indem sie spricht, dass sie nach dem Tode ihres Vaters das väterliche Recht sowohl über die Aufgabe, die er ihr selbst mit ihrer Mutter getan hat, zu all dem [wie die erstgeborenen Kinder haben will,] welche Albrecht [mit] Katharina […] gezeugt hat. Aber die ersten Kinder […], die lebendig sind und ihre Jahre und ihr genügendes Alter erreicht haben, nach dem Tode ihres Vaters […] widersprechen und sagen, dass sie nach der obgetanen unversehrten Aufgabe ein besseres Recht zu der Verschreibung hätten als die letzte Tochter ihrer Stiefmutter. […]. Hierauf sprechen wie Schöffen zu Magdeburg ein Recht: Haben Albrecht […] und Katharina […] einander gemeinschaftlich all ihre Habe, fahrend und nichtfahrend, die sie haben oder haben werden, recht und ordentlich aufgegeben mit dem Unterschied, dass, wer das andere überlebt, mit den Kindern, die sie gemeinschaftlich erzeugen werden, die Habe erhalten und haben soll ohne allermänniglich Hinderung, so ist mit solcher Übergabe aufgegeben die stehende und liegende Grundhabe, die in dem Gerichte gelegen ist, und dazu alle fahrende Habe, wo immer er die haben möge. Ist denn Katharina […] gestorben, so hatten […] Albrecht […] und seine Kinder aus solcher vorberührten Übergabe an der Habe, die sie beiderseits hatten, und die mit solcher Gabe gebunden war, einen rechten und gleichen 518

Es handelte sich demnach um eine Verfügung ohne post mortem-Klausel mit Verfügungsvorbehalt.

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Teil. Hat […] Albrecht […] Anna zur Ehe genommen und mit ihre eine Tochter gezeugt, und hat dann derselbige Albrecht Anna […] und seiner Tochter, die er mit ihr gezeugt hat, im Gericht […] übergeben sein Haus und all seinen Hausrat dazu und Garten und Hof in Benatek, so konnte der vorgenannte Albrecht Anna […] und ihrer Tochter an der Habe, die durch die erste Übergabe gebunden war, nicht mehr Gerechtigkeit aufgeben, als welche er selbst an seinem Teil daran hatte. Und solche Aufgabe ist den mit der ersten Frau gezeugten Kindern an ihrer Gerechtigkeit aus ihrer Übergabe unschädlich. Hat denn […] Albrecht […] eigene Habe gehabt und nach sich gelassen, die den beiden nicht übergeben noch gebunden wäre, die er vererben könnte, die hätte er auf seine von beiden Eheweibern gezeugten Kinder zu gleichem Teile und nach Personenzahl gebracht und geerbt […]. 519

Das Urteil stellt fest, dass Albrecht sehr wohl eine Verfügung zugunsten seiner zweiten Ehefrau hätte vornehmen können, wenn nicht die Kinder, die er mit seiner ersten Frau gezeugt hatte, aus der zwischen ihm und seiner ersten Frau vorgenommenen Verfügung bereits mit dem Tod ihrer Mutter zu Mitinhabern des damals gegenständlichen Verfügungsgegenstandes geworden wären. Das wäre zu verhindern gewesen, wenn Albrecht und seine erste Frau vereinbart hätten, dass die Kinder den Nachlass nach ihrer beider Versterben erhalten sollten. So aber konnte Albrecht nicht mehr ohne seine Kinder zugunsten seiner zweiten Frau über einen Teil seines Vermögens verfügen. Erbund sachenrechtliche Ebene wurde auch hier sauber auseinandergehalten. Folgerichtig daher ein zwischen 1352 und 1363 nach Breslau (Wroc!aw) versendetes Urteil, das einen Fall betraf, in dem genau der Weg beschritten worden war, den Albrecht und seine Frau nicht gegangen waren: Hat eine vrowe irem elichen manne erbe unde gut noch irem tode czu tun unde czu lossen gegebin, unde wenne syn nymme were, das di gift solde vallen an ir bedir kint, di sy miteinandir gehabit han, noch der vrowen tode, so mag der man di gift habin czu tun unde czu lossin, unde di kinder mogin in doran nicht gehindrin, wenne di gift noch nicht uf sy komen ist. Von rechtis wegene.520

Auch diese Verfügung hatte erbrechtliche Wirkung. Die Kinder erwarben aus der Verfügung der Frau nichts als die Aussicht, das zu erhalten, was beim Tod ihres Vaters noch vorhanden sein sollte – falls sie dann noch lebten.

(3) Zum Erbenlaub Ein Beispiel dafür, dass ein zwischen den Parteien umstrittenes Problem für die angefragten Magdeburger Schöffen bei ihrer Entscheidung keine Rolle spielte, ist eine nach Stendal versandte Entscheidung aus dem Jahr 1336: 519

520

WEIZSÄCKER, Magdeburger Schöffensprüche und Rechtsmitteilungen für den Oberhof Leitmeritz, Nr. 58, S. 229-234 (1399); Übersetzung nach WEIZSÄCKER (bei dem tschechischen Text handelt es sich um eine Übersetzung des ursprünglich deutsch abgefassten Spruches). E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 53 f. (Nr. 76).

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W a t m a n n i c h t v o r g e v e n m ac h s u n d e r e r v e n l o f. Vortmer heft uns berichtet die bescheidene man, her Johannes juwe scrivere: Wo eyn juncvrowe beneden teyn jaren si to manne gheven, der is an ghestorven eyn stande erve von orer muder weghene, dat wolde si orme manne upgheven imme ghehegheden dinghe. Dat weder spreken ore erven dar umme, dat sie nicht mundich en si unde ok neyne kindere hebbe. Nu heft hie uns ghevraghet, oft si dat gut von rechtes weghene vorgheven moghe oder nicht. Des spreke wie vor eyn recht: Sint dem male dat or dat gut von orer muder weghene an gheervet is unde nicht gheghiftighet, so ne mach si des gudes nummer vorgheven, si en do dat mit orer erven love unde willen. […].521

Der Streit zwischen den Parteien drehte sich um die Frage, ob die Frau, die nach dem Parteivortrag noch nicht volljährig war, deswegen nicht habe ohne die Zustimmung ihrer erbberechtigten Verwandten wirksam verfügen können. Die Schöffen entschieden anders: Die Verfügung habe deswegen mit Erbenlaub vorgenommen werden müssen, weil der Verfügungsgegenstand – ein bebautes Grundstück – Erbgut und nicht Erwerbsgut gewesen sei. Wie der Streit um die Volljährigkeit durch die Schöffen (mit-) entschieden wurde, erklärt Behrend so: Die unmündige Frau habe ganz normal – d. h. wie jede andere Ehefrau auch – unter der Vormundschaft ihres Mannes gestanden. Ihre Handlungsfähigkeit beurteile sich demnach wie die Handlungsfähigkeit der verheirateten Frau allgemein. Das habe dazu geführt, dass die Frau über dasjenige Vermögen, das nicht durch Auflassung in den Besitz des Ehemannes gelangt sei, habe frei verfügen können, insoweit dem nicht das Erfordernis des Erbenlaubes entgegenstand.522 Die normative Grundregel (Art. 20, 1 des magdeburgischen Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung), wonach der Erbenlaub bei Verfügungen über ererbtes Grundvermögen erforderlich war, bekräftigten die Magdeburger Schöffen nicht nur zwischen 1352 und 1363 in Sprüchen nach Breslau (Wroc!aw): Hat ein vrowe gut unde erbe, das ir anirstorbin ist von irme vatir odir von irre mutir, unde die vrowe nicht kinder hat, di mak das gut, das sy abirstorbin ist, irem wirte nicht gebin, si entun denne das mit iris erbin urloup.523 Swelche kint kinder haben, di mugen ir gut wol vorgebin mit irre kinder wille, ab di kinder in ebinburdik sint. Abir di kinder, die keine kinder habin, mugen ir gut nicht vergebin, si entun denne das mit irrir erbin volburt unde willin.524 Kinder mugen ir gut wol teilin, abir irre kein mak sin teil gutis, das im von erbe ankomen ist, vorgebin ader vorkoufin an des andern willen.525 521 522 523 524

BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, Nr. 21, S. 90. BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, S. 91. E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 46 (Nr. 61). Ebenso die Entscheidungen bei E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 54 (Nr. 77 a), S. 124 (Nr. 194), S. 144 (Nr. 239). E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 47 (Nr. 62).

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sondern auch 1380 in einem Spruch nach Schweidnitz ("widnica): Vruntlichen grus mit dinste czu vor. Lywen heren vnd besundern frund. Noch clage der Stolczynne vnd noch antworte irre tochter Dorothean vnd noch alle disse ingeslossen briffe lute, die er vns gesant hattet, spreche wir scheppen czu Medeburg eyn recht: Waz der vrauwen Dorothea an dem houe anderstorbin ist vnd waz von erbis wegen ze ankomen ist, daz mag ze sunder volwort irre muter dem mane nicht offgeben, noch dem male vrauwe Dorothea selbir keyne kindir hot. Ist ir abir vor gerichte ich[t] waz offgegeben vnd dorczu ander ir gereit gut vnd andir farnde habe mag ze erme elichym manne wol offgeben. Dez kan er muter nicht wedersprechen. Von rechtis wegen. Geschreben vnder vnserm ingesegil czu Madeb[urg].526

Zustimmungsberechtigt war hier die Mutter, da die Verfügende keine Leibeserben hatte. Verfügungen über Eigengut und Fahrnis waren erbenlaubfrei möglich. Mit der wirksamen Ausübung des Widerspruchsrechts der erbberechtigten Verwandten beschäftigte sich auch eine zwischen 1350 und 1400 anzusetzende Entscheidung für Groß-Salze (heute der Ortsteil Bad Salzelmen von Schönebeck/Elbe):527 Den beschedenen mannen […], schepen up dem Sollte […], die schepen t+ Magdeburg eren willeghen dienst. Vor uns hebben ghewest die beschedene manne Hans Gheverdes unde Eylart, juwe kumpene, unde hebben uns berichtet alsus: Suster Ghese von Remkersleve is komen vor en gheheghet ding unde het gheclaghet up ene halven pannen solen Rammelberghes unde up en gantz kot, dat ir angestorven sy van erer suster weghene, unde beschuldeghet dar Arnde van Haldesleve umme, dar hie er dat vorbehalden hebbe went an dussen dach. Des antwertet Arnt alsus dar t+: dat g+t sy sin gheghifteghede g+t, unde t+t des an die schepen unde an ere b+c528, dat hie dat g+t het wol achte iar in sinen weren ghehat ane ansprake, af die ghave macht hebbe eder nicht, wen suster Ghese binnen landes is ghewesen. Des sprickt suster Ghese: is dar enich ghift an gheschyn, dat sy er unwitlik, dat wel sie bewysen, wo sie von rechte schal, unde vraghet, eft sie er erf eghen icht narre t+ behaldene sy, wenn et er Arnt mit dusser ghift breken moghe, na deme male dat sie sie unwitleken gheleden het, eder wo it von rechte darna schal irgan. Hirup spreke wie vor eyn recht: Sintemale dat Arnt von Haldesleve die gift het beseten achte iar ane rechte wedersprake, unde suster Ghese von Remkersleve em dar umme t+ sprickt, dat er die ghift unwitlik sy, unde sie erer suster dot wol wiste, der erve sie vordert, und ok binnen landes ghwest het, so hilpt er die wedersprake nicht, unde die gift schal macht hebben. Von rechtes weghene. Dat dusse ding recht sin, dat betughet unse ingheseghele.

Diese Entscheidung steht in Einklang mit § 16 des Magdeburg-Breslauer Recht von 1261 und Art. 37 des Magdeburger Schöffenrechts. Unausgespro525 526 527 528

E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 47 (Nr. 63). G OERLITZ/G ANTZER, Rechtsdenkmäler der Stadt Schweidnitz II 2, Nr. 12, S. 129. F RIESE/LIESEGANG, Magdeburger Schöffensprüche I, Nr. I 3, S. 7 f. Ein Schöffenbuch von Groß-Salze ist heute nicht bekannt.

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chen bleibt, ob die gift, auf die Arnd v. Haldensleben sich mit Erfolg beruft, aufschiebend bedingt war oder nicht. Auch der Erwerber der umstrittenen Sache wird nicht erwähnt. Jedenfalls ist die Verfügung nachweisbar vor dem Schöffengericht geschehen. Die Klägerin stand auf den Standpunkt, diese Verfügung sei ohne Einwilligung der Erben zustande gekommen, vermochte aber damit nicht durchzudringen, da der Beklagte das Gut schon seit acht Jahren besaß und die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren auf sie übergegangenes Erbrecht die Klägerin geltend macht, ihr Widerspruchsrecht gekannt hatte. Damit wurde bestätigt, dass nach Magdeburgischem Stadtrecht eine Verfügung, die von einem erbberechtigten Verwandten nicht innerhalb der Jahr und Tages-Frist des § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 angegriffen wurde, wirksam blieb. Zu demselben Schluss gelangten die Magdeburger Schöffen auch in einem zwischen 1352 und 1363 nach Breslau (Wroc!aw) verschickten Urteil: Begobit ein vrowe iren elichin man mit erbe unde gute, das sy von iren eldirn anirstorbin ist, di ein swestir hat, di dorczu nicht gegebin hat iren willen: Besiczit her das jar unde tag ane widirsproche, her beheldit is von rechtis wegene.529

Zwischen 1363 und 1386 bekräftigten sie diese Wertung sogar in einem Fall, in dem ein Vater seinem Sohn seinen Hof unter Lebenden und lebzeitig zugewendet hatte, den Hof aber selbst danach verkauft hatte. Diesem Verkauf, zu dem der Vater gar nicht mehr berechtigt war, hatte der Sohn nicht widersprochen. Nach Jahr und Tag war das Widerspruchsrecht erloschen und der (widerspruchsfaule) Sohn hatte sich, nachdem der Vater den Hof schließlich wiedergekauft hatte, neben seinen Geschwistern mit der Quote aus Verwandtenerbrecht einzureihen.530 Die Voraussetzungen für den Erbenlaub nach Stadtrecht bekräftigten die Schöffen auch in zahlreichen vor 1385 nach Thorn (Toru&) versandten Sprüchen. In vielen Fällen war die Frage nach dem Erbenlaub nicht der Anlass der Frage und oft auch nicht der Streitpunkt zwischen den Parteien. In einem ersten Spruch war nicht der Erbenlaub, sondern das Schoßfallrecht umstritten. Anlässlich ihrer Entscheidung zugunsten des Schoßfalls äußerten sich die Schöffen aber in einem obiter dictum zum Erbenlaub: W y e y n k i n t g u t e r b i t uff d y m u t e r u n d e n i c h t uff g e s w i s t e r e . Eyn man stirbet unde lesset unvorgeben erbe unde gut unde kinder, dy ym ebenbortig sint, dy kinder habin ire mutter, der kinder stirbet eyns, ab des ekindes teil an erbe unde an gute stürbe uff syne muter adir vor sich uff syne geswistere. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Stirbet der kinder eyns adir alle, so erben sy ir gut allis vort uff dy muter. Stirbet dornoch dy muter, so erbit sy ir gut allis vort uff ere nehisten erbin, dy ir geboren sint, is sey von vater adir von muter. 529 530

E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 51 (Nr. 70). Inhaltsgleich die Entscheidung bei E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 63 f. (Nr. 89 1). E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 119 (Nr. 186).

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Ouch mag dy muter mit sulchem anirstorben gute an varnder habe thun unde lossen. Abir anirstorbin leginde grunt unde erbe unde eygen mag sy an ire nestin erbin gelob unde willen nicht vorgebin. Von rechtis wegen.531

Die Definition hält sich im Rahmen dessen, was zu den normativen Rechtsquellen festgehalten worden ist. Die Bindung des Verfügenden bei ererbtem Grundvermögen und erbe an die Zustimmung durch potenziell erbberechtigte Verwandte galt nicht nur bei Verfügungen über Generationsgrenzen hinweg, sondern auch innerhalb derselben Generation. So waren Geschwister bei der Verfügung über das durch Erbfall erworbene Vermögen durch die jeweils anderen Geschwister gebunden, wie sich aus einem weiteren Urteil nach Thorn (Toru&) ergibt: V n v o r w i s s u n g e a n i r s t o r b e n e r b i s . Von teilunge gutis undir geswisterde. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Dy kinder mogen ir gut wol teilen, adir keyns mag syn teil gutes, das ym von erbe an kumen ist, vorgebin ader vorkouffen ane des andern wille. Von rechtis wegen.532

In Anbetracht der normativen Beschränkung des Zustimmungsrechts auf das Grundvermögen, die die Schöffen in dem voranstehenden Sprüchen anerkannt hatten, muss hier gut als „liegendes Gut“ gelesen werden. Bestätigung der aufgestellten Regeln liefert auch ein weiteres an dieselbe Tochterstadt verschicktes Urteil: W a s g u t e s e y n m a n v o r g e b e n m a g b e y s e ym e l e b i n d e n l e i b e . Ab eyn man queme in gehegit ding mit syme wibe unde gebe do der selbin syn stehende erbe adir andir syn varnde habe adir gut adir eynem andern fromden adir frunden, weme her is gan, noch syme tode erblich zcu thunde unde zcu lossende, unde doch der gobe eyn herre wolde syn, dy wile her lebete, also unschedelich der selbin gobe, ab nu dy selbin luthe dy gobe behalden mochten noch syme tode mit merem rechte, wenne syne erben in keynerleye wyz dy gobe vorsweygen mochten, adir wy sy sy vorsweigen mogen vor syme tode adir dornoch. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Stehende erbe, daz eyme manne vor gerichte gegobet ist und dorczu andir syn gut das her selber gewunnen und irerbeit hat, unde varnde habe mag der man geben syme wibe, frunde adir fromden, wy her wil, ane der erben ansproche. Vorgebe abir eyn man syn anirstorben steende eigen, daz mochten syne erben wedir sprechen bynnen iare und tage, wenne is en wissentlich worde, fornoch als dy gobe were geschen, is en were denne, das den erben echte not beneme unde sy denne dy echte not bewiszen, als recht ist, dornoch mochten dy erben dy unrechte gobe wedir reden. Von rechtis wegen.533

531 532

533

BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 7, 1, S. 93 f. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 7, 3, S. 95. Die gleiche Aussage liegt auch den Urteilen BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 7, 6, S. 96 f. und I, 9, 1, S. 113 f. zugrunde. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 12, 3, S. 125 f.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

Die Schöffen urteilten, dass die Verfügung über Erwerbsgut (eingeschlossen Grundvermögen) und Fahrnis frei war – mochte sie Frau, Verwandte oder Fremde begünstigen. Es gab also nach ihrer Ansicht keine Einschränkung der Verfügungsfreiheit in Bezug auf einen bestimmten Personenkreis. Damit ist die Frage, ob der Verfügende bei der Auswahl unter den Personen, denen er wirksam Vermögen zuwenden konnte, an den Kreis der Verwandten gebunden war, verneint. Zusätzlich liefert die Entscheidung die Klärung der Frage, wozu nach dem Recht, das die Magdeburger Schöffen anwendeten, dasjenige Vermögen gehörte, das der Verfügende selbst aufgrund einer wirksamen, lebzeitigen Verfügung vor Gericht erworben hatte: Es gehörte zum Erwerbsgut und unterlag damit anders als das aufgrund einer Verfügung von Todes wegen erworbene Grundvermögen (nach Art. 20, 1, 5 des Rechtsbuchs von der Gerichtsverfassung) keiner Bindung an die erbberechtigten Verwandten des Verfügenden. Aber damit noch nicht genug: Die Schöffen bestätigten in dieser Entscheidung schließlich noch § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261, wonach der Widerspruch der Erben bei Grundvermögen und ererbtem Gut, der nicht binnen Jahr und Tag nach der vor Gericht vorgenommenen Verfügung geltend gemacht wurde, ausgeschlossen war. Diese wichtige Einschränkung des landrechtlichen Erbenlaubs mittels einer Ausschlussfrist hat demnach nachweisbar tatsächlich gegolten. Verlängerungen dieser Ausschlussfrist sollten nur für Fälle echter Not anerkannt sein. Mit dieser Entscheidung steht die Effektivität und Aktualität der normativen Quellen des Magdeburger Stadtrechts fest. Wir haben es mit einem geschlossenen, anwendbaren und angewendeten Recht der Verfügung von Todes wegen zu tun. Weitere Entscheidungen der Schöffen bekräftigen diese Aussage, so ein Spruch der Magdeburger Schöffen nach Schweidnitz ("widnica) zwischen 1383-1385: […] sprechen wir scheppfin czu Meydburg eyn recht: Waz Thezen Birgholz eliche wirtynne erbis vnd eygens hatte, daz yre waz, vnd waz yre ouch andirerbt adir anderstorben waz von iren kindern, die sie vormals hatte von Peczen Mulner, yrem irsten wirte, daz mochte sie Theczen, yrem manne, mit erben gloube wol geben. Vnd hatte dieselbe frauwe in den geczeiten keyne neher erben wanne yrer muter swester vnd haben sie der gabe, also sie mundig weren, bynnen iare vnd tage nicht wedirsprochen vnd seyn sie bynnen landes gewest, so mogen sie Thezen seyner goben, die in gehegtim dinge stetiget seyn, nicht wedir teidingen. Ouch daz Theze seynen andern brieff nicht gelutperte ader dez gedacht hette in seynen teidingen, daz sal yme keyner weis czu schaden komen.534

Die vor gehegtem Ding abgeschlossene Verfügung auch über Erbgut ohne Erbenlaub war dann wirksam, wenn die Erben nicht binnen der Verschweigungsfrist von Jahr und Tag gegen die Verfügung Einspruch erhoben. Die Frist des § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 lief jedoch nur, 534

G OERLITZ/G ANTZER, Rechtsdenkmäler der Stadt Schweidnitz, II 2 Nr. 20, S. 147 f.

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wenn die Erbanwärter inländisch waren, also die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Verfügung hatten. In einer weiteren Entscheidung um 1385 wurde der gesamte Streitstoff ausgerollt, das Ergebnis stimmte mit den schon genannten Entscheidungen überein: […] Fur vns sint komen Nyclos vnd Jacob, Nycze Zacheris kindir, fur gehegit ding vnd fragittin vm recht, wenne sie erbe vnd gut angesturbin sie fon erim rechtin euatir vnd nv mundig wurden sint, ap sie icht mit deme duen vnd lassen mogen nach frier wilkoer adir waz dorvm recht ist. Do trat Jacobus Zacheris dar, er vettir, vnd sprach: Dowedir wil ich mit eyme briue, der gegeben ist vs gehegittim dinge, vnd frage, ap man den icht billichen forhorin sulle adir was do recht ist. Des wart geteilit, man furhorte in billichin. Des wart en beidirsite bescheidin in das neheste ding. In deme nehestin dinge wart der brieff gelessin, der alzo luet. „Fur vns schepphin czur Swydenicz, [sieben Namen], in deme jare, do Nyclos Hullfrich daz erbegerichte saz, gestandin ist Nyclos Zacheris vnd hat gekoren czu furmunde synen kindin Jcob Zacheris, synen brudir, vnd […], obir alle das gut, daz her lest. Vnde storbe eyn kind, zo sal sin gut sterben an das andir kind, vnd sturben die kindir beide, zo sal sin gut sterbin vff syne nehisten vnd nicht an Hannus Zacheris, synen brudir, nach an syne kindir. Adir diewile her lebit, zo will her synes gutis selbir gewaldig sin vngehindirt fon allen kindin vnd frundin. Czu geczige sint diese vnse ingesegil gehangen an desen brieff nach gotis geborte driczen hundirt jar darnach in deme sechs vns sebinczigstin jare im nehesten dinge nach Epyphanias. “ Do der brieff gelessen wart, so fragete Jacob Zacheris: „Wenne ich Nyczin Zacheris, eris vatirs, rechter ebrudir gewest bin vnd Hannus Zacheris auch desselbin Nyczin adir Nyclos Zacheris, eris vatirs, rechtir ebrudir gewest ist vnd den mit synen kindin vsgelassin hat in deme briue vnd ich nv der neheste frund bin nach des briues luet vnd wartinde bin desselbin gutis, ap die obgenanten myne vettirn sturbin ane liebes erben, ap sie das gut ihres vatirs, daz vff sie komen ist, no vnuerrucklich legin bliben vnd lassen sullen nach des briues luet adir waz do recht ist. “ Do sprachin die kindir Nyclos vnd Jacob vnd fragittin eyns rechtin, wenne sie vnmundig czu der czeit gewest sint, do vnser vatir die gabe gegeben hat vnd vnsen willen doczu nye gegeben haben vnd nv mundig sint, ap wir icht mit deme erbe vnd gute, daz vns fon vnsem vatir ankomen ist, czu elichir sache adir czu ander vnser notsache icht tuen vnd loessen mogin adir furgeben wellen vnd mogen furgeben, weme wir wellen, adir waz do recht ist. […] Hirvff sprechen wir schepfin cz+ Magdeburch eyn recht: Nach deme male Nycolaus vnde Jacob in yren kyntlichen jaren nicht gestorbin synt vnde sie n+ tz+ yren mundigen jaren komen synt, so mogen sie mit yreme gute cz+ elicher sache vnde cz+ anderen yren notsachen th+n vnd lossin noch yreme willen; abir anstorbin stande egen adir lieghende grunt mogen sie an erbin geloeff noch willen nicht vorlossin. Van rechtis wegene. Besegelt mit vnsem ingesegele.535

Der so verstandene Erbenlaub hatte aber nicht nur einen erbenschützenden Zweck. Die Magdeburger Schöffen verkannten keineswegs die Notwendigkeit, in Ausnahmefällen auch über erbenlaubgebundenes ererbtes Grundver535

G OERLITZ/G ANTZER, Rechtsdenkmäler der Stadt Schweidnitz, II 2 Nr. 22, S. 150 f.

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mögen zu verfügen oder dasselbe zu verpfänden. Den Erben kam hierbei eine Mitwirkungspflicht zu, wie sich wiederum aus einer nach Thorn (Toru&) gerichteten Entscheidung ergibt: V o n g u t e z c u b e k ummer n . Eyn man spricht, her sey benotiget, und wil syn anirstorben erbe unde gut vorkummern unde vorseczen, nu wil syn nehister erbeling des nicht gestaten. […] Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Nymand mag syn anirstorben erbe vorkummern noch vorseczen ane syner erben wille. Doch wirt eyn man vor gerichte behafftet umb schult, der mag her sich wol burgen by syme erbe in deme gerichte, do das erbe ynne ist unde leit, unde vorantworttet her sich denne nicht, unde czuyt her das anirstorben erbe usz der clage nicht, unde wirt uff das erbe gewunnen, man claget ym das erbe abe. Were her ouch so kummerhafftig unde benotiget unde das uff den heiligen bewiste, so mag her is vorkummern durch leibes not, adir dy erbelinge muszen ym syne notdorfft gebin noch achtunge des erbis. 536

(4) Kraftproben, Siechbettverfügungen und Einschränkungen der Verfügungsmacht aufgrund nicht vollkom mener Rechtsfähigkeit a) Zu Kraftproben und Siechbettverfügungen. Dass die landrechtlichen Kraftproben im normativen Stadtrecht nicht vorkamen, wurde oben schon hervorgehoben. Eine Entscheidung, in der gleichwohl die Verfügungsfähigkeit des Verfügenden in Rede stand, ist jedoch im Jahre 1397 nach Breslau (Wroc!aw) ergangen. Die Schöffen hielten es für erforderlich, dass der Verfügende vor Gericht ohne Hilfe solange stehen konnte, bis er die Verfügung vorgenommen hatte: Welch man als mechtik ist sinis leibis, das her an mannis hulfe vor gehegetim dinge gesten moge als lange, bis das her die gobe getut, der mag sine varnde habe unde erbe vorgebin, das her gekouft hat adir ym gegebin ist […].537

Damit konkretisierten die Schöffen das Stadtrecht an einer Stelle, an der es wie gezeigt keine Vorgabe machte. Anders als das Landrecht enthielt das Stadtrecht aber statt dessen Verbote für Verfügungen auf dem Sterbelager oder im Krankenbett (bei dem es im 13. und 14. Jh. durchaus nicht sicher war, dass der Kranke wieder genas). Auch die Magdeburger Schöffen entschieden Streitfragen zu diesem Thema. Zunächst liegt ein im Jahr 1335 nach Stendal ergangener Spruch vor: W a t m e n v o r g e v e n m ac h i n s u c b e d e. Uns heft ghesecreven juwe klocheyt unde ghevraghet: Wan eyn minsche leghet an sime lesten ende, wat unde wo vele hie denne vorgheven moghe ane siner erfnamen willen unde volbort, den papen oder den leyen unde gheistliken luden alse den monken oder sinen vrunden unde 536 537

BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 12, 8, S. 128 f. E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 144 (Nr. 239). Es folgt noch die Aussage, dass die Erben einer Verfügung über Erbgut binnen Jahr und Tag widersprechen können.

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armen luden von sime gude, dat were rade oder herwede oder ander gut. Des spreke wie vor eyn recht: Dat nieman vorgheven mach in sime sukebedde hergewede noch radeleve; mer he mach wol vorgeven in sukebedde varende have swelkerleye gut dat is, dat hie alleyne ofte mit anderer lude hulpe over dat bedde bret ghereken mach unde swie dat gut entfet unde enwecht dreghet, die scal dat behalden to rechte.538

Behrend teilt hierzu mit, 539 dass die Fassung des Spruches in der Handschrift ursprünglich lautete, dass eman vorgheven mach in sime sukebedde varende have swelkerleye gut dat is, dass das Wort eman später ausgestrichen, durch nieman ersetzt worden sei und die Klausel über das Hergewede und die Gerade eingefügt worden sei. In beiden Fassungen macht der Spruch daher Sinn, eine inhaltliche Abweichung ist damit nicht gegeben. Voraussetzung dafür, dass die Verfügung im Siechbett wirksam war, war anders als nach § 18 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 nicht die Einhaltung einer bestimmten Wertgrenze (drei Schillinge), sondern der bekannte und bildliche Tatbestand, dass der Verfügende in der Lage sein musste, den Verfügungsgegenstand allein mit eigener Hand über das Bettbrett zu reichen. Diese Voraussetzung war von dem Gedanken beherrscht, dass ein Minimum an Geben erforderlich war und dass die Verfügung nicht in ein Nehmen umschlagen durfte. Verfügt werden konnte so wirksam über Fahrnis – jedoch nicht über bewegliche Sachen, die zum Hergewete oder zur Gerade gehörten. Geklärt wurde durch die Schöffen auch, dass der Erbenlaub bei Einhaltung dieser Voraussetzung nicht erforderlich war – danach gefragt wiederholten sie diese Voraussetzung im Urteilsspruch nicht. Möglich bleibt der Gegenschluss, auch anhand von § 18 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261 – für Verfügungen über solche Gegenstände, die der Verfügende nicht mehr selbst mit eigener Hand aus dem Bett herausgeben konnte, war die Genehmigung der Erben erforderlich. Die Annahme, dass über Grundstücke im Siechbett nicht verfügt werden konnte, geht jedoch zu weit – wie aus den Schöffenbüchern bekannt ist. Konnte ein Gericht im Krankenzimmer gehalten werden (bekanntlich waren auch Notgerichte mit abgesandten Schöffen möglich), dann waren auch Ver538 539

BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, Nr. 20/1, S. 84. BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, S. 85. Ein inhaltsgleicher Spruch ging vor 1385 nach Thorn (Torun): BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 12, 2, S. 124 f.: Ab eyn man syn direrbeit gut, varnde adir unvarnde, beschide wertlichen luten adir geistlichen luten adir kirchen in syme sichbette adir syme leczten ende, ab dy gobe crafft unde macht habe. adir syne erben wedirsprechen mogen, adir was eyn recht sey. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Gereit gelt unde varnde habe mag eyn man wol vorgebin in syme sichbette, also daz her also stark sey, das her is mit synis selbis hant sunder hulfe von ym reiche ader usz syme geweren losse brengen. Ader bescheidet her was gutes adir erbe ymandes noch syme tode zcu gebin, des dorffen dy erben nicht halden, wenne man heldit is vor tot, so is eyn man hingeben wil, so her is selber nicht mehir gebruchen mag, is sy denne, das is dy erbin voryoworten, so hat is crafft unde macht. Von rechtis wegen.

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fügungen über eigen und über Grundstücke enthaltendes erve möglich. Entscheidungen, denen Streitigkeiten über die bestehende oder nicht mehr bestehende Verfügungsmacht des Verfügenden wegen Krankheit zugrunde lagen, sind in den einschlägigen Spruchsammlungen auch für die Zeit nach 1400 ediert. b) Weitere Einschränkungen der Verfügungsmacht aufgrund nicht vollkommener Rechtsfähigkeit. Dass aber diese Anforderung neben dem Verbot der Siechbettverfügung die einzige auf die Person des Verfügenden bezogene Wirksamkeitsschranke war, zeigt ein weiterer Spruch nach Stendal aus dem Jahr 1331. Die Schöffen zerstreuten Zweifel an der Verfügungsmacht des Verfügenden, der unehelich geboren war: To deme seveden: Ofte unechte lude oder kindere eres ghudes jenneghe gift jenneghen manne gheven moghen, de wile dat se levendich unde sunt sin, unde ofte de gifit stunde jar unde dach unde mer sunder wedersprake, ofte se mochte stan oder nicht. Spreke wy vor eyn recht: dat unechte lude oder kindere moghen by erme sunden live ore gut wol vorgheven sveme sy willen unde de gift de sy don ader ghedan hebben, scolen to rechte macht hebben.540

Uneheliche konnten dem Anspruch der königlichen Gewalt auf ihren Nachlass dadurch begegnen, dass sie eine Verfügung vornahmen. Dasselbe Ergebnis fanden die Schöffen auch in einem Spruch nach Thorn (Toru&). Hier erläuterten sie die unterschiedlichen Stufen der Rechtlosigkeit in ihren Auswirkungen auf die Verfügungsmacht auch genauer: A b e y n u n e l i c h a d e r r e c h t e l o z m an e r b e u n d e g u t mag v o r k o uffen a n e d y h e r s c h afft. Ab eyn unelich man unde syne kinder adir eyn rechtelosz man syn erbe adir gut vorkouffen mag ane wedirsproche syner herschafft. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Eyn unelich man unde syne kinder mögen ir gut wol geben adir vorkouffen. Adir rechtelosz das ist manchirley. Eczliche lute dy heissen rechtelosz, das ist anrechtig, also das ir recht nicht also volkomen ist als ander luthe unde sy mogen keynem manne behulffen syn zcu syme rechte, also spelluthe und lotterer adir dy unelich geboren syn adir dy dube adir roup vor gerichte vorsunet haben adir der glich vorwunden werden, desse mogen ir gut wol vorgeben. Andere lute heissen ouch rechteloz, das ist fredeloz, als der yn eyme gerichte vorvestent ist, der ist do rechteloz, der mochte doch syn gut in eyme andern gerichte wol vorgebin eym andern ader in dem selbin gerichte, ab der cleger und richter ym frylicheit gebin dorczu zcu komende. Etczliche lute sint rechtelosz, das ist fredeloz unde erloz unde gutlosz, als das man sy alwege angriffen mag, also dy dy mit rechte yn des riches ban komen syn ader echte werden brocht, dessze mogen keyn gut vorgebin. Von rechtis wegen.541

540 541

BEHREND, Stendaler Urteilsbuch, Nr. 3/7, S. 11-14, 13. BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 14, 1, S. 130 f. Identisch BEHREND, Magdeburger Fragen I, 14, 8, S. 135.

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Die Gültigkeit der Verfügungen von Personen, deren Recht nicht „vollkommen war“, richtete sich nach den allgemein geltenden Grundsätzen. Uneheliche konnten demnach bei gesundem Leibe Verfügungen vornehmen, und zwar unbeschänkt, denn ein Einspruchsrecht von Erbberechtigten kam aus zweierlei Gründen nicht in Betracht: Der Uneheliche hatte keine erbberechtigten Verwandten, außerdem konnte er schon gar kein Erbe (also angestorbenes Gut) besitzen, da er selbst ja nicht erbberechtigt war.

(5) Zu Formerfordernissen Der Grundsatz, dass Verfügungen (gleich ob lebzeitig oder erlebensbedingt), sofern sie Grundvermögen und erbe erfassten, vor Gericht vorgenommen werden mussten, ist durch Landrecht, Stadtrecht und die Rechtstatsachen bereits erwiesen. Die Magdeburger Schöffen hatten aber in einer Entscheidung nach Thorn (Toru&) auch die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, ob eine lediglich schriftliche Verfügung wirksam sein sollte. Bezeichnenderweise handelte es sich im Streitfall um eine Verfügung, die zwei schuler, also zwei Kirchen- oder Klosterschüler gegenseitig untereinander vorgenommen hatten. Es handelte sich um eine vom römisch-kanonischen Testaterbrecht beeinflusste Verfügung, die auch unter Erlebensbedingung stand: A b offi n b a r s c h r i fft e m ach t h a b e n i n w e r t l i c h em g e r i c h t e . Ab instrumente, also offinbare schriffte crafft unde macht haben in wertlichem gerichte in der wisze: czwene schuler vorbunden sich, welchir undir yn e storbe, das der ander des toden gut unde gerete habin sulle, der eyne starb, der ander vordert nu das gut von des toden frunde; dy frunde sprechen, dy vorbyndunge der offinbaren schriffte habe nicht macht, dorumb das dy gobe vor gerichte nicht geschen ist. Hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg recht: Was der tode by syme lebinden leibe synes gutes syme gesellen in syne gewere geantwort hat, das mag her behalden. Hat abir der tode leginde grunt unde erbe gelossen unde varnde habe, dy in synes selbis geweren bestorben ist unvorgeben vor gerichte, das gehort synen nehisten erben. Von rechtis weyn.542

Die Schöffen verneinten die Wirksamkeit der betreffenden Verfügung. Lebzeitige Verfügungen waren jederzeit frei möglich. Verfügungen von Todes wegen, mit denen Grundvermögen und Erbe (unter Einschluss der Fahrhabe) übertragen werden sollte, mussten aber vor Gericht vorgenommen werden. Die schriftliche Verfügung der beiden schuler brach demzufolge das Erbrecht der nächsten Verwandten nicht. Eine andere Frage beantworteten die Magdeburger Schöffen in einem zwischen 1363 und 1386 nach Breslau (Wroc!aw) verschickten Urteil: […] Abir alle gobin unde vorreychungen, dy do geschen vor eyme siczczenden rate, dy sint machtelos noch meygdeburgischem rechte unde mogen mit rechte

542

BEHREND, Magdeburger Fragen, I, 15, 7, S. 138.

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nicht bestan noch deme mole, das si vor gerichte in rechtir dingstat nicht geschen noch getan werden.543

Einer Kommentierung bedarf das nicht. Abschließend seien noch einige Entscheidungen der Schöffen von Halle/Saale betrachtet.

2. Halle/Saale Neben Entscheidungen aus Magdeburg sind in dem untersuchten Quellenmaterial auch Entscheidungen anderer Schöffenbänke zu finden. Das betrifft vor allem Urteile aus Halle/S. Es handelt sich dabei um Entscheidungen, die das Schöffengericht in Halle/S. entweder auf Anfrage aus Tochterstadtgerichten oder als Streitgericht selbst getroffen hat.

(1) Zum Erbenlaub Die Frage, ob ein erbberechtigter Verwandter zu einer Verfügung seine Zustimmung hätte geben müssen oder nicht, war im 14. Jh. – so das Bild der existierenden Editionen – vor allem in Halle/S. fraglich. Die Schöffenbücher dort haben gezeigt, dass das Hallische Schöffengericht das Erfordernis des Erbenlaubes besonders ernst genommen und mehr Zustimmungen in das Buch hat verzeichnen lassen als andere Schöffengerichte. Es verwundert deshalb nicht, dass zu dieser Frage auch Entscheidungen der Hallischen Schöffen zu finden sind. Eine erste (Anfrage-) Entscheidung der Hallischen Schöffen ist nach Guido Kisch in das 14. Jh. zu datieren. Umstritten war eine Verfügung über ein gesamtes Vermögen zugunsten eines Ehemannes, die ohne Zustimmung von Erbprätendenten vorgenommen worden war: W i e m a n e i g e n a n e e r b e g e l o b d e n i c h t v e r g e b e n m o g e . Wir schöpfen zu Halle seint gefragt umb recht nach disen nachgeschrieben worten: Sulche recht sage ich mir Johannes zu nach tode Margarethen, seliger, meins weibs. Margaretha [vor-]benant hatt vor mir einen man, genant Huter. Der starbe und ließ kinder, lebendige leibserben und die fraue. Do teilt der kinder vormunde die fraue von sich mit irem drittel nach solcher ordenung rechts der lande, die den dritteil pflicht haben, da man dritteil pflegt zu geben zu eigen gabe erstattung. Darumb sie sich verziehn mussen aller alder recht, als gerade, morgengabe und mustel.544 Und sie wart ires dritteils mit den kindern bereinet und beteilt an ligendem grunde und farender habe und nam iren dritteil in ire eigentlich gewere als ein wittbe. 543 544

E BEL, Magdeburger Recht II 1, S. 105 (Nr. 159). Bemerkenswert ist, dass die Gerade im Gegensatz zum Dritteil als das ältere Recht bezeichnet wird. Es scheint so zu sein, als habe in dem Anfragegericht (wahrscheinlich handelte es sich um Chemnitz) das jüngere Dritteilsrecht das ältere Geraderecht historisch abgelöst.

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Darnach nam ich dieselbe Margaretha zu weibe eelich und redlich und mit iren gütern in mein gewere, als man weib durch recht tun soll und muß. Ich sie also gehat etzlich frist; do ging sie mit mir pei gesondem lebendigem leibe mit guter kore und willen on allen gezwang vor gericht und gehegte dingpank, davon die guter zu lehn gehen, und tat sich desselben guts ein rechte verzicht und begabt mich damit. Nach schöpfen urteil mir die gabe bestetigt wart, als giftiges [guts] binnen weichbilde recht ist, daruber ich mein friedepuß gegeben habe den schöpfen nemlich besonder von der gabe wegen. Ich Johannes Gulden [folgt die Schilderung, dass Gulden die Güter jährlich in Chemnitz verschosst und die Eintragung in das Schossverzeichnis betrieben habe.] Nun beteidingt mich, Johan Gulden, und reden an die vormunden der unmundigen kinder meins weibs, seligen, umb die erbe und guter, damit sie mich vor gehegter pank vergift und begabt hat und sprechen, das die frau die benanten guter nicht zu ime pracht habe, als recht sei, in lehn und gewere, und sich dieselben vererbt haben, darumb mocht kein zicht noch gabe daran getan haben one volwort und gelobde der erben. Darauf antwort ich Johans in solcher forma; man mag nicht weib genemen tun von des glaubens wegen, die ime besippet ist, darumb das sie ime nicht besippet sein muß, darumb beerbet weib auf man nicht noch man auf weib. Was aber frauen gutes nach der mannen tode nemen, das kompt davon nach aussgesaczten rechten als ein diener irs verdinten lons und nemlich in dem weichbilde den dritteil, davon sich frauen verzeichen mussen der morgengabe, gerade und mustel. Darumb sie den dritteil zu erstattung entpfahn, der dan ir rechte eigen gewere ist, den sie wol geben und losen mogen, wem und wan sie wollen, an gehegter pank sonder erbegelobde, als giftigs guts binnen weichpilde recht ist; etc. Zum andern mal sprechen die vormunde der unmundigen kinder, das die frau binnen jar und tag verstorben sei und die gabe sei vor gehegter pank widerrufen und widerspochen, darumb mocht die gabe an mich, Johan Gulden, nicht gelangen. Darauf antwort ich Johan Gulden: Wan das gut gegiftet ist, damit mich die frau, mein weib, begabt hat, und sie das also wol geben mochte, wan und wem sie wolde, als ir selbst eigen gut, darumb darf ich Johan Gulden an solchen giftigen gutern keiner anderen gewere dan rechter kundschaft, die ich redlich bezeugen mag, so ist die gabe als gut binnen dem jare als nach dem jare. Auch sprechen die vormunde der unmundigen kinder, das die erbguter nach irem rechten vater hinter in sein geschosse noch geschrieben stehen in der statt buch zu Kemnitz, davon sie meinen, das ich Johan Gulden zu den gutern nichts rechts moge gehaben, und doch dieselben erbeguter nicht von dem rate zu lehn gehen, sonder von dem gericht. Nun pitt ich euch erbaren, weisen schöpfen, das ir mir darauf ausrichtung tut nach recht, ap ich die guter, die ich in rechten lehn und geweren hab von gabe, von giftung wegen meines weibs, seligen, nach weichpildes recht, icht mit pesserem rechten behalde, dan mit der kinder vormunde oder jemands anderst daran moge gehindern oder was hierumb recht sei. Hierauf sprechen wir schöpfen zu Halle ein recht: Seintmal das die guter also getane guter sein, das man sie pflegt zu vergeben vor gehegter pank, so mocht die

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

frau ir anerstorben eigen on erbengelobde und an irer erben willen nichts vergeben. Von rechtes wegen.545

Streitig war die Frage, ob es sich bei dem Vermögen der Frau um Erwerbsoder um Erbgut handelte. Das war hier deswegen strittig, weil die Frau das Vermögen, das sie ihrem zweiten Mann zugewendet hat, nach dem Tod ihres ersten Ehemannes nach lokalem Sondergewohnheitsrecht als Ehegattenportion erhalten und dafür auf die ihr als Ehefrau ansonsten zustehenden Sondervermögen Gerade, Morgengabe und Musteil verzichtet hat. Die Hallischen Schöffen bezeichneten die streitigen Güter aufgrund Dritteilsrechts erworbenen Güter als anerstorben eigen. Sie stellten darauf ab, dass die Güter von den Parteien so behandelt worden sind, als seien sie Erbgut, nämlich Güter, über die man vor gehegter Bank zu verfügen pflegt. So ist die Entscheidung gegen den zweiten Ehemann auch gegen dessen abstrakte Erörterungen zum Ehegattenerbrecht folgerichtig. Weitere Entscheidungen erließ das Schöffengericht von Halle/S. als Streitgericht. Ich verweise hier zunächst auf eine Entscheidung, die zwischen 1356 und 1366 ergangen ist und eine ohne Erbenlaub vorgenommene Verfügung über Erbgut betraf: Ghese, Hans Wymans dochter, quam in geheget dingh vnde beschuldigede Hanse Marolfe vmme eyn eygen, dat sy anirstoruen was von orme rechten vadere; dar antwerde hie t+, Pawel Wyman vnde Hans, sin br+der, hedden ome begauet ore eygen, dat sy anirstoruen was von orme vadere, vnde hedde dat beseten iar vnde dach ane allerleyge ansprake; do wart ome v+nden, k+nde hie dat bewisen, dat hie dat eygen beseten hedde iar vnde dach in rowelicker were, an allerleyge ansprake vnde; des thog hie siek +p der schepen b+k vnde dar mede is hie v+lkomen mit sime rechte.546

Es handelt sich um einen Paradebeispielsfall für die Effektivität von § 16 des Magdeburg-Breslauer Rechts von 1261. Dem Beklagten Hans Marolf gelang mit dem Beweis, dass Hans und Paul Wyman, die Brüder der Klägerin Ghese zu seinen, Marolfs, Gunsten über das Vermögen verfügt hätten, das sie von ihrem Vater Hans Wyman geerbt hätten, der Nachweis, dass er das betreffende Gut seither Jahr und Tag ohne deswegen beklagt worden zu sein, besessen habe. Ebenso der folgende Spruch, der im gleichen Zeitraum in einem Streit zwischen zwei Geschwistern ergangen ist: Griete, Hanses wif von deme Dore, quam in geheget dingh vnde beclagede Heydenrike, oren bruder, dat hie ore vorehielde, dat sie anirstoruen was von orme rechten vadere. Des quam dy selue Heydenrik vor gerichte vnde sprak, sin vader hedde ome gheuen alle, dat hie hadde vnde vmmer mer gewunne, vnde toch siek des an der schepen buk. Do wart ome gevunden, hedde hie dy gaue hat iar vnde dach vnde beseten ane rechte vnde redelicke weddersprake, si were hie des gudes nar tu behaldene, wenne it ome eymant auevorderen mochte mit rechte. Do vant

545 546

KISCH, Leipziger Schöffenspruchsammlung, Nr. 594, S. 409-411. HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher I (1266 bis 1400), Nr. III 5, S. 207.

