Insolvenzanfechtung nach Verfahrensaufhebung oder -einstellung 9783814558318

Das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung trägt nicht nur in der Praxis wesentlich dazu bei, die Insolvenzmasse zu mehr

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Insolvenzanfechtung nach Verfahrensaufhebung oder -einstellung
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Hofmeier Insolvenzanfechtung nach Verfahrensaufhebung oder -einstellung

Insolvenzanfechtung nach Verfahrensaufhebung oder -einstellung

von Xaver Hofmeier

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH · Köln

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Vorwort Die Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Juristischen Fakultät der Universität Bielefeld als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung konnte die Rechtsprechung und Literatur bis April 2019 berücksichtigt werden. Meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Florian Jacoby danke ich herzlich für die vorzügliche Betreuung und Unterstützung der Arbeit. Herrn Professor Dr. Kleindiek danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Ferner bedanke ich mich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Beiträge zum Insolvenzrecht“ bei den Herausgebern und dem RWS-Verlag. Mein besonderer Dank gilt meinem Vater Gerhard Hofmeier, der mich auch in den schwierigen Phasen stets ermuntert und unterstützt hat. Ihm widme ich die Arbeit. Meiner Freundin Anna Bandowski und meiner Mutter Renate Hofmeier gilt der Dank für ihren Rückhalt in allen Phasen der Entstehung der Arbeit.

Köln, im April 2019

Xaver Hofmeier

V

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

Vorwort ................................................................................................................ V Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... XI Kapitel 1 Einleitung .............................................................................. 1 ........ 1 A. Anlass und Gegenstand der Untersuchung ......................................... 1 ........ 1 B. Aufbau der Untersuchung ................................................................... 8 ........ 4 Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung .................. 9 ........ 5 A. Rechtsnatur der Insolvenzanfechtung ............................................... I. Dingliche Theorie ....................................................................... II. Schuldrechtliche Theorie ............................................................ III. Haftungsrechtliche Theorie ........................................................ IV. Standpunkt der Rechtsprechung ................................................. V. Stellungnahme ............................................................................

10 11 12 13 17 20

........ 5 ........ 5 ........ 6 ........ 6 ........ 9 ...... 10

B. Entstehung des Insolvenzanfechtungsanspruchs mit Verfahrenseröffnung .......................................................................................... 23 ...... 12 C. Subjektive Zuordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs ............ 27 ...... 15 D. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Insolvenzverfahren ........................................................................................... 31 ...... 17 I. Wortlaut von § 129 Abs. 1 InsO und Systematik der Insolvenzordnung ....................................................................................... 33 ...... 19 II. Verfolgung von bereits erhobenen Einzelgläubigeranfechtungsansprüchen .................................................................................. 36 ...... 20 E. Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs ........................... I. Kein Widerspruch zum Zweck der Insolvenzanfechtung ........... II. Kein Widerspruch zum Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters .................................................................................. III. Keine Verletzung der Rechte des Anfechtungsgegners .............. IV. Kein Widerspruch zu § 18 Abs. 1 AnfG .................................... V. Kein Widerspruch zur haftungsrechtlichen Theorie ...................

39 ...... 22 42 ...... 23 45 46 47 48

...... ...... ...... ......

25 26 27 28

F. Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten Kapitels .................. 49 ...... 29

VII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhebung oder Einstellung des Regelinsolvenzverfahrens ... 51 ...... 31 A. Insolvenzanfechtungsanspruch als Instrument zur Haftungsverwirklichung .................................................................................. 60 ...... 36 B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall ......... I. Haftungsverwirklichung durch gerichtliche Anordnung der Nachtragsverteilung ............................................................. II. Insolvenzanfechtungsanspruch als Gegenstand der Nachtragsverteilung .................................................................................... III. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs in der Nachtragsverteilung ......................................................... IV. Auswirkungen der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs in der Nachtragsverteilung auf den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners ............................................... V. Auswirkungen der Anordnung der Nachtragsverteilung auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs .....

65 ...... 40 66 ...... 41 68 ...... 42 76 ...... 47

83 ...... 51 93 ...... 58

C. Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Ausnahme ......... 96 ...... 60 I. Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) .................................................................. 97 ...... 60 II. Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) ............................................................................... 98 ...... 61 D. Verjährung als zeitliche Grenze des Insolvenzanfechtungsanspruchs ........................................................................................ 100 ...... 62 E. Zusammenfassung der Ergebnisse des dritten Kapitels .................. 108 ...... 67 Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) ............................... 111 ...... 69 A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung im gestaltenden Teil gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO .... I. Fortführungsermächtigung im gestaltenden Teil ...................... 1. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 .............................. 2. BGH, Beschl. v. 7.3.2013 í IX ZR 222/12 ........................ 3. Würdigung der BGH-Rechtsprechung ............................... II. Anhängiger Insolvenzanfechtungsprozess ................................ 1. BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 ............................ 2. Würdigung der BGH-Rechtsprechung ............................... 3. Keine Rechtshängigkeit bereits zum Erörterungsund Abstimmungstermin ....................................................

VIII

114 121 122 125 126 127 128 130

...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......

70 74 75 77 77 78 78 80

135 ...... 83

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

III. Auswirkungen der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung aufgrund einer Planregelung gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO auf den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners .............. 137 ...... 85 IV. Auswirkungen der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung aufgrund einer Planregelung gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs ... 143 ...... 89 V. Planregelung zur Erlös- und/oder Kostenverteilung gemäß § 259 Abs. 3 S. 2 InsO .................................................. 147 ...... 92 B. Kein Rückgriff auf den Rechtsgedanken der Nachtragsverteilung außerhalb von § 259 Abs. 3 InsO bei der Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren ............................................................. 159 ...... 98 C. Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Kapitels ................. 164 .... 101 Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ..... 168 .... 105 A. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) ....... I. Keine analoge Anwendung von § 203 Abs. 1, 2 InsO bzw. § 259 Abs. 3 InsO ..................................................................... II. Keine Erforderlichkeit eines Massezuflusses vor Verfahrensaufhebung ................................................................................. III. Kein Entgegenstehen der Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners ..................................................................................... 1. Verfahrensaufhebung nach Vollzug der Schlussverteilung (§ 200 Abs. 1 InsO) ............................................................ 2. Verfahrensaufhebung nach rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) ............................................................ B. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrenseinstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) ................................................................................ I. Verfahrenseinstellung mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) oder aufgrund von Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO) ...................... II. Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) ................................................................ III. Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) .............................................................................

169 .... 105 171 .... 106 174 .... 108 176 .... 109 177 .... 109 178 .... 110

179 .... 111

180 .... 111 182 .... 113 183 .... 113

IX

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

C. Auswirkungen des Fortbestands des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs .............. 184 .... 114 D. Zusammenfassung der Ergebnisse des fünften Kapitels ................. 185 .... 115 Kapitel 6 Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens ......................................................................... 187 .... 117 A. Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Regelinsolvenzverfahrens ................................... 188 .... 118 B. Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) ........................................................................ 190 .... 119 C. Auswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens auf die Geltendmachung des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den Zessionar ....................................................... 194 .... 122 D. Auflösung des Konkurrenzverhältnisses durch Anwendung der Vorschriften zur Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff. BGB) ...... 195 .... 122 E. Auswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs ........................................................................................ 199 .... 124 F. Zusammenfassung der Ergebnisse des sechsten Kapitels ............... 200 .... 125 Kapitel 7 Schlussbetrachtung .......................................................... 201 .... 127 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 131 Stichwortverzeichnis ........................................................................................ 151

X

Abkürzungsverzeichnis a. A. ............................................... anderer Ansicht, anderer Auffassung a. E. ............................................... am Ende a. F. ............................................... alte Fassung Abs. ............................................... Absatz AcP ............................................... Zeitschrift „Archiv für die civilistische Praxis“ Andres/Leithaus-InsO ................... Andres/Leithaus, Kommentar zur Insolvenzordnung AnfG ............................................. Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens Anh. .............................................. Anhang Anm. ............................................. Anmerkung Art. ................................................ Artikel AT ................................................. Allgemeiner Teil Aufl. .............................................. Auflage BeckOK-InsO ............................... Beck’scher Online-Kommentar InsO BeckOK-ZPO ................................ Beck’scher Online-Kommentar ZPO BeckOKG-BGB ............................ beck-online.GROSSKOMMENTAR BGB BeckRS ......................................... Beck online Rechtsprechung Begr. .............................................. Begründer Beschl. .......................................... Beschluss BGB .............................................. Bürgerliches Gesetzbuch BGH .............................................. Bundesgerichtshof BGHZ ........................................... Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BK-InsO ........................................ Berliner Kommentar Insolvenzrecht Braun-InsO .................................... Braun, Kommentar zur Insolvenzordnung

XI

Abkürzungsverzeichnis

BT-Drucks. ................................... Bundestagsdrucksache bzw. ............................................... beziehungsweise d. h. ............................................... das heißt ders. ............................................... derselbe dies. ............................................... dieselbe(n) DiskE ............................................ Diskussionsentwurf DZWiR ......................................... Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e. V. ............................................... eingetragener Verein EGInsO ......................................... Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Einl. ............................................... Einleitung ESUG ............................................ Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen EWiR ............................................ Zeitschrift „Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht“ f./ff. ............................................... folgende, fortfolgend(e) FamFG .......................................... Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FD-InsR ........................................ beck-fachdienst. Insolvenzrecht FD-ZVR ........................................ beck-fachdienst. Zivilverfahrensrecht FK-InsO ........................................ Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung Fn. ................................................. Fußnote FS .................................................. Festschrift GmbHG ......................................... Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHR ......................................... GmbH-Rundschau GG ................................................. Grundgesetz Graf-Schlicker-InsO ...................... Graf-Schlicker Kommentar zur Insolvenzordnung GWR ............................................. Zeitschrift „Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht“ XII

Abkürzungsverzeichnis

HambKomm-InsO ........................ Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht HK-InsO ....................................... Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung HRI ............................................... Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz Hrsg. .............................................. Herausgeber i. V. m. .......................................... in Verbindung mit InsO ............................................... Insolvenzordnung InsVV ............................................ Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung IPrax .............................................. Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Jaeger-InsO ................................... Jaeger, Insolvenzordnung, Großkommentar Jaeger-KO ..................................... Jaeger, Konkursordnung mit Einführungsgesetzen jurisPR-InsR .................................. juris PraxisReport Insolvenzrecht JuS ................................................. Juristische Schulung JW ................................................. Juristische Wochenschrift K. Schmidt-InsO ........................... Karsten Schmidt, Kommentar zur Insolvenzordnung KO ................................................. Konkursordnung KPB-InsO ..................................... Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur Insolvenzordnung KSI ................................................ Kölner Schrift zur Insolvenzordnung KTS ............................................... Zeitschrift „Konkurs-, Treuhand- und Sanierungswesen“ Lfg. ................................................ Lieferung LG ................................................. Landgericht LMK ............................................. Lindenmaier-Möhring Kommentierte BGHRechtsprechung m. Anm. ........................................ mit Anmerkung m. w. N. ........................................ mit weiteren Nachweisen MDR ............................................. Monatsschrift für Deutsches Recht XIII

Abkürzungsverzeichnis

MünchKomm-AnfG ...................... Münchner Kommentar zum Anfechtungsgesetz MünchKomm-BGB ....................... Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch MünchKomm-InsO ....................... Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung MünchKomm-ZPO ....................... Münchner Kommentar zur Zivilprozessordnung Nerlich/Römermann-InsO ............. Nerlich/Römermann, Kommentar zur Insolvenzordnung NJ .................................................. Neue Justiz NJW .............................................. Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR ....................................... Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report NJW-Spezial ................................. Neue Juristische Wochenschrift Spezial Nr. ................................................. Nummer NZI ................................................ Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht OLG .............................................. Oberlandesgericht RefE .............................................. Referentenentwurf RegE ............................................. Regierungsentwurf RG ................................................. Reichsgericht RGZ .............................................. Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rn. ................................................. Randnummer(n) S. ................................................... Satz; Seite s. o. ................................................ siehe oben sog. ................................................ so genannte(r/s) Staudinger-BGB ............................ Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen Uhlenbruck-InsO .......................... Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung Urt. ................................................ Urteil

XIV

Abkürzungsverzeichnis

v. ................................................... vom; von vgl. ................................................ vergleiche Vor ................................................ Vorbemerkung WM ............................................... Zeitschrift „Wertpapier-Mitteilungen“ WuB .............................................. Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschaftsund Bankrecht z. B. ............................................... zum Beispiel ZfG ................................................ Zeitschrift für Gesetzgebung ZInsO ............................................ Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht ZIP ................................................ Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO ............................................... Zivilprozessordnung ZZP ............................................... Zeitschrift für Zivilprozess

XV

Kapitel 1 Einleitung A. Anlass und Gegenstand der Untersuchung Das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung, welches in den §§ 129 ff. InsO geregelt 1 ist, wirkt bei einem ersten Blick in das Gesetz recht klar strukturiert und einfach zu erfassen. Gemäß § 129 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen.1) Sind die Voraussetzungen eines Insolvenzanfechtungstatbestandes verwirklicht, muss – als Rechtsfolge – zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist (§ 143 Abs. 1 S. 1 InsO). Nach der Terminologie des Gesetzes besteht ein Anfechtungsanspruch (§ 146 Abs. 1 InsO), den der Insolvenzverwalter (§ 129 Abs. 1 InsO) gegenüber dem Anfechtungsgegner (§ 144 InsO) oder dessen Rechtsnachfolger (§ 145 InsO) geltend machen kann. So weit, so einfach – scheint es. Ein Blick in die Kommentarliteratur zu den §§ 129 ff. InsO genügt, um ein völlig 2 anderes Bild anzutreffen. Bereits das Wesen und die Wirkungen der Insolvenzanfechtung (respektive der Konkursanfechtung nach §§ 29 ff. KO) sind seit über einem Jahrhundert umstritten.2) In unzähligen Abhandlungen wurde versucht, die Rechtsnatur der Insolvenzanfechtung zu klären und für die Lösung von Einzelproblemen fruchtbar zu machen. Es wurden verschiedenste Begründungsansätze in den unterschiedlichsten Spielformen hervorgebracht, um das „mystische“ Wesen der Insolvenzanfechtung zu erklären.3) Zwar wird den noch zu erörternden Theorien zur Rechtsnatur der Insolvenzanfechtung in der Praxis inzwischen nur noch wenig Bedeutung beigemessen.4) Gleichwohl setzt ein vertieftes Verständnis der Anfechtungsmaterie voraus, sich mit den Kernaussagen der verschiedenen dogmatischen Begründungsansätze zu befassen. Auch heute noch werden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im insolvenzrechtlichen Schrifttum Begrifflichkeiten verwandt, die auf ein unterschiedliches dogmatisches Verständnis der Insolvenzanfechtung zurückzuführen sind. Neben dem Terminus „Anfechtungsanspruch“, den auch das Gesetz

___________ 1)

2) 3) 4)

Nach § 147 S. 1 InsO kann unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Rechtshandlung, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, nach den Vorschriften angefochten werden, die für die Anfechtung einer vor der Verfahrenseröffnung vorgenommenen Rechtshandlung gelten. Siehe nur Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 11. Eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Theorien ist Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 3 ff. m. w. N. zu entnehmen. Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 143 Rn. 71; K. Schmidt, in: K. Schmidt-InsO, § 129 Rn. 7; Thole, Gläubigerschutz, S. 526 ff.; ders., ZIP 2014, 1653, 1654.

1

Kapitel 1 Einleitung

gebraucht, wird zum Teil von dem „Anfechtungsrecht“5), dem „aus der Insolvenzanfechtung resultierenden Anfechtungsanspruch“6), dem „zur Verwirklichung des Anfechtungsrechts erforderliche[n] Anspruch“7), dem „schuldrechtlichen Rückgewähranspruch“ und der „haftungsrechtlichen Unwirksamkeit“8) gesprochen.

3 Allerdings erschöpfen sich die dogmatischen Unklarheiten nicht allein in dem Streit um die Rechtsnatur der Insolvenzanfechtung und die in diesem Zusammenhang verwendeten Begrifflichkeiten. Auch schon beim Entstehungszeitpunkt des Insolvenzanfechtungsanspruchs werden unterschiedliche Erklärungsansätze gewählt. In enger Verbindung hierzu steht die Problematik, wie sich der Insolvenzanfechtungsanspruch zum Einzelgläubigeranfechtungsanspruch nach dem AnfG verhält. Selbst die scheinbar simplen Fragen, wem der Insolvenzanfechtungsanspruch subjektiv zuzuordnen ist und wie die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs erfolgt, sind im Detail umstritten und mit unterschiedlichen Erklärungsmodellen hinterlegt. Alle diese Themen lassen sich nicht einfach durch die Lektüre des Gesetzes beantworten. Speziell auch die Diskussion um die Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs und die Frage nach dem Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens sind von dogmatischen Überlegungen überlagert und geprägt. Während sich zuletzt im Zusammenhang mit der Frage der Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs gezeigt hat, dass die Rechtsprechung und das insolvenzrechtliche Schrifttum bereit sind, sich von althergebrachten dogmatischen Ansätzen zu lösen und zu sehr begriffsjuristischem Denken verhaftete Standpunkte aufzugeben, ist der Grundsatz des Erlöschens des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Verfahrensbeendigung bislang kaum hinterfragt, geschweige denn wissenschaftlich untersucht worden.9)

4 Das Schicksal des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des Insolvenzverfahrens bildet deshalb den zentralen Gegenstand dieser Arbeit. Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, nach der die vorbehaltlose Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens zum Erlöschen ___________ 5)

6)

7) 8) 9)

2

Nach Eckardt, KTS 1993, 585, 606 umschreibt der Begriff „Anfechtungsrecht“ die Befugnis des Verwalters zur Geltendmachung der Anfechtungsrechtsfolgen. Dagegen werden die Begriffe „Anfechtungsrecht“ und „Anfechtungsanspruch“ von Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 222 ausdrücklich synonym verwandt. Ebenso scheint auch Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 187 ff., 214 ff. die Begriffe „Anfechtungsrecht“ und „Anfechtungsanspruch“ synonym zu verwenden. So. z. B. Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 69, § 143 Rn. 4 und Thole, ZIP 2014, 1653 f. sowie Sinz, in: Uhlenbruck-InsO, § 96 Rn. 24; ähnlich auch der amtliche Leitsatz von BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486. Thole, Gläubigerschutz, S. 320. Zum Begriff der „haftungsrechtlichen Unwirksamkeit“ siehe Gliederungspunkt A.I.3. in diesem Kapitel. Zum Grundsatz des Erlöschens und dessen Berechtigung ausführlich in Kapitel 3 ff.

A. Anlass und Gegenstand der Untersuchung

des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs führt, wird einer kritischen Analyse unterzogen. Als Instrument zur Haftungsverwirklichung und zur Rückabwicklung gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen ist der Insolvenzanfechtungsanspruch zwar grundsätzlich an das Insolvenzverfahren gebunden, gleichwohl kann daraus eine zwingende Abhängigkeit des Fortbestands des Insolvenzanfechtungsanspruchs vom Fortbestand des Insolvenzverfahrens weder her- noch abgeleitet werden. Insbesondere besteht zwischen dem Amt des Insolvenzverwalters und dem Insolvenzanfechtungsanspruch keine „untrennbare Verbundenheit“ dergestalt, dass ein Wegfall des Amtes bei Verfahrensbeendigung zwangsläufig zum Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs führen müsste. Es fragt sich daher, ob der materiellrechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch nach der vorbehaltlosen Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens nicht doch fortbesteht. Das maßgebliche Kriterium für einen solchen Fortbestand des Anspruchs könnte sein, ob der Zweck des Insolvenzanfechtungsanspruchs, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der Insolvenzgläubiger zu verwirklichen, auch noch nach der Verfahrensbeendigung erreicht werden kann. Für das Regelinsolvenzverfahren kommen insofern die Vorschriften zur Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO) in Betracht. Bei der Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren ist demgegenüber die Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO in den Fokus zu nehmen, die eine Sonderregelung zur Insolvenzanfechtung nach Verfahrensaufhebung infolge rechtskräftiger Planbestätigung normiert. Stellt sich heraus, dass der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch un- 5 geachtet der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens fortbestehen kann, ergeben sich insbesondere folgende Fragen: Wie ist dieser Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs dogmatisch ausgestaltet? Bestehen Unterschiede bei den verschiedenen Arten das Insolvenzverfahren aufzuheben oder einzustellen? Inwiefern kann der Insolvenzanfechtungsgegner seinen erst mit der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten wieder auflebenden bzw. neu entstehenden (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 1, 2 InsO nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens noch verwirklichen? Und welche Auswirkungen hat die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Beendigung des Insolvenzverfahrens auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs? Untersuchungsbedürftig ist außerdem, wie sich die Aufhebung oder Einstellung des 6 Insolvenzverfahrens auf den Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs auswirkt, wenn dieser durch den Insolvenzverwalter vor Verfahrensbeendigung im Wege des Forderungsverkaufs (§§ 433, 453 BGB) mit anschließender Forderungsabtretung (§§ 398 ff. BGB) zugunsten der Insolvenzmasse verwertet wurde. Besteht der Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Abtretung auch dann fort, wenn die Anordnung einer Nachtragsverteilung entsprechend §§ 203 ff. InsO oder die Aufnahme einer Regelung entsprechend § 259 Abs. 3 S. 1 InsO in den gestaltenden Teil eines Insolvenzplans unterblieben ist? Setzt der Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs voraus, dass der Zessionar noch vor der

3

Kapitel 1 Einleitung

Verfahrensbeendigung eine vollwertige Gegenleistung zur Insolvenzmasse erbringt? Und macht es für den Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs einen Unterschied, ob das Insolvenzverfahren nach der Anspruchsabtretung aufgehoben oder eingestellt wird?

7 Mit Blick auf die Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach der Aufhebung oder Einstellung des vorangegangenen Insolvenzverfahrens fragt sich ferner, welchem Subjekt der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch zugeordnet ist. Fällt der Insolvenzanfechtungsanspruch in die Insolvenzmasse des neuen Insolvenzverfahrens oder bleibt es bei der vorherigen subjektiven Zuordnung? Oder bestehen nach der Eröffnung des neuen Insolvenzverfahrens womöglich zwei Vermögensmassen mit konkurrierenden Insolvenzanfechtungsansprüchen? Sollte ein solches Konkurrenzverhältnis tatsächlich bestehen, fragt sich zudem, wie dieses Konkurrenzverhältnis sach- und interessengerecht aufgelöst werden kann. Ferner ist zu untersuchen, wie sich die neue Verfahrenseröffnung auf den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch auswirkt. Diese Frage stellt sich auch hinsichtlich der Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs.

B. Aufbau der Untersuchung 8 Im Anschluss an die Einleitung werden im zweiten Kapitel „ ‚Entmystifizierung‘ der Insolvenzanfechtung“ zunächst die dogmatischen Grundlagen erarbeitet, um im dritten Kapitel das Schicksal des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des (Regel-)Insolvenzverfahrens zu untersuchen. Welche Auswirkung die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach der rechtskräftigen Bestätigung eines Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO auf den materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch hat, wird im vierten Kapitel vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO gesondert herausgearbeitet. Unter Berücksichtigung der zuvor gewonnenen Erkenntnisse wird im fünften Kapitel untersucht, welche Auswirkungen die Verfahrensbeendigung auf das Schicksal eines abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs hat. Im sechsten Kapitel werden die Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens in den Blick genommen. Abschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit im siebten Kapitel zusammengefasst.

4

Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung Um das Schicksal des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Auf- 9 hebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des Insolvenzverfahrens adäquat untersuchen zu können, muss das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung zuvor auf eine klare dogmatische Grundlage gestellt werden. Es gilt die unterschiedlichen Erklärungsansätze zum Wesen und Inhalt der Insolvenzanfechtung zu hinterfragen und ein in sich geschlossenes Grundgerüst zu entwickeln.

A. Rechtsnatur der Insolvenzanfechtung Die verschiedenen Begründungsansätze, die im Laufe der Jahrzehnte zur Rechtsnatur 10 der Insolvenzanfechtung entwickelt wurden, lassen sich im Wesentlichen in folgende Kategorien einteilen: die dingliche, die schuldrechtliche und die haftungsrechtliche Theorie.10)

I.

Dingliche Theorie

Nach der dinglichen Theorie wird der Insolvenzanfechtung rechtsgestaltende Kraft 11 beigemessen.11) Die angefochtene Rechtshandlung soll entweder aufgrund einer Anfechtungserklärung12) oder bereits unmittelbar kraft Gesetzes mit Verfahrenseröffnung13) unwirksam werden, so dass vom Gemeinschuldner weggegebene Vermögenswerte unmittelbar in die Konkursmasse zurückfallen.14) Die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs erfolgt somit nicht zur Wiederherstellung der dinglichen Rechtslage, sondern setzt vielmehr eine bereits eingetretene dingliche Rechtsänderung voraus.15) Der Anfechtungsanspruch ist deshalb nach der dinglichen Theorie nicht anders einzuordnen als ein (dinglicher) Herausgabeanspruch.16) ___________ 10) Nach der ausführlichen Darstellung von Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 3 ff. m. w. N. haben sich insgesamt neun verschiedene Theorien herausgebildet. Als Ausprägung der schuldrechtlichen Theorie wurden beispielsweise die Deliktstheorie und die bereicherungsrechtliche Theorie vertreten, die jeweils darauf abzielten, die anfechtungsrechtlichen Rechtsfolgen in das System der privatrechtlichen Ansprüche einzuordnen (vgl. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 7 ff. m. w. N.). Einen Versuch das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung aus zivilrechtlicher Perspektive zu erklären, hat zuletzt Zenger (vgl. Zenger, Die Insolvenzanfechtung aus zivilrechtlicher Perspektive) unternommen. 11) Hellwig, ZZP 26 (1899), 474, 478; die dingliche Wirkung auf eine „relative Unwirksamkeit“ beschränkend Marotzke, KTS 1987, 1, 5; ders., ZfG 1989, 138, 141. 12) Geib, AcP 113 (1915), 335 ff.; Lenhard, ZZP 38 (1909), 165 ff. 13) Hellwig, ZZP 26 (1899), 474 ff. 14) Biehl, KTS 1999, 313, 315. 15) Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 6. 16) Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 6.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

II. Schuldrechtliche Theorie 12 Bei der schuldrechtlichen Theorie führt die Verwirklichung eines Anfechtungstatbestandes zu einem rein schuldrechtlich wirkenden Rückgewähranspruch gegen den Anfechtungsgegner.17) Dieser Anspruch ist Bestandteil eines eigenständig geregelten gesetzlichen Schuldverhältnisses, welches auf die Rückgewähr des aus dem Vermögen des Schuldners anfechtbar Erlangten gerichtet ist.18) Im Gegensatz zu der dinglichen Theorie wird der Anfechtung damit keine rechtsgestaltende Wirkung beigemessen.19) Der Anfechtungsanspruch bildet mithin nicht eine bereits durch den Insolvenzanfechtungstatbestand eingetretene Rechtsänderung ab.20) Vielmehr muss die Rechtsänderung durch die Geltendmachung des Anspruchs erst herbeigeführt werden.21) Die Insolvenzanfechtung erschöpft sich in einem schuldrechtlichen Rückgewähranspruch, der auf die Wiederherstellung der ursprünglichen Rechtslage abzielt.22) Sowohl ihr Wesen als auch ihre Wirkungen sind danach ausschließlich schuldrechtlicher Natur.23)

III. Haftungsrechtliche Theorie 13 In verschiedenen Spielarten wird im insolvenzrechtlichen Schrifttum zudem noch die haftungsrechtliche Theorie vertreten,24) die den Begriff der „haftungsrechtlichen Unwirksamkeit“ geprägt hat.25) Grundlage dieser Theorie ist die Annahme, dass ein subjektives Recht in verschiedene (sachenrechtliche) Funktionen, wie etwa die Verfügungsfunktion, die Nutzungs- und Benutzungsfunktion, die Ausschließungsfunk___________ 17) Biehl, KTS 1999, 313, 316; Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme, Rn. 995 ff.; Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 6 ff.; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 7; Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 6. 18) Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 7; Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 6; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rn. 5. 19) Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 6. 20) Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 7. 21) Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 7. 22) Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 7; Eckardt, KTS 2005, 15, 16. 23) Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 7; Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 6, 9; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rn. 5. 24) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 10 ff., 23 ff.; Sieber, Rechtsnatur, S. 25 ff.; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 7 m. w. N.; Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 5 m. w. N. 25) Die verschiedenen Spielarten der haftungsrechtlichen Theorie unterscheiden sich im Einzelnen in dem Verständnis der „haftungsrechtlichen Unwirksamkeit“ und deren Durchsetzungsmöglichkeiten. Dies führt im Ergebnis dazu, dass sowohl die Frage, ob die Anfechtbarkeit von Zwangsvollstreckungen im Wege der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) geltend gemacht werden kann als auch die Frage, ob die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts in der Insolvenz des Anfechtungsgegners ein Aussonderungsrecht zugunsten der Insolvenzmasse begründet, von den verschiedenen Strömungen der haftungsrechtlichen Theorie unterschiedlich beantwortet werden (vgl. Biehl, KTS 1999, 313, 318 m. w. N.).

