Islamisch inspirierte Testamente: Ein Beitrag zur Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen 9783161558009, 9783161558016, 3161558006

Das deutsche Erbrecht ermöglicht es grundsätzlich jedem, sein Erbe nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Andrea Issad

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Islamisch inspirierte Testamente: Ein Beitrag zur Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen
 9783161558009, 9783161558016, 3161558006

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte
A. Grundzüge des islamischen Erbrechts
I. Die Rechtsquellen
II. Die Verteilung des Nachlasses
1. Vermächtnisse
2. Die Intestaterben nach islamischem Recht
3. Das Erbhindernis der Religionsverschiedenheit
B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung
I. Erbrechtliche Bevorzugung der männlichen Linie
1. Ungleichbehandlung der Kinder
a) Darstellung
b) Bewertung
2. Ungleichbehandlung der Witwe gegenüber dem Witwer
a) Darstellung
b) Bewertung
3. Weitere Bevorzugung der männlichen Stammeslinie
a) Darstellung
b) Bewertung
II. Interreligiöses Erbverbot
1. Darstellung
2. Bewertung
III. Weitere Ungleichbehandlungen
1. Behandlung nichtehelicher Abkömmlinge
a) Darstellung
b) Bewertung
2. Behandlung adoptierter Kinder
a) Darstellung
b) Bewertung
3. Sanktionierung unislamischer Lebensweise
a) Darstellung
b) Bewertung
4. Fehlende Einzelfallgerechtigkeit
a) Darstellung
b) Bewertung
IV. Einflussnahmeversuche
V. Zusammenfassung
Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben
A. Grundgesetz
I. Gesicherter Bestand
II. Verhältnis zur Gewährleistung des Eigentums
III. Hauptgegenspieler: Das Pflichtteilsrecht
IV. Die Entscheidung „Hohenzollern“ und die Folgen
1. Sachverhalt
2. Verfahrensgang
3. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
4. Reaktionen
5. Nachfolgende Rechtsprechung
6. Schlussfolgerungen für die Inhaltskontrolle
B. Europarecht
I. Europäische Menschenrechtskonvention
II. Recht der Europäischen Union
C. Ergebnis zu Kapitel 2
Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen
A. Relevanz der funktionalen Betrachtung
B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen
I. Ansätze der Formelkritik
II. Einheitstheorie gegen Multifunktionalität der Sittenwidrigkeitskontrolle
1. Multifunktionale Ansätze
2. Einheitstheorien
3. Stellungnahme
III. Aufgabe der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen
C. Zu beachtende Strukturmerkmale
I. Strukturmerkmale des Erbgeschehens
1. Unentgeltlichkeit des Erwerbs
a) Beschreibung
b) Bewertung
2. Pflichtteilsrecht als Auffangmechanismus
a) Beschreibung
b) Bewertung
3. Keine Korrekturmöglichkeit des Erblassers
a) Beschreibung
b) Bewertung
4. Einseitige Festlegung des Verfügungsinhalts
a) Beschreibung
b) Bewertung
5. Die Möglichkeit heimlicher Errichtung
a) Beschreibung
b) Bewertung
6. Keine lebzeitige Einbuße des Erblassers
a) Beschreibung
b) Bewertung
7. Besonderer Persönlichkeitsbezug des Erbvorganges
a) Beschreibung
b) Bewertung
II. Besonderheiten islamisch inspirierter Verfügungen
1. Gesteigerte Letztverbindlichkeit
a) Beschreibung
b) Bewertung
2. Zusätzliche Grundrechtsrelevanz
a) Beschreibung
b) Bewertung
3. Schematische Ungleichbehandlung
a) Beschreibung
b) Bewertung
4. Kulturelle Identität des Erblassers?
a) Beschreibung
b) Bewertung
5. Keine weiteren Besonderheiten
a) Keine fehlende „Käuflichkeit“
b) Keine reduzierte Eigenbestimmung des Erblassers
III. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle
D. Ergebnis zu Kapitel 3
Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren
A. Bewegliches System
I. Zusammenführung von beweglichem System und funktionaler Analyse
II. Übersicht der untersuchten Faktoren
B. Die Faktoren im Einzelnen
I. Religiöse Überzeugung des Erblassers
1. Beschreibung
2. Bewertung
II. Einstellung des Betroffenen
1. Beschreibung
2. Bewertung
III. Vermögensgröße
1. Beschreibung
2. Bewertung
IV. Angewiesenheit auf den Erwerb
1. Beschreibung
2. Bewertung
V. Eigenart des Nachlasses
1. Beschreibung
2. Bewertung
VI. Zukunftsbezug der Verfügung
1. Beschreibung
2. Bewertung
VII. Offenlegung der Motive
1. Beschreibung
2. Bewertung
VIII. Gestaltung des Familienunterhalts
1. Beschreibung
2. Bewertung
IX. Kommerzialisierung nicht verfügbarer Güter
1. Beschreibung
2. Bewertung
X. Tradition
1. Beschreibung
2. Bewertung
C. Ergebnis zu Kapitel 4
Kapitel 5: Überlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot?
A. Denkbare Gleichbehandlungsanforderungen
B. Einpassung eines Diskriminierungsverbotes in das bewegliche System
C. Anforderungen an ein Diskriminierungsverbot
D. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle
I. Geschlechtsspezifische Diskriminierung
II. Religiöse Ungleichbehandlung
III. Beeinflussungsfälle
IV. Schematische Ungleichbehandlung
E. Anerkennung eines Diskriminierungsverbotes
F. Ergebnis zu Kapitel 5
Schluss
Literaturverzeichnis
Sachregister

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 413 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Andrea Issad

Islamisch inspirierte Testamente Ein Beitrag zur Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen

Mohr Siebeck

Andrea Issad, geboren 1978; Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Dublin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Erlangen-Nürnberg; seit 2006 im Bayerischen Notariatsdienst.

Gedruckt mit Unterstützung der Schmitz-Nüchterlein-Stiftung, Nürnberg. Zugl.: Dissertation, Universität Erlangen, 2017. ISBN  978-3-16-155800-9 / eISBN  978-3-16-155801-6 DOI 10.1628/978-3-16-155801-6 ISSN  0720-1141 / eISSN  2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bib­liographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt und auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Diese Arbeit wurde im Juli 2017 als Dissertation vom Fachbereich Rechtswissen­ schaft der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg angenommen. Sie ist Ergebnis langjähriger Lektüre und Analyse der veröffentlichten Literatur, reflektiert aber auch Erfahrungen aus der Praxis der Testamentsgestaltung und Nachlassregelung. Literatur und Rechtsprechung wurden bis Juni 2017 vollständig ausgewertet, in Einzelfällen wurden Entscheidungen und Beiträge bis Juli 2018 berücksichtigt. Ein großes und herzliches „Dankeschön!“ geht an die vielen, die diese Arbeit unterstützt haben. Besonderer Dank geht an den Doktor­vater Professor Dr. ­Mathias Rohe M.A. für Thema, Gespräch und Zuversicht, sowie an Professor Dr. Hans-Dieter Speng­ler für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens. Des Weiteren danke ich sehr herzlich der Schmitz-Nüchterlein-­Stiftung für den bewilligten Druckkostenzuschuss. Erlangen, April 2019

Andrea Issad

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . 9 A. Grundzüge des islamischen Erbrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 I. Die Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 II. Die Verteilung des Nachlasses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Vermächtnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Die Intestaterben nach islamischem Recht . . . . . . . . . . 14 3. Das Erbhindernis der Religionsverschiedenheit . . . . . . . 16 B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung . . . . . 18 I. Erbrechtliche Bevorzugung der männlichen Linie . . . . . . . 21 1. Ungleichbehandlung der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . 21 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. Ungleichbehandlung der Witwe gegenüber dem Witwer . . 23 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Weitere Bevorzugung der männlichen Stammeslinie . . . . 26 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Interreligiöses Erbverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 III. Weitere Ungleichbehandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Behandlung nichtehelicher Abkömmlinge . . . . . . . . . . 30 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Behandlung adoptierter Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3. Sanktionierung unislamischer Lebensweise . . . . . . . . . 33

VIII

Inhaltsverzeichnis

a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4. Fehlende Einzelfallgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 IV. Einflussnahmeversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben . . . . . 37 A. Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Gesicherter Bestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Verhältnis zur Gewährleistung des Eigentums . . . . . . . . . 39 III. Hauptgegenspieler: Das Pflichtteilsrecht . . . . . . . . . . . . . 40 IV. Die Entscheidung „Hohenzollern“ und die Folgen . . . . . . . 41 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Verfahrensgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . 44 4. Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5. Nachfolgende Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . 48 6. Schlussfolgerungen für die Inhaltskontrolle . . . . . . . . . 49 B. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 I. Europäische Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . 50 II. Recht der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 C. Ergebnis zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Kapitel 3: D  ie Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger ­Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 A. Relevanz der funktionalen Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . 55 B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 I. Ansätze der Formelkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. Einheitstheorie gegen Multifunktionalität der Sittenwidrigkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Multifunktionale Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Einheitstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 III. Aufgabe der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 C. Zu beachtende Strukturmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Inhaltsverzeichnis

I.

IX

Strukturmerkmale des Erbgeschehens . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Unentgeltlichkeit des Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Pflichtteilsrecht als Auffangmechanismus . . . . . . . . . . 69 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3. Keine Korrekturmöglichkeit des Erblassers . . . . . . . . . 71 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4. Einseitige Festlegung des Verfügungsinhalts . . . . . . . . 73 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 5. Die Möglichkeit heimlicher Errichtung . . . . . . . . . . . . 75 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6. Keine lebzeitige Einbuße des Erblassers . . . . . . . . . . . 77 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 7. Besonderer Persönlichkeitsbezug des Erbvorganges . . . . 78 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 II. Besonderheiten islamisch inspirierter Verfügungen . . . . . . 80 1. Gesteigerte Letztverbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Zusätzliche Grundrechtsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Schematische Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Kulturelle Identität des Erblassers? . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5. Keine weiteren Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a) Keine fehlende „Käuflichkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . 83 b) Keine reduzierte Eigenbestimmung des Erblassers . . . . 84 III. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . 84 D. Ergebnis zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

X

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren . . . . . 87 A. Bewegliches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I. Zusammenführung von beweglichem System und funktionaler Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 II. Übersicht der untersuchten Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . 89 B. Die Faktoren im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I. Religiöse Überzeugung des Erblassers . . . . . . . . . . . . . 90 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Einstellung des Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 III. Vermögensgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 IV. Angewiesenheit auf den Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 V. Eigenart des Nachlasses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 VI. Zukunftsbezug der Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 VII. Offenlegung der Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 VIII. Gestaltung des Familienunterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IX. Kommerzialisierung nicht verfügbarer Güter . . . . . . . . . . 102 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 X. Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 C. Ergebnis zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Inhaltsverzeichnis

XI

Kapitel 5: Ü  berlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot? . . . . . . . . . . . 109 A. Denkbare Gleichbehandlungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . 109 B. Einpassung eines Diskriminierungsverbotes in das bewegliche System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 C. Anforderungen an ein Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . 111 D. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Geschlechtsspezifische Diskriminierung . . . . . . . . . . . . 113 II. Religiöse Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Beeinflussungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Schematische Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . 116 E. Anerkennung eines Diskriminierungsverbotes . . . . . . . . . . . . 116 F. Ergebnis zu Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Abkürzungsverzeichnis ABl. EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis a. F. alte Fassung AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AnwBl Anwaltsblatt AöR Archiv des öffentlichen Rechts Art. Artikel BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht Bd. Band BeckRS Beck online Rechtsprechung – elektronische Entscheidungsdatenbank in beck-online BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg bzw. beziehungsweise DNotI-Report Informationsdienst des Deutschen Notarinstituts DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift d. h. das heißt EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Konvention für Menschenrechte ErbR Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis et. al. et alii – und andere EuErbVO Verordnung (EU) Nr.  650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht f., ff. folgende

XIV

Abkürzungsverzeichnis

FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FGPrax Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Fn. Fußnote FPR Familie Partnerschaft Recht GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ggf. gegebenenfalls GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Hereditare Hereditare – Jahrbuch für Erbrecht und Schenkungsrecht Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz info also Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IPRspr. Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts i. V. m. in Verbindung mit JA Juristische Ausbildung JBl Juristische Blätter JR Juristische Rundschau JJb Juristen-Jahrbuch JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung KG Kammergericht LAG Landesarbeitsgericht LG Landgericht MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins Mot. Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich – Motive zum BGB MünchKomm Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch m. w. N. Mit weiteren Nachweisen NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungsreport NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht OLG Oberlandesgericht OLGE Rechtsprechung der Oberlandesgerichte OLGZ Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RG Reichsgericht RGZ Entscheidungen des Reichtsgerichts in Zivilsachen Rn. Randnummer RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift Rpfleger Der Deutsche Rechtspfleger Rs Rechtssache S. Seite/Satz SeuffA Seufferts Archiv StAZ Das Standesamt – Zeitschrift für Standesamtswesen, Familienrecht, Staatsangehörigkeitsrecht, Personenstandsrecht, internationales Privatrecht des In- und Auslands

Abkürzungsverzeichnis u. a. unter anderem, unter anderen bzw. und andere vgl. vergleiche w. wörtlich WarnR Rechtsprechung des Reichsgerichts, hrsg. von Warneyer WRP Wettbewerb in Recht und Praxis ZAkDR Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht z. B. zum Beispiel ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZHR Zeitschrift für das Gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht ZNotP Zeitschrift für die Notarpraxis ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZRVgl Zeitschrift für Rechtsvergleichung

XV

Einleitung „Die ‚Renaissance‘ des Erbrechts hat mittlerweile auch eine ­Renaissance seiner Grundlagenfragen nach sich gezogen.“ 1 Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind islamisch inspirierte Verfügungen von Todes wegen und die auf diese anzuwendende Inhaltskontrolle im deutschen Recht. Zu untersuchen ist, was passiert, wenn ein Muslim oder eine Muslimin ein Testament errichtet und darin Regelungen des islamischen Erbrechts aufnimmt. Unabhängig von kultureller oder medialer Aufgeregtheit soll untersucht werden: Sind solche Verfügungen wirksam? Welche Grenzen setzt das deutsche Recht solchen Inhalten? Diese Arbeit macht es sich zur Aufgabe, sine ira et studio Maßstäbe der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen an diesem Beispielsfall zu entwickeln und dabei auch Funktion und Grundlagen der Inhaltskontrolle zu beleuchten, soweit dies für den Untersuchungsgegenstand Gewinn verspricht. Die Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen hat, angeregt vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in der Rechtssache „Hohenzollern“, Konjunktur. Das Ausloten der „Privatautonomie von Todes wegen“2 ist vertieft im Gange. Zwar hat noch Schröder im Jahr 1987 einen Verlust der gesellschaftlichen Relevanz des Erbrechts ausgemacht.3 Dies trifft jedoch nur eingeschränkt zu. Die wirtschaftliche Versorgungsfunktion des Erbrechts mag heute in Deutschland eingeschränkt sein, die personale Dimension des Erbrechts ist jedoch ungebrochen.4 Kleensang, MittBayNot 2007, 471 (471). Das Schlagwort „Renaissance des Erbrechts“ stammt – wie auch von Kleensang nachgewiesen – von Schiemann, ZEV 1995, 197 (197). 2  So der Titel der Arbeit von Kroppenberg (2008). Zur besseren Nachvollziehbarkeit sind im Rahmen dieser Einleitung die Titel der relevanten Arbeiten zum Untersuchungsgegenstand in den Fußnoten ausführlicher zitiert. So soll eine leichtere Einschätzung des aktuellen Forschungsstandes ermöglicht werden. 3  Schröder, in: Mohnhaupt (Hrsg.), Zur Geschichte des Familien- und Erbrechts (1987), S.  282. Sloterdijk zeichnet die Moderne generell als Widerstand gegen Erbe und Vererblichkeit im weitesten Sinn: Sloterdijk, Die schrecklichen Kinder der Neuzeit (2014), S.  23 f. 4  Untersucht wird auch aus sozialwissenschaftlicher und psychologischer Perspektive, so z. B. durch Schulte, Ver(Erben) aus psychologischer Sicht. Einstellungen, Emotionen und 1 

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Jüngere Arbeiten wie die von Seubert 5, Schrenck-Notzing 6 , Blomberg 7 und Hofmann 8 behandeln dieser personalen Ausrichtung folgend Anordnungen des Erblassers, die in die Zukunft hineinzuwirken suchen. Eine nähere Betrachtung der Auswirkungen der ehevertraglichen Inhaltskontrolle auf Pflichtteilsverzichtsverträge9 fügt sich in dieses Bild einer Hinterfragung der bislang geltenden Grundlagen ein. Kroppenberg10 hat sich grundlegend den strukturellen ­Besonderheiten des Erbvorganges und letztwilliger Verfügungen gewidmet und sich gegen Verlebzeitigungen der Betrachtung gewandt. Umgekehrt stellt Schönberger11 den postmortalen Persönlichkeitsschutz in den Dienst der Lebenden. Bereits zuvor hat Pauli 12 im Hinblick auf islamisch inspirierte Rechts­ ordnungen die Abwehr erb- und familienrechtlicher Bestimmungen bzw. deren Ergebnisse mittels des ordre public überprüft. Pattar13 hat dies in seiner umfassenden Arbeit für das islamische Erbrecht wiederholt und vertieft. Auf Pattars detaillierte und an Originalquellen erarbeitete Schilderung des islamischen Erbrechts wird im Folgenden immer wieder zurückgegriffen. Sein – wie auch Paulis – Untersuchungsgegenstand ist vom vorliegenden jedoch kategorial verschieden: Der ordre public-Vorbehalt des Internationalen Privatrechts ist notwendiges Korrelat zur Verweisung auf das ausländische Recht, bildhaft bezeichnet als „Sprung ins Dunkle“14. Dieses ausländische Recht ist Verhaltensabsichten von Erblassern, in: Lettke/Bauer (Hrsg.), Erben und Vererben (2003); Szydlik, ErbR 2010, 217–221 für die soziologische Perspektive. Das digitale Erbe (Facebook-­ Account) hat bereits den Bundesgerichtshof beschäftigt: BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 – III UR 183/17, FamRZ 2018, 1456. 5  Seubert, Die Jastrowsche Klausel. Gestaltungsfreiheit und Gestaltungsgrenzen im Erbund Erbschaftssteuerrecht (1998). 6  Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009). 7  Blomberg, Freiheit und Bindung des Erblassers (2011). 8  Hofmann, Die rules against perpetuities im deutschen Erbrecht (2012); ähnlich Reimann, NJW 2007, 3034–3037. 9  Aldinger, Die Übertragbarkeit der Inhaltskontrolle von Eheverträgen auf Pflichtteilsverzichtsverträge (2012); bereits zuvor: Bengel, ZEV 2006, 192 (192); Kapfer, MittBayNot 2006, 385 (390); Münch, ZEV 2008, 571 (576); eingehend auch: Dutta, AcP 209 (2009), 760 (760 ff.). 10  Kroppenberg, „Wer lebt hat Recht“ – Lebzeitiges Rechtsdenken als Fremdkörper in der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen, DNotZ 2006, 86–105. 11  Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz (2011), S.  221 und passim. 12  Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ordre public (1994). 13  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007). 14  Vollständig lautet das Zitat: „Damit erteilen wir dem fremden Recht keine Zensur, sondern stellen lediglich fest, daß seine ‚konkrete Anwendung sich in einem bestimmten Punkt mit unserer Verfassungsordnung nicht verträgt‘ (BVerfGE 31, 75), daß der Sprung ins Dunkle, den unsere Kollisionsnormen von uns verlangen, zu einer Bruchlandung führt. Halsbreche­ rische Künste verlangt aber kein Gesetzgeber, auch der Gesetzgeber von Grenznormen nicht. Die Rechtsidee nähme Schaden, wenn auch nur in einem Fall Hand an die Grundfesten gelegt

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vom jeweiligen ausländischen Souverän gesetzt und hat als solches zunächst nichts mit dem privatautonomen Gestaltungswillen des oder der Betroffenen zu tun. Richtigerweise hat die Rechtsprechung auch auf ein mögliches Entfallen eines ordre public-Verstoßes durch privatautonome Entscheidung des Erblassers hingewiesen.15 Damit sind die Rechtsprechung und Gutachtenpraxis zum ordre public-Vorbehalt und dessen Abwehr islamisch inspirierten Rechts für die vorliegende Arbeit nur wenig aussagekräftig. Um mit Rabel zu sprechen: Der Zweck des Privatrechts ist nicht auch der Zweck des Kollisionsrechts.16 Über­ legungen zum islamischem Erbrecht und dessen Abwehr durch den ordre public können zwar kennzeichnen, welche möglichen Ansatzpunkte eine Inhalts­ kontrolle von Testamenten haben kann (siehe hierzu Kapitel 1), für die eigentliche Inhaltskontrolle von Testamenten sind sie jedoch nicht unmittelbar relevant. Die zum deutschen Sachrecht ergangene erbrechtliche Rechtsprechung ist hier relevanter.17 Sie ist jedoch auch schon vor den Adelsfamilien („Leiningen“18, „Hohen­zollern“19) von schillernden Einzelfällen gekennzeichnet. Zu nennen ist etwa der sogenannte Hoferbenfall.20 Der Bundesgerichtshof hatte darin über eine Bedingung zu urteilen, wonach eine Erbeinsetzung der Söhne nur dann gelten sollte, wenn sich diese von ihren Ehefrauen scheiden ließen. Denn diese Schwiegertöchter waren während der Kriegsgefangenschaft den Ehemännern untreu gewesen und daher aus Sicht des Erblassers der Hofnachfolge unwürdig. Das Gericht hielt diese Erbeinsetzung – anders als die Vorinstanzen – aufrecht, da das Ziel, den Hof in würdige Hände zu geben, das grundsätzlich verwerfliche Hineinwirken in persönliche Entscheidungen rechtfertige.21 Kennzeichnend für diese – wie auch ältere22 – Rechtsprechungsfälle ist jeweils die Verwendung von würde, auf denen unser Rechtsgebäude beruht.“ Es findet sich in: Raape/Sturm, Internationales Privatrecht, Bd. I (1977), S.  210 f. 15  KG, Beschluss vom 26. Februar 2008, 1 W 59/07, ZEV 2008, 440–442 mit Anmerkung Pattar, ZEV 2008, 442 und Anmerkung Dörner, ZEV 2008, 442–443; inhaltlich ebenso bereits zuvor Riering, ZEV 1998, 455 (457). 16  Rabel, Das Problem der Qualifikation (1956), S.  71 f. 17  Vom letzten Jahrzehnt als einer Glanzzeit des für das Erbrecht zuständigen 4. Senats des Bundesgerichtshofs spricht Muscheler, ErbR 2015, 650 (653). 18  Vgl. BayObLG, Beschluss vom 4. August 1999, 1 Z BR 187/97, FamRZ 2000, 380–387. 19  Vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1998, IV ZB 19/97, BGHZ 140, 118–134 einerseits und BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008–2011 andererseits, hierzu auch Kapitel 2. 20  BGH, Urteil vom 28. Januar 1956, IV ZR 216/55, JZ 1956, 279–280. 21  BGH, JZ 1956, 279 (280). Zustimmend Rudloff, Zur Sittenwidrigkeit der Verfügungen von Todes wegen (1962), S.  61 f., kritisch jedoch die neuere Literatur: Otte, JA 1985, 192 (199); Westermann, in: Bucher/Canaris/Honsell/Koller (Hrsg.), Norm und Wirkung (2005), S.  674 f.; Röthel, AcP 210 (2010), 32 (51 f.). 22  OLG Rostock, Urteil vom 8. Dezember 1890, SeuffA 49 Nr.  4; Vermächtnis unter der

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Potestativbedingungen.23 Die Auseinandersetzung mit Potestativbedingungen kennzeichnet dementsprechend die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Herrschaft des Erblassers. Als erste Arbeiten sind hier diejenigen von Ravit24 und Raape25 zu verzeichnen, welche vor dem Hintergrund des gemeinen Rechtes arbeiteten. Die Arbeit von Spiess26 atmet den Geist des Dritten Reiches und ist daher für heutige Zwecke nicht verwertbar, Schmitz27 beschäftigt sich vor allem mit Zuwendungen an außereheliche Geliebte. Knobbe-Keuk hat den Faden mit einer Unterscheidung zwischen verhaltens- und vermögensbezogenen Verfügungen im Jahr 1972 wieder aufgenommen.28 In neuerer Zeit hat Badouvakis29 rechtshistorisch die Erblasserherrschaft mittels Bedingungen untersucht. Budzikiewicz30 hat im Nachgang zu den Urteilen „Leiningen“ und „Hohenzollern“ die Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Gesellschaftsrecht erörtert. Explizit den Bedingungen widmet sich auch Schrenck-Notzing.31 Söbbeke32 untersucht u. a. das erbrechtliche Hineinwirken aufgrund gesellschaftsrechtlicher Pflichtteilsklauseln. Durch ihre Konzentra­ tion auf Herrschaft durch Bedingung oder Auflage33 decken auch diese Arbeiten Bedingung, dass Vermächtnisnehmerin nicht heiraten darf: Das Vermächtnis ist unbedingt wirksam. Diese Lösung steht jedoch nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht ohne weiteres zur Verfügung, vgl. Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  88 ff. zur Begründung im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches. 23  Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat Schmitt aufgearbeitet: Schmitt, Die Sittenwidrigkeit von Testamenten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1999). 24  Ravit, Zur Lehre von den unsittlichen Bedingungen und unsittlichen Verträgen, AcP 58 (1875), 1–69. 25  Raape, Die testamentarische Willkürbedingung nach heutigem und römischem Recht, in: Festschrift für Ernst Zitelmann, München (1913), S.  1–30 (getrennte Zählung). 26  Spiess, Unsittliche Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (1938). 27  Schmitz, Das Problem der Beschränkung der Testierfreiheit (1936). 28  Knobbe-Keuk, FamRZ 1972, 9–16. Die ähnlich betitelte Dissertation der Autorin von 1965 behandelt das Problem der zeitlichen Änderung des Erblasserwillens, nicht §  138 BGB. 29  Badouvakis, Fremdbestimmung oder Entscheidungsfreiheit des Erben: Die Beurteilung letztwilliger Potestativbedingungen im römischen und heutigen Recht (1997). 30  Budzikiewicz, Die letztwillige Verfügung als Mittel postmortaler Verhaltenssteuerung. Zur Beschränkung der Testierfreiheit durch zwingendes Gesellschaftsrecht, AcP 209 (2009), 354–397. 31  Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  28–37. Schrenck-Notzing setzt sich explizit mit dem Vorschlag Knobbe-Keuks auseinander. 32  Söbbeke, Drittkontrahierungsklauseln in Gesellschaftsverträgen: Gestaltung, Zulässig­ keit und Formbedürftigkeit gesellschaftsvertraglicher Güterstands- und Pflichtteilsklauseln (2013). 33  Rosenthal, Der Einfluss der Auflage und Resolutivbedingung auf die Testierfreiheit (1910).

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das hier verfolgte Erkenntnisinteresse nicht vollständig ab. Denn eine islamisch inspirierte Verfügung von Todes wegen zeichnet sich nicht in erster Linie durch ein Herrschaftsanliegen des Erblassers aus, sondern durch ein – religiös motiviertes – Abweichen von der gesetzlichen Erbfolge bzw. von der sonst häufigen Bevorzugung des Ehegatten entsprechend dem sogenannten Berliner Testament. Auch der sogenannte Scientologyfall34 war wesentlich durch die für die Dauer der Angehörigkeit zur Scientology-Sekte angeordnete Testamentsvollstreckung, also eine fortgesetzte Einflussnahme des Erblassers, gekennzeichnet. Dies hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf, anders als die Vorinstanz35, für zulässig erachtet, da der Vermögensschutz vorrangiges Motiv war, nicht ein Einfluss auf die Zugehörigkeit zur sogenannten Scientology-Church.36 Einflussnahme bzw. Einmischung und legitimes Schutzinteresse kennzeichnen auch die Diskussion des sogenannten Enkelfalles, bei dem der Erbe (= der Enkel des in Ungnade gefallenen Adoptivsohnes) unter der Bedingung eingesetzt ist, dass Pflichtteilsansprüche seines Vaters (also des Adoptivsohnes) nicht geltend gemacht werden.37 Umfassend angelegt sind die Habilitationen von Thielmann38 und Kroppenberg39. Aber auch diese Arbeiten beschäftigen sich nicht mit der spezifischen Situation des religiös motivierten Testators, der in seiner Regelung der Erbfolge die Scharia abzubilden sucht oder einzelne ihrer Regelungen aufnimmt. Die praktische Relevanz der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Situa­ tion ist nicht zu unterschätzen, auch wenn eingehende rechtstatsächliche Untersuchungen hierzu noch fehlen.40 Die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Muslime sind – insbesondere aufgrund neu geregelten Staatsangehörigkeitsrechts – zunehmend deutsche Staatsangehörige, auch wenn genaue Zahlen 34 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. März 1988, 3 Wx 290/87, NJW 1988, 2615–2617. LG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juli 1987, 25 T 234/87, NJW 1987, 3141. 36  Zustimmend im Ergebnis Smid, NJW 1990, 409 (416 f.) mit grundsätzlicher Kritik an der Relevanz der Motive des Erblassers in der pluralistischen Gesellschaft; zustimmend Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  103 ff. 37  OLG Hamm, Beschluss vom 11. Januar 2005, 15 W 391/93, FamRZ 2005, 509–511; hier­z u: Westermann, in: Bucher/Canaris/Honsell/Koller (Hrsg.), Norm und Wirkung (2005), S.  678. 38  Thielmann, Sittenwidrige Verfügungen von Todes wegen (1973). 39  Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008). 40 Vgl. Heldrich, AcP 186 (1986), 74 (74 ff.) zur Bedeutung der Rechtssoziologie für das Zivilrecht, besonders für den Begriff der guten Sitten (S.  93). Die rechtstatsächliche Arbeit von Guericke aus dem Jahr 1994 verzeichnet beispielsweise keine religiös motivierten Verfü­ gungen, sucht jedoch auch nicht nach den Motiven, sondern nach dem Verfügungsinhalt als solchem. Nach Kroppenberg, ErbR 2010, 206 (208), lassen sich Erblasser derzeit wohl nicht vom Geschlecht des Erben beeinflussen. Zu Vererbungsabsichten siehe Lettke, in: Lettke/­ Lange (Hrsg.), Generationen und Familien (2007), S.  101. 35 

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hierzu fehlen.41 Nach der EU-Erbrechtsverordnung ist zudem für Erbfälle seit dem 17. August 2015 in erster Linie auf den gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen, nicht auf die Staatsangehörigkeit.42 Wenn eine selbstbewusst gelebte Religiosität 43 und ein nicht unerheblicher Nachlass44 zusammentreffen, liegt es nicht fern, als Erblasser auch die letzten Fragen rechtsverbindlich islamkonform regeln zu wollen und nicht auf eine freiwillige „informelle“ Nachlassverteilung der Erben zu vertrauen.45 Dem stirnrunzelnden Richter bei der Erbscheinserteilung bzw. dem grübelnden Rechts­ berater beim Ansuchen einer kautelarjuristischen Beratung sei diese Arbeit als Beitrag zur Entscheidungsfindung gewidmet.46 Die vorliegende Arbeit verfolgt dabei einen genuin privatrechtlichen Ansatz und versucht, anhand einer Funktionsanalyse relevante Faktoren der Inhaltskontrolle zu gewichten und handhabbar zu machen. In einem ersten Kapitel soll zunächst dargelegt werden, welche möglichen Inhalte eine solche islamisch inspirierte Verfügung von Todes wegen haben kann und wo mögliche Konfliktpunkte zum deutschen Recht liegen. In einem zweiten Kapitel wird der verfassungs- und europarechtliche Rahmen herausgearbeitet, den es einzuhalten gilt. 41  Das

Statistische Bundesamt erhebt keine Daten. Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“, erschienen am 15. April 2010, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge nennt als eines ihrer Ergebnisse, es gebe mehr deutsche Muslime als angenommen. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime in Deutschland leben. Rund die Hälfte der in Deutschland lebenden Muslime mit Migrationshintergrund seien deutsche Staatsangehörige. Die Studie ist abrufbar auf der Website des Bundesinnenministeriums: Weitere Schätzungen erhebt der Bundestag, erörtert von Spielhaus in: Cesari (Hrsg.), The Oxford Handbook of European ­Islam (2015), S.  109 ff.; siehe auch Rohe, Der Islam in Deutschland (2016), S.  74 ff. 42  Die „Verordnung über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses“ (EU-Erbrechtsverordnung, auch: Rom IV-Verordnung, im Folgenden: EuErbVO) wurde am 27.7.2012 im Amtsblatt veröffentlicht (ABl. EG L 201 vom 27.7.2010). Ihr Art.  21 sieht die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt vor. Zur EuErbVO siehe auch Dörner, ZEV 2010, 221–227, sowie Janzen, DNotZ 2012, 484–493. 43  Vgl. den ganzseitigen Zeitungsartikel: „Was muss man tun, um den Erbfall zu regeln?“, in: Islamische Zeitung vom Februar 2013, S.  4. 44  Instruktiv zum in Deutschland vererbten Vermögen sind die statistischen Auswertungen von Muscheler, ErbR 2015, 650 (653 ff.). 45 Vgl. Waldhoff in: DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages. Bd 1 (2010), S.  1 „Der Islam hat eine Stärke erreicht, die seine religionsrechtliche Ignorierung untunlich werden lässt“. 46  Vgl. die Aufsätze je in Hereditare 1 (2011): Brumberg, Hereditare 1 (2011), 111–113, Frieser, Hereditare 1 (2011), 115–117 und Rott, Hereditare 1 (2011), 119–123.

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Im dritten und vierten Kapitel werden schließlich Maßstab und Funktion der Inhaltskontrolle behandelt. Wesentlicher Anker ist §  138 BGB. Einzelne Faktoren werden auf ihre – mögliche – Relevanz für eine Inhaltskontrolle gemäß §  138 BGB im Einzelfall geprüft. Die Analyse von Generalklauseln muss unter dem Vorbehalt des Einzelfalles stehen. Doch auch eine Einzelfallbetrachtung findet nicht regellos statt, sondern bedarf der Struktur und Abgrenzung.47 Diese soll hier unter Zuhilfenahme des beweglichen Systems geschehen. Das bewegliche System kann ein Austarieren der verschiedenen relevanten Aspekte im Rahmen des §  138 Abs.  1 BGB abbilden und so das nötige zivilrechtliche Rüstzeug für den Umgang mit – politisch wie verfassungsrechtlich – heiklen Themen bereitstellen. Kapitel 5 untersucht dann die Frage eines Diskriminierungsverbotes im Bereich testamentarischer Verfügungen. Eine Einzelfalllösung wie im Fall des Moses Isaacschen Testaments von 177448 bleibt der deutschen Rechtsordnung verwehrt 49. Dort hatte der Erblasser eine testamentarische Bedingung niedergelegt, dass die Bedachten Juden bleiben müssten. Sämtliche Kinder waren jedoch zum Christentum konvertiert und verlangten gerichtlich das Erbe. Im Jahr 1786 wurde dann per Kabinettsorder50 festgelegt, dass eine Bedingung, nach der ein Bedachter Jude bleiben müsse und nicht Christ werden dürfe, für künftige Fälle als „pro non scripta“ behandelt werde; das Testament aber sei im Übrigen wirksam.51 Eine im Rahmen des Grundgesetzes gefundene Lösung muss alle religiös motivierten Erblasser gleichbehandeln.52 Dass dies ohne Brüche mit der Zivilrechtsdogmatik gelingen kann, versucht diese Arbeit zu zeigen.

Vgl. den Gefahrenhinweis von Hedemann, Die Flucht in die Generalklauseln (1933). Eine Kurzschilderung des Falles findet sich bei Knobbe-Keuk, FamRZ 1972, 9 (9 f.); detaillierter Mathis, Allg. Jur. Monatsschrift für die Preußischen Staaten 1807, 237–238. 49  Eingehend zur jüngeren Rechtsgeschichte Karow, Die Sittenwidrigkeit von Verfügungen von Todes wegen in historischer Sicht (1997). 50  Die resultierende Kabinettsorder findet sich bei Rabe, Sammlung preußischer Gesetze Bd. 1 Abt.  7, S.  530: Preußische Kabinettsorder vom 4.11.1786. 51  Zur Problematik der Nichtigkeitsfolge nach dem geltendem Recht des §  138 BGB informativ: Damm, JZ 1986, 913 (925 f.) mit Vorschlägen zu Ausnahmen. 52  Ähnlich lehnt auch das policy paper „Islam in Bayern“ des Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa ein Islamgesetz (nach österreichischem Vorbild) ab, welches speziell Rechtsfragen des Islams regeln würde. Die Studie empfiehlt damit die Verwendung allgemeiner Regeln und Mechanismen, die je auf alle religiösen Gruppierungen anwendbar sind: Rohe/Jaraba et. al., Islam in Bayern (2018), S.  55 f. 47 

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Kapitel 1

Denkbare Regelungsinhalte „Gott und nicht der Mensch macht Erben“ Deutsches Rechtssprichwort 1 Die erbrechtlichen Vorschriften des islamischen Rechts sind ein komplexes Regelungsgeflecht. Eine Gesamtdarstellung würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen.2 Sie ist für das vorliegende Untersuchungsinteresse auch gar nicht nötig. Für die Zwecke dieser Arbeit genügt es, die Grundzüge des materiellen islamischen Erbrechts (unter A.) und dessen wesentliche potentielle Konfliktpunkte zum deutschen Zivilrecht bei einer Umsetzung im Wege einer Vervon Schmidt-Wiegand, Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter (1996), S.  95. 2  Für den deutschen Sprachraum finden sich Überblicksdarstellungen in Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  99 ff. und S.  230 ff. sowie in Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  74 ff. Dieser hat auch eine Zusammenfassung in Aufsatzform verfasst: Pattar, ErbR 2009, 272–279. Eine ältere, sehr knappe Darstellung findet sich bei Spies/ Pritsch, in: Spuler et. al. (Hrsg.), Handbuch der Orientalistik, Erste Abteilung, Erg.bd. III (1964), S.  220–343. Die Einführung von Nagel, Das islamische Recht (2001) enthält keinen eigenen Abschnitt zum Erbrecht. Ebert untersucht das Erbrecht arabischer Staaten und widmet sich in einer Studie der konkreten Rechtsanwendung und ihren Möglichkeiten, gewollte Ergebnisse zu erzielen: Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), dort insbesondere S.  9 –27 zu den islamrechtlichen Grundlagen. Das ägyptische Testamentsrecht behandelt Umstätter, Das Testament im ägyptischen Erbrecht (2000). In der englischsprachigen Literatur finden sich Überblicks­ darstellungen u. a. in: Bakhtiar, Encyclopedia of Islamic Law (1996), S.  285 ff., Fyzee, Outlines of Muhammadam Law (2013), S.  314 ff., Schacht, An Introduction to Islamic Law (1964), S.  169 ff. Eine Darstellung in Gesetzesform mit Kommentierung und besonderer Einbeziehung der indo-pakistanischen Rechtspraxis findet sich in Tanzil-ur-Rahman, A Code of Muslim Personal Law. Bd. II (1980), S.  74 ff. (Testamentserbrecht) und S.  402 ff. (Erbfolge ohne Verfügung von Todes wegen). Speziell dem islamischen Erbrecht widmen sich: Abdul-Rauf, Inheritance According to the Shariah Law of Islam (2000) im Wege eines Leitfadens für die Praxis; Glander, Inheritance in Islam (1998), zum jemenitischen Recht; Hussain, The Islamic Law of Succession (2005) mit etlichen Rechenbeispielen; sowie Khan, Islamic Law of Inheritance (2000). Einen historischen Ansatz wählt – neben Schacht – Powers, Studies in Qur’an and Hadith (1986). Zum vorislamischen Recht siehe Russell/Suhrawardy, Muslim Law (2008). Durand diskutiert in französischer Sprache die klassischen Regeln und deren Modifikation in Tunesien, Marokko, dem Senegal und Algerien: Durand, Droit Musulman, Droit Successoral (1991). 1  Nachgewiesen

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

fügung von Todes wegen (unter B.) zu erkennen. In Anlehnung an die Dissertation von Pattar3 wird eine solche Verfügung in dieser Arbeit als „islamisch inspiriert“ bezeichnet.

A. Grundzüge des islamischen Erbrechts Diese Arbeit kann und will keinen Anspruch erheben, die „richtige“ Rechtsansicht im Sinne einer theologischen Arbeit zu ermitteln. Die Meinungsvielfalt, die es im islamischen Erbrecht und bei dessen Umsetzung in der Gesetzgebung sowie in der Rechtspraxis islamisch geprägter Länder gibt,4 ist für die praktische Rechtsanwendung und beratung hoch relevant, da sie zu erheblichen Unterschieden in der Verteilung des Nachlasses führen kann. Auch die Vorfragen, etwa zur Anerkennung einer Ehe oder der Ermittlung der Ehelichkeit eines Kindes, bedürfen in der konkreten Rechtsanwendung genauer Aufmerksamkeit.5 Bei aller Verschiedenheit bleiben jedoch weitreichende Gemeinsamkeiten, die einen Muslim oder eine Muslimin bei der Errichtung eines Testamentes leiten können und die es vorliegend zu untersuchen gilt. Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007). Siehe hierzu die Übersicht von Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), insbesondere S.  9 ff. 5 Siehe beispielsweise OLG München, Beschluss vom 1. Februar 2010, 31 WX 37/09, FamRZ 2010, 1280–1282, wo für die Beerbung eines Iraners zunächst die Frage der wirksamen Heirat zu klären war. Für das Kammergericht war die Wirksamkeit einer Vaterschafts­ anerkennung entscheidungserheblich, KG, Beschluss vom 26. Februar 2008, 1 W 59/07, ­FamRZ 2008, 1564. Zu dieser Entscheidung Dörner, ZEV 2008, 442–443; Pattar, ZEV 2008, 442 sowie Looschelders, IPRax 2009, 246–248. Zu den Berufungsgründen und den damit verbundenen Vorfragen Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  77 ff. Ein Überblick über die Gutachtenpraxis findet sich in Menhofer/Otto (Hrsg.), Gutachten zum ausländischen Familien- und Erbrecht (2005). Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 16. April 2012, 31 Wx 45/12, ZEV 2012, 591–593 behandelt die – bejahte – Erhöhung der Erbquote der Witwe gemäß §  1371 BGB bei iranischem Erbstatut nach erfolgter Quotenerhöhung wegen ordre public-Verstoßes. Der Bundesgerichtshof hat bislang §  1371 BGB güterrechtlich qualifiziert: BGH, Beschluss vom 13. Mai 2015, IV ZB 30/14, ZEV 2015, 409–413 mit Anmerkung Reimann, ZEV 2015, 413; Anmerkung von Lorenz, NJW 2015, 2157–2159. Der EuGH hat auf Vorlage des Kammergerichts §  1371 BGB nun ­erbrechtlich qualifiziert und damit in den Bereich der EuErbVO einbezogen: Urteil vom 1. März 2018, Rs C-558/16: Mahnkopf, FamRZ 2018, 632–634 mit Anmerkung Fornasier, FamRZ 2018, 634–635. Dies wirft neue Fragen für das nationale Internationale Privatrecht auf. Das Hanseatische Oberlandesgericht will die Erbquotenerhöhung des §  1371 BGB für den Bereich des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens ausschließen: OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Dezember 2014, 2 W 58/14, MittBayNot 2016, 261–264 mit teilweise zustimmender Anmerkung Sieghörtner, MittBayNot 2016, 264–265. 3 Vgl.

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A. Grundzüge des islamischen Erbrechts

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I. Die Rechtsquellen Ein Grund für diese weitreichenden Gemeinsamkeiten ist die Verankerung einiger Regelungen im Koran als höchstrangiger Rechtsquelle des islamischen Rechts. Dort finden sich an zwei Stellen detaillierte Aussagen zum Erbrecht.6 Um einen Eindruck von der Detailliertheit der Regelungen und ihrem Appellcharakter zu erhalten, seien diese vollständig wiedergegeben.7 Sure 4 – Die Frauen, Vers 11 und 12 „Gott verordnet euch hinsichtlich eurer Kinder: Auf eines männlichen Geschlechts kommt (bei der Erbteilung) gleichviel wie auf zwei weiblichen Geschlechts. Wenn es (ausschließlich) Frauen sind, (und zwar) mehr als zwei (oder: zwei und mehr?), stehen ihnen zwei Drittel der Hinterlassenschaft zu; wenn es (nur) eine ist, die Hälfte. Und den beiden Eltern steht jedem ein Sechstel der Hinterlassenschaft zu, wenn der Erblasser Kinder (oder: ein Kind) hat. Wenn er jedoch kinderlos ist und seine Eltern ihn beerben, steht seiner Mutter ein Drittel zu. Und wenn er (in diesem Fall auch noch) Brüder (oder: Geschwister) hat, steht seiner Mutter ein Sechstel zu. (Das alles) nach (Berücksichtigung) einer (etwa) vom Erblasser (w. von ihm) getroffenen testamentarischen Verfügung oder einer (von ihm hinterlassenen) Schuld. Ihr wißt nicht, wer von euren Vätern und Söhnen euch im Hinblick auf (den) Nutzen (den ihr von ihm habt, oder: den sie von euch haben) am nächsten steht. (Das gilt) als Verpflichtung von seiten Gottes. Gott weiß Bescheid und ist weise. Und von der Hinterlassenschaft eurer Gattinnen steht euch die Hälfte zu, falls sie kinderlos sind. Falls sie jedoch Kinder (oder: ein Kind) haben, steht euch ein Viertel davon zu. (Auch dies) nach (Berücksichtigung) einer (etwa) von ihnen getroffenen testamentarischen Verfügung oder einer (von euch hinterlassenen) Schuld. Und euren Gattinnen (w. ihnen) steht ein Viertel von dem zu was ihr (Männer) hinterlaßt, falls ihr kinderlos seid. Falls ihr jedoch Kinder (oder: ein Kind) habt, ein Achtel. (Auch dies) nach (Berücksichtigung) einer (etwa) von euch getroffenen testamentarischen Verfügung oder einer (von ihnen hinterlassenen) Schuld. Und wenn ein Mann oder eine Frau von seitlicher Verwandschaft beerbt wird und er (bzw. sie) einen (Halb)bruder oder eine (Halb)schwester hat, steht jedem von den beiden ein Sechstel zu. Wenn es mehr (als zwei) sind, teilen sie sich in ein Drittel (und zwar) nach (Berücksichtigung) einer (etwa) getroffenen testamentarischen Verfügung oder einer (hinterlassenen) Schuld Dabei soll niemand schikaniert werden. (Das gilt) als Verordnung von seiten Gottes. Gott weiß Bescheid und ist mild.“ Sure 4 – Die Frauen, Vers 176 „Man fragt dich um Auskunft. Sag: Gott gibt euch (hiermit) über die seitliche Verwandtschaft (und deren Anteil am Erbe) Auskunft. Wenn ein Mann umkommt, ohne Kinder zu haben, und er hat eine Schwester (von Vater- und Mutterseite her), dann steht ihr die Hälfte zu von dem, was er hinterläßt. Und er beerbt (umgekehrt) sie, falls sie keine Kinder hat. Und wenn es zwei (Schwestern) sind (die einen kinderlos verstorbenen Bruder zu beerben haben), stehen ihnen zwei Drittel der Hinterlassenschaft zu. Und wenn es (verschiedene) Geschwis6  Eine Übersicht über die erbrechtsrelevanten Koranstellen gibt Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  10–12. Eine Kurzübersicht unter Betonung der Vielfalt hat Pattar erstellt: ErbR 2009, 272–279. 7  Übertragung und Verszählung nach Paret, Der Koran (2007).

