Die Gesellschafternachfolge von Todes wegen unter der EuErbVO 9783161599255, 9783161599262, 316159925X

Auf der Grundlage des Regelungsregimes der EuErbVO entwirft Jan Henrik Weischede eine eigenständige Qualifikationsordnun

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Die Gesellschafternachfolge von Todes wegen unter der EuErbVO
 9783161599255, 9783161599262, 316159925X

Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
§ 1 Einführung
A. Stillstand und offene Fragen
B. Untersuchungsgegenstand
C. Gang der Untersuchung
§ 2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht
A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht
I. Vererblichkeit
1. Sonderregeln im Personengesellschaftsrecht
2. Keine Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht
3. Dogmatischer Hintergrund
a) Selbstorganschaft und Gläubigerschutz im Personengesellschaftsrecht
b) Fremdorganschaft und Gläubigerschutz im Kapitalgesellschaftsrecht
c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund
II. Nachlasszuordnung
1. Sonderregeln im Personengesellschaftsrecht
2. Keine Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht
3. Dogmatischer Hintergrund
a) Rechtspositivistischer Ansatz
b) Organisationsrechtliche Gründe
aa) Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft
bb) Gemeinschaftszweck der Erbengemeinschaft
c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund
III. Testamentsvollstreckung
1. Testamentsvollstreckung im Personengesellschaftsrecht
a) Zulässige Formen der Testamentsvollstreckung
b) Sonderregeln bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern (GbR-, oHG-Gesellschafter oder Komplementär)
c) Keine Sonderregeln bei Kommanditisten
2. Testamentsvollstreckung im Kapitalgesellschaftsrecht
3. Dogmatischer Hintergrund
a) Organisationsrechtliche Gründe
b) Haftungsrechtliche Gründe
aa) Erbrechtliche Grenzen der Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers
bb) GbR-, oHG- und Komplementäranteile
cc) Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile
c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund
IV. Ergebnis zu den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht
1. Sonderregeln des Personengesellschaftsrechts
2. Rechtliche Verwandtschaft von Kommanditanteil und Kapitalgesellschaftsanteil
B. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen in anderen Rechtsordnungen
I. Ausgewählte Rechtsquellen
II. Sonderregeln im EU-Gesellschaftsrecht
1. Überblick über unionsrechtliche Gesellschaftsformen
2. EU-Gesellschaftsformen als Untersuchungsgegenstand der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
3. Sonderregeln der EU-Gesellschaftsformen
a) Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
b) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)
c) Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea)
4. Ergebnis zu Sonderregeln des EU-Gesellschaftsrechts
III. Sonderregeln im mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrecht
1. Österreich
a) Vererblichkeit
b) Einantwortung
c) Erbenmehrheit
d) Testamentsvollstreckung
e) Ergebnis zum Länderbericht Österreich
2. England
a) Vererblichkeit
b) Personal representative
c) Erbenmehrheit
d) Ergebnis zum Länderbericht England
3. Frankreich
a) Vererblichkeit
b) Erbenmehrheit (indivision héréditaire)
c) Testamentsvollstreckung
d) Ergebnis zum Länderbericht Frankreich
C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
I. Sonderregeln bei Personengesellschaften
1. Anteile unbeschränkt haftender Personengesellschafter
2. Kommanditanteile
II. Sonderregeln bei Kapitalgesellschaften
III. Ergebnis zu Prinzipien der Gesellschafternachfolge
§ 3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht
A. Eingrenzung
B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente
I. Personengesellschaften
1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
a) Grundsatz: Auflösung der GbR mit dem Tode eines Gesellschafters (§ 727 Abs. 1 Hs. 1 BGB) und Fortsetzung als Liquidationsgesellschaft
b) Ausnahme: Gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Fortsetzung der GbR (§ 727 Abs. 1 Hs. 2 BGB)
aa) Fortsetzung ohne Nachfolger
bb) Fortsetzung mit Nachfolger
(1) Einfache Nachfolgeklausel
(2) Qualifizierte Nachfolgeklausel
(3) Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel
(4) Eintrittsklausel
2. Offene Handelsgesellschaft
a) Grundsatz: Fortsetzung der oHG ohne Nachfolger (§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB)
b) Erste Ausnahme: Auflösung der oHG (Auflösungsklausel)
c) Zweite Ausnahme: Fortsetzung der oHG mit Nachfolger (Nachfolgeklauseln)
3. Kommanditgesellschaft
a) Komplementäranteil
b) Kommanditanteil
II. Kapitalgesellschaften
1. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
a) Zwingende Vererblichkeit des Geschäftsanteils
b) Einziehungsklauseln
aa) Voraussetzungen
bb) Rechtsfolgen
c) Abtretungsklauseln
aa) Durch den Todesfall bedingte Abtretung
bb) Abtretungsverpflichtung der Erben
2. Aktiengesellschaft
a) Gemeinsamkeiten mit der GmbH
b) Unterschiede zur GmbH
aa) Aktienrechtliche Satzungsstrenge
bb) Kapitalherabsetzung statt Kapitalerhaltung
cc) Erbengemeinschaft
C. Erbrechtliche Instrumente
I. Anordnungen des Erblassers
1. Erbeinsetzung
a) Personengesellschaften
aa) Grundsatz: Koordination von Nachfolgeklauseln und Erbeinsetzung
bb) Ausnahmen: Fortsetzungsklauseln, rechtsgeschäftliche Nachfolgeklauseln und Eintrittsklauseln
b) Kapitalgesellschaften
2. Vor- und Nacherbschaft
a) Bedeutung der Vor- und Nacherbschaft für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen
aa) Vermögensperpetuierung und Verhaltenssteuerung
bb) Rechtsstellung des Vorerben
b) Besonderheiten in der Koordination von Nachfolgeklauseln und Vor- und Nacherbschaft
3. Teilungsanordnung und Vermächtnis
a) Bedeutung von Teilungsanordnung und Vermächtnis für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen
b) Teilungsanordnung
c) Vermächtnis
II. Errichtungsformen
1. Testament
2. Erbvertrag
D. Ergebnis zu den Instrumenten der Gesellschafternachfolge
§ 4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht
A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht
I. Autonomiegebot
1. Gebot unionsrechtlich autonomer Qualifikation
2. Gebot kollisionsrechtlich autonomer Qualifikation
3. Ergebnis zum Autonomiegebot
II. Unionsrechtliches Qualifikationsverständnis
1. Dogmatische Unsicherheit im unionsrechtlichen Qualifikationsvorgang
2. Qualifikationsbegriff
a) Auslegung und Subsumtion
b) Primäre und sekundäre Qualifikation
aa) Methodische Grundsätze zur primären und sekundären Qualifikation
bb) Übertragung auf die Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich im EU-Kollisionsrecht
(1) Primäre Qualifikation
(2) Sekundäre Qualifikation
(3) Ergebnis zur primären und sekundären Qualifikation
c) Ergebnis zum unionsrechtlichen Qualifikationsbegriff
3. Qualifikationsstatut
a) Zwischen sachrechtlicher und autonomer Begriffsauslegung
b) Qualifikationsstatut im EU-Kollisionsrecht
aa) Prinzip der lex fori im nationalen Kollisionsrecht
bb) Übertragung des lex fori-Prinzips auf das EU-Kollisionsrecht
4. Europäischer Auslegungskanon
a) Wortlaut
b) Systematik
c) Telos
d) Historie
e) Primärrechtskonforme Auslegung
f) Rechtsvergleichende Auslegung
5. Ergebnis zum unionsrechtlichen Qualifikationsverständnis
B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen
I. EU-Primärrecht
1. Kollisionsrechtliche Relevanz des EU-Primärrechts
a) Schutzumfang und das Prinzip der engsten Verbindung
b) Beschränkungen: primäre und sekundäre Qualifikation
2. EU-Primärrecht im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
a) Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
aa) Schutzumfang
bb) Beschränkung durch Sonderregeln beim Erwerb von Todes wegen
cc) Rechtfertigung einer Kapitalverkehrsbeschränkung
(1) Intuitus personae als Rechtfertigungsgrund
(2) Verhältnismäßigkeit einer Kapitalverkehrbeschränkung
b) Testierfreiheit (Art. 17 GrCH) im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
aa) Schutzumfang
bb) Beschränkung durch Sonderregeln der Gesellschafternachfolge
cc) Rechtfertigung einer Beschränkung der Testierfreiheit
c) Niederlassungsfreiheit (Artt. 49, 54 AEUV)
aa) Vorrangargument der Niederlassungsfreiheit nach Dutta
bb) Rechtliche Einordnung – psychologische Vorwirkung statt rechtlicher Niederlassungsrelevanz
cc) Schutzumfang der Niederlassungsfreiheit nach Kornhaas
(1) Kornhaas-Entscheidung des EuGH
(2) Abgrenzung von niederlassungsrelevanten und tätigkeitsbezogenen Regelungen
(a) Niederlassungsrelevanz im Sinne rechtlicher Betroffenheit (Centros, Überseering sowie Inspire Art)
(b) Tätigkeitsbezogene Regelungen (Kornhaas)
dd) Überprüfung des Schutzumfangs der Niederlassungsfreiheit in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
3. Ergebnis zum EU-Primärrecht im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
a) Primärrechtskonforme Ergebniskontrolle
b) Grenzen der Ergebniskontrolle
II. Regelungen der EuErbVO
1. Nachlasseinheit
2. Anwendungs- und Geltungsbereich der EuErbVO
a) Systematisches Verhältnis zwischen Anwendungs- und Geltungsbereich
aa) Unterschiede von Anwendungs- und Geltungsbereich
bb) Gemeinsamkeiten von Anwendungs- und Geltungsbereich
b) Anwendungs- und Geltungsbereich im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
aa) Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. h EuErbVO
bb) Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. i EuErbVO
cc) Beispielkatalog des Art. 23 Abs. 2 EuErbVO
3. Anknüpfung des Erbstatuts
a) Objektive Anknüpfung
b) Rechtswahl
4. Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art. 30 EuErbVO)
a) Voraussetzungen des Art. 30 EuErbVO
b) Sonderregeln der Gesellschafternachfolge als potentielle Eingriffsnormen
III. Deutsches Kollisionsrecht
1. Art. 25 EGBGB
a) Argument der unionsrechtlichen Begriffsbildung
b) Argument des geänderten Art. 25 EGBGB
c) Stellungnahme
2. Gesellschaftskollisionsrecht
a) Objektive Anknüpfung
aa) Vorgaben des EuGH
(1) Zuzugsfreiheit
(2) Wegzugsfreiheit
bb) Nationale Umsetzung des BGH
(1) Rechtsquelle: Richterliche Rechtsfortbildung und Gewohnheitsrecht
(2) Gründungstheorie für EU- und EWR-Gesellschaften
(3) Sitztheorie für drittstaatliche Gesellschaften
b) Rechtswahl
IV. Auseinanderfallen von Erb- und Gesellschaftsstatut
§ 5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?
I. Forschungsstand der Literatur zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts
II. Kritik am Vorrang des Gesellschaftsstatuts
1. Wortlaut
2. Systematik
a) Art. 23 EuErbVO
b) Bereichsausnahmen der Rom I- und Rom II-VO
3. Telos
a) Nachlasseinheit
b) Schutz der kollisionsrechtlichen Interessen
aa) Prinzip der engsten Verbindung in der Gesellschafternachfolge
bb) Parteiinteressen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut
cc) Verkehrsinteressen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut
dd) Primärrechtliche Aufwertung der erbrechtlichen Anknüpfungsinteressen
4. Rechtsvergleichung
a) Änderung des Art. 3a Abs. 2 EGBGB
b) Weiteres mitgliedstaatliches IPR zur internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen
c) Mitgliedstaatliches Sachrecht zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen
III. Kritik an sachrechtlichen Vorrangkriterien
1. Wortlaut
2. Systematik
a) Eingriffsnormen (Art. 30 EuErbVO)
b) Keine Qualifikationsverweisung
c) EuInsVO
3. Telos
a) Einheitliche Rechtsanwendung
b) Klarheit über die Anwendung des Erbstatuts
c) Interessengerechtigkeit
IV. Ergebnis zur Vorrangfrage
B. Anwendbares Recht
I. Gesellschaftsrechtliche Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
1. Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils
a) Vorüberlegungen
b) Primäre und sekundäre Qualifikation
c) Keine primärrechtliche Korrektur
2. Bestimmung des Gesellschafternachfolgers
a) Vorüberlegungen
b) Primäre und sekundäre Qualifikation
c) Primärrechtliche Korrektur
aa) Betroffenes Primärrecht – Beschränkung der Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit
(1) Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV)
(2) Testierfreiheit (Art. 17 Abs. 1 S. 1 GrCH)
bb) Rechtfertigung der Beschränkungen
(1) Geeignetheit
(2) Erforderlichkeit und Angemessenheit
d) Ergebnis zur Bestimmung des Gesellschafternachfolgers
II. Erbrechtliche Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
1. Allgemeines Erbrecht
a) Bestimmung des Erben
b) Nachlasszuordnung
aa) Vorüberlegungen
bb) Primäre und sekundäre Qualifikation
2. Sondererbrecht der Gesellschafternachfolge von Todes wegen
a) Erbgang
aa) Vorüberlegungen
bb) Primäre und sekundäre Qualifikation
cc) Keine primärrechtliche Korrektur
dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art. 30 EuErbVO)
ee) Anpassung dinglicher Rechte (Art. 31 EuErbVO)
ff) Ergebnis zum Erbgang
b) Erbenmehrheit
aa) Vorüberlegungen
bb) Primäre und sekundäre Qualifikation
cc) Keine primärrechtliche Korrektur
dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art. 30 EuErbVO)
ee) Ergebnis zur Erbenmehrheit
c) Testamentsvollstreckung
aa) Vorüberlegungen
bb) Primäre und sekundäre Qualifikation
(1) Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung
(2) Testamentsvollstreckungsklauseln
(3) Ergebnis zur Qualifikation der Testamentsvollstreckung
cc) Keine primärrechtliche Korrektur
dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art. 30 EuErbVO)
ee) Ordre public (Art. 35 EuErbVO)
ff) Ergebnis zur Testamentsvollstreckung
d) Ausgleichsansprüche
aa) Vorüberlegungen
(1) Ausgleichsansprüche bei Personengesellschaften
(2) Ausgleichsansprüche bei Kapitalgesellschaften
bb) Qualifikation der Ausgleichsansprüche
cc) Qualifikation der pflichtteilsrechtlichen Auswirkung gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln
dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art. 30 EuErbVO)
ee) Ordre public (Art. 35 EuErbVO)
ff) Ergebnis zu Ausgleichsansprüchen
§ 6 Abschließende Thesen
Entscheidungsverzeichnis
Materialienverzeichnis
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 456 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Jan Henrik Weischede

Die Gesellschafternachfolge von Todes wegen unter der EuErbVO

Mohr Siebeck

Jan Henrik Weischede, geboren 1989; Studium der Rechtswissenschaft an der Bucerius Law School Hamburg sowie der University of Cape Town (Südafrika); wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Handelsrecht und Rechtsvergleichung, Bucerius Law School; 2020 Promotion; Referendariat am Kammergericht; seit 2020 Rechtsanwalt in Berlin. orcid.org/0000-0001-5890-6495

ISBN 978-3-16-159925-5 / eISBN 978-3-16-159926-2 DOI 10.1628/978-3-16-159926-2 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit wurde im Frühjahrstrimester 2019 von der Bucerius Law School, Hamburg als Dissertation angenommen. Die mündliche Promotionsprüfung fand am 11. März 2020 statt. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur berücksichtigte ich bis einschließlich Dezember 2018. Bedauerlicherweise blieb mir eine weitere Aktualisierung pandemiebedingt verwehrt. Mein erster Dank gilt meinem geschätzten Doktorvater Herrn Prof. Dr. K ­ arsten Thorn, LL.M. (Georgetown) für seine wertvollen Hinweise zum Gelingen dieser Arbeit und die lehrreiche Zeit an seinem Lehrstuhl. Für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und ihre Anregungen danke ich Frau Prof. Dr. Anne Röthel. Den Direktoren des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer, LL.M. (Univ. of Michigan), Herrn Prof. Dr. Ralf Michaels, LL.M. (Cambridge) sowie Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Zimmermann, bin ich für die Aufnahme meiner Arbeit in diese Schriftenreihe dankbar. Die Entstehung der Arbeit ist durch das Notar Dr. Michael Ehlke-Stipendium der Bucerius Law School gefördert worden. Für diese großzügige Unterstützung gilt mein Dank dem Ehepaar Helge und Hans-Joachim Ehlke und dem Notariat Ballindamm. Für die hilfreichen Anregungen zum Erstentwurf dieser Arbeit sei herzlich Julia Schulte, Dr. Maximilian Kraus und Daniel Ludwig gedankt. Sehr dankbar bin ich für die gemeinsame Zeit, die ich mit meinen engen Freunden und Doktorandenkollegen auf dem Campus verbracht habe. Unsere gegenseitige Unterstützung half mir in jeder kritischen Phase dieser Arbeit. Der größte Dank gebührt meinen Eltern. Sie haben diese Arbeit erst ermöglicht, indem sie mich liebevoll auf meinem gesamten Ausbildungsweg unterstützt und gefördert haben. Ihr Rückhalt und ihr Vertrauen in meine Fähigkeiten legten den Grundstein dafür, dass ich nie die Zuversicht verlor, diese Arbeit fertigzustellen. Voller Dankbarkeit ist ihnen diese Arbeit gewidmet. Berlin, im September 2020

Jan Henrik Weischede

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

§  1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Stillstand und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht . . . . . . 5 A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 B. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen in anderen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 A. Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 C. Erbrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 D. Ergebnis zu den Instrumenten der Gesellschafternachfolge . . . . . 92

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

X

Inhaltsübersicht

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 B. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

§ 6 Abschließende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

§  1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Stillstand und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht . . . . . . 5 A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 I. Vererblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1. Sonderregeln im Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . 5 2. Keine Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . 6 3. Dogmatischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Selbstorganschaft und Gläubigerschutz im Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 b) Fremdorganschaft und Gläubigerschutz im Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund . . . . . . . . . 10 II. Nachlasszuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1. Sonderregeln im Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . 11 2. Keine Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . 13 3. Dogmatischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 a) Rechtspositivistischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) Organisationsrechtliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . 14 aa) Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft . . . . . 15 bb) Gemeinschaftszweck der Erbengemeinschaft . . . . 17 c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund . . . . . . . . . 19 III. Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Testamentsvollstreckung im Personengesellschaftsrecht . . . 21 a) Zulässige Formen der Testamentsvollstreckung . . . . . . 21 b) Sonderregeln bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern (GbR-, oHG-Gesellschafter oder Komplementär) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 c) Keine Sonderregeln bei Kommanditisten . . . . . . . . . 22 2. Testamentsvollstreckung im Kapitalgesellschaftsrecht . . . 23 3. Dogmatischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Organisationsrechtliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Haftungsrechtliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 aa) Erbrechtliche Grenzen der Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers . . . . . . . . . . . . . . 25 bb) GbR-, oHG- und Komplementäranteile . . . . . . . . 25 cc) Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile . . . . . 26 c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund . . . . . . . . . 28 IV. Ergebnis zu den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Sonderregeln des Personengesellschaftsrechts . . . . . . . . 28 2. Rechtliche Verwandtschaft von Kommanditanteil und Kapitalgesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen in anderen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Ausgewählte Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Sonderregeln im EU-Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . 32 1. Überblick über unionsrechtliche Gesellschaftsformen . . . . 32 2. EU-Gesellschaftsformen als Untersuchungsgegenstand der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . 33 3. Sonderregeln der EU-Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . 34 a) Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) 35 b) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) . . . . 36 c) Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea) 37 4. Ergebnis zu Sonderregeln des EU-Gesellschaftsrechts . . . . 37 III. Sonderregeln im mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrecht . . . . 38 1. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Vererblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Einantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 c) Erbenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 d) Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 e) Ergebnis zum Länderbericht Österreich . . . . . . . . . . 41

Inhaltsverzeichnis

XIII

2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Vererblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Personal representative . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 c) Erbenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 d) Ergebnis zum Länderbericht England . . . . . . . . . . . 47 3. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Vererblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Erbenmehrheit (indivision héréditaire) . . . . . . . . . . . 49 c) Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) Ergebnis zum Länderbericht Frankreich . . . . . . . . . . 52 C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Sonderregeln bei Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . 52 1. Anteile unbeschränkt haftender Personengesellschafter . . . 52 2. Kommanditanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 II. Sonderregeln bei Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . 55 III. Ergebnis zu Prinzipien der Gesellschafternachfolge . . . . . . 57

§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 A. Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Grundsatz: Auflösung der GbR mit dem Tode eines Gesellschafters (§  727 Abs.  1 Hs. 1 BGB) und Fortsetzung als Liquidationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Ausnahme: Gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Fortsetzung der GbR (§  727 Abs.  1 Hs. 2 BGB) . . . . . . 60 aa) Fortsetzung ohne Nachfolger . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Fortsetzung mit Nachfolger . . . . . . . . . . . . . . 62 (1) Einfache Nachfolgeklausel . . . . . . . . . . . . 62 (2) Qualifizierte Nachfolgeklausel . . . . . . . . . . . 63 (3) Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel . . . . . . . 65 (4) Eintrittsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Offene Handelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Grundsatz: Fortsetzung der oHG ohne Nachfolger (§  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . 69

XIV

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b) Erste Ausnahme: Auflösung der oHG (Auflösungsklausel) 70 c) Zweite Ausnahme: Fortsetzung der oHG mit Nachfolger (Nachfolgeklauseln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Komplementäranteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Kommanditanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) . . . . . . . 73 a) Zwingende Vererblichkeit des Geschäftsanteils . . . . . . 73 b) Einziehungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 c) Abtretungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 aa) Durch den Todesfall bedingte Abtretung . . . . . . . 77 bb) Abtretungsverpflichtung der Erben . . . . . . . . . . 78 2. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 a) Gemeinsamkeiten mit der GmbH . . . . . . . . . . . . . 78 b) Unterschiede zur GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 aa) Aktienrechtliche Satzungsstrenge . . . . . . . . . . . 79 bb) Kapitalherabsetzung statt Kapitalerhaltung . . . . . . 80 cc) Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 C. Erbrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 I. Anordnungen des Erblassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Erbeinsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Grundsatz: Koordination von Nachfolgeklauseln und Erbeinsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 bb) Ausnahmen: Fortsetzungsklauseln, rechtsgeschäftliche Nachfolgeklauseln und Eintrittsklauseln . . . . . . . 83 b) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2. Vor- und Nacherbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Bedeutung der Vor- und Nacherbschaft für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . 84 aa) Vermögensperpetuierung und Verhaltenssteuerung . . 84 bb) Rechtsstellung des Vorerben . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Besonderheiten in der Koordination von Nachfolgeklauseln und Vor- und Nacherbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Teilungsanordnung und Vermächtnis . . . . . . . . . . . . . 87

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a) Bedeutung von Teilungsanordnung und Vermächtnis für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . 87 b) Teilungsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Vermächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 II. Errichtungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Erbvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 D. Ergebnis zu den Instrumenten der Gesellschafternachfolge . . . . . 92

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Autonomiegebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Gebot unionsrechtlich autonomer Qualifikation . . . . . . . 94 2. Gebot kollisionsrechtlich autonomer Qualifikation . . . . . . 95 3. Ergebnis zum Autonomiegebot . . . . . . . . . . . . . . . . 97 II. Unionsrechtliches Qualifikationsverständnis . . . . . . . . . . 98 1. Dogmatische Unsicherheit im unionsrechtlichen Qualifikationsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Qualifikationsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Auslegung und Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . 99 b) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . . . 100 aa) Methodische Grundsätze zur primären und sekundären Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Übertragung auf die Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich im EU‑Kollisionsrecht . . . . . . . . 101 (1) Primäre Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . 101 (2) Sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . 103 (3) Ergebnis zur primären und sekundären Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Ergebnis zum unionsrechtlichen Qualifikationsbegriff . . 104 3. Qualifikationsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Zwischen sachrechtlicher und autonomer Begriffsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Qualifikationsstatut im EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . 105 aa) Prinzip der lex fori im nationalen Kollisionsrecht . . . 105 bb) Übertragung des lex fori-Prinzips auf das EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 4. Europäischer Auslegungskanon . . . . . . . . . . . . . . . 107

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a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 d) Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Primärrechtskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . 110 f) Rechtsvergleichende Auslegung . . . . . . . . . . . . . . 111 5. Ergebnis zum unionsrechtlichen Qualifikationsverständnis . 113 B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. EU-Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Kollisionsrechtliche Relevanz des EU-Primärrechts . . . . . 115 a) Schutzumfang und das Prinzip der engsten Verbindung . . 115 b) Beschränkungen: primäre und sekundäre Qualifikation . . 116 2. EU-Primärrecht im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV) im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . 117 aa) Schutzumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Beschränkung durch Sonderregeln beim Erwerb von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 cc) Rechtfertigung einer Kapitalverkehrsbeschränkung . 120 (1) Intuitus personae als Rechtfertigungsgrund . . . . 120 (2) Verhältnismäßigkeit einer Kapitalverkehrbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Testierfreiheit (Art.  17 GrCH) im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . 122 aa) Schutzumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Beschränkung durch Sonderregeln der Gesellschafternachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . 124 cc) Rechtfertigung einer Beschränkung der Testierfreiheit 125 c) Niederlassungsfreiheit (Artt.  49, 54 AEUV) . . . . . . . . 126 aa) Vorrangargument der Niederlassungsfreiheit nach Dutta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Rechtliche Einordnung – psychologische Vorwirkung statt rechtlicher Niederlassungsrelevanz . . . . . . . 127 cc) Schutzumfang der Niederlassungsfreiheit nach Kornhaas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (1) Kornhaas-Entscheidung des EuGH . . . . . . . . 128

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(2) Abgrenzung von niederlassungsrelevanten und tätigkeitsbezogenen Regelungen . . . . . . . . . . 130 (a) Niederlassungsrelevanz im Sinne rechtlicher Betroffenheit (Centros, Überseering sowie Inspire Art) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (b) Tätigkeitsbezogene Regelungen (Kornhaas) . . 132 dd) Überprüfung des Schutzumfangs der Niederlassungsfreiheit in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Ergebnis zum EU-Primärrecht im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . 134 a) Primärrechtskonforme Ergebniskontrolle . . . . . . . . . 134 b) Grenzen der Ergebniskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Regelungen der EuErbVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Nachlasseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Anwendungs- und Geltungsbereich der EuErbVO . . . . . . 138 a) Systematisches Verhältnis zwischen Anwendungs- und Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Unterschiede von Anwendungs- und Geltungsbereich 139 bb) Gemeinsamkeiten von Anwendungs- und Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Anwendungs- und Geltungsbereich im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . 141 aa) Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO . 141 bb) Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO . . 142 cc) Beispielkatalog des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO . . . . . 143 3. Anknüpfung des Erbstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Objektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4. Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) 145 a) Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO . . . . . . . . . . 145 b) Sonderregeln der Gesellschafternachfolge als potentielle Eingriffsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 III. Deutsches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Art.  25 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Argument der unionsrechtlichen Begriffsbildung . . . . . 148 b) Argument des geänderten Art.  25 EGBGB . . . . . . . . 149 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Gesellschaftskollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Objektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

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aa) Vorgaben des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (1) Zuzugsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (2) Wegzugsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Nationale Umsetzung des BGH . . . . . . . . . . . . 154 (1) Rechtsquelle: Richterliche Rechtsfortbildung und Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Gründungstheorie für EU- und EWRGesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (3) Sitztheorie für drittstaatliche Gesellschaften . . . 157 b) Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 IV. Auseinanderfallen von Erb- und Gesellschaftsstatut . . . . . . . 158

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Forschungsstand der Literatur zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 II. Kritik am Vorrang des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . 161 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Art.  23 EuErbVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Bereichsausnahmen der Rom  I- und Rom  II-VO . . . . . 163 3. Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Nachlasseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Schutz der kollisionsrechtlichen Interessen . . . . . . . . 165 aa) Prinzip der engsten Verbindung in der Gesellschafternachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Parteiinteressen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut 166 cc) Verkehrsinteressen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 dd) Primärrechtliche Aufwertung der erbrechtlichen Anknüpfungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4. Rechtsvergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Änderung des Art.  3a Abs.  2 EGBGB . . . . . . . . . . . 169 b) Weiteres mitgliedstaatliches IPR zur internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . 170 c) Mitgliedstaatliches Sachrecht zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 III. Kritik an sachrechtlichen Vorrangkriterien . . . . . . . . . . . . 173

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1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 2. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Eingriffsnormen (Art.  30 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . 174 b) Keine Qualifikationsverweisung . . . . . . . . . . . . . . 174 c) EuInsVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Einheitliche Rechtsanwendung . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Klarheit über die Anwendung des Erbstatuts . . . . . . . 176 c) Interessengerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 IV. Ergebnis zur Vorrangfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 B. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Gesellschaftsrechtliche Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils . . . . . . . . . . . 181 a) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . . . 182 c) Keine primärrechtliche Korrektur . . . . . . . . . . . . . 184 2. Bestimmung des Gesellschafternachfolgers . . . . . . . . . 185 a) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . . . 185 c) Primärrechtliche Korrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Betroffenes Primärrecht – Beschränkung der Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit . . . . . . . . . . 187 (1) Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 Abs.  1 AEUV) . . 187 (2) Testierfreiheit (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) . . . . . 188 bb) Rechtfertigung der Beschränkungen . . . . . . . . . 188 (1) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (2) Erforderlichkeit und Angemessenheit . . . . . . . 190 d) Ergebnis zur Bestimmung des Gesellschafternachfolgers . 192 II. Erbrechtliche Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Allgemeines Erbrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Bestimmung des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Nachlasszuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 aa) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . 193 2. Sondererbrecht der Gesellschafternachfolge von Todes wegen 195 a) Erbgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 aa) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

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bb) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . 196 cc) Keine primärrechtliche Korrektur . . . . . . . . . . 198 dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 ee) Anpassung dinglicher Rechte (Art.  31 EuErbVO) . . . 200 ff) Ergebnis zum Erbgang . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Erbenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . 203 cc) Keine primärrechtliche Korrektur . . . . . . . . . . . 206 dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 ee) Ergebnis zur Erbenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Primäre und sekundäre Qualifikation . . . . . . . . . 210 (1) Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (2) Testamentsvollstreckungsklauseln . . . . . . . . . 214 (3) Ergebnis zur Qualifikation der Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 cc) Keine primärrechtliche Korrektur . . . . . . . . . . . 216 dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 ee) Ordre public (Art.  35 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . 220 ff) Ergebnis zur Testamentsvollstreckung . . . . . . . . 221 d) Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 aa) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (1) Ausgleichsansprüche bei Personengesellschaften . 223 (2) Ausgleichsansprüche bei Kapitalgesellschaften . . 225 bb) Qualifikation der Ausgleichsansprüche . . . . . . . . 226 cc) Qualifikation der pflichtteilsrechtlichen Auswirkung gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln . . . . 229 dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 ee) Ordre public (Art.  35 EuErbVO) . . . . . . . . . . . . 232 ff) Ergebnis zu Ausgleichsansprüchen . . . . . . . . . . 233

§ 6 Abschließende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

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XXI

Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. F. ABGB

andere Ansicht alte Fassung Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, StF: JGS Nr.  649/1811, zuletzt geändert durch BGBl.  I Nr.  59/2017 ABl. Amtsblatt ABl.  EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft ABl.  EU Amtsblatt der Europäischen Union ABl.  EWG Amtsblatt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft AcP Archiv für die civilistische Praxis AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.5.2008, ABl.  EU 2008 Nr. C 115, S.  47 ff. AG Amtsgericht / Aktiengesellschaft / Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) AktG Aktiengesetz vom 6.9.1965 (BGBl.  I S.  1089), zuletzt geändert durch geändert durch Gesetz vom 17.07.2017 (BGBl.  I S.  2446) All E.R. All England Law Reports Anm. Anmerkung Art. Artikel Aufl. Auflage BayObLG Bayerisches Oberlandesgericht BB Der Betriebsberater Bd. Band belg. belgisch BGB Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002 (BGBl.  I S.  42, berichtigt S.  2909 und 2003 I S.  738), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.07.2018 (BGBl.  I S.  1151) BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Brüssel Ia-VO Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12.12.2012, ABl.  EU 2012 L 351 Brüssel I-VO Verordnung (EG) Nr.  44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl.  EG 2001 L 12/1 BT-Drucks. Drucksachen des Deutschen Bundestages BVerfG Bundesverfassungsgericht

XXIV BVerfGE C.A. C.A.Ch. CC C.Ch Ccom Clunet DB DNotI DNotZ DStR DZWIR EG EGBGB

Abkürzungsverzeichnis

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Court of Appeal Court of Appeal in Chancery franz. Code civil i. d. F. vom 6.8.2018 Court of Chancery franz. Code de commerce i. d. F. vom 22.9.2018 Journal du droit international Der Betrieb Deutsches Notarinstitut Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Steuerrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.9.1994 (BGBl.  I S.  2494, berichtigt BGBl.  1997 I S.  1061), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2018 (BGBl.  I S.  2639) Einf Einführung endg. endgültig E.R. English Reports ErbR Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis et al. et alii / aliae / alia EU Europäische Union EuEheVO Verordnung (EG) Nr.  2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.  1347/2000, ABl.  EU 2003 L 338/1 EuErbVO Verordnung (EU) Nr.  650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl.  EU 2012 L 201/07 EuInsVO Verordnung (EU) Nr.  2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren, ABl.  EU 2015 L 141 EuGH Gerichtshof der Europäischen Union EuGHE Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften EuGVÜ Übereinkommen von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 1968 (konsolidierte Fassung) in der Fassung vom 26.1.1998, ABl.  EG 1998 C 27/1 EuIZVR Internationales Zivilverfahrensrecht der EU EUV Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon vom 13.12.2007, ABl.  EU 2007 C 306, berichtigt ABl.  EU 2008 C 111, ABl.  EU 2009 C 290, ABl.  EU 2011 C 78 EVÜ Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980, BGBl.  1986 II, S.  810, in der Fassung des 3. Beitrittsübereinkommens vom 29.11.1996, BGBl.  1999 II, S.  7 EWIV Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung

Abkürzungsverzeichnis EWIV-VO

XXV

Verordnung (EWG) Nr.  2137/85 des Rates vom 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. EWG 1985 L 199/1 EWR Europäischer Wirtschaftsraum EWRV Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum vom 2.5.1992, ABl.  EU 1994 L 1, 3 f. folgende/folgender FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht fasc. fascicule ff. folgende Fn. Fußnote franz. französisch FS Festschrift GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. gemäß GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.5.1898 (RGBl.  S.  846), zuletzt geändert am 17.7.2017 (BGBl.  I S.  2446) GmbHR GmbH-Rundschau GmbH-StB GmbH-Steuerberater GPR Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union GrCH Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 18.12.2000, ABl.  EG 2000 C 364/1 HGB Handelsgesetzbuch in der Fassung vom 10.5.1897 (RGBl.  S.  219), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.07.2018 (BGBl.  I S.  1102) Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz i. d. F. in der Fassung i. V. m. in Verbindung mit ibid. ibidem ICLQ International and Comparative Law Quarterly IntVertR Internationales Vertragsrecht IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IStR Internationales Steuerrecht JZ Juristenzeitung KG Kommanditgesellschaft KölnerGK Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta KÖSDI Kölner Steuerdialog LG Landgericht lit. litera LPA 1907 Limited Partnerships Act 1907, zuletzt geändert am 3.12.2015 (S.I. 2015/1882) m. w. N. mit weiteren Nachweisen MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern

XXVI MoMiG

Abkürzungsverzeichnis

Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl.  I Nr.  48 S.  2026 MPI Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht MüKo Münchener Kommentar n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenzeitschrift NK Nomos Kommentar zum BGB notar Monatszeitschrift für die gesamte notarielle Praxis NZ Österreichische Notarzeitung NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht oHG Offene Handelsgesellschaft ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung OLG Oberlandesgericht PA 1890 Partnership Act 1890, zuletzt geändert am 1.3.2016 (S.I. 2016/148) para. Absatz/Paragraf (franz./engl.) RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RIW Recht der Internationalen Wirtschaft Rn. Randnummer RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift Rom I-VO Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl.  EG 2008 L 177/6 Rom II-VO Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl.  EG 2007 L 199/40 Rom III-VO Verordnung (EU) Nr.  1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, ABl.  EU 2010 L 343/10 Rs. Rechtssache/Rechtssachen S. Satz/Seite s. siehe/section SA Société anonyme SARL Société à responsabilité limitée SC Société civile SCE Societas Cooperativa (Europäische Genossenschaft) SCE-VO Verordnung (EG) Nr.  1435/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl.  EU 2003 L 207/1 SCS Société en commandite simple SE Societas Europaea (Europäische Aktiengesellschaft) SE-VO Verordnung (EG) Nr.  2157/ 2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl.  EG 2001 L 294/1 S.I. Statutory Instruments Slg. Sammlung SNC Société en nom collectif

Abkürzungsverzeichnis

XXVII

sog. sogenannte SPE Societas Privata Europaea SPE-VO-E Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft vom 25.6.2008, KOM(2008) 396 endg. {SEK(2008) 2098, 2099} StAZ Zeitschrift für Standesamtwesen, Familienrecht, Staatsangehörigkeitsrecht, Personenstandsrecht, internationales Privatrecht des In- und Auslands u. a. unter anderem UAbs. Unterabsatz v. vom/versus Var. Variante Verf. Verfasser vgl. vergleiche VO Verordnung Vol. Volume Vorbem Vorbemerkungen WFBV Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen (Gesetz über formal ausländische Gesellschaften) vom 17. Dezember 1997, Staatsblad 1997, Nr.  697 z. B. zum Beispiel ZErb Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ZfRV Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZGS Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zit. zitiert ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft

§  1 Einführung A. Stillstand und offene Fragen Die Gesellschafternachfolge von Todes wegen ist weder im Sach- noch im Kollisionsrecht ein neues Problem. In Deutschland reichen diesbezügliche Gerichtsentscheidungen zurück bis in die Zeit des Reichsgerichts1, und viele Monografien haben sich des Themas in der Vergangenheit angenommen.2 Auch wenn die wissenschaftliche Diskussion nie vollständig abebbte3 und die kollisionsrechtliche Seite der Gesellschafternachfolge seit Bekanntwerden der Regelungen zur EuErbVO verstärkt Beachtung fand4, blieben die kollisionsrechtlichen Erkenntnisse zumeist beim status quo zum autonomen Recht stehen.5 Viele Autoren sind der Ansicht, dass sich unter der EuErbVO im Wesentlichen nichts an der kolli­ sions­rechtlichen Bewertung der Gesellschafternachfolge gegenüber der Rechtslage nach dem autonomen Recht geändert habe.6 Die wissenschaftliche Diskussion liefe, würde man sich ihnen anschließen, auf einen weitgehenden Stillstand 1 

Siehe beispielhaft die Reichsgerichtsentscheidung RG, 17.3.1886, RGZ 16, 40, in der die Beteiligungsfähigkeit einer Erbengemeinschaft an einer oHG verneint wurde. 2  In kollisionsrechtlicher Hinsicht: Dornhegge, Vererbung Personengesellschaftsanteile im IPR (2012), Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007) sowie Witthoff, Vererbung Personengesellschaften (1993); in sachrechtlicher Hinsicht: Menold, Vererbung Gesamthandspersonengesellschaften (2005); rechtsvergleichend: Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004) sowie Behrens, OHG und erbrechtliche Nachfolge (1969). 3  Vgl. die grundlegenden Aufsätze zum autonomen deutschen Kollisionsrecht Dutta, ­RabelsZ 73 (2009), 727 sowie von Oertzen, IPRax 1994, 73. 4  Vgl. die grundlegenden Aufsätze zum EU-Kollisionsrecht D. Paulus, notar 2016, 3 sowie Leitzen, ZEV 2012, 520. 5  Siehe NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  53 (Anknüpfungsgrundsätze entsprächen insofern „den im deutschen IPR entwickelten Abgrenzungskriterien“); Deixler-Hübner/ Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  57 ([…] ohne dass sich […] für die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Erbrecht substantiell etwas ändern würde“); Müller-Lukoschek, EuErbVO (2015), S.  86 („Abgrenzung nach deutschem Rechtsverständnis deckt sich weitgehend mit der Abgrenzung, die die ErbVO vornimmt“); Buschbaum/Simon, NJW 2012, 2393, 2394 („ErbVO zeichnet insoweit die deutsche Rechtslage nach“); Leitzen, ZEV 2012, 520, 520 („keine Neuerungen“). 6  Ibid.

2

§  1 Einführung

hinaus, in dem die tradierten Grundsätze des autonomen Rechts auf das EU-Kollisionsrecht übertragen werden. Alles bliebe beim Alten. Der Stillstand der wissenschaftlichen Diskussion wird freilich nicht dem neuen Regelungsregime der EuErbVO gerecht. Das Inkrafttreten der EuErbVO ist eine Zäsur, die auch die Qualifkation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen verändert. Das Prinzip der Nachlasseinheit und formell gesetzliche Anhaltspunkte wie Art.  1 Abs.  2 lit.  h, lit.  i EuErbVO und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO verlangen methodisch und inhaltlich danach, die Qualifikation der Gesellschafternachfolge neu zu bewerten. Insbesondere muss der vielfach bemühte7, aber selten begründete8 Vorrang des Gesellschaftsstatuts hinterfragt werden. Die EuErbVO enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge vorrangig gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind.9 Der Vorrang des Gesellschaftsstatuts ist nur ein Relikt mitgliedstaatlicher Rechtsvorstellungen. Gerade die Vorrangdiskussion, auf die im Einzelnen einzugehen ist, zeigt, wie die überwiegende Literaturmeinung zur Gesellschafternachfolge noch mitgliedstaatlichen Rechtsvorstellungen verhaftet ist und wie wichtig eine Arbeit zur Gesellschafternachfolge ist, die sich von den mitgliedstaatlichen Rechtsvorstellungen löst und die Regelungen der EuErbVO unionsautonom auslegt. Aber nicht nur die autonome Auslegung der EuErbVO ist in der Diskussion um die internationale Gesellschafternachfolge von Todes wegen bisher zu kurz gekommen. Auch der EU-primärrechtlichen Dimension der Gesellschafternachfolge ist im Qualifikationsprozess kaum Beachtung geschenkt worden10, obwohl die grenzüberschreitende Gesellschafternachfolge von Todes wegen sich als primärrechtssensibel erweist und nach einer primärrechtskonformen Qualifikation ihrer Rechtsfragen verlangt.11 Namentlich sind weder die Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV) noch die Testierfreiheit (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) im Qualifikationsprozess bisher berücksichtigt worden. 7  Siehe MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  34; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 555; D. Paulus, notar 2016, 3, 9 f.; Dörner, ZEV 2012, 505, 508; Hertel, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 85, 105; Kindler, GmbHR 2015, R305, R306; Kindler, in: FS Stilz (2014), 345, 353; Cubeddu Wiedemann, in: Löhnig, Erbfälle unter EuErbVO (2014), 109, 137; Remde, RNotZ 2012, 65, 69. 8  Grundlegend nur Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–743. 9  Zur Vorrangdiskussion S. 159  ff. 10  Nur die Niederlassungsfreiheit (Artt.  49, 54 AEUV), die nach Auffassung des Autors freilich nicht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen einschlägig ist (dazu S. 126  ff.), ist bisher im Qualifikationsprozess berücksichtigt worden: grundlegend Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 11  Zum EU-Primärrecht der Gesellschafternachfolge von Todes wegen S. 114  ff.

B. Untersuchungsgegenstand

3

Ferner unterblieb eine differenzierte Anknüpfung zwischen den Anteilen eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters und eines Kommanditisten. Gesellschaftsrechtliche Sonderregeln in der Gesellschafternachfolge erklären sich oft über die personalistische Prägung von Personengesellschaften, den sogenannten intuitus personae. Dass der intuitus personae von Kommanditanteilen zutreffenderweise nur ein „Klischee“12 ist, fand im deutschen Sachrecht zwar prominente Vertreter13, blieb aber jedenfalls kollisionsrechtlich unbeachtet. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die kollisionsrechtlichen Folgen dieses „Klischee[s]“ – die weitgehende gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung in der Vererbung von Kommanditanteilen – zu hinterfragen.

B. Untersuchungsgegenstand Voraussetzung jeder kollisionsrechtlichen Untersuchung ist der grenzüberschreitende Sachverhalt. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit kann daher nur die Gesellschafternachfolge von Todes wegen mit Auslandsberührung sein. Fallen Erb- und Gesellschaftsstatut auseinander, entscheidet ihre Abgrenzung über das anwendbare Recht in der jeweiligen Rechtsfrage. Dieser Abgrenzungsvorgang, im IPR als Qualifikation bekannt14, steht im Zentrum dieser Arbeit. Ausgangspunkt der Qualifikation ist insbesondere die Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, in der sich die Verordnung in „Fragen des Gesellschaftsrechts“ für nicht anwendbar erklärt. Zu solchen Fragen gehören ausweislich ihres Wortlauts „Klauseln im Errichtungsakt oder in der Satzung einer Gesellschaft, […], die das Schicksal der Anteile verstorbener Gesellschafter […] regeln“. Welche Rechtsfragen in der Gesellschafternachfolge als „Fragen des Gesellschaftsrechts“ und welche als erbrechtlich zu qualifizieren sind, ergibt sich nur rudimentär aus der Bereichsausnahme. In vielen Grenzfällen bietet der Wortlaut keine Hilfe. Solche Grenzfälle treten vor allem auf, soweit sich im internen Recht Sonderregeln der Gesellschafternachfolge entwickelt haben, um zwischen gesellschaftsrechtlichen Prinzipien und erbrechtlichen Instituten zu vermitteln. Sie stehen an der Schnittstelle zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht und erschweren die Qualifikation der jeweils berührten Rechtsfragen. So könnte die Sondererb12 

K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 635. Neben K. Schmidt (Fn.  12) ähnlich bereits Ulmer, NJW 1990, 73, 75, der in der Hinterfragung der Sondererbfolge des Kommanditanteils freilich noch einen „ketzerische[n] Gedanke[n]“ sah; die Ähnlichkeit zum Körperschaftsanteil betonend Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  358. 14  Zu methodischen Einzelheiten, die in der Qualfikationsfrage nahezu vollständig umstritten sind, S. 98  ff. 13 

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§  1 Einführung

folge deutschen Rechts, nach der die Erben abweichend von §§  2032 ff. BGB einzeln in die Personengesellschaftsanteile des Erblassers nachfolgen, als Tribut an die personengesellschaftsrechtliche Organisations- und Haftungsverfassung gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sein. Da die Anteile aber auf erbrechtlichem Wege übergehen, kommt freilich auch eine erbrechtliche Qualifikation der Sondererbfolge in Betracht. Ähnliche Abgrenzungsprobleme stellen sich bei den Sonderregeln zur Testamentsvollstreckung, die die Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung einschränken und ferner nach einer gesellschaftsvertraglichen Zustimmungsklausel zur Testamentsvollstreckung verlangen. Der Wortlaut der Bereichausnahme hält keine Anhaltspunkte bereit, um in diesen Rechtsfragen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut abzugrenzen, obwohl es das erklärte Ziel der Verordnung ist, dem Bürger Klarheit über die Reichweite des Erbstatuts, also Rechtssicherheit zu verschaffen.15 Da die normativen Anhaltspunkte der EuErbVO zu schlicht geraten sind, bedarf die Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen einer ausführlichen Untersuchung.16

C. Gang der Untersuchung Die Untersuchung beginnt mit den materiellrechtlichen Grundlagen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen. Dabei sind zunächst die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht sowie im Rechtsvergleich herauszuarbeiten, um das Spannungsfeld zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht im Kontext der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu beleuchten und die Qualifikationsfragen für den kollisionsrechtlichen Teil dieser Arbeit aufzuwerfen. Die erb- und gesellschaftsrechtlichen Instrumente der Gesellschafternachfolge werden sodann am Beispiel der deutschen Rechtslage erläutert. Im Anschluss an die materiellrechtlichen Grundlagen geht die Untersuchung zu ihrem kollisionsrechtlichen Teil über. Die methodischen Fragen der Qualifikation werden im Kontext des EU-Kollisionsrechts geklärt, bevor die Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu untersuchen sind. Schließlich ist das anwendbare Recht auf die Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu bestimmen. In diesem Zusammenhang ist der Frage nach dem Vorrang des Gesellschaftsstatuts und der primärrechtskonformen Qualifikation einzelner Rechtsfragen nachzugehen. 15 

Vgl. Erwägungsgrund 37 S.  1 EuErbVO. Vgl. Leitzen, ZEV 2012, 520, 521: Umstrittene Detailfragen müssten „in jedem Einzelfall“ entschieden werden; ähnlich Cubeddu Wiedemann, in: Löhnig, Erbfälle unter EuErbVO (2014), 109, 137. 16 

§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht Bereits im Sachrecht stoßen in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Erb- und Gesellschaftsrecht aufeinander. Rechtsfragen, die später im kollisionsrechtlichen Falllösungsprozess zu qualifizieren sind, erschließen sich erst aus dem Spannungsfeld von Erb- und Gesellschaftsrecht. Unerlässlich ist daher, sich dem Konflikt von sachrechtlicher Seite aus zu nähern.

A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht Über die letzten Jahrzehnte haben sich in Rechtsprechung und Literatur Sonderregeln zur Gesellschafternachfolge deutschen Rechts herausgebildet, um im Regelungskonflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht zu vermitteln. Sie werden im Folgenden für die drei Konfliktfelder der Vererblichkeit, der Nachlasszuordnung und der Testamentsvollstreckung herausgearbeitet, die keineswegs abschließend, aber beispielhaft das Spannungsfeld von Erb- und Gesellschaftsrecht illustrieren.1 I. Vererblichkeit Nach welchem Regelungsregime sich bestimmt, ob der Gesellschafter-Erblasser über seinen Gesellschaftsanteil letztwillig verfügen kann (Vererblichkeit), ist für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften nicht einheitlich zu beant­ worten. 1. Sonderregeln im Personengesellschaftsrecht Im Personengesellschaftsrecht gilt insofern der Vorrang des Gesellschaftsrechts.2 Dem Vorrang zufolge müssen das Handelsgesetzbuch (z. B. §  177 HGB) oder der 1 

Zu weiteren Konfliktfeldern wie der Frage von Ausgleichsansprüchen im kollisionsrechtlichen Teil auf S. 222  ff. 2  Flesner, DB 2011, 2362, 2363; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 382; kritisch aber

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

Gesellschaftsvertrag die letztwillige Verfügung über den Gesellschaftsanteil zugunsten der jeweiligen Erben zulassen. Liegt keine solche gesellschaftsrechtliche Regelung vor, ist die Vererbung des Gesellschaftsanteils dinglich ausgeschlossen3, und die kraft gewillkürter oder gesetzlicher Erbfolge bestimmten Erben erhalten lediglich einen Abfindungsanspruch für das todesbedingte Ausscheiden des Gesellschafter-Erblassers (vgl. §  738 Abs.  1 S.  2 BGB).4 Allerdings ist trotz Vorrangs des Gesellschaftsrechts die Erbenstellung keineswegs überflüssig. Während das Gesellschaftsrecht die Frage entscheidet, ob jemand in die Gesellschafterposition des Erblassers von Todes wegen nachfolgen kann, bestimmt das Erbrecht, wer, also welcher Erbe, dem Gesellschafter-Nachfolger nachfolgt. Denn die Nachfolge in einen Personengesellschaftsanteil erfolgt kraft Erbrechts und bestimmt sich deshalb nach der Erbenstellung des gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich zugelassenen Nachfolgers.5 2. Keine Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht Im Kapitalgesellschaftsrecht ist die freie Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils zwingend und damit gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeregelungen entzogen.6 Einziehungs- oder Abtretungsklauseln sind lediglich Instrumente, um die Gesellschafternachfolge zu steuern, nachdem die Erben den Anteil bereits von Todes wegen erworben haben.7 Zwar ist die freie Vererblichkeit im Gegensatz zu Geschäftsanteilen an einer GmbH (§  15 Abs.  1 Var. 2 GmbHG) für Aktien an einer AG nicht ausdrücklich angeordnet, sie wird im AktG aber vorausgesetzt.8 In der freien Vererblichkeit zeigt sich eine wesentliche Gemeinsamkeit von AG und GmbH: Sie bleiben als Kapitalgesellschaften unabhängig von todesbedingten Veränderungen des Gesellschafterkreises bestehen. Ihre Gesellschafter sind austauschbar. Sowohl die Vererblichkeit des Kapitalgesellschaftsanteils als auch der Nachfolgevorgang selbst unterliegen daher den allgemeinen Regeln des Erbrechts.9 Weipert, in: FS Bezzenberger (2000), 439, 447, der im Ergebnis den Primat des Gesellschaftsrechts prinzipiell ablehnt („Der nie begründeten These […] vom Vorrang des Gesellschaftsrechts gegenüber dem Erbrecht wird endlich der Boden entzogen.“). 3  Ivo, ZEV 2006, 302, 305. 4  Flesner, DB 2011, 2362, 2363. 5  Statt aller MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  12. 6  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6. 7  Zu solchen Klauseln im Kapitalgesellschaftsrecht im Einzelnen S. 73  ff. 8  Vgl. Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 387. 9  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6, 9.

A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht

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Im Gegensatz zum Personengesellschaftsrecht spielt die Satzung in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen keine Rolle. Denn Satzungsregelungen dürfen die zwingende Vererblichkeit eines Kapitalgesellschaftsanteils nicht umgehen, indem sie diese beschränken oder ausschließen. Vielmehr entscheidet sich die Nachfolge von Todes wegen allein über die Erbenstellung. Nur der Gesellschafter-Erblasser bestimmt mit seiner letztwilligen Erbeinsetzung über die Nachfolge in seinen Anteil.10 3. Dogmatischer Hintergrund Die Frage, ob Gesellschaftsanteile vererblich sind, beantwortet sowohl für Personen- als auch Kapitalgesellschaften das Gesellschaftsrecht. Nur die Antwort fällt unterschiedlich aus. Während das Personengesellschaftsrecht in §§  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1, 177 HGB ausdrücklich erlaubt, gesellschaftsvertraglich abweichende Regelungen für die Gesellschafternachfolge und die damit verbundene Frage der Vererblichkeit zu treffen, erklärt das Kapitalgesellschaftsrecht die Vererblichkeit für zwingend (vgl. §  15 Abs.  1 Var. 2 GmbHG), entzieht sie der Satzungsautonomie der Gesellschafter und lässt allein das allgemeine Erbrecht in der Nachfolge entscheiden.11 Warum die Vererblichkeit eines Personengesellschaftsanteils der gesellschaftsvertraglichen Autonomie der Gesellschafter unterliegt, während die Vererblichkeit eines Kapitalgesellschaftsanteils zwingendes Recht ist, lässt sich über strukturelle Unterschiede der Gesellschafterstellung in Personen- und Kapitalgesellschaften erklären. a) Selbstorganschaft und Gläubigerschutz im Personengesellschaftsrecht Personengesellschaften sind Verbände, die von ihren unbeschränkt haftenden Gesellschaftern geprägt sind.12 Die Wichtigkeit der Gesellschafterstellung illus­ triert das Prinzip der Selbstorganschaft und des Gläubigerschutzes. Personengesellschaften ruhen in ihrer Gesellschafterstruktur auf dem Prinzip, dass grundsätzlich jeder unbeschränkt haftende Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt ist (vgl. §§  709, 714 BGB, §§  114, 125 HGB) und daher am Rechtsverkehr als Organ der Personengesellschaft teilnimmt (sog. Selbstorganschaft). Die Organfunktion ist an die Mitgliedschaft gebunden13, so dass mit Zusammenschluss von mindestens zwei Personen zu einer Personengesellschaft bereits ipso iure ihre Organe vorhanden sind. Die Personengesellschaft 10 

Ivo, ZEV 2006, 252, 255. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6. 12  Vgl. Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  18. 13  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  409. 11 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

ist also ein „in ihren Mitgliedern lebender“14 Verband. Der personengesellschaftsrechtliche Grundsatz der Selbstorganschaft führt dazu, dass die Gesellschafter und auch die Personengesellschaft selbst in ihrem wirtschaftlichen Handeln von der persönlichen Zusammensetzung des Gesellschafterkreises abhängig sind.15 Es bedarf der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Gesellschafter.16 Rechtfertigen lässt sich das Prinzip der Selbstorganschaft mit seiner Anreizfunktion. Gesellschafter einer GbR, einer oHG und Komplementäre haften unbeschränkt und herrschen kraft ihrer organschaftlichen Befugnisse über die Unternehmensgeschäfte. „Herrschaft und Haftung“17 fallen also zusammen. Dieser Gleichlauf, den das Organschaftsmonopol erst ermöglicht, stellt sicher, dass die unbeschränkt haftenden Gesellschafter sich darum bemühen, Fehlentscheidungen in der Unternehmensführung zu vermeiden.18 Denn nur, soweit jemand unbeschränkt haftet, ist sichergestellt, dass er im eigenen Interesse um die wirtschaftlich sinnvollste Entscheidung ringt. Mit dieser Anreizfunktion schützt der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung vor allem die Interessen der Gesellschaft und Gesellschafter.19 Aber auch aus der Perspektive der Gesellschaftsgläubiger sind die Personengesellschafter von entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung. Gesellschafter einer GbR, einer oHG und Komplementäre haften für Gesellschaftsverbindlichkeiten gemäß §§  128, 130 HGB (analog) unbeschränkt mit ihrem persönlichen Vermögen. Da das Gesetz für Personengesellschaften im Unterschied zu Kapitalgesellschaften kein Haftungskapital garantiert20, kommt der unbeschränkten Gesellschafterhaftung im Gläubigerschutz ein hoher Stellenwert zu.21 Zentral ist wiederum die Rolle der unbeschränkt haftenden Gesellschafter, die für die Kreditwürdigkeit ihrer Personengesellschaften mit Namen und Vermögen einstehen. So ist es vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes nicht verwunderlich, dass nicht der Gesellschafter-Erblasser allein über die Vererblichkeit des Anteils entscheiden soll, sondern nur im Verbund mit seinen Mitgesellschaftern darüber bestimmen kann, die selbst – ebenso wie der Gesellschaftsgläubiger – Interesse 14 

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  410. Vgl BGH, 23.9.1985, NJW 1986, 584, 585; Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  16; den persönlichen Charakter relativierend unter Heranziehung der Rechtswirklichkeit Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  120 f. 16  BGH, 28.4.1954, BGHZ 13, 179, 183 f.; Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  18. 17  Dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  413 f. 18  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  413. 19  Ibid. 20  Boujong/Ebenroth-Hillmann, §  128 HGB Rn.  1; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  83. 21  Vgl. Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  18. 15 

A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht

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an einem solventen Gesellschafternachfolger haben, um diesen gegebenenfalls in Regress zu nehmen.22 b) Fremdorganschaft und Gläubigerschutz im Kapitalgesellschaftsrecht Kapitalgesellschaften sind als juristische Personen vom Wechsel ihrer Gesellschafter unabhängig.23 Die Kapitalgesellschaftsebene verselbständigt sich gegenüber der Zusammensetzung der Gesellschafter.24 Die Bedeutung der Gesellschafterpersönlichkeiten ist im Vergleich zum Personengesellschaftsrecht gering. Im Vordergrund steht das Vermögensrecht aus der Beteiligung. Dass es im Kapitalgesellschaftsrecht weniger auf die Gesellschafterpersönlichkeiten ankommt, veranschaulichen die Prinzipien der Fremdorganschaft und des Gläubigerschutzes. Sie verdeutlichen, dass die Nachfolgefrage nicht die Interessen der Gesellschaft und Gesellschafter berührt und daher in zwingender Vererblichkeit des Anteils dem Gesellschafter-Erblasser überantwortet ist. So setzen Kapitalgesellschaften keine Organfunktion ihrer Gesellschafter voraus. Ihrem gesetzlichen Leitbild nach können Personen die Geschäfte organschaftlich führen und sie organschaftlich vertreten, ohne Gesellschafter zu sein (sog. Fremdorganschaft).25 Über gesetzlich vorgesehene Organe wie zum Beispiel den Vorstand einer AG (§§  76 ff. AktG) und den Geschäftsführer einer GmbH (§§  35 ff. GmbHG) vermögen Dritte diese Aufgaben zu übernehmen. Die Geschäfte können somit unabhängig vom Gesellschafterbestand fortgeführt werden. Anders als bei Personengesellschaften, für deren Verbindlichkeiten Komplementäre, GbR- und oHG-Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen unbeschränkt haften, ist die Haftung für Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft in der Regel auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt (vgl. §  13 Abs.  2 GmbHG).26 Aus Gläubigersicht ist daher nicht die Kreditwürdigkeit der Gesellschafter, sondern der Stammkapitalschutz entscheidend, der in den Vorschriften zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung (§§  19, 30, 31 GmbHG sowie §§  27, 54, 57 AktG) verwirklicht ist.27 Gläubigerinteressen sprechen also nicht dafür, die Nachfolge-

22  Anspruchsgrundlage für den Regress ist §  110 Abs.  1 Var. 1 HGB in der Form des Aufwendungsersatzes, vgl. Henssler/Strohn-Finckh, §  110 HGB Rn.  10. 23  MüKo-AktG-Heider, §  1 AktG Rn.  14; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  91, 261. 24  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261 („Abstrahierung“). 25  Für die GmbH: §  6 Abs.  3 S.  1 GmbHG; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  409. 26  MüKo-AktG-Heider, §  1 AktG Rn.  14. 27  Eingehend dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1112–1150 (für die GmbH) und S.  881–896 (für die AG).

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

entscheidung in weitere Hände als die des Gesellschafter-Erblassers zu legen, da sie bereits von Gesetzes wegen in ihren Haftungsinteressen geschützt sind. c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund Im Personengesellschaftsrecht ist der Gesellschaftsanteil typischerweise ein Mitgliedschaftsrecht28, das in der Regel29 zu Geschäftsführung und Vertretung der Personengesellschaft berechtigt (vgl. §§  709, 714 BGB, §§  114, 125 HGB). Den Gesellschaftern kommt also ein hohes Maß an Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke der Personengesellschaft zu, sie sind nicht beliebig austauschbar. Mit der Bedeutung der Gesellschafterposition korrespondiert der gesellschaftsvertragliche Regelungsanspruch der Personengesellschafter: Würde das Personengesellschaftsrecht die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen zwingend anordnen, so bliebe die Nachfolgeentscheidung allein der erbrechtlichen Verfügungsmacht des Gesellschafter-Erblassers überlassen. Den übrigen Gesellschaftern wäre jeder Einfluss auf die Nachfolgefrage entzogen. Dieses Ergebnis hat der Gesetzgeber für unbillig empfunden und den Gesellschaftern zugestanden, über die Vererblichkeit ihrer Anteile gesellschaftsvertraglich entscheiden zu können. Im Kapitalgesellschaftsrecht hingegen sind Gesellschaftsanteile vor allem ein Vermögenswert, ihnen fehlt ihrem gesetzlichen Leitbild nach die personalistische Prägung ihrer Gesellschafter. Aus dem Kapitalgesellschaftsrecht ergeben sich daher keine rechtlichen Einwände gegen eine rein erbrechtliche Nachfolgeregelung.30 II. Nachlasszuordnung Ein weiteres Konfliktfeld, in dem Erb- und Gesellschaftsrecht aufeinandertreffen, ist die Frage der Nachlasszuordnung. Unter den Begriff der Nachlasszuordnung sind verschiedene Regelungskonflikte zu fassen. Zum einen ist der tatbestandlichen Frage nachzugehen, ob sich der Nachfolgevorgang nach dem Erboder Gesellschaftsrecht richtet. Zum anderen ist auf der Rechtsfolgenseite zu klären, welches der beiden Regelungsregime die Zugehörigkeit zum Nachlass bestimmt und welches über die Zuordnung des Anteils bei Erbenmehrheit entscheidet.

28 

Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  207 f. Eine Ausnahme besteht insofern für den Kommanditisten, der gemäß §§  164, 170 HGB von den selbstorganschaftlichen Befugnissen ausgeschlossen ist. 30  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009) S.  91, 261. 29 

A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht

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1. Sonderregeln im Personengesellschaftsrecht War früher strittig, ob sich die Nachfolge von Todes wegen in einen Personengesellschaftsanteil auf rechtsgeschäftlichem (sog. gesellschaftsvertragliche Lösung31) oder erbrechtlichem Wege (sog. erbrechtliche Lösung32) vollzieht, so erfolgt die Nachfolge nach heute ganz herrschender Meinung33 im Grundsatz kraft Erbrechts. Bei einer Nachfolgeklausel handelt es sich also in der Regel um eine Nachfolge von Todes wegen, nicht um eine Verfügung unter Lebenden auf den Todesfall. Ausnahmen bilden die rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklauseln und Eintrittsklauseln, bei denen sich der Erwerb des Anteils kraft Rechtsgeschäfts vollzieht.34 Einigkeit besteht auch darin, dass der Anteil an einer Personengesellschaft oder der jeweilige Abfindungsanspruch zum Nachlass gehören.35 Mit der Zuordnung zum Nachlass und damit zum Erbrecht sind grundsätzlich die allgemeinen erbrechtlichen Normen auf die Vererbung von Personengesellschaftsanteilen anwendbar.36 Ausnahmen gelten insoweit, als personengesellschaftsrechtliche Haftungs- oder Organisationsprinzipien gegen die Anwendung allgemeiner erbrechtlicher Vorschriften sprechen.37 Eine solche Ausnahme hat sich im Fall der Erbenmehrheit entwickelt. Bei einem Alleinerben geht der Personengesellschaftsanteil – wie üblich im Erbrecht – im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge gemäß §  1922 BGB über.38 Es ergibt sich insofern kein Unterschied zum Erwerb anderer Nachlassgegenstände. Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, die zur Gesellschafternachfolge bestimmt sind, so tritt aber nach herrschender Auffassung39 nicht die Erbengemeinschaft, 31 

Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  135; Flume, Personengesellschaft (1977), S.  383. BGH, 6.10.1992, BGHZ 119, 346, 354; 14.5.1986, BGHZ 98, 48, 50 f.; Baumbach/ Hopt-M. Roth, §  139 HGB Rn.  10; Henssler/Strohn-Klöhn, §  139 HGB Rn.  7; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  12; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1341 f.; Froning, in: Sudhoff, Unternehmensnachfolge (2005), S.  492. 33  Ibid. 34  Zur rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel: Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  17; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  49; im Einzelnen S. 65  ff.; zur Eintrittsklausel: Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  18; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  53; im Einzelnen S. 65  ff. 35  Grundlegend BGH, 14.5.1986, BGHZ 98, 48, 51; danach st. Rspr.: BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 192; 6.10.1992, BGHZ 119, 346, 354; 12.1.1998, NJW 1998, 1313, 1313 f.; Boujong/Ebenroth-Lorz, §  139 HGB Rn.  11; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  12; Marotzke, AcP (184) 1984, 541, 560. 36  MüKo-BGB-Leipold, §  1922 BGB Rn.  77; Schäfer/Ulmer, ZHR 1996, 413, 424. 37  MüKo-BGB-Leipold, §  1922 BGB Rn.  77. 38  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  95. 39  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 192; 14.8.1986, BGHZ 98, 48, 50; 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 237; 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 192; Baumbach/Hopt-M. Roth, §  139 HGB Rn.  14; 32 

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sondern jeder einzelne Erbe gemäß seiner Erbquote in die Gesellschafterposition des Erblassers ein (sog. Sondererbfolge). Die allgemeinen Vorschriften der Erben­gemeinschaft (§§  2032 ff. BGB) finden hinsichtlich des Personengesellschaftsanteils keine Anwendung. Im Erbfall erhalten die Erben den Anteil als einzelnen Nachlassgegenstand, obwohl das allgemeine deutsche Erbrecht keine Erbfolge in einzelne Vermögensgegenstände kennt. Ob die Einzelzuordnung des Anteils sich über eine Durchbrechung der Gesamtrechtsnachfolge erklärt40 oder sich als eine kraft Gesetzes vollziehende Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft versteht41, ist zwar von konstruktivem Interesse. An der Sonderzuordnung des Personengesellschaftsanteils nach herrschender Meinung ändert diese Frage freilich nichts. Die Sondererbfolge sieht sich vor allem im erbrechtswissenschaftlichen Schriftum zunehmender Kritik ausgesetzt42, die sich im Ergebnis dafür ausspricht, insbesondere auf Dauer angelegte Erbengemeinschaften als Personengesellschafterinnen zuzulassen. Die Opposition zur Sondererbfolge rührt aber nicht an dem zunächst zu interessierenden Befund, dass sich mit der Sondererbfolge eine weitere Sonderregel zur Personengesellschafternachfolge entwickelt hat, die im Grenzbereich von Erb- und Gesellschaftsrecht vermittelt. Wichtig zu betonen bleibt, dass die Sondererbfolge nicht nur bei Anteilen unbeschränkt haftendener Personengesellschafter, sondern auch im Rahmen von Kommanditbeteiligungen stattfindet.43 Die Übertragung der Sondererbfolge auf Kommanditanteile erstaunt, da die haftungs- und organisationsrechtlichen Be-

Henssler/Strohn-Klöhn, §  139 HGB Rn.  14; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  33; Creze­ lius, Unternehmenserbrecht (2009) S.  187; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1339 f.; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  133. 40  BGH, 14.5.1986, BGHZ 98, 48, 50 f.; 4.5.1983, NJW 1983, 2376, 2377; 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 237; 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 192 f.; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 Rn.  33; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  33; Hoffmeyer, Nachfolgeplanung (2005), S.  80; Menold, Vererbung Gesamthandspersonengesellschaften (2005), S.  69. 41  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  13; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1340; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  136; Bommert, BB 1984, 178, 181; Froning, in: Sudhoff, Unternehmensnachfolge (2005), S.  492. 42  Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  120 f.; Muscheler, Universalsukzession (2002), S.  58, 112, der als Alternative zur Sondererbfolge eine „rasche Auseinandersetzung bezüglich des Anteils“, zum Beispiel innerhalb der Dreimonatsfrist des §  139 Abs.  3 HGB, zu bedenken gibt (S.  58); Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  355 f.; Weipert, in: FS Bezzenberger (2000), 439, 447, der im Ergebnis den Primat des Gesellschaftsrechts prinzipiell ablehnt („Der nie begründeten These [...] vom Vorrang des Gesellschaftsrechts gegenüber dem Erbrecht wird endlich der Boden entzogen.“). 43  Henssler/Strohn-Gummert, §  177 HGB Rn.  3.

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sonderheiten des Personengesellschaftsrechts nicht den Kommanditanteil betreffen und insoweit keine Sondererbfolge rechtfertigen.44 Die Sondererbfolge gilt allerdings nur, soweit es sich um eine werbend tätige Personengesellschaft handelt. Löst sich eine Personengesellschaft mit dem Tod eines Gesellschafters auf und gelangt auf diese Weise ins Liquidationsstadium, sind nicht die einzelnen Erben, sondern die Erbengemeinschaft an der Personengesellschaft i.L. beteiligt.45 In dieser Konstellation finden die allgemeinen Regeln der Erbengemeinschaft Anwendung. 2. Keine Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht Geht es um die Nachfolge von Todes wegen in Kapitalgesellschaftsanteile, insbesondere GmbH-Anteile oder Aktien einer AG, so gelten bei ihrer Zuordnung als Nachlassgegenstände die allgemeinen Regeln des Erbrechts.46 Der Nachfolgevorgang vollzieht sich gemäß §  1922 BGB im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge47, der Anteil an der Kapitalgesellschaft gehört stets zum Nachlass48 und bei Erbenmehrheit folgt nicht jeder einzelne Erbe, sondern die Erbengemeinschaft in die Gesellschafterposition des Erblassers nach.49 Die Zugehörigkeit des Kapitalgesellschaftsanteils zum Nachlass führt dazu, dass der Gesellschafter-Nachfolger als Erbe nach den erbrechtlichen Grundsätzen der §§  1967 ff. BGB für Altverbindlichkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis einstehen muss. Anders als im Personengesellschaftsrecht kann dieser seine Haftung effektiv auf den Nachlass beschränken (§§  1975 ff. BGB) und die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erheben (§  2059 Abs.  1 BGB), da kapitalgesellschaftsrechtliche Vorschriften – im Unterschied zum Personengesellschaftsrecht (§  128 HGB) – einer erbrechtlichen Haftungsbeschränkung nicht entgegenstehen.50 Hat der Gesellschafter-Nachfolger jedoch selbst eine (Neu-)Verbindlichkeit aus dem Gesellschaftsverhältnis entstehen lassen (zum Beispiel bei einem 44 

Näher dazu S. 29  ff. MüKo-HGB-K. Schmidt, §  105 HGB Rn.  104; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1339; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  359. 46  Vgl. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  361. 47  Zur GmbH: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  442; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  9; zur AG: Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261. 48  Zur GmbH: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6; zur AG: Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  361. 49  Zur GmbH: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  443; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  12; zur AG: Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  361. 50  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  447; Baumbach/Hueck45 

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Verstoß gegen §  30 Abs.  1 GmbHG), haftet er allein gesellschaftsrechtlich. Eine erbrechtliche Haftungsbeschränkung kommt insofern nicht in Betracht.51 3. Dogmatischer Hintergrund Vergleicht man die Nachlasszuordnung in der personen- und kapitalgesellschaftsrechtlichen Gesellschafternachfolge, zeigt sich zunächst, dass das allgemeine Erbrecht weite Teile dieses Regelungsfeldes beherrscht. Sowohl der Nachfolgevorgang als auch die Nachlasszugehörigkeit bestimmen sich gesellschaftsformübergreifend nach erbrechtlichen Grundsätzen. Der charakteristische Unterschied zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften besteht nach dem Konzept der herrschenen Auffassung darin, den Gesellschaftsanteil im Fall der Erbenmehrheit zuzuordnen: entweder den einzelnen Erben im Rahmen der Sondererbfolge oder der Erbengemeinschaft nach den allgemeinen erbrechtlichen Regeln. Während sich bei der Sondererbfolge die personengesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte über die Einzelzuordnung vervielfältigen, bleibt bei einer Kapitalgesellschaft der Geschäftsanteil mindestens bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft in Gänze erhalten. a) Rechtspositivistischer Ansatz Diesen Unterschied kann man allein rechtspositivistisch erklären.52 Denn §  139 Abs.  1 HGB bestimmt für den Todesfall eines Gesellschafters und bei entsprechender Nachfolgeklausel, dass die Personengesellschaft „mit dessen Erben“ und gerade nicht mit der Erbengemeinschaft fortgesetzt wird.53 Eine vergleichbare Regelung im Kapitalgesellschaftsrecht fehlt, so dass von Gesetzes wegen keine Einwände gegen die Beteiligung einer Erbengemeinschaft ersichtlich sind. b) Organisationsrechtliche Gründe Freilich ist diese rechtspositivistische Differenzierung dogmatisch zu begründen. Die insoweit maßgebliche Diskussion um die Beteiligungsfähigkeit einer Erbengemeinschaft lässt ein geteiltes Bild erkennen. Während sich die überwiegende Meinung in der gesellschaftsrechtlichen Kommentarliteratur54 dem bereits zur Fastrich, §  15 GmbHG Rn.  10; Scholz-Seibt, §  18 GmbHG Rn.  27; Scherer, in: Sudhoff, Unternehmensnachfolge (2005), S.  151. 51  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  449; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  20. 52  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1340. 53  Kritisch dazu Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  360. 54  Statt vieler Boujong/Ebenroth-Wertenbruch, §  105 HGB Rn.  147; Henssler/Strohn-Servatius, §  705 BGB Rn.  22.

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Rechtstradition erklärten55 Ansatz des BGH und der Sondererbfolge anschließt, erhebt sich im neueren erbrechtswissenschaftlichen Schriftum dagegen Widerstand.56 Die Breite dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung bringt es für eine vorrangig kollisionsrechtliche Arbeit mit sich, nur einen Ausschnitt dieser materiellrechtlichen Diskussion nachzeichnen zu können. Im Folgenden ist deshalb zwei organisationsrechtlichen Argumenten nachzugehen, die den Regelungskonflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht besonders plastisch exemplifizieren und Prinzipien erkennen lassen, die für die späteren kollisionsrechtlichen Fragen von entscheidender Bedeutung sind: zum einen der Streit um die Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft und zum anderen die Frage nach ihrem Gemeinschaftszweck. aa) Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft Ein zentrales Argument gegen die personengesellschaftsrechtliche Beteiligungsfähigkeit der Erbengemeinschaft gründet auf der These, die Erbengemeinschaft sei kein Rechtssubjekt.57 Sie sei weder rechts- noch parteifähig58, nur die gesamthänderisch gebundenen Miterben könnten als Rechtsträger am Rechtsverkehr teilnehmen.59 Mit der Gesellschafterstellung in einer Personengesellschaft sei die fehlende Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft schließlich unvereinbar.60 Die selbstorganschaftlichen Befugnisse (vgl. §§  709, 714 BGB, §§  114, 125 HGB) setzten gerade voraus, dass der unbeschränkt haftende Personengesellschafter am Rechtsverkehr teilnehme.

55 

Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  357. Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  120 f.; Muscheler, Universalsukzession (2002), S.  58, 112, der als Alternative zur Sondererbfolge eine „rasche Auseinandersetzung bezüglich des Anteils“, zum Beispiel innerhalb der Dreimonatsfrist des §  139 Abs.  3 HGB, zu bedenken gibt (S.  58); Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  355 f.; Weipert, in: FS Bezzenberger (2000), 439, 447, der im Ergebnis den Primat des Gesellschaftsrechts prinzipiell ablehnt („Der nie begründeten These [...] vom Vorrang des Gesellschaftsrechts gegenüber dem Erbrecht wird endlich der Boden entzogen.“). 57  Staudinger-BGB-Löhnig, §  2032 BGB Rn.  4; MüKo-BGB-Gergen, §  2032 BGB Rn.  12. 58  BGH, 30.6.2017, NJW-RR 2018, 15, 16; 17.10.2006, NJW 2006, 3715, 3715 f.; 21.12.1988, NJW 1989, 2133, 2134; Staudinger-BGB-Löhnig, Vorbem zu §  2032 BGB Rn.  28; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  21; a. A.: Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  49–54 mit Verweis auf entsprechende Verkehrsinteressen. 59  BGH, 30.6.2017, NJW-RR 2018, 15, 16; 28.4.2014, NJW-RR 2014, 1170, 1171; 17.10.2006, NJW 2006, 3715, 3716; 21.12.1988, NJW 1989, 2133, 2134; Staudinger-BGB-Löhnig, §  2032 BGB Rn.  6. 60  Boujong/Ebenroth-Wertenbruch, §  105 HGB Rn.  147; Henssler/Strohn-Servatius, §  705 BGB Rn.  22. 56 

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Der Ausgangspunkt aber, die Erbengemeinschaft sei ohne Rechtspersönlichkeit, ist weitgehend umstritten und findet insbesondere von erbrechtswissenschaftlicher Seite deutlichen Widerspruch.61 Im Wesentlichen lässt die Auseinandersetzung zwei Konfliktlinien erkennen, die zum einen die prinzipielle Rechtsnatur der Gesamthand zwischen bloßer Vermögenszuordnung und Rechtssubjekt betreffen62 und zum anderen der Frage nachgehen, weshalb die Gesamthandsgemeinschaften der als rechtsfähig anerkannten63 Außen-GbR und der Erbengemeinschaft, der nach Ansicht des BGH keine Rechtspersönlichkeit zukommt64, in der Frage ihrer Rechtsubjektivität unterschiedlich zu behandeln seien.65 Trotz der wissenschaftlichen Dynamik, die sich zugunsten einer Erbengemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit entfaltet hat66, lehnt der BGH auch nach seiner wegweisenden ARGE-Entscheidung67 zur GbR jede Rechtssubjektivität der Erbengemeinschaft ab.68 Folgt man hier der BGH-Rechtsprechung, scheitert die Beteiligungsfähigkeit der Erbengemeinschaft an ihrer fehlenden Rechtspersönlichkeit. Jedenfalls als persönlich haftende Personengesellschafterin69 kommt sie nicht infrage, da sie die korrespondierenden organschaftlichen Befugnisse mangels Rechtspersönlichkeit nicht ausüben könnte. Entscheidend für das Verständnis der Sondererbfolge zeigt sich hier, dass das Argument der fehlenden Rechtspersönlichkeit letztlich im Prinzip der Selbstorganschaft begründet liegt. Bei Kapitalgesellschaften hingegen wirkt sich die Diskussion um die Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft nicht aus. Kapitalgesellschaften setzen keine Organfunktion ihrer Gesellschafter voraus. Ihr gesetzliches Leitbild ruht auf dem Prinzip der Fremdorganschaft. Demgemäß können Personen die Geschäfte organschaftlich führen und die Gesellschaft organschaftlich vertreten, ohne dass sie Gesellschafter sind (vgl. auch §  6 Abs.  3 GmbHG).70 Mangels Organfunktion muss der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht am Rechts61  Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  26–72; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  394–415; Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung (2000), S.  30–47; vgl. bereits Dauner-Lieb, Sondervermögen (1998), S.  409. 62  Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  5–23; Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung (2000), S.  13–47. 63  BGH, 29.1.2001, BGHZ 146, 341. 64  BGH, NJW-RR 2018, 15, 16; NJW 2006, 3715, 3715 f. 65  Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  27–46; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  355 f.; Eberl–Borges, Erbauseinandersetzung (2000), S.  41–45. 66  Siehe dazu insbesondere die Monographien Ann, Erbengemeinschaft (2001) sowie Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung (2000). 67  BGH, 29.1.2001, BGHZ 146, 341. 68  BGH, 30.6.2017, NJW-RR 2018, 15, 16; 17.10.2006, NJW 2006, 3715, 3715 f. 69  Kritisch zur Sondererbfolge eines Kommanditisten bereits Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  357 f. 70  K. Schmidt (2002), Gesellschaftsrecht, S.  409 f.

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verkehr teilnehmen können.71 Die fehlende Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft ist insofern mit der Gesellschafterstellung in einer Kapitalgesellschaft vereinbar. Trotz fehlender Rechtspersönlichkeit müssen die Miterben in Erbengemeinschaft freilich in der Lage sein, den Gesellschaftsanteil überhaupt zu erwerben und ihre Gesellschafterrechte wie zum Beispiel bei Haupt- (§§  118 ff. AktG) oder Gesellschafterversammlungen (§§  47 ff. GmbHG) auszuüben. Man behilft sich insofern damit, den Anteilserwerb und die daraus fließenden Gesellschafterrechte nicht der Erbengemeinschaft, sondern den einzelnen Miterben in gesamthänderischer Verbundenheit zuzuordnen.72 Für den Anteilserwerb lässt sich diese Zuordnung bereits dem Gesetz entnehmen (vgl. §  18 Abs.  3 S.  2 ­GmbHG sowie §  69 Abs.  3 S.  2 AktG).73 Da sich die Gesellschafterrechte erst aus dem Gesellschaftsanteil ergeben, muss die Zuordnung zum einzelnen Miterben, wie sie beim Anteilserwerb erfolgt, erst recht für die Ausübung der Gesellschafterrechte gelten. Die Miterben üben diese demnach direkt und gemeinschaftlich aus (§  18 Abs.  1 GmbHG und §  69 Abs.  1 AktG).74 Die fehlende Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft steht also ihrer kapitalgesellschaftsrechtlichen Beteiligung in Form gesamthänderisch gebundener Miterben nicht entgegen.75 bb) Gemeinschaftszweck der Erbengemeinschaft Weitere Argumente in der Diskussion um die Sondererbfolge leiten sich aus dem Gemeinschaftszweck der Erbengemeinschaft ab. Gemäß §  2042 Abs.  1 BGB kann jeder Miterbe die jederzeitige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen. Daraus wird zum Teil gefolgert, die Erbengemeinschaft sei auf Auflösung gerichtet, ihr Zweck bestehe nur in der Abwicklung und Aufteilung des Nachlasses.76 Sie sei als „latent zerfallsgefährdet[e]“77 Liquidationsgemeinschaft78 nicht mit dem Gesellschafterverhältnis in einer werbenden, auf unbe71 

So auch im Ergebnis: Altmeppen/Roth-Altmeppen/Roth, §  1 GmbHG Rn.  30; Baumbach/ Hueck-Fastrich, §  1 GmbHG Rn.  22; MüKo-AktG-Heider, §  2 AktG Rn.  19; Henssler/ Strohn-K. W. Lange, §  2 AktG Rn.  5. 72  Michalski-Ebbing, §  18 GmbHG Rn.  24. 73  Staudinger-BGB-Löhnig, §  2032 BGB Rn.  31; MüKo-BGB-Gergen, §  2032 BGB Rn.  67 f. 74  MüKo-BGB-Gergen, §  2032 BGB Rn.  67 f. 75  Staudinger-BGB-Löhnig, §  2032 BGB Rn.  31; MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  18 GmbHG Rn.  31; MüKo-AktG-Bayer, §  69 AktG Rn.  5. 76  Staudinger-BGB-Löhnig, §  2042 BGB Rn.  1; MüKo-BGB-Ann, §  2042 BGB Rn.  1; a. A. Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  151. 77  Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  353. 78  Staudinger-BGB-Löhnig, §  2042 BGB Rn.  1; MüKo-BGB-Ann, §  2042 BGB Rn.  1; a. A. Jäkel, Beteiligungsfähigkeit Erbengemeinschaft (2007), S.  151.

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stimmte Dauer angelegten Personengesellschaft zu vereinbaren.79 In dieser Schlussfolgerung steckt ein zeitliches und ein teleologisches Argument gegen die Beteiligungsfähigkeit einer Erbengemeinschaft: Zum einen sei sie nicht beteiligungsfähig, weil sie nur von vorübergehender Natur sei. Zum anderen komme sie als Personengesellschafterin nicht in Betracht, da sie nur auf Liquidation gerichtet sei. Beide Argumente begegnen starken Bedenken aus der erbrechtswissenschaftlichen Literatur. Zunächst wirft die Erfahrung mit auf Dauer angelegten Erbengemeinschaften Zweifel an ihrer vermeintlichen Kurzlebigkeit auf.80 Dass Erbengemeinschaften auf Dauer existieren, liegt auch daran, dass der gesetzliche Rahmen der Erbengemeinschaft nicht zwangsläufig auf eine schnelle Nachlassabwicklung gerichtet ist. Zum einen kennen die §§  2032 ff. BGB keine Befristung, zum anderen können sowohl die Miterben (§  2042 BGB Abs.  2 i. V. m. §  749 Abs.  2 BGB) als auch der Erblasser (§  2044 BGB) die Auseinandersetzung auf Dauer ausschließen.81 Diese Regelungen und ihre Umsetzung in Form von Dauererbengemeinschaften beeinflussen das Leitbild der Erbengemeinschaft, das kaum mehr einem rein temporär veranlagten Verständnis folgen kann.82 Ferner sind Zweifel sind dahingehend angebracht, dass der Gemeinschaftszweck der Erbengemeinschaft in ihrer Auflösung liege.83 Eine andere Funktion sieht zum Beispiel Ann darin, mit der gesamthänderischen Bindung den Nachlass für Gläubiger und Miterben zu binden und zu sichern.84 Aber selbst wenn das vorrangige Ziel die Auflösung wäre, bliebe mit Blick auf §  726 BGB kaum erklärlich, weshalb eine GbR als Personengesellschafterin zuzulassen ist, eine Erbengemeinschaft aber nicht.85 Wie bereits die Diskussion zur Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft gezeigt hat, sind auch hier die Friktionen zwischen Erb- und Personengesellschaftsrecht auf das Prinzip der Selbstorganschaft zurückzuführen. Denn fragwürdig sind in der Auseinandersetzung um den Gemeinschaftszweck vor allem die Prämissen der herrschenden Meinung: namentlich dass die Erbengemeinschaft kurzlebig und auf Auflösung gerichtet ist. Akzeptiert man diese Prämissen aber, sind die 79 

MüKo-BGB-Schäfer, §  705 BGB Rn.  81; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  21. Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  355; Dauner-Lieb, Sondervermögen (1998), S.  338 f. 81  Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung (2000), S.  37; Dauner-Lieb, Sondervermögen (1998), S.  339 mit weiteren normativen Anhaltspunkten. 82  Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung (2000), S.  37; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  355 („von gesteigerter Untergangsgefährdung [...] keine Rede“); Dauner-Lieb, Sondervermögen (1998), S.  338 f. 83  Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung (2000), S.  37 f. 84  Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  356. 85  Ibid.; zur personengesellschaftsrechtlichen Beteiligungsfähigkeit einer GbR: Henssler/ Strohn-Servatius, §  705 BGB Rn.  70. 80 

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Bedenken gegen die Beteiligungsfähigkeit nur vor dem Hintergrund der Selbstorganschaft nachzuvollziehen: In einem organschaftlich tätigen Gesellschafterkreis, in dem das Organschaftsmonopol gegenseitige Abhängigkeit86 schafft und zur vertrauensvollen Zusammenarbeit87 verpflichtet, könnte eine Erbengemeinschaft, die lediglich von vorübergehender Natur und nur auf Auflösung gerichtet ist, kaum eine verlässliche und vertrauenswürdige Personengesellschafterin sein. Im Unterschied zu Personengesellschaften sind Kapitalgesellschaften als Körperschaften vom Wechsel ihrer Gesellschafter unabhängig.88 Denn im Rahmen des Grundsatzes der Fremdorganschaft leiten von den Gesellschaftern zu unterscheidende Personen die Geschäfte der Kapitalgesellschaft. Die Geschäfte können somit unabhängig vom Gesellschafterbestand fortgeführt werden. Es findet eine „Abstrahierung“89 zwischen Kapitalgesellschaftsebene und Gesellschaftern statt. Selbst wenn man die Auflösung der Erbengemeinschaft als ihr vorrangiges Ziel versteht, steht sie der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht im Wege: Kommt es zur Auseinandersetzung hinsichtlich des Anteils, also beispielsweise zur Veräußerung und anschließender Erlösteilung gemäß §§  2042 Abs.  2, 753 BGB, wechselt der Anteil seitens der gesamthänderisch gebundenen Miterben schlicht zum Erwerber. Da die Kapitalgesellschaft von Gesellschafterwechseln wie diesem unberührt bleibt, kann die Auflösung der Erbengemeinschaft und der damit einhergehende Gesellschafterwechsel die kapitalgesellschaftsrechtliche Beteiligung der gesamthänderisch gebundenen Miterben nicht hindern. c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund Da die Erbengemeinschaft nach herrschender Auffassung nicht rechtsfähig ist, kann sie nicht Inhaberin eines Gesellschaftsanteils werden, unabhängig davon, ob es sich um einen Anteil an einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft handelt.90 Der Unterschied liegt in der gesamthänderischen Bindung der Miterben begründet. Bei Kapitalgesellschaften folgen zwar die Miterben in die Gesellschafterposition des Erblassers nach. Ihre gesamthänderische Bindung bleibt allerdings bestehen, so dass die Vorschriften zur Erbengemeinschaft grundsätzlich Anwendung finden. Abweichungen ergeben sich allein aus §  18 86 

Vgl. BGH, 23.9.1985, NJW 1986, 584, 585; Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  16. 87  BGH, 28.4.1954, BGHZ 13, 179, 183 f.; Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  18. 88  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  91, 261. 89  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  46. 90  Michalski-Ebbing, §  18 GmbHG Rn.  24.