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man in der schepen buke [gemeint ist der Eintrag I 1237], darmede is dy vorgenante Heydenrik vulkomen myet rechte.547

Dieser Spruch ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Er beinhaltet zunächst eine verbindliche Auslegung der oft gebrauchten Wendung: alle, dat hie hat vnde vmmer mer wint. Nach Ansicht der Hallischen Schöffen ist in diese Gesamtvermögensbezeichnung auch das Erbgut einbezogen, um das sich hier Bruder und Schwester nach dem Tod des Vaters streiten. So wird auch anhand eines Urteils deutlich, dass mit dieser Formulierung der Nachlass des Verfügenden zum Verfügungsgegenstand gemacht wurde. Es handelt sich mithin um eine erlebensbedingte Verfügung. Außerdem lässt sich diesem Vorgang noch entnehmen, wann nach der Ansicht der Schöffen die Widerspruchsfrist nach § 16 des MagdeburgBreslauer Rechts von 1261 zu laufen begann, womit die oben offengelassene Frage entschieden werden kann. Es ist hierbei hilfreich, auf die Datierungen der hallischen Schöffenbücher von Hertel zu rekurrieren. Das erste Schöffenbuch, in dem die Verfügung des Vaters zugunsten Heidenreichs eingetragen worden war (I 1237) reichte von 1266 bis 1325. Das dritte Schöffenbuch, in dem die Entscheidung des Streites zwischen Heidenreich und seiner Schwester Grete beurkundet wurde, beinhaltet Eintragungen etwa von 1355 an. Selbst bei Einkalkulierung von Unsicherheitszonen548 und selbst angenommen, der Eintrag I 1237 stamme aus dem letzten Jahr, in dem das erste Schöffenbuch noch geführt wurde,549 liegen zwischen der Verfügung und dem Streit der Geschwister mindestens 30 Jahre. Allein hieraus wird noch einmal deutlich, dass Heidenreich den Verfügungsgegenstand erst nach dem Tod seines Vaters erhalten sollte. Trotzdem stellten die Schöffen hinsichtlich des Fristlaufs darauf ab, ob Heidenreich das umstrittene Gut Jahr und Tag (ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage) besessen hatte, bevor ein Widerspruch erfolgte. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Widerspruchsfrist bei kalthändiger Verfügung auch im Stadtrecht erst zu laufen begann, wenn der Begünstigte den Verfügungsgegenstand auch erhielt – wenn die Erlebensbedingung eintrat. Das ließen die Schöffen auch ausdrücklich in das Buch einschreiben: „hedde hie dy gaue iar vnde dach vnde beseten ane rechte vnde redelicke weddersprake“. Damit ist nicht nur entschieden, dass der kurze Fristlauf Besitz des Beklagten voraussetzte, sondern auch, dass ein Widerspruch zu Lebzeiten des Verfügenden sehr wahrscheinlich jederzeit möglich war. Im Ergebnis gelang Heidenreich der geforderte Beweis. Kein anderes Ergebnis

547 548

549

HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher I (1266 bis 1400), Nr. III 312, S. 241. Oben ist schon darauf hingewiesen wurden, dass sich die Bücher teilweise überschnitten: So lief das erste Buch noch bis 1325, während das zweite schon 1308/09 oder 1312 begonnen wurde. Solche Überschneidungen gab es auch beim Wechsel vom zweiten zum dritten Buch. Tatsächlich hat das erste Schöffenbuch etwas über 1.400 Einträge.

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Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

zum Widerspruchsrecht von Erben nur bei ererbtem Gut liefert ein weiteres Urteil von 1377: Hans von Berndorp quam in geheget ding vnde deme wart gev+nden, wat Saffe, sin elike h+svrowe, ome gheuen hadde, dat sy nicht von oren elderen angestorven hedde, dat die ghaue bilken bestet vnd or neymant wedderspreken mach mit deme rechten.550

(2) Zu Kraftproben und Siechbettverfügungen Auch zu den Siechbettverfügungen gibt es Entscheidungen des Schöffengerichts Halle/S. So wurde zwischen 1341 und 1369 über eine Verfügung entschieden, die im Spital vorgenommen worden war. Deswegen war vor Gericht ein Widerspruch gegen die Verfügung erklärt worden, den die Schöffen zurückwiesen: Hans Baldewin quam in heget ding vnde wedersprak die gaue, die Rode Baldewin gegeben hedde Lentzken in denne spitale t+ guder hant; do quam Lentzke vor hegede banc vnde vregete vm eyn ordeyl, af Rode Baldewin icht mochte vorgeben sin eygen, dat he hoft [emendandum est: koft] hat vmme sine wol gewunnen phenninge; do wart yme vunden, her mochtet wol vergeuen, weme her wolde, by sinem svnden libe dat eygen, dat he gekoft hadde vmme sine pennighe.551

Ungeklärt bleibt hier, ob dem Verfügenden Rode Baldewin im Spital ein Gericht gehegt worden war – immerhin handelte es sich beim Verfügungsgegenstand um eigen. Jedenfalls war die bloße Tatsache, dass die Verfügung im Spital vorgenommen worden war, kein Grund anzunehmen, dass der Verfügende nicht mehr in der Lage gewesen sei, wirksam zu verfügen. Anders entschieden die Schöffen in einem Urteil aus dem Jahre 1390. Hier hatte der inzwischen verstorbene Verfügende auf seinem Krankenlager gesessen. Verfügungsgegenstand war erve: Katherine, Merten Cloueworstis elike wedewe, toch sik an oren lenherren vor gehegeteme dinge des, dat he or scholde gelegen hebben Merten Cloueworstes erue, vnde het oren lenherren bracht vor geheget ding; die lenherre bekante, Merten Cloueworst hadde dat erue vpgelaten in syme s+kbedde sittende, alzo hedde he der vorgescreuenen Katherinen dat erue gelegen; do vregede Ilze, Merten Cloueworstes swester, in deme seluen dinge, sint dem male dat Katherinen dat erue gelegen were yn syme s+kbedde, af die len macht hadde; do wart or gefunden, die len hedde nicht macht vnde enmochte den eruen mit der len ore erue nicht entfernen; do boet die schultete der vorgescreuenen Katherinen, sie scholden dat erue r+men bynnen virteynachten.552

550 551 552

HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher I (1266 bis 1400), Nr. III 1070, S. 334 f. HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher I (1266 bis 1400), Nr. II 444, S. 192 HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher I (1266 bis 1400), Nr. IV 169, S. 421 f.

Verfügungen von Todes wegen im Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises

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Die Fähigkeit, auf dem Bett zu sitzen, hatte im vorliegenden Fall nicht mehr ausgereicht. Auch hier bleibt unentschieden, ob dem Verfügenden ein Gericht gehegt worden war – das erve konnte auch Grundstücke enthalten haben553. Dass die Witwe ihren Lehnsherren als Zeugen beibringen konnte, genügte den Schöffen nicht.

(3) Zu Formerfordernissen Die Formerfordernisse waren auch in anderen Schöffengerichten als dem Magdeburger weniger umstritten als der Erbenlaub. Immerhin konnte ein Urteil der hallischen Schöffen auch dazu gefunden werden. Es stammt vom 27. Oktober 1365: Na Goddes gebort dretteynhundert iar in deme vifvndesestigesten iare in sente Symon vnd Juden auende quam Ghese, Heysen Pitzkeres vruwe, vor geheget ding vnde vragede vmme eyn ordel, af Hans, œre sone, die gaue mit rechte wedderspreken mœchte, die sy œren dochteren in dem closteren tu sente Jurgen geuen hadde; do wart gevunden, sint dem male, dat die gaue gheuen were mit wetenschap des richteres vnde mit sinem willen, so mach Hans, œre sone, die gaue nicht wedderspreken von rechtes weghen.554

Streitig war nur, ob die betreffende Verfügung vor Gericht geschehen war. Da dies offensichtlich der Fall war, wiesen die Schöffen einen Widerspruch des Sohnes der Verfügenden zurück. Mit dieser Entscheidung ist die Betrachtung der in den Untersuchungszeitraum fallenden Schöffensprüche abgeschlossen.

553 554

Möglicherweise stand erve hier für ein konkretes Grundstück. HERTEL, Die Hallischen Schöffenbücher I (1266 bis 1400), Nr. III 551, S. 273.

VI E R T E R T E I L : E R G E B N I S S E

UND

ANHANG

Kapitel 7: Zusammenfassung

Im einleitenden Kapitel dieser Untersuchung sind, bevor zunächst die Betrachtung insbesondere des frühmittelalterlichen nichtrömischen Erbrechts in Europa von seinem nationalistisch-patriotischen Ballast, seiner angeblichen Sippenbindung und seiner Ankopplung an germanophile, mitunter mythische Vorstellungen (eine Aufgabe, die übrigens für ein Nachschlagewerk wie das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte erst noch geleistet werden muss) befreit worden ist, vier Fragen formuliert worden, die in einer kurzen Zusammenfassung beantwortet werden sollen, ohne dass alle unterwegs einzeln festgehaltenen Ergebnisse hier noch einmal ausgebreitet werden müssten. Im Einzelnen wird auf die Zusammenfassungen der Kapitel und Abschnitte verwiesen.

I. Erstens wurde gefragt, ob das weltliche merowingisch-karolingische und das sächsische Recht des frühen und hohen Mittelalters Verfügungen zuließ, die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme auf Seiten des Begünstigten kein wirksames Recht entstehen ließen, sondern nach dem Tode des Verfügenden wirksam wurden. Kritische Größe war dabei weder der Begriff Testament, noch der des Erbvertrages sondern der Terminus Verfügung von Todes wegen, der zunächst einer terminologischen Klärung zuzuführen war. Danach und nach der Einzeluntersuchung der normativen und der empirischen Quellen kann die Frage bejaht werden. Wenn auch den normativen Rechtsquellen ein eindeutiges positives Bekenntnis zur Erlebensbedingung nicht durchweg abgewonnen werden konnte (merowingische und karolingische Normgeber und Eike v. Repgow beschränkten sich darauf, Regeln niederzuschreiben, die für Verfügungen insgesamt gelten konnten, ohne die Erlebensbedingung ausdrücklich zu erlauben oder zu verbieten; im Magdeburger Stadtrecht liegt es nahe, immer dann eine Erlebensbedingung zu unterstellen, wenn von einer „gabe“ die Rede ist), so belegen die Rechtstatsachen in aus-

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Zusammenfassung

reichender Quellenmenge, dass Verfügungen, sobald mit der Anfertigung von Einzel- und Sammelquellen begonnen wurde, dergestalt aufschiebend bedingt werden konnten, dass dem Verfügenden zu seinen Lebzeiten die volle Verfügungsmacht verblieb und der Begünstigte den Verfügenden überleben musste, um ein Recht am Verfügungsgegenstand zu erwerben. In dieser Untersuchung wurde das für jede einzelne der insgesamt weit über 15.000 angezogenen Quellen gesondert geprüft und festgehalten. 1 Das betrifft nicht nur die merowingischen und karolingischen Urkunden, deren Überlieferung im Jahre 533 einsetzt, sondern auch die Sammelquellen aus dem Zeitraum von 1135 bis 1400. Damit ist zugleich erwiesen, dass das jeweils untersuchte normative Recht weder im frühen, noch im hohen, noch auch im späten Mittelalter ein Hindernis für erlebensbedingte Verfügungen darstellte. Obwohl weder die leges noch der Ssp oder die wesentlichen Quellen des Magdeburger Stadtrechts eine oder mehrere ausdrückliche Spezialvorschriften über „Testamente“ oder „Verfügungen von Todes wegen“ enthielten, ist davon auszugehen, dass das im hier untersuchten Territorium wirklich geübte Recht flexibel genug gewesen ist, Verfügungen der hier gegenständlichen Art zu erlauben. Das jeweilige normative Recht beschränkte sich auf Regelungen, die alle Verfügungen, gleich ob sie warm- oder kalthändig wirksam wurden, gleichermaßen betrafen. Es kann mithin nicht davon gesprochen werden, dass die postmortale Verfügungsfreiheit erst im Zuge der Rezeption des römisch-kanonischen Rechts im Heiligen Römischen Reich entstanden sei. Zu diesem Schluss wird gelangen, wer im merowingischen und karolingischen und im sächsischen Recht des frühen und hohen Mittelalters nach Testamenten oder Erbverträgen sucht. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich darauf hinzuweisen, dass sich das insbesondere in Gestalt der LRib überlieferte merowingische Recht und das sächsisch-magdeburgische Stadtrecht als seinerzeit durchaus effektive und aktuelle Rechtsaufzeichnungen dargestellt haben, deren Inhalte in den Rechtstatsachen weiter verarbeitet worden sind. Anhand einzelner merowingischer Formulare konnte einerseits nachgewiesen werden, dass sie es ermöglichten, rechtliche Ergebnisse zu erzielen, die denen entsprachen, die nach den einschlägigen Regelungen der LRib als im Interesse des Urhebers derselben liegend angesehen werden müssen. Gleichzeitig konnte von Vorgaben des frühesten merowingischen normativen Rechts, der LSal, in unterschiedlicher Ausprägung abgewichen werden. Weder das eine noch das andere ist zwar ein eindeutiger Nachweis dafür, dass den Verwendern der betreffenden Formulare die lex scripta bekannt gewesen sein muss. Immerhin ist es aber nicht so, dass Normativität und Empirie sich widersprachen. Das sächsisch-magdeburgische Stadtrecht und überwiegend auch das sächsische Landrecht andererseits sind sowohl aktuell als auch effektiv gewesen. 1

S. dazu im Einzelnen den Anhang.

Zusammenfassung

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Das zeigte sich vor allem bei der Frage, auf welche Weise das sächsische Recht des hohen und späten Mittelalters dem Gedanken Rechnung trug, dass potenzielle Erben eines Verfügenden gegen den künftigen Nachlass schmälernde Verfügungen geschützt werden sollten. Hier stimmen normative Quellen, Sammelquellen und Schöffensprüche überein. Indessen ist zu diesem Ergebnis wieder einschränkend festzuhalten, dass sich die postmortale Verfügungsfreiheit, so wie sie in den untersuchten Quellen gefunden wurde, nicht anthropologisch verallgemeinern lässt. Der Befund der Quellen kann nicht übertragen und ausgeweitet werden – etwa wieder in Richtung einer „germanischen“ postmortalen Verfügungsfreiheit.

II. Zweitens wurde gefragt, ob der Verfügende auf diesem Wege sein zum Zeitpunkt seines Todes vorhandenes Vermögen den geborenen Erben ganz entfremden, eine etwaige Familienbindung des Vermögens durchbrechen und dem Begünstigten eine Stellung einräumen konnte, wie sie auch ein geborener Erbe des Verfügenden inne hatte oder ob der Verfügende auf diesem Wege sein zum Zeitpunkt seines Todes vorhandenes Vermögen mittels einer zielgerichteten Auswahlentscheidung nur einem oder mehreren geborenen Erben zuwenden und damit anderen vorhandenen, geborenen Erben entfremden konnte oder ob er alles dies nicht konnte. Die Untersuchung hat hierzu ergeben, dass der Verfügende in der Auswahl der Begünstigten in der Praxis der untersuchten Städte frei war. Er konnte Vermögen von Todes wegen zuwenden, wieviel und wem er wollte: Apriorische Begrenzungen auf die Abkömmlinge, die Ehegatten oder auf die Verwandten wurden nicht erkennbar. Gleichwohl sind in der Praxis die Verwandten besonders häufig begünstigt worden. Trotz allem darf bis in das späte Mittelalter nicht von der Existenz einer gewillkürten Erbfolge im Sinne von auf Erbeinsetzung beruhender, gewillkürter Universalsukzession gesprochen werden: Die Nachfolge in das Vermögen des Verfügenden war in den untersuchten Rechten durch das gesamte Mittelalter hindurch erstens keine personenrechtliche Nachfolge. Durch Verfügung vermittelt wurde demnach keine Personenidentität zwischen Erblasser und Erbnehmer – zugewendet wurde statt dessen Vermögen. Gegenstand der hier untersuchten Verfügungen von Todes wegen im Untersuchungszeitraum war nicht die Erbeinsetzung. Anders als das klassische römische Testamentsrecht mit seinem Abstellen auf die Erbeinsetzung ermöglichten sowohl das merowingisch-karolingische Recht als auch das Sachsenspiegel- und das Magdeburger Stadtrecht ähnlich wie das römische Recht der Schenkung von Todes wegen die rechtliche Mobilisierung des Vermögens, mittels derer der einzelne entscheiden konnte, wer nach seinem Abgang in welchem Umfang an diesem Vermögen beteiligt

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werden konnte: Erbgut wurde aus kalter Hand genommen. Der Verfügungsgegenstand wurde in der merowingisch-karolingischen Epoche in den meisten rechtstatsächlichen Belegstellen so genau wie möglich identifiziert – Ausgangspunkt waren demnach konkrete, körperliche, anschauliche Sachen, weswegen die Verfügungen bei den begüterten Ausstellern dieser Zeit einen beträchtlichen Umfang annahmen. Gleichfalls schon in den merowingischen Urkunden und Formularen wird aber die Tendenz zur Zusammenfassung gleichartiger Sachen in Sachgesamtheiten greifbar. Eine historische Abfolge im Sinne einer allmählichen Steigerung des Abstraktionsgrades konnte nicht ausgemacht werden. Diese strukturelle Ausgangsentscheidung der Zuwendung von Sachen oder Sachgesamtheiten war aber ohne jeden Zweifel der Grund dafür, dass die untersuchten Rechte dem römischen Satz nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere potest von vornherein verständnislos gegenüberstehen mussten. „Erbe“ war demnach in den hier untersuchten Rechten immer „Erbnehmer“. Sowohl das merowingisch-karolingische als auch das Sachsenspiegelrecht un das Stadtrecht des Magdeburger Rechtskreises, gingen dabei von mehreren grundsätzlichen Differenzierungen des Vermögens, über das verfügt werden konnte, aus. Hier wie dort wurde einerseits zwischen liegendem und fahrendem Vermögen und andererseits zwischen selbst erworbenem und ererbtem Vermögen unterschieden. Die hierfür verwendeten Begriffe (genannt seien nur comparatum, allod, terra salica, eigen, erve) sind im einzelnen thematisiert und ausgelegt worden. Das Sachsenspiegel- und das Magdeburger Stadtrecht kannte zudem noch einzelne Differenzierungen des Nachlasses (erve, herwede, gerade, musteil). Indessen war es auch einem Erblasser, der sich in einer Rechtsordnung aufhielt, die von einem der untersuchten Rechte dominiert war, möglich, auch seinen gesamten künftigen Nachlass so einem Fremden zuzuwenden, dass dieser ein Recht daran erst dann erwarb, wenn er den Erblasser überlebte. Verfügt werden konnte demnach über alles, was Vermögenswert hatte. Das ging so weit, dass in Einzelfällen auch über Forderungen, ja selbst über Klagen verfügt werden konnte. Damit ist die vierte, eingangs gestellte Frage bereits hier beantwortet. Auf diese Weise ließen sich in der hochmittelalterlichen Stadt rechtliche Ergebnisse erzielen, denen auch das moderne, kodifizierte Erbrecht dient. Auch hierbei lässt sich in den untersuchten Quellenbeständen keine historische Entwicklung feststellen. Das künftige Vermögen (der Nachlass) war Verfügungsgegenstand sowohl in frühmittelalterlichen Urkunden als auch in hoch- und spätmittelalterlichen Sammelquellen – und zwar zu Beginn der Überlieferungen so gut wie gegen Ende derselben. Unterschiedliche Entwicklungen konnten z. B. für das Verbreitungsgebiet des Ssp nur insoweit konstatiert werden, als Städte mit viel Rechtsverkehr eine eingespieltere und abstraktere Registratur entwickelt hatten als kleine Gemeinden, in denen eine geringe Gütermobilität herrschte.

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Bei dieser zweiten Frage sollte entscheidend sein, auf welche Weise die untersuchten Rechte der Erwägung Rechnung trugen, dass geborene „Erbnehmer“ vor Verfügungen geschützt werden sollten, die nicht das Vermögen des Erblassers zu dessen Lebzeiten, wohl aber den Nachlass des Erblassers nach dessen Tod schmälerten. Diese Erwägung dürfte eine Grundentscheidung einer jeden Rechtsordnung in Europa sein. Sie lässt sich in jeder historischen Rechtsepoche – in der Antike so gut wie im Mittelalter und der Neuzeit – nachweisen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine anthropologische Konstante. Worauf dieser Erbnehmerschutzgedanke beruht – auf Sippe, Blut, Sexualität oder Zuneigung, auf Haus oder Boden, auf Rasse, Klasse oder Wahl –, das ist eine Frage, zu deren Beantwortung Juristen das methodische Rüstzeug fehlt. Die untersuchten Rechte verwirklichten diesen Erbnehmerschutzgedanken unterschiedlich. Dabei sind innerhalb der beiden größeren Gruppen von Rechten auch noch unterschiedliche Lösungswege beschritten worden. Schon diese einfache Beobachtung mehrerer Varianten zeigt, dass es im merowingischkarolingischen und im sächsischen Recht ein sogenanntes „gemeingermanisches“ oder „gemeinfränkisches“, auf Sippen- oder Blutsbindung beruhendes Erbenwart- oder Beispruchsrecht in historischer, schriftlicher Zeit nicht gegeben haben kann. Das merowingisch-karolingische normative Recht überliefert (soweit es den Schutzgedanken anerkannte) drei Lösungen. Die LSal erstens trug dem Erbnehmerschutz auf prozessualem Wege Rechnung, indem sie ein Verfahren bereithielt, durch das Verfügungen über das Vermögen oder Teile davon eine so große Publizität erhielten, dass Einsprüche gegen eine beabsichtigte Verfügung geradezu provoziert wurden. Welche Folgen ein eventuell erhobener Einspruch haben konnte, ist aus der LSal nicht zu erfahren. Die LRib zweitens verbot Verfügungen aus Anlass von Eheschließungen, bei denen die Gefahr bestand, dass Kindern aus vorangegangenen Ehen der Nachlass ihres jeweiligen verstorbenen Elternteils entzogen wurde. Mittels einiger Kapitularien versuchte drittens der fränkische König, Verfügungen zugunsten der Kirche einzudämmen, die die Abkömmlinge der Verfügenden erblos machten – freilich war dies ein nur halbherziger Versuch, das elterliche Vermögen den Kindern zu sichern. Dieser Versuch bestätigt jedoch die in der Vergangenheit für unglaubwürdig gehaltene normative Aussage der LThu, die bezeugt, dass nach der Ansicht karolingischer Normurheber grundsätzlich unbeschränkte Verfügungsmacht bestand. Mitwirkungsrechte von potenziellen Abkömmlingen des Verfügenden an einer Verfügung – und zwar ungeachtet der Tatsache, ob sie liegendes oder fahrendes, erworbenes oder ererbtes Gut betraf – kannten weder die normativen merowingisch-karolingischen Quellen noch die empirischen. Es gibt Formulare und Urkunden, anhand derer gezeigt werden konnte, dass solche Mitwirkungsrechte, hätten sie bestanden, im konkreten Fall hätten beurkundet werden müssen. Das Unterbleiben entsprechender Beurkundungen lässt nur einen Schluss zu: Auch in der Praxis waren solche Mitwirkungsrechte

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nicht anerkannt. Dem entspricht auch das Ergebnis der für Köln und Andernach angestellten Sammelquellenanalyse. Hier (selten) vorkommende Mitwirkungen von potenziellen Erben sind über den konkreten Einzelfall hinaus nicht verallgemeinerbar. Die sächsischen normativen Rechtsquellen überliefern ebenfalls unterschiedliche Lösungsmodelle. In der LSax verbot der königliche Eroberer Sachsens Verfügungen, die die potenziellen Erbnehmer erblos machten – es sei denn, solche Verfügungen wurden zugunsten eben dieses Eroberers oder der mit dem Rex Francorum verbündeten katholischen Kirche vorgenommen.2 Der Ssp sah Mitwirkungsrechte der potenziellen Erben des Verfügenden vor, wenn die Verfügung erstens Grundvermögen und/oder zweitens Grundvermögen enthaltendes erve (als einen Teil des künftigen Nachlasses) betraf. Dieses Mitwirkungsrecht war aber nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung (Einwendung), sondern als Widerspruchsrecht (Einrede) konstruiert. Es erlosch durch Nichtausübung innerhalb bestimmter Frist. Das sächsischmagdeburgische Stadtrecht beschränkte dieses Widerspruchsrecht anders als der Ssp im wesentlichen auf Verfügungen, die ererbtes Grundvermögen3 betrafen. Auch hier führte Nichtausübung durch Fristablauf zum Erlöschen. Die sächsischen Sammelquellen und die ausgewerteten Schöffensprüche zeigen, dass die rechtliche Konstruktion des Widerspruchsrechts samt Erlöschensmöglichkeit praktisch durchaus angewendet wurde. Freilich enthielten weder das normative sächsische Recht noch die sächsischen Rechtstatsachen verlässliche Anhaltpunkte dafür, welcher potenzielle Erbe das Widerspruchsrecht ausüben konnte. Auszugehen ist bis zum Nachweis des Gegenteils davon, dass nähere Erben weitere vom Widerspruch ausgeschlossen haben dürften. Hinzuzufügen ist noch, dass sowohl die Prozesslösung der LSal als auch die Widerspruchslösung des sächsischen normativen Rechts eine im wesentlichen gleich lange laufende Frist für das Einbringen potenzieller Widersprüche vorsah: 12 Monate nach Tit. 46 LSal, Jahr und Tag nach Ssp und Magdeburger Stadtrecht. Gleichwohl kann aus dieser Tatsache4 wiederum nicht auf Einheit des Rechts in partikularen Rechten geschlossen werden. Das liegt schon daran, dass Tit. 46 LSal eine prozessrechtlich offene Norm ist, die nicht nur Widersprüche potenzieller Erben, sondern Widersprüche überhaupt evozierte. Dage2 3

4

Dass es hierbei nicht um Erbenschutz, sondern um Frankenbegünstigung ging, wurde dargelegt. Dabei wurden der Erwerb aufgrund Verwandtenerbrechts und der Erwerb infolge Verfügung von Todes wegen einander gleichgestellt. Weitere Tatbestände waren die Siechbettverfügung ab drei Schillingen Wert und die Verfügung einer Mutter nach Schoßfall. Hier kann darüber hinweggesehen werden, dass Jahr und Tag länger dauerte als 12 Monate.

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gen war die Widerspruchsberechtigung nach sächsischem Land- und Stadtrecht von vornherein auf Erben des Verfügenden beschränkt. Andererseits ist der rechtstatsächliche Nachweise salischer, dreiaktiger Affatomien im hier untersuchten Material nicht gelungen und obendrein festzustellen, dass das merowingisch-karolingische Recht in seinen nachsalischen Entwicklungsstufen das dreiaktige Verfahren (wenn es tatsächlich existiert hat) zu einem einaktigen Verfahren verschlankt hat. In den nachsalischen Beständen wurde dem Erbnehmerschutzgedanken aber wie dargestellt anders Rechnung getragen als durch Zubilligung von Widerspruchsrechten.

III. Drittens war fraglich, wie solche Verfügungen vorgenommen werden konnten. Die Frage kann kurz beantwortet werden: Erforderlich war stets ein publiker, formgebundener Akt. Hierbei handelte es sich in allen untersuchten Rechten um eine echte Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verfügung. Das mag zwar etwas steifer und ungelenker erscheinen als die Errichtung einer privatschriftlichen, zeugenlosen Urkunde. Mit der Einführung der Urkundenpraxis in den merowingischen Rechtsalltag (normativ vollzogen mit der LRib) waren unschriftliche Verfügungsformen – insbesondere das mündliche Verfahren nach der LSal – aber noch lange keine historischen Auslaufmodelle. Der in den Städten beurkundete Rechtsverkehr zeigt, dass die von den Parteien vor Gericht mündlich erklärte Verfügung noch jahrhundertelang ganz in Übereinstimmung mit den normativen Quellen der alltägliche Normalfall gewesen ist. 5 Der Magdeburger Schöffenstuhl schließlich verweigerte noch im 14. Jh. der privatschriftlichen zeugenlosen Urkunde (selbst unter Klerikern) die Wirksamkeit vor dem weltlichen Gericht. Die schriftliche Beurkundung der unschriftlichen Erklärung in einem Schöffenbuch freilich diente dem besseren Beweis – so konnte die Erinnerung des Gerichts, vor dem die Verfügung erklärt worden war, nicht untergehen – sie wandelte die öffentliche mündliche Erklärung nicht in eine schriftliche um. Allerdings: Die Formgebundenheit verneint nicht die postmortale Verfügungsfreiheit.

IV. Die Untersuchung hat schließlich gezeigt, dass Sachen, Sachen und Rechte oder Sachgesamtheiten in allen untersuchten Rechten des Mittelalters die 5

Hier liegt auch der Grund für die Anlegung eigener „Testamentsbücher “ in den Stadtarchiven seit der frühen Neuzeit: privatschriftliche Verfügungen (von Todes wegen) mussten öffentlich werden, indem sie in öffentliche Register inkorporiert wurden.

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Verfügungsgegenstände abgaben. Ausdrückliche Erbeinsetzungen kamen seit dem Verschwinden der römischen Formalien aus den merowingischen Urkunden nicht mehr vor; in den Massenquellen sind sie nicht vorhanden. Freilich kannten beide Rechte die praktische Möglichkeit, ein gesamtes Vermögen, so wie es beim Tode des Verfügenden (noch) vorhanden war – den Nachlass –, bereits vorher zum Gegenstand einer Verfügung zu machen. Die normativen Rechtsquellen standen dem nicht im Wege.

Kapitel 8: Anhang

Dieser Anhang führt alle in der Untersuchung ausgewerteten Sammelquellen geordnet auf. Das dabei verwendete Gliederungsschema, das in seiner Überschriftenstruktur auch hier beibehalten wurde, ist in Kapitel 3 näher erläutert. Die einzelnen Besonderheiten der jeweiligen Sammelquelle sind in Kapitel 4 (für die Kölner Schreinskarten und den Andernacher Rotulus) und in Kapitel 6 für die sonstigen Schöffenbücher erklärt. 1

1. Die Schreinskarten von Köln2 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dedit illud n. n. post vitam/mortem oder: n. n. dedit n. n. illud hoc modo, ut qui illorum diutius vivat, illud libere obtineat): an Abkömmlinge: M 1 I 2, M 1 VI 1, M 2 II 14, M 2 III 13 (SBK), M 3 II 21, M 3 IV 8 (SBK), M 3 IV 10, M 3 VII 22, M 6 V 5, M 7 I 23, M 7 II 18, M 7 II 23 (EL), M 9 IV 5, M 9 IV 6 (SBK), M 9 IV 8 (SBK), M 9 IV 9 (SBK), M 10 V 16 (SBK, gegen Unterhalt), M 10 VI 3, M 11 V 1, M 12 II 19 (SBK), M 12 III 9, M 12 III 13, M 12 III 14, M 12 IV 8 (SBK), M 13 I 18, M 13 III 9 (EL), L 3 IV 3, C 1 II 18 (RB EG), C 2 X 15, C 2 XVI 2, S 2 V 2 (RB EG), S 2 XII 1, S 2 XII 2, S 2 XII 3, S 2 XIV 3; an Ehefrau: M 3 VII 22, M 4 V 14 (RB EG), M 4 V 17 (RB EG), M 6 IV 7 (SB EG bzw. durch Ablösungszahlung an die Erben des Verfügenden), M 7 I 32 (SBK), M 7 II 4 (SBK), M 7 II 23 (EL), M 7 II 32 (bei Wiederheirat nur Nießbrauch), M 7 IV 13, M 7 IV 14, M 7 IV 19, M 8 I 3, M 9 II 21 (RB EG), M 9 III 21 (RB EG), M 13 IV 7, L 3 IV 7, L 4 II 9, L 4 VII 1 (RB EG), C 1 III 27 (RB EG), C 1 XVI 1, C 2 V 19 (EL), C 2 XIII 1, C 2 XIII 3 (EL), S 2 IV 11; an Ehemann: M 2 IV 47, M 3 I 6, M 6 IV 9 (SB EG), M 7 III 17 (SB EG), M 8 V 1 (RB EG, M 9 III 12 (RB EG), M 10 III 8, M 11 II 13 (RB EG), M 11 II 15 (RB EG), M 12 II 18, M 12 II 19, L 4 II 6 (RB EG), C 1 III 26 (RB EG); gegenseitig unter Ehegatten: M 1 II 5, M 1 III 2, M 2 III 22 (SBK), M 3 I 10/11, M 3 I 17, M 3 I 19, M 3 II 37, M 3 II 45, M 3 III 12, M 3 V 4, M 3 V 22, M 3 V 25, M 3 VI 11, M 3 1

2

Abkürzungen: EL = Erbenlaub, RB = Resolutivbedingung, SB = Suspensivbedingung, EG = Erbengeburt, SBK = Schlussbegünstigtenklausel (meist Anwachsung bei Abgang eines begünstigten Kindes bei den verbliebenen Kindern). Siglen: M = Martinsschrein, L = Laurenzschrein, B = Brigidenschrein, C = Columbaschrein, S = Schöffenschrein. Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen.

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VI 12, M 3 VI 22 (RB EG), M 4 I 13 (SB dch. Tod aller Kinder), M 4 I 20 (mehrfach bedingt, Verfügungsverbot bei Wiederheirat), M 4 VI 4 (RB EG), M 4 VI 9 (RB EG), M 4 VI 10 (RB EG), M 6 VI 6 (RB EG), M 7 I 1 (RB EG), M 7 V 7 (RB EG), M 7 V 10 (RB EG), M 8 II 18 (RB EG), M 8 II 21 (RB EG), M 9 III 7 (RB EG), M 9 V 1 (RB EG), M 10 VI 8 (RB EG), M 11 I 3 (RB EG), M 11 IV 15 (RB EG), M 11 IV 16 (RB EG), M 12 II 24, M 12 V 14 (RB EG), M 13 I 11 (RB EG), M 13 I 14 (RB EG), M 13 I 16 (RB EG), M 13 I 17 (RB EG), M 13 II 2 (RB EG, SBK), M 13 III 12 (SBK), M 13 IV 2 (RB EG), M 13 IV 3 (RB EG), M 13 IV 5 (RB EG), M 13 V 18 (RB EG), M 13 V 19 (RB EG), M 13 VI 14 (RB EG), L 2 I 10, L 3 I 13, L 3 IV 9, L 3 V 12, L 4 II 19, L 4 III 14, L 4 IV 36 (RB EG), L 4 VII 11, L 5 IV 1 (RB EG), L 5 V 16 (RB EG), L 5 V 17 (RB EG), L 5 VI 3 (RB EG), L 5 VII 6, L 5 VII 19 (RB EG), L 5 VIII 4, L 5 VIII 7 (EL), L 5 VIII 8 (RB EG), L 6 I 4, L 6 I 9 (RB EG), L 6 III 13 (RB EG), L 6 IV 1, L 6 IV 7, B 2 I 17, B 2 I 19 (RB EG), B 2 III 1 (Nießbrauch), B 2 III 3 (Nießbrauch), B 2 III 4 (Nießbrauch), B 2 III 5 (Nießbrauch), B 2 III 6 (Nießbrauch), B 2 IV 4 (RB EG), B 3 I 5 (RB EG), B 3 II 12 (RB EG), B 3 III 10 (RB EG), B 3 III 11 (RB EG), B 3 VI 6 (RB EG), B 3 VI 7 (RB EG), B 3 VIII 16, B 3 IX 16, C 1 I 10, C 1 I 15, C 1 III 24, C 1 III 28, C 1 IV 15 (RB EG), C 1 VII 28, C 1 VIII 22, C 1 IX 28 (RB EG), C 1 X 13, C 1 XI 11 (RB EG), C 1 XI 14 (RB EG), C 1 XIII 14 (RB EG), C 1 XIV 41 (RB EG), C 1 XV 9 (RB EG), C 1 XV 17, C 1 XV 24, C 2 VI 11, C 2 VIII 9, C 2 X 1, C 2 X 15, C 2 XI 1, C 2 XIII 14, S 2 XI 10 (RB EG); an sonstige Verwandte: M 2 I 10, M 3 II 36, M 3 II 37, M 3 II 38, M 4 VI 21, M 8 I 10, M 9 V 3 (gegenseitig unter Brüdern), M 12 I 18 (Nichten und Neffen), M 12 II 23 (Schwester und Schwager), M 12 III 11, M 13 V 11 (Bruder), L 3 IV 11, L 3 IV 12 (RB EG), B 2 II 3, B 3 VI 8 (eindeutig Erbgut, Bruder, mit Zustimmung der Mutter), C 1 III 4 (Bruder), C 1 XII 22, C 2 X 12 (Bruder, EL), S 2 VIII 10 (Schwester); an nicht identifizierbare Dritte: M 1 III 5, M 1 III 7, M 2 III 27, B 2 II 3, C 1 XII 21; an Kirche: M 1 V 11, M 3 V 37, M 3 V 38, M 3 V 39, M 4 III 9 (Jahrzins), M 7 III 7, M 7 IV 18, M 7 IV 19, M 8 III 1, M 10 V 17, M 12 II 7, M 12 II 18 (Bruder), M 12 V 12, M 12 VI 24, C 1 VIII 7, C 1 IX 16, C 1 XIV 36 I. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. illud post vitam suam eo tenore, ut quamdiu n. n. vivat, utilitatem de … optineat oder: n. n. tradidit illud n. n., ut is/ea vivente secum fruatur, post mortem eius libere utatur): an Abkömmlinge: M 2 II 44, M 2 IV 20; unter Ehegatten: M 1 IV 4 I. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit/concessit/tradidit/ disposuit n. n. illud): an Abkömmlinge: M 1 I 1, M 1 II 4, M 1 III 3, M 1 IV 8, M 1 VI 1, M 2 I 5, M 2 II 29, M 2 II 39 (gegen Unterhalt), M 2 II 40 (SBK), M 2 III 2 (gegen Unterhalt), M 2 III 39, M 2 III 40, M 2 III 46 (gegen Unterhalt), M 2 IV 21, M 2 IV 48 (gegen Unterhalt, SBK), M 3 I 44 (gegen Unterhalt), M 3 II 10, M 3 II 23 (gegen Unterhalt), M 3 II 32 (gegen

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Unterhalt), M 3 II 35 (gegen Unterhalt), M 3 III 13 (gegen Unterhalt, SBK), M 3 III 16 (gegen Unterhalt, SBK), M 3 IV 4 (gegen Unterhalt), M 3 IV 5, M 3 IV 6, M 3 IV 9 (SB EG), M 3 IV 15 (gegen Unterhalt), M 3 IV 19 (RB), M 3 IV 20, M 3 IV 22, M 3 V 4 (gegen Unterhalt), M 3 V 25, M 3 V 40, M 3 VI 20 (SBK), M 3 VI 21, M 3 VII 26, M 3 VII 27, M 3 VII 29 (SBK), M 3 VII 31, M 4 I 7, M 4 I 9 (SBK, EL), M 4 I 19, M 4 I 17, M 4 I 26, M 4 I 29, M 4 II 7 (gegen Unterhalt), M 4 II 9, M 4 III 2, M 4 IV 6, M 4 IV 13 (gegen Unterhalt, Verbot von Verfügungen zum Nachteil der Enkel des Verfügenden), M 4 IV 16, M 4 V 3 (gegen Unterhalt), M 4 V 4, M 6 V 6 (gegen Unterhalt), M 6 V 7, M 7 I 25, M 7 II 7, M 7 II 12 (gegen Unterhalt), M 7 II 36 (SB EG), M 7 III 2 (gegen Unterhalt), M 7 IV 10, M 7 IV 11, M 7 V 1, M 7 V 9, M 7 V 13, M 8 I 27, M 8 III 16, M 8 III 17, M 8 III 18, M 8 V 11, M 9 II 7, M 9 II 13, M 9 II 22, M 9 II 24 (SBK), M 9 III 6, M 9 III 18 (gegen Unterhalt), M 9 III 22, M 9 III 23 (SBK), M 9 IV 16, M 9 V 1a, M 9 V 14, M 9 V 21 (vererbliche Rente), M 9 V 22 (Eltern übertragen ein Haus an ihren Sohn, welches dieser seiner Frau in dotem gegeben hat), M 10 I 14, M 10 III 10, M 10 III 12, M 10 IV 4 (gegen Unterhalt), M 10 IV 9 (EL), M 10 V 8, M 10 V 9 (SBK, EL), M 10 V 20 (gegen Unterhalt), M 11 I 7, M 11 1 9, M 11 I 13, M 11 I 18 (SBK), M 11 II 4 (gegen Zins), M 11 II 5, M 11 II 9, M 11 II 14, M 11 II 16, M 11 III 2, M 11 III 10 (SBK), M 11 V 5, M 12 I 4, M 12 I 11 (gegen Unterhalt), M 12 I 16 (SBK), M 12 II 1, M 12 II 2 (SBK, gegen Unterhalt), M 12 II 13, M 12 II 17, M 12 III 1, M 12 III 2, M 12 III 17, M 12 V 28, M 12 V 29, M 12 VI 1, M 12 VI 19, M 13 I 1, M 13 I 2, M 13 I 5 (gegen Unterhalt, SBK), M 13 I 9, M 13 I 10, M 13 II 1, M 13 II 3, M 13 II 4 (EL), M 13 II 5 (EL), M 13 II 14 (SBK), M 13 III 8 (EL), M 13 IV 17, M 13 IV 19 (EL), M 13 IV 21 (EL), M 13 V 10 (EL), M 13 V 15, L 1 I 6, L 2 II 16, L 2 III 20 (SBK), L 2 IV 13, L 2 IV 23, L 3 III 8, L 3 IV 14, L 3 IV 15, L 3 V11, L 4 I 10 (EL), L 4 I 15, L 4 II 11, L 4 IV 31, L 4 V 9, L 4 V 10 (SBK), L 4 VI 9, L 4 VI 11 (gegen Unterhalt), L 4 VII 2 (SBK), L 4 VII 15, L 4 VIII 7, L 5 II 17, L 5 V 10, L 5 V 11 (SBK), L 5 VI 19 (mit Verfügungsverbot für den Begünstigten), L 6 I 2 (EL), L 6 I 5, L 6 I 14, L 6 II 14, B 2 II 8, B 2 II 11, B 3 IV 2, B 3 IV 13, B 3 VI 1, B 3 VIII 8, B 3 VIII 9, B 3 VIII 21, B 3 IX 6 (SBK), B 3 X 10, C 1 II 5 (SB Tod eines Dritten), C 1 III 20, C 1 IV 1 (SBK), C 1 IV 4, C 1 IV 5 (SBK), C 1 IV 11 (EL), C 1 IV 14, C 1 IV 25 (EL), C 1 V 15, C 1 V 22, C 1 VI 16, C 1 VII 3 (EL), C 1 VIII 22, C 1 X 10, C 1 X 16, C 1 XI 11, C 1 XII 7 (EL), C 1 XV 9, C 1 XV 35, C 1 XVI 6, C 1 XVI 28, C 2 I 4, C 2 I 5 (EL), C 2 I 6 (EL), C 2 I 12 (EL), C 2 II 3, C 2 II 5, C 2 II 8, C 2 II 11, C 2 III 8 (SBK), C 2 VI 1, C 2 VI 11, C 2 XI 14, S 2 II 3, S 2 II 4 (EL), S 2 II 5 (EL), S 2 IV 4 (EL), S 2 V 12, S 2 VI 20, S 2 IX 4, S 2 XII 4 (RB Tod der Verfügenden), S 2 XII 9, S 2 XII 10, S 2 XIV 6, S 2 XIV 7, S 2 XV 2, S 2 XV 3, S 2 XV 4, S 2 XV 5, S 2 XV 6; an Eltern: M 11 VI 4, L 5 V 12; an Ehefrau: M 1 I 4, M 2 IV 10 (in dotem), M 3 I 16, M 3 I 35 (in dotem), M 3 I 39, M 3 I 41, M 3 II 5 (in dotem), M 3 IV 2 (EL), M 3 VI 5, M 4 I 8 (RB EG), M 7 I 17 (SB EG, ansonsten nur Nießbrauch, dann

650

Anhang

SBK), M 7 II 22 (SB: Kirche), M 7 II 35 (SB EG, ansonsten nur Nießbrauch, dann SBK), M 9 II 20 (SB EG, ansonsten nur Nießbrauch, dann SBK), M 9 VI 9 (Unterhalt), M 12 II 13, M 12 III 15, M 12 III 18, M 12 IV 9, L 2 II 2, L 3 II 19, L 3 IV 2, L 4 II 20, L 4 IV 9, L 4 VI 10, B 3 I 16, B 3 IX 5, C 1 II 1 (EL), C 1 II 23 (EL), C 1 VII 29, S 2 III 1, S 2 XVI 2 (in dotem); an Ehemann: M 1 I 1, M 1 III 3, M 2 III 47 (SB EG, ansonsten nur Nießbrauch, dann SBK), M 3 I 1, M 3 VII 2, M 7 II 23, M 7 IV 10, M 12 I 17, L 2 II 4, L 4 IV 26, B 2 IV 3 (RB EG), B 2 IV 5, B 3 III 1, B 3 III 2, B 3 VIII 15 (sicher Erbgut, die Frau verfügt darüber, nachdem es ihr infolge des Todes ihrer beiden Söhne angefallen ist), B 3 VIII 20, B 3 VIII 22, B 3 X 14 (Anfall), C 1 II 24, C 1 XIV 13 (SBK), C 1 XVI 25 (EL), C 2 XVI5, S 2 XI 12; an sonstige Verwandte: M 1 VI 4, M 2 III 8, M 2 IV 21 (SB Tod e. Dritten), M 2 IV 46, M 3 IV 12 (gegen Unterhalt), M 3 IV 19 (SB), M 4 III 11 (SB EG, sonst nur Leibgedinge), M 4 IV 15 (Enkel), M 7 I 33, M 7 I 34, M 7 I 35, M 7 I 37 (SBK), M 7 III 9 (Schwester), M 7 V 4 (Bruder), M 9 I 26 (Bruder), M 9 III 16 (Enkel, gegen Unterhalt), M 9 V 2, M 11 II 8 (Schwester, EL), M 11 IV 7, M 12 I 22 (Schwester), M 12 III 12 (Bruder), L 4 I 13, L 4 II 7 (betagter Tausch SBK), L 6 II 18 (Nichten/Neffen), B 2 II 14 (Bruder), B 2 IV 4 (Schwester), B 3 I 9 (Bruder), B 3 I 13 (Schwester), B 3 I 14 (Schwester), B 3 I 15 (Schwester), B 3 II 3 (EL, Bruder), B 3 V 10 (Neffen), B 3 VI 5 (Bruder), B 3 X 18 (Nachlass des noch lebenden Vaters zugunsten des Bruders), B 3 X 19 (Nachlass des noch lebenden Vaters zugunsten des Bruders), C 1 I 1, C 1 VI 9 (Vater), C 1 VII 26 (Schwester), C 1 X 23 (Schwester), C 1 XI 6 (Schwester), C 1 XI 18, C 1 XI 22 (Schwester), C 1 XII 22 (Schwester), C 1 XIII 2 (Schwester), C 1 XV 19 (Bruder), C 1 XVI 7 (Bruder), C 2 I 1 (Enkel), C 2 V 12 (Bruder), C 2 X 1, C 2 XII 12 (Bruder), C 2 XIV 20, S 2 V 3 (Schwager), S 2 XIII 12 (Bruder), S 2 XV 1 (Bruder); an Schwiegerkinder/-eltern: M 2 I 31, M 2 I 38/39, M 2 II 27 (EL), M 2 II 46, M 2 II 48 (in extremis, aber compos sui), M 2 III 44, M 2 IV 19, M 3 I 15 (EL), M 3 IV 3 (gegen Unterhalt), M 7 I 20 (SBK), M 7 II 33 (Verfügungsverbote bei Wiederheirat des jeweils überlebenden Teils der Begünstigten), M 7 V 2, M 9 III 8, M 12 I 13, M 12 V 20, L 4 I 8, L 4 VII 11, C 1 I 8, C 1 III 14, C 1 VI 1, C 1 VI 22, C 1 XV 8, C 2 VIII 17, S 2 II 2; an Stiefkinder: M 7 IV 10 (SB EG dch. die Stieftochter); an nicht identifizierbare Dritte: M 1 III 4, M 2 I 6, M 2 I 40, M 2 I 48, M 2 II 9, M 2 II 17, M 2 II 32 (gegen Jahrzins), M 2 II 33, M 2 II 35, M 2 III 15 (gegen Jahrzins), M 2 III 18 (gegen Jahrzins), M 2 III 28, M 2 III 38, M 3 I 17 (gegen Unterhalt), M 3 II 8, M 6 V 13, M 7 V 17 (gegen Jahrzins), M 8 III 15 (RB EG des Verfügenden, bei Eintritt der Bedingung zahlt der Verfügende dem Begünstigten einen Ausgleich), M 9 I 13 (gegen Jahrzins), M 9 IV 11, M 10 VI 14 (gegen Unterhalt), M 12 II 5, M 12 II 6, M 13 III 18, M 13 VI 4, M 13 VI 11, L 1 I 11, L 2 I 12, L 2 II 17, L 2 III 15, L 2 III 19, L 3 II 18, L 3 IV 9, L 3 IV 21, L 4 I 12, L 4 V 6, L 4 VII 4, L 4 IX 2, L 5 V 14, L 5 V 14 (SB Tod eines Leibzuchtberechtigten), L 5 VI 4, L 5 VII 13, L 5 VII 14, L 5 VII 15 (EL), L 5 VIII 4 (gegen Unterhalt), L 5 VIII 11, L 5 VIII 12, L 5