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

ter sind, Männer und Frauen, kommt auf eines männlichen Geschlechts gleichviel wie auf zwei weiblichen Geschlechts. Gott gibt Euch Klarheit (um zu verhindern), daß ihr irregeht. Er weiß über alles Bescheid.“

Da der Koran nach islamischer Auffassung das authentische Wort Gottes darstellt, haben diese konkreten Vorgaben hohe Prägekraft für den islamrecht­ lichen Diskurs.8 Dies gilt trotz Reformdiskussion auch in den Ländern und Zeiten, in denen nicht – wie es als innere Rechtfertigung der ungleichen Erbquoten für Männer und Frauen angeführt wird – die Unterhaltslast allein von den Männern getragen wird.9 Wer dies mild als rückschrittlich belächelt, sollte sich vor Augen führen, wieviel Zurückhaltung etwa ein deutscher Jurist hätte, sollte er die Erbquoten des Bürgerlichen Gesetzbuches für einen Einzelfall teleologisch reduzieren, wenn diese zu einer als unbillig empfundenen Verteilung führen. Hinzu kommt das Spezifikum religiöser Vorschriften, dass sie nicht nur das Diesseits in den Blick nehmen, sondern auch das Jenseits. Damit steht für den Betroffenen bei einem bewussten Abweichen vom göttlichen Gebot immer auch das eigene Seelenheil auf dem Spiel. Daraus ergibt sich eine hohe subjektive Verbindlichkeit. Ergänzt werden die zitierten Koranstellen durch weitere Hinweise und Festlegungen im Koran10 und aus der Sunna. Die Sunna des Propheten Muhammad ist neben dem Koran eine der Rechtsquellen des islamischen Rechts. Sie ist nach dem Koran die höchstrangige.11 Der Begriff Sunna erfasst das Vorbild des Propheten Muhammad, der durch Tun, Handeln oder Tolerieren Beispiele und Hinweise für das islamkonforme Leben und Denken hinterlassen hat.12 Umstritten ist, inwieweit etwa auch das Vorbild der Prophetengefährten oder die frühe medinensische Praxis dazuzählen.13 Zur Ermittlung der Sunna dienen die Überlieferungen der Worte und Taten des Propheten (aḥādīṯ, Singular: ḥadīṯ ), auch Traditionen genannt.

Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  230; derselbe, in: Zimmermann (Hrsg.): Freedom of Testation (2012), S.  173. 9 Hierzu Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  230; Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  128 f. 10  So in Sure 2 – Die Kuh, Vers 180 (Pflicht zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung zur Versorgung der Eltern und nächsten Verwandten), Vers 181 (Verbot der Abänderung durch Dritte), Vers 182 (zulässiger Ausgleich zwischen den Hinterbliebenen und Bedachten); Sure 4 – Die Frauen, Vers 7 (Erbwürdigkeit der Frau), Vers 8 (Versorgung der Anverwandten, Waisen und Arme, Vers 33 (weitere Verwandtschaft, eidliche Bindung), Vers 176 (zum Erbrecht in der Seitenlinie); Sure 5 – Der Tisch, Vers 106 (Nachweis eines Vermächtnisses durch Zeugenbeweis; Sure 8 – Die Beute, Vers 75 (Vorrang der Blutsverwandten). 11  Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  52 ff. 12  Zur Definition der Sunna siehe Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  52. 13  Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  52. 8 

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Die Rechtswissenschaft und -praxis hat im Laufe der Jahrhunderte aus den von Koran und Sunna vorgegebenen Grundregeln jeweils systematische, in den Einzelfragen durchaus unterschiedliche Gesamtdarstellungen geschöpft.14

II. Die Verteilung des Nachlasses Für die Aufteilung des Nachlasses ist zunächst die Erbmasse um Schulden zu bereinigen, anschließend ist ein angeordnetes Vermächtnis (waṣīya) abzuziehen.15 Der so bereinigte Nachlass ist zwischen den Quotenerben und den Rest­ erben zu verteilen. 1. Vermächtnisse Für Vermächtnisse gelten u. a. die folgenden Grundsätze: Nur ein Drittel des Nachlasswertes darf durch Vermächtnisse verteilt werden. Es dürfen nur Personen bedacht werden, die nicht auch gleichzeitig zum konkreten Erbenkreis gehören.16 Der Erblasser ist also frei, ein Drittel seines Vermögens an Dritte zu verteilen. Die Beschränkung auf Nichterben ergibt sich aus der nach überwiegender Ansicht geltenden Regel „Kein Vermächtnis für einen Erben“,17 so dass der Erblasser nur Dritte begünstigen kann, die Quoten unter den Erben aber nicht im Rahmen dieses Drittels abändern kann. Die Religionsverschiedenheit ist kein Hindernis für eine testamentarische Zuwendung.18 Das islamische Erbrecht eröffnet hier also dem islamischen Erblasser die Möglichkeit, im Einzelfall auch einen Nichtmuslim, etwa die christliche Ehefrau, bis zu einem Drittel des Reinnachlasswertes (also des vorhandenen Vermögens des Erblassers abzüglich Verbindlichkeiten) zu bedenken. Inhaltlich besteht weitgehende Freiheit in der Ausgestaltung der Zuwendung: Denkbar ist neben der Zuwendung von Geld oder Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  16; zur Geschichte des islamischen Erbrechts vgl. Powers, Studies in Qur’an and Hadith (1986). 15  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  135 ff.; Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  133 ff. 16  Hierzu sowie zu den Ausnahmen vgl. Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  266 ff. (Drittelregelung) und S.  257 ff. (Hindernis der Erben­ eigenschaft) sowie Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  140–143; zur historischen Entwicklung der Nichterbenregel siehe Powers, Studies in Qur’an and Hadith (1986), S.  158 ff. 17  Zur Entwicklung dieser Regel Powers, Studies in Qur’an and Hadith (1986), S.  158 ff.; Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  140 f.; zur Herleitung aus der Sunna: Rohe, in: Zimmermann (Hrsg.): Freedom of Testation (2012), S.  179. 18  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  138; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  261. 14 

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Sachen auch die Anordnung eines Nutzungs- oder Fruchtziehungsrechts oder eine quotenmäßige Einsetzung.19 Der Erblasser kann zudem Bedingungen oder Befristungen vorsehen 20 oder es in das Belieben der Erben stellen, was einer bestimmten Person zukommen soll.21 Für die vorliegende Untersuchung bemerkenswert ist, dass auch das islamische Recht eine Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen kennt: So sind Bedingungen nur zulässig, wenn sie dem Erblasser, dem Erben oder einem Dritten günstig sind, also nicht nur zu einer schikanösen Einschränkung des Bedachten führen.22 Schließlich ist ein sitten- oder rechtswidriges Testament auch nach islamischer Auffassung nichtig.23 Dies gilt insbesondere für die – auch im deutschen Recht längere Zeit aktuelle – Fallgruppe des Mätressentestaments.24 2. Die Intestaterben nach islamischem Recht Aus den oben angeführten Koranzitaten wird die Zweiteilung der Erben in sogenannte „Quotenerben“ und „Resterben“ deutlich. Nur für den Fall, dass weder Quoten- noch Resterben vorhanden sind, wird die Gruppe der in weiblicher ­Linie Verwandten relevant, deren Berücksichtigung jedoch umstritten ist.25 Zunächst ist für den jeweiligen Erbfall also die Zahl der Quotenerben 26 zu ermitteln. Der Rest wird an die – deshalb so genannten – Resterben verteilt. Etwaige Friktionen werden durch verhältnismäßige Kürzung beseitigt (sogenanntes ´awl ).27 Hinterlässt ein Erblasser eine Ehefrau, einen gemeinsamen Sohn, eine gemeinsame Tochter sowie seine Eltern und einen Bruder und eine Schwester, gestaltet sich die Erbfolge damit beispielsweise wie folgt: In einem ersten Schritt werden die Quotenerben ermittelt. Dies ist zum einen die Ehefrau zu einem Achtel, da sich ihr Viertel neben den Kindern auf ein 19 Übersicht bei Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  263 ff.; Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  141 f. 20  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  135; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  263 f. 21  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  142; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  264. 22  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  144; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  253; ähnlich Umstätter, Das Testament im ägyptischen Erbrecht (2000), S.  31 zum ägyptischen Testamentsrecht. 23  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  253. 24  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  253. 25  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  196 ff. 26  Eine tabellarische Übersicht findet sich bei Ebert/Heilen, Islamisches Recht (2016), S.  180. 27  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  181 f.

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Achtel reduziert.28 Die Tochter ist zwar grundsätzlich Quotenerbin mit einem Anteil von ein Halb. Neben Söhnen des Erblassers wird sie jedoch Resterbin. Entsprechendes gilt für die Schwester des Erblassers: Neben einem Bruder wird sie ebenfalls zur Resterbin. Söhne und Brüder sind von vorneherein Resterben. Der Vater des Erblassers ist dann Quotenerbe, wenn erbberechtigte Abkömmlinge vorhanden sind. Dies ist hier der Fall, so dass dem Vater ein Sechstel als Quotenerbe zusteht. Die Mutter ist ebenfalls Quotenerbin. Ihr Drittel reduziert sich jedoch neben erbberechtigten Abkömmlingen auf ein Sechstel der Erbschaft. Damit ergeben sich im ersten Schritt folgende Quotenerben: die Ehefrau zu einem Achtel, die Eltern zu jeweils einem Sechstel. Insgesamt sind also 11/24 des Nachlasses verteilt. Es folgt der zweite Schritt, also die Feststellung der Resterben. Hierunter zählen der Sohn und der Bruder als sogenannte Resterben „durch sich selbst,“ d. h. ihre Erbenstellung hängt nicht vom Vorhandensein anderer Erben ab. Allerdings ist der Sohn in einer höheren Rangordnung als der Bruder, so dass er den Bruder ausschließt. Zu den Resterben „durch einen anderen“ zählen hingegen die Tochter und die Schwester. Resterben „durch einen anderen“ teilen den Rang desjenigen Erben, durch den sie zu Resterben geworden sind. Damit schließt auch hier die Tochter die Schwester aus. Die restlichen 13/24 des Nachlasses werden damit unter den Kindern aufgeteilt. Dabei erhält der Sohn unter Berufung auf die oben zitierten Koranstellen den doppelten Anteil der Tochter, also zwei Drittel des verbleibenden Nachlass­ teiles, während die Tochter ein Drittel des verbleibenden Nachlassteiles erhält. Auf einen Nenner von 72 gebracht, ergibt sich damit folgende Nachlassverteilung: An die Ehefrau fallen 9/72 (ein Achtel), an die Eltern jeweils 12/72 (ein Sechstel), an den Sohn 26/72 und an die Tochter 13/72. In Prozenten ausgedrückt erhalten gerundet die Ehefrau 12,5 %, die beiden Eltern zusammen 33,2 %, der Sohn 36,11 % und die Tochter 18,10 %. Bereits hieraus wird deutlich, dass das islamische Erbrecht nicht nur die Mitglieder der Kleinfamilie begünstigt, sondern weitere Familienmitglieder, insbesondere die Eltern, in den Blick nimmt. Diese kommen demgegenüber in der gesetzlichen Erbfolge des Bürgerlichen Gesetzbuches nur zum Zug, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind. Auch tritt im islamischen Erbrecht die Partnerbeziehung deutlich hinter der Verwandtschaftsbeziehung zurück. Dies kann Ausdruck einer stärkeren Familiengebundenheit des Vermögens sein. Vorsicht 28 Vgl.

Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  164.

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

ist jedoch vor einer isolierten Wertung dieser Quoten geboten. Eine vergleichende Betrachtung müsste auch diejenigen Mechanismen in den Blick nehmen, die ebenfalls der Versorgung des Ehepartners nach Auflösung der Ehe durch den Tod dienen, etwa lebzeitige Schenkungen oder Unterhalt.29 3. Das Erbhindernis der Religionsverschiedenheit Die vorstehend geschilderten Regeln werden ergänzt durch Regeln zu den Erbhindernissen. Soweit ein Erbhindernis besteht, kann der Betreffende nicht Erbe werden, ihm fehlt die Erbwürdigkeit. Die Rechtsgrundlagen finden sich vor allem in den Hadithen. Die Meinungsvielfalt in Detailfragen ist hier beträchtlich.30 Für das Erbhindernis der Reli­ gionsverschiedenheit gilt grob gefasst: Ist der Erblasser ein Muslim oder eine Muslimin, kann eine Person anderen Glaubens oder ohne religiöse Überzeugung nicht dessen Erbe sein. Es wird dabei nicht zwischen den Schriftgläubigen (ahl al-kitāb, für heutige Zwecke: insbesondere Juden und Christen) und anderen Nichtmuslimen unterschieden.31 Für die Zwecke der islamischen Erbfolge werden Nichtmuslime als nicht vorhanden behandelt. Dies gilt nach vielen Rechtsschulen in beide Richtungen, es erbt also auch kein Muslim von einem Christen. Teilweise wird auch ein nur einseitig wirkendes Erbverbot angenommen.32 Nach überwiegender Ansicht kommt es hierbei auf den Zeitpunkt des Erbfalles an. Nur teilweise wird vertreten, es genüge eine Konversion bis zur Verteilung des Nachlasses.33 Die Vermutung liegt nahe, dass diese Erbregel bei Erblassern, die in Ländern mit nichtmuslimischer Mehrheit leben, häufiger Anwendung findet als bei ­solchen mit Aufenthalt in islamischen Ländern: Man denke allein an die Zahl interreligiöser Ehen.34 Aus islamischer Sicht ist, jedenfalls bei den Sunniten, 29 Vgl. Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  101 sowie Powers, in: Masud/Brinkley/­ Powers (Hrsg.), Islamic Legal Interpretation (1996), S.  99. Powers betont die Funktionsäquivalenz zwischen Erbrecht und lebzeitigen Schenkungen. Entsprechend wählt Glander in ­ihrer Untersuchung zum Erbrecht von Frauen in Jemen auch einen weiten Ansatz: Glander, Inheritance in Islam (1998), S.  25. 30  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  88; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  152 ff.; allgemein zur Meinungsvielfalt im islamischen Recht: Nagel, Das islamische Recht (2001), S.  284 ff. 31  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  88; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  152. 32  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  88 f.; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  152. 33  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  152. 34  Statistisches Bundesamt, Eheschließende 2009 nach Religionszugehörigkeit der Ehepartner, Wiesbaden 2010: Allein im Jahr 2009 gab es hiernach 4188 Ehen zwischen Musli-

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eine solche Ehe zwischen einem Muslim als Ehemann und einer Christin oder Jüdin als Ehefrau zulässig – nicht aber umgekehrt.35 Ehen, die trotz dieser Vorgaben geschlossen werden, sind aus islamischer Sicht unwirksam.36 Mit dem Minderheitenstatus der Muslime in Deutschland und den damit erhöhten sozialen Kontaktmöglichkeiten ist auch eine stärkere Differenzierung der religiösen Anschauungen in der Kinder- und Enkelgeneration durch Konversionen oder Partnerwahl zu erwarten. Genaue Zahlen hierzu fehlen derzeit. Neben dem Erbhindernis der Religionsverschiedenheit besteht noch das gesonderte Erbhindernis der Apostasie.37 Eine vom Islam formell abgewandte ­Person kann nach islamischem Erbrecht nicht Erbe sein. Dies gilt sowohl für Konversionen zu einer anderen Religion als auch für sonst formell abgewandte. Als eigenständiges Erbhindernis neben der Religionsverschiedenheit kommt Apostasie jedoch nur bei der Erbfolge nach Nichtmuslimen in Betracht und liegt damit außerhalb des Untersuchungsgegenstandes. Ebenfalls nur bei einem nichtmuslimischen Erblasser wird das nach teilweise vertretener klassischer Ansicht bestehende Hindernis der Herkunfts- und Domizilverschiedenheit relevant.38 Vorliegend werden die Möglichkeiten und Grenzen islamisch inspirierter Testamente untersucht. Diese genannten und im klassischen Recht diskutierten Erbhindernisse für die Erbfolge von Nichtmuslimen haben daher kaum Relevanz für einen Erblasser islamischer Überzeugung bei der Beurteilung seiner eigenen Nachlassverteilung. Gleiches gilt für das Erbhindernis der Tötung des Erblassers, das hier daher nur der Vollständigkeit halber erwähnt sein soll. Ist in dem vorstehend geschilderten Beispiel die Ehefrau Christin, so geht sie bei der Nachlassverteilung leer aus.39 An dem Erbrecht der übrigen Beteiligten ändert sich hingegen nichts. Die Eltern erben weiterhin jeweils ein Sechstel. Der men und Nichtmuslimen, davon gab in 2934 Fällen der Mann den Islam als seine Religion an, in 1254 Fällen die Ehefrau. Die Heiratspraxis beschränkt sich dabei weder bei Männern noch bei Frauen auf das religiös Zulässige. In 971 Fällen heirateten männliche Muslime nach den offiziellen Angaben Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften als der Buchreligionen. 35  Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  82 f. 36 Vgl. Ebert, Das Personalstatut arabischer Länder (1996), S.  102 ff. zur Rechtslage in arabischen Ländern. 37  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  90. 38  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  91; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  158 f.; nach Pattar wird dieses Erbhindernis heute überwiegend als überholt angesehen (S.  160). 39  Ein instruktives Beispiel für die Relevanz und Unterschiede der französischen, deutschen und ägyptischen Erbordnungen findet sich in OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10. Mai 2010, 20 W 4/10, ZEV 2011, 135–137. Der ägyptische Nachlass ging vollumfänglich an die Geschwister des Erblassers, unter Übergehung der Ehefrau.

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

Rest von zwei Dritteln der Erbschaft wird zwischen Sohn und Tochter unter Beachtung des Männlichkeitsprivilegs aufgeteilt. Damit ergeben sich 8/18 für den Sohn, 4/18 für die Tochter, jeweils 3/18 für die Eltern. Deutlich komplexer ist die Lage, wenn die Ehefrau keiner Buchreligion (also beispielsweise dem Judentum oder Christentum) angehört. Dann stehen die Gültigkeit der Ehe und die Legitimität der Kinder in Frage. Dieses Dilemma islamkonform aufzulösen stellt eine besondere Aufgabe für einen Erblasser dar, der in einer stärker religiös geprägten Phase am Lebensende mit seinem früheren Verhalten und dessen Auswirkungen konfrontiert ist.

B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung Verstirbt eine Person mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, so beurteilen sich die erbrechtlichen Folgen aus deutscher Sicht nach deutschem Sachrecht, Art.  21 EU-Erbrechtsverordnung.40 Es tritt damit, wenn der Erb­ lasser nicht anderweitig verfügt hat, die gesetzliche Erbfolge der §§  1922 ff. BGB ein. Das deutsche Erbstatut erfasst damit neben Deutschen, die ihr Heimatrecht als Erbstatut wählen, auch grundsätzlich, d. h. soweit nicht vorrangige Staatsverträge eingreifen, alle Ausländer, die ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und keine wirksame anderweitige Rechtswahl getroffen haben. Damit steht zu erwarten, dass mehr Muslime in Fragen der Nachlass­ verteilung dem deutschen Sachrecht unterstehen als nach der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit. Befasst sich ein Muslim oder eine Muslimin mit den Fragen der eigenen Rechtsnachfolge von Todes wegen, so sind verschiedene Haltungen denkbar. Denkbar ist zum einen, dass die gesetzliche Erbfolge als nicht so unpassend oder auch als schicksalhaft hingenommen wird bzw. dass eine Verfügung mangels eines hinreichenden Entschlusses oder Rates unterlassen wird. Denkbar ist aber auch, dass ein gläubiger Muslim die Regelungsspielräume des deutschen Erbrechts nutzt und ein Testament errichtet, um seine Beerbung nach islamischen Leitlinien auszurichten. Tut er dies, so steht er zunächst vor der Aufgabe der korrekten Ermittlung des islamischen Rechts und der Ermittlung einer indi40  Verordnung (EU) Nr.  650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses vom 4. Juli 2012, ABl. EG L 201/107. Deren Art.  21 lautet: „Sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.“

B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung

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viduellen Überzeugung hinsichtlich der gewollten Nachlassverteilung. Islamrechtlicher Sachverstand ist gerade in Erbfragen nicht für jeden leicht erreichbar, wie schon die geringe Zahl der vertiefenden deutschsprachigen Publikationen zeigt. Anzumerken sei hier, dass es de lege lata wohl nicht genügt, allgemein ein Testament mit dem Verweis auf die Scharia41 abzufassen, etwa mit dem Text: „Mein letzter Wille Ich ordne hiermit an, dass für meine Beerbung die Scharia gelten soll. Musterstadt, den 1. Januar 2017 Muhammad Mustermann“

Der Verweis auf die Scharia ist aufgrund der bestehenden Meinungsvielfalt ­bereits schwierig zu bestimmen. Schwerer wiegt: Eine solche Verfügung lässt nicht erkennen, dass sich der Erblasser mit den für ihn maßgeblichen Bestimmungen konkret auseinandergesetzt hat und diese in seinen Willen aufgenommen hat.42 Damit steht aber die Höchstpersönlichkeit der Verfügung in Frage, §  2065 BGB.43 Sollte im Einzelfall sichergestellt sein, dass ein solch konkreter Wille vorliegt, bleibt schließlich noch die Hürde der Form: Auch mit der großzügigen Andeutungstheorie der Rechtsprechung muss die Erbfolge in der Verfügung zumindest angedeutet sein, einen Anhalt finden.44 Da keine Quoten oder Personen auch nur angedeutet oder erwähnt sind, wäre eine solch pauschale Verfügung jedenfalls formungültig. 41  Zu diesem Begriff näher Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  9 ff. Vorliegend wird er verallgemeinernd – und vergröbernd – als Verweis auf das islamische Recht gebraucht. 42  Funktional ähnlich liegt der Fall, wenn die Person als Erbe eingesetzt wird, die „sich bis zum meinem Tode um mich kümmert“. Der Erblasser gibt zwar die generelle Richtung vor, legt aber nicht konkret fest, wie dieses Kümmern bestimmt sein soll, und lässt auch nicht erkennen, dass er hierzu bestimmte Vorstellungen hatte. Das Oberlandesgericht München hat daher in seinem Beschluss vom 22. Mai 2013, 31 Wx 55/13, DNotI-Report 2013, 788–789 eine solche Verfügung gemäß §  2065 Abs.  2 BGB für nichtig erachtet. Ähnlich: „Wer mir in den letzten Stunden beisteht…“: Verfügung unwirksam gemäß OLG Köln, Beschluss vom 9. Juli 2014, 2 WX 188/14, ZEV 2014, 570–570 (Leitsatz). 43  Eingehend mit §  2065 BGB befasst sich die Habilitationsschrift von Kleinschmidt, Delegation von Privatautonomie auf Dritte (2014) mit rechtsvergleichendem Ansatz und Fokus auf der Schiedsgerichtsbarkeit; Richter am Bundesgerichtshof Karczweski schildert neuere Fälle, analysiert die bisherige Rechtsprechung und schlägt einen Interessenausgleich insbesondere für die Fälle der späteren Pflege des Erblassers vor: ZEV 2018, 192 (195). 44  Vgl. statt vieler Palandt/Weidlich, §  2084 BGB Rn.  4; Palandt/Ellenberger §  133 Rn.  19; BGH, Urteil vom 8. Dezember 1982, IVa ZR 94/81, BGHZ 86, 41 (46 f.) zu §  2247 BGB; sowie zuvor bereits allgemein am Beispiel des §  311b BGB (§  313 BGB a. F.): BGH, Urteil vom 20. Dezember 1974, V ZR 132/73, BGHZ 63, 359 (362). Besonders großzügig lässt das Oberlandesgericht Hamm eine Andeutung der Auslegungsbedürftigkeit genügen: OLG Hamm, Beschluss vom 6. Januar 2011, I-15 Wx 484/10, juris-Dokument.

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

Im Hinblick auf Art.  22 EuErbVO45 sowie deren Erwägungsgrund 3946 stellt sich die Frage, ob dagegen in der Wahl der Scharia bei islamisch inspiriertem Heimatrecht des Erblassers eine gültige Rechtswahl liegen kann. Dies wird im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln sein. Ein Indiz gegen die Rechtswahl liegt beispielsweise vor, wenn das Heimatrecht des Erblassers reformiert wurde und nunmehr weniger religiös ausgerichtet, sondern vielmehr säkularer geprägt ist. Auch ist denkbar, dass sich der Erblasser kritisch gegenüber der geltenden Rechtslage seines Heimatrechts geäußert hat und diese mit dem Testament abbedingen wollte. Hier ist Beweis über die Vorstellungen des Erblassers zu er­ heben. Im Zweifel ist der Ausdruck „Scharia“ als solcher jedoch wohl zu schillernd und bedeutungsvielfältig, um als konkludente Wahl des staatlichen Heimatrechtes zu gelten. Um eine nach deutschem Sachrecht beachtliche Verfügung zu errichten, ist die Angabe der konkret gewollten Erbfolge notwendig, indem die Personen mit den jeweiligen Erbanteilen oder Vermächtnissen benannt werden, zumindest andeutungsweise. Ist eine solche Verfügung formgültig niedergelegt, stellt sich die Frage einer Inhaltskontrolle gemäß §  138 BGB. Dabei können verschiedene Regelungen islamisch inspirierter Verfügungen in Konflikt mit §  138 BGB stehen. Diese können jeweils einzeln oder aber auch kombiniert in Erscheinung treten. Es sei daran erinnert, dass auch die folgende Aufstellung keine theologische Aussage oder Bewertung enthält. Die korrekte islamrechtliche Nachlassverteilung in einem bestimmten Einzelfall wird in dieser Arbeit nicht dargestellt oder diskutiert. Des Weiteren wird der Islam oder ein Teilbereich desselben nicht 45 

Art.  22 (Rechtswahl) der EU-Erbrechtsverordnung lautet: „(1)  Eine Person kann für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, kann das Recht eines der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. (2)  Die Rechtswahl muss ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben. (3)  Die materielle Wirksamkeit der Rechtshandlung, durch die die Rechtswahl vorgenommen wird, unterliegt dem gewählten Recht. (4)  Die Änderung oder der Widerruf der Rechtswahl muss den Formvorschriften für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen entsprechen.“ 46  Erwägungsgrund 39 lautet: „(39) Eine Rechtswahl sollte ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben. Eine Rechtswahl könnte als sich durch eine Verfügung von Todes wegen ergebend angesehen werden, wenn z. B. der Erblasser in seiner Verfügung Bezug auf spezifische Bestimmungen des Rechts des Staates, dem er angehört, genommen hat oder das Recht dieses Staates in anderer Weise erwähnt hat.“

B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung

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moralisch bewertet. Gesucht und beurteilt wird vielmehr, wie islamisch inspirierte Verfügungen in groben Zügen aussehen können und inwiefern solche Ver­f ügungen – unabhängig davon, ob sie das islamische Erbrecht korrekt abbilden – in die deutsche Rechtsordnung eingepasst werden können bzw. inwieweit ihnen die Geltung versagt ist. Maßgebliches Kontrollinstrument ist hier §  138 BGB.47 Fragt man nach diesen möglichen Konfliktpunkten im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß §  138 BGB, so finden sich vor allem die folgenden Aspekte:

I. Erbrechtliche Bevorzugung der männlichen Linie Eines der bekanntesten Merkmale islamisch inspirierter Erbregelungen ist die Bevorzugung der männlichen Linie. Dies wird vor allem im Hinblick auf ausländisches Sachrecht und dessen Vereinbarkeit mit dem ordre public gemäß Art.  6 EGBGB diskutiert.48 Diese Bevorzugung der männlichen Linie zeigt sich vor allem in der Verdoppelung der Erbteile der Söhne gegenüber denen der Töchter (1.), in den unterschiedlichen Anordnungen für den überlebenden Ehegatten (2.) sowie in weiteren Einzelfällen der Bevorzugung der männlichen Stammeslinie, wobei auch Ausnahmen dieses Prinzips zu verzeichnen sind (3.). 1. Ungleichbehandlung der Kinder a) Darstellung Bereits aus den oben dargestellten Koranstellen ergibt sich die unterschiedliche Behandlung von Söhnen und Töchtern. Die Söhne erhalten im Erbfall jeweils den doppelten Anteil ihrer Schwestern. Die islamrechtliche Literatur erklärt die doppelte Quote mit der stärkeren finanziellen Verantwortung der Männer, beispielsweise treffe nur diese die Pflicht zum Familienunterhalt.49 Des Weiteren Zu den Kontrollansätzen neben §  138 BGB vgl. Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  16 ff. Schrenck-Notzing sieht für §  2065 BGB und §  134 BGB nur einen äußerst geringen Anwendungsbereich neben §  138 BGB. 48  Die Anwendung ausländischen islamisch inspirierten Sachrechts und dessen Abwehr durch den ordre public behandelt eingehend Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007); daneben auch Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ­ordre public (1994), S.  153 ff.; vgl. auch Palandt/Thorn Art.  6 EGBGB Rn.  30, Art.  35 EuErb­VO Rn.  2; Bamberger/Roth/Lorenz Art.  6 EGBGB Rn.  25; MünchKomm/Dutta, Art.  25 EGBGB Rn.  112 ff. mit einer dem fremden Sachrecht gegenüber großzügigen Auffassung; weiter Dörner, IPRax 1994, 33–37; Lorenz, IPRax 1993, 148–151; Lorenz, ZEV 2005, 440–441; Looschelders, IPRax 2009, 246–248. 49 Vgl. Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  101; zum klassischen islamischen Unterhaltsrecht dort, S.  89 f.; Ähnliches berichtet Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ordre public (1994), S.  159. 47 

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

erhielten Frauen regelmäßig eine Brautgabe (mahr).50 Soweit ersichtlich, wird das Männlichkeitsprivileg bei der Erbteilung in der islamrechtlichen Literatur jedoch nicht davon abhängig gemacht, dass diese Pflichten und Rechte auch so gelebt werden.51 Die stärkere finanzielle Belastung kann insbesondere bei minderjährigen Kindern notwendigerweise nur eine Spekulation oder pauschale Vermutung darstellen und schon deshalb keine Bedingung und kein Verdienst sein. Hier pauschaliert die islamische Intestaterbfolge. Pauschale Vermutungen, die unabhängig von der Wirklichkeit durchgehalten werden, sind auch dem deutschen Erbrecht nicht fremd: So wird der pauschale Zugewinnausgleich gemäß §  1371 Abs.  1 BGB auch dann verwirklicht, wenn kein Zugewinn erzielt wurde oder sogar der überlebende Ehegatte ausgleichspflichtig gewesen wäre.52 Allerdings wirkt im islamischen Erbrecht die Regel: „Kein Vermächtnis für einen Erben“53 einer testamentarischen Änderung durch den Erblasser entgegen. Wo diese aus der Sunna stammende Regel angewandt wird, ist der Erblasser an einer erbrechtlichen Berücksichtigung etwa besonderer Unterhaltsbeiträge seiner Ehefrau oder Töchter gehindert und auf lebzeitige Maßnahmen verwiesen. Diese Maßnahmen dürfen zudem nicht zu spät erfolgen. Denn Schenkungen eines Todkranken unterfallen besonderen Regelungen.54 b) Bewertung Auch unter Berücksichtigung der systemimmanenten islamrechtlichen Rechtfertigung stellt sich die unterschiedliche Behandlung der Kinder je nach Geschlecht aufgrund ihrer pauschalen Anordnung als ein möglicher Konfliktpunkt zur deutschen Rechtsordnung dar. Insbesondere Art.  3 Abs.  3 GG sowie Art.  14 EMRK (Diskriminierungsverbot) und Art.  8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) sind angesprochen.55 Insbesondere „heilt“ eine Argumentation, das islamische Recht sei gegenüber dem vorislamischen Recht eine deutliche Verbesserung gewesen, nicht eine heute bestehende und empfunVon dieser Rechtfertigung berichtet Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  100. Zu den gegenläufigen Prämissen zur Geschlechtergleichheit im Islam siehe Ebert, Das Personalstatut arabischer Länder (1996), S.  43. 52  Siehe §  1371 Abs.  1 2. HS BGB: „…hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben“, vgl. auch Palandt/Brudermüller §  1371 BGB Rn.  1, kritisch de lege ferenda Röthel, in DJT (Hrsg.): Verhandlungen des 68. Deutschen Juristen­ tages, Bd. 1 (2010), S.  50 ff.; Lange, DNotZ 2010, 749 (756). 53  Vgl. oben S. 13. 54  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  150 f.; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  277 ff. 55  Für die Anwendung von Art.  3 Abs.  3 GG im Bereich der letztwilligen Verfügungen insbesondere Mikat, in: Dietz (Hrsg.): Festschrift für Hans Carl Nipperdey zum 70. Geburtstag, Bd 1 (1965), S.  595 ff. 50  51 

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dene Ungleichbehandlung.56 Ausländische Sachrechte wurden diesbezüglich bereits häufiger als ordre public-widrig diskutiert,57 und zwar unabhängig davon, ob im konkreten Fall eine Ungleichbehandlung aufgrund der konkreten Familienkonstellation zum Tragen kommt.58 2. Ungleichbehandlung der Witwe gegenüber dem Witwer a) Darstellung Die erbrechtliche Stellung des überlebenden Ehegatten hängt ebenfalls davon ab, ob der Ehemann oder die Ehefrau (bzw. eine der Ehefrauen) vorverstirbt. Stirbt die Ehefrau zuerst, so erhält der Ehemann bei kinderloser Ehe eine Erbquote von ein Halb. Sind Kinder oder andere erbberechtigte Abkömmlinge (etwa Sohnestöchter) vorhanden, so ist er Quotenerbe mit einem Anteil von ein Viertel.59 Stirbt der Ehemann zuerst, so erhält die Witwe bei kinderloser Ehe ein Viertel. Sind Kinder vorhanden, so ist sie Quotenerbin mit einem Anteil von ein Achtel.60 Mehrere Ehefrauen teilen sich dieses Achtel.61 Exkurs zur Mehrehe Dabei ist die Mehrehe bei den in Kapitel 1 aufgelisteten Anwendungsfällen des deutschen Erbstatuts zwar theoretisch eine Möglichkeit.62 Schließlich könnte beispielsweise ein Käufer aus Riad in Saudi-Arabien in seinem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung in München eine nach altem (bis 17. August 2015 geltendem) Recht gültige gegenständlich beschränkte Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts aufgenommen haben. Dies kann beispielsweise in dem Bestreben erfolgt sein, eine leichtere Grundbuchabwicklung zu gewährleisten. Möglicherweise umfasst eine solche Klausel neben dem Güterrecht auch das Erbrecht, um einen Gleichlauf zu gewährleisten.63 Solche Rechtswahlklauseln gelten gemäß Art.  83 Abs.  2 EuErbVO häuInstruktiv zum Vergleich von vorislamischem zu islamischem Recht: Jokisch, in: Zimmermann (Hrsg.), Der Einfluss religiöser Vorstellungen auf die Entwicklung des Erbrechts (2012), S.  185/191 ff. 57  Gegen eine Anwendung des ordre public noch: LG Hamburg, Beschluss vom 12. Februar 1991, 302 T 88/90, IPRspr. 1991 Nr.  142, S.  264 (271). Dafür insbesondere Palandt/Thorn Art.  6 EGBGB Rn.  30, Art.  35 EuErbVO Rn.  2; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  510. 58 So Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  512. 59  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  99; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  164. 60  So auch das Rechenbeispiel auf S. 14 f. 61  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  100; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  164. 62  Zur Verbreitung und rechtlichen Behandlung der Mehrehe in der arabischen Welt Ebert, Das Personalstatut arabischer Länder (1996), S.  98 ff. 63  Vergleiche zu den Abwicklungsfragen beim Grundbuchamt Hertel, in: Limmer/­Baumann, Würzburger Notarhandbuch (2015), Teil 7 Kapitel 2 Rn.  57. 56 

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

fig fort.64 Daneben würde gemäß Art.  34 EuErbVO auch eine aufgrund der Belegenheit auf das deutsche Sachrecht erfolgende partielle Rückverweisung weiterhin angenommen.65 Denkbar ist weiter der Fall, dass ein deutscher Muslim mehrere Ehefrauen islamrechtlich, also „vor Gott“ ehelicht, ohne diese Ehen auch standesamtlich zu bestätigen. Hierzu ist er aus Sicht der deutschen Rechtsordnung auch nicht verpflichtet bzw. daran ist er aufgrund des Prinzips der Einehe auch gehindert. Es liegt bei religiöser Mehrehe keine strafbare Bigamie vor.66 Das frühere Verbot der Voraustrauung gemäß §  67 Personenstandsgesetz67, das sich ohnehin nicht an die Verlobten, sondern an den Repräsentanten der Religionsgemeinschaft richtete und einen Gleichlauf von religiösem und staatlichem Verständnis erzwingen sollte, ist abgeschafft.68 Schließlich ist zu erwarten, dass zugewanderte Muslime polygame Familienstrukturen aus den Herkunftsländern teilweise ebenfalls hier leben und die Rechtspraxis und – theorie beschäftigen werden.69 Im Rahmen einer islamisch inspirierten Verfügung wird ein Erblasser konsequenterweise solche „vor Gott“ geheirateten Ehefrauen gleichbehandeln. Mit dem Hinweis auf die Pflicht zur Gleichbehandlung der Ehefrauen wird die Mehrehe aus islamischer Sicht teilweise zurückgedrängt.70 Vorliegend wird daher davon ausgegangen, dass die Einehe das mehrheitlich gelebte Ehemodell in der Lebenspraxis der Muslime in Deutschland darstellt. 64 

Art.  83 Abs.  2 EuErbVO lautet: „Hatte der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht vor dem 17. August 2015 gewählt, so ist diese Rechtswahl wirksam, wenn sie die Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Rechtswahl geltenden Vorschriften des Internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, wirksam ist.“ 65  Art.  34 Abs.  1 EuErbVO lautet: „Unter dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht eines Drittstaats sind die in diesem Staat geltenden Rechtsvorschriften einschließlich derjenigen seines Internationalen Privatrechts zu verstehen, soweit diese zurück- oder weiterverweisen auf: a) das Recht eines Mitgliedstaats oder b) das Recht eines anderen Drittstaats, der sein eigenes Recht anwenden würde.“ 66 Vgl. Fischer, StGB, §  172 StGB Rn.  3; Schönke/Schröder/Eser, §  172 StGB Rn.  3. 67  §  67 PStG lautete: „Wer eine kirchliche Trauung oder die religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung vornimmt, ohne dass zuvor die Verlobten vor dem Standesamt erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, begeht eine Ordnungswidrigkeit, es sei denn, dass einer der Verlobten lebensgefährlich erkrankt und ein Aufschub nicht möglich ist oder dass ein auf andere Weise nicht zu behebender Notstand vorliegt, dessen Vorhandensein durch die zuständige Stelle der religiösen Körperschaft des öffentlichen Rechts bestätigt ist.“ Ein Mitwirkungs­ verbot für die religiöse Eheschließung besteht nur noch bei Heirat Minderjähriger, §  11 Personenstandsgesetz. 68  Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S.  122); hierzu: Schmidt-­Bleibtreu/ Hofmann/Hennecke, Art.  4 GG Rn.  11a. 69  So auch Mankowski, FamRZ 2018, 1134 (1134). Mankowski untersucht u. a., ob die Mehrehe besonderen grund- oder menschenrechtlichen Schutz vergleichbar der Einehe genießt, und verneint dies nach Untersuchung von Grundgesetz sowie Unions- und Völkerrecht. 70  Vgl. zu Reformen in arabischen Staaten vor diesem Hintergrund Ebert, Das Personalstatut arabischer Länder (1996), S.  98 f.; eingehend zur Entwicklung Coulson, in: Schwind (Hrsg.), Studien zum Islamischen Recht (1983), S.  23 ff.

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Die islamische Rechtfertigung der Ungleichbehandlung mit der stärkeren finanziellen Verantwortung der Ehemänner – analog zur Rechtfertigung der erb­ rechtlichen Bevorzugung der Söhne – gewinnt im Kontext der Behandlung des Ehegatten etwas an sachlicher Überzeugungskraft. Denn häufig gehören Ehegatten der gleichen Generation an und teilen das gleiche oder ein ähnliches Rollenverständnis und Weltbild. Auf ihre eheliche Rollenverteilung und Pflichten­ erfüllung haben sie stärker als Kinder typischerweise wechselseitigen Einfluss. Auch ist eine lebzeitige Gestaltung der Vermögenssituation zur Versorgung der Ehefrau nach dem Tod des Ehemannes näherliegend als bei Kindern. Hinzu kommt, dass im Ehegattenerbrecht die Ungleichbehandlung immer hypothetisch bleibt. Es kann nur entweder der Ehemann von der Ehefrau erben oder umgekehrt oder – bei gleichzeitigem Versterben – keiner vom anderen. In einem einzigen Erbfall kommt die Ungleichbehandlung also nicht zum Tragen.71 Dies gilt umso stärker, wenn man eine letztwillige Verfügung untersucht: Der Erblasser nimmt im Rahmen des Testamentes notwendig sein eigenes Versterben in den Blick und die Möglichkeit, dass der Ehegatte noch lebt. Das Erbe des anderen Ehegatten hat vielmehr dieser in seiner Verfügung festzulegen. Zwar kann ein gemeinschaftliches Testament gemäß §§  2265 ff. BGB die verschiedenen Regelungen nebeneinanderstellen. Dogmatisch bleibt es jedoch auch im Fall des gemeinschaftlichen Testaments bei mindestens zwei Verfügungen mit getrennten Urhebern.72 b) Bewertung Insgesamt stellt sich auch die hypothetische Ungleichbehandlung der Witwe als untersuchungswürdiger Konfliktpunkt zur deutschen Rechtsordnung dar. Denn die Witwe erhält ihre – im Vergleich zum deutschen gesetzlichen Erbrecht geringere – Quote gerade aufgrund der abstrakt-generellen Anordnung mit islamrechtlicher Grundlage. Im Blick zu behalten ist jedoch, dass die geringe Quote als solche nicht als relevanter Konfliktpunkt einzustufen ist. Zwar tendieren die Rechts- und Gerechtigkeitsvorstellungen derzeit eher zu einem Ausbau der Beteiligung des Ehegatten.73 Dies spiegelt jedoch die typischerweise gewünschte Nachlassverhypothetische Natur der Ungleichbehandlung herausgearbeitet hat Lorenz, IPRax 1993, 148 (149). Siehe hierzu auch Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ordre public (1994), S.  170 f.; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  514 ff. 72  Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), §  24 I 8 (S.  426); Lange, Kn. W., Erbrecht (2011), S.  98 (Kapitel 4 Rn.  69). 73  So schlägt Guericke auf Grundlage rechtstatsächlicher Untersuchungen eine Ausweitung des Ehegattenerbrechts vor: Guericke, Rechtstatsächliche Untersuchung über das Ver71  Die

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

teilung wider, ohne eine stärker die Abkömmlinge oder Eltern berücksichtigende Verteilung als unangemessen auszuschließen. Als sittenwidrig wurde eine Zurücksetzung der Ehefrau auch in der Rechtspraxis bislang nur diskutiert, wenn diese vollständig enterbt wurde und die Zurücksetzung zugunsten Familienfremder erfolgte. Beispielsfälle der Rechtsprechung sind die frühere Rechtsprechung zum Mätressentestament74 oder der Fall des Testamentes zugunsten des Freundes unter Enterbung der Familie.75 Eine Zurücksetzung der Ehefrau zugunsten der gemeinschaftlichen Kinder wird damit als möglicher Konfliktpunkt derzeit nicht diskutiert. Zu untersuchen bleibt damit vor allem die geschil­ derte Ungleichbehandlung im Vergleich zum hypothetischen Vorversterben des Ehemannes. 3. Weitere Bevorzugung der männlichen Stammeslinie a) Darstellung Sind Geschwister erbberechtigt, erhalten Brüder den doppelten Anteil von Schwestern.76 Die beschriebene Bevorzugung der männlichen Linie wirkt auch zugunsten der Sohnestochter. Diese erhält anders als die Tochtertochter als Quotenerbin ein Halb der Erbschaft, wenn weder Tochter noch Sohn (etwa bei Vorversterben) vorhanden ist. Das Erbrecht der Verwandten in weiblicher Abstammungslinie (der sogenannten uterinen Verwandten) ist hingegen stark umfügungsverhalten und die Auswirkungen auf das Ehegattenerbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (1994), S.  154 f. In die gleiche Richtung argumentiert Linker, Zur Neubestimmung der Ordnungsaufgaben im Erbrecht in rechtsvergleichender Sicht (1999), S.  166 aus rechtsvergleichender Perspektive. Den Befund von Guericke bestätigt auch die neuere Untersuchung von Metternich, Verfügungsverhalten von Erblassern (2010), S.  151 f. und passim. Zur rechtspolitischen Diskussion Röthel, in: DJT (Hrsg.): Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. 1 (2010), unter S.  50 ff., mit einem Überblick auch über die Reformen in Europa; siehe auch den Beschluss Nr.  7 des 68. Deutschen Juristentages, Zivilabteilung, abrufbar unter ; sowie Röthel, JZ 2011, 222 (222). 74  Vgl. statt vieler Palandt/Ellenberger §  138 BGB Rn.  50; BGH, Urteil vom 15. Februar 1956, IV ZR 294/54, BGHZ 20, 71 (72); zustimmend Schumacher, FamRZ 1956, 261–262 (auch für Ledige anzuwenden); sowie BGH, Beschluss vom 31. März 1970, III ZB 23/68, BGHZ 53, 369 (376) (Beweislast für den reinen Entgeltcharakter liegt bei demjenigen, der die Sittenwidrigkeit behauptet). Eingehend zum Mätressentestament Simshäuser, Zur Sitten­ widrigkeit der Geliebtentestamente (1971), S.  13 ff. Eine historische Aufarbeitung leistet Stein­bacher, Wie der Sex nach Deutschland kam (2011), S.  50 ff. 75  Vgl. BayObLG, Beschluss vom 2. September 1986, Breg 1 Z 31/86, NJW 1987, 910 (912), wo die Einsetzung des Freundes als wirksam beurteilt wurde; in die gleiche Richtung: BayObLG, Beschluss vom 2. Oktober 2002, 1Z BR 86/02, FGPrax 2003, 34 (36), sowie Beschluss vom 24. März 2005, 1Z BR 107/04, ZEV 2005, 345 (348), wo jeweils der Vorsorge­ bevollmächtigte bedacht war. 76  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  192, 509.