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GmbHG sowie §  69 AktG. Im Fall einer Personengesellschaft hingegen werden die einzelnen Miterben ohne gesamthänderische Bindung Gesellschafternachfolger des Erblassers. Insoweit setzen sich die organisationsrechtlichen Besonderheiten des Personengesellschaftsrechts gegenüber dem allgemeinen Erbrecht durch. Entscheidend ist in organisationsrechtlicher Hinsicht das personengesellschaftsrechtliche Prinzip der Selbstorganschaft. Die Auseinandersetzung um die Sondererbfolge hat gezeigt, dass das Rechtsinstitut der Erbengemeinschaft Friktionen zur Selbstorganschaft aufwirft. Auf die Strukturprinzipien der Selbst- und Fremdorganschaft lässt sich zurückführen, dass sich die Sondererbfolge nur im Personengesellschaftsrecht, aber nicht für Kapitalgesellschaften entwickelt hat. Freilich verwundert vor diesem Hintergrund, dass die Sondererbfolge auch bei einer Kommanditbeteiligung stattfinden soll, obwohl der Grundsatz der Selbstorganschaft insoweit nicht trägt.91 III. Testamentsvollstreckung Der Konflikt von Erb- und Gesellschaftsrecht lässt sich ferner an der Testamentsvollstreckung in Gesellschaftsanteile veranschaulichen. Ordnet der Erblasser die Testamentsvollstreckung in seinen Nachlass an, so wird der Testamentsvollstrecker hinsichtlich der Gesellschaftsanteile nicht Gesellschafter, sondern übt für die Nachfolger und Erben die aus dem Anteil folgenden Gesellschafterrechte aus.92 Mit dem Testamentsvollstrecker gelangt auf diese Weise ein fremdverwaltendes Element in die Gesellschaft93, dessen Zulässigkeit je nach Gesellschaftsform unterschiedlich beurteilt wird. Ein Grundsatz allerdings gilt unabhängig davon, ob es sich um die Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt: Gemäß §  2205 S.  1 BGB hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass zu verwalten. Zum Nachlass gehört wie bereits festgestellt auch der Gesellschaftsanteil des Erblassers. Aus der Nach­lass­ zugehörigkeit von Gesellschaftsanteilen und §  2205 S.  1 BGB folgt mithin, dass die Testamentsvollstreckung in Gesellschaftsanteile grundsätzlich zulässig ist.94

91 

Eingehend dazu S. 29  f. Frank, ZEV 2002, 389, 390. 93  Unsöld, Testamentsvollstreckung an Aktien (2009), S.  26 f.; Dörrie, Testamentsvollstreckung in Gesellschaftsanteile (1994), S.  13. 94  BGH, 12.1.1998, BGH, NJW 1998, 1313, 1314; 10.1.1996, NJW 1996, 1284, 1285; BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 192; 14.5.1986, BGHZ 98, 48, 57; Crezelius, Unterneh­mens­ erbrecht (2009), S.  96. 92 

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1. Testamentsvollstreckung im Personengesellschaftsrecht a) Zulässige Formen der Testamentsvollstreckung Diesem Grundsatz folgend ist die Testamentsvollstreckung im Personengesellschaftsrecht in zwei Konstellationen zulässig: erstens, wenn die Personengesellschaft ohne Erben des Gesellschafter-Erblassers mit den übrigen Gesellschaftern fortzusetzen ist, und zweitens, sofern sie mit dem Tod des Gesellschafter-Erblassers aufgelöst wird (sog. Abwicklungstestamentsvollstreckung).95 Bei Fortsetzung ohne Erben fällt der Abfindungsanspruch der Erben aus §  738 Abs.  1 S.  2 BGB in den Nachlass und kann vom Testamentsvollstrecker ohne Einschränkung geltend gemacht werden. Denn der Abfindungsanspruch ist ein reines Vermögensrecht, dessen Geltendmachung seitens des Testamentsvollstreckers keine Friktionen zur personengesellschaftsrechtlichen Arbeits- und Haftungsgemeinschaft hervorruft.96 Wird die Personengesellschaft aufgelöst, kann der Testamentsvollstrecker die den Anteil betreffende Abwicklung vornehmen. Die Zulässigkeit rechtfertigt sich in diesem Fall über die zeitlich begrenzte und an den Zweck der Abwicklung gebundene Testamentsvollstreckung.97 Das Friktionspotential zum Personengesellschaftsrecht ist daher begrenzt und genügt nicht, um die Zulässigkeit der Abwicklungstestamentsvollstreckung zu verneinen. Bei Auflösung der Personengesellschaft oder ihrer Fortsetzung ohne die Erben setzt sich mithin die allgemeine Regelung des §  2205 S.  1 BGB durch, wonach sich die Testamentsvollstreckung auf den Nachlass und damit auch auf hinterlassene Personengesellschaftsanteile oder Abfindungsansprüche erstreckt. b) Sonderregeln bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern (GbR-, oHG-Gesellschafter oder Komplementär) Ist hingegen die Gesellschafternachfolge der Erben per Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag vorgesehen und zugleich die Testamentsvollstreckung hinsichtlich des Personengesellschaftsanteils angeordnet, stößt die Testamentsvollstreckung an ihre Grenzen. Denn die Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers ist auf den Nachlass beschränkt (§  2206 Abs.  1 S.  1 BGB) und nicht mit der unbeschränkten Haftung eines Personengesellschafters (§§  128, 130 HGB) ver-

95  Staudinger-BGB16Reimann, §  2205 BGB Rn.  163; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  25. 96  BGH, 10.1.1996, NJW 1996, 1284, 1285; Staudinger-BGB16Reimann, §  2205 BGB Rn.  163. 97  Bamberger/Roth-K. W. Lange, §  2205 BGB Rn.  27.

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einbar.98 Um Friktionen zur unbeschränkten Haftung der Personengesellschafter zu verhindern, schränkt die herrschende Meinung99 daher die Rechte des Testamentsvollstreckers an Anteilen unbeschränkt haftender Personengesellschafter ein. So habe der Testamentsvollstrecker keine Mitwirkungsrechte (sog. Innenseite), sondern könne lediglich Vermögensrechte geltend machen (sog. Außenseite).100 Zur Innenseite eines Personengesellschaftsanteils gehören Maßnahmen, die zum Mitgliedschaftsrecht in der Personengesellschaft zählen:101 zum Beispiel die Frage nach der Aufnahme eines neuen Gesellschafters.102 Der Außenseite der Beteiligung sind die mit der Mitgliedschaft verbundenen Vermögensrechte zuzuordnen.103 Der Gesellschafter-Nachfolger kann entsprechend nicht ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers über seinen Anteil verfügen oder Maßnahmen treffen, die die Gewinnverwendung betreffen.104 Freilich müssen die übrigen Gesellschafter entweder gesellschaftsvertraglich oder nachträglich der Testamentsvollstreckung zustimmen (Testamentsvollstreckungsklausel).105 Nur hinsichtlich der Innenseite des Personengesellschaftsanteils ist eine testamentsvollstreckungsrechtliche Tätigkeit demnach ausgeschlossen, während die Außenseite von der erbrechtlichen Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers aus §  2206 Abs.  1 S.  1 BGB erfasst ist und keine gesellschaftsrechtlichen Belange entgegenstehen. c) Keine Sonderregeln bei Kommanditisten Ob die Testamentsvollstreckung an einem Kommanditanteil zulässig ist, beurteilt die herrschende Meinung106 anders als bei Anteilen unbeschränkt haftender 98  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  35; Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  50. 99  BGH, 12.1.1998, NJW 1998, 1313, 1314; 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195; 14.5.1986, BGHZ 98, 48, 55 f.; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  168; zweifelnd aber: Marotzke, JZ 1986, 457, 460; dagegen: Muscheler, Testamentsvollstreckung (1994), S.  550. 100  BGH, 14.5.1986, BGHZ 98, 48, 55 f.; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  168. 101  BGH, 12.1.1998, NJW 1998, 1313, 1314; 30.4.1984, BGHZ 91, 132, 136 f. (für den Nachlasskonkurs); 30.3.1967, BGHZ 47, 293, 296 (für die Nachlassverwaltung). 102  BGH, 12.1.1998, NJW 1998, 1313, 1314. 103  BGH, 12.1.1998, NJW 1998, 1313, 1314; 10.1.1996, NJW 1996, 1284, 1285; 30.4.1984, BGHZ 91, 132, 135 (für den Nachlasskonkurs); 30.3.1967, BGHZ 47, 293, 296 (für die Nachlassverwaltung). 104  BGH, 12.1.1998, NJW 1998, 1313, 1314; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  169. 105  Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB, Rn.  181; Schäfer/Ulmer, ZHR 1996, 413, 439; Bommert, BB 1984, 178, 182. 106  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB, Rn.  180; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  24; Ulmer, NJW 1990, 73, 78.

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Gesellschafter. Die Testamentsvollstreckung sei demnach zulässig, ohne dass zwischen Innen- und Außenseite der Beteiligung zu unterscheiden ist.107 Voraussetzung bleibt freilich, dass die Gesellschafter per gesellschaftsvertraglicher Testamentsvollstreckungsklausel zustimmen.108 Auch wenn die Testamentsvollstreckung zulässig ist, sind der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers Grenzen gesetzt. So ist in erbrechtlicher Hinsicht insbesondere das Gebot der ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung (§  2216 Abs.  1 BGB) und das Verbot unentgeltlicher Verfügungen (§  2205 S.  3 BGB) zu beachten.109 In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht wird die Kernbereichslehre als Beschränkung der testamentsvollstreckungsrechtlichen Befugnisse diskutiert.110 Im Gegensatz zur Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung ist diese Frage allerdings nicht höchstrichterlich entschieden.111 2. Testamentsvollstreckung im Kapitalgesellschaftsrecht Wie im Fall der Kommanditbeteiligung ist die Testamentsvollstreckung in einen Kapitalgesellschaftsanteil zulässig.112 Sie bedarf im Unterschied zu den Personengesellschaften keiner Zustimmung durch die Gesellschafter, eine Satzungsklausel ist insofern nicht notwendig.113 So kann der Testamentsvollstrecker Stimmrechte als Aktionär (§  134 AktG) oder als Gesellschafter einer GmbH (§  47 GmbHG) ausüben. Das Erbrecht setzt sich mit seinem Regelungsregime zur Testamentsvollstreckung durch, für kapitalgesellschaftsrechtlich bedingte Sonderregeln ist kein Raum. Grenzen der testamentsvollstreckungsrechtlichen Verwaltungsbefugnis ergeben sich aus dem Erbrecht und nach einem Teil der Lehre aus der gesellschaftsrechtlichen Kernbereichslehre. Insofern gelten die Ausführungen zur Kommanditbeteiligung entsprechend.

107 

Ibid. MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  44; Baumbach/Hopt-M. Roth, §  139 HGB Rn.  26; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  181; a. A. K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 632. 109  Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  189. 110  Dafür: Ulmer, NJW 1990, 73, 80; dagegen die wohl herrschende Meinung: Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  192; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  51. 111  Vgl. nur LG Berlin, 1.10.2002, ZEV 2004, 29; LG Mannheim, 10.11.1998, MittBayNot 2000, 570. 112  BGH, 9.12.1968, BGHZ 51, 209, 214; 11.4.1957, BGHZ 24, 106, 108; MüKo-­GmbHGReichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  485; Staudinger-BGB16Reimann, §  2205 BGB Rn.  201; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  49. 113  Vgl. Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  53. 108 

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3. Dogmatischer Hintergrund Während die Abwicklungstestamentsvollstreckung für sämtliche Gesellschaftsformen gleichermaßen zulässig ist, muss hinsichtlich der Testamentsvollstreckung in den Anteil einer werbenden Personengesellschaft unterschieden werden: Während sich die testamentsvollstreckungsrechtliche Verwaltung eines GbR-, oHG- oder Komplementäranteils nach herrschender Meinung auf die Außenseite der Beteiligung beschränkt, ist die Testamentsvollstreckung in einen Kommanditanteil oder Kapitalgesellschaftsanteil zulässig. Das Ergebnis zeigt, dass für die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung nicht die Unterscheidung zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften entscheidend ist. Vielmehr legt das Ergebnis eine rechtliche Verwandtschaft zwischen Kommanditbeteiligung und Kapitalgesellschaftsanteil nahe114, der im Folgenden dogmatisch nachzugehen ist. Die Sonderregeln der Testamentsvollstreckung erklären sich über organisations- und haftungsrechtliche Gründe. a) Organisationsrechtliche Gründe In organisationsrechtlicher Hinsicht hält ein Teil des Schrifttums115 die Verwaltungstestamentsvollstreckung für unvereinbar mit dem personengesellschaftsrechtlichen Prinzip der Selbstorganschaft, nach dem die unbeschränkt haftenden Personengesellschafter die organschaftlichen Befugnisse ausüben müssen (vgl. §§  709, 714 BGB, §§  114, 125 HGB). Da der Testamentsvollstrecker nicht unbeschränkt haftender Personengesellschafter ist, sondern die Beteiligung nur als fremdes Recht der Erben verwaltet, könne er an der Innenseite der Mitgliedschaft, also organschaftlich, nicht tätig werden. Der Kommanditist hingegen ist seinem gesetzlichen Leitbild nach von der organschaftlichen Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen (§§  164 S.  1, 170 HGB). Organschaftlich begründete Bedenken gegen die Verwaltungstestamentsvollstreckung würden daher nicht greifen.116 Ähnlich verhält es sich im Kapitalgesellschaftsrecht, in dem der Grundsatz der Fremdorganschaft ermöglicht, Organfunktionen unabhängig von einer Gesellschafterstellung auszuüben. Sowohl der Ausschluss der organschaftlichen Geschäftsführung und Vertretung 114  Vgl. Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  358; Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  50; Priester, in: FS Stimpel (1985), 463, 465. 115  Stimpel, in: FS Brandner (1996), 779, 783; Hehemann, BB 1995, 1301, 1307; zweifelnd: MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  47; a. A.: MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  37. 116  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195 f.; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  180.

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beim Kommanditisten als auch der kapitalgesellschaftsrechtliche Grundsatz der Fremdorganschaft lassen fremdverwaltende Elemente wie die Verwaltungstestamentsvollstreckung zu. b) Haftungsrechtliche Gründe Auch haftungsrechtliche Bedenken werden gegen die Verwaltungstestamentsvollstreckung in Personengesellschaftsanteile geltend gemacht. Insbesondere wirft die beschränkte Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers (§  2206 Abs.  1 S.  1 BGB) Probleme auf. aa) Erbrechtliche Grenzen der Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers Gemäß §  2206 Abs.  1 S.  1 BGB ist der Testamentsvollstrecker berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen. Die persönliche Verpflichtung des Erben hingegen entzieht sich seiner Rechtsmacht.117 Die Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers beschränkt sich allein auf den Nachlass als Sondervermögen. Diese erbrechtliche Grenze seiner Verpflichtungsmacht löst, wie im Folgenden zu klären ist, in der Vererbung von Anteilen unbeschränkt haftender Personengesellschafter Friktionen aus, während bei Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteilen keine haftungsrechtlichen Bedenken gegen eine Testamentsvollstreckung zu erkennen sind. bb) GbR-, oHG- und Komplementäranteile Der haftungsrechtliche Grund dafür, dass der Testamentsvollstrecker nur an der Außenseite der Beteiligung eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters tätig werden soll, liegt vor allem in der Kollision handels- und erbrechtlicher Haftungsregime begründet.118 Könnte der Testamentsvollstrecker in Vertretung der Personengesellschaft, also an der mitgliedschaftlichen Seite der Beteiligung tätig werden, ginge mit der Verpflichtung der Personengesellschaft die unbeschränkte persönliche Haftung des Gesellschafter-Erben einher. Diese Verpflichtung ist erbrechtlich nicht zulässig, da sie nicht von der beschränkten Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers in §  2206 Abs.  1 S.  1 BGB gedeckt ist.119 Umgekehrt wäre es mit der unbeschränkten persönlichen Haftung eines Personengesellschafters unvereinbar, wenn der Erbe und Gesellschafternachfol117 

Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  50. Bamberger/Roth-K. W. Lange, §  2205 BGB Rn.  27; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  144; Schäfer/Ulmer, ZHR 1996, 413, 439 f. 119  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 Rn.  35; Phi­ lippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  50. 118 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

ger für Verbindlickeiten, die der Testamentsvollstrecker im Namen der Personengesellschaft eingeht, nur auf den Nachlass beschränkt haften würde.120 Nach herrschender Auffassung sind die handels- und erbrechtlichen Haftungsregime deshalb nicht miteinander zu vereinbaren. Dem Argument der inkompatiblen Haftungsregime widerspricht ein Teil des Schrifttums, das insoweit zwei Lager erkennen lässt. Während einige Autoren die erbrechtliche Haftung modifizieren, indem sie den Erben und Gesellschafternachfolger über den Nachlass hinaus persönlich haften lassen121, beschränkt Musche­ler122 das „Dogma von der zwingenden unbeschränkten Haftung“123 auf gesellschaftsvertragliche Haftungsbeschränkungen und belässt dem Gesellschafternachfolger seine beschränkte Erbenhaftung.124 Denn gesetzliche Haftungsbeschränkungen wie im Fall der beschränkten Erbenhaftung seien nach zweckgerechter Auslegung von §  105 HGB zulässig.125 Wie bei der Vererblichkeit von Anteilen und der Sondererbfolge schwelt der Konflikt zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht auch hier, weil das Prinzip der Selbstorganschaft und die mit ihr korrespondierende126 unbeschränkte persönliche Gesellschafterhaftung mit erbrechtlichen Grundsätzen kaum zu vereinbaren sind. Die Vielfalt der vorgeschlagenen Lösungen spiegelt dabei die Schwierigkeit wider, zwischen Personengesellschafts- und Testamentsvollstreckungsrecht zu vermitteln. Wegweisend für die weitere Untersuchung bleibt dabei der Befund, dass der Streit über die im Rahmen der Testamentsvollstreckung entwickelten Sonderregeln wie bereits zuvor auf das Organschaftsmonopol der unbeschränkt haftenden Personengesellschafter zurückzuführen ist. cc) Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile Konsequenterweise haben sich für die Testamentsvollstreckung in Kommanditanteile keine Sonderregeln durchgesetzt. Gemäß §  171 Abs.  1 HGB ist die Kommanditistenhaftung bis zur Einlagenhöhe beschränkt oder bei geleisteter Einlage sogar ausgeschlossen. Handelt der Testamentsvollstrecker für den Nachfolger des Kommanditisten, können keine Verbindlichkeiten für den Nachfolger entstehen, die der Testamtensvollstrecker über den Nachlass hinaus bewirken könnte. 120  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108 187, 195; siehe auch Dauner-Lieb, Sondervermögen (1998), S.  271 f. m. w. N. 121  Marotzke, JZ 1986, 457, 462; Einmahl, AcP 160 (1961), 29, 36 f. 122  Muscheler, Testamentsvollstreckung (1994), S.  550–554. 123  Muscheler, Testamentsvollstreckung (1994), S.  550. 124  Ibid. 125  Muscheler, Testamentsvollstreckung (1994), S.  550–553 mit Beispielen oHG-kompati­ bler gesetzlicher Haftungsbeschränkungen. 126  Vgl. zu diesem Zusammenhang K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  413.

A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht

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Sie bleiben auf die Einlagenhöhe beschränkt.127 Im Fall eines Kommanditisten überschreitet der Testamentsvollstrecker demnach nicht seine haftungsrechtlichen Befugnisse aus §  2206 Abs.  1 BGB.128 Haftungsrechtliche Einwände gegen die Dauertestamentsvollstreckung eines Kommanditanteils greifen daher nicht durch.129 Auch an Anteilen von Kapitalgesellschaften ist die Dauertestamentsvollstreckung aus haftungsrechtlicher Sicht zulässig.130 Denn ein Verstoß gegen die begrenzte Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers aus §  2206 Abs.  1 BGB droht nur im Ausnahmefall.131 So ist zwar richtig, dass die Gesellschafter einer GmbH zum Zwecke der Stammkapitalaufbringung oder -erhaltung in bestimmten Fällen persönlich und unbeschränkt haften. Ausgleichspflichten der Gesellschafter können sich insofern und beispielsweise aus §§  24, 31 Abs.  1 und Abs.  3 GmbHG ergeben. Entsteht eine solche Verpflichtung infolge der Handlung des jeweiligen Testamentsvollstreckers, überschreitet der Testamentsvollstrecker seine Befugnisse aus §  2206 Abs.  1 BGB. Aber die unbeschränkte Haftung des Kapitalgesellschafters gehört anders als bei einem oHG-Gesellschafter oder Komplementär nicht zum gesetzlichen Leitbild der Beteiligungsform.132 Sie kann wegen ihres Ausnahmecharakters nicht zur generellen Unzulässigkeit der Testamentsvollstreckung an einem Kapitalgesellschaftsanteil führen.133 Auch aus dem Aktienrecht ergeben sich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung. So beschränkt sich die Haftung des Aktionärs im Wesentlichen auf die Leistung seiner Einlage (§  54 Abs.  1 AktG), so dass nur im Ausnahmefall eine darüber hinausgehende persönliche Haftung zum Beispiel in Form von Schadensersatzansprüchen bei aktienrechtlichen Verstößen (vgl. §  243 Abs.  2 AktG) droht. Eine Überschreitung der testamentsvollstreckungsrechtlichen Befugnisse aus §  2206 Abs.  1 BGB ist also wie im GmbH-Recht nur in Einzelfällen möglich. Aus dem gesetzlichen Leitbild der Aktiengesellschaft aber lässt sich nicht die allgemeine Unzulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Aktien ableiten.134 127 

Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  180. BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  44. 129  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  180. 130  Für die GmbH: BGH, 10.6.1959, NJW 1959, 1820, 1820 f.; Bamberger/Roth-K. W. Lange, §  2205 BGB Rn.  52; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  51; Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  54; für die AG: Bamberger/Roth-K. W. Lange, §  2205 BGB Rn.  54; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  53; Frank, ZEV 2002, 389, 390. 131  Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  53. 132  Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  53 f. 133  Philippi, Testamentsvollstreckung GmbH (2000), S.  54. 134  So auch im Ergebnis: Bamberger/Roth-K. W. Lange, §  2205 BGB Rn.  54; MüKo-­BGBZimmermann, §  2205 BGB Rn.  53; Frank, ZEV 2002, 389, 390. 128 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

c) Ergebnis zum dogmatischen Hintergrund Die Sonderregeln zur Testamentsvollstreckung erklären sich über das Spannungsfeld von Fremdverwaltung und Selbstorganschaft einerseits sowie beschränkter Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers und unbeschränkter Gesellschafterhaftung andererseits. Das Besondere freilich ist, dass die herrschende Meinung nur beim Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters die Zulässigkeit einer Verwaltungstestamentsvollstreckung einschränkt, während die Verwaltungstestamentsvollstreckung in Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile frei möglich ist und keinen Sonderregeln unterliegt. Die Differenzierung zwischen unbeschränkt haftenden Gesellschaftern auf der einen Seite sowie Kommanditisten und Kapitalgesellschaftern auf der anderen Seite war in den zuvor dargelegten Konfliktfeldern nicht zu erkennen, in denen Sonderregeln für Anteile unbeschränkt haftender Gesellschafter und Kommanditisten gleichermaßen gelten.135 IV. Ergebnis zu den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht Aus den vorgestellten Konfliktfeldern zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht lassen sich folgende Prinzipien zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht ableiten. 1. Sonderregeln des Personengesellschaftsrechts Während im Kapitalgesellschaftsrecht die Vererblichkeit, die Nachlasszuordnung des Anteils und die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung keinen Regelungskonflikt zum Gesellschaftsrecht aufwerfen und die allgemeinen Regeln des Erbrechts über die Gesellschafternachfolge entscheiden, vermitteln im Personengesellschaftsrecht Sonderregeln zwischen personengesellschaftsrechtlichen Prinzipien und erbrechtlichen Instituten: Der freien Vererblichkeit des Personengesellschaftsanteils steht die personalistische Gesellschafterstruktur entgegen, Gemeinschaftszweck und fehlende Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft sind nach herrschender Meinung mit der rechtlichen Stellung eines Personengesellschafters unvereinbar und die fremdverwaltende, auf den Nachlass beschränkte Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers verträgt sich nach herrschender Meinung nicht mit der organschaftlichen Stellung und unbeschränkten Haftung eines GbR-, oHG-Gesellschafters oder Komplementärs. Die Konfliktlinie zum personengesellschaftsrechtlichen Prinzip der Selbstorganschaft ist in der 135 

Zu Sonderregeln der Vererblichkeit S. 5  ff. und der Nachlasszuordnung S. 10  ff.

A. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht

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Auseinandersetzung um die erörterten Sonderregeln unverkennbar. In den konfliktfreien Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Personengesellschafternachfolge von Todes wegen stellen, entscheiden hingegen die allgemeinen Regeln des Erbrechts. Die Sonderregeln zeigen, wie hoch der Abstimmungsbedarf schon im internen Recht zwischen den Instituten des Erbrechts und gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ist. Auf kollisionsrechtlicher Ebene verschärft sich, wie die Sonderregeln im folgenden Rechtsvergleich belegen, der Konflikt zwischen Gesellschafts- und Erbrecht dahingehend, dass ausländische Gesellschaftsformen auf Erbinstitute des Erbstatuts treffen, die dem jeweiligen Gesellschaftsstatut unbekannt sind. Ob man diese Fälle mit den Sonderregeln des Erb- oder des Gesellschaftsstatuts lösen sollte, ist die entscheidende kollisionsrechtliche Frage, der im Rahmen der einzelnen Anknüpfungsfragen nachzugehen ist. 2. Rechtliche Verwandtschaft von Kommanditanteil und Kapitalgesellschaftsanteil Die Sonderregeln der Vererblichkeit und Nachlasszuordnung unterscheiden, im Gegensatz zu testamentsvollstreckungsrechtlichen Fragen, nach herrschender Auffassung bisher nicht zwischen unbeschränkt haftenden Gesellschaftern und Kommanditisten. Insoweit unterliegen beide Gesellschaftertypen gleichermaßen den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge. Nimmt man den dogmatischen Hintergrund der Sonderregeln aber ernst, ist in der Frage, in welchen Fällen Sonderregeln zur Anwendung kommen, zwischen unbeschränkt haftenden Gesellschaftern einerseits sowie Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteil andererseits zu differenzieren. Pauschal zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften zu unterscheiden, ist überholt. Sonderregeln kommen zur Anwendung, soweit sich aus dem Gesellschaftsrecht organisations- oder haftungsrechtliche Einwände gegen die allgemeinen erbrechtlichen Regeln ergeben. Solche Einwände bestehen in Form der selbstorganschaftlichen Stellung des Personengesellschafters und dessen persönlicher unbeschränkter Haftung. Diese Einwände jedoch treffen nur auf GbR-, oHG-Gesellschafter und Komplementäre zu. Der Kommanditist hingegen hat keine organschaftliche Befugnis zur Geschäftsführung oder Vertretung der Gesellschaft und haftet entweder nur begrenzt bis zur Höhe seiner Einlage oder, bei bereits geleisteter Einlage, überhaupt nicht mehr gegenüber Gesellschaftergläubigern. Anders als bei der Mitgliedschaft eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters, die von Vertrauen und persönlicher Abhängigkeit geprägt ist, steht beim Kommanditanteil also das über die Einlage geleistete Kapital im Vordergrund und nicht das Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnis zu den Mitgesell-

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

schaftern.136 Insofern liegt der Kommanditanteil in struktureller Hinsicht näher am Kapitalgesellschaftsanteil als am Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters.137 Auf den Kommanditisten treffen die organisations- und haftungsrechtlichen Einwände, die die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge im Personengesellschaftsrecht begründen, nicht zu. Man muss, wie im Fall der Kapitalgesellschaften, von der Anwendung des allgemeinen Erbrechts ausgehen, da das gesetzliche Leitbild eines Kommanditisten keinen gesellschaftsrechtlichen Anlass gibt, von erbrechtlichen Grundsätzen abzuweichen. Den Schwenk zum allgemeinen Erbrecht hin hat die herrschende Meinung zur Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung bereits vollzogen138, nach der sich keine gesellschaftsrechtlichen Einwände gegen die Verwaltungstestamentsvollstreckung in einen Kommanditanteil ergeben. Da diese entkräfteten gesellschaftsrechtlichen Einwände mit denen übereinstimmen, die bei der Vererblichkeit des Kommanditanteils und dessen Sonderzuordnung bei Erbenmehrheit gegen die allgemeinen erbrechtlichen Regeln geltend gemacht werden, ist nicht einzusehen, warum der Kommanditanteil insofern den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge unterworfen bleibt und im Ergebnis so behandelt wird wie der Anteil eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters. Konsequenterweise muss das allgemeine Erbrecht auch in diesen beiden Fragen gelten, soweit es sich um die Vererbung eines Kommanditanteils handelt.

B. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen in anderen Rechtsordnungen Auch in anderen EU-Rechtsordnungen haben sich im Konflikt des Erb- und Gesellschaftsrechts Sonderregeln zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen entwickelt. Ziel der folgenden rechtsvergleichenden Untersuchung ist es, gemeinsame Prinzipien in der Frage gesellschaftsrechtlich bedingter Sonderregeln herauszuarbeiten. Um im grenzüberschreitenden Sachverhalt, in dem immer verschiedene Rechtsordnungen aufeinandertreffen, zu einem kollisionsrechtlich in-

136 

Vgl. Henssler/Strohn-Gummert, §  164 HGB Rn.  1; Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  358; Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  57; K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 635; Ulmer, NJW 1990, 73, 75. 137  Vgl. Ann, Erbengemeinschaft (2001), S.  358; K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 634 f. 138  Dazu bereits S. 21  ff.

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 31

teressengerechten Qualifikationsergebnis zu gelangen, ist das Verständnis der sachrechtlichen Rechtsinstute anderer Rechtsordnungen unerlässlich.139 I. Ausgewählte Rechtsquellen Als mitgliedstaatliche Rechtsordnungen werden im Rechtsvergleich das österreichische, englische sowie französische Recht untersucht. Die Wahl der österreichischen und englischen Rechtsordnung erklärt sich über ihre erbrechtlichen Institute140, die sich in der Untersuchung der Sonderregeln und des Verhältnisses von Erb- und Gesellschaftsrecht als aufschlussreich erweisen. Ferner bietet sich die französische Rechtsordnung im Rechtsvergleich an, da sie als Teil des romanischen Rechtskreises möglicherweise Rückschlüsse auf andere romanische oder hybride Rechtsordnungen wie die belgische oder niederländische zulässt.141 Auch im EU-Gesellschaftsrecht mit seinen supranationalen Gesellschaftsformen ist den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen nachzugehen. Obwohl das Vereinigte Königreich im Gesetzgebungsprozess der EuErbVO von seiner opt out-Option Gebrauch gemacht hat142, sind Einflüsse des Common Law auf die Verordnung unverkennbar, wie allein die Bereichsausnahmen zur joint tenancy und zum trust als Rechtsinstitute des Common Law belegen.143 Der Rechtsvergleich zum Common Law bleibt daher von Interesse für die Auslegung der Verordnung.144 Allerdings beschränkt sich der Rechtsvergleich auf das englische Common Law. Besonderheiten des schottischen Rechts, das ebenso wie das englische Common Law zur Privatrechtsordnung des Vereinigten Königreichs gehört, sich aber in seiner historischen Entwicklung starken kontinentaleuropäischen Rechtseinflüssen ausgesetzt sah145, würden den Rahmen dieser rechtsvergleichenden Untersuchung überschreiten. 139 

Zur Qualifikation im Einzelnen S. 181  ff. Zur sog. Einantwortung österreichischen Rechts S. 39  f.; zum personal representative im Common Law S.455 f. 141  Vgl. in diesen Ländern zur Rezeption des franz. Code civil Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (1996), S.  99–101; das niederländische Recht ist seit der im Jahr 1992 abgeschlossenen Reform des Burgerlijk Wetboek nicht mehr eindeutig dem romanischen Rechtskreis zuzuordnen, sondern zu einer hybriden Rechtsordnung gewachsen. 142  Erwägungsgrund 82 EuErbVO; zu den Gründen: siehe die Einwände im Report of the House of Lords European Union Committee, Sixth Report – The EU’s Regulation on Succession, HL Paper No. 75 (Session 2009-10) sowie Barlow, in: Garb/Wood, International Succession (2015), 1, 4–6. 143  Siehe Art.  1 Abs.  2 lit.  g sowie lit.  j EuErbVO. 144  So im Ergebns auch Rauscher-Hertel, Einl EuErbVO Rn.  35. 145  Dazu eingehend Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (1996), S.  198–201. 140 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

II. Sonderregeln im EU-Gesellschaftsrecht In den supranationalen Gesellschaftsformen des EU-Rechts sind wie im deutschen Recht Sonderregeln der Gesellschafternachfolge im Personengesellschaftsrecht festzustellen, während die kapitalgesellschaftsrechtliche Gesellschafternachfolge nach den allgemeinen erbrechtlichen Regeln stattfindet. 1. Überblick über unionsrechtliche Gesellschaftsformen Mit der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), der Europäischen (Aktien-)Gesellschaft (Societas Europaea, SE) und der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa, SCE) haben sich im Europäischen Gesellschaftsrecht drei supranationale Gesellschaftsformen in jeweils eigenen EU-Verordnungen146 herausgebildet.147 Zudem ist die Einführung einer Europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea, SPE) geplant148, die Ähnlichkeiten zur GmbH deutschen Rechts aufweisen soll.149 Die sekundärrechtliche Umsetzung der SPE steht zwar noch aus und droht am politisch umstrittenen Thema der Arbeitnehmermitbestimmung zu scheitern.150 Dennoch bietet der aktuelle Entwurf zur SPE-Verordnung151 eine Grundlage, um der Gesellschafternachfolge und den mit ihr verbundenen Sonderregeln nachzugehen. Die genannten Gesellschaftsformen unterteilen sich vom Sonderfall der SCE abgesehen in zwei Kapitalgesellschaften (SE sowie SPE) und einen personengesellschaftsähnlichen Verband (EWIV).152 Dabei bleibt die SCE außen vor, da genossenschafts-

146  EWIV-VO (Verordnung (EWG) Nr.  2137/85 des Rates vom 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl.  EWG 1985 L 199/1); SE-VO (Verordnung (EG) Nr.  2157/ 2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl.  EG 2001 L 294/1); SCE-VO (Verordnung (EG) Nr.  1435/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl.  EU 2003 L 207/1). 147  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  87 (Rn.  37). 148  Siehe Vorschlag der Ungarischen Ratspräsidentschaft für eine Verordnung des Rates über die Europäische Privatgesellschaft vom 23.5.2011, 10611/11 DRS 84 SOC 432. 149  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  87 (Rn.  38) m. w. N. in Fn.  153. 150  Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  670 (Rn.  1122); Habersack/ Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  519 (Rn.  1). 151  Siehe Fn.  148. 152  Vgl. Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  67 (Rn.  130 f.); die Einordnung der EWIV ist freilich umstritten: für einen personengesellschaftsrechtlichen Charakter streitend: Müller-Gugenberger, in: Müller-Gugenberger, EWIV (1995), 158, 203–211 sowie Lentner, EWIV (1994), S.  51; dagegen jedoch und den genossenschaftsrechtlichen Einschlag betonend: Bramigk, EWIV (2002), S.  230–232.

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 33

rechtliche Nachfolgefragen nicht vom Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit umfasst sind. Obwohl die EWIV eine rechtsfähige Außengesellschaft ist, bleiben ihre Mitglieder, zumeist selbst juristische Personen153, rechtlich selbständig.154 Der Zweck einer EWIV besteht nur darin, die grenzüberschreitende Kooperation ­ihrer Mitglieder zu fördern.155 Zu einem Unternehmenszusammenschluss kommt es nicht – im Gegensatz zur SE, die nationale Gesellschaften zu einer unionsrechtlichen Konzernform verschmelzen lässt.156 Die SPE als „kleine Schwester“157 der SE ist dagegen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen konzipiert, um auch diesen ihre grenzüberschreitende Tätigkeit zu erleichtern.158 Die Entwicklung unionsrechtlicher Gesellschaftsformen dient dazu, Reputa­ tions­probleme nationaler Gesellschaftsformen im EU-Ausland zu überwinden und Unternehmenszusammenführungen über eine neutrale Gesellschaftsform zu fördern.159 Allerdings hinken die Verordnungen zur EWIV und SE ihren Zielen insofern hinterher, als die dortige Rechtsvereinheitlichung die berührten Rechtsfragen nicht vollständig abdeckt. Um die Gesetzesvorhaben nicht am Einstimmigkeitserfordernis im Rat (vgl. Art.  352 Abs.  1 AEUV) scheitern zu lassen, beschränkte man sich auf die Regelung bestimmter Rahmenbedingungen und verwies im Übrigen auf das nationale Recht des Sitzstaates.160 Dass sich dieses Vorgehen als ratsam erwies, zeigt die schwierige politische Konsenssuche zu einer SPE-VO, die – im Unterschied zur EWIV- und SE-VO – weitgehend ohne Rückgriff auf das nationale Gesellschaftsrecht auskommen soll.161 2. EU-Gesellschaftsformen als Untersuchungsgegenstand der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Eine Gesellschafternachfolge von Todes wegen findet nur statt, soweit eine natürliche Person Gesellschafterin ist. Gesellschaftsformen, in denen natürliche Personen nicht gesellschafterfähig sind, kommen daher nicht als Untersuchungsgegenstand der Gesellschafternachfolge in Betracht. Dass in der EWIV und SPE natürliche Personen als Gesellschafter infrage kommen, ergibt sich aus Art.  4 Abs.  1 lit.  b EWIV-VO und Art.  2 Abs.  1 lit.  ba, 153 

Vgl. Art.  4 Abs.  1 lit.  a EWIV-VO. Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  409 (Rn.  5). 155  Ibid. 156  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  87 (Rn.  37). 157  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  519 (Rn.  2). 158  Vgl. Erwägungsgrund 2 SPE-VO-E. 159  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  86 (Rn.  35). 160  Siehe Art.  2 Abs.  1 EWIV-VO, Art.  9 Abs.  1 lit.  c SE-VO, Art.  8 Abs.  1 lit.  c SCE-VO. 161  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  87 f. (Rn.  38). 154 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

Art.  5a Abs.  1 SPE-VO-E. Bei der SE stellt sich die Beteiligungsfähigkeit natürlicher Personen zunächst schwieriger dar, denn natürliche Personen kommen als unmittelbare Gründungsgesellschafter nicht in Betracht.162 Nur juristische Personen sind gründungsfähig (vgl. Art.  2 SE-VO). Allerdings können natürliche Personen an den Gründungsgesellschaften der jeweiligen SE beteiligt sein. Im Gründungsprozess einer SE, die grundsätzlich aus der Umwandlung oder Verschmelzung ihrer Gründungsgesellschaft(-en) entsteht (vgl. Art 2 Abs.  1, Abs.  2 sowie Abs.  4 SE-VO), mutieren die Anteile an den Gründungsgesellschaften zu SE-Aktien.163 So halten im Ergebnis die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften – auch wenn es sich um natürliche Personen handelt – die Anteile an der jeweiligen SE.164 Lediglich bei der Gründung einer Tochter-SE im Sinne von Art.  2 Abs.  3 SE-VO ist die Beteiligung einer natürlichen Person ausgeschlossen.165 Denn hier wandeln sich die Gründungsgesellschaften nicht in eine SE um, sondern bestehen als Gesellschafterinnen der Tochter-SE fort.166 Eine Tochter-SE eignet sich daher nicht als Untersuchungsgegenstand zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen.167 Bei der EWIV, der SPE und der SE ist die Beteiligung natürlicher Personen demnach möglich. Es kann im Gesellschafterkreis dieser Gesellschaftsformen zum Erbfall und somit zum Konflikt von Erb- und Gesellschaftsrecht kommen, dem hinsichtlich möglicher Sonderregeln im Weiteren nachzugehen ist. 3. Sonderregeln der EU-Gesellschaftsformen Die EU-Verordnungen zur EWIV, SPE und SE enthalten zum Teil Anhaltspunkte, die Sonderregeln zugunsten des Gesellschaftsrechts erkennen lassen.

162  MüKo-AktG-Oechsler/Mihaylova, Art.  2 SE-VO Rn.  1; Spindler/Stilz-Casper, Art.  2 SE-VO Rn.  1. 163  Im Fall der Verschmelzung (Art.  2 Abs.  1, 17–31 SE-VO) sowie der Gründung einer Holding-SE (Art.  2 Abs.  2, 32–36 SE-VO) erhalten die Aktionäre der Gründungsgesellschaften SE-Aktien im Rahmen einer Abfindung für ihre untergegangenen Anteile, dazu Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  632 (Rn.  1054), S.  634 (Rn.  1056); im Fall der Umwandlung einer Gründungsgesellschaft in eine SE (Art.  2 Abs.  4, 37 SE-VO) folgt aus dem Grundsatz der Verbandskontinuität (dazu Manz/Mayer/Schröder-Schröder, Art.  37 SE-VO Rn.  7), dass sich die Anteile an der Gründungsgesellschaft in SE-Aktien umwandeln. 164  Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  437 (Rn.  19). 165  Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  34 f. 166  Vgl. Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht (2011), S.  439 (Rn.  23 f.). 167  So auch Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  34 f.

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 35

a) Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) Die EWIV ist als unionsrechtliche Personengesellschaft in der Untersuchung der Sonderregeln von besonderem Interesse. Da Regelungskonflikte und die daraus folgenden Sonderregeln sich bisher im Verhältnis von deutschem Personengesellschaftsrecht und Erbrecht zeigten, ist zu vermuten, dass auch auf unionsrechtlicher Ebene Friktionen zwischen EWIV-Recht und mitgliedstaatlichem Erbrecht auftreten, die über Sonderregeln der Gesellschafternachfolge gelöst werden. Im Falle eines Todes von EWIV-Mitgliedern kann gemäß Art.  28 Abs.  2 EWIV-VO168 „niemand ihre Nachfolge in der Vereinigung antreten, es sei denn nach Maßgabe des Gründungsvertrags oder […] mit einstimmiger Zustimmung der verbleibenden Mitglieder.“

Dieser Regelung zufolge bestimmen nur der Gesellschaftsvertrag oder die Gesellschafterversammlung darüber, ob eine Nachfolge von Todes wegen in den EWIV‑Anteil stattfindet. Dieser fällt daher nicht als Vermögensgegenstand des Erblassers nach den allgemeinen erbrechtlichen Regeln in den Nachlass, sondern muss zunächst per Satzungsklausel oder Gesellschafterbeschluss freigegeben werden.169 Wie bereits im deutschen Personengesellschaftsrecht erklärt sich eine solche Sonderregel über die rechtliche und wirtschaftliche Abhängigkeit der Verbandsmitglieder untereinander.170 Im Fall der EWIV leitet sich diese Abhängigkeit zwar nicht aus der Organisationsverfassung der EWIV ab, die fremdorganschaftliches Handeln Dritter ausdrücklich vorsieht (vgl. Art.  16 Abs.  1 EWIVVO)171 und auf diese Weise den schicksalsgemeinschaftlichen Charakter des Mitgliederkreises im Vergleich zur oHG deutschen Rechts lockert. Allerdings verbleibt eine beachtliche personengesellschaftsähnliche Verbundenheit der EWIV-Mitglieder über ihre unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung (Art.  24 Abs.  1 S.  1 EWIV-VO).172 Denn um sich im Regress bei den anderen EWIV-Mitgliedern zu erholen, muss die Solvenz im Mitgliederkreis sichergestellt sein. Insofern ist die Zusammensetzung des Mitgliederkreises – auch nach 168 

Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 738 f.; sich anschließend: D. Paulus, notar 2016, 3, 9. Vgl. Selbherr-Manz, Art.  28 EWIV-VO Rn.  2; Lentner, EWIV (1994), S.  132; Wendt, in: Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht (2005), 211, 233. 170  Vgl. Müller-Gugenberger, in: Müller-Gugenberger, EWIV (1995), 158, 205 (Rn.  134) sowie Meyer‑Landrut, EWIV (1988), S.  98. 171  Zum Grundsatz der Fremdorganschaft in der EWIV: Lutter/Bayer/Schmidt, Kapitalmarktrecht (2018), S.  1642 f. (Rn.  44.49); Lentner, EWIV (1994), S.  104. 172  Vgl. Müller-Gugenberger, in: Müller-Gugenberger, EWIV (1995), 158, 204 (Rn.  128 f.) („Grundsatz der Personenbezogenheit“) sowie Frhr. von Rechenberg, in: von der Heydt/Frhr. von Rechenberg, EWIV (1991), 3, 89, der von einer „streng personenbezogene[n] Vereinigung“ spricht. 169 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

einem Todesfall – von großer Bedeutung für jedes EWIV‑Mitglied und rechtfertigt die gesellschaftsrechtliche Nachfolgesteuerung im Todesfall.173 Über die Frage der Vererblichkeit hinaus haben sich keine weiteren Sonder­ regeln in typischen Konfliktfeldern wie der Testamentsvollstreckung oder der Beteiligung von Erbenmehrheiten entwickelt. b) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) Um die Gesellschafternachfolge von Todes wegen in einer SE zu beurteilen, muss das auf diese Frage anwendbare Recht bestimmt werden, denn im Unterschied zur EWIV-VO enthält die SE-VO selbst keine Regelungen zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen. Gemäß Art.  9 Abs.  1 lit.  c SE-VO findet das mitgliedstaatliche Recht des jeweiligen Sitzstaates Anwendung. Insofern ist in der normhierarchischen Reihenfolge des Art.  9 SE‑VO zunächst auf Vorschriften zurückzugreifen, die die Mitgliedsstaaten speziell für die SE erlassen haben (Art.  9 Abs.  1 lit.  c i) SE-VO).174 Für Europäische Aktiengesellschaften mit Sitz in Deutschland beispielsweise gelten insoweit das SE­Ausführungsgesetz175 (SEAG) sowie das SE-Beteiligungsgesetz176 (SEBG)177, in denen sich jedoch keine Regelungen zur Gesellschafternachfolge finden. Im nächsten normhierarchischen Schritt (Art.  9 Abs.  1 lit.  c ii) SE-VO) ist das Aktienrecht des jeweiligen Sitzstaates maßgeblich, im deutschen Recht also im Wesentlichen das Aktiengesetz. Für eine SE mit Sitz in Deutschland gelten demnach die aktienrechtlichen Ausführungen zur Gesellschafternachfolge in einer AG deutschen Rechts.178 Wie bereits herausgearbeitet sind Regelungskonflikte zwischen Aktien- und Erbrecht in der Vererblichkeit des Anteils, der Beteiligungsfähigkeit von Erbenmehrheiten sowie der Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung nicht zu erkennen. In diesen Fällen entscheidet allein das allgemeine Erbrecht über die Gesellschafternachfolge von Todes wegen.

173 

Vgl. auch Jung, GPR 2004, 233, 243. Zur Normhierarchie innerhalb des Art.  9 Abs.  1 lit.  c SE-VO: vgl. Lutter/Hommelhoff/ Teichmann-Hommelhoff/Teichmann, Art.  9 SE-VO Rn.  43; Manz/Mayer/Schröder-Schröder, Art.  9 SE-VO Rn.  17. 175  Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr.  2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) vom 22.12.2005, BGBl.  I S.  3675, zuletzt geändert durch Art.  7 Abschlussprüfungsreformgesetz vom 10.5.2016 (BGBl.  I S.  1142). 176  Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft vom 22.12.2004, BGBl.  I S.  3686. 177  Habersack/Drinhausen-Schürnbrand, Art.  9 SE-VO Rn.  39; Lutter/Hommelhoff/Teichmann-Hommelhoff/Teichmann, Art.  9 SE-VO Rn.  52. 178  Zur Aktionärsnachfolge in einer AG deutschen Rechts im Einzelnen S. 78  ff. 174 

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 37

Die Gesellschafternachfolge in eine SE mit Sitz in Deutschland zeigt, dass sich, wie bei einer GmbH oder AG deutschen Rechts, auch im Fall einer supranationalen Kapitalgesellschaftsform keine gesellschaftsrechtlichen Einwände gegen die allgemeinen Regeln des Erbrechts ergeben. Auch nach diesem Befund bleiben die Sonderregeln also ein Phänomen der Personengesellschafternachfolge. c) Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea) Ein Verordnungsentwurf zur SPE vom 25.6.2008179 legte freilich nahe, Sonderregeln der Gesellschafternachfolge auch auf das Kapitalgesellschaftsrecht zu erstrecken. Denn eine Passage statuierte für die SPE als Kapitalgesellschaft vorrangige Satzungsregelungen in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen: In Anhang I zu Kapitel III dieses Entwurfs heißt es dazu, dass die Satzung „die im Falle des Todes […] eines Anteilseigners anwendbaren Regeln“ bestimmen müsse. Es wäre ein unionsrechtlicher Anhaltspunkt dafür, dass Sonderregeln der Gesellschafternachfolge ebenso das Kapitalgesellschaftsrecht beträfen.180 Im aktuellen Verordnungsvorschlag181 jedoch ist diese Passage ersatzlos gestrichen worden182, so dass sich der Anhaltspunkt für eine kapitalgesellschaftsrechtliche Sonderregel der Gesellschafternachfolge in der politischen Konsenssuche zur SPE verloren hat. 4. Ergebnis zu Sonderregeln des EU-Gesellschaftsrechts Nur im Fall der EWIV müssen ihre Gesellschafter der Vererblichkeit und Nachfolge in einen ihrer Anteile zustimmen. Die unionsrechtlichen Kapitalgesellschaftsformen hingegen lassen keine Sonderregeln der Gesellschafternachfolge erkennen. Dieser Befund deckt sich mit den Ergebnissen zur Untersuchung der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht: Ausschließlich das Personengesellschaftsrecht wirft Regelungs- und Prinzipienkonflikte mit dem jeweiligen Erbrecht auf, die zu Sonderregeln der Gesellschafternachfolge führen.

179  Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft vom 25.6.2008, KOM(2008) 396 endg. {SEK(2008) 2098, 2099}. 180  Auf diese Vorschrift weisen hin: MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38 (Fn.  102); Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 739; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 555. 181  Siehe Vorschlag der Ungarischen Ratspräsidentschaft für eine Verordnung des Rates über die Europäische Privatgesellschaft vom 23.5.2011, 10611/11 DRS 84 SOC 432. 182  Weder im Katalog zum obligatorischen Satzungsumfang in Art.  8 Abs.  1 SPE-VO-E noch im Katalog zum fakultativen Satzungsumfang in Anhang I der Verordnung finden sich mehr Anhaltspunkte für Sonderregeln der Gesellschafternachfolge.

38

§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

III. Sonderregeln im mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrecht Wie bereits in der Untersuchung zum deutschen Recht soll in weiteren mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Sonderregeln nachgegangen werden, die sich entlang typischer Konfliktfelder zwischen Gesellschafts- und Erbrecht entwickelt haben. Dazu gehören die Vererblichkeit des Anteils, der rechtliche Umgang mit einer Erbenmehrheit, die Testamentsvollstreckung sowie die erbrechtlichen Besonderheiten der jeweiligen Rechtsordnung wie die Einantwortung im österreichischen Recht oder der personal representative im englischen Common Law. 1. Österreich a) Vererblichkeit Das österreichische Gesellschaftsrecht ist stark an das deutsche Recht angelehnt183, wie die weitgehende Parallelität von Vorschriften im UGB184 und HGB jedenfalls für das Personengesellschaftsrecht belegen.185 Die gesellschaftsrechtlichen Instrumente zur Gesellschafternachfolge im österreichischen Recht gleichen daher den Gestaltungsmöglichkeiten im deutschen Recht.186 So müssen auch im österreichischen Personengesellschaftsrecht die Gesellschafter der Nachfolge in den Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag zustimmen.187 Das Zustimmungserfordernis trägt auch im österreichischen Recht dem personalen Einschlag der personengesellschaftsrechtlichen Beteiligung Rechnung.188 Sofern gesellschaftsvertraglich keine Vorsorge für die Nachfolge getroffen wurde, tritt als Nachlassgegenstand ein Ausgleichsanspruch der Erben an die Stelle des Gesellschaftsanteils.189 Wie im deutschen Recht entscheidet also das Personengesellschaftsrecht darüber, ob der Anteil oder ein Ausgleichsanspruch in den Nachlass fällt. Anteile an Kapitalgesellschaften hingegen, denen wie im deutschen und europäischen Recht der persön183 

Vgl. Cach, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 49, 58 f.; zur GmbH: Wachter, GmbHR 2005, 407, 409. 184  Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch – UGB) i. d. F. vom 1.1.2007, dRGBl.  S 219/1897 zuletzt geändert durch BGBl.  I Nr.  120/2005. 185  Vgl. insbesondere §§  105–177a HGB einerseits sowie §§  105–178 UGB andererseits. 186  Siehe Schauer, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 988, 994–1026 (Rn.  9–73 Cach, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 49, 59 f.; Kalss, in: Gruber/ Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 1033, 1044 (Rn.  22 f.) sowie 1048–1053 (Rn.  29–40). 187  Cach, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 49, 58; Kalss, in: Kalss, Company Law and Succession (2015), 3, 28. 188  Kalss, in: Kalss, Company Law and Succession (2015), 3, 28. 189  Cach, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 49, 59; Kalss, in: Kalss, Company Law and Succession (2015), 3, 28.

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 39

liche Einschlag in ihren Beteiligungen fehlt, sind frei vererblich.190 Ihre Vererblichkeit kann nicht durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt werden.191 b) Einantwortung Während nach deutschen Grundsätzen der Erbschaftserwerb ipso iure erfolgt (vgl. §  1922 Abs.  1 BGB), verlangt das österreichische Recht dazu einen gerichtlichen Akt: die sog. Einantwortung des Nachlasses (vgl. §  797 ABGB) im Rahmen eines sog. Verlassenschaftsverfahrens192, das im Todesfall von Amts wegen einzuleiten ist193 und mit der gerichtlichen Übertragung des Nachlasses im Wege der Gesamtrechtsnachfolge endet.194 Zwischen dem Tod des Erblassers und der Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens befindet sich der Nachlass in einem rechtlichen Übergangsstadium. Er gehört niemandem und erstarkt in dieser Phase zur eigenen Rechtspersönlichkeit in Form einer juristischen Person, §  546 ABGB (sog. ruhender Nachlass).195 Der Erbe oder die Erbengemeinschaft (§  550 ABGB) erwerben in dieser Zeit nur das Recht, den Nachlass zu nutzen, zu verwalten und zu vertreten, soweit das Verlassenschaftsgericht nichts Anderweitiges anordnet (vgl. §  810 ABGB).196 In der Nachfolge eines Personengesellschafters wirft diese Übergangsphase Probleme auf, zumal Verlassenschaftsverfahren in der Regel mehrere Monate in Anspruch nehmen.197 In dieser Phase müssen außerordentliche Maßnahmen im Unternehmen durch das Verlassenschaftsgericht genehmigt werden198, so dass Elemente einer gerichtlichen Fremdverwaltung mit dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft199 auf Seiten der Gesellschafter190 

Kalss, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 1033, 1038 (Rn.  8). Ibid. 192  Bittner/Hawel, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 250, 252 (Rn.  1); Haunschmidt, Testament (2013), S.  85; S.  Ferrari, in: S.  Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht (2007), 440, 440. 193  Bittner/Hawel, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 250, 254 (Rn.  6); S.  Ferrari, in: S.  Ferrari/Likar‑Peer, Erbrecht (2007), 440, 440. 194  Bittner/Hawel, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 250, 278 (Rn.  77). 195  Kodek/Schwimann-Nemeth, §  797 ABGB Rn.  1; S.  Ferrari, in: S.  Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht (2007), 440, 440. 196  Bittner/Hawel, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 250, 282 f. (Rn.  90). 197  Haunschmidt, Testament (2013), S.  101. 198  Für eine Genehmigungspflicht: Haunschmidt, Testament (2013), S.  120 und 128; Spitzer, NZ 2006, 33, 37; dagegen: Kodek/Schwimann-Nemeth, §  810 ABGB Rn.  10. 199  Der Grundsatz der Selbstorganschaft gilt wie im deutschen Personengesellschaftsrecht auch für Personengesellschaften österreichischen Rechts: Fritz, Gesellschaftsformen (2007), S.  263 f.; Krejci, Gesellschaftsrecht (2005), S.  79. 191 

40

§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

nachfolger auf den ersten Blick kollidieren. Allerdings sind die späteren Gesellschafternachfolger in der Zeit vor der Einantwortung noch keine Gesellschafter mit organschaftlichen Befugnissen, sondern haben lediglich ein Nutzungsrecht inne. Bis zur Einanwortung ist der Nachlass kraft seiner eigenen Rechtspersönlichkeit Gesellschafter, die späteren Gesellschafternachfolger üben insoweit nur fremde und nicht eigene Rechte aus.200 Aus der Sicht der Gesellschafter verletzen daher fremdverwaltende Elemente des für das Verlassenschaftsverfahren zuständigen Gerichts nicht ihr Organschaftsmonopol. Das Verlassenschaftsverfahren führt nicht zu Friktionen mit dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft. Regelungskonflikte zum Kapitalgesellschaftsrecht sind in Anbetracht des kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsatzes der Fremdorganschaft ohnehin nicht möglich. Die Einantwortung folgt also auch in der Gesellschafternachfolge den allgemeinen Regeln des Erb­ rechts. c) Erbenmehrheit Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, stellt sich wie im deutschen Recht die Frage, ob die Erbengemeinschaft mit ihren rechtlichen Implikationen201 der Beteiligung an einer Personengesellschaft entgegensteht und daher jeder Erbe in Einzelrechtsnachfolge und gemäß seiner Erbquote in den jeweiligen Gesellschaftsanteil nachfolgt. Im österreichischen Recht kommt insofern der Einantwortung entscheidende Bedeutung zu. Während des Verlassenschaftsverfahrens, also vor der Einantwortung, ist nicht die Erbengemeinschaft, sondern die Verlassenschaft als ruhender Nachlass die Gesellschafterin. Da in dieser Phase die Erbengemeinschaft nicht an der Gesellschaft beteiligt ist, kann es nicht zu Friktionen zwischen den Regeln der Erbengemeinschaft und der jeweiligen Personengesellschaft kommen.202 Mit der Einantwortung tritt sodann ipso iure die Spaltung des Personengesellschaftsanteils gemäß der jeweiligen Erbquoten ein (vgl. §  889 ABGB).203 Eine Son­der­ erb­folge im Sinne des deutschen Rechts ist demnach nicht vonnöten, um zur Einzelrechtsnachfolge der jeweiligen Gesellschafternachfolger zu gelangen. Die Aufteilung des Anteils des Erblassers wird insofern vom Vorgang der Einantwortung übernommen.204 Daher kommt es nicht zu einer gesellschaftsrechtlich be200 

Schauer, Nachfolge Personenhandelsgesellschaften (1999), S.  248. Insofern zum deutschen Recht bereits S. 14  ff. 202  Schauer, Nachfolge Personenhandelsgesellschaften (1999), S.  248. 203  Zur Anwendbarkeit des §  889 ABGB auf Personengesellschaftsanteile: Schauer, Nachfolge Personenhandelsgesellschaften (1999), S.  250. 204  Zum Kommanditanteil: Cach, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 49, 58; Schauer, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 988, 1025 (Rn.  72). 201 

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 41

dingten Abweichung von den allgemeinen erbrechtlichen Regeln. Es gelten gesellschaftsübergreifend die allgemeinen Regeln des Erbrechts, denn auch für Kapitalgesellschaften sind keine gesellschaftsrechtlichen Einwände ersichtlich. d) Testamentsvollstreckung Wie im deutschen Personengesellschaftsrecht führt die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers (vgl. §  816 ABGB) als fremdverwaltendes Element zu Frik­ tio­nen mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft. Allerdings kommt der Konflikt zwischen Fremdverwaltung und Selbstorganschaft erst zum Tragen, soweit die Einantwortung in den Anteil des Erblassers stattgefunden hat und die Erben in die Gesellschafterposition des Erblassers nachfolgen. Zuvor ist der ruhende Nachlass vom Rechtskreis der Erben und des Testamentsvollstreckers getrennt. Daher können vor der Einanwortung fremdverwaltende Elemente wie die Testamentsvollstreckung nicht mit den organschaftlichen Befugnissen der späteren Nachfolger kollidieren.205 Organschaftliche Friktionen zur Testamentsvollstreckung sind also denkbar für die Phase nach der Einantwortung. Obwohl die Testamentsvollstreckung österreichischen Rechts ihrem gesetzlichen Befugnisumfang nach nicht so weit geht wie im deutschen Recht206 und der Konflikt zum Prinzip der Selbstorganschaft daher schwächer ausgeprägt ist, werden die Grundsätze des deutschen Rechts zur Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung übernommen.207 So ist die Testamentvollstreckung österreichischen Rechts in einen Kommanditanteil zulässig, während der Testamentsvollstrecker beim Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters nur Vermögens-, aber keine Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen darf.208 Für Kapitalgesellschaften wiederum ergeben sich keine gesellschaftsrechtlichen Einwände. In der Testamentsvollstreckung österreichischen Rechts setzen sich somit personengesellschaftsrechtliche Einwände in Form der genannten Sonderregeln durch. e) Ergebnis zum Länderbericht Österreich Der gesellschaftsrechtlichen Ähnlichkeit des deutschen und österreichischen Rechts sind viele Gemeinsamkeiten in der Gesellschafternachfolge von Todes 205 

Schauer, Nachfolge Personenhandelsgesellschaften (1999), S.  494. Gruber/Sprohar-Heimlich/Scheuba, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 514, 532 (Rn.  49); Fritsch, in: S.  Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht (2007), 240, 244; Haunschmidt, Testament (2013), S.  65; Schauer, Nachfolge Personenhandelsgesellschaften (1999), S.  553. 207  Fritz, Gesellschaftsformen (2007), S.  308 (Rn.  924–927). 208  Fritz, Gesellschaftsformen (2007), S.  308 (Rn.  926 f.); vgl. ähnlich zum Kommanditanteil bereits Schauer, Nachfolge Personenhandelsgesellschaften (1999), S.  557. 206 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

wegen geschuldet. Es treten ähnliche Regelungskonflikte zwischen Personengesellschaftsrecht und Erbrecht auf, die mit Hilfe der Sonderregeln der Gesellschafternachfolge entschärft werden. So bestimmen Sonderregeln die Vererblichkeit eines Personengesellschaftsanteils und schränken die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung in Personengesellschaftsanteile ein. Bei Kapitalgesellschaften hingegen bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen erbrechtlichen Regeln. Unterschiede zum deutschen Recht ergeben sich aus der Besonderheit des österreichischen Erbrechts, den Nachlass erst mit dem gerichtlichen Akt der Einantwortung an die Erben zu übertragen. Da die Erben und Gesellschafternachfolger bis zur Einantwortung keine gesellschafterrechtlichen Befugnisse, sondern lediglich Nutzungsrechte am Anteil innehaben, können vor der Einantwortung keine Friktionen zur haftungs- und organisationsrechtlichen Stellung der späteren Gesellschafternachfolger auftreten. In dieser Phase regiert allein das allgemeine Erbrecht. 2. England Auch im englischen Gesellschaftsrecht bestätigt sich, dass Regelungskonflikte in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen nur zwischen Personengesellschaftsrecht (partnership, limited partnership) und Erbrecht auftreten. Wiederum vermitteln Sonderregeln der Gesellschafternachfolge in den Regelungskonflikten. a) Vererblichkeit Handelt es sich um einen Anteil an einer partnership, müssen die Gesellschafter der Nachfolge in die partnership shares des Erblassers im partnership agreement zustimmen.209 Haben die Gesellschafter keine gesellschaftsvertragliche Vorkehrung zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen getroffen, wird die partner­ ship aufgelöst (PA 1890, s. 33(1)), und die Erben erhalten einen Ausgleichsanspruch (PA 1890, s. 43). Wie im deutschen, österreichischen und europäischen Personengesellschaftsrecht erklärt sich dieser gesellschaftsrechtliche Vorbehalt über den personalen Einschlag der Beteiligung an einer partnership.210 Denn das englische Recht der partnership kennt erstens den Grundsatz der organschaftli209  Ball, Company Law and the Law of Succession in England, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 185. 210  Kalss, in: Kalss, Company Law and Succession (2015), 3, 28; rechtsvergleichend: Heenen, in: Encyclopedia of Comparative Law (2006), I-4; Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  56 f.

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 43

chen agency211 – eine Vertretungsmacht, die mit der Organstellung als Gesellschafter der partnership verbunden (PA 1890, s. 5) und mit dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft deutscher und österreichischer Prägung verwandt ist.212 Zudem zeigt sich der persönliche Einschlag von partnership shares darin, dass die Gesellschafter einer partnership in ihrer persönlichen Verlusthaftung schicksalgemeinschaftsähnlich verbunden sind (vgl. PA 1890, s. 24(1)).213 Ob sie sich am Ende im Schuldnerausgleich an ihre Mitgesellschafter halten können214, hängt von der Solvenz ihrer Partner ab. Wohl allein aus diesem haftungsrechtlichen Grund dürfen die Gesellschafter über die Nachfolge von Todes wegen und damit über künftige Regressschuldner mitbestimmen. Stirbt der Gesellschafter einer limited partnership (LP), ist nach seiner Beteiligungsform zu unterscheiden. Handelt es sich um einen general partner, gelten die Grundsätze zur Frage der Vererblichkeit, die bereits für die partnership herausgearbeitet wurden.215 Stirbt jedoch ein limited partner, besteht die LP fort.216 Ob der Anteil des limited partner in der Folge in den Nachlass fällt und insoweit den allgemeinen erbrechtlichen Regeln unterliegt, dieser den general partners anwächst oder untergeht, erschließt sich nicht eindeutig aus der Literatur.217 Der LPA 1907 schweigt dazu.218 Da es im LPA 1907 an einer Regelung zum Schicksal des Anteils fehlt, gelten gemäß LPA 1907 s. 7 die Bestimmungen des PA 1890. Insofern ordnet PA 1890 s. 43 an: „Subject to any agreement between the partners, the amount due from surviving [...] partners to [...] the representatives of a deceased partner in respect of the [...] deceased partner’s share is a debt accruing at the date of the dissolution or death.“

Wie im Fall der partnership fällt demnach nicht der Anteil des Erblassers, sondern lediglich der Ausgleichsanspruch für den Anteil in den Nachlass. Dass die 211 

Morse, Partnership (2010), S.  110 (Rn.  4-02). Heenen, in: Encyclopedia of Comparative Law (2006), I-4. 213  Ibid. 214  Dazu Banks, Partnership (2017), S.  734 f. (Rn.  20-04); Evans v Yeatherd (1824) 2 Bing. 133, 133; Robinson’s Executor’s Case (1856) 6 De G.M. & G. 572, 572. 215  Vgl. Partnership Act 1890, s. 33(1), Limited Partnership Act 1907 s. 7; dazu Banks, Partnership (2017), S.  1165 (Rn.  32-02). 216  LPA 1907 s. 6(2); Morse, Partnership (2010), S.  309 f. (Rn.  9.16); Banks, Partnership (2017), S.  1165 (Rn.  32-03). 217  Cadde/Hay, Partnership (2014), S.  145 (Rn.  226): spricht davon, dass das capital des limited partner in den Nachlass fällt; ob der Anteil den general partners zufällt, bleibt aber offen; siehe auch die Gegensätze zwischen den Bearbeitern der verschiedenen Auflagen, zitiert in Banks, Partnership (2017), S.  1161–1163 (Rn.  31-21 f.); gänzlich ohne Aussage zum Schicksal des Anteils des limited partner: Morse, Partnership (2010), S.  309 f. (Rn.  9.16). 218  Vgl. LPA 1907 s. 6(2), der nur das Schicksal der Gesellschaft regelt: „A limited partnership shall not be dissolved by the death [...] of a limited partner [...].“. 212 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

general partners den Betrag schulden, lässt sich darüber erklären, dass ihnen der Anteil des verstorbenen limited partner im Erbfall anwächst.219 Es handelt sich damit wiederum um eine gesellschschaftsrechtlich bedingte Abweichung vom erbrechtlichen Grundsatz, dass sämtliche Vermögensgegenstände des Erblassers wie Gesellschaftsanteile in den Nachlass fallen. Das Schicksal des Anteils des limited partner wird seinem gesetzlichen Leitbild nach also vom Gesellschaftsrecht beherrscht, wie die Anwendung des PA 1890 s. 43 zeigt. Trotz struktureller Ähnlichkeiten zur Kommanditgesellschaft deutschen und österreichischen Rechts220 sind in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen demnach Unterschiede zur LP englischen Rechts festzustellen. Denn im Gegensatz zum Anteil eines limited partner sind Kommanditanteile des deutschen und österreichischen Rechts ihrem gesetzlichen Leitbild nach frei vererblich und unterliegen allein den allgemeinen Regeln des Erbrechts.221 Sie ähneln insoweit den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Der limited partner hingegen wird bei der Vererblichkeit seines Anteils rechtlich genauso behandelt wie jeder andere Personengesellschafter (partner oder general partner). Anteile an Kapitalgesellschaften englischen Rechts, zu denen die private limited company sowie die public limited company zählen, sind frei vererblich.222 Sie werden behandelt wie jeder andere Nachlassgegenstand und unterliegen somit den allgemeinen Regeln des Erbrechts.223 Besondere Regelungen des Gesellschaftsrechts, die die Vererblichkeit von company shares einschränken könnten, existieren nicht. Ihre Vererblichkeit ist zwingend.224 Die Vererbung von company shares folgt daher den allgemeinen erbrechtlichen Regeln.225 Von der Vererblichkeit des Anteils an einer limited partnership abgesehen sind in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen gesellschaftsrechtliche Ähnlichkeiten zur deutschen sowie österreichischen Rechtslage festzustellen, wie die 219 

So auch Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  78 f. Vgl. die ähnlichen Vorschriften zur Haftung, Vertretung sowie Geschäftsführung: KG deutschen Rechts: §  171 Abs.  1 HGB sowie §§  164, 170 HGB; KG österreichischen Rechts: §  171 Abs.  1 UGB sowie §§  164, 170 UGB; SCS: art.  222-1 al.  2 Ccom sowie art.  222-6 al.  1 Ccom; limited partnership: s. 4 (2) LPA 1907 sowie s. 6 (1) LPA 1907. 221  Vgl. §  177 HGB und §  177 Unternehmergesetzbuch (UGB), wobei freilich §  177 UGB der Zusatz fehlt, dass die KG mit den Erben fortgesetzt wird. Dieser Zusatz wird jedoch in Parallelität zu §  177 HGB in §  177 UGB hineingelesen: Straube-Koppensteiner/Auer, §  177 UGB Rn.  2. 222  Kershaw, Company Law (2012), S.  28 f.; Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 187. 223  Vgl. Kershaw, Company Law (2012), S.  28 f.; Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 186 f. 224  Vgl. Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 180. 225  Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 187. 220 

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 45

organisations- und haftungsrechtlichen Parallelen im partnership law und die freie Vererblichkeit von Kapitalgesellschaftsanteilen belegen. b) Personal representative Charakteristisch für das Erbrecht des Common Law ist der Erbschaftserwerb. Im Erbfall fällt der Nachlass nicht direkt den Erben an, sondern geht zunächst auf einen personal representative über.226 Ist ein will des Erblassers vorhanden, wird der personal representative als executor bezeichnet.227 Fehlt es an einem will, nennt er sich administrator und ist vom zuständigen Gericht zu ernennen.228 Ihnen kommt die Aufgabe zu, die Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen und den Überschuss sowie die einzelnen Nachlassgegenstände als Restnachlass an die Erben zu übertragen.229 Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, ist der personal representative mit umfangreichen nachlassbezogenen Verwaltungsund Verfügungsbefugnissen ausgestattet.230 Das Rechtsverhältnis zwischen Erben und personal representative bildet dabei ein sog. trust, in dem der personal representative als trustee gegenüber den Erben als beneficiaries treuhänderisch gebunden ist.231 Dem personal representative eines verstorbenen partner ist es verwehrt, in dessen Gesellschafterposition nachzufolgen232 und entsprechende Befugnisse für die partnership auszuüben.233 Seine Funktion ist darauf beschränkt, die Vermögensrechte des verstorbenen partner wahrzunehmen234: eine auffällige Parallele zur Verwaltungstestamentsvollstreckung in den Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters im deutschen sowie österreichischen Recht.235 Die Befug226  Administration of Estates Act 1925 s. 1; Mellows, Succession (1983), S.  286; Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 181. 227  Kerridge, Succession (2009), S.  399; Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 181. 228  Kerridge, Succession (2009), S.  411; Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 181. 229  Administration of Estates Act 1925 s. 25; Mellows, Succession (1983), S.  275 f. 230  Administration of Estates Act s. 33–44. 231  Commissioner of Stamp Duties v Livingston [1965] A.C.694, 707 f. (P.C.); Miller, Succession (1996), S.  99 f.; Ball, in: Kalss, Company Law and the Law of Succession (2015), 171, 182. 232  Pearce v Chamberlain (1750) 28 E.R. 23, 23 (C.Ch.); McClean v Kennard (1874) 9 L.R. Ch.App.  336, 336 (C.A.Ch.); Banks, Partnership (2017), S.  977 (Rn.  26-02). 233  Zum vergleichbaren Fall der bankruptcy: Allen v Kilbre (1819) 4 Madd. 464, 464; Davidson v Napier (1827) 1 Sim. 297; Freeland v Stansfeld (1854) 2 Sm. & G. 479, 479; Fraser v Kershaw (1856) 2 K. & J. 496, 496; Banks, Partnership (2017), S.  847 (Rn.  23-151). 234  Banks, Partnership (2017), S.  977 (Rn.  26-02). 235  Zum deutschen Recht bereits S. 21  ff.; zum österreichischen Recht S. 41  f.

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

nisse des personal representative sind somit zugunsten des partnership law beschränkt. Ob der Anteil eines verstorbenen limited partner in einer limited partnership seinem gesetzlichen Leitbild nach an den personal representative fällt, ist in der Literatur umstritten.236 Aus der oben vertretenen Ansicht aber, dass der Anteil des limited partner den überlebenden general partners anwächst, ergibt sich, dass der personal representative nicht in die Position des limited partner nachfolgt. Ihm steht vorbehaltlich gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklauseln nur die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs aus PA 1890 s. 43 zu.237 Insoweit sind die Befugnisse des personal representative wie beim partner einer partnership darauf begrenzt, grundsätzlich nur Vermögensrechte geltend zu machen.238 Für Kapitalgesellschaften englischen Rechts stellen administration und execution kein korrekturbedürftiges Problem dar. Sofern der personal representative von seinem Recht Gebrauch macht, sich als Gesellschafter eintragen zu lassen239, ist er befugt, sämtliche Gesellschafterrechte wahrzunehmen. Dazu zählen nicht nur Vermögensrechte wie zum Beispiel die Dividendenzahlungen240, sondern auch Mitgliedschaftsrechte wie die Ausübung seines Stimmrechts auf Gesellschafterversammlungen.241 Der Beteiligung des personal representative stehen dem gesetzlichen Leitbild242 einer company nach keine gesellschaftsrechtlichen Bedenken entgegen. Das erbrechtliche Institut des personal representative bleibt im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften englischen Rechts unangetastet. c) Erbenmehrheit Eine rechtlich verselbständigte Form der Erbenmehrheit gibt es im englischen Common Law nicht.243 Friktionen zu gesellschaftsrechtlichen Prinzipien, wie sie bei Vorliegen einer Erbengemeinschaft deutschen Rechts entstehen, bestehen daher nicht. Ein Rechtsinstitut im englischen Recht, das der Erbengemeinschaft deutschen Rechts entspräche, wird nicht benötigt, da der personal representative 236  Siehe dazu die Gegensätze zwischen den Bearbeitern der verschiedenen Auflagen, zitiert in Banks, Partnership (2017), S.  1161–1163 (Rn.  31-21 f.). 237  Jedenfalls auch dafür eintretend, dass dem personal representative nur Vermögensrechte zustehen: Cadde/Hay, Partnership (2014) S.  145 (Rn.  226). 238  Ibid. 239  Scott v Frank F. Scott (London) Ltd [1940] Ch. 794, 805 (C.A.). 240  St. George’s Steam Packet Co, Hamer’s Devisees’ Case (1852) 2 De G.M. & G. 366, 371 (C.Ch.); Herefordshire Banking Co, Bulmer’s Case (1864) 33 Beav. 435, 438; James v Buena Ventura Nitrate Grounds Syndicate Ltd. [1896] 1 Ch. 456, 466 f. 241  Pennington, Company Law (2001), S.  488. 242  Gesellschaftsvertragliche Vinkulierungen sind freilich möglich: Pennington, Company Law (2001), S.  488. 243  Vgl. Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  182.

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 47

in funktionaler Hinsicht mit der Erbengemeinschaft deutschen Rechts vergleichbar ist. Während im deutschen Erbrecht der Nachlass über die Erbengemeinschaft gebündelt wird, um eine Zersplitterung des Nachlasses zulasten der Nachlassgläubiger zu verhindern244, übernimmt nach englischem Erbrecht der personal representative diese Bündelungs- und Gläubigerschutzfunktion.245 Die spätere Verteilung der Nachlasspositionen durch den personal representative kommt funktional der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gleich, da in beiden Fällen die finale Zuordnung der einzelnen Nachlasspositionen stattfindet.246 So spielen sich die Konflikte, die die Erbengemeinschaft im deutschen Personengesellschaftsrecht hervorruft, im englischen Recht auf der Ebene des personal representative ab. Im Zusammenhang mit einer Erbenmehrheit können im englischen Recht keine Friktionen zum Gesellschaftsrecht entstehen. d) Ergebnis zum Länderbericht England Das englische Recht kennt Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen. Im Unterschied zur deutschen sowie österreichischen Rechtsordnung erstrecken sich die Sonderregeln auch auf den einer Kommanditbeteiligung ähnelnden Anteil eines limited partner in einer limited partnership, der seinem gesetzlichen Leitbild nach nicht frei vererblich ist. Ähnlich wie der Verwaltungstestamentsvollstrecker im deutschen und österreichischen Recht sind den Befugnissen des personal representative personengesellschaftsrechtliche Grenzen gesetzt. Eine Erbenmehrheit führt jedoch in der Gesellschafternachfolge zu keinen korrekturbedürftigen Friktionen im Gesellschaftsrecht. 3. Frankreich Auch im französischen Gesellschaftsrecht ist zwischen Personen- sowie Kapitalgesellschaften zu unterscheiden. Zu den Personengesellschaften zählen die société civile (SC), die société en nom collectif (SNC) sowie die société en commandite simple (SCS), zu den Kapitalgesellschaften die société à responsabilite limitée (SARL) sowie die société anonyme (SA). a) Vererblichkeit Wie im deutschen, österreichischen, englischen sowie europäischen Personengesellschaftsrecht entscheiden gesellschaftsvertragliche Regelungen, ob und gegebenenfalls mit welchem Nachfolger eine Personengesellschaft fortgesetzt 244 

MüKo-BGB-Gergen, Vorbem 2032 ff. BGB, Rn.  3. Vgl. Mellows, Succession (1983), S.  275 f. 246  Vgl. Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  185. 245 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

wird.247 Ob der Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafter-Erblassers oder ein entsprechender Ausgleichsanspruch in den Nachlass fällt, entscheidet das Personengesellschaftsrecht.248 Der Grund dafür findet sich wiederum in der personalistischen Struktur des Gesellschafterkreises.249 Auch im französischen Personengesellschaftsrecht sind die Gesellschafter organschaftlich zur Geschäftsführung sowie Vertretung der Gesellschaft befugt und haften persönlich, unbeschränkt sowie gesamtschuldnerisch für ihre Verbindlichkeiten.250 Sie sind rechtlich so eng miteinander verbunden, dass ihnen zugestanden ist, im Todesfall über die Nachfolge in den Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters und damit über die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises zu bestimmen. Obwohl dem Kommanditanteil – wie im deutschen, österreichischen und englischen Recht – der personalistische Einschlag fehlt (vgl. art. L 222-6 Ccom)251 und er insofern einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ähnelt, ist er gemäß seines gesetzlichen Leitbildes nicht frei vererblich (vgl. art. L 222-10 al.  2 Ccom). Der Anteil löst sich mit dem Tode des Kommanditisten vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen auf, so dass nur ein entsprechender Ausgleichsanspruch in den Nachlass fällt.252 Auch beim Kommanditanteil entscheidet also der Gesellschaftsvertrag und mithin das Personengesellschaftsrecht über dessen Vererblichkeit. Anteile an französischen Kapitalgesellschaften hingegen sind im Grundsatz frei vererblich253 und gehen nach den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften ipso iure (vgl. art.  724 al.  1 CC) auf die Erben über.254 Eine Besonderheit im Vergleich zu den bisher untersuchten Kapitalgesellschaften besteht freilich darin, dass art. L 223-13 al.  2 Ccom den Gesellschaftern einer SARL ermöglicht, die Gesellschafternachfolge von Todes wegen unmittelbar zu steuern. Der Erb247 

Siehe zur SC art.  1870 al.  1 CC, zur SNC art.  221-15 al.  2 Ccom sowie zur SCS art.  2222 Ccom, der auf die Vorschriften zur SNC verweist; zu einzelnen Nachfolgeregelungen siehe zur SC: Mercadal/Janin, Société civile (1978), S.  258 (para. 584) sowie zur SNC und SCS: Mestre/Velardocchio, Sociétés commerciales (2011), S.  1450 (para. 2877 f.). 248  Vgl. zur SC: Dondero (2017), Droit des sociétés, S.  313 (para. 558); Mercadal/Janin, Société civile (1978), S.  256 (para. 576) sowie S.  258 (para. 581); zur SNC: Petit, Sociétés (2015), S.  115; Dondero (2017), Droit des sociétés, S.  343 (para. 623). 249  Vgl. Petit, Sociétés (2015), S.  115; Germain/Magnier, Sociétés commerciales (2017) S.  196 f. (para. 1726); Guyon, Droit affaires (2001), S.  269 (para. 274). 250  Siehe art.  221-2 f. Ccom; die SC jedoch nimmt insofern eine Zwitterstellung ein: Organschaftliche Befugnisse gehen nicht zwangsläufig mit der Gesellschafterstellung in einer SC einher (vgl. art.  1846 al.  1 CC) und die Gesellschafter haften gegenüber Dritten nur proportional zu ihrer Kapitalbeteiligung (vgl. art.  1857 al.  1 CC). 251  Vgl. Petit, Sociétés (2015), S.  116. 252  Mestre/Velardocchio, Sociétés commerciales (2011), S.  1463 f. (para. 2923 f.). 253  Zur SARL art. L 223-13 al.  1 Ccom; Guével, Droit successions (2009), S.  55 (para. 107). 254  Germain/Magnier, Sociétés commerciales (2017), S.  242 (para. 1821).

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 49

schaftserwerb hängt hier von der Zustimmung der Gesellschafter ab.255 Eine solche Steuerungsmöglichkeit führt zu dem Schluss, dass auch das Kapitalgesellschaftsrecht über die Gesellschafternachfolge von Todes wegen mitbestimmen kann. Die freie Vererblichkeit von SARL-Anteilen ist zwar der gesetzliche Grundsatz. Im Unterschied zu den bisher untersuchten Rechtsordnungen kann der Gesellschaftsvertrag jedoch vom Grundsatz der freien Vererblichkeit ab­ weichen. Was die Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils im französischen Recht betrifft, so beschränken sich die diesbezüglichen Sonderregeln nicht mehr nur auf das Personengesellschaftsrecht, sondern erstrecken sich auf das Gesellschaftsrecht insgesamt. Auch Sonderregeln im Kapitalgesellschaftsrecht können insoweit das allgemeine Erbrecht einschränken. b) Erbenmehrheit (indivision héréditaire) Sind mehrere Erben zur Gesellschafternachfolge bestimmt, so stellt sich wie im deutschen Recht die Frage, wie aus gesellschaftsrechtlicher Sicht mit der rechtlich selbständigen Erbengemeinschaft (sog. indivision héréditaire) in der Gesellschafternachfolge umzugehen ist. Mehrere Erben bilden im französischen Recht eine indivision héréditaire (art.  815 CC), die im Unterschied zur Erbengemeinschaft deutschen Rechts keine Gesamthandsgemeinschaft, sondern nach französischer Rechtsvorstellung eine auf Teilung gerichtete Bruchteilsgemeinschaft ist.256 Im Übrigen aber sind Parallelen zur Erbengemeinschaft deutschen Rechts zu erkennen, die ähnliche Friktionen zum Erbrecht in der Gesellschafternachfolge französischen Rechts vermuten lassen. So fehlt der indivision héréditaire ebenso wie der Erbengemeinschaft die Rechtsfähigkeit, die für eine organschaftliche Stellung in einer Personengesellschaft notwendig ist.257 Nur die Erben sind dinglich berechtigt, nicht aber die Bruchteilsgemeinschaft.258 Zudem ist auch die indivision hérédi­ taire auf ihre Teilung hin ausgerichtet und damit der gesetzlichen Konzeption nach nur von vorübergehender Natur.259 Mit einem solch vorübergehenden Gemeinschaftszweck ist die Stellung der indivision héréditaire als Personengesellschafterin freilich nicht vereinbar, da die Gesellschafterstellung in ihrem perso255 

Guyon, Droit affaires (2001), S.  541 (para. 503); Wachter, GmbHR 2005, 407, 409. Piedelièvre, Successions (2014), S.  204 (para. 168); Leveneur/Mazeaud-Leveneur/Mazeaud, Successions (1999), S.  752 (para. 1602). 257  Bousquet, Recueil Dalloz Sirey (informations rapides) 1981, 36, 36; Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  179. 258  Trockels, Die „Erbengemeinschaft“ im französischen Recht (1987), S.  110 f. 259  Beignier, Successions (2010), S.  364 (para. 611); Leveneur/Mazeaud-Leveneur/Ma­ zeaud, Successions (1999), S.  752 (para. 1602). 256 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

nalistischen Einschlag von einer gewissen personellen Kontinuität in den Gesellschafterpositionen abhängt. Diese Regelungskonflikte führen in der Gesellschafternachfolge des französischen Rechts dazu, dass nicht die Erbengemeinschaft, sondern jeder einzelne Erbe in die Gesellschafterstellung des Erblassers nachfolgt.260 Insofern ähnelt die Gesellschafternachfolge nach französischem Recht der Sondererbfolge, wie sie in der deutschen Rechtsprechung zur Vererbung von Personengesellschaftsanteilen entwickelt wurde. Allerdings geht das französische Recht darüber hinaus, indem sie die direkte Gesellschafternachfolge mehrerer Erben gesellschaftsübergreifend, also auch für Kapitalgesellschaften, anwendet.261 Dies folge bereits aus der fehlenden Rechtsfähigkeit der indivision héréditaire.262 So zeigt sich im rechtlichen Verhältnis der indivision héréditaire zur Gesellschafternachfolge, dass die vom allgemeinen Erbrecht abweichenden Sonderregeln sowohl die Personen- als auch Kapitalgesellschaften betreffen. Ähnlich wie bereits bei der Frage der Vererblichkeit gelten die Sonderregeln zur indivision héréditaire gesellschaftsformübergreifend. c) Testamentsvollstreckung Im Vergleich zur Verwaltungstestamentsvollstreckung deutschen Rechts, die erhebliche Friktionen zum Personengesellschaftsrecht aufwirft263, sind die Befugnisse eines nach französischem Recht eingesetzten Testamentsvollstreckers stärker beschränkt. So zeigt sich bereits in der gesetzlichen Befristung der Testamentsvollstreckung nach deutschem (30 Jahre gemäß §  2210 S.  1 BGB) und französischem Recht (zwei Jahre gemäß art.  1032 CC), dass der Code civil erbrechtlichen Vermögensbindungen restriktiver gegenübersteht als das BGB.264 260  Grundlegend zur SC: Cour de Cassation, Ch. Civ. 1re, Bulletin des arrêts de la Cour de Cassation chambres civiles 1980, 42; siehe auch Le Cannu, Code sociétés (1997), art.  1844 CC Rn.  1; Mercadal/Janin, Société civile (1978)., S.  57 (para. 113). 261  Insofern verallgemeinernd Storck, Juris-Classeur Société 2005, fasc. 73-20, S.  46 (para. 130); Flour, Revue des sociétés 1999, 569, 571; Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  179. 262  Bousquet, Recueil Dalloz Sirey (informations rapides) 1981, 36, 36. 263  Dazu bereits S. 21  ff. 264  Vgl. Malaurie/Brenner, Successions (2016), S.  278 f. (para. 537); Ferid, Französisches Familien- und Erbrecht (1987), S.  571 (Rn.  5 C 156), der als weitere Beispiele die im französischen Recht fehlenden Rechtsinstitute der Nacherbschaft und Erbverträge nennt; mit der Einführung der liberalité graduelle (artt. 1048–1056 CC) und den zunehmenden Ausnahmen zum Verbot des pacte sur succession future haben sich die Vorbehalte des französischen Rechts gegenüber erbrechtlichen Vermögensbindungen freilich relativiert; Ausnahmen zum Verbot des pacte sur succession future sind dabei geradezu typisch für die Personengesellschafternachfolge von Todes wegen: Nach art.  1870 CC (SC), art.  221-15 Ccom (SNC) sowie art.  222-10 al.  2

B. Sonderregeln d. Gesellschafternachfolge von Todes wegen in and. Rechtsordnungen 51

Zudem sind die testamentsvollstreckungsrechtlichen Befugnisse im französischen Recht gegenständlich limitiert. So kann der Testamentsvollstrecker gemäß artt. 1030, 1031 CC nur bei entsprechender Ermächtigung (habilitation) bewegliches und unbewegliches Vermögen in Besitz nehmen (saisine).265 Gesellschaftsanteile zählen als unkörperliche Gegenstände zum unbeweglichen Vermögen und unterliegen daher den Regelungen der artt. 1030-1, 1031 CC.266 In der Besitznahme von Gesellschaftsanteilen Elemente der Verwaltungstestamentsvollstreckung deutscher Prägung zu erkennen, wie sie in der Gesellschafternachfolge deutschen Rechts zu Friktionen im Personengesellschaftsrecht führen, ginge jedoch zu weit. Gemäß art.  1031 al.  1 CC kann der Testamentsvollstrecker zwar unbewegliches Vermögen wie Gesellschaftsanteile veräußern und in diesem Zusammenhang eine verwaltende Tätigkeit der Anteile übernehmen. Allerdings ist die dazu notwendige Ermächtigung des Testamentsvollstreckers auf zwei Jahre begrenzt (art.  1031 CC) und daher im Unterschied zur Verwaltungstestamentsvollstreckung deutscher Prägung nur auf kurze Dauer angelegt.267 Zudem erinnert die Veräußerung eines Anteils weniger an eine geschäftsfortführende Tätigkeit im Sinne einer verwaltenden Testamentsvollstreckung, sondern mehr an die Rolle eines Liquidators, dessen Aufgabe darin besteht, die Vermögensbestandteile aus einem Gesellschaftsanteil zu verteilen.268 Da die Testamentsvollstreckung zeitlich eng begrenzt ist und sich darüber hinaus eher am Zweck der Veräußerung denn der Geschäftsfortführung orientiert, hält sich das Friktionspotential zum Gesellschaftsrecht in Grenzen und genügt nicht, um die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung in Gesellschaftsanteile zu verneinen. Insofern verhält es sich mit der Testamentsvollstreckung französischen Rechts wie mit der Abwicklungsvollstreckung deutschen Rechts, die uneingeschränkt zulässig ist.269 Zwischen französischem Testamentsvollstreckungsrecht einerseits und Gesellschaftsrecht andererseits besteht kein wesentlicher Regelungskonflikt. Ohne wesentlichen Regelungskonflikt besteht kein Anlass für Sonderregeln der GeCcom (SCS (für die Kommanditisten)) kann der Gesellschaftsvertrag steuern, wer künftig und im Todesfall zum Nachfolger des Gesellschafter-Erblassers wird; zu gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Gesellschafternachfolge und insoweit auch zur Kuriosität des art. L 223-13 al.  2 Ccom (SARL) bereits S. 47  ff. 265  Guével, roit successions (2009), S.  188 (para. 425); Beignier, Successions (2010) S.  396 f. (para. 680). 266  Vgl. Letellier, Juris-Classeur Code Civil 2016, 1, 11 (Nr.  43), der unter bewegliches Vermögen nur körperliche Gegenstände fasst. 267  Vgl. Beignier, Successions (2010), S.  394 (para. 677); Malaurie/Brenner, Successions (2016), S.  278 f. (para. 537). 268  Piedelièvre, Successions (2014), S.  243 (para. 210). 269  Zur Abwicklungstestamentsvollstreckung deutschen Rechts S. 21  f.