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A. Rechtsnatur der Insolvenzanfechtung

tion und die Haftungsfunktion aufgespalten werden kann.26) Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Funktionen nicht zwingend einem Rechtssubjekt allein zugeordnet werden müssen.27) Insbesondere kann die Haftungsfunktion, die umschreibt, welchen Gläubigern der Gegenstand zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung steht, von den anderen Funktionen des subjektiven Rechts getrennt sein.28) Folge dieser Erkenntnis ist, dass ein Gegenstand, der dem Schuldner sachenrechtlich nicht (mehr) gehört, gleichwohl (noch) für seine Schulden haften kann.29) Für das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung bedeutet das konkret: Ein Gegenstand, 14 der anfechtbar erworben wurde, ist zwar aufgrund der Wirksamkeit des dinglichen Erwerbsvorgangs sachenrechtlich dem Vermögen des Erwerbers zugeordnet.30) In Bezug auf die Haftungsfunktion ist derselbe Gegenstand aber durch die Insolvenzanfechtungsregeln weiterhin dem Vermögen des Insolvenzschuldners zugewiesen.31) Der Gegenstand bleibt zugunsten der Gläubiger des Insolvenzschuldners verhaftet, wodurch er diesen als Haftungsobjekt erhalten bleibt.32) Die anfechtbare Rechtshandlung entfaltet mithin keine enthaftende Wirkung, sondern ist vielmehr haftungsrechtlich unwirksam.33) Diese „haftungsrechtliche Unwirksamkeit“ der anfechtbaren Rechtshandlung gilt ipso iure und kann dem Anfechtungsgegner ohne weiteres entgegengehalten werden, so dass es konstruktiv gesehen keines schuldrechtlichen Anspruchs auf Wiederbegründung der früheren Haftungsmasse bedarf.34) Der vom Anfechtungsgegner erworbene Gegenstand haftet nämlich nicht deshalb für die Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, weil der Anfechtungsgegner zur Haftung „verpflichtet“ wäre, sondern weil der anfechtbare Erwerb die Haftung des erworbenen Gegenstandes für die Verbindlichkeiten des Schuldners nicht aufhebt.35) Nach diesem haftungsrechtlichen Verständnis der Insolvenzanfechtung ist der schuld- 15 rechtlich ausgestaltete Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO lediglich ein Instrument zur Haftungsverwirklichung.36) Was damit gemeint ist, wird besonders deutlich, wenn man sich den Fall vor Augen führt, dass der Insolvenzverwalter einen ___________ 26) 27) 28) 29) 30) 31)

32) 33) 34) 35) 36)

Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 23 ff. Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 8; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 27. Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 8; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 27. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 27. Biehl, KTS 1999, 313, 317. Biehl, KTS 1999, 313, 317 ff.; Bork, in: KPB-InsO, 50. Lfg. 09.2012, Vor § 129 Rn. 7 m. w. N.; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 129 Rn. 8; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 7; Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 5 m. w. N. Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 8; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.15. Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 88; Henckel, in: Insolvenzrecht im Umbruch, S. 240 f. Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 8; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 18; Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 575. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 26. Eckardt, KTS 1993, 585, 594; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.13.

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anfechtbar veräußerten beweglichen Gegenstand selbst verwerten will,37) ohne diesen im Besitz zu haben.38) In diesem Fall reicht die haftungsrechtliche Unwirksamkeit ipso iure allein nicht aus, um dem Insolvenzverwalter eine Verfügung über den Gegenstand zu ermöglichen.39) Der Anfechtungsgegner ist Eigentümer des Gegenstandes geworden und sein Eigentumserwerb ist mit Ausnahme der haftungsrechtlichen Zuordnung voll wirksam. Neben der Verfügungsfunktion sind insbesondere die Nutzungs- und Benutzungsfunktion sowie die Ausschließungsfunktion einzig ihm zugeordnet. Nur die Haftungsfunktion des subjektiven Rechts ist der Insolvenzmasse zugewiesen. Diese allein ermächtigt den Insolvenzverwalter aber nicht, dem Anfechtungsgegner die Sache wegzunehmen, um sie zu verwerten. Der Insolvenzverwalter ist anders als der Gerichtsvollzieher kein Vollstreckungsorgan.40) Vielmehr erfolgt die Verwertung des Schuldnervermögens durch den Insolvenzverwalter auf privatrechtlicher Grundlage.41) Will der Verwalter also die Haftung des Gegenstandes eigenhändig realisieren, braucht er (zunächst) den schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO auf Rückübereignung.42) Erst nach der Rückübertragung des Eigentums kann er alle Eigentümerbefugnisse ausüben, insbesondere über den Gegenstand wirksam verfügen.43)

16 In welchen Fallkonstellationen demgegenüber die haftungsrechtliche Unwirksamkeit ipso iure allein ausreicht, so dass es des schuldrechtlichen Verschaffungsanspruchs aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO nicht bedarf, ist unter den Vertretern der haftungsrechtlichen Theorie im Einzelnen umstritten.44) Genügen soll sie jedenfalls im Fall der anfechtbaren Schuldbegründung.45) In diesem Fall kann der Insolvenzverwalter die Haftung der Insolvenzmasse ohne weiteres abwenden, indem er der Inanspruchnahme durch den Anfechtungsgegner die Unwirksamkeit der anfechtbar begründeten Schuld ___________ 37) Will der Insolvenzverwalter die Sache hingegen nicht selbst verwerten, kann er sich auch darauf beschränken, die haftungsrechtliche Unwirksamkeit der Veräußerung mit einer Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung geltend zu machen (vgl. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 28, 53). 38) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 29. 39) Nach Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 29, 53 mangelt es dem Insolvenzverwalter für eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB am Besitz. Für eine Übereignung nach § 931 BGB fehlt ihm der abtretbare Herausgabeanspruch. Der Anspruch auf Rückgewähr aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO scheidet als abtretbarer Herausgabeanspruch im Sinne des § 931 BGB aus, weil er ein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch und der Anfechtungsgegner Eigentümer der Sache ist. 40) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 29. 41) Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 8. 42) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 29, 32, 53; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 143 Rn. 3a; Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 575. 43) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 53. 44) Vgl. nur die Kommentierung von Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 36 ff. mit der Kommentierung von Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 23 ff. 45) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 31; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 34; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 25.

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entgegenhält.46) Eines Anspruchs, gerichtet auf Unterlassung der Inanspruchnahme aus der anfechtbar begründeten Schuld, wie ihn die schuldrechtliche Theorie konstruieren muss, bedarf es aufgrund der haftungsrechtlichen Unwirksamkeit ipso iure nicht.47)

IV. Standpunkt der Rechtsprechung Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich in der Vergangenheit weder zur 17 schuldrechtlichen noch zur haftungsrechtlichen Theorie ausdrücklich bekannt.48) Bislang hat sie nur – wenn auch inzidenter – die dingliche Theorie abgelehnt, indem sie den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO als einen schuldrechtlichen Anspruch qualifiziert und sich gegen eine Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts (im Sinne der dinglichen Theorie) ausspricht.49) Eine Bevorzugung der schuldrechtlichen Theorie gegenüber der haftungsrechtlichen Theorie ist mit dieser Einordnung des Rückgewähranspruchs aber nicht verbunden.50) Wie bereits dargelegt, ist der Rückgewähranspruch nach beiden Theorien schuldrechtlich ausgestaltet. Als ein Bekenntnis des Bundesgerichtshofs zur haftungsrechtlichen Theorie wird 18 von Teilen des Schrifttums allerdings die Entscheidung des IX. Senats zur Aussonderungskraft des schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs in der Insolvenz des Anfechtungsgegners aufgefasst.51) So gelangt etwa Eckardt in seiner Entscheidungsbesprechung zu dem Schluss, dass sich die Haftungspriorität des Anfechtungsanspruchs, zumindest so wie der Bundesgerichtshof diese begründet, „nur auf der Basis der haftungsrechtlichen Lehre erklären lässt.“52) Ähnlich sieht auch Gerhardt den Bundesgerichtshof „auf dem Weg zur haftungsrechtlichen Anfechtungstheorie“.53) Der erkennende Senat selbst hat in der Entscheidung demgegenüber ausdrücklich betont, zu den Anfechtungstheorien nicht Stellung beziehen zu wollen und sein Ergebnis nur anhand der „Wertungen“ der „einschlägigen Gesetzesnormen“ begründet.54) Im Rahmen dieser differenzierenden Betrachtungsweise greift der Bundesgerichts- 19 hof allerdings auch und gerade auf Wertungsgesichtspunkte zurück, die der haftungs___________ 46) 47) 48) 49)

50) 51) 52) 53) 54)

Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 37. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 38. So auch Eckardt, KTS 2005, 15, 19 und Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 38. BGH, Urt. v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04 = NZI 2007, 42; BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486; zur KO vgl. BGH, Urt. v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89 = NJW 1990, 990; BGH, Urt. v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = NJW 1997, 1857. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 29. BGH, Urt. v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01 = NZI 2004, 78. Eckardt, KTS 2005, 15, 30. Gerhardt, ZIP 2004, 1675 ff. BGH, Urt. v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01 = NZI 2004, 78.

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rechtlichen Theorie zugrunde liegen.55) Der Senat spricht explizit von einer „Zuordnung [des anfechtbar erlangten Gegenstandes] zur Haftungsmasse“ in Gestalt einer „vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuweisung“. Er zieht also ein Wesensmerkmal des haftungsrechtlichen Erklärungsansatzes zur Begründung seines Ergebnisses heran.56) Ob darin eine (verkappte) Stellungnahme zu dem Theorienstreit zu sehen ist, mag unterschiedlich bewertet werden.57) Festzuhalten ist jedenfalls, dass dem schuldrechtlichen Rückgewähranspruch nach dem Verständnis des Bundesgerichtshofs eine besondere haftungsrechtliche Qualität zukommen kann.58)

V. Stellungnahme 20 Die eingangs geschilderte dingliche Theorie wird heute zu Recht nicht mehr vertreten.59) Bei der Kodifizierung der Insolvenzanfechtungsvorschriften hat der Gesetzgeber bewusst auf Formulierungen verzichtet, aus denen nach der Konkursordnung noch eine dingliche Wirkung der Anfechtung abgeleitet werden konnte.60) Insbesondere wurde bei der Normierung von § 129 Abs. 1 InsO von der Übernahme der Worte „den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam“ (§ 29 KO) abgesehen, welche den wichtigsten dogmatischen Anknüpfungspunkt der dinglichen Theorie bildeten.61) Vergleicht man zudem den Wortlaut des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO mit dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 S. 1 InsO, des § 88 InsO oder des § 91 Abs. 1 InsO wird deutlich, dass die angefochtene Rechtshandlung nach der Vorstellung des Gesetzgebers weder relativ noch absolut unwirksam sein soll.62) Vielmehr normiert § 143 Abs. 1 S. 1 InsO als Rechtsfolge des anfechtbaren Erwerbs im Regelfall einen obligatorischen Rückgewähranspruch.63) Untermauert wird dieses Verständnis der Insolvenzanfechtung zudem durch die Regierungsbegründung zu § 88 InsO, wonach die Rechtswirkungen der Insolvenzanfechtung im Gegensatz zu denen der Rückschlagsperre keine „[dingliche] Unwirksamkeit ipso iure“ vorsehen.64) Insoweit stringent wurde deshalb ___________ 55) Eckardt, KTS 2005, 15, 30; Sieber, Rechtsnatur, S. 105. 56) Eckardt, KTS 2005, 15, 30. 57) Das Meinungsspektrum zu dieser Frage ist vielfältig: Während Gerhardt, ZIP 2004, 1675 ff. die Entscheidung als Übergang zur haftungsrechtlichen Theorie wertet, folgt der Bundesgerichtshof nach der Auffassung von Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 38 im Kern auch weiterhin der schuldrechtlichen Theorie, behalte sich aber Wertungskorrekturen im Einzelfall vor. Demgegenüber nehmen z. B. Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 89 und Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 576 an, dass die Insolvenzanfechtung vom Bundesgerichtshof als Rechtsinstitut sui generis verstanden wird. 58) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 16. 59) Biehl, KTS 1999, 313, 316. 60) BGH, Urt. v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04 = NZI 2007, 42, 43 Rn. 15; Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme, Rn. 995. 61) Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 37. 62) BGH, Urt. v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04 = NZI 2007, 42, 43 Rn. 15. 63) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 157. 64) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 137.

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auch die Ausschlussfrist des § 41 Abs. 1 KO durch einen Verweis auf die Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ersetzt (§ 146 Abs. 1 InsO).65) Dogmatisch stellt sich heute nur noch die Frage, ob der schuldrechtlichen oder der 21 haftungsrechtlichen Theorie der Vorzug einzuräumen ist. Einigkeit besteht zwischen den beiden Erklärungsansätzen zumindest insoweit, als der Anspruch aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO als schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch ausgestaltet ist.66) Während die schuldrechtliche Theorie allerdings bei der Erkenntnis stehen bleibt, dass die Insolvenzanfechtung nicht dinglich wirkt und – den Fallgestaltungen des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO entsprechend – auf einem ausschließlich schuldrechtlichen Anspruch beharrt,67) berücksichtigt der haftungsrechtliche Erklärungsansatz, dass der Gesetzgeber die Anfechtungswirkungen nach der Insolvenzordnung mit verschiedenartigen Mitteln durchsetzen will.68) So bestimmt etwa § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, dass eine Aufrechnung unzulässig ist, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Der Gesetzgeber spricht der Anfechtbarkeit der Rechtshandlung in diesem Fall eben nicht nur schuldrechtliche, sondern unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung zu, indem er die Aufrechnung kraft Gesetzes ohne weiteres für unzulässig erklärt.69) Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, dass der Reformgesetzgeber in der allgemeinen Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung davon spricht, dass die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung nur „im Regelfall“ einen obligatorischen Rückgewähranspruch begründet.70) Summa summarum ist der schuldrechtliche Rückgewähranspruch – ebenso wie das 22 Aufrechnungsverbot aus § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO oder die sog. „Einrede der Anfechtbarkeit“ – nur ein Instrument zur Realisierung der haftungsrechtlichen (Vermögens-)Zuordnung.71) Durch die Anfechtungsregeln ist die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bereits ipso iure haftungsrechtlich unwirksam.72) Ein verschobener Vermögensgegenstand ist deshalb weiterhin als dem haftenden Vermögen zugehö___________ 65) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 168. 66) Zur unstreitig schuldrechtlichen Ausgestaltung des Rückgewähranspruchs aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO siehe nur Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 29; Kayser, ZIP 2015, 449, 450; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 1 ff.; Thole, ZIP 2014, 1653, 1654. 67) Biehl, KTS 1999, 313, 318; Eckardt, KTS 2005, 15, 28. 68) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 32; Bork, in: KPB-InsO, 50. Lfg. 09.2012, Vor § 129 Rn. 9; Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 574. 69) So sogar BGH, Urt. v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04 = NZI 2007, 42, 43 Rn. 17; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 38. 70) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 157. 71) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.13; Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 575; Thole, Gläubigerschutz, S. 526. 72) Bork, in: KPB-InsO, 50. Lfg. 09.2012, Vor § 129 Rn. 7.

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rig zu behandeln.73) Zugleich haftet die Insolvenzmasse nicht für anfechtbar eingegangene Verbindlichkeiten.74) Gleichwohl darf eine solche haftungsrechtliche Unwirksamkeit nicht als „dingliche Unwirksamkeit“ oder als „haftungsrechtlich-dingliche Unwirksamkeit“ missverstanden werden.75) Entscheidend ist, dass die Insolvenzanfechtung nicht die dingliche Zuordnung des Anfechtungsgegenstandes zuungunsten des Anfechtungsgegners außer Kraft setzt.76) Die Haftungsfunktion kann und darf die sonstigen Funktionen des Eigentums nicht verdrängen, muss vielmehr mit diesen im Einklang stehen.77) Mit anderen Worten: Die Insolvenzanfechtung wirkt zwar haftungsrechtlich ipso iure, um die gesetzliche Haftungsordnung zu schützen. Als Mittel zum Zweck benötigt sie aber ihrerseits regelmäßig schuldrechtliche Rückgewährpflichten, soweit als Rechtsfolge der Anfechtbarkeit einzelne Vermögenswerte zurückzuschaffen sind.78) Insbesondere müssen anfechtbar übereignete bewegliche Sachen gemäß §§ 929 ff. BGB (rück-)übertragen, anfechtbar abgetretene Forderungen gemäß § 398 BGB (rück-)abgetreten und anfechtbar aufgehobene Rechte wiederhergestellt werden.79)

B. Entstehung des Insolvenzanfechtungsanspruchs mit Verfahrenseröffnung 23 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht der Insolvenzanfechtungsanspruch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes.80) Die Entstehung des Anspruchs setzt neben der Verfahrenseröffnung allein die Verwirklichung eines Anfechtungstatbestandes voraus. Eine Anfechtungserklärung ist auf

___________ 73) Der Anfechtungsgegner haftet mit dem anfechtbar erworbenen Vermögensgegenstand für eine fremde Schuld (vgl. Biehl, KTS 1999, 313, 318; Bork, in: KPB-InsO, 50. Lfg. 09.2012, Vor § 129 Rn. 7; Thole, Gläubigerschutz, S. 526). 74) Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 88. 75) Im Ergebnis ebenso Biehl, KTS 1999, 313, 319 f.; Eckardt, KTS 2005, 15, 28 f. 76) Biehl, KTS 1999, 313, 319. 77) Biehl, KTS 1999, 313, 319 f. 78) Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 575. 79) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 28, 32, 35. 80) Ständige Rechtsprechung seit RG, 5.1.1893 – VI 228/92 = RGZ 30, 71, 74; BGH, Urt. v. 3.12.1954 – V ZR 96/53 = BGHZ 15, 333, 337 = WM 1955, 309; BGH, Urt. v. 9.7.1987 – IX ZR 167/86 = BGHZ 101, 286, 288 = ZIP 1987, 1132; BGH, Urt. v. 13.6.1995 – IX ZR 137/94 = BGHZ 130, 76 = ZIP 1995, 1200, 1204, 1206; BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – IX ZB 225/03 = WM 2004, 1390; BGH, Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04 = BGHZ 171, 38, 44 = MDR 2007, 678; BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – IX ZB 46/08 = ZInsO 2009, 495 Rn. 10; BGH, Beschl. v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08 = NZI 2009, 313, 314 Rn. 26; BGH, Beschl. v. 29.9.2010 – IX ZB 204/09 = NZI 2011, 73 Rn. 11; BGH, Beschl. v. 24.3.2011 – IX ZB 36/09 = WM 2011, 998 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 6.12.2012 – IX ZB 84/12 = WM 2013, 91 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 7.2.2013 – IX ZB 286/11 = WM 2013, 472 Rn. 12; BGH, Beschl. v. 20.11.2014 – IX ZR 275/13 = NZI 2015, 178.

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B. Entstehung des Insolvenzanfechtungsanspruchs mit Verfahrenseröffnung

Tatbestandsseite nicht erforderlich.81) Dieser Auffassung hat sich der überwiegende Teil des Schrifttums angeschlossen.82) Nur vereinzelt wird vertreten, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch bereits mit der Vollendung des Insolvenzanfechtungstatbestandes aufschiebend bedingt durch die Verfahrenseröffnung entsteht.83) Diese Auffassung unterscheidet jedoch unzureichend zwischen der Begründung, der Entstehung und der Fälligkeit des Anspruchs.84) Der Anfechtungsanspruch ist zwar mit dem Eintritt der Rechtswirkung der anfechtbaren Handlung angelegt bzw. begründet.85) Aber erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Anfechtungsanspruch auch entstanden.86) Insofern kann nur von einem zukünftigen, nicht aber von einem bedingten Anspruch gesprochen werden.87) Der Insolvenzanfechtungsanspruch entsteht auch dann erst mit der Eröffnung des 24 Insolvenzverfahrens, wenn zuvor aufgrund desselben Sachverhalts eine Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG möglich gewesen wäre.88) Entgegen der Auffassung von Henckel89), der sich einige Stimmen aus dem Schrifttum90) angeschlossen haben, führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zu einer „Rechtsnachfolge besonderer Art“, die im Ergebnis den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs vorverlagern würde. Die Annahme einer solchen besonders gestalteten cessio legis beruht auf einem fehlerhaften Verständnis des Verhältnisses der beiden Anfechtungsinstitute zueinander. Zugegebenermaßen stimmen zwar die Tatbestände der Einzelgläubigeranfechtung (§§ 3 bis 6a AnfG) mit den Tatbeständen der allgemeinen Insolvenzanfechtung (§§ 133 bis 135 InsO) weitgehend überein. Dieser Umstand allein rechtfertigt es aber noch nicht, ___________ 81) BGH, Urt. v. 9.7.1987 – IX ZR 167/86 = BGHZ 101, 286, 288 = ZIP 1987, 1132; BGH, Urt. v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96 = BGHZ 135, 140, 151 = NJW 1997, 1857; BGH, Urt. v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01 = NZI 2004, 253; BGH, Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04 = BGHZ 171, 38, 44 = NZI 2007, 230; BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 209/06 = ZIP 2008, 888 Rn. 11; a. A. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 7.2.1997 – 24 U 68/95 = ZIP 1997, 598, 602; zuletzt auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.4.2010 – 4 U 128/09 = NZI 2010, 483, 484, welches „die Ausübung eines Anfechtungsrechts“ fordert. 82) Bork, ZIP 2006, 589, 590; Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme, Rn. 1043; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 86 ff.; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 1, 9; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 2 ff. 83) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 103; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 186; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 186. 84) Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, Rn. B 677. 85) Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, Rn. B 677. 86) Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, Rn. B 677. 87) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 9. 88) BGH, Urt. v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94 = NJW 1995, 2783; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 9; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 4. 89) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 103; ders., JZ 1996, 527, 529. 90) Eckardt, Anfechtungsklage, S. 49 ff.; Paulus, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 16 AnfG Rn. 5; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, § 35 Rn. 10; Thole, Gläubigerschutz, S. 317 ff.; ders., ZZP 121 (2008), 67, 84 ff.; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rn. 460.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

eine Identität von Einzelgläubiger- und Insolvenzanfechtungsanspruch anzunehmen.91) Eine Identität der Ansprüche kann zudem auch nicht aus den Regelungen der §§ 16 und 17 AnfG hergeleitet werden. Diese – als prozessuale Regelungen zu verstehenden Vorschriften – ordnen lediglich die verfahrensbedingte Rechtsnachfolge des Insolvenzverwalters in die Stellung des anfechtenden Einzelgläubigers an, ohne dass der Insolvenzanfechtungsanspruch bereits vor der Verfahrenseröffnung in Form des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs bestanden haben müsste.92)

25 Nach richtigem Verständnis sind der Insolvenzanfechtungsanspruch und der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch wesensverschiedene Ansprüche.93) Sie stehen zueinander in einem Aliud-Verhältnis. Im Gegensatz zu der Rechtsprechung des Reichsgerichts94) und des Bundesgerichtshofs95) ist dieses Verhältnis aber nicht dahingehend zu verstehen, dass der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch mit der Verfahrenseröffnung einen anderen Anspruchsinhalt erhält. Es tritt kein materiell-rechtlicher Wandel des Anspruchs bei Verfahrenseröffnung ein.96) Richtigerweise stehen die beiden Anfechtungsansprüche nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nebeneinander. Das in dieser Weise verstandene Aliud-Verhältnis schließt es deshalb schon begriffsnotwendig aus, dass der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingt durch die „Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG erlischt und als Insolvenzanfechtungsanspruch neu geboren wird.

26 Vorzugswürdig ist daher die im Vordringen befindliche Begründung von Jacoby97) und Würdinger98), wonach die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Geltendma___________ 91) In ihrer Grundstruktur stimmt die Einzelgläubigeranfechtung weitgehend mit der Insolvenzanfechtung überein. Ihr Gepräge erhält sie aber durch das – außerhalb des Gesamtvollstreckungsverfahrens – geltende Recht der Einzelzwangsvollstreckung. Im Unterschied zur Insolvenzanfechtung dient die Einzelgläubigeranfechtung deshalb nicht dem Kollektivinteresse aller Insolvenzgläubiger, sondern ausschließlich dem Individualinteresse des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers (vgl. nur Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 30 ff.). 92) Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 16 Rn. 8; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 186; Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 28 ff.; ders., in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 9. 93) Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 16 Rn. 8; Jacoby, LMK 2011, 323485; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 186; Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 31 f. 94) RG, Beschl. v. 24.11.1892 – VI 116/92 = RGZ 30, 67, 71. 95) BGH, Urt. v. 29.11.1989 – VIII ZR 228/88 = NJW 1990, 716, 718 = BGHZ 109, 240, 249; BGH, Urt. v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94 = NJW 1995, 2783, 2784; dem Bundesgerichtshof zustimmend Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 16 Rn. 7, 9; Kirchhof, in: MünchKommAnfG, § 16 Rn. 12, § 18 Rn. 6, 8; Klumb, Kollisionsrecht, S. 83. 96) So wohl aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 107. In dieser Entscheidung führt das Oberlandesgericht aus: „Der aufgenommene Anspruch des Einzelgläubigers verwandelt sich bei Konkurseröffnung […] in einen Anspruch der Konkursmasse und die Einzelanfechtung wird durch die Aufnahme ihrem Ziel und ihrem Inhalt nach zur Konkursanfechtung“. 97) Jacoby, LMK 2011, 323485. 98) Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 32.

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C. Subjektive Zuordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs

chung der Einzelgläubigeranfechtung durch die Insolvenzgläubiger suspendiert.99) Nach diesem Suspendierungsansatz bewirkt die Verfahrenseröffnung eine Durchsetzungssperre, die bis zur „Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG fortdauert.100) Ein solches Verständnis entspricht auch eher dem Wortlaut von § 16 Abs. 1 S. 1 AnfG, nach dem der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung berechtigt ist, den vom Gläubiger bereits erhobenen Anfechtungsanspruch zu verfolgen. Von der Geltendmachung eines neu entstandenen Anspruchs ist in dieser Vorschrift gerade keine Rede. Der Insolvenzverwalter verfolgt keinen „gewandelten Anspruch“, sondern hat die Wahl zwischen der Verfolgung des Anspruchs aus § 11 AnfG und des seit der Insolvenzeröffnung daneben bestehenden Anspruchs aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO. Diese Parallelität der nebeneinander bestehenden Ansprüche findet sich auch in § 17 Abs. 3 S. 2 AnfG wieder. Dort heißt es ausdrücklich, dass das Recht des Insolvenzverwalters, nach den Vorschriften der Insolvenzordnung den (Insolvenz-)Anfechtungsanspruch geltend zu machen, durch die Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits eines Einzelgläubigers nicht ausgeschlossen wird.

C. Subjektive Zuordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs Die Schwierigkeiten der Rechtsprechung und des Schrifttums das Rechtsinstitut der 27 Insolvenzanfechtung dogmatisch zu erfassen und einzuordnen, spiegeln sich auch in den verschiedenen Erklärungsansätzen zur subjektiven Zuordnung bzw. zur Rechtsinhaberschaft des Insolvenzanfechtungsanspruchs wieder. Je nach Ansatz wird der Anspruch entweder der Gläubigergesamtheit (der die Insolvenzanfechtung wirtschaftlich zu Gute kommt), dem Insolvenzverwalter (der den Insolvenzanfechtungsanspruch geltend macht) oder dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“, dessen Träger der Schuldner ist, subjektiv zugeordnet. Mit der Insolvenzordnung nicht vereinbar ist die Auffassung, welche den Gläubigern 28 des Insolvenzschuldners die Rechtsinhaberschaft zuweisen will.101) Ungeachtet der Tatsache, dass die Insolvenzanfechtung wirtschaftlich den Interessen der Gläubiger dient, billigt das Gesetz der Gläubigergesamtheit keine Rechtsfähigkeit zu.102) Die Gläubiger bilden keinen rechtlichen Verbund, sind mithin keine Rechtsgemeinschaft.103) Folglich kann ihnen der Anspruch subjektiv nicht zugeordnet werden.104) ___________ 99) Ähnlich schon Kleinfeller, JW 1933, 1147 in seiner Anmerkung zu OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.11.1931 – IV ZBR 130/31 = JW 1933, 1147 f., wonach das Einzelanfechtungsrecht nur ruhe; zuletzt auch Stürner, KTS 2017, 291, 297 „die während des Insolvenzverfahrens gesperrte Gläubigeranfechtung“. 100) Jacoby, LMK 2011, 323485. 101) Vgl. dazu Cosack, Anfechtungsrecht, S. 231 f. sowie Kohler, Lehrbuch des Konkursrechts, S. 209 f. 102) BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102, 105 = NJW 1982, 1765, 1766. 103) Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 203; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 189. 104) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 285.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

29 Auch die schon vom Reichsgericht105) und bis ins Jahr 2009 vom Bundesgerichtshof106) vertretene Auffassung, Rechtsinhaber des Insolvenzanfechtungsanspruchs sei der Insolvenzverwalter, kann im Ergebnis nicht überzeugen.107) Dem Insolvenzverwalter wird danach ohne zwingenden Grund materiell eine stärkere Rechtsstellung zugesprochen, als er bedarf und als das Insolvenzrecht ihm allgemein zugesteht.108) Nach der Amtstheorie, die sich als herrschende Theorie zur Einordnung des Verwalterhandelns im Insolvenzverfahren herausgebildet hat,109) übt der Insolvenzverwalter nicht eigene, sondern fremde Rechte im eigenen Namen aus.110) Einen eigenen Insolvenzanfechtungsanspruch des Insolvenzverwalters anzunehmen, steht dazu klar im Widerspruch.111) Das Handeln des Insolvenzverwalters würde – ohne ersichtlichen Grund und ohne zusätzlichen Erklärungswert – in Bezug auf den Insolvenzanfechtungsanspruch anders erklärt als in Bezug auf die sonstigen Rechte der Insolvenzmasse.112) Zudem führt der Erklärungsansatz des Bundesgerichtshofs nur zu einer Reihe konstruktiver Probleme.113) So bestehen beispielsweise Schwierigkeiten bei der Begründung der Gegenseitigkeit für eine Aufrechnung gemäß § 387 BGB gegen Masseverbindlichkeiten.114) Ebenso stellt sich die Frage, wer Rechtsinhaber des Insolvenzanfechtungsanspruchs wird, wenn der Insolvenzverwalter verstirbt.115)

30 Allein zu überzeugen vermag der Erklärungsansatz, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“, dessen Träger der Schuldner ist, ___________ 105) RG, Urt. v. 27.3.1893 – VI 2/93 = RGZ 31, 40, 43. 106) BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102, 105 = NJW 1982, 1765, 1766; BGH, Urt. v. 22.12.1982 – VIII ZR 214/81 = BGHZ 86, 190, 196 = NJW 1983, 887, 888; BGH, Urt. v. 1.12.1988 – IX ZR 112/88 = BGHZ 106, 127, 129 = NJW 1989, 985, 986; BGH, Beschl. v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08 = NZI 2009, 313, 314 Rn. 13; der früheren Auffassung des Bundesgerichtshofs folgen heute noch Th. Schultze, in: HRI, § 46 Rn. 82 f., Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 129 Rn. 24, § 143 Rn. 47, Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 8 und Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9. 107) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 97. 108) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 188. 109) Der Insolvenzverwalter wird nach der herrschenden Amtstheorie als Partei kraft Amtes tätig. Er ist ein besonderes Rechtspflegeorgan, das im eigenen Namen ein ihm vom Gesetz übertragenes (privates) Amt ausübt. Weitere Theorien zur Rechtsstellung die Insolvenzverwalters sind die Vertretertheorie, die Theorie vom neutralen Handeln, die Organtheorie und die modifizierte Vertreter- oder Repräsentationstheorie – grundlegend zu den Theorien Jacoby, Das private Amt, S. 77 ff., 282 ff. 110) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 97. 111) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 97. 112) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 2. 113) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 188; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 2. 114) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 188. 115) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 2.