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stritten und wird teilweise gänzlich verneint.77 Pauli nennt als weiteres Beispiel den Brudersohn, der gegenüber der Brudertochter bevorzugt wird.78 Allgemein ist das Männlichkeitsprivileg ein prägendes Merkmal der Intestaterbfolge auf fast allen Ebenen.79 Eine wichtige Ausnahme wurde bereits dargestellt:80 Mutter und Vater erben mitunter den gleichen Anteil. Zum Teil wird – in anderer Familienkonstellation – jedoch das Männlichkeitsprivileg innerhalb der Elterngeneration zugunsten des Vaters und unter Reduzierung des Erbteiles der Mutter angewandt.81 b) Bewertung Die – nicht völlig durchgängige – Anwendung des Männlichkeitsprivilegs in der Seitenlinie und bei weiter entfernten Verwandten zeigt gegenüber den oben näher beschriebenen Fällen der Kinder und Witwen keine näheren Besonderheiten. Der mögliche Konflikt mit der deutschen Rechtsordnung bleibt qualitativ der gleiche. Aufgrund der weiteren Entfernung im Verwandtschaftsgrad steht die eventuelle Zurücksetzung jedoch in einem abnehmenden Widerspruch zur deutschen gesetzlichen Erbfolge. Das persönliche Element wird typischerweise umso schwächer, je weiter entfernt Bedachter und Erblasser verwandt sind. Eine inhaltliche Korrektur etwaiger Anwendungen scheint daher weniger dringlich.82 Im Fortgang dieser Untersuchung wird daher auf diese weiteren Anwendungsfälle des Männlichkeitsprivilegs nicht gesondert eingegangen. Die Ergebnisse zu den Hauptanwendungsfällen bei Kindern und Ehegatten sind vielmehr prinzipiell übertragbar.

II. Interreligiöses Erbverbot 1. Darstellung Wie oben83 dargestellt, besteht in der islamischen Intestaterbfolge ein Erbhindernis zwischen einem muslimischen Erblasser und einem nichtmuslimischen Erben. Für Vermächtnisse besteht dagegen nach überwiegender Ansicht kein 77  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  120 f.; detailliert Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  196 ff. 78  Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ordre public (1994), S.  159. 79  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  97 ff. 80  Siehe S.  14. 81  Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  101 f. 82  Vgl. KG, Beschluss vom 5. Oktober 2010, 1 W 45/09, ZEV 2011, 132 (134), wo mit ähnlicher Argumentation der Ausschluss eines Cousins von der gesetzlichen Erbfolge als nicht ordre public-widrig eingestuft wird. 83  S. 16.

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solches Hindernis.84 Vielmehr kann das freie Drittel gerade genutzt werden, um etwa eine christliche oder jüdische Ehefrau zu bedenken. Beabsichtigt ein muslimischer Erblasser nun, sich bei der Abfassung eines Testamentes von den islamischen Vorgaben leiten zu lassen, bestehen drei Möglichkeiten. Zum einen kann der Testator das Erbhindernis der Religionsverschiedenheit in seiner Verfügung außer Acht lassen. Für dieses Modell spricht, dass der Erblasser ja im Bereich der gewillkürten Erbfolge agiert und diese der Vermächtnisanordnung entspricht. Dies gilt jedenfalls, solange bei der Nachlassverteilung nicht mehr als ein Drittel des Gesamtwertes an Personen geht, die nach islamischer Intestaterbfolge vom Erbe ausgeschlossen sind. Zum anderen kann ein Testator versuchen, eine solche Verfügung zu errichten, die dasjenige Ergebnis zeitigt, welches nach islamischem Recht unabhängig von seinem Willen und seinen konkreten Wünschen einträte. Dann würde er die islamische Intestaterbfolge in seiner Verfügung abzubilden versuchen. Das Testament wäre nur das Vehikel, um den aus Sicht des Erblassers fehlenden islamkonformen Regelungshintergrund herzustellen. Ein Mittelweg kann schließlich darin bestehen, in der Verfügung beide Möglichkeiten zu verbinden. So kann der Erblasser in einem Abschnitt eine Zuwendung etwa an Nichterben anordnen und in einem gesonderten Abschnitt die Quotenverteilung nach der islamischen Intestaterbfolge abbilden. Diesen Weg werden vor allem solche Erblasser attraktiv finden, die nicht von der Möglichkeit der quotenmäßigen Zuwendung oder Erbeinsetzung85 beim islamischen Vermächtnis Gebrauch machen, sondern eine gegenständliche Verteilung und Versorgung anordnen wollen. Um auch den islamischen „Vermächtnisnehmern“ unmittelbare Mitsprache und Kontrolle einzuräumen, können diese zwar auch als Erben eingesetzt und es kann eine Zuweisung mittels Teilungsanordnung vorgenommen werden. Wegen der erhöhten Streitanfälligkeit einer solchen Gestaltung, die den Erben in allen Gegenständen und Konstellationen Fragen des Wertes aufbürdet und damit Konfliktpotential schafft, wird rechtstechnisch wohl eher ein Vermächtnis sachgerecht sei. Aufgrund der Drittelregel86 kommt allerdings auch dieses nicht völlig ohne eine Festlegung des Wertes aus. Denkbar ist eine Begrenzung des Vermächtnisses auf maximal ein Drittel des Nachlasswertes und eine Ausgleichspflicht bei Mehrempfang. 84  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  261; eingehender zu den Befürwortern eines strikten interreligiösen Erbverbotes auch im Testaments­ bereich Rohe, in: Zimmermann (Hrsg.), Freedom of Testation (2012), S.  180. 85  Zu diesen Möglichkeiten Ebert, Das Erbrecht arabischer Länder (2004), S.  142; zur Erbeinsetzung Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  265 f. 86  Siehe oben S. 13.

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Umgekehrt kann das Regelungsmodell der abgebildeten Intestaterbfolge für Erblasser an Bedeutung gewinnen, die sich mit einer Konversion oder Apostasie eines Kindes oder mehrerer Kinder konfrontiert sehen und diese als für den Erblasser einschneidendes Ereignis nicht übergehen wollen. Hier sind die Grenzen zur Fallgruppe der Sanktionierung unislamischen Lebenswandels fließend. Religiöse Empfehlungen für Erblasser zu diesen Gestaltungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund des deutschen Rechtes gibt es bislang, soweit ersichtlich, nicht.87 Ein muslimischer Testator ist damit weitgehend auf sich selbst und sein Gewissen gestellt, wenn er sich mit diesen Fragen auseinandersetzt. 2. Bewertung Es zeigt sich, dass die Religionsverschiedenheit möglicherweise gar kein Thema in islamisch inspirierten Verfügungen sein muss. Allerdings ist auch eine Position, die die Intestaterbfolge abzubilden versucht, denkbar. Art.  4 GG hindert die deutsche öffentliche Gewalt, hier einem Gläubigen die religiöse Entscheidung vorzuschreiben oder abzunehmen.88 Soweit eine Verfügung religiös motiviert ist, sind allenfalls der transzendente Bezug und die Ernsthaftigkeit der Motivation zu prüfen,89 nicht jedoch die korrekte Ermittlung des Glaubensinhaltes. Die Information von Gläubigen über die islamkonforme Gestaltung ihres Lebens mag politisch und gesellschaftlich wünschenswert sein. Eine wie auch immer geartete Informationsobliegenheit betreffend die eigene Religion lässt sich rechtlich mit Art.  4 GG jedoch nicht vereinbaren. Dieser schützt allein die individuelle Entscheidung und den individuellen Entschluss, ohne nach der Richtigkeit zu fragen.90 Damit ist auch die religiöse Ungleichbehandlung als möglicher Konfliktpunkt islamisch inspirierter Verfügungen auf die Merkliste zu setzen.

87  Die unterschiedliche Behandlung als sachgerecht verteidigt die Dissertation von Rama­ dan, Islamic Law (1961), die auch in deutscher Übersetzung vorliegt: Ramadan, Das islamische Recht (1996). Praktische Empfehlungen für Erblasser werden jedoch nicht gegeben. 88  Siehe insbesondere BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1971, 1 BvR 387/65: Gesundbeter, BVerfGE 32, 98 (106); Dreier/Morlok, Art.  4 GG Rn.  43; vgl. auch Maunz/Dürig/­ Herzog, Art.  4 GG Rn.  70; sowie ebenda Rn.  159 ff. zur Beweisproblematik im Rahmen der Gewissensfreiheit; Münch/Kunig/Mager, Art.  4 GG Rn.  13; Sachs/Kokott, Art.  4 GG Rn.  31; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, Art.  4 GG Rn.  11. 89 Sachs/Kokott, Art.  4 GG Rn.  16 ff. 90  So besonders deutlich Dreier/Morlok, Art.  4 GG Rn.  43.

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III. Weitere Ungleichbehandlungen Neben den bislang dargestellten Differenzierungen der islamischen Erbfolge bestehen noch weitere, vor dem deutschen und europäischen Regelungshintergrund möglicherweise angreifbare Differenzierungen. 1. Behandlung nichtehelicher Abkömmlinge a) Darstellung Das nichteheliche Kind ist nach islamischem Recht Kind der Mutter und erbt von dieser.91 Vom Vater erbt jedoch nur das islamisch legitime (also eheliche) Kind.92 Dabei kennt das islamische Recht – wohl gerade wegen der einschneidenden Bedeutung der Frage – mehrere Möglichkeiten, im Sinne eines favor legitimationis zu einer ehelichen, legitimen Abstammung eines Kindes zu kommen, insbesondere durch Annahme großzügiger Empfängniszeiträume oder das Legitimanerkenntnis zum Nachweis der ehelichen Abstammung.93 Soweit keine dieser Möglichkeiten offensteht, bleibt im islamischen Erbrecht erneut die Möglichkeit der vermächtnisweisen Anordnung. Allerdings ist es einerseits denkbar, dass ein Erblasser auch hier die Drittelregel94 für anwendbar hält und dadurch seine Zuwendung beschränkt. Andererseits ist auch möglich, dass der Erblasser – etwa bei Abbilden der islamischen Intestaterbfolge – ein Kind nur deswegen nicht bedenkt, weil es nichtehelich geboren ist. Für Enkel und weiter entfernte Abkömmlinge gilt Entsprechendes. b) Bewertung Die erbrechtliche Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern war dem deutschen Recht lange Zeit selbst bekannt. Erst das Erbrechtsgleichstellungsgesetz vom 16.12.199795 hat die erbrechtliche Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder verwirklicht, für vor dem 1. Juli 1949 geborene Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  116 f., wo auch die schiitische Auffassung dargestellt wird, die dem illegitimen Kind die Verwandtschaft mit der Mutter abspricht. 92 Vgl. Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  95 ff. 93  Kohler, Das Vaterschaftsanerkenntnis im Islamrecht und seine Bedeutung für das deutsche internationale Privatrecht (1976), S.  156 ff.; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  95 ff.; zum Vaterschaftsanerkenntnis Dilger, ZRVgl 1978, 286–300 sowie Wengler, StAZ 1985, 269–272; zur Bedeutung der legitimen Geburt Coulson, in: Schwind (Hrsg.), Studien zum Islamischen Recht (1983), S.  21 f. 94  Siehe oben S.  13. 95  BGBl. I 1997, S.  2968, in Kraft getreten am 1. April 1998. 91 

B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung

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Kinder allerdings die alte Rechtslage beibehalten.96 Diese Beibehaltung trug der Bundesrepublik Deutschland eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.97 In deren Folge wird für bereits eingetretene Erbfälle eine Entschädigung gezahlt und für Erbfälle ab dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die erbrechtliche Lage geändert.98 Insgesamt ist daher von einem gewandelten Rechtsverständnis auszugehen. Schließlich wird – ebenfalls angestoßen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte99 – die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder nunmehr vermehrt auch vor dem Hintergrund des ordre public diskutiert.100 Damit ist sowohl aufgrund von Art.  6 Abs.  5 GG101 als auch aufgrund von Art.  8 i. V. m. Art.  14 EMRK102 von einer umfassenden staatlichen Pflicht zur Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder auszugehen. Wie von Röthel beobachtet, 96  Vgl. Jauernig/Stürner, §  1924 BGB Rn.  3, der treffend von „Altfällen“ (§  1934a BGB – Erb­ersatzanspruch) und „Uraltfällen“ (gemäß Art.  12 §  10 NichehelichenG: kein Erbrecht für vor dem 1.7.1949 geborene Kinder, deren Vater vor dem 1.7.1970 verstarb) spricht. 97  EGMR, Urteil vom 28. Mai 2009, 3545/04: B./Deutschland, NJW-RR 2009, 1603–1606. 98  Vgl. KG, Beschluss vom 29. Juni 2010, 1 W 161/10, FamRZ 2010, S.  2104–2106; LG Saarbrücken, Beschluss vom 14. Juni 2010, 5 T 531/09, FamRZ 2010, 2106–2108; LG Karlsruhe, Beschluss vom 30. September 2010, 1 T 10/10, BeckRS 2011 Nr.  02446; OLG Köln, Beschluss vom 11. Oktober 2010, 2 Wx39/10, FGPrax 2010, 297–298; sowie Zweites Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung vom 12. April 2011, BGBl. I S.  615. Kritisch zur Umsetzung Krug, ZEV 2011, 131 (132). Das Umsetzungsgesetz wurde vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß bestätigt: BVerfG, Beschluss vom 18. März 2013, 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, NJW 2013, 2103–2106, bestätigend KG, Beschluss vom 16. Januar 2015, 6 W 162/14, ZEV 2015, 529–530. Der EGMR hat jedoch diese neue Stichtagsregelung wiederum als konventionswidrig eingestuft: EGMR, Urteil vom 9. Februar 2017, 29762/10: Mitzinger/Deutschland, FamRZ 2017, 656–657. Nach dem EGMR können Rechtssicherheit und Vertrauensschutz die stichtagsinhärente Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. 99  EGMR, Urteil vom 13. Juni 1979, 6833/74: Marckx/Belgien, FamRZ 1979, 903 (bel­ gisches Erbrecht nichtehelicher Kinder); EGMR, Urteil vom 1. Februar 2000, 34406/97: Mazurek/­Frankreich, FamRZ 2000, 1077 (französische Behandlung von Ehebruchskindern); EGMR, Urteil vom 28. Mai 2009, 3545/04: B./Deutschland, NJW-RR 2009, 1603–1606. 100  Für einen ordre public-Verstoß bereits Soergel/Schurig, Art.  25 EGBGB Rn.  104 und von Bar, Internationales Privatrecht, Bd. 2 (1991), Rn.  384; diesen folgend Looschelders, IPRax 2009, 246 (247). 101 Vgl. Jarass/Pieroth, Art.  6 GG Rn.  77–78; Hömig/Wolff/Antoni, Art.  6 GG Rn.  23 f.; Leibholz/Rinck, Art.  6 GG, Rn.  801 ff., insbes. Rn.  856; Münch/Kunig/Coester-Waltjen, Art.  6 GG Rn.  112; Sachs/Schmitt-Kammler/von Coelln, Art.  6 GG Rn.  92 ff. zu den Auswirkungen im Privatrecht; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art.  6 GG Rn.  305 ff.; Maunz/ Dürig/Badura, Art.  6 GG Rn.  148 ff. 102 Vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, Art.  14 EMRK Rn.  19; Dörr/König/Peters, EMRK/GG, Kapitel 21 Rn.  150; van Dijk/van Hoof/van Rijn/Zwaak, Theory and Practice of the European Convention on Human Rights (2006), Kapitel 33.5.7 (S.  1046 f.).

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

hat hier die Rechtsentwicklung auch das Rechtsverständnis der Bevölkerung im Sinne einer „Sozialisation durch Recht“ beeinflusst.103 Inwieweit hieraus Schluss­folgerungen für die Inhaltskontrolle privater Rechtsgeschäfte zu ziehen sind, wird noch zu untersuchen sein. Der europäische Kontext legt insofern eine strengere Auffassung nahe, da bereits die Auslegung einer Verfügung von Todes wegen Anlass zur Beanstandung gegeben hat.104 2. Behandlung adoptierter Kinder a) Darstellung Der Islam kennt eine Volladoption nicht.105 Vielmehr erfüllen Pflegeverhältnisse und wohl teilweise auch das Vaterschaftsanerkenntnis die Funktionen der Volladoption. Weitergehend wird zumindest teilweise abgeraten, an einer solchen Volladoption mitzuwirken und damit den aus dieser Sicht naturgegebenen Unterschied zwischen leiblichen und auf- bzw. angenommenen Kindern zu negieren.106 Für einen praktizierenden Muslim kommt dem dennoch in mehreren Fällen mögliche Relevanz in den eigenen Familienbeziehungen zu. Zunächst ist es denkbar, dass ein Muslim in jungen Jahren eine solche Adoption als Annehmender vornimmt und in späteren Jahren seine Meinung im Hinblick auf diese Adoption und/oder Adoptionen im Allgemeinen ändert. Dies kann aufgrund einer stärkeren religiösen Ausrichtung geschehen oder Ausdruck einer enttäuschenden Entwicklung des Kindschaftsverhältnisses sein. Des Weiteren kann ein Sohn des Erblassers adoptiert haben und vorverstorben sein, so dass sich der Erblasser nun die Frage stellt, ob dieses Kind als Sohneskind zu berücksichtigen sei. Schließlich kann umgekehrt ein Adoptivkind sich fragen, wie es aus der Perspektive des islamischen Erbrechts seine Adoptiveltern und leiblichen Eltern erbrechtlich behandeln soll. In all diesen Fällen ist es denkbar, dass ein Erblasser aufgrund seiner islamischen Überzeugung eine oder mehrere Personen nicht bedenkt, weil ihn mit diesen ein Adoptivverhältnis und kein leibliches Kindschaftsverhältnis verbindet.

Röthel, in: Lipp/Röthel/Windel (Hrsg.): Familienrechtlicher Status und Solidarität (2008), S.  99 f. 104  EGMR, Urteil vom 13. Juli 2004, 69498/01: Pla und Puncernau/Andorra, FamRZ 2004, 1467–1470. 105 Vgl. Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  128. 106 Vgl. Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  128. 103 

B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung

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b) Bewertung Die Bevorzugung leiblicher Kindschaftsverhältnisse ist nicht Gegenstand gesetzgeberischer Entscheidungen gewesen. Die Möglichkeit der nur eingeschränkten Adoption bei Volljährigen zeigt jedoch auch Verständnis für den Wunsch nach nur eingeschränkten Wirkungen im weiteren Verwandtschaftsverhältnis. Allerdings vermittelt auch die sogenannte schwache Volljährigen­ adoption dem Angenommenen volles Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber dem Annehmenden, also den neuen Eltern. Dies gilt auch dann, wenn sich dieses Verhältnis nicht wie erwartet gestaltet.107 Ein spezieller grundgesetzlicher Auftrag wie in Art.  6 Abs.  5 GG findet sich für Adoptivkinder nicht. Vielmehr zeigt etwa §  1763 BGB, der eine Aufhebung der Adoption bei schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes ermöglicht, dass dieses Familienband stärker als das Blutsband an das Kindeswohl gebunden ist. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die richterliche Auslegung einer Verfügung aus Gleichbehandlungsgründen beanstandet, weil sie zwischen leiblichen und adoptierten Kindern unterschied.108 Damit sind genügend Anfangszweifel gesät, um auch diese Differenzierung auf der Liste der zu untersuchenden Ungleichbehandlungen zu belassen. 3. Sanktionierung unislamischer Lebensweise a) Darstellung Ein noch weiteres Feld der Ungleichbehandlung eröffnet sich, wenn ein Testator vom Modell der gesetzlichen Erbfolge des deutschen wie islamischen Rechts abweicht und etwa ein Kind oder eine andere Person deswegen nicht bedenkt, weil sich dieses oder diese aus seiner Sicht falsch verhalten hat. Dieser „strafende und disziplinierende Erblasser“109 interessiert vorliegend nur, soweit er Folgerungen aus – wirklich oder vermeintlich – nicht islamkonformem Verhalten seiner Kinder zieht. Denkbar sind die Fälle einer Enterbung aufgrund nichtoder vorehelichen Zusammenlebens eines Kindes, aufgrund dessen sexueller Orientierung oder seines offenen oder verdeckten Umgangs damit, oder auch 107  Dies illustriert treffend der Fall, der zum Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Januar 2005, 15 W 391/03, FamRZ 2005, 1928–1931, geführt hat: Nach dem Zerwürfnis mit dem Adoptivsohn und zunächst gewünschten Unternehmensnachfolger wird dessen Sohn bedacht, unter der Bedingung, dass der Vater (also der Adoptivsohn) keine Pflichtteilsansprüche geltend macht. 108  EGMR, Urteil vom 13. Juli 2004, 69498/01: Pla und Puncernau/Andorra, FamRZ 2004, 1467–1470. 109  So der Aufsatztitel von Westermann, in: Bucher/Canaris/Honsell/Koller (Hrsg.), Norm und Wirkung (2005), S.  661.

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

der Entzug des Erbes aufgrund mangelnder Fürsorge und Respekt gegenüber dem Erblasser. Die Grenzen zur allgemeineren Motivation von Erbüberlegungen sind hier fließend. b) Bewertung In dieser Fallgruppe tritt die religiöse Motivation stärker in den Hintergrund. Insbesondere finden sich – soweit ersichtlich – im islamischen Erbrecht keine konkreten Gebote, nicht islamkonformes Verhalten als Maßstab für die Verteilung des Nachlasses heranzuziehen. Die weitgehend festgeschriebene Erbordnung scheint eher gegen individuelle Unterscheidungen zu sprechen. Die sexuelle Orientierung und ihr Ausdruck stellen aus Sicht der deutschen Rechtsordnung Eigenschaften dar, die vom Betroffenen nicht beeinflussbar sind. Damit wirft diese Fallgruppe die allgemeine Frage auf, inwiefern Diskriminierungsverbote auch den privaten Erblasser binden und inwieweit Anforderungen an eine sachliche Rechtfertigung von erbrechtlichen Entscheidungen zu stellen sind. 4. Fehlende Einzelfallgerechtigkeit a) Darstellung In Umkehrung der vorstehend behandelten Tendenz kann ein Erblasser auch trotz bestehender Unterschiede z. B. betreffend Bedürftigkeit und/oder Verdienst an der Abbildung der islamischen Erbfolge festhalten. Insbesondere kann sich ein Erblasser durch die Regel „Kein Vermächtnis zugunsten eines Erben“110 an Differenzierungen zwischen denjenigen Personen, die nach islamischem Recht zur Erbfolge berufen sind, gehindert sehen, obwohl möglicherweise bedeutende Unterschiede in Bedürfnis oder Verhalten oder Verdienst bestehen, etwa was die Pflege des Erblassers oder dessen Angehörige, eine familiäre Mitarbeit im Unternehmen oder das persönliche Verhalten angeht. b) Bewertung Existiert ein wie auch immer geartetes Gleichbehandlungsgebot im Erbrecht, so impliziert die Pflicht zur Gleichbehandlung von Gleichem immer auch die Ungleichbehandlung von Ungleichem. Je eher Ungleichbehandlungen im vorstehenden Sinn zu rechtfertigen sind, umso stärker gerät die pauschale Verteilung des Erbes unter den Druck der Rechtfertigung. Papantoniou meint explizit, ein Erblasser missbrauche seine Testierbefugnis, wenn er nicht pflichtbewusst die Besonderheiten seines Erbfalles berücksichtige, zieht jedoch nicht die Konse110 

Siehe S.  13.

B. Mögliche Konfliktpunkte mit der deutschen Rechtsordnung

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quenz einer Nichtigkeit.111 Die pauschalisierende Behandlung wird besonders dort augenscheinlich, wo ein Erblasser beispielsweise gegenüber einem zurückgesetzten Erben sogar selbst bedauert, so und nicht anders testieren zu „können“, weil der Islam dies eben so vorschreibe. Ein Verstoß gegen §  2065 BGB oder eine Nichterklärung liegt hinsichtlich der Verfügung deshalb noch nicht vor. Das Nichtkönnen des Erblassers meint in einem solchen Fall dessen transzendente Gebundenheit. Sein Testament will der Erblasser im Rechtssinne genauso, wie er es testiert hat. Dessen Rechtsfolgen will er herbeiführen, auch wenn er sich möglicherweise etwas anderes wünschte. Die Bewertung dieser Fallgruppe bleibt damit eng an die Bewertung der vorstehenden Fallgruppe der Ungleichbehandlung gebunden.

IV. Einflussnahmeversuche In Weiterführung der vorstehenden Fallgruppen kann ein Testator nicht nur vergangenes unerwünschtes Verhalten sanktionieren. Er kann vielmehr auch das künftige Verhalten nach dem Erbfall in den Blick nehmen und hieraus Folgerungen ziehen. Denkbar sind hier Modelle aus der breiten Palette der Potestativ­ bedingungen, die etwa an erwünschtes oder unerwünschtes Verhalten oder andere Ereignisse anknüpfen. Diese wurden und werden bereits ausführlich in Literatur und Rechtsprechung diskutiert.112 Im Kontext einer islamisch inspirierten Verfügung von Todes wegen ist eine Untergruppe unmittelbar relevant: diejenige der gegenstandsbezogenen Verfügungen. In Anlehnung an das historische Lehrbeispiel des Talmudexemplars113 ist es im Rahmen einer islamisch inspirierten Verfügung von Todes wegen denkbar, dass ein Muslim Anordnungen trifft, die Sorge tragen, dass auch ein im Nachlass befindliches Koranexemplar nur in muslimische Hände fällt.114 Für andere Untergruppen der Einflussnahmeversuche hinsichtlich Lebensführung, Glaubensüberzeugung, Heirat, der sexuellen Orientierung Papantoniou, AcP 1973 (173), 385 (395). BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008–2011; vorgehend BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1998, IV ZB19/97, BGHZ 140, 118–134; eingehend Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  59 ff.; zuvor bereits Thielmann, Sittenwidrige Verfügungen von Todes wegen (1973), S.  119 ff.; Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  39 f. 113  Dieser Fall wird verschiedentlich als Lehrbeispiel diskutiert: Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts. Bd. II.(1960), S.  191 III 4, S.  1174; Thielmann, Sittenwidrige Verfügungen von Todes wegen (1973), S.  307; Michalski, BGB – Erbrecht (2010) Rn.  447. 114  Vgl. zur hohen Bedeutung des Koranexemplars im muslimischen Leben Zirker, Der Koran (2012), S.  14 ff., 37 ff. 111 

112 

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Kapitel 1: Denkbare Regelungsinhalte

kann zwar auch im Einzelfall eine islamische Überzeugung oder Grundhaltung motivierend sein. Konkrete islamische Besonderheiten sind für solche Einflussnahmeversuche jedoch nicht ersichtlich. Die Fallgruppe der Einflussnahme ist daher mit Ausnahme der Koranklausel in dieser Arbeit weitgehend ausgeklammert, sie wird bereits von anderen Arbeiten eingehend bearbeitet.

V. Zusammenfassung Es wurde eine ganze Reihe von möglichen Konflikten aufgezeigt, die überwiegend auf die Gretchenfrage der erbrechtlichen Inhaltskontrolle zielen: Inwieweit ist ein Erblasser im Rahmen der Abfassung seiner Verfügung von Todes wegen an den Gleichheitssatz gebunden? Die klassische Antwort, der Erblasser sei hier völlig frei, ist im Zuge des modernen Gesetzgebungs- und Rechtsprechungsrahmens zweifelhaft geworden. Ob sie dennoch richtig ist, modifiziert aufrecht erhalten werden kann oder etwa ganz zu verwerfen ist, ist Gegenstand dieser Arbeit.

Kapitel 2

Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben „Es ist seltsam, dass die Publizisten alter und neuer Zeit dem Recht der Erbfolge nicht einen größeren Einfluß auf den Gang der Geschicke beimessen. Diese Gesetze gehören zwar zur Privatrechtsordnung, sie sollten aber an die Spitze allen öffentlichen Rechts gesetzt werden, denn sie haben einen unglaublichen Einfluß auf die Gesellschaftsordnung eines Volkes, …“ Alexis de Tocqueville1 Die von islamisch inspirierten Verfügungen aufgeworfenen Fragen sind vor ­allem solche der Gleichheit und der Freiheit – was man allerdings von vielen grundlegenden Rechtsfragen behaupten kann. Die vorliegende Arbeit verfolgt einen spezifisch zivilrechtlichen Ansatz: Konflikte mit Verfassung und europarechtlichen Vorgaben ergeben sich häufig nicht, wenn auf einfachrechtlicher Ebene methodisch korrekt eine ausgewogene Lösung gefunden wird. Das „große Kaliber“ der Grundrechte muss dann nicht bemüht werden. Verfassungsund Europarecht werden daher als Rahmen betrachtet, innerhalb dessen sich die Lösung zu bewegen hat.2 Mittelpunkt dieser Betrachtung sind dabei das Grundgesetz sowie die Europäische Menschenrechtskonvention und die hierzu ergangene Rechtsprechung. Daneben ist das Erbrecht in vielen Landesverfassungen ausdrücklich geschützt, so in Bayern3, Hessen4, Rheinland-Pfalz5, im Saarland6 und in Bremen7, sowie durchgehend in den Ländern, die sich nach dem Beitritt zur Bundesrepublik neue Verfassungen gaben.8 Das Rechtsprechungsmaterial zu diesen weiteren de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika (2011), S.  36. Leisner, Grundrechte und Privatrecht (1960), S.  30 ff.; Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S.  11 ff. 3  Art.  103 Abs.  1 der Verfassung des Freistaates Bayern. 4  Art.  45 Abs.  4 der Verfassung des Landes Hessen. 5  Art.  60 Abs.  1 S.  3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz. 6  Art.  18 S.  2 der Verfassung des Saarlandes. 7  Art.  13 Abs.  1 S.  3 der Verfassung der Freien Hansestadt Bremen. 8  Art.  34 Abs.  1 Verfassung des Freistaates Thüringen und Art.  41 Abs.  1 Verfassung 1 

2 Grundlegend

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Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben

landesverfassungs- rechtlichen Gewährleistungen aufzuarbeiten, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, zumal der zivilrechtliche Ansatz zwar eine Orientierung an diesen Vorgaben verlangt, aber nicht die Lösung jedes Zivil­ falles Buchstabe für Buchstabe im Verfassungsrecht sucht.

A. Grundgesetz I. Gesicherter Bestand Art.  14 GG nennt Eigentum und Erbrecht in einem Zug und betont damit die Funktion des Erbrechts als Fortsetzung der Herrschaft über das eigene Vermögen.9 Die Gewährleistung hat zwei Schutzrichtungen: Zum einen gewährleistet die sogenannte Institutsgarantie den Schutz des Erbrechts im objektiven Sinn, d. h. dass es einen Kernbestand von Regeln zum Erbrecht gibt. Zum anderen stellt Art.  14 GG ein Individualrecht dar, d. h. ein subjektiv-öffentliches Recht des Bürgers gegenüber dem Staat.10 Die Gewährleistung von Eigentum und Erbrecht in Art.  14 Abs.  1 GG stellt sich damit als Grundlage der privaten Vermögensordnung dar.11 Zum Kernbestand der geschützten Normen (Institutsgarantie) zählt das Bundesverfassungsgericht die Testierfreiheit, aber auch deren Gegenspieler, die Familienerbfolge und das Pflichtteilsrecht.12 Zum subjektiv-öffentlichen Recht gehört zum einen das Recht des Erblassers, darüber zu des Landes Brandenburg enthalten textgleiche Gewährleistungen zu Art.  14 Abs.  1 des Grund­ gesetzes. Gleiches gilt für Art.  31 Abs.  1 Verfassung des Freistaates Sachsen und Art.  18 Abs.  1 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt. Art.  5 Abs.  3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern verweist auf den Grundrechtekatalog des Grundgesetzes. 9 Maunz/Dürig/Papier, Art.  14 GG Rn.  1; stärker abgrenzend jedoch Jarass/Pieroth, Art.  14 GG Rn.  101. Eine Übersicht über die zum Erbrecht ergangenen Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen gibt Röthel, ErbR 2009, 266 (266 f.). 10  BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 1965, 1 BvR 412, 524/65, BVerfGE 19, 202 (206) – eingeschränkte Vererblichkeit von Rentenansprüchen; Beschluss vom 8. Dezember 1976, 1 BvR 810/70, 57/73, 147/76, BVerfGE 44, 1 (17) – Erbrecht nichtehelicher Kinder; Beschluss vom 16. Oktober 1984, 1 BvR 513/78, BVerfGE 67, 329 (340) – Höfeordnung (in der Fassung bis 1976); Beschluss vom 22. Juni 1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (173 f.) – Erbschaftssteuerrecht; Beschluss vom 19. Januar 1999, 1 BvR 2161/94, BVerfGE 99, 341 (350) – Schreibund sprechunfähige Testatoren; Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03; BVerfGE 112, 332 (348) – Pflichtteilsrecht der Kinder. 11  BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1994, 1 BvR 720/90, BVerfGE 91, 346 (360), sowie Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, BVerfGE 112, 332 (348). 12 Maunz/Dürig/Papier, Art.  14 GG Rn.  299–302 m. w. N. Zur grundsätzlich unentziehbaren und bedarfsunabhängigen wirtschaftlichen Mindestbeteiligung der Kinder BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, BVerfGE 112, 332 (349 ff.).

A. Grundgesetz

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bestimmen, wer nach seinem Tod am Nachlass teilhat,13 wie auch das Recht des Erben14 (und des Erbeserben15). Bei der hier interessierenden testamentarischen Erbfolge ist dieses zweite Begriffspaar jedoch nicht im Verhältnis der Gegenspieler zu sehen: Das Recht des Erben leitet sich von dem des Erblassers ab, der Erbe kann sich nicht gegen testamentarische Beschränkungen mit dem Verweis auf Art.  14 GG wehren.16

II. Verhältnis zur Gewährleistung des Eigentums Die Garantie des Privateigentums und die Möglichkeit, dieses nach eigener Entscheidung zu vererben, sind funktional voneinander abhängig. Vererben kann ich nur, was auch mein Eigentum ist. Umgekehrt ist jedes Eigentum, das ich nicht vererben kann, eingeschränkt und einem Nießbrauch angenähert. Teil­ weise wird die Testierfreiheit daher gänzlich in Art.  14 Abs.  1 S.  1 GG verankert, während die Garantie des Erbrechts auf den Erben bezogen wird.17 Auch wenn dies wohl zu weit geht: Das Zusammendenken von Eigentum und Erbrecht ist sinnvoll, die gemeinsame Normierung ein Fortschritt gegenüber der Weimarer Reichsverfassung.18 Entscheidend ist für die vorliegende Arbeit die Frage der Schranken, die der Testierfreiheit von der Verfassung gezogen sind. Vom Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden ist hierbei die Frage, ob die in Art.  14 Abs.  2 GG aufgenommene Sozialpflichtigkeit des Eigentums auch auf das Erbrecht Anwendung findet. Mit Muscheler ist dies abzulehnen.19 Wortlaut und Systematik sprechen dagegen.20 Angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Einschränkungsmöglichkeiten des Gesetzgebers anlässlich des Vermögensüberganges beim Erbrecht stärker sind 13  BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1994, 1 BvR 720/90, BVerfGE 91, 346 (360); Beschluss vom 22. Juni 1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (173 f.). 14  BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1994, 1 BvR 720/90, BVerfGE 91, 346 (360); Beschluss vom 22. Juni 1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (174); Beschluss vom 19. Januar 1999, 1 BvR 2161/94, BVerfGE 99, 341 (349). 15  Bei Fortsetzung eines Verfahrens des Erben: BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 1999, 1 BvR 2161/94, BVerfGE 99, 341 (349). 16  BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. März 2009, 1 BvR 909/08 – Dauer der Testa­ mentsvollstreckung, FamRZ 2009, 1039 (1040 f.). Diese Abhängigkeit des Erwerbsrechts des Erben von der Testierfreiheit betont auch Wendt, ErbR 2010, 142 (142). 17  Rauscher, Reformfragen des gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechts, Bd. 1 (1993), S.  33. 18  Art.  153 (Eigentum) und 154 (Erbrecht) Weimarer Reichsverfassung. Hierzu eingehend Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung (1997), S.  342 ff.; einen Überblick gibt Kotulla, Deutsche Verfassungsgeschichte (2008), S.  588, insbes. 599 f. 19  Muscheler, Erbrecht, Bd. 1 (2010), S.  129 f. 20  Muscheler, Erbrecht, Bd. 1 (2010), S.  129.

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Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben

als bei einem Eingriff in „ruhendes“ Eigentum,21 besteht für eine Heran­ziehung des Art.  14 Abs.  2 GG auch keine Notwendigkeit, um beispielsweise Erbschaftssteuer oder Pflichtteilsrecht zu rechtfertigen. Letzteres ist vom Bundesverfassungsgericht zudem für die Abkömmlinge mit Verfassungsrang ausge­stattet worden,22 und daher verfassungsimmanente Grenze der Testierfreiheit.

III. Hauptgegenspieler: Das Pflichtteilsrecht Die Nachlassteilhabe der Kinder ist nach dem Bundesverfassungsgericht Ausdruck einer Familiensolidarität, die in grundsätzlich unauflösbarer Weise zwischen dem Erblasser und seinen Kindern besteht und deswegen in Art.  6 Abs.  1 GG verankert ist. Das Pflichtteilsrecht hat hiernach die Funktion, die Fortsetzung des ideellen und wirtschaftlichen Zusammenhangs von Vermögen und Familie über den Tod des Vermögensinhabers hinaus zu ermöglichen.23 Das aktuelle, durchsetzungsstark ausgestaltete Pflichtteilsrecht bewegt sich innerhalb des von Verfassungs wegen bestehenden Gestaltungsspielraums. Damit ist unabhängig vom Erblasserwillen und unabhängig von einer Bedürftigkeit24 eine Mindestteilhabe nicht nur der Kinder, sondern auch entfernterer Abkömmlinge bei Vorversterben eines Kindes, sowie des Ehegatten und der Eltern (bei kinderlosen Erblassern) gewährleistet. Diese Mindestteilhabe entlastet funktional die Inhaltskontrolle,25 indem willensunabhängig jeder dieser nahen Verwandten eine materielle Zuwendung in Geld aus dem Nachlass erhält. Soweit der Ehe­ gatte nicht vollständig enterbt und ohne Vermächtnis ist, erhält er gemäß §  1371 Abs.  1, 2 BGB den sogenannten großen Pflichtteil, d. h. den Pflichtteil nach der gemäß §  1371 Abs.  1 BGB erhöhten Erbquote. Nach der bislang angenommenen 21 

BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (174); Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, BVerfGE 112, 332 (384); kritisch hierzu Muscheler, Erbrecht, Bd. 1 (2010), S.  129. 22  BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, BVerfGE 112, 332 (349); hierzu Otte, JZ 2005, 1007 (1009 f.) mit der Kritik, die strafrechtliche Sicht auf den Täter verkenne die Situation des Opfers (Erblassers) eines schuldlosen Tötungsdeliktes, dem in der Entscheidung eine Pflichtteilsentziehung versagt wurde. 23  BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, BVerfGE 112, 332 (352), hieran anknüpfend für eine Inhaltskontrolle von Pflichtteilsverzichtsverträgen: Dutta, AcP 209 (2009), 760 (760 ff.). Kritisch gegenüber dem Pflichtteilsrecht (noch vor der ein­ schlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts) und für dessen Abschaffung: Stüber, JR 2002, 359–364; Ebke, Testierfreiheit und Pflichtteilsrecht (2004), S.  141 ff. 24  Klingelhöffer, ZEV 2010, 395 (395) zählt zu den relevantesten Veränderungen seit 1900, dass die Unterhaltsfunktion des Pflichtteilsrechts obsolet geworden sei. 25  Isensee, DNotZ 2004, 754 (758); Führ, MittBayNot 2006, 461 (467); Otte diskutiert Sittenwidrigkeit konsequent für die Fälle, bei denen das Mehr im Vergleich von Pflichtteil und Erbe ausreicht, um Bedürftigkeit abzuwenden: Otte, ErbR 2010, 2 (3 f.).

A. Grundgesetz

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allein güterrechtlichen Qualifikation des §  1371 BGB gilt dies auch bei ausländischem Erbstatut.26 Wie sich hier die erbrechtliche Qualifikation des §  1371 BGB durch den Europäischen Gerichtshof auswirkt, wird noch zu klären sein.27 Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat damit auch Auswirkungen auf die Erbverteilung nach islamischem Recht, da z. B. die ägyptische Quote der Witwe/des Witwers um ein Viertel aufgestockt wird. Diese Bedeutung des Pflichtteilsrechts konsequent weiterdenkend mahnt ­Röthel zu mehr Wachsamkeit im Rahmen des vertraglichen Verzichts auf den Kindespflichtteil.28

IV. Die Entscheidung „Hohenzollern“ und die Folgen Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Sache „Hohenzollern“29 betrifft einen Fall, bei dem die Entlastungsfunktion des Pflichtteilsrechts aufgrund der angeordneten Vor- und Nacherbfolge nicht zum Tragen kam. Der Beschluss wirft grundlegende Fragen zum Menschenbild des Grundgesetzes und zur zivilrechtlichen Inhaltskontrolle auf. Es lohnt zunächst einen Blick auf Sachverhalt und Verfahrensgang, um anschließend die Entscheidung und deren Rezeption zu würdigen. 1. Sachverhalt Das Gerichtsverfahren betrifft eine geschichtsträchtige deutsche Adelsfamilie: Kaiser Wilhelm II. hinterließ, nachdem er abgedankt hatte, bei seinem Tod im Jahr 1941 sechs Kinder.30 Sein ältester Sohn, Kronprinz Wilhelm von Preußen, ist der Erblasser, um dessen Beerbung sich diverse komplexe Verfahren – mit beispielsweise vor dem Bundesgerichtshof 22 Beteiligten – ranken. Der Nachlass umfasst das Vermögen des früheren preußischen Königshauses. Kaiser Wilhelm II. war aufgrund des Hausgesetzes des preußischen Königshauses aus 26  BGH, Beschluss vom 13. Mai 2015, IV ZB 30/14, ZEV 2015, 409–413 mit Anmerkung Reimann, ZEV 2015, 413; Anmerkung Lorenz, NJW 2015, 2157–2159. Ausschließen will dies für den Bereich des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens das Oberlandesgericht Hamburg: Beschluss vom 4. Dezember 2014 – 2 W 58/14, MittBayNot 2016, 261–264 mit Anmerkung Sieghörtner, MittBayNot 2016, 264–265. Der Europäische Gerichtshof hat nun die Diskussion um §  1371 BGB neu eröffnet und jedenfalls dessen Absatz 1 erbrechtlich qualifiziert und damit in den Bereich der EuErbVO einbezogen: EuGH, Urteil vom 1. März 2018, C 558/16: Mahnkopf, FamRZ 2018, 632–634 mit Anmerkung Fornasier, FamRZ 2018, 634–635. 27  Fornasier spricht von einer großen Herausforderung: FamRZ 2018, 634 (635). 28  Röthel, NJW 2012, 337–341. 29  BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008–2011. 30  Eines seiner sieben Kinder war vorverstorben.

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dem Jahr 1920 Eigentümer dieses Vermögens, jedoch nur als Vorerbe. Drei Jahre vor seinem Tod schloss Wilhelm II. mit dem Kronprinzen (= „der Erblasser“) und dessen zweitältestem Sohn31 einen Erbvertrag. In diesem verzichtete Wilhelm II. zugunsten des Kronprinzen auf die Inhaberschaft am Hausvermögen. Gleichzeitig setzte der Kronprinz seinen zweitältesten Sohn zum alleinigen Vorerben ein. Nacherben waren nach detaillierten Vorgaben zunächst dessen Geschwister und nachrangig die Abkömmlinge des Vorerben. Nacherbe konnte nur sein, wer Abkömmling im Mannesstamme nach dem Kronprinzen bzw. dem Vorerben war. Des Weiteren war das Prinzip der Erstgeburtsfolge angeordnet. Weibliche Abkömmlinge waren zudem gänzlich vom Erbe ausgeschlossen. Zusätzlich ist in §  1 des Erbvertrages angeordnet: „Erbe kann nicht sein (erbunfähig ist), wer nach den Feststellungen des Schiedsgerichts (§  10) nicht aus einer den Grundsätzen der alten Hausverfassung des Brandenburgisch-Preußischen Hauses entsprechenden Ehe stammt oder in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe lebt.“

Des Weiteren enthielt der Erbvertrag eine trickreich verlängerte Testamentsvollstreckung.32 1950 errichtete der Kronprinz zusätzlich ein notarielles Testament (durch Übergabe einer verschlossenen Schrift, §  2232 BGB), welches den Erbvertrag bestätigte. Der bedachte zweitälteste Sohn errichtete zudem 1981 des Weiteren ein eigenhändiges Testament, das den im Erbvertrag eingesetzten Nacherben erneut zum alleinigen Erben einsetzt, und zwar ausdrücklich auch für den Fall, dass er Vollerbe des früheren Hausvermögens sei. Als weitere Vorsichtsmaßnahme verzichtete der älteste Sohn des Kronprinzen dreimal in notarieller Form auf jeg­ liche Ansprüche aufgrund des Erbvertrages für den Fall, dass er im Erbfall in nicht hausgesetzmäßiger Ehe leben werde: Ein Verzicht erfolgte im ledigen Stand 1961, ein weiteres Mal verzichtete er nach nicht hauskonformer erster Ehe und ein letztes Mal verzichtete er nach seiner zweiten, ebenfalls nicht haus­ konformen Heirat. Der Kronprinz starb 1951, sein zweitältester Sohn (= „der Vorerbe“) starb 1994.

31  Der älteste Sohn lebte in einer nicht hausverfassungsgemäßen Ehe und hatte bereits zuvor einen Erb- und Pflichtteilsverzicht für sich und seine Abkömmlinge abgegeben. Er verstarb 1940. 32  Hierzu BGH, Urteil vom 5. Dezember 2007, IV ZR 275/06, NJW 2008, 1157–1160 sowie BGH, Urteil vom 6. April 2011, IV ZR 232/09 zur Beschwer im Sinne von §  2289 BGB durch Auswechselung eines Testamentsvollstreckers, BGHZ 189, 120; diese Entscheidung kommentiert Weidlich, MittBayNot 2011, 453–458.