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

sellschafternachfolge. Es bleibt daher im französischen Recht beim Grundsatz, dass die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen bei der Testamentsvollstreckung in Gesellschaftsanteile uneingeschränkt Anwendung finden. d) Ergebnis zum Länderbericht Frankreich Das Besondere der Gesellschafternachfolge im französischen Recht ist, dass Sonderregeln der Gesellschafternachfolge nicht nur für die Vererbung von Personengesellschaftsanteilen, sondern ebenso für die Nachfolge in Kapitalgesellschaftsanteile gelten. Namentlich sind von diesen gesellschaftsformübergreifenden Sonderregeln die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen sowie die indivision héréditaire erfasst.

C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Wie die Sonderregeln zeigen, haben sich im Konflikt von Erb- und Gesellschaftsrecht gemeinsame Grundsätze entwickelt. I. Sonderregeln bei Personengesellschaften Sämtliche untersuchte Rechtsordnungen bieten bei der Vererbung von Personengesellschaftsanteilen Sonderregeln, um ihre erbrechtlichen Institute mit den Prinzipien des Personengesellschaftsrechts abzustimmen. Sucht man nach den Gründen, warum Sonderregeln in der Personengesellschafternachfolge bestehen, so muss man zwischen unbeschränkt und beschränkt haftenden Personengesellschaftern unterscheiden. 1. Anteile unbeschränkt haftender Personengesellschafter Handelt es sich um einen unbeschränkt haftenden Personengesellschafter, so liegen die Sonderregeln in der personalistischen Struktur des Gesellschafterkreises begründet, die sich mit dem Begriff des intuitus personae beschreiben lässt.270 Im Rechtsvergleich zeigt sich der intuitus personae bei allen untersuchten Personengesellschaften vor allem darin, dass die Personengesellschafter persönlich 270  Den Begriff des intuitus personae im Zusammenhang mit Personengesellschaften verwendend: Bonomi/Wautelet-Wautelet, Art.  1 EuErbVO Rn.  67; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  46 (Fn.  89); Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  55 f.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit Personengesellschaften (1970), S.  143; Ribbens, Members Partnership (1988), S.  257; Petit, Sociétés (2015), S.  115.

C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

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für Gesellschaftsverbindlichkeiten einstehen und im Regressfall von der Solvenz ihrer Mitgesellschafter abhängen.271 So erklärt sich, dass nicht allein der Erblasser, sondern auch seine Mitgesellschafter über die Vererblichkeit des Anteils und damit den künftigen Gesellschafterkreis entscheiden.272 Der intuitus personae führt im Ergebnis dazu, dass die Testierfreiheit des Erblassers zugunsten der verbandsvertraglichen Autonomie der Personengesellschafter eingeschränkt wird. Die gegenseitige Abhängigkeit der Personengesellschafter ist auch der Grund dafür, dass der Personengesellschaftsvertrag flexible Nachfolgegestaltungen ermöglicht, während der Satzungsautonomie im Kapitalgesellschaftsrecht teils erhebliche Grenzen gesetzt sind.273 Eine weitere Ausprägung des intuitus personae findet sich darin, dass die unbeschränkt haftenden Personengesellschafter kraft ihrer Organfunktion an Geschäftsführung und Vertretung der Personengesellschaft mitwirken (Grundsatz der Selbstorganschaft).274 Diese unmittelbare Beteiligung an den Leitungsaufgaben der Gesellschaften hat zur Folge, dass fremdverwaltende Elemente in der Vererbung des Gesellschaftsanteils grundsätzlich unzulässig sind. Die Unzulässigkeit betrifft insofern die Verwaltungstestamentsvollstreckung im deutschen und österreichischen Recht sowie den personal representative des englischen Rechts.275 Auch in diesen Fällen stimmen die Sonderregeln die erbrechtlichen Institute mit dem intuitus personae in Gestalt der Selbstorganschaft ab. Im Rechtsvergleich bestätigt sich damit der Befund zur Gesellschafternachfolge deutschen Rechts, da auch in anderen Rechtsordnungen Friktionen zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht über die haftungsrechtlichen (persönliche Gesellschafterhaftung) und organisationsrechtlichen (Selbstorganschaft) Besonderheiten des Personengesellschaftsrechts zu erklären sind. Diese Besonderheiten beruhen auf dem personalistischen Charakter des Anteils eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters, der als Strukturmerkmal allen untersuchten Personengesellschaften gemeinsam ist276 und sich in den untersuchten Rechtsordnungen in den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge widerspiegelt.

271 

Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  56. Heenen, in: Encyclopedia of Comparative Law (2006), I-4. 273  Siehe beispielsweise zum deutschen Aktienrecht die sog. Satzungsstrenge, vgl. §  23 Abs.  5 AktG. 274  Nur in der SC französischen Rechts können die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft von externen Geschäftsführern übernommen werden (artt. 1846 al.  1 CC). 275  Siehe insofern die Ausführungen zum deutschen Recht (S. 21  ff.), zum österreichischen Recht (S. 41  f.) sowie zum Common Law (S.  455 f.). 276  In rechtsvergleichender Perspektive: vgl. Heenen, in: Encyclopedia of Comparative Law (2006), I-4; Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  56. 272 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

2. Kommanditanteile In den untersuchten Rechtsordnungen finden sich auch Sonderregeln zur Vererbung von Kommanditanteilen. So fällt der Anteil eines limited partner im englischen Recht grundsätzlich nicht in den Nachlass, sondern wächst den übrigen Gesellschaftern an.277 Ähnlich verhält es sich bei einem Kommanditanteil im französischen Recht (SCS), der sich mit dem Tode des Kommanditisten grundsätzlich auflöst, so dass nicht der Anteil, sondern nur ein entsprechender Ausgleichsanspruch in den Nachlass fällt.278 Auch im deutschen Recht können die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft bestimmen, dass der Kommanditanteil abweichend vom gesetzlichen Grundsatz (§  177 HGB) nicht den Erben anfällt. Ferner folgen im französischen Recht bei Erbenmehrheit die Erben einzeln in die Kommanditposition des Erblassers nach, ohne dass die allgemeinen Regeln zur indivision héréditaire Anwendung finden. Solche Sonderregeln erklären sich im Gegensatz zum Anteil eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters nicht über den intuitus personae, der sich bei den Kommanditanteilen der untersuchten Rechtsordnungen nicht feststellen lässt: Die Kommanditisten haften allenfalls bis zur Höhe ihrer Einlage persönlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten279 und sind organschaftlich von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen.280 Es bestehen daher weder organisations- noch haftungsrechtliche Anhaltspunkte für ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen Kommanditisten und ihren Mitgesellschaftern, das für den intuitus personae kennzeichnend ist.281 Auch wenn einem Kommanditanteil wegen seiner personengesellschaftsrechtlichen Zugehörigkeit ein solcher personalistischer Charakter unterstellt werden mag, entbehrt er der dazu notwendigen organisations- oder haftungsrechtlichen Anhaltspunkte. Der intuitus personae taugt daher nicht als Erklärungskriterium für Sonderregeln der Kommanditistennachfolge. Dass das Personengesellschaftsrecht in den untersuchten Rechtsordnungen dennoch Sonderregeln der Kommanditistennachfolge aufstellt, lässt sich daher kaum gesellschaftsrechtsdogmatisch erklären.282 Allein mit dem Spezialitäts277 

Siehe S. 42  f. Siehe S. 38  f. 279  KG deutschen Rechts: §  171 Abs.  1 HGB; KG österreichischen Rechts: §  171 Abs.  1 UGB; SCS: art.  222‑1 al.  2 Ccom; limited partnership: s. 4 (2) LPA 1907. 280  KG deutschen Rechts: §§  164, 170 HGB; KG österreichischen Rechts: §§  164, 170 UGB; SCS: art.  222-6 al.  1 Ccom; limited partnership: s. 6 (1) LPA 1907. 281  Ähnlich Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  57 („Abhängigkeit allenfalls in abgeschwächtem Umfang“); zum Kommanditanteil deutschen Rechts bereits K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 634 f. sowie Ulmer, NJW 1990, 73, 75. 282  Vgl. auch Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  86 f. 278 

C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

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grundsatz ist rechtsmethodisch die Anwendung dieser Sonderregeln zu begründen, die die allgemeinen erbrechtlichen Regeln als lex specialis in der Nachfolge von Todes wegen verdrängen. II. Sonderregeln bei Kapitalgesellschaften Vergleicht man die Gesellschafternachfolge von Todes wegen in den Kapitalgesellschaften der untersuchten Rechtsordnungen, so fällt auf, dass in der Regel das allgemeine Erbrecht über das Schicksal der Anteile entscheidet. Weder im europäischen, deutschen, österreichischen noch englischen Recht sind insoweit kapitalgesellschaftsrechtliche Sonderregeln der Gesellschafternachfolge erkennbar, die das allgemeine Erbrecht verdrängen könnten: Kapitalgesellschaftsanteile sind in diesen Rechtsordnungen frei von der Zustimmung der überlebenden Gesellschafter vererblich und führen nicht zu Friktionen mit erbrechtlichen Prinzipien wie dem mittelbaren Erbschaftserwerb im österreichischen (Einantwortung) oder englischen Recht (personal representative). Sie werden in den genannten Rechtsordnungen wie jeder andere Nachlassgegenstand behandelt und den allgemeinen erbrechtlichen Regeln unterworfen. Auch wenn das Kapitalgesellschaftsrecht demnach keine Möglichkeiten bereithält, von erbrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, lässt sich das gewünschte Ergebnis der Gesellschafternachfolge letztlich über Rechtsgeschäfte unter Lebenden wie Abtretungs‑, Einziehungs-283 oder Zustimmungsklauseln284 herstellen. Dass der Anwendung des Erbrechts in den genannten Rechtsordnungen keine kapitalgesellschaftsrechtlichen Einwände entgegenstehen, erklärt sich darüber, dass die untersuchten Kapitalgesellschaften ihrem gesetzlichen Leitbild nach keinen intuitus personae aufweisen. Sie sind nicht kraft ihrer Gesellschafterstellung an Führungsaufgaben innerhalb der Gesellschaft beteiligt und haften grundsätzlich nicht für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Ihrem Rechtscharakter nach handelt es sich bei Kapitalgesellschaftsanteilen daher vor allem um Vermögensrechte, die über Ausschüttungen und Wertsteigerungen des Anteils erlauben, am wirtschaftlichen Erfolg der Kapitalgesellschaft zu partizipieren. Aus gesellschaftsrechtsdogmatischer Sicht besteht wie bei den untersuchten Kommanditanteilen kein Grund dafür, von den erbrechtlichen Grundsätzen zugunsten des Gesellschaftsrechts abzuweichen. Eine Ausnahme stellt das französische Kapitalgesellschaftsrecht dar. Hier finden sich im Unterschied zu Kapitalgesellschaften der anderen untersuchten Rechtsordnungen kapitalgesellschaftsrechtliche Sonderregeln, die die Geltung 283 

Siehe insofern die Ausführungen zum deutschen Recht auf S. 74  ff. Insofern zum englischen Recht Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  122–125. 284 

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§  2 Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht

erbrechtlicher Grundsätze einschränken. So kann im Gesellschaftsvertrag einer SARL festgelegt werden, dass die Vererblichkeit des Anteils von der Zustimmung der Gesellschafter abhängt (art. L 223-13 al.  2 Ccom). Zudem setzt sich das Kapitalgesellschaftsrecht im Fall einer Erbenmehrheit gegenüber dem allgemeinen Erbrecht durch, indem nicht die indivision héréditaire als erbrechtlicher Erbenverbund, sondern jeder Erbe einzeln und seiner Erbquote gemäß in die Gesellschafterposition des Erblassers nachfolgt. Diese Besonderheit des französischen Rechts ließe sich auf den ersten Blick mit der Struktur des Gesellschafterkreises erklären. Denn in der Literatur zum französischen Recht finden sich Stimmen, die im Gesellschafterkreis einer SARL nicht nur einen vermögensrechtlichen, sondern auch personalistischen Charakter erkennen.285 Im Unterschied zur SA sei der Gesellschafterkreis einer SARL von ihren Gesellschafterpersönlichkeiten geprägt.286 Diese Charakterisierung scheint sich freilich mehr an die Rechtswirklichkeit anzulehnen, da sich konkrete organisations- und haftungsrechtliche Anhaltspunkte für einen personalistisch geprägten Gesellschafterkreis nicht finden. Feststellungen wie in der Literatur zum französischen Recht sind auch zur GmbH deutschen Rechts bekannt, deren Umsetzung stark durch ihre Gesellschafterpersönlichkeiten geprägt sein kann.287 Am gesetzlichen Leitbild der Gesellschaftsformen aber ändern die Phänomene der Praxis nichts. Der Befund einer personalistischen Prägung, der sich rechtlich nicht stützen lässt, sondern sich nur darüber erklärt, wie die jeweilige Gesellschaftsform umgesetzt wird, genügt nicht, um die SARL strukturell vom intuitus personae geprägt zu sehen. Bei der SARL und der SA als Kapitalgesellschaftsformen erklären sich die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge nicht über das Strukturmerkmal des intuitus personae. Sie sind nur rechtsmethodisch über den Spezialitätsgrundsatz zu begründen. Im Rechtsvergleich bleiben Sonderregeln der Kapitalgesellschafternachfolge jedenfalls eine Ausnahme. Die französische Rechtsordnung ist, soweit ersichtlich, die einzige, die solche Sonderregeln bei den Kapitalgesellschaften kennt. Aus diesem Einzelfall lässt sich kein europäisches Prinzip für die Gesellschafternachfolge ableiten.

285 

Insoweit zum Zustimmungserfordernis nach art.  223-14 al.  1 Ccom: Guyon, Droit affaires (2001), S.  540 (p.  501-1); Boucourechliev/Huet, in: FS Sayag (1997), 177, 181 f.; Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  87 f. 286  Guyon, Droit affaires (2001), S.  540 (p.  501-1); Boucourechliev/Huet, in: FS Sayag (1997), 177, 181. 287  Scholz-H. P. Westermann, Einl GmbHG Rn.  2.

C. Rechtsvergleich: Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

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III. Ergebnis zu Prinzipien der Gesellschafternachfolge In der Breite der untersuchten Rechtsordnungen lässt sich der folgende Befund zum europäischen Prinzip verallgemeinern:288 Sonderregeln der Personengesellschafternachfolge vermitteln zwischen den Instituten des Erbrechts und den Prinzipien des Personengesellschaftsrechts. Soweit der intuitus personae betroffen ist, lassen sich die Sonderregeln gesellschaftsrechtsdogmatisch begründen. Im Übrigen bleibt nur der Spezialitätsgrundsatz, um die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge zu erklären.

288  Gegen eine europäische Prinzipienbildung in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen vgl. Sonnenberger/Bauer, in: Sonnenberger, Reform Internationales Gesellschaftsrecht (2007), 3, 37 („Das Zusammenspiel von Gesellschaftsstatut und Erbstatut eines Gesellschafters […] ist infolge unterschiedlicher Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen und der erbrechtlichen Regelungen höchst unterschiedlich.“).

§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht Der Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht und die abgeleiteten Prinzipien dienten der dogmatischen Einordnung der Gesellschafternachfolge von Todes wegen. Sie erklären freilich nicht, welche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten sich dem Gesellschafter-Erblasser und seinen Mitgesellschaftern in der Anteilsnachfolge bieten.

A. Eingrenzung Die Literatur zur Gesellschafternachfolge deutschen Rechts ist gefüllt mit zahlreichen Varianten, um die Gesellschafternachfolge über den Tod des Gesellschafter-Erblassers hinaus rechtlich zu steuern.1 Denn insbesondere erbschaftssteuerrechtliche Gründe2 ließen den Kautelarjuristen kreativ werden, dessen Gestaltungen sich in Literatur und Rechtsprechung widerspiegeln. Nicht nur wegen der Vielzahl an Regelungsmöglichkeiten, sondern insbesondere mit Blick auf den Schwerpunkt dieser Arbeit, der Erbverordnung, empfiehlt es sich, sich auf die erb- und gesellschaftsrechtlichen, insbesondere gesellschaftsvertraglichen Instrumente der Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu konzentrieren. Denn vor allem sie bewegen sich in dem Spannungsfeld, das die Erbverordnung auf der Ebene des Unionskollisonsrechts aufwirft: der europarechtlich autonomen Abgrenzung zwischen erb- (Art.  1 Abs.  1 EuErbVO) und gesellschaftsrechtlichen 1  Übertragungsverträge mit Rückfallklauseln: Pauli, ZEV 2013, 289 sowie Wälzholz, ­ mbHR 2005, 1177; Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen (an Personengesellschaftsanteilen: G Wälzholz, DStR 2010, 1786; an GmbH-Geschäftsanteilen: Mohr/Jainta, GmbH-StB 2010, 269); Treuhandgestaltungen: Fuhrmann, KÖSDI (Kölner Steuerdialog) 2006, 15293 sowie Staudinger-BGB-Habermeier, Vorbem §§  705–740 BGB Rn.  64; Gründung eines Beirats: Werner, ZEV 2010, 619 sowie Winkler, in: FS Spiegelberger (2009), 1130; Gründung einer Stiftung: Werner, ZEV 2006, 539; Unterbeteiligung des Nachfolgers: BGH, 11.7.1968, BGHZ 50, 316 sowie Kühne/Rehm, NZG 2013, 561; stille Beteiligung des Nachfolgers: Lasa, ZEV 2010, 433. 2  Hannes/Reich, ZEV 2014, 299, 301; im Einzelnen: Milatz/Herbst, DB 2010, 2522.

B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente

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Regelungen (Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO) der Gesellschafternachfolge von Todes wegen. Andere Nachfolgeinstrumente sind wegen ihres schenkungsrechtlichen3 oder ausschließlich gesellschaftsrechtlichen4 Charakters der vorweggenommenen Erbfolge unter Lebenden zuzuordnen.5 Sie werden von dieser Arbeit nicht weiter untersucht.

B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente Ausgangspunkt der folgenden Darstellung sind die jeweiligen Gesellschaftsformen. Zwar ist richtig, dass die jeweiligen Nachfolgeinstrumente zumeist für mehrere Personengesellschafts- oder Kapitalgesellschaftsformen infrage kommen und damit Verweise auf die vorige Darstellung nicht zu vermeiden sind. Allerdings erklärt allein ein gesellschaftsformorientierter Ansatz, im Unterschied zu einer Darstellung, die vom jeweiligen Nachfolgeinstrument ausgeht, wie sich die jeweiligen Nachfolgeregelungen aus dem gesetzlichen Leitbild des entsprechenden Gesellschaftsschicksals entwickelt haben. So zeigen sich gesellschaftsformabhängige Unterschiede in der Nachfolgegestaltung besonders präzise. I. Personengesellschaften Nach dem Tode eines Personengesellschafters sind drei Möglichkeiten für das Schicksal der Gesellschaft denkbar: Sie wird mit den Erben fortgesetzt, sie wird ohne Erben fortgesetzt, oder sie wird aufgelöst. Abhängig vom gesetzlichen Leitbild der Personengesellschaft bedarf es zur Umsetzung dieser Möglichkeiten unterschiedlicher gesellschaftsrechtlicher Instrumente. 1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts a) Grundsatz: Auflösung der GbR mit dem Tode eines Gesellschafters (§  727 Abs.  1 Hs. 1 BGB) und Fortsetzung als Liquidationsgesellschaft §  727 Abs.  1 Hs. 1 BGB erklärt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Tod eines Gesellschafters für aufgelöst. In diesem Grundsatz drückt sich die „höchstpersönliche[ ] Natur“6 der Gesellschafterstellung aus: Das Schicksal der 3  Dazu zählen Gestaltungen wie Übertragungsverträge mit Rückfallklauseln oder Verträge, die einen Anspruch auf Nießbrauch an den Gesellschaftsanteilen enthalten, ohne dass der Gesellschafternachfolger zu einer Gegenleistung verpflichtet wird. 4  Dazu gehören Instrumente wie Treuhandabreden, Unterbeteiligungen oder stille Beteiligungen des Gesellschafternachfolgers. 5  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  19. 6  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  1.

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

GbR hängt ihrer gesetzlichen Konzeption nach vom Bestand des Gesellschafterkreises ab. Nach ihrer Auflösung besteht die Außen-GbR zum Zwecke ihrer Vollbeendigung als Liquidationsgesellschaft fort7, bis die Gesellschaftsverbindlichkeiten beglichen (vgl. §  733 Abs.  1 BGB), die Einlagen der Gesellschafter rückerstattet (vgl. §  733 Abs.  2 BGB) sowie Überschuss oder Verlust unter den Gesellschaftern verteilt sind (vgl. §§  734, 735 BGB).8 In die Liquidationsgesellschaft treten der Erbe oder die Erbengemeinschaft an die Stelle des verstorbenen Gesellschafters ein und üben dessen Gesellschafterrechte in der Abwicklung der GbR aus (vgl. auch §  727 Abs.  2 S.  1 BGB).9 Abweichend von der personengesellschaftsrechtlichen Sondererbfolge10 also ist die Erbengemeinschaft im Fall einer Erbenmehrheit an der Liquidationsgesellschaft beteiligt, der Anteil an der Liquidationsgesellschaft fällt ungeteilt in den Nachlass.11 Der Grund für diese Abweichung liegt im unterschiedlichen Gesellschaftszweck von werbender GbR und Liquidationsgesellschaft begründet: Die werbende GbR ist auf eine handlungs- und haftungsfähige Zusammensetzung des Gesellschafterkreises angewiesen, um ihre wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Die Erbengemeinschaft kann diese Handlungs- und Haftungsfähigkeit nicht bieten und kommt deshalb nicht als Rechtsträger einer Personengesellschafterposition in Betracht. Die Liquidationsgesellschaft hingegen ist ihrem Zweck nach auf Auseinandersetzung und Vollbeendigung gerichtet, so dass Fragen der Handlungs- und Haftungsfähigkeit nur von untergeordneter Bedeutung sind und der Beteiligung einer Erbengemeinschaft nicht entgegenstehen.12 b) Ausnahme: Gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Fortsetzung der GbR (§  727 Abs.  1 Hs. 2 BGB) Freilich lässt §  727 Abs.  1 Hs. 2 BGB abweichende gesellschaftsvertragliche Gestaltungen zu, um die GbR als werbende Gesellschaft nach dem Tode eines ihrer 7 

OLG München, 7.9.2010, ZEV 2010, 645, 645; Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  5; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  1 sowie Rn.  6; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  1. 8  Henssler/Strohn-Kilian, §  730 BGB Rn.  10; Soergel13Hadding/Kießling, §  730 BGB Rn.  1. 9  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  5; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  13 f.; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  4. 10  Die Sondererbfolge findet nur statt, soweit die Personengesellschaft mit mehreren Erben als werbende Gesellschaft fortgesetzt wird; dazu bereits S. 11  ff. 11  BGH, 21.9.1995, NJW 1995, 3314, 3315; 20.5.1981, NJW 1982, 170, 171; OLG Düsseldorf, 23.1.1987, ZIP 1987, 227, 229; Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  7; MüKo-­BGBSchäfer, §  727 BGB Rn.  14; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1335. 12  BGH, 20.5.1981, NJW 1982, 170, 171; MüKo-BGB-Gergen, §  2032 BGB Rn.  50.

B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente

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Gesellschafter fortzusetzen. In der Folge haben sich zur Fortsetzung einer GbR verschiedene Regelungstypen herausgebildet: auf der einen Seite Klauseln, die die Fortsetzung der GbR unter Ausschluss von Nachfolgern anordnen (vgl. §  736 Abs.  1 BGB), auf der anderen Seite Klauseln, die einen oder mehrere Nachfolger bestimmen. Freilich muss der Fortsetzungswille nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag festgehalten sein.13 Er kann sich auch konkludent aus den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen ergeben. So entnimmt man dem Gesellschaftszweck einer Dauergesellschaft mit wirtschaftlicher Zielsetzung in der Regel einen Fortsetzungswillen.14 aa) Fortsetzung ohne Nachfolger Soll die GbR durch die übrigen Gesellschafter und unter Ausschluss der Erben fortgesetzt werden, müssen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag eine sog. Fortsetzungsklausel15 vereinbaren (vgl. §  736 Abs.  1 BGB). Der Gesellschafter scheidet mit seinem Tod aus der GbR aus, und sein Gesellschaftsanteil wächst den übrigen Gesellschaftern nach §  738 Abs.  1 S.  1 BGB an. Mindestens zwei Gesellschafter müssen in der GbR verbleiben, da das Gesetz eine Einmannpersonengesellschaft nicht kennt (vgl. §  705 BGB und §  105 HGB). Als Gesamthand setzt jede Personengesellschaft einen Zusammenschluss von mindestens zwei Personen voraus.16 Scheidet also der vorletzte Gesellschafter infolge seines Todes aus, wird die GbR unter Beteiligung seiner Erben beendet.17 Ist eine Fortsetzungsklausel gesellschaftsvertraglich vereinbart, entsteht mit dem Tode des Erblassers ein Abfindungsanspruch nach §  738 Abs.  1 S.  2 BGB, dessen Höhe sich vorbehaltlich abweichender Regelungen nach dem Verkehrswert des Anteils bestimmt.18 Der Abfindungsanspruch fällt in den Nachlass des verstorbenen Gesellschafters und kann vom Erben oder – bei Erbenmehrheit – von der Erbgemeinschaft gegen die GbR geltend gemacht werden.19

13 

Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  13. Ibid. 15  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  93.; kritisch zum Begriff: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1334. 16  MüKo-BGB-Schäfer, §  705 BGB Rn.  60; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1312. 17  Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  14. 18  Vgl. MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  149; Boujong/Ebenroth-Lorz, §  131 HGB Rn.  117; Hölscher, ZEV 2010, 609, 609; Iversen, NJW 2010, 183, 185; Winkler, ZEV 2005, 89, 93; zur Qualifikation von Abfindungsansprüchen S. 222  ff. 19  Henssler/Strohn-Kilian, §  738 BGB Rn.  12; Soergel13Hadding/Kießling, §  738 BGB Rn.  35. 14 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

bb) Fortsetzung mit Nachfolger Unter den Klauseln, die einen oder mehrere Nachfolger vorsehen, sind die einfache Nachfolgeklausel, die qualifizierte Nachfolgeklausel, die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel und die Eintrittsklausel zu unterscheiden. Ihnen gemeinsam ist, dass sie die Fortsetzung der GbR voraussetzen, ohne die eine Nachfolge oder ein Eintritt nicht möglich wäre. Mit den genannten Klauseln ist die Fortsetzung der GbR daher jedenfalls konkludent vereinbart.20 (1) Einfache Nachfolgeklausel Die einfache Nachfolgeklausel stellt den Gesellschaftsanteil vererblich, ohne e­ inen Erben als Nachfolger zu benennen.21 Sie könnte folgendermaßen lauten: „Beim Tod eines Gesellschafters geht der Anteil auf dessen Erben über.“22 Der Anteilsübergang vollzieht sich kraft erbrechtlicher Nachfolge und fällt in den Nachlass.23 Jeder Erbe – und nicht die Erbengemeinschaft im Fall einer Erbenmehrheit24 – wird Gesellschafter.25 Um zum Kreis der Nachfolger im Fall einer einfachen Nachfolgeklausel zu gehören, ist daher entscheidend, Erbe zu sein. Im Testament kann der Erblasser über die Erbeinsetzung seine Erben und damit auch die Nachfolger in seine Gesellschafterposition bestimmen.26 Der gestalterische Schwerpunkt liegt also auf der Verfügung von Todes wegen – ein ungünstiger Umstand für die Mitgesellschafter des Erblassers, die keinen Einblick in das Testament oder den Erbvertrag erhalten und deshalb mit unerwünschten und zahlreichen Nachfolgern konfrontiert sein können.27 Sie werden aus Transparenzgründen eine qualifizierte Nachfolgeklausel vorziehen.28

20  Nur zur Eintrittsklausel: MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  53; Soergel13Hadding/ Kießling, §  727 BGB Rn.  15. 21  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  12; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  20. 22  Beispiel nach MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  30. 23  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  12; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  31; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  24; im Unterschied zur sog. Eintrittsklausel, deren Wirkung nur im Fall einer Eintrittserklärung des Begünstigten eintritt. 24  Dazu bereits S. 11  ff. 25  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  14; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  22. 26  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  29; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 383. 27  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  96; Flesner, DB 2011, 2362, 2363; Ivens, ZEV 2010, 615, 616; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 383; Ivo, ZEV 2006, 302, 303. 28  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  96; Ivo, ZEV 2006, 302, 303.

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(2) Qualifizierte Nachfolgeklausel Im Unterschied zur einfachen Nachfolgeklausel erklärt die qualifizierte Nachfolgeklausel den Gesellschaftsanteil nur an bestimmte Personen für vererblich und schränkt damit den Kreis möglicher Gesellschafternachfolger zulasten des Erb­ rechts ein.29 Ist der Erbe nicht als Nachfolger in der (gesellschaftsvertraglichen) Klausel begünstigt, so kann er dem Erblasser nicht in seine Gesellschafter­po­ sition nachfolgen.30 Ob die Gesellschafter konkrete Personen bestimmen oder allgemeine Anforderungen wie Qualifikation und Eigenschaften aufstellen, um die begünstigt(en) Person(en) zu ermitteln, steht ihnen in verbandsvertraglicher Autonomie frei. Besonders wichtig ist in der qualifizierten Nachfolge deren Abstimmung mit der testamentarischen Erbeinsetzung: Der Erblasser muss die Erbenstellung der nach der Nachfolgeklausel infrage kommenden Personen in seinem Testament sicherstellen, soweit sie nicht bereits zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören.31 Im Gegensatz zur einfachen Nachfolgeklausel ist der Erblasser also in der testamentarischen Verfügung über seinen Anteil eingeschränkt, da nicht mehr jeder, sondern nur der nach der Klausel bestimmte Nachfolger der Erbeinsetzung bedarf. Ist der Begünstigte nicht zum Erben oder Nachfolger bestimmt, so ist nicht ausgeschlossen, dass der Anteil auf ihn übergeht.32 Zwei Konstellationen sind zu unterscheiden: Ist der Erbe nicht als Nachfolger in der Nachfolgeklausel benannt (gesellschaftsrechtliches Defizit), so kann sich in ergänzender Vertragsauslegung die Pflicht der übrigen Gesellschafter ergeben, den ihnen angewachsenen Anteil an den Erben zu übertragen.33 Ist der benannte Nachfolger nicht zum Erbe bestimmt (erbrechtliches Defizit), kann dieser bei ergänzender Auslegung oder Umdeutung der Nachfolgeklausel in eine Eintrittsklausel die Gesellschafterposition des Erblassers einnehmen34 – freilich verbunden mit der Unsicherheit, die eine Eintrittsklausel für Gesellschaft und Mitgesellschafter hinsichtlich der Ausübung des Eintrittsrechts und der damit verbundenen Abfindungsansprüche mit sich bringt.35 29 

Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  15; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  25. 30  Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 382; Ivo, ZEV 2006, 302, 304. 31  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  42; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  25. 32  Zu Auslegungsschwierigkeiten und Folgen in Fällen, in denen die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel nicht auf die Verfügung von Todes wegen abgestimmt ist: BGH, 18.4.2002, ZEV 2002, 322, 323; Reimann, ZEV 2002, 487, 488 f. 33  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  12. 34  BGH, 25.5.1987, ZIP 1987, 1042, 1043; 29.9.1977, NJW 1978, 264, 265; 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 233; Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  12. 35  BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 233.

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

Der Anteilsübergang im Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel vollzieht sich unmittelbar kraft erbrechtlicher Nachfolge.36 Sind sämtliche Erben des Erblassers von der qualifizierten Nachfolgeklausel erfasst, ergeben sich in der Rechtsfolge keine Unterschiede zur einfachen Nachfolgeklausel: Jeder Erbe rückt im Rahmen der Sondererbfolge direkt und entsprechend seiner Erbquote in die Gesellschafterstellung des Erblassers nach.37 In der Regel jedoch beschränkt sich die qualifizierte Nachfolgeklausel nur auf einen Teil der Erben.38 Sollte in diesem Fall der Wert des Gesellschaftsanteils über den Wert hinausgehen, der dem Gesellschafternachfolger nach seiner Erbquote zusteht, hat dieser die Differenz per Zahlung an die Erbengemeinschaft auszugleichen.39 Insofern besteht Einigkeit.40 Die Anspruchsgrundlage eines solchen gesetzlichen Ausgleichsanspruchs ist freilich umstritten. Ein gesellschaftsrechtlicher Abfindungsanspruch der Erbengemeinschaft gegen die GbR aus §  738 Abs.  1 S.  1 BGB kommt jedenfalls nicht in Betracht, da ein solcher schon seinem Wortlaut nach voraussetzt, dass ein Gesellschafter ersatzlos aus der GbR ausscheidet.41 Mit der qualifizierten Nachfolge ist aber sichergestellt, dass es nicht zum Ausscheiden eines Gesellschafters, sondern zur Nachfolge in die Gesellschafterposition des Erblassers kommt. In der Frage möglicher Anspruchsgrundlagen reichen die Ansichten vielmehr vom Bereicherungsrecht42 über Treu und Glauben nach §  242 BGB43 bis hin zur analogen Anwendung von §  1978 BGB44 oder der §§  2050 ff. BGB45. Solche Abfindungs- und Ausgleichsansprüche sind im kollisonsrechtlichen Teil der Arbeit näher zu untersuchen.46 Interessant bleibt in diesem Fall der Erwerb des Gesellschaftsanteils. Da der Erwerbsvorgang erbrechtlicher Natur ist, kann der zum Gesellschafternachfolger bestimmte Erbe nicht mehr erhalten, als ihm nach seiner Erbquote zusteht.47 Im 36  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  12; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  25; im Unterschied zur sog. Eintrittsklausel, deren Wirkung nur im Fall einer Eintrittserklärung des Begünstigten eintritt. 37  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  43; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  29. 38  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  44. 39  BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 194; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  45; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  31. 40  Statt aller Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  31. 41  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1345; Göz, NZG 2004, 345, 353. 42  Heckmann, in: FS von Lübtow (1980), 619, 627 f. 43  BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 197. 44  Staudinger-BGB-Habermeier, §  727 BGB Rn.  20; Ulmer, in: FS Schilling (1973), 79, 88. 45  Flume, Personengesellschaft (1977), S.  405. 46  Zur Qualifikation von Abfindungs- und Ausgleichsansprüchen S. 222  ff. 47  Insofern noch Einigkeit: BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 238; 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 195.

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ersten Grundsatzurteil zur Vererbung von Personengesellschaftsanteilen48 hat der BGH hieraus noch geschlossen, dass der Gesellschaftsanteil nur in Höhe der Erbquote dem benannten Nachfolger zukomme und der über die Erbquote hinausgehende Anteil zunächst auf die übrigen Gesellschafter als Treuhänder des Gesellschafternachfolgers übergehe.49 Diese Ansicht hat der II. Zivilsenat ausdrücklich aufgegeben.50 In konsequenter Anwendung der Sondererbfolge müsse der Gesellschaftsanteil in voller Höhe auf den Nachfolger übergehen.51 Der Nachfolger erhalte damit nicht mehr, als ihm nach seiner Erbquote zustehe: Da die Erbquote nur den Anteil am „Wert des Gesamtnachlasses“52 festlege, der den Erben am Ende der gesamten Nachlassabwicklung zufließen soll, sei der über die Erbquote hinausgehende Gesellschaftsanteil über erbrechtliche Ausgleichsansprüche zugunsten der Miterben zu kompensieren.53 Diese Ausgleichsansprüche richten sich gegen den Nachfolger und nicht gegen die überlebenden Gesellschafter, da ihnen der Anteil des verstorbenen Gesellschafters nicht anwächst.54 (3) Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel Fundamental unterscheidet sich die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel von den beiden zuvor dargestellten Nachfolgeklauseln, denn die Übertragung des Anteils findet nicht kraft Erbrechts, sondern kraft Rechtsgeschäfts statt.55 Zur Übertragung bedarf es also nicht der Erbposition des Nachfolgers. Typischerweise bietet sich deshalb eine solche Regelung an, wenn die Erbposition des Nachfolgers aus Sicht des Erblassers unerwünscht oder unsicher ist.56 Ist eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel vereinbart, geht der Anteil per Verfügungsvertrag auf den Begünstigten im Todeszeitpunkt über.57 Der Tod des Verfügenden ist eine aufschiebende Bedingung der Verfügung (§  158 Abs.  1 ­BGB).58 Die Verfügung vollzieht sich – freilich noch aufschiebend bedingt – be-

48 

BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186. BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 195 f. 50  BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 237. 51  BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 238. 52  Ibid. 53  Ibid. 54  Ivens, ZEV 2010, 615, 616; Ivo, ZEV 2006, 302, 304. 55  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  17; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  49. 56  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  49; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  91. 57  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  49; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  37. 58  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  17; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  38. 49 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

reits zu Lebzeiten des Erblassers, so dass der Gesellschaftsanteil nicht in den Nachlass fällt und die Formvorschrift des §  2301 BGB nicht gilt.59 Die Zulässigkeit einer solchen Klausel hängt allerdings von der Konstellation der Vertragsparteien ab: Vereinbaren die GbR-Gesellschafter die Nachfolgeklausel ohne Beteiligung des Begünstigten, ist die Vereinbarung unzulässig.60 Erstens handelt es sich bereits hinsichtlich des Anteilsübergangs um eine nach Rechtsprechung61 und Teilen der Literatur62 unzulässige Verfügung zugunsten Dritter, da §  328 BGB nur die Verpflichtung, nicht aber die Verfügung zugunsten Dritter gestatte.63 Entscheidend aber kommt es darauf an, dass mit Eintritt in die Gesellschafterposition rechtliche Pflichten für den benannten Nachfolger einhergehen. Insbesondere haftet er persönlich und unbeschränkt für Gesellschaftsverbindlichkeiten, die bereits vor seinem Eintritt begründet waren (§§  128, 130 HGB analog64). Ist der Nachfolger an einer solchen Vereinbarung nicht beteiligt, verstößt diese Verpflichtung gegen den Grundsatz der Parteiautonomie und ist deshalb als Vertrag zulasten Dritter nach einhelliger Meinung65 unzulässig. Zulässig ist eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeregelung demnach nur, wenn der Begünstigte an der Vereinbarung beteiligt, also Vertragspartner und nicht mehr Dritter ist.66 Soll es bei einer gesellschaftsvertraglichen Regelung bleiben, kommen daher nur Mitgesellschafter als Vertragspartner und Nachfolger infra59 

Ibid. Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  17; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  37. 61  BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 231; 29.1.1964, BGHZ 41, 95, 95 f. 62  Palandt-Grüneberg, Einf. §  328 BGB Rn.  9; im Ergebnis ebenso diejenigen Autoren, die eine Verfügung zugunsten eines Dritten nur zur Begründung von Ansprüchen auf Leistung aus einem Grundstück zulassen (Rahbari, ZGS 2010, 172, 175 f.; Bayer, Vertrag zugunsten Dritter (1995), S.  205 f.) oder eine Analogie der §§  328 ff. BGB nur auf Nutzungs- und Verwertungsrechte zugunsten Dritter insgesamt bejahen (MüKo‑BGB-Gottwald, §  328 BGB Rn.  277); für generelle Zulassung von Verfügungen zu Gunsten Dritter: Erman/BGB-H. P. Westermann, §  328 BGB Rn.  3. 63  Palandt-Grüneberg, Einf. §  328 BGB Rn.  8; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  37. 64  Infolge der Grundsatzurteile zur Rechtsfähigkeit der GbR und zur Gesellschafterhaftung (BGH, 29.1.2001, BGHZ 146, 341 und BGH, 27.9.1999, BGHZ 142, 315) sind die §§  128, 130 HGB nach herrschender Meinung auf die GbR analog anwendbar; zu §  128 HGB analog: statt vieler MüKo-BGB‑Schäfer, §  714 BGB Rn.  36; MüKo-HGB-Schmidt, §  128 HGB Rn.  4; zu §  130 HGB analog: BGH, 12.12.2005, NJW 2006, 765; 7.4.2003, BGHZ 154, 370; Henssler/ Strohn-Steitz, §  130 HGB Rn.  2; MüKo-BGB‑Schäfer, §  714 BGB Rn.  73; a. A. noch OLG Düsseldorf, 20.12.2001, ZIP 2002, 616. 65  BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 231; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  37; Bamberger/Roth‑Schöne, §  727 BGB Rn.  19; Staudinger-BGB-Habermeier/Reuter, §  727 BGB Rn.  23. 66  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  51; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  38. 60 

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ge.67 Die nach §  719 Abs.  1 BGB notwendige Zustimmung der anderen Gesellschafter ist mit Vereinbarung einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel konkludent erteilt.68 Handelt es sich beim Nachfolger nicht um einen Mitgesellschafter, kann der Anteil nur mittels eines Beitrittsvertrags zwischen den Gesellschaftern und dem Nachfolger übertragen werden.69 Die Erben gehen im Fall einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel nicht leer aus. Da es sich nicht um eine Verfügung von Todes wegen, sondern um ein lebzeitiges Rechtsgeschäft handelt, ergeben sich zwar keine Ausgleichsansprüche, wie sie im Fall einer qualifizierten Nachfolgeklausel zugunsten nicht berücksichtigter Erben entstehen. Zudem ergibt sich kein Anspruch aus §  738 Abs.  1 S.  2 BGB, da es im Fall einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel nicht zu einem Austritt eines Gesellschafters kommt.70 Ihnen stehen aber Pflicht­ teils­ergänzungsansprüche aus §  2325 Abs.  1 BGB gegen die anderen Miterben oder aus §  2329 Abs.  1 BGB gegen den Gesellschafternachfolger als Beschenktem zu.71 (4) Eintrittsklausel Ebenso wie die Nachfolgeklauseln dient eine Eintrittsklausel dazu, einen (möglichen) Nachfolger in den Anteil des verstorbenen Gesellschafters zu bestimmen. Sie könnte folgendermaßen lauten: „Nach dem Tode des Gesellschafters X wird die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Der Erbe des X hat das Recht, die Mitgliedschaft fortzusetzen.“72 Sie berechtigt als gesellschaftsvertragliche Vereinbarung den Begünstigten, der fortbestehenden Gesellschaft beizutreten. Allerdings bringt sie die Unsicherheit mit sich, dass gesellschaftsrechtlich73 nicht beeinflusst werden kann, ob und wann der Begünstigte sein Eintrittsrecht ausübt.74 Der Rechtsnatur nach handelt es sich bei einer Eintrittsklausel in aller Regel75 um einen Vertrag zugunsten Dritter, ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, und

67 

Ibid. Ibid. 69  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  17; Flesner, DB 2011, 2362, 2364. 70  Flesner, DB 2011, 2362, 2365. 71  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  52; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  38. 72  Beispiel nach Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  15. 73  Zu erbrechtlichen Steuerungsmöglichkeiten (Auflage, bedingte Erbeinsetzungen und Vermächtnisse): Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  189. 74  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  189; Ivens, ZEV 2010, 615, 617. 75  Möglich ist auch eine Zuwendung des Eintrittsrechts mittels eines Vermächtnisses: BGH, 25.5.1987, ZIP 1987, 1042; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  15. 68 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

nicht um eine Verfügung von Todes wegen.76 Diese Einordnung hat zur Folge – ein wesentlicher Unterschied zu den erbrechtlichen Nachfolgeklauseln –, dass die Abstimmung zwischen Gesellschaftsvertrag und letztwilliger Verfügung entbehrlich ist.77 Das Eintrittsrecht erwächst allein aus dem Gesellschaftsvertrag, so dass jedem Dritten ohne Erbeinsetzung das Eintrittsrecht gewährt werden kann.78 Der Anteilsübergang vollzieht sich nicht im Todeszeitpunkt, sondern bei Geltendmachung des Anspruchs, in die GbR einzutreten.79 Daher ist die Entscheidung, ob und wann der Eintritt in die GbR erfolgt, allein dem Begünstigten überlassen, während der von einer Nachfolgeklausel bestimmte Nachfolger im Todeszeitpunkt des Erblassers ipso iure in dessen Gesellschafterposition rückt. Ob der Begünstigte den Eintritt einseitig erklären kann oder die übrigen Gesellschafter ihn per Gesellschafterbeschluss (sog. Aufnahmevertrag) aufnehmen müssen, ist eine Frage der Auslegung der Eintrittsklausel.80 Mit seinem Tod scheidet der Erblasser jedenfalls aus der Gesellschaft aus (§  736 Abs.  1 BGB), und sein Anteil wächst zunächst den übrigen Gesellschaftern an (§  738 Abs.  1 S.  1 BGB). Übt der Begünstigte sein Eintrittsrecht aus, wird dieser Anteil schließlich auf ihn übertragen.81 Da der Gesellschafter-Erblasser mit seinem Tod aus der Gesellschaft ausscheidet, steht den Erben ein Abfindungsanspruch zu (§  738 Abs.  1 S.  2 BGB). Der Anspruch fällt in den Nachlass82 und dient dazu, den Verlust des Anteils finanziell auszugleichen, der nun den überlebenden Gesellschaftern angewachsen ist (§  738 Abs.  1 S.  1 BGB).83 Der Abfindungsanspruch hat für den Eintrittsberechtigten weitreichende Folgen. Mit seiner Entstehung steht die Rückgewähr der vom verstorbenen Gesellschafter erbrachten Einlage auf dem Spiel, die der Eintrittsberechtigte wiederum mit Eintritt in die GbR aufzubringen hat – und zwar mindestens in Höhe des Abfindungsbetrags.84 Um seiner Einlagepflicht nachkommen zu können, erhält der Eintrittsberechtigte in der Regel kautelarjuristische Unterstützung. So kann der Erblasser ­mittels letztwilliger Teilungsanordnung oder entsprechenden Vermächtnisses zugunsten des Eintrittsberechtigten verfügen, dass die Erben diesem den Abfindungsan76 

MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  57. MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  54; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  189. 78  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  19. 79  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  53; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  15. 80  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  57; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  15. 81  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  20. 82  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  58. 83  Bamberger/Roth-Schöne, §  738 BGB Rn.  13. 84  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  58; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  16. 77 

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spruch aus §  738 Abs.  1 S.  2 BGB im Rahmen ihrer Erbauseinandersetzung abzutreten haben (sog. erbrechtliche Eintrittsklausel85).86 Nach der Abtretung kann der Eintrittsberechtigte den Abfindungsanspruch als Einlage einbringen87 oder gegen die Einlagenforderung der GbR aufrechnen88. Alternativ zur Abtretung seitens der Erbengemeinschaft kann dem Eintrittsberechtigten neben dem Eintrittsrecht auch die Vermögensstellung des Erblassers innerhalb der Gesellschaft rechtsgeschäftlich und ohne Beteiligung der Erbengemeinschaft verschafft werden (sog. rechtsgeschäftliche Eintrittsklausel89).90 Zum einen kann der Erblasser den Abfindungsanspruch an den Eintrittsberechtigten auf den Todesfall abtreten.91 Zum anderen lässt sich der Abfindungsanspruch gesellschaftsvertraglich ausschließen, um Liquiditätsproblemen des Eintrittsberechtigten vorzubeugen.92 Den Erben und Pflichtteilsberechtigten steht in diesen Fällen ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den beschenkten Eintrittsberechtigten zu (§  2329 Abs.  1 BGB). 2. Offene Handelsgesellschaft In der oHG sind viele Parallelen zur GbR in der Gesellschafternachfolge zu erkennen. Der gesetzliche Regelfall zum Schicksal von Anteil und Gesellschaft unterscheidet sich jedoch von der GbR. a) Grundsatz: Fortsetzung der oHG ohne Nachfolger (§  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB) Enthält der Gesellschaftsvertrag einer oHG keine Nachfolgeregelung, führt der Tod eines Gesellschafters gemäß §  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB zu dessen Ausscheiden. Seine Mitgliedschaft erlischt (vgl. §  131 Abs.  3 S.  2 HGB).93 Im Unterschied zur GbR besteht die oHG nach dem Tode eines ihrer Gesellschafter grundsätzlich fort, wie die Unterscheidung zwischen Auflösung in §  131 Abs.  1 HGB und Ausscheiden in §  131 Abs.  3 HGB zeigt. 85 

Ivo, ZEV 2006, 302, 305. MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  58; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  16; Flesner, DB 2011, 2362, 2362; Ivens, ZEV 2010, 615, 617. 87  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  58. 88  Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  16. 89  Ivo, ZEV 2006, 302, 305. 90  MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  59; Flesner, DB 2011, 2362, 2364. 91  Henssler/Strohn-Kilian, §  727 BGB Rn.  21; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  16. 92  Ibid. 93  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  98. 86 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

Allerdings ist der Fortbestand einer oHG über den Tod eines Gesellschafters hinaus rechtlich nicht möglich, soweit es sich um eine Zweipersonengesellschaft handelt.94 Eine Personengesellschaft wie die oHG setzt als Gesamthand einen Zusammenschluss von mindestens zwei Personen voraus.95 Sollte also der Gesellschaftsvertrag keine Nachfolgeregelung bereithalten und sich eine solche ebenso wenig aus ergänzender Gesellschaftsvertragsauslegung ergeben96, so kommt es zur liquidationslosen Vollbeendigung der oHG, und das Gesellschaftsvermögen geht auf den verbleibenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ipso iure über.97 Will der verbliebene Gesellschafter das Unternehmen nicht als Einzelkaufmann weiterführen, kann er die Unternehmensgeschäfte abwickeln und die Unternehmensgegenstände veräußern.98 Da die vermögensrechtlichen Rechtsfolgen des Ausscheidens im HGB nicht geregelt sind, ergibt sich der auf das Ausscheiden hin folgende Abfindungsanspruch der Erbengemeinschaft gegen die oHG aus §  738 Abs.  1 S.  2 BGB i. V. m. §  105 Abs.  3 HGB.99 Die Ausführungen zur GbR gelten entsprechend.100 Der Anteil des verstorbenen Gesellschafters wächst gemäß §  738 Abs.  1 S.  1 BGB i. V. m. §  105 Abs.  3 HGB den verbliebenen Gesellschaftern an.101 b) Erste Ausnahme: Auflösung der oHG (Auflösungsklausel) Abweichend von §  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB können die Gesellschafter die Auflösung der oHG gesellschaftsvertraglich vereinbaren (vgl. auch §  143 Abs.  3 Var.  1 HGB).102 Anders als im Fall des Ausscheidens fällt der Anteil des Erblassers an der oHG – nunmehr in Liquidation (vgl. §  145 HGB) – in den Nachlass und geht auf den Erben oder die Erbengemeinschaft über.103 Eine Sonderrechts-

94 

MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  55. MüKo-HGB-K. Schmidt, §  105 HGB Rn.  24; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1312. 96  Vgl. MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  55. 97  Baumbach/Hopt-M. Roth, §  131 HGB Rn.  81; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  105; zum auf die oHG übertragbaren Ergebnis im Fall einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft: BGH, 15.3.2004, ZIP 2004, 1047; 16.12.1999, NJW 2000, 1119; Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 625. 98  Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 631 f. 99  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  126. 100  Zur GbR bereits S. 61  f. 101  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  103. 102  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  8. 103  Ibid. 95 

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nachfolge findet nicht statt.104 Mitgliedschaftsrechte an der aufgelösten oHG müssen die Miterben gemeinschaftlich ausüben (vgl. §  2038 BGB).105 c) Zweite Ausnahme: Fortsetzung der oHG mit Nachfolger (Nachfolgeklauseln) Soll die oHG mit den Nachfolgern des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt werden (vgl. §  139 Abs.  1 Hs. 1 HGB), so ist im Gesellschaftsvertrag eine einfache, qualifizierte oder rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel zu vereinbaren. Auch eine Eintrittsklausel ist möglich. Im Wesentlichen gelten dazu die Ausführungen zur GbR.106 Anders allerdings als im Fall der GbR muss die Fortsetzung der oHG nicht vereinbart werden, da sie bereits von Gesetzes wegen stattfindet (§  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB). 3. Kommanditgesellschaft Auch die Gesellschafternachfolge in einer Kommanditgesellschaft (KG) weist Ähnlichkeiten zur GbR auf. Freilich bringt die duale Gesellschafterstruktur von Komplementär und Kommanditist Besonderheiten mit sich. a) Komplementäranteil Verstirbt der Komplementär einer Kommanditgesellschaft, scheidet er aus der Kommanditgesellschaft aus (§§  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1, 161 Abs.  2 HGB). Es ergeben sich keine Unterschiede zur Vererbung eines oHG-Anteils. Allerdings muss die nach §  161 Abs.  1 HGB konstituierende Gesellschafterstruktur aus Komplementär und Kommanditisten erhalten bleiben. Verstirbt der einzige Komplementär, ohne dass ein Nachfolger im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, so erlischt die KG.107 Kraft Gesamtrechtsnachfolge übernimmt der verbliebene Kommanditist sämtliche Aktiva und Passiva der Gesellschaft.108 Die Übernahme führt zu einer für den ursprünglichen Kommanditisten ungewöhnlichen und häufig unerwünschten Haftungssituation: Haftete er zu Lebzeiten des Komplementärs nur bis zur Höhe seiner Einlagepflicht oder war seine Haftung nach seiner Einlageleistung sogar gänzlich ausgeschlossen (vgl. §  171 Abs.  1 HGB), so steht er nach dem Ausscheiden des Komplementärs als Alleininhaber des Unternehmens unbeschränkt und persönlich für Verbindlichkeiten ein.109 Um 104 

MüKo-HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  9. Ibid. 106  Zur GbR bereits S. 67  ff. 107  Ivo, ZEV 2006, 302, 303; Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 625. 108  Ibid.; zum ähnlichen Fall der Zweipersonen-oHG S. 69  f. 109  BGH, 16.12.1999, NJW 2000, 1119 (anders jedoch im Fall einer zweigliedrigen GmbH 105 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

diese Rechtsfolge zu vermeiden, muss gesellschaftsvertragliche Vorsorge betrieben werden: Für den Todesfall des einzigen Komplementärs ist die Auflösung der Gesellschaft zu vereinbaren. Zugleich sollte den überlebenden Kommanditisten ein Übernahmerecht gesellschaftsvertraglich zugesichert sein.110 b) Kommanditanteil Dem gesetzlichen Grundsatz folgend unterscheidet sich die Nachfolge von Todes wegen in einen Kommanditanteil von den bisher vorgestellten Personengesellschaftsanteilen. Denn gemäß §  177 HGB besteht die KG im Fall des Todes eines Kommanditisten mit dessen, also allen Erben fort. Der Übergang des Anteils auf die Erben erfolgt kraft Erbrechts.111 Freilich ist die Regel des §  177 HGB ausweislich seines Wortlauts dispositiv. Einer einfachen Nachfolgeklausel bedarf es jedoch nicht, denn bereits gemäß §  177 HGB folgen die Erben des Kommanditisten in dessen Gesellschafterposition nach.112 Die Sondererbfolge im Fall einer Erbenmehrheit gilt nach herrschender Meinung113 für die Kommanditistennachfolge gleichermaßen, so dass sich die Kommanditbeteiligung gemäß der jeweiligen Erbquoten in selbständige Anteile der jeweiligen Erben aufspaltet. Im Übrigen bleiben die üblichen kautelarjuristischen Möglichkeiten einer Nachfolgeregelung bestehen. So können die Gesellschafter gesellschaftsvertraglich vereinbaren, dass die KG nur mit den verbliebenen Gesellschaftern fortbesteht (Fortsetzungs- oder Ausschließungsklausel), und damit die Vererblichkeit des Kommanditanteils ausschließen.114 Der Anteil des verstorbenen Kommanditisten wächst in diesem Fall den verbliebenen Gesellschaftern gemäß §§  738 Abs.  1 S.  1 BGB, 105 Abs.  3, 161 Abs.  2 HGB an, und den Erben steht ein Abfindungsanspruch gemäß §§  738 Abs.  1 S.  2 BGB, 105 Abs.  3, 161 Abs.  2 HGB zu. Verbleibt nach dem Ausscheiden des Kommanditisten nur der Komplementär, so erlischt die KG, und das Gesellschaftsvermögen geht auf den überlebenden Komplementär kraft Gesamtrechtsnachfolge über.115 Darüber hinaus kann gesellschaftsvertraglich vorgesehen sein, dass nicht alle, sondern nur bestimmte Erben zum Nachfolger des Kommanditisten bestimmt sind (qualifizierte Nach& Co. KG: BGH, 15.3.2004, ZIP 2004, 1047); Baumbach/Hopt-M. Roth, §  131 HGB Rn.  84; Ivo, ZEV 2006, 302, 303. 110  Baumbach/Hopt-M. Roth, §  131 HGB Rn.  84; Ivo, ZEV 2006, 302, 303; Peters, RNotZ 2002, 425, 440. 111  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  15. 112  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  5; Göz, NZG 2004, 345, 345. 113  BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 192; MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  17; Frhr. von Rechenberg, GmbHR 2005, 386, 388; kritisch dazu bereits S. 29  ff. 114  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  6. 115  Ivo, ZEV 2006, 302, 303; Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 625.

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folgeklausel), dass einem Begünstigten das Recht zukommt, in die Gesellschaft als Kommanditist einzutreten (Eintrittsklausel) oder dass die KG sich im Todesfall eines Kommanditisten auflöst (Auflösungsklausel).116 Über den Verweis in das Recht der GbR (§§  161 Abs.  2, 105 Abs.  3 HGB) stellen sich die gleichen Rechtsfragen wie im Fall einer GbR, da sich zur Gesellschafternachfolge, abgesehen vom dispositiven §  177 HGB, aus den §§  161–177a HGB keine speziellen Regelungen ergeben, die gemäß §  161 Abs.  2 HGB Vorrang hätten. II. Kapitalgesellschaften Die personengesellschaftsrechtlichen Nachfolgeinstrumente unterscheiden sich von den nun vorzustellenden Möglichkeiten der Nachfolgesteuerung im Kapitalgesellschaftsrecht, deren Darstellung sich auf die bedeutsamsten Kapitalgesellschaftsformen der GmbH und AG beschränkt. 1. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Die Gesellschafternachfolge im Kapitalgesellschaftsrecht ist vom Prinzip der zwingenden Vererblichkeit geprägt, das sich freilich nur im GmbHG formell gesetzlich niedergeschlagen hat. a) Zwingende Vererblichkeit des Geschäftsanteils Die Geschäftsanteile an einer GmbH sind gemäß §  15 Abs.  1 Var. 2 GmbHG vererblich. Vinkulierungen (vgl. §  15 Abs.  5 GmbHG) gelten nur für rechtsgeschäftliche Verfügungen, nicht aber für einen erbrechtlichen Anteilsübergang.117 Weder die Satzung noch ein Gesellschafterbeschluss können demnach die Vererblichkeit – im Unterschied zur Veräußerung (vgl. §  15 Abs.  5 GmbHG) – ausschlie­ßen oder beschränken.118 Die Vererbung eines GmbH-Anteils unterscheidet sich somit grundlegend von der (qualifizierten) Nachfolge in einen Personengesellschaftsanteil, bei der gesellschaftsvertragliche Klauseln über die Vererblichkeit und Nachfolge mitbestimmen. Der Grund für diesen Unterschied ergibt sich auch aus dem Grundsatz der Stammkapitalaufbringung im GmbH-­

116  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  177 HGB Rn.  7–9; Levedag, GmbHR 2010, 629, 629 f.; Reymann, ZEV 2006, 307, 308. 117  H.M.: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  363; Henssler/ Strohn-Verse, §  15 GmbHG Rn.  26; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1052; a. A.: Priester, GmbHR 1981, 206, 208 m. w. N. 118  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6.

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

Recht:119 Könnten die Gesellschafter die Vererblichkeit des Geschäftsanteils ausschließen, würde der Geschäftsanteil und damit auch die mit ihm verbundene Stammeinlageschuld (§  19 Abs.  1 GmbHG) erlöschen.120 So entfiele mit dem Tode des Gesellschafters ein Schuldner der Stammeinlage, und die Aufbringung des Stammkapitals wäre gefährdet.121 Der Geschäftsanteil geht im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge gemäß §  1922 BGB auf den oder die Erben über122 und fällt stets in den Nachlass.123 Im Unterschied zur personengesellschaftsrechtlichen Sonderrechtsnachfolge folgt bei Erbenmehrheit nicht jeder einzelne Erbe in die Gesellschafterposition des Erblassers nach, sondern der Geschäftsanteil fällt den Erben ungeteilt zur gesamten Hand an (§  2032 Abs.  1 BGB).124 Zunächst bestimmt allein die erbrechtliche Nachfolge und damit die gesetzliche Erbfolge oder – wie häufig – die Erbeinsetzung des Erblassers, wer sein Nachfolger wird.125 Vor allem in einer personalistisch strukturierten GmbH ist dieser Umstand für die überlebenden Mitgesellschafter misslich: Unerwünschter Nachfolger können sie sich rechtlich zunächst nicht erwehren.126 Der Gesellschafterkreis droht angesichts unbeschränkbarer Erbenmehrheiten zu zersplittern und zu überfremden.127 Aber die Erben müssen nicht dauerhaft Gesellschafter bleiben, denn gesellschaftsrechtliche Instrumente ermöglichen eine nachträgliche und in der Satzung transparente Nachfolgesteuerung.128 Im Einzelnen bieten sich dafür Einziehungs- und Abtretungsklauseln an. b) Einziehungsklauseln Gemäß §  34 Abs.  1 GmbHG können die Gesellschafter in der Satzung vorsehen, den Geschäftsanteil des Erblassers einzuziehen. Eine solche Gestaltung bietet

119 

MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  439. Ibid. 121  Ibid. 122  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  442; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  9. 123  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  438; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6. 124  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  443; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  12. 125  Ivo, ZEV 2006, 252, 254. 126  Ivo, ZEV 2006, 252, 254; Langner/Heydel, GmbHR 2005, 377, 377. 127  Langner/Heydel, GmbHR 2006, 291, 291. 128  Vgl. Henssler/Strohn-Verse, §  15 GmbHG Rn.  27; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  204; Ivo, ZEV 2006, 252, 254; Langner/Heydel, GmbHR 2005, 377, 378. 120 

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sich an, wenn die Nachfolge bestimmter Personen oder generell unerwünscht ist und die GmbH nur mit den verbliebenen Mitgesellschaftern fortgesetzt werden soll. Sie schützt die Gesellschafter vor einer Überfremdung des Gesellschafterkreises.129 Im Regelungsziel ist sie vergleichbar mit der Fortsetzungsklausel in einer GbR, in deren Fall nur die überlebenden Gesellschafter die Gesellschaft fortsetzen. aa) Voraussetzungen Eine Einziehung allein kraft Satzung (sog. statutarische oder automatische Einziehung) kann auf den Todesfall jedoch nicht vereinbart werden130, vielmehr bedarf es zur Umsetzung eines Gesellschafterbeschlusses (§  46 Nr.  4 Var.  3 ­GmbHG).131 Denn eine automatische Einziehung würde dazu führen, dass der Geschäftsanteil zu keinem Zeitpunkt in den Nachlass fiele.132 Auf diese Weise würde man die in §  15 Abs.  1 GmbHG zwingend vorgesehene Vererblichkeit des Geschäftsanteils umgehen. Eine automatische Einziehung per Satzung ist daher unzulässig, der Geschäftsanteil fällt zwingend in den Nachlass. Wie die Satzung die Voraussetzungen einer Einziehung darüber hinaus gestaltet, bleibt den Gesellschaftern überlassen. Auf den Todesfall eines Gesellschafters hin kann also eine allgemeine Einzugsmöglichkeit vorgesehen sein. Genauso möglich und praxisrelevant kann die Satzung die Einzugsmöglichkeit auf Fälle beschränken, in denen unerwünschte Nachfolger den Geschäftsanteil des Erblassers erwerben.133 Um weder die Stammkapitalaufbringung noch dessen Erhaltung zu gefährden, muss die auf den jeweiligen Geschäftsanteil zu leistende Einlage eingezahlt sein (§  19 Abs.  2 S.  1 GmbHG) und darf die Abfindung an den Inhaber des einzuziehenden Geschäftsanteils das Stammkapital nicht verringern (§§  30 Abs.  1, 34 Abs.  3 GmbHG). Anderenfalls ist der Einziehungsbeschluss aus Gläubigerschutzgründen nichtig.134

129 

Ivo, ZEV 2006, 252, 255. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  441; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  7. 131  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  441; Göz, NZG 2004, 345, 354. 132  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  441. 133  Ivo, ZEV 2006, 252, 254. 134  Nach §  241 Nr.  3 AktG analog: Michalski-Sosnitza, §  34 GmbHG Rn.  28. 130 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

bb) Rechtsfolgen Mit seiner Einziehung sind der Geschäftsanteil und die mit ihm verbundenen Rechte und Pflichten vernichtet.135 Im Unterschied zur Fortsetzung einer Personengesellschaft wächst der Anteil nicht den überlebenden Gesellschaftern an. Zudem verhindert die Vernichtung des Geschäftsanteils eine spätere Übertragung auf erwünschte Nachfolger. Der Vollzug einer Einziehungsklausel verneint jede Nachfolge endgültig. Ein Abfindungsanspruch zugunsten der Erben ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt, wird aber in §§  34 Abs.  3, 30 Abs.  1 S.  1 GmbHG vorausgesetzt.136 Er richtet sich gegen die Gesellschaft. 137 Vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsregelung beläuft sich der Abfindungsanspruch auf den Verkehrswert des Anteils.138 Per Statut kann die Höhe der Abfindung auf gesellschaftsrechtlichem Wege hinter dem Verkehrswert zurückbleiben.139 Sofern man eine solche Abfindungsbeschränkung als Schenkung qualifiziert, kommen für die Erben und Pflichtteilsberechtigten Pflichtteilsergänzungsansprüche nach den §§  2325 ff. BGB in Betracht. 140 Die Vorschrift des §  5 Abs.  3 S.  2 GmbHG, nach dem die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile mit dem Stammkapital übereinstimmen muss, kann die Gesellschafter jedoch vor finanzielle Schwierigkeiten stellen und das Instrument der Einziehungsklausel unattraktiv machen. Mit der Vernichtung des Geschäftsanteils fehlt dessen Beitrag zum Stammkapital. Die entstandene Differenz ist mit Hilfe von Kapitalmaßnahmen auszugleichen:141 Während die Aufnahme neuer Gesellschafter, verbunden mit der Bildung neuer Geschäftsanteile, an einem untauglichen Kandidatenkreis scheitern kann, kommt eine Kapitalherabsetzung (§  58 GmbHG) nur infrage, soweit die Mindestkapitalgrenze (§  5 Abs.  1 GmbHG) mit der Herabsetzung nicht unterschritten wird.142 Daher kann die Einziehungsklausel im Ergebnis dazu führen, dass die überlebenden Gesellschafter ihre Geschäftsanteile aufstocken müssen, um die gesetzlich vorgeschriebene Höhe des Stammkapitals zu erreichen.

135  MüKo-GmbHG-Strohn, §  34 GmbHG Rn.  59; Langner/Heydel, GmbHR 2006, 291, 292; Göz, NZG 2004, 345, 354. 136  Michalski-Sosnitza, §  34 GmbHG Rn.  46. 137  Langner/Heydel, GmbHR 2006, 291, 294. 138  MüKo-GmbHG-Strohn, §  34 GmbHG Rn.  63; Michalski-Sosnitza, §  34 GmbHG Rn.  48. 139  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  461; Michalski-Sosnitza, §  34 GmbHG Rn.  56. 140  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  462. 141  MüKo-GmbHG-Schwandtner, §  5 GmbHG Rn.  55. 142  Ibid.

B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente

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c) Abtretungsklauseln Während Einziehungsklauseln dazu dienen, Dritte von der Gesellschafternachfolge auszuschließen, kann mit Hilfe einer Abtretung jede Person in die Gesellschafterposition des Erblassers nachfolgen. Abtretungen sind insofern flexibler als Einziehungsklauseln.143 Innerhalb der Abtretungsmöglichkeiten ist zwischen einer durch den Todesfall bedingten Abtretung und einer Abtretungspflicht der Erben zu unterscheiden. In beiden Fällen bedarf der Vertrag der notariellen Beurkundung (§  15 Abs.  3 GmbHG).144 Zudem steht den abtretenden Erben ein Entgelt gegen den Zessionar zu, das sich vorbehaltlich statutorischer Abfindungsbeschränkungen auf den Verkehrswert des Anteils beläuft.145 Bleibt der Entgeltanspruch hinter dem Verkehrswert zurück, kommen für die Erben und Pflichtteilsberechtigten Pflichtteilsergänzungsansprüche nach den §§  2325 ff. BGB in Betracht.146 aa) Durch den Todesfall bedingte Abtretung Gesellschafter können über ihren Geschäftsanteil grundsätzlich frei verfügen (§  15 Abs.  1 GmbHG).147 So steht es ihnen auch frei, ihren Geschäftsanteil unter der aufschiebenden Bedingung ihres Todes sowie der auflösenden Bedingung, dass der Begünstigte sie nicht überlebt, zu übertragen.148 Wirtschaftlich betrachtet kommt eine solche Verfügung einer qualifizierten Nachfolge im Personengesellschaftsrecht nahe. Da es sich um eine Verfügung zwischen Gesellschafter und Begünstigtem handelt, bedarf es grundsätzlich keiner Satzungsregelung.149 Allerdings empfiehlt sich ein Verweis in der Satzung um der Transparenz willen. Eine solche Gestaltung hat zur Folge, dass der Erblasser aufgrund der §§  160 ff. BGB nur eingeschränkt über seine Anteile verfügen kann.150 Zwar entstehen die Einschränkungen des §  160 Abs.  1 BGB (Schadensersatz) und des §  161 Abs.  1 BGB (Unwirksamkeit von Verfügungen) erst im Fall des Bedingungseintritts, also nach dem Tode des Gesellschafter-Erblassers. Sein Verfügungsspielraum ist dennoch zu dessen Lebzeiten bereits eingeschränkt, soweit er die Folgen seiner 143 

Vgl. Ivo, ZEV 2006, 252, 255. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  453; Langner/Heydel, ­GmbHR 2006, 291, 293. 145  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  460; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  33. 146  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  462. 147  Vorbehaltlich möglicher Vinkulierungen (vgl. §  15 Abs.  5 GmbHG). 148  Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  24. 149  Vgl. Langner/Heydel, GmbHR 2005, 377, 378. 150  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  451; Langner/Heydel, ­GmbHR 2006, 291, 292. 144 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

Verfügung über seinen Tod hinaus berücksichtigt. Insoweit handelt es sich um eine Einbuße an Flexibilität, die die Beteiligten von einer solchen Gestaltung in der Regel Abstand nehmen lässt.151 Als Abtretungslösung bietet sich mehr eine satzungsmäßige Abtretungsverpflichtung der Erben an. bb) Abtretungsverpflichtung der Erben In einer solchen Abtretungsklausel wird der Erbe dazu verpflichtet, den Geschäftsanteil an die begünstigte Person abzutreten.152 Diese Verpflichtung ist eine gesellschaftsvertragliche Nebenleistungspflicht im Sinne des §  3 Abs.  2 ­GmbHG.153 Der Geschäftsanteil geht von vornherein mit dem Inhalt über, den der Gesellschaftsvertrag vorschreibt – im Fall einer statutarischen Abtretungsklausel also inklusive der entsprechenden Abtretungsverpflichtung.154 Anders als bei einer todesbedingten Abtretung ist eine Satzungsregelung zur Abtretungsverpflichtung des Erben folglich zwingend. Freilich handelt es sich bei einer statutarischen Abtretungsverpflichtung des Erben um keinen Automatismus. Die Erfüllung des Abtretungsanspruchs muss gegenüber dem Erben verlangt werden. Im Grundsatz ist als Vertragspartei nur die GmbH berechtigt, den Anspruch zugunsten des Begünstigten geltend zu machen (sog. unechter Vertrag zugunsten Dritter).155 Ist ein Begünstigter konkret benannt, kann die Klausel in der Regel dahingehend ausgelegt werden, dass der Begünstigte selbst Erfüllung verlangen kann (sog. echter Vertrag zugunsten Dritter).156 Der Begünstigte entscheidet in diesem Fall selbst, ob und wann er in die Gesellschafterposition des Erblassers nachfolgt. Eine solche Abtretungsklausel ist in ihrer Rechtsfolge also einer Eintrittsklausel in der personengesellschaftsrechtlichen Nachfolge ähnlich. 2. Aktiengesellschaft a) Gemeinsamkeiten mit der GmbH Die Nachfolge von Todes wegen in die Aktien einer Aktiengesellschaft (AG) weist Ähnlichkeiten zur GmbH auf. Zwar ist die freie Vererblichkeit von Aktien 151 

Ibid. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  452; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  25. 153  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  452; Henssler/Strohn-Verse, §  15 GmbHG Rn.  27. 154  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  452. 155  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  452; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  27; Langner/Heydel, GmbHR 2006, 291, 293. 156  Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  27. 152 

B. Gesellschaftsrechtliche Instrumente

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einer AG nicht ausdrücklich angeordnet, sie wird im AktG aber vorausgesetzt.157 In der freien Vererblichkeit zeigt sich eine wesentliche Gemeinsamkeit von AG und GmbH: Sie bleiben als Kapitalgesellschaften unabhängig von todesbedingten Veränderungen des Gesellschafterkreises bestehen, und ihre Gesellschafter sind austauschbar. Frei vererblich sind Inhaber-, aber auch Namensaktien an ­einer AG, da die Eintragungspflicht von Namensaktien ins Aktienregister (§  67 Abs.  2 AktG) lediglich für ihren rechtsgeschäftlichen, nicht aber erbrechtlichen Erwerb gilt.158 Die Satzung kann die freie Vererblichkeit der Anteile nicht einschränken.159 Wie die Geschäftsanteile an einer GmbH fallen die Aktien in den Nachlass und werden bei Erbenmehrheit von den Erben zur gesamten Hand erworben (§  2032 Abs.  1 BGB).160 b) Unterschiede zur GmbH Aus dem AktG ergeben sich freilich Besonderheiten gegenüber dem GmbHG, die in der Gesellschafternachfolge zu berücksichtigen sind. aa) Aktienrechtliche Satzungsstrenge Dem aktienrechtlichen Prinzip der formellen Satzungsstrenge (vgl. §  23 Abs.  5 AktG) zufolge kann die Satzung einer AG von den Vorschriften des AktG nur abweichen, soweit das Gesetz eine solche Abweichung ausdrücklich zulässt.161 Eine vergleichbare Einschränkung der Satzungsautonomie kennt das GmbHG nicht.162 Nur vereinzelte zwingende Vorschriften des GmbHG können die Gesellschafter in ihrer Gestaltungsfreiheit einschränken.163 Die aktienrechtliche Satzungsstrenge schränkt die Möglichkeiten gesellschaftsrechtlicher Nachfolgesteuerung ein. Während die Einziehung der Aktien im Todesfall des Aktionärs in der Satzung aktienrechtlich erlaubt ist (§  237 Abs.  1 AktG) und per Vorstandsentscheidung erfolgt (§  237 Abs.  6 AktG), sieht das AktG keine Möglichkeit vor, eine Abtretungsklausel zu vereinbaren.164 Anders als im Fall einer GmbH kann die Satzung einer AG also keinen Aktionär 157 

Vgl. Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 387. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  204 f. 159  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  205. 160  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261. 161  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  205. 162  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261. 163  Ibid. 164  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  264. 158 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

verpflichten, seine Anteile unter bestimmten Voraussetzungen an einen Dritten zu übertragen.165 War eine solche Abtretung in der GmbH-Satzung als Nebenverpflichtung gemäß §  3 Abs.  2 GmbHG noch zulässig, verbietet das AktG die Begründung solcher selbständigen Nebenpflichten in der Satzung einer AG (vgl. §§  54 Abs.  1, 55 Abs.  1 AktG).166 Außerhalb der Satzung einer AG bleiben Verfügungen möglich. So kommt eine durch den Todesfall bedingte Abtretung zwischen Erblasser und Begünstigtem weiterhin als Nachfolgeinstrument infrage. bb) Kapitalherabsetzung statt Kapitalerhaltung Im Gegensatz zur Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils, bei der das Stammkapital erhalten bleiben muss (§§  34 Abs.  3, 30 Abs.  1 GmbHG), führt die Einziehung von Aktien zu einer gesetzlich zulässigen Kapitalherabsetzung (§§  237– 239 AktG).167 Ein aktienrechtliches Pendant zu §  5 Abs.  3 S.  2 GmbHG, nach dem die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile mit dem Stammkapital übereinstimmen muss, gibt es nicht. Die Aktionäre haben also den aus der Vernichtung der eingezogenen Aktie folgenden Verlust an Stammkapital in keinem Fall auszugleichen. Allerdings kann eine Einziehungsklausel nur ausschließen, dass unerwünschte Nachfolger Aktieninhaber werden. Dass jemand Erwünschtes zum Nachfolger und dauerhaften Aktieninhaber wird, kann die Einziehungsklausel nicht bewirken. Denn die Aktie ist vernichtet, nachdem sie dem unerwünschten Erben und Nachfolger entzogen wurde, und deshalb einer weiteren Übertragung nicht mehr fähig.168 Eine statutarische Nachfolgeregelung ist in einer AG deshalb wenig flexibel und empfiehlt sich in der Regel nicht. Der Schwerpunkt der Nachfolgesteuerung liegt auf den erbrechtlichen Instrumenten.169 cc) Erbengemeinschaft Kommt es zur Nachfolge mehrerer Erben, fallen zwar auch bei der AG die Anteile des Erblassers in das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Erbengemeinschaft (§  2032 Abs.  1 BGB).170 Um ihre Rechte aus den Aktien bis zur Aus165  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  264; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  205. 166  Vgl. MüKo-AktG-Bungeroth, §  54 AktG Rn.  28; Spindler/Stilz-Cahn/Schild von Spannenberg, §  54 AktG Rn.  25; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  265; Reimann, ZEV 2014, 521, 521. 167  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  264. 168  Ibid. 169  Vgl. auch Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  265. 170  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  261; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  204 f.

C. Erbrechtliche Instrumente

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einandersetzung geltend zu machen, müssen die Miterben allerdings gemäß §  69 Abs.  1 AktG einen gemeinschaftlichen Vertreter bestimmen, während §  18 Abs.  1 GmbHG die gemeinschaftliche Ausübung der Gesellschafterrechte seitens der Miterben vorschreibt. Zum Schutze der AG soll der gemeinsame Vertreter die Willensbildung erleichtern.171 Sowohl §  69 Abs.  1 AktG als auch §  18 Abs.  1 GmbHG betreffen nur das Rechtsverhältnis der Erbengemeinschaft zur jeweiligen Gesellschaft.172 Rechtsfragen innerhalb der Erbengemeinschaft entscheiden aber die erbrechtlichen Vorschriften der §§  2038 ff. BGB.173 So ist die Bestellung eines Vertreters eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne des §  2038 BGB174 und erfordert daher gemäß §§  2038 Abs.  2 S.  1, 745 Abs.  1 S.  1 BGB einen Beschluss der Miterben mit einfacher Stimmenmehrheit.175 Erfolgt nun die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§  2042 Abs.  2, 750–758 BGB), können die einzelnen ererbten Aktien nicht geteilt (§  8 Abs.  5 AktG) und den Miterben zugeordnet werden. Es bietet sich in der Auseinandersetzung aber an, die unteilbare Aktie gegen Abfindung auf einen einzelnen Miterben zu übertragen.176

C. Erbrechtliche Instrumente Allein auf gesellschaftsrechtlichem Wege ist die Gesellschafternachfolge von Todes wegen in der Regel nicht zu bewerkstelligen. Häufig gelingt die Nachfolge nur mit der zusätzlichen Hilfe erbrechtlicher Nachfolgeinstrumente. Anders als im Gesellschaftsrecht ist der Gesellschafter-Erblasser auf Seiten der erbrechtlichen Nachfolgesteuerung an die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten des Erbrechts gebunden (sog. Typenzwang).177 Innerhalb dieser Möglichkeiten, häufig unter dem Begriff der Verfügung von Todes wegen zusammengefasst178, ist zwischen den Anordnungen des Erblassers und ihren Errichtungsformen, dem Testament und dem Erbvertrag, zu unterscheiden.179 171 

MüKo-AktG-Bayer, §  69 AktG Rn.  2. Zu §  18 Abs.  1 GmbHG: Göz, NZG 2004, 345, 346. 173  Ibid. 174  Henssler/Strohn-K. W. Lange, §  69 AktG Rn.  4; BayObLG, AG 1968, 330, 331. 175  BayObLG, AG 1968, 330, 331. 176  Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  205. 177  MüKo-BGB-Leipold, §  1937 BGB Rn.  10; Olzen, Erbrecht (2013), S.  71. 178  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  22; Olzen, Erbrecht (2013), S.  71. 179  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  22; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  341; Olzen, Erbrecht (2013), S.  71. 172 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

I. Anordnungen des Erblassers Als Anordnungen des Erblassers kommen insbesondere die Erbeinsetzung, das Vermächtnis, die Vor- und Nacherbschaft sowie die Teilungsanordnung in Betracht, um die Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu steuern. 1. Erbeinsetzung Um die Bedeutung der Erbeinsetzung als Nachfolgeinstrument einordnen zu können, muss man zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unterscheiden. Während die Nachfolge im Personengesellschaftsrecht sowohl eine gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung als auch eine korrespondierende Erbenstellung im Grundsatz voraussetzt, genügt zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen im Kapitalgesellschaftsrecht allein die Erbenstellung. a) Personengesellschaften aa) Grundsatz: Koordination von Nachfolgeklauseln und Erbeinsetzung Zur erfolgreichen Vererbung eines Personengesellschaftsanteils bedarf es im Grundsatz zweier Voraussetzungen: der gesellschaftsvertraglich oder gesetzlich bestimmten180 Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils einerseits und der Erbenstellung des Nachfolgers andererseits.181 Die Erbenstellung bestimmt sich entweder nach der gesetzlichen Erbfolge oder, sofern der Erblasser seinen letzten Willen abweichend von der gesetzlichen Erbfolge verfügt hat, nach der testamentarischen oder erbvertraglichen Erbeinsetzung (§  1937 BGB).182 Dabei muss die verfügte Erbeinsetzung mit dem Gesellschaftsvertrag abgestimmt sein.183 Denn der Gesellschaftsvertrag kann, wie bereits ausgeführt, die Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils ausschließen und somit jede Erbeinsetzung zum Zwecke der Gesellschafternachfolge scheitern lassen.184 Je nach Nachfolgeklausel bestimmt sich, ob der Schwerpunkt der Nachfolgegestaltung auf der erbrechtlichen Erbeinsetzung oder der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel liegt. Eine einfache Nachfolgeklausel überlässt der Erbeinsetzung den größtmöglichen Gestaltungsspielraum: Jeder Erbe wird zum

180 

Vgl. §  177 HGB. Vgl. MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  28 f. und Rn.  42; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 382, 384 f. 182  Statt aller: MüKo-BGB-Leipold, §  1922 BGB Rn.  116. 183  BGH, 10.2.1977, BGHZ 68, 225, 235; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  185. 184  BGH, 29.9.1977, NJW 1978, 264, 265; Reimann, ZEV 2014, 521; Ivo, ZEV 2006, 302, 305. 181 

C. Erbrechtliche Instrumente

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Gesellschafternachfolger bestimmt.185 Im Ergebnis entscheidet der Erblasser mit seiner Erbeinsetzung, wer ihm in die Gesellschafterposition nachfolgt.186 Liegt eine qualifizierte Nachfolgeklausel vor, so muss dessen Begünstigter zugleich zum Erben bestimmt sein.187 Je präziser die qualifizierte Nachfolgeklausel den künftigen Nachfolger bestimmt, desto weniger Gestaltungsspielraum verbleibt dem Gesellschafter-Erblasser auf Seiten der Erbeinsetzung. bb) Ausnahmen: Fortsetzungsklauseln, rechtsgeschäftliche Nachfolgeklauseln und Eintrittsklauseln Keinen Raum für eine Nachfolgegestaltung kraft Erbeinsetzung bietet sich im Fall einer Fortsetzungsklausel, da die Personengesellschaft in diesem Fall gerade ohne die Erben des Gesellschafter-Erblassers fortgesetzt wird.188 Im Fall rechtsgeschäftlicher Nachfolgeklauseln und Eintrittsklauseln ist die Koordination mit der Erbeinsetzung nicht nötig, da die Übertragung nicht kraft Erbrechts, sondern mittels Rechtsgeschäft stattfindet und daher Erbpositionen im Übertragungsakt keine Rolle spielen.189 Allerdings verbleibt es dem Erblasser per Erbeinsetzung in allen drei Ausnahmefällen zu bestimmen, wem der in den Nachlass fallende Abfindungsanspruch zusteht.190 b) Kapitalgesellschaften Geschäftsanteile (GmbH) und Aktien (AG) sind zwingend vererblich. Mittels Erbeinsetzung kann der Gesellschafter-Erblasser also frei über seine Anteile verfügen.191 Anders als im Fall einer personengesellschaftsrechtlichen Nachfolge erfolgt die kapitalgesellschaftsrechtliche Nachfolgegestaltung von Todes wegen nur auf erbrechtlichem Wege, indem der Gesellschafter-Erblasser den gewünschten Nachfolger als Erben einsetzt. Da der Gesellschafter-Erblasser in der Vererbung seines Anteils keinen satzungsrechtlichen Einschränkungen unterliegen darf – die Vererblichkeit des Anteils ist zwingend192 –, ist es im Unterschied zur Personengesellschaft rechtlich nicht notwendig, die Erbeinsetzung mit satzungs185 

Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 383; Ivo, ZEV 2006, 302, 305. Vgl. Flesner, DB 2011, 2362, 2365; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 383; Ivo, ZEV 2006, 302, 305. 187  Flesner, DB 2011, 2362, 2365; Ivens, ZEV 2010, 615, 616; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 385; Ivo, ZEV 2006, 302, 306. 188  Vgl. Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 384; Ivo, ZEV 2006, 302, 305. 189  Vgl. Flesner, DB 2011, 2362, 2365; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 384. 190  Vgl. Flesner, DB 2011, 2362, 2365; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 384; Ivo, ZEV 2006, 302, 305 f. 191  Vgl. Ivo, ZEV 2006, 252, 255. 192  Dazu bereits S. 74  f. sowie S. 78. 186 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

rechtlichen Nachfolgeregelungen (Abtretungs- oder Einziehungsklauseln) abzustimmen. Die Nachfolge gelingt allein kraft Erbrechts. Gleichwohl empfiehlt sich eine solche Abstimmung:193 Mit der Erbeinsetzung des in einer Abtretungsklausel Begünstigten erübrigt sich die Abtretung des Erben an den Begünstigten, da Erbe und Begünstigter in diesem Fall identisch sind.194 So kann der Nachfolger sogleich nach dem Erbfall seine Gesellschafterrechte wahrnehmen, ohne dass Zeit zwischen Erbfall und späterer Abtretung des Erben verloren geht. Satzungsrechtliche Nachfolgeregelungen bieten sich daher vor allem als Vorsichtsmaßnahmen für den Fall an, dass die Nachfolge nicht bereits über die Erbeinsetzung geregelt ist. 2. Vor- und Nacherbschaft a) Bedeutung der Vor- und Nacherbschaft für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen Erhalten die Erben des Gesellschafter-Erblassers den Gesellschaftsanteil kraft Erbeinsetzung, so können sie über den erworbenen Anteil frei verfügen. Aus der Perspektive des Gesellschafter-Erblassers und der Gesellschaft selbst mag es jedoch wünschenswert sein, die Gesellschaftsanteile über den Tod des Gesellschafter-Erblassers hinaus sicher im bestehenden Gesellschafterkreis zu halten und die freie Verfügungsmacht der Erben einzuschränken, um eine Anteilsübertragung an Dritte zu unterbinden.195 Diesem Zweck dient das Institut der Vorund Nacherbschaft (§§  2100–2146 BGB).196 aa) Vermögensperpetuierung und Verhaltenssteuerung In der Vor- und Nacherbschaft beruft der Gesellschafter-Erblasser bestimmte Personen nicht nebeneinander (Miterben), sondern nacheinander zu Erben seines Vermögens (vgl. §  2100 BGB).197 Der Vorerbe rückt zwar als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers (§  1922 BGB) in dessen Rechte und Pflichten ein. Angesichts seiner Verfügungsbeschränkungen (§§  2113 ff. BGB) stehen ihm bis zum Eintritt des Nacherbenfalles (vgl. §  2139 BGB) vor allem die Nutzungen des Nachlasses zu (vgl. §  2111 Abs.  1 S.  1 BGB)198 – im Fall eines Gesellschaftsan193 

Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 387; zur GmbH: Flesner, DB 2011, 2362, 2365; Ivo, ZEV 2006, 252, 255. 194  Vgl. Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 387. 195  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  33 („unternehmerisches Vermögen perpetuiert“); Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  573. 196  Vgl. Olzen, Erbrecht (2013), S.  108; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  572. 197  Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  572. 198  MüKo-BGB-Grunsky, §  2100 BGB Rn.  3; Olzen, Erbrecht (2013), S.  108.