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D. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Insolvenzverfahren

subjektiv zuzuordnen ist.116) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird „das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt“ (vgl. § 35 Abs. 1 InsO), in der „Insolvenzmasse“ gebündelt. Eine solche Zuweisung führt zwangslos dazu, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch – der nach vorzugswürdiger Auffassung117) erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht – als ein Bestandteil des haftenden Sondervermögens „Insolvenzmasse“ anzusehen ist. Als ein Aktivum der Insolvenzmasse teilt er mit den anderen Massegegenständen den Zweck, für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung zu stehen.118) Auch wenn der Rechtsträger dieses Sondervermögens der Insolvenzschuldner ist,119) darf man nicht aus dem Blick verlieren, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den Gläubigern und nicht dem Schuldner gebührt.120) Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner selbst den Insolvenzanfechtungsanspruch kraft Gesetzes nie geltend machen kann.121)

D. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Insolvenzverfahren Von der Entstehung und der subjektiven Zuordnung des Insolvenzanfechtungsan- 31 spruchs ist die Befugnis zur Geltendmachung desselben zu unterscheiden. Diese ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum für das Regelinsolvenzverfahren grundsätzlich allein dem Insolvenzverwalter vorbehalten, der weisungsfrei kraft seines Amtes im eigenen Namen fremde Rechte geltend macht (dazu unter I.).122) Im Grundsatz kann nur der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch fristwahrend durch Klage oder im Wege der Einrede geltend machen,123) ___________ 116) Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 203 f.; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 285; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 104; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 191; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 2; ders., EWiR 2009, 415; Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, Rn. B 674; Bork, in: FS-Runkel, S. 241, 252; Büteröwe, in: K. SchmidtInsO, § 143 Rn. 3; so nunmehr ausdrücklich auch der Bundesgerichtshof in BGH, Urt. v. 30.4.2015 – IX ZR 1/13 = NZI 2015, 734, 735 Rn. 7; zur KO bereits Weber, KTS 1961, 49, 55 f. 117) Dazu unter Gliederungspunkt B. in diesem Kapitel. 118) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 2; Thole, Gläubigerschutz, S. 323. 119) Einhergehend mit der Verfahrenseröffnung erfolgt weder ein Wechsel der Rechtsträgerschaft, noch wird die Insolvenzmasse selbst zum Rechtssubjekt oder zum Rechtsträger erhoben. 120) Teilweise wurde unter der Geltung der Konkursordnung noch vertreten, dass der Anfechtungsanspruch unmittelbar dem Schuldner subjektiv zugeordnet ist. So etwa von Lent, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 36 Rn. 5, § 37 Rn. 21; anschaulich dargestellt von Erdmann, KTS 1967, 87, 89 ff. 121) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.108; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 190. 122) BGH, Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04 = BGHZ 171, 38, 44 = NZI 2007, 230, 231 Rn. 20; zur KO siehe BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102, 105 = NJW 1982, 1765, 1766; BGH Urt. v. 29.11.1989 – VIII ZR 228/88 = NJW 1990, 716, 718; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 277; Bork, in: FS-Runkel, S. 241, 252; Borries/Hirte, in: UhlenbruckInsO, § 143 Rn. 13. 123) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 277; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 196; Borries/ Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 14.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

den Anfechtungsgegner in Verzug setzen124) oder sich mit ihm auf einen Wertersatzanspruch statt Rückgewähr einigen,125) Erfüllungsleistungen entgegennehmen,126) einen Vergleich über den Anfechtungsanspruch abschließen,127) den Anfechtungsanspruch erlassen128) oder diesen nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch abtreten.129) Im Verfahren mit Eigenverwaltung gilt aufgrund der ausdrücklichen Ermächtigung in § 280 InsO entsprechendes für den Sachwalter.130) Eine andere Person – etwa der Schuldner, ein Gläubiger oder ein Dritter – kann den Insolvenzanfechtungsanspruch erst und nur dann geltend machen, wenn der Insolvenzverwalter eine Ermächtigung zur prozessstandschaftlichen Geltendmachung erteilt131) oder den Anspruch abgetreten132) hat.133)

32 Diese starke Stellung des Insolvenzverwalters kommt auch in den §§ 16 bis 18 AnfG zum Ausdruck. Wird über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet und treffen deshalb Einzelgläubigeranfechtung und Insolvenzanfechtung aufeinander, ist nach Maßgabe dieser Vorschriften grundsätzlich nur noch die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter möglich (dazu unter II.). Sogar die einzige Ausnahme von dem Grundsatz, dass im Insolvenzverfahren nur der Insolvenzverwalter Anfechtungsansprüche geltend machen kann, ist mit dem Wegfall der Vorschriften zum vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 312 bis 314 InsO a. F.) mittlerweile Rechtsgeschichte. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte am 1.7.2014 konnte der Insolvenzanfechtungsanspruch im vereinfachten Verfahren noch durch jeden Insolvenzgläubiger und bei einem entsprechenden Auftrag der Gläubigerver___________ 124) 125) 126) 127) 128) 129) 130)

131)

132) 133)

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BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 7. BGH, Urt. v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94 = NJW 1995, 2783, 2784. BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487. BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487; Kreft, in: FS-Karsten Schmidt, S. 965 ff. BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487; Thole, ZIP 2014, 1653, 1654 ff.; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 14, 88 ff. Ausführlich zur Zulässigkeit der Anspruchsabtretung in diesem Kapitel unter Gliederungspunkt E. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist hingegen nicht zur Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs befugt. Die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs gehört zur Sphäre der Verwertung des Schuldnervermögens, die im Regelinsolvenzverfahren allein dem endgültigen Insolvenzverwalter vorbehalten ist. Im Übrigen entsteht der Insolvenzanfechtungsanspruch sowieso erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 7; noch zur KO siehe BGH, Urt. v. 19.3.1987 – III ZR 2/86 = BGHZ 100, 217, 218 = NJW 1987, 2018; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 5 m. w. N. Zur Geltendmachung des abgetretenen Anfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung siehe Kapitel 5. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 277; Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 34.

D. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Insolvenzverfahren

sammlung auch durch den Treuhänder oder einen bestimmten Gläubiger geltend gemacht werden (§ 313 Abs. 2 S. 2, 3 InsO a. F.). Dieses Modell hat sich jedoch nicht bewährt.134)

I.

Wortlaut von § 129 Abs. 1 InsO und Systematik der Insolvenzordnung

Die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung des Insolvenzanfech- 33 tungsanspruchs ist für das Regelinsolvenzverfahren in § 129 Abs. 1 InsO angesprochen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Entscheidend ist die Formulierung „kann der Insolvenzverwalter […] anfechten“.135) Mit dieser knüpft der Gesetzgeber an den Wortlaut von § 36 KO an, dessen Regelungsgehalt in den Grundtatbestand zur Insolvenzanfechtung übernommen wurde.136) Die Vorschrift des § 36 KO bestimmte schon damals: „Das Anfechtungsrecht wird von dem Verwalter ausgeübt“. In Anknüpfung an diese Formulierung spricht Henckel auch heute noch vom „Ausübungsmonopol“ des Insolvenzverwalters.137) Begrifflich zutreffender ist es allerdings, von einem „Anfechtungsmonopol“ zu sprechen, welches grundsätzlich allein dem Insolvenzverwalter ermöglicht, den Insolvenzanfechtungsanspruch geltend zu machen oder über den Insolvenzanfechtungsanspruch zu verfügen.138) Freilich sollte die Erwähnung des Insolvenzverwalters in § 129 Abs. 1 InsO nicht 34 überinterpretiert werden. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht der Insolvenzanfechtungsanspruch als Bestandteil des Sondervermögens „Insolvenzmasse“.139) Der Träger des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ ist zwar nach wie vor der Insolvenzschuldner, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis steht aber gemäß § 80 Abs. 1 InsO allein dem Insolvenzverwalter zu, der die Masseverwertung im Interesse aller Gläubiger sicherzustellen hat.140) Diese ausdrückliche Kompetenzanordnung macht die Konstruktion einer besonderen „Anfechtungsbefugnis“ – wie ___________ 134) So ausdrücklich RegE, BT-Drucks. 17/11268, S. 35. 135) Eine andere zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs legitimierte Person wird in den §§ 129 – 147 InsO nicht genannt. Vielmehr kann auch nach § 146 Abs. 2 InsO nur „der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht“. 136) Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 402. 137) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 277 ff. 138) Kirchhof, in: FS-Haarmeyer, S. 129; zur Einzelgläubigeranfechtung auch Thole, Gläubigerschutz, S. 320. 139) Siehe dazu Gliederungspunkt C. in diesem Kapitel. 140) Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 104 m. w. N.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

sie etwa Kirchhof141) und Kayser142) vertreten – überflüssig.143) Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO begründet zwangslos auch die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs.144) Die Erwähnung des Insolvenzverwalters in § 129 Abs. 1 InsO hat somit im Ergebnis eher klarstellenden Charakter.145)

35 Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die besondere Bedeutung der Vorschrift des § 280 InsO. Ohne die Vorschrift würde die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Verfahren mit Eigenverwaltung dem eigenverwaltenden Schuldner obliegen. Denn abweichend vom Regelinsolvenzverfahren verbleibt die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse im Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung grundsätzlich beim Schuldner (§ 270 Abs. 1 S. 1 InsO).146) Zur Vermeidung von Interessenkollisionen hat der Gesetzgeber diesen Grundsatz durch die ausdrückliche Ermächtigung des Sachwalters in § 280 InsO durchbrochen.147) Der Sachwalter tritt insoweit an die Stelle des Insolvenzschuldners und nimmt mit der Geltendmachung der Insolvenzanfechtung – atypisch zu seiner Kontrollfunktion – Aufgaben wie ein Insolvenzverwalter wahr.148) Unbestreitbar ist der Sachwalter als „neutrale Person“ für diese Aufgabe besser geeignet als der Schuldner,149) da dieser andernfalls seine eigenen Rechtshandlungen anfechten müsste.150) Zur Sicherstellung und Wahrung der Gläubigerinteressen wollte der Gesetzgeber eine solche Konfliktlage gerade vermeiden.151)

II. Verfolgung von bereits erhobenen Einzelgläubigeranfechtungsansprüchen 36 Die starke Stellung des Verwalters in Bezug auf die Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen ergibt sich nicht nur unmittelbar aus der Insolvenzordnung, sondern folgt auch aus dem Zusammenspiel der §§ 16 bis 18 AnfG. Diese beinhalten prozessuale Regelungen, die den Verwalter aus prozessökonomischen Gründen be___________ 141) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 194 ff. 142) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 194 ff. 143) Bork, ZIP 2006, 589, 590; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 4; ähnlich auch Eckardt, KTS 1993, 585, 597. 144) Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 204; Bork, ZIP 2006, 589, 590; Ehricke, in: KPB-InsO, 34. Lfg. 11.2008, § 129 Rn. 5; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 4, 9. 145) Zu § 36 KO so schon Eckardt, KTS 1993, 585, 598. 146) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 225; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 280 Rn. 1; Pape, in: KPB-InsO, 35. Lfg. 02.2009, § 280 Rn. 1; Zipperer, in: Uhlenbruck-InsO, § 280 Rn. 1, 3. 147) Der Schuldner müsste ansonsten seine eigenen Rechtshandlungen anfechten. Dass dabei seine eigenen Interessen mit denen der Gläubiger, denen die Anfechtung dienen soll, schnell in Konflikt geraten können, liegt auf der Hand (vgl. Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 279). 148) Brünkmans, in: HK-InsO, § 280 Rn. 1; Pape, in: KPB-InsO, 35. Lfg. 02.2009, § 280 Rn. 5; Zipperer, in: Uhlenbruck-InsO, § 280 Rn. 1. 149) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 225. 150) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 279. 151) Zipperer, in: Uhlenbruck-InsO, § 280 Rn. 3.

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D. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Insolvenzverfahren

rechtigen, einen von einem Einzelgläubiger vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angestrengten Einzelgläubigeranfechtungsprozess fortzuführen, um angesichts der Ähnlichkeiten zwischen den Tatbeständen des Anfechtungsgesetzes und denen der §§ 129 ff. InsO die bereits erzielten Prozessergebnisse zu erhalten.152) Nach § 16 Abs. 1 S. 1 AnfG ist der Insolvenzverwalter berechtigt, die von den In- 37 solvenzgläubigern vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhobenen Anfechtungsansprüche zu verfolgen. Die Vorschrift erfasst den Fall, dass ein Einzelgläubiger noch vor der Verfahrenseröffnung ein rechtskräftiges und vollstreckbares Einzelgläubigeranfechtungsurteil erlangt, aus diesem aber bislang noch nicht vollstreckt hat.153) In Ausprägung des Grundsatzes der gemeinschaftlichen, gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung wird das Vollstreckungsrecht ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung qua Gesetz dem Insolvenzverwalter zugewiesen.154) Dieser kann sich entscheiden, ob er die Vollstreckung aus dem Titel des Einzelgläubigers betreibt und diesen nach § 727 ZPO auf sich umschreiben lässt.155) Zudem kann der Insolvenzverwalter gemäß § 17 Abs. 1 AnfG alle rechtshängigen, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Einzelgläubigeranfechtungsprozesse aufnehmen. Entscheidet er sich für die Aufnahme, tritt er an die Stelle des ehemals anfechtungsberechtigten Einzelgläubigers.156) Der Klageantrag ist auf Rückgewähr zur Insolvenzmasse umzustellen und der Anfechtungsanspruch wird zum Masseanspruch.157) Darüber hinaus kann der Insolvenzverwalter gemäß § 17 Abs. 2 AnfG den Klageantrag nach Maßgabe der §§ 143, 144 und 146 InsO erweitern. Es handelt sich um eine kraft Gesetzes zulässige Partei- und Klageänderung.158) Für den einzelnen Insolvenzgläubiger bedeutet dies, dass er nach der Eröffnung des 38 Insolvenzverfahrens nicht mehr nach dem Anfechtungsgesetz gegen den Anfechtungsgegner vorgehen kann. Er ist nach § 87 InsO mit seiner Forderung auf das Insolvenzverfahren verwiesen.159) Nach Verfahrenseröffnung soll der Erfolg der Anfechtung allen Gläubigern zur gemeinschaftlichen und grundsätzlich gleichmäßigen Befriedigung zugutekommen.160) Das außerhalb des Insolvenzverfahrens gel___________ 152) Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 28 ff.; ders., in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 9; Thole, Gläubigerschutz, S. 318. 153) Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 16 Rn. 4; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 24. 154) Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 16 Rn. 1, 2. 155) Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 16 Rn. 13; Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 31. 156) Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 16. 157) Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 21. 158) Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 16. 159) Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 28. 160) Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 16; Sternal, in: FS-Vallender, S. 657, 664; Vallender, in: FS-Maier-Reimer, S. 777 f.; Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 16 Rn. 11; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 277, 279; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, Einführung Rn. 10, § 16 Rn. 4; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor § 129 Rn. 42 f.; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 201 ff.; Bork, in: KPB-InsO, 50. Lfg. 09.2012, Vor § 129 Rn. 16.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

tende Prioritätsprinzip (§ 804 Abs. 3 ZPO) wird durch den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung abgelöst. Die Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen durch die Insolvenzgläubiger wird bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens im Sinne von § 18 Abs. 1 AnfG suspendiert.161)

E. Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs 39 In der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch abgetreten werden kann. Im Rahmen der zwischenzeitlich bestätigten Entscheidung IX ZR 91/10162) vom 17.2.2011 hat sich der Bundesgerichtshof nach einer umfassenden Abwägung der Argumente für und gegen die Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs ausdrücklich von der ablehnenden Rechtsprechung des Reichsgerichts abgewandt. Über einhundert Jahre hatte eine Entscheidung163) aus dem Jahre 1893 das Meinungsbild im Schrifttum164) und in der Rechtsprechung165) maßgeblich geprägt, nach der eine Abtretung des Anfechtungsanspruchs sowohl dem Zweck als auch den Wirkungen der Anfechtung widerspreche.

40 Lediglich vereinzelt gab es unter der Geltung der Konkursordnung kritische Stimmen, die das Dogma der Unabtretbarkeit konkursrechtlicher Anfechtungsansprüche hinterfragten und unter engen Voraussetzungen für eine Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs plädierten. So verlangte etwa Hanisch166) eine treuhänderische Abtretung des Anspruchs für Prozesse vor ausländischen Gerichten zuzulassen, bei denen ein deutscher Verwalter nicht anerkannt wird. Braun167) forderte über diesen Sonderfall hinaus, die Abtretung unter drei Voraussetzungen stets zuzulassen: der Verwalter dürfe allein nicht zur gerichtlichen Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs in der Lage sein, die Masse müsse als Gegenleistung ein angemessenes Entgelt erhalten und dieser Entgeltanspruch müsse dinglich gesichert werden. Noch weitergehend ___________ 161) Dazu ausführlich unter Gliederungspunkt B. in diesem Kapitel. 162) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486 ff.; m. Anm. Dahl, NJW-Spezial, 2011, 437; m. Anm. Huber, EWiR 2011, 433; m. Anm. Jacoby, LMK 2011, 323485; m. Anm. Schütze, FD-InsR 2011, 319561; inzwischen bestätigt durch BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11= NZI 2013, 347 ff.; m. Anm. Dahl, NJW-Spezial 2013, 214; m. Anm. Hölzle, NZI 2013, 348 f.; m. Anm. Kroth, FD-InsR 2013, 343970; m. Anm. Schulz, EWiR 2013, 329. 163) RG, Urt. v. 5.1.1893 – VI 228/92 = RGZ 30, 71 ff.; bestätigt durch RG, Urt. v. 21.9.1909 – III 468/08 = JW 1909, 658; Kohler, Leitfaden, S. 140; Mentzel, KO, § 36 Anm. 7; Sydow/Busch/ Krieg, KO, § 29 Anm. 5, § 36 Anm. 2; v. Sarwey/Boßert, KO, § 36 Anm. 2; v. Seuffert, Konkursprozessrecht, S. 219. 164) Zum langjährigen Meinungsstand siehe Allgayer, Gläubigeranfechtung, S. 256 ff.; Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 20.2; Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 140 f.; Lent, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 29 Anm. 7 a. E. 165) Zuletzt OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.4.2010 – 4 U 128/09 = NZI 2010, 483 ff. m. w. N.; m. Anm. Flitsch, GWR 2010, 253; m. Anm. Klockenbrink, ZInsO 2011, 262. 166) Hanisch, IPRax 1983, 195, 198; zustimmend Hess, KO, 4. Aufl., § 36 Anm. 4. 167) Braun, ZIP 1985, 786 ff.

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E. Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs

war Henckel168) der Auffassung, dass der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch generell einer treuhänderischen Abtretung zugänglich sei und der Wertersatzanspruch sogar uneingeschränkt abgetreten werden könne. Die Grundlage für den heutigen Meinungswandel in Rechtsprechung und Schrifttum 41 wurde erst im Jahre 1993 durch den Beitrag „Zur Abtretbarkeit anfechtungsrechtlich begründeter Ansprüche im Konkurs“ von Eckardt169) gelegt. Obwohl dieser schon damals dezidiert herausarbeitete, unter welchen Voraussetzungen eine Abtretung des Anfechtungsanspruchs zulässig ist, sollte es nochmals nahezu zwanzig Jahre dauern, bis der Bundesgerichtshof die Gelegenheit hatte, zu dieser auch in der Praxis überaus relevanten Grundsatzfrage detailliert Stellung zu nehmen und sich von althergebrachten dogmatischen Ansätzen zu lösen. In überzeugender Art und Weise zeigte er auf, dass weder der Zweck und die Wirkungen der Insolvenzanfechtung noch das Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters, die Rechte des Anfechtungsgegners oder die Rechte der Einzelgläubiger nach Verfahrensbeendigung das Dogma der Unabtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs rechtfertigen können.170) Zu diesen relevanten Wertungsgesichtspunkten konnte der Bundesgerichthof keine Widersprüchlichkeiten feststellen.

I.

Kein Widerspruch zum Zweck der Insolvenzanfechtung

Die Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs an einen Dritten führt regelmäßig 42 dazu, dass der anfechtbar aus dem Vermögen des Schuldners weggegebene Vermögensgegenstand nicht an die Insolvenzmasse, sondern an den Zessionar des Insolvenzanfechtungsanspruchs zurückgewährt wird. Dies hat naturgemäß zur Folge, dass der Insolvenzverwalter den anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstand selbst nicht zugunsten der Gläubigergesamtheit einer Verwertung zuführen kann. Gleichwohl widerspricht dieser Umstand nicht dem Zweck der Insolvenzanfechtung.171) Der Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens kann nämlich auch dadurch wiederhergestellt werden, dass der Insolvenzverwalter anstelle des anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstands den Insolvenzanfechtungsanspruch im

___________ 168) Henckel, in: Jaeger-KO, 9. Aufl., § 32 a Rn. 87, § 37 Rn. 83 a. E. 169) Eckardt, KTS 1993, 585 ff. 170) Die Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach der Entscheidung IX ZR 91/10 des Bundesgerichtshofs befürwortend Pape, in: FS-Kübler, S. 487, 495; Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 99 ff.; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 8; Huber, in: Graf-SchlickerInsO, § 129 Rn. 33; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 214 ff.; Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 91; Graf/Wunsch, in: Anwalts-Handbuch Insolvenzrecht, § 10 Rn. 11; Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 143 Rn. 111; Büteröwe, in: K. Schmidt-InsO, § 143 Rn. 17; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221 ff.; Thole, ZIP 2014, 1653, 1656; zuletzt auch Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 90 f.; a. A. aber noch Smid, ZInsO 2015, 1716, 1724. 171) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 9.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

Wege des Forderungsverkaufs gemäß §§ 433, 453 BGB (mit anschließender Zession) verwertet und damit die Insolvenzmasse wertmäßig aufgefüllt wird.172)

43 Nicht erforderlich ist, dass die „Valuta der Abtretung“, also die zur Insolvenzmasse zu zahlende Gegenleistung, mit dem (Nenn-)Wert des Anfechtungsanspruchs übereinstimmen muss.173) Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein Dritter bereit ist, den Insolvenzanfechtungsanspruch im Wege des Forderungskaufs ohne einen Abschlag auf den (Nenn-)Wert zu erwerben, wenn er im Rahmen der Forderungsrealisierung neben den Kosten für der Rechtsverfolgung auch noch dem Anspruch immanente Risikofaktoren – wie etwa das Verwertungs-, Inkasso- oder Prozessrisiko – zu tragen hat. Eine solche Hürde würde dem Insolvenzverwalter faktisch die Möglichkeit nehmen, den Insolvenzanfechtungsanspruch durch Abtretung zu verwerten, obwohl dieses Mittel unter Berücksichtigung aller Umstände zu einer besseren Gläubigerbefriedigung führen würde als die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter selbst. Der Verwalter muss, wie etwa auch beim (Prozess-)Vergleich oder (Anspruchs-)Verzicht, in der Lage sein, wertmindernde Faktoren bei seiner Verwertungsentscheidung „Abtretung statt Durchsetzung“ zu berücksichtigen.174) Bevor der Insolvenzverwalter im Extremfall auf die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs – zum Beispiel wegen Massearmut und der fehlenden Bereitschaft der Gläubiger einen Prozesskostenvorschuss zu leisten175) – gänzlich verzichten muss, ist eine Anreicherung der Insolvenzmasse durch Abtretung des Anspruchs an einen zahlungskräftigen, risikofreudigen Kapitalgeber sicherlich das bessere Mittel.176)

44 Wie bei sonstigen Verfügungen des Insolvenzverwalters auch, muss sich die Wirksamkeit der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs lediglich nach dem allgemein anerkannten Grundsatz der Insolvenzzweckwidrigkeit richten, wonach nur solche Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters unwirksam sind, welche dem Zweck des Insolvenzverfahrens – der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger – klar und eindeutig zuwiderlaufen.177) In Übereinstimmung mit dem Bun___________ 172) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 9; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 8; ders., LMK 2011, 323485; Büteröwe, in: K. Schmidt-InsO, § 143 Rn. 17; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 227; ähnlich Wagner, ZIP 1999, 689, 700. 173) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 10; Kayser, in: MünchKommInsO, § 129 Rn. 216 ff.; a. A. RG, Urt. v. 5.1.1893 – VI 228/92 = RGZ 30, 71, 76. 174) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 216 ff.; Schulz, EWiR 2013, 329. 175) Zur Gewährung von Prozesskostenhilfe an den Insolvenzverwalter zuletzt Hees/Freitag, NZI 2017, 377 ff. 176) Ähnlich auch Braun, ZIP 1985, 786 ff. 177) Zu diesem allgemeinen Grundsatz RG, Urt. 16.3.1904 – V 384/03 = RGZ 57, 195, 199 f.; RG, Urt. v. 25.4.1906 – I 614/05 = RGZ 63, 203, 213; RG, Urt. v. 6.5.1911 – I 164/10 = RGZ 76, 244, 249 f.; BGH, Urt. v. 8.12.1954 – VI ZR 189/53 = BGH, WM 1955, 312; BGH, Urt. v. 3.2.1971 – VIII ZR 94/69 = NJW 1971, 701, 702 f.; BGH, Urt. v. 13.1.1983 – III ZR 88/81 = NJW 1983, 2018 ff.; BGH, Urt. v. 28.10.1993 – IX ZR 21/93 = NJW 1994, 323, 326; BGH, Urt. v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99 = BGHZ 150, 353, 360 = NZI 2002, 375, 376 ff.; BGH, Beschl. v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06 = NZI 2008, 365 Rn. 4 f.; BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11= NZI 2013, 347, 348 Rn. 8 ff.; BGH, Urt. v. 20.3.2014 í IX ZR 80/13 = NZI 2014, 450 f. Rn. 14 ff.

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E. Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs

desgerichtshof ist deshalb für die Wirksamkeit der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs auch nur zu verlangen, dass für den abgetretenen Anfechtungsanspruch eine „gleichwertige Gegenleistung“ zur Insolvenzmasse gelangt.178) Bei der Bewertung, ob eine solche Gleichwertigkeit gegeben ist, steht dem Insolvenzverwalter ein weiter Ermessensspielraum zu.179) Nur wenn seine Entscheidung jeglicher tatsachlicher und rechtlicher Grundlage entbehrt, ist von einer fehlenden Gleichwertigkeit auszugehen.180) Schon der Verkehrsschutz bedingt, dass eine Unwirksamkeit der Abtretung im Außenverhältnis wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nur angenommen werden kann, wenn die Unangemessenheit der Gegenleistung für den Abtretungsempfänger offenkundig war.181) Vor etwaigen schuldhaften Fehlbewertungen des Insolvenzverwalters ist die Insolvenzmasse im Innenverhältnis durch dessen persönliche Haftung nach § 60 InsO geschützt. Der Insolvenzverwalter kann insoweit auf Ersatz des Quotenverringerungsschadens in Anspruch genommen werden.182)

II. Kein Widerspruch zum Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters Das in § 129 Abs. 1 InsO geregelte Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters183) 45 spricht nicht gegen die Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs.184) Es umschreibt lediglich die Befugnis des Insolvenzverwalters den Insolvenzanfechtungsanspruch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend zu machen oder über den Insolvenzanfechtungsanspruch zu verfügen. Mit dem Terminus Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters wird allein klargestellt, dass nach der Insolvenzeröffnung weder die einzelnen Gläubiger noch die Gläubigergesamtheit oder der Insolvenzschuldner zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs berechtigt sind.185) Weitergehende Schlussfolgerungen, wie etwa eine „untrennbare Verbundenheit“ zwischen der Befugnis zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs und dem Amt des Insolvenzverwalters, können aus dem Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters nicht hergeleitet werden.186) Ohnehin wurde bereits aufgezeigt, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch subjektiv der Insolvenzmasse zugeordnet ist und der ___________ 178) 179) 180) 181) 182)

183) 184) 185) 186)

BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 9. BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11= NZI 2013, 347, 348 Rn. 10. BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11= NZI 2013, 347, 348 Rn. 10. BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11= NZI 2013, 347, 348 Rn. 10. BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 10; BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11= NZI 2013, 347, 348 Rn. 10. Die Haftungsgefahr für den Insolvenzverwalter besonders hervorhebend Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 4; ders., EWiR 2011, 433, 434 a. E. Zu dem Begriff des „Anfechtungsmonopols“ und dessen Herleitung aus § 36 KO siehe Gliederungspunkt D.I. in diesem Kapitel. So zuletzt aber noch OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.4.2010 – 4 U 128/09 = NZI 2010, 483. So auch Eckardt, KTS 1993, 585, 597 mit Verweis auf die historische Entwicklung von §§ 36, 37 KO. Ebenso Eckardt, KTS 1993, 585, 598.

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

Insolvenzverwalter deshalb kein eigenes Recht, sondern – im Sinne der Amtstheorie – ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend macht.187) Ein generelles Verbot der Geltendmachung durch eine andere Person als den Insolvenzverwalter kann der Vorschrift des § 129 Abs. 1 InsO und dem daraus abgeleiteten Anfechtungsmonopol gerade nicht entnommen werden. Im Ergebnis ist dies auch die Auffassung des Bundesgerichtshofs188), wenn er in seiner Entscheidung zur Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs feststellt, dass die vom OLG Zweibrücken in der Vorinstanz bemühte Floskel „das Anfechtungsrecht [sei] untrennbar mit dem Amt des Konkursverwalters verbunden“189) einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält.