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2. Verfahrensgang Der ledige Sohn des vorverstorbenen drittältesten Sohnes dieses Vorerben (= „der Erbe“) beantragte die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbe nach dem Kronprinzen. Sein Argument: Die Ebenbürtigkeitsklausel schließe die zwei älteren Söhne des Vorerben aus, da diese nicht in einer hausverfassungs­ gemäßen Ehe lebten. Der älteste Sohn des Vorerben beantragte einen Erbschein mit dem Argument, eine hausverfassungsmäßige Abstammung müsse genügen. Er lebe zwar in zweiter, nicht hausverfassungsmäßer Ehe, aber dies sei unschädlich, da die Erbunfähigkeitsklausel insoweit teilnichtig sei. Weitere Abkömmlinge des Vorerben machten die Nichtigkeit der Erbunfähigkeitsklausel gemäß §  138 BGB geltend, die zur Folge haben müsse, dass der Vorerbe tatsächlich Vollerbe geworden sei und ihr Pflichtteil aus dem Hausvermögen berechnet werden müsse. Das Nachlassgericht hatte in einem Vorbescheid angekündigt, dieser letzten Ansicht zu folgen. Diesem Ergebnis folgten Landgericht33 und Oberlandesgericht34. Das Oberlandesgericht zog hierfür sogar §  242 BGB heran.35 Der Bundesgerichtshof hingegen hielt den Erbvertrag für vollumfänglich wirksam, da die Diskriminierung sachlich gerechtfertigt sei.36 Der Bundes­ gerichtshof wies daher das Landgericht an, Beweis über die Hausverfassungsmäßigkeit der Ehe eines Erbkonkurrenten zu erheben. Nach Einholung eines rechtshistorischen Gutachtens wies das Landgericht das Nachlassgericht an, den Erbschein gemäß Erbvertrag zu erteilen; die hiergegen eingereichte Beschwerde haben Landgericht und Oberlandesgericht, dem Bundesgerichtshof nun folgend, zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht dem Bundesgerichtshof jedoch bescheinigt, er habe die grundlegende Bedeutung des Grundrechts der Eheschließungsfreiheit verkannt, und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.37 Dieses zog den nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs erteilten Erbschein ein und wies das Nachlassgericht an, einen Alleinerbschein für den Erben zu erteilen, allerdings nach seinem Großvater (= dem Sohn des Kronprinzen), nicht nach dem Kronprinzen selbst. Damit war der Weg grundsätzlich frei für Pflichtteilsansprüche der anderen Abkömmlinge des Großvaters. Deren Geltend­ machung stand jedoch – neben teilweise erfolgten Pflichtteilsverzichten – die Rechtskraft der bereits entschiedenen Verfahren zum Pflichtteil entgegen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch nicht wiederaufgenom33 

LG Hechingen, Beschluss vom 17. Februar 1997, 3 T 15/96, nicht veröffentlicht. OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. August 1997, 8 W 124/97, FamRZ 1998, 260–262. 35 Hierzu Gimple, §  242 BGB als Zuordnungsnorm im Erbrecht? (2003), S.  154 ff. 36  BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1998, IV ZB 19/97, BGHZ 140, 118–134. 37  BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008–2011. 34 

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men werden konnten.38 Allein der oben erwähnte Erbkonkurrent konnte, da er konsequenterweise seinen Pflichtteil noch nicht geltend gemacht hatte, noch mit dem Erben abrechnen. 3. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht beginnt seine Entscheidung mit der Betonung der fachgerichtlichen Eigenständigkeit und der reduzierten grundrechtlichen Kontrolldichte. Es betont die Testierfreiheit als Möglichkeit des Erblassers, die Erbfolge weitgehend nach seinen persönlichen Wünschen und Vorstellungen, auch abweichend von den allgemeinen gesellschaftlichen Überzeugungen oder Mehrheitsanschauungen, zu regeln.39 Der Testierfreiheit stehe jedoch die Eheschließungsfreiheit des Erbprätendenten gegenüber, der vor die Alternative gestellt sei, eine solche Ehe nicht zu schließen oder seine Position als Nacherbe zu verlieren. Dieser Eingriff dauere auch nach der Eheschließung fort, da es darauf ankomme, im Zeitpunkt des Nacherbfalles entsprechend verheiratet oder unverheiratet (ledig bzw. geschieden) zu sein. Der Bundesgerichtshof habe sich zwar mit den Grundrechten auseinandergesetzt, hätte aber den unzumutbaren Druck bei der Abwägung berücksichtigen müssen. Auch sei zu prüfen gewesen, ob der Wert des Nachlasses geeignet war, unter Berücksichtigung der Lebensführung und der sonstigen Vermögensverhältnisse die Entschließungsfreiheit des mög­ lichen Erben bei Eingehung der Ehe zu beeinflussen. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt dann ausdrücklich die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Fall des Hauses „Leiningen“.40 Dort verlor ein Erbe seine Erbenstellung, wenn er ohne schriftliche Einwilligung des Fürsten heiratete. Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte die Einschränkung der Eheschließungsfreiheit mit der Zweckbindung des Nachlasses sowie damit gerechtfertigt, dass der Erbfall die letzte Station der Nacherbfolge sei und daher der Ehefrau wegen des von ihr abzugebenden Pflichtteilsverzichtes und ihres Einflusses auf die Kindererziehung eine besondere Bedeutung zukommt, wenn der bedeutende Nachlass weiter in einer Hand traditionsgebunden erhalten werden solle.41 Das Bundesverfassungsgericht sieht jedoch die im Fall „Leiningen“ vorliegende Einschränkung der Eheschließungsfreiheit als weniger gravierend an, weil dort die nötige Zustimmung nach Ehre, Ansehen, Ordnung und Wohlfahrt des fürstlichen Hauses zu treffen gewesen sei.42 Einem hohenzollernschen 38 

BGH, Urteil vom 26. April 2006, IV ZR 26/05, NJW 2006, 2856 f. BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008 (2011). 40  BayObLG, Beschluss vom 4. August 1999, 1 Z BR 187/97, FamRZ 2000, 380–387. 41  BayObLG, Beschluss vom 4. August 1999, 1 Z BR 187/97, FamRZ 2000, 386. 42  Am 7. September 1997 entschied das Landgericht Aschaffenburg, dass der Konsens 39 

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Spröss­ling bleibe hingegen keine effektive Auswahlmöglichkeit im Hinblick auf seine Partnerin. Für die Bestimmung des Staatsoberhauptes sei nach Abschaffung der Monarchie die Ehe- und Familientradition von adeligen Familien heute bedeutungslos. Daher hätte der Bundesgerichtshof zu prüfen gehabt, ob das Ebenbürtigkeitsprinzip noch als Rechtfertigung für die bedingte Erbanordnung tauge. Zu prüfen seien auch die Versorgungsrechte des disqualifizierten Erbprätendenten, um den wirtschaftlichen Druck zu bewerten. 4. Reaktionen Dieser Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts war aus Sicht der Verfassungsrechtler wohl wenig revolutionär. Er enthält eine Abwägung, die das Bundesverfassungsgericht anders vornimmt als der Bundesgerichtshof. Dies ist aus Sicht eines Verfassungsrechtlers ein Vorgang, wie er immer wieder vorkommt – obwohl das Bundesverfassungsgericht, wie auch in dieser Entscheidung, immer wieder betont, es greife nur in ganz schwerwiegenden Fällen der Verkennung von Grundrechten ein.43 Aus zivilrechtlicher Sicht enthält die Entscheidung jedoch explosives Gedankengut. Vergleichbar mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das einem Mieter den Schutz des Art.  14 GG („Mieter als Eigentümer“44) gewährt, zeigen sich schlaglichtartig die unterschiedlichen Systemverständnisse und Begrifflichkeiten der Rechtsgebiete. Der Zivilrechtler ist darauf trainiert, von einer „nuda spes“ des Erbprätendenten zu sprechen,45 und lässt nur in engen Ausnahmefällen eine Kondiktion des an die vermeintliche Erbtante Geleisteten zu.46 Der Verfassungsrechtler verweist währenddessen auf die Schutzbedürftigkeit der Nachkommenschaft und deren freie Partnerwahl. Der vom Bundesverfassungsgericht verwendete Druck-­Topos nicht erteilt worden sei, und verfügte eine Erbscheinsänderung: Dies berichtet Nehlsen als am Verfahren beteiligter Gutachter: Nehlsen, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Verfassungsrechtliche Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten im Familien-, Erb- und Gesellschaftsrecht (2008), S.  27. 43  Eingehend zur zivilrechtlichen Sicht schon Diederichsen, AcP 198 (1998), 171 (218, 247 ff.); zum Verfahren Horsch, Rpfleger 2005, 433–434; allgemein zur Kritik an der Drittwirkungslehre Schwabe, Die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte (1971), S.  88 ff. 44  BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993, 1 BvR 208/93, NJW 1993, 2035–2037. 45  Ausgenommen beim Erbvertrag, §§  2287 ff. BGB; die Betonung der nuda spes kehrt Leipold gerade um, wenn er in der gesetzlichen Erbfolge das Leitbild sieht und im Testament einen Eingriff des Erblassers: Leipold, AcP 180 (1980), 160 (194 f.). Die Betonung der bloßen Erberwartung im Gegensatz zum Anspruch macht Schmoeckel deutlich, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Verfassungsrechtliche Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten im Familien-, Erbund Gesellschaftsrecht (2008), S.  141 f. 46  Vgl. Palandt/Sprau, §  812 BGB Rn.  88; Vergütungsansprüche für den Zeitaufwand im konkreten Fall ablehnend: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. August 2015, 5 Sa 123/15, ZEV 2016, 101–103.

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war im Bemühen um eine Inkorporation der Grundrechte in die Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen bereits zuvor entwickelt worden.47 Als dogmatische Figur ist dieser Topos jedoch äußerst schwer zu fassen, seine bürgerlich-rechtliche Natur ist zweifelhaft.48 Denn im bürgerlichen Recht ist Druck grundsätzlich auszuhalten, nur im Extremfall der widerrechtlichen Drohung werden Konsequenzen gezogen, und auch dort ist das Rechtsgeschäft nur anfechtbar, nicht unheilbar nichtig.49 Die Kritik am „Hohenzollern“-Beschluss trifft daher auch weniger dessen Ergebnis als die Begründung. Als einer der Ersten hat Isensee herausgearbeitet, dass der Verweis auf das republikanische Prinzip die Entscheidung nicht zu tragen vermag.50 Denn das Bestreben, die Familienkontinuität zu sichern, Vermögenseinheit zu wahren und den nach eigener Einschätzung geeigneten Erben festzulegen, bewegt auch nichtadelige Testatoren. Schließlich berufe sich der Beschwerdeführer als Erbprätendent auf die gleichen Grundsätze, wenn er seine weiblichen Geschwister und jüngeren Brüder von der Erbfolge ausgeschlossen wissen will.51 Familiäre Rücksicht habe der Erblasser nicht zu üben, dies sei Aufgabe des Pflichtteilsrechts.52 Das Bundesverfassungsgericht habe aus grundrechtlicher Sicht die drei Verzichtserklärungen entlastend zu berücksichtigen, denn auch im Grundrechtsbereich gelte der Grundsatz volenti non fit iniuria. Einem etwaigen Druck habe sich der Erbprätendent gerade ja nicht gebeugt, schließlich habe er insgesamt dreimal (ein weiteres Mal nach dem Erbfall) nicht hausverfassungsgemäß geheiratet. In seiner Kernthese wird Isensee deutlich: „Die Grundrechte garantieren dem Einzelnen nicht, dass ihm moralische Konflikte erspart werden, vollends nicht solche, die aus privaten Beziehungen erwachsen“53, er spricht von „Grundrechtskitsch“54 und mahnt zu stärkerer Zurückhaltung in der Inhaltskontrolle55. Ähnlich grundsätzlich geht Gutmann mit dem Beschluss ins Gericht. Das „nuda spes“-­A rgument betonend vergleicht er die bedingte Erbeinsetzung mit einem Angebot, welches als solches niemals ein Grundlegend: Thielmann, Sittenwidrige Verfügungen von Todes wegen (1973), S.  119 ff. mit fein ausdifferenzierten Drucksituationen; Thielmann folgen insbesondere Kellenter, Bedingte Verfügungen von Todes wegen (1989), S.  70 ff. und Sasse, Grenzen der Vermögens­ perpetuierung bei Verfügungen durch den Erblasser (1997), S.  129 ff.; zu einer Vermutung des Drucks gelangt Kuchinke, FPR 2006, 125 (127). 48 Eingehend Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  39 ff.; ihr folgend Frieser, ErbR 2010, 370 (379). 49  Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  46 f. 50  Isensee, DNotZ 2004, 754 (756 f.); ebenso Führ, MittBayNot 2006, 461 (465). 51  Isensee, DNotZ 2004, 754 (757). 52  Isensee, DNotZ 2004, 754 (758). 53  Isensee, DNotZ 2004, 754 (762). 54  Isensee, DNotZ 2004, 754 (762). 55  Isensee, DNotZ 2004, 754 (766). 47 

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Eingriff sein könne. Zu­spitzend fragt er nach den staatlichen Schutzpflichten bei anderen „unwiderstehlichen“, weil ­attraktiven, Angeboten betreffend Berufswahl oder Vertragsfreiheit.56 Der Beschluss spreche von einem behavioristisch verkürzten Menschenbild, das der Eigenverantwortung des Menschen nach dem Grundgesetz nicht gerecht werde.57 Zustimmung zum Beschluss lässt Staudinger in seiner Urteilsanmerkung erkennen.58 Diese vollzieht die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen nach, folgert daraus die Ablehnung einer immanenten Beschränkung der Testierfreiheit sowie die Notwendigkeit eines offenen Abwägungsprozesses. Staudinger sieht das Ergebnis neuer Abwägung als offen an.59 Dogmatische Schlussfolgerungen zieht Staudinger auch im Hinblick auf die zeitlichen Aspekte der Inhaltskontrolle, da das Gericht sogar Aspekte nach dem Erbfall mit einbeziehe.60 Den Druck-Topos verteidigt schließlich Bundesver­fassungsrichter Gaier, indem er das Kriterium der Unzumutbarkeit als das Angebot vom Druck unterscheidend betont61 und an die oben erwähnte zivilrechtliche Druckdiskussion anknüpft. Auch Otte verteidigt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen, folgert hieraus jedoch vor allem eine genaue Unterscheidung, wann der ausgeübte Druck unzumutbar werde. Dies müsse vor allem auch die Angewiesenheit des Betroffenen (über den Pflichtteil hinaus) in den Blick nehmen.62 Die Argumentationslinie des Bundesverfassungsgerichts nachvollziehend stellt Scheuren-Brandes weitergehend die Wirksamkeit von Wiederverheiratungsklauseln in Frage.63 Gutmann, NJW 2004, 2347 (2348). Gutmann, NJW 2004, 2347 (2349). 58  Staudinger, FamRZ 2004, 768 (769). 59  Staudinger, FamRZ 2004, 768 (769). 60  Staudinger, FamRZ 2004, 768 (770). 61  Gaier, ZEV 2006, 2 (4 f.); sowie derselbe, in: Bayer/Koch (Hrsg.): Aktuelle Fragen des Erbrechts (2010), S.  36 f. 62  Otte, ZEV 2004, 393 (398); von einer „Pflicht zur Rücksichtnahme“ redet derselbe später: Otte, ErbR 2010, 2 (6); zustimmend zum vorgeschlagenen Prüfungsschema Führ, MittBayNot 2006, 461 (465); ähnlich Horsch, NVwZ 2010, 232–236 mit Rückgriff auf ein allgemeines Prinzip der Familiensolidarität. 63  Scheuren-Brandes, ZEV 2005, 185 (189): „sehr wahrscheinlich unwirksam“; auch Mayer hält Wiederverheiratungsklauseln für problematisch und schlägt kautelarjuristisch vor, dem Ehegatten den Pflichtteil zu sichern: Mayer, ErbR 2010, 70 (72); vgl. auch Staudinger/Kanzleiter, §  2269 BGB Rn.  39 ff. zur Auslegung gemeinschaftlicher Testamente im Hinblick auf die Wiederverheiratung. Für weitreichende Gültigkeit mit Unwirksamkeit „im Einzelfall ­wegen besonderer Umstände“ Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), §  24 IV 3 b (S.  441); zur Zurückhaltung mahnt Lange, Kn. W., Erbrecht (2011), S.  68 (Kapitel 3 Rn.  62); differenzierend Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung (2011), §  3 Rn.  25: unzulässig nur, wenn reine Eifersuchtsklausel, zulässig jedoch, wenn (auch) Erhalt des Vermögens in der Familie bezweckt; eingehend und für die Wirksamkeit: Völzmann, RNotZ 2012, 1–17. Das Oberlandesgericht Saarbrücken geht von Sittenwidrigkeit aus und gelangt im Wege der er56  57 

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5. Nachfolgende Rechtsprechung Die Erbregelung der Familie Hohenzollern hat dem Bundesverfassungsgericht im weiteren Verlauf Gelegenheit gegeben, die Wogen zu glätten und den zivilrechtlichen Geist zu beruhigen: Die Erbenfreiheit sei derivativ zur Erblasserfreiheit und somit kein eigenes Freiheitsrecht.64 Der Erbe kann sich gegenüber Anordnungen des Erblassers damit nicht auf Art.  14 GG berufen und daher eine angeordnete Testamentsvollstreckung nicht mit Verweis auf seine Erbenstellung angreifen. Einleitend wiederholt das Bundesverfassungsgericht seine Formel von der Testierfreiheit als bestimmendes Element der Erbrechtsgarantie und der darin zum Ausdruck kommenden Selbstbestimmung des Erblassers. Die Testierfreiheit umfasse die Befugnis des Erblassers, zu Lebzeiten einen von der gesetzlichen Erbfolge abweichenden Übergang seines Vermögens nach seinem Tode an einen oder mehrere Rechtsnachfolger anzuordnen, insbesondere einen gesetzlichen Erben von der Nachlassbeteiligung auszuschließen und wertmäßig auf den Pflichtteil zu beschränken. Der Erblasser könne die Erbfolge weit­gehend nach seinen persönlichen Wünschen und Vorstellungen regeln, insbesondere sei er nicht zu einer Gleichbehandlung seiner Abkömmlinge gezwungen.65 Diese Feststellung hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 1984 anlässlich der verfassungsrechtlichen Prüfung eines höferechtlichen Abfindungsausschlusses getroffen.66 Der Abfindungsausschluss des Höferechts wurde damals durch die privatautonome Entscheidung des Erblassers zur Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Das Bundesverfassungsgericht hatte ausdrücklich offengelassen, ob das Pflichtteilsrecht der Kinder Teil der Erbrechtsgarantie ist. Dies hat das Gericht mittlerweile bejaht. Die grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass wird durch die Erbrechtsgarantie des Art.  14 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  6 Abs.  1 GG gewährleistet.67 Dass der Grundsatz der Testierfreiheit dennoch weitgehend unangetastet bleiben soll, zeigt die Bestätigung dieses Beschlusses zur Ungleichbehandlung sowie der Entscheidung im Fall „Leiningen“.

gänzenden Testamentsauslegung dazu, dem längerlebenden (und heiratenden) Ehegatten dessen Pflichtteil zu belassen: OLG Saarbrücken, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 5 U 19/13, DNotZ 2015, 691–699 mit Anmerkung Weber, J., DNotZ 2015, 699–704. 64  BVerfG, Beschluss vom 25. März 2009, 1 BvR 909/08, ZEV 2009, 390/391. 65  BVerfG, Beschluss vom 25. März 2009, 1 BvR 909/08, ZEV 2009, 390/390. 66  BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 1984, 1 BvR 513/78, BVerfGE 67, 329/235. Zum Höferecht und dessen Ältesten- und Jüngstenrecht: Söbekke, ZEV 2006, 395–399; das Verhältnis zur Erbscheinserteilung behandelt der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 3. August 2015, 3 W 101/15, BeckRS 2016, 01710. 67  BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, NJW 2005, 1561 (1564).

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6. Schlussfolgerungen für die Inhaltskontrolle Für die hier interessierenden Testamentsgestaltungen der Ungleichbehandlung lässt sich damit festhalten: Die Ungleichbehandlung der Töchter gegenüber den Söhnen, die sich im Fall „Leiningen“ wie im Fall „Hohenzollern“ jeweils ausdrücklich aus den erbfolgerelevanten Urkunden ergibt, hat das Verfassungs­ gericht und auch die Anmerkungsliteratur nicht einmal näher auf Zulässigkeit untersucht. Gerade das Adelsprinzip der männlichen Erblinie, welches sich alleine auf Tradition gründet und nicht das Element der religiösen Überzeugung für sich reklamieren kann, hätte es wohl schwer gehabt, wenn es auf sachliche Recht­ fertigung hin zu untersuchen gewesen wäre. Es stellt ähnlich einem islamisch inspirierten Testament nicht darauf ab, ob das jeweilige Kind für die zuge­dach­ te Führungsrolle geeignet oder ungeeignet ist, sondern auf Geschlecht und zusätzlich Ältestenprinzip. Beides hat das Bundesverfassungsgericht nicht kritisiert.68 Allein das „Hineinregieren“ in eine Partnerwahl ging dem Gericht zu weit, und dies ausdrücklich vor dem Hintergrund, dass der Erbprätendent keine effektiven Auswahlmöglichkeiten bei der Partnerwahl hatte. Es darf bezweifelt werden, ob das Bundesverfassungsgericht eine Klausel, der Erbe dürfe keine „Nichtgläubige“ heiraten, aufrechterhalten würde, und das trotz millionenfacher Partnerwahlmöglichkeiten; insoweit wird wohl jedes Hineinregieren in Eheentscheidungen des Bedachten kritisch beurteilt werden. Die private Ungleichbehandlung nach dem Geschlecht ist nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung verfassungsrechtlich jedenfalls nicht von vorneherein unzu­ lässig. Was für Adelsfamilien und landwirtschaftliche Hoferbfolge gilt, muss für anderweitig motivierte Testatoren genauso gelten. Wer dies anders sieht69, muss sich zunächst im Hinblick auf die grundgesetzliche Privatautonomie rechtfertigen und seinerseits Gleichbehandlung walten lassen. In der Interpretation des Bundesverfassungsgerichts steht das Grundgesetz „schlicht“ diskriminierenden Verfügungen, also solchen ohne Druckcharakter, zwar nicht direkt wohlwollend gegenüber, gebietet deren Unwirksamkeit jedoch nicht unbedingt, sondern nur bei Vorliegen zusätzlicher Elemente. Damit lässt das Grundgesetz als Leipold, der bereits vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und gegen den Bundesgerichtshof die Sittenwidrigkeit der Verfügung aus Art.  3 Abs.  3 GG herleiten will: Leipold, in: Roxin/Canaris u. a. (Hrsg.): 50 Jahre Bundesgerichtshof (2000), S.  1044. 69  Neuner, JZ 2003, 57 (63) führt als unzulässig ausdrücklich das Beispiel testamentarischer Diskriminierung einer Tochter wegen ihres Geschlechtes an. Neuner argumentiert jedoch vor dem Hintergrund eines umfassend verstandenen Diskriminierungsschutzes im Privatrecht. 68  Anders

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Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben

den zivilrechtlichen Ansätzen der erbrechtlichen Inhaltskontrolle erheblichen Spielraum.70

B. Europarecht I. Europäische Menschenrechtskonvention Zu prüfen bleibt, ob dieser Befund eines weiten verfassungsrechtlichen Rahmens auch auf die Europäische Menschenrechtskonvention71 und die Recht­ sprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte übertragen werden kann.72 Die Konvention enthält ihrem Wortlaut nach keine ausdrückliche Gewährleistung des Erbrechts. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erfasst jedoch Art.  8 EMRK (Schutz des Fa­ milienlebens) auch Fragen des Erbrechts.73 Art.  8 EMRK in Verbindung mit Art.  14 EMRK (Diskriminierungsverbot) verbietet damit staatliche Diskriminierung im erbrechtlichen Bereich.74 Die Rechtsprechung des Gerichtshofs betreffend das Erbrecht ist dementsprechend von dem Bestreben gekennzeichnet, Diskriminierung zu unterbinden, wobei den Gerichtshof immer wieder die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder beschäftigt hat.75 Auch die Bundes­ republik wurde verurteilt und hat die Übergangsvorschriften zur Gleichstellung nichtehelicher Kinder geändert.76 70  So auch Durner, in: Bayer/Koch (Hrsg.): Verfassungsrechtliche Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten im Familien-, Erb- und Gesellschaftsrecht (2008), S.  9 ff. 71  Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, neugefasst am 18. Mai 2002, BGBl. 2002 II S.  1055, zuletzt geändert durch Protokoll Nr.  14 vom 13. Mai 2004, BGBl. 2006 II S.  138. 72  Von einem viel zu sehr vernachlässigten Aspekt spricht Mayer, FPR 2011, 248 (252). 73  EGMR, Urteil vom 13. Juni 1979, 6833/74: Marckx/Belgien, FamRZ 1979, 903 f. (Leitsätze) = NJW 1979, 2449–2454. Die Konsequenzen für das deutsche Recht zieht Jayme in seiner Anmerkung zum Urteil in NJW 1979, 2425–2429. 74  Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (2016), S.  629; vgl. Karpen­stein/Meyer/Pätzold, Art.  8 EMRK Rn.  56: zwar keine Erbrechtsgarantie durch Art.  8 EMRK, Familienmitglieder betreffende Fragen können jedoch in den Anwendungsbereich des Art.  8 EMRK fallen. Als positive Schutzpflicht zugunsten der Familienintegration des Kindes sieht Frowein die erbrechtliche Einbindung des Kindes gemäß Marckx/Belgien: Frowein/Peukert, Art.  8 EMRK Rn.  23. 75  Vgl. außer dem bereits erwähnten Urteil Marckx/Belgien: EGMR, Urteil vom 1. Februar 2000, 34406/97: Mazurek/Frankreich, FamRZ 2000, 1077; Urteil vom 28. Mai 2009, 3545/04: B./Deutschland, NJW-RR 2009, 1603–1606; Urteil vom 7. Februar 2013, 16547/08: Fabris/Frankreich, ZEV 2014, 491–495. 76  Zweites Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung vom 12. April 2011, BGBl. I S.  615. Eine

B. Europarecht

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Die Testamentsgestaltung Privater hat die Entscheidung vom 13.7.2004 Pla Puncernau und Roser Puncernau/Andorra zum Gegenstand.77 Darin hat der Gerichtshof die richterliche Auslegung eines Testamentes beanstandet, wonach nur leibliche Kinder bedacht und ein adoptiertes Kind ausgeschlossen sein sollten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die relevante Testamentsklausel aus dem Jahr 1939 nicht auslegungsbedürftig ist. Solange adoptierte Kinder nicht ausdrücklich vom Erbe ausgeschlossen sind, dürfe der Richter nicht fragen, ob diese implizit ausgeschlossen seien,78 jedenfalls dürfe der Richter nicht ohne ernsthafte Gründe zum Ergebnis kommen, adoptierte Kinder seien ausgeschlossen.79 Zu Recht meldet Staudinger methodische Bedenken an. Denn die Frage, wer Erbe ist, ist Gegenstand privatautonomer Gestaltung. Das Gericht hätte sich ­damit zunächst mit der Reichweite einer mittelbaren Drittwirkung der euro­ päischen Grundrechte beschäftigen müssen.80 Nur in besonders schweren Fällen – Staudinger verwendet den Begriff „flagranter Widerspruch“ – stelle eine priva­ te Ungleichbehandlung auch einen Konventionsverstoß dar.81 Dies sei in Beeinflussungsfällen gegeben, nicht jedoch bei Ungleichbehandlung von adoptierten Kindern gegenüber leiblichen Kindern. Die Ebenbürtigkeitsklausel der Rechts­ sache „Hohenzollern“ hätte nach Staudinger auch nach dem Maßstab des §  138 BGB i. V. m. Art.  12 EMRK (Eheschließungsfreiheit) keinen Bestand gehabt.82 Übersicht geben: Rebhan, MittBayNot 2011, 285–288; Bestelmeyer, Rpfleger 2012, 361–372 mit tabellarischer Übersicht. Diese Übersichten müssen jedoch unter dem Blick­winkel der erneuten Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angepasst werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die neue Stichtagsregelung zwar für verfassungsgemäß erklärt: Nichtannahmebeschluss vom 18. März 2013, 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, NJW 2013, S.  2103–2107. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch erneut die Konventionswidrigkeit festgestellt: EGMR, Urteil vom 9. Februar 2017, 29762/10: Mitzinger/Deutschland, FamRZ 2017, 656–657. 77  EGMR, Urteil vom 13. Juli 2004, 69498/01: Pla und Puncernau/Andorra, FamRZ 2004, 1467–1470. Die Entscheidung ist rechtskräftig: Ein Ausschuss der Großen Kammer hat am 15. Dezember 2004 den Antrag Andorras auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen: FamRZ 2005, 509. 78  „Dem Text lässt sich nicht entnehmen, dass E [die Erblasserin] einen etwaigen Adoptiv­ enkel von der Erbfolge habe ausschließen wollen. Sie hätte es tun können. Dass sie es nicht getan hat, lässt logisch nur den Schluss zu, dass sie es nicht tun wollte.“ Tz.  58 des Urteils. 79  Tz.  59 f. Die Auslegung ohne solchen Grund sei ein „gerichtlich verfügter Ausschluss vom Erbrecht“. 80  Staudinger, ZEV 2005, 140 (142); für eine Konstruktion über Schutzpflichten vorrangig vor der Drittwirkung Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (2016), S.  158–160. 81  Staudinger, ZEV 2005, 140 (142). 82  Staudinger, ZEV 2005, 140 (143).

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Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben

Auch Pintens kritisiert den methodischen Ansatz als unzutreffend.83 Die Unterscheidung zwischen privatem Erblasserwillen und hoheitlicher Ermittlung des Erblasserwillens überzeuge nicht.84 Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit einer „primitiven Auslegungsmethode“85 seine tatrichterliche Würdigung an die Stelle des nationalen Gerichtes setzt, sei nicht hinnehmbar. Pintens weist ebenfalls darauf hin, dass in „flagranten Fällen“ privater Diskriminierung einer solchen Verfügung auf dem Boden der EMRK von staatlicher Seite Einhalt zu gebieten sei. Als Beispiel nennt Pintens ein Vermächtnis unter der Bedingung, die Ehe einzugehen oder nicht einzugehen, also wieder einen Beeinflussungsfall.86 Im entschiedenen Fall Pla und Puncernau/Andorra habe jedoch kein solch flagranter Verstoß vorgelegen, die Bevorzugung eines Kindes gegenüber einem anderen stehe dem Erblasser frei.87 Parallel zum nationalen Recht, für welches das Bundesverfassungsgericht betont hat, die Erbenfreiheit sei derivativ zur Erblasserfreiheit, hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Rechtssache Haas/Niederlande bereits zuvor klargestellt, dass Art.  8 EMRK kein Recht des Erben auf Anerkennung als Erbe entnommen werden kann.88 Letztlich kann für den Bereich der Europäischen Menschenrechtskonvention wohl festgehalten werden, dass nach derzeitigem Stand der Entwicklung wohl ein weiter Spielraum besteht.89

II. Recht der Europäischen Union Auf der Ebene der Europäischen Union besteht ein vielschichtiger Grundrechtsschutz. In erster Linie werden die Grundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechtes vom Europäischen Gerichtshof wie folgt ermittelt: Die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten, die von den Mitgliedstaaten geschlossenen internationalen Menschenrechtsverträgen und die Absichtserklärungen der Unionsorgane90 sind die erste Schicht. Pintens, FamRZ 2004, 1470 (1471). Pintens, FamRZ 2004, 1470 (1471). 85  Pintens, FamRZ 2004, 1470 (1471). 86  Pintens, FamRZ 2004, 1470 (1471). 87  Pintens, FamRZ 2004, 1470 (1471). 88  EGMR, Urteil vom 13. Januar 2004, 36983/97: Haas/Niederlande, FamRZ 2004, 1464–­ 1466. Vorgeschichte und Nachspiel dieses Falles schildert Pintens in seiner Anmerkung: ­Pintens, FamRZ 2004, 1466–1467. Eine bereits vor Verkündung des Urteils angestrengte Vaterschaftsklage und u. a. ein DNA-Test mithilfe alter Briefumschläge verhalfen dem vor dem EGMR gescheiterten Sohn schließlich zum Erbteil. 89  Zur Inhaltskontrolle im Common Frame of Reference: Riesenhuber, in: derselbe (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  49–79. 90  EuGH, Urteil vom 12. November 1969, 29/69: Stauder/Stadt Ulm, Slg. 15 (1969), 419 (424). 83 

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Die zweite Schicht bildet die Europäische Grundrechtecharta. Diese wurde zunächst als rechtlich unverbindlich bei der Findung der Grundrechte berücksichtigt, ist nun jedoch mit dem Vertrag von Lissabon in einem leicht modifizierten Text als den Verträgen des Unionsrechts „rechtlich gleichrangig“ anerkannt91 und damit bindend für Unionsorgane. In Art.  17 der Charta ist das Recht gewährleistet, rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Schließlich ist als dritte Schicht die Europäische Union auch selbst ermächtigt, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten,92 wobei die EMRK bereits bei der ersten Schicht Berücksichtigung findet.93 Ein Beitritt der EU selbst zur EMRK ist bisher nicht erfolgt. Nach einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofes wären auch vorher Kompetenzen der Gerichte und Schutzniveau von EMRK und Grundrechtecharta abzustimmen. Derzeit wäre ein Beitritt der EU zur EMRK daher nicht mit dem Unionsrecht vereinbar.94 Diese Vielschichtigkeit erschwert Voraussagen über die konkrete Ausgestaltung zum Schutzniveau der Testierfreiheit im Unionsrecht. Richtigerweise ist die Frage – wie auch auf Verfassungsebene – über die mittelbare Drittwirkung zu lösen. Die Beeinflussungsfälle sind vor dem Hintergrund der Hohenzollerndiskussion in Deutschland prominent, werden aber wohl nicht die einzigen­ Fälle sein, in denen ein Verstoß gegen Konventionsprinzipien vorliegt. Offene Diskriminierungen nach Geschlecht oder Religionszugehörigkeit dürften daher nach der Tradition des Gerichtes wohl auf wenig Wohlwollen stoßen, auch wenn sie Ausdruck privater, religiös inspirierter Lebensentscheidungen sind. Nach dem derzeitigen Stand der Diskussion kann jedoch festgehalten werden, dass das Diskriminierungsverbot staatliche Stellen bindet und die Kontrolle privater Einstellungen und Entscheidungen erlauben soll, ohne als Diskriminierungsverbot unmittelbar unter Privaten zu wirken. Für die weitere Entwicklung wird zutreffend auf die liberale Tendenz der europäischen Normierung des Familienrechtes verwiesen: Auf europäischer 91 

Art.  6 Abs.  1 Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 in der Fassung des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. EG C 306 vom 17. Dezember 2007, konsolidierte Fassung: ABl. EG C 83 vom 30. März 2010, S.  1), kurz: EUV. 92  Art.  6 Abs.  2 EUV. 93  Zum verfahrensrechtlichen Verhältnis von EuGH und EGMR instruktiv: EGMR, Urteil vom 30. Juni 2005, 45036/98: Bosphorus/Irland, NJW 2006, 197–204: Der Rechtsweg zum Europäischen Gerichtshof ist auszuschöpfen, ehe eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte behauptet werden darf. 94  Gutachten 2/13 des Europäischen Gerichtshofes vom 18. Dezember 2014 (ABl. EG C 65 vom 23. Februar 2015, S.  2).

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Kapitel 2: Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben

Ebene tendiert die politische Einigung dahin, sämtliche Lebensgemeinschaften unter Schutz zu stellen und eine Leitbildfunktion des Familienrechts zugunsten eines stärkeren Diskriminierungsschutzes aufzugeben.95 Aufgabe der Rechtswissenschaft ist es, für diese Fälle Richtlinien zu prägen, auf die das Gericht zurückgreifen kann. Die mittelbare Drittwirkungslehre hat sich als gedank­ liches Gerüst auch für die europäische Ebene angeboten und ist teilweise auf­ gegriffen worden.96 Sie verdeutlicht, dass ein kategorialer, kein gradueller Unterschied besteht zwischen staatlicher Ungleichbehandlung und privater Ungleichbehandlung. Staatliche Ungleichbehandlung ist grundsätzlich verboten. Private Ungleichbehandlung ist in erster Linie Ausübung der Willensfreiheit und Gestaltung des eigenen Lebens nach eigenen Vorstellungen, eine Einschränkung bedarf besonderer Rechtfertigung. Die Balance zwischen Schutzpflicht des Staates und Freiheitsraum des Einzelnen zu finden und zu halten, wird bei einer stärkeren Regulierung des Erbrechts durch Gemeinschaftsakte auch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg beschäftigen. Prognostizieren lässt sich hier im Hinblick auf die angestrebte Harmonie der europäischen Grundrechtestandards (EMRK und Charta der Grundrechte der Europäischen Union, siehe Art.  52 der Charta), dass sich der Gerichtshof darauf besinnen wird, grundsätzliche Freiheit zur ­Ungleichbehandlung mit gleichzeitigem Einschreiten bei „flagranten“ Verstößen zu verbinden. Wann ein solcher flagranter Verstoß anzunehmen ist, ist dann Frage des Einzelfalles. Die Eigenheiten der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen und deren Funktion zu kennen, ist für die anzustellende Einzelfallbetrachtung hilfreich und sinnvoll.

C. Ergebnis zu Kapitel 2 Verfassungs- wie Europarecht gewährleisten die Testierfreiheit als Teil der Privatautonomie und lassen nach derzeitigem Befund dem privaten Erblasser erheblichen Spielraum bei der Gestaltung seiner Verfügung. Staatliche Stellen sind vor allem im Bereich der extremen Ungleichbehandlung sowie im Rahmen von Beeinflussungsfällen (Herrschaft über Dritte) verpflichtet, einzuschreiten und Verfügungen für nichtig zu erklären. Der Rahmen hierfür ist verfassungswie europarechtlich jedoch als weit zu bezeichnen.

Pintens, in: Hofer/Klippel/Walter (Hrsg.), Festschrift für Dieter Schwab (2005), S.  1225. Für den Europäischen Gerichtshof im Bereich des Gemeinschaftsrechts siehe Schulze/­ Zuleeg/Kadelbach, Europarecht (2015), §  8 Rn.  53. 95 

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Kapitel 3

Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen „Um das Recht gerechter und damit die Verhältnisse menschlicher zu machen.“ Arthur Kaufmann 1 Absicht dieser Arbeit ist es, einen zivilrechtlichen Ansatz zur Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen zu entwickeln. Taugliche Grundlage für diesen Ansatz ist eine funktionale Betrachtung der Sittenwidrigkeitskontrolle. Deren Relevanz und dogmatische Verankerung soll in Abschnitt A. behandelt werden, es folgt eine Funktionsanalyse (B.). Die Besonderheiten der erbrechtlichen Inhaltskontrolle und der islamisch inspirierten Verfügungen sind herauszuarbeiten (C.). Abschnitt D. fasst die Ergebnisse dieses Kapitels zusammen.

A. Relevanz der funktionalen Betrachtung Das Denken und Erfassen von Recht nach Funktion und Ordnungsaufgabe ist eine Technik der Rechtsvergleichung.2 Deren Ziel ist es, sich von den System­ begriffen des eigenen Rechts frei zu machen und auf den sozialen Konflikt, das mit Hilfe des Rechts gelöste Problem und das dann zutage tretende Er­geb­­nis zu schauen.3 Die dahin führende rechtliche Technik wird zur Kenntnis genommen, entscheidet aber letztlich nicht über den Untersuchungsgegenstand.4 Diese Arbeitsweise trägt Früchte, auch für die Arbeit mit dem nationa­-

Kaufmann, Wozu Rechtsphilosophie heute? (1971), S.  39, als Antwort auf die Frage im Titel seines Vortrags. 2  Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung (2010), S.  280; Zweigert/­­Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung (1996), S.  33 ff.; Glendon/Gordon/ Osakwe, Comparative Legal Traditions (2007), S.  11 f.; eingehend Michaels, in: Reimann/ Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law (2006), S.  339–382. 3 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung (1996), S.  33. 4 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung (1996), S.  33. 1 

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

len Recht.5 Das eigene Recht wird klarer und sicherer erfasst und in neuem Licht gesehen.6 Bei der Arbeit im nationalen Recht sind die Begrifflichkeit und Rechts­technik keine Nebensache. Im Gegenteil, das gefundene Ergebnis lege artis zu begründen, ist Grundanforderung an den Juristen,7 insbesondere den Richter.8 Sie ist Grundlage der rationalen Kritik und Analyse.9 Es darf und soll also durchaus darum gestritten werden, auf welchem Weg das Ergebnis erzielt wird. Der Blick auf die Funktion eines Rechtssatzes und die zugrundeliegende soziale Ordnungsaufgabe kann dennoch auch bei der Untersuchung nationalen Rechts weiterhelfen. Denn auch national ist Technik nicht Selbstzweck, sondern soll einen Versuch der Annäherung an die sachlich richtige Lösung, letztlich: die Gerechtigkeit, darstellen.10 Insofern ist die oben angeführte Antwort Arthur Kaufmanns auf die Frage „Wozu Rechtsphilosophie heute?“ auch eine Antwort auf die Frage nach dem Zweck von Dogmatik und Theorie. Eine Begrifflichkeit, deren Ergebnisse vor der sozialen Ordnungsaufgabe nicht zufrieden stellen, setzt sich zu Recht der Kritik aus. Die Annäherung an die gerechte, richtige Entscheidung11 wird nicht geleistet, der Anspruch des Rechts nicht eingelöst. Damit rückt das Vorgehen in die Nähe von Überlegungen der public policy12 , 5 Zum Nutzen der Rechtsvergleichung siehe die Liste bei Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung (2010), S.  278 f.; zu Funktionen und Zielen Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung (1996), S.  12 ff. Deeg richtet seine Untersuchung zu Typenzwang und Testierfreiheit konsequent an den Funktionen aus: Deeg, Testierfreiheit und Typenzwang (2003), S.  5 f. 6  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung (1996), S.  34; Koch/Magnus/ Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung (2010), S.  279. 7  Pawlowski, Methodenlehre für Juristen (1999), Rn.  4c (S.  7), Rn.  9 (S.  12); Bydlinski, F., Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff (1991), S.  16; Zippelius, Juristische Methodenlehre (2012), S.  12, 39 f., eingehend am Beispiel der Drittwirkungslehre und der hierzu entwickelten Argumentationsregeln Eckhold-Schmidt, Legitimation durch Begründung (1974), S.  118 f. 8  Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995), S.  55 f.; in diesem Punkt ähnlich Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung (1970), S.  15. 9  Gadamer, in: derselbe, Gesammelte Werke, Bd. 1 (1986), S.  320; für die Rechtswissenschaft Mastronardi, Juristisches Denken (2003), S.  116 f. Zu Argumentationsregeln Eckhold-­ Schmidt, Legitimation durch Begründung (1974), S.  118 f. 10  Fikentscher, Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung (1977), S.  670. 11  Michaels, in: Reimann/Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law (2006), S.  339 ff. 12  Die funktionale Entsprechung der Doktrin der public policy mit der Sittenwidrigkeitsklausel betont Abraham, AcP 150 (1949), 385 (398); die Nähe sieht auch Simitis, Gute ­Sitten und ordre public (1960), S.  112 ff., 140. Ein neueres Plädoyer für die grundsätzliche Einheit von Recht, Gerechtigkeit und Wahrheit hält Dworkin, Justice for Hedgehogs (2011), S.  400 ff.; grundlegend Rawls, in: Birnbacher/Hoerster (Hrsg.), Texte zur Ethik (1982), S.  124 ff.

A. Relevanz der funktionalen Betrachtung

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ohne diese jedoch zu übernehmen. Die rechtsdogmatische Anbindung der funktionalen Betrachtung erfolgt über die teleologische Auslegung als anerkanntes Werkzeug juristischer Erkenntnis.13 Es wird vorliegend argumentiert, dass die funktionale Betrachtung gerade dort Erkenntnisgewinn verspricht, wo Generalklauseln auf neuartige Sachverhalte anzuwenden sind.14 Denn die grammatikalische, systematische und historische Auslegung verspricht hier aufgrund der begrifflichen Weite der Norm und des Anwendungsbereiches sowie der zeit­ gebundenen Aktualisierung des Bedeutungsgehaltes weniger Ertrag als bei konkreter gefassten Normen. Über die Fallgruppenmethode soll damit nicht der Stab gebrochen sein. Die bisher erarbeiteten und anerkannten Fallgruppen sind für Praxis und Wissenschaft relevant. Denn sie können Indiz sein, in welchen Fällen bereits eine Funktion des §  138 BGB korrekt ermittelt und erfüllt wurde. Subsumtionsfähiger Obersatz können und sollen Fallgruppen nicht sein.15 Die gebotene Einzelfallbetrachtung kann und will auch diese Arbeit nicht ersetzen. Sie versucht allerdings, Vorarbeit für eine solche Betrachtung zu leisten, indem einzelne Faktoren des Sittenwidrigkeitsurteils auf ihre mögliche Relevanz untersucht werden. Damit nähert sich diese Arbeit der Methode von Mayer-Maly an, wie er sie in Anlehnung an das bewegliche System Wilburgs16 gerade für §  138 BGB fruchtbar gemacht hat.17 Um einen Maßstab für die Analyse und Bewertung der einzelnen Faktoren zu erhalten, ist vorgelagert die Frage nach der Funktion von §  138 BGB im Kontext der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen zu beantworten. Wenn hier und im Folgenden auf §  138 Abs.  1 BGB verwiesen wird, so ist dies jeweils als Kürzel für die Sittenwidrigkeits­ kontrolle von Rechtsgeschäften und Testamenten im Besonderen zu verstehen. 13  Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995), S.  202 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung (1977), S.  364, dort auch S.  367 zur ­Terminologie; Pawlowski, Einführung in die juristische Methodenlehre (2000), S.  84 f.; ­Bydlinski, F., Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff (1991), S.  453 ff., dort S.  462 zum Anwendungsbereich rechtsvergleichender Auslegung. 14 Ähnlich Bydlinski, P., Grundzüge der juristischen Methodenlehre (2012), S.  113 f. 15  Mit diesem Zugeständnis geht auch die Kritik von Weber, R., AcP 192 (1992), 517–567 weitgehend ins Leere. Eingehend zur Fallgruppenmethode als geordneter Fallvergleichung Haubelt, Die Konkretisierung von Generalklauseln (1978), S.  100 ff. 16  Zunächst für das Schadensrecht Wilburg, Die Elemente des Schadensrechts (1941), anschließend verallgemeinernd Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im Bürgerlichen Recht (1951), S.  17, 22; Wilburg, AcP 163 (1964), 346 (347 f.); eingehend Westerhoff, Die Elemente des Beweglichen Systems (1991), insbesondere S.  37 ff., zu den relevanten Gründen. 17  Mayer-Maly, in: Bydlinski/von Bar (Hrsg.), Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht (1986), S.  122; zustimmend insoweit Staudinger/Sack/Fischinger, §  138 BGB Rn.  70 ff.; ebenfalls zustimmend Bydlinski, F., in: Lange (Hrsg.), Festschrift für Joachim Gern­huber zum 70. Geburtstag (1993), S.  835.