Anhang

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VIII 13, L 5 VIII 14, L 5 VIII 15, L 5 VIII 16, L 5 VIII 17 (Nr. 11-18 sind inhaltlich identische Anordnungen in Ausführung einer todesbedingten Verfügung nach dem Tod des Verfügenden), B 1 I 6, B 2 II 21, B 2 II 27, B 2 III 8, B 2 III 21, B 3 I 3, B 3 II 9, B 3 V 14, B 3 VII 16 (SB Tod eines Dritten), C 1 IV 19, C 1 V 12, C 1 V 13, C 1 VIII 4, C 1 IX 26 (SBK), C 1 XI 3, C 1 XII 20, C 1 XIII 27, C 1 XV 6, C 1 XV 29, C 2 II 7, C 2 II 14, C 2 VIII 13, C 2 X 9, C 2 XIII 2, S 1 III 3 (EL), S 2 IV 9 (EL), S 2 V 4, S 2 XII 8, S 2 XIII 10; an Kirche: M 1 I 3, M 1 I 9, M 1 VI 7, M 2 I 13, M 2 II 38, M 2 IV 22, M 3 III 19, M 3 V 28, M 3 VI 23, M 3 VI 24, M 4 I 30, M 4 III 4, M 4 IV 11 (Rückübertragung auf Lebenszeit), M 4 VI 8 (SB dch. Tod eines Dritten), M 6 IV 11, M 6 IV 13, M 7 II 17, M 7 II 19, M 7 III 12, M 7 IV 16, M 7 V 16, M 9 IV 12, M 9 IV 14, M 9 V 15, M 10 I 8, M 10 V 5, M 11 I 1 (gegen Unterhalt), M 11 I 14, M 11 IV 5, M 11 V 3, M 11 V 15, M 11 V 16, M 11 VI 3, M 11 VI 13, M 12 I 23, M 12 II 8, M 13 II 9, M 13 II 10, M 13 II 11, M 13 III 10, M 13 V 27, M 13 V 28, M 13 V 29, L 4 VIII 10 (SB: Überleben des Noviziats und Eintritt des Verfügenden ins Kloster als Mönch, RB: Austritt aus dem Kloster innert des Noviziats und Heirat), L 5 V 10 (RB Auslösung durch Geschwister des Verfügenden), L 5 V 15, L 5 VII 22, L 6 III 10, B 2 III 16 (EL), B 3 I 2, B 3 IV 9, B 3 IX 11, C 1 II 9, C 1 IV 13, C 1 VI 13 (EL), C 1 VIII 31, C 1 XI 12 (EL), C 1 XII 1, C 1 XII 18, C 1 XIV 1, C 1 XIV 2, C 1 XIV 3, C 1 XVI 3, C 1 XVI 4, C 1 XVI 5, C 1 XVI 10, C 2 I 14, C 2 I 16, C 2 II 15 (EL), C 2 III 1, C 2 V 14, C 2 VI 15, C 2 VIII 11, C 2 X 11, C 2 XVI 7, S 2 V 2, S 2 V 6 I. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. disposuit illud n. n. hac conditione, ut quamdiu ego vixero, proprietatem retineam): an nicht identifizierbare Dritte: M 2 II 15 I. 2. c Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. illud, n. n. vero usumfructum habebit eiusdem illud): an Abkömmlinge: M 2 III 9, M 2 III 23, M 3 VI 20, M 3 VII 38 (RB erbenloser Tod der Bedachten), M 3 VII 39 (SB Erreichen des heiratsfäh. Alters), M 8 II 25, M 12 V 16 (SBK), M 12 V 17, C 1 IV 12, C 1 V 11, C 1 IX 13, C 1 IX 28, C 1 X 6, C 1 X 7, C 1 X 9, C 1 XIV 28, C 2 XI 9, C 2 XII 2 (EL), S 2 II 4, S 2 X 1; an sonstige Verwandte: C 1 III 15 (Nichte, EL); an nicht identifizierbare Dritte: M 2 III 12, M 3 I 20, M 12 I 9 (SBK), C 1 III 5; an Kirche: M 1 III 1, M 2 III 37, M 7 IV 12, M 7 V 15, M 8 III 10, M 10 VI 9, M 10 VI 10, L 4 VII 13, L 6 II 3, C 1 VII 21, C 1 IX 1, C 1 XIII 1, C 1 XIV 26, C 2 IX 12 I. 3. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. tradidit/dedit n. n. illud, quamdiu ipse/ipsa viveret, postea heredes illud libere recipiant): an Abkömmlinge: M 3 IV 19 (SB), M 3 VII 8, M 3 VII 29 (SB), M 4 I 7 (SB), M 4 I 17 (SB), M 4 II 7 (SB), M 4 III 2 (SB), M 4 IV 6 (SB), M 4 V 4 (SB), M 4 V 6 (SB), M 7 II 12, M 7 II 27 (SB), M 7 II 36 (SB), M 7 V 1 (SB), M 7 V 13 (SB), M 8 III 15 (SB), M 8 III 16 (SB), M 9 II 13 (SB), M 9 III 6 (SB), M 9 III 16 (SB), M 9 III 22 (SB), M 9 IV 16

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Anhang

(SB), M 9 V 1a, M 9 V 14 (SB), M 10 I 7 (SB), M 10 II 14 (SB), M 10 III 3 (SB, EL), M 10 III 12 (SB), M 10 V 20 (SB), M 11 I 13 (SB), M 11 II 5 (SB), M 11 II 9 (SB), M 11 II 14 (SB), M 11 II 16 (SB), M 11 V 6, M 12 I 24 (SB), M 12 II 1 (SB), M 12 II 17 (SB), M 12 III 1 (SB), M 12 III 2 (SB), M 12 III 20, M 12 V 28 (SB), M 12 V 29 (SB), M 12 VI 4, M 12 VI 19 (SB), M 13 I 9 (SB), M 13 I 10 (SB), M 13 II 1 (SB), M 13 II 4, M 13 II 5, M 13 II 14 (SB, SBK), M 13 V 10 (SB), M 13 V 15 (SB), L 3 II 18 (SB), L 4 I 10 (SB), L 4 II 11 (SB), L 4 V 9 (SB), L 4 VI 11 (SB), L 5 II 17 (SB), L 6 I 2 (SB), L 6 I 5 (SB), L 6 I 14 (SB), B 2 II 11, B 3 X 3 (SB), C 1 III 21 (SB), C 1 X 8 (SB), C 1 XV 35 (SB, SBK), C 1 XVI 2 (SB), C 2 II 5 (SB), C 2 III 1, C 2 III 2, C 2 IX 12, C 2 XI 9 (SB), C 2 XII 11, S 2 II 2 (SB), S 2 II 3 (SB), S 2 II 4 (SB), S 2 II 5 (SB), S 2 V 12 (SB), S 2 IX 4, S 2 X 1 (SB), S 2 XI 6 (SB), S 2 XII 1, S 2 XII 2 (SB), S 2 XII 3 (SB), S 2 XII 9 (SB), S 2 XIV 3 (SB), S 2 XVI 1 (SB); an Ehefrau: M 1 VI 6, M 2 I 3, M 3 II 38, M 4 V 3 (SB), M 4 V 5, M 7 II 22, M 8 I 27 (RB Wiederheirat), M 9 II 9, M 10 I 6 (SB), M 12 II 16 (RB EG), M 12 III 4 (SBK), M 12 III 5 (SBK), M 12 III 6 (SBK), M 12 III 7 (SBK), M 12 IV 13 (RB EG), M 12 VI 15 (RB EG), C 1 X 11, C 1 XV 35, C 1 XVI 2, C 1 XVI 2, C 2 II 9 (RB EG), C 2 X 5 (RB EG), C 2 XI 10 (RB EG), C 2 XIII 1, S 2 IX 5 (SB); an Ehemann: M 1 I 1, M 1 II 4, M 3 III 6, M 7 III 17 (RB EG), M 7 IV 10 (RB EG dch. die Tochter des Ehemannes), C 1 VII 12; gegenseitig unter Ehegatten: M 12 III 3 (RB EG), M 13 V 3 (RB EG); an sonstige Verwandte: M 2 II 39, M 3 II 36, M 3 IV 1, M 7 II 23 (Eltern), M 11 II 8 (SB wie oben), M 12 II 16 (Mutter, SBK), M 12 VI 4 (Großmutter), M 13 IV 18 (Vater), L 6 II 18 (RB EG), B 3 I 11 (Mutter), B 3 IV 3 (Mutter), B 3 V 6, B 3 V 10 (Schwester), C 1 III 3 (Schwester), C 1 III 16 (Großmutter), C 1 XVI 4 (Großmutter), C 2 XIV 2 (Mutter), S 2 XVI 2 (Schwiegermutter); an nicht identifizierbare Dritte: M 2 I 15 (interessant: michi autem nunc et post mortem proprietatem retineam), M 2 I 20, M 2 II 25 (der Vorgang wird als pactum bezeichnet), M 7 III 16, M 12 IV 10, M 12 VI 12, M 13 V 16, M 13 V 20, M 13 V 26, L 5 V 14, B 2 III 23, C 1 X 23, C 2 IX 7, C 2 XI 7, C 2 XIII 2 I. 3. b (2) Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt zu Leibgedinge (n. n. 1 dedit n. n. 2 illud ea condicione ut n. n. 2 quamdiu vixerit, illud libere obtineat, ipse vero n. n. 1, quamdiu vixerit, totum usum eiusdem obtineat): an nicht identifizierbare Dritte: M 2 III 36 (mit SBK) I. 3. c Verfügung unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. disposuit n. n. q. n., ita tamen, si ipsa eum supervixerit, hereditatem/usumfructum illam ad finem vite sue possideat): an Abkömmlinge: B 3 VIII 17 (der Sohn ist ein Mönch); an Ehefrau: M 3 VII 36 (RB EG), M 4 V 15 (RB EG), M 7 I 24 (RB EG), M 7 III 6, M 7 IV 18, M 8 I 22 (RB EG), M 10 V 4 (in dotem), M 11 I 12 (RB EG), M 11 II 4 (RB EG), M 11 III 6 (RB EG), M 13 I 6 (RB EG), M 13 I 7 (RB EG), M 13 I 8 (RB EG), M 13 III 7 (RB EG), M 13 IV 8, M 13 IV 13 (RB EG), M 13 IV 14 (RB EG), M 13 V 5 (RB EG), M 13 VI 2 (RB EG, SB Tod der Mutter des Verfügenden), M 12 VI 3 (RB

Anhang

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EG), L 3 II 6 (RB EG), L 3 III 6 (RB EG), L 4 I 4 (RB EG), L 4 III 15 (RB EG), L 4 V 7 (RB EG), L 4 VIII 10 (RB EG – Achtung: die Ehefrau gibt es noch gar nicht), L 5 II 6 (RB EG), L 5 V 6 (RB EG), L 5 V 13 (RB EG), L 5 V 14 (RB EG), L 6 IV 4 (RB EG), B 3 IX 19 (RB EG), B 3 IX 20 (RB EG), C 1 III 2 (RB EG), C 1 IX 9 (RB EG), C 1 X 21 (RB EG), C 1 X 22 (RB EG), S 2 V 1 (RB EG), S 2 XVI 2 (RB EG); an Ehemann: M 4 I 11 (RB EG), M 4 V 17 (RB EG), M 4 VI 13 (RB EG), M 6 IV 9 (RB EG), M 7 V 6, M 8 II 23 (RB EG), M 9 VI 1 (RB EG), M 10 II 1 (RB EG), M 10 IV 20 (RB EG), M 10 V 7 (RB EG), M 10 VI 13 (RB EG), M 11 III 4 (RB EG), L 4 II 6 (RB EG), L 4 V 8 (RB EG), B 3 III 12 (RB EG), S 2 XII 5 (RB Wiederheirat); gegenseitig unter Ehegatten: M 3 V 10, M 4 V 9 (RB EG), M 4 V 10 (RB EG), M 9 V 11, M 13 V 2 (RB EG), C 1 XI 20 (RB EG) I. 4. Einzelgutsvermächtnisanordnungen unter Erlebensbedingung (n. n. legaverat q. n.): M 3 VI 18 (RB Rückkehr des Verfügenden von Pilgerreise, SBK), M 9 III 15 (Vorausvermächtnis), II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. disposuit q. n. et omnem suam mobilem substantiam n. n. ea conditione, si ipse eum supervixerit, facultatem habeat faciendi de ea quicquid velit): an Abkömmlinge: M 1 IV 4, M 1 IV 11, M 6 IV 10, M 9 IV 2 (omnem mobilem pecuniam), M 9 IV 7 (SBK), M 10 I 11, M 10 I 12, L 3 II 20 (ingedome et omnem mobilem substantiam); an Ehefrau: M 3 VI 19 (RB EG), M 4 II 26 (RB EG, in diesem Falle: Leibgedinge, Verfügungsverbot bei Wiederheirat), M 4 VI 14 (nur Leibgedinge, RB EG), M 9 III 11 (RB EG), M 10 I 11, M 10 I 12, M 10 IV 19, M 11 I 19, B 3 V 15 (Fahrhabe, RB EG), C 2 XIV 14; an Ehemann: M II 7 22, M 10 III 4 (RB EG, in diesem Falle: Leibgedinge), M 13 IV 8; an Kirche: L 4 III 11 (omnia que possedit in hereditate, in subpellectile, in auro et argento, in mobilibus quod residuum est post mortem eius) II. 1. c Verfügung unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt: an Erben: M 2 III 45 (gemeinschaftlich durch Ehegatten) II. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. quicquid hereditatis habuit): an Ehefrau: M 3 II 20, M 9 III 19 (pecunia), M 13 I 4 (omnem hereditarium ius3, quod habuit in q. n.) C 1 XIII 11 (EL), C 2 IV 7 (Anfall), C 2 IX 9 (nur Leibgedinge unter SB Erbenlosigkeit), C 2 XIII 1 (SB Tod eines Dritten); an Abkömmlinge: M 4 VI 15 (SB Erbengeburt der Bedachten), M 9 III 14 (Seelenheilsverfügg. bleibt vorbehalten), M 9 III 19 (pecunia), M 10 V 7 (gegen Unterhalt), C 2 II 6 (EL), C 2 XII 1 (SBK); an sonstige Verwandte: C 1 XI 17 (Eltern), C 1 XV 30 (Brüder, Anfall), C 1 3

Erbliches Recht im Unterschied zu zinslichem Recht.

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XV 31 (Schwester, Anfall), C 2 IX 4 (Brüder); an nicht identifizierbare Dritte: L 2 III 14 (Anfall, RB Geburt eines Kindes durch die Verfügende), L 2 IV 5 (Anfall), C 2 I 8; an Kirche: C 1 XV 21 II. 2. c Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnem hereditatem ea condicione, quod ipse habeat possessionem vite sue): an Abkömmlinge: C 2 XIV 15 II. 3. a gegenseitige Verfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. et n. n. invicem disposuerunt res suas alter alteri, ut quisquis ex eis altero plus viveret, qui superesset, bona alterius possiderit): M 1 III 2, M 2 I 4 (inter se constituerunt, uter eorum diutius vivat, quo velit vertat et tribuat), M 2 II 18 (EL), M 2 IV 23 (coram iudicibus, magistris civium et civibus), M 2 IV 25, M 3 VI 17, M 3 VII 25, M 3 VII 37 (nur Fahrnis), M 4 III 5 (Leibgedinge, Verfügungsverbot bei Wiederheirat, Ausnahme für necessitas), M 4 III 8 (Leibgedinge, Verfügungsverbot bei Wiederheirat), M 6 IV 8 (omnem mobilem pecuniam), M 6 IV 17, M 7 III 1 (omnem mobilem pecuniam), M 7 IV 17 (RB EG), M 8 II 4 (RB EG), M 8 II 5, M 8 III 9 (m. Vorbehalt der Seelenheilsverfügg.), M 8 III 19 (omnem mobilem substantiam), M 9 III 20 (omnem mobilem pecuniam), M 9 IV 10 (mobilem pecuniam et subpellectilem), M 9 VI 2 (RB EG), M 10 I 24 (omnem mobilem pecuniam et subpellectilem), M 11 II 7 (RB EG), M 11 III 8 (RB EG), M 11 IV 23, M 13 IV 20 (subpellectile et mobile bonum, quod nunc habent et acquisituri sunt), M 13 V 9 (RB EG), M 13 VI 1, L 1 I 7, L 3 IV 1, L 4 I 3, L 4 IV 35 (RB EG), L 4 VII 8, L 4 VIII 5, L 5 IV 19 (RB EG), L 6 I 3 (Anfall), L 6 I 13 (RB EG), L 6 II 10 (RB EG), C 1 I 20 (RB EG), C 1 VIII 15, C 1 VIII 16, C 1 IX 15, S 1 II 4, S 1 IV 4, S 2 III 3, S 2 III 4, S 2 V 8, S 2 V 14 (SB: Tod aller Kinder, bis dahin: Leibgedinge mit Wiederverheiratungsklausel, Widerrufsrecht), S 2 VII 2 (SB: Tod aller Kinder, bis dahin: Leibgedinge mit Wiederverheiratungsklausel, Widerrufsrecht), S 2 IX 5 (SB: unbeerbte Ehe) II. 3. b gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung: M 4 II 26 (RB EG, in diesem Falle: Leibgedinge, Verfügungsverbot bei Wiederheirat), M 6 V 3 (unter Einschluss des gemeinsamen Erben), L 3 IV 13 (Verfügunsgverbot bei Wiederheirat), C 2 I 15 II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. et n. n. disposuerunt de sua hereditate, uter eorum diucius vivat, ad viventem hereditas transeat): M 2 IV 37 (unter Geschwistern für den Fall der Erbenlosigkeit) II. 4. a Verfügungen über Vermögensquoten unter Erlebensbedingung (n. n. tradidit … partem sue possessionis, sive in edificiis sive in agris vel ubicunque habuerit post mortem): an Abkömmlinge: M 2 III 23, M 10 II 12; an Enkel: M 2 II 14 (der Sohn lebt noch!); an Ehefrau: M 9 IV 17 (quintam partem eines Anfalls, aber nur zu Leibgedinge und bedingt dch. Erbenlosigkeit), M 9 IV 19 (tertiam partem eines Hauses, aber nur zu Leibgedinge und be-

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dingt dch. Erbenlosigkeit), L 6 I 4, S 2 XVI 4; an sonstige Verwandte: M 10 II 6; an Dritte: M 10 II 11 (Schwiegersohn, Leibgedinge, RB EG), M 10 II 12 (Schwiegersohn, Leibgedinge, RB EG) II. 4. c Verfügungen über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung (n. n. disposuit n. n. partem hereditatis sue): an Abkömmlinge: M 9 VI 5, M 10 I 17, M 10 II 8 (gegen Unterhalt), S 2 XIV 5; an sonstige Verwandte: M 2 I 44 (Neffen, der Verfügende ist in extremis iacens) II. 4. d Verfügungen über eine Kindesteilsquote (n. n. recipiat de hereditate et de mobili substantia equalem portionem oder: et cum aliis liberis per omnia equaliter dividet): an Abkömmlinge: M 3 IV 9, M 3 IV 15, M 4 I 29, M 4 V 5, M 4 V 6 (nur bei diesbezüglicher Klage des Abkömmlings), M 4 VI 6 (gegen Unterhalt), M 4 VI 15, M 9 V 21, M 10 II 11, M 10 VI 3, M 11 II 16, M 11 III 7 (zusätzl. Leibgedinge für den Eidam), L 5 II 5, C 1 XVI 19, S 1 IV 7; an Schwiegerkinder: M 9 III 15 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. hereditatis (portionem) abdicavit/effestucavit – fast ausschließlich durch effestucatio): M 3 I 16, M 3 I 39, M 3 II 35, M 3 III 8, M 3 III 15, M 3 IV 8, M 3 IV 15, M 3 IV 22, M 3 VI 14, M 4 I 17, M 4 I 18, M 4 I 23, M 4 IV 19, M 4 IV 23, M 4 V 9, M 4 V 10, M 4 V 20, M 4 VI 4, M 4 VI 9, M 4 VI 13, M 6 IV 11, M 6 IV 12, M 6 V 5, M 7 I 33, M 7 I 34, M 7 I 35, M 7 I 16, M 7 I 25, M 7 III 5, M 7 III 17, M 7 IV 13, M 7 V 18, M 8 V 7, M 9 I 2, M 9 I 4, M 9 I 16, M 9 I 18, M 9 I 20, M 9 I 25, M 9 I 34, M 9 I 36, M 9 II 2, M 9 II 8, M 9 II 23, M 9 II 32, M 9 III 9, M 9 III 13, M 9 III 18, M 9 IV 3, M 9 IV 5, M 9 V 3, M 9 V 11, M 9 V 19, M 9 V 22, M 9 V 23, M 9 VI 8, M 10 I 14, M 10 I 15, M 10 III 5, M 10 IV 9, M 10 IV 10, M 10 IV 11, M 10 IV 14, M 10 V 1, M 10 V 5, M 10 V 6, M 10 V 9, M 10 V 15, M 11 I 4, M 11 I 5, M 11 I 10, M 11 II 3, M 11 II 14, M 11 III 11, M 11 IV 13, M 11 V 4, M 11 V 5, M 11 V 8, M 11 VI 6, M 11 VI 14, M 12 I 22, M 12 II 4, M 12 II 9, M 12 IV 9, M 12 IV 11, M 12 V 2, M 13 I 3, M 13 I 13, M 13 I 19, M 13 I 21, M 13 II 3, M 13 II 4, M 13 II 5, M 13 II 8, M 13 III 1, M 13 III 8, M 13 III 9, M 13 III 11, M 13 III 19, M 13 IV 19, M 13 IV 20, M 13 V 10, M 13 VI 3, L 2 IV 12, L 2 IV 24, L 3 IV 6, L 4 I 10, L 4 II 23, L 4 III 12, L 4 IV 17, L 4 V 5, L 5 V 1, L 5 VI 3, L 5 VI 7, L 5 VI 8, L 5 VI 10, L 5 VI 11, L 5 VI 14, L 5 VI 20, L 5 VII 15, L 5 VIII 7, L 6 I 2, L 6 II 17, L 6 III 13, L 6 IV 1, L 6 IV 2, L 6 IV 4, L 6 IV 5, L 6 IV 7, L 6 IV 9, L 6 IV 12, B 2 III 16, B 2 III 27, B 2 IV 4, B 3 II 4, B 3 II 8, B 3 II 11, B 3 III 13, B 3 IX 7, B 3 X 8, C 1 I 2, C 1 I 3, C 1 II 1, C 1 II 23, C 1 III 15, C 1 IV 3, C 1 IV 11, C 1 IV 25, C 1 VI 13, C 1 VII 3, C 1 IX 14, C 1 XI 12, C 1 XI 15, C 1 XI 19, C 1 XII 7, C 1 XII 10, C 1 XII 11, C 1 XII 12, C 1 XII 13, C 1 XIII 11, C 1 XIII 13, C 1 XV 28, C 1 XVI 25, C 1 XVI 27, C 2 I 5, C 2 I 6, C 2 I 12, C 2 II 6, C 2 II 15, C 2 IV 2, C 2 V 19, C 2 X 12, C 2 XII 2, C 2 XIII 3, C 2 XIV 20, S 2 II 4, S 2 II 5, S 2 II 6, S 2 III 4, S 2

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IV 2, S 2 IV 4, S 2 V 5, S 2 V 7, S 2 V 10, S 2 V 11, S 2 V 12, S 2 VII 5, S 2 IX 2, S 2 IX 4, S 2 IX 6, S 2 XIII 9, S 2 XV 7, S 2 XVI 1 III. 2. Anordnung von Auflagen an Erben: M 4 VI 21 (Unterhaltszahlung), M 6 IV 10, M 7 IV 2, M 7 IV 3, M 7 IV 4, M 8 I 3, M 9 II 24, M 9 IV 6, M 9 IV 7, M 12 II 16 (quicunque heredum hereditatem obtinuerit, dabit de eadem hereditate centum marcas n. n. quocunque voluerit et rogaverit), M 12 II 23, M 13 IV 7, M 13 IV 8, L 2 III 20, L 4 I 7, C 1 VIII 15 (“Erbe” ist der aus einer todesbedingten Gesamtgutsverfügung begünstigte Ehegatte), C 1 XV 29, C 2 I 15

2. Der Rotulus von Andernach4 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (si ipse prior obierit, n. n. obtinebit) an Abkömmlinge: 21; an Ehefrau: 21; an nicht identifizierbare Dritte: 26; an Kirche: 185 I. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit q. n. n. n.) an Abkömmlinge: 4, 7 (SBK), 62 (SB: Mündigkeit der Begünstigten); an sonstige Verwandte: 31 (Mutter), 169 (Bruder); an Schwiegerkinder: 130; an nicht identifizierbare Dritte: 1, 2, 4, 54, 102, 123, 141, 181; an Kirche: 18, 42, 44 (EL), 45, 46, 48, 55, 56 (EL), 109, 117, 124, 135, 156, 175, 185 (SB: Tod eines Leibzuchtberechtigten) I. 2. c Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. 1 contulit q. n. n. n. 2 ea condicione, ut n. n. 1 obtinebit q. n. quamdiu vixerit) an Kirche: 66, 184 I. 3. a Verfügung ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge an nicht identifizierbare Dritte: 185 I. 3. c Verfügung unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge (si n. n. prior obierit, n. n. quoad usque vixerit reservet) an Ehemann: 21 II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. contulit omnem suam hereditatem n. n.): an Abkömmlinge: 185; an Ehefrau: 67 (RB EG)

4

Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen.

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II. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. contulit omnia bona sua, tam in allodio quam in hereditate n. n.): an sonstige Verwandte: 180 (Bruder); an Kirche: 43, 51 (EL), 53 (EL), 96 (EL), 129, 173, 174, 176, 183 II. 4. c Verfügung über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung ohne Verfügungsvorbehalt an Kirche: 134 II. 4. d Verfügung über eine Kindesteilsquote an Abkömmlinge: 130 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht oder an Verfügung: 168, 172 III. 2. Anordnung von Auflagen an die Erben: 4

3. Die Stadtbücher von Neuhaldensleben5 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. illud – q. n. marcas, bona, hereditas sita, domum – post mortem): I 24, 33, 40, 43, 44, 75, 87 (mit Auflage), 90, 95, 99, 100, 104 (si moritur sine heredibus), 107, 108, 110, 111, 112, 113, 114, 117, 120, 123 (wechselbezüglich), 124, 125, 126, 129, 133, 141, 142, 143, 144, 155, 157, 158, 172, 177, 179, 181, 193, 199, 210, 225, 226, 230, 231, 232, 233, 235 (wechselbezüglich), 236, 241, 243, 246, 250, 251 (wechselbezüglich), 254, 264, 266, 270, 272, 274, 276, 278, 285, 287, 295, 296, 300, 301, 305, 320, 326 (Gerade), 327, 331, 332 (Kirche), 333, 334, 341, 343, 344 (SBK: quicunque eorum super vixerit), 364 (filie sue in claustro et post mortem filie debent ee claustro), 384, 388, 397, 409, 433, 441, 464, 484, 487, 489 (SBK), 500, 503, 514, 516, 524, 538, 542, 551, 556, 558, II 11, 20 (anlässlich einer Scheidung), 33, 63, 93, 102, 117, 129, 132, 133, 197, 480, 481, 532, 642, 656, 658, 675, 748 (SBK), 788 (Kirche), 823, 1058 (SBK), 1062, 1267, 1405, 1483, 1511, 1526, 1794, 1802, 1851 (SBK), 1941 (Kirche), 2052, III 328 (an vier Kinder, ofte eyn sturve, so vallet an dy anderen), 345, 446, 454 (Kirche), 1041, 2079 (SBK) I. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. illud post mortem): I 132 (Vorbehalt in Form eines Einspruchsverbots: si autem necessitas fuerit, quod vendere posset nullo prohibente); (n. n. het ghegheven n. n. illud na sime dode, de wile dat he levet, wel he is woldihc sin): II 58, 271, 404 (Kirche, Vorbehalt nur bei echter Not), 659, 1277, 1295, 1429, 1511, 1824 (SBK für den Fall des Vorversterbens des 5

Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen.

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Begünstigten), 1928, 1995, 1997, 2059, 2060, III 99, 108, 144, 199, 681, 682, 709, 737, 873, 916, 1071, 1114, 1128, 1160, 1218, 1235, 1470, 1644, 1720, 1836 (Neffe, SB: anderer Neffe), 1941, 2175, IV 208, 227 I. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt I. 2. Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit/dimisit n. n. illud – bonum, hereditas sita, q. n. marcas – oder n. n. het gegeven; im zweiten Buch häuft sich dann statt geven das Verb oplaten und verdrängt geven vollständig): I 16, 17, 31, 34, 35, 36, 37, 41, 42, 43 (L oves), 52, 57, 58, 63, 71, 73, 80, 81, 83, 93, 103, 104 (Anfall), 115, 116, 128, 130, 152, 153, 154, 167 (SBK: si quis horum primo moriatur, quod alter obtineat), 180, 184, 188, 208, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 224, 227, 228, 229, 240 (mit Auflage), 248, 249, 253 (mit Auflage), 255, 262, 263, 265, 272, 279 (Abschichtung), 281, 284, 299, 302, 304, 307, 311, 315, 316, 318, 319, 323, 327, 328, 335, 336, 337, 338, 347, 350 (SBK: quicunque eorum super vixerit, habeat), 360, 361, 362, 363, 382 (Anfall), 387, 401, 419, 420, 437, 442, 445, 447, 448, 450, 455, 457, 458, 465 (SBK), 481, 482 (Anfall), 491, 492, 495, 506, 507, 508, 513, 530, 531, 535, 539 (gegenseitig unter Ehegatten), 540 (gegenseitig unter Ehegatten), 541, 550, 553, 559, 562, 567, 574, 575, 576, 579, 581, 583, 584, 592, 593, 594, 595 (SBK), 596, II 5, 7, 8, 12, 17, 19, 22, 26, 28, 29, 31, 32, 34, 35, 38, 39, 40, 41, 44, 45, 46, 49, 52, 53, 54, 55, 56, 59, 60, 61, 66, 68, 71, 74, 77, 79, 80, 82, 83, 87, 90, 91, 104, 107, 111, 113, 116, 119, 120, 122, 125, 126, 127, 135, 137, 138, 142, 144, 145, 148, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 157, 158, 161, 162, 163, 165, 166, 167, 168, 173, 174, 175, 176, 177, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 187, 190, 191, 192, 193, 195, 196, 198, 199, 201, 205, 206, 207, 211, 213, 215, 218, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 237, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248 (Vergabung einer Klage), 249, 250, 251, 253 (Vollziehung einer Vergabung durch Auflassung), 259, 261, 262, 263, 264, 266, 267, 268, 269, 270, 272, 281, 282, 283, 285, 288, 289, 290, 291, 298, 300, 301, 303, 304, 305, 306, 307, 309, 311, 312, 313, 315, 316, 317, 318, 319, 320, 325, 327, 330, 331, 333 (Erbgut), 334, 335, 336, 337, 338, 340, 342, 343, 345, 349, 351, 352, 353, 355, 356, 357, 358 (Erbgut), 359, 362, 364, 366, 369, 370, 376, 378, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 390, 394, 397, 398, 399, 400, 401, 402, 403, 406, 407, 409, 410, 411, 412, 413, 415, 416, 418, 419, 422, 424, 426, 427, 428, 431, 432, 433, 434, 436, 437, 438, 439, 440, 441, 443, 444, 448, 449, 450, 452, 453, 454, 455, 456, 457, 458, 459, 460, 461, 462, 463, 465 (SBK), 466, 467, 468, 469, 472, 473, 474, 477, 479, 482, 485, 486, 487, 488, 489, 490, 491, 493, 494, 495, 496, 497, 498, 500, 501 (SBK), 502, 503, 505, 506, 507, 508, 509, 510, 511, 512, 513, 516, 517, 519, 520, 521, 522, 523, 525, 526, 527, 528, 530, 531, 535, 536, 537, 539, 541, 542, 543, 544, 545, 546, 547, 548, 549, 550, 552, 554, 556, 557, 559, 560 (an Kirche, Gegenleistung Rente), 561, 563, 564, 566, 567, 568, 569, 570, 571, 572, 574, 579, 580, 581,

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582, 583, 584, 585, 587, 588, 589, 591, 592, 593, 594, 595, 598, 602, 603 (Kirche), 605, 606, 607, 610, 612, 613, 614, 615, 616, 617 (SBK), 618, 622, 623, 626, 627, 629, 631, 632, 633, 634, 635, 637, 638, 639, 644, 645, 646, 647, 648, 649, 650, 651, 652, 655, 660, 662, 665, 666, 667, 668, 673, 680, 681, 682, 683, 684, 685, 687, 688, 689, 690, 696, 697, 698, 699, 700, 701, 702, 703, 704 (SBK), 705, 706 (SBK), 707, 711, 712, 713, 714, 715 (SBK), 716, 719, 720, 721, 722, 723, 730, 732, 734, 735, 737, 738, 739, 740, 741, 742, 743, 744, 745, 746, 749, 750, 751, 752, 754, 755, 757, 758, 759, 760, 761, 762, 764, 765, 766, 767, 768, 769, 770, 772, 776, 780, 781, 783, 787, 791, 795, 796, 799, 800, 801, 802, 804, 807, 811, 812, 813, 814, 817, 820, 821, 825, 827, 833, 834, 835, 836, 837, 838, 839, 840 (Kirche), 841, 842, 843, 846 (SBK), 849, 850, 852, 853, 865, 866, 867, 868, 869, 870, 872, 873, 874, 881, 883, 885, 886, 888, 889, 890, 891, 895, 896, 901, 902, 903, 904, 905, 906, 907, 908, 911, 912, 913, 918, 921, 924, 926, 930, 933, 934, 936, 937, 941, 943, 944, 945, 946, 948, 949, 952, 953, 956, 958, 959, 961, 964, 965, 967, 968, 969, 971, 974, 977, 978, 979, 980, 982, 983, 985, 986, 987, 989, 991, 992, 994, 995, 996, 997, 998, 999, 1000, 1001, 1002, 1003, 1004, 1005, 1006, 1007, 1011, 1015, 1016, 1023, 1026, 1030, 1031, 1034, 1035, 1036, 1037, 1038, 1039, 1042, 1043, 1044, 1045, 1046, 1050, 1051, 1055, 1057, 1059, 1060, 1063, 1064, 1065, 1066, 1070, 1071, 1072, 1073, 1074, 1075, 1076, 1078, 1079, 1080, 1081, 1082, 1086, 1091, 1092, 1099, 1100, 1102, 1103, 1104, 1105, 1107, 1108, 1109, 1110, 1117, 1120, 1121, 1123, 1124, 1125, 1126, 1127, 1128, 1129, 1130, 1131, 1132, 1133, 1135, 1136, 1137, 1138, 1139, 1144, 1145, 1146, 1147, 1148, 1149, 1150, 1156, 1157, 1158, 1160, 1161, 1162, 1163, 1164, 1165, 1166, 1167, 1168, 1169, 1170, 1172, 1173, 1175, 1176, 1179, 1181, 1182, 1184, 1185, 1187, 1188, 1189, 1191, 1193, 1196, 1197, 1198, 1199, 1203, 1204, 1205, 1206, 1207, 1209, 1210, 1212, 1213, 1214, 1216, 1217, 1218, 1220, 1221, 1222, 1223, 1224, 1225, 1226, 1227, 1228, 1229, 1230, 1231, 1235, 1237, 1238, 1239, 1241, 1242, 1243, 1244, 1245, 1246, 1247, 1248, 1249, 1250, 1251, 1252, 1254, 1256, 1257, 1262, 1263, 1264, 1265, 1270, 1271, 1276, 1279, 1280, 1281, 1282, 1283, 1284, 1285, 1288, 1292, 1293, 1294, 1296, 1297, 1299, 1300, 1301, 1302, 1305, 1306, 1309, 1311, 1312, 1313, 1315, 1316, 1318, 1319, 1320, 1321, 1322, 1323, 1326, 1327, 1328, 1329, 1330, 1331, 1333, 1335 (Kirche), 1336 (Kirche), 1338, 1339, 1340, 1341, 1344, 1347, 1348, 1353, 1354, 1355, 1356, 1358, 1359, 1363, 1364, 1365, 1366, 1367, 1368, 1370, 1371, 1372, 1373, 1374, 1376, 1378, 1379, 1382, 1383, 1384, 1385, 1386, 1387, 1389, 1391, 1392, 1393, 1395, 1396, 1398, 1402, 1403, 1404, 1406, 1407, 1408, 1409, 1410, 1411, 1412, 1413, 1416, 1417, 1418, 1420, 1421, 1422, 1423, 1424, 1426, 1428, 1431, 1440, 1441, 1445, 1446, 1448, 1450, 1451, 1453, 1455, 1456, 1457, 1458, 1459, 1460, 1462, 1465, 1468, 1471, 1473, 1474, 1475, 1477, 1478, 1479, 1481, 1482, 1484, 1485, 1486, 1487, 1488, 1489, 1490, 1493, 1497, 1499, 1501, 1502, 1506, 1507, 1510, 1517, 1525 (Kirche), 1527, 1528, 1529, 1530, 1531 (Kirche), 1532, 1535,

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1536, 1539, 1540, 1543, 1544, 1546, 1548, 1549, 1553, 1554, 1555, 1556, 1558, 1563, 1565, 1568, 1569, 1570, 1572, 1574, 1576, 1580, 1581, 1582, 1583, 1585, 1587, 1588, 1589, 1590, 1591, 1592, 1593, 1594, 1595, 1596, 1600, 1604, 1605, 1606, 1607, 1608, 1609, 1611, 1612, 1613, 1614, 1615, 1616, 1617, 1618, 1622, 1623, 1624, 1626, 1627, 1628, 1629, 1630, 1632, 1633, 1634, 1636, 1638, 1640, 1641, 1644, 1645, 1646, 1648, 1651, 1652, 1653, 1654, 1655, 1656, 1657, 1658, 1659, 1662, 1663, 1664, 1665, 1666, 1667, 1669, 1670, 1671, 1672, 1673, 1675, 1676, 1677, 1678, 1679, 1680, 1682, 1683, 1684, 1688, 1690, 1691, 1694, 1696, 1697, 1698, 1699, 1700, 1702, 1704, 1705, 1706, 1707, 1709, 1710, 1712, 1713, 1715, 1716, 1717, 1720, 1721, 1722, 1724, 1726, 1727, 1730, 1731, 1732, 1734, 1736, 1737, 1738, 1739, 1740, 1741, 1742, 1743, 1744, 1746, 1748 (SBK), 1750, 1751, 1752, 1754, 1755, 1756, 1757, 1758, 1760, 1761, 1762, 1763, 1764, 1765, 1770, 1771, 1772, 1774, 1775, 1777, 1778, 1779, 1784, 1786, 1787, 1789, 1790, 1791, 1792, 1793, 1795, 1796, 1797 (Kirche), 1799, 1800, 1801, 1805, 1808, 1809, 1811, 1812, 1814, 1815, 1817, 1818, 1819, 1820, 1821, 1823, 1825, 1826, 1827, 1828, 1832, 1833, 1837, 1839, 1840, 1841, 1842, 1843, 1844, 1845, 1846, 1847, 1848, 1849, 1850, 1853, 1857, 1858, 1859, 1863, 1864, 1867, 1868, 1871, 1874, 1875, 1876, 1877, 1880, 1881, 1883, 1884, 1885, 1889, 1890, 1891, 1892, 1895, 1898, 1899, 1900, 1901, 1903, 1904, 1907, 1908, 1909, 1910, 1911, 1912, 1913, 1914, 1915, 1916, 1918, 1919, 1920, 1921, 1922, 1923, 1925, 1926, 1927, 1929, 1931, 1932, 1934, 1936, 1939, 1940, 1942, 1943, 1944, 1948, 1949, 1952, 1954, 1957, 1958, 1959, 1960, 1961, 1962, 1965, 1966, 1967, 1968, 1969, 1970, 1971, 1972, 1976, 1977, 1979, 1980, 1981, 1982, 1983, 1985, 1988, 1989, 1991, 1992, 1993, 1994, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2017, 2019, 2021, 2022, 2023, 2024, 2025, 2026, 2034, 2035, 2042, 2043, 2044, 2045, 2046, 2047, 2049, 2050, 2051, 2053, 2054, 2055, 2056, 2057, 2062, 2063, 2065, 2066, 2067, 2068, 2069, 2070, 2071, 2072, 2073, 2075, 2076, 2077, 2078, 2083, 2085, 2087, 2088, 2094, 2097, 2099, 2102, 2108, 2112, III 1, 5, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 17, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28 (Kirche), 30, 31, 37, 40, 41, 43, 44, 47, 49, 50, 53, 54, 55, 58, 59, 68, 69, 70, 71, 75, 78, 79, 81, 82, 83, 84, 86, 87, 90, 92, 95, 97, 98, 101, 102, 103, 105, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 121, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 135, 136, 137, 141, 142, 145, 150, 151, 152, 156, 158, 159, 163, 165, 167, 170, 171, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 186, 187, 192, 193, 195, 197, 202, 205, 208, 209, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 220, 221, 225, 230, 231, 235, 236, 237, 238, 241, 243, 244, 245, 246, 247, 249, 250, 253, 254, 256, 257, 258, 259, 264, 265, 267, 268, 269, 271, 273, 274, 277, 278, 279, 281, 284, 288, 289, 291, 292, 295, 298, 300, 303, 306, 307, 310, 313, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 321, 322, 325, 327, 334, 335, 336, 337, 342, 343, 344, 345, 349, 354, 355, 357, 358, 360, 361, 364, 367, 368, 369, 370, 374, 377, 379, 380, 381, 383, 387, 390, 391, 393, 394, 396, 397, 401, 404, 405, 406,

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1555, 1556, 1557, 1558, 1559, 1561, 1563, 1565, 1567, 1570, 1571, 1572, 1574, 1575, 1579, 1580, 1581, 1583, 1587, 1588, 1589, 1590, 1592, 1595, 1596, 1599, 1600, 1602, 1603, 1604, 1610, 1612, 1615, 1616, 1617, 1622, 1623 (Klagevergabung), 1625, 1628, 1630, 1632, 1636, 1637, 1638, 1639, 1640, 1641, 1643, 1646, 1651, 1652, 1653, 1654, 1655, 1657, 1660, 1665, 1666, 1670, 1674, 1675, 1676, 1677, 1678, 1679, 1680, 1681, 1682, 1683, 1684, 1685, 1688, 1689, 1690, 1691, 1692, 1693, 1695, 1698, 1701, 1703, 1707, 1708, 1710, 1711, 1712, 1714, 1715, 1716, 1718, 1721, 1723, 1724, 1726, 1727, 1728, 1729, 1730, 1735, 1736, 1743, 1744, 1745, 1746, 1747, 1749, 1750, 1751, 1752, 1753, 1755, 1756, 1759, 1760, 1761, 1765, 1766, 1771, 1772, 1773, 1774, 1776, 1777, 1778, 1779, 1780, 1782, 1783, 1786, 1787, 1790, 1791, 1794, 1795, 1796, 1798, 1800 (Klagevergabung), 1801, 1802, 1803, 1804, 1805, 1806, 1807, 1808, 1810, 1812, 1813, 1816, 1820, 1821, 1824, 1826, 1827, 1831, 1839 (Kirche), 1848, 1852, 1853, 1863, 1864, 1867, 1869, 1873, 1875, 1876, 1877, 1881, 1884, 1889, 1891, 1892, 1893, 1900, 1902, 1904, 1905, 1908, 1915, 1918, 1922, 1923, 1925, 1931, 1934, 1935, 1937, 1938, 1940, 1942, 1945, 1946, 1948, 1950, 1951, 1953, 1957, 1959, 1960, 1962, 1963, 1964, 1966, 1968, 1969, 1971, 1972, 1974, 1975, 1976, 1979, 1980, 1992 (SBK), 1993, 1995, 1996, 1997, 1998, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2011, 2012, 2014, 2017, 2019, 2021, 2028, 2029 (ghifteghet), 2036, 2037, 2038, 2039, 2041, 2043, 2045, 2047, 2055, 2056, 2058, 2059, 2060, 2061, 2062, 2065 (EL), 2067, 2068, 2069, 2070, 2071, 2072, 2076, 2078, 2082, 2085, 2086, 2088, 2089, 2090, 2093, 2094, 2095, 2096, 2099, 2100, 2101, 2105, 2106, 2108, 2109, 2110, 2111, 2112, 2113, 2116, 2117, 2121, 2126, 2127, 2132, 2138, 2142, 2144, 2147, 2151, 2152, 2156, 2158, 2160, 2161, 2162, 2165, 2166 (Klagevergabung), 2170, 2171, 2172, 2173, 2179, 2180, 2181, 2182, 2185, 2186, 2188, 2190, 2192, 2193, 2194, 2195, 2196, 2197, 2207, 2208, 2209, 2212, 2213, 2216, 2218, 2219, 2220, 2222, 2223, 2224, 2232, 2233, 2236, 2237, 2238, 2240, 2241, 2244, 2246, 2251, 2252, 2253, 2255, 2256, 2257, 2258, 2259, IV 1, 6, 11, 12, 19, 21, 27, 28, 31, 32, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 46, 47, 49, 50, 56, 60, 62, 68, 69, 70, 71, 75, 78, 79, 80, 81, 82, 85 (Kirche), 86, 92, 94, 96, 97, 100, 101, 109, 110, 113, 114, 116, 124, 138, 141, 144, 150, 151, 152, 158, 164, 171, 172, 179, 180, 188, 191, 192, 193, 195, 197, 198, 201, 202, 206, 215, 218, 225, 229, 236, 238, 240, 241, 243, 244; Verpfändungen: I 342, 411, 519, 520, 521, 522, 533, 534, 568, II 110, 214, 321, 375, 379, 601, 863, 1115, 1258, 1829, 1946, III 229, 297, 320, 1412, 1671, 2104, 2139 I. 3. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. het ghegheven/opgelaten n. n. illud, des wil he selven weldich sin, de wile dat he levet): II 67, 96, 103, 136, 285, 540 (SBK), 551, 784, 790, 1287, 1480, 1503, 1505, 1522, 1551, 1559, 1564, 1674 (SBK), 1687, 1703, 1708, 1718, 1719, 1776, 1894, 1973, 1984, 2111, III 18, 93, 255, 270, 362, 435, 444, 470, 536, 549, 571, 574, 591, 672, 739, 756, 759, 778,