III. Keine Verletzung der Rechte des Anfechtungsgegners 46 Die Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs führt auch nicht zu einer Verletzung der Rechte des Anfechtungsgegners.190) Dessen Interessen werden durch die Schutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Insolvenzordnung hinreichend Rechnung getragen. Nach den allgemeinen Regeln des Abtretungsrechts kann der Anfechtungsgegner dem neuen Gläubiger diejenigen Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren (§ 404 BGB). Zudem kann der Anfechtungsgegner eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung grundsätzlich auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen (§ 406 BGB). Seine (Gegen-)Ansprüche aus § 144 InsO bleiben dem Anfechtungsgegner ebenfalls erhalten. Sie entstehen unabhängig von der Person des Anfechtungsklägers.191) Gewährt der Anfechtungsgegner das anfechtbar Erlangte zurück und lebt seine Forderung infolgedessen wieder auf, kann er diese zur Tabelle anmelden (§ 144 Abs. 1 InsO). Eine Gegenleistung ist gemäß § 144 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist. Die Erfüllung dieser Ansprüche kann der Insolvenzverwalter beispielsweise durch Hinterlegung (§ 198 InsO) sicherstellen.192) Schlussendlich hat die Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs auch keinen nachteiligen Einfluss auf die Anspruchs___________ 187) Dazu unter Gliederungspunkt C. in diesem Kapitel. 188) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 5, 6. 189) OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.4.2010 – 4 U 128/09 = NZI 2010, 483, 484 im Anschluss an RG, Urt. v. 27.3.1893 – VI 2/93 = RGZ 31, 40, 43; RG, Beschl. v. 21.10.1902 – VII 133/02 = RGZ 52, 330, 333; BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765; BGH, Urt. v. 22.12.1982 – VIII ZR 214/81 = BGHZ 86, 190, 196; BGH, Urt. v. 1.12.1988 – IX ZR 112/88 = BGHZ 106, 127, 129; BGH, Urt. v. 11.6.1992 – IX ZR 255/91 = BGHZ 118, 374, 381; BGH, Beschl. v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08 = NZI 2009, 313, 315 Rn. 22. 190) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 10; Eckardt, KTS 1993, 585 ff.; Jacoby, LMK 2011, 323485; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 219; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 228; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 90. 191) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 219. 192) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 219.

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E. Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs

verjährung gemäß § 146 Abs. 1 InsO.193) Der Insolvenzanfechtungsgegner kann sich auch gegenüber dem Zessionar auf die Verjährung des Anspruchs berufen, der sich den bisherigen Fristablauf anrechnen lassen muss.194) Soweit erforderlich muss der Zessionar von seinem Erwerb an selbst für eine Hemmung der Verjährung sorgen.195)

IV. Kein Widerspruch zu § 18 Abs. 1 AnfG Die Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs steht ferner nicht im Widerspruch 47 zu § 18 Abs. 1 AnfG (§ 13 Abs. 4 AnfG a. F.), der den einzelnen Insolvenzgläubigern die Befugnis zuspricht, nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens die „Anfechtungsansprüche [nach dem AnfG zu verfolgen], die der Insolvenzverwalter geltend machen konnte“. Die Befugnis der Einzelgläubiger steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt entgegenstehender Dispositionen des Insolvenzverwalters.196) So heißt es in der Vorschrift explizit: „[…] soweit nicht dem Anspruch entgegenstehende Einreden gegen den Insolvenzverwalter erlangt sind.“ Der Begriff der Einrede ist nach ganz herrschender Auffassung im Sinne der ZPO zu verstehen, umfasst also auch materiell-rechtliche Einwendungen.197) Die Gesetzesmaterialien zu § 13 Abs. 4 AnfG a. F. erwähnen hier insbesondere den Vergleich und den Verzicht über den Insolvenzanfechtungsanspruch.198) Aber auch die Empfangnahme des zurück zu gewährenden Vermögensgegenstandes durch den Insolvenzverwalter müssen sich die einzelnen Insolvenzgläubiger nach allgemeiner Meinung entgegenhalten lassen.199) Ein absolutes Recht der einzelnen Gläubiger, nach Beendigung des Insolvenzverfahrens Anfechtungsansprüche nach dem AnfG geltend zu machen, besteht also schon nach § 18 Abs. 1 AnfG nicht. Vielmehr kann und darf der Insolvenzverwalter aufgrund der gesetzlichen Verknüpfung von Einzelgläubigeranfechtung und Insolvenzanfechtung durch § 18 Abs. 1 AnfG über die Anfechtungsansprüche der einzelnen Gläubiger disponieren.200) Im Interesse der Gläubigergesamtheit hat er den Insolvenzanfechtungsanspruch zu verwerten und auf Ansprüche einzelner Gläubiger nach dem Anfechtungsgesetz keine Rücksicht zu nehmen. Bei der Verwertung des Insolvenzanfechtungsanspruchs verfügt der Insolvenzverwalter nicht über ein fremdes Recht ___________ Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 221. Thole, in: HK-InsO, § 146 Rn. 12 m. w. N. Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 10b. Eckardt, KTS 1993, 585, 607; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 102. Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 AnfG Rn. 13; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 298; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 AnfG Rn. 18; Paulus, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 18 AnfG Rn. 8; Nerlich/Niehus, AnfG, § 18 AnfG Rn. 10. 198) Vgl. S. 32 der Begründung zum AnfG, abgedruckt in Hahn, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung, S. 752. 199) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 488 Rn. 14; Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 AnfG Rn. 13; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 AnfG Rn. 18 ff.; zur KO Henckel, in: Jaeger-KO, 9. Aufl., § 36 Rn. 16. 200) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 220.

193) 194) 195) 196) 197)

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Kapitel 2 „Entmystifizierung“ der Insolvenzanfechtung

(der anfechtungsberechtigten Einzelgläubiger), sondern über ein eigenes Recht des Sondervermögens „Insolvenzmasse“.201) Liegt die Verfügung des Insolvenzverwalters im Interesse der Gläubigergesamtheit, kann es auf die Art der Verfügung nicht ankommen.202) Es spielt keine Rolle, ob der Insolvenzverwalter den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst einzieht und anschließend verwertet oder ob er den Wert des anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstandes durch Abtretung zur Insolvenzmasse zieht.203)

V. Kein Widerspruch zur haftungsrechtlichen Theorie 48 Schlussendlich steht die Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs auch nicht im Widerspruch zu der im insolvenzrechtlichen Schrifttum in verschiedenen Spielarten vertretenen haftungsrechtlichen Theorie.204) Mittlerweile gehen im Ergebnis sowohl die Vertreter der rein haftungsrechtlichen Theorie als auch die Befürworter der haftungsrechtlich-dinglichen Theorie übereinstimmend von der Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs aus.205) Die heute noch vorhandenen Unterschiede liegen allein in der Begründung der Abtretbarkeit und beruhen ausschließlich auf den jeweiligen Eigenarten der Erklärungsansätze. Nach der haftungsrechtlich-dinglichen Theorie ist die haftungsrechtliche Zuordnung als eigenständige und vor allem dingliche Anfechtungswirkung aufzufassen, die zusammen mit dem Anfechtungsanspruch auf den Zessionar übertragen werden kann.206) Demgegenüber beschreibt die haftungsrechtliche Zuordnung nach der vorzugswürdigen rein haftungsrechtlichen Theorie die Gesamtheit der Anfechtungswirkungen (wie etwa das Recht ohne weiteres in einen anfechtbar veräußerten Gegenstand vollstrecken oder dessen Rückübertragung in die Masse verlangen zu können) und ist deshalb keine eigenständige, neben dem Insolvenzanfechtungsanspruch stehende Anfechtungsrechtsfolge, die auf den Zessionar übertragen werden müsste.207) Gegenstand der Abtretung ist allein der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch, der die haftungsrechtliche Zuordnung zum Ausdruck bringt.208) Im Regelfall handelt es sich bei diesem um den anfech___________ 201) A. A. noch OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.4.2010 – 4 U 128/09 = NZI 2010, 483, 484. 202) Ähnlich Eckardt, KTS 1993, 585, 607. 203) So auch BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 488 Rn. 14; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 220; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 228; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 27. 204) So auch Eckardt, KTS 1993, 585, 594 ff.; Geißler, ZInsO 2016, 1401, 1405; Henckel, in: JaegerInsO, § 143 Rn. 101; Kreft, ZInsO 1999, 370, 372 f.; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 226. 205) Zu diesen beiden unterschiedlichen Spielarten der haftungsrechtlichen Theorie siehe Gliederungspunkt A.III. und A.V. in diesem Kapitel. 206) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 101, der seine frühere Auffassung, dass die haftungsrechtliche Zuordnung untrennbar an die Konkursmasse gebunden sei, damit aufgegeben hat. 207) Eckardt, KTS 1993, 585, 594 f. 208) Eckardt, KTS 1993, 585, 594 f.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten Kapitels

tungsrechtlichen Rückgewähranspruch gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO, der als schuldrechtlicher Anspruch naturgemäß der Abtretung zugänglich ist.209)

F. Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten Kapitels Der Insolvenzanfechtungsanspruch ist regelmäßig als schuldrechtlicher Rückgewähr- 49 anspruch ausgestaltet, der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht und subjektiv dem Sondervermögens „Insolvenzmasse“ zuzuordnen ist, dessen Träger der Insolvenzschuldner ist. Zu dem Anspruch aus Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG steht der Insolvenzanfechtungsanspruch in einem Aliud-Verhältnis. Es handelt sich um wesensverschiedene Ansprüche, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nebeneinander stehen. Das in dieser Weise verstandene Aliud-Verhältnis schließt es deshalb schon begriffsnotwendig aus, dass der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingt durch die „Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG erlischt und als Insolvenzanfechtungsanspruch neu geboren wird. Vielmehr bewirkt die Verfahrenseröffnung eine Durchsetzungssperre, die bis „zur Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG fortdauert. Im Regelinsolvenzverfahren wird der Insolvenzanfechtungsanspruch gemäß § 80 50 Abs. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse geltend gemacht. Im Verfahren mit Eigenverwaltung wird der Sachwalter aufgrund § 280 InsO tätig. Eine Anfechtungserklärung ist nicht erforderlich. Der Verwalter handelt bei der Geltendmachung des Anspruchs weisungsfrei kraft seines Amtes im eigenen Namen. Er kann umfassend über den Insolvenzanfechtungsanspruch verfügen, insbesondere diesen auch abtreten. Eine „untrennbare Verbundenheit“ des Anspruchs mit dem Amt des Insolvenzverwalters besteht nicht. Nach der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs ist dem Zessionar, als neuem Anspruchsinhaber, die uneingeschränkte Befugnis zur Geltendmachung zugeordnet.210)

___________ 209) Zutreffend hebt Eckardt, KTS 1993, 585, 591 hervor, dass in den Fällen, in denen die haftungsrechtliche Unwirksamkeit Bedingung eines anderen, nicht unmittelbar auf § 37 KO (also § 143 InsO) beruhenden Anspruchs ist, weiterhin die ursprüngliche Forderung durchgesetzt wird, es also um die Abtretung dieses Anspruchs geht. 210) Eine andere Frage ist, ob der Insolvenzanfechtungsanspruch auch noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens durch den Zessionar verfolgt werden kann (dazu im fünften Kapitel).

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhebung oder Einstellung des Regelinsolvenzverfahrens Das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs richtet sich im Wesentlichen nach 51 den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.211) So ist in Rechtsprechung und Schrifttum durchweg anerkannt, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch – wie jeder andere Anspruch auch – nicht nur durch die vollständige Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB), die Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) oder die Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB), sondern auch durch Erlass (§ 397 BGB), einen Vergleich oder eine Aufrechnung mit einer gegen die Insolvenzmasse gerichteten Forderung (§ 389 BGB) erlischt.212) Neben diesen allgemeinen Gründen für das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs wird die Beendigung des Insolvenzverfahrens als ein weiterer – nicht dem Bürgerlichen Gesetzbuch entspringender – besonderer Erlöschensgrund begriffen.213) Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung214) und Literatur215) sollen sowohl die vorbehaltlose Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) als auch die vorbehaltlose Einstellung (§§ 207 ff. InsO) des Insolvenzverfahrens zum Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs bzw. des Insolvenzanfechtungsrechts führen.216) Der Insolvenzanfechtungsanspruch bzw. das Insolvenzanfechtungsrecht soll nur dann fortbestehen, wenn vor der Beendigung des Insolvenzverfahrens eine Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO angeordnet bzw. durch die Verfahrensbeteiligten im Insolvenzplan eine Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO aufgenommen wurde. ___________ 211) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10. 212) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 92 ff. 213) Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10 m. w. N. 214) BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102, 105 = NJW 1982, 1765; BGH, Beschl. v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08 = NZI 2009, 313, 315 Rn. 22; BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – 12 U 86/11 = ZIP 2012, 482, 483 Rn. 22; m. Anm. Lau, EWiR 2012, 357; zur KO bereits RG, Urt. v. 14.3.1882 – II 487/81 = RGZ 7, 35 f.; RG, Urt. v. 5.1.1893 – VI 228/92 = RGZ 30, 71, 76; RG, Urt. v. 27.3.1893 – VI 2/93 = RGZ 31, 40, 43; RG, Urt. v. 13.7.1904 – VII 180/04 = RGZ 58, 414, 418; RG, Urt. v. 15.3.1932 – VII 248/31 = RGZ 135, 347, 350. 215) Zenker, in: Bork/Hölzle, Handbuch Insolvenzrecht, Kapitel 9 Rn. 142; Gehrlein, in: FS-Görg, S. 185, 191 f.; Haas, in: BK-InsO, 35. Lfg. 06.2010, § 143 Rn. 20; Dauernheim, in: FK-InsO, § 143 Rn. 40; Huber, in: Graf-Schlicker-InsO, § 129 Rn. 36; ders., in: Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 51 Rn. 44; Vallender, in: FS-Maier-Reimer, S. 777, 791; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 285; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 225; Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 86; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 129 Rn. 28, 123; Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 143 Rn. 118; K. Schmidt, in: K. Schmidt-InsO, § 129 Rn. 3; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 223; zur KO Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 20.2; Uhlenbruck, ZIP 1993, 241, 246; Weber, in: JaegerKO, 8. Aufl., § 163 Anm. 6; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 36 Rn. 2. 216) Zur Abgrenzung der Begriffe „Insolvenzanfechtungsanspruch“ und „Insolvenzanfechtungsrecht“ sogleich.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

52 Ob diese – bis heute weitgehend kritiklos hingenommene – Auffassung zur Wirkung der vorbehaltlosen Verfahrensbeendiung unter Berücksichtigung der in dieser Arbeit bislang gewonnenen Erkenntnisse zur dogmatischen Ausgestaltung der Insolvenzanfechtung überzeugen kann, ist allerdings fraglich. In der Rechtsprechung und in der Literatur wird das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei vorbehaltloser Verfahrensbeendigung regelmäßig nicht tiefergehend begründet. Nur vereinzelt finden sich Ausführungen zur Ursache des Erlöschens. So führt der Bundesgerichtshof in der Entscheidung IX ZB 182/08 vom 2.4.2009 als Begründung für das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei vorbehaltloser Verfahrensbeendigung an, dass der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch aus § 143 InsO einen originären gesetzlichen Anspruch des Insolvenzverwalters darstelle, der mit dessen Amt untrennbar verbunden sei.217) Der Bundesgerichtshof scheint das Erlöschen des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs in dieser Entscheidung mithin anhand der subjektiven Zuordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs zum Insolvenzverwalter zu begründen. Ähnlich wie der Bundesgerichtshof führt auch Zenker218) das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruch darauf zurück, dass mit der vorbehaltlosen Verfahrensbeendigung das Amt des Insolvenzverwalters endet, stellt aber zusätzlich noch auf den Entfall des Insolvenzbeschlags ab. Dass der Insolvenzanfechtungsanspruch jedoch zum einen nicht dem Insolvenzverwalter – sondern dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“, dessen Träger der Schuldner ist – subjektiv zugeordnet und zum anderen auch nicht untrennbar mit dem Amt des Insolvenzverwalters verbunden ist, wurde bereits im zweiten Kapitel219) ausführlich erörtert und entspricht inzwischen auch der Auffassung des Bundesgerichtshofs220).

53 In zwei neueren Entscheidungen spricht der Bundesgerichtshof nicht vom Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs, sondern allein vom Erlöschen des Insolvenzanfechtungsrechts bei Verfahrensbeendigung.221) Die Befugnis zur „Ausübung des Anfechtungsrechts”, die sog. „Anfechtungsbefugnis“, gehe als Bestandteil der allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters mit der rechtskräftigen Beendigung des Insolvenzverfahrens unter, gleich ob sie auf einer Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) oder Einstellung (§ 215 InsO) beruhe.222) Im Anschluss an diese beiden Entscheidungen spricht auch ein Großteil des Schrifttums vom Erlöschen des Insolvenzanfechtungsrechts bei Beendigung des Insolvenzver___________ 217) 218) 219) 220)

BGH, Beschl. v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08 = NZI 2009, 313, 315 Rn. 22. Zenker, in: Bork/Hölzle, Handbuch Insolvenzrecht, Kapitel 9 Rn. 142. Siehe dazu Gliederungspunkt C. und E.II. im zweiten Kapitel. Vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 8 und BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 5, 6. 221) Vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7 und BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 488 Rn. 12. 222) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

fahrens.223) Dabei bleibt allerdings oftmals unklar, welches Verständnis dem Begriff „Insolvenzanfechtungsrecht“ zugrunde gelegt wird. Vielfach werden die Begriffe „Insolvenzanfechtungsanspruch“ und „Insolvenzanfechtungsrecht“ in der Kommentarliteratur – sei es gewollt oder ungewollt – ohne Differenzierung verwendet.224) Beispielsweise verwendet Lohmann die Begriffe „Anfechtungsanspruch“ und „Anfechtungsrecht“ ausdrücklich synonym.225) Ebenso scheint auch Kayser226) die Begriffe „Anfechtungsrecht“ und „Anfechtungsanspruch“ synonym zu verwenden. Dieser Befund verdeutlicht, dass zunächst genau definiert werden muss, in welchem 54 Sinne die in der Rechtsprechung und im Schrifttum verwendeten Begriffe „Insolvenzanfechtungsanspruch“ und „Insolvenzanfechtungsrecht“ zu verstehen sind, um sich der Frage des Erlöschens des Insolvenzanfechtungsanspruchs bzw. des Insolvenzanfechtungsrechts bei Beendigung des Insolvenzverfahrens adäquat widmen zu können. Richtigerweise sind unter den Begriff „Insolvenzanfechtungsanspruch“ alle materiell-rechtlichen Ansprüche zu fassen, mit denen die Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung durchgesetzt werden können. Der Begriff „Insolvenzanfechtungsanspruch“ umfasst somit nicht nur den schuldrechtlichen Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO, sondern auch den Wertersatzanspruch aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. § 818 Abs. 2 BGB, den Anspruch auf Herausgabe erlangter Surrogate aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. § 818 Abs. 1 BGB bzw. § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 285 BGB sowie die Ansprüche auf Schadensersatz gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292, 989 f. BGB. Demgegenüber ist unter dem Begriff „Insolvenzanfechtungsrecht“ – im Anschluss 55 an Eckardt227) – nur die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung der Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung zu verstehen. Es handelt sich folglich um die Befugnis zur Geltendmachung der genannten materiell-rechtlichen Ansprüche, in keinem Fall aber um diese Ansprüche selbst. Da der Begriff „Insolvenzanfechtungsrecht“ bei einem solchen Verständnis aber keinen Mehrwert schafft, wird in dieser Arbeit ausschließlich von der Befugnis zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs gesprochen. Unabhängig davon, ob diesem Vorschlag gefolgt wird, muss aufgrund der unterschiedlichen Bedeutung der Begriffe „Insolvenzan___________ 223) Vgl. stellvertretend etwa Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme, Rn. 1088; Nerlich, in: Nerlich/ Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 129 Rn. 28; de Bra, in: Braun-InsO, § 129 Rn. 47; Graf/ Wunsch, in: Anwalts-Handbuch Insolvenzrecht, § 10 Rn. 16a; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 225; Ehricke, in: KPB-InsO, 34. Lfg. 11.2008, § 129 Rn. 5, 34a; Huber, in: GrafSchlicker-InsO, § 129 Rn. 36; Vallender, in: FS-Maier-Reimer, S. 777, 791; Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 143 Rn. 118; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107. 224) Insgesamt kritisch hinsichtlich der zum Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung vorherrschenden Terminologie auch Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 35 ff., 68. 225) Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 222. 226) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 187 ff., 214 ff. 227) Eckardt, KTS 1993, 585, 606.

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fechtungsanspruch“ und „Insolvenzanfechtungsrecht“ in jedem Fall vermieden werden, diese synonym zu verwenden.

56 Vor dem Hintergrund dieser Abgrenzung zwischen den beiden Begrifflichkeiten kann nicht bestritten werden, dass die Befugnis (des Insolvenzverwalters) zur Geltendmachung der Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung grundsätzlich mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens erlischt.228) Im Zuge der vorbehaltlosen Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) oder Einstellung (§§ 207 ff. InsO) des Insolvenzverfahrens entfällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters aus § 80 Abs. 1 InsO,229) die zwanglos auch die Befugnis zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs für die Insolvenzmasse umfasst.230) Eine gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den originär berechtigten Insolvenzverwalter ist daher in den Fällen der vorbehaltlosen Verfahrensbeendigung ausgeschlossen.

57 Sind zum Zeitpunkt der vorbehaltlosen Verfahrensaufhebung oder -einstellung noch Insolvenzanfechtungsprozesse vor Gericht rechtshängig, die der Insolvenzverwalter in Ausübung seines Amtes verfolgt hat, erledigen sich diese aufgrund des Wegfalls seiner Prozessführungsbefugnis mit Beendigung des Insolvenzverfahrens.231) Eine Aussetzung oder Unterbrechung des Insolvenzanfechtungsprozesses mit der Möglichkeit der Aufnahme durch den vormaligen Insolvenzschuldner, einen Insolvenzgläubiger oder die Gläubigergesamtheit als Rechtsnachfolger (§§ 239, 246 ZPO analog) erfolgt nicht.232) Der vormalige Insolvenzschuldner – der bei Beendigung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich die vollumfängliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen zurückerhält – ist weder innerhalb (§§ 129 ff. InsO) noch außerhalb (§§ 1 ff. AnfG) des Insolvenzverfahrens originär berechtigt, eigene Rechtshandlungen oder gegen ihn gerichtete Rechtshandlungen seiner Gläubiger anzufechten.233) Die Insolvenzgläubiger scheiden als Rechtsnachfolger des Insolvenzverwalters aus, weil sie nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens – und dem damit verbundenen Wegfall der Durchsetzungssperre234) – nur einzeln anfech___________ 228) Im Ergebnis ebenso BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7; zum Erlöschen der Befugnis des Sachwalters bei Eigenverwaltung vgl. BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 114/15 = NZI 2016, 779 Rn. 11. 229) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7. 230) Zur Herleitung der Befugnisse des Insolvenzverwalters siehe Gliederungspunkt D.I. in diesem Kapitel. 231) Im Ergebnis ebenso BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7; noch zur KO siehe BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 225; Ehricke, in: KPB-InsO, 34. Lfg. 11.2008, § 129 Rn. 6. 232) BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 298; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 AnfG Rn. 12, 16. 233) BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 190. 234) Dazu insbesondere unter Gliederungspunkt B. im zweiten Kapitel.

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tungsberechtigt sind (§ 18 Abs. 1 AnfG); in ihrer Gesamtheit sind sie nicht rechtsfähig.235) Gegen eine Rechtsnachfolge des einzelnen Insolvenzgläubigers spricht zudem, dass der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch parallel zu dem Insolvenzanfechtungsanspruch besteht und die Verfahrensbeendigung nicht zu einer wie auch immer gearteten Wandlung des Anspruchs führt.236) Wie bereits mehrfach hervorgehoben, steht die Befugnis zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs originär nur dem Insolvenzverwalter zu. Während also die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung des Insol- 58 venzanfechtungsanspruchs bei der vorbehaltlosen Beendigung des Insolvenzverfahrens erlischt und eine Rechtsnachfolge in dessen Stellung ausscheidet, ist fragwürdig, weshalb auch der Insolvenzanfechtungsanspruch selbst erlöschen soll.237) Als Instrument zur Haftungsverwirklichung und zur Rückabwicklung gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen ist der Insolvenzanfechtungsanspruch zwar grundsätzlich an das Insolvenzverfahren gebunden. Gleichwohl kann daraus eine zwingende Abhängigkeit des Fortbestands des Insolvenzanfechtungsanspruchs vom Fortbestand des Insolvenzverfahrens weder her- noch abgeleitet werden. Insbesondere besteht zwischen dem Amt des Insolvenzverwalters und dem Insolvenzanfechtungsanspruch keine „untrennbare Verbundenheit“ dergestalt, dass ein Wegfall des Amtes bei Beendigung des Insolvenzverfahrens zwangsläufig zum Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs führen müsste.238) Ganz im Gegenteil besteht der Insolvenzanfechtungsanspruch – nach der hier ver- 59 tretenen Auffassung – im Regelfall auch nach der vorbehaltlosen Beendigung des Insolvenzverfahrens fort. Das entscheidende Kriterium für den Fortbestand ist, dass der Zweck des Insolvenzanfechtungsanspruchs, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der Insolvenzgläubiger zu verwirklichen (dazu unter A.), auch noch im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO erreicht werden kann. Dass der Insolvenzanfechtungsanspruch als Aktivum des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ einer solchen Nachtragsverteilung grundsätzlich zugänglich ist, steht außer Frage.239) Allerdings ist die Zulässigkeit der gerichtlichen Anordnung einer Nachtragsverteilung im Einzelnen von der Art und Weise der Verfahrensbeendigung abhängig (dazu unter B. und C.). Ist eine Nachtragsverteilung aber möglich, spielt es hingegen keine Rolle, ob diese bereits bei Beendigung des Insolvenzverfahrens oder erst danach durch das Insolvenzgericht angeordnet wurde (vgl. § 203 Abs. 2 InsO). In beiden Fällen ist der Insolvenzverwalter befugt, den ___________ 235) Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 AnfG Rn. 16. 236) Dazu unter Gliederungspunkt B. im zweiten Kapitel. 237) So aber die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur; ausdrücklich a. A. bislang nur Meyer, Nachtragsverteilung, S. 217 allerdings ohne tiefergehende Begründung. 238) Dazu bereits im Rahmen der Ausführungen zur Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs unter Gliederungspunkt E.II. im zweiten Kapitel. 239) Ausführlich dazu unter Gliederungspunkt B.II. in diesem Kapitel.

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fortbestehenden Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Anfechtungsgegner geltend zu machen. Den schutzbedürftigen Interessen des Anfechtungsgegners und des Rechtsverkehrs wird durch die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§ 146 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 194 ff. BGB) ausreichend Rechnung getragen.240) Das Argument, dass das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens für den Schutz des Anfechtungsgegners und des Rechtsverkehrs erforderlich sei, verfängt jedenfalls nicht.241) Allein die Beendigung des Insolvenzverfahrens kann nicht rechtfertigen, dass der Anfechtungsgegner – von der Einzelgläubigeranfechtung einmal abgesehen – das aus der gläubigerbenachteiligenden Vermögensverschiebung Erlangte behalten kann, obwohl die (übrigen) Insolvenzgläubiger nur quotal befriedigt wurden.

A. Insolvenzanfechtungsanspruch als Instrument zur Haftungsverwirklichung 60 Im Mittelpunkt der Betrachtungen zum Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens muss der Gedanke der Haftungsverwirklichung stehen, der durch den Gesetzgeber der Insolvenzordnung in § 1 S. 1 InsO zum Hauptzweck des einheitlichen Insolvenzverfahrens erhoben wurde.242) Gemäß § 1 S. 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Die Insolvenzordnung stellt demnach zwei gleichrangige Wege zur Verwirklichung der Vermögenshaftung bereit, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die Forderungen aller seiner Gläubiger vollständig zu befriedigen;243) zum einen das Regelinsolvenzverfahren und zum anderen das Insolvenzplanverfahren.244) Im Regelinsolvenzverfahren erfolgt die Verwertung und Erlösverteilung schlicht nach den gesetzlichen Vorschriften. Dagegen ermöglicht das Insolvenzplanverfahren den Beteiligten von den gesetzlichen Bestimmungen abzuweichen und im Wege von Verhandlungen und privatautonomen Austauschprozessen die Insolvenz einvernehmlich zu gestalten.245) ___________ 240) 241) 242) 243) 244)

Im Einzelnen dazu unter Gliederungspunkt D. in diesem Kapitel. So ähnlich im Hinblick auf das „Anfechtungsrecht“ auch Eckardt, KTS 1993, 585, 606. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 83, 108. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 108; Stürner, in: MünchKomm-InsO, Einl. Rn. 1. Vor dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung standen das Konkursverfahren nach der Konkursordnung und das Vergleichsverfahren nach der Vergleichsordnung nebeneinander. Mit der Schaffung eines einheitlichen Insolvenzverfahrens, das die Funktionen von Konkurs und Vergleich in sich vereint, stellt der Gesetzgeber den Verfahrensbeteiligten nunmehr alle Verwertungsarten gleichrangig in einem Verfahren zur Verfügung (vgl. auch RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 83). 245) Das Insolvenzplanverfahren ist jedoch kein selbstständiges Insolvenzverfahren, sondern nur im Rahmen eines eröffneten Verfahrens zulässig.

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A. Insolvenzanfechtungsanspruch als Instrument zur Haftungsverwirklichung

Unabhängig von der angestrebten Art der Verwertung (z. B. Liquidation im Regel- 61 insolvenzverfahren oder Sanierung im Insolvenzplanverfahren) wird dem insolventen Schuldner (spätestens) mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen entzogen (§ 80 Abs. 1 InsO), welches das haftungsrechtliche Substrat seines eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Handelns im Rahmen einer vom Grundsatz der Privatautonomie geprägten Rechtsordnung bildet.246) An die Stelle der eigenverantwortlichen Steuerung der Vermögens- und Haftungsverhältnisse tritt die staatlich geordnete Haftungsabwicklung im Gesamtvollstreckungsverfahren.247) Das Vermögen des Insolvenzschuldners dient fortan der gemeinschaftlichen und grundsätzlich gleichmäßigen Befriedigung der (Insolvenz-)Gläubiger. Es wird den Gläubigern haftungsrechtlich zugewiesen und als common pool zur Verfügung gestellt; seine Verwertung und Verteilung an die einzelnen Gläubiger wird prozeduralisiert.248) Die Qualität als Privateigentum verliert das Vermögen des Insolvenzschuldners durch die Verfahrenseröffnung allerdings nicht.249) Vielmehr werden die aufgrund der Insolvenz auftretenden Haftungskonkurrenzen spezifisch privat-, eben haftungsrechtlich, festgelegt.250) Im Vordergrund steht dabei stets der Gedanke der bestmöglichen Haftungsverwirk- 62 lichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubigergesamtheit.251) Im Interesse der Gläubiger zielt das Insolvenzverfahren auf die bestmögliche Verwertung des Schuldnervermögens und die optimale Abwicklung oder Umgestaltung der Finanzstruktur des Schuldners ab.252) Vereinfacht gesagt, besteht das Ziel des Insolvenzverfahrens darin, dass das Schuldnervermögen den Gläubigern den höchstmöglichen Ertrag einbringt.253) Die den Gläubigern insgesamt zur Verfügung stehende Haftungsmasse soll möglichst maximiert und damit die Befriedigungschance für jeden einzelnen Gläubiger möglichst optimiert werden.254)

___________ 246) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 1.13. Zu Recht weist Thole, Gläubigerschutz, S. 59 Fn. 284 darauf hin, dass die Möglichkeit der Eigenverwaltung mit dem „debtor-in-possession“ das grundsätzliche Wertungssystem nicht in Frage stellt. 247) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.23, 7.16. 248) Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 17 ff.; Thole, Gläubigerschutz, S. 53, 59 f. 249) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 1.13. 250) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 1.13, 2.00. 251) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 83, 91; Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 17 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 1.12, 1.13; Thole, Gläubigerschutz, S. 51 ff. 252) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 77. 253) Henckel, in: FS-Merz, S. 197, 202. 254) Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 17 ff.