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

Diese Norm ist der wesentliche Ansatzpunkt für eine Inhaltskontrolle im erbrechtlichen Bereich.18

B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen Auf die Frage nach dem richtigen Verständnis von §  138 BGB hat die Rechtswissenschaft eine Vielfalt von Antworten vorgeschlagen. Im Folgenden wird untersucht, inwiefern diese im Hinblick auf das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit weiterführen und das Vertrauen der Verfasser19 der Motive zum BGB in die künftige richtige Handhabung der Generalklausel rechtfertigen.20

I. Ansätze der Formelkritik Soweit Stellungnahmen der Literatur die in §  138 BGB verwendete Formel analysieren, kritisieren oder verteidigen und methodisch handhabbar machen, sind sie für die hier aktuell interessierende Frage nach der Funktion weniger weiterführend. Die grundlegende Arbeit von Arzt etwa kommt zum Schluss, mit dem Hinweis auf die guten Sitten werde dem Richter eine Wertentscheidung abge­ fordert.21 Er habe unter Einsatz seiner persönlichen Erfahrung die streitenden Werte darzulegen und den Konflikt unter Beachtung der Natur der Sache, der in der Rechtsgemeinschaft und der Rechtsprechung vertretenen Anschauungen und der Praktikabilität der Entscheidung unter besonderer Berücksichtigung der beteiligten Kreise zu lösen.22 Die Antwort von Arzt mag damit methodologisch durchaus gewinnbringend sein, führt aber im Hinblick auf die Frage, wie denn die Natur der Sache beschaffen ist, welche Werte denn widerstreiten, aufgrund der Allgemeinheit von Fragestellung und Antwort vorliegend nicht weiter. Entsprechendes gilt für weitere Arbeiten und Ansätze der „Formelkritik und -verteidigung“23. Haberstumpf untersucht die Verwendung der Formel daher zutrefden weiteren möglichen Kontrollansätzen siehe den Überblick bei Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  14–20. 19  Zur eingeschränkten Authentizität der Motive für die historische Auslegung siehe Falk, in: Falk/Mohnhaupt (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter (2000), S.  468. 20  „Die Vorschrift stellt sich als ein bedeutsamer gesetzgeberischer Schritt dar, der vielleicht nicht ohne Bedenken ist. Fehlgriffe sind nicht ausgeschlossen. Bei der Gewissenhaftigkeit des deutschen Richterstandes darf indessen unbedenklich darauf vertraut werden, daß die Vorschrift nur in dem Sinne angewendet werden wird, in dem sie gegeben ist.“, Mot. I, S.  211 f. 21  Arzt, Die Ansicht aller billig und gerecht Denkenden (1962), S.  99. 22  Arzt, Die Ansicht aller billig und gerecht Denkenden (1962), S.  99. 23 Vgl. Breithaupt, JZ (1964), 283–285, der die Eigenwertung des entscheidenden Richters 18  Zu

B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen

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fend unter dem Stichwort der Argumentationsweisen.24 Denn diesen Ansätzen gemeinsam ist die notwendige Ausrichtung auf ein zu begründendes Ziel oder gerade noch zu findende Werte. Damit führen auch die Ansätze nicht weiter, die §  138 Abs.  1 BGB bzw. Generalklauseln allgemein als Auftrag an den Richter zur Rechtssetzung begreifen, ohne über die Maßstäbe Auskunft zu geben, die dieser anzuwenden hat. Soweit – explizit oder implizit – auf solche Maßstäbe verzichtet wird,25 ist die hier interessierende Arbeit gerade noch nicht geleistet.26 Denn auch wenn von einem Verständnis von Generalklauseln als delegierter Rechtssetzung ausgegangen wird, so hilft diese Beschreibung doch dem Richter nicht weiter, wenn er sich fragt, wie er denn nun entscheiden soll. Der Gedanke der freien richterlichen Entscheidung entbindet den Richter nicht von dem Fall, den er vor sich sieht, und den er zu entscheiden hat. Die Aufgabe, sich über den richtigen Normgehalt Gedanken zu machen, bleibt damit. Das Selbstverständnis des Richters als gebundenem Entscheider widerspricht jedenfalls dem praktischen Wert der Theorien von der freien richterlichen Entscheidung.27

II. Einheitstheorie gegen Multifunktionalität der Sittenwidrigkeitskontrolle 1. Multifunktionale Ansätze Weiterführende Aussagen zur Funktion des §  138 Abs.  1 BGB finden sich in abstrakter Form wie auch konkreterer Natur. Abstrakt formuliert ist Zweck der Sittenwidrigkeitskontrolle die Beseitigung und Verhinderung von Rechtsge-

oder Richterkollegiums anhand von Beispielen aus der Rechtsprechung herausarbeitet und als häufig zu weitgehend kritisiert. Kritisch gegenüber sämtlichen Generalklauseln: ­Hedemann, Die Flucht in die Generalklauseln (1933), S.  76. Hedemann betont ebenfalls den Zusammenhang mit dem Justizsystem, S.  75. Zur Präzisierung von wertausfüllungsbedürftigen Normen Haubelt, Die Konkretisierung von Generalklauseln (1978), S.  158 ff. Haubelt geht den Weg der geordneten Fallvergleichung. 24  Haberstumpf, Die Formel vom Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (1976), S.  127. 25  Vgl. die von Hassemer vorgetragene Ansicht, die Methodenlehre könne die Bindung des Richters an Gesetz und Recht nicht leisten: Hassemer, ZRP 2007, 213 (219); ähnlich ­Simon, abrufbar auf der Website des Berliner Arbeitskreises Rechtswirklichkeit . Simon bezeichnet die Bindung des Richters an das Gesetz als einen erschöpften und unerfüllbaren Traum (S.  1). 26  Auch ein Einbeziehen der Nachbarwissenschaften hilft hier in der Regel nicht weiter: Rehbinder, JZ 1982, 1 (4). 27  Mayer-Maly bezeichnet die entsprechende Auffassung zu §  1 UWG in Verteidigung von Teubner als „gesetz- wie lebensfremd“: Mayer-Maly, AcP 194 (1994), 105 (105 Fn.  5).

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

schäften, die mit den guten Sitten, verstanden als ethische Grundlagen der Rechtsgemeinschaft, unvereinbar sind (Elimination und Abschreckung).28 Die Funktion der Lückenfüllung betont dabei Sack.29 Hiernach ist Hauptaufgabe des Rekurses auf die Sittenwidrigkeit die Füllung von Lücken im Rechtssystem, die der Gesetzgeber (noch) nicht geregelt hat.30 Lücken sind danach vorrangig im Wege der Interessenabwägung zu füllen, als Maßstab dienen in erster Linie „gesetzliche“ Maßstäbe, Rechtsüberzeugungen und allgemeines Richterrecht; nachrangig kann jedoch auch auf das Rechtsgefühl zurückgegriffen werden.31 Konkreter werdend hat Teubner drei Funktionen der Sittenwidrigkeits­kon­ trolle ausgemacht: Rezeption, Transformation und Delegation.32 Im Kern­bereich verweise die Sittenwidrigkeitskontrolle auf außerrechtliche soziale Ordnungsgefüge, deren Feststellung Aufgabe einer sozialwissenschaftlichen Analyse ist (Rezeption). Daneben können kollektive Wertvorstellungen herangezogen werden, noch ehe sie den Verbindlichkeitscharakter sozialer Normen haben, um in einem Feld sozialen Wandels gesellschaftliche Wertvorstellungen in recht­liche Verhaltensnormen zu transformieren (Transformation). Schließlich ermächtigt sie auch zur richterlichen Rechtsschöpfung, wo ebenfalls solche Werte fehlen (Delegation).33 Armbrüster spricht hier Teubner folgend treffend von Legitimationsfunktion.34 Die guten Sitten seien multifunktional, betont auch Mayer-Maly.35 Hiernach dienen sie zum einen der Vermittlung von Ethik und Recht, wobei der Bezug zu außerrechtlichen Maßstäben nicht immer gleich eng sei.36 Sie dienen auch dazu, den Handlungsspielraum der rechtsanwendenden Organe nicht zu stark einzuschränken, indem als Kriterium für ein Einschreiten auf den weiten Begriff der guten Sitten zurückgegriffen wird.37 Ähnliches beobachtet Nicklisch hinsicht28 Vgl. MünchKomm/Armbrüster, §  138 BGB Rn.  1 f.; ebenso Mayer-Maly, AcP 194 (1994), 105 (110): „Elimination und Warnung“. 29  Sack, WRP 2005, 531 (533) zur Parallelvorschrift §  3 UWG, die im Wortlaut moderner von „unlauter“ spricht, wo früher von „sittenwidrig“ die Rede war (§  1 UWG a. F., geändert durch Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004, BGBl. 2004 I S.  1414). 30  Sack, WRP 2005, 531 (534) 31  Sack, WRP 2005, 531 (535); ähnlich bereits zu §  1 UWG a. F. Sack, GRUR 1970, 493 (500). 32  Teubner, Standards und Direktiven in Generalklauseln (1971), S.  115 ff. 33  Teubner, Standards und Direktiven in Generalklauseln (1971), S.  115 ff. 34 MünchKomm/Armbrüster, §  138 BGB Rn.  3. 35  Mayer-Maly, AcP 194 (1994), 105 (172). 36  Mayer-Maly, AcP 194 (1994), 105 (172). 37  Mayer-Maly, AcP 194 (1994), 105 (173 f.). Ähnliches beobachtet Nicklisch zur Verwendung der Generalklausel „Stand von Wissenschaft und Technik“ Nicklisch, NJW 1982, 2633 (2643 f.).

B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen

61

lich des Wechselspiels zwischen technischen Standards und dem Recht: Die Nutzung der jeweiligen riskanten Technik wird zugelassen und mit Schutz­ normen für etwaige Schäden versehen, die dann von den rechtsanwendenden Organen auszufüllen sind. In der Kommentarliteratur verbreitet ist die von Larenz38 herausgearbeitete doppelte Hinweisfunktion auf die herrschende Sozialmoral als außerrechtlichem Maßstab und die Rechtsethik als der Rechtsordnung immanente Wertungsprinzipien, mit einem Vorrang für diese immanenten Wertungsprinzipien.39 2. Einheitstheorien Eine Gegenposition, die §  138 BGB als Verweis auf nur eine Sollensordnung sieht mit der korrespondierenden Funktion, nur dieser zur Geltung zu verhelfen, wird heute kaum noch vertreten. Die naturrechtlichen Ansätze der frühen Bundesrepublik,40 die gerade die Rechtsprechung beeinflusst haben,41 werden soweit ersichtlich in dieser Form nicht mehr vertreten. Allenfalls die kantisch inspirierte Auffassung von Schachtschneider lässt sich hier noch als mit solchen Ideen verwandt einordnen.42 Meyer-Cording hat seinen 1964 ausgeführten Vorschlag43 einer materiellen Wertethik zur Bestimmung der guten Sitten im Rahmen von §  1 UWG a. F. seitdem nicht mehr ausführlich wiederholt, auch nicht in seiner kurzen Urteilsanmerkung aus dem Jahr 1986 zu §  138 BGB.44 Simitis verneint umgekehrt die Relevanz außerrechtlicher Sollensordnungen,45 wobei Larenz, JJb 1966/67, 98 (104 ff.). Unterscheidung von Larenz folgt etwa Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  2 f.; ähnlich Bamberger/Roth/Wendtland, §  138 BGB Rn.  16 f.; für eine Wechselwirkung beider Maßstäbe auch MünchKomm/Armbrüster (7.  Auflage), §  138 BGB Rn.  13. Diesem Ansatz von Larenz folgt auch Blomberg, Freiheit und Bindung des Erblassers (2011), S.  187; ebenso mit Vorrang der rechtsethischen Prinzipien Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts (2012), S.  538 (§  46 Rn.  13–16). 40 Exemplarisch Weinkauff, NJW 1960, 1689–1696; kritisch hierzu Wieacker, JZ 1961, 337–345. Einen Überblick vermittelt der Sammelband von Maihofer (Hrsg.), Naturrecht oder Rechtspositivismus? (1962). 41  BGH, Urteil vom 12. Juli 1951, III ZR 168/50, BGHZ 3, 94 (107 f.); Urteil vom 8. Februar 1951, V ZR 6/50, BGHZ 5, 76 (96 f.); Beschluss vom 11. Februar 1953, II ZR 51/52, BGHZ 9, 34 (44 f.); Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 20. Mai 1954, GSZ 6/53, BGHZ 13, 265 (311 ff.); Beschluss desselben vom 28. Februar 1955, GSZ 4/54, BGHZ 16, 350 (353). 42  Schachtschneider, in: Becker/Bull/Seewald (Hrsg.), Festschrift für Werner Thieme (1993), S.  207 f. mit einem formalem Verständnis der guten Sitten; kritisch hierzu Mayer-­ Maly, AcP 194 (1994), 105 (171 f.). 43  Meyer-Cording, JZ 1964, 273 (278). 44  Meyer-Cording, EWiR 1986, 23–24. 45  Simitis, Gute Sitten und ordre public (1960), S.  197. 38 

39  Der

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

er bereits im Bereich des Geschlechts- und Familienlebens46 eine Ausnahme macht. Selbst Krejci47, hinsichtlich der Heranziehung außerrechtlicher Maß­ stäbe kritisch, will in letzter Konsequenz auf eine außerhalb des gesetzten Rechts befindliche Wertordnung nicht verzichten. Die Ansicht von Adam, der Sittenwidrigkeit als offenbare Rechtswidrigkeit beschreibt und außerrecht­ lichen Maßstäben die Relevanz abspricht,48 ist wohl daraus zu erklären, dass Adam nur letztwillige Verfügungen untersucht und dort in der Praxis wenig Anwendungsfälle für die Sittenwidrigkeitskontrolle bekannt sind. Der mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in der Rechtssache „Hohenzollern“ ins Rampenlicht gerückte Grundrechtsbezug der Inhaltskontrolle kann – wo er einseitig als Prüfungsmaßstab herangezogen wird49 – am ehesten als aktuelle Version der Einheitstheorien gelten. Doch bei aller praktischen Grundrechts­ lastigkeit der Diskussion wird, soweit ersichtlich, nicht auch dogmatisch vertreten, einzige Funktion des §  138 BGB sei die Umsetzung des Grundgesetzes. 3. Stellungnahme Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Fallmaterial zu §  138 BGB, §  826 BGB oder §  3 UWG (§  1 UWG a. F.) äußerst vielfältig ist, ohne dass eine Fehlzuordnung einer relevanten Fallgruppe evident wäre. Dies gilt auch dann, wenn man §  3 UWG aufgrund des verschiedenen Wortlauts ausklammert.50 Gesi­ cherter Bestand des §  138 BGB sind u. a. folgende Fallgruppen mit ganz unterschiedlicher ethischer Qualität: das Verhältnis der Sicherung des Warenkreditlieferanten und des Globalgläubigers (Bank),51 die Regelung von Scheidungs­ folgen52 oder die Grenzen innovativer Prozessfinanzierung.53 Diese Vielfalt der Fallgruppen legt die Darlegungslast demjenigen auf, der eine einheitliche Funktion behauptet. §  138 BGB ohne Not seiner Flexibilität und Multifunktionalität zu berauben, findet in Wortlaut und Geschichte54 keinen hinreichenden AnSimitis, Gute Sitten und ordre public (1960), S.  197. Krejci, Privatrecht (2007), S.  71 f. (Rn.  253) zum österreichischen Recht. 48  Adam, AnwBl. 2003, 336 (339 f.). 49  Teilweise wird der „Hohenzollern“-Beschluss wie ein subsumtionsfähiger Obersatz behandelt, so bei Scheuren-Brandes, ZEV 2005, 185 (185 f.). 50 Eingehend zum Sittenverstoß im Wettbewerbsrecht: Schricker, Rechtsvergleichende Untersuchung zur wettbewerbsrechtlichen Haftung bei Verletzung außerwettbewerbsrecht­ licher Normen (1970), S.  212 ff. und passim. 51 Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  86. 52 Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  47. 53 Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  58. 54  Zur Entstehungsgeschichte des §  138 BGB: Karow, Die Sittenwidrigkeit von Verfügungen von Todes wegen in historischer Sicht (1997), S.  52 ff.; zur Entwicklung der Rechtspre46 

47 Vgl.

B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen

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halt.55 Insbesondere wurde die Fassung der Norm im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens immer stärker ausgeweitet.56 Auch die Stellung im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches spricht für eine breite und damit zusammenhängend multifunktionale Anwendung. Einer drohenden Uferlosigkeit des Begriffs wird durch das Feststellen und Festhalten von Indizien Einhalt geboten, wobei wie erwähnt57 auf die bislang anerkannten Fallgruppen als Indizien einer gelungenen Identifizierung relevanter Merkmale zurückgegriffen werden kann. Die Vorgehensweise anhand von Indizien verspricht mehr Erkenntnisgewinn als die Diskussion, wie die verschiedenen Sollensordnungen denn genau zu bezeichnen und zu bestimmen sind,58 auf die §  138 Abs.  1 BGB verweist. Zudem ist auch die festgestellte außerrechtliche Sollensordnung erst dann im Rahmen von §  138 BGB zu berücksichtigen, wenn der Befund anhand innerrechtlicher Maßstäbe überprüft worden ist, um die Einheit der Rechtsordnung sicherzustellen.59 Umgekehrt können soziale Normen, sozialethische Normen oder kollektive Wertvorstellungen als Reservoir erfasst werden, aus dem sich die Rechtsordnung ergänzt.60 chung des Bundesgerichtshofes: Mayer-Maly, in: Roxin/Canaris/Widmaier/Heldrich (Hrsg.), 50 Jahre Bundesgerichtshof (2000), S.  9 –79. 55 Ähnlich Sack, NJW 1985, 761 (762). 56  Karow, Die Sittenwidrigkeit von Verfügungen von Todes wegen in historischer Sicht (1997), S.  52 ff.; Falk, in: Falk/Mohnhaupt (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter (2000), S.  467 ff. 57  Vgl. oben S. 57. 58  Als Vorschläge finden sich etwa „die Sitte“ (in Abgrenzung zur Moral) bei Herzog, Zum Begriff der guten Sitten im Bürgerlichen Gesetzbuche (1910), S.  114; ausführlicher Bamberger/Roth/Wendtland, §  138 BGB Rn.  16: „die sich aus der Sittenordnung ergebenden Verhaltensgebote im Rahmen der in der Gesellschaft herrschenden Rechts- und Sozialmoral“ (nahezu wortgleich im ersten Teil mit Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  2); ähnlich Soergel/­ Hefermehl, §  138 BGB Rn.  2: „Grundsätze […] der herrschenden Rechts- und Sozialmoral“, in Anlehnung an die Formel von Larenz („herrschende Sozialmoral“: Larenz, JJb 1966/67, S.  98 (107)), bildhaft Mayer-Maly, JuS 1986, 596 (599): „Allerweltsethik, die allen einigermaßen anständigen Menschen gemeinsam ist“, zugespitzt: „Alltagsmoral von Hinz und Kunz“ (Mayer-Maly, Jbl 1991, S.  681 (689)). Wie hier weitgehend auf eine begriffliche Diskussion verzichtend; Erman/A. Arnold, §  138 BGB Rn.  1. In Richtung einer funktionalen Betrachtung weist Jauernig/Jauernig, §  138 BGB Rn.  6: „Minimum von sittlicher Handlungsweise im Rechtsverkehr“. 59  Hierauf weist Franz Bydlinski anhand der Parallelvorschrift des österreichischen §  879 ABGB hin: Bydlinski, F., in: Lange (Hrsg.), Festschrift für Joachim Gernhuber zum 70. Geburtstag (1993), S.  834. Dort wird auch eine detaillierte Hierarchie der Konkretisierungs­ mittel erstellt. 60  So die Umschreibung bei Haubelt, Die Konkretisierung von Generalklauseln (1978), S.  162, ähnlich: Portz, Das Gebot sittlichen Verhaltens im deutschen Privatrecht (1973), S.  73 ff.

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

Als Sammelbecken für die vielfältigen Funktionen kann die eingangs erwähnte Umreißung dienen. Sie besteht zwar im Wesentlichen in einer Umschreibung der Rechtsfolge. Aber gerade aufgrund ihrer Allgemeinheit ist sie geeignet, als Ausgangspunkt für weitere Konkretisierung zu dienen. Funktion der Inhaltskontrolle von Rechtsgeschäften gemäß §  138 BGB ist damit die Beseitigung und Verhinderung von Rechtsgeschäften, die mit den ethischen Grundlagen der Rechtsgemeinschaft nicht vereinbar sind. Im Rahmen dieses Sammelbeckens ist Erkenntnisfortschritt jedoch nur zu gewinnen, wenn die sich jeweils stellende Aufgabe konkreter formuliert wird.61 Anhand dieser Funktion lassen sich dann Kriterien und Indizien herausarbeiten, die bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit herangezogen werden können.

III. Aufgabe der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen Die bisher referierten Stellungnahmen zur Funktion der Sittenwidrigkeitskon­ trolle von Rechtsgeschäften können aufgrund der beabsichtigten allgemeinen Aussagekraft nur in geringem Umfang für die konkrete Untersuchung Anhaltspunkte bieten. Notwendig ist es daher, die konkrete Funktion der Inhalts­ kontrolle von Testamenten zu formulieren. Geht es um die Inhaltskontrolle von Testamenten, konkretisiert sich die Ausschaltung und Verhinderung unerträglicher Rechtsgeschäfte dahingehend, dass eine Grenze zu ziehen ist zwischen der Testierfreiheit des Erblassers auf der einen Seite und schutzwürdigen Belangen Betroffener oder der Rechtsgemeinschaft auf der anderen Seite. Dabei sind die Besonderheiten des erbrechtlichen Bezugs zu berücksichtigen. Zu verfolgen ist in erster Linie ein zivilrechtlicher Ansatz, der die grundrechtlichen Anforderungen erfüllt, sich aber nicht in einer reinen Grundrechtsdiskussion erschöpft. Die Notwendigkeit eines zivilrechtlichen Ansatzes der erbrechtlichen Inhaltskontrolle wurde vor allem in Gegenreaktion zum „Hohenzollern“-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu Recht betont.62 Folge des zivilrechtlichen Ansatzes ist, dass gesellschaftliche Belange nur indirekt, über die Abschreckung von inkriminierten Verfügungen, berührt werden. Unmittelbar relevant sind vor allem die Interessen der betroffenen Privatpersonen, sei es der Bedachte oder gerade nicht Bedachte, insbesondere ein enterbter Pflichtteilsberechtigter.63 Teubner, Standards und Direktiven in Generalklauseln (1971), S.  50 f. Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  39 ff.; Führ, MittBayNot 2006, 461 (467); Isensee, DNotZ 2004, 754 (765) sieht sogar die Problematik des Gesetzesvorbehaltes tangiert. 63  Entlang dieser Leitlinien verläuft auch die Diskussion zu den Behindertentestamenten. 61 Ähnlich 62 

B. Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle von Verfügungen von Todes wegen

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Diese sind im Rahmen der Diskussion des jeweiligen Indizes der Sittenwidrigkeit möglichst konkret zu berücksichtigen. Diese Ausrichtung an den jeweils betroffenen Personen und deren schutzwürdigen Belangen beugt auch der Errichtung einer „Besserungsanstalt für Testatoren“64 vor, die losgelöst vom In­ dividualschutz Allgemein-Erzieherisches leisten wollte.65 Die Besonderheit des Erbgeschehens ist in den Blick zu nehmen, die personalen und ideellen Erb­ bedeutungen sind zu achten.66 Auf diese Besonderheiten wird in Abschnitt C. einzugehen sein. An dieser konkretisierten Funktion der Sittenwidrigkeitskontrolle lässt sich auch die stark begrenzte Relevanz der Abwehr islamisch inspirierten ausländischen Erbrechts im Rahmen des ordre public (Art.  6 EGBGB)67 ablesen. Es sei Inwieweit ist die Verhinderung des Zugriffs des Staates ein Merkmal, das zur Sittenwidrigkeit führt? Hierzu Bengel, ZEV 1994, 29 (30) sowie Armbrüster, ErbR 2013, 77 (78); ähnlich Wendt, ErbR 2012, 66 (66); zu den sozialrechtlichen Grundlagen: Doering-Striening, ErbR 2009, 362 (365 ff.). 64 Mit diesem Begriff warnt etwa Muscheler vor einer zu strengen Inhaltskontrolle:­ Muscheler, ErbR 2006, 34 (42). 65  Die Ausrichtung am Individualschutz mahnt auch Röthel im Gutachten für den Deutschen Juristentag an: Röthel, in: DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristen­ tages, Bd. 1 (2010), S.  29, 90. 66  Röthel, in: DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. 1 (2010), S.  27 f. 67 Vgl. umfassend Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007); zuvor bereits Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ordre public (1994). In der Rechtsprechung wurde ein Verstoß islamisch inspirierten Sachrechts gegen den ordre public etwa bejaht von: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Dezember 2008, 3 Wx 51/08, ZEV 2009, S.  190 zum Witwenerbrecht und dem Erbhindernis der Religionsverschiedenheit; OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2005, 15 W 117/04, FamRZ 2005, S.  1705 zum Erbhindernis der Religionsverschiedenheit; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Mai 2010, 20 W 3/10; 20 W 4/10, ZEV 2011, S.  135 zum Erbhindernis der Religionsverschiedenheit und der Benachteiligung der Witwe. Die Frage im konkreten Fall verneint hat hingegen: OLG Hamm, Beschluss vom 29. April 1992, 15 W 114/91, FamRZ 1993, 111 zur Frage der (hypothetischen) Benachteiligung der Ehefrau; LG Hamburg, Beschluss vom 12. Februar 1991, 302 T 88/90, IPRspr 1991 Nr.  142, 264 zur unterschiedlichen Behandlung von Söhnen und Töchtern. Die Folgeentscheidung des OLG Hamburg, Beschluss vom 14. August 1992 – 2 Wx 25/91, IPRspr. 1992 Nr.  162, 352 betrifft – soweit veröffentlicht – nicht die Frage des ordre public. Aufgrund eines dokumentierten Erblasserwillens einen Verstoß abgelehnt hat das KG, Beschluss vom 26. Februar 2008, 1 W 59/07, FamRZ 2008, 1564; mit gleichem Ansatz hat das OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2005, 15 W 117/04, ZEV 2005, 436, der Vorinstanz weitere Ermittlungen aufgegeben. Für eine Abwehr im konkreten Fall Dörner, IPRax 1994, 33 (36) zur vorzitierten Entscheidung des OLG Hamm; für eine Berücksichtigung der hypothetischen Witwenbenachteiligung Lorenz, IPRax 1993, 148 (150); für eine Abwehr des Erbausschlusses der Religionsverschiedenheit, wenn sich nicht im Einzelfall eine konkrete Willensbildung hinsichtlich der Einzelregelungen des Heimatrechts feststellen lässt Lorenz, ZEV 2005, 440 (441); großzügiger im Hinblick auf den Erblasserwillen dagegen Looschelders, IPRax 2006,

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wiederholt: Kontrolliert wird mit dem ordre public-Vorbehalt die Auswirkung des „Sprung[s] ins Dunkle“68 bei der Anwendung ausländischen Sachrechts. Damit verwirklicht der ordre public-Vorbehalt zwar auch Grundrechtsschutz und Individualschutz auf Seiten des oder der Betroffenen. Auch lässt sich grundsätzlich aus der Abwehr eines ausländischen Normanwendungsergebnisses in der Regel erst recht auf die Unerträglichkeit innerhalb der nationalen Rechtsgemeinschaft schließen.69 Auf Seiten des Normgebers stehen bei der Abwehr islamisch inspirierten ausländischen Sachrechtes jedoch kein Grundrecht und gerade keine individuelle Entscheidung. Zu Recht hat damit die Rechtsprechung einen mit der ausländischen Erbfolge konformen Willen als relevant angesehen.70 Gerade weil das deutsche Recht eine inhaltsgleiche Verfügung zulässt und der Erblasser seinen entsprechenden Testierwillen auch dokumentiert hatte, schloss das Gericht im konkreten Fall einen ordre public-Verstoß aus. Letztlich zeigt sich dadurch, dass – entgegen der eigentlichen Vorgabe des Wortlautes von Art.  6 EGBGB – doch nicht nur auf das Ergebnis, sondern auch auf den Weg dorthin geschaut wird.71 Dies hindert die Folgerung von dem, was der ausländische Gesetzgeber darf, auf das, was ein privater Erblasser darf. Letzteres soll hier untersucht werden.

C. Zu beachtende Strukturmerkmale Wenn man die Forderung nach einem spezifisch erbrechtlichen Ansatz ernst nimmt, ist zunächst nach dem zu fragen, was den erbrechtlichen Erwerb besonders macht, d. h. die Strukturmerkmale des Erbgeschehens im Vergleich zum lebzeitigen Erwerb sind herauszuarbeiten (I.). Anschließend sind die relevanten Merkmale islamisch inspirierter Verfügungen zusammenzustellen (II.) und die Konsequenzen für die Inhaltskontrolle zu ziehen (III.).

462 (464 f.); differenzierend zur Feststellung des Erblasserwillens Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  488 ff. 68  Raape/Sturm, Internationales Privatrecht, Bd. 1 (1977), S.  199. 69  Vgl. die Definition eines ordre public-Verstoßes als besonders krasses Widerstreiten zu grundlegenden deutschen Rechtsanschauungen: Palandt/Thorn, Art.  6 EGBGB Rn.  1; eingehend Spickhoff, Der ordre public im Internationalen Privatrecht (1989), S.  71 ff., der in seiner Arbeit im Bereich des Internationalen Erbrechts noch kaum Anwendungsfälle zu verzeichnen hatte. 70  KG, Beschluss vom 26. Februar 2008, 1 W 59/07, ZEV 2008, S.  4 40/441 f.; zustimmend Looschelders, IPRax 2009, 246 (248). 71  Dies hat Lorenz herausgearbeitet: Lorenz, IPRax 1993, 138 (149 f.).

C. Zu beachtende Strukturmerkmale

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I. Strukturmerkmale des Erbgeschehens Es bestehen Eigenheiten des Erbgeschehens, die zunächst herauszuarbeiten und dann im Hinblick auf ihre Relevanz für die Inhaltskontrolle einzuordnen sind. 1. Unentgeltlichkeit des Erwerbs Der erbrechtliche Erwerb ist typischerweise unentgeltlich. a) Beschreibung Zwar gibt es im Erbrecht auch entgeltliche Verträge, wie den Erbschaftskauf, den Kausalvertrag zum Erbverzicht, den Vertrag gemäß §  311b Abs.  5 BGB oder den Vertrag über eine entgeltliche Ausschlagung.72 Im hier untersuchten Bereich der Testamente ist die Zuwendung jedoch immer rechtlich unentgeltlich. Der Bedachte erhält etwas, worauf er, anders als auf einen eventuellen Pflichtteil, keinen Anspruch hat. Dies ist besonders deutlich nach der zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Erbrechtsreform,73 da jeder in einer Verfügung bedachte Pflichtteilsberechtigte unabhängig von der Größe der Zuwendung die Wahl hat, die Zuwendung anzunehmen oder einen unbeschränkten Pflichtteil zu erhalten. Auch das Bundesverfassungsgericht hat nach der Rechtssache „­ Hohenzollern“ die Gelegenheit ergriffen, allen Ansätzen eines Quasi-Anspruches auf das Erbe74 eine Absage zu erteilen.75 Bis zum Erbfall bleibt die Erb­aussicht – außerhalb des Erbvertrages – eine nuda spes.76 Erst mit dem Tod des Erblassers erhält der Bedachte etwas. Einen Rechtsanspruch auf das Zugewandte hat er vorher nicht. Doch auch das Ererbte ist strukturell ohne Gegenleistung erworben, wofür der Soziologe Beckert den Begriff des „unverdienten Vermögens“ gewählt hat.77 b) Bewertung Die dargestellte Unentgeltlichkeit oder Freigebigkeit der Zuwendung ist für ­Muscheler Anlass, eine erbrechtliche Inhaltskontrolle etwa von Potestativbedingungen in Testamenten gänzlich abzulehnen.78 Diese Schlussfolgerung geht je72  Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  120. 73  Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009, BGBl. 2009 I S.  3142. 74  Diesen sieht Kroppenberg als logische Konsequenz der Druck-Theorie des Bundesverfassungsgerichts: Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  44. 75  BVerfG, Beschluss vom 25. März 2009, 1 BvR 909/08, FamRZ 2009, 1039 (1041). 76  Gutmann, NJW 2004, 2347 (2348). 77  Beckert, Unverdientes Vermögen (2004). 78  Muscheler vertritt dies für Potestativbedingungen: Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.),

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doch angesichts der Bandbreite der möglichen Gestaltungen zu weit. Schließlich ist auch ein Schenkungsvertrag79 oder ein Stiftungsgeschäft80 der Inhaltskon­ trolle unterworfen. Aufgrund des familiären Zusammenhanges ist der Erblasser auch in seinem Testament Schranken unterworfen.81 Zu erinnern bleibt vor allem, dass sich ein Sittenwidrigkeitsvorwurf nicht aus einem schlichten „Zuwenig“ der Zuwendung als solchem ergeben kann, sondern vielmehr die Ausgestaltung der Zuwendung entscheidend bleibt. Einzelfälle, in denen ein moralisches Anrecht auf das Erbe durch lebzeitige Arbeit und entsprechende Äußerungen des Erblassers verstärkt worden sind, hat die Rechtsprechung bislang durch Einschränkung der Formstrenge gelöst.82 Miserre hat hierfür die Kategorie der ­culpa in testando vorgeschlagen und will das negative Interesse des Enttäuschten ersetzen.83 Diese Wege sind als die schonenderen und passgenaueren der „groben Keule“ der Sittenwidrigkeit der letztwilligen Verfügung vorzuziehen. Diese begünstigt nämlich nur die gesetzlichen Erben bzw. die in einer vorherigen Verfügung wirksam Bedachten, und löst damit das rechtsethische Dilemma häufig nur ungenügend oder gar nicht. Die notwendige Freigiebigkeit der Zuwendung schließt damit die Inhaltskontrolle nicht vollständig aus, erweitert jedoch den Spielraum des Erblassers gegenüber einem Austauschvertrag deutlich. Denn ein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung (Störung des Äquivalenzverhältnisses) fällt als möglicher Sittenwidrigkeitsfaktor vollständig aus.84 Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  128; sein Argument ist jedoch grundsätzlich. Für Zurückhaltung aus diesem Grund auch: Gutmann, NJW 2004, 2347 (2348). 79  Vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 11. Dezember 2008, 18 U 190/05 – juris-Dokument – Rn. 131: Nichtigkeit wegen Unterlaufen des Konkurszwecks; OLG Hamm, Urteil vom 13. Juli 1992, 5 U 89/91, OLGZ 1994, 55–56: Nichtigkeit wegen fehlender Berücksichtigung der Belange des Übergebers (als Hilfsbegründung). 80  Büch, ZEV 2010, 440 (445). 81  Gaier spricht von einem „unauflöslichen Familienverbund“: Gaier, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Erbrechts (2010), S.  36. 82  Sog. Hoferbenfälle: BGH, Beschluss vom 16. Februar 1954, V Blw 60/53, BGHZ 12, 286 (302 f.) auch zur Sittenwidrigkeit einer anderweitigen Hofübergabe; sowie Urteil vom 15. März 1967 – V ZR 127/65, BGHZ 47, 184 (188) zur Beschränkung auf das Höferecht; siehe auch den eingeschränkten Vertrauensschutz durch §  7 Abs.  2 Höfeordnung (BGBl. I S.  1933; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2008, BGBl. I S.  2586: keine anderweitige Hoferbenbestimmung nach Übertragung der Bewirtschaftung); daneben bleiben die Grundsätze des formlosen Übergabevertrages weiter anwendbar: BGH, Beschluss vom 5. Mai 1983, V Blw 12/82, BGHZ 87, 237 (237 f.); BGH, Urteil vom 16. Oktober 1992, V ZR 125/91, BGHZ 119, 387 (389). 83  Miserre, Die „culpa in testando“ (2002), S.  297 (Zusammenfassung). 84  Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  120.

C. Zu beachtende Strukturmerkmale

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2. Pflichtteilsrecht als Auffangmechanismus a) Beschreibung Nach der gesetzlichen Entscheidung erhalten der überlebende Ehegatte sowie die Abkömmlinge und die Eltern einen Pflichtteilsanspruch, soweit sie durch eine Verfügung von Todes wegen vom Erbe ausgeschlossen sind, §  2303 BGB. Verstärkt wird dieser Anspruch durch den Zusatzpflichtteil eines bedachten Erben, bei dessen Berechnung jedoch „Beschränkungen und Beschwerungen“ wie Vermächtnisse, Auflagen oder Testamentsvollstreckung außen vor bleiben. Will der bedachte Pflichtteilsberechtigte auch diese abwehren, so muss er das Erbe ausschlagen und erhält dann den unbeschränkten Pflichtteil. Der Pflichtteils­ anspruch ist auf Geld gerichtet, eine dingliche Beteiligung am Nachlass ist über den Pflichtteil unmittelbar nicht gewährleistet. Allenfalls über die Einräumung einer Sicherheit im Rahmen der Stundung gemäß §  2331a BGB erlangt er eine dingliche Rechtsposition. Auskunftspflichten (§  2314 BGB) und Ergänzungspflichtteil (§  2325 BGB) verstärken das Pflichtteilsrecht, das jedenfalls für die Abkömmlinge Verfassungsrang hat 85 und nunmehr wohl auch als Teil des internationalen ordre public anzusehen ist.86 Ehegatten im gesetzlichen Güterstand haben daneben die Möglichkeit des güterrechtlichen Ausgleichs gemäß §  1371 Abs.  2 BGB. Mit §  2306 BGB, §  1371 Abs.  3 BGB hat der Gesetzgeber zudem jedem Bedachten die Wahl eröffnet, entweder das Zugewandte anzunehmen oder auszuschlagen und den (ungeschmälerten) Pflichtteil zu erhalten. b) Bewertung Stärker noch als die Freigebigkeit der Verfügung wirkt das Pflichtteilsrecht entlastend für die Inhaltskontrolle erbrechtlicher Verfügungen.87 Es stellt die Entscheidung des Gesetzgebers dar, ob und in welchem Umfang Abkömmlinge, Ehegatten und Eltern mindestens am Nachlasswert zu beteiligen sind. In einer Verfügung übergangene Familienmitglieder gehen damit nicht leer aus.88 Eine 85  BVerfG, Beschluss vom 19. April 2005, 1 BvR 1644/00, 1 BvR 188/03, BVerfGE 112, 332 (349 ff.). 86 Eingehend die Dissertation von Pfundstein, Pflichtteil und ordre public (2010), S.  247 ff.; zuvor bereits Dörner, IPRax 1994, 362 (363); Pentz, ZEV 1998, 449 (451); Lorenz, ZEV 2005, 440 (441); Looschelders, IPRax 2006, 462 (465); ebenso Palandt/Thorn, Art.  6 EGBGB Rn.  30, Art.  35 EuErbVO Rn.  2. 87  Westermann, in: Bucher/Canaris/Honsell/Koller (Hrsg.), Norm und Wirkung (2005), S.  669. 88  Gernhuber betont die Unterhaltsersatzfunktion des Pflichtteilsrechts: Gernhuber, JZ 1960, 326 (329).

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Schwäche des „generösen“89 Pflichtteilsanspruches ist jedoch die fehlende dingliche Berechtigung. Das Pflichtteilsrecht als Auffangregelung macht deutlich, dass eine Sittenwidrigkeit nur in engen Ausnahmefällen in Betracht kommt, wenn es um ein schlichtes „Zukurzkommen“ (Übergehen naher Angehöriger) geht.90 So hat der Bundesgerichtshof die Erbeinsetzung der Geliebten unter anderem deshalb als teilnichtig angesehen, weil sich die Ehefrau und Kinder an diese für die Verwirklichung des Pflichtteils und die Frage nach dem Verbleib im Familienheim hätten wenden müssen. Diese war nun als Eigentümerin des ehemaligen Fa­ milienheimes vorgesehen.91 Folge dieser Entscheidung ist jedoch die konfliktreiche Erbengemeinschaft aus den Beteiligten. Das Familienheim ist in der Erbengemeinschaft in der Nutzung für die Witwe nicht weiter gesichert und der Teilungsversteigerung ausgesetzt. Da den Erblasser eine langjährige häusliche Gemeinschaft und vier gemeinsame Kinder mit der „Geliebten“ verband, liegt aus heutiger Sicht nahe, die entscheidende rechtliche Fehljustierung im damaligen Scheidungsrecht zu suchen. Denn eine Scheidungsklage des Ehemannes war 1951 erfolglos geblieben. Damit wird die Entscheidung wohl als Einzel­ entscheidung anzusehen sein. Unabhängig davon zeigt sie jedoch die grund­ sätzliche Möglichkeit, unter engen Voraussetzungen zu einer Sittenwidrigkeit – unabhängig vom Einwand des „Zuwenig“ – zu kommen. Dass das Pflichtteilsrecht nicht alle Fälle abfedern kann, verdeutlicht die Rechtssache „Hohen­ zollern“.92 Dort wurde um die Wirksamkeit der Anordnung der Nacherbfolge gestritten. Da es ein zusätzliches eigenes Testament des Vorerben gab, änderte die Unwirksamkeit der Anordnung nichts an der dinglichen Verteilung. Der Beschwerdeführer Prinz Friedrich Wilhelm ging in jedem Fall als Erbe leer aus. Jedoch war sein Vater nun Vollerbe geworden, der Pflichtteil des Beschwerdeführers erhöhte sich damit um den vormals in Nacherbfolge gebundenen Nachlass.93 Wäre die Anordnung der Nacherbfolge als wirksam bestätigt worden, wäre das Haus­erbe „pflichtteilsfrei“ auf den Nacherben übergegangen. Daneben besteht ein emotionaler Unterschied zwischen der Eigenschaft als „Erbprinz“ und dem Geldfluss im Wege des Pflichtteils. Auch wenn die Titula89 So die Kennzeichnung von Muscheler in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  128. 90  Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), §  35 IV 5 (S.  830). Besonders umfassend prüft das Oberlandesgericht Düsseldorf, wobei es schließlich einen Verstoß verneint: Beschluss vom 20. Juni 1997, 7 U 152/96, FamRZ 1997, 1506 (1506). 91  BGH, Urteil vom 17. März 1969, III ZR 188/65, BGHZ 52, 17 (22). 92  BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008–2011. 93  Darauf weist Muscheler hin: Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  127.

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tur in nichtadeligem Umfeld weniger glamourös ist, der emotionale Unterschied zwischen Erbe und Enterbtem bleibt. Nun ist es zwar Ausdruck der Testier­ freiheit des Erblassers, gegenüber der gesetzlichen Erbfolge zu bevorzugen oder zurückzusetzen. Bei Zusammenwirken weiterer Umstände94 kann jedoch auch das Pflichtteilsrecht die Annahme der Sittenwidrigkeit nicht immer hindern. 3. Keine Korrekturmöglichkeit des Erblassers a) Beschreibung Die Testamentserrichtung stellt sich für den Erblasser als ein rechtliches Wagnis dar. Stellt sich seine Verfügung im Erbfall als unwirksam heraus, tritt gesetz­ liche Erbfolge ein, ein erneutes Testieren unter Berücksichtigung der nun gewonnenen Einsicht ist nicht mehr möglich.95 Eine Berücksichtigung der mög­ lichen Unwirksamkeit in der Verfügung mittels einer Auffangregelung mit der Struktur „Sollte Vorstehendes gemäß §  138 BGB unwirksam sein, so gilt Folgendes“ scheitert häufig an dem erforderlichen Bewusstsein der möglichen ­Sittenwidrigkeit. Schließlich sind auch professionelle Testamentsgestalter mitunter von Sittenwidrigkeitsurteilen überrascht.96 Ein professioneller Berater wird typischerweise zum sichersten Weg der wirksamen Gestaltung raten und Grenzgestaltungen vermeiden.97 Auch wo ein Testator nach Aufklärung eine Grenzgestaltung wünscht, weist eine Auffangregelung Erbprätendenten auf mögliche Angriffspunkte hin und wird womöglich aus taktischen Gesichtspunkten unterbleiben. b) Bewertung Das Prinzip der fehlenden Korrekturmöglichkeit und des damit für die Testamentsgestaltung zu erwartenden vorbeugenden Gehorsams98 ist Teil der dia­ 94 

BGH, Urteil vom 17. März 1969, III ZR 188/65, BGHZ 52, 17 (22). Knobbe-Keuk, FamRZ 1972, 9 (14). 96  So geschehen durch die verstärkte Inhaltskontrolle von Eheverträgen, bei denen das Bundesverfassungsgericht gegen den Bundesgerichtshof und die damalige Praxis eine stärkere Kontrolle angemahnt hat: BVerfG, Urteil vom 06. Februar 2001, 1 BvR 12/92, FamRZ 2001, 343 (345 ff.); hierzu Schwab, FamRZ 2001, 349 (350): „Die Entscheidung wird in der Rechtspraxis Unruhe auslösen“. Armbrüster nennt als Beispiel die Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen: MünchKomm/Armbrüster, §  138 BGB Rn.  139. 97 Palandt/Grüneberg, §  280 Rn.  69 für Rechtsanwälte; Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung (2014), Rn.  954 für Notare. 98 Ähnlich dem „chilling effect“ betreffend die Einschränkung der Meinungsfreiheit, hierzu Frowein, AöR 1980, 169 (186 ff.); dass diese einschüchternde Wirkung nicht auf die Meinungsfreiheit beschränkt ist, betont MünchKomm/Rixecker, Anhang zu §  12 BGB Rn.  210. 95 

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chronen Struktur des Testierens.99 Es mahnt den Richter, die Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen auf ihren Kernbereich zu beschränken. Muscheler weist zugespitzt auf eine Asymmetrie hin: Der Pflichtteilsberechtigte darf nämlich für Erbfälle ab dem 1. Januar 2010 einen ehrlosen und unsittlichen Lebenswandel führen, ohne seinen Pflichtteil zu verlieren. Der Erblasser hin­ gegen muss sittenkonform testieren.100 Dieser Vergleich trifft nicht ganz. Denn nur der Erblasser regelt Rechtserhebliches und daher hat sein Rechtsgeschäft Grenzen einzuhalten, ohne dass die Lebensführung des Erblassers zu beurteilen ist. Dennoch ist die fehlende Korrekturmöglichkeit ein Hinweis darauf, den Anwendungsbereich von §  138 BGB hier sinnvollerweise eng zu halten. Das Bedürfnis nach nur teilweiser Nichtigkeit oder einer richterlichen Korrektur, wie es im vorstehend zitierten Fall der nur halben Nichtigkeit des Testaments deutlich wird, ist Indiz dafür, im konkreten Fall vielleicht doch besser ganz vom scharfen Schwert des §  138 BGB zu lassen. Soweit §  138 Abs.  1 BGB nur in engen Ausnahmefällen angewandt wird, ist das Problem der fehlenden Kenntnis und Korrekturmöglichkeit jedoch weitgehend nur ein scheinbares. Denn es besteht kein dringendes Rechtsinteresse, einem besonders grob fehl­ geleiteten Erblasser eine Korrekturmöglichkeit zu eröffnen, um das gerade noch Zulässige zu testieren. Allenfalls bei Verstreichen großer Zeiträume, etwa bei Vor- und Nacherb­ folge, oder Eintritt eines unvorhergesehenen Vorstellungswandels kann hier noch Anpassungsbedarf bestehen. Ersteres nimmt der Erblasser, der weit in die Zukunft hinein noch mitregieren will, billigend in Kauf. Damit bleiben als lösungsbedürftige Fälle diejenigen, bei denen zwischen Errichtung und Tod ein längerer Zeitraum liegt und der Erblasser keine Möglichkeit hatte, erneut zu testieren. Eine Lösung für diese Fragen ist in der Diskussion zum Beurteilungszeitpunkt für die Sittenwidrigkeit letztwilliger Verfügungen zu suchen, welche jedoch hier nicht Gegenstand ist.101

So die Beschreibung von Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (102). Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  127 Fn. 3. 101  Hierzu BGH, Urteil vom 15. Februar 1956, IV ZR 294/55, BGHZ 20, 71 (73 f.) in einem Mätressentestamentsfall: Zeitpunkt der Errichtung; zustimmend Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  9; differenzierend zwischen Tatsachen und Wertungen MünchKomm/Armbrüster, §  138 BGB Rn.  135; ähnlich Schmoeckel, AcP 197 (1997), 1 (64 ff.), der eine besondere Behandlung erbrechtlicher Verfügungen ablehnt; zur dogmatischen Begründung einer Privilegierung von Testamenten Staudinger/Sack/Fischinger, §  138 BGB Rn.  101. 99 

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4. Einseitige Festlegung des Verfügungsinhalts a) Beschreibung Die einseitige Regelung durch den Erblasser ist ebenfalls Ausdruck der diachronen Struktur des Testierens. Auch wenn das Gesetz mit dem Erbvertrag die international gesehen seltene102 Möglichkeit einer ausgehandelten, den Erblasser bindenden Regelung bereitstellt, ist nicht der Vertrag Grundmodell der Testierfreiheit, sondern vielmehr das Testament als einseitige Regelung.103 Jeder Bedachte hat zwar nach dem Erbfall die Möglichkeit, das Zugewandte auszuschlagen. Der Vermächtnisnehmer wird hierbei – abgesehen vom Ausnahmefall des §  2307 Abs.  2 BGB – von keiner Frist gedrängt. Der Erbe muss sich allerdings in der kurzen Frist des §  1944 Abs.  1 BGB von sechs Wochen bzw. in Auslandsfällen sechs Monaten (§  1944 Abs.  3 BGB) entscheiden. Nichthandeln innerhalb der Frist gilt als Annahme, §  1943 2. Hs. BGB. Damit besteht eine Tendenz zur Annahme. Zudem ist Erbe werden noch in anderer Hinsicht nicht die Annahme eines Angebotes:104 Die lebzeitige Vertragsfreiheit basiert auf einem Aushandeln der Angebotsbedingungen, die dann letztlich von einer Seite angenommen werden. Wo dies nicht der Fall ist, etwa bei Ausbeutung einer Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen oder erheblicher Willensschwäche105 oder vorformulierten Vertragsbedingungen106, wird im Rahmen der lebzeitigen Inhaltskontrolle nachjustiert und das Ergebnis der Verhandlungen genauer betrachtet. Die erbrechtliche Regelung kennt im Grundmodell ein solches Aushandeln gerade nicht, sie ist strukturell auf eine einseitige Regelung angelegt: Der Erblasser bestimmt, was mit seinem Vermögen nach dem eigenen Tod geschehen soll. Der Bedachte wird erst im Nachhinein gefragt, ob er dies denn haben möchte, seine Entscheidung ist dann ein „Alles-oder-Nichts“ im Hinblick auf den jeweiligen Berufungsgrund.107 Kroppenberg schreibt treffend: „Erblasser und Erbe verfehlen sich notwendig“.108

102  Für das europäische Privatrecht siehe die Übersicht zum Stichwort „Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament“ von Tobias Helms, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts (2009–2011), S.  428–429. 103  Röthel, in: DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. 1 (2010), S.  45. Zur schlüssigen Annahme vgl. Palandt/Weidlich, §  1943 BGB Rn.  2 sowie §  1944 Rn.  1 zum Zeitdruck für den Erben. 104  In diese Richtung jedoch Gutmann, NJW 2004, 2347 (2348). Kritisch zu diesem Bild: Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  51 f. 105  §  138 Abs.  2 BGB. 106  §§  305 ff. BGB. 107 Vgl. Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (102). 108  Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (102).