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779, 931, 1042, 1219, 1220, 1222 (die Schafe), 1288, 1324, 1327, 1400, 1491, 1560, 1568, 1584, 1591, 1742, 1914, 2206, 2247, IV 34, 128, 187 I. 3. b Einzelgutsvergabung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. contulit n. n. illud, ita si de necessitate vite detineat): I 439 I. 4. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. dedit n. n. illud, sed ipse rehabebit post mortem ipsius oder n. n. hat gegeven n. n. illud tu ereme live): I 207 (Mutter), 536 (Tochter), II 121, 123, 124, 159, 255 (aufschiebende Bedingung ist der Tod eines Dritten), 322, 354, 395, 669 (SBK), 671 (SBK), 753, 809, 810, 844, 938 (SBK), 988, 1040, 1041, 1177, 1335, 1337 (SBK), 1362 (SBK), 1452 (SBK), 1587 (SBK), 1794 (SBK), 1937 (SBK), III 138 (SBK), 189, 219 (SBK), 239 (het ghiftighet und gheven, SBK), 596, 777 (SBK), 897, 903 (SBK), 1091 (SBK), 1289, 1526 (SB: Kirche), 1593, 1624, 1631, 1633, 1687, 1705, 1818 (SBK), 1897, 2016, 2150, IV 223 I. 4. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt zu Leibgedinge (n. n. het gegeven n. n. illud to sime/ereme live, oc wel he/se es selven woldihc wesen, de wile dat he levet): II 1122 (SBK), 1186, 1240, 1519, 1978, 2061 (SBK), III 1049, 1111, 1147 I. 4. c Verfügungen unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. het ghegheven n. n. illud na ereme/sime dode (tů syme lyve), wan n. n. sterft, so valt illud weder an di rechten erven/an n. n.): II 393, 763, 1111, 1578, 2079 (VVorbehalt), 2100 (VVorbehalt) I. 5. Einzelgutsvermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung (si n. n. moritur, n. n. obtinebit illud oder n. n. schal hebben illud tu vornut): I 234, 238, II 3, 23, 442, 820, 910, 1027, 1095, 1106, 1268, 1436, 1444, 1516, 1598, 2018, 2096, III 15, 710, 1594, 1890

II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dedit/dimisit n. n. omnia bona sua que habet et habebit post mortem suam oder n. n. het gegeven n. n. svat he hat nach sineme tode): an Frau: I 45, 59, 68, 134, 173, 178, 183, 186, 204, 211, 249, 276, 357, 396, 470, 523, 535, II 1, 106, 380 (Eigen und Fahrhabe), 451, 1955; an Frau und Erben: I 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 39, 4, 49, 50, 51, 53, 54, 55, 56, 67, 69, 70, 72, 74, 76, 78, 79, 80, 82, 83, 85, 86, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 96, 97, 98, 99, 101, 102, 119, 122, 127, 131, 137, 138, 139, 140, 145, 146, 147, 148, 149, 156, 163, 164, 165, 166, 169, 171, 174, 176, 187, 190, 192, 194, 195, 196, 198, 202, 203, 237, 239, 242, 244, 245, 247, 256, 257, 258, 259, 261 (uno moriente omnia relicta integra cedant viventi), 262, 268, 269, 275, 277, 282, 288, 291, 292,

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293, 303, 310, 317, 321, 322, 351, 356, 369, 371, 373, 374, 377, 378, 380, 381, 383, 385, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 398, 399, 403, 404, 406, 408, 410, 417, 425, 426, 427, 434, 435, 437, 438, 441, 451 (uno moriente cedet ad manus alterius), 460, 472, 488, 494, 496 (mortuo uno cedit alteri), 498 (uno moriente cedit viventi), 502, 503, 515, 526, 529, 543, 544, 546, 547, 552, 553, 557, 558, 561, 566, 570, 571, 572, 577, 583, 585, 586, 587, 596, 597, 600, 601, 602, 603, 604, 605, 606, 609, 610, II 2, 3, 4, 6, 10, 13, 23, 27, 30, 33, 42, 43, 47, 65, 84, 85, 86, 94, 95, 98, 99, 100, 101, 105, 112, 115, 118, 128, 133, 140, 344, 346, 348, 350, 430, 467, 478, 483, 484, 485, 499, 504, 524, 529, 533, 534, 538, 562, 611, 1029; an Erben: I 95, 252, 273, 402, 443, 483 (excepto, quod dedit uxori sue), 525, 548, 551, 555, II 134, 169, 887, 2011, III 1250, 1441, 2103 (vorherige Ausradung schadet nicht); an Enkel: I 13, 510; an Mann: I 129, 136, 234, 449, 524; an Vater: I 598; an Dritte: I 268 (Bruder), 372 (Neffen), 379, 445 (Bruder), 518 (Schwager), 774; an Kirche: I 588, II 365, III 697 (gegen freies Wohnrecht im mitvergabten Haus), 1165, 1331, 1332, 2187 II. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. contulit/dedit n. n. omnia bona sua post mortem suam tali condicione, quod ipse vivit, vult esse potens oder n. n. het gegeven n. n. al dat he het unn ummer mer ghewint na sime dode, de wile dat he levet, wel he is woldihc sin): I 536, 573, II 178, 200, 219, 302, 425 (Wiedereinbringungspflicht für ausgeradete Kinder), 1190, 1275 (Kirche), 1785, 1928, III 350, 672, 1098 (Kirche), 1304, 1367, 1478, 2248 (SBK), 2250, IV 105, 106, 126 (Kirche), 140 II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. omnia bona sua, que nunc habet vel umquam habebit, n. n. het ghegheven allet dat he hevet unn wint n. n.): unspezifisch: I 32, 63, 98, 170, 197, 213, 217, 222, 223, 227, 238, 302, 309, 310, 318, 319, 324, 325, 327, 328, 339, 340, 345, 352, 354, 358, 359, 375, 454 (post mortem unius cedat alteri), 501 (Gerade), 530, 569, II 146 (des wil he nicht weldich wesen), 183, 276 (Fahrhabe und Schulden), 277 (selve wel he is unweldihc wesen), 329, 417, 555, 628, 789, 819, 897, 1087, 1088, 1094, 1434, 1559, 1579 (bei Vorversterben des Begünstigten erhalten dessen Erben das Vermögen), 1887, 1938 (na ereme dode so schal et wedervallen an en), 1974, 1990, 2040 (Eigen, Reydeschop, Forderungen), III 311 (sulven neyn herre tu wesene), 389, 399, 419 (sulven wel ses nicht woldich sin), 499 (Gerade, Kirche), 503 (Hof und Gerade, Kirche), 635, 655 (sulven wel hes nicht woldich sin), 699 (sulven wel hes nicht woldich sin), 725 (unn wels nicht woldich sin), 749 (und neyn here wil hes sin), 786 (unn wel des nicht woldich sin), 883 (Gerade, Kirche), 884 (Gerade, Kirche), 885 (Gerade, Kirche), 911 (sulven wel hes nicht woldich sin), 928, 1077, 1079, 1085 (Kirche), 1121, 1126, 1165 (Gerade, Kirche), 1185, 1192, 1235, 1310, 1372, 1443 (sulven wel hes nicht woldich sin), 1454 (unn wel des nicht woldich sin), 1519 (dar scal he se erer von phlegen), 1621, 1649, 1702, 1717 (Gerade), 1823 (Gerade, Kirche), 1832

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(Gerade), 1837 (Gerade), 1887, 1917 (Gerade, Kirche), 1929 (Gerade), 1949, 2000, 2015 (unn wel des nicht woldich sin), 2102 (unn wel des nicht woldich sin), IV 190; eines Anfalles: II 9, 36, 37, 48, 160, 265 (künftig), 341, 381 (Anfall und Gift), 421, 435, 464, 553, 597 (Anfall und Gift), 670, 724, 845, 851, 855 (künftig), 856 (künftig, zu Leibgedinge an Bruder), 875, 916, 947 (Gerade), 957, 976, 984, 990, 1013, 1020, 1022, 1142, 1154, 1155, 1211, 1234, 1253 (künftig), 1255 (künftig), 1290, 1308, 1367, 1369 (eine Frau handelt für ihren Mann, der selbst nicht kommen kann; ebenso noch einmal in II 1371, 1619, 1816), 1397, 1400, 1419 (Anfall und Gift), 1438, 1439 (mit Mannes- und Tochterlaub), 1449 (Muttergift und Vateranfall), 1466 (Muttergift und Vateranfall), 1476, 1500, 1521, 1538, 1541, 1545, 1551, 1567, 1597, 1610 (Vater-, Mutter- und Bruderanfall an den Bruder), 1619, 1635 (Vater-, Mutter-, Bruder-, Schwesteranfall an den Mann), 1658 (Vater-, Mutteranfall an Bruder), 1668 (Vater-, Mutteranfall an Bruder), 1681, 1714 (Vater-, Mutteranfall an den Bruder), 1729 (Vateranfall), 1733 (Sohnesanfall an den Sohn), 1810, 1816, 1879, 1888 (Sohnesanfall an den Sohn), 1930, 1945, 2038, 2107 (Mutteranfall an Mann), III 85 (Vater- und Mutteranfall an die Brüder), 106 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 122, 134, 147 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 153 (Vateranfall an den Mann), 157 (Vateranfall an die Mutter), 188 (Vateranfall an die Brüder), 198, 203, 206 (Vater- und Mutteranfall an einen Pfarrer), 212, 232 (Vateranfall an die Mutter), 233, 261 (Vateranfall an die Mutter), 263 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 275 (Vater- und Mutteranfall an den Bruder), 290 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 312 (Bruderanfall an die Bruderwitwe), 337 (Gerade), 372, 395, 414, 434 (Mutter- und Bruderanfall an den Mann), 438 (künftig), 466, 469 (Mannes- und Kinderanfall an den Sohn), 472 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 512 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 525, 534 (Bruderanfall an Bruder), 559, 563 (Vateranfall an die Stiefmutter), 566 (Vater-, Mutter-, Geschwisteranfall an Bruder), 569 (Großvateranfall), 581, 612 (Vater- und Bruderanfall an den Bruder), 640 (Vateranfall an den Stiefvater), 645 (Vater- und Mutteranfall an die Schwester), 648 (Vateranfall an die Mutter), 649 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 676, 691 (Vateranfall an die Mutter), 716, 721, 744, 745 (Vateranfall an die Mutter), 764 (Gerade an Vater), 807, 857 (Pfarrer), 889 (Bruderanfall an Bruderwitwe), 919, 953 (Vateranfall an Stiefvater), 1038, 1144 (Anfall und Gift), 1191 (Vateranfall an die Mutter), 1231 (Vateranfall an Stiefmutter), 1238 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 1292, 1308, 1309 (Vateranfall an Stiefmutter), 1311, 1312 (Mutteranfall an Mann), 1315 (Kindesanfall an Mann), 1316 (Kindesanfall an Sohn), 1325, 1335, 1336, 1364 (Vater- und Mutteranfall an den Bruder), 1389, 1398, 1411 (Vateranfall an Stiefmutter), 1490 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 1513 (Vateranfall an die Mutter), 1537, 1541, 1548, 1577, 1611 (Vateranfall an Stiefvater), 1618 (Vateranfall an die Mutter), 1645 (Vateranfall an Mann), 1699 (Vateranfall an den Oheim), 1706 (Bruderanfall an Neffen), 1737 (Vateranfall an Mann), 1767, 1781, 1828, 1829 (Mutteranfall an die Stiefmutter), 1830, 1872 (Mutteranfall

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an Mann), 1878 (Vateranfall an den Bruder), 1880 (Vateranfall an die Mutter), 1897 (Vateranfall an den Bruder, der seinerseits dem Verfügenden die Ausstattung für das Priesterleben gewährt), 1903, 1932 (Vateranfall an Stiefvater), 1954, 1967 (Vateranfall an Mutter und Bruder), 1973 (Anfall des ersten Mannes an den zweiten), 1991, 1994 (Vateranfall an den Bruder), 2018 (Vaterund Mutteranfall an den Bruder), 2027, 2046, 2064 (künftig: anwardinge), 2081, 2114 (Vateranfall an Mutter und Stiefvater), 2211, 2231 (künftig), 2246, 2164, IV 190, 213, 230; einer Gift: II 1852, III 680, 784, 920, 1253, 1280, 1467, 1516, 1524; mit Rückfallklausel bei Tod der begünstigten Frau: II 878, 879, 880 II. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt (n. n. het gegeven n. n. alle dat he het unde umber mer gewint, de wile dat he levet, so wil he des silves weldich wesen): an Frau: II 81, 143, 391, 414, 775, 1950, III 201, 252, 266, 347, 385, 418, 639, 1009, 1129, 1176, 1627, 1769, 2097, 2098, 2177, IV 2; an Frau und Erben (siner husvrowe unn den erven, dy von en beyden komen moghen): II 62, 70, 72, 76, 78, 139, 141, 156, 165, 172, 210, 212, 236, 254, 256, 257, 258, 299, 326, 360, 361, 368, 382, 389, 442, 565, 576, 586, 590, 596, 599, 619, 620, 621, 624, 625, 630, 636, 654, 657, 658, 661, 664, 672, 674 (Wiedereinbringungspflicht für ausgeradete Kinder), 675, 686, 694, 708, 709, 710, 714, 717, 725, 726, 728, 729, 731, 733, 736, 747, 756, 771, 777, 778, 779, 782, 785, 786, 792, 793, 797, 798, 803, 816, 818, 822, 824, 826, 830, 854, 876, 884, 894, 900, 917, 919, 920, 922, 923, 925, 928, 939, 966, 970, 972, 993, 1008, 1009, 1010, 1019, 1021, 1024, 1027, 1028, 1047, 1048, 1049, 1052, 1054, 1056, 1061, 1067, 1083, 1085, 1089, 1090, 1093, 1096, 1112, 1113, 1116, 1134, 1140, 1141, 1152, 1159, 1180, 1194 (Wiedereinbringungspflicht für ausgeradete Kinder), 1195, 1200, 1201, 1202, 1208, 1232, 1268, 1269, 1278, 1286, 1291, 1298, 1307, 1310, 1314, 1317, 1332, 1343, 1360, 1361, 1399, 1401, 1405, 1414, 1415 (Wiedereinbringungspflicht für ausgeradete Kinder), 1425, 1432, 1433, 1435 (Wiedereinbringungspflicht für ausgeradete Kinder), 1437, 1442, 1443, 1447, 1448, 1461, 1463, 1464, 1469, 1470, 1472, 1480, 1498, 1504, 1518, 1520, 1557, 1560, 1561, 1562, 1564, 1566, 1568, 1571, 1573, 1584, 1586, 1639, 1642, 1643, 1647, 1649, 1660, 1661, 1674, 1689, 1692, 1695, 1701, 1708, 1719, 1723, 1725, 1728, 1735, 1753, 1768, 1769, 1804, 1806, 1813, 1834, 1854, 1861, 1862, 1878, 1882, 1897, 1902, 1933, 1935, 1947, 1975, 1987, 1996, 2016, 2020, 2030, 2033, 2041, 2052, 2058, 2064, 2074, 2080, 2081, 2082, 2084, 2086, 2089, 2090, 2095, 2096, 2098, 2101, 2104, 2109, 2110, III 6, 7, 13, 33, 34, 36, 38, 42, 46, 48, 56, 72, 76, 77, 80, 91, 94, 96, 100, 107, 109, 139, 140, 143, 146, 148, 149, 154, 155, 166, 190, 212, 215, 222, 226, 227, 228, 234, 260, 276, 280, 299, 301, 305, 331, 339, 346, 359, 363, 376, 378, 382, 388, 392, 398, 400, 415, 421, 432, 437, 439, 447, 463, 474, 492, 493, 500, 502, 505, 506, 514, 526, 543, 546, 547, 549, 557, 572, 592, 599, 634, 641, 653, 667, 669, 671, 675, 678, 685, 689, 692, 703, 718, 740, 754, 758, 771, 774, 783, 790, 805, 808, 874, 881, 905, 910, 917,

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926, 933, 944, 973, 981, 998, 1005, 1018, 1023, 1060, 1068, 1076, 1080, 1081, 1083, 1084, 1109, 1115, 1119, 1120, 1134, 1150, 1151, 1152, 1157, 1158, 1166, 1167, 1175, 1187, 1193, 1221, 1228, 1239, 1240, 1247, 1252, 1261, 1272, 1283, 1293, 1295, 1299, 1320, 1322, 1343, 1350, 1353, 1362, 1376, 1382, 1392, 1401, 1410, 1416, 1426, 1432, 1433, 1435, 1445, 1465, 1471, 1475, 1498, 1510, 1511, 1529, 1562, 1564, 1569, 1576, 1578, 1594, 1601, 1607, 1626, 1667, 1697, 1719, 1784, 1799, 1819, 1835, 1838, 1840, 1841, 1842, 1843, 1844, 1847, 1854, 1859, 1865, 1866, 1874, 1879, 1898, 1916, 1921, 1928, 1930, 1933, 1939, 1947, 1956, 1978, 1981, 1987, 1988, 1989, 2010, 2013, 2020, 2024, 2036, 2042, 2049, 2052, 2075, 2080, 2083, 2084, 2115, 2122, 2124, 2125, 2129, 2131, 2169, 2176, 2184, 2191, 2202, 2230, 2242, 2245, IV 15, 23, 30, 91, 95, 104, 108, 115, 122, 125, 127, 133, 159, 185, 194, 203, 207, 214, 231, 237, 239; nur an Erben: II 103, 871, 936, 963, 1171, 1357, 1491, 1512, 1526 (Enkel, SB: Kirche), 1559, 1575, 1759, 1822, 1860, 1896, III 281, 296 (Sohn = Pfarrer), 513, 763, 931, 946, 1082, 1328 (SBK), 1704 (SBK); an Dritte: II 773, 805 (Neffe), 1012, 1342 (Schwester), 1515, 1542 (Schwester, Schwager), 1621, 1986 (Schwager), III 520, 573 (Mutter), 681 (Mann), 1323 (Treuhänder), 1573, 1754 (Bruder); an Kirche: III 883, 884, 1330, 1605 II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. marito eius/uxori eius (et heredibus suis) omnia bona sua post mortem suam et ipsa e converso): I 23, 283, 290, 292, 315, 367, 370, 405, 412, 413, 414, 415, 416, 418, 423, 428, 429 (quartam partem et ad hoc omnia, que habet... - ?), 430, 432, 446, 452, 453, 457, 461, 462, 463, 466, 467, 469, 471, 473, 474, 475, 476, 477, 478, 479, 480, 485, 486, 490, 497, 501, 504, 512, 517, 518, 528, 532, 108/109, 114, 308, 470/471, 475/476, 514/515, 577/578, II 2039; (n. n. dedit n. n. omnia, que possidet, et si unus moriatur, quod alter obtineat) I 38, 47, 444, 468, 505, 511, 545, 554, 560, 591, 592, 599, 607, 608 II. 3. b gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. omnia bona et ipse/ipsa similiter ei): I 60, 289, 297, 298, 306, 308, 312, 349, 355, 368, 419, 424 II. 3. c gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. het ghegheven sime wive [unn erer tvier erven, de von en beyden komen moghen,] al dat he het unn ummer mer ghewint, de wile dat he levet, wil he is woldihc sin): an Frau und Erben: II 202/203, 208/209, 216/217, 640/641, 828/829, 847/848, 954/955, 1017/1018, 1032/1033, 1118/1119, 1345/1346, 1380/1381, 1495/1496, 1508/1509, 1513/1514, 1523/1524, 1533/1534, 1550, 1552, 1567, 1598/1599, 1602/1603, 1659, 1685/1686, 1718, 1766/1767, 1830/1831, 1835/1836, 1865, 1869/1870, 1872/1873, 1893/1894, 1998/1999, 2008/2009, 2027/2028, 2048, III 88/89, 119/120, 161, 172, 223/224, 365/366, 443/445, 450/451, 476/477, 484/485, 488/489, 490/491, 495/496, 521/522, 527/528, 529/530, 535/536, 538/539, 540/541, 544/545, 560/561,

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578/579, 701/702, 705/706, 727/728, 735/736, 746/748, 1035/1036, 1155/1156, 1258/1259, 1300/1301, 1338/1339, 1341/1342, 1344/1345, 1358/1359, 1377/1378, 1406/1407, 1422/1423, 1462/1463, 1484/1485, 1517/1518, 1585/1586, 1597/1598, 1619/1620, 1658/1659, 1738/1739, 1833/1834, 1870/1871, 1882/1883, 1886/1890, 1906/1907, 1910/1911, 1912/1913, 1919/1920, 1926/1927, 1943/1944, 2022/2023, 2030/2031, 2091/2092, 2119/2120, 2163/2164, 2200/2201, 2214/2215, 2226/2227, IV 17/18, 53/54, 154/155, 156/157, 165/166, 167/168, 181/182, 186/187, 199/200, 210/211, 232/233, 234/235 II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. omnia presencia et futura et ei econverso): I 527 (Brüder), 564 (Witwe und Stiefsohn) II. 4. a Verfügungen über Vermögensquoten unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. partem in suis bonis post mortem): I 106, 456, 523 (auflösend bedingt durch Abschichtung), 117, II 973 (2/3 der Kirche, 1/3 dem Pfarrer II. 4. b Verfügungen Vermögensquoten ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. het gegeven n. n. de helfte des gudes, des wil he silven weldich wesen, die wile dat he levet): II 147, 727, 808, 1575 (darmede schal se afghesundert wesen), 1637, 1855 (den driden pennig an alle syme gode), III 29, 2145 II. 4. c Verfügungen über Vermögensquoten ohne Erlebensbedingung ohne Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. partem in suis bonis): I 106, 470, 610, III 35, 753 II. 4. d Verfügungen über Kindesteilsquoten: (n. n. scal to likem dele gan mit den kinderen, de nu sin unde noch en beyden werden moghen): unspezifisch: II 129, 558, II 878 (na sime dode), 1106 (na sime dode), 1436, 1444, 1503, 2040, III 1409; Einkindschaften: II 197, 423, 643, 656, 1029, 1117, 1267, 2018 (na sime dode, VVorbehalt), III 108, 255 (na sime dode), 470 (VVorbehalt); mit Verfügungsvorbehalt: II 228, 787, 820, 910, 1250 (na sime dode), 1295, 1494, 1516, 1551, 1571, 1984, 2111, III 15, 18, 45, 51 (na sime dode), 435, 1118, 1420, 1491 (were dat he aveginge) III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. renunciavit omni hereditate/donationi): an Erbe: I 209, 549, 563, 583, 589, 594, II 64, 149, 193, 408, 492, 815, 864, 960, 1260, 1261, 1289, 1375, 1650, 1866, 1905, 1951, 1964, 2029, III 408, 425, 586, 1527, 1634, IV 87; an Verfügung: II 347, 608, 806, III 532, 587, IV 102 III. 2. Anordnungen von Auflagen an die Erben: I 134, 312, II 773, 973, 1578, III 1593, 1594, 1836 III. 3. Einspruch gegen eine Verfügung (n. n. wederspriht de gabe/giftinge): II 272 (von des erven weghene), 286 (von des erven weghene), 314, 882, 1272, IV 67

Anhang

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III. 4. Genehmigung einer Verfügung (n. n. wulbordet dy ghift, die n. n. ghedan het n. n.): II 1577, III 449

4. Die Schöffenbücher von Aken/Elbe6 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. gaf n. n. illud, swelk ir lenger lebe, dat des si – meist ein erve oder eine Summe Geldes aus dem redesten gut an die Frau; ab 1272 144: n. n. dedit n. n. illud, qui diucius vixerit, habebit eam): 1, 3, 4, 5, 9, 13, 14, 17, 18, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 29, 30, 35, 39, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 49, 50, 51, 52, 55, 60, 61, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 71, 74, 75, 77, 78, 81, 84, 88, 90, 92, 93, 94, 95, 96, 98, 99, 102, 104, 107, 110, 111, 112, 115, 116, 118, 119, 120, 123, 129, 134, 138, 141, 144, 145 (mit TeilungsAO), 150, 153, 155, 156 (an Treuhänder), 157, 159, 163 (auflösend bedingt durch Erbengeburt), 164, 165, 166, 167, 169, 170, 172, 173, 176, 178, 179, 181, 183, 184, 186, 188, 193, 194, 195, 196, 197, 199, 201, 202, 203, 204, 206, 208, 210, 216, 218, 220, 221, 222, 224, 231, 235, 236, 240, 241, 245, 251 (Anfall), 252, 254, 257, 258, 259, 260, 261, 263, 264, 265 (auflösend bedingt durch Witwenstuhlverrückung), 268, 269, 270, 271, 275, 280, 283, 284, 285, 287, 292, 295, 298, 299, 301, 304, 307, 309, 310, 311, 317 (mit Auflage), 318, 319, 320, 325, 335, 339, 341, 343, 346, 347 (Anfall), 349, 351, 352, 355, 356, 357, 358, 360, 361, 363, 365, 366, 372, 375, 377, 379, 381, 382, 383, 385, 387, 394, 396, 397, 399, 400, 402, 406, 411, 415, 421 (zusätzlich: post obitum), 422, 424, 425, 429, 430, 431, 433, 434, 435, 436, 437, 440, 441, 443, 445, 452, 454, 456, 457, 458, 459, 460, 462, 463, 464, 465, 475, 478, 479, 483, 484, 485, 487, 489, 500, 501, 506 (mit Gegenleistung), 509, 510, 511, 513, 515 (Anfall), 516, 517, 518, 520, 522 (Weitererbklausel), 523, 525, 526, 527, 531, 534, 535, 536, 538, 541, 544, 546, 548, 550, 551, 552, 555 (Anfall), 556, 557, 558, 560, 564, 565, 567, 573, 577, 581 (mortuo uno alter obtinebit), 585, 587 (zusätzl.: post mortem suam), 589, 591, 592, 593, 597, 601, 604, 608, 612, 614, 617, 619, 620, 624, 625, 627, 628, 629, 632, 635, 642, 653, 660, 666, 672, 674, 683, 697, 801, 825, 827, 852, 859, 919; (n. n. gaf n. n. illud, nach irme/sime dode; ab 1273 n. n. dedit n. n. illud post mortem/decessum/obitum suum): 7, 276, 293, 324, 354, 370, 390, 391, 439 (alle Schafe mit Wolle, Milch und Lämmern an Kinder), 455, 469 (mit Gegenleistung des Sohnes), 492 (alle Schiffe mit Zubehör und alle Forderungen an den Sohn), 502, 521, 626 (½ Mark Silber und Herwede an Kirche), 735, 850, 1194, 1358

6

Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen.

670

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I. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit illud – q. n. marcas, domum etc. – n. n. post mortem suam; sed n. n. vult esse potens, quam diu vixerit): 486 (Notbehalt), 572, 664, 680 (Braupfanne an Kirche), 692, 710, 718, 719, 744, 750, 753, 754, 767, 786, 790, 810, 818, 819, 831, 840, 842, 843, 853, 912, 921, 925, 953, 992, 1005, 1022, 1026, 1060, 1072, 1075, 1173, 1214, 1249, 1445 (außer 1 Mark post mortem an die Kirche), 1503 (Anfall von der ersten Ehefrau), 1558 I. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. hereditatem (etc.), qui diucius vixerit, habebit, idem autem n. n. possidebit eam): 323, 338 I. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. gaf n. n. illud; ab 1272 142: n. n. dedit n. n. illud): 2, 6, 10, 11, 12, 15, 16 (Weitervergabung), 19, 24, 27, 28, 31, 33, 34, 35 (Gegenleistung Altenteil), 37, 40, 41, 43 (Verpfändung), 54, 56, 62 (SBK zugunsten eines Klosters), 69, 72, 73, 76 (ein half erbe, dat he ime vulstunde wen an sinen dodh), 79, 80 (Anfall), 82, 83, 85 (mit Auflage), 86, 87, 89, 97 (an Treuhänder), 100, 101 (mit TeilungsAO), 106, 108 (Gegenleistung Verzicht), 109, 113 (Kirche), 114, 117, 121, 122, 124, 125, 126 (Kirche), 127, 128, 130, 131 (Gegenleistung Verzicht), 133, 135, 136, 137, 139, 140, 141, 142, 146, 147, 148, 149, 151 (Anfall), 152, 161, 162, 168, 171 (Begünstigter ist nur Treuhänder – SBK), 175, 177, 180, 185, 186, 187, 189, 191, 192, 200, 205, 211, 214, 215, 217, 219, 223, 225, 226, 227, 228 (Kauf), 229 (Verpfändung), 230 (Zins), 232, 233, 234, 237, 238, 240, 242, 243, 244, 246, 247 (Gegenleistung Altenteil, mit Auflage), 248, 249, 250 (künftiger Anfall), 253 (SBK), 255, 256 (Kirche), 261, 262, 266, 267, 273, 274, 277, 278, 279, 280 (SBK), 281, 282, 286, 288, 289, 291, 294, 296, 297 (Anfall), 303, 305, 306, 308, 313, 314, 316 (Kauf), 319, 321, 322, 325, 326, 328, 330, 332, 334, 339, 340, 342, 344, 345, 348, 350, 353, 364 (aufschiebend bedingt bis zur Witwenstuhlverrückung), 367, 368 (auflösend bedingt), 369, 373, 376 (Kirche), 378, 380, 384, 388, 389, 390, 392, 393, 395, 398, 401, 403, 405, 407, 408 (keine Vergabung, sondern Verkauf), 409 (mit Auflage an den Sohn des Begünstigten), 410, 413, 417, 418, 419 (Verpfändung von Zins), 420 (Verpfändung), 423, 426, 427, 428, 432, 438, 444, 446, 447, 448, 449, 450, 451, 453, 461 (auflösend bedingt durch Witwenstuhlverrückung), 466, 470, 471, 472, 474, 476, 480 (Kirche), 481 (Kirche), 485 (aufschiebend bedingt), 488, 490 (daneben Weiterverpfändung), 491, 493, 494, 496, 497, 498, 499, 503, 504, 507, 512, 528 (mit Auflage), 529, 530, 531, 532, 533, 540, 542, 545, 547, 553 (Kirche), 554, 561, 566 (an Vormund), 569, 570 (Verpfändung), 571, 572, 574, 576 (mit Auflage), 577, 578, 580 (Weitererbklausel), 582, 584, 590, 594, 595, 596, 598, 599, 600 (Anfall), 602 (Erbauseinandersetzung), 603, 605, 606, 607, 610, 613, 621 (SBK), 622, 628, 630, 631, 632, 633, 635, 636, 642, 643, 646 (an Treuhänder), 649 (auflösend bedingt durch Witwenstuhlverrückung), 650, 652, 654, 655, 656, 657, 658, 661, 662, 663, 667, 668, 670, 671, 672, 673, 675, 677, 678, 681, 682, 683, 686,

Anhang

671

687, 688, 689, 690, 691, 693, 694, 695, 696, 697, 700 (Gegenleistung), 701, 702, 704, 706, 708, 709, 711, 713, 714, 715, 716, 717, 720, 721, 722, 723, 724, 727, 728, 729, 732, 733, 734, 737, 739, 741, 743, 746, 747, 749, 751, 752, 755, 756, 757, 758, 759, 760, 761, 762, 763, 764, 765, 766, 768, 769, 770 (Anfall), 771, 772, 773 (Gegenleistung), 774, 775, 776, 777, 778, 780, 781, 783, 784, 789, 791, 793, 794, 795, 796, 797, 798, 807, 808, 809, 811 (Gegenleistung), 812, 813, 815, 816, 817, 820, 821, 822 (mit Auflage), 824, 826, 827, 829, 830, 832, 833, 834, 835, 836, 837, 839, 845, 846, 847, 848, 849, 850, 852, 854, 855, 860, 861, 864, 866, 867, 869, 873, 874 (Vollstreckung), 875 (Vollstreckung, Erbrecht des Fiskus), 880, 882, 885, 886, 887, 888 (Anfall), 891, 892, 893 (Verpfändung), 896, 897, 898, 899 (Gegenleistung), 900, 902, 903, 904, 905, 906 (Eviktionsklausel, SBK), 907, 908, 910 (SBK), 911, 913, 914, 917, 918, 919, 920, 922, 923, 924, 926 (Widerkaufsrecht), 927, 928, 930, 931 (Verpfändung), 932 (ex iussu domini nostri Rudolphi ducis Saxonie), 933, 934, 935, 936 (Anfall), 938, 939, 940 (omnes equos suos), 942 (Anfall), 944, 945, 948 (Anfall), 949, 951, 952, 954, 955, 956, 958, 961, 962, 963, 964, 965, 966, 967, 970, 973, 974, 975, 976, 978, 979, 980, 982, 984, 985, 986 (Anfall), 987, 988, 989, 990, 991, 993, 996 (Kirche), 997 (Kirche), 999, 1000, 1002, 1003, 1004, 1006, 1007, 1010, 1012, 1013, 1014, 1018 (SBK), 1021, 1023, 1024, 1025, 1027, 1028, 1029, 1030, 1031, 1032, 1033, 1034, 1036, 1037, 1039, 1043, 1044, 1047, 1050, 1051, 1052, 1053 (Eviktionsklausel), 1054, 1055, 1056, 1057, 1058, 1059, 1061, 1063, 1064, 1065, 1066, 1068, 1069 (Eviktionsklausel), 1070, 1071, 1073, 1074, 1077, 1079 (Anfall), 1080 (Anfall), 1081, 1083, 1085, 1086, 1090, 1091, 1095, 1100, 1102, 1107, 1112, 1113, 1115, 1132, 1134, 1136, 1137, 1139, 1140, 1141, 1145, 1148, 1150, 1152, 1153, 1154, 1156, 1157, 1158, 1159, 1160 (Anfall), 1161, 1166, 1167, 1168, 1169, 1170, 1171, 1174, 1176, 1178 (künftiger Anfall), 1179, 1180, 1183, 1185, 1188, 1189, 1190, 1191, 1192 (Anfall), 1195, 1199, 1200, 1201, 1202, 1203, 1204 (Verpfändung in ypothecam), 1205, 1206, 1208, 1211, 1212, 1213, 1219, 1221, 1222 (mit Auflage), 1223, 1230, 1231, 1232, 1235 (Kirche, mit Auflagen), 1236, 1237, 1238 (Gegenleistung), 1244 (Kirche), 1247, 1250 (Gegenleistung), 1252, 1254, 1255, 1257, 1258 (künftiger Anfall), 1260, 1261 (Verpfändung), 1263, 1264, 1265, 1266, 1268, 1270 (angestorbenes Herwede), 1280, 1281, 1282, 1283 (Kirche), 1284, 1287, 1289 (mit Auflage), 1290 (Kirche), 1291, 1292, 1293, 1294, 1295, 1296, 1299, 1300, 1301, 1303, 1304, 1305, 1306 (Kirche), 1307, 1308, 1309, 1311 (mit Auflage), 1313, 1315, 1320, 1321, 1322, 1323, 1324, 1327, 1328 (Sanna dedit patri suo hereditatem, quam idem pater prius dederat ea), 1331, 1332, 1333, 1334, 1336, 1339, 1340, 1344, 1345, 1346, 1347, 1349, 1350, 1351, 1352, 1353, 1355, 1356, 1363, 1364, 1369, 1372, 1377, 1380, 1381, 1382, 1384, 1386, 1388, 1393, 1394, 1396, 1400, 1401, 1402, 1403, 1404, 1406, 1407, 1408, 1409, 1410, 1411, 1412, 1413, 1414, 1415, 1417, 1418, 1425, 1426, 1428, 1429, 1430, 1432, 1433, 1435, 1436, 1440, 1442, 1443, 1450, 1451, 1453, 1454, 1456, 1458, 1460,

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Anhang

1463, 1465, 1466, 1467, 1468, 1469, 1471, 1472, 1473, 1475, 1476, 1479, 1482, 1483, 1484, 1485, 1486, 1487, 1488, 1489, 1491, 1492, 1493, 1495, 1496, 1498 (Verpfändung), 1499 (suam partem sui patris hereditatem), 1505, 1507, 1509, 1510, 1511, 1512, 1513, 1515, 1516, 1517, 1518, 1520, 1521 (mit Auflage), 1522, 1523, 1524 (mit Auflage), 1525, 1526, 1528, 1529, 1530, 1391 1533 (Kirche, mit Auflage), 1534, 1537 (Kirche), 1539, 1540, 1541, 1544, 1545, 1546, 1547, 1548, 1549, 1550 (Kirche), 1551, 1555 (Kirche), 1556, 1557, 1559, 1564, 1565, 1566, 1570, 1572, 1573, 1574, 1575, 1577 (Kirche), 1578 (Kirche) 1579, 1580, 1582, 1585, 1586, 1587, 1594, 1595, 1598, 1599, 1601, 1602 (mit Auflage), 1603, 1605, 1608, 1609, 1611 (had uffgelassen), 1613, 1615 (Verpfändung für Wergeldzahlung für Totschlag), 1616, 1617, 1618, 1619, 1620, 1621 (Anfall), 1622, 1623, 1624, 1630, 1631 (Kirche), 1632, 1633 (Kirche), 1634 (Kirche), 1635 (Kirche), 1636, 1638 (Kirche), 1639, 1640 (Kirche), 1641, 1642, 1644, 1646 (Kirche), 1647, 1648, 1651, 1653, 1655, 1656, 1663, 1664 (Kirche), 1665, 1670, 1671, 1672, 1675, 1676 I. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. illud, sed n. n. vult esse potens, quam diu vixerit): 302, 477 (Weitererbklausel), 618, 634, 638, 651, 679, 699, 738, 742, 814, 878 (SBK), 1020, 1119, 1120, 1121, 1122, 1123, 1124, 1125, 1127, 1128, 1129, 1130 (1119-1130 alle von einer Person an die Kirche), 1378 (Tochter), 1576, 1588 (Kirche), 1589 (Kirche), 1590, 1591 (Kirche), 1658, 1669 I. 2. c Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. hereditatem, idem autem n. n., quam diu vixerit, hereditatem illam optinebit): 312, 1514 I. 3. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. dedit n. n. illud quam diu vivit, possidendo): 514, 623, 1015 (Leibgedingecharakter ergibt sich aus der verwickelten auflösenden Bedingung der Verfügung), 1062, 1614 I. 3. c Verfügungen unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge: 129 (befreites Leibgedinge bei Not) II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. gaf n. n. sin erve unde al dat he hevet unde immer gewint, swelk ir lenger lebe, dat des si; ab 1272 160: n. n. dedit n. n. que habet et unquam habuerit post mortem suam/qui diucius fuerit, habebit): 38 (Frau, Kinder, ohne immer gewinnt), 58 (Mann, ohne immer gewint), 70 (Mann, ohne immer gewint), 91 (Frau, Sohn), 132 (Frau, ohne immer gewinnt), 160 (Kirche, ohne immer gewinnt), 207, 209 (ohne immer gewinnt), 213 (ohne immer gewinnt), 272 (Frau, ohne immer gewinnt), 290 (Frau, ohne immer gewinnt), 325 (Kinder), 327 (Frau, künftige Kinder), 329 (Frau), 336 (Frau, bei Erbengeburt nur Halbteil für den Längstlebenden), 437 (Frau und Erben), 442 (Frau), 467 (Frau, ohne immer

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gewinnt), 521 (Sohn), 586 (Frau), 637 (außer 1 ½ Mark Silbers), 32 (Gerade; es fehlt zwar die Bedingung, sie muss aber mitgedacht werden, ansonsten macht der ganze Eintrag keinen Sinn) II. 1. b Verfügung unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. hereditatem et omnia sua bona, que habuit et que lucraretur diebus vite sue; qui diucius vixerit inter eos, illa omnia optinebit, sed n. n. potens erit super eis in vita sua): an die Frau: 644, 858, 1177, an die Frau, bei Erbengeburt jedoch nur Halbteil: 725, 1217, 1218, 1220, 1245, 1251, 1335, 1337, 1338, 1342, 1359, 1362, 1374, 1379, 1389, 1391, 1395, 1405, 1416, 1422, 1424, 1427, 1431, 1439, 1449, 1457, 1464, 1494, 1501, 1504, 1508, 1527, 1532, 1552, 1568, 1583, 1593, 1596, 1600, 1606, 1627, 1659, an die Kirche: 1581 (nae orim tode) II. 1. c Verfügung unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia bona sua post mortem suam, in vita sua debet uti suis bonis ad necessaria sua): 841 (Kirche, omnia bona que habebit et dimiserit post mortem suam) II. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. quicquit habet et habuerit): 143 (Kirche), 315, 331, 404, 659 (Frau, künftige Kinder, ita quod debent ea qualiter dividere), 684 (Frau), 787 (Frau, mit TeilungsAO zwischen Frau und Kindern), 802 (Frau), 916 (Sohn), 949, 994 (Frau, bei Erbengeburt nur Halbteil), 1011, 1017 (Mann), 1019 (Frau), 1049 (mit Auflage), 1101 (künftig anfallende Gerade), 1114, 1172 (Mann, außer ein Grundstück), 1259, 1477 (Frau), 1480 (Frau) II. 2. b Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia, que habet et habebit, sed ipse vult esse potens, quam diu vivit): an die Frau: 707, 730 (und künftige Kinder), 731, 748, 792, 894, 916 (künftige Kinder), 937, 941, 909 (ohne immer mer gewint), 969 (ohne immer mer gewint), 1016, 1138, 1175, 1253, 1354, 1357, 1360, 1441, 1506, 1519, 1543, 1553, 1567, 1584, 1649, 1668, 1673 (mit Auflage), an die Frau, bei Erbengeburt jedoch nur Halbteil: 705, 779, 785, 799, 800, 946, 947, 960, 968, 981, 998, 1001, 1078, 1110, 1116, 1151, 1184, 1267, 1297, 1302, 1312, 1531, 1538, 1563, 1571, 1626, 1660, an die Kinder: 782 (mit Weitererbklausel), 1131 (Sohn und Neffe), 1399 (Tochter), 1461 (Sohn), an sonstige Verwandte: 1092 (Onkel), 1093 (Vater), 1502 (Bruder), an sonstige Nahe: 877 (Stieftochter), 884 (Schwager), an nicht identifizierbare Dritte: 616, 676 (außer 8 Mark), 685, 838, 851, 871, 943, 957, 1242, 1248, 1196, 1592 (an Treuhänder), an die Kirche: 611 (Kirche, mit Seelgerät) II. 3. a gegenseitige Verfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. gaf n. n. sime wibe unde sie ime darweder al, dat sie hebbe; swelk ir lenger lebe, dat des si (es fehlt die Floskel unde immer mer gewinnt); ab 212: n. n. dedit n. n. quicquit habuit, et ipsa ei econverso, qui diucius etc.): 57, 212, 239, 320, 362, 412, 414 (mit je unterschiedlicher Auflage an den Längstlebenden), 505 (mit immer mer gewinnt), 508 (mit immer mer ge-

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winnt), 519, 543, 562 (mit immer mer gewinnt), 578 (mit immer mer gewinnt), 579 (volles Programm: mit immer mer gewinnt, mit Verfügungsvorbehalt und mit Vorbehalt, 2 ½ Mark Brandeburgisch am Sterbebett zu vergeben), 588 (mit immer mer gewinnt), 609 (mit immer mer gewinnt), 623 (mit immer mer gewinnt), 805/806, 856/857 (Frau behält 4 Mark Silbers zur freien Vergabung, bei Erbengeburt erhält sie nur Halbteil), 950, 1215/1216 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, mit VVorbehalt), 1225/1226 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, mit VVorbehalt), 1233/1234 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, mit VVorbehalt), 1239/1240 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, mit VVorbehalt), 1285/1286 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, VVorbehalt), 1329/1330 (bei Erbengeburt Halbteil an Frau), 1365/1366 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, VVorbehalt), 1367/1368 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, VVorbehalt), 1383/1385 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, VVorbehalt), 1397/1398 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, VVorbehalt), 1535/1536 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau, VVorbehalt) II. 3. b gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. omnia que habet, et ipse econverso ei): 174 (durch die Ehefrau wird eine Vergabung weitervergabt), 244, 559 (außer einem talentum und der Hälfte der Kleider, die sich die Frau vorbehält) II. 3. c gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung mit Verfüggsvorb. (n. n. dedit marito/uxori suo/sua omnia bona sua, que habuit et habitura/us esset. n. n. dedit n. n. uxori/marito sua/suo omnia bona, que habuit et habiturus/a esset; sed ipse/a n. n. debet esset potens in eisdem, quam diu vixerit): 803/804, 971/972 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau), 1045/1046 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau), 1103/1104 (Frau verfügt que habet et habebit et que sibi cedere poterint per mortem amicorum suorum, Mann verfügt Halbteil), 1117/1118 (Frau erhält nur Halbteil), 1193/1194, 1325/1326, 1375/1376 (nur Halbteil an die Frau), 1554 (bei Erbengeburt nur Halbteil an Frau) II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügung unter Erlebensbedingung: 59 (mit Weitererbklausel), 468 (unter Geschwistern) II. 4. a Verfügung einer Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. dimidietatem bonorum suorum post mortem suam): 575 (Frau), 1480 (Hälfte Kirche, Hälfte Erben), 1607 (Hälfte Mann, Hälfte Kinder) II. 4. b Verfügung einer Vermögensquote ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. mediam partem omnium bonorum suorum, que habet et habebit; sed ipse n. n. debet esse potens super eis, quam diu vixerit): 639 (Frau), 647 (Frau, künftige Kinder, ohne Vorbehalt), 648 (Frau, ohne Vorbehalt), 863 (Frau, künftige Kinder), 865 (Frau, künftige Kinder), 870 (Frau, künftige Kinder, ohne Vorbehalt), 879 (Frau, künftige Kinder), 983 (Frau), 1048 (Frau, teilw. RB EG), 1067 (Frau, Kinder), 1084 (Frau), 1135 (Frau), 1146, 1181 (Frau), 1224 (Frau), 1481 (Frau), 1637 (Frau), 1645 (Frau), 1666 (Frau) II. 4. d Verfügung einer Kindesteilsquote: 437

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III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Vergabung (n. n. vorteich des erves oder n. n. resignavit): 36 (Erbe), 103, 108, 131, 154 (Erbe), 190 (Erbe), 300 (Erbe), 333 (an Herwede coram prefecto et scabinis), 337 (Erbe), 374 (Erbe), 416 (Erbgut), 473 (künftiger Anfall), 524 (Erbgut), 587 (künftiger Anfall), 615 (Erbgut), 736 (Gerade und Erbe), 895 (Erbgut), 1341 (Erbgut), 1371 (Erbgut), 1373 (Erbgut), 1387 (Erbgut), 1392 (Erbgut), 1421, 1423 (Erbgut), 1437 (Erbgut), 1446 (Erbgut), 1447 (Erbgut), 1478 (Vergabung), 1610 (Erbe), 1657 (Erbe) III. 2. Anordnungen von Auflagen an die Erben: 32 III. 3. Einspruch gegen eine Verfügung (n. n. reclamavit illam donacionem): 1094 III. 4. Genehmigung einer Verfügung (n. n. admisit hanc dationem): 158

5. Die Schöffenbücher von Halle/Saale7 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände8 I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. den hof/dat egen/q. n. mark/etc. na sime live/na sime dode oder swen her/se afgeit): I 21, 29, 30 (jetzige/künftige Kinder) 33, 48, 59, 66, 75, 89, 97, 98, 200, 201, 207, 238, 267 (Enkel), 279 (Seelgerät), 280, 281, 282, 323 (Frau), 364 (Mutter, SBK), 365, 439 (Frau), 469 (EL), 485, 563, 580 (Bruder), 643 (mit Auflage), 753 (halbe Fahrhabe an Frau), 775 (Frau), 877 (Hof an Frau, bei Erbengeburt nur Leibgedinge), 918 (gegenseitig, Brüder für den Fall des erbenlosen Todes), 1028 (Abwandlung einer vorherigen Verfügung mit Verfügungsvorbehalt), 1037 (Gerade an Mann/Sohn, Enterbung der „Spinne“), 1068 (Frau), 1127 (Mutter), 1323 (Frau), II 20 (Frau), 132 (Sohn: Mönch, Eigen), 180 (Bedingung ist nicht nur der Tod des Verfügenden, sondern auch der seiner Ehefrau), 216 (Frau), 357 (gegenseitig unter Ehegatten, stirbt einer, so fällt es an den andern), 488 (Frau, bei EG Kindesteil, bei Erbenlosigkeit Vollerwerb), III 14, 404, 514, 552 (Enkel), 925, 1043 (Frau, bei EG Kindesteil, ansonsten die Hälfte), 1091 (Frau), 1132 (Frau), 1211 (Frau), 1216 (Frau), 1293 (Frau, Kindesteil), 1386 (Frau), 1511 (Sohn), IV 37 (Frau), 38 (Frau), 139, 159, 167, 204, 225, 243, 244, 245, 257, 341, 347, 373, 398

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Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen. Die römischen Ziffern bezeichnen die einzelnen Bände der Schöffenbücher bis 1400 (Bd. 1-4: I-IV).