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63 Für die Verwirklichung dieser Zielsetzung ist – neben der Kollektivierung der Haftungsverwirklichung im Gesamtvollstreckungsverfahren255) – das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung von besonderer Bedeutung, welches nach der allgemeinen Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung die Aufgabe hat, „den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wiederherzustellen, dass Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden, die insbesondere in der Zeit der Krise vor der Verfahrenseröffnung zum Nachteil der Gläubiger vorgenommen worden sind.“256) Die Insolvenzanfechtung erlaubt „den Zugriff des Insolvenzverwalters auf vorinsolvenzliche Abflüsse aus dem schuldnerischen Vermögen, um diese als Haftungsgrundlage für die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger wieder verfügbar zu machen. Sie trägt damit wesentlich dazu bei, dass das Insolvenzrecht seinem Anspruch gerecht werden kann, den Gläubigern im Rahmen eines geregelten Verfahrens gleichmäßige Befriedigung zu verschaffen.“257) Dabei zielt das Rechtsinstitut nicht nur auf die Rückgängigmachung gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen unmittelbar aus der Zeit der Krise ab, sondern reicht – wie die tatbestandlichen Anfechtungsfristen der §§ 133, 134, 135 InsO verdeutlichen – weit vor die Insolvenzantragstellung zurück. Als Instrument des einheitlichen Insolvenzverfahrens – d. h. unabhängig davon, „ob das Vermögen des Schuldners liquidiert oder ob dieser saniert wird, ob eine konkursmäßige Zwangsverwertung durchgeführt wird oder das Insolvenzverfahren durch einen Plan beendet wird und ob ein Insolvenzverwalter bestellt wird oder dem Schuldner die Eigenverwaltung verbleibt“258) –

___________ 255) Die Kollektivierung des Haftungsprozesses im Insolvenzverfahren verhindert einen für die Gläubigergemeinschaft im Ergebnis suboptimalen „race to the assets“, bei dem die noch vorhandenen Vermögenswerte des Schuldners von einigen wenigen, schnellen Vollstreckungsgläubigern zulasten der Gemeinschaft auseinandergerissen und aufgezehrt werden (dazu ausführlich Thole, Gläubigerschutz, S. 52 ff. sowie Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 17 ff. unter Verweis auf die spieltheoretischen Erkenntnisse zum sog. „Gefangenendilemma“). Allerdings führt allein die Kollektivierung des Haftungsprozesses nach Insolvenzeröffnung in der Praxis nur sehr selten zur bestmöglichen Haftungsverwirklichung zugunsten der Gläubigergemeinschaft. Dies folgt schlichtweg aus dem Umstand, dass die finanzielle Krise des Schuldners im Sinne des §§ 17 ff. InsO (sog. materielle Insolvenz) regelmäßig weit vor der Insolvenzantragstellung liegt. Zu diesem Zeitpunkt kann der Schuldner über das Vermögen, das später im Insolvenzverfahren dem Kollektiv der Gläubiger zur gemeinschaftlichen Befriedigung zur Verfügung stehen soll, noch frei disponieren. Er kann nicht nur alte Verbindlichkeiten begleichen und auf diese Weise Vermögenswerte abziehen, sondern auch neue Verbindlichkeiten begründen, die später die Insolvenzquote der einzelnen Gläubiger verringern (ähnlich Thole, Gläubigerschutz, S. 62). Hinzu kommt zudem, dass diejenigen Gläubiger, die Kenntnis von der materiellen Insolvenz des Schuldners haben, oftmals dazu neigen, von der Stellung eines Insolvenzantrags abzusehen und stattdessen schnellstmöglich – teils unter Androhung der Insolvenzantragstellung – beim Schuldner vorrangige Befriedigung oder Sicherung zu suchen. 256) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 156; Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme, Rn. 1; Bork, in: FSSchäfer, S. 593, 594. 257) RegE, BT-Drucks. 18/7054, S. 10. 258) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 82.

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A. Insolvenzanfechtungsanspruch als Instrument zur Haftungsverwirklichung

ermöglicht es die haftende Aktivmasse zu erweitern und die Passivmasse zu verringern.259) In der Sache geht es bei der Insolvenzanfechtung also stets um die Beseitigung von 64 gläubigerbenachteiligenden Masse- und Quotenverkürzungen aus dem Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.260) Zugunsten einer besseren Befriedigung der Gläubiger können solche Vermögensverschiebungen nachträglich rückgängig gemacht werden, die vom Gesetzgeber aufgrund der Insolvenzsituation als „sachlich ungerechtfertigt“261) gewertet werden.262) Letztlich soll die Insolvenzmasse in die Lage zurückversetzt werden, in der sie sich befinden würde, wenn die anfechtbare Rechtshandlung unterblieben wäre.263) Nicht selten ist die Insolvenzanfechtung sogar die einzige Möglichkeit, ein Insolvenzverfahren überhaupt erst eröffnungsfähig zu machen.264) Gerade diejenigen Insolvenzverfahren, die nur mit knapper voraussichtlicher Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO) eröffnet werden können (§ 26 Abs. 1 InsO), werden besonders durch die Insolvenzanfechtungsansprüche getragen.265) Es verwun___________ 259) Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 3; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 2; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 85; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 3; Ehricke, in: KPB-InsO, 34. Lfg. 11.2008, § 129 Rn. 1; Paulus, ZInsO 1999, 242, 243. 260) Rechtstechnisch bewirken die Insolvenzanfechtungsvorschriften eine Erweiterung der haftungsrechtlichen Zuweisung in zeitlicher wie personeller Hinsicht. Einhergehend mit der Verfahrenseröffnung kommt es rückwirkend zu einer punktuellen Einschränkung der „ätherischen Flüchtigkeit“ der Haftungsmasse. Gemeint ist damit, dass einzelne Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte des Schuldners, die dieser vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund seiner umfänglichen Dispositionsbefugnis vollwirksam abschließen konnte, nachträglich rückabgewickelt werden müssen. Wenngleich die Insolvenzanfechtungsvorschriften dazu auf Rechtsfolgenseite in der Regel „nur“ einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr des anfechtbar Erlangten zur Insolvenzmasse bereitstellen (vgl. § 143 Abs. 1 S. 1 InsO) und damit grundsätzlich keine absoluten Rechtswirkungen entfalten, wird zum Schutz der Haftungsverwirklichung der Grundsatz begrenzt, dass die Gläubigergemeinschaft den Bestand des haftenden Schuldnervermögens so zu akzeptieren hat, wie er sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens darstellt (dazu ausführlich Thole, Gläubigerschutz, S. 60, 283 m. w. N.). 261) BGH, Urt. v. 11.11.1954 – IV ZR 64/54 = WM 1955, 407, 409. 262) Unter Bezugnahme auf die abstrakte Formulierung „sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebung“ wirft Thole in seiner vielbeachteten Habilitationsschrift berechtigterweise die Frage auf, welche konkreten Wertungen eine Vermögensverschiebung als ungerechtfertigt erscheinen lassen, mithin welche Wertungen den verschiedenen Insolvenzanfechtungstatbeständen im Einzelnen zugrunde liegen (vgl. Thole, Gläubigerschutz, S. 279 ff.). In der Folge arbeitet er zutreffend heraus, dass den verschiedenen Insolvenzanfechtungstatbeständen unterschiedliche Wertungen und Ziele zugrunde liegen und deshalb ein alleiniger Rückgriff auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz („par conditio creditorum, pari passu“) nicht geeignet ist, alle Insolvenzanfechtungstatbestände zu erklären. Für die Thematik des Erlöschens des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens spielen diese Fragen allerdings keine Rolle. Maßgeblich ist allein der übergeordnete, das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung insgesamt prägende Gedanke der bestmöglichen Haftungsverwirklichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger. 263) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 167. 264) Buchalik/Hiebert, ZinsO 2014, 109; Bork, in: FS-Schäfer, S. 593, 599, Frind, ZInsO 2015, 1001, 1004 f.; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 3. 265) Frind, ZInsO 2015, 1001, 1004 f., der hervorhebt, dass der Masseanteil, der durch erfolgreiche Insolvenzanfechtung erlangt wird, im Durchschnitt aller Regelinsolvenzverfahren ca. 20 % beträgt.

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dert daher nicht, dass die Insolvenzanfechtung allgemein als ein effektives Instrument zur Haftungsverwirklichung eingestuft wird.266)

B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall 65 Die Haftungsverwirklichungsfunktion des Insolvenzverfahrens und die Ausgestaltung des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Instrument zur Verwirklichung der gesetzlichen Haftungsordnung bedingen, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch – entgegen der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur – im Regelfall auch nach der vorbehaltlosen Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens fortbesteht. Das maßgebliche Kriterium für einen solchen Fortbestand des Anspruchs ist, dass dessen Zweck, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der Insolvenzgläubiger zu erreichen, auch noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens durch eine gerichtlich angeordnete Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO verwirklicht werden kann. Mit anderen Worten: Entscheidend ist, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den Gläubigern auch noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens zugutekommen kann.267) Dies ist bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Vollzug der Schlussverteilung (§ 200 Abs. 1 InsO), der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO)268) und bei der Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO)269) der Fall. ___________ 266) Siehe nur Gehrlein, NZI 2014, 481 ff. und Kayser, NJW 2014, 422 ff. – Inwieweit diese Effektivität der Insolvenzanfechtung durch das „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz“ mittelfristig beeinträchtigt werden wird, ist in der Literatur vor dessen Inkrafttreten Gegenstand einer kontroversen Diskussion gewesen (besonders kritisch waren etwa Frind, ZInsO 2015, 1001 ff. und Hölzle, ZIP 2015, 662 ff., aber auch Huber, ZInsO 2015, 713, 715, 720, der vom drohenden „Konkurs im Konkurs“ spricht, und Kayser/Heidenfelder, ZIP 2016, 447 ff., die mittelfristig „die Insolvenz der Insolvenz“ befürchten). 267) Im Ergebnis auch Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10; ders., LMK 2011, 323485. 268) Nach früher herrschender Meinung war die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ausgeschlossen, wenn die Anfechtung nicht auch zu einem Vermögensvorteil für die Insolvenzgläubiger führte (ausführlich zum früheren Streitstand Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, 12. Aufl., § 129 Rn. 10 sowie Gundlach/Frenzel/Schmidt, NZI 2004, 184 ff.). Dieser Auffassung hat der Bundesgerichtshof zu Recht widersprochen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.9.2003 – IX ZB 460/02 = NZI 2004, 26, 27; BGH, Urt. v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06 = NZI 2008, 297, 298 Rn. 13 f.; dem BGH zustimmend BAG, Urt. v. 24.10.2013 – 6 AZR 466/12 = NZI 2014, 129, 133 Rn. 43; bereits zum alten Recht BGH, Urt. v. 19.7.2001 – IX ZR 36/99 = NJW-RR 2001, 1699, 1701). 269) Zutreffend hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Meinungsstreit, ob die Anordnung einer Nachtragsverteilung auch im Anschluss an eine Einstellung des Insolvenzverfahrens aufgrund des Fehlens einer die Verfahrenskosten deckenden Masse zulässig ist, zugunsten der Anordnungsmöglichkeit einer Nachtragsverteilung entschieden (BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 40/13 = NZG 2014, 113).

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

I.

Haftungsverwirklichung durch gerichtliche Anordnung der Nachtragsverteilung

Das Rechtsinstitut der Nachtragsverteilung ist für das Regelinsolvenzverfahren im 66 Kern in den §§ 203 bis 205 InsO geregelt.270) Gemäß § 203 Abs. 1 InsO ordnet das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters, eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlusstermin zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden (Nr. 1), Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen (Nr. 2) oder Gegenstände der Masse ermittelt werden (Nr. 3).271) Der Insolvenzverwalter hat dann den zur Verfügung stehenden Betrag oder den Erlös aus der Verwertung der ermittelten Gegenstände aufgrund des bereits vorliegenden Schlussverzeichnisses zu verteilen (vgl. § 205 S. 1 InsO). Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung ausdrücklich nicht entgegen (vgl. § 203 Abs. 2 InsO). Auch die Löschung des (Insolvenz-)Schuldners im Handelsregister nach der Durchführung des Insolvenzverfahrens (vgl. § 394 Abs. 1 S. 2 FamFG) schließt die gerichtliche Anordnung der Nachtragsverteilung nicht aus.272) Die Gesellschaft ist bei vorhandenem Restvermögen trotz ihrer Löschung nicht beendet und bleibt für eine Nachtragsliquidation parteifähig.273) Der Sinn und Zweck der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung besteht 67 mithin darin, den Gläubigern den insolvenzmäßigen Zugriff auf solche Barmittel und Vermögensgegenstände der Insolvenzmasse zu ermöglichen, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen in der Schlussverteilungsmasse und dem Schlussverzeichnis nicht berücksichtigt worden sind und daher nicht an die Gläubiger verteilt werden konnten.274) Letztlich setzt die Nachtragsverteilung die noch nicht endgültig abgeschlossene Schlussverteilung in einem dem Insolvenzverfahren nachgeordneten Verteilungsverfahren fort.275) Auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wird durch das Rechtsinstitut der Nachtragsverteilung der gemeinschaftlichen (und ___________ 270) Im Fall der Verfahrenseinstellung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gilt § 211 Abs. 3 InsO. Eine Nachtragsverteilung entsprechend §§ 211 Abs. 3, 203 ff. InsO kann nach der Rechtsprechung zudem im Anschluss an eine Verfahrenseinstellung nach § 207 InsO angeordnet werden (vgl. Fn. 269). 271) Die Anordnung einer Nachtragsverteilung kann nach vorzugswürdiger Auffassung zeitlich unbefristet erfolgen (ausführlich dazu Meyer, Nachtragsverteilung, S. 53 ff.); insbesondere die Antragsfrist nach § 586 Abs. 1 ZPO ablehnend BGH, Beschl. v. 2.12.2010 í IX ZB 184/09 = NZI 2011, 369, 370 Rn. 6; insofern a. A. Zimmer, KTS 2009, 199, 207 ff. 272) BGH, Beschl. v. 16.1.2014 – IX ZB 122/12 = ZInsO 2014, 340 Rn. 7. 273) BGH, Beschl. v. 16.1.2014 – IX ZB 122/12 = ZInsO 2014, 340 Rn. 7 m. w. N. 274) BGH, Beschl. v. 25.2.2016 – IX ZB 74/15 = NZI 2016, 365, 266 Rn. 12; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 7.67; Meller-Hannich, in: Jaeger-InsO, § 203 Rn. 1; Westphal, in: Nerlich/RömermannInsO, 27. Lfg. 08.2014, § 203 Rn. 2; Preß/Henningsmeier, in: HambKomm-InsO, § 203 Rn. 1; Wegener, in: Uhlenbruck-InsO, § 203 Rn. 1; ausführlich zuletzt auch Schneider, KTS 2018, 51 ff. 275) BGH, Beschl. v. 25.2.2016 – IX ZB 74/15 = NZI 2016, 365, 266 Rn. 12.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

bestmöglichen) Gläubigerbefriedigung Rechnung getragen. Vermögenswerte der Insolvenzmasse, die erst nach dem Schlusstermin ermittelt oder frei werden, sollen von dem insolvenzmäßigen Verteilungsschlüssel nicht ausgenommen, sondern vielmehr in die Gesamtabwicklung des Vermögensträgers einbezogen werden.276) Im gleichen Maße wie bei dem Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung steht bei dem Rechtsinstitut der Nachtragsverteilung der Gedanke der bestmöglichen Haftungsverwirklichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger (§ 1 S. 1 InsO) im Mittelpunkt.

II. Insolvenzanfechtungsanspruch als Gegenstand der Nachtragsverteilung 68 Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung277) und Literatur278) ist der Insolvenzanfechtungsanspruch als Aktivum des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung umfassend zugänglich. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Nachtragsverteilung im Schlusstermin vorbehalten oder später angeordnet wird.279) Gesetzlicher Anknüpfungspunkt ist stets § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO („nach dem Schlusstermin […] Gegenstände der Insolvenzmasse ermittelt wer___________ 276) Castrup, in: Graf-Schlicker-InsO, § 203 Rn. 1; Meyer, Nachtragsverteilung, S. 21. 277) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 f. Rn. 8; BGH, Beschl. v. 11.2.2010 – IX ZB 105/09 = NZI 2010, 259 Rn. 5; BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 488 Rn. 13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 111; noch zur KO siehe RG, Urt. v. 21.4.1936 – VII 260/35 = JW 1936, 2927, 2928 f.; BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102, 103 = NJW 1982, 1765 f. 278) Bork, ZIP 2009, 2077 ff.; Gehrlein, in: FS-Görg, S. 185, 192; Nicht, in: BeckOK-InsO, § 203 Rn. 2; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 10; Vallender, in: FS-MaierReimer, S. 777, 787; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 7.67, 21.108; Meller-Hannich, in: JaegerInsO, § 203 Rn. 9 f.; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 143 Rn. 3; ders., in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 11, 14; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 211 ff.; Ehricke, in: KPB-InsO, 34. Lfg. 11.2008, § 129 Rn. 6; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10; Paulus, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 18 AnfG Rn. 6; Meyer, Nachtragsverteilung, S. 91 ff.; Preß/Henningsmeier, in: HambKomm-InsO, § 203 Rn. 11; Uhlenbruck, NZI 2001, 408, 409 f.; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 98; Wegener, in: Uhlenbruck-InsO, § 200 Rn. 24 f.; nach Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 299 ist Gegenstand der Nachtragsverteilung der „Ertrag des [Anfechtungs-]Prozesses“; zur KO vgl. nur Uhlenbruck, ZIP 1993, 241, 246 m. w. N. sowie Wachtel, Nachtragsverteilung im Konkurs, S. 42 f. 279) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es vor der Anordnung der Nachtragsverteilung keiner abschließenden Prüfung über das Vorliegen der Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs durch das Insolvenzgericht. Es könne nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts sein, bei der Anordnung der Nachtragsverteilung abschließend über die dem Prozessgericht vorbehaltene Prüfung der Begründetheit der Klage zu befinden, zumal der Beklagte des Streitverfahrens häufig an der Entscheidung über die Nachtragsverteilung gar nicht beteiligt sei. Vielmehr könne das Gericht in einer solchen Lage eine Nachtragsverteilung anordnen, wenn die beabsichtigte Klage nach dem Inhalt des dem Gericht unterbreiteten Sachverhalts schlüssig ist (vgl. BGH, Beschl. v. 11.2.2010 – IX ZB 105/09 = NZI 2010, 259 Rn. 5; m. Anm. Kießner, FD-InsR 2010, 299713). Keine Schlüssigkeit im Sinne des BGH-Urteils liegt nach der Auffassung des OLG Düsseldorf vor, wenn die Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 KO bereits abgelaufen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 66).

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

den“).280) Freilich sind dabei die Begriffe „nach dem Schlusstermin ermittelt werden“ weit zu fassen.281) Darunter fallen nicht nur Anfechtungsansprüche, die erst nach dem Schlusstermin bekannt werden,282) sondern auch solche, deren gerichtliche Geltendmachung zu diesem Zeitpunkt noch andauern (schwebende Anfechtungsrechtsstreitigkeiten) oder von deren Existenz der Insolvenzverwalter zwar bereits vorher wusste, deren Geltendmachung er jedoch unterlassen hat.283) Gründe für Letzteres können zum Beispiel sein, dass zum Zeitpunkt des Schlusstermins das Tatsachenmaterial für die außergerichtliche bzw. gerichtliche Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs noch aufzubereiten oder die wirtschaftliche Werthaltigkeit des Anspruchs schlichtweg noch ungeklärt war.284) Denkbar ist aber beispielsweise auch, dass der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch fälschlicherweise nicht für verwertbar hielt, etwa weil er den Anfechtungsgegner für illiquide gehalten hatte.285) Auf die Frage, ob die Bewertung durch den Insolvenzverwalter auf einer vorwerfbaren Fehleinschätzung beruht, kommt es nicht an.286) Letztlich fällt unter die Vorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO sogar der Fall, dass die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs vor der Beendigung des Insolvenzverfahrens allein aufgrund einer Nachlässigkeit des Insolvenzverwalters unterblieben ist.287) ___________ 280) Bork, ZIP 2009, 2077 f. m. w. N. zur Gegenauffassung, die in den Fällen des sog. „Nachtragsvorbehalts“ auf die Tatbestandsvariante „nach dem Schlusstermin […] zurückbehaltene Beträge frei werden“ (Nr. 1) zurückgreift. Zu Recht hebt Bork hervor, dass sich „zurückbehaltene Beträge“ bereits in der Masse befinden, während es bei der Insolvenzanfechtung darum geht, zur Masse gehörende Beträge noch zur Masse zu ziehen. 281) So auch BGH, Beschl. v. 2.12.2010 í IX ZB 184/09 = NZI 2011, 369, 370 f. Rn. 3, 11; BGH, Beschl. v. 26.1.2012 í IX ZB 111/10 = NJW-RR 2012, 736, 737 Rn. 22; BGH, Beschl. v. 27.4.2017 – IX ZB 93/16 = BeckRS 2017, 111977 Rn. 18. 282) Zu einem Fall, in dem ein Gläubiger nach der Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens mit angeschlossener Restschuldbefreiung eine Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO beantragt hat, weil nach der Verfahrensbeendigung eine anfechtbare Grundstücksschenkung ermittelt wurde, siehe BGH, Beschl. v. 11.2.2010 – IX ZB 105/09 = NZI 2010, 259 Rn. 5; zur Vorinstanz siehe LG Potsdam, Beschl. v. 20.4.2009 – 5 T 166/09 = BeckRS 2010, 05152. 283) Ähnlich Bork, ZIP 2009, 2077, 2081. 284) Ausführlich dazu Bork, ZIP 2009, 2077. 285) Allgemein zu § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO ebenso BGH, Beschl. v. 1.12.2005 – IX ZB 17/04 = NZI 2006, 180, 181 Rn. 6; m. Anm. Lang, FD-InsR 2006, 182285; BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – IX ZB 287/05 = ZInsO 2006, 1105 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – IX ZB 229/06 = NJW-RR 2008, 428; m. Anm. Kießner, FD-InsR 2008, 251333; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 í IX ZB 184/09 = NZI 2011, 369, 370 f. Rn. 3, 11; BGH, Beschl. v. 26.1.2012 í IX ZB 111/10 = NJW-RR 2012, 736, 737 Rn. 22; BGH, Beschl. v. 27.4.2017 – IX ZB 93/16 = NZI 2017, 608, 609 Rn. 18. 286) Allgemein zu § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO ebenso BGH, Beschl. v. 1.12.2005 – IX ZB 17/04 = NJW-RR 2006, 262, 263 Rn. 6; m. Anm. Lang, FD-InsR 2006, 182285; BGH, Beschl. v. 26.1.2012 í IX ZB 111/10 = NJW-RR 2012, 736, 737 Rn. 22. 287) Allgemein zu § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO ebenso BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – IX ZB 229/06 = NJW-RR 2008, 428; m. Anm. Kießner, FD-InsR 2008, 251333; ähnlich bereits BGH, Beschl. v. 1.12.2005 – IX ZB 17/04 = NZI 2006, 180, 181 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 í IX ZB 184/09 = NZI 2011, 369, 370 f. Rn. 3, 11; BGH, Beschl. v. 26.1.2012 í IX ZB 111/10 = NJW-RR 2012, 736, 737 Rn. 22, 23.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

69 Nur vereinzelt wird im insolvenzrechtlichen Schrifttum die Auffassung vertreten, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch dem Insolvenzverwalter bis zum Schlusstermin unbekannt geblieben sein muss.288) Für den Fall, dass die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung dem Insolvenzverwalter schon vor der Beendigung des Schlusstermins bekannt war, sei die Anordnung einer Nachtragsverteilung nach §§ 203 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 InsO nicht mehr möglich.289) Vielmehr hätte der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch umgehend geltend machen und die Schlussverteilung aufgeschoben oder aber der Insolvenzanfechtungsanspruch einer Nachtragsverteilung vorbehalten werden müssen.290)

70 Gegen eine solche Sichtweise sprechen allerdings gewichtige Gründe. Zunächst ist nicht nachvollziehbar, warum nur beim Insolvenzanfechtungsanspruch die Unkenntnis der Anfechtungsmöglichkeit Voraussetzung für die Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO sein soll. Bei allen anderen Masseaktiva wird gerade nicht darauf abgestellt, ob dem Insolvenzverwalter die Gegenstände vor dem Schlusstermin bekannt waren oder nicht.291) Der Umstand, warum eine Verwertung des Massegegenstandes unterblieben ist, spielt nach (mittlerweile) ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Auslegung des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO keine Rolle.292) Nur eine Gleichstellung des Insolvenzanfechtungsanspruchs mit allen anderen Masseaktiva wird dem Sinn und Zweck der Nachtragsverteilung gerecht, die Vermögenshaftung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger auch nach der Verfahrensbeendigung bestmöglich zu realisieren. Entscheidend ist allein, dass die „ermittelten Gegenstände“ bereits vor der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens Bestandteil des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ waren und deshalb bereits im eröffneten Verfahren hätten geltend gemacht werden können.

71 Abschließend ist noch auf zwei besondere Fallgestaltungen einzugehen. Die erste Konstellation betrifft den Fall, dass dem Insolvenzschuldner als natürlicher Person durch das Insolvenzgericht eine Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO angekündigt oder sogar bereits erteilt worden ist. Die andere Konstellation besteht darin, dass der Insolvenzverwalter im Rahmen der Schlussverteilung eine sog. „100 %-Quote“ ___________ 288) So Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 203 Rn. 17 und Westphal, in: Nerlich/RömermannInsO, 27. Lfg. 08.2014, § 203 Rn. 8 mit weiteren Ausführungen in Fn. 7; wohl auch MellerHannich, in: Jaeger-InsO, § 203 Rn. 10; allgemein kritisch zur weiten Auslegung des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO Keller, NZI 2012, 272 ff.; diese Kritik widerlegend Meyer, Nachtragsverteilung, S. 87 ff. 289) Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 203 Rn. 17. 290) Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 203 Rn. 17; Westphal, in: Nerlich/Römermann-InsO, 27. Lfg. 08.2014, § 203 Rn. 8 mit weiteren Ausführungen in Fn. 7. 291) BGH, Beschl. v. 2.12.2010 í IX ZB 184/09 = NZI 2011, 369, 370 Rn. 11. 292) BGH, Beschl. v. 2.12.2010 í IX ZB 184/09 = NZI 2011, 369, 370 Rn. 11; zur vorherrschenden Auffassung im Schrifttum siehe nur Meyer, Nachtragsverteilung, S. 83 ff. m. w. N.; zur Auslegung von Tatbestandsvariante Nr. 3 durch Hintzen für sämtliche anderen Gegenstände der Insolvenzmasse siehe Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 203 Rn. 15.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

ausschütten kann, also alle einfachen Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO vollständig befriedigt werden. In der ersten Fallkonstellation kann sowohl nach der Ankündigung als auch nach 72 der Erteilung der Restschuldbefreiung (noch) die Anordnung einer Nachtragsverteilung in Bezug auf den Insolvenzanfechtungsanspruch erfolgen.293) Dies ergibt sich insbesondere aus den der Restschuldbefreiung und der Insolvenzanfechtung zugrunde liegenden Wertungen. Der Sinn und Zweck der Restschuldbefreiung besteht allein darin, dem Insolvenzschuldner nach der Verwertung seines gesamten vorhandenen Vermögens einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen.294) Ihm soll eine Möglichkeit gewährt werden, sich von der Haftung auch für solche Verbindlichkeiten zu befreien, die aus dem vorhandenen Schuldnervermögen nicht erfüllt werden können.295) (Schutz-)Wirkungen zugunsten Dritter – etwa zugunsten des (Insolvenz-)Anfechtungsgegners – soll die Restschuldbefreiung hingegen nicht entfalten.296) Im Gegenteil bestätigt § 300a Abs. 1 S. 2 InsO297), dass die Insolvenzanfechtung durch eine Restschuldbefreiung nicht tangiert wird.298) In der Fallkonstellation der „100 %-Quote“ kann eine Nachtragsverteilung in Bezug 73 auf den Insolvenzanfechtungsanspruch auch zugunsten der nachrangigen Insolvenzgläubiger im Sinne des § 39 InsO angeordnet und durchgeführt werden. Denn nur bei einem Überschuss im Sinne des § 199 InsO, wenn also „bei der Schlußverteilung die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden“, ist die gerichtliche Anordnung der Nachtragsverteilung ausgeschlossen.299) Voraussetzung für die gerichtliche Anordnung der Nachtragsverteilung zugunsten der nachrangigen Insolvenzgläubiger ist allerdings, dass die nachrangigen Insolvenzgläubiger ihre Forderungen rechtzeitig zur Insolvenztabelle angemeldet haben und ___________ 293) Im Ergebnis ebenso Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 3; allgemein zur Zulässigkeit der Nachtragsverteilung bei angekündigter oder bereits erteilter Restschuldbefreiung Meyer, Nachtragsverteilung, S. 279 ff. m. w. N.; zur Zulässigkeit der Einzelgläubigeranfechtung nach Ankündigung oder Erteilung der Restschuldbefreiung siehe Fn. 374 unter Gliederungspunkt B.V. in diesem Kapitel. 294) BGH, Urt. v. 12.11.2015 – IX ZR 301/14 = NJW 2016, 246, 247 Rn. 17; Stephan, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 286 ff. Rn. 7; Wenzel, in: KPB-InsO, 72. Lfg. 06.2017, § 286 Rn. 1. 295) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 109. 296) Dogmatischer Anknüpfungspunkt hierfür ist unter anderem § 301 Abs. 2 S. 1 InsO. Danach werden die Rechte der Insolvenzgläubiger insbesondere bei akzessorischen Rechten von der Restschuldbefreiung nicht berührt. Dies zeigt, dass die Restschuldbefreiung nur die Person des Schuldners betrifft. Im Verhältnis zu Dritten verbleibt es dabei, dass die Forderung in vollem Umfang durchsetzbar ist (BGH, Urt. v. 12.11.2015 – IX ZR 301/14 = NJW 2016, 246, 247 Rn. 17). 297) Die Vorschrift wurde zum 1.7.2014 durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (RegE, BT-Drucks. 17/11268) in die Insolvenzordnung eingefügt. 298) RegE, BT-Drucks. 17/11268 S. 31; BGH, Urt. v. 12.11.2015 – IX ZR 301/14 = NJW 2016, 246, 247 Rn. 17. 299) Holzer, in: KPB-InsO, 64. Lfg. 07.2015, § 203 Rn. 5.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

bislang nur die Forderungen der einfachen Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO vollständig befriedigt wurden. Zudem ist mit Blick auf den materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch als Gegenstand der gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung entscheidend, dass im Einzelfall das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerbenachteiligung erfüllt ist.