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b) Bewertung Dieses fehlende Aushandeln weist scheinbar in die Richtung, eher strenge Maßstäbe der Inhaltskontrolle anzuwenden, also von einer stetigen strukturellen Unterlegenheit des Bedachten auszugehen. Dies wird selten explizit gemacht.109 Das Bestreben, die „Herrschaft aus dem Grabe“ zu begrenzen, zeigt mitunter dieses Unbehagen gegenüber den gestellten Bedingungen.110 Die einseitige Festlegung der Bedingungen ist jedoch verbunden mit der bereits beschriebenen Freigebigkeit des erbrechtlichen Erwerbs. Das Vererben ist primär Ausdruck der Persönlichkeit und des Eigentumsrechtes des Erblassers. Der Bedachte (Erbe oder Vermächtnisnehmer) wird erst in zweiter Linie gefragt, ob er dieses „Geschenk“ so annehmen möchte. Anders als zu Lebzeiten kann er hierüber zwar nicht mehr mit dem Erblasser verhandeln. Ein echtes Aushandeln ist unter Lebenden bei unentgeltlichen Übertragungen jedoch ebenfalls nicht unbedingt gewährleistet, vielmehr spielen hier Interessen des Übergebers eine besondere Rolle.111 Der erbrechtlich Bedachte läuft zudem nicht Gefahr, dass der Erblasser noch Konsequenzen aus einer Zurückweisung des Angebots zieht, und kann insofern sogar freier entscheiden. Von einer völligen Neutralisierung112 der Testiermacht des Erblassers zu sprechen, geht jedoch zu weit. Denn die rechtliche und faktische Tendenz zur Annahme kann im Einzelfall so stark sein, dass von einer freien Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung nicht mehr gesprochen werden kann.113 Den Bedachten durch ein Danaergeschenk „hereinzulegen“ erlaubt auch die Testierfreiheit nicht. Es ist das Eine, dem Bedachten zuzumuten, einem gewissen Druck standzuhalten. Es ist jedoch etwas anderes, diesem auch besondere strategische Finesse abzuverlangen. Denn im Einzelfall kann sich ein relevantes Ungleichgewicht daraus ergeben, dass der Erblasser Jahre und Jahrzehnte Zeit hat, um unter Zuhilfenahme professioneller Berater 109  Explizit jedoch Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (S.  156 Fn 32): „besonders schar­ fe Richtigkeitsprüfung“; kritisch hierzu Stagl, Der Wortlaut als Grenze der Auslegung von Testamenten (2005), S.  147 Fn. 55. 110 Vgl. etwa Westermann, in: Bucher/Canaris/Honsell/Koller (Hrsg.), Norm und Wirkung (2005), S.  663 ff., 677 ff. Zur zeitlichen Begrenzung der „Herrschaft“ siehe Edenfeld, DNotZ 2003, 4 (4 ff.) unter Bezugnahme auf das französische Recht. 111  Siehe Heckschen/Herrler/Starke/Krauß, Beck’sches Notar-Handbuch (2015), A V I 1 Rn.  3 –5 mit einer Liste der Zuwendungsmotive. 112 So Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (102). Auch Schrenck-Notzing verneint ein rechtliches Korrekturbedürfnis als Folge der „normativen Imparität“: Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  59; siehe auch Gutmann, Freiwilligkeit als Rechtsbegriff (2001), S.  236: „kein ‚Ungleichgewicht der Kräfte‘, sondern ein solches der Rechte“. 113  Dass personale Elemente des Erbgeschehens die Freiheit dieser Entscheidung beeinträchtigen können, betont Röthel, AcP 210 (2010), 32 (45).

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eine maßgeschneiderte Lösung zu erstellen, während der Erbe gemäß §  1944 Abs.  1 BGB im Zugzwang ist und innerhalb kürzester Zeit eine Entscheidung zu treffen hat. Dies gilt verstärkt für nicht pflichtteilsberechtigte Erben, denen durch das – ggf. unverhoffte – Glück unter Umständen der Sinn für etwaige vom Erblasser versteckte verhängnisvolle Details abhandenkommen kann. Festzuhalten bleibt: Die einseitige Festlegung von Bedingungen per se ist Ausdruck des diachronen Erbgeschehens und als solche verbunden mit der Frei­ giebigkeit der Zuwendung nicht zu beanstanden. Im Einzelfall ist jedoch einem Ausnutzen einer etwaigen eingeschränkten Rationalität des Bedachten bei der Annahme oder Ausschlagung Rechnung zu tragen. 5. Die Möglichkeit heimlicher Errichtung a) Beschreibung Das Bürgerliche Gesetzbuch erlaubt es dem Erblasser, sich Zeit seines Lebens nicht über die Nachlassverteilung zu äußern und die Seinen über Existenz und Inhalt einer Regelung im Unklaren zu lassen, ja sogar zu belügen und irrezuführen.114 Beim holographischen Testament muss sich der Erblasser nicht einmal außer Haus begeben oder einer Urkundsperson anvertrauen,115 sondern kann im „stillen Kämmerlein“ unbehelligt von kommunikativem Einwirken Nahestehender oder professioneller Berater sein Vermögen verteilen. Bewahrt der Erblasser das Testament in einem verschlossenen Umschlag auf, ist ein unberechtigtes Öffnen Dritter gemäß §  202 Strafgesetzbuch als Verletzung des Briefgeheimnisses strafbar. Dem Erblasser stellt sich nur die praktische Auf­ gabe, eine Auffindung des Testaments im Erbfall sicherzustellen. Hierfür steht die Hinterlegung beim Nachlassgericht zur Verfügung, §  2248 BGB. Ein nicht hinterlegtes aufgefundenes Testament ist im Erbfall abzuliefern, §  2259 BGB. Nichtabliefern kann gemäß §  274 Abs.  1 Nr.  1 Strafgesetzbuch als Urkunden­ unterdrückung strafbar sein. b) Bewertung Die Ermöglichung der Heimlichkeit der Verfügung ist eines der wesentlichen Mittel des Bürgerlichen Gesetzbuches, um den reinen Willensausdruck des Testierenden auch faktisch sicherzustellen. Die Freiheit von kommunikativem Ein114  Inwiefern sich eine Haftung auf das negative Interesse hieraus ergeben kann, untersucht Miserre: Miserre, Die „culpa in testando“ (2002) – Zusammenfassung der Thesen S.  297. Die Gültigkeit des Testaments steht aber auch nach dieser Ansicht nicht in Frage. 115  Zur Entwicklung dieser historisch umstrittenen Möglichkeit Hosemann, RNotZ 2010, 520–529.

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fluss, wie sie mit der Wendung des „notwendigen Verfehlens“ treffend beschrieben ist,116 kann sich aus Sicht der Hinterbliebenen unterschiedlich auswirken. Die drangsalierte Großmutter kann ihren Peiniger enterben und unter engen Voraussetzungen sogar den Pflichtteil entziehen, ohne lebzeitige Rache befürchten zu müssen. Der einsame Pensionär kann demgegenüber einem Erbschleicher aufsitzen. Der Familienvater kann das Eigenheim seinem Fußballverein zuwenden.117 Eheleute können einem bedürftigen Kind unter Zurücksetzung anderer – möglicherweise pflegender – Kinder mehr zuwenden. Die Liste ließe sich fortsetzen. Gemeinsam ist diesen Fällen, dass eine Diskussion im jeweiligen sozialen Umfeld über die geplante Regelung entweder zu einer Änderung der Verfügung oder zu einer Änderung des Umfelds geführt hätte. Die bedrängte Großmutter hätte beispielsweise ihren Peiniger bedacht. Pflegende Kinder hätten sich von den als undankbar empfundenen Eltern abgewandt und/oder ihre Pflegedienste vergelten lassen. Wichtig für eine Bewertung ist, dass das Bürgerliche Gesetzbuch zwar die Testierfreiheit insoweit konsequent als Beherrschungsfreiheit angelegt hat,118 mit der notwendigen Folge, dass eine Kommunikation über Inhalt und Folge der Regelung nicht vorgesehen ist. Im Erbgeschehen kommunikative Strukturen auszumachen, wie es Goebel119 unternommen hat, ist daher eher schwierig. Schlussfolgerungen hieraus zu ziehen, scheint noch schwieriger.120 Allerdings: Wo ein Erblasser die durch die mögliche Heimlichkeit gewonnene faktische Freiheit für Regelungen nutzt, die er den Seinen nur sehr schwer erklären könnte, kann es sinnvoll sein, genauer hinzuschauen. Hinzuschauen ist nicht deshalb, weil er nicht darüber geredet hat. Zu untersuchen ist vielmehr, warum die Regelung Widerspruch hervorgerufen hätte und inwieweit dieser berechtigt gewesen wäre.

Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (102): „Erblasser und Erbe verfehlen sich notwendig.“ damit das Testament unter dem Stichwort „Zurücksetzung naher Angehöriger“ nichtig ist, kommt auf weitere Umstände, insbesondere den noch verbleibenden Nachlass, die Herkunft des Vermögens oder den Anlass der Zurücksetzung an, Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), §  35 IV 5 (S.  831); ebenso Lange, Kn. W., Erbrecht (2011), S.  62 (Kapitel 3 Rn.  47); strenger wohl Michalski, BGB – Erbrecht (2010), S.  148. 118  Röthel, in: DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. 1 (2010), S.  23; vgl. auch Röthel, AcP 210 (2010), 32 (46). 119  Goebel, Testierfreiheit und Ehegattenschutz (2004), S.  250 ff. 120  Kritisch insoweit auch Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  58 f. 116 

117  Ob

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6. Keine lebzeitige Einbuße des Erblassers a) Beschreibung Aus der diachronen Struktur des Erbgeschehens ergibt sich neben der Heimlichkeit und Freigiebigkeit auch, dass der Erblasser keine lebzeitige vermögensmäßige Einbuße erleidet. Zeit seines Lebens kann der Erblasser sich an seinem Besitz freuen. Die Verteilungsentscheidung betrifft nicht mehr ihn persönlich, vielmehr ändert er mit seinem Testament nur die Vermögensverteilung gegenüber der gesetzlichen Auffangregelung.121 b) Bewertung Knobbe-Keuk hat hieraus den Schluss gezogen, der Erblasser könne nur vermögensbezogene Verfügungen treffen. Andere Anordnungen, insbesondere Bedingungen, die Einfluss auf die Lebensführung des Bedachten nehmen sollen, seien unzulässig.122 Ob die erbrechtliche Zuwendung den Erblasser tatsächlich nichts kostet,123 ist fraglich. Denn der Erblasser verfügt über das eigene Erworbene und kann dieses nur einmal verteilen. Wendet er es dem einen Bedachten zu, kann er dieses nicht mehr einem anderen zuwenden. Unabhängig davon ist die fehlende Genussmöglichkeit durch den Erblasser Teil der biologischen Seite des Erbgeschehens und diesem nicht vorzuwerfen. Dass vermögensrechtliche Konsequenzen erst nach dem Tod spürbar werden, ist daher eher eingeschränkt relevant für die Inhaltskontrolle.124 Jedenfalls kann aus ihr nicht der Schluss gezogen werden, der Erblasser dürfe selbst nur vermögensbezogene Anordnungen treffen. Zum Einen ist eine solche Trennung gerade beim Erbgeschehen kaum zu leisten, wo personales Erleben und Vermögensverteilung eng verzahnt sind.125 121 Rechtstechnisch besteht zwar die Möglichkeit, in einem Testament die gesetzliche Erbfolge vollständig abzubilden. Motiv für eine solche Regelung könnten die Ersparniseffekte bei einem notariellen Testament oder die Ausräumung von Unklarheiten durch etwaige vorherige Verfügungen sein. Aus der Rechtspraxis ist, soweit ersichtlich, jedoch kein solcher Fall berichtet. 122  Knobbe-Keuk, FamRZ 1972, 9 (15); zustimmend Schlüter, in: Hadding (Hrsg.), Festgabe Zivilrechtslehrer (1999), S.  579. Im Ansatz zustimmend, aber mit anderer Schlussfolgerung: Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  60 f., 67: Ein Missbrauch des Bedingungszusammenhanges liegt vor, wenn ein Mindestmaß an sachlicher Rechtfertigung fehlt. Im Ansatz ähnlich wie Knobbe-Keuk auch Windel, Über die Modi der Nachfolge in das Vermögen einer natürlichen Person beim Todesfall (1998), S.  244, der von einem „objektiven Niederschlag“ im hinterlassenen Vermögen spricht. 123 So Knobbe-Keuk, FamRZ 1972, 9 (14). 124  Muscheler verneint die Relevanz gänzlich: Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  128. 125 Ähnlich Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (91 Fn.  16).

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Zum anderen wäre noch zu begründen, warum es nicht Teil der Testierfreiheit sein soll, verhaltensbezogene Anordnungen zu treffen.126 Aus der Tatsache, dass eine Sache vererbt wird, folgt nicht ohne weiteres, dass der Erblasser dem Bedachten keine Vorgaben im Hinblick auf sein Verhalten machen darf. Der Erblasser lebt jedoch nicht mit den Konsequenzen seiner Anordnungen. In der Errichtungssituation ist der eigene Tod ein Ereignis in der Zukunft, die Folgen der Verfügung werden zwar bedacht, treten aber noch nicht ein, ja erscheinen möglicherweise weit weg. Durch eine Verfügung veranlasste wirtschaftliche Folgen und emotionale Kränkungen können dem Erblasser nicht mehr vorgehalten werden, er erlebt diese nicht mehr. Dieser fehlende Gleichlauf von Handeln und Folgentragung ist eine kennzeichnende Eigenart des Erbgeschehens und Anlass, letztwillige Verfügungen genauer zu untersuchen. 7. Besonderer Persönlichkeitsbezug des Erbvorganges a) Beschreibung Rechtlich bislang kaum erfasst ist der besondere personale Bezug des Erbgeschehens sowohl für den Erblasser wie für seine Hinterbliebenen und Bedachten. Wie kaum ein anderes Rechtsgeschäft kann das Testament mit emotionaler Bedeutung aufgeladen werden: als letzte Wertung durch den Erblasser, als Bilanz des Lebens und der Beziehungen, als Wert- oder Unwerturteil über die eigene und fremde Lebensführung.127 Die Frage „Wem soll nach meinem Tod was gehören?“ kann sich mit der Bedeutung aufladen: „Wer ist würdig, mein Vermächtnis zu verwalten?“ oder vorgelagert: „Was hinterlasse ich eigentlich als wesentliches Vermächtnis?“ Bei der Regelung wird das eigene Sterben in den Blick genommen, die Endlichkeit des Lebens bedacht. Damit ist gerade für die vorliegend untersuchten religiös motivierten Erblasser auch ein starker Appell verbunden, diese eine Sache möglichst richtig zu gestalten, zumal typischerweise mit der engeren Familie auch die im Leben am nächsten stehenden Personen von den Auswirkungen betroffen sind. Diese Fragen und Wertungen finden sich spiegelbildlich bei den Bedachten und Enterbten oder sonst Nahestehenden wie126  Wie hier MünchKomm/Leipold, §  2074 BGB Rn.  19. Kroppenberg spricht von einer Degradierung der Testierfreiheit: Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (91); eingehend Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  94 ff. 127  Vgl. die Übersicht über die erbrechtlichen Motivationen bei Stutz/Bauer, in: Lettke/ Bauer (Hrsg.), Erben und Vererben (2003), S.  75 ff., Tab. 1 (S.  78). Dort werden sechs Hauptmotivationen des geplanten Vererbens ermittelt und in ihren Auswirkungen schlagwortartig dargestellt. Die personale Bedeutung spiegelt sich auch in der literarischen Bedeutung und Aufarbeitung des Testaments. Hierzu eingehend Vedder, Das Testament als literarisches Dis­ positiv (2011), S.  75 ff. mit zahlreichen literarischen Beispielen.

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der. Wie hat der Vater letztlich über mich gedacht? Wer von uns Kindern war der Mutter am wichtigsten? Hat mich mein Bruder vergessen? Hat meine Schwester mir eine alte Kränkung verziehen? Wie entscheidet sich die zu Lebzeiten zwischen Tradition und Moderne oder auch Glaube und Zweifel schwankende Seele letzten Endes? Auf diese oder ähnliche Fragen suchen Erben Antwort im eröffneten „Letzten Willen“ des Verstorbenen.128 b) Bewertung Rechtliche Folgerungen sind bislang aus diesen personalen, emotionalen Aspekten wenige gezogen worden. Ansatzweise weist die Besonderheit des Nachlassgegenstandes als Lebenswerk, wie sie von der Rechtsprechung als Rechtfertigungsgrund herangezogen wurde, in diese Richtung. Diese Beobachtung macht Schmitt.129 Sie zeigt sich besonders im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.1.1956.130 Dort hat der Bundesgerichtshof eine Erbeinsetzung unter der Bedingung, dass sich der Bedachte scheiden lässt, für wirksam gehalten und dies u. a. mit der Art des Nachlasses und der damit verbundenen bäuerlichen Tradition begründet.131 Wie auch immer man zu dieser Entscheidung stehen mag:132 Dass der Bundesgerichtshof in Abkehr von bis dato vorgegebenen Linien aufgrund des Wunsches nach einem würdigen Nachfolger eine Ausnahme macht, zeigt den Appellcharakter dieses Erblasserwunsches, dem sich nicht einmal das höchste deutsche Zivilgericht entziehen konnte. Gleichzeitig zeigt die Entscheidung auch einen der Gründe für die Zurückhaltung von Rechtsprechung und Lehre bei der Berücksichtigung dieses personalen Gehaltes des Erbes. Denn gerade in den Zweifelsfällen ist das emotionale Erleben zweischneidig. Was den Erben verletzt, ist häufig dem Erblasser eben wichtig, und umgekehrt – sonst hätte der Konflikt möglicherweise bereits zu Lebzeiten eine Lösung gefunden und würde nicht auf dem erbrechtlichen Schlachtfeld ausgetragen. Dennoch: Die personale Dimension des Erbgeschehens, wie sie die neuere Literatur umtreibt,133 verdient zu Recht Berücksichtigung im Rahmen der Kosmann, Wie Frauen erben (1998), S.  248 ff.; Langbein, Geerbte Dinge (2002), S.  218; Lettke, in: Lettke/Lange (Hrsg.), Generationen und Familien (2007), S.  105. 129  Schmitt, Die Sittenwidrigkeit von Testamenten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1999), S.  209. 130  BGH, Urteil vom 28. Januar 1956, IV ZR 216/55: Hoferbe, JZ 1956, 279–280. 131  BGH, Urteil vom 28. Januar 1956, IV ZR 216/55, JZ 1956, 279 (280). 132  Kritisch eingehend Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  34. 133  Die Suche nach der richtigen dogmatischen Fassung der personalen Dimension verbindet etwa die Arbeiten von Kroppenberg, Privatautonomie von Todes wegen (2008), S.  244 ff. und Goebel, Testierfreiheit und Ehegattenschutz (2004), S.  41 ff. Auch Röthel mahnt, die per128 

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

erbrechtlichen Inhaltskontrolle und zwar sowohl auf Seiten des Erblassers als auch auf Seiten des Betroffenen.

II. Besonderheiten islamisch inspirierter Verfügungen Neben diesen allgemeinen Merkmalen des erbrechtlichen Erwerbs weisen islamisch inspirierte Verfügungen weitere Charakteristika auf. Diese gilt es in ihrer Relevanz für die Inhaltskontrolle nun ebenfalls zu untersuchen. 1. Gesteigerte Letztverbindlichkeit a) Beschreibung Islamisch inspirierte Verfügungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Erblasser sich durch seine Religion gebunden fühlt, mit einem bestimmten Inhalt zu testieren. Aus Sicht des Erblassers besteht nicht nur ein Bedürfnis, eine seine Erben und ihn wirtschaftlich und emotional zufriedenstellende Verteilung zu finden. Vielmehr sieht er sich einer höheren Instanz gegenüber verpflichtet, deren Anforderungen zu erfüllen. Damit testiert er aus einer empfundenen reli­ giösen Verpflichtungslage heraus. b) Bewertung Die beschriebene religiöse Verpflichtungslage geht über „sentimentale“ Verpflichtungslagen hinaus. Zugespitzt steht für den religiös überzeugten muslimischen Erblasser sein Seelenheil auf dem Spiel. Denn die entsprechenden Vorschriften des Koran weisen einen hohen subjektiven Verbindlichkeitsgrad auf. Es besteht also ein besonderes Dilemma, gerade wenn die als islamkonform wahrgenommene Lösung mit dem sonst Sinnvollen in Konflikt steht. Die empfundene transzendente Gebundenheit des Erblassers ist damit hervorstehende Besonderheit der untersuchten Verfügungen und verlangt besondere Beachtung. Anders als die vorstehend untersuchte allgemeine personale, emotionale Bedeutung des Erbgeschehens ist dieser Aspekt jedoch in der Regel nicht zweischneidig: Wenn der Erblasser sich religiös gebunden fühlt, nicht jedoch der Bedachte (Erbe oder Vermächtnisnehmer), kann der Bedachte insoweit frei sonellen und ideellen Bedeutungen des Erbgeschehens ernst zu nehmen: Röthel, in: DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. 1 (2010), S.  27 f. Aus soziologischer Sicht: Kosmann, Wie Frauen erben (1998), S.  27 ff. insbesondere zur Ungleichbehandlung im Geschlechterverhältnis; sowie Langbein, Geerbte Dinge (2002), S.  217 ff., die anhand von drei Fallstudien den Umgang mit dem Erben anhand der geerbten Gegenstände untersucht.

C. Zu beachtende Strukturmerkmale

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über die Ausschlagung entscheiden; er steht, nicht anders als jeder erbrechtlich Bedachte, vor der Wahl, sich dem Erblasserwillen zu fügen oder auf die Zuwendung zu verzichten und den eventuell zustehenden Pflichtteil einzufordern. Fühlt sich auch der Erbe islamisch-religiös gebunden, so wird er sich zur Annahme der Zuwendung verpflichtet fühlen. Sein Empfinden ist jedoch typischer­ weise dann nicht dem des Erblassers entgegengesetzt. Beide befinden sich vielmehr im Gleichlauf der religiös wahrgenommenen Pflichten. Damit spricht die transzendentale Gebundenheit für eine Erweiterung des Regelungsspielraumes des Erblassers. 2. Zusätzliche Grundrechtsrelevanz a) Beschreibung Mit der transzendentalen Ausrichtung islamisch inspirierter Verfügungen verbindet sich eine doppelte Grundrechtsrelevanz: Auf Seiten des Erblasser wird die grundrechtliche Testierfreiheit gemäß Art.  14 Abs.  1 GG durch die Glaubensfreiheit gemäß Art.  4 Abs.  1 GG verstärkt. Soweit der oder die Bedachte(n) ebenfalls mit dem Erblasserwillen übereinstimmen und entsprechende Glaubensüberzeugungen hegen, stehen auch deren Belange im Raum. b) Bewertung Verfassungsdogmatisch bleibt weiter Art.  14 Abs.  1 GG allein einschlägig. Das besondere Gewicht des schrankenlos gewährleisteten Grundrechts des Art.  4 Abs.  1 GG verlangt jedoch Beachtung und verstärkt die Belange des Erblassers. Denn anders als ein einfaches Für-Richtig-Halten stellt die Verfassung die Glaubensüberzeugung unter besonderen Schutz, der auch im Umgang unter Privaten besondere Rücksichtnahme verlangt. Entgegen dem ersten Anschein ist jedoch die religiöse Haltung der Bedachten oder gerade nicht Bedachten nicht entscheidend. Ein Grundrecht zu erben, ist in der Glaubensfreiheit nicht enthalten. Auch der auf den ersten Blick einschlägige Grundsatz volenti non fit iniuria hat nur höchst eingeschränkte Relevanz. Denn bedeutsam ist er rechtlich dann, wenn die rechtlich vorgesehene Einverständniserklärung des Bedachten (Annahme des Zugewandten) fehlt und das Erbe oder Vermächtnis ausgeschlagen wird. In allen anderen Fällen ist primär das Testament in den Blick zu nehmen und dieses nach Inhalt, Zweck und Beweggrund zu beurteilen. Die Willensrichtung und Überzeugung des Bedachten ist dabei nur mittelbar relevant, soweit sie auf den Zweck und Beweggrund des Erblassers hinweist und diesen beeinflusst hat.134 134 

Siehe hierzu nochmals eingehend unten S. 92.

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

3. Schematische Ungleichbehandlung a) Beschreibung Wie bereits in Kapitel 1 beschrieben, ist wesentliches inhaltliches Merkmal die Differenzierung nach Geschlecht bzw. Stammeslinie, Religion oder Abstammung. Hinzu kann eine Sanktionierung unislamischer Lebensweise oder Einflussnahmeversuche kommen. b) Bewertung Die beschriebenen Ungleichbehandlungen knüpfen teilweise an Merkmale an, die zu den absoluten Diskriminierungsverboten gemäß Art.  3 Abs.  3 des Grundgesetzes gehören. Auch die dort nicht unmittelbar genannten Aspekte betreffen wesentliche Bereiche der Lebensführung und Identität des jeweils Betroffenen und gebieten nähere Betrachtung der jeweiligen konkreten Auswirkungen. Besonderheiten bestehen gegenüber „schlicht“ diskriminierenden Verfügungen in der Motivlage. Der Erblasser verfügt nicht notwendig zugunsten eines Sohnes oder zuungunsten eines nichtehelichen Kindes, weil er von einem höheren oder geringeren Wert des jeweils Betroffenen ausgeht. Vielmehr versucht er typischerweise, die von ihm so empfundenen Gebote seines religiösen Bekenntnisses zu befolgen. Entscheidend ist, dass die vorgenommene islamische Differenzierung jedenfalls nicht notwendig ein Unwerturteil bei der unterschiedlichen Behandlung beinhaltet, sondern es die realistische Möglichkeit gibt, dass der Erblasser Männer und Frauen für gleichwertig hält und die erbrechtliche Ungleichbehandlung für sachlich gerechtfertigt ansieht. Ob er dies zu Recht oder zu Unrecht so sieht, ist nicht Gegenstand der rechtlichen Beurteilung. Die Ungleichbehandlung ist mit diesen Besonderheiten näher zu betrachten. 4. Kulturelle Identität des Erblassers? a) Beschreibung Neben der religiösen Bindung kann das islamisch inspirierte Vererben auch die kulturelle Identität des Erblassers und der bedachten oder nicht bedachten Personen betreffen. Die Rechtsprechung hat in Einzelfällen die besondere Tradi­ tion oder Lebensführung durchaus als relevant berücksichtigt. So rechtfertigt im Hoferbenfall gerade auch die bäuerliche Tradition die bedingte Erbeinsetzung.135 In der Rechtssache „Hohenzollern“ hat das Bundesverfassungsgericht darauf abgestellt, dass der Nacherbe möglicherweise in seiner Lebensführung auf seine Rolle als Erbprinz eingestellt war, und hat – unter anderem – hieraus 135 

BGH, Urteil vom 28. Januar 1956, IV ZR 216/55, JZ 1956, 279 (280).

C. Zu beachtende Strukturmerkmale

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die von den Fachgerichten noch näher zu prüfende Unzulässigkeit der Verfügung hergeleitet.136 So hat sich eine Berücksichtigung des adligen Lebensstils in die republikanische137 Begründung des Bundesverfassungsgerichts eingeschlichen. b) Bewertung Auf den ersten Blick vermag die Berücksichtigung der kulturellen Identität parallel zur Verkehrssitte in den betroffenen Rechtskreisen Bedeutung erheischen. Auf den zweiten Blick jedoch sind es eher die dahinter liegenden und mit der kulturellen Identität verbundenen Aspekte, die relevant sind. Denn kulturelle Sitten oder Unsitten vermögen über die religiöse Dimension hinaus der Position des Erblassers kein zusätzliches Gewicht zu verleihen. Zwar mag man intuitiv dazu neigen, denjenigen Erblasser zu bevorzugen, der Rechte und Pflichten seiner Religion umfassend lebt und nicht nur einzelne Aspekte herausgreift. Dieses Herausgreifen ist besonders im Falle des Testaments denkbar, wo der Erb­ lasser mit den Folgen seiner Regelung nicht leben muss. Doch auch diese Gegenüberstellung trägt nicht. Denn es ist eine grundgesetzlich legitime Entscheidung, sich in nur einem Aspekt an seiner Überzeugung auszurichten. Naheliegend ist es zumal, sich in den „letzten Dingen“ besonders um Konformität mit den religiösen Vorgaben und Vorstellungen zu bemühen. Allenfalls kann relevant werden, ob der Erblasser mit seiner Verfügung Ungleichheiten aus der tatsächlichen, kulturell geprägten Lebensführung aus­ gleichen will und etwa aus geleisteten Unterhalts- und Pflegeleistungen seine Schlüsse zieht. Damit ist die Bedeutung des islamisch inspirierten Testaments für die kulturelle Identität zwar tatsächlich wohl ein vorhandener Faktor. Für die rechtliche Beurteilung lassen sich jedoch keine unmittelbaren Konsequenzen ziehen. 5. Keine weiteren Besonderheiten Die vorgenannten Gemeinsamkeiten islamisch inspirierter Verfügungen sind die wesentlichen Strukturmerkmale dieser Gruppe von Testamenten. a) Keine fehlende „Käuflichkeit“ Nicht kennzeichnend etwa ist eine fehlende „Käuflichkeit“ der Bedachten im dem Sinne, dass die monetäre Seite der Zuwendung außer Betracht bliebe. Denn 136 

BVerfG, Beschluss vom 22.3.2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008 (2010). Das Gericht nimmt selbst Bezug auf die Einführung der republikanischen Staatsform und gibt dem Bundesgerichtshof auf, dieses bei Beurteilung dieses Zivilrechtsfalles zu berücksichtigen: NJW 2004, 2008 (2011). 137 

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

die vorliegende Untersuchung geht von einem religiös motivierten Erblasser aus. Dies impliziert nicht notwendig auch eine religiöse Einstellung des oder der Bedachten, zumal auch religiöse Menschen einer Versuchung durch Geldan­ reize erliegen können. Ein etwa aufgebauter Entscheidungsdruck138 ist damit für Betroffene aufgrund einer islamisch inspirierten Verfügung kein wesentlich anderer als bei anderen Verfügungen. b) Keine reduzierte Eigenbestimmung des Erblassers Wie bereits dargelegt, bedarf der Testator bei Errichtung einer islamisch inspirierten Verfügung in aller Regel islamrechtlichen Rates Dritter. Eine eigene Recherche erfordert ganz erhebliche Ausdauer und Vorwissen, insbesondere im Bereich der arabischen Sprache und Koranexegese. In Grenzfragen, beispielsweise beim Umgang mit früher vorgenommenen nicht islamkonformen Handlungen und Ereignissen (Adoption, nichteheliche Zeugung oder Geburt) wird sich in der traditionellen Literatur wenig finden lassen. Damit ist ein islamisch inspirierter Erblasser unter Umständen darauf angewiesen, die für ihn aus islamischer Sicht richtige Rechtsfolge durch Einholung eines Rechtsrates Dritter, etwa im Wege eines Rechtsgutachtens ( fatwā)139 zu ermitteln. Wie bereits zu §  2065 BGB ausgeführt, geht damit jedoch keine rechtlich beachtliche Willenseinschränkung des Erblassers hervor. Es ist, auch wenn er sich religiös gebunden fühlt, sich der Autorität des Gutachters zu beugen, aus rechtlicher Sicht immer seine Entscheidung, diesen religiösen Rat in seinem Testament umzusetzen. Hier sind kaum Fälle denkbar, wo eine Fremdbestimmung so dominant wird, dass von einem freien Willen im Rechtssinne nicht zu sprechen ist. Auch im Rahmen der Faktorenanalyse ist damit von einer uneingeschränkten Selbstbestimmung des Erblassers auszugehen. Seine Selbstbestimmung verwirklicht sich gerade in der Übernahme des religiösen Rates.

III. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle Die beim jeweiligen Strukturmerkmal vorgenommene Bewertung hat bereits Hinweise auf die Folgerungen für die Inhaltskontrolle gegeben. Die Freigebigkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung führt – parallel zur auch sonst schwächeren Stellung des unentgeltlichen Erwerbers140 – zu einer Erweiterung 138  Zur Unterscheidung von Handlungsdruck und Entscheidungsdruck Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  37 ff. sowie Gutmann, Freiwilligkeit als Rechtsbegriff (2001), S.  28 ff. 139  Zum Institut der fatwā Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  74 f. 140  Im Schenkungsrecht sorgen §§  519, 521, 524 BGB für eine eingeschränkte Haftung des

C. Zu beachtende Strukturmerkmale

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des Regelungsspielraumes gegenüber lebzeitigen Verfügungen, ohne jedoch jede Inhaltskontrolle auszuschalten. Stärkstes Argument zugunsten einer sehr großzügigen Austarierung der Testierfreiheit ist jedoch das Pflichtteilsrecht. Darin finden sich klare Wertungen des Gesetzgebers, wieviel die einzelnen Familienangehörigen im Todesfall zu erwarten haben. Kein Kind oder Ehegatte geht damit leer aus, Eltern und Enkelkinder (als weiter entfernte Abkömmlinge) sind in bestimmten Situationen pflichtteilsberechtigt – und dies alles unabhängig von einem konkreten Bedarf. Alles über den Pflichtteil hinausgehende ist damit weitgehend in die Entscheidungsmacht des Erblassers gestellt. Diese Entlastungsfunktion des Pflichtteilsrechts hebt das Erbgeschehen deutlich von anderen Vermögenstransaktionen unter Lebenden ab. Letztes Argument zugun­ sten der Testierfreiheit ist die fehlende Korrekturmöglichkeit des Erblassers. Auch diese mahnt zur Zurückhaltung bei der Inhaltskontrolle, eine übertriebene Kontrolle ist zu vermeiden, vielmehr ist §  138 Abs.  1 BGB zu beschränken auf in der Wertung klar umrissene Ausnahmefälle („unterste Schublade“). Die nähere Betrachtung zeigt jedoch nicht nur die Inhaltskontrolle entlastende Faktoren, sondern auch solche, die eine Kontrolle verstärken können: Die einseitige Errichtung, die mögliche Heimlichkeit und das fehlende Erleben der Folgen können einen Erblasser veranlassen, kompromissloser seine eigenen Vorstellungen zu verfolgen, als er es unter Lebenden täte. Doch bei Berücksichtigung dieser Argumente für eine stärkere Kontrolle ist nicht unmittelbar auf die Einseitigkeit oder Heimlichkeit, sondern auf den Grund eines möglichen Konfliktes unter Lebenden, also auf die zugrundeliegenden Sachargumente abzustellen. Schließlich nutzt ein Erblasser bei einseitiger heimlicher Anordnung nur die Instrumente, die ihm das Bürgerliche Gesetzbuch gerade zur unverfälschten Umsetzung seines Willens zur Verfügung stellt. Damit bleibt als Hauptfaktor das Fehlen des Erlebens der Folgen durch den Erblasser. Als ambivalent stellt sich hingegen der personale Bezug des Erbgeschehens dar. Diesen gänzlich außen vor zu lassen, würde einen wesentlichen Aspekt des Erbgeschehens negieren. Eine Berücksichtigung dieses ideellen, personalen Aspekts tut daher Not und verspricht für die Inhaltskontrolle islamisch inspirierter Verfügungen Erkenntnisgewinn: Denn vorliegend stehen im Wesentlichen Gleichheits- und Diskriminierungsfragen auf der Merkliste möglicher Konfliktpunkte, und diese haben einen stark ideellen, persönlichen Bezug. Als Besonderheit der islamisch inspirierten Verfügungen von Todes wegen sind die besondere Letztverbindlichkeit und der starke Grundrechtsbezug zu berücksichtigen. Schenkers; §  528 BGB sieht eine Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers vor, §§  530 ff. BGB ermöglichen den Widerruf der Schenkung, im Bereicherungsrecht sieht §  822 BGB eine „verlängerte“ Herausgabepflicht des Beschenkten vor.

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Kapitel 3: Die Funktion der Inhaltskontrolle letztwilliger Verfügungen

D. Ergebnis zu Kapitel 3 Funktion der Inhaltskontrolle von Rechtsgeschäften gemäß §  138 BGB ist damit die Beseitigung und Verhinderung von Rechtsgeschäften, die mit den ethischen Grundlagen der Rechtsgemeinschaft nicht vereinbar sind. Dies ist vorliegend dahingehend zu konkretisieren, dass eine Grenze zu ziehen ist zwischen der Testierfreiheit des Erblassers auf der einen Seite und schutzwürdigen Belangen des Betroffenen auf der anderen Seite. Dabei sind die relevanten Strukturmerkmale des Erbgeschehens zu berücksichtigen. Diese sind primär das Vorhandensein eines detaillierten und großzügigen Pflichtteilsrechts, welches die Konsequenzen der Testierfreiheit auffängt, sekundär die Freigiebigkeit oder Unentgeltlichkeit der Verfügung. Zur Zurück­ haltung bei der Inhaltskontrolle mahnt außerdem die fehlende Korrekturmöglichkeit des Erblassers. Hauptargument für eine strengere Inhaltskontrolle ist die Tatsache, dass der Erblasser nicht mit den Konsequenzen seiner Anordnungen leben muss. In begrenztem Umfang ist die Möglichkeit einseitiger, heim­ licher Regelung zu berücksichtigen. Ambivalent stellt sich der besondere Persönlichkeitsbezug des Erbgeschehens dar, denn dieser trifft Erblasser und Erben bzw. Betroffenen. Für größtmögliche Freiheit des Erblassers streiten dagegen die stark empfundene Letztverbindlichkeit der subjektiv richtigen Verfügung und die damit einhergehende gesteigerte Grundrechtsrelevanz.

Kapitel 4

Analyse und Bewertung relevanter Faktoren ‫الخق فوق ك ّل ح ّد‬ El-haq foq kull hadd. Das Recht wacht über uns allen. 1 In Anwendung des vorstehend gefundenen funktionellen Verständnisses ist zunächst kurz auf die Methode des beweglichen Systems einzugehen (A.). Die Zweckmäßigkeit und Sachgerechtigkeit dieser Methode zeigt sich anhand der Analyse einzelner Faktoren des Sittenwidrigkeitsurteils letztwilliger Verfügungen (B.).

A. Bewegliches System I. Zusammenführung von beweglichem System und funktionaler Analyse Das vorliegend bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit angewandte bewegliche System entspricht der dargelegten Multifunktionalität der Inhaltskontrolle. Mehrschichtiges Konkretisierungsmaterial ist relevant, seien es das Europaund Verfassungsrecht, einfachgesetzliche Wertungen und der Rechtsordnung zugrundeliegende Rechtsgrundsätze oder außerrechtliche Maßstäbe. Exemplarisch sei hier der Versuch der Hierarchisierung von Franz Bydlinski 2 angeführt. Er hat zwar das österreichische Zivilrecht zum Ausgangspunkt, kann aber unter Ergänzung des europäischen Bezugs auf hiesige Verhältnisse übertragen werden. Nach Bydlinski sind zunächst gesetzliche Grundwertungen aufschluss­ reicher benachbarter Regelungen (auch der Verfassung) heranzuziehen. Des Weiteren sind rechtsethische Prinzipien samt deren judiziell gefestigten Konkretisierungen relevant, hieran anschließend die Verkehrssitte der beteiligten Kreise, auf der nächsten Stufe die sozialethischen Anschauungen und Bewer1  Sprichwort im nordafrikanischem Dialekt, dokumentiert von Kusserow, Ärmer als eine Moschee-Maus (2004), S.  2. Umschrift auch als: al-ḥaq fūq kull ḥadd. 2  Bydlinski, F., in: Lange (Hrsg.), Festschrift für Joachim Gernhuber zum 70. Geburtstag (1993), S.  834 f.

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Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren

tungen der betroffenen Kreise oder der Gesellschaft, schließlich die richterliche Eigenwertung im Streben nach möglichst breiter Akzeptanz.3 Allerdings ist – wie bereits dargelegt – die Frage nach den als Konkretisierungsmaterial heranzuziehenden Sollensordnungen und Wertgrundsätzen letzten Endes nicht weiterführend. Dies zeigt sich daran, dass Faktoren des Sittenwidrigkeitsurteils und die detaillierte Untersuchung des Konkretisierungsmaterials inhaltlich weitgehend unverbunden nebeneinanderstehen.4 Für die von Bydlinski genannten Elemente der Sittenwidrigkeit wie Schutz gegen übermäßige Eingriffe in die Privatsphäre (u. a. Knebelung, Sexualsphäre, Religion, Berufsfreiheit, Eheschließungsfreiheit), Schutz vor Benachteiligung durch wirtschaftliche Übermacht, Schutz Dritter vor nachteiliger Vertragsgestaltung, Rechtsmissbrauch oder der Schutz von grundlegenden Einrichtungen der Rechtsordnung5 lassen sich nämlich in mehreren Ebenen dieser Hierarchie Belege finden. Dies nimmt auch nicht wunder, wenn es um grundlegende Prinzipien geht, die der Rechtsordnung so wichtig sind, dass gegen sie verstoßende Rechtsgeschäfte ungültig sind. Vielmehr bestätigt es das Ergebnis, wenn sich der relevante Aspekt in mehreren Ebenen des Rechtssystems verwirklicht sieht. Festzuhalten bleibt damit: Das bewegliche System mag nicht für das gesamte Rechtssystem taugen.6 Für die vielschichtige Frage danach, welchem Rechtsgeschäft die Anerkennung zu versagen ist, ist es jedoch der sachgerechte Ansatz. Implizit verfolgen diesen die Kommentierungen zu §  138 BGB. Denn sobald Fallgruppen des §  138 BGB nicht nur deskriptiv geschildert, sondern nach Bewertungskriterien analysiert werden, die für oder gegen eine Sittenwidrigkeit sprechen, wird implizit das bewegliche System sich wechselseitig kompensierender beweglicher Elemente angewandt.7 Bender hat im Zusammenhang mit einem Vorschlag zur Gesetz­ gebungstheorie den Begriff des Sandhaufentheorems geprägt.8 Dieses – als 3  Bydlinski, F., in: Lange (Hrsg.), Festschrift für Joachim Gernhuber zum 70. Geburtstag (1993), S.  834 f. 4  So etwa bei Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  2 und 24 ff.; MünchKomm/Armbrüster, §  138 BGB Rn.  11 ff. und 33 ff.; Staudinger/Sack/Fischinger, §  138 BGB Rn.  12 ff. und 266 ff.; Bamberger/Roth/Wendtland, §  138 BGB Rn.  16 ff. und 63 ff. 5  Bydlinski, F., in: Lange (Hrsg.), Festschrift für Joachim Gernhuber zum 70. Geburtstag (1993), S.  829 f. 6 Die Grenzen analysiert Michael, Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm kom­parativer Systeme (1997), S.  295 ff.; zur Unentbehrlichkeit eines starren Systems Westerhoff, Die Elemente des Beweglichen Systems (1991), S.  65 ff.; für Einzelbereiche haben ­Dissertationen die Anwendung untersucht, so für das Unternehmenssteuerrecht Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System (1999), für das österreichische Strafrecht Schmoller, Bedeutung und Grenzen des fortgesetzten Delikts (1988). 7  So explizit in MünchKomm/Armbrüster, §  138 BGB Rn.  27 ff. Vergleiche auch Staudinger/Sack, §  138 BGB Rn.  227 ff.; Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  24 ff. 8  Bender, in: Klug (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Jürgen Rödig (1978), S.  34.