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I. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. den hof/dat egen/etc. na sime live/na sime dode, al de wile, dat he levet, so will he dar mede důn, swat so he will): I 22, 26, 27, 28, 41, 43, 108, 189, 231, 258, 519 (Tochter, SBK), 831, 1099, 1248 (Frau), II 268 (Mann), III 64 (bei Erbengeburt Leibzucht), 203 (Frau, bei EG Kindesteil), 957 (Frau), 974 (bei EG Kindesteil an Frau), 1072 (Frau), 1311, 1444 (Frau), 1517, IV 231, 271 (bei EG Kindesteil an Frau), 274 (bei EG Kindesteil an Frau), 281, 366, 413 (Frau), 452 (Frau), 483 (Frau), 524 (Frau), 541 (Frau) I. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. begauete/hevet gegeven n. n. den hof/dat egen/q. n. mark/etc.) einfach: I 40, 44, 46, 47, 49, 50, 51, 54, 58, 60, 62, 65, 67, 68, 71, 73, 80, 81, 83, 86, 88, 90, 92, 96, 97, 102, 103, 104, 106, 109, 110, 112, 117, 125, 126, 128, 130, 131, 133, 136, 142, 145, 146, 147, 149, 151, 157, 158, 159, 164, 166, 167, 169, 170, 171, 173, 176, 178, 179, 182, 183, 184, 185, 188, 190, 193, 196, 199, 203, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 218, 219, 220, 221, 223, 224, 225, 227 (Frau/Kinder), 228, 236 (Kirche), 239, 240, 242, 244, 245, 250, 251, 254, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 271, 272 (Verfügung über Nachlass eines lebenden Dritten), 278 (Vater – beachte I 279), 280, 281, 283 (unter Brüdern, Erbteilung), 288, 289, 290, 296, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 308, 309, 312, 313, 315 (teilweise gegenseitig), 319, 320, 321, 326, 330, 331, 336, 337, 338, 339, 340, 342, 343, 344, 345, 346, 347, 348, 350, 351, 352, 355, 360, 361, 362, 367, 368, 375 (Kirche), 376, 377, 378 (Gegenleistung), 381 (Kind/Bruder), 382, 384, 386, 389, 390, 395, 400, 401, 402, 403, 404, 406, 408, 409, 410, 411, 412, 415, 416 (Frau), 417, 418 (Bruder), 421, 427, 430 (Tochter/Enkel), 433, 435, 436, 441, 445, 452, 453, 454 (Gegenleistung), 455, 456, 457, 459, 461, 462, 463, 467, 468, 471, 472, 473, 477, 478, 479, 480, 481, 482, 483, 484, 485, 489, 492, 499, 501, 503, 504, 505, 506, 507, 512, 513, 518, 521, 522, 523, 524, 526, 527, 530, 531, 532, 536, 539, 545, 548 (Gegenleistung), 549, 555 (gegenseitig), 556, 557, 559, 560, 561 (kombiniert mit gegenseitiger Erbeinsetzung), 562, 571, 575, 576, 579, 583 (Eigen an Kinder), 584, 587, 590, 594 (Gegenleistung), 595, 599, 600, 601 (Eigen an Kinder), 604, 609, 611, 612, 613, 615, 621, 624 („zu rechtem Erbe“), 627, 631 (Nachlass eines lebenden Dritten), 641, 644, 645, 646, 651 (Sohn), 652, 653, 657, 658 (gegenseitig), 663, 674, 675, 676, 678, 679, 682, 684, 688, 693, 694, 707, 709, 711, 712, 714, 715, 716, 717, 719, 722, 723, 725, 726, 727, 728, 730 (Kirche), 731, 732, 733, 737, 741 (Kirche), 745, 746, 748, 751, 754, 755, 757, 758, 762, 766, 767, 768, 769, 777, 779, 780, 782, 783, 787, 792, 798, 801, 805, 808, 812, 813 (Seelgerät), 815, 819, 823, 824, 827, 828, 830, 833, 835, 836, 837, 839, 840, 841, 842, 844, 847, 849, 853, 856, 859, 860, 861, 862, 864, 865, 866, 867, 869, 870, 879, 885, 887, 890, 900, 901, 902, 904, 905, 906, 907, 908, 909, 911, 912, 913, 914, 915, 917, 920, 926, 928, 930, 931, 937 (Kirche), 940, 943, 948, 949, 951, 952, 955, 959,

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964, 971, 973, 974, 975, 977, 985 (Kirche), 990 (Seelgerät), 991, 1006, 1010, 1012 (Seelgerät), 1019, 1035, 1048, 1051, 1054, 1059, 1063, 1070, 1105, 1110, 1111, 1114, 1115, 1117, 1121, 1128, 1194, 1196, 1197, 1206, 1209, 1213, 1217, 1218, 1221, 1223, 1234, 1242, 1251, 1254, 1256, 1264, 1268, 1271, 1274, 1278, 1282, 1288, 1289 (Erben des Vaters), 1290 (zu Treuhand), 1292, 1294 (Erben des Vaters), 1300, 1306 (Sohn), 1309, 1312 (Bruder), 1313, 1314, 1348, 1349, 1388, 1407, 1410, II 1, 10, 12, 14 (Gegenleistung), 15, 21, 24, 25, 26, 29, 31 (Bruder), 32, 33 (Frau/Sohn), 35 (Schwager/Tochter), 40, 41, 42, 43 (RB: Verfügender stirbt, Frau verlässt Hof), 45, 48, 53, 57, 59 (Frau), 61, 62, 63, 68, 69, 75, 77, 79, 81 (Frau), 87 (unter Geschwistern), 91, 94, 96, 102 (Mutter), 105, 106, 111, 112 (Geschwister), 113, 118, 119 (Frau), 120, 123, 131, 134, 135, 136, 138, 140 (Erbhof an die Stadtschreiberfamilie und deren künftige Kinder), 141, 142 (Frau), 144 (Bruder), 145, 148 (Stieftochter), 150, 153, 154 (Vetter), 156 (Erbeigen), 157 (Erbeigen), 159, 163, 172, 173 (Eigen), 174 (SBK), 183, 188, 189 (Bruder), 190, 197, 199, 201 (Bruder), 210 (Bruder), 213, 219 (Bruder), 220 (Schwester), 223 (Söhne), 224, 228, 233 (Bruder), 234 (Sohn), 236, 237, 239, 240, 241, 244, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 257, 258 (Bruder), 259, 260, 262 (Kinder), 263, 266, 267, 269, 270, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278 (Seelgerät), 279, 280 (Brüder), 281, 282, 283, 285, 287, 288, 290, 291, 292, 293 (Ratsherren/Kinder), 294, 295, 296, 297, 298, 299, 301, 302, 303, 305, 306, 307, 311 (Frau/Sohn), 312, 313, 314, 316, 317, 318, 318, 319, 321, 322 (Frau), 323, 325, 326, 327, 328, 329, 331, 332, 335, 336, 338, 339 (Cousin), 340 (Cousin), 341, 342, 343, 344, 345 (Stadt), 347, 348, 350, 351, 352 (Stadt), 353, 355, 356, 360, 363, 364, 365, 367, 377, 378, 380 (Schwestern), 382 (Weitervergabung einer auflösend bedingten Vergabung), 383, 385 (Bruder), 386, 390, 392 (Söhne), 393, 397, 398, 400, 402 (Bruder), 403 (mit Ausschluss von Kindern, die dem Begünstigten nach dem Tod des Verfügenden durch e. anderen Ehegatten geboren werden), 404, 407, 408, 409, 410, 411, 412, 413, 414, 415, 416, 417, 420, 422, 423, 426, 427, 428, 430, 431, 433, 434, 438, 440, 441, 442, 445, 446, 448, 449, 452, 453 (Frau), 454, 455, 456, 458, 459, 461, 462, 463 (Bruder), 464, 467, 469 (Bruder), 470, 471, 472, 473, 475, 476, 479, 480, 481, 482, 483 (mit Auflage), 484, 486, 493 (mit Auflage), 494, 495, 496, 497, 498, 499, 501, 502, 503 (mit Eviktionsklausel), 504 (mit Eviktionsklausel), 505 (mit Auflage), 506, 512, 513, 516 (Frau), 517, 518, 525 (mit Auflagen), 526, 527, 528, 529, 531, 532, 533, 534, 535, 536, 537, III 22, 51, 54, 60, 83, 88, 98, 121, 123, 142, 143, 144, 173 (Frau, bei Erbengeburt nur Kindesteil), 241, 268, 303, 311, 318, 400 (Frau), 424, 436, 442, 450 (mit Eviktionsklausel), 452 (Mutter, mit Auflage Verfügungsverbot), 465, 487, 488, 489, 508, 511, 515, 520, 523, 581, 586, 611, 615, 630, 656, 661 (Gerade), 666 (Gerade), 675, 699, 704, 709, 721, 729, 742, 748, 750, 751, 753, 754, 756, 758, 759, 760, 763, 764, 768, 788, 790, 803, 808, 811, 815, 822, 823, 824, 830, 852, 856, 858, 861, 879, 882 (Vergabung einer Klage), 885, 887 (Gegenleistung), 899, 900, 905, 907,

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908, 911, 913, 915, 917, 924 (Gegenleistung), 929, 939 (SBK), 941, 954, 956, 958 (aller Schmuck an Kinder), 973, 977, 980, 981, 983, 997 (SBK), 1000, 1002, 1006, 1009, 1012, 1024, 1026, 1027, 1038, 1040, 1041, 1042, 1051, 1053, 1054 (Seelgerät), 1056, 1057, 1058, 1059, 1060, 1061, 1063, 1071, 1078, 1087 (Gegenleistung), 1090, 1093, 1094, 1106, 1107, 1119, 1124, 1128, 1131, 1135, 1146, 1147, 1148, 1149, 1150, 1153, 1156, 1188, 1194 (Gegenleistung), 1202, 1203, 1204, 1210, 1270, 1274, 1278 (Weiterund Rückerbklausel), 1281, 1285, 1292, 1300, 1321, 1325, 1326 (mit Eviktionsklausel), 1340 (mit Eviktionsklausel), 1342, 1343 (mit Eviktionsklausel), 1348, 1372, 1373, 1379, 1391, 1395, 1404 (Gegenleistung), 1413, 1419, 1443, 1447, 1483, 1484, 1492, 1504, 1505, 1508, IV 5, 15, 41, 63, 73, 106, 116, 162, 235, 237, 283, 289, 292, 428, 446 (mit Eviktionsklausel), 451, 463, 506, 511, 519, 527, 534, 535, 536, 574; mit Erbenlaub: I 19, 53, 79, 115, 139, 140, 143, 154, 163, 165, 226, 232, 234, 285, 291, 294, 298, 311, 341, 357 (Tochter/deren Mutter), 358, 371, 372, 373, 374 (Frau/Kinder), 396, 413, 422, 423 (Hof und Fahrhabe), 424, 428, 434, 438, 440, 443 (SB: Tod des Ehegatten der Begünstigten), 444 (Eigen, Frau/Kinder), 446, 448, 449, 460, 475, 476, 487, 490, 510, 546, 547, 550, 552, 574, 578 (Kredit), 602, 603, 605, 608 (Erbe), 610, 616, 617, 618, 625, 633, 635, 636, 638, 639, 640, 654, 659, 660, 666, 671, 680, 690, 691, 695, 696, 700, 703, 705, 724, 738, 756, 785, 834, 872, 875, 876, 878, 880, 883, 888, 891, 892, 898, 903, 933, 934, 945, 980, 989, 992, 1011, 1017, 1021, 1025, 1040, 1041, 1135, 1146, 1148, 1153, 1154, 1156, 1161, 1162, 1164, 1165, 1169, 1173, 1175, 1186, 1207, 1311, II 2, 3, 18, 22, 38, 55, 58, 73, 74, 82 (Bruder), 93 (Sohn), 100, 109, 115, 121, 127, 129, 130, 146 (Schwager), 155, 158, 161, 165, 166, 167, 169 (Bruder), 176, 177 (Bruder), 178, 182, 184, 185 (Dienstbarkeit, Vettern), 191, 192, 194, 196, 202, 207, 211, 212, 221, 226, 227, 304, 330 (Neffen), 333, 346, 349, 370, 405, 436 (Frau), 457, 485, 487, 489, 492, 500, 509 (mit Eviktionsklausel), 510, 511, 515, III 550, 655, 678, 690, 812, 850, 888, 1198, 1232, 1237, 1301, 1309, 1314 (mit Auflage), 1427 (mit Auflage Rentenzahlung), 1445, 1446, 1519, IV 82, 170 (Gegenleistung), 316; mit SBK: I 230, 287 (Gegenleistung), 318, 431 (Enkelinnen), 466, 567, 607, 667, 681 (Auflage), 736, 795, 796, 863 (Kirche), 1013 (Ersatzerbklausel), 1024 (Anordng. f. d. Tod des Begabten), 1198, 1224, 1231, 1366, II 30, 54, III 469; mit Rückerbklausel: I 55, 285; mit RB EG/Kinderlosigkeit/Tod: I 788 (RB EG), 793 (RB Tod des Begünstigten), 884 (RB Ausstattung/Tod der begünstigten Söhne), 1002 (RB Kinderlosigkeit), 1083 (Geldsumme an Frau, bei EG nur Kindesteil), III 468, 1155 I. 2. b Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hevet gegeven/begauete den hof/dat egen/etc. n. n., al de wile, dat he levet, so wil he dar mede dvn vnde laten, swat so he wil oder: so wil he des geweldich sin): an Abkömmlinge: I 491, 739 (SBK, Ausschluss der Tochter!), 764, 1448, II 56, 103, 230, 242, 424 (SBK), III 114, IV 69; an Ehefrau und Abkömmlinge: I 392, 729, 850, II 208; an Ehefrau: I 1340, II 89, 92, 300,

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III 1468, IV 414, 418, 459; an sonstige Verwandte: I 577 (Bruder, SBK), 765 (Vettern), II 39 (Schwester/Cousin), 56 (Bruder), 209 (Mutter/ Geschwister), 388 (Vetter); an nicht identifizierbare Dritte: I 9, 11 (EL), 48, 192, 241 (SB: Verfügender bleibt erbenlos), 295, 511 (EL), 585, 606, 614, 617, 626, 677 (SBK), 743 (EL), 774, 816, 832, 848, 899, 919, 931, 944, 950, 1004, 1027, 1099, 1158, 1175, 1177, 1179, 1205, 1210, 1229, II 4, 27, 64, 84, 168 (mit Vermächtnis an die Magen), 280 (Arme), 421, 425, 437 (mit zusätzlichem Vermächtnis unter Erlebensbedingung), 451 (Zusatzbestimmung: ghet orer eyn af, so schal die andere mit de ne eigene důn vnd laten, wat hie wil), 465, 466, III 89, 464, 510 (Auflage: Seelgerätsstiftung nach Tod des Verfügenden), 820, 883, 910, 1001, 1099 (Auflage: Seelgerätsstiftung nach Tod des Verfügenden), 1105 (RB Tod des Begünstigten), 1375, 1376, 1454 (SBK), IV 27, 140, 212, 393, 403, an Stadt: I 1091 (Schöffen, Auflage: Hof nach dem Tod des Verfügenden und seiner Frau verkaufen und aus Erlös Seelgeräte stiften), I. 2. c Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. het gegeuen/begauet n. n. sinen hof, syn eygen/etc., myt sulkem vnderschede, dat hes seluen wil gewaldich syn, die wile he leuet, auer vorkopen noch vorgeuen ensal he syn nicht): II 490 I. 3. a Verfügung ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. hevet gegeven/begauete den hof, dat egen oder q. n. sime wiue/n. n. tů irme live): an Abkömmlinge: II 132 (Mönch), 320, III 473 (SBK), 485 (SBK); an Ehefrau: II 104, 139, 170, 231, 235 (EL), 243, 280, 324, 334, 361, 369, III 304, 880 (und Schwägerin, Rückfallklausel), 1221, 1223 (Gegenleistung, Ersetzungsbefugnis), 1310, 1459, 1510, IV 40 (Gegenleistung, Einlösung), 553; an Ehefrau und Abkömmlinge: III 894 (SBK); an sonstige Verwandte: I 570 (Bruder/Schwägerin), 572 (Schwägerin), 577 (Mutter), II 107 (Mutter), 190 (Mutter), 264 (Schwester), 320 (Neffen), III 40 (Mutter), 752 (Mutter), 1252 (EL, Schwägerin); an Schwiegerkinder: I 144 (SB Tod des Sohnes), 458, III 431 (RB); an nicht identifizierbare Dritte: I 68, 93, 94, 100, 137 (EL), 198, 216, 235, 245, 268, 315, 318, 379, 385, 407, 420, 451 (EL), 481, 488, 489, 540, 574, 595, 598, 612, 622, 629, 653 (durch Auflage an Treuhänder), 658, 662, 703 (EL), 725, 736, 737, 753, 759, 760, 812, 818, 854, 857, 877, 881, 925, 939, 941, 947, 957, 1071, 1097, 1123, 1144, 1155, 1162, 1168, 1227, 1231, 1232, 1247, 1250, 1267 (mit Rückerbklausel), 1287, 1296, 1297, 1318 (mit ausdrückl. Anordnung der Haftung der Erben des Verfügenden), 1322, 1324, II 9, 11, 17, 54 (SB EG), 36, 47, 49, 100, 401, 419, 435, 443 (Magd), 457, III 459, 491, 504, 710, 724, 816, 938 (RB), 940, 1081 (SBK), IV 161, 173, 193 (Priester), 251 (EL), 406, 461 (SBK), 488 (Klosterfrau) I. 3. b Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt zu Leibgedinge (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. zu irme libe, die wiele her lebet, so wil he is gewaldich sin): an Abkömmlinge: III 114; an Ehefrau und Abkömmlinge: I 293 (EL); an Ehefrau: II 315; an nicht identifizierbare Dritte: I

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606, 626, 732, 743, 843 (SBK), 868, 956, 1020, 1136, 1138, 1204, II 98 (SBK), 124, 162, III 125, 842, IV 263; an sonstige Verwandte: II 289 (Neffe) I. 3. c Verfügung unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge (sterf n. n., so schal n. n. den hof/dat egen/etc. hebben to sime/ere libe; na sime tode): I 305, 405, 439, 563, 899, 1341, II 401, III 293, 902, 1489, IV 95, 199, 480, 482, 503 (EL, SBK) I. 4. Einzelgutsvermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung (n. n. bekante, were dat hie/sie afginge, so scolde n. n. hebben q. n.): III 906, 1257, 1344, 1357, 1376 (zu Leibgedinge), IV 371, 81, 400 II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. swat he nv hevet vnde immer mer gewint, na sime liue/dode): an Abkömmlinge: I 93, I 94, I 98, I 673 (1/4 allen Guts, Enkel); an Ehefrau und Abkömmlinge: I 85, I 168, I 349, I 398, I 399; an Ehefrau: I 1360 (bei EG zwei Kindesteile), I 1365 (bei EG nur Kindesteil), II 387 (Kindesteil an Frau), an sonstige Verwandte: III 256 (Neffe); an nicht identifizierbare Dritte: I 21, I 87, I 127, I 172, I 820 (Fahrhabe/„Eigentum“), III 999 (Bedingung: kinderloser Tod), III 1214 (Bedingung: kinderloser Tod, die von Todes wegen verfügenden Eheleute wollen bestimmen, an wen der Empfänger das Gut weiterzuverfügen hätte) II. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hevet gegeven n. n. sin gůt, swat he nu hevet vnde immer gewint, dat se důn vnde laten mede, swat so se willen, na sime dode; al de wile auer he levet, so wil he dar mede důn vnde laten, swat so he will): einfach: I 19, I 498, I 710 (Sohn), II 258 (Bruder); an Frau: I 370, I 425, III 18, III 75 (Kindesteil), III 461 (mit Schlusserbeneinsetzung), III 652, III 1195, III 1246 (Frau, Stiefkinder, weitere Kinder – Einkindschaft), III 1323 (Kindesteil), III 1335, III 1341 (Kindesteil), IV 13, IV 299, IV 383, IV 387 (nur Eigen), IV 396, IV 445, IV 507; an Frau, bei Erbengeburt nur Kindesteil (n. n. begauede n. n. alle dat hie nu het vnde vmmer mer wint, seluen wil hie waldich sin, dy wile dat hie leuet; winnen sie kindere, so schal sie kinder diel nemen; winnen sie nicheyne kindere, so schal sie na n. n. dode mit sime gude dun vnde laten, wat sie wil): I 1118, I 1406 (nur Fahrhabe), I 1408, I 1425, I 1439, I 1440, I 1441, I 1442, I 1443, I 1449, I 1451, III 4, III 12, III 65, III 84, III 85, III 218, III 247, III 258, III 272, III 354, III 358, III 447, III 456, III 466, III 490 (mit Vermächtnis zugunsten e. weiteren Kindes), III 531, III 621, III 653, III 780, III 786, III 1052, IV 19, IV 23, IV 26, IV 29, IV 47, IV 332, IV 426, IV 454; an Frau, bei Wiederheirat nur Kindesteil: I 1428; mit Erbenlaub: I 111 II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hevet gegeven/begauete n. n. den hof/dat egen/etc. vnde dar tů, swat he nu hevet vnde immer mer

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gewinne – oder nur: dat he nu hedde/hevet vnde immer gewinnet) ohne Identifizierbarkeit der bedachten Person: I 64, I 66, I 91, I 95, I 99, I 100, I 118, I 121, I 124, I 129, I 148, I 155, I 198, I 210, I 237, I 248 (mit Auflage), I 287, I 332, I 333, I 334, I 497 (alles Eigen und Erbe mit EL, sicher lebzeitig), I 542, I 628, I 697, I 790, I 794 (Silber, Fahrhabe und Hergewete), I 797 (mit Anordnung für den Tod des Vergabenden und den des Begünstigten), I 817 (Eigen), I 845, I 851 (Eigen, auflösend bedingt durch Erbengeburt), I 916 (Eigen, Erbe, Fahrhabe), I 923 (Eigen), I 927 (Fahrhabe und Gerade), I 987 (redemes gut und Fahrhabe), I 1023, I 1030, I 1085 (Fahrhabe, Eigentum, Gerade, Schuld und waz geuen mochte), I 1102, I 1237 (mit Ersatzerbenklausel), I 1272, I 1275, I 1276, I 1277, I 1280, I 1281, I 1298, I 1319 (im Gegenzug für ein Leibgedinge), I 1363 (vnde wat on anirsteruen mach von sime vadere), I 1450 (s. II. 1. b – Nr. 1449), II 13 (mit SBK), II 71, II 366, III 757, III 914 (Fahrhabe), III 969, III 1460, IV 138, IV 471 (gegen lebzeitige Kost); an Frau: I 307, I 327, I 383, I 509 (bei Erbengeburt Geldzuwendung), I 515 (Frau/deren Kinder), I 564, I 569, I 596 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 637 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 647 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 661, I 669, I 686 (Vermächtnis für Kinder), I 708, I 718 (bei Tod Kindesteil), I 742 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 858 (bei Erbengeburt Halbteilung), I 946 (Kindesteil, wenn beim Erbfall Kinder vorhanden sind), I 1050 (bei Erbengeburt Kindesteil, SBK), I 1066, I 1067, I 1075 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1090 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1095, I 1147 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1180, I 1183 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1189 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1235 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1236, I 1238, I 1240, I 1241, I 1260, I 1299 (Kindesteil), I 1310 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1315 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 1325, I 1429 (Gesamtgut an Frau zu Leibgedinge), II 44, II 66, II 72, II 76, II 78, II 83, II 95, II 108, II 110, II 116, , II 359, III 50 (bei Erbengeburt Kindesteil), III 120, III 341, III 455, III 609, III 671, III 731, III 741 (bei Erbengeburt Kindesteil), III 749, III 755 (mit Auflage zugunsten eines Kindes des Vergabenden), III 765 (bei Erbengeburt nur Kindesteil), III 809, III 828, III 832 (ane underscheit), III 953, III 965 (Kindesteil an allem Gut), III 971, III 987 (bei Erbengeburt nur Kindesteil), III 1033, III 1069, III 1201, III 1208, III 1217 (bei Erbengeburt nur Kindesteil), III 1225 (auflösend bedingt), III 1251, III 1312, III 1476 (Gegenleistung, Wiederkauf), IV 10, IV 31, IV 260 (auflösend bedingt durch Errichtung eines Leibgedinges durch den Vergabenden); an Frau und (evtl. künftige) Kinder: I 36 (Erbe, Eigen, Fahrhabe, Kindesteil an Frau), I 181, I 186, I 191, I 247, I 249, I 253, I 268, I 269, I 270, I 274, I 276, I 292, I 316, I 317, I 328, I 335, I 353, I 356, I 366 (bei Kinderlosigkeit ganz an Frau), I 380, I 393, I 394 (Eigen und alle Fahrhabe), I 426, I 447, I 450 (bei Erbengeburt Kindesteil), I 465 (Kindesteil an Frau), I 493, I 500 (letztwillige Einzelzuwendung an die sich von den Kindern trennende Witwe), I 516, I 538, I 541, I 544 (mit SBK), I 551, I 566, I 580, I 586, I 588, I 592, I 648 (letztwillige Einzelzuwendung an die sich von den Kindern trennende Witwe), I 649, I 650, I 668 (Kindesteil nach Tod des Vergabenden, Kinder treten

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an Stelle abgestorbener Kinder, sterben alle Kinder, erbt die Frau allein), I 699 (Frau soll Kindesteil nehmen, SBK für absterbende Kinder), I 721, I 732, I 800, I 807 (Eigen und Fahrhabe, Halbteilung), I 838 (bei Erbengeburt Halbteilung), I 1074, I 1077, I 1150 (verfügt wird über das Gut halb an die Frau und halb an den Sohn, bei Erbengeburt erhalten beide nur einen Kindesteil), II 51, II 65 (bei Erbengeburt Kindesteil), II 86, II 90, III 28, III 573, III 1509 (gesamte Fahrhabe); an (evtl. jetzige und künftige) Kinder: I 119 (mit Ersatzerbenklausel), I 141 (EL), I 177, I 180, I 259, I 273, I 275, I 282, I 284, I 329, I 357 (Tochter/deren Mutter, mit EL), I 520, I 553 (Sohn, Enkel als Schlusserbe), I 554 (Enkel, Vermächtnisse an Söhne/Enkel), I 744 (SBK), I 825 (Eigen, Fahrhabe, Erbe und swaz he begabe mochte an Söhne), I 958 (an Vormund zugunsten der Kinder), I 1330 (Tochter/Schwager), III 57, III 62, III 234, III 651, III 657, III 1432, III 1450, IV 168 (nur Fahrhabe und Gerade); an Mann: I 1201, II 261, III 158, III 159, III 166, III 174, III 196, III 288, III 331 (Erbe, Gerade, Fahrhabe), III 337, III 345, III 478, III 492 (vnde het dat von stad an vd oren geweren laten), III 674, III 740, III 785, III 955, III 960 (Gerade und Fahrhabe), III 1134, III 1191 (Eigen und Fahrhabe), III 1280, III 1467, IV 30, IV 200, IV 327 (ein halbes Eigen), IV 484; an Enkel: III 292 (mit SBK), III 1199; an sonstige Verwandte bzw. definierte Dritte: I 528 (gegenseitig, zwei Nonnen), I 1010 (unter Geschwistern), I 1245 (Bruder), I 1283 (unter Brüdern, mit SBK – Anwachsung), II 50 (Bruder/dessen Kinder), III 117 (Schwiegertochter), III 866 (Brüder), III 1113 (Vetter), III 1304 (Mägde), III 1377 (Gerade und Fahrhabe, Neffen), III 1458 (Stiefsohn), IV 166 (Brüder, Neffe, nur alle Fahrhabe); an Vormund: I 1275; eines Erbteils/Anfalles: I 139, 160 (Verfügung über vom Vater erhaltenen/r Erbes, Eigens und Fahrhabe) 486, 487, 488, 573 (Gegenleistung), 616, 623, 773, 921, 976, 978, 982, 994, 1043, 1129, 1331, 1380, 1387, 1399 (Schwager/Tochter und deren jetzige und künftige Kinder), 1427, II 2, 3, 6, 7, 8, 206 (Anfall, Mann und Kinder), 215, 284, 406, 418, 429, II 439 (Angefelle an Mann), 450 (EL), 460, 474, 477 (Stadt, EL), 478 (EL), 491, 507, 514, 519 (EL, Eviktionsklausel), 522 (EL), 523, 524, 530, III 55, 80, 81, 123, 141, 157, 164, 202, 204, 206, 232, 261, 267, 301, 336, 453, 482, 516, 518, 524, 532, 533, 549, 550 (EL), 566, 627, 644, 649, 667, 714, 730, 766, 767, 799, 983, 1012, 1044, 1123 (EL), 1137 (EL), 1139, 1140, 1163, 1167, 1172, 1215, 1226, 1227, 1241, 1244, 1271, 1299, 1349 (EL), 1361, 1368, 1380, 1389, 1437, 1477 (EL), IV 33 (mit anschließender Investitur), 74 (EL), 297, 310, 311, 334, 421 (EL), 427, 429, 430, 508; eines künftigen Anfalles: I 720, 1188, 1412, 1455, II 186, 214, III 141, 1167, 1244 II. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hevet gegeven/begauet n. n. swat he nv hevet vnde immer mer gewint, al de wile dat (he) aver levet, so wil he sines gůdes geweldich sin/dar ouer wil he herre sin, de wile he leuet): einfach: I 12, 70, 114 (sin erve vnde sin gůt), 120, 135, 150 (jetzige/künftige Kinder), 175 (Fahrhabe), 215 (Frau/Kinder), 217, 256 (Frau/Kinder), 277 (Frau/Kinder), 279 (Söhne/Sohneskinder), 286

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(Frau/Sohn), 388 (Frau/Kinder), 414 (Hof und Fahrhabe, Söhne), 429 (Frau), 432 (Frau, RB EG-KT), 437 (Frau/Kinder), 442 (Frau, RB EG-KT), 473 (Frau/Kinder, Kindesteil an Frau), 494, 495 (Frau/künftige Kinder, Kindesteil an Frau), 496 (Frau/Kinder), 517 (Frau/Kinder, Kindesteil an Frau bei Tod des Verfügenden), 568 (Bruder), 572, 589, 593 (Frau/Kinder), 597 (Frau/Kinder), 619 (jetzige/künftige Kinder), 642 (Tochter), 655 (Frau), 670 (Frau/Kinder mit SBK), 672 (Kinder, mit SBK), 685 (an Kinder, RB Ausstattung, SBK), 687, 692 (Frau/Kinder, Kindesteil an Frau, SBK), 701 (SBK), 702 (SBK), 752 (Fahrhabe an Frau), 781 (Nichte, mit EL), 789 (SBK), 799 (Eigen/Fahrhabe, Frau/Kinder, Wiederverheiratungsklausel), 803 (Kinder, SBK), 806 (Eigen, Frau/Kinder, SBK), 809 (Frau/jetzige/künftige Kinder), 810 (Frau/und Kinder, Kindesteil für die von den Kindern scheidende Witwe), 811 (Söhne), 821 (Eigen, Fahrhabe und was er begaben mochte, Söhne, SBK), 826 (Frau/jetzige/künftige Kinder, Kindesteil an Frau), 829 (Frau/Kinder, Kindesteil an Frau), 852 (Hof an Familie der Tochter, sie wil in der were sie, die wile sie lebet), 855 (Frau, Kindesteil an Frau bei Tod des Vergabenden), 873 (RB EG-KT an Frau), 874 (RB EG-KT an Frau), 882 (Eigen), 886 (Eigen/Fahrhabe), 889 (Frau/Kinder), 893 (Frau/Kinder, Kindesteil an Frau), 896 (Frau/Kinder, Kindesteil an die sich verändernde Witwe), 897 (Eigen/Fahrhabe, Frau/Kinder), 910 (Frau; bleibt Vergabender erbenlos, soll die Frau die Fahrhabe ganz und das Erbe als Leibgedinge erhalten – gewinnt er Erben, soll die Frau die Hälfte erhalten), 924, 929 (SBK), 935 (Frau/Kinder), 936 (Frau, RB EG-KT), 953 (Kinder, SBK), 967 (alles an reder Habe, Enkel), 972 (redemes gut/Fahrhabe), 984 (Frau, RB EG-KT), 995 (Frau, RB EG-KT), 997 (SBK), 998 (Frau, RB EG-KT), 999 (Frau, RB EG-KT), 1015 (Frau), 1016 (Frau, RB EG-KT), 1018 (Frau/Dritter), 1022 (Frau, für den Fall des Todes Geldsumme an die Mutter des Vergabenden), 1029 (Frau/Sohn, RB EG-KT), 1033, 1058, 1062 (Brüder), 1064 (Frau), 1065 (Frau), 1084 (Frau, RB EG-KT), 1092 (Frau zu Leibgedinge, ausführliche Erbfolgeanordnungen), 1103, 1112 (Frau, zu Leibgedinge), 1116 (Frau, RB EG-KT), 1119 (Frau, RB EG-KT, Vorausvermächtnis an Tochter), 1120 (Frau, RB EG-KT), 1124 (Frau, RB EG-KT), 1127, 1137 (Frau, RB EGKT), 1140 (Frau, RB EG-KT), 1141, 1143 (get hie af, so schal sie nemen kinder teil), 1145 (Frau, RB EG-KT), 1152 (Frau, RB EG-KT), 1160 (Frau, RB EG-KT), 1163 (Frau), 1167 (Tochter), 1174 (Frau), 1181 (Frau, SBK), 1187, 1195 (Frau/Kinder), 1200, 1202 (Frau, RB EG-KT, Geldsumme an Mutter des Vergabenden), 1208 (SBK), 1214 (Frau, RB EG-KT), 1215 (Frau, RB EG-KT), 1220, 1222, 1244 (Frau, RB EG-KT), 1249, 1263 (Kindesteil an Frau), 1270, 1284 (Treuhänder), 1285, 1293, 1301 (Frau, RB EG-KT), 1302 (Tochter, mit Schlusserbeneinsetzung), 1316 (Sohn), 1317 (Mutter), 1329 (Frau/Stiefsohn), 1332 (Frau/Kinder), 1334 (Frau/Kinder, Verfügungsvorbehalt bezieht sich allein auf das Haus des Verfügenden), 1335, 1339, 1343 (Schwester und deren jetzige/künftige Kinder, nachdem zuvor ein Urteil über ein ELrecht gesprochen wurde), 1353 (Frau), 1357 (Frau, RB EGKT), 1401 (Frau, RB EG-KT), 1419 (Kirche), 1424 (Frau), 1426 (Ei-

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gen/Fahrhabe), 1433 (Eigen/Fahrhabe), 1444 (Frau), II 1 (Eigen/Fahrhabe, Kinder), II 5 (Söhne, Anwachsung), 88 (Kindesteil an Frau), 99 (Kinder), 126 (Kinder, SBK), 143 (Frau, Fahrhabe/redemes gut), 147 (Kindesteil an Eigen, Erbe und Fahrhabe an Frau), 152 (Eigen, Erbe, Fahrhabe, Söhne, SBK), 179 (Frau, zu Leibgedinge), 195 (Anfall an Mann), 205, 222 (Frau, Kindesteil an Frau), 238 (Frau, Kindesteil an Frau), III 10, 13 (Neffe), 35 (Söhne, s. dazu III 48), 41 (Söhne), 67 (Frau, RB EG-KT), 71 (Frau, bei Erbengburt Kindesteil), 82 (Söhne, SBK), 116 (Frau/Kind, Kindesteil an Frau bei mehr Kindern), 122, 150 (an drei Treuhänder, wur hiet hin ghift, der scollen siet hingheuen, der na alle, dat dar ouerich is, dat scal men gheuen in ghodes ere), 163, 165 (Frau, RB EG-KT), 167 (Frau, RB EGKT), 168 (Mann), 170 (Frau, RB EG-KT), 197, 212 (Frau, RB EG-KT), 269, 305 (Sohn), 363 (Frau, RB EG-KT), 423, 443, 448 (Frau), 463, 519 (Frau, RB EG-KT), 529 (Frau, RB EG-KT), 530 (Frau, RB EG-KT), 535 (Frau), 538 (Frau, RB EG-KT), 547, 553 (Frau, RB EG-KT), 558 (Brüder), 567 (Kinder, SBK), 616 (Sohn), 620 (Frau), 636 (Neffe), 637 (Sohn), 641, 685 (Frau, RB EG-KT), 762, 819 (Frau, RB EG-KT), 821 (Knecht, Fahrhabe), 863, 881 (Frau, RB EG-KT), 896 (Frau, RB EG-KT), 912 (Neffen), 975 (Frau), 976, 1005 (Frau und Nichte zu Leibgedinge), 1126 (Kinder, SBK), 1151 (Frau, RB EG-KT), 1157 (Söhne, Vergabender will nur Vormund des vergabten Gutes bleiben), 1162 (Frau, RB EG-KT), 1171 (Kindesteil an Frau), 1219 (Söhne, SBK), 1246 (Frau, Stiefkinder), 1273 (Frau), 1310, 1345 (Frau, RB EG-KT), 1430 (Kindesteil an Frau), 1462 (Frau, RB EGKT), 1491, 1507 (Tochter, SBK), IV 28 (Bruder), 35, 81, 273 (Frau, RB EG-KT), 275 (Frau, RB EG-KT), 290 (Frau, Fahrhabe), 337 (Mann), 478 (Frau), 528 (Frau, RB EG-KT), 531 (Brüder, Eigen, Fahrhabe, gereites Gut) II. 3. a gegenseitige Verfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. vnde sin husvrowe heben undergiftiget ir god [oder: n. n. hevet gegeven sime wiue dat he nu het vnde immer mer gewint; dat selue heve siv gedan tů geliker wis oder: hebben siek begauet vnder eynander], se wellic ir des andern dod leuet, dat das des andern sin oder: na sime dode): einfach: I 52, 74, 82, 122, 233 (RB EG/KT), 359, 786 (stiruit sie, so ist iz sin, stiruit he, so ist iz ire; steruen sie beyde, so ist iz der eruen), 996, 1093 (get or eyn af, so salt des des andern sin), 1358/1359 (s. II. 3. c), III 181/182, 392/393, 670, 702/703, 968 (welk orer er afghet, so sal dy andere behalden, wat sie hebben), 991 (welk orer er afghet, so schal dy andere mit deme gude důn vnd laten, wat hie wil), 1079 (RB EG/KT), 1159/1160 (mit Verfügungsvorbehalt des Mannes), 1166 (RB EG/KT), 1173, 1193 (RB EG/KT), 1213, 1272, 1286, 1346 (RB EG/KT), 1357, 1363, 1409, 1414/1415, 1416/1417, 1472, 1482, IV 44, 45/46, 57 (mit Auflage an den Mann, nach dem Tod der Frau deren Eltern zu alimentieren), 59 (mit Auflage an den Längstlebenden, die Tochter des Mannes zu alimentieren), 97/98, 103, 109 (mit Verfügungsvorbehalt des Mannes), 110, 111/112/113, 120, 129, 146, 154, 178, 207 (nur Fahrhabe), 219, 233, 248, 270, 295, 314, 338, 342, 348, 370, 372,

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378, 382, 389, 395, 400, 422, 485, 489, 492, 496, 512, 520, 525, 529, 542 (Eigen, Fahrhabe, Retschaft), 543, 544, 562, 563, 579, 583; mit Verfügungsvorbehalt des Mannes, bei Erbengeburt nur Kindesteil an Frau (n. n. begauede n. n., siner husvruwen, alle dat hie nu het vnde vmmer mer wint; seluen wil he waldich sin, dy wile dat hie leuet; winnen sie kindere, so schal sie kinder diel nemen; hebben sie nicheyne kindere, so schal dy vruwe na n. n. dode mit dem gude dun vnde laten, wat sie wil – n. n. begauede n. n., orme werde, alle dat sie nu het vnde vmmer mer wint): I 1371/1372 (ohne Kindesteilbeschränkung), 1376/1377, II 520/521 (ohne Vorbehalt), III 1/2 (ohne Vorbehalt), 179/180 (ohne Vorbehalt), 185/186, 208/209, 215/216, 222/223, 248/249, 250/251, 254/255, 274/275, 280/281, 286/287, 308/309, 323/324, 325/326, 332/333, 334/335, 360/361, 376/377, 385/386, 559/560, 561/562 (ohne Kindesteilbeschränkung), 564/565 (ohne Kindesteilbeschränkung), 574/575, 588/589, 664/665, 676, 679/680, 683/684, 1074/1075 (ohne Kindesteilbeschränkung), 1082/1083 (ohne Kindesteilbeschränkung), 1142, 1218, 1220, 1290/1291 (ohne Vorbehalt, generell nur Kindesteil), 1362 (generell nur Kindesteil an Frau), 1438 (ohne Vorbehalt), 1452, 1470/1471, 1475, 1487/1488, 1501 (ohne Kindesteilbeschränkung), IV 21 (ohne Vorbehalt), 53 (ohne Vorbehalt), 186, 192 (ohne Vorbehalt, nur Fahrhabe), 230 (ohne Vorbehalt), 247 (ohne Vorbehalt), 293 (ohne Vorbehalt), 304, 305, 308, 312, 313, 315 (ohne Kindesteilbeschränkung, nur Fahrhabe), 328, 329 (ohne Vorbehalt), 331 (ohne Vorbehalt), 333, 335 (ohne Kindesteilbeschränkung), 340 (ohne Vorbehalt), 343 (ohne Vorbehalt), 344 (ohne Vorbehalt), 355 (ohne Vorbehalt), 356 (ohne Vorbehalt), 367 (ohne Vorbehalt), 368, 371 (ohne Vorbehalt), 374 (ohne Vorbehalt), 375 (ohne Vorbehalt), 379 (ohne Vorbehalt), 443 (ohne Vorbehalt), 455, 460 (ohne Vorbehalt), 487 (ohne Vorbehalt), 491 (ohne Kindesteilbeschränkung), 521, 546 (ohne Vorbehalt), 578 (Eigen, Erbe, Fahrhabe, Gerade, Retschaft und alles), 581, 582 II. 3. b gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. heuet begauet siner husvrowen, swat he nv heuet vnde imber mer gwint, vnde sie ime weder – oder: begauet ir ein dem anderme): I 13, 161 (und Kinder), 162 (und Kinder), 174 (und Kinder), 194, 222, 322, 325, 419, 508, 1026, 1056/1057, 1192/1193, 1291, 1304, 1320/1321, 1337/1338 (jetzige und künftige Fahrhabe), 1422/1423 (Erbe, Fahrhabe und alles, was vor Gericht vergeben werden kann), II 125 (Fahrhabe), 217/218, 394/395, III 367/368, 555/556, 578/579, 639/640, 642/643, 705/706, 800/801, 805/806/807, 961/962, 963/964, 966/967, 1045/1046, 1315 II. 3. c gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. vnde n. n. begaueten sich vnder eynander, swat se nu hadden vnde immer mer gewinnen, n. n. de wil gewaldich sin, de wile he/se leuet): einfach I 1036 (gewinnen se kindere, swelic er er sterbet, so sal it des anderen sin mit den kinderen), 1038, 1039 (swelic ir er sterbet, so sal it des anderen sin vnde orer beyder kinder), 1126 (stirbit or eyn, so sal iz vallen up den andern), IV 211; aufgeteilt auf zwei verschiedene Einträge

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(Mann, Frau): I 1358/1359 (s. II. 3. a), 1389/1390 (mit Ausnahme des Gutes der Frauenkinder), 1402/1403 (RB EG/KT), 16/17, 32/33, 37/38, 155/156 (RB EG/KT), 171/172 (RB EG/KT), 192/193 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, RB EG/KT), 200/201, 210/211 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, RB EG/KT), 227/228 (Verfügungsvorbehalt des Mannes), 263/264, 294/295 (Verfügungsvorbehalt des Mannes), 521/522 (Verfügungsvorbehalt des Mannes), 539/540 (Verfügungsvorbehalt des Mannes ist beschränkt auf echte Not, Frau behält sich sechs Mark als Eigengut vor), 583/584, 596/597 (RB EG/KT), 658/659, 711/712 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, RB EG/KT), 770/771 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, RB EG/KT), 772/773, 775/776 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, RB EG/KT), 796/797 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, RB EG/KT), 813/814 (Verfügungsvorbehalt des Mannes, Frau verfügt künftig anfallende Erbteile) II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügungen unter Erlebensbedingung: I 656, 665, 1000, III 320/321 (Vettern mit Verfügungsvorbehalt), 513, 662/663 (Brüder, mit Verfügungsvorbehalt, RB EG), 1276 (mit Verfügungsvorbehalt, RB EG) II. 4. a Verfügungen einer Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. begauete n. n. den q. n. del an sinem/eren houe/egen/etc. na sineme/ereme dode): I 323 (Kindesteil an Ehefrau), 324 (Dritteil, an die Frau des Begünstigten zu Leibgedinge), 370 (falls die Witwe sich von den Kindern sondern will: Kindesteil) II. 4. b Verfügungen einer Vermögensquote ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. begauete n. n. den q. n. diel an sinem/eren houe/egen/varnden haue; seluen wil her/sie waldich sin, die wile dat he leuet): III 546 (mit Auflage an die Begünstigte, Schulden und Seelgeräte nach dem Tod des Vergabenden aus diesem Teil mit zu begleichen), IV 142 (1/3 Eigen, 1/3 Erbe, 1/3 Güter, 1/3 Fahrhabe an die Frau), 147, 369 (Leibgedinge) II. 4. d Verfügungen einer Kindesteilsquote (n. n. begauete n. n. kinder diel an alle sime gude): I 1086 (mit Verfügungsvorbehalt), 1094 (mit Verfügungsvorbehalt), III 557, 1257, 1344, 1473 (mit Verfügungsvorbehalt), IV 36 (Frau, na syme dode an allen synen guderen, de he hinder sik liet), 133 (an Fahrhabe), 164 (für den Fall des kinderlosen Todes des Erblassers erhält die Frau die Hälfte des gesamten Vermögens), 240 (für den Fall des kinderlosen Todes des Erblassers erhält die Frau alle Güter), 253 (ausdrckl. unter Erlebensbedingung), 280 (mit Verfügungsvorbehalt), 307 (zu Leibgedinge), 408 (mit Verfügungsvorbehalt), 412 (mit Verfügungsvorbehalt), 486 (mit Verfügungsvorbehalt), 500 (mit Verfügungsvorbehalt), 557 (mit Verfügungsvorbehalt) III. Varia III. 1. Verzicht von Erbberechtigten (n. n. de hevet vertegen) an Erbe: I 16, 21, 107, 123, 149, 156, 187, 195 (EL), 197, 229 (EL), 246, 252, 255 (EL),