74 Grundsätzlich genügt nach der Insolvenzordnung als Gläubigerbenachteiligung die Beeinträchtigung der nachrangigen Insolvenzgläubiger im Sinne des § 39 InsO.300) Allerdings ist in der Befriedigung oder Besicherung nicht nachrangiger Insolvenzforderungen keine Gläubigerbenachteiligung zu sehen, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung dieser Forderungen ausreicht und lediglich nachrangige Forderungen unberücksichtigt bleiben.301) Ferner liegt eine Gläubigerbenachteiligung nicht vor, wenn die Insolvenzmasse (im Zeitpunkt des Insolvenzanfechtungsprozesses) trotz der Rechtshandlung noch zur Befriedigung aller Gläubiger – sogar der nachrangigen – ausreicht.302) Gegen die Möglichkeit, dass die Insolvenzmasse zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht, spricht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs303) und nach der insolvenzrechtlichen Literatur304) jedoch eine tatsächliche Vermutung, weil Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung schon Eröffnungsvoraussetzungen sind (§§ 16 bis 19 InsO); der Anfechtungsgegner muss deshalb die voraussichtliche Vermögensunzulänglichkeit der Masse entkräften.305)

75 Schließlich ist mit Blick auf den materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch als Gegenstand der gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung auch zu berücksichtigen, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung durch das Insolvenzgericht keiner abschließenden Prüfung über das Vorliegen der Voraussetzungen des (Insolvenz-) Anfechtungsanspruchs (etwa des Tatbestandsmerkmals der Gläubigerbenachteiligung) bedarf. Es könne nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts sein, bei der Anordnung der Nachtragsverteilung abschließend über die dem Prozessgericht vorbehaltene Prüfung der Begründetheit der Klage zu befinden. Vielmehr könne das Gericht in einer solchen Lage eine Nachtragsverteilung anordnen, wenn die beabsichtigte Klage nach dem Inhalt des dem Gericht unterbreiteten Sachverhalts schlüssig ist.306) ___________ 300) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 103 m. w. N. 301) BGH, Beschl. v. 7.2.2013 í IX ZR 146/12 = NZI 2013, 399. 302) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 107 m. w. N. und Borries/Hirte, in: UhlenbruckInsO, § 129 Rn. 165 f. m. w. N. 303) Zuletzt etwa BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13 = NZI 2014, 321, 323. 304) Vgl. etwa Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 107 m. w. N. und Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 260 m. w. N. 305) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 107 m. w. N. und Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 260 m. w. N.; zuletzt auch BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13 = NZI 2014, 321, 323. 306) Vgl. etwa BGH, Beschl. v. 11.2.2010 – IX ZB 105/09 = NZI 2010, 259 Rn. 5; m. Anm. Kießner, FD-InsR 2010, 299713.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

III. Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs in der Nachtragsverteilung In Abhängigkeit davon, ob der Insolvenzanfechtungsanspruch zum Zeitpunkt der Ver- 76 fahrensbeendigung einer Nachtragsverteilung vorbehalten wurde (oder nicht), ergeben sich im Hinblick auf die Anspruchsverfolgung unterschiedliche Auswirkungen. Im Fall des Nachtragsvorbehalts bleibt der Insolvenzverwalter über die Verfahrens- 77 beendigung hinaus zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs legitimiert.307) Er ist weiterhin verwaltungs-, verfügungs- und prozessführungsbefugt, so dass er den Insolvenzanfechtungsanspruch im bereits anhängigen oder rechtshängigen Gerichtsprozess weiterverfolgen,308) einen neuen Gerichtsprozess einleiten oder den Insolvenzanfechtungsanspruch auch außergerichtlich erstmalig geltend machen kann.309) Nicht zuletzt kann der Insolvenzverwalter aus einem bereits gegen den Anfechtungsgegner erwirkten Titel nach wie vor vorgehen.310) Hatte der Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens den Schuldner, einen Gläubiger oder einen Dritten zur prozessstandschaftlichen Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs ermächtigt, bewirkt der Nachtragsvorbehalt, dass dessen Prozessführungsbefugnis aufrechterhalten bleibt und dieser den Anfechtungsrechtsstreit in der Sache selbst zu Ende führen kann. Wird demgegenüber das Insolvenzverfahren vorbehaltlos aufgehoben (§ 200 Abs. 1 78 InsO) oder eingestellt (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) und erst im Nachhinein ein (Insolvenz-)Anfechtungsanspruch „ermittelt“311), so lebt die Verwaltungs-, Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters durch die Anordnung der Nachtragsverteilung mit Wirkung ex nunc wieder auf.312) Der Insolvenzverwal___________ 307) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 f. Rn. 8; BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 488 Rn. 13; noch zur KO siehe RG, Urt. v. 21.4.1936 – VII 260/35 = JW 1936, 2927, 2928 f.; BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102, 103 = NJW 1982, 1765 f.; Bork, ZIP 2009, 2077 ff. m. w. N. 308) Der Insolvenzverwalter sollte aber – um eine persönliche Haftung nach § 60 InsO zu vermeiden – eine Rückstellung bilden, um bei einem Unterliegen im Anfechtungsprozess die Kosten aus der Insolvenzmasse zahlen zu können (vgl. Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 12). 309) Zum sog. Nachtragsvorbehalt in Bezug auf einen Insolvenzanfechtungsanspruch vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 f. Rn. 8; Meller-Hannich, in: Jaeger-InsO, § 203 Rn. 10; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 211; Meyer, Nachtragsverteilung, S. 208; allgemeiner Bork, ZIP 2009, 2077, 2078 f. 310) Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 16. 311) Zu der Frage, ob den (vormaligen) Insolvenzverwalter (auch) nach der Verfahrensbeendigung die Pflicht trifft, etwaige Nachtragsmasse zu ermitteln und eine Nachtragsverteilung beim Insolvenzgericht zu beantragen bzw. das Insolvenzgericht über die neuen Erkenntnisse zu informieren, damit es von Amts wegen über die Anordnung der Nachtragsverteilung entscheidet, siehe Pluta/Heidrich, in: FS-Wimmer, S. 488 ff. 312) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 213; Meyer, Nachtragsverteilung, S. 93 spricht vom Wiederaufleben des insolvenzspezifischen Anfechtungsrechts.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

ter ist (erneut) befugt, den (Insolvenz-)Anfechtungsanspruch sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich geltend zu machen.313) Das Wiederaufleben der Verwalterbefugnisse führt allerdings nicht dazu, dass der Insolvenzverwalter einen Anfechtungsprozess in dem Stand fortführen kann, den dieser bei Beendigung des Insolvenzverfahrens hatte. Eine Aussetzung oder Unterbrechung des Insolvenzanfechtungsprozesses (§§ 239, 246 ZPO analog) mit der Möglichkeit der Wiederaufnahme durch den Insolvenzverwalter erfolgt gerade nicht.314) Durch die Verfahrensbeendigung ohne Vorbehalt der Nachtragsverteilung und dem damit verbundenen Wegfall der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters hat sich der Insolvenzanfechtungsprozess vielmehr erledigt.315) Das gilt auch im Fall einer prozessstandschaftlichen Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den Schuldner, einen Gläubiger oder einen Dritten. Für den Prozessstanschafter kann nichts anderes gelten als für den originär prozessführungsbefugten Insolvenzverwalter.316)

79 Ob und inwieweit der Insolvenzverwalter einen Insolvenzanfechtungsanspruch, der bereits Gegenstand eines wegen der vorbehaltlosen Beendigung des Insolvenzverfahrens erledigten Insolvenzanfechtungsprozesses war, erneut im Klagewege geltend machen kann, richtet sich maßgeblich danach, wie das vorausgegangene Gerichtsverfahren geendet hat.317) Hatte das Prozessgericht aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Parteien nur noch per Beschluss über die Kosten zu entscheiden (§ 91a ZPO), ist der Insolvenzverwalter nicht daran gehindert, den Insolvenzanfechtungsanspruch erneut im Klagewege geltend zu machen. Denn die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO entfaltet keine Rechtskraft für die Hauptsache.318) Ist die Erledigungserklärung des Insolvenzverwalters hingegen einseitig geblieben und wurde streitig darüber verhandelt, ob eine Erledigung vorliegt, ob also die angestrengte Insolvenzanfechtungsklage zulässig und begründet war (§ 256 ZPO),319) sind verschiedene Fallgestaltungen zu unterscheiden. ___________ 313) Zum Verhältnis von Einzelgläubigeranfechtungsanspruch und Insolvenzanfechtungsanspruch bei der Anordnung der Nachtragsverteilung nach Verfahrensbeendigung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO sogleich unter Gliederungspunkt B.V. in diesem Kapitel. 314) Dazu bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel. 315) Ebenso Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 13 sowie Meyer, Nachtragsverteilung, S. 218; im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99 Rn. 7; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 225; Ehricke, in: KPB-InsO, 34. Lfg. 11.2008, § 129 Rn. 6. 316) Die Fallkonstellation, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch im Laufe des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter an einen Dritten abgetreten wurde, wird ausführlich im fünften Kapitel behandelt. 317) Zu der Fallkonstellation, dass die Erledigungserklärung einseitig geblieben ist und die Nachtragsverteilung noch vor der rechtskräftigen Entscheidung des Prozessgerichts über den Feststellungantrag angeordnet wird, das Gerichtsverfahren mithin noch nicht geendet hat, sogleich. 318) Allgemein dazu BGH, Urt. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90 = NJW 1991, 2280, 2281 m. w. N.; in Bezug auf den Insolvenzanfechtungsprozess Meyer, Nachtragsverteilung, S. 218. 319) Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, Anh. zu § 143 Rn. 13.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

Eine erneute Klage des Insolvenzverwalters wegen desselben Insolvenzanfechtungs- 80 anspruchs ist jedenfalls dann zulässig, wenn das Prozessgericht die Erledigung des Insolvenzanfechtungsprozesses festgestellt hat.320) Das (Feststellungs-)Urteil ist Sachurteil und stellt nach herrschender Auffassung mit Rechtskraftwirkung fest, dass die Klage bis zum Erledigungsereignis zulässig und begründet war, nunmehr aber unzulässig oder unbegründet geworden ist.321) Mit Blick auf die Insolvenzanfechtungsklage wird rechtskräftig festgestellt, dass die angestrengte Klage bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens zulässig und begründet war, nunmehr aber aufgrund des Verlustes der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters unzulässig geworden ist.322) Die Rechtskraft dieses Urteils kommt dem nach der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung (erneut) auf Leistung klagenden Insolvenzverwalter zugute. Das Prozessgericht der Leistungsklage ist an die den Entscheidungsgründen zu entnehmende Feststellung gebunden, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch vor dem Eintritt des erledigenden Ereignisses dem Grunde und der Höhe nach bestand.323) Aber auch, wenn die Feststellungsklage mangels Zulässigkeit abgewiesen wurde, kann 81 der Insolvenzverwalter denselben Insolvenzanfechtungsanspruch erneut geltend machen. Die Entscheidung des Gerichts ist lediglich ein Prozessurteil, welches keine Sachentscheidung über den ursprünglichen Hauptsacheantrag enthält.324) Die materielle Rechtskraft des Prozessurteils sperrt die erneute Erhebung der (Insolvenzanfech___________ 320) A. A. Meyer, Nachtragsverteilung, S. 218 f. 321) OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.12.1966 – 1 U 106/66 = NJW 1967, 2212, 2213; OLG Nürnberg, Urt. v. 9.11.1988 – 9 U 1682/88 = NJW-RR 1989, 444 f.; OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96 = NJW-RR 1996, 956, 957; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1659; Knöringer, JuS 2010, 569, 575; Flockenhaus, in: Musielak/Voit, ZPO, § 91a ZPO Rn. 46; Schulz, in: MünchKomm-ZPO, § 91a Rn. 83; Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 82; Muthorst, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 91a Rn. 54; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 51; Jaspersen, in: BeckOK-ZPO, § 91a ZPO Rn. 80; a. A. Deppert, in: FS-Wenzel, S. 23, 32 ff. und Althammer, in: Zöller, ZPO, § 91a ZPO Rn. 46, nach deren Rechtsauffassung nur die Feststellung der Erledigung bzw. Nichterledigung in Rechtskraft erwachse, nicht aber auch, dass und weshalb die ursprüngliche Klage erledigungsfähig war und weshalb sie später erledigt wurde oder nicht. 322) Der Tenor der Entscheidung lautet allerdings nur: „Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist“. 323) Im Schrifttum wird von einer Vielzahl der Autoren die Auffassung vertreten, dass bei gerichtlicher Feststellung der Erledigung eine erneute Klage aufgrund entgegenstehender Rechtskraft ausgeschlossen sei (vgl. etwa Deppert, in: FS-Wenzel, S. 23, 29; Schulz, in: MünchKommZPO, § 91a Rn. 83 „Sperrwirkung für etwaige Neuklagen“; Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 82). Dies ist in dieser Pauschalität allerdings nicht richtig. Es scheint, als hätten die Vertreter dieser Auffassung nur die Fälle vor Augen, in denen das erledigende Ereignis zum Erlöschen der Klageforderung führt. In diesen Fällen wird rechtskräftig festgestellt, dass die Klageforderung jedenfalls seit dem erledigenden Ereignis nicht mehr besteht, so dass eine erneute Klage unzulässig ist. Ist das erledigende Ereignis aber der Verlust der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters bei Verfahrensbeendigung, also der Wegfall einer Prozessvoraussetzung, steht die Rechtskraft des Feststellungsurteils einer erneuten Klage nicht entgegen. 324) Vgl. etwa Schulz, in: MünchKomm-ZPO, § 91a Rn. 84 und Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 83.

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tungs-)Klage nur insofern, als die Klage auf denselben Streitgegenstand gerichtet ist und denselben prozessualen Mangel aufweist, der zur Klageabweisung geführt hat.325) Ein die erneute Klageerhebung nicht ausschließendes Prozessurteil liegt ebenfalls dann vor, wenn die Klage auf Feststellung, dass sich die Hauptsache erledigt hat, abgewiesen wurde, weil die ursprüngliche (Leistungs-)Klage unzulässig war. Denn trotz der Prüfung der Zulässigkeit der ursprünglichen (Leistungs-)Klage im Rahmen der Begründetheit der Feststellungsklage ist das klageabweisende Urteil nicht als Sachentscheidung einzuordnen.326) Nur wenn die Abweisung der Feststellungsklage darauf beruht, dass die ursprüngliche Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses unbegründet war, liegt eine Sachentscheidung über den ursprünglichen Hauptsacheanspruch vor.327) In diesem Fall wurde mit Rechtskraftwirkung festgestellt, dass der ursprüngliche Hauptsacheanspruch, hier der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch, im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses nicht bestand.328) Diese Rechtskraftwirkung schützt den Insolvenzanfechtungsgegner vor einer erneuten gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter im Rahmen der Nachtragsverteilung.329)

82 Schließlich ist noch die Fallkonstellation zu betrachten, dass die Erledigungserklärung des Insolvenzverwalters einseitig geblieben ist und noch vor der rechtskräftigen Entscheidung des Prozessgerichts über den Feststellungantrag die Nachtragsverteilung durch das Insolvenzgericht angeordnet wird. In diesem Fall kann (und muss) der erneut verwaltungs- und verfügungsbefugte Insolvenzverwalter die Erledigungserklärung widerrufen, um den Rechtsstreit mit dem ursprünglichen Klageantrag fortzuführen.330) Grund hierfür ist die fehlende prozessbeendigende Wirkung der einseitigen Erledigungserklärung, welche die Rechtshängigkeit des für erledigt erklärten Anspruchs nicht entfallen lässt.331) Verfahrensrechtlich bleibt der einseitig für erledigt erklärte Anspruch die Hauptsache, weshalb einer erneuten Klage des Insolvenzverwalters der Aspekt der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegenstehen würde (vgl. 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). ___________ 325) OLG Brandenburg, Urt. v. 7.7.1999 – 13 U 61/99 = NJW-RR 2000, 1735 f.; Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 322 Rn. 44; Gottwald, in: MünchKomm-ZPO, § 322 Rn. 27. 326) Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 85. 327) Schulz, in: MünchKomm-ZPO, § 91a Rn. 84. 328) OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96 = NJW-RR 1996, 956, 957; LG Bochum, Urt. v. 10.11.1981 – 11 S 275/81 = MDR 1982, 675; Knöringer, JuS 2010, 569, 575; Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 86; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 51; a. A. Deppert, in: FS-Wenzel, S. 23, 32 ff. und Althammer, in: Zöller, ZPO, § 91a ZPO Rn. 46. 329) Stellt der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Anordnung der Nachtragsverteilung erneut zur Entscheidung eines Gerichts, so ist die neue Klage wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung von Amts wegen als unzulässig abzuweisen (vgl. Gottwald, in: MünchKomm-ZPO, § 322 Rn. 39 m. w. N.). 330) Zur Zulässigkeit des Widerrufs der Erledigungserklärung siehe BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98 = NJW 2002, 442 sowie etwa Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 59. 331) BGH, Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 191/07 = NJW 2010, 2270, 2272 Rn. 47 m. w. N.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

IV. Auswirkungen der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs in der Nachtragsverteilung auf den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners Folgt man der vorangestellten und in dieser Arbeit vertretenen Rechtsauffassung, dass 83 der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch bei gerichtlicher Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO auch noch nach der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens weiterverfolgen, ja sogar erstmalig geltend machen kann, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1, 2 InsO verwirklichen kann. Betrachtet man nämlich die gesetzgeberische Konzeption des (Gegen-)Anspruchs, wird deutlich, dass dieser im Grundsatz auf der Annahme basiert, dass der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch während des Insolvenzverfahrens (abschließend) geltend macht und der Insolvenzanfechtungsgegner im Anschluss seinen (Gegen-)Anspruch zur Insolvenztabelle anmelden bzw. vorrangig gegenüber der Insolvenzmasse durchsetzen kann. So lebt im Fall der isolierten Anfechtung des Erfüllungsgeschäfts aufgrund der Un- 84 anfechtbarkeit des Kausalgeschäfts die Forderung des Empfängers einer anfechtbaren Leistung gemäß § 144 Abs. 1 InsO rückwirkend wieder auf, wenn er das Erlangte zurückgewährt. Die Forderung besteht nach ihrem Wiederaufleben in derselben Gestalt, wie sie vor der Erfüllung bestanden hat.332) In der Regel handelt es sich um eine einfache Insolvenzforderung, die der Insolvenzanfechtungsgegner zur Insolvenztabelle anmelden kann (§§ 38, 174 ff. InsO).333) Im Insolvenzanfechtungsprozess wird über die wieder auflebende Forderung nicht entschieden. Sie ist nicht Prozessgegenstand, da sie erst mit der tatsächlichen334) Rückgewähr des anfechtbar Erlangten wieder ___________ 332) BGH, Urt. v. 19.1.2012 í IX ZR 4/11 = NZI 2012, 323 f. Rn. 11; Riggert, in: Braun-InsO, § 144 Rn. 3; Thole, in: HK-InsO, § 144 Rn. 3; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 9; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 144 Rn. 3a. 333) Die Einordnung der wieder auflebenden Forderung als Insolvenzforderung setzt voraus, dass sich diese gegen den Insolvenzschuldner richtet (zur Einordnung als Insolvenzforderung siehe etwa BGH, Urt. v. 19.1.2012 í IX ZR 4/11 = NZI 2012, 323 f. Rn. 11; Thole, in: HK-InsO, § 144 Rn. 3; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 9). Gleichwohl kann der Schuldner der Forderung auch eine vom Insolvenzschuldner verschiedene Person sein. Denn die wieder auflebende Forderung richtet sich stets gegen den vormaligen Schuldner der Forderung (Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 15). Hat der Insolvenzschuldner etwa in anfechtbarer Weise auf eine fremde Schuld geleistet und gewährt der Anfechtungsgegner das Geleistete an die Insolvenzmasse zurück, lebt mit der Erfüllung des Rückgewähranspruchs die Forderung des Anfechtungsgegners gegenüber dem Dritten wieder auf. Eine Anmeldung dieser Forderung zur Insolvenztabelle ist nicht möglich. 334) BGH, Urt. v. 8.1.2015 í IX ZR 300/13 = NZI 2015, 287, 288 Rn. 17; BGH, Urt. v. 4.2.2016 – IX ZR 42/14 = NZI 2016, 307, 310 Rn. 29; Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 12; Riggert, in: Braun-InsO, § 144 Rn. 3; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 144 Rn. 2; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 7; Büteröwe, in: K. Schmidt-InsO, § 144 Rn. 4; a. A. Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 7, der wegen des Rechtsgedankens des § 162 Abs. 1 BGB als ausreichend erachtet, dass der Anfechtungsgegner die Rückgewähr in Annahmeverzug begründender Weise (§§ 293 ff. BGB) anbietet.

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auflebt. Zuvor ist die wieder auflebende Forderung nur aufschiebend bedingt.335) Nach allgemeiner Meinung kann der Insolvenzanfechtungsgegner die wieder auflebende (Insolvenz-)Forderung auch nicht im Wege der Einrede gemäß § 273 Abs. 1 InsO336) oder im Wege der Aufrechnung gemäß §§ 387 ff. BGB337) zum Gegenstand des Insolvenzanfechtungsprozesses machen.338)

85 Ist nicht nur das Erfüllungsgeschäft, sondern auch das diesem zugrunde liegende gegenseitige Verpflichtungsgeschäft in anfechtbarer Weise zustande gekommen, stellt sich die Lage teilweise ähnlich dar. Nur wenn die vom Anfechtungsgegner erbrachte Gegenleistung noch in der Insolvenzmasse unterscheidbar vorhanden oder die Insolvenzmasse noch um ihren Wert bereichert ist, steht dem Anfechtungsgegner die Gegenleistung aus der Masse zu (§ 144 Abs. 2 S. 1 InsO).339) Allein in diesem Fall ist der (Gegen-)Anspruch des Anfechtungsgegners ein Masseanspruch im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO,340) der als solcher vom Insolvenzverwalter vorweg zu befriedigen ist (§ 53 InsO) und dem Anfechtungsgegner im Insolvenzanfechtungsprozess ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB341) gewährt. Eine Aufrechnung ist vorbehaltlich des § 393 BGB möglich, sofern der Insolvenzanfechtungsanspruch und der Masseanspruch des Anfechtungsgegners im Sinne von § 387 BGB gleichartig sind.342) Die Regelung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht der Aufrechnung nicht entgegen.343) Darüber hinaus kann der Anfechtungsgegner die Forderung auf Rückgewähr der Gegenleistung gemäß § 144 Abs. 2 S. 2 InsO lediglich als Insolvenzgläubiger geltend machen. Das heißt, er muss die mit der tatsächlichen ___________ 335) Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 21; Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 12. 336) Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 21; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 7, 9; Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 144 Rn. 13. 337) BGH, Urt. v. 18.12.2003 – IX ZR 9/03 = NZI 2004, 248, 249; BGH, Beschl. v. 15.11.2007 – IX ZR 122/05 = BeckRS 2007, 19801; Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 23 m. w. N.; Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 144 Rn. 12. 338) Nach Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 8 soll der Anfechtungsgegner das Wiederaufleben der Forderung im Anfechtungsprozess nach Maßgabe des § 256 Abs. 2 ZPO oder § 259 ZPO feststellen lassen können, wenn der Insolvenzverwalter daraus folgende Verpflichtungen bestreitet. 339) Erfasst ist auch ein etwaiges Surrogat, das die Insolvenzmasse für die Gegenleistung erlangt hat (vgl. nur Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 17). 340) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 18; Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 27; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 144 Rn. 11. 341) Noch zur KO siehe BGH, Urt. v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85 = NJW-RR 1986, 991, 992 f.; zur InsO vgl. Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 27; Kirchhof, in: MünchKommInsO, § 144 Rn. 18; Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 31; Nerlich, in: Nerlich/ Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 144 Rn. 11; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 144 Rn. 12. 342) Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 31; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 18. 343) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 18.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

Rückgewähr des anfechtbar Erlangten neu entstehende (Insolvenz-)Forderung – wie im Fall des § 144 Abs. 1 InsO – rechtzeitig zur Insolvenztabelle anmelden, um an der (Schluss-)Verteilung der Insolvenzmasse teilzunehmen.344) Nach allgemeiner Meinung kann der Insolvenzanfechtungsgegner seine (Insolvenz-)Forderung auch im Fall des § 144 Abs. 2 S. 2 InsO nicht im Wege der Einrede nach § 273 Abs. 1 InsO345) oder im Wege der Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB346) zum Gegenstand des Insolvenzanfechtungsprozesses machen. Eine Anmeldung der (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle ist nach der Recht- 86 sprechung des Bundesgerichtshofs – wie bei allen Insolvenzforderungen – bis zum Schlusstermin (§ 197 InsO) zulässig.347) An der (Schluss-)Verteilung der Insolvenzmasse nehmen allerdings nur die Insolvenzgläubiger teil, die ihre Forderung vor der Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses angemeldet haben.348) Sämtliche Insolvenzgläubiger, die ihre Forderung erst danach anmelden, können ihre Forderung – ebenso wie die Insolvenzgläubiger, die ihre Forderung nicht zur Insolvenztabelle anmelden – nur noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem vormaligen Insolvenzschuldner geltend machen.349) Insofern ist jedoch zu berücksichtigen, dass in der Regel das haftende Schuldnervermögen (in dem auf Liquidation ausgerichteten Regelinsolvenzverfahren) bereits im Rahmen der Schlussverteilung vollständig unter den Insolvenzgläubigern verteilt worden ist. Die Möglichkeit des Insolvenzanfechtungsgegners seine Forderung nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegen den vormaligen Insolvenzschuldner geltend zu machen, läuft deshalb mangels verwertbaren Vermögens regelmäßig leer.350) Zudem ist zu beachten, dass natürlichen Personen für gewöhnlich eine Rechtsschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO erteilt wird, welche eine Inanspruchnahme nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ausschließt. Die Rechtsschuldbefreiung erfasst auch den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners aus § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO, da nur Insolvenzforderungen, die in § 302 Nr. 1 – 3 InsO ___________ 344) Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 40; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 144 Rn. 3; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 19. 345) Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 40; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 20; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 144 Rn. 13; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 144 Rn. 15. 346) BGH, Beschl. v. 15.11.2007 – IX ZR 122/05 = BeckRS 2007, 19801; Kirchhof, in: MünchKommInsO, § 144 Rn. 20. 347) BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – IX ZB 8/05 = NZI 2007, 401 ff.; BGH, Urt. v. 19.1.2012 í IX ZR 4/11 = NZI 2012, 323 Rn. 10. 348) BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – IX ZB 8/05 = NZI 2007, 401 ff. 349) Allerdings können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, gemäß § 201 Abs. 2 S. 1 InsO aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht nach Abs. 2 S. 2 der Vorschrift eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. 350) Im Übrigen gilt nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder das Prioritätsprinzip, was den Zugriff auf das haftende Schuldnervermögen weiter erschweren kann.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

abschließend aufgezählt sind, von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht berührt werden.351) Für juristische Personen kommt eine Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO zwar nicht in Betracht.352) Jedoch geht mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Regelfall die Vollabwicklung der insolventen Gesellschaft einher, so dass der Schuldner des (Gegen-)Anspruchs nach der Verfahrensaufhebung nicht mehr vorhanden ist.353) Die erfolgreiche Durchsetzung des (Gegen-)Anspruchs hängt – außer im Fall des § 144 Abs. 2 S. 1 InsO, in dem der Insolvenzanfechtungsgegner von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen kann (s. o.) – mithin maßgeblich davon ab, ob der Insolvenzanfechtungsgegner seine (Insolvenz-)Forderung noch rechtzeitig zur Insolvenztabelle anmelden kann.

87 Macht der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch noch vor der Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses geltend, kann der Insolvenzanfechtungsgegner seine Rechtsposition wie folgt wahren: Ist aus Sicht des Insolvenzanfechtungsgegners die Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter berechtigt, kann er das anfechtbar Erlangte noch vor der Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses an die Insolvenzmasse zurückgewähren, sodann seine Forderung unbedingt zur Insolvenztabelle anmelden und schließlich an der (Schluss-)Verteilung teilnehmen. Besteht hingegen Streit zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzanfechtungsgegner über die Inanspruchnahme, kann er seine (Insolvenz-)Forderung bereits zu diesem Zeitpunkt als aufschiebend bedingte Forderung zur Insolvenztabelle anmelden (§ 191 InsO).354) Auf diese Weise kann er erreichen, dass der auf seine Forderung entfallende Anteil der Insolvenzmasse bei der (Schluss-)Verteilung zurückbehalten wird (§ 191 Abs. 1 S. 2 InsO).355) Hinsichtlich der Sicherstellung der entsprechenden Insolvenzquote obliegt dem Insolvenzverwalter eine insolvenzspezifische Pflicht, deren Nichtbeachtung mit seiner persönlichen Haftung gemäß § 60 Abs. 1 InsO bewehrt ist.