A. Bewegliches System

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Vorschlag an den Gesetzgeber – entwickelte Schlagwort hat die obergericht­ liche Rechtsprechung teilweise aufgegriffen.9 Der Bundesgerichtshof hat es daraufhin für die Beurteilung des wucherischen Rechtsgeschäftes gemäß §  138 Abs.  2 BGB zu Recht als den Rahmen des Gesetzes sprengend abgelehnt.10 Im Rahmen von §  138 Abs.  1 BGB bewegt sich die Berücksichtigung mehrerer, sich kompensierender und ergänzender Abwägungsfaktoren jedoch innerhalb der Grenzen des Gesetzes.11 Denn soweit eine Gesamtschau und -würdigung nach Inhalt, Zweck und Beweggrund gefordert wird,12 impliziert dies mehrere Faktoren, die teils stärker, teils schwächer ausgebildet sein können und wechselseitig zu gewichten sind. Die Funktion der Inhaltskontrolle ist der Überbau und die Ausrichtung der Analyse. Der jeweilige Sittenwidrigkeitsfaktor wird durch diese erhellt, auch bei ihm ist die Funktion in den Blick zu nehmen. Der jeweilige Faktor ist also auf seine Relevanz für das große Ganze zu untersuchen, während er gleichzeitig den Maßstab der Inhaltskontrolle selbst konkretisiert und ausgestaltet. Die besonderen Strukturmerkmale des Erbrechts hingegen mahnen besondere Vorsicht an bei der Übernahme von Faktoren aus der lebzeitigen Inhaltskontrolle, um eine unzulässige „Verlebzeitigung“13 der Testierfreiheit zu vermeiden.

II. Übersicht der untersuchten Faktoren Zur Untersuchung ausgewählt sind die folgenden für ein Sittenwidrigkeitsurteil möglicherweise relevanten Faktoren: religiöse Überzeugung des Erblassers, zustimmende oder ablehnende Einstellung des Betroffenen, unterhaltsrechtliche Lebensführung, Offenlegung der Motive sowie Gegenstandsbezogenheit als Spezifika islamisch inspirierter Verfügungen. Auch außerhalb von religiös ­in­spirierten Verfügungen relevant sind die folgenden Faktoren: der Wert des Nach­lasses und der Zuwendung, die Versorgungssituation des Bedachten, die Zeitdauer einer Einschränkung bei Zukunftsbezug einer Verfügung, der Kommerzialisierungsgedanke sowie ein Handeln unter eingeschränkter Rationalität.

9  OLG Stuttgart, Urteil vom 24. April 1979, 6 U 169/78, NJW 1979, 2409. Das Urteil wurde nachfolgend vom Bundesgerichtshof mit anderer Begründung im Ergebnis bestätigt. 10  BGH, Urteil vom 12. März 1981, III ZR 92/79, BGHZ 80, 153 (159 f.). 11  Michael, Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme (1997), S.  85. 12  BGH, Urteil vom 29. April 1953, VI ZR 207/52, LM BGB §  138 (Ca) Nr.  1; Urteil vom 8. Dezember 1982, IVb ZR 333/81, BGHZ 86, 82 (88); Urteil vom 28. Februar 1989, IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92 (97); Palandt/Ellenberger, §  138 BGB Rn.  8. 13  Kroppenberg, DNotZ 2006, 86 (87).

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Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren

Diese Bausteine decken ein breites Spektrum möglicherweise relevanter Faktoren ab, ohne jedoch vollends abschließend zu sein.

B. Die Faktoren im Einzelnen I. Religiöse Überzeugung des Erblassers 1. Beschreibung Zu untersuchen ist, ob und inwieweit es entlastend wirkt, wenn ein Erblasser aufgrund seiner religiösen Überzeugung so testiert, wie er es tut. Wie bereits dargelegt, ist es dem Staat dabei verwehrt, zu prüfen, ob der Standpunkt des Erblassers aus religiöser Sicht korrekt ist. Für eine Informationsobliegenheit des Erblassers über die eigene Religion ist jedenfalls aufgrund von Art.  4 GG kein Raum. Zu prüfen bleibt damit, ob das Handeln des Erblassers auf einer religiösen Überzeugung beruht und als wie stark dieser ein religiöses Gebot empfindet. Angeknüpft werden kann in einem ersten Schritt an die islamwissenschaftlichen Kategorien „geboten“ und (nur) „empfohlen“.14 Zu beachten ist jedoch: Auch wenn eine Handlung vom Gläubigen als islamisch „empfohlen“ beurteilt wird, kann dieser religiösen Empfehlung individuell ein erheblicher Appell­ charakter zukommen. Im Bereich der islamisch inspirierten Verfügungen lassen sich zudem einerseits Fälle denken, in denen sich die religiöse Ausrichtung in der gesamten Lebensführung widerspiegelt, andererseits solche, in denen die Lebensführung keinen Anhaltspunkt für eine religiöse Ausrichtung liefert und der Erblasser punktuell in seinem Testament nach dieser handelt. Bei dieser zweiten Fallgestaltung stellt sich besonders deutlich die – provokant formulierte – Frage, ob ein Muslim erbrechtlich mehr darf als ein Nichtmuslim. 2. Bewertung Die (unterstellt genuin) religiöse Überzeugung wirkt entlastend im Rahmen des Sittenwidrigkeitsurteils. Denn es ist zu berücksichtigen, dass ein Erblasser beim Abfassen seines Testaments nicht einen von vielen möglichen Wegen gewählt hat, weil dieser seinen Neigungen und Abneigungen am besten entsprach, sondern sich religiös verpflichtet sah, so zu testieren, wie er dies tat. Das Gesetz stellt nicht nur die klassischen rituellen Handlungen unter Schutz, sondern auch das „Ausrichten des gesamten Verhaltens an der inneren Glaubensüberzeugung“.15 14 

Zu den Bewertungen menschlichen Verhaltens als „geboten“ bzw. „Pflicht“, „verboten“, „erlaubt“ sowie „empfohlen“ und „missbilligt“ Rohe, Das islamische Recht (2011), S.  10. 15  BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1971, 1 BvR 387/65, BVerfGE 32, 98 (106); Be-

B. Die Faktoren im Einzelnen

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Angemerkt sei: Völlig konturenlos ist der grundrechtliche Schutz jedoch nicht.16 So kann ein Arbeitnehmer in Grenzen für das religiöse Gebet eine Befreiung von seiner Arbeitspflicht erwarten,17 nicht jedoch, um beispielsweise Atemübungen zu vollziehen. Die weltanschauliche Neutralität des deutschen Rechts ist damit keine gleichmacherische Blindheit, vielmehr wird auf das religiöse Bekenntnis eines Menschen und dessen Bedürfnis, religionskonform zu leben, Rücksicht genommen.18 Das Recht verlangt dabei nicht nur vom Staat Neutralität und Rücksichtnahme, sondern in Grenzen auch von den Bürgern untereinander. Entgegen dem ersten Impuls ist dabei nicht nur die konsequente Lebensführung mit allen Rechten und Pflichten zu privilegieren, sondern auch die mit­ unter spontane Einmalentscheidung eines Erblassers. Fairnessüberlegungen scheinen für denjenigen zu sprechen, der die gesteigerte Unterhaltspflicht des Familienvaters lebt und zu erfüllen sucht sowie die ehelichen Pflichten ernst nimmt. Doch auch derjenige, der in der allgemeinen Lebensführung seinem Glauben wenig oder keinen Raum einräumt, vermag an­ gesichts der Konfrontation mit den letzten Dingen eine genuin religiöse Überzeugung zu entwickeln und zu halten. Entscheidend ist allein, ob das jeweilige konkrete Handeln von religiöser Überzeugung getragen ist und wie stark dieser transzendente Bezug dieses eine Handeln, in unserem Fall die Testamentserrichtung, prägt. Die sogenannte Mätressentestamentrechtsprechung hat gezeigt: Ein Urteil über die allgemeine Lebensführung des Erblassers ist im Rahmen der Beurteilung des Testaments soweit als möglich zu vermeiden.19 Die allgemeine Lebensführung mag allenschluss vom 16. Mai 1995, 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1 (15); Urteil vom 24. September 2003, 2 BvR 1436/02, BVerfGE 108, 282 (297). 16  BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1991, 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341 (354) unter Berufung auf den geistigen Gehalt und das äußere Erscheinungsbild der Religion bzw. Religionsgemeinschaft. 17  LAG Hamm, Urteil vom 26. Februar 2002, 5 Sa 1582/01, NZA 2002, 1090; LAG Hamm, Urteil vom 18. Januar 2001, 5 Sa 1782/01, NJW 2002, 1970; beide Verfahren betreffen die gleichen Parteien; eingehend Hoevels, Islam und Arbeitsrecht (2003), S.  177 ff.; Wenzel, Religionsbedingte Konflikte im Arbeitsleben (2008), S.  97 ff. 18  Zur grundgesetzlichen Neutralität: Hufen, Staatsrecht II (2014), §  22 Rn.  17; instruktiv auch die Debatte zwischen Huster und Heinig in der Juristenzeitung: Heinig, JZ 2009, 1136 (1140); hierauf Huster, JZ 2010, 354–357; replizierend Heinig, JZ 2010, 357–360, siehe auch Steiner, in: Kroppenberg/Löhnig/Schwab (Hrsg.), Recht – Religion – Verfassung (2009), S.  241. 19  Diese Konsequenz aus der Entwicklung der Mätressentestamentrechtsprechung ziehen auch Staudinger/Otte, Einleitung zum Erbrecht, Rn.  112; Leipold, in: Roxin/Canaris u. a. (Hrsg.), 50 Jahre Bundesgerichtshof (2000), S.  1033; zuvor bereits Müller-Freienfels, JZ 1968, 441 (445, 448); Husmann, NJW 1971, 404 (408). Entwicklung und Rückzug der Recht-

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Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren

falls als Indiz für den Nachweis der religiösen Überzeugung taugen,20 Gegenstand richterlichen Werturteils sollte sie nicht sein. Ein Abgleich mit der formulierten Funktion der Inhaltskontrolle von Testamenten bestätigt diese Überlegungen: Wenn es auf den Ausgleich zwischen Testierfreiheit und schutz­w ürdigen Belangen der Betroffenen ankommt, ist vom Erblasser nicht zwingend eine konsequente Umsetzung seines religiösen Bekenntnisses zu ­fordern, es genügt auch eine punktuelle, um der Ausübung der Testierfreiheit zusätz­liches Gewicht zu verleihen.

II. Einstellung des Betroffenen 1. Beschreibung Die Ausrichtung an den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen scheint nahe­z ulegen, dass es auch auf dessen Einstellung ankommt. Denkbar ist hier, dass die gesamte Familie des Erblassers mit der Verfügung und ihren Auswirkungen einverstanden ist. Es können auch ein oder mehrere Betroffene die Verfügung als unpassend oder kränkend empfinden. Dies kann so weit gehen, dass die Verfügung von diesen Personen als Wert- oder Unwerturteil über die jeweilige Person des Hinterbliebenen verstanden wird. Schließlich ist auch vorstellbar, dass der Erblasser mit seiner Entscheidung völlig alleinsteht und seine Verfügung auf kein Verständnis im Umfeld stößt. Für die Streitpraxis relevant sind vor allem die – wohl häufigeren – Fälle, dass im Hinterbliebenenkreis keine einheitliche Meinung hinsichtlich der Beurteilung der Verfügung von Todes wegen besteht. Denn ein Zusammenwirken der Familie in die eine oder andere Richtung, also konform mit dem Erblasserwillen oder diesem entgegenarbeitend, kann für die tatsächliche Verteilung des Nachlasses ausschlaggebend sein, ohne dass rechtliche Wege beschritten werden. Eine Ausnahme bildet hier der Erbschein: Auch wenn sich die gesamte Familie in der Verteilung des Nachlasses einig ist, bedarf es für bestimmte Rechtsgeschäfte eines Erbscheines, beispielsweise um ein Konto aufzulösen oder eine Immobilie zu veräußern. Auf diesem Wege und ohne dass ein Familienmitglied die Unwirksamkeit geltend machen müsste, wäre dann von Amts wegen über sprechung schildert detailliert Falk, in: Falk/Mohnhaupt (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter (2000), S.  480 ff. 20  Vgl. zur Frage des Nachweises einer Gewissensentscheidung: Maunz/Dürig/Herzog, Art.  4 GG Rn.  159 ff. Am Nachweis der genuin islamischen Überzeugung hat das Verwaltungsgericht Mainz den Antrag einer vollverschleierten Antragstellerin scheitern lassen: Beschluss vom 26. Februar 2003, 1 L 98/03, info also 2003, 166.

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die Gültigkeit eines islamisch inspirierten Testamentes zu entscheiden. Hat der Nachlassrichter hier die Beteiligten über ihre Einstellung zum Testament zu befragen? 2. Bewertung Die Ausrichtung an den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen scheint die Anwendung des Grundsatzes volenti non fit iniuria21 nahezulegen. Belange sind in der Regel nicht schutzwürdig, wenn der Betroffene sie willentlich preisgegeben hat und auf den Schutz der Rechtsordnung verzichtet. In diese Richtung geht Pattar, der den ordre public-Einwand entfallen lässt, wenn ein nach deutschen Maßstäben inhaltlich wirksamer Erb- oder Pflichtteilsverzicht vorliegt.22 Ohly betont insoweit die Pflicht der Rechtsordnung, die Selbstbestimmung des Bürgers zu beachten und zu wahren.23 Dennoch gehört die Forschung nach der Einstellung der Betroffenen bislang nicht zum Repertoire des Richters, wenn er ein erbrechtliches Sittenwidrigkeitsurteil begründet, und dies zu Recht: Zum einen ist es gerade Kennzeichen des Testaments, dass ein Erblasser seinen Nachlass in einseitiger Anordnung regelt. Die Berücksichtigung der Haltung der Betroffenen ist von der Grundanlage der Testierfreiheit her nicht vorgesehen. Zum anderen berührt die Ungleichbehandlung als möglicher Sittenwidrigkeitsfaktor einen Kernbereich des Achtungsanspruches, der einem Sittenwidrigkeitsverdikt nicht allein durch eine Einwilligung des Betroffenen entginge. Wenn die Verfügung aufgrund der jeweiligen Ungleichbehandlung in die „allerunterste Schublade“ einzusortieren ist, dann ändert hieran auch die etwaige Einwilligung des Bedachten bzw. Zurückgesetzten nichts. Schließlich bedarf die Feststellung der erbrechtlichen Lage in besonderem Maße der Rechtssicherheit. Mit den Unsicherheiten einer stummen, impliziten oder expliziten Haltung des Betroffenen oder der Betroffenen vertrüge sich dies nur schwer. Fraglich ist zudem, ob es nur auf die zurückgesetzten oder auch auf die bevorzugten Erben ankäme. Bereits jetzt versuchen Autoren, im Rahmen des Druck-Topos feinste Abstufungen der Haltung des vom Druck Betroffenen vorzunehmen und hieran unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen.24 Allen21  Hierzu eingehend für das Privatrecht: Ohly, „Volenti non fit iniuria“. Die Einwilligung im Privatrecht (2002), insbesondere S.  397 ff. zu den Grenzen der Dispositionsbefugnis. 22  Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher Ordre public (2007), S.  487 f. 23  Ohly, „Volenti non fit iniuria“. Die Einwilligung im Privatrecht (2002), S.  97 ff. 24 So Thielmann, Sittenwidrige Verfügungen von Todes wegen (1973), S.  120 ff., der danach unterscheidet, ob ohnehin Willensübereinstimmung besteht (keine Sittenwidrigkeit), ob ein gleichgültiger Bedachter vom Erblasser bestimmt wird (mögliche Sittenwidrigkeit), ob eine echte Alternative besteht, sich also die Optionen für den Bedachten die Waage halten (in der Regel keine Sittenwidrigkeit), ob bei entgegenstehendem Willen ein geringer (mögliche

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falls unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium25 wäre es in Ausnahmefällen denkbar, dem Vorverhalten eines Erbprätendenten im Rahmen der Geltendmachung eines Anspruches Relevanz zuzumessen.26 Doch für die Beurteilung, wer Erbe ist, kann §  242 BGB gerade nicht herangezogen werden.27 Die formale Vermögenszuordnung ist von dem Vorverhalten eines Betroffenen unabhängig.

III. Vermögensgröße 1. Beschreibung Ein Großteil der in Deutschland vererbten Vermögen ist kleineren Umfangs, die medienwirksamen Fälle des Millionenerbes eher selten.28 Doch bereits bei der Frage, was im Hinblick auf die Erberwartung der Erben und Bedachten bzw. gerade nicht Bedachten ein größeres oder kleineres Vermögen darstellt, ist kein sicherer Datengrund zu gewinnen. Für einen jungen Existenzgründer können 5000 EUR eine Starthilfe sein, die über Erfolg und Misserfolg mitentscheidet, während für andere damit nicht einmal die erste Urlaubswoche bezahlt sein mag, um nur ein Beispiel zu nennen. Es besteht damit eine Verwandtschaft zum Merkmal der Bedürftigkeit des Bedachten bzw. Enterbten.

Sittenwidrigkeit) oder ein unwiderstehlicher Druck (Sittenwidrigkeit) ausgeübt wird. Ähnlich Otte, JA 1985, 192 (199): Es sei zu prüfen, ob ein Entschluss bestärkt oder eine reifende Entscheidung erleichtert oder ein künftiger Entschluss in einer schwierigen Lebenssituation frei von materieller Not erfolgen soll (dann keine Sittenwidrigkeit) oder ob eine Willensentscheidung, die vom Bedachten noch gar nicht erwogen war und nach seiner bisherigen Lebensführung nicht nahelag und der gegenüber er möglicherweise sogar abgeneigt ist, herbeigeführt werden soll (dann mögliche Sittenwidrigkeit). 25 Zum Unterschied zwischen Einwilligung und venire contra factum proprium Ohly, „Volenti non fit iniuria“. Die Einwilligung im Privatrecht (2002), S.  232 ff. 26  Hieran hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einer Zwischenentscheidung zur Rechtssache Hohenzollern angeknüpft: Beschluss vom 19. August 1997, 8 W 124/97, FamRZ 1998, 260 (261). 27 Eingehend Gimple, §  242 BGB als Zuordnungsnorm im Erbrecht? (2003), S.  63 und passim; diesem folgend Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  85 f. 28  Statistisches Bundesamt: Erbschafts- und Schenkungssteuerstatistik 2008, Wiesbaden 2010, S.  18: Tabelle 2.1.1: Mehr als die Hälfte, nämlich 115.011 Fälle der erfassten steuerpflichtigen Erwerbe (insgesamt 189.727 Fälle) betreffen einen steuerpflichtigen Erwerb bis 50.000 EUR. Dies ergibt eine Quote von gerundet 61 %. Hinzu kommt, dass aufgrund der steuerlichen Freibeträge ein großer Teil der Erwerbe vollständig steuerfrei bleibt und in dieser Statistik damit nicht erfasst ist.

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2. Bewertung Unabhängig von der beschriebenen zahlenmäßigen Unbestimmtheit lässt sich festhalten, dass eine Erbschaft abhängig von dem durch sie zufließenden Wert bereits abstrakt geeignet sein kann, das Leben des Bedachten erheblich zu verändern (Beispiel: Millionenerbe) oder eben in materieller Hinsicht unberührt zu lassen (Beispiel: nahezu wertlose Postkartensammlung). Unabhängig von der personalen Erbbedeutung kommt damit der Vermögensgröße die Qualität eines Vergrößerungsglases zu. Vorhandene Ungleichbehandlungen werden deutlicher und unter Umständen schmerzhafter, wenn über größere Summen zu entscheiden ist. Die Verantwortung des Erblassers wächst damit, wenn er sich bewusst sein muss, dass er nicht nur symbolische Achtung verteilt, sondern (potentiell) lebensverändernde Summen.29 Es mag zwar auf den ersten Blick „befremden“30, wenn ein reicher Erblasser im Rahmen seines Testaments weniger Freiraum genießt als ein weniger gut gestellter Erblasser, geht es doch um die Ausübung eines Grundrechts. Auch ist eine geringe Vermögensgröße kein Freibrief für sittliche Verantwortungslosigkeit. Doch bei realitätsnaher Betrachtung vergrößert sich mit der Größe des vererbten Vermögens die Bedeutung des Erbens oder Nichterbens für die betroffenen Personen. Die Vermögensgröße ist damit relevantes Merkmal einer Inhaltskontrolle.

IV. Angewiesenheit auf den Erwerb 1. Beschreibung Stärker noch als die schlichte Vermögensgröße ist die Angewiesenheit des Bedachten bzw. nicht Bedachten auf den Vermögenserwerb einzelfallabhängig. Ein Faktor ist die Versorgungssituation des Betroffenen, d. h. dessen aktuelles Einkommen und Vermögen sowie die Versorgungssicherheit desselben. Eine Beamtenstellung sichert zukunftsbezogen deutlich stärker ab als etwa eine vorteilhafte, gegenwärtig versorgende Heirat, falls man vor dem Hintergrund des §  1569 BGB (Grundsatz der Eigenverantwortung) von Sicherheit überhaupt sprechen mag. Neben diesem Faktor deutlich schwerer zu fassen ist der Bedarf des Betroffenen. Dieser ist zwingend individuell verschieden und abhängig von den Wünschen des Betroffenen: ein Junggeselle mit heimischem Wohnsitz hat wohl einen geringeren Finanzbedarf als ein Student an einer ausländischen privaten Eliteuniversität. Daneben ist auch noch eine gegenständliche Angewie29  Wie hier für eine Berücksichtigung der Vermögensgröße Otte, JA 1985, 192 (199) sowie Staudinger/Otte, Einleitung zum Erbrecht, Rn.  66. 30  So die Wortwahl bei Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  127.

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senheit denkbar: Ein Kind, welches im Elternhaus seinen Lebensmittelpunkt hat, wird auf den Erhalt dieses Heimes stärker angewiesen sein als ein Kind, welches andernorts wohnt. Sonderfälle der gegenständlichen Angewiesenheit mag es weiter geben, wo ein Gegenstand des Erblassers für die eigene beruf­ liche oder persönliche Lebensgestaltung notwendig ist. Dies kann beispiels­ weise bei Immaterialgüterrechten für die Weiterführung des Betriebes oder bei Sammlerstücken für die Vervollständigung der Sammlung der Fall sein. Schließlich mag man unterscheiden, woher die Angewiesenheit rührt: danach, ob diese unverschuldet entstanden („schicksalhaft“) ist, vom Bedachten selbst herbeigeführt oder vom Erblasser „verschuldet“ wurde. 2. Bewertung Stärker noch als die Vermögensgröße ist die Angewiesenheit auf den Erwerb ein schwer objektiv zu fassender Faktor. Hier jedoch vor der Vielgestaltigkeit zu kapitulieren und diesen Faktor völlig außen vor zu lassen, ginge einen Schritt zu weit. Denn wenn man nur eine rational nachvollziehbare Angewiesenheit anerkennt, sind bloß „eingebildete“ Sonderansprüche herausgefiltert. So kommt es im oben genannten Fall des Auslandsstudiums darauf an, ob dieses den Fähigkeiten und dem bisherigen Werdegang des Betroffenen entspricht. Derartige Wertungen sind bereits aus dem Unterhaltsrecht vertraut.31 Jedenfalls die vom Erblasser wesentlich mit herbeigeführte dringende Angewiesenheit auf den Erwerb drängt zur Berücksichtigung. Dem konnte sich auch das Bundesverfassungsgericht im Fall „Hohenzollern“ nicht gänzlich entziehen, wenn es verlangt, zu prüfen, „ob der Wert des Nachlasses geeignet war, unter Berücksichtigung der Lebensführung und der sonstigen Verhältnisse“32 des Nacherben sittenwidrigen Druck auszuüben. Als zweiter Filter muss zudem ­darauf geachtet werden, dass Grundwertungen des Zivilrechts aus anderen Bereichen nicht unbesehen korrigiert werden. So investiert derjenige, der auf fremdem Grund baut (etwa an das Elternhaus anbaut), in weiten Teilen auf eigenes Risiko. Erstattungs- oder Übereignungsansprüche sind zu vereinbaren, andernfalls kann nicht auf dem Umweg des Erbrechts das lebzeitig Versäumte nachgeholt werden.33 In den verbleibenden Fällen jedoch ist die Angewiesenheit des Betroffenen ein relevanter Faktor.34 Wertungsunsicherheiten35 kann durch 31 Palandt/Brudermüller,

§  1610 BGB Rn.  20 ff. BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008 (2010). 33  Soweit nicht der Gesetzgeber hilft, etwa wenn er Pflegeleistungen, deren Entgelt nicht vereinbart war, über §  2057a BGB auszugleichen sucht. 34 Ebenso Otte, JA 1985, 192 (199); Staudinger/Otte, Einleitung zum Erbrecht, Rn.  66. 35  Befürchtet von Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  127. 32 

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eine Beschränkung der Nichtigkeit auf Ausnahmefälle begegnet werden. Auch eine schicksalhaft eingetretene Angewiesenheit wirkt unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung jedenfalls bei nahen Familienangehörigen obliegenheitsverstärkend.36 Allein eine weit überwiegend selbst herbeigeführte Angewiesenheit wird nach dem Grundsatz der Selbstverantwortung vom Erblasser getrost zu ignorieren sein.

V. Eigenart des Nachlasses 1. Beschreibung Nachlässe bestehen nicht nur aus dem mit ihnen zugewandten Vermögenswert, sondern auch aus einzelnen konkreten Gegenständen. Die wenigsten Nachlässe bestehen dabei nur aus dem leicht zu teilenden und wenig emotional „vorbelasteten“ Geld bzw. Kontoguthaben.37 Durchaus nachvollziehbaren Anlass zu besonderen Regeln kann ein Erblasser beispielsweise haben bei der Vererbung eines Unternehmens, eines landwirtschaftlichen Hofes38 oder eines religiös geprägten Gegenstandes, etwa des bereits erwähnten Koranexemplars.39 Teilweise wird in dem Erhalt von Produktionseinheiten auch eine wesentliche Funktion des Erbrechts gesehen.40 Auch die Herkunft des Nachlasses von einem früheren Partner kann nachvollziehbarer Grund sein, diesen in dessen Familie zurückfließen zu lassen und nicht mit den Kindern aus neuer Ehe zu teilen.41 Umgekehrt haben „Erbstücke“ auch einen erhöhten Bedeutungsgehalt für den Zuwendungsempfänger.42 36  Für eine Berücksichtigung der Familienbezogenheit und Angewiesenheit: Staudinger/ Otte, Einleitung zum Erbrecht, Rn.  66. 37 Statistisches Bundesamt: Erbschafts- und Schenkungssteuerstatistik 2009, Wiesbaden 2011, Tabelle 3.1. „Nachlassgegenstände“. 38  Vgl. das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6. Juli 2012, V ZR 122/11, ZEV 2012, 550–554; mit Anmerkung Litzenburger, ZEV 2012, 554–555. Dort hat das Gericht den Zweck, das landwirtschaftliche Gut zu erhalten, als rechtfertigendes Element im Rahmen von §  138 BGB herangezogen. Zustimmend Litzenburger in der dortigen Anmerkung, ebenso von Oertzen/Blüm, ZEV 2016, 71 (74). 39  Beispiel einer zulässigen Bedingung: Talmudexemplar in jüdische Hände bei Schmoeckel, Erbrecht (2014), S.  108 (Frage) und 112 (Antwort). 40  Papantoniou, AcP 1973 (173), 385 (391). 41  Stutz/Bauer, in: Lettke/Bauer (Hrsg.), Erben und Vererben (2003), S.  75 ff., Tab. 1 (S.  78). Dort ist die Weitergabe selbst ererbten Vermögens ein eigener Typus und wird als „retrospektives Vererben“ bezeichnet. 42  Die soziologische Dimension von Erbstücken bzw. geerbten Dingen untersucht Langbein, in: Lettke (Hrsg.), Erben und Vererben (2003), S.  233 ff., sowie zuvor Langbein, Geerbte Dinge (2002).

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2. Bewertung Die Eigenart des Nachlasses bzw. des betroffenen Nachlassgegenstandes ist etwa Grund für den Gesetzgeber gewesen, landwirtschaftliches Vermögen durch die Höfeordnung43 gesondert zu behandeln. Im Hoferbenfall hat der Bundesgerichtshof daran angeknüpft, dass die „Hoferbfolge auf dem Lande eine besondere Rolle“ einnimmt.44 Schmitt hat die Art des Nachlasses bzw. dessen Eigenschaft als Lebenswerk als von der Rechtsprechung anerkanntes, recht­ fertigendes Merkmal herausgearbeitet.45 Im Hohenzollernfall hat der Bundes­ gerichtshof an die Traditionsgebundenheit des Nachlasses als ehemaliges Hausvermögen angeknüpft,46 was vom Bundesverfassungsgericht unter Hinweis u. a. auf das Staatsprinzip der Republik beanstandet wurde.47 Der Kritik an der Traditionsgebundenheit als Rechtfertigungsgrund ist zuzustimmen: Mit dem Verweis auf die bisherige Handhabung und das bisherige Verständnis kann eine ansonsten unzulässige Gestaltung nicht „gerettet“ werden.48 Auch mag vor dem Hintergrund moderner Wirtschafts- und Lebensformen in der Landwirtschaft deren gesonderte Behandlung fraglich werden.49 Doch trügt die langjährige Rechtsintuition nicht gänzlich. Auch wenn mit Argumenten aus der „Natur der Sache“ heraus häufig Vorsicht geboten ist,50 so bleibt doch etwa bei der Unternehmensnachfolge festzuhalten, dass eine wertmäßige Gleichbehandlung von Abkömmlingen die Fortführung durch einen übernehmenden Nachfolger gefährden kann, wenn dieser seine Geschwister sofort in voller Höhe auszahlen oder an dem Unternehmen beteiligen soll. Diese Befürchtung wird bereits für den Pflichtteil gehegt.51 Auch die Gabe eines Talmudexemplars nur in jüdische 43  Höfeordnung, BGBl. I 1976 S.  1933, zuletzt geändert durch Art.  24 Gesetz v. 20. November 2015, BGBl. I S.  2010. 44  BGH, Urteil vom 28. Januar 1956, IV ZR 216/55, JZ 1956, 279 (280). 45  Schmitt, Die Sittenwidrigkeit von Testamenten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1999), S.  207 ff.; ebenso Wolf, MittBayNot 2013, 9 (13). Eine Berücksichtigung der Zusammensetzung des Nachlasses im Rahmen der Sozialwidrigkeit gemäß §  26 SGB XII befürwortet Krauß, MittBayNot 2016, 444 (446). 46  BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1998, IV ZB 19/97, BGHZ 140, 118 (129). 47  BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008 (2010). 48 Vgl. Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  124 f., 128. Kritisch zur Traditionsgebundenheit des Nachlasses als Rechtfertigung auch Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  100 f.; Probst, JR 1999, 508 (510). 49  Beschlüsse Nr.  26 und 27 des 68. Deutschen Juristentages, Abteilung Zivilrecht, abrufbar unter . 50  Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie (2010), Rn.  919 ff., positiver Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“ (1982), S.  44 ff. 51  Hierzu exemplarisch das allein der Minimierung des Pflichtteils gewidmete Werk Abele/­

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Hände ist durchaus nachvollziehbar,52 und muss dann für den islamischen Paral­ lelfall ebenso gelten. Gleiches gilt für die Rückführung aus einer Linie ererbten Vermögens,53 um dem im Rechtssprichwort verkörperten Gedanken „Das Gut rinnt wie das Blut“54 nachträglich Rechnung zu tragen.

VI. Zukunftsbezug der Verfügung 1. Beschreibung Fokus der Diskussion zur Inhaltskontrolle von Testamenten ist derzeit die Frage nach den Grenzen erbrechtlicher Potestativbedingungen.55 Kennzeichnend für diese ist der Zukunftsbezug der Anordnung, d. h. mit dem Erbfall ist die Nachlassverteilung noch nicht endgültig. Vielmehr wird, abhängig vom zur Bedingung gemachten Verhalten, diese noch in der Schwebe gehalten. Denkbar im Rahmen islamisch inspirierter Verfügungen ist hier die Anordnung eines Nachvermächtnisses, sollte der Vermächtnisnehmer nicht mehr dem Islam angehören oder beispielsweise einen (näher definierten) islamwidrigen Umgang mit dem Koranexemplar pflegen. 2. Bewertung Solche zukunftsgerichteten Verfügungen rufen zu Recht Unbehagen hervor. Den sachgerechten Ansatz weist hier Schrenck-Notzing: Durch das Hervorrufen von Schwebezuständen bedarf eine solche Anordnung eines rechtfertigenden Klinger/Maulbetsch, Pflichtteilsansprüche reduzieren und vermeiden (2010) mit verschiedenen Gestaltungsvorschlägen. 52  Michalski verwendet dieses Beispiel: Michalski, BGB – Erbrecht (2010), S.  152 f. Rn.  4 47. 53  Für eine unterschiedliche Behandlung von selbst erworbenem und ererbtem Vermögen: Führ, MittBayNot 2006, 461 (467). Die Grenzen sind jedoch nicht so eindeutig, wie sie zunächst scheinen mögen: Auch die gute Ausbildung eines Kindes rührt oft von der elter­lichen Unterstützung mit Rat und Tat her, etwa wenn Gymnasialabschluss und Studium befürwortet und gefördert werden. Umgekehrt kann der Erhalt ererbten Vermögens in wechselnden Zeiten eine ganz erhebliche Eigenleistung des Kindes bedeuten, etwa wenn der elterliche Betrieb saniert und dem Marktgeschehen angepasst wird. 54  Nachgewiesen als „Das nächste Blut ist das nächste zum Gut“ in: Schmidt-Wiegand, Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter (1996), S.  150, Stichwort „Gut“. 55  Speziell hiermit befassen sich Badouvakis, Fremdbestimmung oder Entscheidungsfreiheit des Erben. Die Beurteilung letztwilliger Potestativbedingungen im römischen und heutigen Recht (1997); Budzikiewicz, AcP 209 (2009), 354–397; Führ, Einwirkungen der Grundrechte auf die Testierfreiheit. Unter besonderer Berücksichtigung der Wirksamkeit letzt­ williger Potestativbedingungen (2007); Kellenter, Bedingte Verfügungen von Todes wegen (1989); Lingelbach, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Erbrechts (2010), S.  9 –­25; und Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009).

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sachlichen Grundes.56 Dies weist den Weg zur Diskussion um die Grenzen der „Herrschaft aus dem Grabe“, ohne dass jedes Argument in die Zwangsjacke der Grundrechtsdiskussion gekleidet werden muss. Neben dem von Schrenck-­ Notzing ausgearbeiteten Argument des Institutionenmissbrauchs spricht jedoch noch ein weiteres Argument für eine stärkere Kontrolle von zukunftsbezogenen Verfügungen: der Gedanke eingeschränkter Rationalität. Der menschliche Verstand tendiert dazu, die künftige Relevanz von Tatsachen zu unterschätzen und den gegenwärtigen Vorteil zu überschätzen.57 Die kurze Ausschlagungsfrist begünstigt hier den Erblasser, der ohne Zeitdruck planen kann, gegenüber dem fristgeplagten Erben. Für Vermächtnisnehmer ist zwar – abgesehen vom Sonderfall des §  2307 Abs.  2 BGB – keine Frist vorgesehen. Doch auch hier kann eine Ausschlagung nicht mehr erfolgen, wenn das Vermächtnis bereits (beispielsweise konkludent) angenommen wurde. Erbe bzw. Testamentsvollstrecker drängen möglicherweise auf eine rasche Entscheidung; das Risiko, sich später einmal in so grundsätzlichen Dingen wie der Religion anders entscheiden zu wollen, wird dann gering erscheinen. Der Gedanke der eingeschränkten Rationalität bringt auch die Lösung für den von Kroppenberg bei Ambrose Bierce gefundenen Fall eines hinterlistigen Testaments, das den Bedachten zum – vermeintlichen – Erhalt des Nachlasses in ruinöse Prozesse zur Verteidigung des Erblassers verstrickt.58 Wo der Erblasser den Bedachten strategisch ins Verderben bringt, ist §  138 Abs.  1 BGB anwendbar. Solche Fälle sind jedoch bislang Fiktion. Dem „realexistierenden“ Erblasser der bislang bekannten Fälle der Rechtsprechung scheint vor allem an einer aus seiner Sicht sachgerechten Nachlassverteilung gelegen. Streit entsteht jeweils hinsichtlich der (Sach-)Gerechtigkeit der jeweiligen Regelung, die von den Betroffenen teils anders wahrgenommen wird.

VII. Offenlegung der Motive 1. Beschreibung Eine islamisch inspirierte Verfügung muss sich in ihrem Regelungsgehalt nicht zwingend von Verfügungen ohne spezifische religiöse Motivierung unterscheiden. Dabei bleibt es dem Erblasser natürlich unbenommen, in der Verfügung oder in deren Zusammenhang seine islamische Motivation offenzulegen, etwa 56  Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  59 ff.; dagegen Blomberg, Freiheit und Bindung des Erblassers (2011), S.  173 f. 57  Plakativ bezeichnet als „The High Price of Ownership“ von Ariely, Predictably Irratio­ nal (2010), S.  167 ff. 58  Kroppenberg, DNotZ 2006, 88 (105).

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wenn er um Verständnis wirbt oder als Auslegungshilfe für etwaige Lücken und Mehrdeutigkeiten. Es kann sein, dass erst diese Offenlegung einen Ansatz für die Inhaltskontrolle liefert. Beispielsweise kann ein Erblasser seinen Töchtern mitteilen, sie mögen doch ihre Zurücksetzung nicht persönlich nehmen, ihre geringere Beteiligung sei eben (nach seinem Verständnis) islamisch vorgegeben. Auch auf Seiten der Bedachten mag eine solche Offenlegung letzte Zweifel am Grund der unterschiedlichen Behandlung beseitigen und verdeutlichen, wo sich der Erblasser in diesen letzten Dingen selbst verortet hat, ggf. nach einer früheren Unentschiedenheit zwischen religiös und säkular geprägtem Verhalten. 2. Bewertung Zwar kann dieses letzte, offene Festhalten an der religiösen Prägung eine persönliche Niederlage für die nicht oder nur gering bedachte Witwe oder die lebenslang um Anerkennung ringende Tochter darstellen. Anlass für verstärkte Inhaltskontrolle ist darin jedoch nicht zu sehen.59 Hier haben die nächsten Verwandten des Erblassers dessen Entscheidung und Wertung hinzunehmen. In der religiösen Motivation des Testierens ist kein von Rechts wegen zu missbilligender Beweggrund zu sehen. Im Gegenteil, dieses steht unter besonderem verfassungsrechtlichem Schutz. Hier einem Erblasser schlichte Frauenfeindlichkeit oder eine feindliche Einstellung zu anderen Religionen zu unterstellen, geht an der entscheidenden religiösen Dimension des Handelns vorbei.

VIII. Gestaltung des Familienunterhalts 1. Beschreibung Als Rechtfertigungsgrund für eine erbrechtlich unterschiedliche Behandlung der weiblichen und der männlichen Linie wird von Islamrechtlern teilweise angeführt, dass die Unterhaltslast für Familienangehörige allein bei den Männern liege. Denkbar ist nun, dass diese Unterhaltslast vom Erblasser auch so wahr­ genommen und erfüllt wird, er also als Alleinverdiener die finanziellen Verpflichtungen trägt, während die Ehefrau entweder nicht erwerbstätig ist oder ihren Nebenverdienst zur freien Verfügung behält. Denkbar ist daneben, dass ein Ehepaar im Wege wechselseitiger Solidarität die Unterhaltslast gemeinsam geschultert hat, so dass auch die Ehefrau gleichen oder nicht unerheblichen Anteil zum Unterhalt der Familie beigetragen hat. Des Weiteren denkbar ist, dass 59 Auch Kuchinke nennt die strengere Kontrolle bei bekanntem, zu missbilligendem Motiv gegenüber fehlender Motivangabe „unbefriedigend“: Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), §  35 IV 5 (S.  831). Ein generelles Zurücktreten der Motive erkennt Lange als Tendenz: Lange, Kn. W., Erbrecht (2011), S.  62 (Kapitel 3 Rn.  47).

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Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren

die Ehefrau die Unterhaltslast alleine getragen hat, etwa wenn der Ehemann arbeitslos ist oder sich in Ausbildung oder Studium befindet. Diese Unterhaltsbeiträge der Ehefrau können dabei getragen sein von wirtschaftlichen Überlegungen, also einem Angewiesensein auf den (Zu)Verdienst oder schlichter Freude der Ehefrau an ihrer Erwerbstätigkeit. Häufig wird wohl ein Motivbündel vorliegen. Noch vielfältiger sind die Optionen der Lebensgestaltung, wenn man das Verhalten der Kinder (und ggf. Enkel) betrachtet. Vom bedürftigen Säugling über die betriebliche Familienmitarbeit bis zum vollständigen Elternunterhalt und umfassender Elternpflege sind hier vielfältige Abstufungen und Motiv­ lagen denkbar. 2. Bewertung Eine erste Intuition mag denjenigen Erblasser belohnen wollen, der das „Gesamtpaket“ mit allen Rechten und Pflichten lebt und sich nicht nur punktuell für einen Aspekt seiner Religion entscheidet. Doch diese erste Intuition trügt: Sie erforderte teils eine Bewertung der Lebensweise des Erblassers, teils seiner nächsten Angehörigen mit eingehender Durchforschung der Motivlage und Beiträge zum Familienunterhalt. Dies wäre dem Wesen einer gelebten familiären Solidarität fremd. Diese fragt nämlich nicht primär nach der jeweiligen Gegenleistung, sondern erfolgt im Vertrauen auf den Zusammenhalt und die Leistungsfähigkeit des Familienverbandes. Bei einer Erblasserin versagt diese Überlegung gänzlich: Sie wird wohl kaum in ihrer Verfügungsfreiheit zu beschränken sein, weil sie nicht dem islamisch-traditionellen Rollenbild entsprochen hat, sich aber dennoch an den koranischen Vorgaben orientiert. Es bleibt dabei: Es ist Sache des Erblassers, lebzeitige Leistungen des Ehegatten oder der Kinder zu honorieren oder eben auch nicht zu honorieren; Pflichtteilsrecht und Güterrecht sind hier die sachnächsten Ausgleichsmechanismen. Für die erb­ rechtliche Inhaltskontrolle ist die Gestaltung des Familienunterhalts unerheblich.

IX. Kommerzialisierung nicht verfügbarer Güter 1. Beschreibung Bestimmte Lebensentscheidungen sollten – in moralischer Hinsicht ist dies wohl zumindest Mehrheitsmeinung – frei von monetären Einflüssen und Einflüsterungen getroffen werden. Hierzu zählt zuvorderst die Entscheidung, welcher Religion und Konfession man angehört.60 Dies meint die äußere religiöse 60 

So bereits BayObLG, Urteil vom 29. Oktober 1894, I 66/1894, SeuffA 50 Nr.  97: Ein

B. Die Faktoren im Einzelnen

103

und konfessionelle Zuordnung. Das „forum internum“ zu kaufen erscheint schlechthin unmöglich, da dieses auf der individuellen religiösen und damit per definitionem nicht-monetären Überzeugung beruht. Des Weiteren – schon weniger leicht zu begründen – zählt zu den frei zu bleibenden Entscheidungen die Wahl des Ehepartners.61 Auch die Wohnortwahl wurde bereits für ein nicht zu kommerzialisierendes Gut gehalten.62 Weiter – hier wird der Boden der bekannten Rechtsprechungsfälle verlassen – wäre etwa denkbar, dass einem Vater Geld dafür angeboten wird, dass er den Kontakt zu seinem Kind unterhält oder abbricht. In Fragen der Religion und des Wohnorts bringt der Betroffene vor allem ein eigenes Opfer. Ehe- und Sorgerechtsfragen betreffen dagegen zwingend mindestens eine weitere Person. Ein Erblasser kann hier – aus Sicht des Erbfalls – vergangene Entscheidungen belohnen oder bestrafen. Er kann aber auch Künftiges zu beeinflussen versuchen. Schließlich ist auch denkbar, dass er zu Lebzeiten mit dem Versprechen späterer erbrechtlicher Belohnung Einfluss zu nehmen sucht. Vermächtnis unter der Bedingung, dass der Vermächtnisnehmer in den Priesterstand eintritt, ist nach gemeinem Recht unzulässig; RG, Urteil vom 24. April 1888, IV 21/88, RGZ 21, 279 (282): Eine dem Vermächtnisnehmer auferlegte Verpflichtung, die Religion nicht zu ändern, ist jedenfalls bei Beeinflussungsabsicht unwirksam (die Enkelkinder sollten katholisch bleiben); RG, Urteil vom 18. September 1913, 200/13 IV, JW 1913, 1100: Eine Enterbung für den Fall des Religionswechsels vor dem 24. Lebensjahr ist sittenwidrig (die Enkelkinder sollten protestantisch bleiben). Knobbe-Keuk, FamRZ 1972, 9 (10) meint, dass das Kommerzialisierungsverbot tatsächlich nicht wirklich ernst genommen wurde. Dies liegt jedoch wohl eher daran, dass nicht jedes Rechtsgut vor Kommerzialisierung geschützt wurde. Entsprechend sieht Coing, NJW 1947/48, 213 (216) im Kommerzialisierungsverbot einen Leitsatz der Rechtsprechung. Dies stellt Schmitt auch für ihre Analyse der Rechtsprechung fest: Schmitt, Die Sittenwidrigkeit von Testamenten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1999), S.  14 ff. Für eine Berücksichtigung des Kommerzialisierungsgedankens auch Otte, JA 1985, 192 (199). 61  OLG Rostock, Urteil vom 8. Dezember 1890, o. Az., SeuffA 49 Nr.  4: Der Haushälterin darf Ehelosigkeit nicht zur Bedingung gemacht werden. Nationalen Zeitgeist atmet der Beschluss des Kammergerichts vom 3. Mai 1938, 1 Wx 152/38, ZAkDR 1939,101: Die Vor­gabe, einen Protestanten und Reichsdeutschen zu heiraten, sei zulässig. Notariat V in Mannheim hatte als Nachlassgericht 1988 zu entscheiden über die Enterbung desjenigen, der eine Person nicht katholischen Bekenntnisses heiratet: Beschluss vom 14. Juni 1988, 5 GRN 479/­87, BWNotZ 1989, 16. 62  RG, Urteil vom 16. Oktober 1914, III 261/14, WarnR 8 (1915) Nr.  8 (S.  9): die Vertragspflicht, nicht mit dem anderen Vertragsteil – dem ehemaligen Geliebten – in Kontakt zu treten, wurde als wirksam anerkannt. Die Pflicht, Berlin zu verlassen, beschränkte jedoch die persönliche Bewegungsfreiheit über Gebühr. KG, Urteil vom 13. Oktober 1905, o. Az., OLGE 13, 317 (318): Wahl zwischen zwei Orten ist zulässig – daneben hat das Gericht für „zweifellos“ zulässig gehalten, der Bedachten vorzuschreiben, einen makellosen Lebenswandel zu führen und sich mit anderen Beteiligten nicht zu einigen (keine „Kompromisse“ zu schließen).