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260, 283, 306, 369, 502, 514, 529, 533, 534, 537, 543, 558 (EL), 565, 581, 689, 698 (auflösend bedingt durch erbenlosen Tod der durch den Verzicht Begünstigten), 706, 713, 740, 747, 763 (EL und SBK), 771, 772 (EL), 790 (an Leibzucht), 791, 804, 814, 895, 922, 932, 942, 954, 962, 969, 970, 979, 981 (EL), 983, 988, 993, 1008, 1042, 1044, 1049, 1052, 1060, 1080, 1087, 1089, 1096, 1100, 1106, 1108, 1109, 1130 (gegen Gegenleistung der durch den Verzicht begünstigten Erben), 1156, 1166, 1176, 1178 (?), 1184, 1190, 1199, 1203, 1204, 1228, 1233, 1239, 1243, 1246, 1255, 1258 (auflösend bedingt durch den Tod der durch den Verzicht Begünstigten), 1265, 1266 (auflösend bedingt durch den Tod des durch den Verzicht Begünstigten), 1261/1262 (gegenseitig unter Geschwistern, befristet auf Lebenszeit), 1303, 1307, 1333 (mit Anerkenntnis eines Leibgedinges), 1336, 1356, 1400, 1411, II 28, 34, 37, 52, 60, 70, 80, 97 (gegenseitig), 117 (an Eigentum), 133 (an Leibzucht), 137, 149, 175, 198, 203, 204, 229, 256, 308, 309, 310, 358, 368, 384, 391, 432, III 19, 63, 109, 162, 225, 266, 284, 313, 375, 426, 498, 518, 542, 585, 604, 633, 635, 725, 879, 1014, 1064 (EL), 1066, 1118, 1129, 1130, 1140, 1145 (EL), 1163, 1167, 1241, 1244, 1369, 1401, 1418, 1424, 1451, 1453, 1486, IV 32, 58, 65, 79, 84, 134, 135, 184, 232, 252, 265, 317, 349, 352, 364, 377, 385/386, 434, 458, 490, 545, 550; an Verfügung: I 535, 734, 749, 750, 802, 846, 894, 938, 961, 986, 1001 (und künft. Erbe), 1005, 1009, 1014, 1032, 1045, 1046, 1047, 1061, 1073, 1101, 1185, 1211, 1212, 1216, 1225, 1226, 1308, II 101, 128, 164, 193, 225, 354, 396 (an Leibzucht), 463, 508, III 451, 549, 577, 654, 795, 818, 824, 856, 1136, 1282, 1512, IV 137 (kombiniert mit Rückverfügung an die Frau des ursprünglichen Gebers), 255, 266, 278, 317, 377, 420 (an Leibgedinge), 526 (an Leibgedinge), 573 III. 2. Anordnungen von Auflagen an die Erben (Zahlung einer Rente an die Witwe, die sich von den Kindern trennen will): I 253, I 256, I 269, I 276, I 284, I 301, I 332 III. 3. Einspruch gegen eine Verfügung (n. n. wederredete die gabe, die n. n. begabet hatte/gaf): I 784, 960, 965, 966, 968, 1003, 1072, 1076, 1081 (binnen Jahr und Tag), 1125, 1149, 1151, 1171, 1219, 1252, 1295, 1305, 1309, 1405, 1435, II 16, 19, 23, 26, 46, 85, 114, 160, 389, 444, III 34 (s. dazu III 39, 44), 47, 48 (s. dazu III 35), 56, 61, 66, 106, 119, 133, 194, 213, 282, 339 (s. dazu III 320/321), 374, 457, 545, 568, 593, 600, 623, 645, 669, 687, 732, 810, 893, 978, 1023, 1062, 1067, 1125, 1224, 1465, 1481, IV 67, 175, 180 (Kraftloserklärung in IV 188), 246, 380, 479, 495, 501, 502, 518 (mit gleichzeitiger Kraftloserklärung), 522, 558 (Rücknahme eines Widerspruchs) III. 4. Genehmigung einer Verfügung (n. n. vulborde die gaue, die n. n. gegeuen hadde): II 491, III 1065 (mit EL), 1071, 1127, 1189, 1226, 1227, 1309, IV 493

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III. 5. Widerruf einer Verfügung durch den Verfügenden selbst (n. n. nam af die gaue, die her geben hatte n. n.): I 1079

6. Die Schöffenbücher von Zerbst 9 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dedit/dimisit n. n. illud (q. n. marcas, bona, hereditas sita, domum) post mortem): 1323 1, 2, 4, 5 (Anfall), 6, 1324 16, 53, 1326 24, 25, 49, 1330 1, 77 (Erbverzicht als Gegenleistung), 1331 38, 81, 1334 9, 12 (Begünstigte soll keinen Anteil an den Schulden haben), 18, 108, 123, 1336 20, 43, 1337 28, 48, 1338 3, 25, 1343 70, 198, 1346 66, 67, 1347 55, 1350 85 (Kirche), 87 (Kirche), 1351 1, 1352, 28 (Kirche aus Morgengabe, Auflage an Erben, die Verfügung zu vollziehen), 1353 43, 1356 59, 122 (SBK), 1357 2, 115, 152, 188, 205, 215, 217, 227, 258, 285, 1358 1, 11, 31, 1360 53, 56, 68, 112, 175, 180, 1399 41, 97 (Kirche), 98 (Kirche), 153, 1400 69, 101, 123 (Mönch) oder (n. n. dedit/dimisit n. n. marcas/hereditas sita/domum quid eorum diucius vixerit optinebit): 1324 4, 8, 9, 10, 17, 54, 55, 57, 64, 74, 76, 84, 85, 86 (RB EG, Halbteilung)10, 89, 90, 93, 103, 104, 109, 1325 5, 26, 27, 38, 54, 80, 1326 3, 11, 12, 14, 36, 44, 47, 48, 56, 65, 71, 76, 102, 109, 1329 26, 40, 43, 45, 69, 82, 83, 105, 111, 115, 120, 136, 1330 9, 11, 12, 19, 20, 67, 72, 1331 2, 8, 9, 10, 11, 24, 26, 27, 39, 43, 47, 59, 63, 68, 69, 75, 82, 95, 1332 7, 21, 23, 35, 40, 42, 46, 62, 69, 70, 1333 10, 26, 66, 69, 1334 25, 86, 1335 43, 1337 32, 36, 53, 68, 1338 7, 28, 46, 90, 1343 44, 1349 67, 1354 51, 1356 58, 1358 23 I. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit illud – q. n. marcas, domum etc. – n. n. post mortem suam. Dicte donacionis ipse erit compos, quam diu vixerit, ad dandam eam vel ad optinendam – oder: post mortem suam, ita, ut non impedient eum, si eam vendere voluerit, cum adhuc vivit): 1325 65, 76, 1335 56, 1400 159 (EL, mit Rückfallklausel für den Fall des Todes des Begünstigten) I. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. illud post mortem suam, in vita vero sua vult per se uti bonis suis) 1334 98 I. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit/dimisit n. n. illud – bonum, hereditas sita, marcas: 1323 3 (Verpfändung), 1324 3, 5, 6, 7, 11, 9 10

Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen. Hier dürfte der konkret benannte Verfügungsgegenstand das gesamte Vermögen ausgemacht haben.

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12, 13 (Anfall), 14, 15, 20, 21, 22, 23, 25, 27, 28, 29, 30 (Anfall), 31, 33, 34, 35, 36, 37, 40, 41, 45, 46, 47, 48 (Seelgerät), 49, 50, 51, 52 (Anfall), 56 (Verpfändung), 58, 59, 60 (Verpfändung), 61 (Anfall), 65, 66, 68 (Anfall), 72, 73, 75, 77, 78, 79 (Sicherungsübereignung), 80, 81 (Ersatzerbenklausel: si aliquis puerorum moritur, tunc illis, qui vivunt, cedit adhuc illa pecunia), 83, 88 (Anfall), 91, 92, 94, 95, 96, 97, 98 (Anfall), 99, 100, 101, 105, 106, 107, 108, 110, 111, 1325 1, 2, 3, 4, 8, 9, 11, 14, 16, 20, 21, 22, 23 (Anfall), 28 (Anfall), 32, 33, 35, 36, 37, 39, 41, 43, 44, 45, 46, 47, 48 (Verpfändung), 49, 50, 51, 52, 55, 57, 58, 59, 60, 61, 63, 66, 67, 68, 69, 71, 72, 73, 75, 78, 79 (Anfall), 82, 83, 84, 85, 86, 1326 1, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 13, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 27, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 37, 38, 39, 40, 41, 43 (Verpfändung), 45, 46, 52 (Anfall), 53, 58 (Verpfändung, Weitererb- und Rückfallklausel), 59 (Verpfändung), 63, 66, 67, 68 (Verpfändung), 70 (Verpfändung), 72, 73, 74, 75, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 86, 88, 89, 91, 94, 95, 100, 104, 108, 110, 1327 1, 3 (Verpfändung), 4, 5, 6, 9 (Anfall), 10 (Anfall), 11, 12 (als Gegenleistung), 13, 15, 17, 1328 2, 3 4, 5, 1329 1, 2, 6, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 16, 17, 18, 20, 22, 23 (Anfall), 24, 25, 27, 28, 29, 30, 31, 37, 41, 42, 44, 46, 47, 49, 50, 51, 52 (Anfall, EL), 53, 56, 58, 59, 60, 61 (Anfall), 62, 63, 64, 67, 68, 70, 71, 74, 75, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90 (Anfall), 91, 92, 99, 100, 101, 106, 107, 108, 109, 112 (Anfall), 113, 114, 117, 118, 119, 121, 124, 125, 127 (Verpfändung), 130, 131, 133 (Weitererbklausel), 134, 137, 138, 139, 140, 143, 144, 147, 148, 152 (Anfall), 153, 155 (Verpfändung), 156 (AO für den Fall des Todes des Begünstigten), 161, 162, 164, 166, 167, 1330 2, 6, 8, 13, 18, 21, 23, 24, 25, 27, 28 (Verpfändung), 30 (Verpfändung), 32, 33, 34, 36, 37, 38, 39, 44, 45 (SBK), 47, 48, 51, 52, 53, 55, 61, 65, 66, 68, 71, 73, 74, 1331 3, 5, 6, 7, 13, 20, 25, 28, 29, 30, 31, 32, 35, 37, 44, 46, 48, 51, 53 (Verpfändung), 55, 57, 58, 60, 61, 64 (SBK), 65 (SBK), 66, 67, 70, 72, 76 (Anfall), 78, 83, 85, 88, 89, 91 (Anfall), 92, 94, 96, 97, 98 (Anfall), 99 (Verpfändung), 100 (Verpfändung), 1332 1, 2, 3, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 19, 22, 24, 25, 27, 29, 32 (SBK), 34, 37, 39 (Verpfändung), 41, 45, 47 (SBK), 48 (SBK), 49, 50, 51, 52, 53, 54 (mit SBK), 55, 56, 57 (Verpfändung), 58, 60, 61, 63, 64, 65, 73, 74, 75, 76, 77, 79 (Weisungsrecht e. Dritten), 81, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 1333 1 (mit der Auflage an die Begünstigte, das Erbgut mit ihren Kindern zu teilen), 2, 3, 4, 5, 7, 12, 13, 16, 19, 25 (Anfall), 27, 28, 31, 32, 34, 35, 36, 37, 39, 44, 45, 48, 49, 51, 52, 53, 54, 56, 57, 58, 60, 62, 67, 68, 1334 1 (Verpfändung), 4, 7 (Gegenleistung), 13, 14, 15, 16, 20, 21, 24, 25, 29, 32, 34, 38, 39, 40, 41, 43 (Hergewede), 45 (wie 1332 79/80), 46, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 61, 63, 64, 65, 66, 67, 69, 70, 71, 72, 73 (wohl EL), 77, 79, 81, 82, 83, 84, 85, 87, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 103, 105, 109, 112, 113, 114, 115, 116, 118 (wie 1332 79/80), 119 (Anfall), 120, 122, 1335 4 (Kirche), 5, 9 (Anfall), 16, 17, 20, 21, 22 (mit SBK), 23 (cum omnibus pueris), 24 (cum omnibus pueris), 25, 28 (Verpfändung), 30, 31, 32, 33, 34, 35, 40 (Verpfändung), 41, 42, 44, 45, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54 (mit Anordnung über die Geschosszahlung), 55, 58, 59, 60, 61

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Anhang

(Anfall), 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 71, 73, 74 (Verpfändung), 75, 76, 77, 81, 1336 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 13, 17, 18 (SBK), 19, 21, 22, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 37, 38, 39, 40, 41, 44, 45, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 56, 57, 58, 59, 62, 63, 64 (Verpfändung), 70, 72, 73, 74, 78, 79, 80, 82, 1337 8, 10, 11, 12, 13, 15, 16, , 17, 18, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 30, 34, 37, 38, 39, 45, 46, 47 (SBK), 50, 51, 54, 55, 56, 58, 59, 60, 61, 63, 64, 66, 67, 69, 72, 74, 76, 78, 79, 80, 82, 83, 86, 87, 88, 90, 1338 4, 5, 8, 9, 10, 12, 14, 15, 16 (RB EG, Halbteilung) 17, 18 (SBK), 19, 20, 21, 23, 24 (Verpfändung), 26 (Ersatz- und SBK), 29a, 30, 32, 34, 37, 38, 40, 42, 43 (Ersatz- und SBK), 44, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56 (mit den Söhnen), 57, 59, 60, 61, 62, 65, 67, 69, 71, 72, 73, 78 (Verpfändung), 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86 (SBK), 88, 91, 92, 94 (Verpfändung), 95, 96, 98, 99 (Seelgerät), 101, 102, 103, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 121, 122, 123, 124 (Ersatz- und SBK), 127, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135 (Ersatz- und SBK), 138, 139 (SBK), 140, 141, 142, 144, 146, 147, 148, 149, 152, 153, 156 (Verpfändung), 157, 1340 1, 3, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 36, 37, 38, 39, 40 (Anfall, mit den Söhnen), 41, 43, 44, 46, 48, 49, 50, 52, 53, 54, 56, 60, 62, 64 (Begründg. einer Gesamthand), 65, 66, 67, 68, 69, 71, 72, 73, 75, 78 (Verpfändung), 80, 81, 82, 83, 84, 85, 87, 88 (Weiterverfügung quod dicitur makeleve), 105, 106, 107, 108, 109, 111, 114, 116, 117, 119, 121 (Verpfändung), 124, 1341 1 (mit Genehmigung der Eltern), 2, 3, 5, 7, 8, 11, 14, 17, 18 (Verpfändung), 20, 21, 23 (mit Auflage an den Begünstigten, bei Verkauf des verfügten Gutes an Dritte zu zahlen), 25, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 39, 41, 43, 46, 1342 4, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 19, 20, 21, 22, 25, 26, 27, 29, 31, 34, 36, 37, 38, 40, 41, 42, 47, 1343 1, 2, 3, 4, 6, 7, 9, 10, 11, 13, 16, 17, 18, 19, 21, 23, 24, 25, 26, 27, 29 (Verpfändung), 31, 32, 33, 34, 36, 37, 40, 41, 42, 45, 46, 48, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 66, 67, 68, 69, 72, 73, 75, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 92, 94, 95 (Verpfändung), 97, 98 (an Treuhänder zug. e. Kindes), 99, 100, 101, 102, 103, 108, 111, 113, 114, 116, 117, 118, 119, 121, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 130, 134, 135, 136, 138, 139 (Treuhänder), 140, 142, 143, 148, 151 (Gegenleistung), 152, 155, 156, 157, 160, 161, 163, 164, 165, 167, 169, 170, 171, 172, 173, 175, 179, 180, 182, 183, 185, 186, 187, 188, 190, 191, 193, 194, 196, 197, 199, 201, 202, 204, 205, 1344 1, 4, 5, 7, 8, 10, 11, 12, 14, 15, 16 (Anfall), 17, 20, 23, 24, 27, 30, 32, 33, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 44, 45 (SBK), 47, 48, 49, 51, 1345 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 15, 16, 18, 21 (Verpfändung), 22, 23, 26, 27, 28, 30, 34, 35, 36, 40, 41, 42, 44, 48, 49, 53, 54, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 70, 71, 76, 78, 81, 82, 83 (Verpfändung), 84, 85, 86, 88, 89, 90, 91, 92, 94, 95, 1346 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 16, 17 (SBK), 22, 23, 24, 25, 26, 28, 30, 31, 33, 36, 38, 39, 41, 42, 43 (Verpfändung), 44, 46, 48, 53, 55, 56, 59, 62, 65, 69, 71, 72, 73 (Verpfändung), 75, 76, 77, 78, 79, 1347 1, 2, 3, 4 (künftiger Anfall), 11, 14, 16, 18, 22, 23, 26, 33, 36, 37,

Anhang

691

38, 39, 42 (Verpfändung), 43, 44, 45, 46, 50, 51, 53, 57, 58, 59 (Verpfändung), 60, 64, 68, 72, 73, 74, 75, 77, 79, 80, 82, 85, 91, 93, 95, 96, 97, 99, 100 (Verpfändung), 101, 102, 103, 104, 107, 108, 109, 1348 2 (Verpfändung), 3, 4, 5, 7, 11, 13 (Verpfändung), 14, 16, 17, 19, 22, 23, 24 (Anfall), 25, 26, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 41, 43 (Anfall), 51 (Verpfändung), 52, 53, 54, 55, 56, 57, 61, 62, 63, 67, 69, 72, 74, 75, 76 (Gegenleistung), 77, 79, 80, 85, 86, 1349 1, 3, 4, 9, 10, 11, 14, 16 (Gegenleistung Altenteil), 18, 21, 22, 24, 26, 27, 28, 30, 31, 32, 33, 37, 38, 40, 41, 43, 45, 46, 47, 48, 52, 53, 54, 56, 57, 58, 63, 64, 65, 66 (Verfügung eines Pfandes), 68, 69, 70, 71 (Verfügung einer donatio), 73, 79, 80, 81, 82 (Verfügung einer donatio), 85, 86, 89, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 100, 101, 1350 1 (Verfügung einer donatio), 2, 3, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 18, 19, 21, 24, 25, 26, 29, 32, 34, 35, 36, 37, 38, 40, 41, 42, 45, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 57, 58, 59, 60 (Gegenleistung), 61, 62, 63, 65, 68, 74, 81, 82 (Kirche), 89, 90, 91, 96, 98, 100, 101, 104 (Gegenleistung), 115, 116 (Gegenleistung), 123, 125, 1351 5, 10, 18, 21, 23, 27, 30a, 31, 32, 33 (Gegenleistung), 36, 37, 38, 42, 43, 45, 47, 50, 55, 57, 58, 60, 61, 65, 68, 75, 76, 78 (Gegenleistung), 79, 81, 83, 84, 87, 90, 92, 96, 98, 99, 102, 103, 104, 106 (Verpfändung), 107, 111, 112, 114, 119, 121, 123, 131, 134, 136, 137, 138, 141, 142 (Gegenleistung), 146, 151 (Gegenleistung), 153, 159, 162 (Gegenleistung), 165, 167, 168, 1352 1, 2, 7, 10, 11, 12, 13, 16 (Anfall), 19, 20, 21, 22, 24, 25, 26, 29, 31, 32, 33, 36, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46 (Gegenleistung), 47, 53 (SBK) 54, 57 (von Vormund an Vormund), 58, 59, 60, 62, 63 (Anfall), 64, 65, 70, 73, 77, 79, 80, 81 (Verpfändung), 83, 84, 85, 86 (Anfall), 87 (Anfall), 88, 89, 1353 1, 3, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 17, 24, 25, 26, 29 (Gegenleistung), 30 (Seelgerät), 34, 36, 37, 39, 40, 41 (Anfall), 42 (Anfall), 44 (Verpfändung), 45, 48, 50, 51, 52, 53, 54 (Verpfändung), 55, 57, 58, 59 (Verpfändung), 61 (Verpfändung), 62 (Verpfändung), 63 (Verpfändung), 64 (Verpfändung), 66, 67, 68, 70, 73, 74, 75, 76, 79, 80, 84, 85, 86, 87, 91, 93, 94, 96, 97, 98, 99, 102, 103, 104, 105, 107, 108, 110, 112, 113, 114, 115, 116 (Begünstigter darf das verfügte Grundstück nur mit Einwilligung der Söhne verkaufen), 117, 118 (Anfall), 120 (Gegenleistung), 121, 122 (Gegenleistung), 1354 1, 2, 3, 4, (Gegenleistung), 5, 6, 7, 10, 13, 14, 15, 16 (Anfall), 19, 20, 22, 23 (Gegenleistung), 24, 25, 27, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 42, 43, 45, 47, 50, 53, 56, 58, 59 (Gegenleistung), 60, 61, 62, 63, 64, 65, 68 (SBK), 69 (Weiterverfügung), 72, 76, 77, 78, 79, 90, 84, 85, 86, 87, 90 (Weiterverfügung), 91 (Gegenleistung), 92, 93, 94, 1355 2, 3, 4, 6, 7, 10 (Verpfändung), 11, 12, 14, 15, 16, 17, 19, 21, 22, 23, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 35, 36 (Anfall an Treuhänder), 37 (Anfall), 38, 39 (Gegenleistung), 40, 41, 42, 43, 45, 46, 47, 49, 50, 53, 54, 55, 56, 57 (Anfall), 58, 59, 60, 65, 68, 71, 72, 76, 77, 78, 79, 81, 82, 83, 85, 88, 89 (Gegenleistung), 90, 91, 92 (Gegenleistung), 93, 95, 98, 99, 1356 3, 7, 8, 11, 12, 18, 21, 23, 24, 25, 27, 30, 33, 34, 35, 37, 38 (Verpfändung), 39, 40 (Verpfändung), 41, 43, 45, 46, 47, 48 (d-v-K), 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 57, 62, 63, 64, 66, 69, 70, 72, 75, 76, 77, 78a, 79,

692

Anhang

80, 81, 82, 84, 85, 86, 87, 89, 93, 94, 95, 99, 100, 102, 104, 105, 109, 110, 112, 116, 117, 120, 121, 123, 124, 125, 130, 131, 1357 6, 7, 8, 11, 14, 17, 21, 24 (Gegenleistung), 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32 (Gegenleistung), 33, 34, 36, 37, 38, 39, 40, 43, 44, 46, 47, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 75 (SBK), 76, 78, 79, 80, 82, 87, 88, 89, 91, 92 (Anfall), 95, 97, 98, 101, 102, 107, 116, 118, 119, 120, 122 (Gegenleistung), 123 (Gegenleistung), 129, 131 (Gegenleistung), 134, 135, 137, 143, 145, 149, 150, 156 (Gegenleistung), 159 (Gegenleistung), 160, 162, 168, 170, 172, 173 (Anfall), 176, 178, 179, 180 (Treuhänder), 182, 184, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 196, 197, 198 (Gegenleistung), 201, 203 (Anfall), 206, 207, 208 (Anfall), 220, 221, 224, 225, 226, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236 (Gegenleistung), 237 (Gegenleistung), 238, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 250 (Gegenleistung), 253, 254 (Gegenleistung), 259, 260, 261 (Gegenleistung), 262 (Gegenleistung), 266, 267, 268, 270, 271, 273, 274, 275, 277, 278, 279, 280, 286, 289 (Treuhänder mit Anordnung, dass der Begünstigte vor seinem Tod die Hälfte des verfügten Guts als Seelgerät vergibt), 291, 293, 294 (Gegenleistung), 296, 298, 301, 1358 3, 4, 5, 7, 14, 15, 16, 20, 21, 22, 24, 26, 27, 30, 35, 36, 38 (Gegenleistung), 41, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 50, 52, 53, 55, 56 (Gegenleistung), 57, 59 (Verpfändung), 1359 1 (Anfall), 7 (Anfall), 8, 11, 12, 13, 14, 15, 21, 22, 23, 24, 25, 27, 30 (Anfall), 31, 33, 34, 36, 38 (SBK), 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47 (Anfall), 48, 49 (Anfall), 52, 54, 56, 59, 60, 62, 63, 64, 65, 66, 70, 72, 74 (Gegenleistung), 76, 77, 78 (Anfall), 79, 80, 81, 82, 86, 87, 89, 91 (Anfall), 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100 (Gegenleistung), 101 (Gegenleistung), 102, 103, 105, 107, 110 (Gegenleistung), 111, 112, 113, 115 (Anfall), 117, 119 (Gegenleistung), 121, 125 (Anfall), 127, 128a, 129 (Verfügungsvorb. 3 Mark), 131, 132, 133, 135, 136, 138 (Gegenleistung), 139, 140, 141, 142, 143, 144 1360 1, 4, 5, 7 (SBK), 10, 12, 14, 16 (Anfall), 18 (an Kirche mit Rückvorkaufsrecht), 19 (Rückverfügung), 20 (SBK), 22, 25 (Rückverfügung), 28, 29, 33, 34 (Gegenleistung), 35 (Gegenleistung), 36, 37, 40, 41 (Anfall), 45, 46, 48, 51 (Gegenleistung), 52 (Anfall), 54, 55, 58, 60, 62, 64, 65, 66, 67, 69 (Weiterverfügung), 70, 71, 72 (Gegenleistung), 73, 74, 75, 76, 78, 79, 83, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 95, 96, 97, 98, 99, 100 (Gegenleistung), 101, 104 (Anfall), 105, 107, 109, 110, 111, 113 (Gegenleistung), 114, 115, 117, 118, 119 (Anfall), 120, 121, 122, 123, 125, 126, 128 (Anfall), 130, 132, 133 (Anfall), 135, 139, 140, 141, 142 (Anfall), 145, 146, 147, 148, 149, 150, 153 (Gegenleistung), 155, 156, 157 (Gegenleistung), 159, 161 (Gegenleistung), 162, 164, 165, 167 (SBK), 170, 172 (Anfall), 174, 177, 181, 182, 183, 186, 189, 191, 192, 193, 194 (Gegenleistung), 195, 196, 197, 198, 201, 203, 204, 206, 1361 1, 3, 4 (Gegenleistung), 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13 (Gegenleistung), 15, 16, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 (Gegenleistung, SBK), 1399 5, 8, 10, 11 (Verpfändung), 13, 14 (Vollzug durch einen Vormund), 15, 16 (gegen Zins als Gegenleistung), 19 (Anfall), 20 (Verpfändung), 22, 23 (Verpfändung), 24 (Verpfändung), 25 (Verpfändung), 26 (Verpfändung), 30, 31 (Anfall), 32

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(SBK), 36 (Verpfändung), 37, 38 (Anfall), 39, 40, 42, 44, 45, 47, 48, 49, 51, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 62, 63, 64, 65 (SBK), 67, 68 (Verpfändung), 69 (Verpfändung), 70 (Verpfändung), 71 (Verpfändung), 72 (Verpfändung), 73 (Verpfändung), 75 (SBK), 77, 81, 82 (Verpfändung), 87 (für die geschuldete Gegenleistung werden Bürgen gestellt), 89 (Verpfändung), 90 (Verpfändung), 93, 96, 100, 101, 102 (Kirche), 103 (gegen Zins als Gegenleistung), 104, 105, 106, 107 (Rückverfügung), 108, 109 (Verpfändung), 110, 111, 112, 113 (Verpfändung), 114, 115 (Verpfändung), 116 (Verpfändung), 117, 120 (Anfall), 121 (Verpfändung), 123, 124, 126, 127, 128 (Verpfändung), 129 (Verpfändung), 130 (RB EG, Kindesteil), 132, 133 (Verpfändung), 134 (Verpfändung), 135, 136, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145 (Geld und einzelne Gegenstände, dartu schal em dat nicht schedeliken sin an syns vaders hergewede), 147, 151, 154, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162 (Verpfändung), 163 (Verpfändung), 164 (Verpfändung), 165, 1400 1 (Verpfändung), 4 (Verpfändung), 7, 8, 9 (Verpfändung), 10, 11, 12, 13, 14, 15, 18, 19, 20 (Verpfändung), 21 (Verpfändung), 22, 23, 26, 28 (Verpfändung), 30, 31, 32 (Verpfändung), 33 (Zins als Gegenleistung), 34, 37, 41, 43, 44, 47, 48 (Verpfändung), 53 (RB Rückkehr des Bruders der Verfügenden), 54, 56, 57, 58, 59, 62, 63 (Verpfändung), 64, 65, 66, 68, 70, 71 (Verpfändung), 73 (Verpfändung), 74 (Anfall), 78 (Verpfändung), 79, 80, 83, 86, 87, 88, 89, 90 (Verpfändung), 91 (Verpfändung), 97, 98, 99, 102, 103 (Verpfändung), 106, 107, 108, 111 (Verpfändung), 113 (Anfall), 114, 116, 117, 118 (Verpfändung), 120, 121, 122, 125, 126, 127, 128, 131, 140, 143, 145, 147 (Verpfändung), 150, 153, 154 (Verpfändung), 159, 161, 163, 167 (Verpfändung), 170 (SBK), 171/172 (Verkauf von Zins mit EL, keine Verfügung erwähnt), 173 (Verkauf von Zins mit EL, keine Verfügung erwähnt), 174 (Verpfändung), 175 (Verpfändung), 176 (Verpfändung), 177 (Lösung e. Verpfändung), 178 (Zins als Gegenleistung), 179, 180 (Lösung e. Verpfändung), 181, 182 (Verpfändung), 183, 184, 185, 186, 187, 188 (Verpfändung), 189 (Zins als Gegenleistung), 190, 192, 193 (Verpfändung), 194 (Lösung e. Verpfändung), 195 (Verpfändung), 196 (Verpfändung), 197 I. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. illud – hereditatem, mansum, agrum etc. –, in vita sua ipse vult esse potens huius): 1335 57 (Auflage: nach dem Tod des Verfügenden Geldzahlung an Dritte), 1338 6, 1349 62 I. 3. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. dedit n. n. illud ad vitam ipsius/ipsorum): 1326 78 (mit Verfügungsbeschränkung durch Nacherbenbestimmung), 106 (auflösend bedingt), 1334 60 (mit Vorkaufsrecht für den Begünstigten), 1335 10 (ad usum matris sue), 1336 75, 1347 35, 48 (SBK), 1349 90, 1350 76, 1352 35, 1353 28, 1357 257, 1360 103 I. 3. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt zu Leibgedinge (n. n. paravit n. n. illud – marcas etc. –, quam diu ille/illa vi-

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vit; tamen illius donacionis dictus/dicta n. n. erit potens, quam diu vivit): 1328 98 I. 4. Einzelgutsvermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. q. n. marcas in prompcioribus bonis in hereditate et ubicumque habuerit, primo excipiendis – die Erlebensbedingung ergibt sich hier daraus, dass der Verfügende die Geldzahlung aus seinen bereiten Gütern, die sich aus seiner Erbschaft und allem Vermögen, wo auch immer er solches haben wird, anordnet – vielfach taucht sie dann in der Form post mortem suam auch auf): 1324 43, 69, 102, 112, 1325 24, 29, 56, 70, 1326 6, 29, 50, 54, 57, 60, 64, 84, 93, 1328 1, 1329 15, 33, 65, 72, 77 (SBK), 80, 95, 149, 158, 1330 3, 16, 42 (SBK), 62, 64, 1331 80, 1333 9, 22, 59, 63 (RB Wiederverheiratung), 1334 3 (mit Verfügungsbeschränkung zu Lasten der Begünstigten), 5, 27, 31 (SBK), 36 (SBK), 43, 48, 68, 75, 89, 102, 107, 110 (SBK), 121, 1335 6, 13, 18, 38, 47, 69, 79, 1336 15, 24, 26, 55 (SBK), 61, 67, 81, 1337 9, 42, 1338 74, 1340 95, 118, 1341 9, 1342 18, 30, 33, 44, 1343 90, 93, 115, 141, 166, 168, 176 (mit Verfügungsvorbehalt und SBK), 209, 1344 25, 1345 43, 134637, 58, 61, 1347 6, 8, 9, 21, 29, 32, 35, 41, 69 (SBK), 70, 78, 83, 1348 6, 8, 27, 31, 45, 47, 50, 59, 65, 83, 1349 7, 19 (SBK), 34, 55, 59, 61, 72, 87, 102, 1350 64, 66, 102, 1351 2, 8, 25, 64, 88, 100, 108, 110, 125, 128, 139, 148 (SBK), 155, 157, 1352 4, 5, 14, 17, 27, 48, 52, 61, 68, 71, 75, 1353 7, 77, 89, 92, 95, 1354 17, 28, 29, 44 (SBK), 57, 1355 5, 13, 20, 86, 96, 1356 13, 19, 29, 42, 67, 82, 95, 101, 106, 114, 126 (SBK), 128, 1357 1, 41 (mit Vor- und Nacherbenklausel), 48, 63, 84, 127, 166, 200, 248, 1358 18 (Seelgerät), 1359 4, 28, 61, 104, 116, 146, 1360 2, 21, 26, 160, 1399 17 (im Gegenzug wird angeordnet, dass die begünstigte Ehefrau keine Gerade erhalten soll) II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dedit/dimisit n. n. omnia bona sua oder dimidietatem omnium bonorum suorum in hereditate et ubicumque habuerit post mortem suam; seit 1330 wird auch die Formel que nunc habet vel umquam habebit verwendet) – fast ausschließlich an die Frau, uxori sue: 1323 7, 1324 1, 2, 18, 24, 26, 32, 38 (RB EG ½ an Frau), 39, 42 (RB EG erhalten diese ½), 44, 62, 67, 70 (RB EG ½ an Frau), 71 (RB EG ½ an Frau), 82, 87, 113, 1325 6, 7, 10, 12, 13, 15, 17, 18, 19, 25, 30, 31, 34, 40, 42, 53, 62, 64, 74, 77, 81, 1326 2, 23, 26, 28, 42 (RB EG ½ an Frau), 51 (bona sua in parato et in debitis), 61, 62, 85, 87, 90, 97, 101, 103, 107, 1327 2, 7, 16, 1328 6, 1329 3, 5, 8, 15, 19, 21, 34 (RB EG ½ an Frau), 35, 38 (RB EG ½ an Frau), 57, 66, 73, 78, 81, 93, 96, 104, 116 (RB EG ½ an Frau), 122, 123, 126, 132 (RB EG ½ an Frau), 142, 145, 146, 150, 151, 154, 159, 160, 163 (RB EG ½ an Frau), 165, 1330 4, 5, 10, 14, 26, 31, 35 (RB EG, Erbe soll neben der Frau ½ erhalten), 46, 49, 50, 54, 56, 57, 58, 1331 1, 4, 14, 15 (Verpfändung), 16, 17, 21, 22, 23, 33, 36, 41,

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42, 45, 49, 50, 52, 56, 71 (RB EG ½ an Frau), 73, 74, 79, 84, 87, 90, 93, 1332 4, 8, 13, 15, 17, 20, 26, 30, 33 (RB EG ½ an Frau), 36, 44, 71, 72, 1333 6, 8, 14, 15, 17, 21, 23, 29, 30, 33, 38, 40 (RB EG ½ an Frau), 43, 46, 50, 55, 61, 65, 1334 6, 8, 17, 19, 22, 23, 26, 28, 33, 37, 44, 49, 62, 76, 78, 80, 88, 90, 99 (RB EG ½ an Frau), 101, 104, 117, 3 (RB EG ½ an Frau), 1335 7, 11, 14, 14, 19, 39, 46 (die Erlebensbedingung lautet hier dum morietur), 70, 72, 80, 82, 83, 84, 1336 12, 25, 27, 36, 42, 46, 54, 65, 68, 69, 71, 76, 77, 1337 14, 19 (RB EG ½ an Frau), 21, 29 (RB EG ½ an Frau), 31, 33, 40, 43 (RB EG ½ an Frau), 44, 57, 62, 73, 85 (RB EG ½ an Frau), 89, 1338 1, 2, 11, 13 (Seelgerätsvorbehalt f. Teilvermögen), 27 (RB EG ½ an Frau), 30, 31, 33, 39, 41, 45, 47, 76, 89, 97, 100, 106, 113, 125, 137, 145, 150, 161, 1340 2, 7, 15, 25 (Vorbehalt für 10 Mark Vermächtnis), 26 (RB EG ½ an Frau), 35, 42, 47, 51, 55, 57 (Erbe und alle Güter), 58 (hereditatem primo recipiendam), 59, 61, 63, 70, 74, 77, 79, 86, 102, 110, 112 (Vorbehalt für 2 Mark Vermächtnis), 113, 115, 1341 4, 6, 10 (RB EG ½ an Frau), 13, 19, 27, 35, 38, 40, 42, 1342 1, 3, 10, 17, 24, 28, 30, 32, 35 (Weiterverfügung), 39, 43, 45, 46, 1343 5, 8, 12, 14, 15, 22, 28, 35, 38, 39, 43, 49, 65, 74, 104, 195, 112, 120, 129, 147, 149, 150, 158, 159, 162, 166 (Vermächtnis daneben), 174, 178 (SB Tod der Frau des Verfügenden), 181, 189, 192, 200, 203, 206 (RB EG, Kindesteil an Frau, SBK), 207, 1344 2, 3, 6, 9, 18, 19, 26, 31, 34, 43, 46, 1345 9, 14, 17, 31, 38 (Verfügungsvorbehalt über 2 Mark), 39, 45, 47, 52, 55, 62, 68, 69, 74, 75, 77, 79, 80, 87, 93, 1346 1, 11, 14, 15, 18 (Verfügungsvorbehalt für 4 Mark), 20, 32, 34, 40, 47, 50, 51 (Verfügungsvorbehalt für 20 Mark), 57, 70, 1347 12, 13, 17, 24, 25, 27, 30, 40, 49, 54, 56, 61, 62, 63, 66, 67, 71 (Verfügungsvorbehalt für 4 Mark), 81, 84, 86, 87, 89, 90, 94, 98, 105, 106, 1348 9, 12, 15, 40, 42, 44, 46, 48, 49, 60, 64, 66, 68, 70 (RB EG ½ an Erben), 71, 73, 78, 82, 84, 1349 2, 5, 6, 8, 13, 15, 17, 20, 23, 29, 35, 39, 42, 44, 49, 60, 74, 75 (hereditas sua), 78, 83, 84, 97, 98, 99, 1350 4, 23, 27 (Verfügungsvorbehalt für 3 Mark), 33, 39, 43, 47, 52, 56, 64, 67, 69, 71, 72, 73 (Verfügungsvorbehalt für 8 Mark), 75, 76, 77, 78, 79, 83, 84, 88, 93, 94, 97, 103, 108, 112, 113, 114, 119, 120, 121, 124, 1351 3, 4, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 17, 22, 26, 28 (Kirche als Schlusserbin nach den Söhnen), 29, 30, 40 (RB EG ½ an Frau), 41, 44, 46, 48, 49 (Anfall), 53, 54, 56, 62, 63, 66, 67, 70, 72, 74, 77, 82, 89, 91, 95, 97, 101, 105, 113, 115, 116 (außer 2 Mark), 117, 122, 129, 130, 133, 140, 149, 152, 156, 158, 1352 3, 6, 6a, 8, 9, 15, 18, 23, 27, 30, 34, 37, 49, 50, 51, 55, 56, 66, 67, 69, 72, 74, 76, 78, 82, 90, 1353 2, 6, 13, 15, 18, 19, 20, 21, 22, 32, 33 (RB EG ½ an Frau), 38, 46, 56, 60, 69, 71, 78, 81 (RB EG ½ an Frau), 88, 100, 101, 106, 109, 111, 119, 123, 1354 8, 9 (SBK), 11, 12, 18, 21, 26, 30, 37, 41, 46, 48, 52, 54, 66, 67, 70, 71, 73, 81, 82, 83 (Verfügungsvorbehalt für 1 Mark), 88, 89, 95, 1355 8, 9, 18, 25, 31, 44, 48, 51, 61, 62, 63, 64, 66, 69, 70, 73, 74, 75, 80, 84, 87, 94, 97, 100, 1356 1, 2, 5, 6, 10 (RB EG ½ an Frau), 14, 15, 16, 17, 20, 22, 26, 28, 31, 32, 36, 44, 60 (an die Schöffen als Treuhänder der Tochter, mit SBK), 61, 65, 68, 71, 73, 74, 83, 88, 90, 91, 92, 96,

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97, 98, 111, 113, 115, 118, 119, 127, 1357 4, 5, 9, 10, 12, 13, 15 (außer 13 Mark, RB EG ½ an Frau), 16 (RB EG ½ an Frau), 19, 22, 23, 35, 45, 49, 62, 74, 77, 81, 83, 85, 86, 90, 93, 96, 99, 100, 103, 104, 105, 106, 108, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 117, 121, 124, 128, 130, 132, 133, 136 (außer 4 Mark), 138, 139, 140 (post mortem suam et post mortem filiorum suorum), 141, 142, 144, 146, 147, 148, 151, 155, 163, 164, 165, 167, 171, 174, 177, 181 (SB Tod der Verfügenden und deren Sohn), 183 (mit SBK zugunsten der Kirche), 185, 186, 187, 202, 204, 209, 210 (exceptis sex marcis quas in dei laudem in agone mortis potest erogare), 211 (Seelgerät), 211a, 213, 214, 218, 219, 222, 228, 239 (exceptis X marcis), 240, 249, 251, 252, 255, 256, 264 (RB EG ½ an Frau), 265, 269, 272, 281, 282, 283, 284, 285, 287, 288, 290, 292, 295, 297, 300, 1358 2 (Aufl.: der Frau des Verfügenden bei Tod eines Sohnes nur 20 Mark zu zahlen), 6, 10, 19 (außer ½ für Seelgerät), 25 (an Treuhänder, die Seelgeräte nach dem Willen des Verfügenden errichten sollen), 34, 37, 47, 49 (an Treuhänder, die nach dem Willen des Verfügenden handeln sollen), 51, 54 (RB EG ½ an Frau), 58 (RB EG ½ an Frau), 1359 6, 10, 26, 29, 32, 39 (RB EG ½ an Frau), 40, 50, 53, 55, 58, 67, 68, 71, 75, 84 (si moriuntur absque heredibus), 90, 92, 93, 106, 108, 109, 114, 116, 118, 120, 123, 124, 126, 128, 130, 134 (RB EG ½ an Frau), 137, 145, 147, 1360 3, 6, 8, 11, 13, 15, 17, 23, 27, 30, 32, 38, 39, 42, 44, 47, 49, 50, 57, 59, 61, 77, 81, 82, 84, 94 (RB EG ½ an Frau), 102, 106, 108, 116 (RB EG ½ an Frau), 124, 127, 131, 136, 137, 138, 144, 151, 152, 154, 166, 168, 169 (Verfügungsvorbehalt für 2 Mark), 171, 176, 178 (Verfügungsvorbehalt für 1 mensa), 179, 184, 185, 190, 199, 200, 202, 205, 207, 1361 2, 5, 7, 14, 17, 18, 28, 1399 3 (außer 4 Mark), 6, 7 (Vorbehalt für 12 Mark), 12, 21, 35, 41 (außer 2 Mark), 43, 46, 52 (Gerade), 53, 61 (eine zweite Gabe, außer 6 Mark, über die der Verfügende im Siechbett verfügen will), 66, 76, 79 (Frau, RB EG nur Kindesteil), 83, 91, 94, 118, 125 (Frau, RB EG nur Kindesteil), 149, 150, 152, 1400 3, 6, 17 (RB EG ½ an Frau), 29, 36, 38, 45, 46, 49, 51, 60, 72, 77, 81, 82, 84, 85, 93, 96, 100, 104, 109, 112, 115, 119, 124, 130, 132, 133, 135, 136, 137, 139 (Frau, RB EG Kindesteil), 144, 162, 168 (Verfügung gegifteten Gutes, außer 12 Mark) II. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. hereditatem et omnia sua bona, que habet post mortem suam, hac tamen condicione addita, quod n. n. in vita sua bona dare poterit, ubicumque voluerit, absque inpedicione suorum puerorum): 1330 78, 1334 10 (Vorbehalt zur Seelgerätsstiftung), 11 (Vorbehalt zur Seelgerätsstiftung, RB EG erhalten diese die Hälfte), 1336 66 (Vorbehalt bezieht sich auf Teilvermögen), 1342 23, 1343 71, 109, 1347 20, 1350 118 (mit Seelgerät), 1351, 59 (Seelgerät), 1359 85, 1399 122 (eyn herre wil he des sin, dy wile he levet), 131 (eyn herre...), 137 (eyn herre...), 146 (eyn herre...) II. 1. c Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia bona sua post mortem suam, in vita sua debet uti suis bonis ad necessaria sua): 1332 78

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II. 2. a Verfügungen ohne ausdrückliche Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. omnia bona sua, que habet in hereditate et ubicumque oder que nunc habet vel umquam habebit): 1326 22, 55, 105, 1329 4, 32, 94, 1330 15, 17, 22, 63, 1331 77, 1334 30, 1336 16 (RB EG, Halbteilung), 60, 1337 12, 35 (Kirche), 71, 77, 81, 84 (Seelgerät), 1338 22, 29, 35, 58 (ohne Erbgut), 64, 66, 70, 1340 6 (unter Brüdern), 76, 1341 22 (Treuhänder), 36 (vorherige Verfügung an Frau soll unberührt bleiben), 1343 106 (Verfügung eines Treuhänders an Erben), 146, 177, 195 (Verfügungsvorbehalt über Teilvermögen), 1344 50, 1345 13, 1346 35, 64, 68, 1347 15, 28, 31, 1348 59, 1348 81, 1349 36, 1350 5, 6, 7, 8, 15, 20, 28, 30, 31, 80, 86, 89, 1351 109 (Verfügungsvorbehalt für 3 Mark), 120, 124, 135, 164 (außer 5 Mark), 1353 72, 90 (an die Schöffen als Treuhänder des Sohnes), 1354 13, 1355 1, 1356 4 (außer 5 Mark), 9 (außer 6 Mark), 1357 132, 195 (Aufl.: Begünstigter verfügt über das zugewendete Vermögen postmortal zug. der Kirche), 276, 1359 5 (an den zweiten Ehemann unter dem Vorbehalt, dass der Sohn aus erster Ehe das Vatererbgut zu Erbe behält und der Stiefvater jährliche Rechenschaft ablegt), 9 (wie 1359 5), 37, 1360 80 (außer 4 Mark), 173, 1399 78, 86, 88 (Verpfändung), 155, 1400 61, 67, über einen Anfall: 1329 76, 79, 157, 1330 29, 40, 1331 12, 1332 18, 28, 31, 38, 43, 1333 18, 20, 42, 47, 64, 1334 2, 35, 42, 74, 100, 106, 1335 8, 12, 37, 78 (EL), 1336 14, 23 (EL), 53, 27, 41, 49, 51, 52, 70, 75, 91, 1338 63, 65, 68, 87, 104, 155, 160, 1340 45, 1341 15 (künftiger), 1342 2 (künftiger), 1343 20, 107, 110, 184, 1346 74, 1347 10 (künftiger), 34, 52, 58, 65 (künftiger), 92, 1348 1, 18, 37, 58, 1349 50, 51, 88, 1350 44, 46, 95, 105, 109, 117, 122, 1351 34, 35, 39, 69, 71, 73, 118, 132, 143, 147, 150, 163, 166, 1353 23, 30, 35, 47, 49, 1354 40, 49, 55, 1356 103, 129, 1357 18, 20, 42, 161, 199, 212, 1358 17, 40 (mit Treuhänder), 1359 35, 51, 57, 69, 73, 83, 122, 1360 9, 31, 43, 129, 134, 143 (außer 4 Mark), 1399 9, 27, 74, 1399 99, 148, 1400 2, 5, 16, 27, 35, 42, 50, 52, 110, 138, 165, 166 (Gegenleistung), 169 über eine Gerade: 1326 69, 96, 1329 36, 1330 7, 1334 124, 1357 3, 94, 169, II. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung aber mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia bona, ita quod n. n. illud dare poterit ubicumque voluerit in vita sua): 1334 47, 1343 154, 1357 263 (Anfall) II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. marito eius/uxori eius omnia bona sua post mortem suam): 1329 97/98 (SBK), 102/103, 128/129, 1330 41/43, 59/60, 69/70, 75/76, 1331 18/19 (mit Verfügungsvorbehalt zugunsten der Frau, diese erhält die Möglichkeit, zu Lebzeiten sechs Mark Silber als Seelgerät zu vergeben), 1332 67/68, 82/83, 1335 1/2, 1338 120, 143, 158/159, 1340 122, 123 (RB EG ½ an den Erben) 125 (RB EG ½ an den Erben), 1341 16, 1343 47 (mit Verfügungsvorbehalt), 144/145 (mit Vermächtnisvorbehalt), 1344 21/22, 28/29 (RB EG ½ an Frau), 1345 19/20, 24/25, 50/51, 1346 27/29, 60/63,

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1347 5/7, 76, 76, 1348 20/21, 76/77, 1350 17, 92, 1351 19/20 (RB EG ½ an Frau), 51/52, 80, 85/86, 93/94, 126/127, 144/145, 160/161, 1353 82/83, 1354 74/75, 1355 67 (RB EG ½ an Frau), 1356 107/108, 1357 153/154, 157/158, 1358 8/9, 12/13, 28/29, 32/33, 1360 187/188, 1399 28/29, 84/85, 1400 24/25 (jeder behält 10 bzw. 20 Mark zur freien Verfügung), 39/40, 75/76, 94/95, 141/142, 151/152, 156/157 (EL) II. 3. b gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. het gegeven n. n. al sin/or gut [halff]): 1399 33/34 II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dedit/resignavit n. n. omnia bona sua post mortem suam): 1351 15/16 (Brüder), 1357 109 (Brüder), 125, 216 (Brüder: n. n. et n. n. bona sua invicem tribuerunt, ita quod uno moriente cedent alteri) II. 4. c Verfügungen über Vermögensquoten ohne Erlebensbedingung ohne Verfügungsvorbehalt (n . n. dedit n. n. mediam/tertiam partem omnium bonorum suorum): 1338 75, 77, 93, 105, 126, 136 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. renunciavit illud – hereditati, domum etc., quam/quod habuit ex parte n. n.): 1326 15, 92, 99, 1327 8, 14, 1329 48, 54 (Verzicht an beidem), 55 (Verzicht an beidem), 110 (Gerade), 135, 1330 77, 1331 40, 54, 86, 1332 59, 1333 11, 24, 1334 121, 1335 10, 1338 96, 151, 154 (Versprechen vor den Schöffen, einen Verzicht zu erklären), 1341 44, 1343 70, 76, 91 (Verfügung), 1345 32, 33, 67, 72, 1347 47, 88, 1350 99 (Verfügung), 1400 92 (Verfügung), 105 (Verfügung), 129, 146, 149 III. 3. Einspruch gegen eine Verfügung (n. n. revocavit illud, quod/quam dedit n. n.): 1329 39, 1346 45, 1347 19, 1348 10, 1399 11 (die Ratsherren widerrufen eine Verpfändung) III. 5. Widerruf einer Verfügung durch den Verfügenden selbst (n. n. renunciavit omnibus suis): 1331 77, 1399 80

7. Das Wetebuch der Schöffen von Calbe11 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. het bescheyden illud n. n. nach sinen dode): 1389 263 (SBK)

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Nicht besetzte Gruppen wurden weggelassen.