88 Nimmt der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsgegner erst nach der Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses in Anspruch, hat der Insolvenzanfechtungsgegner keine Möglichkeit mehr, mit seiner (Insolvenz-)Forderung an der (Schluss-)Verteilung zu partizipieren. Zwar kann der Insolvenzanfechtungsgegner seine Forderung noch bis zum Schlusstermin als bedingte Insolvenzforderung ___________ 351) Von den Rechtswirkungen der Restschuldbefreiung sind gemäß § 301 Abs. 1 S. 2 InsO auch die Insolvenzgläubiger erfasst, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. 352) Stephan, in: MünchKomm-InsO, § 286 Rn. 12. 353) Riedel, in: BeckOK-InsO, § 286 Rn. 2. 354) Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 23, 40; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 144 Rn. 13, 33; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 7, 20; Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 13, 32; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 144 Rn. 3, 15. 355) Der Insolvenzverwalter hat den Zurückbehaltungsbetrag gemäß § 198 InsO zu hinterlegen. Tritt die Bedingung ein, wird der Betrag ausgezahlt. Fällt sie hingegen aus, wird der Betrag für die Masse frei und kann im Rahmen einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 1 InsO an die Gläubiger verteilt werden (vgl. nur Wegener, in: Uhlenbruck-InsO, § 191 Rn. 10 m. w. N.).

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

zur Insolvenztabelle anmelden. Gleichwohl ist die Forderung bei der (Schluss-)Verteilung der Insolvenzmasse – wie bereits ausgeführt – nicht mehr zu berücksichtigen. Der auf die Forderung eigentlich entfallende Anteil der Insolvenzmasse muss deshalb auch nicht vom Insolvenzverwalter bei der (Schluss-)Verteilung gemäß § 191 Abs. 1 S. 2 InsO zurückbehalten werden. Weil darüber hinaus an etwaigen späteren Nachtragsverteilungen nur diejenigen (Insolvenz-)Gläubiger teilnehmen, deren Forderungen in das Schlussverzeichnis aufgenommen worden sind (vgl. § 205 S. 1 InsO),356) kann der Insolvenzanfechtungsgegner auch nicht an der Verwertung des ihm gegenüber erfolgreich durchgesetzten Insolvenzanfechtungsanspruchs teilhaben.357) Der Insolvenzanfechtungsgegner kann seine Forderung nur noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem vormaligen Insolvenzschuldner geltend machen, was jedoch mit den bereits erörterten Schwierigkeiten verbunden ist. In der Regel verliert er deshalb (faktisch) seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO, wenn der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch erst nach der Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses geltend macht.358) Nichts anderes gilt, wenn der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Insolvenzanfechtungsgegner erstmalig nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Wege der nachträglichen gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung geltend macht. In diesem Fall besteht bzw. bestand für den Insolvenzanfechtungsgegner zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit seine (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden. In der insolvenzrechtlichen Literatur ist dieser (faktische) Verlust des (Gegen-)An- 89 spruchs bislang weitestgehend unbeachtet geblieben. Lediglich Nicht 359) stellt in seiner Kommentierung zu § 203 InsO fest, dass die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs in der Nachtragsverteilung ungeachtet der Tatsache möglich sei, „dass der Anfechtungsgegner seinen sich ergebenden Anspruch auf die Gegenleistung auch als Insolvenzforderung nicht mehr geltend machen kann, da zu diesem Zeitpunkt keine Anmeldemöglichkeit mehr besteht.“ Er scheint die Konsequenz des faktischen Rechtsverlustes schlichtweg hinnehmen zu wollen. Ob dieses Ergebnis al___________ 356) Sämtliche Gläubiger deren (Insolvenz-)Forderungen zwar noch im Schlusstermin geprüft, aber nicht mehr in das zu diesem Zeitpunkt bereits feststehende Schlussverzeichnis aufgenommen werden konnten, nehmen an der Nachtragsverteilung nicht teil. Im Zuge der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung wird kein neues Verteilungsverzeichnis erstellt (vgl. Nicht, in: BeckOK-InsO, § 205 Rn. 2). 357) Wäre hingegen eine Partizipation im Wege der Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO möglich, könnte man dem Insolvenzanfechtungsgegner unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 192 InsO vorab einen Betrag auskehren, der ihn mit den übrigen Gläubigern gleichstellt. 358) Die vorstehenden Ausführungen dieses Absatzes gelten entsprechend, wenn der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsgegner bereits vor der Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses erstmalig in Anspruch genommen hat, der Insolvenzanfechtungsgegner es aber bis zur Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses unterlassen hat, seine Forderung als aufschiebend bedingte (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden. 359) Nicht, in: BeckOK-InsO, § 203 Rn. 2.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

lerdings in Anbetracht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG360) überzeugen kann, ist sehr fraglich. Jedenfalls in den Fallgestaltungen, in denen der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO nicht durch eine Anmeldung als aufschiebend bedingte (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle absichern konnte, ist es sach- und interessengerecht, dem Insolvenzanfechtungsgegner im Insolvenzanfechtungsprozess ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu gewähren. Mit diesem Zurückbehaltungsrecht kann er die Erfüllung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der Begleichung seiner (Insolvenz-)Forderung in Höhe der zu diesem Zeitpunkt bereits feststehenden Insolvenzquote abhängig machen (§ 274 Abs. 1 BGB).361)

90 Grundsätzlich sind die Voraussetzungen eines solchen Zurückbehaltungsrechtes auch erfüllt. Nach der Vorschrift des § 273 Abs. 1 BGB kann der Schuldner die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird, wenn er aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat. Zwar lebt die Forderung des Insolvenzanfechtungsgegners im Fall des § 144 Abs. 1 InsO erst mit der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten rückwirkend wieder auf bzw. entsteht im Fall des § 144 Abs. 2 S. 2 InsO erst zu diesem Zeitpunkt neu. Jedoch setzt die Anwendung des § 273 Abs. 1 BGB nicht voraus, dass der (Gegen-)Anspruch schon vor der Leistung des Schuldners besteht und fällig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es, dass der (Gegen-)Anspruch mit der Leistung entsteht und sofort fällig wird.362) Neben der Voraussetzung der Fälligkeit ist zudem auch das Tatbestandsmerkmal der Konnexität erfüllt. Die jeweiligen Ansprüche aus § 143 InsO und § 144 InsO beruhen auf demselben rechtlichen Verhältnis.363) Beide sind Gegenstand des durch die Verwirklichung eines (Insolvenz-)Anfechtungstatbestandes begründeten gesetzlichen Schuldverhältnisses.364) Ferner kann ein Zurückbehaltungsrecht auch nicht entsprechend § 393 BGB versagt werden.365) Der Insolvenzanfechtungsanspruch ist kein Schadensersatzanspruch und auch nicht deliktischer Natur.366)

___________ 360) Umfassend zum grundrechtlichen Schutz des (Gegen-)Anspruchs siehe Klinck, Die Grundlagen der besonderen Insolvenzanfechtung, S. 92 ff., insbesondere S. 107 ff. und S. 151. 361) Sofern es sich bei dem anfechtbar Erlangten um einen Geldbetrag handelt, erscheint es durchaus denkbar, dass der Insolvenzanfechtungsgegner von dem zurückzugewährenden Betrag die Quote auf seine (Insolvenz-)Forderung abzieht, mithin in Höhe der Insolvenzquote aufrechnet. 362) BGH, Urt. v. 14.2.1979 – VIII ZR 284/78 = BGHZ 73, 317, 319 = NJW 1979, 1203; BGH, Urt. v. 29.4.1986 – IX ZR 145/86 = NJW-RR 1986, 991, 992; BGH, Urt. v. 20.4.1990 – V ZR 301/88 = NJW 1990, 2067, 2068; BGH, Urt. v. 6.12.1991 – V ZR 229/90 = NJW 1992, 556. 363) Vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1986 – IX ZR 145/86 = NJW-RR 1986, 991, 993 noch zu §§ 37, 38 KO. 364) Vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1986 – IX ZR 145/86 = NJW-RR 1986, 991, 993 noch zu §§ 37, 38 KO. 365) BGH, Urt. v. 29.4.1986 – IX ZR 145/86 = NJW-RR 1986, 991, 993. 366) BGH, Urt. v. 29.4.1986 – IX ZR 145/86 = NJW-RR 1986, 991, 993.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

Für die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch den Insolvenzanfech- 91 tungsgegner sprechen auch insolvenzrechtliche Gesichtspunkte. Würde dem Insolvenzanfechtungsgegner kein Zurückbehaltungsrecht zustehen, müsste er das anfechtbar Erlangte zurückgewähren, ohne seinen (Gegen-)Anspruch erfolgreich durchsetzen zu können. Der (faktisch) vollständige Forderungsverlust des Insolvenzanfechtungsgegners würde dazu führen, dass die Insolvenzmasse insgesamt größer wäre, als sie sein würde, wenn der anfechtbare Vorgang unterblieben wäre. Ohne eine Teilhabe des Insolvenzanfechtungsgegners an der Insolvenzquote käme es mithin zu einer Bereicherung der Insolvenzmasse, obgleich die Insolvenzanfechtung nach ganz herrschender Auffassung nicht den Zweck hat, die Insolvenzmasse auf Kosten des Insolvenzanfechtungsgegners zu bereichern.367) Eine solche Bereicherung kann aber vermieden werden, indem man den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners auf die Insolvenzquote als Masseanspruch im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO qualifiziert, welcher im Insolvenzanfechtungsprozess ein Zurückbehaltungsrecht gewährt.368) Zudem wäre es mit dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nicht vereinbar, wenn der Insolvenzmasse sowohl die vom Insolvenzanfechtungsgegner zurückgewährte Leistung als auch dessen erbrachte Gegenleistung erhalten bliebe. Der Insolvenzanfechtungsgegner würde mit seiner Insolvenzforderung im Verhältnis zu allen anderen Insolvenzgläubigern schlechter gestellt. Insbesondere mit Blick auf die Insolvenzgläubiger, die ihre wieder auflebende bzw. neu entstehende Forderung nach der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter noch rechtzeitig zur Insolvenztabelle anmelden konnten, ist eine Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Abschließend ist noch kurz auf die beiden Fälle der Einstellung des Insolvenzver- 92 fahrens (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) einzugehen, in denen der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch ebenfalls nach der Verfahrensbeendigung aufgrund der gerichtlichen Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO weiterverfolgen, ja sogar erstmalig geltend machen kann. Anders als im Fall der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach der Verfahrensaufhebung gemäß § 200 Abs. 1 InsO bedarf es hier keines Zurückbehaltungsrechtes gemäß § 273 Abs. 1 BGB, mit dem der Insolvenzanfechtungsgegner die Erfüllung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der Begleichung seiner (Insolvenz-)Forderung gemäß § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO in Höhe einer Insolvenzquote abhängig machen kann. Denn bei der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO) und bei der Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) steht dem Insolvenzanfechtungsgegner – ebenso wie allen anderen einfachen Insolvenzgläubigern – überhaupt keine Insolvenzquote zu. Gerade erst die Rückgewähr des anfechtbar Erlangten an ___________ 367) Siehe nur Paulus, in: FS-Fischer, S. 445, 453. 368) Da die Insolvenzquote bei der Inanspruchnahme im Insolvenzanfechtungsprozess bereits feststeht, kann das Rechtsverhältnis in einem Zug abgewickelt werden.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

die Insolvenzmasse, ohne im Gegenzug eine Insolvenzquote zu erlangen, führt zu einer Gleichstellung des Insolvenzanfechtungsgegners mit den anderen einfachen Insolvenzgläubigern, die im Zuge der Verfahrenseinstellung ebenfalls leer ausgegangen sind. Lediglich im Hinblick auf den (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 2 S. 1 InsO, der nach allgemeiner Meinung ein Masseanspruch im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist, kann sich der Insolvenzanfechtungsgegner auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB berufen.

V. Auswirkungen der Anordnung der Nachtragsverteilung auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs 93 Wie bereits ausgeführt, ist die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs durch die Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens suspendiert.369) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zu einer Durchsetzungssperre, die bis „zur Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG fortdauert.370) Eine solche Beendigung liegt nicht vor, wenn vor der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens ein Nachtragsvorbehalt angeordnet worden ist. In diesem Fall besteht die Durchsetzungssperre – beschränkt auf die der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Anfechtungsansprüche – über die Verfahrensbeendigung hinaus fort.371) Den Einzelgläubigern bleibt eine Anfechtung nach dem AnfG wegen derselben Rechtshandlung (weiterhin) verwehrt.372)

94 Wurde demgegenüber das Insolvenzverfahren ohne Nachtragsvorbehalt aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO) oder eingestellt (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO), können die einzelnen Insolvenzgläubiger aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen. Sie können neue Einzelgläubigeranfechtungsprozesse einleiten, aber auch Einzelgläubigeranfechtungsprozesse aufnehmen, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen und vom Insolvenzverwalter nicht aufgenommen wurden.373) Dies gilt ___________ 369) Siehe dazu die Gliederungspunkte B. und D. im zweiten Kapitel. 370) So auch Jacoby, LMK 2011, 323485; Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 32; ähnlich schon Kleinfeller, JW 1933, 1147 in seiner Anmerkung zu OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.11.1931 – IV ZBR 130/31 = JW 1933, 1147 f., wonach das Einzelanfechtungsrecht nur ruhe; zuletzt auch Stürner, KTS 2017, 291, 297. 371) Ebenso Jacoby, LMK 2011, 323485; ebenso, allerdings auf einer abweichenden dogmatischen Grundkonzeption Dauernheim, Anfechtungsrecht, S. 233 f.; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 18 ff.; ders., Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 Rn. 11; Hess/ Weis, Anfechtungsrecht, § 18 Rn. 2a; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 11; Paulus, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 18 AnfG Rn. 6; Nerlich/Niehus, AnfG, § 18 AnfG Rn. 5; noch zur KO vgl. RG, Urt. v. 21.4.1936 – VII 260/35 = JW 1936, 2927, 2928 f. 372) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 298. 373) Vallender, in: FS-Maier-Reimer, S. 777, 792; Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 Rn. 7; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 298 f.; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 7; Paulus, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 18 AnfG Rn. 2.

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B. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Regelfall

auch, wenn dem Insolvenzschuldner eine Restschuldbefreiung erteilt wurde und zwar selbst dann, wenn der Gläubiger die Anfechtungsklage, die Rechtshandlungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft, erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhebt.374) Genauso wenig ist von Bedeutung, ob der vormalige Insolvenzschuldner, soweit juristische Person oder Personengesellschaft, noch besteht oder bereits in den öffentlichen Registern wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.375) In allen diesen Fällen ist aber stets Voraussetzung, dass der Anfechtungsgegner nicht bereits abschließend durch den Insolvenzverwalter in Anspruch genommen wurde. Dies folgt aus dem Wortlaut des Gesetzes, nachdem der Anfechtungsgegner dem Einzelgläubiger auch die Einreden entgegenhalten kann, die er gegen den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren erlangt hat. Bereits im Rahmen der Ausführungen zur Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs wurde hervorgehoben, dass der Begriff „Einreden“ nach ganz herrschender Meinung im Sinne der ZPO zu verstehen ist, also auch materiell-rechtliche Einwendungen erfasst.376) Die Einzelgläubiger müssen sich infolgedessen sämtliche allgemeine Erlöschensgründe (wie etwa die Erfüllung, die Leistung an Erfüllungs statt, die Leistung erfüllungshalber, den Erlass, den Vergleich oder die Aufrechnung mit einer gegen die Insolvenzmasse gerichteten Forderung)377) entgegenhalten lassen. Darüber hinaus kann der Anfechtungsgegner – soweit sich die Tatbestände der Einzelgläubigeranfechtung mit den Tatbeständen der Insolvenzanfechtung decken – auch einwenden, dass der nunmehr geltend gemachte Einzelgläubigeranfechtungsanspruch bereits rechtskräftig aberkannt wurde.378) Eine erneute Suspendierung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche tritt allerdings 95 ein, wenn die Anordnung der Nachtragsverteilung erst nach der Aufhebung oder ___________ 374) So nunmehr ausdrücklich BGH, Urt. v. 22.3.2018 – IX ZR 163/17 = ZIP 2018, 935; m. Anm. Onusseit, EWiR 2018, 435; m. Anm. Hübler, NZI 2018, 490; a. A. noch die Vorinstanzen OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.6.2017 – 12 U 41/16 = ZIP 2017, 1867 und LG Düsseldorf Urt. v. 16.6.2016 – 1 O 420/15 = BeckRS 2016, 124152; die Anfechtbarkeit bereits zuvor uneingeschränkt bejahend Cranshaw, jurisPR-InsR 3/2010 Anm. 2 und Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 3 sowie Stürner, KTS 2017, 291, 304; a. A. dagegen Sternal, in: Uhlenbruck-InsO, § 294 Rn. 10; die Anfechtbarkeit bejahend für die Sachverhaltskonstellation, dass die Anfechtungsklage schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben wurde bereits BGH, Urt. v. 12.11.2015 – IX ZR 301/14 = NJW 2016, 246; m. Anm. Cranshaw, jurisPR-InsR 2/2016 Anm. 1; m. Anm. Hergenröder, WuB 2016, 183; m. Anm. Hübler, NZI 2016, 133; m. Anm. Mäsch, LMK 2016, 377360; m. Anm. Riedemann/Linnemann, EWiR 2016, 149; m. Anm. Thole, IPRax 2016, 453; a. A. noch die Vorinstanz OLG Köln, Urt. v. 26.11.2014 – 2 U 146/11 = BeckRS 2015, 19717. 375) So auch Cranshaw, jurisPR-InsR 3/2010 Anm. 2, der zu Recht darauf hinweist, dass es keiner Nachtragsliquidation bedarf, da es sich nicht um Aktiva des Schuldners handelt, welche der Gläubigergesamtheit zugutekommen sollen, sondern um solche, die individuell nur der Befriedigung des Anfechtungsklägers dienen sollen. 376) Dazu unter Gliederungspunkt E.IV. im zweiten Kapitel. 377) Zu den Auswirkungen des Fortbestands des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs siehe Gliederungspunkt C. im fünften Kapitel. 378) Vgl. nur Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 18 und Henckel, in: JaegerInsO, § 129 Rn. 298.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

Einstellung des Verfahrens erfolgt. Die Durchsetzungssperre, die einhergehend mit der vorbehaltlosen Verfahrensbeendigung in Bezug auf sämtliche Einzelgläubigeranfechtungsansprüche zunächst entfallen war, lebt im Zeitpunkt der Anordnung – beschränkt auf die von der Nachtragsverteilung erfassten Anfechtungsansprüche – mit Wirkung ex nunc wieder auf. Das Wiederaufleben der Durchsetzungssperre hat zur Folge, dass die von den Einzelgläubigern nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens aufgenommenen oder neu eingeleiteten Anfechtungsprozesse erneut unterbrochen werden. Es gelten die §§ 16 ff. AnfG entsprechend.379) Der Insolvenzverwalter hat (erneut) die Wahl zwischen der Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs aus § 11 AnfG und des bereits seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens daneben bestehenden Insolvenzanfechtungsanspruchs.

C. Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Ausnahme 96 Wird das Insolvenzverfahren wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) oder mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) eingestellt, erlischt der Insolvenzanfechtungsanspruch. Ursächlich hierfür sind zum einen die vollständige Gläubigerbefriedigung und zum anderen der Dispositionsakt der Gläubiger.

I.

Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO)

97 Wird das Insolvenzverfahren wegen Wegfalls (oder Fehlens380) des Eröffnungsgrundes nach § 212 InsO eingestellt, erlischt der Insolvenzanfechtungsanspruch, da gewährleistet ist, dass nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit noch drohende Zahlungsunfähigkeit noch, soweit die Überschuldung Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war, Überschuldung vorliegt.381) Der Schuldner hat zur Überzeugung des Insolvenzgerichts glaubhaft gemacht, dass er über ausrei___________ 379) So wohl auch Vallender, in: FS-Maier-Reimer, S. 777, 783, Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 Rn. 11, Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 299, Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 213 sowie Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 16 Rn. 4, § 18 Rn. 3, 14 allerdings alle auf der Grundlage einer abweichenden dogmatischen Konzeption. 380) Nach allgemeiner Meinung erfasst die Vorschrift auch den Fall, dass ein Eröffnungsgrund irrtümlich angenommen wurde, also die Eröffnungsvoraussetzungen niemals vorlagen (vgl. nur BGH, Beschl. v. 27.7.2006 – IX ZB 204/04 = NJW 2006, 3553; Westphal, in: Nerlich/RömermannInsO, 27. Lfg. 08.2014, § 213 Rn. 3; Ries, in: Uhlenbruck-InsO, § 212 Rn. 2). 381) Maßgeblich für das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs ist, zu welchem Zeitpunkt gewährleistet ist, dass die Insolvenzmasse zur vollständigen Befriedigung aller Gläubiger ausreicht. Dieser Zeitpunkt kann auch vor dem Einstellungszeitpunkt liegen. Der Anfechtungsgegner kann sich deshalb gegen eine Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter auch mit der Entkräftung der voraussichtlichen Vermögensunzulänglichkeit der Insolvenzmasse verteidigen. Weil Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aber schon Eröffnungsvoraussetzungen sind, spricht der Anscheinsbeweis allerdings für die Unzulänglichkeit des Aktivvermögens (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91 = NJW-RR 1993, 235, 236 f. sowie BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13 = NZI 2014, 321, 323 und Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 107 m. w. N.).

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C. Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs als Ausnahme

chende Mittel verfügt, um alle seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Werden aber die Verbindlichkeiten aller Gläubiger vollständig befriedigt und wird deshalb kein Gläubiger gegenüber einem anderen (auch bereits befriedigten Gläubiger) benachteiligt, bedarf es zur (bestmöglichen) Haftungsverwirklichung weder des Insolvenzanfechtungsanspruchs geschweige denn des staatlich geordneten Gesamtvollstreckungsverfahrens. Das Bedürfnis nach einer insolvenzmäßigen Gläubigerbefriedigung ist wegen Zweckerreichung entfallen.382)

II. Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) Der Insolvenzanfechtungsanspruch erlischt auch bei der Einstellung des Insolvenz- 98 verfahrens mit Zustimmung der Gläubiger gemäß § 213 InsO. Zwar reicht die Insolvenzmasse – anders als in den Fällen des § 212 InsO – hier nicht aus, um alle (Insolvenz-)Gläubiger vollständig zu befriedigen. Gleichwohl haben sich sämtliche Gläubiger übereinstimmend und ausdrücklich für eine (vorzeitige) Verfahrenseinstellung (ohne Schlussverteilung) und für eine Haftungsverwirklichung außerhalb des Insolvenzverfahrens ausgesprochen (sog. „Insolvenzverzicht“).383) Inhaltlich erklären die Gläubiger einen Verzicht auf sämtliche Möglichkeiten und Rechte, die ihnen die Insolvenzordnung zur Realisierung ihrer Forderungen im Wege des Gesamtvollstreckungsverfahrens bereitstellt.384) Dieser Verzicht umfasst auch den mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Insolvenzanfechtungsanspruch als einem Instrument zur Haftungsverwirklichung. Die Entscheidung der Gläubiger auf die Instrumente des Insolvenzverfahrens zu ver- 99 zichten, ist endgültig und abschließend. Seine Bestätigung findet diese Wirkung des Insolvenzverzichts nicht zuletzt in der fehlenden gesetzlichen Möglichkeit der Gläubiger, eine Nachtragsverteilung beantragen zu können. Die (Insolvenz-)Gläubiger nehmen mit ihrer Zustimmung bewusst in Kauf, dass eine Anreicherung der Aktivmasse und/oder eine Verringerung der Passivmasse durch Insolvenzanfechtung nach der Einstellung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich sind. Freilich schließt der Verzicht auf die Durchführung des Insolvenzverfahrens eine nachfolgende Einzelgläubigeranfechtung385) oder die Geltendmachung eines neuen Insolvenzanfechtungsanspruchs in einem erneuten Insolvenzverfahren386) nicht aus. ___________ 382) BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 229/07 = NZI 2010, 741, 743 Rn. 14; Andres, in: Andres/ Leithaus-InsO, § 212 Rn. 2; Windel, in: Jaeger-InsO, § 212 Rn. 1, 4. 383) Haarmeyer, ZInsO 2009, 556 ff.; Pape, in: KPB-InsO, 30. Lfg. 10.2007, § 215 Rn. 15; Ries, in: Uhlenbruck-InsO, § 215 Rn. 10. 384) Mit dem Verzicht auf die Durchführung des Insolvenzverfahrens ist kein materiell-rechtlicher Forderungsverzicht verbunden (vgl. nur Ries, in: Uhlenbruck-InsO, § 213 Rn. 19 m. w. N.). 385) So wohl auch Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 3. 386) Zur generellen Zulässigkeit einen neuen Insolvenzantrag gegen den Schuldner zu stellen vgl. Kießner, in: Braun-InsO, § 213 Rn. 16.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

D. Verjährung als zeitliche Grenze des Insolvenzanfechtungsanspruchs 100 Die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs wird in zeitlicher Hinsicht allein durch die Vorschriften über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch begrenzt (vgl. § 146 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 194 ff. BGB).387) Es gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der (Insolvenzanfechtungs-)Anspruch entstanden ist388) und der Insolvenzverwalter von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Anfechtungsgegners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (vgl. § 199 Abs. 1 BGB).389) Ergänzt wird diese Frist durch die kenntnisunabhängige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB, nach welcher der (Insolvenzanfechtungs-)Anspruch ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an verjährt. Nach Ablauf einer der Fristen steht dem Insolvenzanfechtungsgegner gemäß § 214 Abs. 1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu, mit dem er sich gegen die Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter oder einen – etwa aufgrund Anspruchsabtretung – zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs berechtigten Dritten wirksam verteidigen kann.

101 Um die Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs – und damit die Entstehung des Leistungsverweigerungsrechts – zu verhindern, kann der Insolvenzverwalter den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Zudem kommen auch die weiteren Hemmungstatbestände des § 204 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 14 BGB sowie der §§ 203, 205, 206, 210 BGB in Betracht.390) Hervorzuheben ist insbesondere die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Anfechtungsgegner über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände (§ 203 BGB). Das Tatbestandsmerkmal „Verhandlungen“ wird von der Rechtsprechung denkbar weit verstanden und ist bereits bei jeglichem Meinungsaustausch über den Anfechtungsanspruch erfüllt, sofern der Anfechtungsgegner nicht eindeutig jede Leistungspflicht zurückweist.391) Schon Äu___________ 387) Die materiell-rechtliche Ausschlussfrist nach § 41 Abs. 1 S. 1 KO für die Ausübung der als Gestaltungsrecht verstandenen Konkursanfechtung wurde durch das Inkrafttreten der Insolvenzordnung hinfällig. 388) Wie unter Gliederungspunkt B. im zweiten Kapitel dargelegt, entsteht der Insolvenzanfechtungsanspruch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 389) Nach richtiger Auffassung gelangt die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB über die Regelung des § 17 Abs. 2 AnfG auch bei der Aufnahme von unterbrochenen Einzelgläubigeranfechtungsprozessen durch den Insolvenzverwalter zur Anwendung (vgl. Vallender, in: FS-Maier-Reimer, S. 777, 783). Andernfalls könnte der Insolvenzverwalter den durch die Verjährungsvorschriften beabsichtigten Schutz des Anfechtungsgegners problemlos umgehen. 390) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 12 ff. 391) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 13 und Zenker, NJW 2008, 1038, 1041; allgemein dazu BGH, Urt. v. 28.11.1984 – VIII ZR 240/83 = NJW 1985, 798, 799; BGH, Urt. v. 8.5.2001 – VI ZR 208/00 = NJW-RR 2001, 1168, 1169; BGH, Urt. v. 17.2.2004 – VI ZR 429/02 = NJW 2004, 1654 f.; BGH, Urt. v. 26.10.2006 – VII ZR 194/05 = 2007, 587 f.; BGH, Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 180/04 = NJW-RR 2007, 1358, 1360.