C. Erbrechtliche Instrumente

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teils also vor allem der entsprechende Gewinnanteil (Personengesellschaften) oder die Dividende (Kapitalgesellschaften).199 Seine Rechtsposition hat insoweit nießbrauchähnlichen Charakter.200 Mit Eintritt des Nacherbenfalles beerbt sodann der Nacherbe nicht den Vorerben, sondern den Erblasser.201 Der Nacherbe unterliegt keinen Verfügungsbeschränkungen und ist gerade in Abgrenzung zum Vorerben als der „eigentliche“202 Erbe anzusehen. Weil der Erblasser frei darin ist, das Ereignis des Nacherbenfalles zu bestimmen, kann er Verhaltensanreize für seine Vor- und Nacherben schaffen:203 Legt er zum Beispiel die Wiederverheiratung des Ehegatten als Nacherbenfall fest und beruft den Ehegatten zum Vorerben, so vermag sich der überlebende Ehegatte nur wiederzuverheiraten, wenn er den Verlust seiner Vorerbenstellung in Kauf nimmt.204 Umgekehrt kann für den Nacherben die Aussicht auf den Nachlass ein Anreiz sein, die mit dem Nacherbfall verbundene Bedingung – im Fall der Gesellschafternachfolge zum Beispiel ein bestimmtes abgeschlossenes Studium oder ein gewisses Maß an Berufserfahrung in einer bestimmten Branche – zu erfüllen.205 Neben dem Vorteil der Vermögensperpetuierung bietet das Institut der Vor- und Nacherbschaft demnach Möglichkeiten für den Gesellschafter-Erblasser, das Verhalten seiner Erben über seinen Tod hinaus zu steuern. bb) Rechtsstellung des Vorerben Allerdings sind mit der Rechtsstellung des Vorerben in der Gesellschaft Nachteile verbunden, die zu einer zurückhaltenden Anwendung der Vor- und Nacherbschaft in der Gesellschafternachfolge mahnen lassen206 und für Personen- und Kapitalgesellschaften gleichermaßen gelten.207 Der Vorerbe tritt zwar bis zum Eintritt des Nacherbfalles als Vollerbe und Gesellschafternachfolger des Gesellschafter-Erblassers in all dessen Rechte und Pflichten ein.208 Im Grundsatz ist der Vorerbe sogar frei verfügungsbefugt (§  2112 199 

Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  36. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  474; Crezelius, Unterneh­ mens­erbrecht (2009), S.  34. 201  MüKo-BGB-Grunsky, §  2100 Rn.  1; Olzen, Erbrecht (2013), S.  108. 202  MüKo-BGB-Grunsky, §  2100 Rn.  3. 203  Olzen, Erbrecht (2013), S.  108; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  572. 204  Beispiel nach Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  572. 205  Vgl. Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  572. 206  Vgl. Ivo, ZEV 2006, 252, 256 („nur in Ausnahmefällen“); ablehnend aus Transparenzgründen: Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 379 f. m. w. N. 207  Vgl. Ivo, ZEV 2006, 302, 306 (zum Kommanditanteil); Ivo, ZEV 2006, 252, 256 (zur GmbH). 208  Zur GmbH: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  473; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  43. 200 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

BGB). Allerdings ist im Zusammenhang mit der Gesellschafternachfolge von Todes wegen insbesondere die Einschränkung des §  2113 Abs.  2 BGB zu beachten, nach dem unentgeltliche Verfügungen des Vorerben über den Erbschaftsgegenstand insoweit unwirksam sind, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würden.209 So können nicht nur Veräußerungen des Gesellschaftsanteils210, sondern auch Änderungen des Gesellschaftsvertrags211 oder ein freiwilliges Ausscheiden des Vorerben aus der Gesellschaft212 unter den Begriff der unentgeltlichen Verfügung des §  2113 Abs.  2 BGB fallen. Kommt es zum Nacherbfall, sind diese Verfügungen des Vorerben absolut, also gegenüber jedermann unwirksam213 und können daher erhebliche Abwicklungsschwierigkeiten nach sich ziehen. Darüber hinaus ist der Vorerbe nur „Gesellschafter auf Zeit“214. Er profitiert also nur bis zum Eintritt des Nacherbenfalles von der Wertentwicklung seines Gesellschaftsanteils. Daher mag sich im Einzelfall seine Einsatzbereitschaft zum langfristigen Wohle der Gesellschaft in Grenzen halten.215 b) Besonderheiten in der Koordination von Nachfolgeklauseln und Vor- und Nacherbschaft Sollte sich der Gesellschafter-Erblasser dennoch zur Einsetzung von Vor- und Nacherben entscheiden, sind die dargelegten Grundsätze zur Abstimmung gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeregelungen und Erbeinsetzungen gleichermaßen zu beachten – freilich mit der Besonderheit, dass die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung sowohl den Vorerben als auch den Nacherben als eingesetzte Erben berücksichtigen sollte.216 Im Fall einer Fortsetzungsklausel (Fortsetzung ohne Erben) unterliegt nur der Abfindungsanspruch der Vor- und Nacherbschaft.217 Ist eine einfache Nachfolgeklausel vereinbart (Fortsetzung mit allen Erben), so unterfallen dem Begriff der Erben sowohl der Vor- als auch der 209 

Zur GmbH: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  475; Ivo, ZEV 2006, 252, 256. 210  Zum Kommanditanteil: BGH, 25.5.1977, BGHZ 69, 47, 49. 211  MüKo-BGB-Grunsky, §  2113 BGB Rn.  27; zur KG: BGH, 6.10.1980, BGHZ 78, 177, 181 ff. 212  Zur Personengesellschaft: BGH, 26.10.1983, NJW 1984, 362; MüKo-BGB-Grunsky, §  2113 BGB Rn.  28; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  36. 213  BGH, 14.7.1969, BGHZ 52, 269, 270; MüKo-BGB-Grunsky, §  2113 BGB Rn.  10; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  585. 214  Ivo, ZEV 2006, 252, 256. 215  Ibid. 216  Vgl. MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  474. 217  MüKo-BGB-Grunsky, §  2112 BGB Rn.  6; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  36.

C. Erbrechtliche Instrumente

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Nacherbe.218 Handelt es sich um eine qualifizierte Nachfolgeklausel (Fortsetzung mit bestimmten Erben), so müssen deren Voraussetzungen seitens des Vorerben zum Zeitpunkt des Erbfalles und seitens des Nacherben zum Zeitpunkt des Nacherbfalles erfüllt sein.219 Gesellschaftsvertragliche Änderungen zwischen Erb- und Nacherbfall können sich also auf die Frage auswirken, ob der Nacherbe den Kriterien der qualifizierten Nachfolgeklausel entspricht. Die den Erblasser überlebenden Gesellschafter haben es somit gesellschaftsvertraglich in der Hand, ob sie dem Nacherben den Zugang zum Gesellschafterkreis ermöglichen oder verwehren.220 3. Teilungsanordnung und Vermächtnis a) Bedeutung von Teilungsanordnung und Vermächtnis für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen Dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. §  1922 BGB) folgend kann im Rahmen von Erbeinsetzung sowie Vor- und Nacherbschaft grundsätzlich nur der gesamte Nachlass zugewendet werden.221 Mit Hilfe eines Vermächtnisses (§  1939 BGB) oder einer Teilungsanordnung (§  2048 BGB) ist jedoch die spätere Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände möglich.222 Auf diese Weise kann der Gesellschaftsanteil einer Person oder Personengruppe zugewiesen werden, ohne dass späterer Streit über den Erblasserwillen und die entsprechende Nachlassverteilung innerhalb der Erbengemeinschaft die Geschicke der Gesellschaft lähmt.223 Freilich bietet im Personengesellschaftsrecht bereits die qualifizierte Nachfolgeklausel die Möglichkeit, einen Personengesellschaftsanteil einer bestimmten Person oder Personengruppe zuzuordnen. Einer Teilungsanordnung oder eines Vermächtnisses bedarf es zur spezifischen Zuordnung des Anteils insofern nicht mehr. Der Gestaltungsvorteil von Teilungsanordnung und Vermächtnis ist deshalb vor allem bei der Vererbung von Kapitalgesellschaftsanteilen von Bedeutung. Denn Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind frei vererblich und daher keiner Sondererbfolge wie im Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel zugänglich. Kann oder soll bis zum Erbfall kein Nachfolger feststehen, so bieten sich 218  BGH, 25.5.1977, BGHZ 69, 47, 49; MüKo-BGB-Grunsky, §  2112 BGB Rn.  7; Creze­ lius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  36. 219  BGH, 6.10.1980, BGHZ 78, 177, 181; MüKo-BGB-Grunsky, §  2112 BGB Rn.  7; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  36. 220  MüKo-BGB-Grunsky, §  2112 BGB Rn.  7; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  36. 221  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  39. 222  Zur Teilungsanordnung: Staudinger-BGB-Löhnig, §  2048 BGB Rn.  1 sowie MüKoBGB-Ann, §  2048 BGB Rn.  1; zum Vermächtnis: MüKo-BGB-Leipold, §  1939 BGB Rn.  8. 223  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  40 („konfliktvermeidende Strategie“).

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

die Teilungsanordnung und das Vermächtnis an, um die Bestimmung des Nachfolgers an einen Dritten zu delegieren (vgl. §  2048 S.  2 BGB und §  2151 Abs.  1 BGB).224 Allerdings ist zu bedenken, dass im Unterschied zur Erbeinsetzung und zur Vor- und Nacherbschaft kein Erwerb ipso iure gemäß §  1922 BGB und keine dingliche Zuordnung der Nachlassgegenstände stattfindet. Nach dem Erbfall ist der Anteil vielmehr rechtsgeschäftlich an die jeweiligen Begünstigten zu übertragen.225 Wie lange die Zeitspanne zwischen Erbfall und Übertragung an den Begünstigten ist, hängt vom rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten ab und entzieht sich der Gestaltungsmacht des Erblassers.226 Im Personengesellschaftsrecht kommt erschwerend hinzu, dass die Übertragung eines Anteils grundsätzlich der Zustimmung aller Mitgesellschafter bedarf227, die die rechtsgeschäftliche Willensbildung zur Anteilsübertragung verlangsamen und sogar verhindern kann.228 Bei Kapitalgesellschaften freilich können ebenso Zustimmungspflichten in Form von Vinkulierungsklauseln vorkommen und zu gleichen Folgen führen (vgl. §  15 Abs.  5 GmbHG).229 b) Teilungsanordnung Mit Hilfe einer Teilungsanordnung kann ein einzelner Vermögensgegenstand an einen der Miterben zugewandt werden.230 Der systematischen Stellung des §  2048 BGB nach (Untertitel 1: Rechtsverhältnis der Erben untereinander) ist eine Teilungsanordnung nur gegenüber Miterben möglich. Grundsätzlich erfolgt sie gemäß der Erbquoten.231 Erhält ein Miterbe laut Teilungsanordnung mehr, als ihm nach seiner Erbquote zustünde, so ist in Auslegung der Verfügung von Todes wegen zu entscheiden, ob die Erbquoten an die Quoten laut Teilungsanordnung 224 

Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 379. Zur Teilungsanordnung: OLG Düsseldorf, 23.1.1987, ZIP 1987, 227, 230; Staudinger-BGB-Löhnig, §  2048 BGB Rn.  1; zum Vermächtnis: vgl. MüKo-BGB-Leipold, §  1939 BGB Rn.  4; Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  40; zu beidem: Ebenroth, Erbrecht (1992), S.  599. 226  Zur Teilungsanordnung: vgl. MüKo-BGB-Ann, §  2042 BGB Rn.  21; zum Vermächtnis: vgl. MüKo-BGB-Leipold, §  1939 BGB Rn.  4. 227  BGH, 29.6.1981, BGHZ 81, 82, 84; Henssler/Strohn-Kilian, §  719 BGB Rn.  13; MüKo-­ BGB-Schäfer, §  719 BGB Rn.  27. 228  Vgl. Ivens, ZEV 2010, 615, 617; vgl. zum Kommanditanteil: Reymann, ZEV 2006, 307, 308. 229  Zur GmbH: MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  358; Michalski-­ Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  130; zur AG (Vinkulierung nur bei Namensaktien zulässig): MüKo-­ AktG-Bayer, §  68 AktG Rn.  34. 230  Vgl. Staudinger-BGB-Löhnig, §  2048 BGB Rn.  1. 231  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  39; Flesner, DB 2011, 2362, 2365. 225 

C. Erbrechtliche Instrumente

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anzupassen sind oder die Wertdifferenz dem begünstigten Miterben per Vorausvermächtnis (§  2150 BGB) zugedacht ist.232 Beachtenswert und vom Gesellschafter-Erblasser zu berücksichtigen ist die Möglichkeit, dass die Teilungsanordnung bei einverständlichem Miterbenhandeln geändert und sein verfügter letzter Wille somit unterlaufen werden kann.233 Er kann seine Teilungsanordnung aber absichern, indem er einen Testamentsvollstrecker einsetzt.234 Die Teilungsanordnung hat demnach einen schmalen Anwendungsbereich: Da die gegenständliche Aufteilung des Nachlasses nur unter den Miterben erfolgen kann, können Dritte nicht bedacht werden. Die Bedeutung der Teilungsanordnung wird zudem dadurch geschmälert, dass sie das Bestehen einer Erbengemeinschaft voraussetzt, die es hinsichtlich eines Personengesellschaftsanteils gerade nicht gibt.235 Sie kommt folglich nur im Kapitalgesellschaftsrecht als Nachfolgeinstrument infrage. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Teilungsanordnung an die Erbquoten gebunden ist. Da unternehmerisches Vermögen in seiner Wertentwicklung volatil ist236, können Wertveränderungen zwischen Verfügung von Todes wegen und Erbfall dazu führen, dass die Aufteilung der Nachlassgegenstände inklusive des Gesellschaftsanteils nicht mehr den jeweiligen Erbquoten entspricht und schwierige Auslegungsfragen aufwirft.237 c) Vermächtnis Anders als die Teilungsanordnung, die den Willen des Gesellschafter-Erblassers ausschließlich in der Erbauseinandersetzung umzusetzen vermag, kann das Vermächtnis vielseitig eingesetzt werden: Der Gesellschafter-Erblasser kann auch Nichterben bedenken und ist nicht an Erbquoten gebunden.238 Alternativ zu einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmung kann er den Eintrittsberechtigten im Fall einer Eintrittsklausel über ein Vermächtnis bestimmen239 oder die Auswahl des Gesellschafternachfolgers per Vermächtnis auf Dritte übertragen (vgl. §  2151 Abs.  1 BGB).240

232 

Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  41. MüKo-BGB-Ann, §  2042 BGB Rn.  21; Burandt/Rojahn-Flechtner, §  2042 BGB Rn.  15. 234  MüKo-BGB-Ann, §  2042 BGB Rn.  30; Burandt/Rojahn-Flechtner, §  2042 BGB Rn.  45. 235  Dazu bereits S. 11  ff. 236  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  40, 42. 237  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  40. 238  Vgl. MüKo-BGB-Leipold, §  1939 BGB Rn.  2; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  623; Reymann, ZEV 2006, 307. 239  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1347; Ivo, ZEV 2006, 302, 305. 240  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  41; vgl. auch MüKo-BGB-Leipold, §  2065 BGB Rn.  3. 233 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

Der Vermächtnisnehmer erhält einen Anspruch gegen den beschwerten Erben auf Leistung des Vermächtnisgegenstands (§  2174 BGB), im Fall der Gesellschafternachfolge also auf Übertragung des Gesellschaftsanteils. Zwar ist in diesem Fall nicht mehr der Gesellschaftsvertrag, sondern das Vermächtnis die Grundlage der Nachfolgeregelung. Wichtig bleibt dennoch die Abstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft. Denn der Erbe eines Personengesellschafters muss im Gesellschaftsvertrag zum Nachfolger bestimmt sein, auch wenn er den Gesellschaftsanteil nur vorübergehend erhält und später an den Vermächtnisnehmer übertragen muss.241 II. Errichtungsformen Um die dargelegten Anordnungen umzusetzen, stehen dem Gesellschafter-Erblasser das Testament (§§  2064–2272 BGB) und der Erbvertrag (§§  2274–2302 BGB) zur Verfügung. Zwar sind auch in der Form des gemeinschaftlichen Testaments (§§  2265–2272 BGB) Anordnungen möglich. Von dessen Besonderheit abgesehen, die Verfügungen von Ehegatten voneinander abhängig machen zu können (sog. Wechselbezüglichkeit)242, hält das gemeinschaftliche Testament allerdings keine über das Testament hinausgehenden Gestaltungsmöglichkeiten für den Gesellschafter-Erblasser bereit und ist in Anbetracht der dauerhaft bindenden wechselbezüglichen Verfügung in der Gesellschafternachfolge wenig flexibel und praktikabel.243 1. Testament Eine Verfügung kraft Testaments ist jederzeit und ohne Angaben von Gründen widerruflich (§  2253 BGB). In der freien Widerruflichkeit ist der Grundsatz der Testierfreiheit verwirklicht.244 Für den Gesellschafter-Erblasser ist die damit verbundene Flexibilität seiner testamentarischen Anordnung reizvoll. Denn in der Nachfolgeplanung des Unternehmers sind viele Entscheidungsfaktoren volatil und verlangen nach Anpassungen der testamentarischen Anordnung.245 So kann sich der ursprünglich erkorene Gesellschafternachfolger als nicht qualifiziert genug herausstellen oder der Wert des Unternehmens Schwankungen ausgesetzt sein. Verändert sich der Unternehmenswert nach Abfassung des Testaments, so ist diese Veränderung in der testamentarischen wertmäßigen Nachlassverteilung 241 

Ivens, ZEV 2010, 615, 617; vgl. zum Kommanditanteil: Ivo, ZEV 2006, 302, 306; Reymann, ZEV 2006, 307, 308. 242  Dazu Michalski, Erbrecht (2006), S.  82; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  449. 243  Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 380. 244  NK-BGB-Beck/Kroiß, §  2253 BGB Rn.  1; MüKo-BGB-Hagena, §  2253 BGB Rn.  1. 245  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  21.

C. Erbrechtliche Instrumente

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zu berücksichtigen. Entscheidet sich der Gesellschafter-Erblasser infolgedessen zu einer testamentarischen Anpassung, hat er freilich die Vorschriften des Widerrufs (§§  2253–2258 BGB) zu beachten. Aus der Perspektive des designierten Nachfolgers ist die freie Widerruflichkeit des Testaments jedoch misslich. Seine Lebens- und Berufsplanung ist mitunter auf die in Aussicht gestellte Gesellschafterposition ausgerichtet und verlangt nach einer möglichst bindenden Nachfolgeregelung.246 Vor allem bei der Vererbung von Personengesellschaftsanteilen gilt diese Interessenlage, da die spätere Gesellschafterposition mit unternehmerischer Verantwortung (vgl. §§  114 ff., 125 ff. HGB) verbunden ist und eine fachliche Vorbereitung zum Beispiel in der Form eines Studiums voraussetzen kann. Bei der Vererbung von Kapitalgesellschaftsanteilen ist das Interesse an einer bindenden Nachfolgeregelung geringer, sofern die Anteile mehr der Anlage als der unternehmerischen Beteiligung dienen. Unsicherheit besteht für den designierten Nachfolger ferner, als eine Verfügung von Todes wegen – unabhängig davon, ob Testament oder Erbvertrag (vgl. §  2286 BGB) – die Verfügungsmöglichkeiten des Erblassers zu seinen Lebzeiten unberührt lässt, so dass der Erblasser den Gesellschaftsanteil zu Lebzeiten jederzeit an Dritte veräußern kann.247 Im Unterschied zum Erbvertrag allerdings erhält der Nachfolger in solch einem Fall keinen Ausgleichsanspruch. 2. Erbvertrag Die seitens des designierten Nachfolgers erwünschte Bindungswirkung lässt sich mit Hilfe eines Erbvertrages erzielen. Denn erbvertragliche Verfügungen, die in §  2278 Abs.  2 BGB abschließend aufgezählt sind, können nicht einseitig geändert werden.248 Die grundsätzliche Bindung der Beteiligten folgt aus der Rechtsnatur des Erbvertrags: Es handelt sich bei einem Erbvertrag nicht nur um eine echte Verfügung von Todes wegen (vgl. §  1941 Abs.  1 BGB), sondern vor allem um einen echten Vertrag (sog. Doppelnatur), der die Vertragsparteien nach allgemeinen BGB-Grundsätzen bindet (pacta sunt servanda).249 Möchten die Vertragsparteien sich der erbvertraglichen Verfügungen entledigen, so müssen sie einen Aufhebungsvertrag vereinbaren (§  2290 BGB), vom Erbvertrag zurücktreten (§§  2293 ff. BGB) oder diesen anfechten (§§  2281 ff. BGB). Entweder einigen sich die Vertragspartner (Aufhebungsvertrag) oder ein Rücktritts- bezie246 

Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  24; Ebenroth, Erbrecht (1992), S.  160. Olzen, Erbrecht (2013), S.  72; Lange/Kuchinke, Erbrecht (2001), S.  340. 248  Staudinger-BGB14Kanzleiter, Einl zu §§  2274 ff. BGB Rn.  11; MüKo-BGB-Musielak, Vor §§  2274–2302 BGB Rn.  3. 249  Olzen, Erbrecht (2013), S.  159; MüKo-BGB-Musielak, Vor §§  2274–2302 BGB Rn.  2. 247 

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§  3 Instrumente der Gesellschafternachfolge im deutschen Recht

hungsweise Anfechtungsgrund liegt vor – der Erblasser entscheidet jedenfalls nicht mehr ohne Einschränkung über seine Verfügungen. Über die erhöhte Verbindlichkeit der erbvertraglichen Verfügung hinaus bietet das Gesetz dem begünstigten Nachfolger einen Ausgleichsanspruch (§  2287 BGB) für den Fall, dass der Erblasser jedenfalls einen Teil seiner Anteile in der Absicht verschenkt, den Nachfolger als Vertragserben zu beeinträchtigen. Es handelt sich dabei lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Beschenkten, dem vor allem der sich aus der Rechtsfolgenverweisung250 des §  2287 Abs.  1 BGB ergebende Entreicherungseinwand (§  818 Abs.  3 BGB) entgegenstehen kann. Zudem ändert der Anspruch des §  2287 Abs.  1 BGB an der dinglichen Rechtslage nichts (vgl. §  2286 BGB). Schwach ist der Schutz des §  2287 BGB also, aber er stellt einen rechtlichen Vorteil zugunsten des designierten Nachfolgers und Vertragserben dar, den ihm eine testamentarische Verfügung nicht bieten kann. Der Erbvertrag ist infolge seiner Bindungswirkung weniger flexibel als das Testament.251 Verändern sich nach Abschluss des Erbvertrags Vertragsumstände, so kommt mangels Anfechtungs- oder Rücktrittsgrund nur eine einvernehmliche Änderung zwischen Gesellschafter-Erblasser und designiertem Nachfolger als Vertragspartner in Betracht.252 Ob sich der Gesellschafter-Erblasser auf die damit möglicherweise verbundenen Schwierigkeiten einlässt, ist keine rechtliche Frage mehr, sondern entscheidet sich nach der familienpolitischen Durchsetzungskraft des Gesellschafter-Erblassers oder Nachfolgers. Wie die weite Verbreitung des Erbvertrags in der Gesellschafternachfolge belegt253, setzen sich in der Praxis die Interessen des Nachfolgers häufig durch.

D. Ergebnis zu den Instrumenten der Gesellschafternachfolge Die dargelegten Nachfolgeinstrumente verdeutlichen das Spannungsfeld, das die späteren Qualifikationsfragen bestimmen wird. Einerseits betrifft die Nachfolgesteuerung Rechtsfragen, die sich anlässlich eines Erbfalls, dem Tode des Gesellschafter-Erblassers, stellen und daher grundsätzlich dem Erbrecht zuzuordnen sind. Andererseits berühren sie das Gesellschaftsverhältnis, indem sie das Schicksal der Gesellschafterposition des Erblassers bestimmen und damit gesellschaftsrechtliche Folgen nach sich ziehen. 250  Staudinger-BGB-Kanzleiter, §  2287 BGB Rn.  26; MüKo-BGB-Musielak, §  2287 BGB Rn.  21. 251  Frhr. von Hoyenberg, RNotZ 2007, 377, 380. 252  Vgl. Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  21. 253  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  24.

D. Ergebnis zu den Instrumenten der Gesellschafternachfolge

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Diese Wechselwirkungen spiegeln sich in der Parallelität erb- und gesellschaftsrechtlicher Nachfolgeinstrumente wider. Sowohl das Personengesellschafts- als auch das Kapitalgesellschaftsrecht verlangen, in der Nachfolgeplanung erb- und gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten aufeinander abzustimmen. Der Schwerpunkt schwankt freilich zwischen erb- und gesellschaftsrechtlicher Gestaltung. Während Personengesellschafter in weitgehender Verbandsautonomie die Gesellschafternachfolge von Todes wegen gesellschaftsvertraglich mitbestimmen, beschränkt sich die gesellschaftsvertragliche Nachfolgesteuerung für Kapitalgesellschafter auf nachträgliche Korrekturen wie Einziehungs- und Abtretungsklauseln.

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht Materiellrechtlich ist die Gesellschafternachfolge von Todes wegen an der Schnittstelle von Erb- und Gesellschaftsrecht zu verorten, wie in den beiden vorigen Kapiteln ausgeführt wurde. Auf kollisionsrechtlicher Ebene macht sich der Konflikt im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Erbstatut bemerkbar. Er tritt dabei sogar stärker zutage, da im grenzüberschreitenden Erbfall Rechtsordnungen aufeinandertreffen, die anders als im internen Sachverhalt nicht aufeinander abgestimmt sind und daher eine interessengerechte Anknüpfung erschweren. Um sich den Anknüpfungsfragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu nähern, muss man sich über die Qualifikationsmethode im EU-Kollisionsrecht Klarheit verschaffen.

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht Mit Inkrafttreten der EuErbVO löst sich die Qualifikation der Gesellschafternachfolge von den Grundsätzen mitgliedstaatlichen Kollisionsrechts. Im Mittelpunkt der Qualifikation stehen nun die Kollisionsnormen der EuErbVO, die ­eines einheitlichen methodischen Zugriffs bedürfen. I. Autonomiegebot Auch wenn die europäisch autonome Qualifikation in ihren Einzelheiten umstritten ist1, herrscht dabei Einigkeit über das Autonomiegebot.2 1. Gebot unionsrechtlich autonomer Qualifikation Allgemein ist der Anspruch des Unionsrechts, aus seinen Rechtsakten gleiche Rechte und Pflichten in jedem Mitgliedsstaat entstehen zu lassen.3 Verbindlich1 

Zu diesen Einzelheiten S. 98  ff. Statt aller EuGH, 8.11.2005 – C-443/03, Slg. 2005 I, 9611 – Leffler, Rn.  45. 3  Vgl. EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf, Rn.  32; EuGH, 2 

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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keit erlangt dieser Anspruch im Verhältnis zum nationalen Recht dadurch, dass das EU-Recht normhierarchisch dem nationalen Recht in Form seines Anwendungsvorrangs übergeordnet ist.4 Diesem Anspruch kann nur gerecht werden, wer das Unionsrecht einheitlich versteht und anwendet. Dies setzt voraus, sich vom mitgliedstaatlichen Rechtsverständnis zu lösen und eine europäisch autonome Perspektive zu entwickeln.5 Das Prinzip des europäisch autonomen Verständnisses gilt auch für die Qualifikation im EU‑Kollisionsrecht.6 So findet das Autonomiegebot in den Erwägungsgründen des EU‑Kollisionsrechts Erwähnung.7 Auffällig ist jedoch, dass es an einer Vorschrift fehlt, die den Vorgang der europäisch autonomen Qualifikation allgemein erklärt.8 Diese Umsetzung des europäischen Autonomiegebots obliegt in der Konsequenz den Gerichten.9 Dabei gibt die EuGH-Judikatur in ihrer pragmatischen Einzelfallbehandlung10 kaum Aufschluss über die dogmatischen Hintergründe des methodischen Vorgehens. Umso wichtiger ist es, sich die methodischen Grundlagen des unionsrechtlichen Qualifikationsverständnisses zu erarbeiten und die grenzüberschreitende Gesellschafternachfolge von Todes wegen im Weiteren auf diesem methodischen Fundament zu untersuchen. Nur auf diese Weise kann das Ergebnis der Untersuchung dem Gebot der europäischen Autonomie genügen und den internationalen Entscheidungseinklang im EU-Kollisionsrecht fördern. 2. Gebot kollisionsrechtlich autonomer Qualifikation Über das europäisch autonome Verständnis hinaus, das im Zuge der europäischen Rechtsvereinheitlichung nicht nur im Kollisionsrecht an Bedeutung gewinnt11, drängt sich darüber hinaus die Frage auf, ob es zur Verfeinerung des 15.5.2003 – C‑266/01, Slg. 2003 I, 4867 – TIARD, Rn.  20; EuGH, 14.11.2002 – C-271/00, Slg. 2002 I, 10489 – Baten, Rn.  28; Kropholler, IPR (2006), S.  80. 4  Calliess/Ruffert-Ruffert, Art.  1 AEUV Rn.  16; Streinz-Schroeder, Art.  288 AEUV Rn.  36. 5  Kropholler, IPR (2006), S.  80. 6  EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf, Rn.  32; Rauscher, IPR (2017), S.  121; von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  656; Dörner, ZEV 2012, 505, 507; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 108. 7  Vgl. Erwägungsgründe 6 Rom  I-VO, 6, 13 und 16 Rom  II-VO. 8  M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 66; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 184 und 189. 9  Sonnenberger, in: FS Kropholler (2008), 227, 239. 10  Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 194; siehe als Beispiel EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf, Rn.  32, 40–43; vgl. auch zu Systembegriffen im EuIZVR: EuGH, 15.5.2003 – C-266/01, Slg. 2003 I, 4867 – TIARD, 4889; EuGH, 14.11.2002 – C-271/00, Slg. 2002 I, 10489 – Baten, 10519. 11  Beispielhaft sei auf eine EU-Verordnung zum Internationalen Zivilverfahrensrecht ver-

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

methodischen Zugriffs einer rechtsgebietsspezifischen autonomen Herangehensweise bedarf. Eine solche Herangehensweise kommt hier in der Form einer kollisionsrechtlich autonomen Qualifikation in Betracht. Gegen einen kollisionsrechtlich autonomen Ansatz spricht zunächst, dass sämtliche EU­-Rechtsakte aus der Feder des europäischen Gesetzgebers stammen. Es liegt daher nahe, dass ihnen ein einheitliches, rechtsgebietsübergreifendes Begriffsverständnis zugrunde liegt. Tatsächlich finden sich im EU-Kolli­ sions­recht Verweise auf andere EU-Rechtsakte, die solch ein einheitliches Verständnis vermuten lassen. So verweisen die Erwägungsgründe 7 der Rom  I-VO und Rom  II-VO auf die Brüssel I-VO12, obwohl es sich bei der Brüssel I‑VO um keine kollisions-, sondern um eine prozessrechtliche Rechtsquelle handelt. Dieser Verweis ist in der Methodenlehre zum Prinzip der verordnungsübergreifenden Auslegung verallgemeinert worden.13 Sie zeigt sich im einheitlichen Verständnis von Rechtsbegriffen, die sich in den EU-Verordnungen zum Kollisionsund Prozessrecht finden.14 Beispiele sind der Begriff der Zivil- und Handelssache15 und die Abgrenzung vertraglicher und außervertraglicher Schuldverhältnisse.16 Zudem stützen Ähnlichkeiten in der Verordnungsstruktur den verordnungsübergreifenden Ansatz. Jede EU-Verordnung zum Kollisions- oder Prozessrecht enthält in ihrem ersten Kapitel einen allgemeinen Teil, der ähnlich wie in anderen Verordnungen aufgebaut ist. Der erste Artikel legt den Anwendungsbereich fest, indem er diesen nicht nur positiv bestimmt, sondern auch negativ über Regelungsbereiche konturiert, die vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.17 Ferner findet sich häufig im jeweils ersten Kapitel eine Vorschrift, die die in der wiesen: die EU­Kontenpfändungsverordnung (Verordnung (EU) Nr.  655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen). 12  Nunmehr neu gefasst in der Brüssel Ia-VO: Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12.12.2012, ABl.  EU 2012 L 351. 13  Vgl. Kroiß/Horn/Solomon-Greil-Lidl/Köhler, Einf EuErbVO Rn.  6; Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  60; Lüttringhaus, RabelsZ 77 (2013), 31, 44; Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 114–123; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 110 f.; F. Ferrari, IPRax 2007, 61, 62. 14  Lüttringhaus, RabelsZ 77 (2013), 31, 44–47; Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 114– 123. 15  Ferrari/IntVertR-Kieninger, Art.  1 Rom  I-VO Rn.  3. 16  Vgl. noch zum EVÜ und EuGVÜ: EuGH, 8.3.1988 – C-9/87, Slg. 1988, 1539 – Arcado, Rn.  15; EuGH, 4.3.1982 – C-38/81, Slg. 1982, 825 – Effer, Rn.  7. 17  Siehe insofern Art.  1 der folgenden Verordnungen: Rom  I-VO, Rom  II-VO, Rom  III-VO, EuErbVO, Brüssel Ia-VO, EuEheVO.

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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Verordnung verwendeten Begriffe definiert.18 Diese strukturellen Ähnlichkeiten treten zwar nur im Kollisions- und Prozessrecht der EU auf.19 Der verordnungsübergreifende Ansatz kann aber auch EU-Verordnungen zum Sachrecht einbeziehen, soweit bei der Auslegung die unterschiedliche Funktion der jeweiligen Begriffe berücksichtigt wird. Die verordnungsübergreifende Methode ist freilich kein Gegensatz zum kollisionsrechtlich autonomen Ansatz. Aus ihr folgt nur, dass im Rahmen der systematischen Auslegung andere EU-Verordnungen zu berücksichtigen sind. Der Ausgangspunkt bleibt das EU‑Kollisionsrecht, dessen Begriffe und Regelungsvorstellungen die Grundlage der Auslegung bilden.20 Die fortgeschrittene Vereinheitlichung im EU-Kollisionsrecht bietet dabei die nötige Regelungsbreite, um einen kollisionsrechtlich autonomen Ansatz zu verfolgen. 3. Ergebnis zum Autonomiegebot Das Autonomiegebot im EU-Kollisionsrecht ist demnach in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Einerseits löst sich eine autonome Qualifikation vom Verständnis mitgliedstaatlicher Rechtsordnungen und folgt allein unionsrechtlichen Regelungsvorstellungen. Andererseits führt das Gebot kollisionsrechtlich autonomer Auslegung dazu, dass die Qualifikation grundsätzlich von den Begriffen des EU-Kollisions- und Prozessrechts ausgeht. Mitgliedstaatliche Regelungsvorstellungen bleiben dennoch nicht unberücksichtigt. Gerade im Zusammenhang mit der EuErbVO gilt, dass rechtsgebietsspezifische Begriffe, die dem übrigen EU-Kollisionsrecht fremd sind, zwar vorrangig aus der Verordnung selbst heraus auszulegen sind, aber letztlich nicht ohne Rückgriff auf mitgliedstaatliche Rechtsvorstellungen auskommen.21 Im Rahmen der Rechtsvergleichung sind sie zur Auslegung der Verordnung heranzuziehen, sofern sich rechtsordnungsübergreifende Prinzipien abzeichnen.22

18 

Siehe Art.  2 Abs.  1 Rom  II-VO, Art.  3 Rom  III-VO, Art.  3 EuErbVO, Artt.  2 f. Brüssel Ia-VO, Art.  2 EuEheVO. 19  Keine strukturellen Parallelen in der EU-Sachrechtsvereinheitlichung: vgl. Artt.  1–14 ­SE-VO. 20  Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191. 21  Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  35. 22  Zu solchen Prinzipien in der rechtsvergleichenden Untersuchung der Gesellschafternachfolge von Todes wegen S. 52  ff.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

II. Unionsrechtliches Qualifikationsverständnis Darüber hinaus herrscht über die Qualifikation im EU-Kollisionsrecht dogmatische Unsicherheit. Sie betrifft den Qualifikationsbegriff, das Qualifikationsstatut sowie die Qualifikationsmethode. 1. Dogmatische Unsicherheit im unionsrechtlichen Qualifikationsvorgang Der EuGH handhabt die Qualifikation im Unionskollisionsrecht pragmatisch, eine dogmatische Erklärung zum Qualifikationsvorgang sucht man in der EuGH-Judikatur sowie in den EU-Verordnungen zum IPR vergeblich.23 Diese dogmatische Unsicherheit erstaunt in Anbetracht der Bedeutung der Qualifika­ tion, denn in vielen Fällen zum europäischen Kollisionsrecht, die der Gerichtshof entscheidet, geht es genau darum, den auf Tatbestandsseite liegenden Anknüpfungsgegenstand auszulegen und die jeweilige Rechtsfrage darunter zu subsumieren. Auch wenn dem EU­-Kollisionsrecht bisher die dogmatische Auseinandersetzung um die Qualifikation fremd ist, muss diese stattfinden. Denn der Qualifikationsvorgang muss sich von den Einzelentscheidungen des EuGH lösen und dogmatisch abstrahiert werden, um jedem Rechtsanwender die Qualifikation seiner Rechtsfragen zu ermöglichen. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass die EuGH-Judikatur die einzige verbindliche24 Rechtsquelle im EU-Recht ist, in der sich der Qualifikationsvorgang widerspiegelt. Formell gesetzliche Anhaltspunkte existieren nicht.25 Die folgende Systematisierung des Qualifikationsvorgangs bewegt sich daher innerhalb der angewandten Grundsätze des EuGH, füllt aber dogmatische Leerstellen, indem sie auf Begriffe und Kategorien der Qualifikationstheorie zurückgreift. Im Sinne unionsrechtlicher Autonomie sind diese Grundsätze im EU-Kollisionsrecht nicht automatisch zu übernehmen, sondern müssen auf ihre Übertragbarkeit im Einzelnen geprüft werden.

23 

Vgl. Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 107. Zur jedenfalls faktischen Verbindlichkeit der EuGH-Judikatur: Bieber/Epiney/Haag, Europarecht (2015), §  9 Rn.  102 („tatsächlich rechtsbildende Kraft“); Lenz/Borchardt-Borchardt, Art.  267 AEUV Rn.  60; Everling, Vorabentscheidungsverfahren (1989), S.  66 („Leitfunktion für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts“). 25  Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 107. 24 

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2. Qualifikationsbegriff a) Auslegung und Subsumtion Allgemein ist die Qualifikation als Vorgang zu verstehen, der einer Rechtsfrage den Systembegriff einer Kollisionsnorm zuordnet.26 Dieser Systembegriff auf Tatbestandsseite einer Kollisionsnorm nennt sich Anknüpfungsgegenstand und ist der Ausgangspunkt jeder Qualifikation.27 Um die jeweilige Rechtsfrage dem Anknüpfungsgegenstand zuordnen zu können, muss die Qualifikation in zwei Schritten erfolgen: Zunächst ist der Anknüpfungsgegenstand auszulegen und im Anschluss die konkrete Rechtsfrage unter diesem zu subsumieren.28 Obwohl in dieser Hinsicht keine Einigkeit besteht – teils wird die Qualifikation nur als Auslegungsproblem29, teils nur als Subsumtionsvorgang30 verstanden – sind beide Schritte im Rahmen der Qualifikation nicht voneinander zu trennen. Denn eine Subsumtion unter den Anknüpfungsgegenstand einer Kollisionsnorm ist nicht möglich, ohne zuvor den Anknüpfungsgegenstand ausgelegt zu haben.31 Die Qualifikation ist mithin der Oberbegriff für die Schritte der Auslegung und Subsumtion. Diese abstrakte Überlegung gilt gleichermaßen für die unionsrechtliche Qualifikation. Gerade im EU-Kollisionsrecht als Einheitsrecht müssen Systembegriffe als Anknüpfungsgegenstand gewählt werden, die Rechtsfragen aus den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Diese Aufgabe des Anknüpfungsgegenstands verlangt nach einem hohen Abstraktionsgrad in der Begriffsbildung, nach einem Oberbegriff, der die Rechtsfragen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen vereint. Die Abstraktionshöhe des Anknüpfungsgegenstands führt aber in der Regel dazu, dass sein Wortlaut allein nicht für eine Subsumtion der jeweiligen Rechtsfrage genügt. Es bedarf einer abstrakten Auslegung des Anknüpfungsgegenstands im Rahmen der Qualifi­ka­ tion, um die Rechtsfrage zu subsumieren. Auch die unionsrechtliche Qualifi­ka­ tion besteht daher aus der Auslegung des Anknüpfungsgegenstands und der Subsumtion der Rechtsfrage. 26 

Rauscher, IPR (2017), S.  113; Kropholler, IPR (2006), S.  114 f.; von Bar/Mankowski, IPR  I (2003), S.  637; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 186. 27  von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  637. 28  Kropholler, IPR (2006), S.  114 f.; Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  18; Heiss/ Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 186; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 108. 29  Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  355; von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  637. 30  von Hoffmann/Thorn, IPR (2007), S.  222. 31  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  17; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 108.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

b) Primäre und sekundäre Qualifikation Um zum kollisionsrechtlichen Ziel der anwendbaren Sachnorm zu gelangen, müssen Auslegung und Subsumtion in jeweils zwei Schritten erfolgen: der primären und der sekundären Qualifikation. aa) Methodische Grundsätze zur primären und sekundären Qualifikation Ausgangspunkt jeder kollisionsrechtlichen Falllösung ist die sich aus dem Sachverhalt stellende Rechtsfrage. Sie muss dem Anknüpfungsgegenstand im Tatbestand einer Kollisionsnorm zugeordnet werden. Diesen ersten Qualifikationsschritt bezeichnet man als primäre Qualifikation.32 Die einschlägige Kollisionsnorm ist nun identifiziert, und ihr Anknüpfungsmoment verweist in seiner Rechtsfolge auf eine bestimmte Rechtsordnung. Allerdings ist bis zu diesem Schritt noch nicht geklärt, welche sachrechtliche Norm in der berufenen Rechtsordnung als Ziel der kollisionsrechtlichen Untersuchung zur Anwendung gelangt. Hierzu bedarf es eines zweiten Qualifikationsschritts, namentlich der sekundären Qualifikation.33 Dieser Qualifikationsschritt identifiziert die anwendbare sachrechtliche Norm innerhalb der Rechtsordnung, auf die der Anknüpfungsgegenstand verweist. Der Unterschied zwischen primärer und sekundärer Qualifikation besteht mithin darin, welche Frage dem Anknüpfungsgegenstand zuzuordnen ist. Im Rahmen der primären Qualifikation handelt es sich insofern um die konkrete Rechtsfrage, die sich aus dem jeweiligen Sachverhalt ergibt, während die sekundäre Qualifikation die konkrete Sachnorm einer berufenen Rechtsordnung unter den zuvor ausgelegten Anknüpfungsgegenstand subsumiert.34 Unter den Anknüpfungsgegenstand ist daher doppelt zu subsumieren, in der kollisionsrechtlichen Falllösung nimmt er insofern eine Doppelfunktion wahr.35 In der Literatur zum deutschen IPR herrscht keine Einigkeit darüber, ob und inwieweit die Zuordnung von Rechtsfrage und Sachnorm zum Qualifikationsvorgang gehört36 Überzeugend ist, jede Auslegung und Subsumtion, die den Anknüpfungsgegenstand betrifft, unter den Begriff der Qualifikation zu fassen. 32 

M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 65; von Hoffmann/ Thorn, IPR (2007), S.  222; Kropholler, IPR (2006), S.  114; kritisch insgesamt zu den Begriffen der primären und sekundären Qualifikation: Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  30; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 107 f. 33  von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  637; M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 65; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 108. 34  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  29 f. 35  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  20, 24; Bernasconi, Qualifikation (1997), S.  20 f. 36  Nur die Subsumtion der Rechtsfrage als Teil der Qualifikation einordnend: Neuhaus, Grundbegriffe IPR (1962), S.  69 f.; Makarov, in: FS Dölle II (1963), 149, 152; Schwerpunkt auf

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Dazu gehören die Vorgänge der primären und sekundären Qualifikation.37 Die Subsumtion freilich ist je nach Qualifikationsschritt unterschiedlich – abhängig davon, ob die Rechtsfrage (primäre Qualifikation) oder die möglicherweise anwendbare Sachnorm (sekundäre Qualifikation) unter den Anknüpfungsgegenstand zu subsumieren ist. Die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands aber erfolgt einheitlich. Beide Schritte, die primäre und die sekundäre Qualifikation, gehen daher im Rahmen eines einheitlichen Qualifikationsprozesses auf.38 Sie stellen sich als zwei Vorgänge dar, die wegen ihres Zusammenhangs zum Anknüpfungsgegenstand nicht voneinander zu trennen sind.39 bb) Übertragung auf die Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich im EU‑Kollisionsrecht Das Prinzip des kollisionsrechtlichen Prüfungsvorgangs, das sich in der Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Qualifikation ausdrückt, gilt für das EU-Kollisionsrecht gleichermaßen. Freilich stellen sich bei den Normen des Anwendungs- und Geltungsbereichs der EuErbVO, die die Qualifikation der Gesellschafternachfolge bestimmen, im Einzelnen Probleme, den Prozess der primären und sekundären Qualifikation zu übertragen. (1) Primäre Qualifikation In der primären Qualifikation geht es darum, welche Rechtsfragen des Sachverhalts unter den Anknüpfungsgegenstand einer Kollisionsnorm fallen. Die Bereichsausnahmen des Art.  1 Abs.  2 EuErbVO bieten solche Anknüpfungsgegenstände, um eine primäre Qualifikation vorzunehmen. Auch der Beispielkatalog des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO enthält Anknüpfungsgegenstände, unter denen Rechtsfragen des Sachverhalts zu subsumieren sein könnten. Allerdings gibt die Überschrift des Art.  23 EuErbVO („Reichweite des anzuwendenden Rechts“), wie sie in ähnlicher Formulierung aus anderen Verordnungen des EU-Kollisionsrechts bekannt ist40, Anlass zum systematischen Zweifel an dieser Schlussfolgerung. Denn die Normüberschrift suggeriert, dass die Regelung des Art.  23 Abs.  2 die Subsumtion der Sachnorm legend: Schurig, Methode IPR (1981), S.  224; Schwimann, ÖJZ 1980, 7, 9. 37  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  25; Bernasconi, Qualifikation (1997), S.  22– 24. 38  Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  1; Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  25. 39  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  25; Bernasconi, Qualifikation (1997), S.  23 f. 40  Vgl. die Normüberschriften zu Art.  12 Rom  I-VO, Art.  15 Rom  II-VO: „Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts“.

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EuErbVO erst zur Anwendung gelangt, soweit das anwendbare Recht – hier das Erbstatut aus Art.  21 oder Art.  22 EuErbVO – bereits bestimmt und nur noch über die Frage zu entscheiden ist, auf welche Regelungen des berufenen Erbstatuts die Verordnung verweist.41 Art.  23 Abs.  2 EuErbVO wäre demnach nicht mehr in der Frage der primären Qualifikation, welche Rechtsfragen des Sachverhalts unter die Anknüpfungsgegenstände fallen, zu berücksichtigen, sondern bliebe nur eine Norm der sekundären Qualifikation.42 Eine solche Konsequenz würde aber den Zusammenhang der unionsrechtlichen Qualifikationshilfen in Art.  1 Abs.  2 EuErbVO und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO zerreißen. So findet sich in beiden Normen der Begriff der Rechtsnachfolge von Todes wegen als gemeinsamer Ausgangspunkt43, dessen Verständnis die Vorschriften in Art.  1 Abs.  2 EuErbVO und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO negativ sowie positiv konturieren sollen.44 Im Ergebnis der Rechtsanwendung zeichnet sich dabei ein Gesamtbild zum Begriff der Rechtsnachfolge von Todes wegen ab, das nur im Verbund der beiden Vorschriften entstehen kann.45 Dieses Gesamtbild hat – so lässt die Wahl des gleichen Begriffs der Rechtsnachfolge von Todes wegen vermuten – der Unionsgesetzgeber in den Vorschriften bewusst angelegt. Um dieser Funktion gerecht zu werden, muss Art.  23 Abs.  2 EuErbVO mit seinen Anknüpfungsgegenständen bereits über die Frage mitentscheiden können, welche Rechtsfragen von der Verordnung und ihren Kollisionsnormen erfasst sind. Da es sich dabei um einen Vorgang der primären Qualifikation handelt, ist Art.  23 Abs.  2 EuErbVO bei funktionsgerechtem Verständnis bereits an dieser Stelle mit zu berücksichtigen.46

41 

So im Ergebnis Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  1. So M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 68. 43  Siehe Art.  1 Abs.  1 und Art.  23 Abs.  1 EuErbVO. 44  Vgl. MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  2; Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 ­EuErbVO Rn.  1 („Art.  23 Abs.  2 […] eine Art Spiegelbild zur Regelung des Anwendungsbereichs“); Geimer/Schütze­C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  7 (Art.  23 Abs.  2 EuErbVO als „systematische Auslegungshilfe“ für Art.  1 Abs.  2 EuErbVO); D. Paulus, notar 2016, 3, 9; Dutta, FamRZ 2013, 4, 5; a. A.: Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  11 Fn.  21. 45  Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  1 („Art.  23 Abs.  2 […] eine Art Spiegelbild zur Regelung des Anwendungsbereichs“). 46  Vgl. auch MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  1; auch Weller sieht einen Zusammenhang zur primären Qualifikation. Er wertet aber die sekundäre Qualifikation innerhalb des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO nur als Indiz für die primäre Qualifikation (M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 68); zweifelnd jedoch Heiss/Kaufmann-Mohi, in: ­Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 188 („jedenfalls nicht unmittelbar“ zu berücksichtigen). 42 

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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(2) Sekundäre Qualifikation Mit Blick auf die sekundäre Qualifikation sehen sich die Normen des Anwendungs- und Geltungsbereichs einem normstrukturellen Einwand ausgesetzt. Ihnen fehlt das Anknüpfungsmoment und damit der Verweis in die jeweilige Rechtsordnung, so dass auf den ersten Blick keine sekundäre Qualifikation möglich ist. Denn diese setzt eine bereits berufene Rechtsordnung voraus, aus der die jeweilige Sachnorm mit Hilfe des Anknüpfungsgegenstands zu ermitteln ist. Allerdings muss sich die berufene Rechtsordnung nicht aus den Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich selbst ergeben. Sie sind ihrem systematischen Verhältnis nach vielmehr im Zusammenhang mit den Kollisionsnormen zu sehen, aus denen sich die berufene Rechtsordnung ergibt, da sie die Anknüpfungsgegenstände dieser Kollisionsnormen konkretisieren. So bestimmen die Beispiele des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO den Anknüpfungsgegenstand der „Rechtsnachfolge von Todes wegen“ (Art.  21 Abs.  1 EuErbVO) in positiver Weise, während die Bereichsausnahmen (Art.  1 Abs.  2 EuErbVO) diesen negativ konturieren. Der Einwand also, für eine sekundäre Qualifikation fehle es in den Normen zum Anwendungsbereich an einer berufenen Rechtsordnung, verfängt nicht. Denn sie bestimmen nicht nur den Anwendungs- und Geltungsbereich der EuErbVO, sondern konkretisieren auch die Anknüpfungsgegenstände in den selbständigen Kolli­ sions­normen. Sie sind Brückennormen, deren vollständiger Regelungsgehalt sich erst im Zusammenspiel mit den selbständigen Kollisionsnormen entfaltet. Dass sich erst aus den selbständigen Kollisionsnormen die anwendbare Rechtsordnung ergibt, kann also nicht dagegen sprechen, die Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich auch in die sekundäre Qualifi­ka­tion einzubeziehen. (3) Ergebnis zur primären und sekundären Qualifikation Der zweistufige Prozess der primären und sekundären Qualifikation ist auf die Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich der Verordnung zu übertragen. Dabei entscheiden die Anknüpfungsgegenstände der Normen zum Anwendungsund Geltungsbereich darüber, welche Rechtsfragen den selbständigen Kolli­ sions­normen zuzuordnen sind (primäre Qualifikation) und ebenso welche Sachnormen der berufenen Rechtsordnung zur Anwendung gelangen (sekundäre Qualifikation). Gerade mit Blick auf diesen methodischen Prozess zeigt sich die rechtliche Bedeutung der Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich. Denn sie stecken nicht nur die Anwendungs- und Geltungsgrenzen der Verordnung ab, sondern konkretisieren die Anknüpfungsgegenstände der Kollisionsnormen, aus denen sich schließlich die anwendbare Sachnorm ergibt.47 47 

Vgl. auch NK-BGB-Looschelders, Art.  23 EuErbVO Rn.  2.

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c) Ergebnis zum unionsrechtlichen Qualifikationsbegriff Jeder Qualifikationsschritt besteht aus der Auslegung des Anknüpfungsgegenstands und der entsprechenden Subsumtion. Um die anwendbare Sachnorm zu ermitteln, sind zwei Qualifikationsschritte notwendig: primäre und sekundäre Qualifikation. Im ersten Schritt ist die konkrete Rechtsfrage aus dem Sachverhalt, im zweiten Schritt die Rechtsnorm der berufenen Rechtsordnung dem jeweiligen Anknüpfungsgegenstand zuzuordnen. In diesem methodischen Zweischritt ist der Anknüpfungsgegenstand als gemeinsamer Bezugspunkt einheitlich auszulegen, bevor der jeweilige Qualifikationsgegenstand (Rechtsfrage oder Sachnorm) zu subsumieren ist. In der einheitlichen Auslegung des Anknüpfungsgegenstands zeigt sich, dass der methodische Zweischritt von primärer und sekundärer Qualifikation als ein einheitlicher Qualifikationsvorgang zu verstehen ist. 3. Qualifikationsstatut Der unionsrechtliche Qualifikationsbegriff erklärt freilich nicht, nach welchen rechtlichen Maßstäben die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands erfolgt. Insofern stellt sich insbesondere die Frage, nach welcher Rechtsordnung sich diese Maßstäbe bestimmen. Man spricht vom sog. Qualifikationsstatut.48 Dessen Bedeutung ist entscheidend in der Abgrenzung von Erbstatut und Gesellschaftsstatut, da das Qualifikationsstatut darüber bestimmt, welche Rechtsordnungen und -quellen zur Auslegung der Anknüpfungsgegenstände herangezogen werden. a) Zwischen sachrechtlicher und autonomer Begriffsauslegung In der Frage des Qualifikationsstatuts stehen sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten gegenüber. So vermag man die Auslegungsmaßstäbe entweder aus dem (eigenen oder fremden) Sachrecht herleiten oder aus einem autonomen Verständnis des eigenen Kollisionsrechts entwickeln, das sich ausschließlich nach den Ordnungszielen des IPR richtet.49 Jede Möglichkeit für sich kämpft mit der Funktion des IPR, die einzelnen Rechtsordnungen im grenzüberschreitenden Sachverhalt voneinander abzugrenzen. Verwendet man sachrechtliche Maßstäbe und Begrifflichkeiten, bleibt die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands dem System der jeweiligen Rechtsordnung verhaftet und kann letztlich nicht der den Rechtsordnungen übergeordneten, internationalen Funktion des IPR gerecht werden.50 Legt man hingegen 48  von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  16; Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  32; Heiss/Kaufmann‑Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 197. 49  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  34. 50  So bereits Rabel, RabelsZ 5 (1931), 241, 282.

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IPR-autonome Maßstäbe an, würde die Auslegung der internationalen Funktion des IPR zwar genügen, drohte aber sich vom Sachrecht der einzelnen Rechtsordnungen so weit zu entfernen, dass die Subsumtion einzelner Rechtsfragen und Sachnormen kaum mehr möglich ist.51 b) Qualifikationsstatut im EU-Kollisionsrecht In der kollisionsrechtlichen Untersuchung der Gesellschafternachfolge von Todes wegen kommt es auf eine europäisch autonome Qualifikation an. Daher muss auch das Qualifikationsstatut nach unionsrechtlichen Regelungsvorstellungen bestimmt werden. Eine Qualifikation lege causae, eine Qualifikation nach dem auf die jeweilige Rechtsfrage anwendbaren Recht, kommt nicht infrage, da der Auslegungsmaßstab von der jeweils anwendbaren Rechtsordnung abhinge. Die unterschiedlichen Wertungen der Rechtsordnungen liefen dem gesetzgeberischen Anliegen eines internationalen Entscheidungseinklangs zuwider.52 Vielmehr muss untersucht werden, ob und inwieweit im EU-Kollisionsrecht nach der lex fori zu qualifizieren ist. aa) Prinzip der lex fori im nationalen Kollisionsrecht Greift man zur Qualifikation im Rahmen des nationalen Kollisionsrechts auf die lex fori zurück, so orientiert sich die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands an den sachrechtlichen Begriffen der Rechtsordnung des jeweiligen Forums.53 Freilich sind sach- und kollisionsrechtliche Begriffe nicht identisch zu verstehen, da sich das kollisionsrechtliche Begriffssystem zumeist vom sachrechtlichen unterscheidet und dem Gesetzgeber keine kohärente Begriffsbildung unterstellt werden kann.54 Jedenfalls hinsichtlich unbekannter ausländischer Rechtsinstitute stößt die sachrechtliche Auslegung nach der lex fori an ihre Grenzen und bedarf weiterer Untersuchungen, die sich aus der Funktion des Rechtsinstituts und der Rechtsvergleichung ergeben können.55 Ein solche funktionale Vorgehensweise hat sich in verschiedenen mitgliedstaatlichen Kollisionsrechtsordnungen eta­

51  52 

65 f.

So bereits Burckhardt, in: FS Huber (1919), 262, 290. So im Ergebnis auch M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19,

53  von Hoffmann/Thorn, IPR (2007), S.  226 f.; Rauscher, IPR (2017), S.  119; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 108. 54  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  35. 55  von Hoffmann/Thorn, IPR (2007), S.  229; Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  343 f.; Rauscher, IPR (2017), S.  115 f.; Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  36.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

bliert.56 Ausgangspunkt aber, und das ist wichtig für das Verständnis der Qualifikation lege fori, bleibt der sachrechtliche Begriff des Forums. bb) Übertragung des lex fori-Prinzips auf das EU-Kollisionsrecht Dieser Ausgangspunkt ist zugleich der Grund, warum man die Qualifikation lege fori nicht direkt auf das EU-Kollisionsrecht übertragen kann.57 Denn dem Unions­recht fehlt dafür schon der sachrechtliche Ausgangspunkt im Erb- und Gesellschaftsrecht. Die Rechtsvereinheitlichung des Sachrechts ist nicht in ausreichendem Maße fortgeschritten, um sich unionsrechtliche Anhaltspunkte zur Qualifikation erarbeiten zu können.58 Löst man hingegen die Qualifikation nach der lex fori aus ihrem Entstehungskontext der sachrechtlichen Begriffsbestimmung und nimmt sie beim Wortsinne, so lässt sich das lex fori-Prinzip auf die unionsrechtliche Qualifikation entsprechend anwenden.59 Der Begriff der lex fori umfasst seiner wörtlichen Bedeutung nach nicht nur das Sachrecht des Forums, sondern auch das jeweilige Kollisionsrecht. Da die EU-Verordnungen zum IPR über Art.  288 Abs.  2 AEUV in jedem Mitgliedsstaat zum unmittelbar geltenden Kollisionsrecht gehören, ist das EU-Kollisionsrecht immer auch Teil der lex fori der Mitgliedsstaaten.60 In entsprechender Übertragung des lex fori-Prinzips auf das EU-Kollisionsrecht ist sodann nicht mehr das Sach-, sondern das EU-Kollisionsrecht der Ausgangspunkt der Qualifikation und zugleich das berufene Qualifikationsstatut.61 Wie im nationalen IPR ist ein Anknüpfungsgegenstand des EU-Kollisionsrechts, der nach der lex fori ausgelegt wird, rechtsvergleichend zu untersuchen.62 Die rechtsvergleichende Untersuchung beschränkt sich dabei auf eine ergänzende Rolle zu den Regelungsvorstellungen des EU-Kollisionsrechts. Denn je mehr das EU-Kollisionsrecht als lex fori regelt, desto mehr Anhaltspunkte bieten sich, um die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands autonom aus dem Unionskolli56 

Vgl. Lipstein, in: Lipstein, Encyclopedia Comparative Law (2011), 5-19 und 5-21; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé (2013), S.  253; Batiffol/La­ garde, Droit international privé I (1993), S.  478–480. 57  Im Ergebnis auch Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191. 58  Vgl. zum Deliktsrecht Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  45 f. 59  Vgl. M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 66 f.; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191. 60  M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 66; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191. 61  Vgl. M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 66; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191; zweifelnd Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  44–46. 62  Vgl. z. B. EuGH, 14.12.2006 – C-283/05, Slg 2006 I, 12041 – ASML/SEMIS, Rn.  23.

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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sionsrecht selbst heraus zu entwickeln, und desto weniger kommt es auf den Konsens der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen im Rechtsvergleich an. Mit fortschreitender Vereinheitlichung des Kollisionsrechts auf EU-Ebene, ein „Recht im Werden“63 wie das Europäische Privatrecht insgesamt, nimmt die Bedeutung der rechtsvergleichenden Methode ab.64 Für die Gesellschafternachfolge von Todes wegen ist allerdings auf rechtsvergleichende Untersuchungen in ihrer ergänzenden Funktion nicht zu verzichten. Denn im Bereich des Gesellschaftskollisionsrechts fehlt es auf EU-Ebene gänzlich an formell gesetzlichen Anhaltspunkten, um eine Qualifikation an der Schnittstelle von Erb- und Gesellschaftsrecht vornehmen zu können. 4. Europäischer Auslegungskanon Das Qualifikationsstatut ist also die lex fori, dessen Ausgangspunkt das EU-Kollisionsrecht ist. Wie mit dessen normativen Anhaltspunkten in der Qualifikationsfrage methodisch umzugehen ist, erklärt sich über den unionsrechtlichen Auslegungskanon unter Berücksichtigung rechtsvergleichend-funktionaler Elemente. Der europäische Auslegungskanon ist der Methodik des deutschen Rechts ähnlich und besteht aus den Kategorien des Wortlauts, der Systematik, des Telos, der historischen, primärrechtskonformen sowie rechtsvergleichenden Auslegung.65 Sie haben sich in der ständigen Rechtsprechung des EuGH etabliert.66 a) Wortlaut Die Wortlautauslegung sieht sich mit der Sprachenvielfalt innerhalb der EU konfrontiert. Das Amtsblatt der EU, in dem sämtliche EU-Rechtsakte wie die ­EuErbVO verkündet werden, erscheint in allen Amtssprachen der Mitgliedsstaaten.67 Jede Sprache ist in der Wortlautauslegung gleichberechtigt zu berücksichtigen.68 63  Riesenhuber, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 317, 338; ähnlich auch Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 105 f. und 109 sowie Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 192. 64  M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 67. 65  Eingehend Nehne, Methodik EU-IPR (2012), S.  54–80; siehe auch Schwarze/Becker/ Hatje/Schoo-Schwarze, Art.  19 EUV Rn.  36; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 190; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 109 f. 66  EuGH, 13.11.2008 – C-324/07, Slg. 2008 I, 8457 – Coditel Brabant, Rn.  73; EuGH, 17.4.2008 – C-404/06, Slg. 2008 I, 2685 – Quelle AG, 2725 f.; EuGH, 11.11.1997 – C-251/95, Slg. 1997 I, 6191 – Sabèl, 6223 f.; EuGH, 23.3.1982 – C-53/81, Slg. 1982, 1035 – Levin, 1048. 67  Art.  5 VO (EWG) 1/1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft vom 6.10.1958, ABl.  EWG 1958 L 17/385. 68  EuGH, 6.10.1982 – C-283/81, Slg. 1982, 3415 – C.I.L.F.I.T., 3430; Riesenhuber, in: Rie-

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b) Systematik Die systematische Auslegung berücksichtigt den Normkontext der jeweiligen Regelung. Zu diesem zählen die Regelungen und Erwägungsgründe in der ­EuErbVO selbst, aber auch andere EU-Rechtsakte, in denen sich der Systembildungswille des europäischen Gesetzgebers ausdrückt.69 Um die jeweiligen Rechtsquellen im Einzelnen der systematischen Auslegung zuzuordnen und sie zugleich von denen der Rechtsvergleichung abzugrenzen, sind zunächst sämtliche Rechtsquellen zu nennen, die die Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen bestimmen. So kommen im Primärrecht die Grundfreiheiten im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)70 und die in das Primärrecht einbezogene Charta der Grundrechte der Europäischen Union71 (vgl. Art.  6 Abs.  1 UAbs.  1 EUV) in Betracht, während das Sekundärrecht in Form von EU-Verordnungen normative Anhaltspunkte in prozessrechtlicher72, kollisionsrechtlicher73 und sachrechtlicher74 Hinsicht bereithält.75 Schließlich fließen auch Regelungsvorstellungen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen ein, die im Gesetzgebungsprozess der EuErbVO berücksichtigt wurden. Diese Fülle an Rechtsquellen kann nur beherrschen, wer sie methodisch zwischen lex fori und Rechtsvergleichung verortet. Denn diese Abgrenzung entscheidet darüber, ob die jeweilige Norm als lex fori zum unverzichtsenhuber, Methodenlehre (2010), 317, 322 f.; Kroiß/Horn/Solomon-Greil-Lidl/Köhler, Einf EuErbVO Rn.  6. 69  Riesenhuber, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 317, 327; Kroiß/Horn/Solomon-Greil-Lidl/Köhler, Einf EuErbVO Rn.  6. 70  Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 26.10.2012, ABl.  EU 2012 C 326/47. 71  Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 26.10.2012, ABl.  EU 2012 C 326/391; vgl. zur Einbeziehung in die EuErbVO: Erwägungsgrund 81 EuErbVO. 72  Insbesondere Brüssel Ia-VO, Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl.  EU 2012 L 351/01. 73  Neben der EuErbVO insbesondere die Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  I-VO), ABl.  EG 2008 L 177/6 sowie die Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  II-VO), ABl.  EG 2007 L 199/40. 74  EWIV-VO (Verordnung (EWG) Nr.  2137/85 des Rates vom 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl.  EWG 1985 L 199/1); SE-VO (Verordnung (EG) Nr.  2157/ 2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl.  EG 2001 L 294/1); SCE-VO (Verordnung (EG) Nr.  1435/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl.  EU 2003 L 207/1). 75  Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 110 f.

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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baren Kern der systematischen Auslegung gehört oder im Rahmen der Rechtsvergleichung nur ergänzend heranzuziehen ist.76 Zur lex fori gehört das EU-Kollisionsrecht, dessen Begriffe und Regelungsvorstellungen die Grundlage der Auslegung bilden.77 Denn nur soweit das Kollisionsrecht selbst die Begriffsauslegung bestimmt, wird sie der kollisionsrechtlich autonomen Methode gerecht.78 Von der lex fori sind ebenso Rechtsquellen umfasst, die vom EU-Kollisionsrecht selbst zur Anwendung berufen sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Brüssel I-VO, auf die die Erwägungsgründe 7 der Rom  I- und Rom  II-VO verweisen. Dieser Verweis ist in der europäischen Methodik zum Prinzip der verordnungsübergreifenden Auslegung verallgemeinert worden, so dass über den konkreten Verweis hinaus und im Kontext der EuErbVO Begriffe und Regelungsvorstellungen anderer EU-Verordnungen zum Kollisions- und Prozessrecht zu berücksichtigen sind.79 Diese Regelungen sind im Rahmen der systematischen Auslegung zu untersuchen. Nicht zur lex fori allerdings zählt das Sachrecht der EU, soweit vereinzelte Rechtsakte im Gegensatz zum EU-Kollisionsrecht kein rechtsaktübergreifendes Begriffssystem erkennen lassen und daher nur eingeschränkt zur Auslegung kollisionsrechtlicher Systembegriffe taugen.80 Solches EU-Sachrecht ist, ebenso wie mitgliedstaatliche Regelungen, in der rechtsvergleichenden Auslegung zu berücksichtigen. Freilich ist in der rechtsvergleichenden Auslegung Vorsicht geboten. Die kollisionsrechtliche Begriffsbildung ist das Ziel der Untersuchung, und nicht immer sind Begriffe aus anderen Regelungsbereichen übertragbar. Insbesondere im Sachrecht muss daher sorgfältig geprüft werden, ob und inwiefern hier gewonnene Anhaltspunkte auf den Normkontext des Kollisionsrechts projizierbar sind.81 c) Telos Dem Regelungszweck, dem in der teleologischen Auslegung nachzugehen ist, kommt eine entscheidende Bedeutung zu – vor allem, wenn Wortlaut und Syste76 

Vgl. anschaulich zur Abgrenzung von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  651: „Die autonom‑internationalprivatrechtliche Qualifikation ist […] die Herrin und rechtsvergleichende die Dienerin.“ 77  Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191. 78  Zum kollisionsrechtlichen Autonomiegebot bereits S. 95. 79  Vgl. Kroiß/Horn/Solomon-Greil-Lidl/Köhler, Einf EuErbVO Rn.  6; Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  60; Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 110 f.; F. Ferrari, IPRax 2007, 61, 62. 80  Vgl. Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 191; Sonnenberger, in: FS Kropholler (2008), 227, 240. 81  Heinze, in: FS Kropholler (2008), 105, 111.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

matik in der jeweiligen Auslegungsfrage nicht hinreichend Aufschluss geben.82 In der Gesellschafternachfolge von Todes wegen sind insofern der Regelungszweck der einzelnen Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich sowie die Ziele der EuErbVO insgesamt zu untersuchen. Eine funktionale Untersuchung im Kollisionsrecht muss freilich nicht nur die Zielsetzungen der Kollisionsnormen, sondern auch den teleologischen Hintergrund der Sachnormen einschließen.83 Geht es im Qualifikationsprozess um die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands, steht zwar die kollisionsrechtliche Begriffsbildung im Vordergrund. In der darauf folgenden Subsumtion der Rechtsfrage, die als zweiter Schritt der Auslegung im Qualifikationsprozess folgt, sind jedoch die Ziele der mitgliedstaatlichen Sachnormen gleichermaßen von Relevanz. Denn bei der Subsumtion geht es gerade darum, die aus dem Sachrecht herrührende Rechtsfrage unter die jeweilige Kollisionsnorm zu fassen.84 Diese Zuordnung setzt voraus, die funktionale Schnittmenge beider Vorschriftentypen zu ermitteln (funktionale Qualifikation).85 Dazu müssen Sach- und Kollisionsnorm teleologisch eingeordnet werden.86 Die Subsumtion einer Rechtsfrage unter den Anknüpfungsgegenstand stellt sich daher methodisch betrachtet vor allem als ein rechtsvergleichender Schritt von (EU-)Kollisions- und nationalem Sachrecht dar. d) Historie Im Rahmen der historischen Auslegung ist der Entstehungsprozess der Rechtsakte und der dahinterstehende Wille des Gesetzgebers zu erforschen, indem die zugänglichen Materialien wie Regelungsvorschläge, Stellungnahmen und Erwägungsgründe ausgewertet werden.87 e) Primärrechtskonforme Auslegung In der Gesetzgebung zu Sekundärrechtsakten hat sich der Unionsgesetzgeber an die Vorgaben des Primärrechts, namentlich die EU-Grundfreiheiten und EU-Grundrechte zu halten.88 Vorgaben des Primärrechts sind daher im Rahmen 82 

Vgl. Riesenhuber, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 317, 334. Rauscher, IPR (2017), S.  119. 84  Vgl. Rauscher, IPR (2017), S.  119. 85  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  42; Looschelders, ZVglRWiss 95 (1996), 48, 65. 86  Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  2. 87  Riesenhuber, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 317, 331; Kroiß/Horn/Solomon-Greil-Lidl/Köhler, Einf EuErbVO Rn.  6. 88  Vgl. Art.  6 Abs.  1 UAbs.  1 EUV; zur konkreten Einbeziehung in die EuErbVO: Erwägungsgrund 81 EuErbVO. 83 

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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der primärrechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen, die aufgrund der normhierarchischen Stellung des Primärrechts Vorrang gegenüber den anderen Auslegungskriterien haben.89 An den Vorgaben des Primärrechts ist nicht nur das mitgliedstaatliche Recht zu messen, sondern auch das EU-(Sekundär-)recht selbst. Der EuGH leitet diesen unionsrechtsinternen Vorrang aus dem Grundsatz der Rechtseinheit ab.90 Zum Primärrecht zählen nicht nur die Grundfreiheiten, sondern auch die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta, wie sich aus dem Verweis des Art.  6 Abs.  1 EUV ergibt.91 f) Rechtsvergleichende Auslegung Ergänzend zur Auslegung der lex fori sind rechtsvergleichende Untersuchungen anzustellen.92 Sie rechtfertigen sich über kollisions- und unionsrechtliche Überlegungen. In kollisionsrechtlicher Hinsicht begründete Rabel in einem der „berühmtesten Aufsätze der deutschen internationalprivatrechtlichen Literatur“93 die rechtsvergleichende Qualifikation: „Ein Rechtskomplex, der es mit allen Rechten der Erde zu tun hat, muß sie alle in den Kreis seiner Vorsorge einbeziehen.“94 Daher seien Begriffe des Kollisionsrechts aus der Gesamtheit der zu vergleichenden materiellen Rechte zu entwickeln.95 Die rechtsvergleichende Methode findet also nach Rabel ihre Rechtfertigung in der internationalen Funktion des Kolli­ sions­rechts: Unabhängig welcher Rechtsordnung der Sachverhalt entstammt, müsse das Kollisionsrecht die Antwort zum anwendbaren Recht bereithalten. Das Kollisionsrecht hat dem Rabel’schen Ideal nach zu allen Rechtsordnungen zu passen, die daher in der Auslegung kollisionsrechtlicher Begriffe zu berücksichtigen seien.96 Obschon die Berücksichtigung aller Rechtsordnungen nicht durchführbar ist, bleibt der Rabel’sche Ansatz erhalten, das Kollisionsrecht mit Hilfe der Rechtsvergleichung auszulegen. Denn sein Ausgangspunkt – die internationale Funk­ 89  Riesenhuber, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 317, 341; Leible/Domröse, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 252, 275; Nehne, Methodik EU-IPR (2012), S.  78. 90  EuGH, 9.3.2006 – C-499/04, Slg. 2006 I, 2397 – Werhof, 2424; EuGH, 1.4.2004 – C-1/02, Slg. 2004 I, 3219 – Borgmann, 3248; der Gerichtshof hat bereits EU-Sekundärrecht für ungültig erklärt, das er für unvereinbar mit Unionsgrundrechten gehalten hat: EuGH, 9.11.2010 – C-92/09 und C-93/09, Slg. 2010 I, 11063 – Schecke, 3. Leitsatz. 91  Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht (2018), S.  308 (Rn.  679). 92  Vgl. Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 124. 93  von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  649. 94  Rabel, RabelsZ 5 (1931), 241, 282. 95  Rabel, RabelsZ 5 (1931), 241, 257. 96  Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (1996), S.  34 f.; von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  650.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

tion des Kollisionsrechts – hat als Begründung der rechtsvergleichenden Methode nicht an Gültigkeit verloren.97 Der unionsrechtliche Hintergrund verfeinert den Rabel’schen Ansatz dahingehend, dass zum Kreis der zu untersuchenden Rechtsordnungen nur diejenigen der Mitgliedsstaaten gehören.98 Diesen unionsrechtlichen Hintergrund der rechtsvergleichenden Methode begreift, wer die Entstehung des EU-Privatrechts betrachtet.99 Denn die Grundlage eines jeden privatrechtlichen EU-Rechtsakts ist eine Bestandsaufnahme der mitgliedstaatlichen Regelungen.100 Häufig geschieht diese in der Form eines Grünbuchs101, aber auch Gutachten renommierter Rechtsinstitute sind im Entstehungsprozess anzutreffen, die die einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen näher beleuchten.102 Diese Bestandsaufnahme verfolgt im EU-Privatrecht vor allem ein Ziel: Regelungsunterschiede aufzudecken und diese in der anschließenden Harmonisierung im Rechtsraum der EU zu nivellieren. Auf diese Weise soll der EU-Binnenmarkt, auf dessen Förderung sich die EU in Art.  26 Abs.  1 AEUV festgelegt hat, gestärkt werden.103 EU-Rechtsakte des Privatrechts entstehen also auch aus den Regelungsvorbildern der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen, zumal eine EU-Regelung ohne erkennbaren Bezug zu den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen kaum konsensfähig wäre.104 Nur die Rechtsvergleichung kann dieser Genese gerecht werden und sicherstellen, dass die mitgliedstaatlichen Regelungen in der Auslegung der EU-Rechtsakte berücksichtigt werden. Aufgrund spärlich verfügbarer Informa­ tio­nen zum rechtsvergleichenden Einfluss auf die EU-Gesetzgebung kann man freilich nicht immer mit Sicherheit feststellen, ob eine unionsrechtliche Regelung auf Vorbilder aus den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zurückgreift.105 Erst die nachträgliche rechtsvergleichende Analyse kann in solch einem Fall

97 

Vgl. auch Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016) S.  41. Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 119 („reduzierte Art“ der Rechtsvergleichung). 99  Vgl. Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 116. 100  Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112 ,118 f.; vgl. auch Erwägungsgrund 20 S.  1 und Erwägungsgrund 47 EuErbVO. 101  Zur EuErbVO: Grünbuch der Kommission vom 1.3.2005 zum Erb- und Testamentrecht, KOM (2005) 65 endg.; aber z. B. auch für EuMahnVO: Grünbuch der Kommission vom 20.12.2002 über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert, KOM (2002) 746 endg. 102  Zur EuErbVO: Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522. 103  Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 119; zur EuErbVO: Grünbuch der Kommission vom 1.3.2005 zum Erb- und Testamentrecht, KOM (2005) 65 endg., S.  3. 104  Finkelmeier, Qualifikation EBV (2016), S.  62. 105  Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 120. 98 

A. Qualifikation im EU-Kollisionsrecht

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Ähnlichkeiten zu mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen aufdecken, die auf einen entsprechenden rechtsvergleichenden Einfluss schließen lassen.106 Im Gegensatz zum Rabel’schen Ansatz, der den Vergleich aller Rechtsordnungen zum Ideal erklärt, reduziert der unionsrechtliche Hintergrund die Auswahl der zu untersuchenden Rechtsordnungen: Da sich der unionsrechtliche Regelungsbedarf wie oben dargestellt nur an den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen ausrichtet, sind auch nur diese in der rechtsvergleichenden Auslegung zu berücksichtigen.107 Dabei ist nicht nur das jeweilige Sachrecht, sondern auch das mitgliedstaatliche Kollisionsrecht, wie es vor Inkrafttreten der EuErbVO galt, zu untersuchen. Denn nicht nur die sachrechtlichen Institute der Mitgliedsstaaten wurden im Entwicklungsprozess der EuErbVO berücksichtigt, sondern auch die nationalen Regelungen des Kollisionsrechts.108 Innerhalb des Unionsrechts sind sachrechtliche Anhaltspunkte, die außerhalb der kollisionsrechtlichen Begriffsbildung der unionsrechtlichen lex fori liegen, ebenso rechtsvergleichend heranzuziehen.109 Um konkrete Regelungen der genannten Rechtsordnungen auswählen und vergleichen zu können, muss ihre Funktion herausgearbeitet werden. Denn „vergleichbar ist im Recht nur, was […] dieselbe Funktion erfüllt“110. Eine solche funktionale Betrachtung verpflichtet dazu, das zu untersuchende Sachproblem aus den jeweiligen Systembegriffen herauszulösen und auf seinen Regelungszweck hin zu reduzieren.111 Nur auf diese Weise entsteht eine Analyse, die sich von der Dogmatik der eigenen Rechtsordnung löst und den Blick für andersartige Regelungsmöglichkeiten desselben Sachproblems öffnet.112 5. Ergebnis zum unionsrechtlichen Qualifikationsverständnis Das unionsrechtliche Qualifikationsverständnis lässt sich vor diesem Hintergrund folgendermaßen zusammenfassen: Zum Qualifikationsvorgang gehört sowohl die Auslegung des Anknüpfungsgegenstands als auch die folgende Subsumtion der Rechtsfrage (primäre Qualifikation) sowie des konkreten Rechtssatzes der berufenen Rechtsordnung (sekundäre Qualifikation). In der Frage des Qualifikationsstatuts ist der Grundsatz der lex fori auf die unionsrechtliche Qua106 

Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 120 f. Schwartze, in: Riesenhuber, Methodenlehre (2010), 112, 119 („reduzierte Art“ der Rechtsvergleichung). 108  Vgl. Grünbuch der Kommission vom 1.3.2005 zum Erb- und Testamentsrecht, KOM (2005) 65 endg., S.  4 f. 109  Vgl. M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 67. 110  Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (1996), S.  33. 111  Mit anschaulichen Beispielen Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (1996), S.  36 f. 112  Vgl. von Hoffmann/Thorn, IPR (2007), S.  230; Kropholler, IPR (2006), S.  126 f. 107 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

lifikation insofern übertragbar, als der normative Ausgangspunkt des Qualifika­ tions­vorgangs immer das EU-Kollisionsrecht ist und dessen Regelungen im Sinne autonomer Begriffsbildung den Kern der Begriffsbildung bilden. Methodisch ist in der Auslegung des Anknüpfungsgegenstands auf die europäischen Canones und in ergänzender Weise auf rechtsvergleichend-funktionale Untersuchungen zurückzugreifen. Die Subsumtion von Rechtsfrage und Rechtssatz baut auf dem Auslegungsergebnis zum Anknüpfungsgegenstand auf und muss nach der funktionalen Schnittmenge von unionsrechtlichem und mitgliedstaatlichem Begriffsverständnis fragen.113

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen Die Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen bestimmt sich insbesondere nach den Regelungen des EU-Primärrechts und der EuErbVO. Aber auch auf das mitgliedstaatliche IPR ist zurückzugreifen, soweit eine Bereichsausnahme der EuErbVO einschlägig ist und keine andere EU-Verordnung zum Kollisonsrecht die jeweilige Rechtsfrage regelt. I. EU-Primärrecht Die primärrechtliche Dimension der Gesellschafternachfolge von Todes wegen hat im kollisionsrechtlichen Kontext bisher wenig Beachtung gefunden.114 Lediglich die Niederlassungsfreiheit (Art.  49 AEUV) ist bisher dahingehend berücksichtigt worden, ob und inwieweit dem Gesellschaftsstatut Vorrang gegenüber dem Erbstatut gebührt.115 Anderen primärrechtlichen Positionen wie der Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV) oder der Testierfreiheit (Art.  17 GrCH) ist man bisher in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen nicht nachgegangen, obwohl diese die Qualifikationsergebnisse zugunsten des Erbstatuts beeinflussen.