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I. 2. Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hed gheuen illud n. n.): 1386 178 (8 Mark, Anfall), 1399 424, 425, 426 II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. heft gheleyt n. n. illud): 1382 59 (Herwede), 61 (Gerade), 1383 95 (Gerade), 1384 108 (Gerade), 110 (Anfall), 1389 262 (Herwede; beide sind vor der Schöffenbank anwesend), 268 (Herwede), 273 (Anfall; Ehemänner wenden von ihrer Frauen wegen deren väterliches Erbe deren Mutter zu), 1390 301 (Gerade), 320 (Gerade), 344 (Herwede), 345 (Gerade), 1395 352 (Gerade), 393 (Herwede), 1399 415 (Gerade), 427 (Gerade), 443 (Herwede) III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. heft vortegen vnde aftichte gedan): 1382 43 (Gerade), 51 (Erbgut), 56 (Erbgut), 1383 86 (Erbe), 1387 250 (Erbe), 1390 343 (Erbe), 1399 406 (Erbe und Mitgift) III. 5. Einspruch gegen eine Verfügung (dy gaue, dy n. n. hadde n. n. gegeuen, dy heft n. n. wedersproken, also eyn recht is): 1384 105 (die Gabe hatte die Kirche begünstigt)

8. Fragment eines Schöffenbuches von Burg12 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. illud – q. n. marcas, bona, hereditas sita, domum – post mortem): 1395 45 (sed si Ilsen supervixerit, tunc redundabit marca in usum suum) I. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. illud (bonum, hereditas sita, q. n. marcas): 1394 5, 1395 9, 13, 16, 19, 28, 37, 70 II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. b Verfügung unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. omnia bona post mortem, sed vult esse dominus, quam diu vixerit): 1395 19, 78

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Auch hier wurden Gruppen ohne Eintrag nicht aufgeführt.

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II. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. totum bonorum, que habet ac acquirit debitis persolutis): 1395 68 II. 2. b Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. dedit n. n. totum bonorum, que habet et unquam acquirit, sed pro se vult esse dominus, quamdiu vixerit): 1395 44 (Frau, debitis persolutis, außer 1 ½ Mark, diese an die Kirche) II. 2. c Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. dedit n. n. totum bonorum, que habet ac acquirit, debitis persolutis, sed pro se vult uit, quam diu vixerit): 1395 71 II. 3. a gegenseitige Gesamtgutsverfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. et n. n. condonaverunt sibi in integris bonis, quis eorum diucius vixerit, totum optinebit): 1395 10, 23, 31, 34, 55, 67 (deutsch, anstelle von condonaverunt erscheint vorgifftiget) II. 3. b gegenseitige Gesamtgutsverfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. omnia bona que habet ac unquam acquirit debitis persolutis): 1394 2/3 (Halbteil an Frau), 1395 7/8 (Halbteil an Frau), 11/12 (Halbteil an Frau), 14/15 (Halbteil an Frau), 17 (condonaverunt sibi, Mann behält sich 2 Mark vor), 42, 46/47 (Halbteil an Frau), 65/66 (Halbteil an Frau), 72/73 (Halbteil an Frau), 74/75 (Halbteil an Frau), 76/77 (Halbteil an Frau), 79/80 (Halbteil an Frau) II. 4. c Verfügung über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung ohne Verfüggsvorbehalt (n. n. dedit n. n., uxori sue, dimidium bonorum, que habet ac unquam acquirit debitis persolutis): 1394 4, 1395 20, 24, 29, 30, 32, 33, 35, 36, 38, 50, 52, 53, 54, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 69, 81 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. vortiet an): 1395 22 (Erbe), 26 (Erbe), 27 (Erbe), 40 (Erbe), 41 (Erbe), 43 (Anfall)

9. Auszug aus den Schöffenbüchern von Treuenbrietzen13 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. assignauit n. n. marcas, bona, hereditas sita, domum post mortem): 1360 41 (Seelgerät), 1363 42, 46 (Seelgerät)

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Gruppen ohne Eintrag werden nicht aufgeführt.

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I. 2. Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. dotauit n. n. bonum, hereditas sita, marcas): 1324 6 (Gegenleistung), 8, 12 (Verpfändung), 1325 17 (alles Rindvieh), 1330 19, 20 (Zins als Gegenleistung), 21 (mit der AO, dass der Empfänger die Äcker nur an Treuenbrietzener Bürger weiterverkaufen darf), 22, 1339 28 (Verpfändung), 1345 34 (mit Verfügungsbeschränkung), 1357 37 (Zahlung an die Tochter als Gegenleistung für die Überlassung der Gerade), 1363 47, 1370 49, 1381 64 (erue an Bruder), 1385 67 (Gegenleistung), 1393 74 (Gegenleistung), 75 I. 4. Einzelgutsvermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. marcas in prompcioribus bonis in hereditate et ubicumque habuerit, primo excipiendis – Zusatzform post mortem suam): 1379 59, 1389 71 II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. dotauit n. n. omnia bona sua oder dimidietatem omnium bonorum suorum post mortem suam meist an die Frau, uxori sue): 1324 1, 2 (proximi succedent), 4 (proximi succedent), 1330 18 (außer einem Acker, mit TeilungsAO und Ersatz- bzw. SBK), 1342 29 (außer Hergewede und Gerade), 1343 30 (wenn die Bedachte aber früher stirbt, bona omnia optinebit), 1363 48, 1370 49 (an Enkel), II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. dotauit n. n. omnia bona sua oder dimidietatem bonorum suorum): 1324 5 (qui prius obierit proximi succedent), 7 (qui prius obierit proximi succedent), 8 (qui prius obierit proximi succedent), 9 (qui prius obierit proximi succedent), 1325 13, 14 (qui prius obierit proximi succedent), 15 (qui prius obierit proximi succedent), 16 (qui prius obierit proximi succedent), 1330 23 (quis eorum post obierit proximis bona cedunt), 1337 24 (quis eorum prius absque heredibus obierit proximis bona cedunt), 1339 27 (quis eorum prius obierit sine herede proximi succedant), 1346 35 (quando eorum quis decedat, cedant super proximos), 1357 37 (quis eorum prius obierit sine herede proximi succedunt), 38 (quis eorum prius altero ab decedit seculo bona legata proximis hereditabunt), 39, 1363 42, 43 (proximi succedunt), 45 (dat sterue an den negesten), 1370 49 (allerdings bezogen auf das, was er in seinem Hause hinterlassen wird: quoque reliquerit in domo sua), 1371 50 (quis eorum prius ab hoc discesserit sine herede proximi succedant), 1373 57 (welk orer eir steruet ane erfe, so vallet dat gut an die nehesten), 1379 59, 60, 61, 1389 71 (steruet an den nesten), 72 (sterue dat an den nesten), 1393 75 II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. dotauit n. n. marito eius/uxori eius omnia bona sua post mortem suam): 1324 10 (Ehefrau behält sich die Verfügung über 1 tal. vor), 11 (RB EG, dann Halbteilung), 1363 47 (proximo hereditabit), 1371 51, 1372 53 (EL), 54 (RB EG), 1379 62, 1389 70

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Anhang

II. 3. b gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. et n. n. mutuo dotauerunt omnia bona sua): 1324 3 II. 4. d Verfügungen über einer Kindesteilsquote unter Erlebensbedingung (n. n. dotauit n. n. participem esse bonorum hereditalium cum ceteris filiis suis post obitum suum): 1344 31 (Einkindschaft)

10. Auszug aus den Schöffenbüchern von Brandenburg14 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. fecit/assignavit n. n. illud (q. n. marcas, bona, hereditas sita, domum) post obitum) : 1297 2b, 2c, 1298 3a, 3b, 4a, 1301 6, 1302 7, 11 (gegenseitig unter Ehegatten), 1303 26, 1304 31 (gegenseitig unter Ehegatten), 35 (gegenseitig unter Ehegatten), 1307 50 (omnes suas vestes), 1308 65 (mit TeilungsAO für den Fall des Todes eines der beiden Verfügenden), 1345 183, 1350 191, I. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. assignavit n. n. bonum, hereditas sita, q. n. marcas): 1297 1a (gegenseitig unter Ehegatten), 1b, 1c, 1d, 1e, 1f, 1g, 1k, 1298 3a, 4b, 4c, 4d (GL, mit Rückkaufsrecht des Verfügenden bei Tod der Begünstigten), 1301 5, 1302 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13 (Verpfändung), 14, 15, 17, 18 (Verpfändung), 1303 21, 22, 24 (Verpfändung), 25, 27 (Verpfändung), 29, 1304 36 (Kirche), 1305 37 (GL angefallenes Erbe), 38 (Verpfändung), 40, 41 (Verpfändung), 45 (GL Zins), 1307 47 (GL angefallenes Erbe), 48 (GL angefallenes Erbe), 49 (GL angefallenes Erbe), 1308 51 (GL angefallenes Erbe), 52 (GL angefallenes Erbe), 53 (GL angefallenes Erbe), 55 (Kirche), 56 (GL angefallenes Erbe, mit SBK: et quicumque ipsorum moritur, alteri servent, ita quod si tres moriuntur, ultimus servat totum), 57 (GL angefallenes Erbe), 59 (GL angefallenes Erbe), 60 (GL angefallenes Erbe, et dum una moritur, altera vivens habebit 10 tal. de parte illius, que moritur, preter suam propriam partem), 61, 62 (Verpfändung), 63, 66 (GL angefallenes Erbe), 67 (GL angefallenes Erbe), 70 (GL angefallenes Erbe), 1312 71 (Verpfändung), 73, 74 (GL angefallenes Erbe), 1313 76, 77, 78 (GL Zins), 79, 80 (Verpfändung), 81 (Entgegennahme einer hereditas als Pfand), 82 (Verpfändung), 1316 84 (GL), 85, 86, 87, 88, 1317 90, 91 (SBK), 92 (SBK), 1318 93 (GL angefallenes Erbe), 94, 95, 96, 97 (echte betagte Schenkung), 98, 1319 99, 101, 1320 102, 103, 104, 107, 1321 108 (GL Kost/Kleidung, Rückkaufsrecht für die Erben des Verfügenden bei dessen Tod), 1321 109, 1322 110, 111 (vor Richter und Schöffen), 112, 1323 113 (SBK), 114, 115, 116 (Neffe, SB Volljährigkeit), 117 (GL), 1324 118, 1325 14

Gruppen ohne Eintrag werden nicht aufgeführt.

Anhang

703

119 (GL angefallenes Erbe), 120, 121 (GL angefallenes Erbe), 1326 122, 123, 124 (GL angefallenes Erbe), 1327 127 (GL angefallenes Erbe), 128 (GL angefallenes Erbe), 129, 1328 130 (GL angefallenes Erbe), 131 (GL angefallenes Erbe), 1329 132 (GL angefallenes Erbe), 134 (GL angefallenes Erbe), 1330 138, 139, 1331 140 (GL angefallenes Erbe), 141, 142, 143, 144, 145 (GL angefallenes Erbe), 146, 147, 150 (GL angefallenes Erbe), 151 (GL angefallenes Erbe), 1332 152, 153, 1334 154, 155, 156, 1335 158, 159, 1337 161, 163 (GL angefallenes Erbe), 1338 164 (GL angefallenes Erbe), 165 (GL angefallenes Erbe), 166 (gegenseitig unter Ehegatten), 166, 1340 168 (GL Versorgung eines Kindes), 169 (GL angefallenes Erbe), 170 (GL angefallenes Erbe), 171 (GL angefallenes Erbe), 1341 172 (GL angefallenes Erbe), 173, 174 (GL für Darlehn), 1342 175, 1343 176 (GL angefallenes Erbe), 1344 179, 180 (GL angefallenes Erbe), 181 (GL angefallenes Erbe), 182, 1347 184, 1348 185 (GL angefallenes Erbe), 187, 1349 188 (GL Versorgung der Verfügenden auf Lebenszeit; Auflage, bei Tod der Verfügenden ein Seelgerät zu stiften), 189, 1351 194, 195 (GL angefallenes Erbe), 196, 197, 198, 1352 199, 1353 200, 201, 1354 202, 1355 203 (GL angefallenes Erbe), 204, 1357 205 (Darlehn), 1359 206, 207, 208, 209, 210, 1361 211, 1364 213, 214, 215, 1365 216, 1366 217, 218, 1368 219, 1370 221, 222 I. 2. b Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. assignavit n. n. illud, ipsa potens erit, quamdiu vixerit): 1305 43, I. 3. a Verfügung ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. resignavit n. n. illud ad tempora vite ipsorum): 1308 64 (mit Rückfallklausel), 1316 87 II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. assignavit n. n. omnia bona sua post obitum): 1298 4a, 1302 16 II. 3. a gegenseitige Verfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. ma-rito eius/uxori eius omnia bona/quartam partem/quartum denarium sua post mortem suam): 1345 183 (Viertelpfennig), 1350 193 (Viertelpfennig); 1307 46 (Quart, qui diucius vixerit, habebit15), 1308 54 (Quart, qui diucius vixerit, habebit), 58 (Quart, qui diucius vixerit, habebit), II. 3. b gegenseitige Verfügung unter Ehegatten ohne Erlebensbedingung (n. n. assignavit n. n. omnia bona sua/quartam partem bonorum suorum): 1297 1h (Quart), 1i (Quart), 1j (Quart), 1303 23 (Quart), 1305 39 (Quart), 68 (Quart, et quicumque prior obierit, quicquid ille pro testamento assignaverit, de bonis amborum dabitur), 1316 83 (Quart), 83a, 1319 100 (Quart), 1320 105 (Quart), 106 (Quart), 1323 114 (Quart), 1326 125 (Quart), 1328

15

SELLO, in: Märkische Forschungen 18 (1884), S. 31, Fn. **: „Diese Formel kehrt von nun an regelmäßig wieder. “

704

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133 (Quart), 1337 162 (Quart), 1344 177 (Viertelpfennig), 178 (Viertelpfennig), 1368 220 (Viertelpfennig) II. 3. d sonstige gegenseitige Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. dederunt sibi mutuo omnia bona sua/quartam partem post obitum suum): 1312 75 (unter Geschwistern), II. 4. a Verfügung einer Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. dedit n. n. quartam partam post mortem oder si n. n. moreretur sine herede, quarta pars cedet n. n.): 1297 2a, 1304 30, 34, 1317 89, 1331 147 II. 4. c Verfügung einer Vermögensquote ohne Erlebensbedingung ohne Verfügungsvorbehalt (n. n. assignavit/fecit quartam partem bonorum suorum): 1327 126, 1330 137

11. Das aldt dingbuch von Bautzen16 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. assignauit n. n. q. n. post mortem): an Abkömmlinge: 1362 93, 1370 42, 1376 13; an Ehefrau: 1372 37; gegenseitig unter Ehegatten: 1370 32; an Verwandte: 1363 122, 1373 47; an nicht identifizierbare Dritte: 1369 5, 1374 8 I. 2. Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. assignavit/dedit q. n. n. n.): an Abkömmlinge: 1359 13, 14, 1360 28, 1361 12, 24, 65, 96, 1362 18, 34, 1363 9, 13, 42, 46, 49, 59, 63, 83, 85, 86, 107, 130, 139, 141, 143, 144, 145, 147, 1364 12, 33, 57, 67, 71, 1365 13, 18, 21, 23, 35, 57, 1366 21, 30, 48 (morgingebe), 55, 70, 79, 86, 1367 19, 25, 33, 1369 7, 8, 10, 26, 1370 33, 1371 22, 1372 5, 10, 49, 56, 1374 4, 6, 1375 70, 101, 1376 12, 1381 27, 62; an Ehefrau: 1363 119; an Verwandte: 1362 3, 14, 32, 69, 1363 137, 1364 40, 53, 69, 75, 1365 33, 1370 9, 1374 38; an Schwiegerkinder/-eltern: 1359 34, 74, 1363 138, 1367 5 (EL), 1381 1; an Stiefkinder: 1363 75; an nicht identifizierbare Dritte: 1360 52, 55, 61, 73, 1361 8, 1362 53, 73, 1363 58, 124, 129, 1364 4, 8, 58, 61, 1365 24, 32, 64, 1370 2, 1372 47; an Kirche: 1373 64; an das Spital: 1369 37 I. 3. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge an Ehefrau: 1363 11; an Verwandte: 1363 54, 59, 114, 123, 1365 12, 15, 1367 6, 1372 5; an nicht identifizierbare Dritte: 1363 17, 33, 1373 16 I. 3. c Verfügungen unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge an Verwandte: 1363 11, 114 II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten 16

Gruppen ohne Eintrag werden nicht aufgeführt.

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II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung an sonstige Verwandte: 1373 52; an nicht identifizierbare Dritte: 1373 11 II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hot vff gegebin all sin/ir gutir n. n.): an Abkömmlinge: 1362 13, 27, 1368 9; an Verwandte: 1360 56 (Verkauf eines Anfalls an den Bruder), 1362 65 (Stiefsohn), 83 (Bruder), 40 (Vettern), 105, 1374 10 (Stiefvater); an nicht identifizierbare Dritte: 1363 33 (mit Gegenleistung eines Altenteils), 90, 92, 1364 83, 1374 8 (mit Gegenleistung Altenteil) II. 4. c Verfügungen über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung an Abkömmlinge: 1359 60; an Ehefrau: 1365 21 II. 4. d Verfügungen über eine Kindesteilsquote an Abkömmlinge: 1363 10 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. resignaverat omnia bona, que possent ei cedere a n. n.): 1359 1, 67, 1360 13, 26, 38, 1361 45, 51, 53, 66, 1362 12, 28, 50, 1363 24, 25, 28, 31, 36, 50, 54, 1364 45, 48, 64, 1365 15, 21, 1366 44, 51, 53, 1369 6, 10, 1371 23, 1376 62, 1377 4 III. 2. Anordnung von Auflagen an die Erben: 1373 11 III. 5. Widerruf einer Verfügung durch den Verfügenden selbst (daz wedir sprach her): 1365 21

12. Das Stadtbuch von Freiberg/Sa.17 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung: I 73 (1392: [...] were abir, daz Francze abeginge, si solde die gnante sine muter die zcwey schok habin an alle dem, daz er lest, und wer dez gebruchet, der sal daz gelt bezcalen) I. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. hat ufgegeben n. n. illud): I 31, 35, 36, 60, 70, 74, 86, 92, 100, 149 I. 3. a Verfügung ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge: I 43, 49, 74, 107 II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten 17

Auch hier werden Gruppen ohne Eintrag nicht gelistet.

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II. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. hat ufgegeben n. n. al sin gut [halp], were, daz er abesturbe, so sol sie/er daz [halbe teil syns] gut[es] nehmen): I 93, 147 II. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. hat ufgegeben n. n. al syn gut [halp]): I 52 (Verpfändung gegen Kredit), 53 (Verpfändung gegen Kredit), 76 (Verpfändung gegen Kredit), 93, 106; eines Anfalles: I 114 (Mannesanfall an den Sohn gegen lebenslange Versorgung) II. 3. a gegenseitige Verfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung: I 65 (1390: Husel unde Elze Fleyscherynne habein vor den burgern gewillekurt alles, daz sye mit eynander habin, welche under en zcwen abeginge, daz is an dy ander lediklich an alle hindernisse gefallen zulle) II. 4. d Verfügung über eine Kindesteilsquote unter Erlebensbedingung: I 60 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht (n. n. hat sich vorzcegen alles, was ir/im anirstorben ist adir noch anirstorben mochte): I 43, 60, 86, 94, 97, 107, 110

13. Das Stadtbuch von Böhmisch-Kamnitz 18 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hat vorgeben n. n. daz gut/den halben garten noch sinem/irer tode): an die Kirche: 1393 48, 1395 62 I. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hot auffgegeben n. n. daz gut): 1389 28 (mit Gegenleistung Altenteil), 29 (mit Gegenleistung Altenteil), 1393 45 I. 2. c Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. hat vorlanget vnd vff gegeben daz gut n. n. mit zilschem vnder scheide, das her in ime sich neren sol, dy veil her lewet, vn gehindert, vnd noch seynem tode daz gut n. n. sey mit allem rechten): 1382 11 (mit Einwilligung des Grundherrn) II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten

18

Unbesetzte Gruppen werden nicht aufgeführt.

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II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hat vor geben noch sinem/ire tode ale sin/ir gut, das si gehaben mag vnd noch gevint) an sonstige Verwandte: 1395 64 (Bruder, mit Gegenleistung Altenteil); an die Kirche: 1393 48 II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hat vorreycht n. n. alle sin/ir gut): 1389 31 II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. vnde seyn ewrawe han eyn ander vor reichet vnd vor gebin ir guter, vnde ab n. n. ab ginge, ader ab stiurbe, za schallin dy selbin guter gewallin an seyne ewrawe [und umgekehrt]): 1395 61 (bei Erbengeburt 2/3 an die Kinder, 1/3 an die Ehefrau) II. 4. a Verfügungen über eine Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. hat n. n. sein gut halp vor geben vnd vorlanget noch seinem tode): an die Ehefrau: 1385 16 III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. hat sich vor czigen vor dem rechten, vas er rechtes in dem gute gehabet haben, das sines vaters gewest is): 1382 10, 1385 15, 1385 17, 1387 24, 1387 25 (Verzicht gegen Abschichtung), 1387 26, 1391 37, 1392 40, 41, 42, 1393 47, 1395 66, 1396 67, 1398 72

14. Das Stadtbuch von Dux19 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hot vorgabet illud noch seynem tode) gegenseitig unter Ehegatten: 1395 214 (Erlebensbedingung in Form der Längstlebendenklausel), 216 (noch ein Sohn beteiligt); an sonstige Verwandte: 1390 15 (vorderunge an den nesten frund), I. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hot vorgabet vnd vorreycht illud noch seynem tode) an Ehefrau: 1396 234 (Erlebensbedingung in Form der Längstlebendenklausel), an Kirche: 1397 271 I. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hot vorgabet vnd vorreicht illud) an Abkömmlinge: 1395 184, 1396 231, 1397 242, 258; an 19

Gruppen ohne Eintrag werden nicht aufgeführt.

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sonstige Verwandte: 1390 10 (Verkauf), 1394 192, 1398 298; an (nicht identifizierbare) Dritte: 1390 19 (Verkauf), 24, 1391 50, 51, 61, 67 (Verkauf), 68, 69, 71, 75 (Forderung), 1392 81, 95 (mit EL), 96, 97, 104, 106, 110, 122, 123, 1393 125, 127, 128, 135, 140, 141 (Verkauf), 144 (Verkauf), 155 (Verkauf), 163, 165, 1394 170 (Verkauf), 171, 172, 174, 177, 178, 186, 187, 191, 195, 1395 209, 212, 1396 220, 221, 223, 224, 225, 229, 236, 237 (Schwiegertochter – snvr), 1397 248, 253, 254 (Verkauf), 257 (Verkauf), 260, 263, 265, 269, 272, 1398 278, 279, 283, 286, 290, 291, 292, 293, 294, 1399 302, 307, 309, 310 (SBK), 317 (Verkauf), 321 (Verkauf), 323, 324, 1400 329, 330, 340, 343, 344, 345, 353, 358; an Kirche: 1400 341, I. 2. b Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hot vorgabet vnd vorreicht illud in sulcher mosze, das her seyn gewaldig seyn sal czu vorkauffen, vorseczen, wen her will, dieweile her lebet) an sonstige Verwandte: 1392 83 (mit Wiederkaufsrecht), 1389 289 (Neffen), I. 2. c Verfügungen ohne Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. hot vorgabet vnd vorreycht illud czu haben in sulcher mosze, das derzelbe des genisen sal, dieweyle her lebet) an (nicht identifizierbare) Dritte: 1395 199 (Schwiegertochter), an Kirche: 1398 300 I. 3. c Verfügungen unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. hot vorgabet n. n. illud noch seynem tode, so sal sie illud haben vnd der genisen, dieweyle sie lebet, vnd der nicht gewaldig seyn czu vorkeufen) an Ehefrau: 1397 271 (mit VVorbehalt) I. 4. Vermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung (n. n. hot bekant, das illud seyn sol n. n.) 1399 306 (der Schulmeister vermacht seine Bücher seinem Sohn) II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten II. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hat vorgabet und vorreichet seyn gut, beyde, varende und unvarende, noch seynem tode oder nach toder hant) an Abkömmlinge und Ehefrau: 1390 11 (2/3, 1/3); an Abkömmlinge: 1392 84 II. 1. b Verfügungen unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hat vorgabet vnd vorreichet noch seynem tode all seyn/ir gut, beyde, varende und unvarende) an Ehefrau: 1390 20 (mit Auflage); an sonstige Verwandte und Ehefrau: 1390 13 (1/2, 1/2); an nicht indentifizierbare Dritte: 1390 31 II. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hot vorgabet vnd vorreychet all seyn gut, varnde vnd vnvarnde habe) an sonstige Verwandte: 1390 44 (mit Auflage), 45 (Anfall); an Dritte: 1391 49 (mit Genehmigung des Neffen), 1395 207 (Schwager), 1396 219 (Stiefsohn), 222

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II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. hot vorgabet vnd vorreichet all seyn/ir gut, varende vnd vnfarende in sulcher mose, welches under en ee sturbe, das das gut das lebendige behalden sal vnd an is gefallen; später verkürzt: n. n. hot aufgeben allez seyn gut seyner vrouwen, alzo, daz daz lebendige behalt) 1390 27, 1391 54, 57, 1392 82 (Erben eingeschlossen), 98, 121, 124, 1393 149, 150, 154, 166 (Erben eingeschlossen, VVorbehalt), 1394 173 (Erben eingeschlossen), 191, 1395 209, 213 (Erben eingeschlossen), 1396 232, 233 (Erben eingeschlossen), 1397 241, 272, 1399 305, 306 (Erben eingeschlossen), 1400 342, 351, 360 (ausgenommen Hergewete und Frauenkleider) II. 4. a Verfügungen über einer Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. hot vorgabet vnd vorreycht das …teyl aller seyner guter, an varnde vnd vnvarnde habe, nichtes ausgenvmen, in sulcher mosze, welches ee stirbet, das ys das lebende behalde) an Ehefrau: 1395 205 (VVorbehalt) II. 4. b Verfügungen über eine Vermögensquote ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hat vorgabet vnd vorreicht all seyn gut halb in sulcher mosze, das her seyn gewaldik seyn sal dieweile her lebet) an Abkömmlinge: 1393 164 (mit todesbedingter Auflage) II. 4. d Verfügungen über eine Kindesteilsquote (n. n. hot bekannt, das n. n. gleych teil haben sal an allen gutern als ander ir geswisterde) an Abkömmlinge: 1395 200 (VVorbehalt); an Ehefrau: 1396 234 (1/2 neben Brüdern und deren Kindern), 1397 252 (1/3) III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. hot vorczehen alles seynes angevelles/erbes fast ausschließlich nach Abschichtung) 1389 1, 1392 103, 1393 131, 132, 153, 1394 175, 1395 211, 218, 1396 239, 1397 245, 264 (an Gerade), 1398 277, 288, 1399 316

15. Das Stadtbuch von Zipser Neudorf20 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügungen unter Erlebensbedingung (n. n. hat bescheydin n. n. illud, ob got vber in gebut): 82 (Anfall), 89 (gegenseitig unter Ehegatten: Kleider und Bettgewand), 93

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Gruppen ohne Eintrag werden nicht aufgeführt.

710

Anhang

I. 2. a Verfügungen ohne Erlebensbedingung (n. n. hat begabin n. n. illud): 14 (Anfall), 87 (Ersatzklausel) I. 4. Einzelgutsvermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung: 12 (gemeinschaftlich unter Ehegatten, SBK) II. Verfügungen über Vermögensgesamtheiten II. 3. a gegenseitige Verfügungen unter Ehegatten unter Erlebensbedingung (n. n. hat beschedin n. n. al syn gut vnd dy fraw hat ym weder ir gut beschedin alsso, wer czv dem erstin sterbit, daz das andir daz gut nemen sal – nur in der Variante des Dritteils): 10, 11, 13, 22, 28, 29, 38 (SBK Kirche), 39, 47, 48, 50, 55 (Drittel an seyner habe, is sey erbe adir farende habe), 56, 57, 59, 61, 70, 71, 76, 78, 79, 80, 81, 91, 92 II. 4. a Verfügungen einer Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. hat bescheydin n. n. noch zeym tot seyn gut): 34 (Drittel) II. 4. c Verfügungen einer Vermögensquote ohne Erlebensbedingung ohne Verfügungsvorbehalt: 90 (SBK)

16. Auszug aus den Schöffenbüchern von Breslau21 I. Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände I. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. hat ufgereicht n. n. illud noch sinem tode): RLS I 1349 150, 1350 179 (Gegenleistung), 1350 186 (mit Auflagen an die Begünstigten), 1352 227, I. 1. b Verfügung unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hat ufgereicht n. n. illud noch syme tode – oder: ab her/sie in ubirlebit oder: ab an im icht gesche – di wyle her abir lebit, so wil her selbir mite tun und lossin): RLS I 1345 47, 49, 72, 1346 93 (mit Auflage zur Seelgerätsstiftung an die Begünstigten), 104, 1349 170, 1350 194 (vor dem Rat), 195 (vor dem Rat), 1351 207, 1356 264 (vor dem Rat), I. 1. c Verfügung unter Erlebensbedingung mit Nießbrauchsvorbehalt (n. n. hot begobit und ufgereicht n. n. illud noch syme tode, dy wyle her/sie abir lebit, so sal her/sie sin bruchin und genisin und sal ir ouch der/dem n. n. dy selbe gift nicht entpfremdin): NL 1368 19 (weder vor Rat noch vor Schöffen), RLS I 1347 121, 1348 138

21

Gruppen ohne Eintrag werden nicht aufgeführt. Siglen: HH = Hirsuta Hilla, NL = Nudus Laurentius, RLS = Registra librorum scabinorum.

Anhang

711

I. 2. a Verfügung ohne Erlebensbedingung (n. n. dedit/dimisit n. n. illud (bonum, hereditas sita, q. n. marcas)): HH 1299 4, RLS I 1345 41, 42 (Kauf), 44, 45 (Kauf), 46 (Kauf), 48 (Gegenleistung), 51 (Schlussbegünstigtenklausel), 53 (Kauf), 54, 55 (Kauf), 57, 58 (Kauf), 60 (Kauf), 61 (Kauf), 63 (Kauf), 64 (Kauf), 66 (Kauf), 68 (Kauf), 70, 77 (Kauf), 79 (Kauf), 87 (Kauf), 89, 1346 95, 96 (Kauf), 99, 100, 106, 1347 109, 112 (Kauf), 113, 116, 117, 120, 123 (Kauf), 124 (Wiederkaufsrecht), 125 (Kauf), 127 (Zinskauf), 129 (vor dem Rat, Vollziehung durch einen Ratmann vor den Schöffen), 130 (Kauf), 1348 134, 135 (Kauf), 136, 137 (Kauf), 139, 140 (Kauf, Wiederkaufsrecht), 145 (Kauf), 1349 146, 147, 148 (Seelgerät), 151, 155, 160, 162 (Kauf), 163 (Kauf), 164 (Kauf), 165 (Kauf), 166, 169 (Kauf), 1350 175, 188, 191 (Kauf, vor dem Rat), 198 (Kauf), 200 (Kauf), 201 (Kauf, Wiederkaufsrecht), 1351 209 (Kauf), 211 (Kauf), 212 (Kauf), 213 (Kauf), 214, 217 (Kauf), 1352 219 (Kauf), 221 (Kauf), 223 (Kauf), 225, 226 (Kauf), 1353 230, 231, 234 (Kauf), 235 (Kauf, EL), 236 (Kauf), 1354 239, 240, 241 (Kauf), 242, 245 (Kauf, Eviktionsklausel), 246 (Kirche), 247, 248 (Verpfändung), 1355 251 (mit Auflage an die begünstigte Tochter), 254 (Kauf), 255 (mit Auflage), 256, 258 (Kauf), 259, 260 (Kauf, EL), 1356 261 (Kauf), 263 (Kauf), 265 (Kauf, vor dem Rat), 267 (Kauf, durch einen Priester, vor dem Rat), 269 (Kauf, EL, vor dem Rat), RLS II 1359 277 (Kauf, Eviktionsklausel), 1361 280 (Kauf, vor dem Rat), 1364 282 (vor dem Rat), 1366 285 (vor dem Rat, Kauf), RLS III 1370 287 (Kauf, vor dem Rat), 1371 289 (mit Auflage), 1372 290 (Kauf, vor dem Rat) I. 3. a Verfügung ohne Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. hat ufgereicht n. n. illud czu irme lybe): RLS I 1345 57, 1347 118, 1348 132, 142 I. 3. b Verfügung ohne Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt zu Leibgedinge (n. n. hat ufgereicht n. n. illud czu irme libe, abir di wile her selbir lebit, so will her sin sin ein herre czu tun unde czu lossin): RLS I 1350 180 (mit Auflage an die Begünstigte: wer abir des, daz her e storbe wenne se, so sal se is in keyne vremde hant nicht brengin) I. 3. c Verfügung unter Erlebensbedingung zu Leibgedinge (n. n. hat ufgereicht n. n. illud czu irme lybe ap sy in ubirlebit): RLS I 1345 65, 1348 133 (SBK), 1353 231 I. 4. Einzelgutsvermächtnisanordnung unter Erlebensbedingung (n. n. hat ufgereicht n. n. illud bevor us zu hebin ab sy in ubirlebin): RLS I 1345 78 (mit Verfügungsvorbehalt), 1347 122 (EL, RB: Begünstigte behält ihren Witwenstuhl bei den Kindern des Verfügenden), 1349 168, 1350 199, 1351 207 II. Verfügungen über eine Vermögensgesamtheit II. 1. a Verfügung unter Erlebensbedingung (n. n. hat ufgereicht n. n. alles daz her hat adir immir gewinnet, ab her in ubirlebit, czu tun und czu los-

712

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sin): RLS I 1345 90 (Fahrhabe), 1349 154 (zu treuer Hand, Empfänger soll sich nach den späteren Weisungen des Verfügenden richten), 157 (mit Auflage an die Begünstigten), 168 (Wiederverheiratungsklausel – Kindesteil), 1350 173 (vor dem Rat) II. 1. b Verfügung unter Erlebensbedingung mit Verfügungsvorbehalt (n. n. hat ufgereicht n. n. allis, daz her hat an erbe und an gute adir ymmer gewinnet, ab sy in ubirlebit, czu tun und czu lossin, dy wile her abir lebit, so wil hers selbir eyn herre sin czu tun und czu lossin): RLS I 1345 71 (halbes Gut, Wiederverheiratungsklausel), 73, 78, 1346 103, 105, 1350 177 (alle Fahrhabe, alle Forderungen, Wohnrecht), 1350 183 (vor dem Rat, Bürgermeister bekundet und vollzieht erneute Verfügung an die Begünstigte vor den Schöffen), 1350 186 (Gerade an jetzige und künftige Kinder, die Gerade wird als ingetum bezeichnet), 197 (mit Auflage), 202 (Verfügung durch Vertreter), 1352 227 (an Frau, RB EG, Wiederverheiratungsklausel), 1355 249, 252 (vor dem Rat), 1356 271 (Gerade, Hausrat, einzelne Grundstücke, Zins an eine Nonne zu Seelgerät), RLS II 1365 284 (vor dem Rat, alle sin gut unde schuld), RLS III 1371 288 (an Vormünder zur freien Verfügung nach dem Tod) II. 3. a gegenseitige Verfügung unter Ehegatten unter Erlebensbedingung mit Verfüggsvorb. (n. n. hat ufgereicht n. n. allis, daz her hat adir ymmer gewinnet an erbe und an gute ab sy in ubirlebit, czu tund und czu lossin; dy wile her abir lebit, so wil her selbir mite tun und lossin, idem ipsa n. n. simili modo n. n. omnia predicta resignavit): RLS I 1345 43, 1350 192/193 II. 4. a Verfügung einer Vermögensquote unter Erlebensbedingung (n. n. assignavit n. n. portionem omnium bonorum suorum post mortem suam faciendo et dividendo): HH 1347 3 (mit Verfügungsvorbehalt), RLS I 1345 76, 1349 171 (Einkindschaft) III. Varia III. 1. Verzicht an Erbrecht bzw. an Verfügung (n. n. hat sich vorczigen alles des erbis): an Erbrecht RLS I 1345 52, 69, 1346 94, 1347 114 (Geradeverzicht), 1348 131, 1349 156, 1352 224 (Verzicht ggü. der Mutter zu Lebzeiten ein Erbrecht geltend zu machen), 1352 229, 1355 250, 1356 262, an Verfügung RLS I 1345 50, 1349 153, III. 2. Anordnung von Auflagen an die Erben (n. n. hat bescheydin, daz man q. n. tun sal noch syme tode): RLS I 1349 148 (mit Verfügungsvorbehalt)

ORTS-

UND

P ERS O N E NR E GISTER

A Aachen 14, 30, 105, 170, 181, 360 Aargau 271 Abbo 309-311 Acutia 267 Adalbero II. v. Metz 261 Adalbert v. Prüm 277 Adalgisel-Grimo v. Verdun 304 Adalsinda 245 Adela v. Pfalzel 251 Aders, Günter 34, 35, 315, 341, 346 Adler, Siegfried 38 Aetius 289 Agricola v. Reims 287-290 Aken 120, 425, 470, 478, 485, 486, 495, 504-512, 516, 522, 524-528, 530, 536, 538, 544, 551, 570, 601, 603, 604, 669 Alarich 60 Albert II. v. Magdeburg 488 Albrecht der Bär 505 Albrecht I. v. Anhalt 534 Albrecht II. v. Thüringen Meißen 455 Aldrich v. Le Mans 295 Alemannen 69, 71 Alsleben 534 Altenberg 476 Altendresden Altzelle Amalfried 242, 243 Amira, Karl v. 4, 28, 32, 217

173,

302-

340,

483, 514, 533, 592,

Andernach 121, 131, 205, 313, 314, 350, 351, 354, 600, 603, 644, 647, 656 Anex-Cabanis, Danielle 144 Angers 207, 209 Angilberga 283-286 Anglinus v. Stablo-Malmedy 253 Angoulême 234 Anhalt 418, 533, 534 Aquitanien 234 Arcadius 298 Aridius v. Limoges 291, 292, 295, 305 Arles 290, 291, 309 Arnulf 245 Asia 22 Athugrim v. Husten/Ruhr 259, 260 Augsburg 74, 261 Augustinus 188 Ava 311 B

und

143,

Babenhausen 313 Bad Salzelmen 623 Basel 172 Bautzen 471, 478, 560-562, 564, 566-569, 603, 604, 704 Bayern 69, 71 Beaulieu 311 Behrend, Jacob Friedrich 614, 622, 629 Belgien 68 Benediktbeuren 55 Berachar 243 Berlin 471 Bernhard v. Italien 274 Bertelsmeier-Kierst, Christa 373, 418

Register

714 Bertrada v. Prüm 247, 251 Bertram v. Le Mans 292-295, 305 Bertrand v. Metz 349 Beseler, Georg 1, 17, 47, 48, 54, 55, 82-84, 86, 136, 146, 147, 225, 314, 579 Beyerle, Franz 164 Beyerle, Konrad 462, 463 Bignon, Jérôme 207, 227 Bivo v. Villance 276, 277 Böhmen 71, 120, 410, 419, 559, 599, 601, 602, 619 Böhmisch-Kamnitz (Česká Kamenice) 62, 471, 572, 573, 576, 578-581, 602, 706 Bologna 20 Bonn 313, 350 Boretius, Alfred 180 Borna 474 Bosoco v. Husten/Ruhr 260 Brandenburg 410, 418, 419, 471, 505, 517, 518, 534, 544, 547, 551, 556-559, 601, 603, 702 Braunschweig 62, 533 Breslau (Wrocław) 423, 433, 435, 436, 440, 441, 443, 444, 446, 452, 453, 471, 478, 503, 544, 588, 591-594, 602, 609, 611, 612, 614, 618, 621-624, 626, 628, 629, 631, 634, 635, 710 Brügge 313 Brühl, Carlrichard 4 Brun v. Köln 261 Brunner, Heinrich 19, 28, 32 v. Buch, Johann 70, 355, 379, 386, 388-390, 394, 398, 405, 456 Buchner, Rudolf 14, 158, 207 Bundesverfassungsgericht 17 Burg 355, 406-409, 471, 546550, 602-604, 699 Burgscheidungen 170 Burgund 171, 280 Burgundofara 295-301, 305 Bouyssols 261

C Caesar, Gaius Julius 154 Caesarius v. Arles 290, 291, 309 Calbe 470, 477, 543-546, 598, 602-604, 698 Chalon-sur-Saône 290 Charibert 234 Charroux 256 Chemnitz 474 Childebert 235, 236, 250 Chilperich 14, 217, 234-236 Chlodwig I. 9, 14, 60, 170 Chlothar I. 170 Chlothar II. 158, 294 Chramnetrud 306, 307 Chrodegang 253 Colditz 474, 475 Corvey 172, 173, 370 Crimmitschau 475 D Dagobert I. 158 Dahlen 475, 476 DDR 420 Dessau 481, 504 Deutschland 18, 44, 53 Deutz 313 Diedenbergen 313 Dietrich II. v. Wettin und Eilenburg 367, 370, 371 Dilcher, Gerhard 50 Dippoldiswalde 449, 450 Dohna 472 Dolezalek, Gero 9 Domitian 22, 23 Donau 22 Dresden 370, 420, 472, 481 Dux (Duchcov) 471, 580-583, 585, 601, 707 E Ebel, Friedrich 119, 419-422, 557

Register

Eberhard 248, 249, 250 Eberhard v. Friaul 277, 279, 280 Ebroin 247 Eccard, Josef Georg 154 Echternach 244-246, 250, 251 Eckhardt, Karl August 14, 131, 132, 134, 143, 151-155, 194, 216, 237, 372, 404, 424 Egidius v. Reims 235 Egilolf v. Fulda 282 Eichhorn, Karl Friedrich 33, 146 Eike v. Repgow 59, 70, 129, 358, 369-379, 381, 382, 384-386, 388-392, 394-401, 403, 404, 411, 412, 415, 418, 431, 435, 437, 452, 470, 516, 639 Eilenburg 366, 370, 396 Einhart 14 Eisenach 425, 455-457, 460 Elbe 407, 504, 543, 623 Elsass 271 Elster 170 Endemann, Hermann Ernst 202 Eppelsheim 313 Erler, Adalbert 119, 197 Erlulf 272, 273 Ermembert 240 Ermenoara 240 Erminetrud 307-309 Ermisch, Hubert 445, 474, 475, 481, 484, 560, 570 Ernst v. Wettin 518 Erpolzheim 313 Eufrasia v. Limoges 255, 256 Eugenia v. Hagenau 249 Euler, Ludwig Heinrich 314 Europa 21, 22, 23, 72, 116 F Falkenau 471 Faremoutiers 295, 298, 299, 301 Felix v. St. Bertin 252 Flavigny 222, 249 Flörsheim 201, 203, 313

715 Franken 5, 11, 68, 69, 71, 133, 157, 170, 171, 178, 179, 206, 265, 356 Frankenberg 476 Frankfurt/M. 74, 130, 200, 313, 314 Frankreich 68 Freiberg/Sa. 355, 356, 424, 444451, 471, 472, 482, 570, 572, 705 Freiburg i. Br. 74 Freising 87 Friaredus 289 Friaul 277 Friedrich v. Wettin und Eilenburg 366-371, 396 Friese, Viktor 607 Friesen 71 Fulda 201-204, 282 Fulrad v. St. Denis 262, 264-266 G Gal, Alexander 19 Ganshof, François Louis 179, 181, 183 Geffcken, Heinrich 146 Geising 476 Gengler, Heinrich Gottfried 33, 143 Gent 313 Gerber, Carl Friedrich 33 Gerhard v. Villance 276, 277 Germania Inferior 22 Germania libera 22 Germania Superior 22 Giebichenstein 517 v. Gierke, Otto 153, 218, 379, 380 Gisela v. Friaul 277, 279, 280 Goeramn v. Prüm 277 Goldberg (Złotoryja) 421 Görlitz 355, 401-405, 423, 432, 443, 444, 452, 463, 476-478, 562, 569