104

Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren

2. Bewertung Der Kommerzialisierungsgedanke hat eine lange Tradition als sittenwidrigkeitsbegründendes Merkmal.63 Die Gegenposition64 meint, es sei das gute Recht des Bedachten, sich kaufen zu lassen.65 Dieses Argument lenkt das Augenmerk darauf, dass die Begründungslast auf der Seite derer liegt, die den Bedachten vor sich selbst schützen wollen und ihm bereits ein solches „unmoralisches Angebot“ und den daraus folgenden inneren Konflikt ersparen wollen. Dieses Argument wiegt besonders schwer, wo sich ein Bedachter, aus welchem Grund auch immer,66 wunschgemäß verhält und dann auch noch leer ausgeht, weil er nicht zu den gesetzlichen Erben gehört und die ihn bedenkende Verfügung vom Gericht für sittenwidrig gehalten wird. In der ersten Fallgruppe, der Belohnung oder Bestrafung von im Zeitpunkt des Erbfalls vergangenem Verhalten, ist die Grenze sehr weit zu ziehen. Kaum ein Fall ist denkbar, wo die Reaktion des Erblassers auf Vergangenes sittenwidrig sein mag. Allenfalls im Extremfall einer belohnenden Zuwendung an einen Massenmörder, die allein dem Zweck der Belohnung und Anerkennung (nicht etwa der Resozialisierung) dient, wird von einer zivilrechtlich unwirksamen Zuwendung auszugehen sein. Denn Rechtsgüterschutz spielt bei der Beurteilung vergangener Taten und Entscheidungen keine tatsächliche Rolle mehr und für eine Gesinnungskontrolle des Erblassers ist es ebenfalls zu spät. Zudem ist eine Gesinnungskontrolle im engeren Sinn ja gerade nicht Aufgabe der Inhaltskontrolle von Testamenten.67 Generalpräventive Überlegungen mögen etwa bei Allgemeinen Vertragsbedingungen oder im Massengeschäft des Bankverkehrs strengere Maßstäbe begründen.68 Sie widersprechen jedoch der individuellen Beurteilung, die im Bereich der letztwilligen Verfügungen angebracht ist, weil dort jeder für sich seinen individuellen Nachlass nach eigenen Vorstellungen regelt und auch regeln soll. Herausgearbeitet von Schmitt, Die Sittenwidrigkeit von Testamenten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1999), S.  14 ff. 64 Explizit Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  128. 65  Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  128. 66  Thielmann will hier nach der Willensrichtung (ohnehin entschlossen, schwankend, entgegengesetzt) des Betroffenen unterscheiden, die zusammen mit der Anreizstärke fünf typische Situationen ergebe: Thielmann, Sittenwidrige Verfügungen von Todes wegen (1973), S.  120 ff. 67  Diese Erkenntnis zieht u. a. Esser aus der Entwicklung des Mätressentestaments, E ­ sser, ZHR 1971, 320 (336 f.). 68  Vgl. den Vorschlag von Esser, ZHR 1971, 320 (330 f.) für eine objektive Anwendung des §  138 BGB im Massenverkehr. 63 

B. Die Faktoren im Einzelnen

105

Die zweite Fallgruppe des Zukunftsbezugs ist die in ihrer Lösung umstrittenere. Mit Schrenck-Notzing ist aufgrund des Zukunftsbezugs der Verfügung ein strengerer Maßstab anzulegen und eine sachliche Rechtfertigung zu verlangen. Doch auch dieser Aspekt löst die Fallgruppe nicht gänzlich. Denkbar ist etwa, dass für das Angebot durchaus sachliche Gründe bestehen. Dies ist vorstellbar, wenn ein drogenkranker/gewalttätiger/missbrauchender Elternteil vom Umgang abgehalten werden soll. Dennoch verbleibt auch für solche Fälle ein erhebliches Unbehagen beim Abkauf des elterlichen Umgangs. Dieses weist auch den Weg für die rechtliche Beurteilung. Soweit Dritte betroffen sind, etwa bei bestehendem Kindschaftsverhältnis oder bereits bestehender Ehe, gibt es auch in der pluralistischen Gesellschaft noch nicht verfügbare Güter. Hier geht es nicht darum, dem Bedachten einen Konflikt zu ersparen. Vielmehr ist Leitgedanke das Abwehren eines „Angriffs“ auf das persönliche, rechtlich geschützte Verhältnis eines Dritten zum Bedachten. Damit fallen Kinder und Ehegatten ohne Weiteres in den Schutzbereich. Bereits der rechtliche Schutz des Verlöbnisses ist jedoch vom gesetzlichen Leitbild her so schwach ausgestaltet, dass er kaum als Anknüpfungspunkt taugt. Für Religions- oder Zölibatsklauseln hingegen ist das Augenmerk auf den notwendigen sachlichen Grund bei der Prüfung von zukunftsbezogenen Verfügungen zu legen. Hierbei ist auch der Gedanke der eingeschränkten Rationalität fruchtbar zu machen. Verbleibendes unterliegt der freien Entscheidung des Betroffenen. Schlitt geht jedenfalls zu weit, wenn er auch die Haarlänge des Betroffenen vor einer Käuflichkeit desselben schützen will.69 Zu entscheiden bleiben die Fälle der versuchten Einflussnahme durch Inaussichtstellen von erbrechtlicher Entlohnung. Soweit keine erbrechtliche Bindung eingegangen wird, ist das Inaussichtstellen einer Zuwendung nur der Hinweis auf eine nuda spes, das Gerede des Erblassers nicht viel mehr als „heiße Luft“ und rechtlich unerheblich. Es kann auch ein entsprechendes nachfolgendes Testament damit nicht sittenwidrig machen. Dieses stellt vielmehr Belohnung oder Entlohnung für Vergangenes dar und ist damit der ersten Fallgruppe zuzuordnen. Soweit eine erbrechtliche Bindung eingegangen wird, gelten vielmehr die Überlegungen der zweiten Fallgruppe, da hier eine dieser Fallgruppe entsprechende „Angriffssituation“ heraufbeschworen wird.

69 

Schlitt, Klassische Testamentsklauseln (1991), S.  71.

106

Kapitel 4: Analyse und Bewertung relevanter Faktoren

X. Tradition 1. Beschreibung Selten70 explizit gemacht, geistert der Gedanke einer rechtfertigenden Kultur oder Tradition durch verschiedene Fälle. So hat der Bundesgerichtshof in seinem „Hohenzollern“-Beschluss die erbrechtliche Tradition des Hauses Hohenzollern ein jedenfalls nicht zu missbilligendes Ziel genannt.71 Bereits zuvor im Hoferbenfall hat der Bundesgerichtshof die bäuerliche Tradition, die betroffenen Kreise und deren Moralvorstellung als wesentliche Argumente für die Wirksamkeit der Verfügung herangezogen. Allgemeiner kann von einem Kultur- oder Traditionsvorbehalt gesprochen werden. Dies wird ­bestätigt durch die Untersuchung von Schmitt: Diese hat eine Anknüpfung an einen besonderen Gegenstand (Unternehmen, landwirtschaftlicher Hof) als Leit­linie der Rechtsprechung aufgespürt. 2. Bewertung Die geschilderte Argumentation des Bundesgerichtshofes ist auf Kritik gestoßen.72 Ein Sonderrecht aufgrund faktischer Handhabung kann es spiegelbildlich zum oben73 abgelehnten Erfordernis einer konsequenten Lebensführung des Erblassers nicht geben. Abzugrenzen ist dies von der Rechtfertigung aufgrund der Gegenstandsbezogenheit einer Verfügung, etwa wenn diese erfolgt, um den Unternehmenserhalt oder den Verbleib eines Anwesens in der Familie zu sichern.74 Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist hier die konkrete Bezogenheit auf den Nachlass bzw. einen Nachlassgegenstand. Es lässt sich darüber streiten, ob diese Bezogenheit im Fall „Hohenzollern“ konkret genug war und die Anforderungen an den Nachfolger trug. Mit dem Bundesverfassungsgericht kann durchaus davon ausgegangen werden, dass die Fortführung des Nachlasses nicht unbedingt von einer hausgesetzkonformen Ehe abhing. Diese wäre jedoch unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung bei Zukunfts­ bezug näher zu prüfen. Für die Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen bleiben jedoch Fragen der Tradition oder Kultur der betroffenen Kreise 70 Eine Ausnahme sind von Oertzen/Blüm, die ausdrücklich von Traditionsvermögen sprechen, dies jedoch ohne rechtfertigende Intention des Begriffes: Oertzen/Blüm, ZEV 2016, 71 (71). Die Autoren sehen jedoch in der Familienbindung von Vermögen ein legitimes Ziel. 71  BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1998, IV ZB 19/97, BGHZ 140, 118 (129). 72  Muscheler kritisiert dies: „moralischer Fiedeikommiß“, Muscheler, in: Riesenhuber (Hrsg.), Inhaltskontrolle im deutschen und europäischen Privatrecht (2009), S.  125. 73  Siehe oben S. 102. 74 Vgl. Schmitt, Die Sittenwidrigkeit von Testamenten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1999), S.  207 ff.

C. Ergebnis zu Kapitel 4

107

als eigener Faktor wohl besser außer Betracht. Relevant können Tradition und Kultur etwa sein, um das Testament auszulegen oder die Absichten des Erb­ lassers zu ermitteln. Eine Wirksamkeit befürworten können Tradition und Kultur als solche unabhängig von weiteren Sachargumenten jedoch nicht.

C. Ergebnis zu Kapitel 4 Die vorstehende Faktorenanalyse hat gezeigt, dass etliche Gesichtspunkte abstrakt als mögliche abwägungsrelevante Faktoren untersucht werden können. Entlastend wirken die religiöse Überzeugung des Erblassers, eine geringe Ver­mögensgröße und die Eigenart des Nachlassgegenstandes (Unternehmen, Hof, Koranexemplar). Als nicht relevant wurden eingeordnet: die Einstellung des Betroffenen zur Verfügung, eine etwaige Offenlegung der Motive, die Gestaltung des lebzeitigen Familienunterhalts sowie eine bestimmte Tradition oder Kultur der betroffenen Kreise. Die Kontrolle verschärfend und für eine Sittenwidrigkeit sprechend wirken ein verhältnismäßig wertvoller Nachlass, die individuelle Angewiesenheit des Betroffenen auf den Erwerb, ein Zukunftsbezug der Verfügung und damit verbunden eine etwaige Kommerzialisierung (eng begrenzter) nicht verfügbarer Güter. Nach alldem sind islamisch inspirierte Verfügungen von Todes wegen weitgehend zulässig. Die jeweilige Einzelfallanalyse hat die herausgearbeiteten Faktoren zu ermitteln und zu gewichten. Damit sind viele Grundtypen islamisch inspirierter Testamente – mit Ausnahme der Beeinflussungsfälle – als wirksam anzusehen.

Kapitel 5

Überlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot? „Uti legassit super pecunia tutelave suae rei, ita ius esto.“ 1 Nachdem mehrere Einzelfaktoren eines Sittenwidrigkeitsurteils untersucht wurden, ist nun zu erörtern, ob und inwieweit ein Testator ein generelles Gleichbehandlungsgebot bzw. ein generelles Diskriminierungsverbot zu beachten hat.

A. Denkbare Gleichbehandlungsanforderungen Der Gedanke eines Gleichbehandlungsgebotes befremdet den Zivilrechtler in der Regel. Das Recht, willkürlich zu entscheiden, ist als Kern der Privatautonomie ausgemacht worden, emblematisch im oben Zitierten.2 Mit der Privatautonomie wird auch das Unbehagen bezüglich Gleichbehandlungsanforderungen in anderen Bereichen des Zivilrechts begründet, so dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)3. Auch die literarischen Reaktionen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Rechtssache Pla und Puncernau/Andorra 4 kennzeichnet eine Furcht vor dem Ende der Privatautonomie.5 Gleichzeitig beobachtet u. a. Reimann, dass die zunehmende Orientierung 1  „Wie

er letztwillig über sein Vermögen oder die Schutzgewalt an seinem Gut legiert [testiert] hat, so soll es rechtens sein“, Auszug aus Tafel V der Zwölftafelgesetze, Zitat und Übersetzung Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht (2014), S.  386. 2  Eindringlich Staudinger/Honsell, Einleitung zum BGB, Rn.  113. Auch Honsell stellt in seiner Einleitung zum Erbrecht fest, der Erblasser dürfe nach seinen subjektiven Vorstellungen testieren und auch nach Geschlecht differenzieren: Staudinger/Honsell, Einleitung zum Erbrecht, Rn.  90. Zum Ringen um die Testierfreiheit im 19. Jahrhundert eingehend Wegmann, Die Begründung des Erbrechts im 19. Jahrhundert (1969). 3  Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S.  1897), zuletzt geändert durch Art.  15 Abs.  66 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S.  160). 4  EGMR, Urteil vom 13. Juli 2004, 69498/01: Pla und Puncernau/Andorra, FamRZ 2004, 1467–1470. Die Berufung Andorras wurde am 15. Dezember 2004 zurückgewiesen (FamRZ 2005, 509). 5  Staudinger, ZEV 2005, 140 (142); Pintens, FamRZ 2004, 1470 (1471).

110 Kapitel 5: Überlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot? staatlichen Schutzes an der sozialen Rollenfunktion als Verbraucher/Unternehmer/Arbeitnehmer etc. die Einzelfallgerechtigkeit zurückdrängt.6 Ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot würde dem Erblasser abverlangen, ganz generell sachlich Gleiches gleich und sachlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hier stellte sich bereits ein ganz praktisches Problem: Wie soll in Fragen des Erbes und der Familienfürsorge eine Person Sachfragen von Fragen des Herzens und der Vorliebe trennen? Wie wäre dem Testator zu antworten, der argumentiert, die emotionale Verbundenheit sei gerade das entscheidende Sachkriterium für die Verteilung des Vermögens? Davon abgesehen würde allein der Rechtfertigungszwang als solcher eine weitgehende Einschränkung der Privatautonomie mit absehbarem „chilling effect“7 bedeuten, was angesichts der weithin sittenkonformen Testierpraxis einer besonderen Rechtfertigung bedürfte. Damit ist jedoch noch nicht jeglicher Gleichbehandlungsgrundsatz ausgeschlossen. Schiek schlägt vor, ein spezielles Diskriminierungsverbot im Privatrecht anzuerkennen.8 Hierzu seien bestimmte Merkmale zu definieren, die von Gesetzes wegen bei einer privaten Entscheidung keine Rolle spielen dürften.9 Die Abstufung zwischen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot ist dabei quantitativ: Ein Gleichbehandlungsgebot ist nichts anderes als die Summe von – allumfassenden – Diskriminierungsverboten.10 Damit ist das Diskriminierungsverbot weniger streng als ein Gleichbehandlungsgebot, lässt aber nur in sehr engen Grenzen eine sachliche Rechtfertigung zu.11

B. Einpassung eines Diskriminierungsverbotes in das bewegliche System Gegen die Annahme eines Diskriminierungsverbotes kann nun nicht eingewandt werden, es laufe dem beweglichen System zuwider, man könne ja nicht 6  Reimann, in: Schmoeckel/Kanzleiter (Hrsg.), Vertragsschluss – Vertragstreue – Vertragskontrolle (2010), S.  78. 7 Zum chilling effect im Kontext der Meinungsfreiheit: Frowein, AöR 1980, 169 (186 f.). Eine drohende Einschüchterungswirkung berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/84, BVerfGE 65, 1 (42 f.) im Kontext der informationellen Selbstbestimmung. 8  Schiek, Differenzierte Gerechtigkeit (2000), S.  357. 9  Schiek, Differenzierte Gerechtigkeit (2000), S.  359 ff. 10  Dies hat Michael herausgearbeitet: Michael, Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme (1997), S.  228 f. Michael zieht auch einen Vergleich zur „Ermessensreduzierung auf Null“, S.  291. 11  Schiek, Differenzierte Gerechtigkeit (2000), S.  295 f., eingehend zur Struktur des Diskriminierungsschutzes dort Kapitel I §  3 (S.  48 ff.).

C. Anforderungen an ein Diskriminierungsverbot

111

„ein bisschen“ diskriminieren. Hiergegen ist einzuwenden, dass auch im Rahmen von Ungleichbehandlungen krasse von noch verständlichen Fällen zu unterscheiden sind. So macht es einen Unterschied, ob aus einer Ungleichbehandlung seelische Verletzungen und schwere Einbußen und Einschränkungen resultieren oder ob diese vielmehr im Einklang mit der Lebensweise auch des „Diskriminierten“ steht. Aufgrund der eingeschränkten Rechtfertigungsmöglichkeiten – wenn denn ein Diskriminierungsverbot angenommen wird – nimmt dieses jedoch eine Sonderstellung ein. Der Einbindung und Begründung von Gleichbehandlungsanforderungen in das bewegliche System12 sind denn auch umfassende Arbeiten gewidmet.13 Vorstellbar ist ein Diskriminierungsverbot als absoluter Rahmen, innerhalb dessen die beweglichen Faktoren anzuwenden sind.

C. Anforderungen an ein Diskriminierungsverbot Denkt man nun an ein Diskriminierungsverbot im hier interessierenden Bereich der letztwilligen Verfügungen, so tauchen vor dem geistigen Auge zunächst Extrembeispiele auf: so etwa bei einem durch Rassismus und Antisemitismus verblendeten Erblasser, der seine diese Verblendung nicht teilende Tochter enterbt, im Testament verhöhnt und sein Vermögen einer gesinnungsgenössischen Partei zuwendet.14 Dies vermag ein demokratisch-rechtsstaatlich gesinntes Herz zu empören, ist jedoch zu genauerer Untersuchung in seine Einzelteile aufzulösen: Die seelische Verletzung durch die Form der Verfügung von Todes wegen ist dem straflosen Bereich der Beleidigung post mortem zuzuordnen. Hier mag moralische Schuld aufgeladen worden sein. Das Recht kann sich jedoch mangels eines lebenden Täters nicht mehr an diesen halten. An der Form der Verfügung sollte jedenfalls der Inhalt nicht zu messen sein. Sonst wäre die Inhaltskontrolle nur eine „Dummenfalle“. Auch ist die Ordnungsaufgabe der Inhaltskontrolle nicht betroffen: Eine Beschimpfung könnte genauso gut in eiMichael verwendet den Begriff „komparatives System“: Michael, Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme (1997), S.  115. 13  Michael, Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme (1997), die Thesen finden sich auf S.  306–313; Westerhoff, Die Elemente des Beweglichen Systems (1991), S.  65 ff. 14 Nach Tschäppeler, der zum Schweizer Recht arbeitet, liegt dann Sittenwidrigkeit vor, wenn es dem Erblasser einzig und allein um die Diskriminierung eines oder mehrerer gesetzlicher Erben geht und nicht um den Erhalt des Familienvermögens: Tschäppeler, Die Testierfreiheit zwischen Freiheit des Erblassers und Gleichheit der Nachkommen (1983), S.  36; ähnlich Weiler, MittBayNot 2006, 296 (297): rassistische oder religiöse Diskriminierung kann sittenwidrig sein. 12 

112 Kapitel 5: Überlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot? nem post mortem zu öffnenden Brief enthalten sein. Die vermögensrechtliche Mindestbeteiligung des Kindes wird über das Pflichtteilsrecht gewahrt. Die mögliche Zuwendung an die Vereinigung ist Folge des Vereins- und Parteienrechtes. Ein Unbehagen gegenüber – teilweise sogar steuerlich begünstigten15 – Zuwendungen an solche Vereinigungen trifft wieder nicht das Testament als solches, sondern die Frage, welche Organisationen um Zuwendungen und Mitglieder in unserer Gesellschaft werben dürfen. Dürfen solche Parteien und ­Organisationen zu Lebzeiten Zuwendungen erhalten, ist auch eine Zuwendung an diese „von kalter Hand“ nicht zu sanktionieren. Neben den historisch mit besonderer Intensität versehenen Extrembeispielen sind noch viele Beispiele denkbar, die ebenfalls den Katalog des Art.  3 Abs.  3 GG berühren, jedoch bereits beim Erdenken weniger Anstoß erregen.16 Denn auch wenn prima facie zunächst wohl jedermann für sich in Anspruch nähme, diskriminierungsfrei handeln zu wollen, hat bereits bei Religion und Geschlecht ein jeder seine privaten Vorlieben und handelt diesen entsprechend. Hinzu kommt, dass das Erbrecht als Vermögenszuordnungsrecht in besonderer Weise auf Rechtssicherheit angelegt und angewiesen ist. Unsicherheiten verträgt es schlecht, solche sind jedoch mit einer feinziselierten Abwägung des noch Zulässigen oder gerade nicht mehr Gerechtfertigten verbunden. Ein Diskriminierungsverbot im Erbrecht muss daher auf klar abgrenzbare Kriterien und Fälle der Evidenz („unterste Schublade“) beschränkt sein. Dies gilt umso mehr, als das Erbrecht weitgehend auch in der Rechtswirklichkeit tatsächlich privates Recht ist und die nächste Familie und die einzelnen Bedachten berührt, ohne dass typischerweise das Verhalten eines ganzen Marktes beeinflusst wird. Dies unterscheidet das Erbrecht von Sachgebieten wie dem Mietrecht. Fälle der Beeinflussung sind auch aus diesem Grund gesondert zu behandeln. Denn der Erblasser tritt aus der Sphäre der Verteilung nach eigenem Dafür­ halten heraus und mischt sich aktiv in die künftigen Handlungen eines anderen ein.17 Schließlich mildert auch die für Deutschland verminderte (nicht verschwundene) Relevanz vererbten Vermögens den gesellschaftlichen Imperativ zur Abwehr erbrechtlicher Ungleichbehandlung. Ausbildung und Fortbildung sind heute entscheidende Faktoren für den beruflichen und sozialen Erfolg der Kin15 

Gemäß §  13 Abs.  1 Nr.  18 Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz (BGBl. I S.  378), zuletzt geändert durch Art.  14 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S.  1768). 16  Vergleiche die vom Autor ungelöste Liste bei Wendt, ZNotP 2009, 460 (473 f.). 17  Eingehend hierzu Schrenck-Notzing, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (2009), S.  67; zu den verschiedenen Rollen eines Erblassers, hier des „manipulativen Richters“: Muscheler, Erbrecht, Bd. 1 (2010), S.  18 f.

D. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle

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der, nicht die Größe des später einmal Ererbten.18 Eine gesellschaftlich unerwünschte Ungleichbehandlung – insbesondere geschlechtsspezifische – zu bekämpfen, ist gesellschaftspolitisch wichtig. Das Erbrecht ist hierfür jedoch ein wenig wirksames Mittel. Denn der erbrechtliche Erwerb kommt in Deutschland in der Regel zu spät, um den Lebensweg des Kindes zu beeinflussen.

D. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle Bereits an dieser Stelle lässt sich festhalten, dass nach dem bislang eingegrenzten möglichen Kontrollmaßstab des Diskriminierungsverbotes ein Großteil der denkbaren islamisch inspirierten Verfügungen wirksam ist. Genauer zu untersuchen bleiben die geschlechtsspezifische Diskriminierung, die religiöse Ungleichbehandlung und die Beeinflussungsfälle sowie die Ungleichbehandlung aufgrund schematischer Anordnung anstelle von Einzelfallbetrachtungen.

I. Geschlechtsspezifische Diskriminierung Gerade die private geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung ist kein Fall solcher Evidenz und klarer Abgrenzbarkeit, wie er gerade aufgestellt wurde. Selbst die geschlechtsspezifische Diskriminierung von Staats wegen ist nicht ausnahmslos verboten, sondern rekurriert auf die „ihrer Natur nach nur bei Männern oder Frauen“ auftretenden Unterschiede19 als Rechtfertigung. Historisch ist die familienrechtliche Gleichbehandlung der Geschlechter nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch jüngeren Datums. Die soziale Wirklichkeit hinkt diesem zudem hinterher,20 ohne dass sich hier klare moralische Positionen „aller billig und gerecht Denkenden“ ausmachen ließen, was eine zwingende Gleichbehandlung unter Privaten angeht. Im Gegenteil ist in gender-Debatten nach Ende der dogmatischen Phase durchaus die Unterschiedlichkeit der Geschlechter und von deren Lebensentwürfen und Bedürfnissen ein Thema.21 Es ist grundsätzlich 18 Hierzu Beckert, Unverdientes Vermögen (2004), S.  19 f. Die aktuelle Statistik wertet Muscheler aus: Muscheler, Erbrecht, Bd. 1 (2010), S.  146 ff., er behandelt ebenso die sozialen Auswirkungen des Vererbens, a. a. O. S.  9 ff. 19  BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992, 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83 und 10/91, BVerfGE 85, 191 (207). 20 MünchKomm/Roth, §  1356 Rn.  2 –4 vergleiche auch die zahlreichen Fallbeispiele von Plogstedt, Abenteuer Erben (2011), S.  108 ff. und passim. 21 Vgl. Kosmann, Wie Frauen erben (1998). Diese stellt jedoch auch einen Trend zur Verringerung der Ungleichbehandlung von Söhnen und Töchtern fest: Kosmann, in: Lettke (Hrsg.), Erben und Vererben (2003), S.  194.

114 Kapitel 5: Überlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot? festzuhalten, dass der Gleichheitssatz als solcher zwar unmittelbar einleuchtenden Gerechtigkeitsgehalt hat. Jede Privatperson an einen Gleichheitssatz oder auch abgeschwächt an ein Unterscheidungsverbot zu binden, bedarf jedoch ­besonderer Rechtfertigung. So wichtig die Neutralitätspflicht der staatlichen Gewalt ist, so freiheits- und autonomiezerstörend kann sie im privaten Umfeld sein. Dies ist auch das Argument, welches gegen die von Scholz vorgetragene These spricht, §  138 BGB greife dort ein, wo ein Erblasser ohne sachlichen Grund differenziere22. Scholz, der in einer Arbeit vorrangig den ordre public behandelt, differenziert selbst im Anschluss nicht ganz entsprechend der von ihm vorgenommenen Grundrechtsorientierung. Denn er sieht eine religiöse Ungleichbehandlung als gerechtfertigt an, eine geschlechtsspezifische hingegen nicht23. Dies ist nach dem Grundgesetz nicht ganz folgerichtig: Die Religionsausübungsfreiheit gemäß Art.  4 Abs.  1 und 2 GG schützt die gesamte Orientierung der Lebensführung am Glauben, also auch reduzierte Erbteile; umgekehrt schützt Artikel 5 GG (Meinungsfreiheit) auch ein veraltetes Geschlechterbild. Aus Art.  3 Abs.  3 GG oder der Zahl der betroffenen Grundrechte lässt sich für den Privatrechtsverkehr die Lösung nicht unmittelbar ableiten. Daher hat der Gesetzgeber, was Gleichbehandlungsanforderungen für Private angeht, immer nur in besonders gelagerten Teilbereichen Anforderungen für Privatpersonen aufgestellt. Regelungsbedarf und -sinn hat der Gesetzgeber dort erkannt, wo es um die Ausübung überlegener Rechts- oder Wirtschaftsmacht geht. Die Errichtung eines Testaments übt zwar auch eine Gestaltungsfreiheit („-macht“) aus, ist jedoch – ausgenommen die Beeinflussungsfälle – nicht auf Beherrschen, sondern auf Verteilen ausgerichtet. Genauer gesagt: Der Testator zielt schlicht auf ein Abweichen von der gesetz­lichen Erbfolge, die als pauschale Lösung des ­Gesetzgebers nicht für jeden Einzelnen passend sein kann. Diese freiheits­ stärkenden Aspekte wiegen insgesamt die intuitiven Bedenken gegen die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung auf, der Testierfreiheit ist daher Vorrang vor einem absoluten geschlechtsspezifischen Diskriminierungsverbot einzuräumen.24

Scholz, Erbrecht der maghrebinischen Staaten und deutscher ordre public (2006), S.  311. Scholz, Erbrecht der maghrebinischen Staaten und deutscher ordre public (2006), S.  312. 24  Insoweit hallt die Diskussion der Französischen Nationalversammlung aus dem Jahr 1791 wider, in der zwar eine Gleichstellung von Söhnen und Töchtern im gesetzlichen Erbrecht, aber keine solche Einschränkung der Testierfreiheit beschlossen wurde. Vgl. Mira­beaus Rede über die Gleichheit der Teilung bei Erbfolgen in direkter Linie, sowie Beckerts Kommentar dazu: Mirabeau, in: Lettke (Hrsg.), Erben und Vererben (2003), S.  1 ff. und ­Beckert, a.a.O., S.  25 ff. 22  23 

D. Konsequenzen für die Inhaltskontrolle

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II. Religiöse Ungleichbehandlung Deutlich unsicherer ist zunächst die Einordnung der religiösen Ungleichbehandlung. Die früheren Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken 25 sind inzwischen auch im sozialen Leben längst Geschichte. Die Bedeutung der Reli­ gion hat insgesamt für die Gestaltung des öffentlichen Lebens abgenommen. Hinzu kommt die enge gedankliche Verknüpfung religiöser Ungleichbehandlung mit dem Antisemitismus und dies verunsichert zunächst. Eine islamisch inspirierte Verfügung unterscheidet zwischen Muslimen und Nichtmuslimen jedoch als solchen nicht deswegen, weil der Testator rassistische Motive hat. Das interreligiöse Erbverbot – soweit es der Testator für sich überhaupt als verbindlich ansieht – bezieht sich vielmehr auf die besondere Verbundenheit mit der eigenen religiösen Gemeinschaft. Diese auch erbrechtlich auszudrücken, erfüllt daher wohl nicht die Anforderungen an ein evidentes Diskriminierungsmerkmal.26

III. Beeinflussungsfälle Aus der Sphärenüberlegung und den besonderen Anforderungen an eine sach­ liche Rechtfertigung von Potestativbedingungen 27 ergibt sich jedoch auch: Anders sind die Beeinflussungsfälle zu beurteilen. Die Einsetzung einer Tochter unter der Bedingung, dass sie nur einen Muslim heiratet und andernfalls die Erbenstellung verliert, ist als unwirksam anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, dass der Bedachten in diesem Fall eine durchaus stattliche Anzahl zulässiger Kandidaten zur Verfügung steht.28 Unwirksam ist auch eine Erbeinsetzung für den Fall, dass sich der/die Bedachte künftig (also nach dem Erbfall) scheiden lässt. Anders ist nach dem Gesagten eine Verfügung zu beurteilen, die danach unterscheidet, ob und mit wem der Betroffene im Erbfall verheiratet ist. Jedenfalls beim Testament (anders wohl beim Erbvertrag aufgrund der Inaussichtstellung des Vorteils bereits zu Lebzeiten) tritt der Erblasser hier aus seiner privaten Sphäre nicht heraus, es fehlt die „Einmischung“.

25 

Die historischen Fälle der religiösen Beeinflussung wurden oben (S. 102 ff.) behandelt. So auch Scholz, Erbrecht der maghrebinischen Staaten und deutscher ordre public (2006), S.  312. 27  Siehe oben S. 99. 28  Das Bundesverfassungsgericht spricht im „Hohenzollern“-Beschluss von „effektiven Auswahlmöglichkeiten“, BVerfG, Beschluss vom 22. März 2004, 1 BvR 2248/01, NJW 2004, 2008 (2010). 26 

116 Kapitel 5: Überlagerung des beweglichen Systems durch ein Diskriminierungsverbot?

IV. Schematische Ungleichbehandlung Ein weiteres gleichheitsrechtliches Unbehagen bei islamisch inspirierten Ver­ fügungen ist dort zu verorten, wo der Erblasser nicht „voll hinter seiner Verfügung steht“, also sich religiös gezwungen sieht, gegen sein eigentliches Dafürhalten zu testieren. Wie bereits dargelegt, ist diese dem rechtsgeschäftlichen Willen vorgelagerte Ebene des Wünschens und Abwägens jedoch gerade zu respektieren. Es bleibt dem Erblasser überlassen, wie er diesen inneren Konflikt löst, ja, ob er ihn überhaupt empfindet. Die Entscheidung über das Folgeleisten und/oder Hinterfragen der religiösen Gebote ist nicht vom Recht zu treffen, sie ist vielmehr höchstpersönliche Leistung des Erblassers.

E. Anerkennung eines Diskriminierungsverbotes Es bleibt nach alledem noch zu fragen, ob grundsätzlich ein Diskriminierungsverbot im erbrechtlichen Bereich anzuerkennen ist.29 Die Literatur tut sich schwer mit einem „unangreifbaren“ Evidenzbeispiel, auch wenn teilweise von einer Leitbildfunktion der gesetzlichen Erbfolge die Rede ist30 oder die gesamtrechtliche Bedeutung des Gleichheitssatzes betont wird.31 Schmoeckel bildet ein Beispiel, in dem Sittenwidrigkeit dann vorliegt, wenn der Erblasser dem Erben mit seiner Verfügung zwingen will, nationalsozialistisches Gedankengut zu unterstützen.32 Canaris hat vorgeschlagen, ein Erblasser dürfe seinen Sohn nicht einsetzen, nur weil er ein Sohn ist.33 Gleichzeitig weist Canaris darauf hin, dass eine Erbeinsetzung ein Motivbündel sei und daher §  138 BGB kaum zur Anwendung komme. Der Bundesgerichtshof hält eine mittelbare Anwendung des Art.  3 Abs.  3 GG im Bereich der letztwilligen Verfügungen in „eng begrenzten Ausnahmefällen“ für möglich, mit der Folge, dass solche Verfügungen nach

29  Ablehnend etwa für das Erbrecht: Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht (1958), S.  114 ff., S.  327: Aus §  138 BGB lasse sich kein Gleichbehandlungsgebot ableiten, erst aus der Rechtsgemeinschaft der Erbengemeinschaft könne sich ein Willkürverbot ähnlich dem Gesellschaftsrecht ergeben. Zum Gleichbehandlungsgrundsatz im Gesellschaftsrecht und dessen Auswirkungen bei Patchworkfamilien Westermann, NZG 2015, 649 (650). 30  Leipold, AcP 180 (1980), 160 (194 f.) 31  Raiser, ZHR 111 (1948), 75 (90), jedoch ohne Bezug zum Erbrecht und mit der Feststellung, dass die dogmatische Arbeit im Privatrecht noch zu leisten sei. 32  Schmoeckel, Erbrecht (2014), S.  111 (§  19 Rn.  35). 33  Canaris, AcP 184 (1984), 201 (236); ähnlich MünchKomm/Leipold, §  2074 BGB Rn.  26: Es darf keine allgemeine Regel sein.

F. Ergebnis zu Kapitel 5

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§  138 BGB nichtig sein können. Ein Beispiel bleibt das Gericht – insofern judiziell klug und aus seiner Sicht konsequent – jedoch ebenfalls schuldig.34 Diese schwere Fassbarkeit eines sittenwidrigen Ausnahmefalles schließt jedoch nicht aus, einen Bereich verbotener Diskriminierung anzunehmen. Dieser wird im geschichtsbeladenen Bereich rassistischer, nationalsozialistischer Verfügungen zu suchen sein.35 Denn richtig ist, dass das Pflichtteilsrecht kein vollständiger Auffangmechanismus ist: Die fehlende dingliche Teilhabe und die bestehende emotionale Zurückweisung werden durch den Anspruch in Geld nicht beseitigt.36 Diese Extremfälle haben dann jedoch mit der religiösen Motivation, die Gegenstand dieser Arbeit ist, jedenfalls nicht in ihrem Kern zu tun. Möge die Rechtswirklichkeit diese Fälle nie finden.

F. Ergebnis zu Kapitel 5 In sehr engen Grenzen (Extremfall, Evidenzfall) ist ein Diskriminierungsverbot für den Bereich letztwilliger Verfügungen anzuerkennen. Ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot ist jedoch mit Verweis auf die Testierfreiheit als Ausprägung der Privatautonomie abzulehnen.

34 

BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1998, IV ZB 19/97, BGHZ 140, 118 (131), insofern auch nicht vom Bundesverfassungsgericht beanstandet, welches vor allem auf die Eheschließungsfreiheit und den insoweit ausgeübten Druck abhebt. 35  Münchener Anwaltshandbuch/Malitz, §  7 Rn.  12 f.; Bezzenberger, AcP 196 (1996), 395 (415), mit Betonung des Vorranges der Testierfreiheit. 36  Leipold, AcP 180 (1980), 160 (197).

Schluss „Erben ist ein Problem der Lebenden“ 1 Die vorliegende Dissertation versucht zu zeigen, dass auch das vermeintlich exotische Feld der Inhaltskontrolle islamisch inspirierter Verfügungen mit den allgemeinen zivilrechtlichen Mitteln einer funktionalen Betrachtungsweise und Abwägung der relevanten Faktoren im Rahmen des Sittenwidrigkeitsurteils sachgerecht behandelt werden kann. Die Arbeit behandelt letztlich die allgemeine Frage nach einem Austarieren von Freiheit und staatlichem Eingriff, von Schutz vor Diskriminierung und Ausübung grundrechtlicher Freiheit. Diese Balance ist für jeden Einzelfall neu zu finden, bedarf jedoch eines einheitlichen Gedankengerüsts. Wo diese Balance zu verorten ist, ist von großer Bedeutung für die Gesellschaft und für die Rechtsgemeinschaft, in der wir leben,2 ebenso mit welcher Begründung diese Balance gefunden wird.3 Der wissenschaftliche wie gesetzgeberische4 Trend geht von einer formellen Betrachtung hin zu einer „Materialisierung“ und „Kontextualisierung“5 der Privatautonomie, d. h. einer stärkeren Wahrnehmung der Schutzfunktion des Rechts,6 es wird nun auch im Lettke, in: derselbe (Hrsg.), Erben und Vererben (2003), S.  184. Die Bedeutung einzelner Entscheidungen für das Rechtssystem betont Adomeit in seiner Kritik der Bürgschaftsrechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts: Adomeit, NJW 1994, 2467 (2469). 3  Bihler, Rechtsgefühl, System und Wertung (1979), S.  35 ff., der den Unterschied von Rechtsgefühl und Gerechtigkeit betont; instruktiv Hassemer, ZRP 2007, 213–219. 4  Zur europarechtlichen Lage: Epiney/Freiermuth Abt, Das Recht der Gleichstellung von Mann und Frau in der EU (2003), S.  39 ff., 117 ff. 5  So der Begriff von Röthel, in: Limmer (Hrsg.), Gestaltungspraxis und Inhaltskontrolle (2014), S.  55. 6  Zur „Materialisierung“ des Schuldvertragsrechts Canaris, AcP 200 (2000), 273 (295 ff.); zum Schutzgedanken und zum Spielraum des Gesetzgebers eingehend Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S.  83 ff.; zu Vorsicht im Schuldvertragsrecht mahnt Dauner-Lieb, in: Schmoeckel/Kanzleiter (Hrsg.), Vertragsschluss – Vertragstreue – Vertragskontrolle (2010), S.  57 ff., während sie die ehevertragliche Inhaltskontrolle begrüßt; zur Angemessenheitskontrolle und ihrer Abgrenzung zur Sittenwidrigkeit instruktiv: Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht (1992), S.  17. Die Schutzaufgabe des Staates betont Hanau, Der 1  2 

120

Schluss

Familien- und Erbrecht genauer „hingeschaut“.7 Hier gilt es jedoch, vorsichtig zu sein, wenn über Jahrzehnte praktizierte Grundsätze über Bord geworfen werden. Es bleibt eine Grundfreiheit des Menschen, seine Angelegenheiten nach eigenem Ermessen zu regeln,8 weshalb generellen Gleichbehandlungsanforderungen kritisch zu begegnen ist.9 Staatliche Eingriffe in diesen privaten Bereich sind stets zu rechtfertigen, um nicht der Gefahr eines Tugendterrors zu erliegen.10 Allen Unkenrufen zum Trotz hat zwar das Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes11 nicht zum Verschwinden jeglicher Freiheit geführt. Dies kann jedoch auch daran liegen, dass ein Verstoß einem rechtskundigen Gegner schwer nachzuweisen ist.12 Des Weiteren reiht sich die Arbeit in die Untersuchungen ein, die die recht­ lichen Auswirkungen der Präsenz von Muslimen in Deutschland und die mit­ unter alltäglichen Rechtsfragen untersuchen13 und die Haltung des Staates zu religiösen Einstellungen beleuchten.14 Hier kann als Ergebnis festgehalten werden, dass in diesem Teilbereich das bewährte Werkzeug der systematisierten Abwägung von Sittenwidrigkeitsfaktoren und ihre Einordnung in die speziellen Anforderungen und Gegebenheiten der Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen einen Weg bietet, der Thematik Herr zu werden, ohne die notwendige Einzelfallbetrachtung aufzugeben. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Schranke privater Gestaltungsmacht (2004), S.  61, 98 ff., 115. 7  Röthel, in: Limmer (Hrsg.), Gestaltungspraxis und Inhaltskontrolle (2014), S.  55 f.; ähnlich für das Hineinwirken der Europäischen Menschenrechtskonvention in das Familienrecht: Klinkhammer, ZfPW 2015, 5 (5). 8 Diesen Freiheitsgedanken betont Flume, in: Caemmerer/Friesenhahn/Lange (Hrsg.), Hundert Jahre deutsches Rechtsleben, Bd. 1 (1960), S.  140: Der Gleichheitsgedanke sei auch im Privatrecht mächtig, wo er aber gelte, gebe es besondere Gründe, vom Grundsatz der Privatautonomie abzuweichen; ähnlich Medicus, AcP 192 (1992), 35 (35 ff.); rechtsvergleichend zur Testierfreiheit und zum Familienerbrecht: Henrich, DNotZ 2001, 441 (441 ff.), zur Sittenwidrigkeit von Verträgen: Kötz, RabelsZ 58 (1994), 209 (209 ff.); ähnlich zum Schuldrecht Zöllner, AcP 196 (1996), 1 (36): Ungleichgewicht lässt sich nicht messen. 9  Grunsky in seiner Antwort auf den Vorschlag Lübtows, Art.  3 Abs.  3 GG für die Sitten­ widrigkeitsargumentation heranzuziehen: Grunsky, JZ 1972, 765 (766). 10  „Wertabsolutismus“, so der Ausdruck von Olshausen in der Besprechung der Peepshow-­ Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: Olshausen, NJW 1982, 2221 (2223); vgl. auch Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht (1958), S.  114 ff., der Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht eingehend untersucht und für das Erbrecht ein Gleich­ behandlungsgebot ablehnt. 11  Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S.  1897), zuletzt geändert durch Art.  8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S.  610). 12  Zum AGG, speziell zu Nachweisfragen: Maier-Reimer, NJW 2006, 2577–2583. 13  Dietrich, Islamischer Religionsunterricht (2006); Hoevels, Islam und Arbeitsrecht (2003). 14 Vgl. Heinig, JZ 2009, 1136–1140.

Schluss

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Nicht ausdrücklich behandelt wurde die Kategorie der sogenannten erbrechtlichen Hybridfälle, in denen ein erbrechtlicher Sachverhalt schon bei der Zuordnung Bezug zu mehreren staatlichen Rechtsordnungen, unter anderem mit islamischer Prägung, aufweist. Möglicherweise ist es sinnvoll, eine Regelung an­ zuerkennen, die im Hinblick auf den Heimatstaat des Erblassers versucht, die Rechtsstellung der Ehefrau zu verbessern, auch wenn die Regelung insgesamt nicht dem inländischen Leitbild der Gleichberechtigung der Geschlechter entspricht. Diese Arbeit versucht zu zeigen, dass auch in ungewöhnlichen Fällen eine Abwägung nach sachlichen Kriterien möglich ist, wobei die Kategorien der gelebten Religiosität und des lebzeitigen Ausgleiches besonders relevant sind. Viele islamisch inspirierte Verfügungen sind nach den hier vorstrukturierten Abwägungen ohnehin wirksam. Damit kann das scharfe Schwert der Sittenwidrigkeit in der Scheide bleiben und das Pflichtteilsrecht die verfassungsrechtliche Aufgabe der Mindestbeteiligung übernehmen. §  138 BGB ist jedenfalls nicht der richtige Ansatzpunkt für eine (Um-)Erziehung von Erblassern. Die Zukunft wird zeigen, wohin die Rechtspraxis der Erblasser und der Gerichte sich hier bewegen wird. Die vorliegende Arbeit versucht, Rüstzeug für die anzustellenden Überlegungen bereitzustellen.

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Haas/Niederlande 52 ḥadīṯ  12 Höchstpersönlichkeit 19 Höferecht   48 Hoferbenfall  3, 82, 98, 106 „Hohenzollern“-Beschluss  3, 41 ff., 64, 98 Inhaltskontrolle, Aufgabe der   58 ff. Institutsgarantie 38 islamisches Erbrecht  9 ff. Koran  11 ff. „Leiningen“  3 f., 44, 48 f. Männlichkeitsprivileg  21 ff., 26 ff. Marckx / Belgien  50 Materialisierung des Privatrechts  119 Mätressentestament  14, 26, 91 Mehrehe  23 f. Mitzinger/Deutschland  31, 51 Moses Isaacsches Testament   7 Muslime (Zahl in Deutschland)  5 f. Nichtigkeitsfolge 71 nuda spes  45, 46, 67, 105 ordre public  2, 65 f., 69, 114 Pflichtteil  38, 40 ff., 69 f., 102 Pflichtteilsverzicht  93 Pla und Puncernau/Andorra  32 f., 51 Potestativbedingung  3 f., 67 Privatautonomie 49 Qualifikation  41 Quotenerben  14 f.

140

Sachregister

Rechenbeispiel (Erbquoten)  14 f., 17 f. Rechtswahl 20 Rechtsquellen des islamischen Rechts  11 ff. Religionsverschiedenheit (Erbhindernis)  13, 16, 27 Resterben  14

Testierfreiheit  38, 48 Tradition  12, 98

Sandhaufentheorem 89 Scharia  19 f. Schriftgläubige 16 Scientologyfall 5 Sittenwidrigkeit  58 ff., 87 ff. Sozialpflichtigkeit des Eigentums  39 Sunna  12

Wiederverheiratungsklausel 47

Vermächtnis 13 Vorfrage 10 volenti non fit iniuria  46, 81, 93

Zugewinnausgleich 22