113 

Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  2. Bisher nur Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 735–747; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo‑BGB‑Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; D. Paulus, notar 2016, 3, 9 f. 115  Zur Vorrangdiskussion im Einzelnen S. 159  ff. 114 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 115

1. Kollisionsrechtliche Relevanz des EU-Primärrechts Die Grundfreiheiten und Grundrechte der EU-Grundrechtecharta werten die Anknüpfungsinteressen der Beteiligten primärrechtlich auf. a) Schutzumfang und das Prinzip der engsten Verbindung Soweit ihr Schutzumfang reicht, drängen die Primärrechte zur Anwendung der Rechtsordnung, zu der der jeweils geschützte Personenkreis seine engste Verbindung im Savigny’schen Sinne hat.116 Deshalb ist kollisionsrechtlich entscheidend, zum einen die Rechtsordnung der engsten Verbindung zu bestimmen und zum anderen den jeweiligen primärrechtlichen Schutzumfang festzulegen. In der Gesellschafternachfolge von Todes wegen ist die engste Verbindung je nach Personenkreis unterschiedlich zu beurteilen. Für die Erblasser, Erben und Pflichtteilsberechtigten besteht ihre engste Verbindung zum Erbstatut. Dies ergibt sich aus der EuErbVO, die die Rechte und Pflichten dieser Personen aus dem Erbfall dem Erbstatut zuordnet (Art.  23 Abs.  2 lit.  b, d und h EuErbVO). Die Gesellschaft und Mitgesellschafter haben ihre engste Verbindung hingegen zum Gesellschaftsstatut, wie sie sich aus den Vorgaben der EuGH-Judikatur zur Niederlassungsfreiheit ergibt.117 Schützt das Primärrecht nun einen dieser Personenkreise, streiten die einschlägigen Grundfreiheiten oder EU-Grundrechte dafür, die Rechtsordnung der jeweils engsten Verbindung anzuwenden. Soweit der Schutz der Kapitalverkehrsund Testierfreiheit zugunsten von Erblasser, Erben und Pflichtteilsberechtigten reicht, fordern sie also als Teil des Primärrechts dazu auf, die jeweilige Rechtsfrage erbrechtlich zu qualifizieren.118 Ist aber die Niederlassungsfreiheit in der jeweiligen Nachfolgefrage einschlägig, liegt eine gesellschaftsrechtliche Qualifi116  „[...] daß bei jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet ausgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist.“, v. Savigny, Römisches Recht VIII (1849) S.  28; vgl. zur kollisionsrechtlichen Schutzrichtung der Niederlassungsfreiheit: BGH, 13.3.2003, BGHZ 154, 185, 190 („Das erfordert es, die Kl. [eine Gesellschaft niederländischen Rechts, Anm. d. Verf] nach deutschem internationalen Gesellschaftsrecht hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit dem Recht des Staates zu unterstellen, in dem sie gegründet worden ist.“); vgl. zur Testierfreiheit Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  50 f. m. w. N. sowie Vassilakakis, ZfRV 2016, 75, 77, die in der Anwendung des Erbstatuts die Testierfreiheit des Erblassers gefördert sehen – freilich ohne Bezug zu Art.  17 GrCH. 117  Die engste Verbindung besteht demzufolge entweder zum Gründungsstatut, sofern die Gesellschaft in der EU oder im EWR gegründet wurde, oder zum Sitzstatut, sofern die Gründung in einem Drittstaat erfolgte; eingehend zu dieser differenzierten Anknüpfung S. 150  ff. 118  Vgl. Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  50 f. m. w. N. sowie Vassilakakis, ZfRV 2016, 75, 77.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

kation nahe, die dem Interessenschutz von Gesellschaft, Gesellschaftern und Gläubigern dienen würde.119 Das Primärrecht hat in der Gesellschafternachfolge mithin eine unterschiedliche Schutzrichtung. Welches Primärrecht die Qualifikation der jeweiligen Rechtsfrage bestimmt, richtet sich nach dem noch darzulegenden Schutzumfang von Kapitalverkehrs-, Testier- und Niederlassungsfreiheit im Kontext der Gesellschafternachfolge. b) Beschränkungen: primäre und sekundäre Qualifikation Die Qualifikation einer Rechtsfrage kann das jeweilige Primärrecht beschränken. Eine solche Beschränkung ist in zweierlei Hinsicht möglich. Zum einen kann allein die Anwendung einer Rechtsordnung, die im Rahmen der primären Qualifikation zu ermitteln ist, in die Primärrechte eingreifen. Ein solcher Eingriff liegt vor, sofern die zu qualifizierende Rechtsfrage dem Schutz des Primärrechts unterliegt und in der Qualifikation eine andere Rechtsordnung berufen wird als diejenige, zu der die berechtigte Person ihre engste Verbindung hat. Die Eingriffsqualität folgt schon aus dem kollisionsrechtlichen Gehalt der Kapitalverkehrs-, Testier- und Niederlassungsfreiheit, deren Schutz die Rechtsordnung umfasst, zu der die berechtigte Person ihre engste Verbindung hat. Eine andere Rechtsordnung ist dem Berechtigten nach der normativen Wertung der jeweiligen Anknüpfung fremd. Findet zum Beispiel auf Rechtsfragen, die die Testierfreiheit des Gesellschafter-Erblassers betreffen, nicht das Erb-, sondern das Gesellschaftsstatut Anwendung, ist dies bereits ein Eingriff in die Testierfreiheit des Gesellschafter-Erblassers und verlangt nach einer Rechtfertigung. Kann ein Eingriff nicht gerechtfertigt werden, ist das Ergebnis der primären Qualifikation primärrechtskonform dahingehend zu korrigieren, dass die Rechtsordnung zur Anwendung gelangt, zu der der primärrechtlich geschützte Personenkreis seine engste Verbindung hat. Zum anderen können die primärrechtlichen Positionen über die zur Anwendung berufenen Sachnormen eingeschränkt sein, die im Rahmen der sekundären Qualifikation zu ermitteln sind. Ist zum Beispiel das Erbstatut anwendbar und kommen im Rahmen der sekundären Qualifikation nicht die allgemeinen erbrechtlichen Regeln des Erbstatuts, sondern seine Sonderregeln der Gesellschafternachfolge zur Anwendung, können die Sonderregeln die Testierfreiheit des Erblassers im Vergleich zu den allgemeinen erbrechtlichen Regeln einschränken. So beeinträchtigt die Sonderregel der deutschen Gesellschafternachfolge, dass Personengesellschafter der Verwaltungstestamentsvollstreckung in die Anteile ihrer Gesellschaft zustimmen müssen (sog. Testamentsvollstreckungsklausel), 119 

Vgl. Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 737.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 117

die Testierfreiheit des Erblassers, der nach den allgemeinen Regeln des deutschen Erbrechts (vgl. §  2197 Abs.  1 BGB) allein über die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers entscheidet. Auch hier muss bei einem ungerechtfertigten Eingriff das Ergebnis der sekundären Qualifikation dahingehend korrigiert werden, dass nicht mehr die beschränkenden Sachnormen, sondern die allgemeinen Regeln des Erbrechts zur Anwendung gelangen. 2. EU-Primärrecht im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Um die Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen primärrechtskonform zu qualifizieren, muss dem Schutzumfang, möglichen Beschränkungen und ihrer Rechtfertigung im Rahmen der betroffenen Position des EU-Primärrechts nachgegangen werden. a) Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV) im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Auf Seiten der Erben und Pflichtteilsberechtigten streitet die Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV) in allen Rechtsfragen, die den Rechtserwerb von Todes wegen betreffen. aa) Schutzumfang Der Begriff des Kapitalverkehrs ist im Unionsrecht nicht definiert, wird aber dahingehend verstanden, dass jede grenzüberschreitende Übertragung von Geld- oder Sachkapital im EU­-Raum in den sachlichen Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit fällt.120 Vom persönlichen Schutzbereich sind dabei grundsätzlich sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber erfasst, unabhängig davon, ob sie in einem EU-Mitgliedsstaat ansässig sind oder dessen Staatsangehörigkeit innehaben.121 Entscheidend allein ist die Kapitalbewegung im EURaum (sog. Binnenmarktprinzip).122 Auch der Erwerb von Todes wegen ist von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst.123 Es handelt sich dabei um Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter, wie sich aus der Rubrik XI des Anhangs I der

120  Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art.  63 AEUV Rn.  10; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  63 AEUV Rn.  7; Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  63 AEUV Rn.  20. 121  von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  63 AEUV Rn.  10. 122  Ibid. 123  EuGH, 23.2.2006 – C-513/03, Slg. 2006 I, 1981–2000 – van Hilten, I-1996; Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  63 AEUV Rn.  19; Knepper, ZErb 2006, 83, 83; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  88 f.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

Richtlinie 88/361124 ergibt, die der Gerichtshof in seiner van Hilten-Entscheidung auf die primärrechtliche Ebene übertragen hat.125 Da der Erwerb von Todes wegen frühestens mit dem Tode des Erblassers stattfindet, sind nicht der Erblasser, sondern nur die Nachlasserwerber vom Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit umfasst.126 Freilich setzt die Kapitalverkehrsfreiheit voraus, dass den Begünstigten überhaupt eine schützenswerte Vermögensposition zukommt. Insofern eignet sich zunächst jede Vermögensposition, die im Rahmen der Rechtsnachfolge von Todes wegen entsteht oder auf die Begünstigten übergeht.127 Wie sich ausdrücklich aus der Rubrik XI des Anhangs I der Richtlinie 88/361 ergibt, zählen zu diesen Vermögenspositionen nicht nur Erbschaften, sondern auch Vermächtnisse.128 Da diese Aufzählung nicht abschließend ist129, muss in Verallgemeinerung der Rubrik XI („Erbschaften und Vermächtnisse“) jeder Erwerb von Todes wegen von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst sein.130 Dazu zählt auch der Erwerb von Pflichtteilsrechten. Selbst wenn also eine Person nicht als Erbin in der Gesellschafternachfolge berücksichtigt ist, sie aber zum Kreis der Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten zählt, kann sie sich zum kapitalverkehrsrelevanten Zeitpunkt des Vermögensübergangs, also im Erbfall, auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Um ihre Berechtigung hinsichtlich dieser kapitalverkehrsrelevanten Vermögenspositionen zu beurteilen, ist entscheidend, nach welchem Recht sich ihre Berechtigung bestimmt. Erstens muss der Vermögensgegenstand, dessen Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen ist, in den Nachlass fallen, also vererblich sein. Ist er nicht vererblich, steht zum kapitalverkehrsrelevanten Zeitpunkt des Erbfalls kein Kapital zur Verfügung, das von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst sein könnte. Ob ein Vermögensgegenstand vererblich ist, beurteilt sich nach dem jeweiligen Vermögensrechtsstatut, im Fall eines Gesellschaftsanteils also nach dem Gesellschaftsstatut.131 Ist der Gesellschaftsanteil nach diesem Recht vererb124  Richtlinie (EG) 88/361/EWG des Rates vom 24.6.1988 zur Durchführung von Art.  67 des Vertrages, ABl.  EG 1988 L 178/5. 125  EuGH, 23.2.2006 – C-513/03, Slg. 2006 I, 1981–2000 – van Hilten, I-1996. 126  Vgl. EuGH, 23.2.2006 – C-513/03, Slg. 2006 I, 1981–2000 – van Hilten, I-1996; Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  63 AEUV Rn.  19; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  88 f. 127  Vgl. nur Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  63 AEUV Rn.  19, der jeden „Erwerb von Todes wegen“ vom Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter im Sinne der Rubrik XI des Anhangs I der Richtlinie 88/361 erfasst sieht. 128  Siehe auch Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  63 AEUV Rn.  19. 129  EuGH, 23.2.2006 – C-513/03, Slg. 2006 I, 1981–2000 – van Hilten, 1995 f. 130  Schnitger, IStR 2005, 493, 497; vgl. auch Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  63 AEUV Rn. 19. 131  Zur Qualifikation der Vererblichkeit im Einzelnen S. 181  ff.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 119

lich, liegt Kapital zum Zeitpunkt des Erbfalls als kapitalverkehrsauslösendes Ereignis vor. Der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ist in sachlicher Hinsicht eröffnet. Die persönliche Berechtigung hingegen unterliegt dem Erbstatut: Für den Erbschaftserwerb erschließt sich dies aus Art.  23 Abs.  2 lit.  b und lit.  e EuErbVO, für den Erwerb von Forderungen, die sich aus Vermächtnissen und Pflichtteilsrechten ergeben, aus Art.  23 Abs.  2 lit.  e sowie lit.  h EuErbVO. Liegen die Erwerbsvoraussetzungen nach dem Erbstatut vor, kann sich die berechtigte Person zum Zeitpunkt des Erbfalls als kapitalverkehrsauslösendes Ereignis auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen. bb) Beschränkung durch Sonderregeln beim Erwerb von Todes wegen Gemäß Art.  63 Abs.  1 AEUV sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten verboten. Der Begriff der Beschränkung wird in Anlehnung an die zur Warenverkehrsfreiheit entwickelte Dassonville-Formel weit verstanden und erfasst jede staatliche Maßnahme, die den Kapitalfluss im EU-Binnenmarkt unmittelbar oder mittelbar, aktuell oder potentiell beeinträchtigt.132 Nicht erforderlich ist, dass die schutzberechtigte Person von der Maßnahme diskriminiert, also anders als ein Inländer behandelt wird.133 Um eine uferlose Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit zu vermeiden, ist dieser weite Eingriffsbegriff im Sinne der Keck-Formel einzuschränken, die sich über die Warenverkehrsfreiheit hinaus zu einem dogmatischen Grundsatz der Grundfreiheiten verallgemeinert hat und daher auch für die Kapitalverkehrsfreiheit gilt.134 Wendet man die Keck-Formel entsprechend an, so greifen „Rahmenmodalitäten“135 nicht in die Kapitalverkehrsfreiheit ein, sofern sie für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten und den grenzüberschreitenden Zu- und Abfluss von Kapital rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren wie den inländischen Kapitalverkehr.136 Im Fall der Gesellschafternachfolge von Todes wegen könnte sich eine beschränkende Maßnahme zum Beispiel aus einem Urteil ergeben, das in Auslegung von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO den Erbschaftserwerb oder Forderungser132  Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  63 AEUV Rn.  14; von der Groeben/ Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  63 AEUV Rn.  14. 133  Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  63 AEUV Rn.  14. 134  Ursprünglich in EuGH, 24.11.1993 – C-267/91, Slg. 1993 I, 6097 – Keck zur Warenverkehrsfreiheit entwickelt; zur Übertragung der Keck-Formel auf die Kapitalverkehrsfreiheit: Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art.  65 AEUV Rn.  75; von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  63 AEUV Rn.  16. 135  Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art.  65 AEUV Rn.  75; von der Groeben/Schwarze/Hatje-Woj­ cik, Art.  63 AEUV Rn.  16. 136  Vgl. auch EuGH, Rs. C-412/97, Slg 1999, I-3845 – ED, Rn. 17.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

werb aus Vermächtnissen sowie Pflichtteilsrechten nach dem Gesellschaftsstatut bestimmt und damit gesellschaftsrechtlichen Sonderregeln unterwirft, die den jeweiligen Erwerb von Todes wegen einschränken. Insofern kommen gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Beschränkungen in Betracht, die im Rahmen der einzelnen Anknüpfungsfragen auf ihre kapitalverkehrsbeschränkenden Wirkungen zu untersuchen sind. cc) Rechtfertigung einer Kapitalverkehrsbeschränkung Um einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit zu rechtfertigen, bedarf es zunächst eines Rechtfertigungsgrundes, der schließlich mit der Kapitalverkehrsfreiheit als gegenläufige Rechtsposition abzuwägen ist. (1) Intuitus personae als Rechtfertigungsgrund Als Rechtfertigungsgrund kommen neben den geschriebenen Rechtfertigungsgründen in Art.  65 AEUV zwingende Gründe des Allgemeinwohls in Betracht.137 Um der Kapitalverkehrsfreiheit zur größtmöglichen praktischen Wirksamkeit (effet utile) zu verhelfen, sind Verstöße nur in Ausnahmefälle zu rechtfertigen.138 Rechtfertigungsgründe sind daher restriktiv und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen.139 Dieser Rechtfertigungsmaßstab entspricht den Grundsätzen, wie sie auch bezüglich anderer Verkehrsfreiheiten gelten140 und auf die im Folgenden zurückzugreifen ist. Rechtfertigungsgründe im Sinne des Art.  65 Abs.  1 lit.  b AEUV liegen zur Gesellschafternachfolge nicht vor. Denn Sonderregeln der Gesellschafternachfolge berühren weder die öffentliche Ordnung, also hoheitlich festgelegte Grundregeln, die wesentliche Interessen des Staates und seiner Einrichtungen schützen141, noch die öffentliche Sicherheit im Sinne der inneren oder äußeren Sicherheit eines Mitgliedsstaates.142 Ungeschriebene zwingende Gründe des Allgemeinwohls können die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge freilich rechtfertigen. Als zwingender Grund 137 

Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  65 AEUV Rn.  25; von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  65 AEUV Rn.  2; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  65 AEUV Rn.  1. 138  von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  65 AEUV Rn.  3; Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo-Glaesner, Art.  65 AEUV Rn.  1. 139  von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  65 AEUV Rn.  3; Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo-Glaesner, Art.  65 AEUV Rn.  1. 140  Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  65 AEUV Rn.  26; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  63 AEUV Rn.  22; Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art.  65 AEUV Rn.  12. 141  Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht (2018), S.  545 (Rn.  1091) und S.  438 (Rn.  911). 142  Ibid.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 121

des Allgemeinwohls eignet sich jeder beliebige Gemeinwohlbelang, wobei rein administrative Schwierigkeiten und wirtschaftliche Erwägungen außen vor bleiben.143 Als Gemeinwohlbelang kommen der intuitus personae sowie der Spezialitätsgrundsatz in Betracht. Denn sie sind, wie die rechtsvergleichende Untersuchung gezeigt hat144, der rechtliche Grund dafür, dass die jeweilige Sonderregel der Gesellschafternachfolge den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen vorgeht. Der intuitus personae überzeugt als Rechtfertigungsgrund. Für seine Gemeinwohlbedeutung spricht die Breite an rechtlichen Interessen, die mit ihm verbunden ist. Denn Sonderregeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen, die zum Schutze des intuitus personae bestehen, berühren die Interessen der Gesellschaft, der Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger. Die Gesellschaft sowie die unbeschränkt haftenden und organschaftlich zur Vertretung berechtigten Gesellschafter sind darauf angewiesen, einen geschäftskundigen und solventen Nachfolger für den verstorbenen Erblasser in ihren Reihen aufzunehmen. Anderenfalls droht der Gesellschaft über die organschaftliche Vertretungsmacht der Nachfolger der Abschluss existenzgefährdender Geschäfte, für die die unbeschränkt haftenden Gesellschafter schließlich einstehen müssten. Auch die Gesell­schafts­gläubiger haben ein Interesse daran, einen möglichst solventen Nachfolger des Erblassers als potentiellen Schuldner für Gesellschaftsverbindlichkeiten im Gesellschafterkreis zu wissen. Da in anderen Fällen allein der Anlegerschutz ausreicht, um die Gemeinwohlrelevanz zu bejahen145, muss daher erst recht die Interessenreichweite des intuitus personae der unionsrechtlichen Gemeinwohlschwelle genügen. Ferner erweist sich der intuitus personae als personengesellschaftsrechtliches Strukturmerkmal, das in sämtlichen untersuchten Rechtsordnungen kennzeichnend für den Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters ist und dessen Berücksichtigung zu zahlreichen Sonderregeln in der Gesellschafternachfolge geführt hat.146 Sie bringen damit die Wichtigkeit dieses personengesellschaftsrechtlichen Strukturmerkmals zum Ausdruck. Aufgrund seiner Interessenreichweite und strukturellen Bedeutung ist der intuitus personae daher ein Gemeinwohlbelang, der als zwingender Grund des Allgemeinwohls dazu infrage kommt, eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit zu rechtfertigen. Er gilt freilich nur so weit, wie der schicksalsgemeinschaft143 

Streinz-Sedlaczek/Züger, Art.  65 AEUV Rn.  31 f.; Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art.  65 AEUV Rn.  12 f. 144  Zur rechtsvergleichenden Prinzipienbildung S. 52  ff. 145  Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht (2018), S.  547 (Rn.  1096) m. w. N. 146  Siehe dazu bereits die Prinzipienbildung im Rahmen der Rechtsvergleichung unter S. 52  ff.; so auch Peitsmeyer, Vererbung Gesellschaftsanteile (2004), S.  56.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

lichsähnliche Verbund der Personengesellschafter unmittelbar betroffen ist. Bei Rechtsfragen, die Kommanditisten und Kapitalgesellschafter betreffen, kommt der intuitus personae mithin nicht in Betracht. Der Spezialitätsgrundsatz hingegen hat als formal-methodisches Prinzip keine Bedeutung für das Gemeinwohl. Erst der Regelungsinhalt und sein teleologischer Hintergrund können einen Zusammenhang zum Gemeinwohl herstellen. In der Konsequenz kann die Anwendung einer Sonderregel der Gesellschafternachfolge nicht mit dem Spezialitätsgrundsatz gerechtfertigt werden. (2) Verhältnismäßigkeit einer Kapitalverkehrbeschränkung Wie bei allen Grundfreiheiten muss eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit verhältnismäßig zu ihrem Zweck, hier zum Schutz des intuitus personae, sein.147 Verhältnismäßig ist eine Beschränkung, soweit sie geeignet und erforderlich ist, dem mit ihr verfolgten legitimen Zweck zu dienen, und dem Gebot des angemessenen Interessenausgleichs genügt.148 Um ein geeignetes Mittel zu sein, müssen die kapitalverkehrsbeschränkenden Maßnahmen den Schutz des intuitus personae fördern. Erforderlich sind sie, sofern sie das mildeste unter gleichgeeigneten Mitteln darstellen.149 Dem Gebot des angemessenen Interessenausgleichs genügen kapitalverkehrsbeschränkende Maßnahmen, soweit sie die miteinander in Konflikt stehenden Rechtspositionen – hier die Kapitalverkehrsfreiheit einerseits und der Schutz des intuitus personae andererseits – in einen angemessenen Ausgleich bringen.150 Ob der Schutz des intuitus personae eine Kapitalverkehrsbeschränkung schließlich rechtfertigt, ist im Teil zur Qualifi­ka­ tion der Rechtsfragen zu erörtern.151 b) Testierfreiheit (Art.  17 GrCH) im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Auf der Seite des Erblassers ist seine EU-grundrechtlich garantierte Testierfreiheit aus Art.  17 GrCH zu berücksichtigen, die, soweit ihr Schutzbereich reicht, gegen eine gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung spricht.152

147 

Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  65 AEUV Rn.  12. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht (2018), S.  546 (Rn.  1092) und S.  408 (Rn.  860). 149  Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht (2018), S.  93 (Rn.  193). 150  Ibid. 151  Siehe S. 188  ff. 152  Zur kollisionsrechtlichen Schutzrichtung bereits S. 116  f. 148 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 123

aa) Schutzumfang Wie sich aus Erwägungsgrund 81 EuErbVO ergibt, muss die primärrechtliche Auslegung der Verordnung nicht nur in Einklang mit den Grundfreiheiten stehen, sondern auch den Wertungen der EU-Grundrechte-Charta entsprechen. Zum Primärrecht zählen nicht nur die Grundfreiheiten, sondern auch die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta (Art.  6 Abs.  1 EUV). Der Erblasser kann sich insofern auf seine Eigentumsfreiheit nach Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH berufen. Hier heißt es: „Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben.“

Wie der Begriff “erworbenes Eigentum“ [Hervorh. d. Verf.] betont, handelt es sich bei Art.  17 GrCH um einen normgeprägten Schutzbereich, dessen Schutzgegenstand – das Eigentum – die mitgliedstaatlichen Gesetzgeber festlegen.153 Ausdrücklich ist davon das Recht des Erblassers umfasst, sein Eigentum zu vererben – mit anderen Worten: seine Testierfreiheit.154 Auch letztwillig soll er über seine Eigentumspositionen frei verfügen können und primärrechtlich abgesichert sein. Ähnlich wie die Kapitalverkehrsfreiheit hängt der Eigentumsschutz des Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH nicht davon ab, ob der Erblasser Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates ist oder dort ansässig ist. Träger des unionsrechtlichen Eigentumsrechts ist vielmehr jede natürliche und juristische Person.155 In der Gesellschafternachfolge von Todes wegen ist der Gesellschaftsanteil des Erblassers von der Testierfreiheit erfasst. Da sich das Eigentumsrecht freilich auch an den mit dem Gesellschaftsanteil verbundenen Rechten und Ansprüchen fortsetzt, muss sich die Testierfreiheit auch auf Ausgleichsansprüche erstrecken, die anstelle des Gesellschaftsanteils in den Nachlass fallen können. Dazu zählen zum Beispiel gesellschaftsrechtliche Abfindungsansprüche wie §  738 Abs.  1 S.  2 BGB. Da die Testierfreiheit die Erbeinsetzung miteinschließt, könnte der Schutz der Testierfreiheit über den Schutz des Erblassers hinaus auch das subjektive Erbrecht der jeweiligen Erben umfassen.156 Allerdings schützt Art.  17 GrCH ausweislich seines Wortlauts nur das Erworbene und nicht den Erwerb. Daher erfasst sein Schutzbereich nur bestehende Eigentumspositionen157 – nicht hinge153 

Calliess/Ruffert-Calliess, Art.  17 GrCH Rn.  3; Heselhaus/Nowak-Heselhaus, Art.  17 GrCH Rn.  36. 154  Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  40; Meyer-Bernsdorff, Art.  17 GrCH Rn.  17; Streinz-Streinz, Art.  17 GrCH Rn.  17. 155  Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  42; Heselhaus/Nowak-Heselhaus, Art.  17 GrCH Rn.  59. 156  So im Ergebnis wohl Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  41. 157  Jarass-Jarass, Art.  17 GrCH Rn.  6.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

gen bloße Chancen.158 Der Erbe ist erst geschützt, soweit sein Erbrecht die Schwelle zum eigentumsgleichen Anwartschaftsrecht überschreitet.159 Ein solches Anwartschaftsrecht als Vorstufe zum Vollerwerb im Erbfall (vgl. §  1922 Abs.  1 BGB) ist jedenfalls nach deutscher Rechtslage nicht möglich: Nur soweit der potentielle Erbe den Erbfall erlebt, kann er Erbe werden (§  1923 Abs.  1 BGB). Bis zum Erbfall bleibt offen, ob der potentielle Erbe den Erblasser überlebt, so dass das subjektive Erbrecht nicht ausreichend im anwartschaftsrechtlichen Sinne gesichert sein kann.160 Ein Anwartschaftsrecht auf den Erwerb der Erbschaft kann es daher jedenfalls nach deutschem Erbrecht nicht geben. Der Eigentumsschutz des Erben tritt erst mit dem Erbfall als Zeitpunkt des Eigentumserwerbs (§  1922 BGB) ein, an dem die Schwelle vom Erwerb zum Erworbenen überschritten wird.161 Das subjektive Erbrecht, also die Aussicht des Erben auf den Erbschaftserwerb, erfährt mithin keinen primärrechtlichen Schutz. Bis zum Erbfall ist allein der Erblasser von Art.  17 GrCH geschützt. bb) Beschränkung durch Sonderregeln der Gesellschafternachfolge Sonderregeln der Gesellschafternachfolge können die Möglichkeiten des Erblassers, seine Gesellschafternachfolge zu gestalten, verkürzen und seine Testierfreiheit einschränken. Solche Einschränkungen ergeben sich aus dem Gesellschaftsstatut und gesellschaftsrechtlich bedingten Sonderregeln. Der Testierfreiheit werden insofern durch gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Einschränkungen des Erbschaftserwerbs sowie der Testamentsvollstreckung Grenzen gesetzt, die der Rechtfertigung bedürfen.162 Die Intensität dieser Einschränkungen erreicht freilich nicht die Schwelle eines enteignenden Eingriffs im Sinne von Art.  17 Abs.  1 S.  2 GrCH, da Testiermöglichkeiten wie die Erbeinsetzung erhalten bleiben.163 Insofern ist in den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge nur eine Nutzungsregelung im Sinne des Art.  17 Abs.  1 S.  3 GrCH zu sehen, die dazu bestimmt sein muss, dem Allgemeinwohl zu dienen.

158 

Jarass-Jarass, Art.  17 GrCH Rn.  7. Streinz-Streinz, Art.  17 GrCH Rn.  17. 160  MüKo-BGB-Leipold, §  1922 BGB Rn.  135; Burandt/Rojahn-Große-Boymann, §  1922 BGB Rn.  13. 161  Meyer-Bernsdorff, Art.  17 GrCH Rn.  17; vgl. Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  41. 162  Zur primärrechtskonformen Qualifikation gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklauseln: S. 187  ff. und Sonderregeln der Testamentsvollstreckung S. 216  ff. 163  Vgl. zur Eingriffsschwelle im Sinne eines enteignenden Eingriffs Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  45 sowie Heselhaus/Nowak-Heselhaus, §  32 Rn.  67– 69. 159 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 125

Im Gegensatz zur Kapitalverkehrsfreiheit kommt es für die Frage einer Beschränkung nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt an. Während für die Kapitalverkehrsfreiheit der Zeitpunkt des Vermögensübergangs entscheidend ist, hängt eine Einschränkung der Testierfreiheit allein davon ab, inwieweit die Testiermöglichkeiten des Erblassers, die sich grundsätzlich nach dem Erbstatut richten164, mit einer gesellschaftsrechtlich bedingten Sonderregel verkürzt werden. Insofern kann die Testierfreiheit des Erblassers auch dann eingeschränkt sein, wenn die anzuknüpfende Rechtsfrage ihre Wirkungen erst nach dem für den Vermögensübergang relevanten Zeitpunkt des Erbfalls zeitigt: zum Beispiel im Fall einer vom Erblasser angeordneten Verwaltungstestamentsvollstreckung. Gegen die Zulässigkeit einer Verwaltungstestamentsvollstreckung können sich gesellschaftsrechtlich bedingte Einwände ergeben, die in Form von Sonderregeln die Testierfreiheit des Erblassers einschränken.165 cc) Rechtfertigung einer Beschränkung der Testierfreiheit Wie auch die Grundfreiheiten sind Unionsgrundrechte nicht schrankenlos garantiert. Nutzungsregelungen im Sinne des Art.  17 Abs.  1 S.  3 GrCH sind als Beschränkungen der Testierfreiheit gerechtfertigt, soweit sie dem Gemeinwohl dienen und verhältnismäßig gegenüber der Testierfreiheit sind.166 Zwar wird der Begriff des Gemeinwohls weiter verstanden als der aus der Dogmatik der Grundfreiheiten bekannte Rechtfertigungsgrund des zwingenden Allgemeinwohls.167 Für die Testierbeschränkungen in der Gesellschafternachfolge kommt als Rechtfertigungsgrund trotz des weiteren Gemeinwohlverständnisses aber nur der Schutz des intuitus personae infrage, da der Spezialitätsgrundsatz als formal-methodisches Prinzip allein keinen Gemeinwohlbezug herzustellen vermag. Insofern und ebenso im Bezug auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten die Ausführungen zur Rechtfertigung einer kapitalverkehrbeschränkenden Maßnahme entsprechend.

164 

Zur kollisionsrechtlichen Schutzrichtung des EU-Primärrechts bereits S. 116  f. Zu solchen gesellschaftsrechtlichen Einwänden im deutschen und österreichischen Recht siehe bereits S. 21  ff. sowie S. 41. 166  Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  46; Heselhaus/Nowak-Heselhaus, §  32 Rn.  76 f. 167  Tettinger/Stern/KölnerGK-Depenheuer, Art.  17 GrCH Rn.  51 f. 165 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

c) Niederlassungsfreiheit (Artt.  49, 54 AEUV) Soweit die Literatur zur Qualifikation der Gesellschafternachfolge das EU-Primärrecht heranzog, beschränkten sich die Begründungsansätze auf die Niederlassungsfreiheit.168 aa) Vorrangargument der Niederlassungsfreiheit nach Dutta Das Argument der Niederlassungsfreiheit geht auf Dutta zurück.169 Demnach verlange die Niederlassungsfreiheit, eine Gesellschaft nach den eigenen rechtlichen Bedürfnissen und der entsprechenden mitgliedstaatlichen Rechtsordnung gründen zu können sowie mit ihr im EU-Binnenmarkt frei tätig zu werden.170 In der Entscheidung, nach welcher mitgliedstaatlichen Rechtsordnung die Gesellschafter ihre Gesellschaft gründen, seien besondere Regelungen des Gesellschaftsstatuts, die die Gesellschafternachfolge von Todes wegen betreffen, wichtige Faktoren.171 Schließlich beträfen Nachfolgeregelungen häufig den Fortbestand des Unternehmens sowie die Nachfolge in unternehmerische Lebenswerke und kämen in ihrer Bedeutung den in Centros, Überseering sowie Inspire Art geprüften Vorschriften nahe.172 Würde man in Nachfolgefragen nun nicht die besonderen Regelungen des Gesellschaftsstatuts, sondern die allgemeinen Vorschriften des Erbstatuts anwenden, könnten die Gesellschafter mit ihrer Gründung und dem damit verbundenen Gesellschaftsstatut (Gründungsstatut) nicht mehr über diese Nachfolgeregelungen entscheiden. Da sie ihre Gründungsentscheidung nicht mehr an den wünschenswerten besonderen Nachfolgeregelungen des Gesellschaftsstatuts ausrichten könnten, sei ihre Niederlassungsfreiheit verletzt.173 Um einer solchen Einschränkung entgegenzuwirken, seien besondere Nachfolgeregelungen dem Gründungsstatut zu entnehmen.174 Nur auf diese Weise könnten die Gesellschafter mit der Wahl des Gründungsstaates über die anwendbaren besonderen Nachfolgeregelungen bestimmen und frei von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen.175 Hält das Gesellschaftsstatut besondere Nachfolgeregelungen in der Gesellschafternachfolge bereit, die von den allgemeinen 168  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-­ BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98–101; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 169  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740. 170  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 737. 171  Ibid. 172  Ibid. 173  Ibid. 174  Ibid. 175  Ibid.

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Regelungen des Erbstatuts abweichen, seien die Regelungen des Gesellschaftsstatuts daher vorrangig anzuwenden, um den Schutz der Niederlassungsfreiheit zu gewährleisten (Vorrang des Gesellschaftsstatuts).176 Solche Sonderregelungen der Gesellschafternachfolge bestünden im deutschen Personengesellschaftsrecht zur Erbengemeinschaft, zum Grundsatz der Universalsukzession sowie zur Verwaltungstestamentsvollstreckung.177 bb) Rechtliche Einordnung – psychologische Vorwirkung statt rechtlicher Niederlassungsrelevanz Dem Argument der Niederlassungsfreiheit liegt die Annahme zugrunde, dass Nachfolgeregelungen des Gesellschaftsstatuts in ihrer Bedeutung vergleichbar seien mit den Vorschriften über die Rechts- und Prozessfähigkeit der Gesellschaft in Überseering sowie über das Mindestkapital in Centros und Inspire Art.178 Wie diese Vorschriften seien auch besondere Regelungen der Gesellschafternachfolge niederlassungsrelevant – obwohl ihre Wirkung nicht bereits zum Zeitpunkt der Gründung, sondern erst mit dem Tode eines Gesellschafters eintritt und daher die Gründung einer Gesellschaft rechtlich nicht hindern kann. Dass Dutta besondere Nachfolgeregelungen dennoch für niederlassungsrelevant hält, hängt mit ihrer möglichen psychologischen Vorwirkung auf die Gründungsentscheidung der Gesellschafter zusammen: Nachfolgeregelungen seien in ihren späteren Auswirkungen auf die Gesellschaft so bedeutsam, dass die Gesellschafter sie bereits in ihrer Gründungsentscheidung berücksichtigen, ohne rechtlich bereits von ihnen betroffen zu sein. Eine solche psychologische Vorwirkung genügt jedoch nicht, um die Niederlassungsrelevanz von Regelungen der Gesellschafternachfolge zu bejahen, sofern man den in Kornhaas entwickelten Maßstab zugrunde legt. cc) Schutzumfang der Niederlassungsfreiheit nach Kornhaas Obwohl der Gerichtshof in seiner Kornhaas-Entscheidung179 nur in der Abgrenzung von Gesellschafts- und Insolvenzstatut entscheiden musste, sind seine Ausführungen zum Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit auch für die Abgrenzung von Gesellschafts- und Erbstatut von Bedeutung.

176 

Vgl. Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 737 sowie 743 f. MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38. 178  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 737. 179  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas. 177 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

(1) Kornhaas-Entscheidung des EuGH Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die Qualifikation des §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG a. F.180, nunmehr der inhaltsgleiche §  64 S.  1 GmbHG n. F.181 (im Folgenden: §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG), nach dem ein GmbH-Geschäftsführer seiner Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet ist, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet hat. Im zugrunde liegenden Verfahren machte der Insolvenzwalter die Haftung aus §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG gegenüber der Geschäftsführerin (director) einer private company limited by shares englischen Rechts mit Zweigniederlassung in Deutschland geltend, nachdem das Insolvenzverfahren am AG Erfurt eröffnet worden war. Ob nun deutsches Recht und somit §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG anzuwenden war, hing von der Qualifikation der Geschäftsführerhaftung ab: Würde man sie gesellschaftsrechtlich qualifizieren, wären das englische Recht anzuwenden (Gründungstheorie) und die Anwendung von §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG ausgeschlossen. Wäre sie hingegen insolvenzrechtlich zu qualifizieren, würde nach Art.  4 Abs.  1 EuInsVO a. F.182 das Recht des Staates gelten, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hier also deutsches Recht und damit auch §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG. Mit Blick auf diese Entscheidungsrelevanz legte der BGH dem EuGH die Frage vor, ob die Zahlungsverpflichtung gesellschafts- oder insolvenzrechtlich zu qualifizieren und ferner eine insolvenzrechtliche Qualifikation mit der Niederlassungsfreiheit zu vereinbaren sei.183 Der Gerichtshof entschied, dass §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG von Art.  4 Abs.  1 EuInsVO a. F. erfasst und daher die dem Verfahren zugrunde liegende Geschäftsführerhaftung insolvenzrechtlich zu qualifizieren sei.184 Dabei sei maßgeblich auf den insolvenzrechtlichen Regelungszweck des Gläubigerschutzes sowie den Zusammenhang zur bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit abzustellen.185 180  Fassung aufgrund des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHGU) vom 10. November 2006 (BGBl.  I S.  2553), in Kraft getreten am 1.1.2007. 181  Fassung aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl.  I S.  2026), in Kraft getreten am 1.11.2008. 182  Verordnung (EG) Nr 1346/2000 des Rates der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 – ABl.  EG 2000 L 160/1 über Insolvenzverfahren; ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr.  2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren, ABl.  EU 2015 Nr. L 141, die seit dem 26.6.2017 in allen EU-Mitgliedsstaaten außer Dänemark gilt. 183  Siehe die Leitsätze im Vorlagebeschluss BGH, 2.12.2014, GmbHR 2015, 79. 184  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  17 und 21; vgl. bereits EuGH, 4.12.2014 – C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410 – H, Rn.  23 und 24. 185  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  15 bis 20.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 129

Die insolvenzrechtliche Anknüpfung und die damit verbundene Anwendung des §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG verstoße nicht gegen die Niederlassungsfreiheit, da die Frage der Geschäftsführerhaftung in der Insolvenz nicht vom Schutzumfang der Niederlassungsfreiheit umfasst sei und daher nicht nach einer gesellschaftsrechtlichen Anknüpfung verlange.186 Um die Reichweite der Niederlassungsfreiheit zu ermitteln, verzichtete der Gerichtshof dabei auf eine abstrakte Auslegung von Artt.  49, 54 AEUV, sondern subsumierte ausschließlich unter Inspire Art sowie Überseering und die dort betroffenen Vorschriften zu Rechtsfähigkeit und Mindestkapital.187 Wenig überraschend stellt er dabei fest, dass der Regelungsgehalt des §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG weder die Rechtsfähigkeit noch das Mindestkapital betreffe und die Niederlassungsfreiheit daher einer Anwendung des §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG nicht entgegenstehen könne.188 Im Ergebnissatz zur Subsumtion kommt er zur conclusio: „Nach alledem betrifft die Anwendung einer nationalen Bestimmung wie §  64 Abs.  2 S.  1 ­ mbHG weder die Gründung einer Gesellschaft […] noch ihre spätere Niederlassung […], da G diese Bestimmung des nationalen Rechts nur nach der Gründung der Gesellschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit Anwendung findet […]. Daher kann eine nationale Vorschrift wie §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG die Niederlassungsfreiheit nicht beeinträchtigen.“

Der Gerichtshof differenziert mithin zwischen niederlassungsrelevanten und tätigkeitsbezogenen Regelungen, um den Schutzumfang der Niederlassungsfreiheit zu bestimmen. Die Unterscheidung erinnert an die Kriterien, die der Gerichtshof in seiner Keck‑Entscheidung entwickelte, um den Schutzumfang der Warenverkehrsfreiheit zu bestimmen, und insofern zwischen zugangsbeschränkenden und nur die Verkaufsmodalitäten betreffenden Maßnahmen unterschied.189 Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Keck-Rechtsprechung findet sich freilich nicht. Die Unterscheidung zwischen niederlassungsrelevanten und tätigkeitsbezogenen Regelungen scheint für den Gerichtshof vielmehr bereits in seinen Grundsatzurteilen zu Inspire Art, Überseering und Centros angelegt. Anderenfalls hätte er die Unterscheidung prominenter auf Definitionsebene platzieren können, anstatt sie lapidar im Ergebnissatz zu erwähnen. Für das Verständnis der Niederlassungsfreiheit und die spätere primärrechtskonforme Qualifikation ist Kornhaas von entscheidender Bedeutung, denn die 186 

EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  29. EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  28; Centros erwähnt der Gerichtshof nicht in Kornhaas. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass die in Centros untersuchten Vorschriften (Registerregelungen) im vorliegenden Fall nicht in Betracht kamen. 188  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  25–27. 189  EuGH, 24.11.1993 – C-267/91, Slg. 1993 I, 6097 – Keck; die Ähnlichkeit zu Kornhaas insofern betonend: Böcker, DZWIR 2016, 174, 178; A. Schall, ZIP 2016, 289, 292. 187 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

Entscheidung konturiert den Schutzumfang in höchstrichterlicher Verbindlichkeit190: Der Schutz der Niederlassungsfreiheit umfasst nur Rechtsfragen oder Rechtssätze, die die Gründung oder Niederlassung einer Gesellschaft betreffen. Dazu zählen insbesondere die Vorschriftenkategorien aus den Grundsatzurteilen Centros, Überseering sowie Inspire Art. Nicht erfasst sind hingegen Sachverhalte, in denen lediglich die Tätigkeit einer Gesellschaft berührt ist. Die Niederlassungsfreiheit bietet keinen umfassenden Tätigkeitsschutz oder generellen Schutz der inneren und äußeren Gesellschaftsverhältnisse, wie Stimmen in der Literatur zuvor annahmen.191 In der Konsequenz der Kornhaas-Entscheidung ist der Schutzumfang der Niederlassungsfreiheit restriktiver als zuvor zu verstehen.192 (2) Abgrenzung von niederlassungsrelevanten und tätigkeitsbezogenen Regelungen Die Niederlassungsfreiheit erfordert daher nicht, dass jede Vorschrift des Gründungsstatuts im Sinne einer umfassenden Gründungstheorie zur Anwendung kommt. Niederlassungsrelevant sind nur solche Rechtsfragen und Rechtssätze, die die Gründung oder die (sekundäre) Niederlassung einer Gesellschaft betreffen. Wie diese Betroffenheit zu verstehen ist, ergibt sich aus der Analyse der Vorschriftenkategorien, zu denen der Gerichtshof bereits entschieden hat. (a) Niederlassungsrelevanz im Sinne rechtlicher Betroffenheit (Centros, Überseering sowie Inspire Art) Niederlassungsrelevant sind, wie Kornhaas bestätigt193, vor allem die Vorschriftenkategorien, die der Gerichtshof in den Grundsatzurteilen Centros, Überseering sowie Inspire Art unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit stellte und daher an das Gründungsstatut knüpfte. Untersucht man die Vorschriften aus Centros, Überseering sowie Inspire Art, zeigt sich ihre Niederlassungsrelevanz darin, dass sie die (Zweig­-)Niederlassung in rechtlicher Hinsicht betreffen. 190 

Zur jedenfalls faktischen Verbindlichkeit der EuGH-Judikatur: Bieber/Epiney/Haag (2015), Europarecht, §  9 Rn.  102 („tatsächlich rechtsbildende Kraft“); Lenz/BorchardtBorchardt, Art.  267 AEUV Rn.  60; Everling, Vorabentscheidungsverfahren (1989), S.  66 („Leitfunktion für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts“). 191  Vgl. zur möglichst weitgehenden Anwendung des Gründungsrechts einer Gesellschaft: D. Paulus, notar 2016, 3, 9 („weit über die freie Gründung hinausgehende umfassende Handlungsfreiheit, die sogar bei der Nachfolge [...] einen Vorrang des Gesellschaftsstatuts bedingen dürfte.“); Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 737; Eidenmüller, NJW 2005, 1618, 1618; Leible, RIW 2002, 925, 932. 192  So auch M.-P. Weller/Hübner, NJW 2016, 223, 225. 193  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  23 f.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 131

So verweigerte die dänische Zentralverwaltung für Handel und Gesellschaften in dem Verfahren, das Centros zugrunde lag, der Centros limited, einer private limited company englischen Rechts, die Eintragung einer Zweigniederlassung ins dänische Handelsregister mit der Begründung, die limited umgehe mit ihrer Gründung in England die dänischen Mindestkapitalvorschriften. Diese Mindestkapitalvorschriften sahen zum Verfahrenszeitpunkt eine Anfangskapitalsumme vor, ohne die eine Eintragung ins Handelsregister nicht möglich war und eine Gründung nicht erfolgen konnte.194 Solche Mindestkapitalvorschriften, die die Gründung oder Zweigniederlassung betreffen, seien – so der Gerichtshof – niederlassungsrelevant und daher dem Gründungsstatut zu entnehmen.195 Die Niederlassungsrelevanz im Sinne rechtlicher Betroffenheit ergibt sich daraus, dass eine Gründung oder Zweigniederlassung ohne Beachtung der Mindestkapitalvorschriften ausgeschlossen war. In Überseering stand die Partei- und Rechtsfähigkeit aus §  50 Abs.  1 ZPO im Mittelpunkt der Auslegung durch den Gerichtshof. Nach deutscher Rechtslage beurteilte sich zum damaligen Zeitpunkt des Verfahrens die Partei- und Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach den Vorschriften ihres Sitzstaates.196 Verlegte nun eine im Ausland gegründete Gesellschaft, wie im konkreten Verfahren die niederländische Überseering BV, ihren Sitz nach Deutschland, wurde sie nach deutschen Rechtsgrundsätzen nicht automatisch als rechts- und parteifähig anerkannt. Um vor deutschen Gerichten Ansprüche geltend machen zu können, mussten sich ausländische Gesellschaften teilweise auflösen und in einer Rechtsform neu gründen, die die deutschen Rechtsgrundsätze als rechts- und parteifähig akzeptierten. Diese Sitzstaatanknüpfung hielt der Gerichtshof für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit und unterstellte daher die Voraussetzungen von Partei- und Rechtsfähigkeit als niederlassungsrelevante Regelungen dem Gründungsstatut. Wie bereits in Centros zeigt sich somit die Niederlassungsrelevanz der geprüften Vorschrift, hier §  50 Abs.  1 ZPO, darin, dass sie die Niederlassung einer Gesellschaft rechtlich betrifft. Denn die Konsequenz der Sitzstaatanknüpfung nötigte Auslandsgesellschaften dazu, sich zur gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche in Deutschland neu zu gründen. Im Verfahren Inspire Art überprüfte der Gerichtshof Mindestkapitalvorschriften niederländischen Rechts, die für formal im Ausland gegründete Gesellschaften mit Sitz in den Niederlanden galten (Art.  4 WFBV197). Unter anderem sah 194 

Vgl. EuGH, 9.3.1999 – C-212/97, Slg. 1999 I, 1459 – Centros, Rn.  7. EuGH, 9.3.1999 – C-212/97, Slg. 1999 I, 1459 – Centros, Rn.  26. 196  Schlussanträge des Generalanwalts Dámaso Ruiz-Jarabo Colomer vom 4.12.2001, EuGHE Slg. 2002 I, 9919, 9924. 197  Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen (Gesetz über formal ausländische Gesellschaften) vom 17. Dezember 1997, Staatsblad 1997, Nr.  697. 195 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

Art.  4 Abs.  4 WFBV vor, dass die Geschäftsführer für Rechtshandlungen im Rahmen ihrer Geschäftsführung haften, solange die Eintragungsvoraussetzungen wie beispielsweise die Einzahlung des Mindestkapitals (Art.  4 Abs.  1 WFBV) noch nicht erfüllt waren. Diese Haftungsregelung erachtete der Gerichtshof für niederlassungsrelevant und erklärte ihre Sitzstaatanknüpfung für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit.198 Im Unterschied zu Centros und Überseering berührte Art.  4 Abs.  4 WFBV selbst nicht die Niederlassung in rechtlicher Hinsicht. Denn die Frage der Geschäftsführerhaftung wirkte sich rechtlich nicht auf die Gründung einer Gesellschaft aus. Vielmehr folgten die Niederlande bereits zum Verfahrenszeitpunkt der Gründungstheorie, so dass im Ausland gegründete Gesellschaften grundsätzlich anerkannt wurden.199 Im Rahmen des WFBV fand lediglich eine repressive Kontrolle gesellschaftsrechtlicher Mindeststandards statt.200 Obwohl Art.  4 Abs.  4 WFBV die Gründung oder Zweigniederlassung nicht hinderte und Begründungen des Gerichtshofs zur diesbezüglichen Niederlassungsrelevanz fehlen201, zeigt der Regelungszweck von Art.  4 Abs.  4 WFBV, dass die Gründung oder Zweigniederlassung rechtlich berührt ist und Inspire Art somit, was die Begründung der Niederlassungsrelevanz anbetrifft, in der Tradi­ tion von Centros und Überseering steht. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung zum WFBV ist gerade Art.  4 Abs.  4 WFBV als Sanktionsnorm darauf gerichtet, von Auslandsgründungen abzuschrecken.202 Dieser Regelungszweck stellt den Zusammenhang zur Gründung oder Zweigniederlassung her und begründet die Niederlassungsrelevanz von Art.  4 Abs 4 WFBV im Sinne rechtlicher Betroffenheit. (b) Tätigkeitsbezogene Regelungen (Kornhaas) Nicht niederlassungsrelevant dagegen ist eine Vorschrift wie §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG a. F., die der Gerichtshof in Kornhaas nur der Tätigkeit, nicht aber der Gründung einer Gesellschaft zuordnete und damit aus dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit ausschloss.203 Eine Anknüpfung an das Gründungsstatut war daher anders als in Centros, Überseering und Inspire Art nicht geboten. Um 198  Vgl. die zitierten Stellungnahmen der beteiligten Regierungen in EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art, Rn.  101 sowie Rn.  104 f. 199  Schlussanträge des Generalanwalts Siegbert Alber vom 30.1.2003, Slg 2003 I, 10159, 10189. 200  EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art, Rn.  88. 201  Vgl. EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art, Rn.  101. 202  Schlussanträge des Generalanwalts Siegbert Alber vom 30.1.2003, EuGHE Slg 2003 I, 10159, 10189. 203  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  28.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 133

gegenüber den in Centros, Überseering und Inspire Art geprüften Vorschriften abzugrenzen, ist danach zu fragen, aus welchem Grund der Gerichtshof Vorschriften wie §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG a. F. keine Niederlassungsrelevanz zuerkannte. Die Antwort, die sich aus Kornhaas ergibt, lautet: Es lässt sich zwischen Vorschriften wie §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG a. F. und der Gründung einer Gesellschaft kein rechtlicher Zusammenhang herstellen. Nach dieser Vorschrift haften GmbH-­ Geschäftsführer für Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Sie kommt daher erst zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zum Tragen und setzt in ihrer Anwendung eine bereits gegründete Gesellschaft voraus.204 Eine Vorschrift wie §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG a. F. kann die Gründung einer Gesellschaft nicht behindern. Anders als in Inspire Art wirkt auch der Gesetzeszweck nicht auf die Gründung zurück, da der alleinige Zweck von §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG a. F. darin besteht, die Insolvenzmasse zum Schutze der Gläubiger zu sichern.205 Zwar gelänge es, einen psychologischen Zusammenhang zur Gründung herzustellen, indem man unterstellte, die Gesellschafter würden sich auch unter Einbeziehung insolvenzrechtlicher Vorschriften für ein bestimmtes Gründungsstatut entscheiden. Wie sich aber aus Kornhaas ergibt, genügt ein solcher Zusammenhang gerade nicht, um die Niederlassungsrelevanz solcher Vorschriften zu bejahen. Vielmehr handelt es sich lediglich um tätigkeitsbezogene Regelungen, die nicht dem Schutz der Niederlassungsfreiheit unterstellt sind und daher nicht nach einer Anknüpfung an das Gründungsstatut verlangen. dd) Überprüfung des Schutzumfangs der Niederlassungsfreiheit in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Regeln der Gesellschafternachfolge von Todes wegen unterscheiden sich von den niederlassungsrelevanten Vorschriftenkategorien in Centros, Überseering sowie Inspire Art und weisen Ähnlichkeiten zur tätigkeitsbezogenen Regelung des §  64 Abs.  2 S.  1 GmbHG auf. Denn sie berühren wie §  64 Abs.  2 S.  1 ­GmbHG das Gründungs- oder Niederlassungsstadium nicht in rechtlicher, sondern lediglich gesellschafterpsychologischer Hinsicht. Sie setzen eine bereits gegründete Gesellschaft voraus und können ihre Gründung rechtlich nicht behindern. Ferner weisen sie in ihrer teleologischen Ausrichtung anders als in Inspire Art keinen Gründungsbezug auf. Eine rechtliche Niederlassungsrelevanz, wie sie sich aus Centros, Überseering sowie Inspire Art ergibt, lässt sich für Regelungen der Ge204  205 

EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  26. MüKo-GmbHG-H.-F. Müller, §  64 GmbHG Rn.  1.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

sellschafternachfolge daher nicht feststellen. Das mögliche Gründungsmotiv der Gesellschafter, sich für bestimmte Nachfolgeregelungen eines Gründungsstatuts zu entscheiden, genügt nach dem verbindlichen206 Verständnis des Gerichtshofs grundsätzlich nicht, um die Niederlassungsrelevanz von Nachfolgeregelungen zu bejahen. Eine Ausnahme gilt allerdings für Regelungen, die das Schicksal einer Personengesellschaft betreffen. Personengesellschafter entscheiden im Gesellschaftsvertrag, ob die Gesellschaft im Todesfall fortgeführt oder aufgelöst wird. Diese Entscheidung ist von der Niederlassungsfreiheit geschützt. Denn sie betrifft – ebenso wie die Gründung – die rechtliche (Fort-)Existenz der Gesellschaft. Da die EuErbVO das Schicksal einer Gesellschaft vom Anwendungsbereich aus­ nimmt (vgl. Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO)207, ergeben sich aus der EuErbVO freilich keine Friktionen zur Niederlassungsfreiheit. Der Befund, dass sich der Schutz der Niederlassungsfreiheit grundsätzlich nicht auf die Regelungen der Gesellschafternachfolge erstreckt, führt dazu, dass eine vorrangige Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit nicht geboten ist. 3. Ergebnis zum EU-Primärrecht im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Die Positionen des EU-Primärrechts und ihre Grenzen fließen in die primärrechtskonforme Qualifikation der Gesellschafternachfolge ein. a) Primärrechtskonforme Ergebniskontrolle Die Qualifikation ist primärrechtskonform, soweit ihr Ergebnis den Anforderungen des EU­-Primärrechts genügt. Die Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit streiten, soweit ihr Schutzumfang reicht, für eine erbrechtliche Qualifikation der jeweiligen Rechtsfrage und die allgemeinen erbrechtlichen Regeln des Erbstatuts. Im Anwendungsbereich der Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit sind eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation oder die Anwendung von Sonderregeln des Erb­ statuts nur zu rechtfertigen, soweit eine solche Sonderanknüpfung zum Schutze des intuitus personae geeignet, erforderlich und angemessen ist (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Liegt ein solcher Rechtfertigungsgrund nicht vor, ist das Qualifikationsergebnis zu korrigieren. 206  Zur jedenfalls faktischen Verbindlichkeit der EuGH-Judikatur: Bieber/Epiney/Haag, Europarecht (2015), §  9 Rn.  102 („tatsächlich rechtsbildende Kraft“); Lenz/BorchardtBorchardt, Art.  267 AEUV Rn.  60; Everling, Vorabentscheidungsverfahren (1989), S.  66 („Leitfunktion für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts“). 207  Zur Qualifikation im Einzelnen S. 181.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 135

Die Niederlassungsfreiheit hingegen wirkt sich nicht entscheidend auf die Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen aus. Denn das Schicksal einer Gesellschaft ist laut EuErbVO ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen, und für weitere Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge spielt die Niederlassungsfreiheit keine Rolle. b) Grenzen der Ergebniskontrolle Aus dem persönlichen Anwendungsbereich der Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit ergeben sich keine Einschränkungen. Sie schützen im Gegensatz zu den Personenverkehrsfreiheiten208 jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob diese Staatsangehörige eines EU­-Mitgliedsstaates ist oder dort ihren Sitz hat.209 Während die Testieerfreiheit auch keine räumliche Einschränkung ihres Schutzumfangs kennt, ist für die Kapitalverkehrsfreiheit zu beachten, dass die Kapitalbewegung unter hinreichendem Binnenmarktbezug, also ausweislich von Art.  63 Abs.  1 AEUV zwischen den Mitgliedsstaaten oder zwischen Mitgliedsund Drittstaaten stattfinden muss.210 Einen solchen Binnenmarktbezug vermag die Staatsangehörigkeit, der gewöhnliche Aufenthalt eines Transaktionsbeteiligten oder die Belegenheit des transferierten Vermögensgegenstands herzustellen.211 Es genügt dabei, dass eines dieser Elemente in einem EU-Mitgliedsstaat liegt. Haben also zum Beispiel der Erblasser oder der Erbe die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates inne, so unterliegt der Kapitalverkehrsfreiheit auch der Erbschaftserwerb eines Anteils an einer drittstaatlichen Gesellschaft. Sachverhalte in der Gesellschafternachfolge, in denen sich kein Bezug zum Binnenmarkt herstellen lässt und die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit am räumlichen Anwendungsbereich scheitert, sind angesichts der vielfältigen Kombina­ tions­mög­lichkeiten binnenmarktrelevanter Elemente eine Ausnahme und daher als Grenze der primärrechtskonformen Qualifikation in ihrer Bedeutung zu vernachlässigen. Auch Personen aus Drittstaaten können vom Schutz des Art.  63 208 

Siehe die Einschränkungen im persönlichen Anwendungsbereich zur Niederlassungsfreiheit in Artt.  49, 54 AEUV, zur Dienstleistungsfreiheit in Artt.  56, 62 i. V. m. 54 AEUV und zur Arbeitnehmerfreizügigkeit in Art.  45 AEUV. 209  Zu Art.  63 AEUV: von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  63 AEUV Rn.  10 sowie Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  63 AEUV Rn.  18; zu Art.  17 GrCH siehe dessen Abs.  1 S.  1: „jede Person“. 210  von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  63 AEUV Rn.  10; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Glaesner, Art.  63 AEUV Rn.  18. 211  Schnitger, IStR 2005, 493, 497; vgl. auch von der Groeben/Schwarze/Hatje-Wojcik, Art.  63 AEUV Rn.  10; zur Vermögensbelegenheit und zur Staatsangehörigkeit Streinz-Sedla­ czek/Züger, Art.  63 AEUV Rn.  26.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

AEUV erfasst sein, so dass eine gespaltene Auslegung der EuErbVO, die zwischen EU-Staatsbürgern und Drittstaatlern differenzieren könnte, nicht zwangsläufig mit Art.  63 AEUV einhergeht. II. Regelungen der EuErbVO Bevor das Qualifikationsergebnis auf seine Primärrechtskonformität überprüft wird, ist die jeweilige Rechtsfrage zu qualifizieren. Entscheidend ist insofern der Anwendungs- und Geltungsbereich der EuErbVO. Im Zusammenspiel von Art.  1 Abs.  2 lit.  h und lit.  i EuErbVO (Anwendungsbereich) sowie Art.  23 Abs.  2 ­EuErbVO (Geltungsbereich) bestimmt sich das anwendbare Recht auf die Gesell­schafter­nachfolge. Ferner sind Eingriffsnormen im Sinne des Art.  30 ­EuErbVO bei der Frage zu berücksichtigen, ob und inwieweit sich Wertungen des Gesellschaftsstatuts bei einer erbrechtlichen Qualifikation der Rechtsfrage durchsetzen. Leitend in der Auslegung der EuErbVO ist dabei das Prinzip der Nachlasseinheit.212 1. Nachlasseinheit Die EuErbVO wird vom Prinzip der Nachlasseinheit beherrscht. So gilt das nach der EuErbVO anwendbare Recht für die „gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen“ (Art.  21 Abs.  1 EuErbVO und Art.  23 Abs.  1 EuErbVO). Im Grundsatz ist der Nachlass vollständig dem Erbstatut unterstellt und eine Sonderanknüpfung für besondere Nachlassgegenstände ausgeschlossen. Insoweit bricht der EU-Gesetzgeber mit einzelstaatlichen Kollisionsnormen, die eine Nachlassspaltung insbesondere bei Immobilien zuließen. Solche Regeln kannten nicht nur die romanischen Rechtsordnungen, sondern das deutsche IPR.213 Anders als Erwägungsgrund 37 S.  4 EuErbVO zunächst vermuten lässt, bezieht sich der Grundsatz der Nachlasseinheit nicht nur auf die Rechtsfolge des Erbgangs, also die Zuordnung des Nachlassvermögens. Er umfasst die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen, zu der, wie sich aus Art.  23 Abs.  2 EuErbVO ergibt, neben der Nachlasszuordnung (lit.  e) vor allem die Erbeinsetzung (lit.  b), die Rechte der Testamentsvollstrecker (lit.  f) sowie erbrechtliche Ausgleichsansprüche (lit.  h) zählen. Der Begriff der Nachlasseinheit ist deshalb weit zu ver212  Erwägungsgrund 37 S.  4 EuErbVO; Rauscher-Hertel, Einl EuErbVO Rn.  23; NK-BGB-Looschelders, Vorbem Art.  1 EuErbVO Rn.  16; Dutta, FamRZ 2013, 4, 9; vgl. dazu bereits den Kommissionsvorschlag vom 14.10.2009, KOM (2009) 154 endg., S.  6. 213  Für diese knüpften einige Rechtsordnungen (u. a. Belgien (Art.  78 §  2 belg. Code de droit international privé i. d. F. vom 27.7.2004) und Frankreich (Art.  3 Abs.  2 franz. Code civil i. d. F. vom 19.8.2015)) an den Belegenheitsort der Immobilie an (lex rei sitae) an; auch das deutsche Recht ließ eine solche Anknüpfung zu (Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. vom 11.1.2009).

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 137

stehen: Er umfasst sowohl den Tatbestand als auch die Rechtsfolgen der Rechtsnachfolge von Todes wegen. Da die materiellrechtliche Lösung in der Konsequenz einer Rechtsordnung folgt, entstehen keine Widersprüche zu Regelungen anderer Rechtsordnungen, was zu materieller Harmonie führt und die Nachfolgeplanung erleichtert.214 Anpassungsprobleme, die sich aus Normwidersprüchen zwischen mehreren anwendbaren Rechtsordnungen ergeben könnten215, werden unterbunden.216 Die jüngste EuGH‑Rechtsprechung zu konkurrierenden Statuten belegt den zentralen Stellenwert der Nachlasseinheit in der EuErbVO. In Kubicka217 entschied der Gerichtshof, dass das Sachenrechtsstatut ein nach dem Erbstatut vorgesehenes Vindikationslegat anzuerkennen hat. Frau Kubicka, eine polnische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Frankfurt/Oder, wollte in ihr Testament ein Vindikationslegat polnischen Rechts zugunsten ihres Ehemannes aufnehmen, das ihren hälftigen Miteigentumsanteil an einer in Frankfurt/Oder belegenen Immobilie betraf. Obgleich das deutsche Recht ein Vindikationslegat nicht kennt, verwehrte der Gerichtshof mit ausdrücklichem und mehrfachem Hinweis auf das Gebot der Nachlasseinheit218 dem deutschen Belegenheitsstaat, auf Art.  1 Abs.  2 lit.  k EuErbVO zurückzugreifen und insofern dem polnischen Vindikationslegat die Anerkennung zu verweigern. Denn die dinglichen Wirkungen des Vindika­ tions­legats beträfen lediglich die Modalitäten des Übergangs, die nicht von Art.  1 Abs.  2 lit.  k EuErbVO erfasst seien.219 Unter Betonung der Nachlasseinheit220 und mit gleichem Ergebnis lehnte der Gerichtshof ebenso einen Rückgriff auf Art.  1 Abs.  2 lit.  l EuErbVO ab.221 Auch bei der Abgrenzung zum Güterrechtsstatut urteilte der Gerichtshof im Sinne der Nachlasseinheit. In Mahnkopf222 entschied er, dass der Zugewinnausgleich nach §  1371 Abs.  1 BGB erbrechtlich zu qualifizieren sei, und setzte sich damit von der herrschenden Auffassung zum deutschen IPR ab, die mit dem BGH

214  Kommissionsvorschlag vom 14.10.2009, KOM (2009) 154 endg., S.  6; Nietner, IPRax 2015, 79, 84; Pintens, in: Löhnig et al., EuErbVO (2014), 1, 13; Kohler/Pintens, FamRZ 2009, 1529, 1532. 215  Zu Anpassungsproblemen zwischen Erb- und Güterrechtsstatut im autonomen Recht: BGH, 13.5.2015, NJW 2015, 2185, 2187. 216  NK-BGB-Looschelders, Vorbem Art.  1 EuErbVO Rn.  16; Looschelders, in: FS von Hoffmann (2011), 266, 280 f.; Dutta, RabelsZ 73 (2009), 547, 555. 217  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka. 218  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  43 f. 219  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  49 f. 220  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  55. 221  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  58. 222  EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

eine güterrechtliche Qualifikation befürwortete.223 Der verstorbene Herr Mahn­ kopf, deutscher Staatsangehöriger und zu Lebzeiten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Berlin, hinterließ als Erben seine Ehefrau, mit der er im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, und ihren gemeinsamen Sohn. Frau Mahnkopf beantragte mit Blick auf eine zum Nachlass gehörende Immobilie in Schweden die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, das sie und ihren Sohn je zur Hälfte als Miterben ausweisen sollte. Das zuständige Gericht wies den Antrag aber mit der Begründung zurück, das auf §  1371 Abs.  1 BGB beruhende Viertel des Erbteils unterliege als güterrechtliche Regelung nicht dem Anwendungsbereich der EuErbVO. Dieser Sichtweise erteilte der Gerichtshof mit seiner erbrechtlichen Qualifikation eine Absage. Gerade weil im Rahmen einer funktionalen Einordnung von §  1371 Abs.  1 BGB gute Gründe für eine güterrechtliche Qualifikation sprachen224, erstaunt zwar die kurze Begründung des Gerichtshofs.225 Das Ergebnis aber setzt den Trend zum extensiven Verständnis des Erbstatuts aus Kubicka und im Sinne der Nachlasseinheit fort. Um dem gesetzgeberischen Ziel und der rezipierten Bedeutung der Nachlasseinheit gerecht zu werden, sind Vorschriften der EuErbVO, die nachlassspaltende Wirkungen haben, restriktiv zu verstehen.226 Zu solchen Normen zählen die Bereichsausnahmen des Art.  1 Abs.  2 EuErbVO227, die Eingriffsnormen im Sinne des Art.  30 EuErbVO228 sowie die Anpassung dinglicher Rechte nach Art.  31 EuErbVO229. Diese Normen sind im Rahmen der einzelnen Rechtsfragen zu untersuchen. 2. Anwendungs- und Geltungsbereich der EuErbVO Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss empfahl bereits im Jahre 2005, dass sich eine mögliche Verordnung mit dem Fortbestand von Unternehmen nach dem Tode eines Gesellschafters auseinandersetzen sollte.230 Das Ergebnis dieser Empfehlung ist dem Anwendungs- und Geltungsbereich der Ver223 

BGH, 13.5.2015, NJW 2015, 2185, 2186 m. w. N. Ibid. 225  EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf Rn.  40 f. 226  Insoweit zu Art.  30 EuErbVO: NK-BGB-Looschelders, Art.  30 EuErbVO Rn.  6. 227  Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  6. 228  Vgl. dazu die gesetzgeberische Aufforderung in Erwägungsgrund 54 S.  3 EuErbVO, Art.  30 EuErbVO eng auszulegen; Rauscher-Hertel, Art.  30 EuErbVO Rn.  1; Geimer/Schütze-Odersky, Art.  30 EuErbVO Rn.  2; Dutta/Weber-J.P. Schmidt, Art.  30 EuErbVO Rn.  3; NK-BGB-Looschelders, Vorbem Art.  1 EuErbVO Rn.  16 sowie Art.  30 EuErbVO Rn.  6. 229  Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  6. 230  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Grünbuch Erb- und Testamentsrecht vom 26.10.2005, ABl.  EG 2006 C 28/1, Rn.  2 f. 224 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 139

ordnung zu entnehmen: In den Bereichsausnahmen des Art.  1 Abs.  2 lit.  h ­EuErbVO und des Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO hat der europäische Gesetzgeber Regelungen zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen getroffen. Der Anwendungsbereich der Verordnung ist die einzige europäische und die einzige formell gesetzliche Regelung überhaupt zur rechtlichen Einordnung der internationalen Gesellschafternachfolge. Als allgemeine Regelung zum Geltungsbereich der Verordnung ist auf Art.  23 Abs.  2 EuErbVO zurückzugreifen. a) Systematisches Verhältnis zwischen Anwendungs- und Geltungsbereich Um im Spannungsfeld der genannten Bereichsausnahmen und des Geltungsbereichs den Begriff der Rechtsnachfolge von Todes wegen auszulegen und von gesellschaftsrechtlichen Fragen abzugrenzen, muss das Verhältnis zwischen Anwendungs- und Geltungsbereich geklärt werden. aa) Unterschiede von Anwendungs- und Geltungsbereich Anwendungs- und Geltungsbereich sind keine Synonyme.231 Betrachtet man die Normtitel zu Art.  1 EuErbVO („Anwendungsbereich“) und Art.  23 EuErbVO („Reichweite des anzuwendenden Rechts“) drängt sich die Frage auf, inwieweit die Normen funktional zu unterscheiden sind. Die Regelungstechnik ist bereits aus anderen kollisionsrechtlichen EU­-Verordnungen bekannt.232 Zwar nennt sich das Regelungspendant zu Art.  23 EuErbVO in den anderen EU-Verordnungen zum Kollisionsrecht nicht Reichweite, sondern „Geltungsbereich“233 des anzuwendenden Rechts. Bei der Betrachtung des Regelungsinhalts aber ist kein funktionaler Unterschied zu erkennen, wie der nahezu identische Wortlaut des jeweiligen Eingangssatzes bereits verrät.234 Die Grundsätze, die zwischen Anwendungs- und Geltungsbereich unterscheiden, lassen sich auf das EU-Kollisionsrecht insgesamt übertragen. Die funktionale Differenzierung zwischen Anwendungs- und Geltungsbereich lässt sich an der gesetzlichen Reihenfolge der jeweiligen Artikel nachvollziehen. Zunächst ist in Art.  1 EuErbVO zu prüfen, ob der rechtliche Systembereich der Verordnung überhaupt einschlägig ist (Anwendungsbereich). Bejaht man den Anwendungsbereich, ist im nächsten Schritt die anwendbare Rechtsordnung über die in der Verordnung enthaltenen Kollisionsnormen zu ermitteln. Grund231 

Vgl. Nehne, Methodik EU-IPR (2012), S.  139. Siehe insoweit Art.  1 und Art.  12 Rom  I-VO, Art.  1 und Art.  15 Rom  II-VO. 233  Siehe die Normtitel zu Art.  12 Rom  I-VO und Art.  15 Rom  II-VO. 234  Vgl. den ähnlichen Wortlaut von Art.  23 Abs.  2 EuErbVO („Dem anwendbaren „Recht unterliegen insbesondere […]“), Art.  12 Rom  I-VO sowie Art.  15 Rom  II-VO („Das anwendbare Recht ist insbesondere maßgebend für […]“). 232 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

sätzlich findet gemäß Art.  21 Abs.  1 EuErbVO das Recht des Staates Anwendung, in dem der Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.235 Hat man die anwendbare Rechtsordnung bestimmt, ist den Beispielen des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO zu entnehmen, welche Regelungen der anwendbaren Rechtsordnung zur Anwendung berufen sind (Geltungsbereich oder Reichweite des anzuwendenden Rechts). Diese funktionale Differenzierung entspricht nicht nur der systematischen Reihenfolge der Artikel, sondern drückt auch der Wortlaut des Art.  23 Abs.  1 EuErbVO236 aus, indem er die Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung bereits voraussetzt.237 Art.  1 Abs.  2 lit.  h, lit.  i EuErbVO und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO müssen nicht in allen Rechtsfragen der Rechtsnachfolge von Todes wegen harmonieren.238 Regelungskonflikte sind durch ihr Rangverhältnis zu lösen. Ein solches Rangverhältnis ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang von Art.  1 Abs.  2 und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO. Art.  23 Abs.  2 EuErbVO ist Teil des Kapitels III der EuErbVO zum anzuwendenden Recht und setzt voraus, dass der Anwendungsbereich der Verordnung bereits bejaht wurde. Von Art.  23 Abs.  2 EuErbVO sind mithin nur Regelungsgegenstände erfasst, die nicht bereits von den Bereichsausnahmen vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossen sind.239 Die Regelungsentscheidung in Art.  1 Abs.  2 EuErbVO hat Vorrang gegenüber den Wertungen des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO.240 Regelungskonflikte zwischen diesen beiden Normen sind im Zweifel zugunsten der Wertungen in Art.  1 Abs.  2 ­EuErbVO zu lösen. bb) Gemeinsamkeiten von Anwendungs- und Geltungsbereich Gemeinsamer Ausgangspunkt des Anwendungs- und Geltungsbereichs ist der Begriff der Rechtsnachfolge von Todes wegen (siehe Art.  1 Abs.  1 sowie Art.  23 Abs.  1 EuErbVO). In ihm drückt sich die Reichweite des unionsrechtlichen Regelungsanspruchs aus, grenzüberschreitende Sachverhalte in Erbsachen von der Verordnung zu erfassen.241 Die bereits untersuchten Normen der Art.  1 Abs.  2 235 

Näher zur objektiven Anknüpfung S. 145  f. Vgl. den ähnlichen Wortlaut von Art.  23 Abs.  2 EuErbVO („dem nach Artikel 21 oder Artikel 22 bezeichneten Recht“), Art.  12 Rom  I-VO sowie Art.  15 Rom  II-VO („das nach dieser Verordnung […] anzuwendende Recht“). 237  Vgl. auch Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  1. 238  Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  2 („Spannungsverhältnis“). 239  Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  11; Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 188. 240  Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  11; Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  2. 241  Vgl. Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  1 EuErbVO Rn.  1. 236 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 141

und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO konkretisieren diese Reichweite, indem sie benennen, in welchen Rechtsfragen die EuErbVO Anwendung findet (Art.  1 Abs.  2 EuErbVO) und für welche Regelungsbereiche das nach der EuErbVO ermittelte Recht gilt (Art.  23 Abs.  2 EuErbVO).242 Anwendungs- und Geltungsbereich der EuErbVO dienen daher der einheitlichen Auslegung des Begriffs der Rechtsnachfolge von Todes wegen und des damit verbundenen internationalen Entscheidungseinklangs.243 Um diesem Regelungsziel gerecht zu werden, muss die Begriffskonturierung in Art.  1 Abs.  2 und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO der Ausgangspunkt jeder Untersuchung sein, die die Reichweite des Regelungsanspruchs in der EuErbVO untersucht, und streng zu mitgliedstaatlichen Regelungsvorstellungen abgegrenzt werden, deren Berücksichtigung einem internationalen Entscheidungseinklang zuwiderliefe.244 Die Normen zum Anwendungs- und Geltungsbereich dienen insofern als normative Qualifikationshilfen.245 b) Anwendungs- und Geltungsbereich im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Die Regelungen zum Anwendungs- und Geltungsbereich der Verordnung sind normativer Ausgangspunkt für die spätere Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen. aa) Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO In Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO heißt es, dass „Fragen des Gesellschaftsrechts […], wie Klauseln im Errichtungsakt oder in der Satzung einer Gesellschaft […], die das Schicksal der Anteile verstorbener Gesellschafter […] regeln“ nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung erfasst seien. Handelt es sich um eine gesellschaftsrechtliche Frage, unterfällt der zu untersuchende Sachverhalt der Bereichsausnahme, und die Verordnung ist nicht einschlägig. Bleibt es nach der autonomen lex fori des Mitgliedsstaates bei der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Rechtsfrage246, kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in dem 242 

Vgl. NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  8. Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  1. 244  Zum Gebot unionsrechtlich autonomer Qualifikation S. 94  f. 245  MüKo-BGB-Dutta, Vor Art.  20 EuErbVO Rn.  49; D. Paulus, notar 2016, 3, 9; M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 68 („autoritative Qualifikationshilfen“); Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Rom  0-VO? (2013), 181, 188 („Qualifikationsregelungen“); D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 246  Zum Rückgriff auf das nationale Kollisionsrecht und die diesbezügliche Rolle des veränderten Art.  25 EGBGB S. 148  ff. 243 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

die Gesellschaft gegründet wurde oder die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat.247 Ordnet man sie hingegen als Rechtsfrage der Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne des Art.  1 Abs.  1 EuErbVO ein, so bestimmt sich das anwendbare Recht grundsätzlich in objektiver Anknüpfung gemäß Art.  21 Abs.  1 EuErbVO, nach dem der Sachverhalt dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Was unter Fragen des Gesellschaftsrechts im Sinne der Bereichsausnahme zu verstehen ist, erweist sich in der Vielfalt der erb- und gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen einer Nachfolgeregelung als schwierig und ist im Rahmen der einzelnen Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge zu untersuchen. 248 bb) Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO Ein weiterer Anhaltspunkt zur Regelung der Gesellschafternachfolge von Todes wegen findet sich in Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO, der die „Auflösung“ und das „Erlöschen“ von Gesellschaften vom Anwendungsbereich der Verordnung ausschließt. Ergibt sich aus dem Gesellschaftsstatut, dass beim Tode eines Gesellschafters die Gesellschaft aufzulösen ist – wie es bei der GbR deutschen Rechts gemäß §  727 Abs.  1 BGB der Fall ist –, so findet die Verordnung keine Anwendung hinsichtlich der Frage, welche Rechtsfolgen für die Gesellschaft mit dem Tode eines ihrer Gesellschafter eintritt. Fraglich aber ist, ob sich die Bereichsausnahme dahingehend verallgemeinern lässt, dass sämtliche Auswirkungen des Todes eines Gesellschafters auf die Gesellschaft und den Gesellschaftsanteil des Erblassers dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen sind.249 Der Wortlaut spricht gegen eine solche Verallgemeinerung. Denn die Auflösung und das Erlöschen beziehen sich als Rechtsfolgen nur auf die Gesellschaft und nicht auf den einzelnen Gesellschaftsanteil. Weiter stellt sich die Frage, ob Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO auch die Fortsetzung der Gesellschaft erfasst, wie sie sich zum Beispiel für einen oHG- und Komplementäranteil gesetzlich aus §  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB ergibt. Im Fall des §  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB bleibt auch unklar, ob der Abfindungsanspruch des von der Gesellschafternachfolge ausgeschlossenen Erben der Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO unterfällt.250 Der Wortlaut allein genügt jedenfalls nicht als Begründung, da die Abfindung sich nicht – wie es der Wort247 

Zur Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts S. 150  ff. Vgl. auch Leitzen, ZEV 2012, 520, 521: Detailfragen müssten „in jedem Einzelfall“ entschieden werden; Cubeddu Wiedemann, in: Löhnig, Erbfälle unter EuErbVO (2014), 109, 137. 249  In diesem Sinne MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  37; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 250  Bejahend: ibid. 248 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 143

laut verlangt – aus dem Schicksal der Gesellschaft, sondern aus dem Austritt des einzelnen Gesellschafters ergibt. Mit Blick auf Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO ist mithin festzustellen, dass er allein seinem Wortlaut nach keine zufriedenstellende Abgrenzung zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut leisten kann. Im Umkehrschluss aus Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO ergibt sich freilich, dass der Gesellschafter-Erblasser im Gegensatz zum Kreis der erbfähigen Personen notwendigerweise eine natürliche Person ist. Denn die Rechtsnachfolge juristischer Personen oder Gesamthandsgemeinschaften infolge ihrer Auflösung ist gemäß Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Eine Rechtsnachfolge von Todes wegen findet insofern nicht statt. cc) Beispielkatalog des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO Während die Bereichsausnahmen bestimmte Regelungsbereiche von der Verordnung ausschließen, zählt der Beispielkatalog des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO Rechtsfragen auf, die vom Geltungsbereich der Verordnung und vom Begriff der Rechtsnachfolge von Todes wegen umfasst sind. Die Anwendung der Regelungsbeispiele in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen bereitet jedoch Schwierigkeiten, da Art.  23 Abs.  2 EuErbVO im Gegensatz zu den beiden bereits erläuterten Bereichsausnahmen nicht geschaffen wurde, um die Anwendung der Verordnung auf die Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu regeln. So ist etwa unklar, ob zum verfügbaren Teil des Nachlasses (Art.  23 Abs.  2 lit.  h ­EuErbVO) die gesellschaftsvertraglichen Abfindungsansprüche der von der Gesellschafternachfolge ausgeschlossenen Erben zählen. Wiederum hilft der Wortlaut allein nicht weiter, um zwischen Gesellschaftsund Erbstatut im konkreten Fall abzugrenzen.251 Die gesetzgeberische Entscheidung, in Art.  23 Abs.  2 EuErbVO bestimmte Regelungsbereiche dem Geltungsbereich der Verordnung zuzuordnen, ist allerdings als Indiz für die Anwendung des Erbstatuts in diesen Fällen zu werten, zumal die Aufzählung in Art.  23 Abs.  2 EuErbVO nicht abschließend ist und der Rechtsanwender frei darin ist, regelungsverwandte, aber nicht aufgezählte Rechtsfragen der Rechtsnachfolge von Todes wegen zuzuordnen.252 3. Anknüpfung des Erbstatuts Kommt die Auslegung der Artt.  1, 23 EuErbVO zu dem Ergebnis, dass die Rechtsfrage die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der Verordnung 251  Vgl. Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  1; M. Weller, in: M. Weller, Europäisches Kollisionsrecht (2016), 19, 68. 252  Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  2; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  1; allgemein Sonnenberger, in: FS Kropholler (2008), 227, 239.

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

betrifft, bestimmt sich das anwendbare Recht nach der objektiven Anknüpfung in Art.  21 EuErbVO oder der Rechtswahl des Erblassers, dessen Grenzen sich aus Art.  22 EuErbVO ergibt. a) Objektive Anknüpfung In Abkehr vom Staatsangehörigkeitsprinzip bestimmt sich das Erbstatut im Rahmen der Regelanknüpfung in Art.  21 Abs.  1 EuErbVO nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hat der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat als dem seines gewöhnlichen Aufenthalts, so gelangt das Recht dieses anderen Staates nach der Ausweichklausel des Art.  21 Abs.  2 EuErbVO per Sachnormverweisung (Art.  34 Abs.  2 EuErbVO) zur Anwendung. Möglich ist die Anwendung von Art.  21 Abs.  2 EuErbVO vor allem, soweit eine Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt unbillig ist.253 Erwägungsgrund 25 S.  1 EuErbVO nennt als mögliches Beispiel, dass der Erblasser erst kurz vor seinem Tod in den Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts gezogen ist. Solche Anwendungsfälle werden der Ausnahmenatur der Ausweichklausel nach allerdings selten sein.254 b) Rechtswahl Eine direkte Rechtswahl räumt Art.  22 Abs.  1 EuErbVO ein. Darin ist dem Erb­ lasser gestattet, eine Rechtswahl zugunsten des Rechts des Staates seiner Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Rechtswahl oder seines Todes zu treffen. Mit dieser Lösung fand der EU-Gesetzgeber einen Kompromiss zwischen Aufenthalts- und Heimatrechtsprinzip. Die Rechtswahl soll dem Erblasser ausweislich von Erwägungsgrund 38 ­EuErbVO ermöglichen, frühzeitig das auf seinen Nachlass anwendbare Recht zu planen.255 Dass die Rechtswahl auf das Heimtrecht beschränkt bleibt, rechtfertigt der Gesetzgeber mit dem Pflichtteilsschutz der Angehörigen des Erblassers (Erwägungsgrund 38 S.  2 EuErbVO). Diese Beschränkung nimmt dem Erblasser die Option, sich für eine andere und möglicherweise pflichtteilsfeindlichere Rechtsordnung zu entscheiden, zu der seine persönliche Verbindung fehlt.256 Die Rechtswahl muss sich auf den gesamten Nachlass beziehen, eine Teilrechtswahl ist unzulässig (vgl. Art.  23 Abs.  1 EuErbVO i. V. m. Erwägungs253 

MüKo-BGB-Dutta, Art.  21 EuErbVO Rn.  6. MüKo-BGB-Dutta, Art.  21 EuErbVO Rn.  7; NK-BGB-Looschelders, Art.  21 EuErbVO Rn.  12; Palandt‑Thorn, Art.  21 EuErbVO Rn.  7. 255  Leitzen, ZEV 2013, 128, 128. 256  Palandt-Thorn, Art.  22 EuErbVO Rn.  2; Leitzen, ZEV 2013, 128, 128. 254 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 145

grund 37 S.  3 EuErbVO). So ist ausgeschlossen, dass der Erblasser seine Rechtswahl auf bestimmte Nachlassgegenstände beschränkt und insofern eine Nachlassspaltung herbeiführt, auf deren Verhinderung die Verordnung gerade abzielt.257 Um die Wirksamkeit der jeweiligen Verfügung von Todes wegen sicherzustellen, räumt der europäische Gesetzgeber dem Erblasser freilich ein, seine Rechtswahl allein auf das Errichtungsstatut zu begrenzen (vgl. Artt.  24 Abs 2, 25 Abs.  3 ­EuErbVO). Ferner verbleibt dem Erblasser die Möglichkeit, das Anknüpfungsmoment des gewöhnlichen Aufenthalts (Art.  21 Abs.  1 EuErbVO) oder der Staatsangehörigkeit (Art.  22 Abs.  1 EuErbVO) zu ändern und das anwendbare Recht mittelbar zu wählen. Man spricht bei solch einem Vorgehen von einer indirekten258 oder faktischen259 Rechtswahl, die allerdings für den Erblasser mit erheblichen persönlichen Konsequenzen verbunden ist. Denn wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Staatsangehörigkeit ändert, trifft eine Entscheidung nicht nur über das anwendbare Recht in seiner Erbangelegenheit, sondern vor allem über seinen Lebensmittelpunkt (gewöhnlicher Aufenthalt) oder einen Teil seiner kulturellen Identität (Staatsangehörigkeit). 4. Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) Auch Art.  30 EuErbVO ist bei der Frage zu berücksichtigen, welches Recht auf die Gesellschafternachfolge von Todes wegen anwendbar ist. a) Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO Unabhängig vom jeweiligen Erbstatut stellt Art.  30 EuErbVO die Anwendung besonderer Nachfolgeregelungen des Belegenheitsstaates sicher. Dabei handelt es sich in struktureller Verwandtschaft zu Art.  9 Rom  I-VO und Art.  16 Rom  II-VO um Eingriffsnormen260, deren Qualifikation sich nach ihrem ordnungspolitischen Regelungszweck richtet.261 Anders als nach Art.  3a Abs.  2 EGBGB a. F.262 kann auf Art.  30 EuErbVO eine kollisionsrechtliche Nachlass257 

Leitzen, ZEV 2013, 128, 129. Kropholler, IPR (2006), S.  293; zum Wechsel der Staatsangehörigkeit: v. Oertzen, IPRax 1994, 73, 79. 259  Heinemann, MDR 2015, 928, 930. 260  MüKo-BGB-Dutta, Art.  30 EuErbVO Rn.  1. 261  Vgl. MüKo-BGB-Martiny, Art.  9 Rom  I-VO Rn.  11 und 13. 262  Siehe Art.  3a Abs.  2 EGBGB in der vor dem 17.8.2015 geltenden Fassung: „Soweit Verweisungen im Dritten und Vierten Abschnitt das Vermögen einer Person dem Recht eines Staates unterstellen, beziehen sie sich nicht auf Gegenstände die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen.“ 258 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

spaltung nicht mehr gestützt werden.263 Denn nur die materiellrechtliche Sonderregel des Belegenheitsstaates beansprucht demnach Vorrang gegenüber den Vorschriften des Erbstatuts.264 Obgleich nur die materiellrechtliche Sonderregel des Belegenheitsstatuts Vorrang hat, beeinträchtigt sie den Grundsatz der Nachlasseinheit, da das Erbstatut mit Blick auf die Sonderregel nicht mehr umfassend anwendbar ist. Getreu dem Gebot der Nachlasseinheit ist Art.  30 EuErbVO deshalb als nachlassspaltende Vorschrift restriktiv auszulegen. Art.  30 EuErbVO erklärt besondere Vorschriften für anwendbar, die die Rechtsnachfolge von Todes wegen in bestimmte Vermögensgegenstände regeln. Solche Regelungen aus dem Sachrecht des Belegenheitsstaates müssen nach Art.  30 EuErbVO die Rechtsnachfolge aus wirtschaftlichen, familiären oder sozialen Erwägungen beschränken und nach dem Belegenheitsrecht unabhängig von dem nach Art.  21 und 22 EuErbVO bestimmten Erbstatut anzuwenden sein. Wie die beispielhafte Aufzählung der Vermögensgegenstände zeigt, ist Art.  30 EuErbVO hinsichtlich der genannten Vermögensgegenstände nicht abschließend zu verstehen. Die Regelungen, die bestimmte Vermögensgegenstände im Belegenheitsstaat betreffen, müssen sich aber von den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften unterscheiden und sich auf den jeweiligen Vermögensgegenstand beschränken („besondere Regelungen“).265 Ferner ist der ordnungspolitische Hintergrund („aus wirtschaftlichen, familiären oder sozialen Erwägungen“) zu beachten, der freilich bei nahezu allen erbrechtlichen Vorschriften vorliegt.266 Das ordnungspolitische Regelungsziel unterliegt dabei der Einschätzungsprärogative des mitgliedstaatlichen Gesetzgebers. Darüber hinaus muss die Norm internationale Geltung beanspruchen („unabhängig von dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht“), die durch Auslegung zu ermitteln ist.267 Prominentes Beispiel für besondere Regeln zur Rechtsnachfolge von Todes wegen sind die Regelungen der deutschen HöfeO268, die den Hof als Sondervermögen vom übrigen Nachlass trennen und im Wege der Einzelrechtsnachfolge übergehen lassen (§  4 HöfeO).269 Angesichts des weiten Wortlauts des Art.  30 263 

Erwägungsgrund 54 S.  4 EuErbVO; Palandt-Thorn, Art.  30 EuErbVO Rn.  2. Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  30 EuErbVO Rn.  1. 265  MüKo-BGB-Dutta, Art.  30 EuErbVO Rn.  4. 266  MüKo-BGB-Dutta, Art.  30 EuErbVO Rn.  5 („Leerformel“). 267  MüKo-BGB-Dutta, Art.  30 EuErbVO Rn.  6; vgl. auch MüKo-BGB-Martiny, Art.  9 Rom  I-VO Rn.  9. 268  Für weitere höferechtliche Beispiele aus anderen europäischen Rechtsordnungen siehe Kroiß/Horn/Solomon‑Köhler, Art.  30 EuErbVO Rn.  5. 269  Rauscher-Hertel, Art.  30 EuErbVO Rn.  1; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  30 EuErbVO Rn.  5. 264 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 147

EuErbVO270 kommen jedoch nicht nur Regelungen, die wie im Höferecht ein Sondernachlassvermögen begründen, als Eingriffsnormen in Betracht. Vielmehr kann grundsätzlich jede Bestimmung des Belegenheitsstaates, die die Rechtsnachfolge von Todes wegen nur berührt, über Art.  30 EuErbVO zur Anwendung gelangen.271 b) Sonderregeln der Gesellschafternachfolge als potentielle Eingriffsnormen Auch Sonderregeln der Gesellschafternachfolge kommen als Eingriffsnormen in Betracht.272 Zwar sind in den untersuchten Rechtsordnungen keine Bestimmungen erkennbar, die den Gesellschaftsanteil wie im Höferecht zum Sondernachlassvermögen erklären.273 Sonderregeln aber, die die Rechtsnachfolge von Todes wegen „berühren“ (Art.  30 EuErbVO), sind geradezu typisch für die Gesellschafternachfolge und finden sich in den untersuchten Rechtsordnungen zu zahlreichen Instituten des Erbrechts.274 Auch wenn Art.  30 EuErbVO historisch betrachtet auf die höferechtlichen Regelungen zugeschnitten ist275, drängt der Wortlaut („Unternehmen“) die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge als Eingriffsnormen auf, zumal sie, soweit sie den intuitus personae schützen, teleologisch zum ordnungspolitischen Schutzcharakter von Art.  30 EuErbVO passen. Solche Normen des Gesellschaftsstatuts sind bei den einzelnen Rechtsfragen auf ihren Eingriffsnormcharakter hin zu prüfen. Die Anwendung des Art.  30 EuErbVO setzt freilich voraus, dass der Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet ist. Entgegen verbreiteter Ansicht276 scheitert eine Anwendung in der Gesellschafternachfolge nicht generell an Art.  1 270  „Besondere Regelungen [...], die die Rechtsnachfolge von Todes wegen [...] berühren.“ [Hervorh. d. Verf.]. 271  Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  30 EuErbVO Rn.  5; Deixler-Hübner/Schauer-­ Schwartze, Art.  30 EuErbVO Rn.  9. 272  Palandt-Thorn, Art.  30 EuErbVO Rn.  1; allgemein auch Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23. 273  A.A. Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23 zur Sonderrechtsnachfolge im deutschen Personengesellschaftsrecht. 274  Siehe zum Beispiel zur Erbenmehrheit im deutschen Recht S. 11  ff.; zur Verwaltungstestamentsvollstreckung des deutschen und österreichischen Rechts S. 21  ff. sowie S. 41  f.; zum personal representative des englischen Rechts S. 45  f. 275  Vgl. dazu bereits den Kommissionsvorschlag vom 14.10.2009, KOM (2009) 154 endg., S.  7. 276  MüKo-BGB-Dutta, Art.  30 EuErbVO Rn.  2; Rauscher-Hertel, Art.  30 EuErbVO Rn.  15; Geimer/Schütze‑Odersky, Art.  30 EuErbVO Rn.  2; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98; D. Paulus, notar 2016, 3, 9; Dutta, FamRZ 2013, 4, 11; Leitzen, ZEV 2012, 520, 521; Nietner, Internationaler Entscheidungseinklang (2016), S.  307; a. A.: Dörner, ZEV 2010, 221, 223 (Fn.  17).