Register

716 Gorze 253, 260, 261 Goslar 414 Gregor v. Langres 14 Gregor v. Tours 14, 234-236 Grimm, Jacob 4, 30, 31, 35, 41, 153, 156 Grimma 478 Groß-Salze 485, 623 Guérout, Jean 297-299, 301 Guigo 311 Guitbald v. Bouyssols 261 Gundobad 14 Gunthchram 235, 236 Guyenne 261 H Haarländer, Stephanie 37 Haddo 305 Hadoindus v. Le Mans 305, 306 Hagemann, Hans-Rudolf 33, 34, 144 Hagenau 248, 254 Haimo 249 Halle/Saale 62, 89, 120, 423-425, 440, 445, 465, 470, 478, 482, 483, 485, 487, 495, 506, 507, 517, 518, 520-528, 530-533, 535, 536, 538, 544, 570, 571, 599, 601, 603, 604, 607, 632, 634637, 675 Hamburg 432 Hamm 313 Hardgrim v. Husten/Ruhr 259, 260 Hartmann, Gustav 20, 79, 80 Harz 171 Hasse, Johann Christian 174 Hattenhauer, Hans 32, 89, 142, 144 Havel 556 Heccard v. Burgund 280-282 Heden d. Ä. 171 Heiliges Römisches Reich 72, 78, 312, 640

Heinrich I. 262 Heinrich I. v. Schlesien 422 Heinrich vom Steinhaus 451-453 Helaria 289 Hellwig, Konrad 80 Helmbald v. Wedap 258, 259 Heribert v. Köln 261 Herminafried 170 Herold, Johannes 151, 172, 177, 216 Hertel, Gustav 470, 518, 544, 635 Hessen 68, 456 Heusler, Andreas 43, 143, 158, 161 Hildifraud v. Prüm 277 Hillersleben 502 Hoeniger, Robert 315, 316, 318, 351 Hofheim 313 Homeyer, Carl Gustav 420 Hübner, Rudolf 33, 43, 66, 8487, 107, 158, 161 Hugo v. Hagenau 254 Huizinga, Johan 60, 72 Hülße, Robert 470, 485, 488 I Idda 306 Ingelheim 74, 119, 197, 313 Ingoberga 234 Irmina v. Oeren 244, 247, 251 Irmingard 286 Isidor v. Sevilla 374 Italien 5, 59, 69, 274 J Jecht, Richard 476-478 Jena 49 Johann v. Michelsberg 572 Joswig, Dietrich 263 Judith v. Friaul 280 Jungandreas, Wolfgang 153

Register

Justinian 60 K Kalkar 313 Kamenz 479 Kannowski, Bernd 387 Karl d. Gr. 4-6, 14, 70, 162, 170, 171, 180, 181, 200, 211, 256, 264, 356, 361, 362 Karl d. Kahle 58 Karlmann 248, 253, 254 Karl Martell 244, 246, 248, 250, 251, 254 Karolinger 71, 127, 129, 180, 192, 231, 237, 356 Kaschau (Košice) 484 Kaser, Max 55, 115 Kasten, Brigitte 50, 51, 55, 237, 239, 267, 272, 280, 281, 285 Kilchmann, Anton 143 Kisch, Guido 632 Kleve 247, 313 Klötzer, Wolfgang 462, 463 Kochmann, Karl 581 Koebler, Gerhard 11, 153 Kolin 479 Köln 5, 11, 40, 70, 71, 76, 89, 92, 112, 114, 121, 125, 130, 131, 157, 205, 261, 312-315, 317, 318, 320, 323, 325, 327, 331-333, 337, 340, 341, 344-346, 349-352, 354, 384, 462, 495, 538, 592, 600-602, 604, 644, 647 Köln-Dilles 320 Köln-Niederich 320 Komotau (Chomutov) 580 Königstein 479 Könnern 485 Košice 72 Kroeschell, Karl 13, 374, 418 Krzemienica 473 Kulm (Chełmno) 423, 425, 465, 467, 484 Kundbert 272, 273

717 Kunigunde v. Italien 274-276, 285 Kurbrandenburg 517 Kursachsen 518, 570 L Laband, Paul 419, 422, 424, 443, 591 Landau, Peter 49, 175, 177, 183, 185, 186, 223, 357, 366-369, 371 Landerich 210 Lange, Arno 474 Larenz, Karl 101, 104 Laun (Louny) 619 Lausitz 120, 470, 604 Leipzig 74, 418-420, 452, 465, 466, 468, 474, 475, 482, 483, 533, 607 Leisnig 483 Leitmeritz (Litomeřice) 479, 608, 609, 619 Le Mans 292-295, 305, 306 Lieberich, Heinz 233 Liebstadt 472 Liesegang, Erich 607 Limoges 291 Lindenbrog, Friedrich 207, 227, 230 Lipp, Martin 33, 34, 144 Liudger v. Werden 258 Liutprand 12 Löbau 473, 479 Lommatzsch 479 Loersch, Hugo 119, 197 Lübeck 40, 74 Lück, Heiner 418, 474 Ludwig d. Fr. 71, 92, 152, 156, 180, 183, 187, 188, 190, 279, 283, 361 Luitfried 248, 249 Lupus v. Ferrieres 171 Lupus v. Reims 287, 288, 290 Lyon 234, 289

Register

718 M Maas 227 Magdeburg 5, 67, 72, 74, 119, 120, 355, 372, 390, 402, 404, 407, 409, 417, 418-425, 429, 431-438, 440-448, 452, 453, 455457, 460, 463, 465-473, 478, 482, 484, 485, 488, 503, 506, 514, 515, 517, 518, 537, 543, 547, 549-552, 556, 569, 591, 593, 599-604, 607-617, 619-624, 626-629, 631, 632, 634, 635, 637, 639-642, 645 Mähren 71, 419 Mainz 187, 313 Malmedy 253 Maracharius v. Angoulême 234 Markulf 71, 207, 210-216, 219223, 226, 227, 231, 233 Markward v. Prüm 277 v. Martitz, Ferdinand 70, 96 Mathilde 262 Mauersberger, Arno 23 Mayer-Homberg, Edwin 187 Meaux 210, 295 Meckbach, Hieronymus Christoph 29 Medicus, Dieter 100 Meißen 355, 382, 409, 410, 424, 444, 449, 456, 556, 559, 570, 581 Merkel, Johannes 207, 227, 228 Merowinger 71, 127, 129, 131, 142, 160, 180, 192, 218, 231, 236, 237 Merseburg 366, 367, 370, 371, 377, 518, 534 Metz 253, 261, 349 Meuten, Ludger 49 Meyer, Bruno 299 Meyer, Herbert 194 Mitteis, Heinrich 233 Mordek, Hubert 60, 178 Moselland 68

Mühlhausen 194, 196, 197, 198 Mulde 484 Müller, Robert 34, 49, 109, 143 Munzel-Everling, Dietlinde 200, 201 Müßig (geb. Seif), Ulrike 29, 51, 55, 109, 388, 392, 432, 439 N Naumburg Nehlsen, Hermann 58 Neubauer, Ernst 504, 505, 533, 547 Neu-Bydžow 479 Neuhaldensleben 62, 89, 120, 390, 425, 470, 479, 483, 485490, 492-496, 502-504, 506, 507, 509, 512, 517, 522, 524, 525, 530, 533, 534, 536, 538, 544, 570, 571, 601, 603, 604, 657 Neumann, Eugen 561 Neumarkt (Środa Śląska) 423, 425, 426, 432, 433, 470, 592 Neustadt ggü. Mannheim 313 Nicetius v. Lyon 234 Niederhalbendorf 473 Niederlande 68 Niederlausitz 418 Nonn, Ulrich 34, 36, 55, 119, 208, 221, 222, 237, 238 Nordhausen 194, 198 Notker der Stammler 5 Novalese 309, 310 Nürnberg 74 O Oberlausitz 402, 418, 559, 560 Oeren 247, 251 Oestmann, Peter 144 Ogris, Werner 33, 38, 39, 393 Olmütz (Olomouc) 591 Ortloff, Friedrich 409, 414 Oschersleben 472

Register

Osnabrück 262 Osthofen 313 Otto I. 517 Ottonen 356 P Pahncke, Max 486 Palumbo, Luigi 30 Pappenheim, Max 55, 143 Pardessus, Jean Marie 236, 247, 262 Paris 210, 262, 294 Parma 274, 276 Paulus v. Rieti 261 Pelagia v. Limoges 291 Perrecy-les-Forges 280, 281 Pertz, Karl 236 Peterka, Otto 581-583 Philipp v. Köln 351 Philippi, Friedrich 380 Piacenza 284 Pippin II. 244-246, 248, 250, 251, 253, 254 Pippin III. 246, 254, 264, 274, 275, 311 Planitz, Hans 33, 64, 451 Plektrud 244, 245, 251 Pfalz 68 Pfalzel 251 Piper, Henning 34, 35, 43, 49 Poitiers 234, 256 Polen 66, 410, 419, 473 Pommern 419 Posen (Poznań) 472 Prag (Praha) 479 Preußen 419 Protze, Helmut 480 Prüm 247, 251, 257, 266, 276, 277 Purgoldt, Johannes 425 Q Querfurt 518

719 R Radegundis 170 Raderamn 271, 272 Raginbald 260 Rappert, Klaus 34, 37 Ratpert 272 Rehme, Paul 419, 472, 476, 591594 Reichenau 207, 231 Reims 235, 243, 256, 287-292 Remigius v. Reims 256, 287292, 295, 305 Remigius v. Strassburg 267, 269274 Reolus 243 Rhein 22, 27, 276, 316, 350 Rheinfranken 157 Rheinland 68 Rhône 310 Ribuarien 158 Richard v. Villance 276 Richildis 261 v. Richthofen, Karl Friedrich 174 Riedel, Adolph Friedrich 551, 552, 554, 557 Rieti 261, 266, 267 Rietschel, Siegfried 19 Rindern 247 Rochlitz 484 Rom 22, 23, 77, 105 Rondi, Peter 425, 455 Roßlau 534 Rotger v. Limoges 255, 256 Rothe, Johannes 425, 455-460 Rzeszów 473 S Saale 170, 410 Saaz (Žatec) 479 Sachsen 5, 10, 40, 66, 68, 69, 71, 171, 356, 360, 363, 365, 418-420, 456, 470, 482, 518, 547

Register

720 Sachsen-Anhalt 66 Sachsen-Wittenberg 422 Salier 356 Salona 264 v. Savigny, Friedrich Carl 297 Schelde 227 Schlesien 71, 120, 418, 423, 600, 602, 604 Schmidt, Richard 55, 139, 154, 156 Schmidt-Wiegand, Ruth 144, 158, 379 Schöffenschrein 318, 330, 341 Schönebeck 543, 623 Schönenwerd 272 Schönfeld, Walter 34, 35, 105, 143 Schott, Clausdieter 58 Schröder, Richard 33 Schubart-Fikentscher, Gertrud 419 Schultze, Alfred 19, 20, 31, 143, 217 Schumann, Eva 375 Schulz, Alwin 591 Schupfer, Francesco 143 Schwab, Dieter 380 Schwachenwalde, Hanns 543 Schweidnitz (Świdnica) 423, 425, 480, 617, 623, 626 Schwerin 473 v. Schwerin, Claudius Frhr. 170, 177, 358, 364 Sellert, Wolfgang 33 Sello, Georg 556-559 Sens 207, 223, 225 Siebert, Richard 533 Sigibert III. 158 Slowakei 71 Sohm, Rudolph 143 Spoleto 266 Spreckelmeyer, Goswin 238, 297, 299 Südtirol 71 St. Alban (Köln) 320 St. Aposteln (Köln) 320

St. Benoît-sur-Loire 281 St. Bertin 252 St. Brigiden (Köln) 318, 322, 324, 347 St. Columba (Köln) 316, 318, 319, 348 St. Denis (Paris) 262, 264, 265 St. Gallen 69, 230 St. Gereon (Köln) 320 St. Laurenz (Köln) 318, 319, 324, 327, 346, 347 St. Martin (Köln) 316, 318, 319, 324, 333, 335, 336, 341, 342 St. Peter (Köln) 320 St. Severin (Köln) 320 St. Trond (Köln) 349 Stablo 253 Stein, Simon 13, 58 Steinführer, Henning 420 Stendal 418, 421, 610, 613, 621, 628, 630 Stobbe, Otto 147, 591 Strassburg 267, 270, 273 T Tacitus, Publius Cornelius 6, 17, 21-29, 34-36, 236, 301 Tangl, Michael 263, 264 Tassila v. Rieti 261, 267 Teotfred v. Prüm 277 Tetschen (Děčín) 572 Thancgrim v. Husten/Ruhr 259, 260 Theodosius 298 Theuderich 170 Theuerkauf, Gerhard 358, 368, 369 Thieme, Hans 4 Thietmar v. Merseburg 366, 367, 369-371, 377, 534 Thorn (Torun) 438, 615, 617, 624, 625, 628, 630, 631 Thüringen 71, 170, 171, 173, 199, 356, 363, 410, 418, 456

Register

Tilly 484 Timpe, Dieter 23 Titus 22 Tours 291 Treuenbrietzen 471, 544, 551, 553-555, 557, 566, 700 Trier 183-185, 187-189, 244, 251 traditio Tschechische Republik 66 U Ullrich, Günter 409, 451 Ulm 203 Ulpian 12 Ulrich v. Augsburg 261 Ungarn 71, 419 Unroch v. Friaul 280 Unstrut 170, 171 Ursus 289 Utrecht 248

721 Werdau 452 Werden/Ruhr 258, 259 Werinbrecht 262 Westfalen 410 Wettin 366, 367 Wiarda, Friedrich 146 Wichmann v. Magdeburg 407, 421, 422, 425, 543 Wieacker, Franz 9 Wiesbaden 313 Widerad v. Flavigny 222, 249, 250 Wiliulf 234 Willibrord v. Echternach 245, 250, 251 Wolf, Manfred 101, 104 Wulfoald 245 Wulfaud 241 Würzburg 51 X, Y

V

Ypern 313

Valentinian 298 Verdun 241, 245, 253, 302-304 Vespasian 22 vestitura Victor v. Rieti 266, 267 Villadolus 294 Villance 276, 277 Vismara, Giulio 33, 85, 143 Voser, Peter 143

Z

W Wadle, Elmar 54 Walach v. Prüm 257, 258 Waldo 299 Waltsgott, Felix 544, 546 Wano 261 Wehlisch, Markus 49, 50 Weidemann, Margarete 147 Weisgerber, Leo 4 Wenzel 314

Zerbst 76, 120, 425, 470, 478, 483, 486, 495, 525, 533-539, 541, 542, 544, 547, 557, 570, 571, 592, 601, 604, 688 Zeumer, Karl 211 Zips 120, 419 Zipser Neudorf (Spišska Nova Ves) 471, 588, 589, 598, 602, 709 Zittau 484 Zoepfl, Heinrich 143 Zülpich 170 Zwickau 355, 424, 451-453, 480

S AC H R E G I S T E R Fett markierte Angaben Hauptbelegstellen.

sind

A

abrenuntiatio 346 Abschichtung 195, 323, 331-333, 498, 577 Abschichtungspflicht 196 Adoption 40, 53, 143, 144, 145, 168, 385 adoptio in hereditatem 145, 159, 212 Affatomie 53, 57, 60, 71, 96, 131-157, 161-164, 167-169, 173, 182, 189, 191, 192, 212, 217, 223, 227-231, 233, 236, 238, 260, 263, 281, 318, 516, 645 Affatomieurkunde 229 Allmende 380 allod 97, 176, 209, 216, 218, 351, 353, 642 Altenteil 563, 579 Amortisation 503 andelang, der 230 Anfechtungsrecht 348, 392, 441 Antike, römische 21-23 Anwachsung 34, 40, 42-46, 228, 315 Anwartschaftsrecht 38, 86, 114, 397, 459 Aufgebot 395 Auflage 308, 309, 331, 344, 496, 512, 516, 529, 564, 594, 604 Auflassung 477, 478, 561, 582, 600 Ausradung 541 Ausschlussfrist 626

B Barbar 21 Bauermeister 589 Bedingung 85, 99, 100, 102, 104, 107, 121, 210, 213, 244, 264, 265, 282, 286, 325, 326, 328, 336, 341, 352, 353, 434, 490, 498, 501, 507, 510, 511, 521, 562, 571, 597, 603, 604, 613 Befristung 99, 100, 102, 104, 107, 108, 209, 228, 230, 521, 614, 615 Beispruchsrecht 38, 39, 50, 164, 182, 182, 192, 193, 225, 246, 248, 249, 255, 260, 643 Belagerung 175 Beleidigung 174, 175 beneficium 257 Bergrecht 356, 445 Bischofstestament 262, 312 Blutsbindung 45 Blutsverband 32 190 Brandstiftung 174 Breviarium Alarici 78, 133, 209, 297-299 Bürge 25, 26 Bürgermeister (magister civium) 422, 451, 464, 466, 469, 472, 479, 482, 483, 561, 562, 574, 576, 577, 581, 589 Bürgerliste/-matrikel 468, 570 Bürgerrecht 503 Burggraf 463, 517 Burggrafenamt 422 Bürgschaft 561 Bußzahlung 174

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C Capitulatio de partibus Saxoniae 171, 362 Capitulare Saxonicum 171, 172, 356 Cartae Senonicae 219, 223-226, 233 carta traditionis 272, 273 Chrenechruda 133, 155 Chronik, Merseburger 366-371 Codex Corveiensis 367-369 Codex Theodosianus 14, 78, 238, 297-301 conparatum 176, 209, 216, 218, 220 Confoederatio cum principibus ecclesiasticis 262 Corpus Iuris 20 D Dekret 455 Dekretalen 455 Denarwurf 224 Deutschenspiegel 200 Diebstahl 174, 175 Digesten 455 Ding, gehegtes 317, 466, 467, 472, 474-479, 481, 487, 557, 560, 577, 587, 595, 626, 634 Dingbuch 463 Dingbuch, Bautzener 478, 560569 Dingtag 547, 561 Dogmatik, gemeinrechtliche 19 dominium directum 83 dominium utile 83 donatio 240, 242, 245-248, 251, 255, 275, 331 donatio mortis causa 84, 85 donatio post obitum 84-87, 107, 114 donatio reservato usufructo 84, 87 Dorfgerichtsbuch 473, 588

723 Dorfschöffenbuch 473 dos 226, 230, 231, 323 Dreißigster 383, 384 Dritteil 453, 526, 529, 558, 575, 582, 585, 590, 604, 634 Drittwiderspruch 331 droit coutumier 68 E Edictum Rothari 69 effestucatio 323, 331, 346, 349, 350 Eheeingehung 455 Ehegattenerbrecht 426, 444, 506, 525, 634 Ehegüterrecht 474, 489, 529, 549, 554, 555, 558, 575, 582, 585 Ehevertrag 125, 317, 322, 327, 333, 351, 528 eigen, das 376, 377, 379-382, 385, 388, 389, 391, 395, 397, 399, 404, 410, 412, 427, 429, 431, 441, 445, 447, 448, 451, 457, 459, 488, 529, 531, 600, 630, 636, 642 Eigengut 264, 291, 379, 380, 533, 608, 623 Eigenkirche 276, 285 Eigenkloster 256, 284, 285 Eigentum 281, 285, 294, 338, 379 Eigentumsvorbehalt 102 Einbürgerung 561 Einkindschaft 335, 554, 594, 604 Einrede 392, 440, 441, 453, 559, 644 Einspruch 496, 512, 631, 643 Einspruchsverbot 489 Enterbung 47, 304 Enterbungsklausel 221, 241, 256, 289, 290, 308, 309 erbe, das 198, 199, 379-385, 387, 388, 389, 395, 399, 400, 404, 407, 410-412, 415, 426, 427,

Register

724 430-432, 441, 445, 447, 448, 451, 457, 459, 488, 506, 507, 512, 529, 531, 536, 587, 610, 625, 630, 631, 636, 637, 642, 644 erbeigen, das 381, 382, 384, 385, 388 Erbeinsetzung 3, 77, 80, 86, 94, 95, 115, 125, 182, 208, 209, 217, 225, 236, 241, 268, 270272, 290, 295, 303-306, 331, 354, 385, 594, 596, 641, 646 Erbeinsetzungsklausel 221, 255, 256, 264, 287, 289, 290, 292, 294, 295, 303, 305, 307 Erbenkreis 45, 143 Erbenlaub 18, 37-40, 150, 164, 187, 189, 190, 205, 210, 225, 242, 246, 249, 280, 302, 311, 315, 332, 346-348, 362, 365-367, 369-371, 376, 377, 385, 388-392, 396, 397, 408, 410-415, 435-441, 447, 460, 493-496, 502, 503, 508, 512, 515, 522, 523, 525530, 532, 533, 537, 538, 540542, 548, 551, 557, 558, 563, 568, 569, 575, 583, 593, 599, 604, 607, 621, 622, 624, 626, 627, 629, 632, 634, 637 Erbenschutz 3, 390, 391, 404, 415, 438, 455, 643 Erbenwartrecht 38, 40, 439, 440, 643 Erbfolge, gewillkürte 3, 29, 40, 41, 44-47, 94, 95, 229, 641 Erbgericht 483 Erbgut 176, 209, 210, 220, 225, 242, 255, 257, 282, 346, 380, 381, 408, 412, 413, 415, 431, 432, 437, 441, 453, 457, 459, 512, 515, 522, 527, 530, 533, 535, 536, 538, 545, 557, 559, 604, 607, 608, 610, 611, 622, 634, 635, 642 Erbrecht, deutsches 17

Erbrecht, germanisches 21, 30, 31, 33, 40, 86, 146, 173 Erbteilung 220 Erbtochter 233 Erbvertrag 1, 2, 18-20, 50, 53, 54, 75, 76, 79, 80, 86, 116, 146, 582, 639, 640 Erbverzicht 587, 590 Erbzinsgut 381, 429 Erlaubnistatbestand 358, 360, 365, 366, 390 Erlebensbedingung 99-101, 104, 107, 108, 112, 113, 115, 116, 118, 123-125, 166, 177, 182, 190, 196, 209, 224, 228, 230, 243-245, 247, 250, 252, 253, 258, 260, 280, 281, 289, 294296, 299, 300, 302, 304-306, 321, 322, 325-333, 337, 338, 345, 352, 353, 364, 365, 375, 389, 390, 394, 400, 401, 408, 412, 413, 415, 433, 434, 442, 446, 447, 451, 459, 460, 476, 489-497, 499-502, 508-511, 513, 514, 520-529, 531, 536-542, 545, 548-550, 552, 554, 555, 557-559, 562-564, 566, 567, 569, 574, 578, 579, 583-585, 590, 592-595, 600-604, 605, 607, 610, 612-614, 616, 617, 619, 631, 635, 639 Ersatzerbeinsetung 578 Ersitzung 447, 448 erwerbeigen, das 381, 385 Erwerbsgut 176, 209, 216, 217, 220, 380, 408, 412, 431, 432, 437, 439, 459, 607-609, 622, 626, 634 Erwerbzinsgut 381 F fadum 93, 151, 152, 154 Fahrnis 377, 379-385, 388, 389, 396, 397, 399, 400, 403, 404, 408, 412, 430-432, 436, 441,

Register

453, 459, 477, 492, 529-531, 610, 623, 629, 631 Fallenstellerei 175 Familienbindung 2, 17, 175 Familiengut 17 Familienverband 24 festnung, die 203 festuca 135, 136, 138, 139, 152, 154, 155, 156, 230, 263, 273, 349 Festucawurf 138, 144, 148, 149, 254, 272, 273 Formulae Andecavenses 207-210 Formulae Augienses 231 Formulae Salicae Lindenbrogianae 230 Formulae Salicae Merkelianae 227-230 Frauenerbrecht 368 Frauengut 195 Frauenraub 175 Freiteil 31 Fug 90 fuoga 90-92 Fünfzeugentestament 78 G gairethinx 50, 143, 375 Gebotsrecht 9 Geding 375 Gefangenschaft 405, 406 Geisel 25, 26 Gemeingut 380 Genehmigung 530, 559, 566, 604 Gerade 382, 388, 407, 426, 428430, 432, 433, 444, 457, 459, 489, 492, 493, 494, 499, 510, 512, 539, 540, 545, 552, 555, 558, 564, 585, 593, 629, 634, 642 Gericht, ordentliches 376, 384, 395, 397, 400, 428-430, 436-442, 451, 461, 463, 464, 466-469, 475, 476, 478, 479, 481, 561,

725 562, 564, 565, 567, 569, 573, 576, 589, 595, 598, 600, 608, 610, 631, 636, 637, 645 Gerichtsbuch 313, 318, 403, 420, 463, 469, 471-476, 478-482, 484, 570, 571, 573, 580, 592 Gerichtsherr 463 Gerichtstag 483, 515, 528, 547, 562, 587 Gerichtsumstand 463 Gerichtsverfassung 417, 451, 452, 464, 517, 519, 551 Gerichtszwang 396, 445, 447 Germanen 6, 17, 21, 23-26, 29, 32 Germania 17, 21, 22, 24, 26, 29, 30 Gesamthand 41, 43, 44, 83 Gesamthandseigentum 44, 86 Gesamteigentum 86, 147, 579 Gesandtengericht 182, 183 Geschossliste 468 Geschworene (iurati) 464, 472 Gesetz, salisches 215 gesindelon 383 gesta municipalia 208 gewere, die 393-395, 405, 428, 447, 532 Gewohnheit 555 Gewohnheitsrecht 59, 373, 634 gift, die 201, 202, 205, 443, 444, 493, 499, 624 Gläubiger 25 Glossatorenliteratur 320 Glosse, Buch’sche 387, 389, 393, 394, 398, 399, 403, 405, 432, 445, 455, 456 Glosse, malbergische 57 Graf 380 Grafengericht 138, 140, 162, 182, 192, 234, 260 Grundeigen 379 Grundeigentum 380 Gütergemeinschaft 407 Gütergemeinschaft, fortgesetzte 44

Register

726 Güterrecht 407

K

H

Kaiserrecht, kleines 68, 130, 131, 193, 194, 200-205 Kampfgericht 403 Kapitularien 129, 130, 172, 178193, 219, 261, 277, 283, 312, 358, 363, 643 Karlslegende 200, 201, 414 Kauf 316, 317, 352, 438, 477, 519, 561, 583, 593, 600 Kaufschatz 430, 431 Kindesteil 331, 353, 525-529, 539, 541, 564, 572, 585, 604 Kirchenväter 19 Klerikertestament 18 Kodifikation 14, 53, 54, 58, 74, 141, 142, 168 Kodizill 77, 264 Kodizillarklausel 221, 241, 255, 257, 264, 270, 272, 274, 294, 295, 304 Königsbann 162, 179, 203, 464 Königsgericht 182, 183, 211, 263 Königsgut 380 Konsul 22 Körperverletzung 174 Kraftprobe 205, 396-400, 436, 445, 448, 449, 607, 628, 636 Krankheit 405, 406, 408, 409, 435

Halbteilung 407, 474, 506, 510512, 526, 539, 549, 551, 552, 554, 555, 558, 585, 604 Hausgemeinschaft 31, 39-41, 50 Hausgut 39 Heimfall 553 Herausgabeklage 39, 396, 401, 448 hereditas 175-177, 224, 353, 359361, 363-365, 368, 384, 487, 506, 535, 536, 557 hereditas aviatica 217 hereditas iacens 95 heres 26, 147, 306 herwede 382, 383, 388, 407, 428, 432, 444, 457, 459, 512, 545, 552, 555, 585, 629, 642 Hildebrandslied 97 Historische Schule 54 Hochgericht 463, 465, 468, 469, 517, 591 Hungersnot 365, 413 Hypothekenbuch 462, 463 I investitura 93, 186, 277 ius civile 78, 255, 272, 274, 304, 320 ius Divinum 188 ius liberorum 209 ius praetorium 78, 255, 272, 274, 304 J Jahreszins 324, 345 Jus Commune 72, 74, 95, 115 Justizbuch 462, 463

L Landgericht 543, 548, 592 Landhauptmann 581 Landrecht 409-413, 417, 418, 422, 424-426, 431, 436, 437, 439, 452, 456-458, 460, 473, 502, 506, 519, 540, 564, 600, 610, 616, 628, 631, 640, 645 Landrecht, Burger 355, 378, 406409, 547, 548 Landrechtskodifikation 74

Register

Längstlebenden- (diucius vixerit-) klausel 506, 507, 514, 536-538, 541, 549, 558, 583 Legat 291, 292, 308, 538 Leibgedinge, Leibzucht 126, 196, 231, 258, 305, 319, 325-327, 332, 334, 336, 345, 352, 353, 490, 491, 497, 509, 521, 524, 525, 538, 558, 563, 569, 571, 574, 584, 593, 596, 601 Lehen 215, 257, 271 Lehnsnehmer 258, 271 Lehnsreichung 258, 272 levatio cartae 275 Lex Alamannorum 58, 69, 165, 267, 272-274 Lex Baiuvariorum 165 Lex Burgundionum 186 lex divina 370 Lex Falcidia 298 Lex Ribuaria 14, 53, 60, 68-71, 94, 129, 157-169, 171-173, 175177, 181-183, 185, 186, 189, 191, 192, 194, 203, 210-215, 217, 219, 226, 230, 231, 233, 247, 254, 261, 277, 280, 312, 316, 358, 361, 363, 601, 640, 643, 645 Lex Salica 13, 14, 17, 53, 58-60, 68-71, 94, 96, 129, 131-156, 161-166, 168, 169, 172, 173, 175-177, 182, 185, 187, 189-192, 203, 208-210, 215-219, 223, 224, 226-228, 230, 231, 233, 234, 237, 238, 277, 280, 281, 312, 318, 358, 361, 363, 365, 376, 389, 390, 640, 643-645 Lex Saxonum 14, 53, 70, 171, 172, 355, 356-371, 376, 389, 390, 401, 413-415, 644 Lex Thuringorum 14, 49, 68, 129, 170-177, 187, 202, 312, 356, 357, 363, 367-369, 643 Liber Sextus 455 Libraltestament 25

727 lîtkouff 349 Liutprandi Leges 69 Lokation 407 M Magdeburg-Breslauer Recht 1261 423, 426-429, 432, 433, 435-437, 439-441, 444, 446, 452, 453, 503, 611, 623, 624, 626, 629, 634, 635 Magdeburg-Breslauer Recht 1295 443 Magdeburger Fragen 438 Malberg 60 mallus indicatus 135-137, 139, 140 mallus legitimus 135, 136, 138, 140, 147 Markulfsche Formulare 210-222, 233 Marktrecht 417 Menschenhandel 174 Mischrecht 9, 311 Miteigentum 114 Mitgift 332, 334 Morgengabe 383, 405, 634 Mühlhäuser Reichsrechtsbuch 68, 130, 193-198 Musteil 382, 383, 388, 407, 428, 432, 457, 512, 634, 642 N Nacherbe 267 Nacherbeneinsetzung 597 Nacherbfall 597 Nachrede, üble 174 Nachlassschulden 97 Neubruch 258 Niedergericht 463, 465, 468, 469, 478, 506, 517, 518, 561, 591 Nießbrauch 195, 196, 212-215, 222, 231, 243, 260, 267, 271, 306, 327, 328, 337-340, 344,

Register

728 345, 354, 493, 510, 515, 579, 603, 608 Nießbrauchsvorbehalt 83, 222, 270, 272, 275, 322, 329-332, 352, 353, 489, 492, 494, 508-511, 521, 527, 537, 540, 549, 557, 563, 574, 583, 584, 592, 595, 600-603 Not, echte 395, 413, 459 Notgericht 568, 629

574,

Q

124, 325, 490, 524, 558, 593,

querela inofficiosi testamenti 47

O Obergericht 483 Oberhof 72, 197, 452, 517, 551, 556, 591 Oberhofzug 418, 478, 591 P Pactus pro tenore pacis 218, 219 Paulussentenzen 299 Pfarrbezirk 318, 320, 322 Pferdprobe 377, 396-398, 403, 436, 450 Pflichtteilsrecht 37, 38, 45, 46 Pflugprobe 398, 404, 436 post mortem-Klausel 106-108, 111, 112, 202, 228, 489, 491, 495, 507, 509, 536-538, 546, 552, 554, 557, 559, 574, 583, 584, 590, 592, 593, 599, 600603, 613-617 Prätor 22 Privatrecht, deutsches 32, 38, 49, 54, 372, 393 Privatrecht, römisches 55, 279 Privatrechtsverkehr 420 Privatstrafe 20 Privileg 417 proximi succedunt-Klausel 552, 553, 610, 612

R ram 93, 151-155 Rat 422, 441, 443, 450, 453, 464, 466-469, 472, 475, 476, 478-484, 487, 488, 520, 544, 551, 556, 561, 562, 567, 570, 571, 573, 581, 589, 590 Rathaus 534, 544 Ratmann, Ratsherr (consul) 451, 464-468, 475, 482, 487, 523, 541, 543, 557, 561, 562 Ratsbuch 420, 463, 469, 472, 482, 483 Ratsgericht 18 Ratskollegium 465, 469, 472, 480, 488, 590 Ratsliste/-matrikel 547, 570 Ratssitzung 466, 475, 477 Ratsverfassung 466, 472, 483, 543, 591 Recht, deutsches 5, 67, 390 Recht, fränkisches 9, 10, 57, 67, 197, 200, 266, 274 Recht, gelehrtes 73 Recht, germanisches 4, 6, 7, 10, 11, 17, 26, 29, 31, 35, 40, 41, 44, 45, 67, 147, 148, 301, 315, 390 Recht, geschriebenes 6, 13 Recht, mittelalterliches 11, 17, 45 Recht, kanonisches 374 Recht, prätorisches 78, 221, 287, 305 Recht, römisches 20, 45, 46, 72, 73, 74, 76, 77, 79, 83, 85, 150, 160, 181, 192, 201, 263, 272, 274, 306, 414, 583 Recht, römisch-kanonisches 18, 321, 372, 640

Register

Recht, salfränkisches 14, 57, 181, 190, 260 Recht, sektorielles 58, 357, 408 Recht, spätrömisches 55, 209, 287, 300, 301 Rechtsbuch 14, 15, 47, 58, 59, 130, 193, 194, 200, 355, 372 Rechtsbuch, Eisenacher 425, 455460 Rechtsbuch, Görlitzer 355, 378, 401-405, 407, 443 Rechtsbuch, Meißener 355, 381, 383, 401, 409-414, 431, 439, 455, 457, 459, 460 Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung 423, 424, 427, 431-435, 437-441, 622, 626 Rechtsbuch, Zwickauer 355, 409, 424, 451-455 Rechtsmitteilung, Hallische 425, 426, 428, 432, 433, 470 Rechtsprechungsbuch 462 Reich, altes 20, 50, 115, 121, 313 Reich, fränkisches 9, 267, 294, 313 Reich, karolingisches 10, 58 Reich, merowingisches 10, 12, 58 Reichsgut 380 Reichskirche 165, 362 Reichsrecht 179, 200 Reichsstadt 194 Reichstag 14, 30, 170, 173, 178, 181, 356, 360, 363 reipus 133, 155 Repräsentationsrecht 447 Republik, späte 47 Resolutivbedingung 321, 322, 328, 523, 541 Rezeption 18, 72-74, 97, 116, 473, 640 Rheinprovinz 22 Richter 463, 464, 466, 469, 472, 474, 476, 479, 506, 557, 562, 577, 581, 589, 590

729 Ritterschaft 398, 403 S Sachsenkriege 356 Sachsenspiegel 10, 11, 18, 38, 53, 57-60, 68-71, 96, 97, 108, 130, 170, 173, 183, 194, 197, 200, 313, 355, 364, 370, 371, 372-401, 402-405, 407, 409-413, 424, 427, 431, 437, 443, 445, 447, 448, 451-453, 455-457, 470, 471, 506, 514, 549, 552, 608, 640-642, 644 Sakralerbe 270, 274 sala 92, 93, 185, 186, 189, 260 Salmann 136, 516 Salzgraf 517 sana mente-Formel 208, 222 Satzung 134, 155, 561 Schenkung 84, 85, 94, 116, 117, 146, 225, 240, 242-245, 250, 252, 254, 257, 258, 265, 266, 267, 270, 271, 274-276, 292, 301, 302, 308, 322, 323, 340, 352, 438, 516, 532, 584, 600, 603, 641 Schlussbegünstigungsklausel 319, 322, 334, 342, 352, 489-491, 494, 508, 523, 545, 590, 617 Schlusserbschaft 528 Schreinsbezirk 318, 320 Schöffen (scabini) 463-466, 469, 472, 474-476, 478, 479, 481, 482, 487, 488, 490, 491, 509, 512, 514, 519, 520, 541, 557, 559, 561, 562, 567, 573, 576, 577, 580, 581, 586, 587, 591, 595, 607-622, 624-631, 634-637 Schöffenamt 482 Schöffenbank 70, 463, 469, 481, 505, 544, 632 Schöffenbrief 478, 596, 616 Schöffenbuch 51, 66, 67, 70, 72, 76, 81, 85, 105, 108, 113, 118-

730 120, 122, 131, 176, 198, 239, 313, 314, 317, 318, 321, 329, 344, 351, 390, 420, 425, 449, 462-464, 467, 470-476, 478-485, 487, 493, 519, 571, 573, 580, 604, 612, 614, 618, 619, 629, 632, 645 Schöffenbuch Aken 504-516 Schöffenbuch Brandenburg 556559 Schöffenbuch Breslau 591-597 Schöffenbuch Burg 547-550 Schöffenbuch Halle/S. 517-533, 635 Schöffenbuch Treuenbrietzen 551556 Schöffenbuch Zerbst 533-543 Schöffenbuchschreiber 73, 118, 317, 524, 537, 544, 557, 562564, 592, 600 Schöffengericht 107, 138, 140, 192, 234, 314, 317, 329, 440, 441, 466, 467, 480, 487, 488, 503, 506, 517, 518, 523, 524, 533, 547, 551, 555, 574, 594, 599, 624, 632, 634, 636, 637 Schöffenhaus 422 Schöffenkollegium 351, 422, 463, 465, 469, 472, 479, 482, 544, 561, 562, 573, 580, 581, 590 Schöffenliste 477 Schöffenmeister 482 Schöffenrecht, Magdeburger 423, 424, 429-435, 439, 441, 443, 452, 611, 623 Schöffenspruch 72, 74, 390, 599, 600, 607, 637, 644 Schöffenstuhl 72, 73, 120, 422, 484, 488, 517, 556, 607, 645 Schöffenurteil 197, 198, 533 Schoßfall 427, 436, 437, 441, 442, 444, 489, 624 Schreinskarten, Kölner 11, 73, 122, 131, 313, 315-350, 351, 601 Schuldbekenntnis 561, 590

Register

Schuldvertrag 559 Schultheiß 351, 380, 422, 463, 466, 478, 517, 543, 544, 591 Schwabenspiegel 193, 194, 200, 455, 458, 460 Seelenheilsklausel 324 Seelenheilsverfügung 329, 345, 540, 555, 561, 618 Seelteil 19 sessio triduana 277 Siebenzeugentestament 78 Siech-/Totenbett 377, 407, 426, 429, 430, 436, 442, 514, 540, 576, 577, 628, 629, 636 Siechbettverfügung 378, 406, 441, 448, 450, 452, 503, 514, 548, 607, 628, 636 Signaturbuch 591 Silberbergbau 445 Sippe 8, 30, 31, 40-43, 50 Sippenbindung 73, 82, 164, 173, 202, 390, 639, 643 Sippenerbrecht 30, 37, 47 Sippengemeinschaft 39 Spolienrecht 262 Stadtbuch 66, 70, 72, 105, 122, 239, 313, 314, 317, 420, 443, 449, 450, 453, 462-464, 467, 469, 471-484, 487, 488, 604 Stadtbuch Böhmisch-Kamnitz 572-579 Stadtbuch Dux 580-588 Stadtbuch Freiberg/Sa. 570-572 Stadtbuch Neuhaldensleben 485503 Stadtbuch Zipser Neudorf 588-591 Stadtbürger 417 Stadtfinanzbuch 462 Stadtgericht 18, 107, 479, 566, 581, 591, 601 Stadtrecht (allg.) 10, 130, 194, 356, 409-411, 417-420, 424, 425, 445, 471, 472, 600, 610 Stadtrecht, Akener 506 Stadtrecht, Bautzener 560

Register

Stadtrecht, Brandenburger 556 Stadtrecht, Freiberger 356, 444451 Stadtrecht, Görlitzer 423, 443444, 478 Stadtrecht, Goslarer 414 Stadtrecht, Hallisches 517 Stadtrecht, Lübecker 420 Stadtrecht, Magdeburger 10, 11, 57, 59, 66-71, 109, 197, 313, 355, 364, 378, 401, 402, 404, 409, 410, 417-421, 421-442, 447, 448, 452, 456, 458, 460, 469, 470, 473, 478, 482, 485, 488, 502, 503, 506, 512, 514, 519, 540, 549, 552, 556, 569, 582, 591, 593, 607, 608, 616, 624, 626, 628, 631, 639-642, 644 Stadtrecht, Meißener 381 Stadtrecht, Treuenbrietzener 551 Stadtrecht, Zerbster 533, 535 Stadtrechtsbuch 194, 402, 425 Stadtrechtsreformation 74, 422 Stadtrichter 483 Stadtschreiber 451, 455, 467, 468, 591 Stadtverfassung 417, 421, 464, 465, 475, 505, 533, 573, 589 Stadtverwaltungsbuch 462 Statuten 464, 466, 471 Statuten, Hamburger 432 Statutenbuch 130, 197, 198, 462, 471, 561 Sühne 561 Summenliteratur 320 T Talgericht 517 Talrecht 445 Teilungsanordnung 280, 290 terra paterna 217 terra salica 215-218, 231, 642 Testament 2, 17, 18, 20, 25, 26, 28, 37, 74-80, 95, 115, 116, 118,

731 208, 221, 222, 225, 234, 237239, 241-251, 253, 255-257, 261, 263, 264, 269, 270, 272, 274, 279, 284, 287, 290-296, 300-302, 305-307, 309, 310, 315, 387, 472, 477, 514, 542, 546, 555, 566, 583, 639, 640 Testament, Berliner 510 Testamentsbuch 18, 314, 462, 463 Testaterbrecht 631, 641 Testierfreiheit 18, 46, 50, 262 Teutonici 5 theotisc, teutonisch 4, 5 thunginus 136 Totenteil 19 Totschlag 174, 260 Treuhänder 516 Treuhandschenkung 51, 280 Trierer Kapitular 183-190 U Universalsukezssion 150, 363, 378 Ungefährwerk 174 Unterricht 320 Urkundenaffatomie 161, 181 Urkundenbuch 592 Urteil 561, 564, 567 Urteilsfrage 561, 564 V Vasallität 363 Verbotsnorm 358-360, 365, 371, 390, 408, 426 Verfügung (von Todes wegen, allg.) 88-118 u. ö. Verfügungsverbot 324, 328, 329 Verfügungsvorbehalt 108-112, 124, 243, 263, 264, 285, 300, 325, 327, 329, 330, 352, 353, 434, 435, 489-495, 498, 500-502, 508-515, 521, 523-527, 529, 532,

Register

732 537, 538, 540-542, 548, 557-559, 562, 563, 582, 584-586, 592, 593, 599, 601-605, 617, 619 Vergabung 48, 58, 73, 75, 81-84, 86, 88, 146, 159, 313, 344, 378, 479, 521, 546, 582 Vergewaltigung 174 Vermächtnis 94, 117, 124, 308, 328, 353, 491, 509, 525, 538, 552, 574, 584, 590, 593, 595, 596, 598, 601 Verpfändung 316, 317, 352, 378, 472, 477, 479, 490, 508, 519, 537, 541, 561, 590, 600, 602 Verschweigung 392, 410, 569 Verschweigungsfrist 392, 394, 395, 411, 439, 447, 448, 626 Verwaltungsgeschäftsbuch 462 Verwandtenerbrecht 3, 18, 38, 41, 125, 143, 174, 175, 208, 213, 224, 368, 369, 391, 403, 426, 430, 438, 506, 512, 597, 624 Verwandtschaft, agnatische 25, 175 Verwandtschaft, kognatische 25, 26 Verzicht 331, 354, 478, 496, 512, 529, 541, 545, 550, 559, 561, 564, 569, 572, 575, 585, 594, 598, 604 Verzinsung 352 vicini 218 Viehschaden 174, 175 Vogt 463, 466, 469, 480, 482, 506, 543, 574, 575, 577, 578, 581, 591 Vogtding 581 Völkerwanderung 24, 40, 133 Volksrecht 7, 8, 13-15, 24, 31, 47, 53, 55, 57-60, 69, 71, 78, 131, 141, 160, 177-179, 190, 193, 231, 273, 279, 315, 363, 369 Vollerbschaft 528

Vorausvermächtnis 280, 290, 295, 328, 498 Vorerbe 267 Vormund/-schaft 561, 577, 585, 622 Vorsprecher 437 W Wartrecht 50, 164, 582 Wechselbezüglichkeit 507, 508 Weichbild 392, 404, 409, 413, 418, 423, 424, 427, 428, 431, 432, 437, 439, 444, 451, 455457, 460, 467, 473, 547 Weichbildrecht 401, 423 Weichbildvulgata 432, 451 Weistum 134, 423, 425 Wetebuch (Calbe) 470, 477, 543546 Widerruf 530, 564 Widerrufsrecht 339 Widerruflichkeit 339, 341 Widerrufsvorbehalt 340 Widerspruch 530, 541, 545, 604, 616, 617, 626, 635-637, 644 Widerspruchsfrist 413, 457, 460, 616, 617, 635 Widerspruchsrecht 412, 413, 415, 438, 441, 446, 448, 459, 460, 599, 617, 623, 624, 636, 643, 645 Wiederheirat 195, 196, 198, 321, 324, 326, 328, 329, 343, 344, 346, 526, 529, 540, 597 Wiederverheiratungsklausel 508, 593 Wilder, edler 23 Willkür 417, 443, 444, 452, 453, 464, 466, 474, 482, 551, 555, 589 Wittum 262 Witwenversorgung 552 X,Y

Register

Z Zahlungsversprechen 561 Zeitpacht 316, 317 Zentenar 136 Zeugnisverweigerung 159 Zinsgut 429 Zinsregister 472, 482

733

FORSCHUNGEN ZUR DEUTSCHEN RECHTSGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON KARIN NEHLSEN-VON STRYK, JAN SCHRÖDER UND

Band 25:

Holger Erwin

MACHTSPRÜCHE DAS HERRSCHERLICHE GESTALTUNGSRECHT »EX PLENITUDINE POTESTATIS« IN DER FRÜHEN NEUZEIT

DIETMAR WILLOWEIT

2009. XXVIII, 333 S. Gb. ISBN 978-3-412-20314-6

Eine Auswahl.

Band 26:

Tim Meyer

GEFAHR VOR GERICHT

Band 21:

Wolfgang Dannhorn

RÖMISCHE EMPHYTEUSE UND DEUTSCHE ERBLEIHE EIN BEITRAG ZUR ENTSTEHUNG DER WISSENSCHAFT VOM DEUTSCHEN PRIVATRECHT

2003. XLII, 328 S. Gb. ISBN 978-3-412-12302-4

Band 22: Claudia Schöler DEUTSCHE RECHTSEINHEIT PARTIKULARE UND NATIONALE GESETZGEBUNG (1780–1866)

DIE FORMSTRENGE IM SÄCHSISCHMAGDEBURGISCHEN RECHT

2009. XXIV, 278 S. Gb. ISBN 978-3-412-20444-0

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2010. XIV, 375 S. Gb. ISBN 978-3-412-20633-8

2004. LIII, 320 S. Gb. ISBN 978-3-412-12503-5

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RB039

2007. 439 S. 15 sw-Abb. und 5 s/w-Karten. Gb. ISBN 978-3-412-24306-7

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