148

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

Abs.  2 lit.  h oder i EuErbVO. Denn auch in der Gesellschafternachfolge sind ­einige Rechtsfragen wie der Erbgang und die Testamentsvollstreckung, unter Einschluss ihrer gesellschaftsrechtlich bedingten Sonderregeln, erbrechtlich zu qualifizieren.277 Ergeben sich aus dem Gesellschaftsstatut sachrechtliche Einwände gegen besondere oder allgemeine Regeln des Erbstatuts, sind sodann die Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen vor, finden die diesbezüglichen Regeln des Gesellschaftsstatuts Anwendung.278 Mit Hilfe von Art.  30 EuErbVO setzen sich insofern die Wertungen des Gesellschaftsstatuts gegenüber dem Erbstatut durch. III. Deutsches Kollisionsrecht Ist die EuErbVO in einer Rechtsfrage der Gesellschafternachfolge nicht anwendbar und unterliegt diese Rechtsfrage nicht dem Regelungsregime einer anderen kollisionsrechtlichen EU-Verordnung, muss nach nationalem Kollisionsrecht qualifiziert werden. 1. Art.  25 EGBGB Für die Rechtsnachfolge von Todes wegen gilt im deutschen IPR Art.  25 ­EGBGB, dessen Anknüpfungsgegenstand nach den Grundsätzen des deutschen Kolli­ sions­rechts auszulegen ist. Der Rückgriff auf das nationale Kollisionsrecht ist freilich umstritten.279 Denn zum Teil wird eine verbindliche Qualifikationsentscheidung des Unionsgesetzgebers auch in der negativen Bestimmung des Anwendungsbereichs der EuErbVO gesehen.280 In der Konsequenz wäre, sollte man den Anwendungsbereich verneinen, das von der Bereichsausnahme betroffene Komplementärstatut anwendbar, ohne dass es auf das nationale Kollisionsrecht ankäme. a) Argument der unionsrechtlichen Begriffsbildung Die Auffassung, die in den Bereichsausnahmen eine verbindliche Qualifikationsentscheidung zugunsten des jeweiligen Komplementärstatuts erkennt, stützt sich auf das Argument der unionsrechtlichen Begriffsbildung. Sie werde unterlaufen,

277 

Im Einzelnen S. 195  ff. Siehe zur Rechtsfolge von Art.  30 EuErbVO: Rauscher-Hertel, Art.  30 EuErbVO Rn.  4; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  30 EuErbVO Rn.  12. 279  Dafür MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  8; dagegen Dörner, ZEV 2012, 505, 507. 280  So Dörner, ZEV 2012, 505, 507. 278 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 149

wenn man Begriffe nach mitgliedstaatlichem IPR anders verstünde als unter der EuErbVO.281 Kennzeichnend für Bereichsausnahmen ist, dass die dort geregelten Rechtsfragen Bezüge zu verschiedenen Regelungsregimen aufweisen – in der Frage der Gesellschafternachfolge von Todes wegen zum Erbstatut einerseits und zum Gesellschaftsstatut andererseits. Der europäische Gesetzgeber hat insofern in Abs.  1 („Rechtsnachfolge von Todes wegen“) und in den Bereichsausnahmen in Abs.  2 (zum Beispiel lit.  h: „Fragen des Gesellschaftsrechts“) europäische „Komplementärbegriffe“282 geschaffen. Dieser vereinheitlichten Begriffsbildung in Abs.  2 sei auch die Regelungsentscheidung zu entnehmen, dass Rechtsfragen, die unter die Bereichsausnahmen fallen, zwingend dem jeweiligen Komplementärstatut und nicht dem Erbstatut unterlägen.283 Bestimme sich das Komplementärstatut wie im Fall des Gesellschaftsstatuts nach mitgliedstaatlichem Kollisionsrecht, sei der Anknüpfungsgegenstand insofern unionsrechtlich bereits vorgegeben. Eine abweichende mitgliedstaatliche Qualifikation komme wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht infrage.284 Die unionsrechtliche Begriffsbildung dürfe nicht unterlaufen werden. Rechtsfolge der Bereichsausnahmen ist nach dieser Auffassung nicht nur die negative Begrenzung des Anwendungsbereichs, sondern auch eine positive und verbindliche Entscheidung zugunsten des jeweiligen Komplementärstatuts. b) Argument des geänderten Art.  25 EGBGB Solch einem positiven Regelungsgehalt der Bereichsausnahmen stehe aus deutscher IPR-Perspektive die geänderte Regelung des Art.  25 EGBGB285 entgegen.286 Hier hält der deutsche Gesetzgeber weiterhin eine erbrechtliche Anknüpfung für den Fall bereit, dass die zu beurteilende Rechtsfrage nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung erfasst ist. Art.  25 EGBGB erklärt die EuErbVO in diesen Fällen für entsprechend anwendbar. Die erbrechtliche Anknüpfung im mitgliedstaatlichen IPR bedeute, dass auch eine mitgliedstaatliche Qualifikation in der Abgrenzung von Gesellschaftsstatut und mitgliedstaatlichem Erbstatut 281 

Vgl. Dörner, ZEV 2012, 505, 507. Ibid. 283  Ibid. 284  Ibid. 285  Vgl. Neufassung des Art.  25 EGBGB m.W.v. 17.8.2015 durch Gesetz v. 29.6.2015 (BGBl.  I S.  1042): „Soweit die Rechtsnachfolge von Todes wegen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr.  650/2012 [EuErbVO, Anm. d. Verf.], gelten die Vorschriften des Kapitels III dieser Verordnung entsprechend.“; dazu bereits Wagner/Scholz, FamRZ 2014, 714, 721. 286  So MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  8. 282 

150

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

(Art.  25 EGBGB) vorzunehmen sei.287 Denn die erbrechtliche Anknüpfung in Art.  25 EGBGB sei überflüssig, wenn sie nicht zu anderen Qualifikationsmaßstäben als denjenigen der ohnehin bereits geprüften EuErbVO führe. Insofern verbleibe bei einer Regelung wie der des Art.  25 EGBGB mitgliedstaatlicher Qualifikationsspielraum bei der Gesellschafternachfolge von Todes wegen.288 c) Stellungnahme Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Zwar steht die Qualifikation nach nationalem Kollisionsrecht einer einheitlichen Rechtsanwendung entgegen: Jeder Mitgliedsstaat entscheidet nach seinen eigenen Maßstäben, ob die jeweilige Rechtsfrage als erbrechtlich zu qualifizieren ist. Der EU-Gesetzgeber hat aber, indem er den jeweiligen Regelungsbereich von der Verordnung ausschloss, die Qualifikationsentscheidung mangels anderweitig einschlägiger EU-Verordnung dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Daran ändert auch der Anwendungsvorrang des Unionsrechts nichts. Er gilt nur im Anwendungs- und Geltungsbereich des Unionsrecht und kann daher gerade nicht erklären, dass Bereichsausnahmen außerhalb des Anwendungsbereichs der jeweiligen EU­Verordnung vorgeben sollten, wie im nationalen Kollisionsrecht zu qualifizieren ist. Bei deutscher lex fori ist mithin auf Art.  25 EGBGB zurückzugreifen, soweit die Anwendbarkeit der EuErbVO an ihren Bereichsausnahmen scheitert und keine weitere EU-Verordnung einschlägig ist. Die Funktion des Art.  25 EGBGB besteht gerade darin, Fragen außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung als erbrechtlich qualifizieren zu können. 2. Gesellschaftskollisionsrecht Betrifft die zu untersuchende Rechtsfrage nicht die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der Verordnung und kommt das nationale IPR des Forums ebenso zu einer gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Rechtsfrage, bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem internationalen Gesellschaftsrecht des Forums. Als Beispiel dient im Folgenden die Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts im deutschen Kollisionsrecht. a) Objektive Anknüpfung Entscheidend für die objektive Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts sind die europäischen Anknüpfungsvorgaben aus der Niederlassungsfreiheit und ihre Um287  288 

Ibid. Ibid.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 151

setzung im nationalen IPR, das nach wie vor ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen folgt.289 aa) Vorgaben des EuGH Gemäß Art.  54 AEUV findet die Niederlassungsfreiheit (Art.  49 AEUV) neben natürlichen Personen auch auf Gesellschaften Anwendung, die nach den Vorschriften eines Mitgliedsstaats gegründet sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben. Sind der Mitgliedsstaat der Gründung und der Mitgliedsstaat des tatsächlichen Sitzes verschieden, ist die Gesellschaft aufgrund ihres grenzüberschreitenden Bezugs (vgl. Art.  49 AEUV) vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst. Hinsichtlich solcher Gesellschaften hat der EuGH europäische Anknüpfungsvorgaben entwickelt. (1) Zuzugsfreiheit In den Entscheidungen Centros290, Überseering291 und Inspire Art292 hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine Anknüpfung an den tatsächlichen Sitz der Gesellschaft zu einer rechtfertigungsbedürftigen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann. Im Einzelnen geht es um Vorschriften des Sitzmitgliedsstaats in Bezug auf die Eintragungsfähigkeit ins Handelsregister293, die Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft294 und Vorgaben hinsichtlich des Mindestkapitals und der damit verbundenen Geschäftsführerhaftung295. Der EuGH sieht in der Sitzanknüpfung und den daraus folgenden Regelungen die Gefahr, Gesellschaften von einer Sitzverlegung ins EU-Ausland rechtlich abzuhalten und ihre Niederlassungsfreiheit dadurch zu beeinträchtigen. Seit diesen Grundsatzentscheidungen ist in höchstrichterlicher Rechtsprechung die Zuzugsfreiheit in einen anderen Mitgliedsstaat dem Schutz der Niederlassungsfreiheit unterstellt und die 289  Ein Referentenentwurf des BMJ zum Internationalen Gesellschaftsrecht (Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristische Personen (abrufbar unter: http://rsw.beck.de/docs/librariesprovider5/rsw-dokumente/Referentenentwurf-IGR, letzter Aufruf am 6.8.2020)) vermochte sich nicht durchzusetzen; dazu Rot­ heimer, NZG 2008, 181 f.; Wagner/Timm, IPRax 2008, 81, 84–90. 290  EuGH, 9.3.1999 – C-212/97, Slg. 1999 I, 1459 – Centros; dazu: Behrens, IPRax 1999, 323; Thorn, IPRax 2001, 102. 291  EuGH, 5.11.2002 – C-208/00, Slg 2002 I, 9919 – Überseering; dazu: Behrens, IPRax 2003, 193. 292  EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art. 293  EuGH, 9.3.1999 – C-212/97, Slg. 1999 I, 1459 – Centros, Rn.  7. 294  EuGH, 5.11.2002 – C-208/00, Slg 2002 I, 9919 – Überseering, Rn.  9. 295  EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art, Rn.  25, 27 f.

152

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

ausnahmslose Sitzanknüpfung, wie sie in einigen Mitgliedsstaaten galt und in Bezug auf drittstaatliche Gesellschaften weiterhin gilt296, für mitgliedstaatliche Gesellschaften in Frage gestellt. Während Centros sowie Inspire Art die Gründung einer Zweigniederlassung betreffen und ihre Anknüpfungsvorgaben daher nur die sekundäre Niederlassungsfreiheit (Art.  49 Abs.  1 S.  2 AEUV) betreffen297, überträgt Überseering die Anknüpfungsvorgaben auf die primäre Niederlassungsfreiheit. Denn Überseering liegt die Verwaltungssitzverlegung einer niederländischen Gesellschaft nach Deutschland zugrunde.298 Obwohl die Verwaltungssitzverlegung eine bereits gegründete Gesellschaft und damit die erstmalige Inanspruchnahme der primären Niederlassungsfreiheit (Art.  49 Abs.  1 S.  1 AEUV) voraussetzt, ist nicht nur die Gründung, sondern auch die Verwaltungssitzverlegung von der primären Niederlassungsfreiheit erfasst.299 Die Anknüpfungsvorgaben zur Zuzugsfreiheit gelten daher sowohl für die primäre als auch die sekundäre Niederlassungsfreiheit. (2) Wegzugsfreiheit Die Cartesio-Entscheidung300 des EuGH hingegen zeigte zunächst die Grenzen der Niederlassungsfreiheit auf. Im zugrunde liegenden Sachverhalt beantragte die ungarische Kommanditgesellschaft Cartesio beim ungarischen Registergericht, die Verlegung ihres Verwaltungssitzes nach Italien zu bestätigen und ihren Handelsregistereintrag entsprechend zu ändern. Da eine nach ungarischem Recht gegründete Gesellschaft ihren Sitz nicht unter Beibehaltung ihres ungarischen Gründungsstatuts ins Ausland verlegen kann, lehnte das Registergericht diesen Antrag ab.301 Der EuGH erkannte in der Ablehnung des Antrags keinen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit, da die Verwaltungssitzverlegung ins Ausland als Teil der Wegzugsfreiheit nicht vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst

296 

Zur Sitzanknüpfung drittstaatlicher Gesellschaften im deutschen Recht siehe BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192 – Trabrennbahn; MüKo-BGB-Kindler, IntGesR Rn.  455. 297  Vgl. EuGH, 9.3.1999 – C-212/97, Slg. 1999 I, 1459 – Centros, Rn.  2; EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art, Rn.  2. 298  Vgl. EuGH, 5.11.2002 – C-208/00, Slg 2002 I, 9919 – Überseering, Rn.  82. 299  Calliess/Ruffert-Korte, Art.  49 AEUV Rn.  29; Streinz-Müller-Graf, Art.  49 AEUV Rn.  22. 300  EuGH, 16.12.2008 – C-210/06, Slg. 2008 I, 9641 – Cartesio. 301  Eine vergleichbare Regelung sah das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht vor Inkrafttreten des MoMiG in §  4a Abs.  2 GmbHG a. F. und §  5 Abs.  2 AktG a. F. vor, deren Inhalt aber im Zuge der Gesetzesreform gestrichen wurde.

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 153

sei.302 Da es an einer europäisch einheitlichen Gesellschaftsdefinition fehle, bestimme jede nationale Rechtsordnung selbst über die „Vorfrage“303, ob eine Gesellschaft als Rechtssubjekt bestehe und sich in der Folge zum geschützten Personenkreis im Sinne von Artt.  49, 54 AEUV zählen könne.304 Die Rechtssubjektivität selbst sei nicht vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst.305 In der Konsequenz blieb der Gesellschaft nichts anderes übrig, als sich unter Aufgabe ihres Gründungsstatuts im Aufnahmestaat neu zu gründen. Freilich bleibt Cartesio nur von materiellrechtlicher Bedeutung.306 Zwar hat der Gerichtshof in der Frage des Wegzugs die Anknüpfung an den ursprünglichen Verwaltungssitz, den der Gerichtshof als „wahre[n] Sitz“307 versteht, für europarechtlich zulässig erklärt.308 Jeder Mitgliedsstaat dürfe selbst über die Anknüpfung entscheiden, die eine Gesellschaft aufweisen müsse, um seiner Rechtsordnung unterstellt zu werden und ihre Rechtsfähigkeit im Fall des Wegzugs zu erhalten.309 Die Begriffe der Anknüpfung und der Vorfrage sind aber irreführend und nicht kollisionsrechtlich zu verstehen. Denn im ungarischen Recht galt für ungarische Kommanditgesellschaften wie Cartesio im Verfahrenszeitpunkt schon die Gründungstheorie.310 Die Unzulässigkeit ihrer Sitzverlegung aus der Perspektive des ungarischen Rechts konnte sich also nicht aus dem kollisionsrechtlichen Grund einer Sitzanknüpfung ergeben, sondern war die Folge materiellrechtlicher Wegzugsbeschränkungen des ungarischen Gesellschaftsrechts. Da der EuGH an die Vorlagefragen des vorlegenden Gerichts gebunden ist311 und diese nur die materiellrechtliche Beschränkungen des ungarischen Rechts umfassten, konnte Cartesio nicht die kollisionsrechtliche Frage entscheiden, ob die Sitztheorie in Wegzugsfällen europarechtlich zu beanstanden ist. Der Gerichtshof erklärte lediglich materiellrechtliche Wegzugsbeschränkungen für zulässig. Dass eine Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz im Gründungsmitgliedsstaat haben muss, um von dessen Rechtsordnung als rechtsfähig anerkannt 302 

EuGH, 16.12.2008 – C-210/06, Slg. 2008 I, 9641 – Cartesio, Rn.  108. EuGH, 16.12.2008 – C-210/06, Slg. 2008 I, 9641 – Cartesio, Rn.  109. 304  Ibid. 305  Vgl. EuGH, 16.12.2008 – C-210/06, Slg. 2008 I, 9641 – Cartesio, Rn.  108. 306  Behme, Sitzverlegung von Gesellschaften über die Grenze (2015), S.  47 f.; Mansel/ Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 4; a. A.: Däubler/Heuschmid, NZG 2009, 493, 493; Kindler, IPRax 2009, 189, 190 f. 307  EuGH, 16.12.2008 – C-210/06, Slg. 2008 I, 9641 – Cartesio, Rn.  116. 308  Kindler, IPRax 2009, 189, 190 f. 309  EuGH, 16.12.2008 – C-210/06, Slg. 2008 I, 9641 – Cartesio, Rn.  107 f. 310  Vgl. §  18 Abs.  2 des ungarischen Gesetzesdekrets über das Internationale Privatrecht (Nr.  13/1979), der an den Registerort der Gesellschaft anknüpft; siehe auch Behme, Sitzverlegung von Gesellschaften über die Grenze (2015), S.  47 f. m. w. N. 311  Streinz-Streinz, Art.  267 AEUV Rn.  15. 303 

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§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

zu werden, verstößt demnach nicht gegen Unionsrecht.312 Mit Blick auf Wegzugsbeschränkungen entstand daher kein Anpassungsdruck auf das nationale Gesellschaftsrecht. Ob die Grundsätze aus Cartesio weiterhin gelten, muss man vor dem Hintergrund der Polbud-Entscheidung313 freilich bezweifeln, in der der Gerichtshof die isolierte Verlegung eines Satzungssitzes von der Niederlassungsfreiheit erfasst sieht und Wegzugsbeschränkungen insofern für unionsrechtsrechtswidrig erklärt.314 In dem Fall verlegte Polbud, eine nach polnischem Recht gegründete Gesellschaft, ihren Satzungssitz nach Luxemburg und begehrte daraufhin, die Gesellschaft aus dem polnischen Handelsregister löschen zu lassen. Die polnischen Gerichte bestanden auf die Durchführung eines Liquidationsverfahrens, das der EuGH in Polbud als eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ansieht.315 Während es in Cartesio auch um die Verlegung des Verwaltungssitzes ging, betrifft Polbud allein die Verlegung des Satzungssitzes einer Gesellschaft. Dass der Gerichtshof nur im letztgenannten Fall die Wegzugsbeschränkungen des Gründungsstaates für unionsrechtswidrig erklärt, erschließt sich nicht ohne weiteres. Es bleibt daher abzuwarten, ob und inwieweit sich Polbud in der Judikatur des Gerichtshofs verfestigt. bb) Nationale Umsetzung des BGH Hinsichtlich der EuGH-Judikatur zur Zuzugsfreiheit musste der BGH jedoch reagieren, um das deutsche Gesellschaftskollisionsrecht an die europäischen Vorgaben anzupassen. Er entwickelte in den folgenden Urteilen316 eine gespaltene Kollisionsregel:317 Sind Gesellschaften in einem EU- oder EWR-Staat gegründet worden, so findet die Rechtsordnung des Gründungsstaates als lex societatis Anwendung. Bei Gründungen in Drittstaaten hingegen richtet sich das auf die Gesellschaft anwendbare Recht bei Sitzverlegung nach Deutschland weiterhin nach deutschem Recht.

312 

Kindler, IPRax 2009, 189, 190 f.; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 4. EuGH, 25.10.2017 – C-106/06, ECLI:EU:C:2017:804 – Polbud. 314  EuGH, 25.10.2017 – C-106/06, ECLI:EU:C:2017:804 – Polbud, Rn.  44, 65. 315  EuGH, 25.10.2017 – C-106/06, ECLI:EU:C:2017:804 – Polbud, Rn.  65. 316  Vgl. BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192, 196; 14.3.2005, NJW 2005, 1648, 1649; 13.3.2003, BGHZ 154, 185, 189. 317  Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn.  7.37; M.-P. Weller, IPRax 2003, 324, 324 f. 313 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 155

(1) Rechtsquelle: Richterliche Rechtsfortbildung und Gewohnheitsrecht Eine europäische Vereinheitlichung des Internationalen Gesellschaftsrechts hat bisher nicht stattgefunden.318 Gemäß Art.  3 Hs. 2 EGBGB bestimmt sich das Gesellschaftsstatut im Gegensatz zur europäisch einheitlichen Anknüpfung des Erbstatuts nach nationalem Recht, das freilich jedenfalls in EU-Sachverhalten319 europarechtskonform auszulegen und daher von den Wertungen der Niederlassungsfreiheit (Artt.  49, 54 EUV) und der dazu ergangenen EuGH-Rechtsprechung durchdrungen ist.320 Auch auf nationaler Ebene fehlt es freilich an einer Kodifikation des Interna­ tio­nalen Gesellschaftsrechts. Zwar gelangte 2008 ein Kodifikationsversuch des Bundesministeriums der Justiz in das Stadium eines veröffentlichten Referentenentwurfs321, der in Art.  10 Abs.  1 EGBGB die Anknüpfung an den Registrierungsort der Gesellschaft vorsah. Aus nicht dokumentierten Gründen, aber vermutlich aufgrund politischen Widerstands der Gewerkschaften, die mit der Gründungsrechtsanknüpfung um ihre Mitbestimmungsrechte fürchteten322, kam es nicht zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs. Mangels kodifizierten Rechts müssen Kollisionsregeln zum Gesellschaftsrecht und ihre europäischen Vorgaben mithin in richterrechtlicher Rechtsfortbildung zu Gewohnheitsrecht geformt werden.323 (2) Gründungstheorie für EU- und EWR-Gesellschaften Aus den Vorgaben des Gerichtshofs zog der BGH die Konsequenz, dass ausländische Gesellschaften dem Recht ihres Gründungsstaates unterworfen sind (sog. Gründungstheorie)324 – allerdings nur so weit, wie die Niederlassungsfreiheit gilt, zu der die Judikatur des EuGH und die anschließende Umsetzung des BGH 318  Kindler, IPRax 2009, 189, 192; Mansel, RabelsZ 70 (2006), 651, 673; a. A.: M.-P. Weller, IPRax 2009, 202, 204 f., der in der Niederlassungsfreiheit eine versteckte Kollisionsregel erkennt. 319  A.A. noch OLG Hamm, 26.5.2006, ZIP 2006, 1822, 1822, das die Niederlassungsfreiheit zugunsten einer schweizerischen Aktiengesellschaft entsprechend angewandt hatte. 320  M.-P. Weller, IPRax 2009, 202, 206; W.-H. Roth, IPRax 2006, 338, 342. 321  Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristische Personen (abrufbar unter: http://rsw.beck.de/docs/librariesprovider5/ rsw-dokumente/Referentenentwurf-IGR, letzter Aufruf am 6.8.2020); dazu Rotheimer, NZG 2008, 181 f.; Wagner/Timm, IPRax 2008, 81, 87. 322  Vgl. Kindler, IPRax 2009, 189, 189 sowie die Ausführungen in BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192, 198 f. 323  Vgl. Henssler/Strohn-Servatius, Int GesR Rn.  5; D. Paulus, notar 2016, 3, 6. 324  BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192, 196; 14.3.2005, NJW 2005, 1648 f.; BGH, 13.3.2003, BGHZ 154, 185, 189.

156

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

ausschließlich erfolgte. Von ihr sind gemäß Art.  54 AEUV die Gesellschaften erfasst, die in einem EU‑Mitgliedsstaat gegründet wurden und in einem anderen Mitgliedsstaat ihren Verwaltungssitz haben. Ferner gelten über Artt.  31, 34 EWRV325 die Grundsätze zur Niederlassungsfreiheit gleichermaßen für Gesellschaften aus den EWR-Mitgliedsstaaten Liechtenstein, Norwegen und Island. Da der EWR-Vertrag den EWR-Mitgliedsstaaten einen vergleichbaren Binnenmarktzugang ermöglichen soll, muss die Niederlassungsfreiheit insoweit inhaltsgleich unter Einbeziehung der einschlägigen EuGH-Judikatur umgesetzt werden.326 Zum Kreis der EWR-Staaten gehört jedoch nicht die Schweiz, die sich damit entgegen der Auffassung des OLG Hamm327 nicht auf die aus der Niederlassungsfreiheit entwickelte Gründungstheorie berufen kann.328 Auch der deutsche Gesetzgeber blieb nicht untätig. Eine jedenfalls explizite Regelung zum Internationalen Gesellschaftsrecht sucht man zwar nach wie vor vergeblich.329 Aber die im Zuge des MoMiG eingeführte Neuregelung in §§  4a GmbHG, 5 AktG lockerte die sachrechtlichen Wegzugsvoraussetzungen. Denn der satzungsmäßige Sitz hat sich nach wie vor im Inland zu befinden, der tatsächliche Sitz aber darf im Ausland liegen.330 Auch wenn das MoMiG damit keine ausdrückliche kollisionsrechtliche Entscheidung zugunsten der Gründungstheorie getroffen hat331, ist in dieser Gesetzesänderung eine binnenmarktfreundliche Tendenz zu erkennen, die die Gesellschaftsformen deutschen Rechts im internationalen Wettbewerb fördern soll332 und die sich in der BGH‑Rechtsprechung zur Gründungstheorie fortsetzt. Denn die Gründungstheorie des BGH setzt die EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit binnenmarktfreundlicher um, als es deren Vorgaben verlangen: Der BGH entschied sich für eine generelle Anknüpfung an den Gründungsstaat, obwohl der EuGH die Sitzanknüpfung nur hinsichtlich der in seinen Entscheidungen betroffenen Regelungsbereiche für europarechtswidrig erklärt hat.333 So entstand aus der Zielvorgabe des EuGH, die 325  Abkommen

über den europäischen Wirtschaftsraum vom 2.5.1992, ABl.  EU 1994 L 1, 3. BGH, 19.9.2005, BGHZ 164, 148, 151; M.-P. Weller, IPRax 2009, 202, 206; Fingerhuth/ Rumpf, IPRax 2008, 90, 91; Thölke, DNotZ 2006, 145, 145. 327  OLG Hamm, 26.5.2006, ZIP 2006, 1822, 1822; aufgehoben aber durch: BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192; dazu M.‑P. Weller, IPRax 2009, 202, 206. 328  Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 4 f.; M.-P. Weller, IPRax 2009, 202, 206. 329  Vgl. aber J. Hoffmann, ZIP 2007, 1581, 1584 f., der in der Neuregelung von §  4a ­GmbHG und §  5 AktG einen kollisionsrechtlichen Gehalt zugunsten der Gründungstheorie erkennt; insoweit zustimmend: Fingerhuth/Rumpf, IPRax 2008, 90, 92. 330  Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 4. 331  Vgl. Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 4. 332  Vgl. BT-Drucks. 16/6140, S.  29. 333  Vgl. dazu die Leitsätze der EuGH-Urteile: EuGH, 30.9.2003 – C-167/01, Slg 2003 I, 10155 – Inspire Art; EuGH, 5.11.2002 – C-208/00, Slg 2002 I, 9919 – Überseering; EuGH, 326 

B. Rechtsgrundlagen der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen 157

Niederlassungsfreiheit zu schützen, der ausnahmslose Schutz des Gründungsstatuts. Es setzte sich im deutschen Kollisionsrecht die Lehre vom einheitlichen Gesellschaftsstatut durch, nach der die Verhältnisse einer Gesellschaft einheitlich nach ihrem Gesellschaftsstatut zu beurteilen sind.334 (3) Sitztheorie für drittstaatliche Gesellschaften Für drittstaatliche Gesellschaften gilt die Niederlassungsfreiheit freilich nicht, da die Artt.  49, 54 AEUV und Artt.  31, 34 EWRV eine Gründung oder einen Verwaltungssitz im Gebiet der jeweiligen Mitgliedsstaaten voraussetzen. Vorbehaltlich vorrangiger völkerrechtlicher Übereinkommen335 (vgl. Art.  3 Nr.  2 EGBGB) richtet sich das Gesellschaftsstatut drittstaatlicher Gesellschaften allein nach den Grundsätzen des nationalen autonomen Gesellschaftskollisionsrechts. Im deutschen IPR richtet sich das Gesellschaftsstatut gemäß der herrschenden Meinung336 nach dem effektiven Verwaltungssitz der drittstaatlichen Gesellschaft (Sitztheorie), wie die Trabrennbahn-Entscheidung des BGH337 hinsichtlich einer schweizerischen Aktiengesellschaft bestätigt. Die Differenzierung zwischen mitgliedstaatlichen und drittstaatlichen Gesellschaften führt im Ergebnis zu einer „Spaltung des Gesellschaftskollisionsrechts“338. b) Rechtswahl Mit Hinwendung zur Gründungstheorie können Gesellschafter in jedem EU- oder EWR‑Mitgliedsstaat Gesellschaften gründen, ohne um ihre Anerkennung in Deutschland bei entsprechender Sitzverlegung zu fürchten. Sie sind frei darin, sich im Gründungszeitpunkt für Gesellschaftsformen eines bestimmten EU- oder EWR­-Mitgliedsstaaten zu entscheiden und damit das auf ihre Gesellschaft anwendbare Recht auch für den Fall zu bestimmen, dass die Gesellschaft ihren Sitz nach Deutschland verlegt. Den Gesellschaftern eröffnet sich in der 9.3.1999 – C‑212/97, Slg. 1999 I, 1459 – Centros; vgl. auch Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  49. 334  Henssler/Strohn-Servatius, Int GesR Rn.  4; M.-P. Weller, IPRax 2003, 324, 328; a. A. noch: Forsthoff, DB 2003, 979, 980. 335  Z. B. Art.  25 Abs.  5 S.  2 Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29.10.1954 (BGBl.  1956 II, S.  488), den der BGH im Sinne der Gründungstheorie interpretiert: BGH, 5.7.2004, IPRax 2005, 339 f. 336  BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192, 196 f.; BGH, 29.1.2003, BGHZ 153, 353, 355; Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  576; von Hoffmann/Thorn, IPR (2007), S.  288 f.; D. Paulus, notar 2016, 3, 6; Kindler, IPRax 2009, 189, 190; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 4. 337  BGH, 27.10.2008, BGHZ 178, 192. 338  Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn.  7.37.

158

§  4 Gesellschafternachfolge von Todes wegen im EU-Kollisionsrecht

freien Wahl des Gründungsstaates als Anknüpfungsmoment eine neue Möglichkeit, über das anwendbare Recht zu bestimmen (sog. Rechtsformwahlfreiheit).339 Über die Wahl des Anknüpfungsmoments hinaus aber können die Gesellschafter das anwendbare Recht nicht beeinflussen, eine vom Gründungsstatut verschiedene Rechtswahlmöglichkeit im Sinne einer echten kollisionsrechtlichen Rechtswahl besteht nicht.340 IV. Auseinanderfallen von Erb- und Gesellschaftsstatut Die Anknüpfungsmomente zur Bestimmung des Erbstatuts und der lex societatis sind unterschiedlich. Während sich das Erbstatut in der Regel nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers richtet, bestimmt sich das Gesellschaftsstatut nach der Rechtsordnung des Staates, in dem die Gesellschaft gegründet wurde oder, falls es sich um eine drittstaatliche Gesellschaft handelt, in dem sie ihren Verwaltungssitz hat. Im Blick auf die Gesellschafternachfolge von Todes wegen entstehen die kollisionsrechtlichen Probleme gerade aus diesem Befund. Denn vor allem die unterschiedlichen Anknüpfungsmomente in der objektiven Anknüpfung führen dazu, dass Erb- und Gesellschaftsstatut auseinanderfallen können und die Einzelfragen der Gesellschafternachfolge unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen. So wird die Abgrenzung zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut zum Kernproblem der grenzüberschreitenden Gesellschafternachfolge von Todes wegen.341 Das Abgrenzungsproblem wird dadurch verstärkt, dass der Erblasser allein kaum über Rechtswahloptionen verfügt, um einen Gleichlauf von Erb- und Gesellschaftsstatut herzustellen. Die Erbverordnung lässt ihm nur die Alternative offen, die Rechtsordnung seiner Staatsangehörigkeit zu wählen. Hinsichtlich des Gesellschaftsstatuts bliebe ihm zwar die freie Wahl des Gründungsstatuts. Handelt es sich aber nicht um eine Einpersonen-Gesellschaft, wie sie im Kapitalgesellschaftsrecht denkbar ist, muss die Wahl des Gründungsstatuts mit dem Gesellschafterkreis abgestimmt werden, der möglicherweise international besetzt ist und die Abstimmung auf eine bestimmte Rechtsordnung zusätzlich erschwert. Obschon ein Gleichlauf von Erbstatut und Gesellschaftsstatut nicht ausgeschlossen ist, genügt als Ausgangspunkt der folgenden kollisionsrechtlichen Untersuchung, dass Erbstatut und Gesellschaftsstatut auseinanderfallen können und ihre Abgrenzung entscheidend ist für das im Einzelfall anwendbare Recht. 339 

Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 730–732. Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 732. 341  Vgl. auch Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  25 f. 340 

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen In der internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen beruht die Diskussion um das anwendbare Recht häufig auf der Annahme, dass das Gesellschaftsstatut gegenüber dem Erbstatut Vorrang habe.1 Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts sind vor diesem Hintergrund zwei Untersuchungsschritte notwendig. Zunächst muss dem Vorrang des Gesellschaftsstatuts als möglichem Qualifikationsmaßstab nachgegangen werden. Sodann sind die Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge, insbesondere die bereits herausgearbeiteten Sonderregeln zu qualifizieren.

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts? I. Forschungsstand der Literatur zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts Bereits im deutschen Kollisionsrecht folgten weite Teile der Literatur dem Vorrang des Gesellschaftsstatuts2, an dem die herrschende Literaturmeinung zur Ge-

1  MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Geimer/Schütze‑C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  34; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98–101; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 555; D. Paulus, notar 2016, 3, 9 f.; Dörner, ZEV 2012, 505, 508; Hertel, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 85, 105; Kindler, GmbHR 2015, R305, R306; Kindler, in: FS Stilz (2014), 345, 353; Cubeddu Wiedemann, in: Löhnig, Erbfälle unter EuErbVO (2014), 109, 137; Remde, RNotZ 2012, 65, 69 (noch zum Kommissionsentwurf); Heiss, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 1213, 1242 (Fn.  42); ausdrücklich abweichend nur: Deixler‑Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 ­EuErbVO Rn.  60, Leitzen, ZEV 2012, 520, 521 („keine generelle Vorrangregel“); dass die Nachweise im Wesentlichen aus der Literatur zum deutschen Recht stammen, liegt daran, dass die Vorrangdiskussion vor allem hier geführt wird. 2  Dazu von Bar, IPR II (1991), S.  266; Kropholler, IPR (2006), S.  443; Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736.

160

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

sellschafternachfolge von Todes wegen unter der EuErbVO festhält.3 Viele Autoren sehen unter der EuErbVO keine Änderung zur vorigen Rechtslage.4 Allerdings unterscheiden sich die Auffassungen, die auch unter der EuErbVO dem Vorrang des Gesellschaftsstatuts folgen. So finden sich zum einen Stimmen, die eine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts vertreten, aber nicht darauf eingehen, unter welchen Voraussetzungen oder in welchen Rechtsfragen der Vorrang des Gesellschaftsstatuts greift.5 Zum anderen sind Auffassungen erkennbar, die sich mit konkreten Vorrangvoraussetzungen befassen. Sie setzen am materiellen Recht an. So sieht Hertel sämtliche Rechtsfragen mit Berührungspunkten zum Gesellschaftsrecht dem Gesellschaftsstatut zugeordnet.6 Denn „alles, was das Gesellschaftsrecht regelt“7 oder der Gesellschaftsvertrag bestimme8, unterliege dem Gesellschaftsstatut. Gemäß dieser Auffassung richtet sich die Qualifikation der Gesellschafternachfolge in der Konsequenz nach dem Regelungsanspruch des materiellen Gesellschaftsrechts. Soweit der gesellschaftsrechtliche Regelungsanspruch oder die gesetzlich gezogenen Grenzen der Verbandsautonomie reichen und eine gesellschaftsrechtliche oder -vertragliche Regelung einschlägig ist, muss die jeweilige Rechtsfrage nach dieser Auffassung gesellschaftsrechtlich qualifiziert werden. Dutta hingegen hält das Gesellschaftsstatut für vorrangig, soweit besondere Regelungen des Gesellschaftsstatuts in der Gesellschafternachfolge von den allgemeinen Vorschriften des Erbstatuts abweichen.9 Die vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts sei methodisch mit Hilfe einer Doppelqualifikation der Rechtsfragen umzusetzen10, die Gesellschafternachfolge mithin sowohl erb- als auch gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Das anwendbare Recht solle 3 

Siehe Nachweise in Fn.  1. NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  53; Leitzen, ZEV 2012, 520, 520; Mül­lerLukoschek, EuErbVO (2015), S.  86; Buschbaum/Simon, NJW 2012, 2393, 2394. 5  Müller-Lukoschek, EuErbVO (2015), S.  86; Dörner, ZEV 2012, 505, 508; Kindler, ­GmbHR 2015, R305, R305 f.; Reimann, ZEV 2014, 521, 526. 6  In diesem Sinne Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Hertel, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 85, 108 („gesellschaftsrechtliche Fragen praktisch vollständig aus dem Anwendungsbereich der EuErbVO ausgeschlossen“) sowie Vassilakakis, ZfRV 2016, 75, 78 („Verdrängung des Erbstatuts“). 7  Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Hertel, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 85, 108. 8  Ibid. 9  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-­ BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; Saenger-­ Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  13; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 10  MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 742 f.; dagegen: D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 4 

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

161

sodann über eine sachrechtliche Anpassung des Erbstatuts zugunsten der Regelung des Gesellschaftsstatuts bestimmt werden.11 Auf diese Weise seien die allgemeinen Regelungen des Erbstatuts von den diesbezüglichen Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts verdrängt. Bei deutschem Gesellschaftsstatut kämen in der Konsequenz die Sonderregeln der Erbengemeinschaft und der Testamentsvollstreckung zur Anwendung.12 Nach diesem Ansatz ist das anwendbare Recht mithin über ein sachrechtliches Kriterium zu ermitteln, indem die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts mit den allgemeinen Regeln des Erbstatuts verglichen werden.13 Um den unterschiedlichen Auffassungen zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts Rechnung zu tragen, sind zwei Fragen in der Vorrangdiskussion zu unterscheiden. Zum einen muss untersucht werden, ob der EuErbVO eine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts zu entnehmen ist. Zum anderen ist mit Blick auf die vertretenen Vorrangvoraussetzungen der Frage nachzugehen, ob sich das anwendbare Recht der Gesellschafternachfolge nach sachrechtlichen Kriterien richtet. II. Kritik am Vorrang des Gesellschaftsstatuts Eine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts lässt die EuErbVO nicht erkennen. 1. Wortlaut Normativer Ausgangspunkt der Vertreter vom Vorrang des Gesellschaftsstatuts ist Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, der „Fragen des Gesellschaftsrechts“ vom Anwendungsbereich der Verordnung ausschließt.14 Es ist richtig, dass die dort exemplarisch genannten Nachfolgeklauseln nicht ausschließen, sämtliche Rechtsfragen mit Berührungspunkten zum Gesellschaftsrecht von der Bereichsausnahme erfasst zu sehen und im Sinne des Vorrangs des Gesellschaftsstatuts als 11 

MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  41. MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38. 13  Auch wenn das sachrechtliche Kriterium nach Duttas Ansatz konsequenterweise im Rahmen der Anpassung und nicht der Qualifikation berücksichtigt wird, sehen seine Regelungsvorschläge vor, dieses sachrechtliche Kriterium bereits in der Qualifikation der Gesellschafternachfolge anzuwenden: siehe Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 547 f.: „questions covered by company law […] such as the succession upon death in the shares of a company or a partnership to the extent that the law applicable to the company or partnership contains special rules for succession“ [Hervorh. d. Verf.]; der Regelungsvorschlag geht zurück auf Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 748. 14  MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Dörner, ZEV 2012, 505, 508. 12 

162

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Vom Beispiel der genannten Nachfolgeklauseln abgesehen fehlt es an einer Konkretisierung dessen, was unter gesellschaftsrechtlichen Fragen zu verstehen ist. Diese gesetzgeberische Zurückhaltung aber ist nicht dahingehend zu werten, dass die über das Beispiel der Nachfolgeklauseln hinausgehende Abgrenzung zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut nunmehr allein Rechtsprechung und Lehre anvertraut ist. Die Abgrenzung muss sich weiterhin aus dem Rechtsakt selbst ergeben. Gerät der Wortlaut einer Regelung so weit wie im Fall des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, kommt es umso mehr auf die weiteren Auslegungskriterien an, die hier einem extensiven Verständnis der Bereichsausnahme Einhalt gebieten. Als Ausnahmetatbestand ist sie ohnehin schon eng zu verstehen. Darüber hinaus verpflichtet insbesondere das Prinzip der Nachlasseinheit, auf das die teleologische Vorranguntersuchung im Einzelnen noch eingeht15, zu einer restriktiven Auslegung der Bereichsausnahme, die keine generelle Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts zulässt. 2. Systematik Auch die systematische Auslegung der Bereichsausnahme lässt an einem Vorrang des Gesellschaftsstatuts zweifeln. Zwar enthält die EuErbVO keinen Erwägungsgrund, um bei der Auslegung der ohnehin schon knapp gehaltenen Regelung des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO zu helfen. a) Art.  23 EuErbVO Weiter führen in der systematischen Auslegung der Bereichsausnahme aber die Regelungen zur Reichweite des anzuwendenden Rechts (Art.  23 EuErbVO). So ist es nicht überzeugend, Sonderregeln der Gesellschafternachfolge dem Gesellschaftsstatut zuzuweisen, obwohl die jeweiligen Rechtsfragen im Beispielkatalog des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO genannt sind. Vorrangvertreter qualifizieren die deutschen Sonderregeln zur Erbenmehrheit und zur Testamentsvollstreckung gesellschaftsrechtlich16, obgleich Art.  23 Abs.  2 EuErbVO diese Rechtsfragen in 15 

Siehe dazu S. 166  f. Zur gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Sondererbfolge deutschen Rechts: Kroiß/ Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  59; Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  46; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98; D. Paulus, notar 2016, 3, 10; Leitzen, ZEV 2012, 520, 523; zur gesellschaftsrechtlichen Qualifikation testamentsvollstreckungsrechtlicher Sonderregeln deutschen Rechts (Zulässigkeit und Umfang der Verwaltungstestamentsvollstreckung): Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Deixler‑Hübner/Schauer‑Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  59; Geimer/Schütze‑C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  47; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98; D. Paulus, notar 2016, 3, 11; Leitzen, ZEV 2012, 520, 523. 16 

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

163

lit.  b („Berufung der Berechtigten“) und lit.  f („Rechte der [...] Testamentsvollstrecker“) vom Geltungsbereich des Erbstatuts umfasst sieht. Diese systematischen Anhaltspunkte aus Art.  23 EuErbVO sind in der Auslegung der Bereichsausnahmen zugunsten des Erbstatuts zu berücksichtigen. Zwar gehen die Bereichsausnahmen normhierarchisch den Regelungen des Geltungsbereichs vor.17 Ihnen bleibt aber gemeinsam, dass sie in ihrem negativen sowie positiven Begriffskorridor die Rechtsnachfolge von Todes wegen verordnungsautonom konturieren und daher in der Frage zum Zuge kommen, welche Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge als erb- oder gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind.18 Insofern müssen die Wertungen des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO bereits bei der Auslegung des Art.  1 Abs.  2 lit.  h sowie lit.  i EuErbVO berücksichtigt werden und gebieten bei den Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge, die sich auch in Art.  23 Abs.  2 EuErbVO erwähnt finden, wiederum ein restriktives Verständnis der Bereichsausnahmen. b) Bereichsausnahmen der Rom  I- und Rom  II-VO Da die Bereichsausnahmen der Rom  I- und Rom  II-VO zum Gesellschaftsrecht19 als Regelungsvorbilder für Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO gelten20, sind sie in der systematischen Auslegung der EuErbVO zu berücksichtigen. Sie helfen in der Vorrangdiskussion freilich nicht weiter. Denn zur Rom  I- und Rom  II-VO finden sich keine Literaturstimmen, die aus den dortigen Bereichsausnahmen einen Vorrang des Gesellschaftsstatuts ableiten. Auch wenn Autoren die Bereichsausnahmen zum Teil extensiv zugunsten des Gesellschaftsstatuts verstehen21, genügt eine solch weite Auslegung nicht, um einen Vorrang des Gesellschaftsstatuts systematisch zu belegen. Die Autoren stellen lediglich fest, was jeder gesellschaftskollisionsrechtlichen Lösung gemein ist: dass das Gesellschaftsstatut in allen Rechtsfragen, die gesellschafts17 

Dazu ausführlich bereits S. 139  ff. Ibid. 19  Siehe Art.  1 Abs.  2 lit.  f Rom  I-VO sowie Art.  1 Abs.  2 lit.  d Rom  II-VO. 20  Lagarde/Odersky-Frimston, Art.  1 EuErbVO Rn.  49; vgl. auch Hüßtege/Mansel-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  52 sowie Leitzen, ZEV 2012, 520, 520. 21  Hüßtege/Mansel-Knöfel, Art.  1 Rom  II-VO Rn.  45 („Ausnahme nimmt das Deliktskollisionsrecht aus dem gesamten Bereich zurück, den das Personalstatut von Verbänden für sich beansprucht“); Staudinger‑BGB‑Magnus, Art.  1 Rom  I-VO Rn.  79 („Verpflichtungen gesellschaftsrechtlicher Art unterstehen […] ganz weitgehend anderen als den vertragsrechtlichen Kollisionsnormen“); enger wohl Rauscher-Unberath/Cziupka, Art.  1 Rom  II-VO Rn.  54 („nur jene außervertraglichen Schuldverhältnisse auszunehmen, die genuin gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind“) sowie Palandt-Thorn, Art.  1 Rom  II‑VO Rn.  12 (Bereichsausnahme solle sich „auf solche Ansprüche beschränken, die ihren Rechtsgrund im Gesellschaftsrecht haben“). 18 

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

rechtlich zu qualifizieren sind, das Komplementärstatut verdrängt.22 Diesem Qualifikationsergebnis lässt sich freilich nicht entnehmen, ob die Qualifikation einer vorrangigen Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts folgt. Die Vorrangfrage bleibt insofern offen. 3. Telos Ferner finden sich keine teleologischen Anhaltspunkte für eine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts. Da weder die Gesetzgebungsmaterialien23 noch die Erwägungsgründe24 Aufschluss über die spezifischen Regelungsziele der Art.  1 Abs.  2 lit.  h und lit.  i EuErbVO geben, liegen die gesetzgeberischen Ziele zu den Bereichsausnahmen hinsichtlich der Gesellschafternachfolge im Dunkeln. Sie sind aber an den allgemeinen Regelungszielen der EuErbVO zu messen. Entscheidend für die teleologische Vorranguntersuchung sind insofern das Prinzip der Nachlasseinheit25 sowie die kollisionsrechtliche Interessenlage26 im Erbfall. a) Nachlasseinheit Die EuErbVO baut, wie bereits ausgeführt, auf dem Prinzip der Nachlasseinheit auf.27 Gemäß Art.  21 Abs.  1 EuErbVO und Art.  23 Abs.  1 EuErbVO gilt das nach der EuErbVO anwendbare Recht für die „gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen“, so dass der Nachlass im Grundsatz vollständig dem Erbstatut unterstellt und eine Sonderanknüpfung für besondere Nachlassgegenstände, wie man sie im EU-Raum vor allem für Immobilien kannte28, im Grundsatz ausgeschlossen ist. 22 

Ibid. Vgl. Kommissionsvorschlag, 14.10.2009, SEK(2009) 410, 411 und KOM(2009) 154 endg., S.  5; Begleitdokument zum Kommissionsvorschlag (Zusammenfassung der Folgenabschätzung), SEK(2009) 411 endg., S.  5–9; Bericht Gargani mit Empfehlungen an die Kommission zum Erb- und Testamentrecht (2005/2148(INI)) 16.10.2006, S.  6–11; Grünbuch Erb- und Testamentsrecht, 1.3.2005, KOM(2005) 65 endg., S.  5–8. 24  Vgl. auch Lagarde/Odersky-Frimston, Art.  1 EuErbVO Rn.  50. 25  Vgl. Art.  23 Abs.  1 EuErbVO: „Dem nach Artikel 21 oder Artikel 22 bezeichneten Recht unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen“ [Hervorh. d. Verf.]; dazu auch NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  16 f. 26  Vgl. Erwägungsgrund 80 EuErbVO: „Schutz der Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer, der Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger“. 27  Zum Prinzip der Nachlasseinheit bereits S. 136  f. 28  Für diese knüpften einige Rechtsordnungen (u. a. Belgien (Art.  78 §  2 belg. Code de droit international privé i. d. F. vom 27.7.2004) und Frankreich (Art.  3 Abs.  2 franz. Code civil i. d. F. vom 19.8.2015)) an den Belegenheitsort der Immobilie an (lex rei sitae) an; auch das deutsche Erbkollisionsrecht ließ eine solche Anknüpfung zu (Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. vom 11.1.2009). 23 

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

165

Den hohen Stellenwert der Nachlasseinheit innerhalb der EuErbVO zeigt die jüngste, bereits referierte EuGH‑Rechtsprechung29, die zu Rechtsfragen an der Schnittstelle zum Güter-, Register- und Sachenrechtsstatut ergangen ist und im Qualifikationsvorgang die Bedeutung der Nachlasseinheit hervorgehoben hat.30 Insbesondere in Kubicka erteilte der Gerichtshof einer vorrangigen Sonderanknüpfung an die lex rei sitae oder das Registerstatut, wie sie mit dem Vorrang des Gesellschaftsstatuts vergleichbar wäre, eine Absage.31 Der Vorrang des Gesellschaftsstatuts steht in Konflikt mit dem Grundsatz der Nachlasseinheit.32 Soweit das Gesellschaftsstatut auf Fragen der Gesellschafternachfolge Anwendung findet, kommt es hinsichtlich dieser Rechtsfragen zur unerwünschten Nachlassspaltung. Um einer ausufernden Nachlassspaltung in der Gesellschafternachfolge vorzubeugen und der in der EuGH-Rechtsprechung rezipierten Bedeutung der Nachlasseinheit gerecht zu werden, ist insbesondere der Anknüpfungsgegenstand des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO („Fragen des Gesellschaftsrechts“) restriktiv zu verstehen. Gerade in Anbetracht der gebotenen re­ strik­tiven Auslegung verbietet sich eine Verallgemeinerung der Bereichsausnahme dahingehend, dass Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge vorrangig dem Gesellschaftsstatut unterliegen. b) Schutz der kollisionsrechtlichen Interessen Ein weiteres Ziel der EuErbVO ist der „Schutz der Rechte der Erben […], der Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger“33 – mit anderen Worten: der Schutz der im Erbfall typischerweise betroffenen Interessenkreise. aa) Prinzip der engsten Verbindung in der Gesellschafternachfolge In der Verordnung findet mit dieser Formulierung ein Prinzip Anklang, das seit Savigny34 als Idealziel einer kollisionsrechtlichen Lösung gilt: die Rechtsordnung mit der engsten Verbindung zum jeweiligen grenzüberschreitenden Sach29 

Siehe zur Abgrenzung von Güterrechtsstatut und Erbstatut: EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf; zur Abgrenzung von Sachenrechtsstatut und Erbstatut: EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka. 30  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  55; vgl. auch EuGH, 1.3.2018 – C‑558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf, Rn.  34. 31  Vgl. EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  51, 58. 32  Vgl. noch zum autonomen Recht Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 738. 33  Erwägungsgrund 80 S.  1 EuErbVO sowie Erwägungsgrund 7 S.  3 EuErbVO. 34  „[...] daß bei jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet ausgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist.“, v. Savigny, Römisches Recht VIII (1849), S.  28.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

verhalt zu bestimmen.35 Die engste Verbindung richtet sich nach den jeweiligen Rechtsanwendungsinteressen. Gemäß der von Kegel entwickelten Interessen­ theo­rie lassen sich diese Rechtsanwendungsinteressen vor allem in Partei- und Verkehrsinteressen unterteilen36, deren Abwägung zur Rechtsordnung der engsten Verbindung führt und so in einem Ergebnis mündet, das dem Ideal inter­na­tio­ nalprivatrechtlicher Gerechtigkeit entspricht.37 Bei der Gesellschafternachfolge sind im Vergleich zur typischen Interessenlage im Erbfall Besonderheiten zu berücksichtigen. Sie erklären sich darüber, dass mit der Gesellschafternachfolge ein größerer Personenkreis in seinen Interessen betroffen ist als bei der Vererbung von Geldvermögen. So sind nicht nur die Interessen des Erblassers, seiner Erben und nahen Angehörigen, sondern auch unter anderen diejenigen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter zu berücksichtigen.38 Jede vom Erbfall betroffene Person hat grundsätzlich ein Interesse daran, Rechtsfragen, die ihren Interessenkreis berühren, nach der Rechtsordnung beurteilen zu lassen, zu der sie die engste Verbindung hat.39 Diese engste Verbindung ist normativ über Kollisionsnormen zu bestimmen, in denen der jeweilige Gesetzgeber über diese Verbindung bereits entschieden hat.40 bb) Parteiinteressen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut So richtet sich die Rechtsordnung mit der engsten Verbindung zum Erblasser grundsätzlich nach der objektiven Anknüpfung in der EuErbVO: seinem gewöhnlichen Aufenthalt im Todeszeitpunkt (Art.  21 Abs.  1 EuErbVO). Auch das Parteiinteresse der Erben spricht für die Anwendung des nach der EuErbVO zu bestimmenden Erbstatuts (vgl. Art.  23 Abs.  2 lit.  b, e und f EuErbVO). Gerade für die Erben ist die Anwendung einer solchen einheitlichen Rechtsordnung, nach der sich die Rechtsnachfolge in die Vermögenspositionen des Erblassers beurteilt, von Vorteil. Sie erleichtert die Nachlassabwicklung und die Einschät-

35  Ibid.: Aufgabe des IPR sei es, „dass jedem Rechtsverhältniß dasjenige Rechtsgebiet aufgesucht werde, welche dieses Rechtsverhältniß seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist“; vgl. zum Prinzip der engsten Verbindung im Rahmen der EuErbVO auch Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Vor Art.  20–38 EuErbVO Rn.  4. 36  Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  134; vgl. auch Neuhaus, Grundbegriffe IPR (1962), S.  109. 37  Vgl. allgemein zur internationalprivatrechtlichen Gerechtigkeit im Kontext der EuErbVO: Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Vor Art.  20–38 EuErbVO Rn.  4. 38  Vgl. Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  45–47. 39  Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  135. 40  Zur Rechtsordnung der engsten Verbindung bereits S. 116  f.

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

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zung von Haftungsfragen, während eine nachlassspaltende Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut die diesbezügliche Rechtslage verkomplizieren würde.41 Demgegenüber besteht die engste Verbindung für Gesellschaften – vergleichbar mit dem Personalstatut natürlicher Personen – zur lex societatis.42 Je nach Rechtsordnung beurteilt sich die lex societatis nach dem Sitz- (Sitztheorie) oder Gründungsstaat (Gründungstheorie) der jeweiligen Gesellschaft.43 Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Gesellschafter haben ein Interesse daran, Rechtsfragen diesem Gesellschaftsstatut zu unterstellen. Denn ihre gesellschaftsvertraglichen Vorkehrungen für einen Todesfall im Gesellschafterkreis treffen sie nach Maßgabe der lex societatis, und nicht nach dem Erbstatut.44 Sie haben kein Interesse daran, Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge nach dem Erbstatut beurteilen zu lassen, das für jeden Gesellschafter-Erblasser individuell zu bestimmen ist und die Nachfolgeplanung im Gesellschafterkreis erheblich erschwert. So würde sich die Nachfolge nach einer möglichen Vielzahl von Rechtsordnungen richten, die sich aus dem jeweiligen Erbstatut der Gesellschafter-Erblasser zusammensetzt. Der Zeit- und Beratungskostenaufwand würde sich je nach Größe und Internationalität des Gesellschafterkreises erhöhen. cc) Verkehrsinteressen zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut Während die Parteiinteressen sich auf Personen beziehen, die von den rechtlichen Vorgängen zwangsläufig betroffen sind, handeln die Verkehrsinteressen von der rechtlichen Interessenlage der potentiell Beteiligten.45 Zum Kreis der potentiell Beteiligten zählen im internationalen Erbfall die Gläubiger des Erblassers (Nachlassgläubiger), die Gläubiger der Gesellschaft sowie die in der Erbeinsetzung nicht berücksichtigten nahen Angehörigen des Erblassers.46 Die potentielle Betroffenheit dieser Personkreise ergibt sich auf Gläubigerseite aus den möglichen Verbindlichkeiten des Erblassers sowie der Gesellschaft und auf Angehörigenseite aus dem möglichen Ausschluss von der Erbfolge. Sucht man nach der engsten Verbindung der Gläubiger, ergibt sich ein differenziertes Bild. Aufseiten der Nachlassgläubiger geht das Interesse hin zur An-

41  Vgl. Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  47; Witthoff, Vererbung Personengesellschaften (1993), S.  97. 42  Vgl. Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  137; Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  46. 43  Dazu bereits S. 150  ff. 44  Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  46 f. 45  Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  137. 46  Vgl. Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  47, der allerdings nur die Gläubigerinteressen unter das Verkehrsinteresse subsumiert.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

wendung des Erbstatuts.47 Als Gläubiger des Erblassers ist das Erbstatut, das sich grundsätzlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers richtet (Art.  21 Abs.  1 EuErbVO), für sie vorhersehbar (vgl. auch Art.  23 Abs.  2 lit.  g EuErbVO). Die Anwendung des Gesellschaftsstatuts hingegen könnte als abweichendes Einzelstatut zu überraschenden Folgen in der Anspruchsdurchsetzung führen und diese erschweren.48 Die Gesellschaftsgläubiger hingegen, die zum Beispiel im deutschen Personengesellschaftsrecht die unbeschränkt haftenden Gesellschafter-Nachfolger auch für Altverbindlichkeiten aus der Gesellschafterzeit des Erblassers in Anspruch nehmen können (vgl. §§  128, 130 HGB), bevorzugen ihrer Interessenlage nach die Anwendung des Gesellschaftsstatuts. Denn anders als die unbeschränkte Gesellschafterhaftung im Personengesellschaftsrecht kennt das deutsche Erbstatut und die mit der erbrechtlichen Qualifkation verbundene Anwendung seiner erbrechtlichen Vorschriften die Möglichkeit, die Haftung der Erben und Gesellschafternachfolger auf den Nachlass zu beschränken (§§  1975 ff. BGB). Die Anwendung der allgemeinen Regeln des Erbstatuts könnte so die Anspruchsdurchsetzung der Gesellschaftsgläubiger beeinträchtigen.49 Sind nahe Angehörige des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen, stellt sich im internationalen Erbfall die Frage, nach welchem Recht sich ihre etwaigen Ausgleichsansprüche beurteilen. Die Verordnung unterstellt insofern jedenfalls erbrechtliche Ausgleichsansprüche dem Erbstatut (vgl. Art.  23 Abs.  2 lit.  h ­EuErbVO). Das Erbstatut liegt als engste Verbindung nahe, da sich die Anspruchsberechtigung der Angehörigen aus ihrer Beziehung zum Erblasser erklärt. dd) Primärrechtliche Aufwertung der erbrechtlichen Anknüpfungsinteressen Dieser kollisionsrechtlichen Interessenlage lässt sich keine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts entnehmen. Im Gegenteil: Vor allem die kollisionsrechtlichen Interessen zugunsten des Erbstatuts werden primärrechtlich aufgewertet und verlangen in der Konsequenz Vorrang vor den Anknüpfungsinteressen der Gesellschaft, ihrer Gesellschafter und Gläubiger. Denn wie bereits zum primärrechtlichen Hintergrund der Gesellschafternachfolge ausgeführt streiten die Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit, soweit ihr Schutzumfang reicht, für eine erb­recht­liche Qualifikation der Rechtsfragen.50

47 

Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  47. Ibid. 49  Ibid. 50  Insofern zum primärrechtlichen Hintergrund bereits S. 116  ff. 48 

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

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Zugunsten des Gesellschaftsstatuts lässt sich hingegen keine vorrangige Wertung aus dem EU-Primärrecht ableiten. Wie vor allem die Analyse der Kornhaas-Entscheidung des EuGH ergeben hat51, umfasst die Niederlassungsfreiheit im Rahmen der Gesellschafternachfolge nur die Frage, ob die Gesellschaft nach dem Tode eines Gesellschafters fortbesteht. Auf die übrigen Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge erstreckt sich der Schutz der Niederlassungsfreiheit gerade nicht, so dass das primärrechtliche Argument der Vertreter52 vom Vorrang des Gesellschaftsstatuts weitgehend ins Leere läuft. 4. Rechtsvergleichung Wie im methodischen Teil ausgeführt, verlangt das EU-Kollisionsrecht danach, seine Regelungen auch im rechtsvergleichenden Kontext zu verstehen.53 Aber weder das vormalige mitgliedstaatliche Erbkollisionsrecht noch das mitgliedstaatliche Sachrecht der Gesellschafternachfolge begründen einen Vorrang des Gesellschaftsstatuts im Rahmen der EuErbVO. a) Änderung des Art.  3a Abs.  2 EGBGB Zum Teil findet unter den Vorrangvertretern das Prinzip vom Vorrang des Einzelstatuts Anklang, um den Vorrang des Gesellschaftsstatuts im Rahmen von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO zu belegen.54 Die Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO reflektiere den „tradierten Grundsatz, dass das Einzelstatut des Gesellschaftsrechts dem erbrechtlichtlichen Gesamtstatut vorgeht“55. Eine solche Begründung hat unter der EuErbVO keinen Bestand, da sie an veraltetes deutsches Kollisionsrecht anknüpft. Bevor die EuErbVO in Kraft trat, folgte im Erbkollisionsrecht der Vorrang des Einzelstatuts aus Art.  3a Abs.  2 EGBGB56, soweit die zu vererbenden Gegenstände „besonderen Vorschriften“ der lex rei sitae unterlagen. Mit Inkrafttreten der EuErbVO ist Art.  3a Abs.  2 EGBGB freilich dahingehend geändert worden, dass der Vorrang des Einzelstatuts hinsichtlich des Erbkollisionrechts nicht mehr gilt.57 51 

Zur Analyse der Kornhaas-Entscheidung bereits S. 127  ff. Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-­ BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98–101; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 53  Zum methodischen Hintergrund der rechtsvergleichenden Auslegung bereits S. 111  ff. 54  Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  34; Kindler, GmbHR 2015, R305, R 306; Kindler, in: FS Stilz (2014), 345, 353. 55  Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  34 56  Siehe Palandt (2015)-Thorn, Art.  3a EGBGB Rn.  3–6. 57  Vgl. den aktuellen Wortlaut von Art.  3a Abs.  2 EGBGB, der nicht mehr den Vierten Abschnitt (Erbrecht) des EGBGB umfasst: „Soweit Verweisungen im Dritten Abschnitt das Ver52 

170

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

Der Vorrang des Einzelstatuts ist auch nicht auf der Grundlage von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO auf die EuErbVO übertragen worden. Ein dahingehender Wille des europäischen Gesetzgebers ist nicht zu erkennen, zumal der Wortlaut des Art.  3a Abs.  2 EGBGB keinerlei Ähnlichkeit zu Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO aufweist. Nur mit Hilfe des enger gefassten Art.  30 EuErbVO, der anders als Art.  3a Abs.  2 EGBGB nur Sach-, aber keine kollisionsrechtlichen Sondernormen umfasst58, ist der Vorrang des Einzelstatuts aufrechterhalten.59 Die Eingriffsnormen des Art.  30 EuErbVO berühren die Qualifikation der Gesellschafternachfolge aber nicht. Sie korrigieren lediglich in den Einzelfällen, in denen die Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO vorliegen, das Qualifikationsergebnis, indem sie anstelle des Erbstatuts die jeweiligen Sachnormen des Belegenheits- oder Vermögenrechtsstatuts berufen. Eine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts, die bereits auf Qualifikationsebene zu berücksichtigen wäre, lässt sich nicht mit dem Vorrang des Einzelstatuts begründen. b) Weiteres mitgliedstaatliches IPR zur internationalen Gesellschafternachfolge von Todes wegen Darüber hinaus sucht man im mitgliedstaatlichen IPR, das vor Inkrafttreten der EuErbVO gegolten hat, vergeblich nach formell gesetzlichen Anhaltspunkten. Es fehlt hier an einem kollisionsrechtlichen Regelungsvorbild, das im Gesetzgebungsprozess der Verordnung hätte berücksichtigt werden können. Bereits im deutschen IPR zeigt die Gesetzeshistorie, dass man sich zwar um eine kollisionsrechtliche Regelung der Gesellschafternachfolge bemühte, die rechtlichen Anstrengungen dahingehend im Ergebnis jedoch als aussichtlos bewertete.60 Auch im österreichischen, englischen sowie französischen Kollisionsrecht sind keine Regelungen zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen kodifiziert. mögen einer Person dem Recht eines Staates unterstellen, beziehen sie sich nicht auf Gegenstände, die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen.“ 58  Siehe Erwägungsgrund 54 S.  4 EuErbVO. 59  Palandt-Thorn, Art.  3a EGBGB Rn.  4. 60  Vgl. Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 728 („Ein „nicht kodifikationsreifes“ Abgrenzungsproblem?“ [Hervorh. d. Verf.]); Sonnenberger/Bauer, in: Sonnenberger, Reform Internationales Gesellschaftsrecht (2007), 3, 37 (Eine „generelle kollisionsrechtliche Regelung“ in der Abgrenzung von Erb- und Gesellschaftsstatut scheide „in einem auf das Gesellschaftsrecht beschränkten europäischen Normierungsinstrument“ aus); siehe auch Eidenmüller, in: Sonnenberger, Reform Internationales Gesellschaftsrecht (2007), 251, 262; Ferid, in: Lauterbach, Reform des deutschen internationalen Erbrechts (1969), 20, 39 (Die Vererbung von Gesellschaftsanteilen sei auf kollisionsrechtlicher Ebene nur durch Staatsverträge zu erreichen, „welche den Kreis der hierher gehörigen Gesellschaften abschließend festzulegen hätten“).

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

171

Ferner sind der Literatur zum IPR der untersuchten Rechtsordnungen kaum Ausführungen zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu entnehmen. In der Literatur zum österreichischen Recht finden sich zwei Stimmen, die sich der Abgrenzung von Erbstatut und Gesellschaftsstatut annehmen.61 Nach Schwimann unterliegen die gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen der Vererbung eines Gesellschaftsanteils dem Gesellschaftsstatut.62 Während das Schicksal der Gesellschaft – Fortsetzung oder Auflösung – nur vom Gesellschaftsstatut zu entscheiden sei, müsse man beim Schicksal des Gesellschaftsanteils – seiner Zuordnung zum Nachlass und zu möglichen Nachfolgern – differenzieren.63 Soweit das Gesellschaftsstatut Regelungen wie gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklauseln bereithalte, falle der Anteil nicht in den Nachlass.64 Das Gesellschaftsstatut habe insoweit Vorrang gegenüber dem Erbstatut.65 In der Literatur zum englischen Common Law hält Briggs nur allgemein zur partnership fest: „It is this combination of legal personality and unlimited liability of the partners which makes for a somewhat uneasy position in private international law.“66, und in der internationalprivatrechtlichen Literatur zum französischen Recht werden, soweit ersichtlich, Anknüpfungsprobleme zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen nicht erörtert.67 Diese wenigen Anhaltspunkte aus den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen genügen freilich nicht, sie zu einem EU-kollisionsrechtlichen Prinzip zu verallgemeinern. Sie helfen bei der Auslegung der EuErbVO nicht weiter. c) Mitgliedstaatliches Sachrecht zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen Wie bereits in der rechtsvergleichenden Analyse zu den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge ausgeführt68, sind im Rechtsvergleich des mitgliedstaatlichen Sachrechts gemeinsame Prinzipien der Gesellschafternachfolge von Todes wegen festzustellen. So haben sich in allen untersuchten Rechtsordnungen Sonderregeln entwickelt, die zwischen personengesellschaftsrechtlichen Prinzipien und 61  Siehe nur Schwimann, IPR (2001), S.  58 sowie Heiss, in: Gruber/Kalss/Müller, Erbrecht (2010), 1213, 1242 Rn.  78–80. 62  Schwimann, IPR (2001), S.  58. 63  Ibid. 64  Ibid. 65  Ibid. 66  Briggs, Private International Law (2014), S.  832 (Rn.  10-82). 67  Siehe statt vieler Audit/d’Avout (2013), Droit International Privé, S.  944–949 sowie Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé (2013), S.  1116, die verschiedene Abgrenzungsfragen zum Gesellschaftsstatut aufwerfen, den Konflikt zum Erbstatut in der Gesellschafternachfolge aber außen vor lassen. 68  Zu den Sonderregeln der Gesellschafternachfolge im Rechtsvergleich bereits S. 38  ff.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

Instituten des Erbrechts vermitteln.69 Diese Sonderregeln gelten grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich um unbeschränkt haftende Personengesellschafter oder Kommanditisten handelt. Lediglich bei der Zulässigkeit einer Verwaltungstestamentsvollstreckung deutschen Rechts differenzieren die Sonderregeln zwischen den beiden Gesellschaftertypen des Personengesellschaftsrechts.70 Auch aus den Sonderregeln des Sachrechts leitet Dutta den Vorrang des Gesellschaftsstatuts ab.71 Die Sonderregeln würden belegen, dass sich die gesellschaftsrechtlichen Prinzipien gegenüber dem Erbrecht durchsetzen, und „[w]as im internen Recht gilt, muss auch bei Sachverhalten mit Auslandsberührung zum Tragen kommen.“72. In der Konsequenz sei jede Sonderregel der Gesellschafternachfolge gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren.73 Die Schlussfolgerung hin zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts überzeugt indes nicht. Methodisch kommt der rechtsvergleichenden Auslegung nur eine ergänzende Funktion im Kollisionsrecht zu.74 Leitend für die Qualifikation der Gesellschafternachfolge bleiben die Vorschriften der EuErbVO, denen sich wie gezeigt keine Anhaltspunkte für einen Vorrang des Gesellschaftsstatuts entnehmen lassen. Die rechtsvergleichende Annahme, das Sachrecht der Mitgliedsstaaten ließe einen Vorrang des Gesellschaftsrechts erkennen, kann angesichts ihrer nur ergänzenden Auslegungsfunktion die Wertungen der EuErbVO nicht widerlegen. Ferner ist schon an der These, aus dem Sachrecht der Mitgliedsstaaten ergebe sich der Vorrang des Gesellschaftsrechts, zu zweifeln. Sie setzt voraus, die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge als gesellschaftsrechtliche Regelungen zu verstehen. Für dieses Verständnis spricht zwar, dass der Anlass für die Sonderregeln gesellschaftsrechtlicher Natur ist: der Schutz des intuitus personae sowie seiner organisations- und haftungsrechtlichen Ausformungen.75 Freilich wahren die Sonderregeln immer den Zusammenhang zu dem erbrechtlichen Institut, zu dem sie entwickelt wurden, und sind vor diesem Hintergrund als sondererbrechtliche Regelungen zu verstehen, die die allgemeinen erbrechtlichen Grundsätze modifizieren. 69 

Zur rechtsvergleichenden Prinzipienbildung bereits S. 52  ff. Zur Verwaltungstestamentsvollstreckung in Personengesellschaftsanteile deutschen Rechts S. 21  ff. 71  Siehe MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; noch zum nationalen Kollisionsrecht: Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 738 f. 72  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 738. 73  MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98. 74  Vgl. anschaulich von Bar/Mankowski, IPR I (2003), S.  651: „Die autonom-internationalprivatrechtliche Qualifikation ist […] die Herrin und rechtsvergleichende die Dienerin.“ 75  Dazu eingehend bereits S. 52  ff. 70 

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

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Aus der Existenz der Sonderregeln zu folgern, sie seien stets dem Gesellschaftsstatut zu entnehmen, bedeutet zudem, die Sonderregeln des Erbstatuts zu ignorieren. Dass bei einem rein gesellschaftsrechtlichen Verständnis der Sonderregeln das Erbstatut keine Rolle spielt, ist misslich. Denn die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge zeichnen sich, wie bereits herausgearbeitet, dadurch aus, das jeweilige Institut des Erbrechts an gesellschaftsrechtliche Prinzipien anzupassen. Die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts kennen aber die erbrechtlichen Institute des Erbstatuts nicht, während die Sonderregeln des Erbstatuts gerade diese Institute im gesellschaftsrechtlichen Sinne modifizieren und daher die sachnäheren Regelungen zum jeweiligen Erbrechtsinstitut sind. Auch der rechtsvergleichende Blick auf die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge kann daher keinen Vorrang des Gesellschaftsstatuts begründen. III. Kritik an sachrechtlichen Vorrangkriterien Die Auffassungen zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts sehen sich weiterer Kritik ausgesetzt, soweit sie sachrechtlichen Qualifikationskriterien folgen. Weder ist „alles, was das Gesellschaftsrecht regelt“76, gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren noch sind sämtliche Rechtsfragen, die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts unterworfen sind und dabei von den allgemeinen Regelungen des Erbstatuts abweichen, dem Gesellschaftsstatut zuzuweisen.77 1. Wortlaut Auf den ersten Blick ist der Wortlaut des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO so weit geraten („Fragen des Gesellschaftsrechts“), dass auch sachrechtliche Qualifika­ tions­kriterien zu berücksichtigen sein könnten. Die Wortlautentwicklung im Gesetzgebungsprozess zeigt freilich, dass sich der Unionsgesetzgeber gegen sachrechtliche Voraussetzungen entschieden hat. Denn ein Regelungsvorschlag des MPI, der die ausdrückliche Kodifizierung sachrechtlicher Vorrangvoraussetzungen in der Bereichsausnahme vorsah78, hat der Unionsgesetzgeber nicht übernommen. 76  Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Hertel, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 85, 108. 77  So aber Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; Saenger-Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  13; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 78  Siehe Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 547 f.: „questions covered by company law […] such as the succession upon death in the shares of a company or a partnership to the extent that the law applicable to the company or partnership contains special rules for succession“ [Hervorh. d. Verf.]; der Regelungsvorschlag geht zurück auf Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 748.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

2. Systematik Auch die systematische Auslegung der Bereichsausnahme spricht gegen Qualifikationskriterien aus dem Sachrecht, wie sie zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts vertreten werden. a) Eingriffsnormen (Art.  30 EuErbVO) Das einzige Einfallstor der EuErbVO für sachrechtliche Wertungen ist Art.  30 EuErbVO.79 Besondere Regelungen, die die Rechtsnachfolge von Todes wegen in bestimmte Vermögenswerte beschränken, gelangen als Eingriffsnormen im Sinne des Art.  30 EuErbVO zur Anwendung. Unternehmen sind ausdrücklich als solche Vermögenswerte in Art.  30 EuErbVO genannt. Art.  30 EuErbVO bedeutet für die Qualifikation der Gesellschafternachfolge im Umkehrschluss, dass Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge ohne Rückgriff auf das Sachrecht zu qualifizieren sind. Es gibt keine Hinweise auf einen gesetzgeberischen Willen, außerhalb von Art.  30 EuErbVO auf das Sachrecht zurückzugreifen. Im Gegenteil: Wie bereits zur Wortlautauslegung des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO ausgeführt, hat der EU‑Gesetzgeber den Regelungsvorschlag des MPI, einen sachrechtlichen Regelungsvergleich in die Bereichsausnahme einzufügen, nicht übernommen. b) Keine Qualifikationsverweisung Wollte man entgegen dem kollisions- und unionsrechtlichen Autonomiegebot auf Qualifikationskriterien des Sachrechts zurückgreifen, bedürfte es dafür einer – dem Regelungsvorschlag des MPI ähnelnden – Qualifikationsverweisung, nach der die Definition eines Anknüpfungsgegenstands ausdrücklich einer bestimmten Rechtsordnung überlassen ist.80 Eine Qualifikationsverweisung findet sich zum Beispiel im österreichischen IPR (§  31 Abs.  2 österr. IPRG81), das für die Qualifikation dinglicher Rechte an körperlichen Sachen auf die lex rei sitae 79 

Zu Art.  30 EuErbVO bereits S. 145  ff. Siehe EuGH, 1.3.2018 – C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf, Rn.  32 („Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitssatzes folgt, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen“ [Hervorh. d. Verf.]). 81  In §  31 Abs.  2 österr. IPRG heißt es: „Die rechtliche Gattung der Sachen und der Inhalt der im Abs.  1 genannten Rechte sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sich die Sachen befinden.“ 80 

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

175

verweist. Zur Gesellschafternachfolge von Todes wegen enthält die EuErbVO freilich keine solche Verweisung, so dass die Gesellschafternachfolge nicht nach sachrechtlichen Kriterien qualifiziert werden kann. c) EuInsVO Auch mit Blick auf die EuInsVO und die dortige Abgrenzung zwischen Insolvenz- und Gesellschaftsstatut sucht man vergeblich nach Qualifikationskriterien des Sachrechts. In der Rezeption der Kornhaas-Entscheidung hat das Schriftum die insolvenzrechtliche Qualifikation der streitgegenständlichen Geschäftsführerhaftung82 auf andere Rechtsfragen übertragen83 und zum Teil zu einem Vorrang des Insolvenzstatuts verallgemeinert.84 Obwohl dieses Vorrangphänomen begrifflich jedenfalls mit dem Vorrang des Gesellschaftsstatuts verwandt zu sein scheint, lassen der Gerichtshof und die Literatur zur EuInsVO keinen Zweifel daran, dass allein die Sachnähe zum Insolvenzverfahren als kollisionsrechtlich autonomes Kriterium über die insolvenzrechtliche Qualifikation einer Rechtsfrage entscheidet. So betont der Gerichtshof den Zusammenhang zum Insolvenzverfahren als Qualifikationskriterium85, das sich auch nach Ansicht der Literatur aus der funktionalen und autonomen Qualifikation der Geschäftsführerhaftung ergeben hat.86 In diesem Qualifikationskriterium sähen sich die insolvenzrechtlichen Anknüpfungsinteressen wie vor allem der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung berücksichtigt.87 Auch wenn die Qualifikation der Geschäftsführerhaftung belegt, dass Vorrangregeln zu Qualifikationsproblemen im EU-Kollisionsrecht bereits vertreten werden, zeigt sie gleichwohl, dass niemand in der Rezeption der Kornhaas-Entscheidung auf sachrechtliche Qualifikationskriterien zurückgreift.

82 

Zur Kornhaas-Entscheidung bereits eingehend S. 127  ff. Vgl. Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2017, 1, 29; A. Schall, ZIP 2016, 289, 292–295; Mock, IPRax 2016, 237, 241; Böcker, DZWIR 2016, 174, 179. 84  Vgl. Mock, IPRax 2016, 237, 241 und Böcker, DZWIR 2016, 174, 179 (Vorrang aufgrund der „speziellen Gesamtsituation“); einen Vorrang unabhängig von Kornhaas vertretend MüKo-BGB-Kindler, Art.  7 EuInsVO Rn.  6 („Qualifikationszweifel sind zugunsten des Insolvenzstatuts zu lösen“). 85  EuGH, 10.12.2015 – C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas, Rn.  16 und 20; so auch bereits in EuGH, 4.12.2014 – C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410 – H. 86  M.-P. Weller/Hübner, NJW 2016, 223, 225; A. Schall, ZIP 2016, 289, 290. 87  Vgl. MüKo-BGB-Kindler, Art.  7 EuInsVO Rn.  7; Geimer/Schütze-Haß/Herweg, Art.  4 EuInsVO Rn.  3 („europarechtlich geboten“). 83 

176

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

3. Telos Auch die teleologische Auslegung der Bereichsausnahme spricht dagegen, sachrechtliche Kriterien, wie sie Hertel und Dutta vertreten, in der Qualifikation der Gesellschafternachfolge anzuwenden. Entscheidend für die teleologische Vorranguntersuchung sind insofern das unionsrechtliche Ziel der einheitlichen Rechtsanwendung, die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts88 sowie die kollisionsrechtliche Interessenlage89 im Erbfall. a) Einheitliche Rechtsanwendung Die Gesellschafternachfolge nach sachrechtlichen Kriterien zu qualifizieren, ist mit dem unionsrechtlichen Ziel der einheitlichen Rechtsanwendung unvereinbar. Ziel des Unionsrechts insgesamt ist es, aus seinen Rechtsakten gleiche Rechte und Pflichten in jedem Mitgliedsstaat entstehen zu lassen.90 Diesem Ziel kann nur gerecht werden, wer sich vom mitgliedstaatlichen Rechtsverständnis löst und eine europäisch autonome Perspektive einnimmt.91 Die sachrechtlichen Vorrangvoraussetzungen aber determinieren das Qualifikationsergebnis, ohne dass unionsrechtliche Wertungen das Ergebnis beeinflussen können. Existiert eine besondere Regelung zur Gesellschafternachfolge im jeweiligen Gesellschaftsstatut beziehungsweise ein Regelungskonflikt zwischen den Nachfolgeregelungen des Erb- und Gesellschaftsstatuts, kommt es zur Anwendung des Gesellschaftsstatuts. Einen Qualifikationsspielraum zugunsten unionsrechtlicher Wertungen gibt es in diesen Fällen nicht. b) Klarheit über die Anwendung des Erbstatuts Ferner verhindern sachrechtliche Vorrangvoraussetzungen eine rechtssichere Nachlassplanung für den Gesellschafter-Erblasser, auf die es dem Unionsgesetzgeber in der EuErbVO vor allem ankommt.92 Für den Erblasser soll im Voraus und im konkreten Fall Klarheit über die Anwendung des Erbstatuts herrschen.

88  Vgl. Erwägungsgrund 80 EuErbVO: „Möglichkeit für europäische Bürger, ihren Nachlass in einem Unions-Kontext im Voraus zu regeln“ sowie Erwägungsgrund 37 EuErbVO. 89  Vgl. Erwägungsgrund 80 EuErbVO: „Schutz der Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer, der Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger“. 90  Vgl. EuGH, 15.5.2003 – C-266/01, Slg. 2003 I, 4867 – TIARD, Rn.  20; EuGH, 14.11.2002 – C-271/00, Slg. 2002 I, 10489 – Baten, Rn.  28; Kropholler, IPR (2006), S.  80. 91  Kropholler, IPR (2006), S.  80. 92  Siehe Erwägungsgrund 37 S.  1 EuErbVO: „Damit die Bürger die Vorteile des Binnenmarkts ohne Einbußen bei der Rechtssicherheit nutzen können, sollte die Verordnung ihnen im Voraus Klarheit über das in ihrem Fall anwendbare Erbstatut verschaffen.“

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

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Sachrechtliche Vorrangvoraussetzungen können diese Rechtssicherheit nicht leisten. Zum einen verhindert die Abhängigkeit vom mitgliedstaatlichen Sachrecht, dass die Anwendung des Erbstatuts im konkreten Fall vorhersehbar ist. Denn die Regelungen im jeweiligen Erb- und Gesellschaftsstatut können sich ändern, wie die gewandelte BGH­-Rechtsprechung zur Testamentsvollstreckung in Kommanditanteile belegt93, und das anwendbare Recht beeinflussen, sofern man sachrechtlichen Voraussetzungen in der Vorrangfrage folgt. Im Ergebnis liegt bei Anwendung sachrechtlicher Vorrangvoraussetzungen die Qualifikationsentscheidung bei den nationalen Gesetzgebern oder den richterrechtschaffenden Gerichten: Sie entscheiden mit sachrechtlichen Regelungsänderungen darüber, ob Sonderregelungen des Gesellschaftsstatuts vorrangig gegenüber den Regeln des Erbstatuts zur Anwendung gelangen. Fragwürdig ist diese Konsequenz, wie bereits dargelegt, nicht nur vor dem Hintergrund der europäisch autonomen Auslegung.94 Sie stellt auch das gesetzgeberische Anliegen der Rechtssicherheit infrage, indem die Qualifikationsentscheidung in die Hände nationaler Gesetzgeber und Richter gelegt wird. Ferner stoßen sachrechtliche Vorrangvoraussetzungen im internationalen Sachverhalt an ihre Grenzen. Sie liefern keine rechtssichere Abgrenzung zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut, sondern bringen eine erhebliche rechtliche Unschärfe mit sich. Ordnet man mit Hertel „alles, was das Gesellschaftsrecht regelt“95, dem Gesellschaftsstatut zu, stellt sich die Frage, welche Rechtsfragen dem Gesellschaftsrecht des Gesellschaftsstatuts und welche dem Sondererbrecht des Erbstatuts unterliegen. Unklar ist bereits, ob sich diese Abgrenzung nach der lex causae oder der lex fori richten soll. Im konkreten Erbfall kann der Gesellschafter-Erblasser gerade zu den Rechtsfragen, die die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge betreffen, das anwendbare Recht nicht verlässlich bestimmen. Ob zum Beispiel testamentsvollstreckungsrechtliche Sonderregeln bei der Nachfolge in Personengesellschaftsanteile als gesellschaftsrechtliche oder sondererbrechtliche Regelungen zu qualifzieren sind, lässt sich mit Hilfe dieser sachrechtlichen Vorrangvoraussetzungen nicht ermitteln. Wendet man mit Dutta das Gesellschaftsstatut an, soweit besondere Regeln des Gesellschaftsstatuts von den allgemeinen Vorschriften des Erbstatuts abweichen96, treten die Unschärfen im internationalen Sachverhalt noch stärker her93 

Siehe insofern grundlegend und in Abkehr von der vorigen Rechtsprechung BGH, 3.7.1989, BGHZ 108, 187, 195–198. 94  Zum Autonomiegebot bereits S. 94  ff. 95  Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Hertel, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 85, 108. 96  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-­

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

vor. Denn anders als im internen Recht lässt sich kaum klären, welche Sonderregeln des Gesellschaftstatuts die allgemeinen Vorschriften des Erbstatuts verdrängen. Im internen Sachverhalt, also im sachrechtlichen Regelungskonflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht, bereitet es keine Schwierigkeiten, Sonderregeln der Gesellschafternachfolge auszumachen.97 Geht es beispielsweise um die Vererbung eines deutschen oHG-Anteils, dessen Gesellschafter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, setzen sich die personengesellschaftsrechtlichen Sonderregeln wie die Sondererbfolge bei Erbenmehrheit oder die eingeschränkte Zulässigkeit einer Verwaltungstestamentsvollstreckung gegenüber den allgemeinen Grundsätzen des Erbrechts durch. Diese gesellschaftsrechtlich bedingten Abweichungen sind im internen Recht klar erkennbar.98 Im internationalen Sachverhalt aber sehen sich die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts mit einem ausländischen Erbstatut konfrontiert, dessen Rechtsinstitute sie möglicherweise nicht kennen und zu denen sie sich im internen Recht nicht verhalten müssen. Beispiele in dieser Hinsicht lassen sich viele bilden, da die erbrechtlichen Rechtsinstitute und -grundsätze in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen häufig unterschiedlich ausgestaltet sind. So fragt man sich, inwieweit bei einer französischen Personengesellschaft, deren Gründungsrechtsordnung keine Verwaltungstestamentsvollstreckung kennt99, gesellschaftsrechtlich bedingte Einwände einer Verwaltungstestamentsvollstreckung deutschen Rechts entgegenstehen. Aus dem französischen Gesellschaftsstatut jedenfalls lassen sich keine Sonderregeln zur Verwaltungstestamentsvollstreckung ableiten, da ihm das Institut der Verwaltungstestamentsvollstreckung fremd ist. Auch das Erbrecht des englischen Common Law offenbart, dass ein Vergleich materiellrechtlicher Regeln nicht zu vorhersehbaren Qualifikationsergebnissen führt. Handelt es sich um einen Erblasser mit gewöhnlichem Aufenthalt in England, der an einer oHG deutschen Rechts beteiligt ist, so stellt sich die Frage, inwieweit sich der mittelbare Erbschaftserwerb über den personal representative des englischen Erbrechts mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft im deutschen Personengesellschaftsrecht verträgt.100 Dem deutschen Gesellschaftsstatut sind keine diesbezüglichen Sonderregeln zu entnehmen, da diesem das Erbinstitut des personal representative unbekannt ist. Interne Sonderregeln der Gesellschafternachfolge helfen daher allein nicht weiter, um Rechtsfragen der Gesellschafternachfolge im internationalen SachBGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  38; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; Saenger-Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  13; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 97  Zum deutschen Recht S. 5  ff., im Rechtsvergleich S. 30  ff. 98  Vgl. Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 743 („offene“ Abweichungen). 99  Dazu bereits im rechtsvergleichenden Teil S. 50  f. 100  Weitere Beispiele finden sich bei Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 743.

A. Vorrang des Gesellschaftsstatuts?

179

verhalt zu qualifizieren. Sie sind nicht auf die Konfrontation mit erbrechtlichen Rechtsinstituten ausländischen Rechts ausgelegt. Es führt in den Fällen, in denen erbrechtliche Institute des Erbstatuts der lex societatis unbekannt sind, auch nicht weiter, nach „versteckten“101 und Vorrang beanspruchenden Sonderregeln im Gesellschaftsstatut per Auslegung zu suchen.102 Denn den Sonderregeln ist gerade gemein, dass sie nicht für ausländische Erbinstitute geschaffen wurden. Ihnen darf daher auch in ihrer Auslegung kein Verhältnis zum ausländischen Erbrecht unterstellt werden. Dass sich „versteckte“ Sonderregeln nur aus der Auslegung des Gesellschaftsstatuts ergeben würden, beruht darüber hinaus auf der kritisch zu betrachtenden Annahme, dass das Gesellschaftsstatut in der Abgrenzung von Erb- und Gesellschaftsstatut vorrangig sei. Anhaltspunkte für einen Vorrang des Gesellschaftsstatuts sind in der Verordnung aber wie gezeigt nicht angelegt. Das anwendbare Recht bei Sonderregeln der Gesellschafternachfolge nur von der Auslegung des Gesellschaftsstatuts abhängig zu machen, überzeugt daher nicht. Dass es sich insofern um sondererbrechtliche Regelungen des Erbstatuts handeln könnte, wird nicht einmal erwogen. c) Interessengerechtigkeit Auch aus der Sicht des internationalprivatrechtlichen Interessenausgleichs sind sachrechtliche Vorrangkriterien misslich. Denn auf diese Weise werden sachrechtliche Wertungen übernommen, die nicht ohne Weiteres auf kollisionsrechtlicher Ebene gelten.103 Die sachrechtlichen Regelungen der mitgliedstaatlichen Gesetzgeber gleichen die Interessen der Beteiligten innerhalb der jeweiligen Rechtsordnung aus. Der sachrechtliche Interessenausgleich preist aber nicht ein, dass die Regelungen im grenzüberschreitenden Sachverhalt auf Rechtsinstitute anderer Rechtsordnungen stoßen und nach einem anderen Interessenausgleich verlangen können. Sachrechtliche Vorrangkriterien versperren so die Möglichkeit, sich vom materiellrechtlichen Ausgleich der Mitgliedsstaaten zu lösen und kollisionsrechtliche Interessen zu berücksichtigen. Sie determinieren das Qualifikationsergebnis abschließend. Dabei wird übersehen, dass nicht, wie von den Vertretern sachrechtlicher Vorrangkriterien behauptet104, jede Sonderregel des Gesellschaftsstatuts zur Anwendung gelangen muss. Dafür gibt die kollisionsrechtliche Inter101 

Ibid. Ibid. 103  Zum Unterschied von kollisions- und sachrechtlichen Wertungen: Kegel/Schurig, IPR (2004), S.  132 f. 104  Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 736–740; an diese Ausführungen anknüpfend: MüKo-­ BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  41; Basedow/Dutta, RabelsZ 74 (2010), 522, 554 f.; Saenger-Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  13; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 102 

180

§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

essenlage keinen Anlass. Vielmehr kann ein Interessenausgleich ebenso über Sonderregeln des Erbstatuts zur Gesellschafternachfolge stattfinden. Freilich setzte dies voraus, die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge nicht als gesellschaftsrechtlich, sondern als (sonder-)erbrechtlich zu qualifizieren, was mit der Annahme vom Vorrang des Gesellschaftsstatuts nicht zu vereinbaren wäre. Soweit man also sachrechtliche Vorrangkriterien vertritt, bleibt eine interessengerechte Lösung zugunsten des Erbstatuts ausgeschlossen. Sich auf den Interessenausgleich im Gesellschaftsstatut festzulegen, ist die entscheidende Schwäche der sachrechtlichen Vorrangkriterien und des Vorrangs des Gesellschaftsstatuts insgesamt. IV. Ergebnis zur Vorrangfrage Die Auslegung der EuErbVO lässt keinen Vorrang des Gesellschaftsstatuts erkennen. Gegen eine solche Wertung sprechen insbesondere das Leitprinzip der Nachlasseinheit, jüngst in der EuGH-Rechtsprechung zur EuErbVO besonders hervorgehoben105, sowie die primärrechtliche Aufwertung erbrechtlicher Anknüpfungsinteressen. Ist der Verordnung schon kein Vorrang des Gesellschaftsstatuts zu entnehmen, finden erst recht keine sachrechtlichen Vorrangvoraussetzungen in der Ab­ grenzung von Erb- und Gesellschaftsstatut Anwendung. Sachrechtliche Qualifi­ ka­tions­kriterien sind auch unabhängig von der Vorrangfrage im Rahmen der ­EuErbVO nicht anzuwenden. Gegen sachrechtliche Qualifikationskriterien spricht bereits die Genese des Wortlauts des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, in der ein entsprechender Regelungsvorschlag des MPI nicht übernommen wurde. Vor allem die teleologischen Argumente verbieten einen Rückgriff auf sachrechtliche Kriterien, denen nicht zu entnehmen ist, wie sich das Verhältnis zwischen Gesellschaftsstatut und erbrechtlichen Instituten des Erbstatuts bestimmt. Sie verschaffen insoweit keine Klarheit über die Anwendung des Erbstatuts und versperren sich in ihrer sachrechtlichen Abhängigkeit einer kollisionsrechtlich autonomen Interessenabwägung. Für die folgende Qualifikation der Gesellschafternachfolge bedeutet dieses Ergebnis, dass die einschlägigen Normen der Verordnung unabhängig vom Sachrecht auszulegen sind und keine vorrangige Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts vorgegeben ist.

105  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  55; vgl. auch EuGH, 1.3.2018 – C‑558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf, Rn.  34.

B. Anwendbares Recht

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B. Anwendbares Recht Rechtsfragen sind im negativen (Art.  1 Abs.  2 EuErbVO) sowie positiven (Art.  23 Abs.  2 EuErbVO) Begriffskorridor der Rechtsnachfolge von Todes wegen zu qualifizieren, ohne dass eine Wertung zugunsten des Gesellschaftsstatuts vorgegeben ist. Bei der Qualifikation der Gesellschafternachfolge muss danach unterschieden werden, was unter gesellschaftsrechtsspezifischen Fragen zu verstehen ist (Auslegungsebene) und welche Rechtsfragen und Rechtssätze in der Folge diesem Systembegriff zuzuordnen sind (Subsumtionsebene). I. Gesellschaftsrechtliche Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Zu den gesellschaftsrechtlichen Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen gehören die Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils sowie die Bestimmung des Gesellschafternachfolgers, die von der Erbeinsetzung als erbrechtlich zu qualifizierende Rechtsfrage zu unterscheiden ist. 1. Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils a) Vorüberlegungen Der Begriff der Vererblichkeit betrifft die Frage, über welche Vermögensgegenstände der Erblasser letztwillig verfügen kann. Sie hängt bei der Gesellschafternachfolge davon ab, ob und in welcher Form der Gesellschaftsanteil über den Tod des Gesellschafter-Erblassers hinaus existiert. Insofern sind drei Möglichkeiten zu unterscheiden. Erstens kann der Tod eines Gesellschafters dazu führen, dass sich die Gesellschaft auflöst.106 Löst sich eine Gesellschaft auf, geht sie im deutschen Recht vom werbenden Stadium in die Liquidation über.107 Der Anteil an der werbenden Gesellschaft kann nicht mehr vererbt werden, denn nur der Anteil an der Liquidationsgesellschaft fällt in den Nachlass. Wird eine Gesellschaft nur mit ihren überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt108, so kann der Erblasser ebenso wenig wie im Fall der Auflösung über den Anteil letztwillig verfügen, da nicht der Anteil selbst, sondern lediglich ein entsprechender Abfindungsanspruch in den Nachlass fällt.109 Nur für den Fall, dass die Gesellschaft mit den Erben des 106 

Wie zum Beispiel eine GbR deutschen Rechts nach ihrem gesetzlichen Leitbild (§  727 Abs.  1 Hs. 1 BGB). 107  Zur Auflösung einer deutschen GbR im Todesfall bereits S. 59  f. 108  Wie zum Beispiel eine oHG deutschen Rechts nach ihrem gesetzlichen Leitbild (§  131 Abs.  3 S.  1 Nr.  1 HGB). 109  Zur Fortsetzung einer deutschen GbR ohne Nachfolger bereits S. 61.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

Gesellschafter-Erblassers fortgesetzt werden soll110, ist ein Anteil an der werbenden Gesellschaft vererblich.111 Das Schicksal von Anteil und Gesellschaft entscheidet mithin, über welchen Vermögensgegenstand der Erblasser letztwillig verfügen kann: Entweder sind die Anteile an der Liquidationsgesellschaft (Auflösung), die jeweiligen Abfindungsansprüche (Fortsetzung ohne Nachfolger) oder die Anteile an der werbenden Gesellschaft (Fortsetzung mit Nachfolgern des Gesellschafter-Erblassers) vererblich. Wer die Vererblichkeit eines Anteils untersucht, geht zugleich der Frage nach, welches Schicksal der Gesellschaft und dem Anteil im Todesfall widerfährt. Dieses Schicksal und die Frage der Vererblichkeit sind so eng miteinander verbunden, dass sie in der folgenden Untersuchung zu einem Qualifikationsgegenstand zusammengefasst sind. b) Primäre und sekundäre Qualifikation Im Rahmen der primären Qualifikation als erstem Qualifikationsschritt ist danach zu fragen, welchem Statut die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen unterliegt. Sie richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut.112 Wie bei anderen Vermögensgegenständen auch ist nicht die EuErbVO auf die Frage der Vererblichkeit, sondern das jeweilige Vermögensrechtsstatut anwendbar.113 Insofern zeigt schon Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO („der zum Nachlass gehörenden“), dass die Verordnung einen vererblichen Vermögensgegenstand voraussetzt.114 Anhaltspunkte dafür, dass die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen anders als bei anderen Vermögensgegenständen zu qualifizieren wäre, sind der Verordnung nicht zu entnehmen.115 Ferner spricht der Wortlaut des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vererblichkeit. In „Fragen des Gesellschaftsrechts, [...] wie Klauseln im Errichtungsakt [...] einer Gesellschaft [...], die das Schicksal der Anteile verstorbener Gesellschafter [...] regeln“ [Hervorh. d. Verf.] 110 

Vgl. zum Beispiel §  177 HGB sowie §  15 Abs.  1 Var.  2 GmbHG. Zur Fortsetzung einer deutschen GbR mit Nachfolger bereits S. 62  ff. 112  Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  22; NK‑BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  53; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  58; Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  25; Dutta/ Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98 sowie Rn.  145; D. Paulus, notar 2016, 3, 9. 113  MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  25; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  145; Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  25; a. A. Erman-Hohloch, Art.  23 EuErbVO Rn.  6, der die Frage der Vererblichkeit von Art.  23 Abs.  2 lit.  e erfasst sieht. 114  Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  25 115  So auch im Ergebnis MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  37; Deixler-Hübner/ Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  59; Saenger-Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  13. 111 

B. Anwendbares Recht

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erklärt er die Verordnung für nicht anwendbar. Der Begriff des Schicksals schließt seinem Wortsinn nach nicht nur die Frage ein, wer zum Nachfolger des verstorbenen Gesellschafters bestimmt ist.116 Notwendig verbunden mit dem Schicksal der Anteile ist darüber hinaus, ob der Anteil zur Vererbung überhaupt freigegeben, also vererblich ist.117 Denn, wie bereits gezeigt, hängt die Vererblichkeit mit dem Schicksal von Anteil und Gesellschaft zusammen. Ist über dieses Schicksal entschieden, also ob und in welcher Form der Anteil über den Tod des Gesellschafter-Erblassers hinaus fortbesteht, steht zugleich fest, ob und in welcher Form der Anteil vererblich ist. In diesem Sinne umfasst der Begriff des „Schicksal[s]“ gemäß Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO auch die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen. Freilich spricht Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO lediglich von „Klauseln“ und beschränkt sich auf gesellschaftsvertragliche Instrumente. Davon sind zunächst Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag umfasst, die den jeweiligen Anteil für vererblich erklären. Bei Nachfolgeklauseln deutschen Rechts geschieht dies in der Regel konkludent.118 Da es sich in lit.  h lediglich um ein gesetzgeberisches Beispiel handelt, ist die Bereichsausnahme aber nicht abschließend. Neben Klauseln müssen bei funktionaler Betrachtung ebenso gesetzliche Vorschriften wie zum Beispiel §  15 Abs.  1 Var.  2 GmbHG119 von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO umfasst sein, die wie Klauseln im Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils regeln. Die jeweilige Sachnorm wie §  15 Abs.  1 Var.  2 GmbHG ist im Rahmen der sekundären Qualifikation zu ermitteln.120 Auch Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO, der „die Auflösung, das Erlöschen [...] von Gesellschaften“ aus dem Anwendungsbereich der Verordnung ausschließt, untermauert die gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vererblichkeit.121 Wird eine Gesellschaft im Todesfall aufgelöst, so steht nach deutschem Recht fest, dass lediglich der Anteil an einer Liquidationsgesellschaft vererblich ist. Der Anteil einer werbenden Gesellschaft kann nicht vererbt werden, da die Gesellschaft in ihrer werbenden Form nicht über den jeweiligen Todesfall hinaus existiert. Die Fragen der Auflösung einer Gesellschaft auf den Todesfall und die Vererblichkeit ihrer Anteile gehören rechtlich zusammen und sind daher vom Begriff der „Auflösung“ im Sinne von Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO umfasst. Sie sind dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen. Dazu zählen sowohl gesetzlich vorge116 

Zur Qualifikation der Bestimmung des Gesellschafternachfolgers S. 185  ff. Vgl. auch Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  41. 118  Siehe dazu bereits S. 62. 119  Siehe dessen Wortlaut: „Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich“. 120  Methodisch zur sekundären Qualifikation bereits S. 100  ff. 121  Vgl. MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  37; Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  36. 117 

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

sehene Auflösungen wie bei einer GbR deutschen Rechts (§  727 Abs.  1 Hs. 2 BGB) als auch gesellschaftsvertragliche Auflösungsklauseln bei oHG oder Kommanditgesellschaften deutschen Rechts. Diese Sachnormen sind wiederum über den Schritt der sekundären Qualifikation dem jeweiligen Gesellschaftsstatut zu entnehmen. Im deutschen Recht kommen insofern für eine todesbedingte Auflösung im Sinne von Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO nur Personengesellschaften in Betracht, da ihr Schicksal über den Tod eines ihrer Gesellschafter hinaus dispositiv ist, während Kapitalgesellschaften im Todesfall gesetzlich zwingend fortzusetzen sind.122 Ein Gesellschaftsanteil ist allerdings nicht nur von der Vererbung ausgeschlossen, soweit sich die Gesellschaft im Todesfall auflöst. Er ist auch nicht vererblich, sofern die Gesellschaft ohne Nachfolger des Gesellschafter-Erblassers fortgesetzt wird. In diesem Fall fällt lediglich ein Abfindungsanspruch, nicht aber der Anteil selbst in den Nachlass. Auch in dieser Konstellation ist das Gesellschaftsstatut anwendbar.123 Zwar handelt sich es nicht um eine „Auflösung“ im Sinne von Art.  1 Abs.  2 lit.  i EuErbVO, eine Fortsetzung ohne Nachfolger betrifft aber jedenfalls das Schicksal des Anteils (Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO) und ist insofern gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. c) Keine primärrechtliche Korrektur Die gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vererblichkeit ist primärrechtlich nicht zu beanstanden, da der sachliche Schutzbereich der Kapitalverkehrs(Art.  63 Abs.  1 AEUV) und Testierfreiheit (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) diese Rechtsfrage nicht erfasst. Die Vererblichkeit betrifft schon nicht den Erwerb von Todes wegen, sondern ist eine vorgelagerte Frage, die das Schicksal der Gesellschaft und des Anteils betrifft.124 Insofern können sich weder die Erben auf die Kapitalverkehrsfreiheit noch der Gesellschafter-Erblasser auf die Testierfreiheit berufen. Ferner ist die gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vererblichkeit primärrechtskonform, was die Niederlassungsfreiheit betrifft. Denn soweit die Frage der Vererblichkeit den Fortbestand der Gesellschaft erfasst, verlangt die Niederlassungsfreiheit wie bereits ausgeführt nach einer gesellschaftsrechtlichen Qua122  Vgl. insoweit den Wortlaut des §  727 Abs.  1 BGB („sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrag sich ein anderes ergibt“), von §  131 Abs.  3 HGB und §  177 HGB („mangels abweichender vertraglicher Bestimmung“); §  15 Abs.  1 Var.  2 GmbHG hingegen ist zwingendes Recht, dazu Henssler/Strohn-Verse, §  15 GmbHG Rn.  26; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  6 f. 123  MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  37. 124  Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  25, der die Frage der Vererblichkeit als selbständig anzuknüpfende Vorfrage einordnet.

B. Anwendbares Recht

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lifikation.125 Insofern genügen die Bereichsausnahmen zugunsten des Gesellschaftsstatuts den primärrechtlichen Vorgaben. 2. Bestimmung des Gesellschafternachfolgers Hat das Gesellschaftsstatut entschieden, dass der Gesellschaftsanteil vererblich ist, so stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die designierten Nachfolger des Gesellschafter-Erblassers in dessen Gesellschafterposition eintreten und welchem Statut dieser Erwerb unterliegt. a) Vorüberlegungen Der Qualifikationsgegenstand muss dabei nach den Erwerbsvoraussetzungen unterscheiden, die sich in der materiellrechtlichen Untersuchung auch im Rechtsvergleich zeigten: Nachfolger von Todes wegen wird vielfach nur, wer sowohl zum Gesellschafternachfolger als auch zum Erbe bestimmt ist.126 Der Erwerb von Todes wegen vollzieht sich in diesen Fällen nach einem Doppeltatbestand: der gesellschaftsrechtlichen Berechtigung einerseits und der Erbenstellung des Nachfolgers andererseits. Um diesem Erwerbsvorgang in seinen Vorausset­ zungen gerecht zu werden, muss auch der Qualifikationsgegenstand entsprechend nach gesellschaftsrechtlicher Berechtigung und Erbenstellung differenzieren. Im Folgenden ist zunächst die gesellschaftsrechtliche Berechtigung des Nachfolgers zu qualifizieren. b) Primäre und sekundäre Qualifikation Die Frage der gesellschaftsrechtlichen Berechtigung richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut.127 Entscheidend kommt es wiederum auf Art.  1 Abs.  2 lit.  h ­EuErbVO an, der „Klauseln im Errichtungsakt [...] einer Gesellschaft [...], die das Schicksal der Anteile verstorbener Gesellschafter [...] regeln“, vom Anwendungsbereich der Verordnung ausschließt. Der Begriff der „Klauseln im Errichtungsakt“ [Hervorh. d. Verf.] zeigt die gesellschaftsvertragliche Seite des Erwerbsvorgangs auf, die nicht dem nach der Verordnung zu bestimmenden Erbstatut zuzuordnen ist. Ebenso unterstreicht der Begriff des „Schicksal[s]“ diese

125 

Zur Niederlassungsfreiheit im Kontext der Gesellschafternachfolge von Todes wegen S. 133  f. 126  Zu deutschen Personengesellschaften S. 82  f. 127  Einhellige Meinung: NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  53; Deixler‑Hübner/ Schauer‑Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  58; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  1 EuErbVO Rn.  16; Saenger-Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  13; D. Paulus, notar 2016, 3, 10.

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Auslegung, der nach seinem Wortlaut auch die personelle Zuordnung zu den jeweiligen Nachfolgern einschließt. Ferner unterscheidet Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO nicht nach Gesellschaftsformen, so dass die Bestimmung des Gesellschafternachfolgers sowohl im Personen- als auch Kapitalgesellschaftsrecht zunächst dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen ist.128 Von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO umfasst sind freilich nur Kapitalgesellschaften wie die SARL französischen Rechts, deren Gesellschaftsstatut auch eine gesellschaftsvertragliche Steuerung der Gesellschafternachfolge von Todes wegen zulässt.129 Einziehungs- und Abtretungsklauseln, wie sie sich zum Beispiel in der Kautelarpraxis des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts entwickelt haben130, greifen hingegen erst, nachdem die Anteile auf die Erben des Gesellschafter-Erblassers übergegangen sind. Als lebzeitige Rechtsgeschäfte betreffen sie schon nicht die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne von Art.  1 Abs.  1 sowie Art.  3 Abs.  1 lit.  a EuErbVO und sind mithin unabhängig von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Im Rahmen der sekundären Qualifikation sind sodann die Sachnormen des Gesellschaftsstatuts zu ermitteln, die die gesellschaftsrechtliche Berechtigung des Nachfolgers bestimmen. Dazu zählen vor allem die Nachfolgeklauseln im Personengesellschaftsrecht. Sie können die Berechtigung des Nachfolgers abweichend vom Kreis der Erben regeln und auf diese Weise den Anteilserwerb von Todes wegen gesellschaftsrechtlich einschränken. Im Kapitalgesellschaftsrecht ist eine solche gesellschaftsrechtliche Einschränkung in der Regel nicht möglich. Denn der Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist im deutschen, österreichischen sowie englischen Recht zwingend vererblich, so dass der Kreis der Berechtigten dem Erbenkreis entspricht. Die gesellschaftsrechtliche Berechtigung des Nachfolgers ergibt sich in diesen Fällen aus der Vererblichkeit des Anteils, die, wie bereits gezeigt, gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren ist. Eine Ausnahme ist insofern das französische Kapitalgesellschaftsrecht, das im Recht der SARL Sonderregeln kennt, die den Anteilserwerb von Todes wegen gegenüber dem Erbrecht einschränken können. So kann im Gesellschaftsvertrag einer SARL laut Art. L 223‑13 al.  2 Ccom festgelegt werden, dass der Anteilserwerb von Todes wegen von der Zustimmung der überlebenden Gesellschafter 128 

Zur Anknüpfung der Vererbung von Kapitalgesellschaftsanteilen ist das Meinungsbild nicht einheitlich: Vertreter, die die Vererbung von Kapitalgesellschaftsanteilen nicht von der Bereichausnahme erfasst sehen: Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  60; Dörner, ZEV 2012, 505, 508; dafür jedoch: NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  52; Saenger-Siebert, Art.  1 EuErbVO Rn.  12; Kindler, in: FS Stilz (2014), 345, 353; Leitzen, ZEV 2012, 520, 520. 129  Zur SARL bereits S. 47  f. 130  Vgl. Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  43.

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abhängt.131 Diese kapitalgesellschaftsrechtliche Einschränkung des Anteilserwerbs findet zunächst Anwendung über die sekundäre Qualifikation, da der Wortlaut des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO insoweit keine Einschränkung erkennen lässt. Angesichts des weiten Wortlauts kann nur eine teleologische Reduk­ tion ein solches Ergebnis korrigieren. c) Primärrechtliche Korrektur Eine teleologische Reduktion lässt sich mit Hilfe des betroffenen Primärrechts begründen. Denn die EuErbVO ist als sekundäres Gemeinschaftsrecht primärrechtskonform auszulegen.132 aa) Betroffenes Primärrecht – Beschränkung der Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit Sowohl die gesellschaftsrechtliche Qualifikation als auch die dem Gesellschaftsstatut zu entnehmenden Erwerbsvoraussetzungen schränken die Kapitalverkehrsfreiheit der Erben (Art.  63 Abs.  1 AEUV) sowie die Testierfreiheit des Gesellschafter-Erblassers (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) ein. (1) Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 Abs.  1 AEUV) Im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln des Erbstatuts kann der Erbe den Gesellschaftsanteil nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erbschaftlich erwerben, dass er von der jeweiligen Nachfolgeklausel gesellschaftsvertraglich begünstigt ist. Diese gesellschaftsrechtliche Erwerbsvoraussetzung greift damit unmittelbar in den Erwerbsvorgang von Todes wegen ein, dessen Beschränkungsfreiheit Art.  63 Abs.  1 AEUV sicherstellen soll. Solchen gesellschaftsrechtlichen Erwerbsbeschränkungen wird zur Anwendung verholfen, indem man sie gesellschaftsrechtlich qualifiziert. Aus diesem Grund wirkt sich bereits die gesellschaftsrechtliche Qualifikation kapitalverkehrsbeschränkend aus. Gegen eine kapitalverkehrsbeschränkende Wirkung ließe sich freilich einwenden, dass auch im inländischen Sachverhalt der Anteilserwerb von Todes wegen durch Nachfolgeklauseln eingeschränkt werden kann. Im Vergleich zum inländischen Sachverhalt droht keine Ungleichbehandlung eines Gesellschafters mit gewöhnlichem Aufenthalt im EU-Ausland. In entsprechender Anwendung der Keck-Formel ließe sich sogar annehmen, dass solche gesellschaftsrechtlichen Erwerbsbeschränkungen, die für inländische und internationale Sachverhalte glei131  132 

Zur Gesellschafternachfolge in der SARL französischen Rechts bereits S. 47  f. Zur primärrechtskonformen Auslegung des EU-Sekundärrechts S. 110  f.

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chermaßen gelten, als Rahmenmodalitäten nicht den Marktzugang hindern und damit den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit nicht berühren. Selbst wenn man demzufolge die gesellschaftsrechtlichen Erwerbsbeschränkungen aus dem Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ausschließen würde, bliebe als diskriminierende Beschränkung die Anwendung des Gesellschaftsstatuts bestehen. Denn die Kapitalverkehrsfreiheit schützt die Erben grundsätzlich vor der Anwendung einer anderen Rechtsordnung als dem Erbstatut.133 Da die Anwendung einer anderen Rechtsordnung nur den grenzüberschreitenden Sachverhalt betrifft, liegt insofern eine gegenüber dem Inlandssachverhalt diskriminierende Beschränkung vor. (2) Testierfreiheit (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) Ferner schränken Nachfolgeklauseln als gesellschaftsrechtliche Erwerbsvoraussetzungen die Testierfreiheit des Erblassers (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) ein. Anders als nach den allgemeinen Grundsätzen des Erbstatuts entscheidet er nicht allein über die Zuordnung seiner Vermögensgegenstände, sondern muss bei gesellschaftsrechtlicher Qualifikation der gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeberechtigung hinnehmen, dass seine Mitgesellschafter über die Zuordnung seines Gesellschaftsanteils gesellschaftsvertraglich mitbestimmen. Auch diese Beschränkung muss auf ihre Rechtfertigung hin überprüft werden. Auf eine Diskriminierung kommt es im Rahmen der Testierfreiheit nicht an, die Keck-Formel ist im Gegensatz zur Kapitalverkehrsfreiheit nicht anwendbar.134 bb) Rechtfertigung der Beschränkungen Wie bereits zu den primärrechtlichen Grundlagen der Gesellschafternachfolge herausgearbeitet, kommt als Rechtfertigungsgrund nur der Schutz des intuitus personae in Betracht.135 Die beschränkende Maßnahme, hier die gesellschaftsrechtliche Qualifikation von Nachfolgeklauseln, muss daher zum Schutz des intuitus personae geeignet, erforderlich und angemessen sein. (1) Geeignetheit Die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung und die damit verbundene Anwendung gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklauseln muss den Schutz des intuitus personae fördern, um geeignetes Mittel zu sein. 133 

Zur kollisionsrechtlichen Schutzrichtung des EU-Primärrechts bereits S. 116  f. Kraus, in: Dörr/Grote/Marauhn, Rn.  142; vgl. auch Meyer-Bernsdorff, Vorbem. zu Artt.  6–19 GrCH Rn.  1. 135  Zur Rechtfertigung von Eingriffen bereits S. 120  ff. 134 

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Da Nachfolgeklauseln über die Mitgliedschaft möglicher Nachfolger und somit über den Kern des intuitus personae, nämlich die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises, mitentscheiden, schützt jede Nachfolgeklausel und ihre gesellschaftsrechtliche Qualifikation den personalistischen Charakter eines Anteils, soweit er vom intuitus personae geprägt ist. Unproblematisch sind insoweit Nachfolgeklauseln, die den Anteil unbeschränkt haftender Personengesellschafter betreffen. Denn diese Personengesellschafter verkörpern in ihrer organschaftlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie unbeschränkten Gesellschafterhaftung den personalistischen Charakter einer Personengesellschaft. Nachfolgeklauseln zu ihren Anteilen berühren also den intuitus personae und schaffen die rechtliche Grundlage dafür, dass die Gesellschafter als Träger des intuitus personae über die Gesellschafternachfolge mitbestimmen. Nachfolgeklauseln, die den Anteil unbeschränkt haftender Personengesellschafter betreffen, kommt daher eine schutzfördernde Wirkung des intuitus personae zu, die sich gleichermaßen auf die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung, die diesen Klauseln überhaupt erst zur Anwendung verhilft, übertragen lässt. Die gesellschaftsrechtliche Qualifikation von Nachfolgeklauseln, die die Nachfolge unbeschränkt haftender Gesellschafter regeln, ist daher ein geeignetes Mittel, um den Schutz des intuitus personae zu fördern. Anders hingegen ist die Rechtslage zu Kommanditanteilen zu beurteilen. Versteht man den intuitus personae als ein mitgliedschaftsbezogenes Charakteristikum, das im Grundsatz der Selbstorganschaft und der unbeschränkten Gesellschafterhaftung seinen Ausdruck findet, und nicht als ein gesellschaftsbezogenes Merkmal, das jede Personengesellschaft unter Einschluss von Kommanditanteilen kennzeichnet, so weist keiner der untersuchten Kommanditanteile in seinem gesetzlichen Leitbild einen solchen personalistischen Charakter auf.136 Denn sowohl nach deutschem Recht also auch gemäß der im Rechtsvergleich untersuchten Rechtsordnungen sind Kommanditisten von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen und haften allenfalls bis zur Höhe ihrer Einlagepflicht.137 In ihrer organisations- und haftungsrechtlichen Struktur weisen Kommanditanteile damit Ähnlichkeiten zu Kapitalgesellschaftsanteilen auf; ein personalistischer Charakter im Sinne eines mitgliedschaftsbezogenen intuitus

136  Vgl. zum deutschen Recht bereits K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 635; Ulmer, NJW 1990, 73, 75. 137  Vgl. die Vorschriften zum Ausschluss von Geschäftsführung und Vertretung (KG deutschen Rechts: §§  164, 170 HGB; KG österreichischen Rechts: §§  164, 170 UGB; SCS: art.  222-6 al.  1 Ccom; limited partnership: s. 6 (1) LPA 1907) sowie zur beschränkten Kommanditistenhaftung (KG deutschen Rechts: §  171 Abs.  1 HGB; KG österreichischen Rechts: §  171 Abs.  1 UGB; SCS: art.  222-1 al.  2 Ccom; limited partnership: s. 4 (2) LPA 1907).

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personae ist im gesetzlichen Leitbild eines Kommanditanteils nicht erkennbar.138 Da einem Kommanditanteil nach diesem Verständnis der intuitus personae fehlt, kann einer Nachfolgeklausel bezüglich eines Kommanditanteils und der mit ihr verbundenen gesellschaftsrechtlichen Sonderanknüpfung keine fördernde Wirkung des intuitus personae zukommen. Die gesellschaftsrechtliche Qualifikation einer Nachfolgeklausel ist daher hinsichtlich eines Kommanditanteils kein geeignetes Mittel, um den intuitus personae zu fördern. Bereits auf Ebene der Geeignetheit zeigt sich, dass die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung der Nachfolge von Todes wegen in Kommanditanteile nicht durch den intuitus personae gerechtfertigt werden kann und damit gegen die Kapitalverkehrs- (Art.  63 AEUV) und Testierfreiheit (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) verstößt. Für die Nachfolge in Kapitalgesellschaftsanteile kommt eine Rechtfertigung über den intuitus personae erst recht nicht infrage. Ihrem gesetzlichen Leitbild fehlt jeder personalistische Charakter, so dass die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung satzungsmäßiger Nachfolgeklauseln wie in der SARL französischen Rechts primärrechtlich nicht zu rechtfertigen ist.139 Rechtskonstruktiv ist dieses Ergebnis im Rahmen einer primärrechtskonformen teleologischen Reduktion von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO umzusetzen, der seinem Wortlaut nach sämtliche „Klauseln im Errichtungsakt […] einer Gesellschaft“ erfasst. Primärrechtskonform ist der Wortlaut dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass Nachfolgeklauseln nicht erfasst sind, die Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile betreffen. Die Nachfolge von Todes wegen in Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile unterliegt mithin allein dem nach der EuErbVO zu bestimmenden Erbstatut und dessen allgemeinen erbrechtlichen Regeln. Sie wird kollisionsrechtlich so behandelt wie grundsätzlich jeder andere Vermögensgegenstand des Erblassers auch. (2) Erforderlichkeit und Angemessenheit Hinsichtlich der Nachfolgeklauseln, die die Nachfolge eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters regeln, setzt sich die Verhältnismäßigkeitsprüfung fort. Sie und ihre gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung müssen zur Förderung des intuitus personae erforderlich sein und die berührten Interessen – intuitus personae einerseits sowie Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit andererseits – in einen angemessenen Ausgleich bringen. Erforderlich ist eine Maßnahme, soweit sie das mildeste unter gleichgeeigneten Mitteln ist.140 Um den intuitus personae zu fördern, bleibt in einem interna­ 138 

Zur deutschen Rechtslage bereits S. 29  f.; zum rechtsvergleichenden Befund S. 54  f. Zum gesetzlichen Leitbild der SARL französischen Rechts S. 55  f. 140  Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht (2018), S.  93 (Rn.  193). 139 

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tio­nalen Sachverhalt nur die Möglichkeit, Nachfolgeklauseln als besondere Erwerbsvoraussetzung von Todes wegen gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Ausschließlich auf diese Weise liegt die Entscheidung über künftige Gesellschafter nicht nur in der Macht des Gesellschafter-Erblassers, der im Rahmen seiner Testierfreiheit frei über die Erbenstellung möglicher Nachfolger entscheiden kann, sondern auch in den Händen der Gesellschafter, die mittels gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklauseln die Gesellschafternachfolge und damit die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises als Kern des intuitus personae mitbestimmen können. Da keine andere rechtliche Möglichkeit als die gesellschaftsrechtliche Qualifikation von Nachfolgeklauseln besteht, um die Gesellschafter im Sinne des intuitus personae an der Gesellschafternachfolge von Todes wegen zu beteiligen, ist sie als einzig geeignetes Mittel zugleich das mildeste und daher erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die gesellschaftsrechtliche Anknüpfung von Nachfolgeklauseln stellt auch ­einen angemessenen Ausgleich zur eingeschränkten Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit her, die in ihrer kollisionsrechtlichen Schutzrichtung für eine umfassende Anknüpfung an die erbrechtlichen Vorschriften des Erbstatuts streiten.141 Denn sowohl die Erben als auch der Erblasser finden weiterhin Schutz durch das Erbstatut, indem die Erbenstellung als weitere Erwerbsvoraussetzung erbrechtlich zu qualifizieren ist.142 Die gesellschaftsrechtliche Qualifikation von Nachfolgeklauseln sowie die damit einhergehende Erwerbsbeschränkung (Art.  63 AEUV) und Verkürzung von Testiermöglichkeiten (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) sind in ihrer Eingriffsintensität daher gering, zumal der Erblasser an der Vereinbarung einer Nachfolgeklausel kraft seiner Gesellschafterstellung mitwirkt und seine verkürzten Testiermöglichkeiten dadurch teilweise kompensiert. Dieser geringen Eingriffsintensität steht die strukturelle Bedeutung des intuitus personae gegenüber, zu dessen Gunsten die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit einschränkt. Gerade in Anbetracht der haftungsrechtlichen Dimension des intuitus personae ist es angebracht, dass die Gesellschafter mitentscheiden, wer in den Anteil eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters nachfolgt. Der Bedeutung des intuitus personae trägt eine gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung von Nachfolgeklauseln daher angemessen Rechnung.

141 

Zur kollisionsrechtlichen Schutzrichtung des EU-Primärrechts bereits S. 116  ff. Zur erbrechtlichen Qualifikation der Erbenstellung: MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  37; NK‑BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  53; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  99; Palandt‑Thorn, Art.  1 EuErbVO, Rn.  12. 142 

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d) Ergebnis zur Bestimmung des Gesellschafternachfolgers Qualifiziert man die Bestimmung des Gesellschafternachfolgers primärrechtskonform, gelangt man zu einer differenzierten Anknüpfung. Da weder im Kommandit- noch im Kapitalgesellschaftsanteil ein personalistischer Charakter zu erkennen ist, kann die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung diesbezüglicher Nachfolgeklauseln nicht durch den intuitus personae gerechtfertigt werden. Die Nachfolge eines Kommanditisten oder Kapitalgesellschafters bestimmt sich daher nach den allgemeinen Grundsätzen des Erbstatuts, also in der Regel nach seiner Erbenstellung. In der Konsequenz erfasst die Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO keine Nachfolgeklauseln, die einen Kommandit- oder Kapitalgesellschaftsanteil betreffen, und ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Der Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters hingegen verkörpert den intuitus personae einer jeden Personengesellschaft. Die Sonderanknüpfung von Nachfolgeklauseln dient dessen Schutz und hält die Grenzen der Verhältnismäßigkeit zur eingeschränkten Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit ein. Folglich fallen nur Nachfolgeklauseln, die den Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters betreffen, unter Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO („Klauseln im Errichtungsakt“) und sind gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. II. Erbrechtliche Fragen der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Die erbrechtlichen Fragen der Gesellschafternachfolge sind danach zu unterscheiden, ob sich im Verhältnis zu den untersuchten erbrechtlichen Instituten Sonderregeln der Gesellschafternachfolge entwickelt haben. Existieren solche Sonderregeln in mindestens einer der untersuchten Rechtsordnungen, sind die diesbezüglichen Rechtsfragen als sondererbrechtlich zu qualifizieren. Fehlt es in den untersuchten Rechtsordnungen an solchen Sonderregeln, unterliegen die Rechtsfragen den allgemeinen Regeln des Erbstatuts. 1. Allgemeines Erbrecht Zum allgemeinen Erbrecht gehören die Bestimmung des Erben sowie die Nachlasszuordnung von Anteilen und Abfindungsansprüchen. a) Bestimmung des Erben Eine erfolgreiche Gesellschafternachfolge von Todes wegen setzt wie gezeigt voraus, dass der designierte Gesellschafternachfolger gesellschaftsrechtlich sowie erbrechtlich zur Nachfolge von Todes wegen berechtigt ist.143 Erbrechtlich 143 

Zur Qualifikation der gesellschaftsrechtlichen Berechtigung bereits S. 185  ff.

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berechtigt ist insofern, wer Erbe ist. Wie Art.  23 Abs.  2 lit.  b EuErbVO („Berufung der Berechtigten“) klarstellt, bestimmt sich die Erbenstellung nach dem Erbstatut.144 Die sekundäre erbrechtliche Qualifikation bringt sodann die allgemeinen Regelungen des Erbstatuts wie die gesetzliche Erbfolge oder die testamentarische Erbeinsetzung zur Anwendung. Sonderregeln zur Gesellschafternachfolge existieren insofern nicht. b) Nachlasszuordnung aa) Vorüberlegungen Ferner stellt sich die Frage, welches rechtliche Schicksal den Anteil oder, sofern der Anteil nicht vererblich ist, den Abfindungsanspruch in der Nachlassabwicklung trifft. Zur Nachlassabwicklung gehören unter anderen die Institute des Pflichtteilsausgleichs oder der Testamentsvollstreckung.145 Sind der Anteil und der Abfindungsanspruch dem Gesamtnachlass des Erbstatuts zuzuordnen, unterliegt er grundsätzlich auch den Rechtsinstituten des Erbstatuts in der Nachlassabwicklung. Qualifiziert man den Anteil und den Abfindungsanspruch hingegen als Nachlasssondervermögen des Gesellschaftsstatuts, so sind im Grundsatz die erbrechtlichen Rechtsinstitute des Gesellschaftsstatuts zur Anwendung berufen. Eine umfassende Nachlassspaltung wäre die Folge, wie man sie nach autonomen Recht bei der Vererbung von Immobilien kannte (vgl. Art.  3a Abs.  2 EGBGB a. F.).146 Die Frage, welchem Statut der Anteil als Nachlassgegenstand zuzuordnen ist, hat mithin weitgehende Auswirkungen auf die Anknüpfung weiterer Rechtsfragen. bb) Primäre und sekundäre Qualifikation Die Nachlasszuordnung von Anteilen und Abfindungsansprüchen ist erbrechtlich zu qualifizieren. Der Anteil unterliegt mit dem übrigen Nachlass einheitlich dem Erbstatut, er bildet kein nachlassspaltendes Sondervermögen.147 Obwohl der weite Wortlaut des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO („Fragen des Gesellschaftsrechts“) auch die Nachlasszuordnung umfassen könnte und insofern eine Nach144  Einhellige Meinung: MüKo-BGB-Dutta, Art.  1 EuErbVO Rn.  37; NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  53; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  99; Palandt-­ Thorn, Art.  1 EuErbVO Rn.  12. 145  Vgl. zur Testamentsvollstreckung deutschen Rechts §  2205 BGB, nach dem der Testamentsvollstrecker den „Nachlass“ zu verwalten hat; zum Pflichtteilsanspruch deutschen Rechts §  2311 BGB, der zur Berechnung auf den „Wert des Nachlasses“ abstellt. 146  Vgl. Staudinger-BGB15Dörner, Art.  25 EGBGB Rn.  770. 147  Vgl. Palandt-Thorn, Art.  1 EuErbVO Rn.  12 („keine gesellschaftsrechtl Sondererbfolge ieS“); a. A. Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23.

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lassspaltung zuließe148, überzeugen die insofern gegenteiligen Anhaltspunkte aus der Verordnung und der Rechtsvergleichung. Bereits die Regelbeispiele des Art.  23 Abs.  2 EuErbVO zeigen, dass nicht nur die Voraussetzungen des Erwerbs von Todes wegen, sondern auch die Institute der Nachlassabwicklung grundsätzlich dem Erbstatut zu entnehmen sind.149 Ihre Anwendung auf den Gesellschaftsanteil oder den Abfindungsanspruch setzt voraus, dass diese auch zum Gesamtnachlass des Erbstatuts zählen. Würde man sie als Sondervermögen dem Gesellschaftsstatut zuordnen, liefe die Anwendung der in Art.  23 Abs.  2 EuErbVO beschriebenen Institute des Erbstatuts hinsichtlich des Anteils und der Abfindungsansprüche ins Leere. Für solch einen weitgehenden Einschnitt in den Regelungsbereich der Verordnung bedarf es deutlicher Hinweise, die der vage Wortlaut des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO nicht bietet. Zudem widerspricht eine so weitgehende Auslegung des Art.  1 Abs.  2 lit.  h ­EuErbVO dem Grundsatz der Nachlasseinheit, der zur restriktiven Auslegung nachlassspaltender Normen aufruft.150 Auch in rechtsvergleichender Hinsicht sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine nachlassspaltende Konstituierung von Sondervermögen nahelegen. Keine der untersuchten Rechtsordnungen bestreitet die Nachlasszugehörigkeit dessen, was das Gesellschaftsstatut für vererblich erklärt, sei es der Gesellschaftsanteil selbst oder ein entsprechender Abfindungsanspruch. Insoweit bestehen keine gesellschaftsrechtlich bedingten Sonderregeln. Die frei gegebenen Vermögensgegenstände fallen ausnahmslos in den Gesamtnachlass. Die Nachlasszuordnung ist mithin einheitlich nach dem Erbstatut zu beurteilen. Darin unterscheidet sich die Vererbung von Gesellschaftsanteilen von Fällen der vollständigen Nachlassspaltung, wie sie nach autonomen Recht bei der Vererbung von Immobilien stattfand (vgl. Art.  3a Abs.  2 EGBGB a. F.) und in dessen Rahmen sich die Nachlasszugehörigkeit nicht nach dem Erb-, sondern nach dem jeweiligen Einzelstatut richtete.151 Da zur Nachlasszuordnung keine Sonderregeln in den untersuchten Rechtsordnungen erkennbar sind, bereitet die sekundäre Qualifikation keine Schwierigkeiten. Insofern kommen die erbrechtlichen Re-

148  Vgl. insofern allgemein zu Art.  1 Abs.  2 EuErbVO Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  6. 149  Siehe zum Beispiel Art.  23 Abs.  2 lit.  f. EuErbVO zur Testamentsvollstreckung, Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO zum Pflichtteilsausgleich sowie Art.  23 Abs.  2 lit.  j EuErbVO zur Nachlassteilung. 150  Insofern zum Grundsatz der Nachlasseinheit bereits S. 166  f. 151  Vgl. Staudinger-BGB-Dörner, Art.  25 EGBGB Rn.  770.

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geln des jeweiligen Erbstatuts zur Anwendung, nach denen sämtliches Vermögen des Erblassers im Todeszeitpunkt zum Nachlass zählt.152 2. Sondererbrecht der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Von den Rechtsfragen des allgemeinen Erbrechts sind solche zu unterscheiden, zu denen sich in den untersuchten Rechtsordnungen Sonderregeln der Gesellschafternachfolge entwickelt haben. Zu diesen Rechtsfragen gehören der Erbgang, die Erbenmehrheit, die Testamentsvollstreckung sowie die Ausgleichsansprüche und ihre Berechnung. a) Erbgang aa) Vorüberlegungen Der Erbgang umfasst die Frage, auf welche Weise sich der Anteilserwerb von Todes wegen vollzieht.153 In dieser Frage unterscheiden sich die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zum Teil erheblich, wie die Ausführungen zur Einantwortung und zum personal representative beispielhaft zeigten.154 Je nach Rechtsordnung erhalten die Erben ihre dingliche Berechtigung am Nachlassvermögen des Erblassers bereits mit dem Erbfall155 (Vonselbsterwerb), müssen die Annahme der Erbschaft erklären156 (Antrittserwerb), die Übertragung des Nachlassvermögens vom personal representative des Erblassers verlangen oder per Hoheitsakt in die Stellung des Erblassers eingesetzt werden157 (mittelbarer Erwerb). Im Verhältnis zu diesen erbrechtlichen Instituten haben sich in der Gesellschafternachfolge zum Teil Sonderregeln entwickelt, deren Qualifikation an der Schnittstelle von Erb- und Gesellschaftsstatut Schwierigkeiten bereitet. Ihre Anwendung ist ein Problem der sekundären Qualifikation, da sie die Frage betreffen, welche Sachnormen des Erbstatuts zur Anwendung berufen sind.

152 

Siehe beispielsweise zum französischen Recht art.  724 CC, zum österreichischen Recht §  531 ABGB sowie zum deutschen Recht §  1922 Abs.  1 BGB. 153  Vgl. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  22. 154  Zur Einantwortung bereits S. 39  f.; zum personal representative S. 45  f. 155  Siehe zum deutschen Recht §  1922 Abs.  1 BGB sowie zum französischen Recht art.  724 franz. CC. 156  Siehe zum italienischen Recht Artt.  459, 470 ff. ital. Codice Civile. 157  Siehe zum österreichischen Recht §  797 ABGB.

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bb) Primäre und sekundäre Qualifikation Nach einhelliger Meinung bestimmt sich der Erbgang grundsätzlich nach dem Erbstatut.158 Das ergibt sich aus der Wertung des Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO („Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte“). Vom Erbstatut ist damit die Frage umfasst, ob die Erben den Anteil ipso iure, per Annahme oder mittelbar erwerben.159 Sonderregeln der Gesellschafternachfolge, die zum Beispiel im englischen Common Law die Rechte des personal representative beschränken, rechtfertigen freilich keine gesellschaftsrechtliche Qualifikation des Erbgangs. Zwar weichen die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge aus einem gesellschaftsrechtlichen Grunde, zumeist zum Schutz des intuitus personae, von erbrechtlichen Grundsätzen ab. Dieser gesellschaftsrechtliche Grund allein begründet dennoch keine gesellschaftsrechtliche Qualifikation. Denn funktional ist die gesellschaftsrechtlich bedingte Sonderregel weiterhin dem Erbinstitut, hier dem Erbgang, zugeordnet und als dessen Teil auch im Erbstatut zur Anwendung berufen. Sie betrifft insofern unmittelbar die Rechtsfrage, die Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO („Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte“) dem Geltungsbereich des Erbstatuts zuordnet: Wie die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen zum Erbgang legt auch die Sonderregel fest, ob und auf welche Weise die Berechtigten den Anteil als Nachlassgegenstand des Erblassers erwerben. Im englischen Recht zum Beispiel wird nach der dort geltenden Sonderregel der Erbgang dahingehend modifiziert, dass der personal representative lediglich in die vermögens-, aber nicht mitgliedschaftsrechtliche Position des Gesellschafter-Nachlassers nachfolgt. Solche Modifikationen regeln, wie das Beispiel zeigt, weiterhin den „Übergang“ (Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO) des Anteils als Nachlassgegenstand und unterliegen dem nach der Verordnung anwendbaren Recht. Sie sind als Teil des erbrechtlich zu qualifizierenden Erbgangs von erbrechtlicher Natur. Grundsätzlich bliebe zwar eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation solcher Sonderregeln im Rahmen von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO als „Fragen des Gesellschaftsrechts“ möglich. Als Bereichsausnahme ginge er normenhierarchisch sogar gegenüber Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO vor.160 Voraussetzung wäre aber 158  MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  20; Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  1 ­ uErbVO Rn.  16; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  44; Geimer/ E Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  22; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  59; D. Paulus, notar 2016, 3, 12. 159  Vgl. NK-BGB-Looschelders, Art.  23 EuErbVO Rn.  15; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  48; Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  22; Dutta/ Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  52. 160  Zum Verhältnis von Art.  1 Abs.  2 EuErbVO und Art.  23 Abs.  2 EuErbVO bereits S. 139  ff.

B. Anwendbares Recht

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ein Normenkonflikt, der sodann zugunsten der Bereichsausnahme und einer entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Qualifikation zu lösen wäre. Mittels Auslegung lässt sich ein solcher Normenkonflikt vermeiden, indem man die Sonderregeln zum Erbgang nicht als „Fragen des Gesellschaftsrechts“ einordnet. So geht aus diesem vagen Wortlaut der Bereichsausnahme nicht hervor, dass Fragen des Erbgangs in der Gesellschafternachfolge gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind. Zudem verpflichten die Indizwirkung des Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO und das Prinzip der Nachlasseinheit zum restriktiven Verständnis der Bereichausnahme. Allein aus der Tatsache, dass sich in den untersuchten Rechtsordnungen gesellschaftsrechtlich bedingte Sonderregeln zum Erbgang entwickelt haben, kann daher keine gesellschaftsrechtliche Qualifikation dieser materiellrechtlichen Abweichung folgen. Eine solche Schlussfolgerung widerspräche dem kollisionsrechtlichen Autonomiegebot. Im nächsten Qualifikationsschritt, der sekundären Qualifikation, sind die anwendbaren Sachnormen des Erbstatuts zu bestimmen. Zwischen zwei Konstellationen ist dabei zu unterscheiden. Haben sich in der Frage des Erbgangs keine Sonderregeln im jeweiligen Erbstatut herausgebildet, finden die allgemeinen erbrechtlichen Regeln des Erbstatuts Anwendung. Ein Beispiel ist insofern das österreichische Erbrecht, das keine gesellschaftsrechtliche Anpassung der Vorschriften zur Einantwortung kennt. Ist das österreichische Recht als Erbstatut berufen, sind daher die allgemeinen Regeln zur Einantwortung anzuwenden. Hat das Erbstatut hingegen Sonderregeln zum Erbgang entwickelt, kommen im Rahmen der sekundären Qualifikation grundsätzlich zwei Sachnormen zur Regelung des Erbgangs infrage: zum einen die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen und zum anderen die Sonderregeln der Gesellschafternachfolge. Ein Beispiel dafür ist der Erbgang nach englischem Common Law. Hier vollzieht sich der Rechtsübergang grundsätzlich mit Hilfe eines personal representative, der zunächst zum Vollrechtsinhaber des Nachlasses wird und sodann die Vermögenswerte des Erblassers an die Berechtigten überträgt. Handelt es sich beim Nachlassgegenstand um einen Anteil an einer partnership, kann der personal representative weder in die Gesellschafterstellung eines partner vollständig nachfolgen noch die mit ihr verbundenen mitgliedschaftlichen Rechte auszuüben.161 Seine Position ist auf die Wahrnehmung von Vermögensrechten beschränkt. Kommen also, wie im englischen Erbrecht, zwei Sachnormen zur Regelung des 161 

Zur fehlenden Nachfolgefähigkeit des personal representative: Pearce v Chamberlain (1750) 2 Ves.Sen. 33, 33 (C.Ch.); McClean v Kennard (1874) 9 L.R. Ch.App.  336, 336 (C.A.); Banks, Partnership (2017), S.  977 (Rn.  26-02); zur beschränkten Ausübung der Gesellschafterrechte: Allen v Kilbre (1819) 4 Madd. 464, 464; Davidson v Napier (1827) 1 Sim. 297, 297; Freeland v Stansfeld (1854) 2 Sm. & G. 479, 479, Fraser v Kershaw (1856) 2 K. & J. 496, 496; Banks, Partnership (2017), S.  847 (Rn.  23-151).

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

Erbgangs infrage, entscheidet die sekundäre Qualifikation darüber, welche dieser beiden Sachnormen auf die ausländische Gesellschaftsform Anwendung findet. Entscheidend ist insofern, ob die Sonderregel des Erbstatuts auf die ausländische Gesellschaftsform übertragbar ist. Im Sinne einer funktionalen Qualifika­ tion muss man diese Frage bejahen, sofern der Grund dafür, dass sich die Sonderregel im internen Recht herausgebildet hat, auch auf die ausländische Gesellschaftsform zutrifft. Der Rechtsvergleich zeigt, dass sich solche Sonderregeln der Gesellschafternachfolge zum Schutz des intuitus personae entwickelt haben.162 Ist die ausländische Gesellschaft also strukturell vom intuitus personae geprägt, trägt sie den Grund für die Sonderregel des Erbstatuts bereits in sich. Gesellschaftsrechtlich bedingte Abweichungen von erbrechtlichen Prinzipien sind daher grundsätzlich auf Gesellschaften anderer Rechtsordnungen übertragbar, die im intuitus personae eine wesentliche strukturelle Gemeinsamkeit haben und eine Übertragung interner Sonderregeln rechtfertigen. Vererbt zum Beispiel ein Erblasser, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in England hat, einen oHG-Anteil deutschen Rechts, trifft das erbrechtliche Institut des personal representative auf eine ausländische Gesellschaftsform. Da eine partnership, zu der sich im internen Recht die genannte Sonderregel zum personal representative entwickelt hat, ähnlich personalistisch geprägt ist wie eine oHG deutschen Rechts163, ist die Sonderregel des englischen Rechts auf den oHG‑Anteil übertragbar. Die Rechte des personal representative am oHG-Anteil sind demnach wie in der partnership auf die vermögensrechtliche Seite der Beteiligung beschränkt. cc) Keine primärrechtliche Korrektur Dieses Qualifikationsergebnis ist primärrechtlich nicht zu korrigieren, da weder die Kapitalverkehrsfreiheit noch die Testierfreiheit betroffen sind. Erstens gelangt mit dem Erbstatut die Rechtsordnung zur Anwendung, zu der die Erben und Erblasser als schutzberechtigte Personen ihre engste Verbindung haben. In den kollisionsrechtlichen Schutzbereich der Kapital- und Testierfreiheit greift die erbrechtliche Qualifikation des Erbgangs daher nicht ein. Zweitens ist auch darin kein Eingriff zu erkennen, dass im Ergebnis der sekundären Qualifikation Sonderregeln der Gesellschafternachfolge zur Anwendung gelangen. Denn der Erbgang und seine Sonderregeln beschränken weder den Erbschaftserwerb der Erben noch die Testierfreiheit des Erblassers. Zum einen 162 

Zur rechtsvergleichenden Prinzipienbildung bereits S. 52  ff. Die Gesellschafter beider Gesellschaftsformen haften unbeschränkt für Gesellschaftsverbindlichkeiten und sind kraft ihrer Gesellschafterposition vertretungsbefugt (zur oHG S. 7  f. sowie zur partnership S. 42  f.). 163 

B. Anwendbares Recht

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erhalten die Erben im Erbfall auch bei einem gesellschaftsrechtlich modifizierten Erbgang wie im englischen Recht dasjenige aus dem Nachlass, was ihnen gemäß ihrer Erbquote zusteht. Nur der Modus der Übertragung ändert sich. Zum anderen entzieht sich der Erbgang den Testiermöglichkeiten des Erblassers, so dass keine Beeinträchtigung seiner Testierfreiheit droht. Das Ergebnis der primären und sekundären Qualifikation zugunsten des Erbstatuts und der jeweiligen Sachnormen bleibt daher bestehen. dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) Nur mit Hilfe von Art.  30 EuErbVO lassen sich vom Erbstatut abweichende Wertungen des Gesellschaftsstatuts berücksichtigen. Abweichende Wertungen des Gesellschaftsstatuts müssen freilich als Eingriffsnormen ausgestaltet sein, die die Voraussetzungen von Art.  30 EuErbVO erfüllen.164 Insofern bleibt es den Mitgliedsstaaten überlassen, gesellschaftsrechtliche Wertungen zum Erbgang in den Rang einer Eingriffsnorm zu erheben. Die zum alten Recht getroffene Feststellung aber, dass das Gesellschaftsstatut einen ihm unbekannten Erbgang eines ausländischen Erbstatuts nicht zu akzeptieren habe165, kann in dieser allgemeinen Form nicht unter der EuErbVO fortbestehen, da sie die grundsätzliche Wertung von Art.  23 lit.  e EuErbVO unterliefe, den Erbgang der Reichweite des Erbstatuts und der Rechtsnachfolge von Todes wegen zuzuordnen. Ferner setzt Art.  30 EuErbVO Sonderregeln voraus, die an bestimmte Nachlassgegenstände anknüpfen. Die allgemeinen Regeln zum Erbgang jedoch, wie sie sich im Gesellschaftsstatut finden, können gerade nicht über Art.  30 EuErbVO zur Anwendung gelangen und Vorrang gegenüber dem Erbstatut beanspruchen. Vererbt ein Erblasser, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, einen oHG-Anteil deutschen Rechts, finden nach obiger Qualifikation die österreichischen Regeln zum Erbgang, also insbesondere die Vorschriften zur Einantwortung Anwendung. Der direkte Anteilserwerb von Todes wegen, wie er nach deutschem Gesellschaftsstatut stattfände, kollidiert zwar mit der Einantwortung als Institut mittelbaren Erbschaftserwerbs.166 Da Wertungen des Gesellschaftsstatuts wie der Direkterwerb nach deutschem Recht grundsätzlich für sämtliche Nachlassgegenstände gelten, kommen sie aber nicht als besondere Regelungen im Sinne des Art.  30 EuErbVO in Betracht. Solche Regelungskonflikte

164 

Zu den Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO bereits S. 145  f. v. Oertzen/Cornelius, ZEV 2006, 106, 108. 166  Im Zusammenhang mit der Gesellschafternachfolge als Konflikt aufwerfend Dutta, ­ abelsZ 73 (2009), 727, 743. R 165 

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

im Erbgang sind nicht von Eingriffsnormen, sondern gegebenenfalls mit Hilfe der Anpassung (Art.  31 EuErbVO) zu lösen. ee) Anpassung dinglicher Rechte (Art.  31 EuErbVO) Die Abstimmungsprobleme zum Erbgang, wie sie im angesprochenen Konflikt zwischen Vonselbsterwerb und mittelbarem Erwerb beispielhaft auftreten, sind Konflikte, die im internationalen Erbfall unabhängig vom Nachlassgegenstand entstehen können. Ihre Ursache liegt im Spannungsverhältnis von Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO und Art.  1 Abs.  2 lit.  k EuErbVO begründet:167 Während sich der dingliche Übergang des Nachlasses nach dem Erbstatut richtet (Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO), beurteilt sich die Art der dinglichen Rechte nach dem Sachenrechtsstatut (Art.  1 Abs.  2 lit.  k EuErbVO). Kennt das Sachenrechtsstatut nicht die nach dem Erbstatut entstandenen dinglichen Rechte, kommt es zum Regelungskonflikt. Um in solchen Fällen den numerus clausus des Sachenrechtsstatuts zu schützen, ist das jeweilige Rechtsinstitut des Erbstatuts entsprechend anzupassen, soweit die Voraussetzungen des Art.  31 EuErbVO vorliegen.168 Auch wenn sich Art.  31 EuErbVO in der Konsequenz der Kubicka-Entscheidung169 auf Fälle beschränkt, in denen nicht der Erwerbsmodus, sondern das dingliche Recht selbst dem Sachenrechtsstatut unbekannt ist170, treten solche Anpassungsfälle im Verhältnis der untersuchten Rechtsordnungen auf. Zu nennen ist insofern der ruhende Nachlass im österreichischen Recht (§  546 ABGB), der im Erbfall zur eigenen Rechtspersönlichkeit erstarkt und bis zur Einantwortung keiner Person dinglich zugeordnet, also herrenlos ist.171 Der deutschen Rechtsordnung jedenfalls ist ein herrenloser Nachlass schon seiner Rechtsnatur nach fremd172, so dass der Nachlasserwerb österreichischen Erbrechts an das „inhaltähnlichste Institut“173 des deutschen Sachenrechtsstatuts anzupassen ist.174 Insoweit wird ein Antrittserwerb italienischer Prägung erwogen, der auf den gerichtlichen Akt der Einantwortung verzichtet und auf den Zeitpunkt des Erbfalls zu167  168 

Geimer/Schütze-Odersky, Art.  31 EuErbVO Rn.  1. Geimer/Schütze-Odersky, Art.  31 EuErbVO Rn.  1; Palandt-Thorn, Art.  31 EuErbVO

Rn.  3. 169  EuGH, 12.10.2017 – C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka, Rn.  63. 170  Vgl. auch Erwägungsgrund 15 S.  1, 2 EuErbVO; in diesem Sinne auch Palandt-Thorn, Art.  31 EuErbVO Rn.  2; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  127 f.; ähnlich MüKo-­ BGB-Dutta, Art.  31 EuErbVO Rn.  8 f. 171  Zur Einantwortung bereits S. 39  f. 172  Palandt-Thorn, Art.  31 EuErbVO Rn.  2; Deixler-Hübner/Schauer-Schwartze, Art.  31 EuErbVO Rn.  12; vgl. auch Ludwig, ZEV 2013, 150, 152; a. A. Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  31 Rn.  38 mit Verweis auf §  1923 Abs.  2 BGB. 173  Palandt-Thorn, Art.  31 EuErbVO Rn.  3. 174  Vgl. Erwägungsgrund 16 S.  2 EuErbVO.

B. Anwendbares Recht

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rückwirkt.175 Dieses Anpassungsproblem tritt in der Gesellschafternachfolge zum Beispiel auf, wenn ein Erblasser, der seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte, einen Gesellschaftsanteil deutschen Rechts vererbt. Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hingegen in England, erwerben die Erben seinen Anteil an einer deutschen Gesellschaft zwar nicht ipso iure, wie es das deutsche Erbrecht vorsähe, sondern per schuldrechtlicher Übertragung von Seiten des personal representative gemäß englischen Erbrechts. Aus der Perspektive der Erben kollidiert insofern der Vonselbsterwerb deutschen Gesellschaftsstatuts mit dem mittelbaren Erbschaftserwerb des englischen Erbstatuts. Für eine Anpassung im Rahmen von Art.  31 EuErbVO besteht dennoch kein Raum.176 Da der personal representative selbst Inhaber des Nachlasses wird, ist die dingliche Rechtsposition des personal representative dem deutschen Recht nicht fremd.177 Anzupassen ist allenfalls die trust-ähnliche Stellung des personal representative gegenüber den Erben als beneficiaries.178 ff) Ergebnis zum Erbgang Kommt es zwischen Erb- und Gesellschaftsstatut zu Regelungskonflikten im Erbgang, müssen zwei Probleme und ihre rechtliche Behandlung unterschieden werden. Zum einen haben sich in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen Sonderregeln zum Erbgang entwickelt, soweit das jeweilige Rechtsinstitut des Erbgangs mit gesellschaftsrechtlichen Prinzipien kollidiert. Die Bewältigung der Frage, ob und inwiefern diese Sonderregeln im internationalen Erbfall anzuwenden sind, findet auf der Ebene der sekundären Qualifikation statt. Sie sind als Sondererbrecht der Gesellschafternachfolge zu qualifizieren. Zum anderen treten Regelungskonflikte auf, die sich aus der unterschiedlich ausgestalteten dinglichen Nachlassübertragung ergeben. Wird ein Gesellschaftsanteil vererbt, treten auch diese Konflikte an der Schnittstelle von Erb- und Gesellschaftsstatut auf und sind über die Anpassung im Sinne des Art.  31 EuErbVO zu lösen. Freilich sind sie im Unterschied zu den oben genannten Sonderregeln kein spezifisches Problem der Gesellschafternachfolge, sondern betreffen jeden Nachlassgegenstand, dessen Sachenrechtsstatut das dingliche Recht des Erbstatuts nicht kennt. 175 

Ludwig, ZEV 2013, 150, 152; dagegen eine Einantwortung deutscher Gerichte befürwortend NK-BGB-Looschelders, Art.  23 EuErbVO Rn.  16. 176  Odersky, in: Süß, Erbrecht in Europa (2016), S.  594 (Rn.  23); Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  31 EuErbVO Rn.  21; a. A. D. Paulus, notar 2016, 3, 12. 177  Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  31 EuErbVO Rn.  21. 178  Odersky, in: Süß, Erbrecht in Europa (2016), S.  594 (Rn.  23).

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

b) Erbenmehrheit Folgen mehrere Erben in die Gesellschafterposition des Gesellschafter-Erblassers nach, kann die rechtliche Verfassung ihrer Erbenmehrheit mit gesellschaftsrechtlichen Prinzipien kollidieren.179 Im internen Recht haben sich zum Teil, wie das Beispiel der Sondererbfolge deutschen Rechts zeigt180, Sonderregeln zur Gesellschafternachfolge herausgebildet, deren Anwendung im grenzüberschreitenden Erbfall nun nachzugehen ist. aa) Vorüberlegungen Je nach Rechtsordnung bilden mehrere Erben des Erblassers keine rechtliche verselbständigte Erbenmehrheit181, eine Gesamthands-182 oder eine Bruchteilsgemeinschaft183. Nur rechtlich verselbständigte Erbenmehrheiten können mit ihrer Organisations- und Haftungsverfassung Konflikte zum Gesellschaftsrecht und zum Gesellschaftsstatut aufwerfen. Wie der Rechtsvergleich zeigte, haben sich im internen Recht Sonderregeln entwickelt, die den Konflikt zwischen Erbenmehrheit und Gesellschaftsrecht regeln. So folgt im deutschen sowie französischen Recht der einzelne Miterbe und nicht die Rechtsgemeinschaft in die Anteile des Gesellschafter-Erblassers nach.184 Im französischen Recht erstreckt sich diese Sonderregel sogar auf Kapitalgesellschaftsanteile.185 Entgegen der vorherrschenden Ansicht186 betrifft diese Frage aber nicht den Erbgang. Denn der Erwerbsmodus – Vonselbsterwerb, Antrittserwerb oder mittelbarer Erbschaftserwerb – bleibt unabhängig davon bestehen, ob die einzelnen 179  Insofern zur Erbengemeinschaft deutschen Rechts S. 11  ff. und zur indivision héréditaire französischen Rechts S. 49  ff. 180  Zur Sondererbfolge deutschen Rechts S. 11  ff. 181  Zu nennen sind insofern insbesondere die österreichische und englische Rechtsordnung: Die Nachlassverteilung, die Zuordnung des Nachlassvermögens zum einzelnen Erben, erfolgt nicht über die Auseinandersetzung einer rechtlich verselbständigten Erbenmehrheit, sondern übernimmt im österreichischen Recht das Nachlassgericht und im englischen Recht der personal representative. 182  Zum Beispiel die Erbengemeinschaft deutschen Rechts. 183  Zum Beispiel die indivision héréditaire französischen Rechts oder die Bruchteilsgemeinschaft italienischen Rechts, Art.1100 ff. ital. Codice Civile (dazu Reiß, ZErb 2005, 212, 213). 184  Insofern zur Erbengemeinschaft deutschen Rechts S. 11  ff. und zur indivision héréditaire französischen Rechts S. 49  ff. 185  Insofern zur indivision héréditaire französischen Rechts S. 49  ff. 186  Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23 („außerhalb des Erbrechts übergehend[ ]“) sowie Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98 („Ausnahmen vom Grundsatz der Universalsukzession“).

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Miterben oder ihre Rechtsgemeinschaft dem Gesellschafter-Erblasser nachfolgen.187 Der insofern bemühte Begriff der Sondererbfolge ist irreführend.188 Er legt eine gesellschaftsrechtliche Sondernachfolge nahe, die es in Anbetracht des erbrechtlich zu bestimmenden Erwerbsvorgangs nicht gibt.189 Als Qualifika­ tions­gegenstände sind daher der Erbgang und die Rechtsfrage, in welcher rechtlichen Verfassung eine Erbenmehrheit die Anteilsnachfolge antritt, zu unterscheiden. bb) Primäre und sekundäre Qualifikation Mithin ist zu klären, welche Rechtsordnung auf die Frage der rechtlichen Verfassung einer Erbenmehrheit anwendbar ist. Nach einhelliger Meinung unterliegt diese Frage grundsätzlich dem Erbstatut.190 Das ergibt sich aus Art.  23 Abs.  2 lit.  b EuErbVO, der in seinem Wortlaut („Berufung der Berechtigten“) auch die Frage umfasst, in welchem Rechtsverhältnis die Berechtigten die Nachfolge antreten (Gesamthands-, Bruchteils- oder keine Rechtsgemeinschaft). Ebenso erfasst das Erbstatut die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses191 sowie die Teilung einer rechtlich verselbständigten Erbenmehrheit192, wie sich aus Art.  23 Abs.  2 lit.  f („Rechte der Erben“) und lit.  j EuErbVO („Teilung des Nachlasses“) ergibt. In diesen Fragen ist das Meinungsbild einheitlich. Qualifikationsprobleme aber stellen sich, sofern sich Sonderregeln zur jeweiligen Erbenmehrheit entwickelt haben. Diese Sonderregeln betreffen allein die Rechtsfrage, ob Miterben in Form einer Rechtsgemeinschaft oder als Einzelerben in die Gesellschafterposition des Erblassers nachfolgen. So gilt im Fall einer Erbengemeinschaft deutschen Rechts, dass jeder einzelne Erbe zum Gesellschafternachfolger in der Personengesellschaft wird, unabhängig davon, ob der Erb­ lasser ein unbeschränkt haftender Personengesellschafter oder Kommanditist gewesen ist.193 Die französischen Sonderregelungen zur indivision héréditaire 187 

Vgl. zum deutschen Recht K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1340. Kritisch zum Begriff der Sondererbfolge: ibid. 189  Vgl. Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  58; Erman-Hohloch, Art.  1 EuErbVO Rn.  10; Palandt-Thorn, Art.  1 EuErbVO Rn.  12 („[E]ine gesellschaftsrechtl Sonderbfolge ieS besteht auch nach neuem KollR nicht.“). 190  NK-BGB-Looschelders, Art.  23 EuErbVO Rn.  20; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  39; D. Paulus, notar 2016, 3, 10; Leitzen, ZEV 2012, 520, 523; noch zum autonomen Recht: Haverkamp, Erbfolge in Gesellschaftsanteile im IPR (2007), S.  55 sowie v. Oertzen, IPRax 1994, 73, 75. 191  MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  12; Rauscher-Hertel, Art.  23 EuErbVO Rn.  32; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  39. 192  MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  38; Rauscher-Hertel, Art.  23 EuErbVO Rn.  32; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  39. 193  Zum deutschen Recht S. 11  ff. 188 

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

gehen sogar über die personengesellschaftsrechtlich bedingte Modifikation des deutschen Rechts hinaus, indem sie die Sondererbfolge einzelner Erben nicht nur für Personengesellschaften, sondern auch für Kapitalgesellschaften gelten lassen.194 Die Sonderregeln der Erbenmehrheit, die zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht vermitteln, qualifiziert die ganz herrschende Meinung195 in Anlehnung an den Vorrang des Gesellschaftsstatuts als „Fragen des Gesellschaftsrechts“ im Sinne von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO. Dieser gesellschaftsrechtlichen Qualifikation ist nicht zuzustimmen. Sie gründet bereits auf der fragwürdigen Annahme vom Vorrang des Gesellschaftsstatuts, dem unter der EuErbVO vor allem das Prinzip der Nachlasseinheit entgegensteht.196 Ferner sprechen die normativen Anhaltspunkte der Verordnung für eine erbrechtliche Qualifikation. Zwar weichen die Sonderregeln aus einem gesellschaftsrechtlichen Grunde, namentlich zum Schutz des intuitus personae, von den erbrechtlichen Grundsätzen einer rechtlich verselbständigten Erbenmehrheit ab. Der gesellschaftsrechtliche Grund ihrer Abweichung genügt jedoch nicht für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation, da die Sonderregeln funktional dem Erbinstitut der jeweiligen Erbenmehrheit zugeordnet bleiben. Denn auch die Sonderregeln betreffen die Rechtsfrage, in welcher Rechtsform die Erben in die Gesellschafterposition des Erblassers nachfolgen. Genau diese Rechtsfrage erfasst der Wortlaut von Art.  23 Abs.  2 lit.  b EuErbVO („Berufung der Berechtigten“). Auch unter Berücksichtigung von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, dessen weiter Wortlaut eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation solcher Sonderregeln als „Fragen des Gesellschaftsrechts“ freilich zuließe, überzeugt eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation nicht. Zwar ginge Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO als Bereichsausnahme normenhierarchisch sogar gegenüber Art.  23 Abs.  2 lit.  e ­EuErbVO vor. Man darf aber die Indizwirkung des Art.  23 Abs.  2 lit.  e EuErbVO nicht übersehen, die dafür spricht, die Erbenmehrheit als Rechtsfrage der Rechtsnachfolge von Todes wegen (Art.  1 Abs.  1 EuErbVO) einzordnen. Auch der zentrale Stellenwert der Nachlasseinheit verpflichtet zur restriktiven Auslegung von Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO und unterstützt die erbrechtliche Qualifikation der Sonderregeln, die sich im Verhältnis zu Erbenmehrheiten entwickelt haben. Eine 194 

Zum französischen Recht S. 49  f. Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  59; Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  46; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98; D. Paulus, notar 2016, 3, 10; Leitzen, ZEV 2012, 520, 523; noch zum autonomen Recht: Kropholler, IPR (2006), S.  443; Schurig, IPRax 2001, 446, 447; von Oertzen, IPRax 1994, 73, 75. 196  Eingehend zur Vorrangdiskussion bereits S. 159  ff. 195 

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Regelung im Sachrecht allein kann die kollisionsrechtlich autonome Qualifika­ tion zugunsten des Erbstatuts nicht ändern. Daher bleibt es auch in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen bei der erbrechtlichen Qualifikation von Fragen, die die rechtliche Verfassung von Erbenmehrheiten betreffen. Ob und inwieweit Sonderregeln der Erbenmehrheit zur Anwendung berufen sind, ist auf Ebene der sekundären Qualifikation zu klären. Insofern kommen zwei Sachnormen des Erbstatuts zur Regelung der Erbenmehrheit in Betracht: zum einen die allgemeinen, also auf jeden anderen Nachlassgegenstand auch anwendbaren Regeln der Erbenmehrheit sowie zum anderen die diesbezüglichen Sonderregeln der Gesellschafternachfolge, die sich zum Beispiel im deutschen und französischen Recht entwickelt haben. Entscheidend ist insofern, ob die interne Sonderregel des Erbstatuts auf die ausländische Gesellschaftsform übertragbar ist. Ist sie übertragbar, findet die jeweilige Sonderregel des Erbstatuts Anwendung. Ist die Sonderregel nicht zu übertragen, gelangen die allgemeinen Regelungen des Erbstatuts zur Anwendung. Wie bereits zum Erbgang ausgeführt197 ist eine Sonderregel auf Gesellschaften ausländischen Rechts übertragbar, sofern der Grund für diese Sonderregel im internen Recht auch auf die Gesellschaft ausländischen Rechts zutrifft. Im deutschen Recht hat sich die Sondererbfolge im Verhältnis zu Personengesellschaften entwickelt, um insbesondere ihre organisationsrechtliche Verfassung gegenüber den erbrechtlichen Regeln der Erbengemeinschaft zu schützen. Die fehlende Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft sowie ihr auf Auflösung gerichteter Gemeinschaftszweck sind nicht mit dem personalistisch geprägten Gesellschafterkreis einer Personengesellschaft zu vereinbaren. Fragt man im internationalen Erbfall danach, ob und inwieweit man die Sondererbfolge deutschen Rechts auf Anteile ausländischer Gesellschaften übertragen kann, ist im Sinne einer funktionalen Qualifikation entscheidend, nicht die materielle Rechtslage auf die kollisionsrechtliche Ebene zu spiegeln. Vielmehr kann die Sondererbfolge ihrer Funktion nach nur auf Anteile Anwendung finden, die in ihrer personalistischen Prägung mit den Rechtsgrundsätzen der Erbengemeinschaft kollidieren. Diese personalistische Prägung betrifft freilich nur unbeschränkt haftende Personengesellschafter, obwohl das deutsche und französische Recht in der Son­der­ erb­folge nicht zwischen diesen und Kommanditisten unterscheidet. Mangels organ­schaftlicher Leitungsbefugnisse des Kommanditisten fehlt dem Kommanditanteil seinem gesetzlichen Leitbild nach der intuitus personae, der die Son­der­ erbfolge im Fall einer Erbenmehrheit rechtfertigen würde.

197 

Zur sekundären Qualifikation des Erbgangs bereits S. 196  ff.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

Vererbt zum Beispiel ein Erblasser, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, einen partnership-Anteil englischen Rechts an mehrere Erben, folgt gemäß der Sondererbfolge des deutschen Erbstatuts nicht die Erbengemeinschaft, sondern jeder einzelne Miterbe in die Gesellschafterposition des Erblassers nach. Handelt es sich beim Erblasser hingegen um einen limited partner, findet die Sondererbfolge keine Anwendung, da die organisationsrechtlichen Grundsätze der Erbengemeinschaft deutschen Rechts nicht mit der Gesellschafterstellung eines limited partner, die einem Kommanditisten deutschen Rechts ähnlich ist198, kollidieren. Die Sondererbfolge, wie sie im deutschen und französischen Recht anzutreffen ist, findet auf ausländische Gesellschaftsformen also nur Anwendung, soweit es um die Nachfolge eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters geht. Der Kommanditanteil ist hingegen wie jeder andere Nachlassgegenstand zu behandeln und unterliegt den allgemeinen Regeln des Erbstatuts zur Erbengemeinschaft. cc) Keine primärrechtliche Korrektur Primärrechtlich ist dieses Qualifikationsergebnis nicht zu korrigieren, da die Anteilsnachfolge einer Erbenmehrheit weder die Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV) noch die Testierfreiheit (Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH) betrifft. Erstens gelangt mit dem Erbstatut die Rechtsordnung zur Anwendung, zu der die Erben und Erblasser als schutzberechtigte Personen ihre engste Verbindung haben. In den kollisionsrechtlichen Schutzbereich der Kapital- und Testierfreiheit greift die erbrechtliche Qualifikation der Erbenmehrheit daher nicht ein. Zweitens ist auch darin kein Eingriff zu erkennen, dass im Ergebnis der sekundären Qualifikation Sonderregeln der Gesellschafternachfolge zur Anwendung gelangen. Denn zum einen hindert die Sondererbfolge nicht den Erwerb von Todes wegen zum Zeitpunkt des Erbfalls. Die Erben erhalten auch im Fall einer Sondererbfolge das, was ihnen gemäß ihrer Erbquote zusteht. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist mithin nicht von der Sondererbfolge betroffen. Zum anderen schränkt die Sondererbfolge nicht die Testiermöglichkeiten des Erblassers ein, da die Nachlassbeteiligung einer Erbenmehrheit gesetzlich festgelegt ist und sich den Testiermöglichkeiten des Erblassers entzieht. Auch die Testierfreiheit ist daher nicht durch die Sondererbfolge eingeschränkt. In primärrechtlicher Hinsicht ist das herausgearbeitete Qualifikationsergebnis somit nicht zu korrigieren. 198 

Vgl. die Vorschriften zum Kommanditisten deutschen Rechts (§§  164, 170 HGB sowie §  171 Abs.  1 HGB) mit den Vorschriften zum limited partner des englischen Common Law (s.  4 (2) LPA 1907 sowie s. 6 (1) LPA 1907).

B. Anwendbares Recht

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dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) Einwände des Gesellschaftsstatuts können in Form von Eingriffsnormen (Art.  30 EuErbVO) zur Anwendung gelangen. Die Anwendung des Art.  30 EuErbVO scheitert in Anbetracht der erbrechtlichen Qualifikation von Erbenmehrheiten jedenfalls nicht daran, dass der Anwendungsbereich der Verordnung nicht eröffnet wäre.199 Eingriffsnormen im Sinne des Art.  30 EuErbVO müssen sich auf den jeweiligen Vermögensgegenstand, hier den Gesellschaftsanteil, beziehen. Insofern kommen nur sondererbrechtliche Regelungen des Gesellschaftsstatuts als Eingriffsnormen in Betracht.200 Sie können sich sowohl gegen die allgemeinen als auch gegen die besonderen Regeln des Erbstatuts zur Erbenmehrheit richten. Ein Sondererbrecht zur Frage von Erbenmehrheiten kennen solche Rechtsordnungen, die im internen Recht das Institut einer rechtlich verselbständigten Erbenmehrheit vorsehen. Sie finden sich wie erwähnt im deutschen Erbrecht zur Erbengemeinschaft und im französischen Erbrecht zur indivision héréditaire. Handelt es sich beim Gesellschaftsstatut um deutsches oder französisches Recht, kommt die Anwendung dieser sondererbrechtlichen Regeln im Rahmen von Art.  30 EuErbVO infrage.201 Konstellationen aber, in denen Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts eingreifen könnten, sind im internationalen Erbfall eine Ausnahme. Denn sie setzen voraus, dass das Erbstatut eine rechtlich verselbständigte Form der Erbenmehrheit vorsieht. Fällt der Anteil nach dem Erbstatut ohnehin jedem einzelnen Miterben an, führen die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts ins Leere, denn ihnen fehlt die rechtlich verselbständigte Erbenmehrheit als Bezugspunkt. Rechtlich selbständig verfasste Erbenmehrheiten kennen von den untersuchten Rechtsordnungen nur das deutsche und französische Recht. Selbst wenn das Erbstatut eine rechtlich verselbständigte Erbenmehrheit vorsieht – wie zum Beispiel im deutschen Recht – und im Gesellschaftsstatut Sonderregeln zur Erbenmehrheit bestehen – wie zum Beispiel im französischen Recht – kommen die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts nicht zwangsläufig zur Anwendung. Denn das Ergebnis der sekundären Qualifikation, das zur Anwendung der sondererbrechtlichen Regeln des Erbstatuts führt, entspricht möglicherweise weitgehend den Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts. Ist zum Beispiel das deutsche Recht als Erbstatut und das französische Recht als Gesellschaftsstatut berufen, findet bei persönlich haf199 

So aber Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23, der die Sonderrechtsnachfolge „alleine“ am Anwendungsbereich scheitern lässt; siehe auch NK-BGB-Looschelders, Art.  30 EuErbVO Rn.  10; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98. 200  Vgl. Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98 („[...] könnten an sich als Sondererbfolgen von Art.  30 EuErbVO erfasst sein.“). 201  Ibid.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

tenden Personengesellschaftern französischen Rechts (associé à responsabilité illimitée oder commandité) die Rechtsnachfolge mehrerer Erben nicht im Rahmen der Erbengemeinschaft, sondern gemäß der Sondererbfolge deutschen Rechts statt. Dieses Ergebnis der sekundären Qualifikation ähnelt der Sonderregel des französischen Gesellschaftstatuts, das insoweit ebenfalls eine Sonderzuordnung des Anteils an die einzelnen Miterben kennt und die Regelungen der indivision héréditaire verdrängt. Hinsichtlich der Anteilsnachfolge eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters ist im Beispiel nicht ersichtlich, inwieweit das französische Gesellschaftsstatut über Art.  30 EuErbVO noch von der Sondererbfolge deutschen Rechts abweichen sollte. Geht es allerdings um die Rechtsnachfolge in Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile französischen Rechts, verbliebe im Verhältnis zur Erbengemeinschaft deutschen Rechts Spielraum für Eingriffsnormen des französischen Gesellschaftsstatuts. Denn die sekundäre Qualifikation führt nach hier vertretener Auffassung nur zu den allgemeinen Vorschriften der deutschen Erbengemeinschaft, während das französische Recht die Sondererbfolge hinsichtlich seiner Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile vorsieht.202 Insoweit bleibt es dem französischen Recht überlassen, der Sondererbfolge auch bei Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteilen internationale Geltung zu verschaffen. ee) Ergebnis zur Erbenmehrheit Rechtsfragen, die die Anteilsnachfolge einer Erbenmehrheit betreffen, sind erbrechtlich zu qualifizieren. Dieses Ergebnis der primären Qualifikation ändert sich nicht durch das materielle Recht, das Sonderregeln der Gesellschafternachfolge wie in Form der Sondererbfolge kennt. Haben sich im Erbstatut Sonderregeln der Gesellschafternachfolge entwickelt, kommen als anwendbare Sachnormen innerhalb des Erbstatuts die allgemeinen sowie besonderen Regeln zur Erbenmehrheit infrage. Welche zur Anwendung gelangen, hängt vom Ergebnis der sekundären Qualifikation ab. Ist die Sonderregel ihrem Grunde nach auf den Gesellschaftsanteil ausländischen Rechts übertragbar, findet die Sonderregel Anwendung. In der Konsequenz gilt die Sondererbfolge deutschen und französischen Rechts nur für Anteile an Personengesellschaften ausländischen Rechts, deren Inhaber unbeschränkt haften und organschaftlich die Personengesellschaft leiten. Da die Sondererbfolge ihrem Grunde nach nicht auf Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile ausländischen Rechts übertragbar ist, finden insofern die allgemeinen Regeln des Erbstatuts Anwendung. Bei deutschem Erbstatut gelten mit202 

Zur Sondererbfolge französischen Rechts bereits S. 49  f.

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hin die allgemeinen Regeln zur Erbengemeinschaft (§§  2032–2068 BGB). Aus der Perspektive des Gesellschaftsstatuts können Einwände gegen diese allgemeinen oder besonderen Regeln des Erbstatuts nur unter den Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO Berücksichtigung finden. c) Testamentsvollstreckung Ein weiteres Konfliktfeld, in dem das Gesellschaftsrecht gegenüber dem Erbrecht Mitbestimmung beansprucht, ist die Verwaltungstestamentsvollstreckung des deutschen sowie österreichischen Rechts.203 aa) Vorüberlegungen Sonderregeln zur Verwaltungstestamentsvollstreckung haben sich ausschließlich im Verhältnis zu Personengesellschaften entwickelt. Die Testamentsvollstreckung in Kapitalgesellschaftsanteile erfolgt nach den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften. Innerhalb der personengesellschaftsrechtlichen Sonderregeln ist zwischen zwei Rechtsfragen zu unterscheiden. Zum einen betreffen die Sonderregeln die Frage, ob und inwieweit eine Verwaltungstestamentsvollstreckung in Personengesellschaftsanteile zulässig ist.204 Sowohl im deutschen als auch im österreichischen Recht darf der Verwaltungstestamentsvollstrecker nur an der sog. Außenseite des Anteils eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters tätig werden: Seine Befugnisse beschränken sich auf die vermögensrechtliche Seite der Beteiligung; mitgliedschaftsrechtliche Befugnisse wie die Vertretung der Gesellschaft hat er nicht. Die Verwaltungstestamentsvollstreckung in einen Kommanditanteil ist hingegen ohne Einschränkung möglich.205 Zum anderen entscheidet das deutsche Personengesellschaftsrecht, soweit eine Verwaltungstestamentsvollstreckung gesellschaftsrechtlich zulässig ist, mit darüber, ob der Testamentsvollstrecker wirksam eingesetzt ist. Denn seine Einsetzung muss nicht nur testamentarisch angeordnet (vgl. §  2197 Abs.  1 BGB), sondern auch gesellschaftsvertraglich per sog. Testamentsvollstreckungsklausel

203  Vgl. insofern die Ausführungen unter S. 21  ff. zum deutschen Recht und S. 41  f. zum österreichischen Recht. 204  Ibid. 205  Von einer Minderheitsansicht zum deutschen Recht wird lediglich eine Einschränkung hinsichtlich des Kernbereichs der Mitgliedschaft angenommen: Ulmer, NJW 1990, 73, 80.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

vereinbart sein.206 Eine solche Klausel wird von der herrschenden Meinung207 nicht nur beim Anteil eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters, sondern auch bei einer Kommanditbeteiligung verlangt. Diese beiden Rechtsfragen, die Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung und das Erfordernis einer Testamentsvollstreckungsklausel, sind der Qualifikationsgegenstand der folgenden Untersuchung. bb) Primäre und sekundäre Qualifikation Grundsätzlich sind die Rechte eines Testamentsvollstreckers dem Erbstatut zuzuordnen, wie sich aus Art.  23 Abs.  2 lit.  f EuErbVO („Rechte der [...] Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter“) ergibt. Diese Zuweisung zum Erbstatut ist im Sinne der Nachlasseinheit weit zu verstehen208 und umfasst daher sämtliche Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Stellung eines Nachlassverwalters stellen.209 So sind dem Erbstatut nicht nur die Rechte des Verwalters, sondern auch die Zulässigkeit seiner Tätigkeit zu entnehmen.210 Gesonderte Anknüpfungen, die dem Prinzip der Nachlasseinheit zuwiderliefen, sind nur im Rahmen von Art.  29 EuErbVO möglich, soweit die Bestellung eines Verwalters in der lex fori des nach der Verordnung zuständigen mitgliedstaatlichen Gerichts verpflichtend vorgeschrieben ist. Die Befugnisse des Verwalters sind sodann unter den Voraussetzungen in Art.  29 Abs.  2 und Abs.  3 ­EuErbVO gesondert anzuknüpfen. Auf diese Weise sollen die Rechtsinstitute zwingender Nachlassverwaltung wie der personal representative im englischen Rechtskreis geschützt werden.211 Freilich setzt Art.  29 EuErbVO die Anwendung 206  Zum Anteil eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters: StaudingerBGB16Reimann, §  2205 BGB, Rn.  121; Schäfer/Ulmer, ZHR 1996, 413, 439; Bommert, BB 1984, 178, 182; zum Kommanditanteil: MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  44; Baumbach/Hopt-M. Roth, §  139 HGB Rn.  26; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 Rn.  126; a. A. zum Kommanditanteil jedoch K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 632. 207  MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  44; Baumbach/Hopt-M. Roth, §  139 HGB Rn.  26; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 Rn.  126; a. A. zum Kommanditanteil jedoch K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 632. 208  Geimer/Schütze-Odersky, Art.  23 EuErbVO Rn.  41; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  88. 209  Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  88; vgl. auch Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  64. 210  Vgl. Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  90. 211  Da weder Großbritannien noch Irland an der Verordnung teilnehmen, bleibt Art.  29 EuErbVO vor allem für Zypern relevant: Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  29 EuErbVO Rn.  1; Palandt-Thorn, Art.  29 EuErbVO Rn.  1; ablehnend zur Anwendung auf die Einantwortung österreichischen Rechts: Dutta, FamRZ 2013, 4, 11; zur Anwendung auf die Nachlassverwaltung nach §  1981 BGB: Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  29 EuErbVO Rn.  1; Dutta, FamRZ 2013, 4, 11.

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eines ausländischen Erbstatuts voraus, was angesichts des weitgehenden Gleichlaufs von ius und forum in der Verordnung nur selten vorkommt.212 (1) Zulässigkeit der Verwaltungstestamentsvollstreckung Entgegen dem Prinzip der Nachlasseinheit qualifiziert die herrschende Meinung, soweit es um die Gesellschafternachfolge von Todes wegen geht, die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung gesellschaftsrechtlich.213 Auch die Frage, ob die Mitgesellschafter einer Testamentsvollstreckung in einen Anteil ihrer Gesellschaft zustimmen müssen, beispielsweise nach deutschem Recht in Form einer Testamentsvollstreckungsklausel, müsse gesellschaftsrechtlich angeknüpft werden.214 Nach vereinzelter Ansicht gilt die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung sogar für Kapitalgesellschaftsanteile.215 Als Begründung für die gesellschaftsrechtliche Qualifikation dieser testamentsvollstreckungsrechtlichen Rechtsfragen wird der tradierte Vorrang des Gesellschaftsstatuts angeführt, der sich in Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO ausdrücke.216 In Anbetracht des Prinzips der Nachlasseinheit erstaunt diese weitgehende gesellschaftsrechtliche Anknüpfung. Ihr ist, ähnlich wie bereits bei den Sonderregeln zum Erbgang und zur Erbenmehrheit, nicht zuzustimmen. Bereits die Begründung, das Gesellschaftsstatut habe bei Sonderregeln dem Erbstatut gegenüber Vorrang, kann nicht überzeugen.217 Denn gemäß einer solchen Vorrangregel folgt die Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen einem sachrechtlichen und mitgliedstaatlichen Kriterium, das mit dem Grundsatz kollisions- und unionsrechtlich autonomer Auslegung nicht zu vereinbaren ist. Zudem legen die Regelungen der Verordnung eine erbrechtliche Qualifikation auch der Rechtsfragen nahe, die die testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln der Gesellschafternachfolge betreffen. Ausgangspunkt ist Art.  23 Abs.  2 lit.  f EuErbVO, der die Testamentsvollstreckung umfassend dem Geltungsbereich des Erbstatuts zuweist. Die Sonderregeln bleiben funktional dem erbrechtlichen Institut der Testamentsvollstreckung zugeordnet. Sie betreffen, auch wenn

212 

Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  29 EuErbVO Rn.  15. Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  59; Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  47; Dutta/WeberJ. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98; D. Paulus, notar 2016, 3, 11; Leitzen, ZEV 2012, 520, 523. 214  Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  47. 215  Ibid. 216  Geimer/Schütze-C. Schall/Simon, Art.  1 EuErbVO Rn.  34; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98 sowie Rn.  100. 217  Kritisch und eingehend bereits zum Vorrang des Gesellschaftsstatuts S. 161  ff. 213 

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

ihre Abweichung gesellschaftsrechtlichen Prinzipien geschuldet ist, die in Art.  23 Abs.  2 lit.  f EuErbVO geregelten Rechtsfragen. Auch Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, dessen weiter Wortlaut eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation solcher Sonderregeln als „Fragen des Gesellschaftsrechts“ freilich zuließe, kann eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation testamentsvollstreckungsrechtlicher Rechtsfragen nicht begründen. Schon der Grundsatz der Nachlasseinheit verpflichtet zur restriktiven Auslegung des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, mit deren Hilfe sich ein Normenkonflikt zugunsten des Art.  23 Abs.  2 lit.  f EuErbVO vermeiden lässt. Darüber hinaus bietet der vage Wortlaut der Bereichsausnahme („Fragen des Gesellschaftsrechts“) keine Anhaltspunkte dafür, dass jede die Sonderregeln betreffende Rechtsfrage gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren wäre. Vielmehr unterfällt die Frage, ob und mit welchen Befugnissen eine Testamentsvollstreckung stattfinden kann, dem präzisen Anknüpfungsgegenstand des Art.  23 Abs.  2 lit.  f EuErbVO („Rechte der [...] Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter“). Zu dieser Frage gehören auch die gesellschaftsrechtlich bedingten Besonderheiten in der Gesellschafternachfolge wie die beschränkte Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung und die gesellschaftsvertragliche Zustimmung in Form einer Testamentsvollstreckungsklausel. Allein die Tatsache, dass eine mitgliedstaatliche Rechtsordnung, wie das deutsche Recht, die Testamentsvollstreckung materiellen Sonderregeln unterwirft, kann die kollisionsrechtlich autonome Qualifikation zugunsten des Erbstatuts nicht beeinflussen. Anderenfalls würde die Nachlasseinheit in der Gesellschafternachfolge nur von den materiellen Regeln der Mitgliedsstaaten abhängen und wäre beliebig zugunsten des Gesellschaftsstatuts einschränkbar. Daher bleibt es auch in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen bei der erbrechtlichen Qualifikation von Fragen, die die Testamentsvollstreckung betreffen. Welche Sachnormen des Erbstatuts nun zur Anwendung berufen sind, ist Teil des nächsten Qualifikationsschrittes, der sekundären Qualifikation. Haben sich wie im deutschen und österreichischen Recht Sonderregeln zur Testamentsvollstreckung entwickelt, kommen zwei Sachnormen des Erbstatuts als anwendbare Regelungen in Betracht: die allgemeinen, also auf jeden anderen Nachlassgegenstand auch anwendbaren Regeln zur Testamentsvollstreckung sowie die diesbezüglichen Ausnahmen in der Gesellschafternachfolge. Sind die internen Sonderregeln des Erbstatuts auf die ausländische Gesellschaftsform übertragbar, finden sie auch im grenzüberschreitenden Sachverhalt Anwendung. Kann man die Sonderregel nicht übertragen, gelangen die allgemeinen Vorschriften des Erbstatuts zur Anwendung. Wie bereits zu den Sonderregeln im Erbgang und zur Erbenmehrheit ausgeführt ist eine Sonderregel auf Gesellschaften ausländischen Rechts übertragbar, sofern der Grund für diese Sonderregel im internen Recht auch auf die Gesell-

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schaftsform ausländischen Rechts zutrifft. Im deutschen Recht haben sich die testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln ausschließlich im Verhältnis zu Personengesellschaften entwickelt, um ihre organisations- und haftungsrechtliche Verfassung gegenüber dem testamentsvollstreckungsrechtlichen Regelungsregime zu bewahren. So kollidieren die fremdverwaltenden Elemente einer Testamentsvollstreckung mit den organschaftlichen Leitungsbefugnissen eines Personengesellschafters und die begrenzte Verpflichtungsmacht des Testamentsvollstreckers mit der unbeschränkten Haftung der Gesellschafternachfolger.218 Diese Konflikte treten freilich nur bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern auf. Da Kommanditisten in allen untersuchten Rechtsordnungen von organschaftlichen Leitungsaufgaben in der Gesellschaft ausgeschlossen sind und allenfalls bis zur Höhe ihrer vereinbarten Einlage haften219, wirft das gesetzliche Leitbild eines Kommanditanteils keine Friktionen zum testamentsvollstreckungsrechtlichen Regelungsregime auf. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Sonderregeln zur Verwaltungstestamentsvollstreckung auf einen Kommanditanteil Anwendung finden sollten.220 Konsequenterweise ist im deutschen und österreichischen Sachrecht die Verwaltungstestamentsvollstreckung in einen Kommanditanteil frei zulässig, während der Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters Beschränkungen unterliegt. Nur diese Sonderregel unterscheidet nach dem rechtlichen Grund des gesamten Sondererbrechts der Gesellschafternachfolge: dem intuitus personae und seinen rechtlichen Friktionen zum allgemeinen Erbrecht. Auch im interna­ tio­nalen Erbfall, in dem das erbrechtliche Institut der Verwaltungstestamentsvollstreckung auf eine Gesellschaft ausländischen Rechts treffen kann, ist die Sonderregel entsprechend differenziert anzuwenden und gelangt daher nur bei Anteilen unbeschränkt haftender Personengesellschafter zur Anwendung (sekundäre Qualifikation). Ordnet zum Beispiel ein Gesellschafter-Erblasser, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, die Verwaltungstestamentsvollstreckung in seinen partnership-Anteil oder SNC-Anteil französischen Rechts an, kann der Testamentsvollstrecker nur vermögensrechtliche, aber keine mitgliedschaftlichen Befugnisse ausüben.

218 

Zu diesen Friktionen nach deutscher Rechtslage bereits S. 24  ff. Vgl. die Vorschriften zur beschränkten Kommanditistenhaftung (KG deutschen Rechts: §  171 Abs.  1 HGB; KG österreichischen Rechts: §  171 Abs.  1 UGB; SCS: art.  222-1 al.  2 Ccom; limited partnership: s. 4 (2) LPA 1907) sowie zum Ausschluss von Geschäftsführung und Vertretung (KG deutschen Rechts: §§  164, 170 HGB; KG österreichischen Rechts: §§  164, 170 UGB; SCS: art.  222-6 al.  1 Ccom; limited partnership: s. 6 (1) LPA 1907). 220  Kritisch bereits K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 635; ähnlich Ulmer, NJW 1990, 73, 75. 219 

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(2) Testamentsvollstreckungsklauseln Bei der Frage, ob die Gesellschafter einer Testamentsvollstreckung in Form einer Testamentsvollstreckungsklausel zustimmen müssen, unterscheidet die herrschende Meinung zum deutschen Sachrecht hingegen nicht zwischen Kommanditisten und unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern.221 Die Testamentsvollstreckung bedürfe in beiden Fällen der gesellschaftsvertraglichen Zustimmung, da die Personengesellschafter in ihrem personalistisch geprägten Verband auch über die anteilverwaltenden Personen wie einen Testamentsvollstrecker zu bestimmen hätten.222 Ein rechtlich schützenswertes Interesse, über die Person des Testamentsvollstreckers zu entscheiden, ist jedoch hinsichtlich eines Kommanditanteils nicht festzustellen. Denn gerade der Kommanditist prägt den Gesellschafterkreis nicht in Form seiner Person, sondern ist mit seiner Einlagepflicht austauschbar. Dass die Kommanditgesellschaft auf das persönliche Zusammenwirken der Gesellschafter angewiesen ist, trifft mithin nicht auf die Person des Kommanditisten zu.223 Der intuitus personae des Kommanditisten ist insofern ein bloßes „Klischee“224, das Sonderregeln wie die Voraussetzung einer Testamentsvollstreckungsklausel nicht rechtfertigt. Ob der Gesellschafter-Erblasser, sein Nachfolger oder der Testamentsvollstrecker die Rechte des Kommanditisten ausüben, hat für die Leitung der Personengesellschaft keine Bedeutung. Diese Austauschbarkeit zeigt, dass sich die Stellung eines Kommanditisten und eines Kapitalgesellschafters ähnlich sind. Warum die Mitgesellschafter der Testamentsvollstreckung in einen Kommanditanteil zustimmen müssen, für ­einen GmbH­-Anteil jedoch kein Zustimmungsvorbehalt gilt225, erschließt sich nicht. Es gibt keinen rechtlichen Anhaltspunkt dafür, den Kommanditanteil in der Testamentsvollstreckung anders zu behandeln als den Anteil an einer Kapi­ tal­gesell­schaft.226 Das gilt auch für den internationalen Erbfall, in dem die Testamentsvollstreckung deutschen Rechts auf einen Kommanditanteil einer ausländischen Rechts221  Zum Anteil eines unbeschränkt haftenden Personengesellschafters: StaudingerBGB16Reimann, §  2205 BGB, Rn.  121; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  34; Schäfer/Ulmer, ZHR 1996, 413, 439; Bommert, BB 1984, 178, 182; zum Kommanditanteil: Staudinger-BGB16Reimann, §  2205 Rn.  126; MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  44; Baumbach/Hopt-M. Roth, §  139 HGB Rn.  26; a. A. zum Kommanditanteil K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 632. 222  Vgl. MüKo-BGB-Zimmermann, §  2205 BGB Rn.  34. 223  K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 635. 224  Ibid. 225  BGH, 13.5.2014, ZEV 2014, 662, 664; Staudinger-BGB-Reimann, §  2205 BGB Rn.  201; Baumbach/Hueck-Fastrich, §  15 GmbHG Rn.  17; Scholz-Winter/Seibt, §  15 GmbHG Rn.  250. 226  K. Schmidt, in: FS Reimer (2010), 629, 632.

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ordnung trifft. Da in den untersuchten Rechtsordnungen kein personalistischer Einschlag in den Kommanditbeteiligungen zu erkennen ist227, taugt der intuitus personae auch bei Kommanditanteilen ausländischen Rechts nicht dazu, eine Sonderregel wie die Testamentsvollstreckungsklausel zu übertragen. Diese Erwägung bestimmt die funktionale sekundäre Qualifikation, die danach fragt, welche Sachregelungen im internationalen Sachverhalt Anwendung finden sollen. Da weder der intuitus personae noch ein anderer rechtlicher Grund eine Zustimmung der Mitgesellschafter zur Testamentsvollstreckung in einen Kommanditanteil rechtfertigen, kommen nicht die Sonderregeln wie die Testamentsvollstreckungsklausel, sondern die allgemeinen Regelungen des Erbstatuts zum Tragen. Demgemäß bleibt es allein dem Kommanditisten-Erblasser überlassen, über die Verwaltungstestamentsvollstreckung in seinen Anteil zu entscheiden. Das Erfordernis der Testamentsvollstreckungsklausel ist freilich auf Anteile unbeschränkt haftender Personengesellschafter zu übertragen, deren Gesellschaft ausländischem Recht unterliegt. Die Verwaltungstestamentsvollstreckung beschränkt sich auf die vermögensrechtliche Seite der Beteiligung: Der Dauertestamentsvollstrecker nimmt Verwaltungsrechte wahr und übt Stimmrechte aus.228 In dieser Funktion übernimmt der Dauertestamentsvollstrecker Aufgaben, die nur einem unbeschränkt haftenden Personengesellschafter zustünden. Über die personalistische Prägung dieser Befugnisse erklärt sich das Zustimmungserfordernis zur Verwaltungstestamentsvollstreckung: Jede Person, die Rechte aus dem Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters wahrnimmt, muss von der Zustimmung und dem Vertrauen der Mitgesellschafter gedeckt sein.229 Dieses Prinzip des internen Rechts gilt auch im Verhältnis zu Personengesellschaften ausländischen Rechts. Daher ist im Rahmen einer funktionalen sekundären Qualifikation die Sonderregel der Testamentsvollstreckungsklausel auf ausländische Anteile unbeschränkt haftender Personengesellschafter zu übertragen. Im internationalen Erbfall haben die Mitgesellschafter mithin der Dauertestamentsvollstreckung deutschen Rechts zuzustimmen, soweit diese den Anteil eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters betrifft. (3) Ergebnis zur Qualifikation der Testamentsvollstreckung Als Qualifikationsergebnis ist daher Folgendes festzuhalten: Die primäre Qualifikation testamentsvollstreckungsrechtlicher Fragen führt zur Anwendung des Erbstatuts. Welche Sachnormen des Erbstatuts die jeweilige Rechtsfrage regeln, ergibt sich aus der sekundären Qualifikation. Die testamentsvollstreckungsrecht227 

Vgl. die in Fn.  219 genannten Vorschriften. Erman-M. Schmidt, §  2205 BGB Rn.  29. 229  Vgl. Bommert, BB 1984, 178, 182. 228 

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lichen Sonderregeln, wie Zulässigkeit und Testamentsvollstreckungsklausel, kommen nur bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern zur Anwendung. Für Kommanditanteile hingegen gelten die allgemeinen testamentsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften des Erbstatuts. cc) Keine primärrechtliche Korrektur Dieses Qualifikationsergebnis ist primärrechtlich nicht zu korrigieren. Erstens gelangt mit dem Erbstatut die Rechtsordnung zur Anwendung, zu der die Erben und Erblasser als schutzberechtigte Personen ihre engste Verbindung haben. In den kollisionsrechtlichen Schutzbereich der Kapital- und Testierfreiheit greift die erbrechtliche Qualifikation der Testamentsvollstreckung daher nicht ein. Zweitens schränken die testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln, wie im Folgenden zu zeigen ist, zwar die Testierfreiheit des Gesellschafter-Erblassers, aber nicht die Kapitalverkehrsfreiheit der Erben ein. Der Eingriff in die Testierfreiheit ist freilich durch das Strukturprinzip des intuitus personae gerechtfertigt, so dass auch die sekundäre Qualifikation, als deren Ergebnis die Sonderregeln bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern zur Anwendung gelangen, keiner primärrechtlichen Korrektur bedarf. Die testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln der Gesellschafternachfolge verletzen die Erben nicht in ihrer Kapitalverkehrsfreiheit (Art.  63 AEUV). Der Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit greift nur, soweit der Erwerb von Todes wegen zum Nachteil der Erben von den allgemeinen Erwerbsvoraussetzungen des Erbstatuts abweicht.230 Die Anordnung einer Verwaltungstestamentsvollstreckung berührt aber nicht den Erbschaftserwerb231, sondern nur die Nutzungsmöglichkeiten des Nachlassvermögens, die den Erbschaftserwerb bereits voraussetzen. Daher können die mit der Anordnung einer Verwaltungstestamentsvollstreckung verbundenen Fragen – Zulässigkeit und Testamentsvollstreckungsklausel – die Kapitalverkehrsfreiheit nicht einschränken. Sie betreffen nicht den Erwerb von Todes wegen. Die Anwendung von Sonderregeln der Verwaltungstestamentsvollstreckung schränken freilich die Testierfreiheit des Erblassers ein.232 Gemäß Art.  17 Abs.  1 S.  1 GrCH soll der Erblasser letztwillig frei über seine Eigentumspositionen verfügen können. Das schließt nach den erbrechtlichen Grundsätzen des deutschen 230 

Siehe insofern die Ausführungen zu den gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklauseln, S. 187  ff. 231  Vgl. NK-BGB-Kroiß, Vorbem §§  2197–2228 BGB Rn.  2; Burandt/Rojahn-Heckschen, Vorbem 2197–2228 BGB Rn.  2. 232  Vgl. insofern nur, aber ohne Bezug zu Art.  17 GrCH Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  86.

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Erbstatuts ein, frei über fremdverwaltende Elemente im Nachlass wie die Verwaltungstestamentsvollstreckung zu entscheiden (vgl. §  2197 Abs.  1 BGB). Die zusätzlichen Voraussetzungen der Sonderregeln schränken diese Freiheit ein, indem sie die Entscheidung für eine Verwaltungstestamentsvollstreckung von der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit und Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig machen. Zwar ist richtig, dass die Sonderregeln auch im inländischen Sachverhalt Anwendung finden und insofern keine Diskriminierung im grenzüberschreitenden Sachverhalt droht. Im Unterschied zu den EU­-Grundfreiheiten jedoch, deren Schutzbereich die Keck-Formel bei nicht diskriminierenden Maßnahmen einschränkt, kennen die EU‑Grundrechte eine solche Einschränkung nicht. Denn ihr Zweck besteht nicht darin, einen diskriminierungsfreien Zugang zum Binnenmarkt zu schaffen, sondern einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten.233 Letzterer kann auch bei nicht diskriminierenden Maßnahmen wie im Fall der testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln eingeschränkt sein. Der Eingriff in die Testierfreiheit des Erblassers lässt sich freilich mit dem Strukturprinzip des intuitus personae rechtfertigen, da die Sonderregeln wie gezeigt nur bei Anteilen unbeschränkt haftender Personengesellschafter Anwendung finden, die als Träger des intuitus personae die Personengesellschaft personalistisch prägen. Würde man die Verwaltungstestamentsvollstreckung frei nach den erbrechtlichen Grundsätzen des Erbstatuts zulassen, entstünden Friktionen zwischen den fremdverwaltenden Elementen der Testamentsvollstreckung und dem Grundsatz der Selbstorganschaft einerseits sowie zwischen der begrenzten Verpflichtungsmöglichkeit des Testamentsvollstreckers (vgl. §  2206 Abs.  1 S.  1 BGB) und der unbeschränkten Gesellschafterhaftung andererseits. Die interna­ tio­nalen personengesellschaftsrechtlichen Prinzipien der Selbstorganschaft und der unbeschränkten Gesellschafterhaftung verlangen daher nach einer gesellschaftsrechtlichen Korrektur, die im internationalen Sachverhalt über die sekundäre Qualifikation der testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln umgesetzt wird. Die sekundäre Qualifikation zugunsten der Sonderregeln des Erbstatuts fördert insofern den Schutz des intuitus personae. Sie ist auch im engeren Sinne verhältnismäßig, da der Eingriff in die Testierfreiheit angemessen kompensiert wird, indem der Erblasser mit seiner weiterhin erbrechtlich anzuknüpfenden testamentarischen Anordnung einen Teil seiner Testierfreiheit behält. Sofern es sich um Anteile unbeschränkt haftender Personengesellschafter handelt, ist die Anwendung testamentsvollstreckungsrechtlicher Sonderregeln mit-

233  Kraus, in: Dörr/Grote/Marauhn, Rn.  142; vgl. auch Meyer-Bernsdorff, Vorbem. zu Artt.  6–19 GrCH Rn.  1.

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hin durch den intuitus personae gerechtfertigt. Das Qualifikationsergebnis ist primärrechtlich nicht zu korrigieren. dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) Einwände des Gesellschaftsstatuts sind freilich zu berücksichtigen, sofern sie die Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO erfüllen.234 Die Anwendung des Art.  30 EuErbVO und der mit ihm verbundenen Eingriffsnormen scheitert in Anbetracht der erbrechtlichen Qualifikation testamentsvollstreckungsrechtlicher Fragen nicht daran, dass der Anwendungsbereich der Verordnung nicht eröffnet wäre.235 Zunächst müssen sich Eingriffsnormen im Sinne des Art.  30 EuErbVO auf einen spezifischen Vermögensgegenstand, hier den Gesellschaftsanteil, beziehen. Insofern kommen nur sondererbrechtliche Regelungen des Gesellschaftsstatuts als Eingriffsnormen in Betracht.236 Sondererbrecht zu testamentsvollstreckungsrechtlichen Fragen haben sich in Rechtsordnungen entwickelt, die im internen Recht das Institut einer dauerhaften Testamentsvollstreckung kennen. Dazu zählen wie bereits herausgearbeitet die Sonderregeln im deutschen und österreichischen Erbrecht, die die Zulässigkeit einer dauerhaften Testamentsvollstreckung einschränken und sie darüber hinaus der Zustimmung der Mitgesellschafter unterwerfen. Nach Art.  30 EuErbVO müssen sie „wirtschaftlichen, familiären oder sozialen Erwägungen“ folgen. Der intuitus personae als personengesellschaftsrechtliches Strukturmerkmal genügt insofern als ordnungspolitisches Anliegen. Da sich die testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln zum Schutz des intuitus personae entwickelt haben, erfüllen sie auch die ordnungspolitsche Vorgabe des Art.  30 EuErbVO. Schließlich verlangt Art.  30 EuErbVO, dass der jeweilige Gesetzgeber diesen Regelungen auch dann zur Geltung verhelfen will, sofern die Rechtsnachfolge von Todes wegen einer anderen Rechtsordnung unterstellt ist. Ihnen muss daher ein internationaler Geltungsanspruch zukommen, der als Voraussetzung bereits aus anderen kollisionsrechtlichen EU-Verordnungen bekannt237 und mittels

234  Insofern grundsätzlich Art.  30 EuErbVO in Betracht ziehend, aber am Anwendungsbereich der Verordnung (Art.  1 Abs.  2 lit.  h) scheitern lassend Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98. 235  So aber Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98. 236  Vgl. Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98 („[...] könnten an sich als Sondererbfolgen von Art.  30 EuErbVO erfasst sein“. 237  Vgl. Art.  9 Abs.  1 Rom  I-VO („zwingende Vorschrift, deren Einhaltung [...] so entscheidend [...] angesehen wird, dass sie ungeachtet des [...] anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist“) sowie Art.  16 Rom  II-VO („Vorschriften, die ohne Rücksicht auf das [...] maßgebende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.“).

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Auslegung der Sonderregeln zu ermitteln ist.238 Die genannten Belange müssen so schützenswert sein, dass sie auch gegenüber einer fremden Erbrechtsordnung durchzusetzen sind.239 Im Fall der testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln ist diese Voraussetzung erfüllt: Sie schirmen das persönliche Zusammenwirken unbeschränkt haftender Personengesellschafter vor dem Fremdeinfluss des Testamentsvollstreckers ab und gewährleisten auf diese Weise das wirtschaftliche Funktionieren einer Personengesellschaft. Denn der insofern erzielte Gleichlauf von Herrschaft und Haftung stellt sicher, dass die unbeschränkt haftenden Gesellschafter im eigenen Haftungsinteresse um die wirtschaftlich sinnvollste Entscheidung ringen.240 Ohne diesen haftungsrechtlichen Anreiz wäre die Personengesellschaft anfälliger für Fehlentscheidungen und eines ihrer wirtschaftlichen Kernmechanismen beraubt. Die testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln bewahren diesen Anreiz, indem sie nur die unbeschränkt haftenden Personengesellschafter an der Unternehmensleitung, nicht aber den Testamentsvollstrecker teilhaben lassen. So tragen sie ihren Teil dazu bei, dass die rechtliche und wirtschaftliche Funktionsweise einer Personengesellschaft in der Form des intuitus personae gewährleistet bleibt. Dieser Schutzzweck beansprucht für sich in seiner strukturellen und wirtschaftlichen Bedeutung interna­ tio­nale Geltung.241 Konstellationen jedoch, in denen diese Sonderregeln als Eingriffsnormen des Art.  30 EuErbVO zur Anwendung gelangen, kommen nach hier vertretener Auffassung selten vor. Kennt das Erbstatut keine Dauertestamentsvollstreckung, führen die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts ins Leere: Ihnen fehlt das Rechtsinstitut der Dauertestamentsvollstreckung als Bezugspunkt. Für Eingriffsnormen des Art.  30 EuErbVO ist dann kein Raum zur Anwendung. Solche Fälle kommen bei französischem und englischem Erbstatut vor, die keine Dauertestamentsvollstreckung kennen.242 Selbst wenn das Erbstatut eine Dauertestamentsvollstreckung vorsieht – wie zum Beispiel im deutschen Recht – und im Gesellschaftsstatut diesbezügliche Sonderregeln existieren – wie zum Beispiel im österreichischen Recht – kommen die Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts nicht zwangsläufig zur Anwendung. Denn das Ergebnis der sekundären Qualifikation, das gerade in der Anwendung der sondererbrechtlichen Regeln des Erbstatuts bestehen kann, ent238  MüKo-BGB-Dutta, Art.  30 EuErbVO Rn.  6; NK-BGB-Looschelders, Art.  30 EuErbVO Rn.  13; Deixler‑Hübner/Schauer-Schwartze, Art.  30 EuErbVO Rn.  14. 239  NK-BGB-Looschelders, Art.  30 EuErbVO Rn.  14. 240  Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  413 f. 241  Vgl. Kroiß/Horn/Solomon-Köhler, Art.  23 EuErbVO Rn.  23; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  1 EuErbVO Rn.  98. 242  Dazu bereits in der rechtsvergleichenden Untersuchung S. 45  f. sowie S. 50  f.

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spricht möglicherweise den Sonderregeln des Gesellschaftsstatuts. Ist zum Beispiel das deutsche Recht als Erbstatut und das österreichische Recht als Gesellschaftsstatut berufen, findet eine Testamentsvollstreckung in den Anteil eines persönlich haftenden Personengesellschafters österreichischen Rechts nur statt, soweit sich die Testamentsvollstreckung auf die sog. Außenseite der Beteiligung beschränkt und die Mitgesellschafter der Testamentsvollstreckung zustimmen. Denn die Sonderregeln des Erbstatuts werden nach hier vertretener Auffassung weitgehend auf den Gesellschaftsanteil ausländischen Rechts übertragen. Dieses Ergebnis der sekundären Qualifikation entspricht der Sonderregel des österreichischen Gesellschaftsstatuts, das insoweit ebenfalls die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung einschränkt.243 Geht es hingegen um die Rechtsnachfolge in Kommanditanteile, verbliebe Spielraum für Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts. Denn bei Kommanditanteilen finden nach hier vertretener Auffassung die allgemeinen testamentsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften des Erbstatuts Anwendung, obwohl das deutsche Gesellschaftsstatut zum Beispiel testamentsvollstreckungsrechtliche Sonderregeln für Kommanditanteile bereithält.244 Insoweit bleibt es dem jeweiligen Gesellschaftsstatut überlassen, den testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln auch bei Kommanditanteilen im Rahmen des Art.  30 EuErbVO internationale Geltung zu verschaffen. ee) Ordre public (Art.  35 EuErbVO) In Ausnahmefällen ist das Ergebnis der Rechtsanwendung über den ordre public (Art.  35 EuErbVO) zu korrigieren, soweit die Dauertestamentsvollstreckung des Erbstatuts gegen die öffentliche Ordnung des jeweiligen Forumsstaates in offensichtlicher und nicht hinnehmbarer Weise verstößt.245 In diesen Fällen ist dem von der Verordnung berufenen ausländischen Sachrecht die Anwendung zu versagen.246 Konstellationen sind aber selten, in denen ein Gericht über fremdes mitgliedstaatliches Recht entscheiden muss. Der weitgehende Gleichlauf von ius und forum führt dazu, dass der ordre public unter der EuErbVO nur eine untergeordnete Rolle spielt.247 243 

Zur Testamentsvollstreckung nach österreichischem Recht bereits S. 41  f. Zu den testamentsvollstreckungsrechtlichen Sonderregeln im Zusammenhang mit Kommanditanteilen bereits die Vorüberlegungen S. 209  ff. 245  Geimer/Schütze-Odersky, Art.  35 EuErbVO Rn.  9; Dutta/Weber-Bauer, Art.  35 EuErbVO Rn. Rn.  5 f. 246  Geimer/Schütze-Odersky, Art.  35 EuErbVO Rn.  17; Dutta/Weber-Bauer, Art.  35 EuErbVO Rn.  1. 247  Solche Konstellationen treten nur auf, sofern der Gesellschafter-Erblasser eine „offensichtlich engere Verbindung“ zu einem anderen als dem Staat hatte, dessen Rechtsordnung 244 

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Verstöße gegen die öffentliche Ordnung sind auch im Rahmen der Gesellschafternachfolge denkbar. Wie das Beispiel der Dauertestamentsvollstreckung zeigt, sind sie aber kein spezifisches Problem der Gesellschafternachfolge, sondern treten auch bei jedem anderen Nachlassgegenstand auf, dessen Testamentsvollstreckung der Erblasser anordnet. So wirft die Verwaltungstestamentsvollstreckung deutschen Rechts mit ihrer maximalen Vollstreckungsdauer von 30 Jahren (§  2210 S.  1 BGB) Friktionen zu anderen EU‑Rechtsordnungen auf. Das französische Recht zum Beispiel sieht in art.  1031 franz. CC eine maximale Vollstreckungsdauer von lediglich zwei Jahren vor, in deren Kürze sich die aufklärerische Skepsis gegenüber der mit einer Testamentsvollstreckung verbundenen Vermögensbindung ausdrückt.248 Auch dass im französischen Recht die Rechtsinstitute der Nacherbschaft und des Erbvertrags fehlen, verdeutlicht diesen aufklärerischen Hintergrund des Code civil. Die rechtliche Breite und der bis zur Französischen Revolution zurückgehende Grundgedanke von individueller Verfügungsfreiheit der Erben spricht dafür, eine weit über die zeitlichen Grenzen des Code civil hinausgehende Vermögensbindung aus der Sicht des französischen Rechts für ordre public-widrig zu halten.249 ff) Ergebnis zur Testamentsvollstreckung Testamentsvollstreckungsrechtliche Fragen sind erbrechtlich zu qualifizieren. Dieses Ergebnis der primären Qualifikation ändert sich nicht durch das materielle Recht, das zum Teil testamentsvollstreckungsrechtliche Sonderregeln zur Gesellschafternachfolge entwickelt hat. Haben sich im Erbstatut Sonderregeln herausgebildet, kommen als anwendbare Sachnormen innerhalb des Erbstatuts die allgemeinen sowie besonderen Regeln zur Testamentsvollstreckung infrage. Welche Regel zur Anwendung gelangt, hängt vom Ergebnis der sekundären Qualifikation ab. Ist die Sonderregel ihrem Grunde nach auf den Gesellschaftsanteil ausländischen Rechts übertragnach Art.  21 Abs.  1 EuErbVO berufen ist (Art.  21 Abs.  2 EuErbVO), oder er sein Staatsangehörigkeitsrecht wählte (Art.  22 EuErbVO), ohne dass Art.  7 EuErbVO die internationale Zuständigkeit anpasst; vgl. auch Geimer/Schütze-Odersky, Art.  35 EuErbVO Rn.  7 („praktische Bedeutung [des ordre public, Anm. d. Verf.] zwischen den Mitgliedsstaaten äußerst gering“) und Deixler-Hübner/Schauer-Schwartze, Art.  35 EuErbVO Rn.  16 („Bedeutung des Art.  35 eher gering“). 248  Leveneur/Mazeaud-Leveneur/Mazeaud, Successions (1999), S.  349 (para. 1029); vgl. auch Reimann, ZEV 2015, 510, 512, der insoweit Art.  28 S.  2 der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 24. Juni 1793 zitiert („Une génération ne peut assujettir à ses lois les générations futures.“), sowie Ferid, Französisches Familien- und Erbrecht (1987), S.  563 (Rn.  5 C 128) und S.  571 (Rn.  5 C 156). 249  Reimann, ZEV 2015, 510, 512.

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bar, findet die Sonderregel Anwendung. So gelten die Sonderregeln des deutschen Rechts, die die Zulässigkeit einer Verwaltungstestamentsvollstreckung begrenzen und nach einer Zustimmung der Mitgesellschafter verlangen, für Anteile an Personengesellschaften ausländischen Rechts, deren Inhaber unbeschränkt haften und ihre Gesellschaft organschaftlich leiten. Ist die Sonderregel ihrem Grunde nach nicht auf den ausländischen Gesellschaftsanteil des Erblassers übertragbar, sind hingegen die allgemeinen Regeln des Erbstatuts anzuwenden. Bei deutschem Erbstatut finden insoweit die allgemeinen Regeln zur Testamentsvollstreckung (§§  2197–2228 BGB) auf Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteile ausländischen Rechts Anwendung. Aus der Perspektive des Gesellschaftsstatuts können Einwände gegen diese allgemeinen oder besonderen Regeln des Erbstatuts nur unter den Voraussetzungen des Art.  30 EuErbVO berücksichtigt werden. Aus der Sicht des Forumsstaates bleiben Korrekturen im Rahmen von Art.  35 EuErbVO möglich. d) Ausgleichsansprüche Auch Ausgleichsansprüche werfen Konflikte zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht auf. In den bisher untersuchten Rechtsfragen spielten sich die Konflikte zwischen den allgemeinen erbrechtlichen Regeln und den Besonderheiten der personengesellschaftsrechtlichen Haftungs- und Organisationsverfassung ab. Hier aber geht es um einen anders gelagerten Konflikt zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht, namentlich das Spannungsverhältnis zwischen verbandsvertraglicher Autonomie und zwingenden Ausgleichsansprüchen. So schmälern im deutschen Recht gesellschaftsvertragliche Bewertungs- und Abfindungsklauseln, die den Anteil oder Abfindungsanspruch als Berechnungsgrundlage des Pflichtteilsanspruchs (vgl. §  2311 BGB) hinter dem Verkehrswert zurückstehen lassen, den jeweiligen Ausgleichsanspruch.250 aa) Vorüberlegungen Um sich der Anknüpfung von Ausgleichsansprüchen in der Gesellschafternachfolge zu nähern, ist der Zusammenhang zwischen gesellschafts- und erbrechtlichen Anspruchsregimen im deutschen Recht aufzuzeigen. Welche Ausgleichsansprüche im Einzelnen entstehen, hängt vom Schicksal der Gesellschaft und des Anteils ab.

250 

Vgl. auch Bonomi/Wautelet-Wautelet, Art.  1 EuErbVO Rn.  71.

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(1) Ausgleichsansprüche bei Personengesellschaften Löst sich eine Personengesellschaft deutschen Rechts auf, rücken Ansprüche aus der Auseinandersetzung wirtschaftlich an die Stelle des Anteils (vgl. §§  733 Abs.  2 S.  1, 734 BGB). Die Erben werden im gesamthänderischen Verbund ihrer Erbengemeinschaft zunächst Gesellschafter der sich in Liquidation befindlichen Personengesellschaft (§  1922 BGB) und sind nach umfassender Schlussabrechnung anspruchsberechtigt hinsichtlich des verbliebenen Überschusses (§  734 BGB). Personen, die von der Erbfolge testamentarisch ausgeschlossen sind, erhalten nach Maßgabe des §  2303 BGB einen Pflichtteilsanspruch, der sich auf der Grundlage des Wertes des in den Nachlass fallenden Liquidationsanteils berechnet (vgl. §  2311 Abs.  1 S.  1 BGB).251 Der Wert des Liquidationsanteils bestimmt sich dabei nach dem Liquidationserlös.252 Die Vorschriften zur Auseinandersetzung sind zwar dispositiv253, so dass die Ermittlungsmethode und Höhe des Liquidationserlöses gesellschaftsvertraglich geregelt werden können und mittelbar auch die Höhe der Pflichtteilsansprüche betreffen. Freilich ergibt eine solche pflichtteilsdämpfende Gestaltungsmöglichkeit aus Sicht der überlebenden Gesellschafter keinen Sinn, da auch ihr Liquidationserlös durch eine niedrigere Bewertung betroffen wäre. Löst sich eine Personengesellschaft infolge des Todes eines ihrer Gesellschafter auf, entsteht daher kein korrekturbedürftiger Zusammenhang zwischen der Wertbestimmung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche und ihren Auswirkungen auf das Pflichtteilsrecht. Wird eine Personengesellschaft mit sämtlichen (einfache Nachfolgeklausel) oder nur bestimmten Erben (qualifizierte Nachfolgeklausel) fortgesetzt, fällt der Gesellschaftsanteil in den Nachlass und ist gemäß §  2311 Abs.  1 S.  1 BGB Berechnungsgrundlage des Pflichtteils. Zwar herrscht über die Bewertungsmethode, nach der sich der Wert des Anteils ermittelt, keine Einigkeit, was zu erheblicher Rechtsunsicherheit in der Frage der Pflichtteilshöhe führt.254 Sicher aber ist, dass weder der Erblasser noch die Gesellschafter in ihrer verbandsvertraglichen Autonomie von diesen Wertbestimmungen abweichen können.255 So ist ausgeschlossen, dass gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen den Anteilswert 251  MüKo-BGB-K. W. Lange, §  2311 BGB Rn.  48; Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  136. 252  Ibid. 253  MüKo-BGB-Schäfer, §  734 BGB Rn.  12. 254  MüKo-BGB-K. W. Lange, §  2311 BGB Rn.  49; Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  138; K. Schmidt, in: Röthel, Reform Pflichtteilsrecht (2007), 37, 43; Iversen, NJW 2010, 183, 183. 255  Koch, Abfindungsbeschränkung und Pflichtteilslast (2014), S.  40 f.; vgl. zur zwingenden objektiven Wertberechnung eines Anteils im Rahmen eines Zugewinnausgleichs: BGH, 10.10.1979, NJW 1980, 229 f.; NJW 1977, 949, 949.

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niedriger ansetzen, als es seinem Verkehrswert entspricht, und sich pflichtteilsdämpfend auswirken. Wird die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt, entstehen mithin wie im Fall der Auflösung grundsätzlich keine Spannungen zwischen gesellschaftsrechtlicher Wertbestimmung und Pflichtteilsberechnung. Bei einer qualifizierten Gesellschafternachfolge sind aber nicht nur die Pflichtteilsberechtigten, sondern auch die von der Gesellschafternachfolge nicht berücksichtigten Miterben bezüglich des vererbten Anteils abzufinden.256 Der Erbengemeinschaft kommt ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch gegen den Gesellschafternachfolger zugute, soweit der Wert des vererbten Gesellschaftsanteils über den Wert hinausgeht, der dem Gesellschafternachfolger nach seiner Erbquote zusteht.257 Die Differenz ist per Zahlung an die Erbengemeinschaft auszugleichen, wobei die Anspruchsgrundlage freilich umstritten ist.258 Die Höhe des Ausgleichsanspruchs jedenfalls bleibt von gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln unberührt und richtet sich nach dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils.259 Wiederum ist kein Konflikt zwischen verbandsvertraglicher Autonomie und Ausgleichsansprüchen festzustellen. Wird hingegen eine Personengesellschaft nur mit den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt, wächst der Anteil des Gesellschafter-Erblassers den überlebenden Gesellschaftern an (§  738 Abs.  1 S.  1 BGB), und den Erben fällt ein Abfindungsanspruch zu (vgl. §  738 Abs.  1 S.  2 BGB), der dem Nachlassvermögen zuzurechnen ist. Im Unterschied zur Auflösung und zur Fortsetzung mit einem oder mehreren Erben fällt also nicht der Anteil, sondern nur ein Abfindungsanspruch in den Nachlass und bestimmt die Berechnungsgrundlage des Pflichtteils (§  2311 Abs.  1 S.  1 BGB). Im Gegensatz zur Wertberechnung des Anteils kann die Höhe eines Abfindungsanspruchs durch gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln geregelt werden260, die sich über §  2311 Abs.  1 S.  1 BGB mittelbar auf die Höhe des Pflichtteils auswirken. Sogar einen vollständigen Abfindungsausschluss können die Gesellschafter vereinbaren261, der im wirtschaftlichen Ergebnis dazu führt, dass der Anteilswert gänzlich am Nachlass vorbeigesteuert 256  Staudinger-BGB-Habermeier, §  727 BGB Rn.  20; Soergel-Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  31; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1345 f. 257  BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 194; MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  45; Soergel13Hadding/Kießling, §  727 BGB Rn.  31. 258  Dazu bereits S. 63  ff.; im Überblick MüKo-BGB-Schäfer, §  727 BGB Rn.  45 sowie Staudinger-BGB-Habermeier, §  727 BGB Rn.  20. 259  Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  188; Esskandari/Franck/Künne­mannFranck, S.  247; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1346. 260  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  149; Boujong/Ebenroth-Lorz, §  131 HGB Rn.  117; Hölscher, ZEV 2010, 609, 609; Iversen, NJW 2010, 183, 185; Winkler, ZEV 2005, 89, 93. 261  BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 194 f.; Baumbach/Hopt-M. Roth, §  131 HGB Rn.  62;

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wird.262 Weder die Erben noch die Pflichtteilsberechtigten partizipieren in diesem Fall am Anteilswert.263 Die gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit bei Abfindungsklauseln wirkt sich mithin mittelbar auf die Höhe der jeweiligen Pflichtteilsansprüche aus. (2) Ausgleichsansprüche bei Kapitalgesellschaften Auch bei deutschen Kapitalgesellschaften entstehen Ausgleichsansprüche zugunsten von Erben, die in der Gesellschafternachfolge nicht berücksichtigt sind. Zwar ist der Kapitalgesellschaftsanteil zwingend vererblich und fällt damit zunächst den Erben an.264 Gesellschaftsvertraglich können die Erben aber faktisch von der Gesellschafternachfolge ausgeschlossen werden, indem sie nach dem Erbfall zur Anteilsabtretung an einen Miterben oder Dritten verpflichtet werden (Abtretungsklauseln) oder ihr Anteil eingezogen wird (Einziehungsklauseln).265 Für den Verlust ihres Anteils erhalten sie im Fall der Abtretung einen Entgeltanspruch gegen den Erwerber oder im Fall der Einziehung einen Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft.266 Die Höhe ihres jeweiligen Anspruchs beläuft sich grundsätzlich auf den Verkehrswert des Anteils267, per Statut kann die Höhe der Abfindung oder des Entgelts jedoch hinter dem Verkehrswert zurückbleiben.268 Diese gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit wirkt sich zulasten der Erben des Gesellschafter-Erblassers aus, die als Entgelt oder Abfindung weniger als den Verkehrswert des Anteils erhalten. MüKo-HGB‑K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  161; Boujong/Ebenroth-Lorz, §  131 HGB Rn.  125; Staudinger‑BGB‑Habermeier, §  727 BGB Rn.  22. 262  MüKo-HGB-K. Schmidt, §  131 HGB Rn.  161; Hölscher, ZEV 2010, 609, 609. 263  Erbrechtliche Korrekturen im Rahmen von §  2301 BGB (Formerfordernisse und numerus clausus erbrechtlicher Verfügungen) und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach §§  2325, 2329 BGB scheitern nach der herrschenden Meinung daran, dass es in der Regel an einer Schenkung von Todes wegen fehlt: BGH, 22.11.1956, BGHZ 22, 186, 194 f.; 26.3.1981, NJW 1981, 1956 f.; Baumbach/Hopt‑M. Roth, §  131 HGB Rn.  62; MüKo-BGB-K. W. Lange, §  2325 BGB Rn.  32 f.; Staudinger-BGB-Habermeier, §  727 BGB Rn.  22; Iversen, NJW 2010, 183, 185. 264  Siehe zu den Grundzügen der kapitalgesellschaftsrechtlichen Gesellschafternachfolge von Todes wegen im deutschen Recht S. 73  ff. 265  Zutreffend für die GmbH deutschen Rechts; in der Satzung einer AG deutschen Rechts kann freilich keine Abtretungsklausel vereinbart werden; siehe insofern die Ausführungen zu den kapitalgesellschaftsrechtlichen Instrumenten der Gesellschafternachfolge bereits S. 79  f. 266  Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  33; Scholz-Seibt, §  15 GmbHG Rn.  31 (Einziehung) und Rn.  33 (Abtretung). 267  MüKo-GmbHG-Strohn, §  34 GmbHG Rn.  63; Michalski-Sosnitza, §  34 GmbHG Rn.  46. 268  MüKo-GmbHG-Reichert/M.-P. Weller, §  15 GmbHG Rn.  461; Michalski-Ebbing, §  15 GmbHG Rn.  33.

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Solche Abfindungsklauseln mindern auch den Pflichtteilsanspruch der nahen Verwandten des Erblassers, die testamentarisch von der Erbfolge ausgeschlossen sind: Da der Gesellschaftsanteil zwingend vererblich ist, bildet er als Nachlassgegenstand die Berechnungsgrundlage von Pflichtteilsansprüchen (vgl. §  2311 Abs.  1 BGB).269 Ist nun die Gesellschafternachfolge durch Abtretungs- oder Einziehungsklauseln geregelt, senken diese den Verkehrswert des Anteils bereits im Zeitpunkt des Erbfalls und reduzieren in der Konsequenz die Höhe des Pflichtteilsanspruchs.270 Bei einem Abfindungs- oder Entgeltausschluss zulasten der Erben geht man konsequenterweise davon aus, dass der Gesellschaftsanteil in der Pflichtteilsberechnung wirtschaftlich nicht mehr zu berücksichtigen ist.271 Pflichtteilsberechtigte und gegebenenfalls auch die leer ausgehenden Erben bleiben allenfalls über Pflichtteilsergänzungsansprüche geschützt.272 Gesellschaftsvertraglich autonome Wertbestimmungen wirken sich mithin auch im Kapitalgesellschaftsrecht auf die Bewertung von Pflichtteilsansprüchen aus. bb) Qualifikation der Ausgleichsansprüche Um die dargelegten Ausgleichsansprüche kollisionsrechtlich zu untersuchen, sind die Anknüpfungsgegenstände des Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO von entscheidender Bedeutung. Im Grundsatz herrscht darüber Einigkeit, dass sich pflichtteilsrechtliche Fragen auch in der Gesellschafternachfolge nach dem Erbstatut richten.273 Denn Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO umfasst mit seinem weiten Anknüpfungsgegenstand („[...] Pflichtteile und andere Beschränkungen der Testierfreiheit sowie etwaige Ansprüche von Personen, die dem Erblasser nahestehen“) jedes Recht, das eine Person wegen ihrer besonderen Nähe zum Erblasser zwingend am Nachlass teilhaben lässt.274 Nach diesem „funktionalen“275 Pflichtteilverständnis des europäischen Gesetzgebers ist nicht erheblich, ob es 269  Zur Pflichtteilsberechnung bei GmbH-Anteilen Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  150–153 sowie bei Aktien Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  154. 270  Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  152. 271  Ibid. 272  Freilich nur unter der Voraussetzung, dass es sich bei den Nachfolgeklauseln um Schenkungen im Sinne der §§  2325 ff. BGB handelt; siehe auch Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  152. 273  Ausdrücklich im Zusammenhang mit der Gesellschafternachfolge: Rauscher-Hertel, Art.  1 EuErbVO Rn.  31; Palandt-Thorn, Art.  1 EuErbVO Rn.  12; allgemein zum Pflichtteilsrecht: Bonomi/Wautelet-Bonomi, Art.  23 EuErbVO Rn.  89 f.; MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 ­EuErbVO Rn.  34; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  110; Lorenz, in: Dutta/ Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 113, 113 (Rn.  7); Dörner, ZEV 2012, 505, 506. 274  Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  80; Dutta/WeberJ. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  109. 275  Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  110.

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sich um Zahlungsansprüche oder Noterbrechte handelt. Entscheidend allein ist, dass diese Ausgleichsmechanismen der Testierfreiheit des Erblassers entzogen sind.276 Sämtliche Rechtsfragen, die sich im Rahmen dieser Ausgleichsmechanismen stellen und zu denen auch die Einzelheiten der Berechnung zählen, regelt das Erbstatut.277 Jeder der zuvor dargelegten Ausgleichsansprüche kann nach diesem unionsrechtlichen Pflichtteilverständnis dem Erb- oder Gesellschaftsstatut zugeordnet werden. Erbrechtlich sind demnach Ausgleichsansprüche zu qualifizieren, deren Ziel eine zwingende, also vom Erblasserwillen unabhängige Nachlassverteilung ist. Dazu zählen im deutschen Recht die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§  2303–2338 BGB). Ausgleichsansprüche hingegen, die in der Gesellschafternachfolge unberücksichtigte Miterben kompensieren, sind nicht als Pflichteilansprüche im unionsrechtlichen Sinne zu qualifizieren. Die Begründung muss insofern zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden. Im Personengesellschaftsrecht zieht die qualifizierte Nachfolge nach sich, dass, sofern neben dem qualifizierten Gesellschafternachfolger noch andere Miterben am Nachlass des Erblassers partizipieren, Miterben hinsichtlich des Gesellschaftsanteils leer ausgehen. Der Gesellschafternachfolger hat in diesem Fall seine Miterben abzufinden, soweit der Wert des Gesellschaftsanteils im Verhältnis zum Gesamtnachlass seine Erbquote übersteigt.278 Dieser Ausgleichsanspruch ist jedoch nicht zwingend. Der Gesellschafter-Erblasser kann in seinem Testament per Vorausvermächtnis (§  2150 BGB) oder Teilungsanordnung (§  2048 BGB) verfügen, ob und in welcher Höhe der Gesellschafternachfolger zum Ausgleich gegenüber seinen Miterben verpflichtet ist.279 Die Testierfreiheit des Erblassers schränkt der Ausgleich zugunsten der Miterben nicht ein. Eine pflichtteilrechtliche Qualifikation im Sinne des Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO scheidet daher aus. Dennoch ist der Ausgleichsanspruch erbrechtlich und nicht gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht besteht kein Anlass zur Abfindung der Miterben, da im Fall einer qualifizierten Nachfolgeklausel gerade kein Gesellschafter austritt, sondern nur die Person des Gesellschafters im Rahmen der Nachfolge wechselt.280 Der Ausgleich dient vielmehr 276 

Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  80; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  109. 277  Ausdrücklich die Berechnung erwähnend: Bonomi/Wautelet-Bonomi, Art.  23 EuErbVO Rn.  88; Deixler‑Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  81; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  112. 278  Dazu bereits oben S. 63  f. 279  MüKo/HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  20. 280  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1345.

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einem erbrechtlichen Regelungsziel, indem er den Wert des Gesamtnachlasses erbquotengerecht an die Miterben verteilt.281 Begreift man die Sondernachfolge in einen Personengesellschaftsanteil als eine Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft, ist auch der Ausgleichsanspruch der Miterben als eine Form der Auseinandersetzung zu qualifizieren282 und konsequenterweise unter den Anknüpfungsgegenstand des Art.  23 Abs.  2 lit.  b EuErbVO („Berufung der Berechtigten“) zu fassen. Die Bereichsausnahme zugunsten des Gesellschaftsrechts (Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO) jedenfalls greift für den Ausgleich der Miterben in Anbetracht seiner erbquotengerechten Verteilungsfunktion nicht ein. Im Kapitalgesellschaftsrecht hingegen haben die dargestellten Ausgleichsregelungen zugunsten der Erben nichts mit einer erbquotengerechten Verteilung des Nachlasses zu tun. Sie verfolgen einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleich, indem sie die Erben ausschließlich dafür kompensieren, dass diese die zunächst geerbten Geschäftsanteile oder Aktien infolge wirksamer Einziehungs- oder Abtretungsklauseln nach dem Erbfall verlieren.283 Da die Anteile bereits erbquotengemäß auf die Erben übergegangen waren, besteht für einen erbquotengerechten Ausgleichsanspruch, wie er im Personengesellschaftsrecht vorbehaltlich testamentarischer Verfügungen des Gesellschafter-Erblassers entstehen kann, kein Raum. Es bleibt aber dem Erbstatut überlassen, dieses Ergebnis zum Schutze der Erben zu korrigieren. So können die Erben zum Beispiel mit Hilfe von Pflicht­ teils­ergän­zungsansprüchen am Anteilswert teilhaben, obwohl Abfindungs- und Entgeltklauseln sie zunächst leer ausgehen lassen.284 Aus der gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsfunktion der Abfindungs- und Entgeltansprüche folgt jedenfalls, dass ihre Höhe im Gesellschaftsvertrag weitgehend autonom bestimmt werden kann und sich nicht nach den Erbquoten richtet.285 Daher handelt es sich bei kapitalgesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen weder um zwingende Teilhaberechte am Nachlass im Sinne des Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO noch um andere erbrechtliche Ausgleichsmechanismen. Sie sind gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren und unterliegen damit der Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO („Fragen des Gesellschaftsrechts“).

281 

Crezelius, Unternehmenserbrecht (2009), S.  188. So etwa MüKo/HGB-K. Schmidt, §  139 HGB Rn.  20. 283  Vgl. Scholz-Seibt, §  15 GmbHG Rn.  31, 33. 284  Vgl. Art.  23 Abs.  2 lit.  i EuErbVO; im deutschen Recht kommen insofern Pflichtteilsergänzungsansprüche nach den §§  2325 ff. BGB sowie die Schutzvorschrift des §  2301 BGB zum Schutz der Erben in Betracht; vgl. Scholz-Seibt, §  15 GmbHG Rn.  31. 285  Vgl. Scholz-Seibt, §  15 GmbHG Rn.  31. 282 

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Die übrigen Ausgleichsansprüche, die das Personengesellschaftsrecht bei ihrer Auflösung286 oder Fortsetzung unter den überlebenden Mitgesellschaftern287 kennt, sind ebenfalls gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren.288 Denn diesen Ausgleichsansprüchen liegt eine gesellschaftsrechtliche Anspruchsvoraussetzung zugrunde: So entsteht der Auseinandersetzungsanspruch bei Auflösung der Gesellschaft und der Abfindungsanspruch, soweit die Gesellschaft nur mit den überlebenden Mitgesellschaftern des Erblassers fortgesetzt wird. Diese Ausgleichsansprüche sind als unmittelbare Folge des Schicksals von Gesellschaft und Anteil dem Gesellschaftsstatut zuzuweisen („Fragen des Gesellschaftsrechts“, Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO). cc) Qualifikation der pflichtteilsrechtlichen Auswirkung gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln Sowohl im Personengesellschaftsrecht als auch im Kapitalgesellschaftsrecht können gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln die Abfindungsansprüche der Erben hinter dem Verkehrswert des Anteils zurückstehen lassen. Solche gesellschaftsvertraglichen Möglichkeiten, die Höhe der jeweiligen Ausgleichsansprüche zu bestimmen, bestehen im deutschen Recht, soweit eine Personengesellschaft ohne die Gesellschafter-Erben fortgesetzt wird oder die Erben eines Kapitalgesellschafters ihren zunächst geerbten Anteil im Rahmen einer Einziehung oder Abtretung verlieren. In diesen Fällen wirken sich, wie bereits gezeigt, die gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln nicht nur zulasten der abfindungsberechtigten Erben, sondern auch zulasten der Pflichtteilsberechtigten aus. Denn die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Abfindungshöhe bestimmt mit über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs. In kollisionsrechtlicher Hinsicht stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob die pflichtteilsrechtliche Wirkung gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln oder ‑ausschlüsse auch im internationalen Erbfall hinzunehmen ist.289 Rechtskonstruktiv würde sich ihre pflichtteildämpfende Wirkung durchsetzen, soweit man die Pflichtteilsrelevanz gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen gesellschaftsvertraglich qualifizieren und damit vom Anwendungsbereich der 286  Im deutschen Recht: Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben nach §§  733 Abs.  2 S.  1, 734 BGB. 287  Im deutschen Recht: Abfindungsanspruch nach §  738 Abs.  1 S.  2 BGB. 288  NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  54; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  58; noch zum autonomen Recht: Dutta, RabelsZ 73 (2009), 727, 734 f. 289  Dafür Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  58 sowie Everts, ZEV 2013, 124, 127; dagegen jedoch Palandt-Thorn, Art.  1 EuErbVO Rn.  12; NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  54 sowie Dörner, IPRax 2004, 519, 520 (noch zum autonomen Recht).

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Verordnung im Sinne des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO ausschließen würde.290 Die Gegenansicht ordnet die Pflichtteilsrelevanz gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln dem Erbstatut zu291 und findet ihre normative Stütze im Anknüpfungsgegenstand des Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO, der pflichtteilsrechtliche Fragen dem Erbstatut umfassend zuweist.292 Wie bereits in den Anknüpfungsfragen des Erbgangs, der Erbenmehrheit und der Testamentsvollstreckung ist das anwendbare Recht wiederum im Spannungsfeld des Anwendungs- und Geltungsbereichs der Verordnung zu bestimmen. Überzeugend ist, sämtliche Fragen des Pflichtteilsrechts im Sinne der Nachlasseinheit erbrechtlich zu qualifizieren. Zu diesen Fragen zählt auch die pflichtteilsrechtliche Wirkung von Abfindungsklauseln. Denn mit dem gesetzgeberischen Anliegen der Nachlasseinheit korrespondiert eine restriktive Auslegung der Bereichsausnahmen: Nicht jeder gesellschaftsrechtliche Bezug in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen kann mit der Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 lit.  h EuErbVO gerechtfertigt werden. Vor allem ist der Bereichsausnahme kein allgemeiner Vorrang des Gesellschaftsrechts zu entnehmen, der eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation pflichtteilsrechtlicher Wirkungen zuließe.293 Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO schließt vielmehr sämtliche Rechtsfragen des Pflichtteilsrechts ein, zu denen auch die Berechnung von Pflichtteilsansprüchen und damit die pflichtteilsrechtliche Wirkung von Abfindungsklauseln gehören.294 Würde man in der Gesellschafternachfolge die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs von den Zulässigkeitsmaßstäben des Gesellschaftsstatuts abhängig machen, drohte der Pflichtteilsschutz des Erbstatuts, der nicht nur von den Pflichtteilsvoraussetzungen, sondern maßgeblich von der Anspruchshöhe bestimmt ist, leerzulaufen. Im Ergebnis würde eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation zu einer nachlassspaltenden Berechnung des Pflichtteils führen, die der einheitlichen Anknüpfung in Art.  23 Abs.  2 lit.  h EuErbVO widerspräche. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ist ferner kein rechtlicher Grund für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation ersichtlich. Während die gesellschaftsrechtliche Sonderanknüpfung von Nachfolgeklauseln mit dem Prinzip und Schutz des intuitus personae zu rechtfertigen ist, haben Ausgleichsansprüche als 290  Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  1 EuErbVO Rn.  58 sowie Everts, ZEV 2013, 124, 127. 291  Palandt-Thorn, Art.  1 EuErbVO Rn.  12; NK-BGB-Looschelders, Art.  1 EuErbVO Rn.  54 sowie Dörner, IPRax 2004, 519, 520 (noch zum autonomen Recht). 292  Vgl. Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  112. 293  So aber Everts, ZEV 2013, 124, 127. 294  Zur Höhe und Berechnung des Pflichtteilsanspruchs: Bonomi/Wautelet-Bonomi, Art.  23 EuErbVO Rn.  82; Deixler-Hübner/Schauer-Mankowski, Art.  23 EuErbVO Rn.  81; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  112.

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rein finanzielle Positionen keine strukturelle Bedeutung für die Gesellschaft. Auch wenn Ausgleichsansprüche die Liquidität von Gesellschaft und Gesellschaftern belasten, gibt es daher keinen rechtlichen Grund, Pflichtteilswirkungen nach dem Gesellschaftsstatut beurteilen zu lassen. Ob und in welcher Höhe den Pflichtteilsberechtigten erbrechtiche Ausgleichsansprüche zustehen, beurteilt sich mithin unabhängig von gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln nach den allgemeinen Regeln des Erbstatuts. Für die abfindungsberechtigten Erben kann sich die erbrechtliche Qualifika­ tion pflichteilrechtlicher Wirkungen freilich nachteilig auswirken. Schließen die Gesellschafter gesellschaftsvertraglich einen Abfindungsanspruch der Erben aus oder bewerten diesen unterhalb des Verkehrswertes, beurteilt sich die Wirksamkeit dieser Klausel nach dem Gesellschaftsstatut, sofern es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch handelt.295 Im deutschen Recht sind solche Klauseln in der Regel wirksam296, so dass die Erben mit ihrer Abfindung weniger erhalten, als es dem Verkehrswert des Anteils entspricht. Über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs aber bestimmt im internationalen Erbfall das Erbstatut, das damit auch über die rechnerische Berücksichtigung von gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln entscheidet. Soweit das Erbstatut nicht die Abfindungsklausel, sondern den Verkehrswert des Anteils dem Pflichtteilsanspruch zugrunde legt, könnte den Pflichtteilberechtigten im Ergebnis ein Pflichtteilsanspruch gegen die Erben zustehen, der in seiner Höhe den Abfindungsanspruch der Erben übersteigt.297 Ein solches Gefälle zwischen Abfindungs- und Pflichtteilsanspruch ist aus kollisionsrechtlicher Sicht aber nicht unbillig, da die Erben über die erbrechtliche Anknüpfung von Ausgleichsansprüchen im Sinne des Art.  23 Abs.  2 lit i EuErbVO geschützt bleiben. Zu solchen Ansprüchen gehören im deutschen Recht insbesondere die Ausgleichungspflicht unter gesetzlichen Erben (§  2050 Abs.  1 BGB) sowie Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§  2325 ff. BGB)298, die die Erben für Abfindungsbeschränkungen oder -ausschlüsse kompensieren können.299 295  Gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche, die von Abfindungsklauseln bestimmt werden können: Abfindungsansprüche bei Fortsetzung einer Personengesellschaft nur mit den überlebenden Mitgesellschaftern des Erblassers sowie Abfindungs- und Entgeltansprüche bei kapitalgesellschaftsrechtlichen Einziehungs- und Abtretungsklauseln. 296  Staudinger-BGB-Habermeier, §  727 BGB, Rn.  22; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (2002), S.  1336. 297  Vgl. zu diesem problematischen Verhältnis von Abfindungsklauseln und pflichtteilsrechtlicher Anspruchshöhe im internen Recht: Staudinger-BGB-Herzog, §  2311 BGB Rn.  146; Mayer/Süß/Tanck‑Riedel, S.  717 (Rn.  117). 298  MüKo-BGB-Dutta, Art.  23 EuErbVO Rn.  35; Rauscher-Hertel, Art.  23 EuErbVO Rn.  40 f.; NK‑BGB‑Looschelders, Art.  23 EuErbVO Rn.  25. 299  Tatsächlich greifen die Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht nur zugunsten der Pflicht-

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Abfindungsansprüche der Erben und Pflichtteilsansprüche auszutarieren, ist Aufgabe des materiellen Erbrechts. Mithin bleibt es auch unter Berücksichtigung der kollisionsrechtlichen Interessenlage dabei, dass die pflichtteilsrechtlichen Wirkungen gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln erbrechtlich zu qualifizieren sind. Das Ausgleichsinteresse der Erben ist kollisionsrechtlich über Art.  23 Abs.  2 lit.  i EuErbVO ausreichend geschützt. Einer gesellschaftsrechtlichen Qualifikation zum Schutze der Erben bedarf es insoweit nicht. dd) Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts (Art.  30 EuErbVO) Der europäische Gesetzgeber hat sich bewusst gegen eine Sonderanknüpfung von Pflichtteilsfragen entschieden.300 Diese gesetzgeberische Grundentscheidung darf man nicht dadurch umgehen, indem man die pflichtteilsrechtlichen Wirkungen gesellschaftsvertraglicher Abfindungsbeschränkungen nach Art.  30 EuErbVO dem Gesellschaftsstatut überlässt. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs ist auch nach der Wertung des Erwägungsgrunds 54 S.  4 EuErbVO einheitlich nach dem Erbstatut zu bestimmen.301 In pflichtteilsrechtlichen Fragen besteht mithin kein Raum für Eingriffsnormen des Gesellschaftsstatuts. ee) Ordre public (Art.  35 EuErbVO) Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs kommt aber grundsätzlich als Verstoß gegen den ordre public (Art.  35 EuErbVO) in Betracht. Zwar sah Art.  27 Abs.  2 des Verordnungsentwurfs der Kommission von 2009302 noch vor, dass die Anwendung des Erbstatuts nicht allein deshalb ordre public-widrig sein kann, weil es den Pflichtteilsanspruch anders regelt als das Recht des Forumsstaates. Die EuErbVO aber schränkt die ordre public‑Kontrolle in dieser Hinsicht nicht mehr ein, so dass im Unterschied zum Verordnungsentwurf pflichtteilsrechtliche Fragen der ordre public‑Kontrolle zugänglich sind.303 teilsberechtigten, sondern auch zugunsten der Erben, soweit der Wert des jeweils geerbten Vermögens geringer ist als die Summe aus Pflichtteilsergänzungs- und ordentlichem Pflichtteilsanspruch (Staudinger-BGB-Olshausen, §  2325 BGB Rn.  70); vgl. zur Bedeutung in der Gesellschafternachfolge: für Personengesellschaften Esskandari/Franck/Künnemann-Franck, S.  285 sowie für Kapitalgesellschaften Scholz-Seibt, §  15 GmbhG Rn.  31. 300  Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  111; Lorenz, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 113, 113 (Rn.  18). 301  Vgl. NK-BGB-Looschelders, Art.  30 EuErbVO Rn.  12; Dutta/Weber-J. P. Schmidt, Art.  23 EuErbVO Rn.  111; Deixler-Hübner/Schauer-Schwartze, Art.  30 EuErbVO Rn.  9; Lorenz, in: Dutta/Herrler/Bonomi, EuErbVO (2014), 113, 113 (Rn.  20). 302  KOM(2009) 154 endg., S.  24. 303  NK-BGB-Looschelders, Art.  35 EuErbVO Rn.  23; MüKo-BGB-Dutta, Art.  35 EuErb-

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In der Gesellschafternachfolge sind insoweit Korrekturen aus Sicht der öffentlichen Ordnung des deutschen Gesellschaftsstatuts zum Beispiel möglich, soweit das ausländische Erbstatut Pflichtteilsrechte naher Angehöriger des Erb­ lassers vollständig und kompensationslos ausschließt.304 Wertungen des Gesellschaftsstatuts hingegen, nach denen sich Abfindungsbeschränkungen oder -ausschlüsse auf das Pflichtteilsrecht anspruchsmindernd auswirken, können nicht im Rahmen des ordre public durchgesetzt werden, da sie sich gerade gegen den Pflichtteilsschutz der Angehörigen des Erblassers richten. Zugunsten der Gesellschaft oder der Gesellschafter streiten insoweit keine schützenswerten Interessen, die sich gegenüber dem Pflichtteilsschutz mit Hilfe des ordre public durchsetzen könnten. Die vielfach bemühten Liquiditätsprobleme305, die Ausgleichsund Pflichtteilsansprüche für die Gesellschaft und den Gesellschafternachfolger mit sich bringen, müssen hinter dem Pflichtteilsschutz, der jedenfalls im deutschen Recht auch verfassungsrechtlich verankert ist (Art. 14 Abs. 1 S.  1 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 GG), zurücktreten und können keinen ordre public­­-Verstoß rechtfertigen. ff) Ergebnis zu Ausgleichsansprüchen Im Rahmen der Gesellschafternachfolge ist zwischen erb- und gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüche zu unterscheiden. Erbrechtlich sind solche Ansprüche zu qualifizieren, die eine erbquoten- oder pflichtteilsgerechte Verteilung des Nachlasses gewährleisten. Zu diesen Ansprüchen zählen vor allem die Pflichtteilsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Auch die pflichtteilsrechtliche Wirkung gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln ist im Sinne der Nachlasseinheit erbrechtlich zu qualifizieren. Ferner beurteilt sich der Ausgleichsanspruch, der dem von der Personengesellschafternachfolge ausgeschlossenen Miterben zusteht und dessen erbquotengerechte Nachlassbeteiligung sichert, nach dem Erbstatut. Gesellschaftsrechtlich hingegen sind Ansprüche zu qualifizieren, die einer gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsfunktion folgen. So richten sich der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben (vgl. §§ 733 Abs. 2 S.  1, 734 BGB), der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden des Gesellschafter-Erblassers (vgl. § 738 VO Rn.  3; Erwägungsgrund 58 S.  1 EuErbVO ruft lediglich dazu auf, Art.  35 EuErbVO restriktiv zu verstehen. 304  Vgl. insofern zum inländischen ordre public des deutschen Rechts BVerfG, 19.4.2005, BVerfGE 112, 332; dazu auch NK‑BGB-Looschelders, Art.  35 EuErbVO Rn.  23; Geimer/ Schütze-Odersky, Art.  35 EuErbVO Rn.  16; Palandt-Thorn, Art.  35 EuErbVO Rn.  2. 305  Flesner, DB 2011, 2362, 2365; Ivens, ZEV 2010, 615, 618; Frhr. von Hoyenberg, RNotZ, 379, 388.

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§  5 Anwendbares Recht in der Gesellschafternachfolge von Todes wegen

Abs. 1 S.  2 BGB) sowie die kapitalgesellschaftsrechtlichen Abfindungs- und Entgeltansprüche der Gesellschaftererben als gesellschaftsrechtliche Ausgleichsmechanismen nach dem Gesellschaftsstatut.

§ 6 Abschließende Thesen Die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit sind in folgenden Thesen festzuhalten. 1. Einem Vorrang des Gesellschaftsstatuts kann unter der EuErbVO nicht gefolgt werden. Bei der Qualifikation der Gesellschafternachfolge von Todes wegen darf nicht auf sachrechtliche Kriterien zurückgegriffen werden. 2. Das Qualifikationsergebnis ist primärrechtlich zu überprüfen. Vor allem die Kapitalverkehrs- und Testierfreiheit bilden den primärrechtlichen Prüfungsmaßstab. Sind sie infolge einer gesellschaftsrechtlichen Sonderanknüpfung beeinträchtigt, vermag der intuitus personae diesen Eingriff rechtfertigen. Die Niederlassungsfreiheit erfasst nur die Frage, ob die Gesellschaft nach dem Tode eines Gesellschafters fortbesteht. 3. Die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen und die gesellschaftsvertragliche Bestimmung des Gesellschafternachfolgers sind gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Bei Kommandit- und Kapitalgesellschaftsanteilen muss die gesellschaftsrechtliche Qualifikation von Nachfolgeklauseln primärrechtskonform korrigiert werden, da eine gesellschaftsrechtlichen Sonderanknüpfung durch den intuitus personae nicht gerechtfertigt ist. Um zu einem primärrechtskonformen Qualifikationsergebnis zu gelangen, muss an die allgemeinen erbrechtlichen Regeln des Erbstatuts angeknüpft werden. 4. Sonderregeln der Gesellschafternachfolge, die den Erbgang, die Erbenmehrheit und die Testamentsvollstreckung betreffen, sind erbrechtlich zu qualifizieren. Sie sind im Rahmen der sekundären Qualifikation dem Sondererbrecht des Erbstatuts zu entnehmen, soweit die Sonderregel des Erbstatuts auf die ausländische Gesellschaftsform übertragbar ist. Da sich die Sonderregeln des internen Rechts zum Schutz des intuitus personae entwickelt haben, sind sie auf ausländische Gesellschaftsanteile übertragbar, soweit diese vom intuitus personae geprägt sind. In den untersuchten Rechtsordnungen trifft diese Prägung auf sämtliche unbeschränkt haftenden Personengesellschafter zu. 5. Ausgleichsansprüche sind differenziert anzuknüpfen. Besteht ihre Funktion darin, den Nachlass erbquoten- oder pflichtteilsgerecht zu verteilen, sind sie erbrechtlich zu qualifizieren. Zu den erbrechtlichen Ausgleichsansprüchen gehören die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche sowie der Ausgleichsanspruch, der dem von der Personengesellschafternachfolge ausgeschlossenen Mit-

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§ 6 Abschließende Thesen

erben zusteht. Ferner sind die pflichtteilsdämpfenden Auswirkungen gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln erbrechtlich zu qualifizieren. Gesellschaftsrechtlich sind hingegen Ausgleichsansprüche zu qualifizieren, die einer gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsfunktion folgen. Solche sind der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben (vgl. §§ 733 Abs. 2 S.  1, 734 BGB), der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden des Gesellschafter-Erblassers (vgl. § 738 Abs. 1 S.  2 BGB) sowie die kapitalgesellschaftsrechtlichen Abfindungs- und Entgeltansprüche der Gesellschaftererben.

Entscheidungsverzeichnis Europäische Union Europäischer Gerichtshof Urt. v. 4.3.1982, C-38/81, Slg. 1982, 825–836 – Effer Urt. v. 23.3.1982, C-53/81, Slg. 1982, 1035–1053 – Levin Urt. v. 6.10.1982, C-283/81, Slg. 1982, 3415–3432 – C.I.L.F.I.T. Urt. v. 8.3.1988, C-9/87, Slg. 1988, 1539–1556 – Arcado Urt. v. 27.9.1989, C-81/87, Slg. 1988, 5483–5514 – Daily Mail Urt. v. 24.11.1993, C-267/91, Slg. 1993 I, 6097–6132 – Keck Urt. v. 11.11.1997, C-251/95, Slg. 1997 I, 6191–6226 – Sabèl Urt. v. 9.3.1999, C-212/97, Slg. 1999 I, 1459–1498 – Centros Urt. v. 22.6.1999, C-412/97, Slg. 1999 I, 3845–3883 – ED Urt. v. 5.11.2002, C-208/00, Slg 2002 I, 9919–9976 – Überseering Urt. v. 14.11.2002, C-271/00, Slg. 2002 I, 10489–10526 – Baten Urt. v. 15.5.2003, C-266/01, Slg. 2003 I, 4867–4898 – TIARD Urt. v. 30.9.2003, C-167/01, Slg 2003 I, 10155–10238 – Inspire Art Urt. v. 1.4.2004, C-1/02, Slg. 2004 I, 3219–3250 – Borgmann Urt. v. 8.11.2005, C-443/03, Slg. 2005 I, 9611–9664 – Leffler Urt. v. 23.2.2006, C-513/03, Slg. 2006 I, 1981–2000 – van Hilten Urt. v. 9.3.2006, C-499/04, Slg. 2006 I, 2397–2426 – Werhof Urt. v. 14.12.2006, C-283/05, Slg 2006 I, 12041–12082 – ASML/SEMIS Urt. v. 17.4.2008, C-404/06, Slg. 2008 I, 2685–2730 – Quelle AG Urt. v. 13.11.2008, C-324/07, Slg. 2008 I, 8457–8510 – Coditel Brabant Urt. v. 16.12.2008, C-210/06, Slg. 2008 I, 9641–9704 – Cartesio Urt. v. 16.7.2009, C-189/08, Slg. 2009 I, 6917–6931 – Zuid-Chemie Urt. v. 9.11.2010, C-92/09 und C‑93/09, Slg. 2010 I, 11063–11161 – Schecke Urt. v. 4.12.2014, C-295/13, ECLI:EU:C:2014:2410 – H. Urt. v. 10.12.2015, C-594/14, ECLI:EU:C:2015:806 – Kornhaas Urt. v. 12.10.2017, C-218/16, ECLI:EU:C:2017:755 – Kubicka Urt. v. 25.10.2017, C-106/06, ECLI:EU:C:2017:804 – Polbud Urt. v. 1.3.2018, C-558/16, ECLI:EU:C:2018:138 – Mahnkopf

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Entscheidungsverzeichnis

Deutschland Bundesverfassungsgericht Beschl. v. 19.4.2005, 1 BvR 1644/00, 188/03, BVerfGE 112, 332–363

Reichsgericht Urt. v. 17.3.1886, I 12/86, RGZ 16, 40–60

Bundesgerichtshof Urt. v. 28.4.1954, II ZR 8/53, BGHZ 13, 179–188 Urt. v. 22.11.1956, II ZR 222/55, BGHZ 22, 186–197 Urt. v. 11.4.1957, II ZR 182/55, BGHZ 24, 106–115 Urt. v. 10.6.1959, V ZR 25/58, NJW 1959, 1820–1822 Urt. v. 29.1.1964, V ZR 209/61, BGHZ 41, 95–97 Urt. v. 30.3.1967, II ZR 102/65, BGHZ 47, 293–302 Urt. v. 11.7.1968, II ZR 179/66, BGHZ 50, 316–325 Urt. v. 9.12.1968, II ZR 57/67, BGHZ 51, 209–219 Urt. v. 14.7.1969, V ZR 122/66, BGHZ 52, 269–273 Urt. v. 10.2.1977, II ZR 120/75, BGHZ 68, 225–241 Urt. v. 9.3.1977, IV ZR 166/75, NJW 1977, 949–950 Urt. v. 25.5.1977, IV ZR 15/76, BGHZ 69, 47–52 Urt. v. 29.9.1977, II ZR 214/75, NJW 1978, 264–267 Urt. v. 10.10.1979, IV ZR 79/78, NJW 1980, 229–231 Urt. v. 6.10.1980, II ZR 268/79, BGHZ 78, 177–190 Urt. v. 26.3.1981, IVa ZR 154/80, NJW 1981, 1956–1957 Beschl. v. 20.5.1981, V ZB 25/79, NJW 1982, 170–172 Urt. v. 29.6.1981, II ZR 142/80, BGHZ 81, 82–90 Urt. v. 4.5.1983, IV a ZR 229/81, NJW 1983, 2376–2378 Urt. v. 26.10.1983, II ZR 44/83, NJW 1984, 362–366 Urt. v. 30.4.1984, II ZR 293/83, BGHZ 91, 132–138 Urt. v. 23.9.1985, II ZR 257/84, NJW 1986, 584–585 Urt. v. 14.5.1986, IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48–59 Urt. v. 25.5.1987, II ZR 195/86, ZIP 1987, 1042–1044 Urt. v. 21.12.1988, VIII ZR 277/87, NJW 1989, 2133–2135 Beschl. v. 3.7.1989, II ZB 1/89, BGHZ 108, 187–199 Beschl. v. 6.10.1992, KVR 24/91, BGHZ 119, 346–365 Urt. v. 21.9.1995, II ZR 273/93, NJW 1995, 3314–3315 Beschl. v. 10.1.1996, IV ZB 21/94, NJW 1996, 1284–1286 Urt. v. 12.1.1998, II ZR 23/97, NJW 1998, 1313–1314 Urt. v. 27.9.1999, II ZR 371/98, BGHZ 142, 315–323 Urt. v. 16.12.1999, VII ZR 53/97, NJW 2000, 1119–1120 Urt. v. 29.1.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341–361 Urt. v. 18.4.2002, IX ZR 72/99, ZEV 2002, 322–328 Urt. v. 29.1.2003, VIII ZR 155/02, BGHZ 153, 353–358 Urt. v. 13.3.2003, VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185–190

Entscheidungsverzeichnis

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Urt. v. 7.4.2003, II ZR 56/02, BGHZ 154, 370–378 Urt. v. 15.3.2004, II ZR 247/01, ZIP 2004, 1047–1049 Urt. v. 5.7.2004, II ZR 389/02, IPRax 2005, 339–340 Urt. v. 14.3.2005, II ZR 5/03, NJW 2005, 1648–1650 Urt. v. 19.9.2005, II ZR 372/03, BGHZ 164, 148–153 Urt. v. 12.12.2005, II ZR 283/03, NJW 2006, 765–766 Urt. v. 5.10.2006, I ZR 277/03, BGHZ 169, 193–199 Beschl. v. 17.10.2006, VIII ZB 94/05, NJW 2006, 3715–3716 Urt. v. 27.10.2008, II ZR 158/06, BGHZ 178, 192–203 Beschl. v. 28.4.2014, BLw 2/13, NJW-RR 2014, 1170–1172 Urt. v. 13.5.2014, II ZR 250/12, ZEV 2014, 662–666 Beschl. v. 2.12.2014, II ZR 119/14, GmbHR 2015, 79–84 Beschl. v. 13.5.2015, IV ZB 30/14, NJW 2015, 2185–2188 Urt. v. 30.6.2017, V ZR 232/16, NJW-RR 2018, 15–17

Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschl. v. 2.8.1968, 2 Z 54/68, AG 1968, 330–333

Oberlandesgerichte Düsseldorf, Urt. v. 23.1.1987, 7 U 244/85, ZIP 1987, 227–232 Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2001, 23 U 49/01, ZIP 2002, 616–621 Hamm, Urt. v. 26.5.2006, 30 U 166/05, ZIP 2006, 1822–1823 München, Beschl. v. 7.9.2010, 34 Wx 100/10, ZEV 2010, 645–646

Landgerichte Mannheim, Urt. v. 10.11.1998, 2 O 193/98, MittBayNot 2000, 570–572 Berlin, Beschl. v. 1.10.2002, 102.T.85/02, ZEV 2004, 29–31

England Privy Council Urt. v. 7.10.1964, Commissioner of Stamp Duties (Queensland) v Livingston [1965], A.C.694 (P.C.); [1964] All E.R. 692

Court (of Appeal) in Chancery Urt. v. 30.10.1750, Pearce v Chamberlain (1750), 2 Vesey Senior 33; 28 E.R. 23 (C.Ch.) Urt. v. 23.2.1874, McClean v Kennard (1874), 9 L.R. Ch.App. 336 (C.A.Ch.)

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Entscheidungsverzeichnis

Court of Appeal Urt. v. 3.2.1896, James v Buena Ventura Nitrate Grounds Syndicate Ltd [1896], [1896] 1 Ch. 456 (C.A.) Urt. v. 27.6.1940, Scott v Frank F. Scott (London) Ltd [1940], [1940] Ch. 794 (C.A.)

Rolls Court Urt. v. 2.3.1864, Herefordshire Banking Co, Bulmer’s Case (1864), 33 Beaven 435; 55 E.R. 436

Vice-Chancellors’ Court Urt. v. 6.12.1819, Allen v Kilbre (1819), 4 Maddock 464; 56 E.R. 776 Urt. v. 27.6.1854, Freeland v Stansfeld (1854), 2 Smale & Giffard 479; 65 E.R. 490 Urt. v. 15.3.1856, Fraser v Kershaw (1856), 2 Kay & Johnson 496; 69 E.R. 878

Court of Chancery Urt. v. 1.6.1852, St. George’s Steam Packet Co, Hamer’s Devisees’ Case (1852), 2 De Gex McNaghten & Gordon 366; 42 E.R. 913 (C.Ch.) Urt. v. 4.12.1856, Robinson’s Executor’s Case (1856), 6 De Gex, McNaghten & Gordon 572; 43 E.R. 1356 (C.Ch.)

Court of Common Pleas Urt. v. 31.5.1824, Evans v Yeatherd (1824), 2 Bingham 133; 130 E.R. 256

Frankreich Cour de Cassation, Ch. Civ. 1re, Urt. v. 6.2.1980, 78-12513, Bulletin des arrêts de la Cour de Cassation chambres civiles 1980, 42–42

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Sachregister Abfindungsanspruch  6, 11, 21, 61, 63 f., 68–70, 72, 76, 83, 86, 123, 142 f., 181 f., 184, 193 f., 222, 224, 229, 231, 233 Abfindungsbeschränkung  76 f., 231–233 Abfindungsklausel  222, 224, 226, 229–231 Abtretungsklausel  6, 78, 84, 186, 225, 228 Aktiengesellschaft (AG)  78–80, 83 Anknüpfungsgegenstand  98–101, 103–106, 110, 113 f., 148 f., 165, 174, 212, 226, 228, 230 Anknüpfungsmoment  100, 103, 145, 158 Anpassung  137 f., 161, 200 f. Anwendungsbereich  140, 207 Anwendungsbereich (EuErbVO)  96, 101, 103, 110, 134–136, 138–143, 147–150, 161, 183, 185, 218, 229 f. Anwendungsvorrang  95, 149 f. Auflösungsklausel  73 Auseinandersetzung – Erbengemeinschaft  12, 14, 17–19, 47, 69, 81, 89, 228 – Personengesellschaft  60, 223, 229, 233 Centros  127, 131, 151 Common Law  31, 38, 45 f., 53, 171, 197, 206 Einantwortung  39, 41, 55, 197, 199 f. Eingriffsnormen  145, 147, 170, 174, 199 f., 207 f., 218 f., 232 Eintrittsklausel  67, 69, 71, 73, 83 Einziehungsklausel  76, 80, 84, 225 f. Erbeinsetzung  62 f., 68, 74, 82–84, 87 f., 123 f., 136, 167, 181, 193 Erbquote  12, 40, 56, 64 f., 72, 88 f., 199, 206, 224, 227 f., 233 Erbvertrag  81, 90–92, 221 EuInsVO  128, 175

EWIV  32–35, 37 Forum  105 f., 150, 211, 220, 222, 232 Fremdorganschaft  9, 16, 19 f., 24, 35, 40 GbR  8 f., 16, 18, 21, 24 f., 28 f., 59–61, 64, 66, 68–70, 73, 75, 142, 184 Geltungsbereich (EuErbVO)  101, 103, 110, 136, 138–140, 143, 150, 163, 196, 211, 230 GmbH  6, 9, 13, 16, 20, 23, 27, 32, 73–80, 83, 128 f., 132 f., 183, 214 Gründungstheorie  130, 132, 153, 155–157, 167 indivision héréditaire  49, 54, 56, 203, 207 f. Inspire Art  126, 127, 129–133, 151 intuitus personae  52, 55, 120, 147, 172, 188, 190, 198, 213–215, 217 f., 230 Kapitalverkehrsfreiheit  117, 168, 184, 187, 198, 206, 216 Kommanditgesellschaft (KG)  44, 54, 71 f., 184, 214 Kommanditist  24, 26, 28 f., 48, 54, 71 f., 122, 172, 189, 203, 205, 213 f. Komplementär  8 f., 21, 24, 27–29, 71 f., 142 Kornhaas  127, 129, 132, 169, 175 Kubicka  137 f., 165, 200 lex causae  177 lex fori  105 f., 108 f., 113, 141, 150, 177, 210 lex rei sitae  165, 169, 174 lex societatis  154, 158, 167, 179 Liquidation  13, 18, 60, 70, 181–183, 223 Mahnkopf  137, 165

260

Sachregister

Nacherbschaft  84–88, 221 Nachfolgeklausel  186–188, 230 – einfache  62, 64, 71 f., 82, 86, 223 – qualifizierte  63 f., 71, 73, 83, 87, 223, 227 – rechtsgeschäftliche  11, 65, 71, 83 Nachlasseinheit  136, 146, 162, 164, 180, 194, 197, 204, 210 f., 230 Nachlassspaltung  136, 145, 165, 193 f. Niederlassungsfreiheit  126 f., 129, 169, 184 Niederlassungsrelevanz  127, 130–133 oHG  8 f., 21, 24 f., 27–29, 35, 69, 142, 178, 184, 198 f. ordre public  220, 232 f. Organschaftsmonopol  8, 19, 26, 40 partnership  45, 171, 198, 206, 213 – limited  43 f., 46 personal representative  45 f., 53, 55, 178, 196, 201, 210 Pflichtteilsanspruch  222 f., 226 f., 229–232 Pflichtteilsergänzungsanspruch  69, 226–228, 231, 233 Qualifikation – autonome  94, 97, 105, 205, 212 – primäre  100 f., 103, 113, 116, 182, 185, 193, 196, 203, 208, 210, 215, 221 – sekundäre  100, 103, 113, 116, 182, 185, 193 f., 196, 198, 201, 203, 205 f., 208, 210, 215 f., 221 Qualifikationsstatut  104–107, 113

Rechtswahl  144, 157 f. ruhender Nachlass  39 f., 200 SARL  47 f., 56, 186, 190 SCS  47, 54 SE  34, 36 f. Selbstorganschaft  7 f., 15 f., 18, 20, 24, 26, 28 f., 39, 41, 43, 53, 178, 189, 217 Sitztheorie  153, 157, 167 SNC  47, 213 Sondererbfolge  12, 14, 16 f., 20, 40, 50, 60, 64, 72, 87, 178, 202–206, 208 SPE  32–34, 37 Teilungsanordnung  68, 87–89, 227 Testamentsvollstreckungsklausel  22, 116, 209, 211, 214–216 Testierfreiheit (Art. 17 GrCH)  114 f., 122, 168, 184, 188, 190, 198, 206, 216 Überseering  126 f., 129 f., 132 f., 151 Vermächtnis  68, 87, 89, 118 f., 227 Verwaltungstestamentsvollstreckung  24, 28, 41, 45, 50, 125, 178, 209, 215, 221 Vinkulierung  46, 73, 88 Vorerbschaft  84–88 Vorrang des Gesellschaftsstatuts  127, 159, 161–163, 165, 169, 172 f., 179, 180, 204, 211