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D. Verjährung als zeitliche Grenze des Insolvenzanfechtungsanspruchs

ßerungen des Anfechtungsgegners, die darauf hindeuten, dass er den Anspruch prüfen werde bzw. zu einer Erörterung bereit sei, können eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 BGB begründen.392) Ein Ende der Hemmungswirkung tritt regelmäßig erst ein, wenn einer der Beteiligten die Fortsetzung der Verhandlungen klar und eindeutig verweigert.393) Neben den angeführten Hemmungstatbeständen gelangen schließlich auch die Vorschriften der §§ 202, 212 BGB uneingeschränkt zur Anwendung.394) Während die Vorschrift des § 202 BGB dem Insolvenzverwalter ermöglicht, mit dem Anfechtungsgegner eine abweichende Regelung im Hinblick auf die Verjährung zu vereinbaren, insbesondere die Verjährungsfrist zu verlängern, regelt die Vorschrift des § 212 BGB, unter welchen Voraussetzungen die Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von neuem beginnt. Insgesamt wird durch den umfassenden Verweis des § 146 Abs. 1 InsO auf die Vor- 102 schriften über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein angemessener Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen der Beteiligten erreicht.395) Sowohl den Interessen des Anfechtungsgegners und des Rechtsverkehrs an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden einerseits als auch dem Interesse der Gläubigergemeinschaft an einer bestmöglichen Haftungsverwirklichung andererseits wird gebührend Rechnung getragen. Durch den Verweis auf die dreijährige Regelverjährungsfrist hat der Insolvenzverwalter ausreichend Zeit, um die anfechtbaren Vorgänge aufzudecken und den Anfechtungsgegner rechtzeitig in Anspruch zu nehmen.396) Dies gilt umso mehr, als die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Insolvenzverwalter von den den Anfechtungsanspruch begründenden Umständen und der Person des Anfechtungsgegners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).397) Die subjektive Komponente der Vorschrift trägt wesentlich dazu bei, dass die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs – und damit eine verbesserte Haftungsverwirklichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger – nicht am Umfang der Ermittlungen oder der ___________ 392) Allgemein zu § 203 BGB vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2001 – VI ZR 208/00 = NJW-RR 2001, 1168, 1169; BGH, Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 180/04 = NJW-RR 2007, 1358, 1360. 393) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 13 m. w. N.; zur Beendigung durch sog. „Einschlafen lassen“ siehe BGH, Urt. v. 30.4.2015 – IX ZR 1/13 = NZI 2015, 734, 735 Rn. 9 m. w. N. 394) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 10a, 26. 395) So auch Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 146 Rn. 2. 396) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 146 Rn. 85. 397) Nach BGH, Urt. v. 30.4.2015 – IX ZR 1/13 = NZI 2015, 734, 735 Rn. 10 setzt die grob fahrlässige Unkenntnis eine besonders schwere, auch subjektiv vorwerfbare Vernachlässigung der Ermittlungspflichten des Insolvenzverwalters voraus. Sie könne insbesondere vorliegen, wenn der Verwalter einem sich aufdrängenden Verdacht nicht nachgeht oder auf der Hand liegende, Erfolg versprechende Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt oder sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühen und Kosten beschaffen könnte. Zur Unkenntnis des Insolvenzverwalters von einem Anfechtungsanspruch in einem umfangreichen Verfahren zuletzt BGH, Urt. v. 15.12.2016 – IX ZR 224/15 = ZIP 2017, 139 ff.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

Komplexität und Unübersichtlichkeit der Anfechtungslage scheitert.398) Oftmals findet der Insolvenzverwalter auch erst im Laufe der Ermittlungstätigkeiten Hinweise auf Umstände, die für einen Insolvenzanfechtungsanspruch sprechen.399) 103 Demgegenüber gewähren die Vorschriften über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch im Ergebnis auch einen hinreichenden Schutz des Anfechtungsgegners.400) Das Zusammenspiel der kenntnisunabhängigen Höchstfrist gemäß § 199 Abs. 4 BGB und der kenntnisabhängigen Regelverjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB führt zu einer interessengerechten Begrenzung des Insolvenzanfechtungsanspruchs. So verdeutlicht die kenntnisunabhängige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB, dass das Haftungsverwirklichungsinteresse der Gläubigergemeinschaft allerspätestens zehn Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinter den Interessen des Anfechtungsgegners und des Rechtsverkehrs zurücktreten muss.401) Aber auch die kenntnisabhängige dreijährige Regelverjährungsfrist zeigt, dass der Anfechtungsgegner nicht unzumutbar lange vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden soll.402) Kennt der Insolvenzverwalter die den Anfechtungsanspruch begründenden Umstände und die Person des Anfechtungsgegners (oder müsste diese jedenfalls kennen), tritt das Haftungsverwirklichungsinteresse der Gläubigergemeinschaft bereits nach drei Jahren hinter den Interessen des Anfechtungsgegners zurück.403) Unabhängig von dem einschlägigen Anfechtungsgrund, also selbst bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO, kann der Anfechtungsgegner sich darauf verlassen, dass er das anfechtbar Erlangte nicht aufgrund des Insolvenzanfechtungsanspruchs herausgeben muss.404) Einer Insolvenzanfech___________ 398) So auch Leithaus, in: Andres/Leithaus-InsO, § 146 Rn. 2 und Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 43. 399) Insbesondere bei böswilligen Vermögensverschiebungen, mittelbaren Zuwendungen oder verschleierten Schenkungen bedarf es eines erhöhten Ermittlungsaufwandes (vgl. Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 43). 400) Zudem wird im Interesse des Rechtsverkehrs, d. h. der Allgemeinheit, verhindert, dass ein anfechtbar weggegebener Vermögensgegenstand dem Rechtsverkehr auf zu lange Dauer nur eingeschränkt zur Verfügung steht (vgl. Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 1). 401) Bedeutung erlangt die Regelung des § 199 Abs. 4 BGB bei besonders lang andauernden Insolvenzverfahren oder im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO, wenn erst nach der Verfahrensbeendigung Insolvenzanfechtungsansprüche realisiert werden sollen. Die Anordnung einer Nachtragsverteilung nach §§ 203 ff. InsO setzt keine neue Frist in Gang (vgl. Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 8e). 402) BGH, Urt. v. 4.5.1970 – VIII ZR 163/68 = WM 1970, 756; BGH, Urt. v. 5.5.1976 – VIII ZR 281/74 = BGHZ 66, 215, 216 = NJW 1976, 1404; Schoon, in: BeckOK-InsO, § 146 Rn. 1 und Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 1. 403) Denkbar ist, dass der Insolvenzverwalter die erforderliche Kenntnis schon während seiner Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter im Eröffnungsverfahren erlangt hatte (vgl. Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 43). 404) BGH, Urt. v. 4.5.1970 – VIII ZR 163/68 = WM 1970, 756; BGH, Urt. v. 25.10.1972 – VIII ZR 54/71 = BGHZ 59, 353, 354 = NJW 1973, 100, 101; BGH, Urt. v. 28.11.1983 – II ZR 94/83 = NJW 1984, 874, 875; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 146 Rn. 2.

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D. Verjährung als zeitliche Grenze des Insolvenzanfechtungsanspruchs

tungsklage soll er mit dem Eintritt der Verjährung nicht mehr ausgesetzt sein.405) Freilich obliegt dem Insolvenzanfechtungsgegner die Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist, mithin auch für die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Insolvenzverwalters.406) Allerdings ist dem Anfechtungsgegner insoweit eine Beweiserleichterung zuzugestehen. Da die zu beweisenden Umstände aus der Sphäre des Insolvenzverwalters stammen, hat dieser an der Sachaufklärung mitzuwirken.407) Den Insolvenzverwalter trifft die Darlegungslast, ab wann er Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen hatte und was er zur Ermittlung der Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs und der Person des Anfechtungsgegners getan hat.408) Einer gesonderten Betrachtung bedarf schließlich noch die Frage, ob die vorbehaltlose 104 Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens in Anbetracht des Anfechtungsmonopols409) des Insolvenzverwalters zu einer Ablaufhemmung der Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs führen muss.410) Wie bereits dargestellt, hat die vorbehaltlose Verfahrensbeendigung das Erlöschen der Verwaltungs-, Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters zur Folge. Eine Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter ist infolgedessen so lange ausgeschlossen, bis die Befugnisse des Verwalters durch die gerichtliche Anordnung einer Nachtragsverteilung mit Wirkung ex nunc wieder aufleben.411) In der Zwischenzeit besteht ein Schwebezustand: Der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch (als Bestandteil des Sondervermögens „Insolvenzmasse“) besteht auch nach der vorbehaltlosen Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens fort, kann aber weder ___________ 405) Einer Inanspruchnahme nach dem AnfG kann der Anfechtungsgegner die Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach § 146 InsO allerdings nicht entgegenhalten (vgl. nur BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 268/12 = NZI 2013, 537 Rn. 7 m. w. N. zur herrschenden Meinung). Da es kein Verfahren gibt, welches eine Verjährungs- oder anderweitige Ausübungsfrist in Lauf setzen könnte, kommt es für die erfolgreiche Geltendmachung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche nur auf den Lauf der in den §§ 3, 4, 6 AnfG bestimmten Fristen an (zur Berechnung der Fristen siehe § 7 AnfG und § 18 Abs. 2 AnfG). Zudem kann sich der Anfechtungsgegner auch nicht gegen die Inanspruchnahme in einem Zweitverfahren mit der Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im ersten Insolvenzverfahren verteidigen (so auch BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 268/12 = NZI 2013, 537 Rn. 8; zuvor bereits OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – 12 U 86/11 = ZIP 2012, 482; m. Anm. Lau, EWiR 2012, 357). 406) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 58 m. w. N. 407) BGH, Urt. v. 30.4.2015 – IX ZR 1/13 = NZI 2015, 734, 736 Rn. 17; BGH, Beschl. v. 15.12.2016 – IX ZR 224/15 = NJW-RR 2017, 175 Rn. 8; m. Anm. Maier, ZInsO 2017, 79 ff. 408) BGH, Urt. v. 30.4.2015 – IX ZR 1/13 = NZI 2015, 734, 736 Rn. 17; BGH, Beschl. v. 15.12.2016 – IX ZR 224/15 = NJW-RR 2017, 175 Rn. 8; m. Anm. Maier, ZInsO 2017, 79 ff. 409) Zu dem Begriff des „Anfechtungsmonopols“ und dessen Herleitung siehe Gliederungspunkt D.I. im zweiten Kapitel. 410) Die gerichtliche Anordnung einer Nachtragsverteilung setzt den Ablauf der Verjährungsfrist nicht neu in Gang (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 117). 411) Dazu ausführlich unter Gliederungspunkt B.III. in diesem Kapitel.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

vom vormaligen Insolvenzverwalter noch vom (Insolvenz-)Schuldner oder von den (einzelnen) Gläubigern geltend gemacht werden.412)

105 Dieser Schwebezustand wird von § 210 Abs. 1 S. 1 BGB, der die Ablaufhemmung für nicht voll Geschäftsfähige regelt, nicht unmittelbar erfasst. Dort heißt es: „Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so tritt eine für oder gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig oder der Mangel der Vertretung behoben wird.“ Das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ hat schon mangels Rechtsfähigkeit nicht die Qualität einer natürlichen oder juristischen Person. Im Übrigen vertritt der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse auch nicht im Sinne der Vorschrift. Es könnte jedoch sach- und interessengerecht sein, eine Ablaufhemmung der Verjährung nach § 210 Abs. 1 S. 1 BGB analog anzunehmen.413)

106 Die analoge Anwendung einer Rechtsnorm setzt eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraus.414) Eine Regelungslücke liegt vor, da es an einer Rechtsnorm mangelt, die eine Ablaufhemmung für den Fall regelt, dass der Insolvenzverwalter infolge der vorbehaltlosen Verfahrensbeendigung seine Befugnisse zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs verliert. Diese Regelungslücke ist auch planwidrig. Die Planwidrigkeit einer Regelungslücke kann auf unbewussten oder bewussten Umständen beruhen. Eine unbewusste Regelungslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber das zu regelnde Problem übersehen hat.415) Der Gesetzgeber hat sich nicht mit dem Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung befasst. Folgerichtig hat er sich erst Recht nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Insolvenzanfechtungsanspruch, so er nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung trotz des Wegfalls der Befugnisse des Insolvenzverwalters fortbesteht, einer Ablaufhemmung unterliegt.

107 Problematisch ist allerdings das Vorliegen einer vergleichbaren Interessenlage. Eine solche ist gegeben, wenn „der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht ___________ 412) Die Fallkonstellation, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch im Laufe des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter an einen Dritten abgetreten wurde, wird ausführlich im fünften Kapitel behandelt. 413) Eine Hemmung der Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs (entsprechend) § 210 BGB erfolgt nach einhelliger Auffassung, wenn es im Insolvenzverfahren zu einem Wechsel des Insolvenzverwalters kommt (vgl. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 169; Huber, in: Graf-SchlickerInsO, § 146 Rn. 9; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 146 Rn. 39; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 24; ders., WM 2002, 2037, 2039; Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, § 146 Rn. 10; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 146 Rn. 7; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 146 Rn. 8). Der Verwalter wird als „gesetzlicher Vertreter“ der für sich handlungsunfähigen Insolvenzmasse eingeordnet (Kirchhof, WM 2002, 2037, 2039; MünchKommBGB/Grothe, § 210 BGB Rn. 3; Peters/Jacoby, in: Staudinger-BGB, § 210 BGB Rn. 5). 414) Zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl. etwa Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 948. 415) Looschelders, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB-AT, Anh. zu § 133 BGB Rn. 40.

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E. Zusammenfassung der Ergebnisse des dritten Kapitels

so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.“416) Dem zivilrechtlichen Verjährungsrecht liegt insbesondere der allgemeine Gedanke zugrunde, dass der Schuldner eines Anspruchs ab einem gewissen Zeitpunkt ein schutzwürdiges Interesse an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden hat.417) Die Vorschrift des § 210 BGB gründet, soweit die Vorschrift zugunsten nicht vollgeschäftsfähiger Gläubiger eingreift, auf der Überlegung, dass jener Schuldnerschutz zugunsten der Interessen des Gläubigers zurücktritt, wenn dieser in Ermangelung einer wirksamen Vertretung nicht in der Lage ist, seinen Anspruch durchzusetzen. Die infolge nicht voller Geschäftsfähigkeit gestörte eigenverantwortliche Willensbildung und Fähigkeit zur Sorge in eigenen Angelegenheit schließt nämlich die Unfähigkeit mit ein, den Mangel der Vertretung selbstständig zu beheben. Der nicht voll Geschäftsfähige wird insofern um seiner eigenen Interessen wegen davor geschützt, dass seine Ansprüche infolge eines ihm nicht vorwerfbaren Unterlassens verjähren. Demgegenüber schützt das Insolvenzrecht das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ nicht um seiner selbst Willen, sondern im Interesse seiner Gläubiger. Diese sind hinsichtlich des Risikos der Verjährung von Ansprüchen der Masse nach Verfahrensbeendigung nicht schutzwürdig, denn sie haben nach § 203 Abs. 1 InsO jederzeit die Möglichkeit, durch einen Antrag auf Nachtragsverteilung die Wiedereinsetzung des Insolvenzverwalters herbeizuführen. Anders als ein nicht voll Geschäftsfähiger haben die Gläubiger damit die Fähigkeit, die Durchsetzung von Forderungen der Insolvenzmasse und damit die Vertretung ihrer eigenen Interessen wiederherzustellen. Folglich fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Eine Ablaufhemmung während des Schwebezustands scheidet damit aus.418)

E. Zusammenfassung der Ergebnisse des dritten Kapitels Nach richtigem Verständnis erlischt durch die vorbehaltlose Aufhebung (§ 200 108 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens lediglich die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs, nicht jedoch der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch selbst. Vielmehr besteht dieser – entgegen der vorherrschenden ___________ 416) BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 102/06 = NJW 2007, 3124, 3125 Rn. 11 m. w. N. 417) Grothe, in: MünchKomm-BGB, Vor § 194 BGB Rn. 6 ff. 418) Ganz ohne das Eingreifen einer Ablaufhemmung zu thematisieren, geht auch Kießner, FD-InsR 2010, 299713 in seiner Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 11.2.2010 – IX ZB 105/09 davon aus, dass die Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ungehemmt weiterläuft. Denkbar ist allenfalls, die Vorschrift des § 210 BGB analog auf den Zeitraum zwischen der Stellung des Antrags auf Nachtragsverteilung und der tatsächlichen Anordnung durch das Insolvenzgericht anzuwenden, da die Gläubiger auf den Anordnungszeitpunkt keinen Einfluss haben.

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Kapitel 3 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum – auch nach der Verfahrensbeendigung fort. Maßgebliches Kriterium für einen solchen Fortbestand des Anspruchs ist, dass dessen Zweck, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der Insolvenzgläubiger zu erreichen, auch noch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens durch eine gerichtlich angeordnete Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO verwirklicht werden kann. Mit anderen Worten: Entscheidend ist, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den Gläubigern auch noch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens zugutekommen kann. Nur in den beiden Fällen der Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) und der Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) erlischt der Insolvenzanfechtungsanspruch. Ursächlich hierfür sind zum einen die vollständige Gläubigerbefriedigung und zum anderen der Dispositionsakt der Gläubiger. Das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs ist damit eher die Ausnahme.

109 Der regelmäßige Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs führt nicht zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Insolvenzanfechtungsgegners. Grundsätzlich wird den Aspekten der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes durch die Regelungen der Verjährung (§ 146 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 194 ff. BGB) ausreichend Rechnung getragen. Ferner ist dem Insolvenzanfechtungsgegner ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu gewähren, wenn er seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO nicht durch eine rechtzeitige Anmeldung als aufschiebend bedingte (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle absichern konnte. Mit dem Zurückbehaltungsrecht kann er die Erfüllung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der Begleichung seiner (Insolvenz-)Forderung in Höhe der nach Verfahrensbeendigung bereits feststehenden Insolvenzquote abhängig machen (§ 274 Abs. 1 BGB). Ein solches Zurückbehaltungsrecht ist dem Insolvenzanfechtungsgegner allerdings nur im Fall der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 Abs. 1 InsO), nicht jedoch in den Fällen der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO) oder mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) zu gewähren.

110 Die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs ist auch noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens suspendiert, wenn vor der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens ein Nachtragsvorbehalt angeordnet worden ist. Wurde demgegenüber das Insolvenzverfahren ohne Nachtragsvorbehalt aufgehoben oder eingestellt, können die einzelnen Insolvenzgläubiger aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen. Eine erneute Suspendierung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche tritt allerdings ein, wenn die Anordnung der Nachtragsverteilung erst nach der Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens erfolgt.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) Die bisherigen Erörterungen zum Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs 111 bei Verfahrensbeendigung hatten ausschließlich das Regelinsolvenzverfahren vor Augen. Die gesamte Materie des Insolvenzplanverfahrens (§§ 217 ff. InsO) wurde außen vor gelassen. Im Folgenden soll daher herausgearbeitet werden, welchen Einfluss die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach der rechtskräftigen Bestätigung eines Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO auf den (Fort-)Bestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs hat. Anknüpfungspunkt ist das dogmatische Grundgerüst, welches im vorherigen Kapitel 112 für das Regelinsolvenzverfahren erarbeitet wurde. Ebendort wurde als maßgebliches Kriterium für einen Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs herausgearbeitet, dass dessen Zweck, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger zu erreichen, auch noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens durch eine gerichtlich angeordnete Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO erreicht werden kann. In modifizierter Form gilt diese (Fortbestands-)Voraussetzung auch für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Planrechtskraft (§ 258 Abs. 1 InsO). An die Stelle der gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO – die nach zutreffender und vorherrschender Auffassung in Rechtsprechung419) und Schrifttum420) bei einer Haftungsverwirklichung mittels Insolvenzplan de lege lata ausgeschlossen ist421) – tritt die Sonderregelung des § 259 Abs. 3 ___________ 419) Siehe insbesondere BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99, 100 Rn. 9 und BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 29 ff.; ferner BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07 = NZI 2008, 561, 562 Rn. 10 und OLG Celle, Beschl. v. 20.11.2006 – 4 U 166/06 = ZIP 2006, 2394; a. A. aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2005 – 7 U 148/05 = NZI 2006, 240. 420) Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 343; Freund, in: BeckOK-InsO, § 259 Rn. 2; Gehrlein, ZInsO 2016, 985, 990; Huber, in: MünchKomm-InsO, § 259 Rn. 13; Haas, in: HKInsO, § 259 Rn. 2; Thole, in: HK-InsO § 129 Rn. 107; Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 203 Rn. 2; J. Schmidt, in: HRI, § 44 Rn. 58; Meyer, Nachtragsverteilung, S. 303 ff.; Rattunde, GmbHR 2012, 455, 460; Preß/Henningsmeier, in: HambKomm-InsO, § 203 Rn. 7; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 7 f.; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 7; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 224; Smid, NZI 2006, 201, 202; ders., ZInsO 2010, 641, 644; Borries/ Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 100; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 259 Rn. 10; Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 8; für die Zulässigkeit plädieren demgegenüber Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 4; Frank, FD-InsR 2010, 297031; Nicht, in: BeckOKInsO, § 203 Rn. 9; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsO, § 258 Rn. 20, § 259 Rn. 12 ff.; Hingerl, ZInsO 2007, 870 ff.; ders., ZInsO 2010, 1880 ff.; Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 ff.; Braun, in: Nerlich/Römermann-InsO, 9. Lfg. 03.2005, § 259 Rn. 3; Paul, ZInsO 2008, 843, 845 Fn. 22; Rendels/Körner, EWiR 2010, 193, 194; Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 ff.; wohl auch Jacobi, ZInsO 2010, 2316, 2319 f. 421) Zur gerichtlichen Anordnung einer Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO analog) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens infolge rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO siehe auch Gliederungspunkt B. in diesem Kapitel.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

InsO. Diese Norm legt ausdrücklich und abschließend die Voraussetzungen fest, unter denen der Insolvenzanfechtungsanspruch den Gläubigern auch noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zugutekommen (und deshalb fortbestehen) kann.422)

113 Im Umkehrschluss folgt daraus: Sind die Voraussetzungen des § 259 Abs. 3 InsO nicht erfüllt, erlischt einhergehend mit der Verfahrensaufhebung gemäß § 258 Abs. 1 InsO nicht nur die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs, sondern auch der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch selbst endgültig.423) Ein bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch anhängiger Insolvenzanfechtungsrechtsstreit erledigt sich in der Hauptsache.424)

A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung im gestaltenden Teil gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO 114 Die Sonderregelung des § 259 Abs. 3 InsO ist die einzige Vorschrift der Insolvenzordnung, welche sich ausdrücklich zum Zusammenspiel von Verfahrensbeendigung und Insolvenzanfechtung verhält. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann der Insolvenzverwalter einen anhängigen Rechtsstreit, der die Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, auch nach der Aufhebung des Verfahrens fortführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehen ist.425) Nach Satz 2 wird in diesem Fall der Rechtsstreit für Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Insolvenzplan keine abweichende Regelung getroffen wird.

115 Um die Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO besser verstehen und dogmatisch einordnen zu können, bedarf es einer Rückschau auf die Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung. In §§ 173 ff. KO regelte das Gesetz den konkursbeendenden Zwangsvergleich, an dessen Stelle durch die Schaffung der Insolvenzordnung in stark modifizierter Form der Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO) getreten ist.426) Ähnlich wie der Insolvenzplan heute, ermöglichte der konkursbeendende Zwangsvergleich den Beteiligten im Wege einer privatautonomen, im Konkursverfahren selbst getroffenen Übereinkunft, die Befriedigung der nicht bevorrechtigten Gläubiger (absonderungs___________ 422) Zu der Fragestellung, ob der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern auch dann zugute kommt, wenn der Anfechtungserlös mangels abweichender Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO zugunsten des Schuldners fortgeführt wird, siehe Gliederungspunkt A.V. in diesem Kapitel. 423) Zur Differenzierung zwischen dem materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch und der Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung desselben ausführlich in der Einleitung des dritten Kapitels. 424) So auch Cranshaw, jurisPR-InsR 3/2010 Anm. 2 C.4. 425) Nach BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 114/15 = NZI 2016, 779 Rn. 11 f. gilt die Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO bei angeordneter Eigenverwaltung auch für den Sachwalter. Zwar fehle für diesen sowohl eine entsprechende Regelung als auch eine ausdrückliche Verweisung auf § 259 InsO, doch folge die Geltung der Norm auch für den Sachwalter aus §§ 270c, 274 InsO. 426) RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 90.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

berechtigte Gläubiger ausgenommen) abweichend von den gesetzlichen Vorschriften der Konkursverteilung zu regeln.427) An die Stelle der konkursmäßigen Schuldenbereinigung setzte der Zwangsvergleich eine andere Art der Gläubigerbefriedigung (vgl. § 174 KO) und erübrigte insoweit den Konkurs.428) Die Beendigung des Konkursverfahrens war deshalb eine notwendige Folge des Zwangsvergleichs.429) Sobald der Zwangsvergleich rechtskräftig bestätigt war, hatte das Konkursgericht die Aufhebung des Konkursverfahrens zu beschließen (§ 190 Abs. 1 S. 1 KO). Eine gerichtlich angeordnete Nachtragsverteilung nach § 166 KO (entsprechend) – der inhaltlich weitgehend mit dem heutigen § 203 InsO übereinstimmt – sollte nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung430) und Schrifttum431) ausgeschlossen sein. Begründet wurde dies unter anderem mit der Fassung der Vorschrift und ihrer Stellung im Rechtssystem.432) Für den materiell-rechtlichen Konkursanfechtungsanspruch hatte die generelle Unanwendbarkeit des § 166 KO zur Folge, dass dieser einhergehend mit der Aufhebung des Konkursverfahrens nach einem Zwangsvergleich erlosch.433) Anhängige (Konkurs-)Anfechtungsprozesse erledigten sich in der Hauptsache.434) Für den (Konkurs-)Anfechtungsgegner resultierte daraus ein großer Anreiz, den Anfechtungsprozess zu verschleppen. Denn mit der Aufhebung des Konkursverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsvergleichs konnte er der konkursanfechtungsrechtlichen Rückgewährpflicht endgültig entgehen. Um diesem Fehlanreiz effektiv zu begegnen, wäre es schon damals sinnvoll gewesen, 116 den Vergleichsparteien die Befugnis einzuräumen, den Konkursverwalter unmittelbar im Zwangsvergleich zur Fortführung der bei Aufhebung des Konkursverfahrens anhängigen Anfechtungsprozesse zu ermächtigen. Allerdings wurde diese Möglich___________ 427) 428) 429) 430)

431)

432) 433)

434)

Rühle, Gegenseitige Verträge nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, S. 126. Weber, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 190 Anm. 1. Weber, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 190 Anm. 1, 8. BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765, 1766; siehe auch RG, Urt. v. 27.3.1893 – VI 2/93 = RGZ 31, 40, 41 ff. und RG, Urt. v. 15.3.1932 – VII 248/31 = RGZ 135, 347, 350. Henckel, in: Jaeger-KO, 9. Aufl., § 36 Rn. 17; Weber, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 163 Anm. 6, § 166 Einl., § 190 Anm. 7, § 192 Anm. 5; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 36 Rn. 9, § 163 Rn. 7, § 190 Rn. 5a; ders., ZIP 1993, 241, 246. So etwa Weber, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 166 Einl.; Uhlenbruck, ZIP 1993, 241, 246. BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765, 1766; zuvor bereits RG, Urt. v. 15.3.1932 – VII 248/31 = RGZ 135, 347, 350; Hess, KO, 6. Aufl., § 36 Rn. 9 f., § 192 Rn. 9; Henckel, in: Jaeger-KO, 9. Aufl., § 36 Rn. 17; Weber, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 163 Anm. 6, § 192 Anm. 5; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 36 Rn. 9, § 163 Rn. 7, § 190 Rn. 5a; ders., ZIP 1993, 241, 246. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 214; BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765, 1766; zuvor bereits RG, Urt. v. 15.3.1932 – VII 248/31 = RGZ 135, 347, 350 und RG, Urt. v. 21.4.1936 – VII 260/35 = JW 1936, 2927, 2928 f.; Hess, KO, 6. Aufl., § 36 Rn. 9 f., § 192 Rn. 9; Weber, in: Jaeger-KO, 8. Aufl., § 163 Anm. 6; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 36 Rn. 9, § 163 Rn. 7, § 190 Rn. 5a; ders., ZIP 1993, 241, 246 f.; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, § 29 Anm. 24, § 192 Anm. 2; ders., KTS 1984, 345, 398.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

keit vom Reichsgericht435) und dem konkursrechtlichen Schrifttum436) mit dem Argument abgelehnt, dass die Parteien des Zwangsvergleichs nicht befugt seien, den mit Konkursbeendigung erlöschenden (Konkurs-)Anfechtungsanspruch zum Zwecke der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung zu erhalten. Es wurde mithin als entscheidend erachtet, dass die Vergleichsbeteiligten mangels gesetzlicher (Ermächtigungs-)Grundlage eine entsprechende Disposition über den Konkursanfechtungsanspruch nicht treffen konnten.437)

117 Dies vorausgeschickt, präsentiert sich die Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO als die – vom Reichsgericht und dem konkursrechtlichen Schrifttum für den Zwangsvergleich implizit geforderte – gesetzliche (Ermächtigungs-)Grundlage. Ausdrücklich wird den Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens durch die Vorschrift ermöglicht, den Insolvenzverwalter im gestaltenden Teil des Insolvenzplans zur Fortführung der zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung anhängigen (Insolvenz-)Anfechtungsprozesse zu befähigen. Machen die Verfahrensbeteiligten von dieser Möglichkeit Gebrauch, besteht der Insolvenzbeschlag – wie im Fall der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 203 ff. InsO (sog. Nachtragsvorbehalt)438) – beschränkt auf die von der Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO erfassten materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche auch nach der Verfahrensaufhebung fort.439) Infolgedessen bleibt der Insolvenzverwalter in Ausnahme zu § 259 Abs. 1 S. 1 InsO auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens kraft seines Amtes prozessführungsbefugt,440) so dass er die rechtshängigen (Insolvenz-)Anfechtungsprozesse in der Sache selbst zu Ende führen kann.441) In diesem Rahmen bestehen dann auch die materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche fort.442) ___________ 435) RG, Urt. v. 15.3.1932 – VII 248/31 = RGZ 135, 347, 350. 436) Henckel, in: Jaeger-KO, 9. Aufl., § 36 Rn. 17; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 36 Rn. 9. 437) Der Bundesgerichtshof hat zu der Frage, ob die Vergleichsparteien den Konkursverwalter im Zwangsvergleich zur Fortführung eines bei Verfahrensaufhebung anhängigen Anfechtungsprozesses ermächtigen können, unter der Geltung der Konkursordnung nie Stellung genommen. In der Entscheidung VIII ZR 158/80 vom 10.2.1982 hat er sich darauf beschränkt, festzustellen, dass er diese Rechtsfrage in Ermangelung einer entsprechenden Regelung im Zwangsvergleich nicht zu prüfen brauche (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80 = BGHZ 83, 102 = NJW 1982, 1765, 1766). 438) Siehe dazu unter Gliederungspunkt B.III. im dritten Kapitel. 439) Im Ergebnis auch Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10. 440) Zum Streit um die dogmatische Einordnung der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters siehe Gliederungspunkt A.V. in diesem Kapitel. 441) Das Amt des Insolvenzverwalters besteht durch die Aufnahme der Planregelung in Ausnahme zu § 259 Abs. 1 S. 1 InsO auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fort. 442) So ausdrücklich auch Bork, in: Insolvenzrecht im Umbruch, S. 51, 58 f.; Piekenbrock, in: JaegerInsO, § 259 Rn. 23; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 206; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 25.11; ebenfalls vom Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs spricht Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 221 Rn. 43; ausdrücklich a. A. ist etwa Hess, Insolvenzrecht, Band 2, § 259 Rn. 19, demzufolge sich aus der Weiterführung des Rechtsstreits nach § 259 Abs. 3 InsO nicht ergebe, dass der Anfechtungsanspruch über die Verfahrensbeendigung hinaus fortbestehe, sondern nur, dass der Rechtsstreit zu Ende geführt werden könne.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Dieses aus dem historischen Gesamtzusammenhang hergeleitete Verständnis der 118 Vorschrift spiegelt sich auch in der allgemeinen Regierungsbegründung zur Insolvenzordnung und im ersten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht wieder. In der allgemeinen Regierungsbegründung heißt es zu § 306 Abs. 3 RegE, der dem heutigen § 259 Abs. 3 InsO entspricht, ausdrücklich: „Absatz 3 betrifft den Fall, daß ein Anfechtungsprozeß des Insolvenzverwalters im Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch nicht beendet ist. Für das geltende Recht wird angenommen, daß der Anfechtungsanspruch mit der Aufhebung des Konkursverfahrens nach einem Zwangsvergleich erlischt und der Anfechtungsprozeß damit in der Hauptsache erledigt ist. Diese Rechtslage ist unbefriedigend, da sie einen Anreiz für den Anfechtungsgegner schafft, den Prozeß zu verschleppen. Die neue Vorschrift schafft daher die Möglichkeit, im Plan vorzusehen, daß die Prozeßführungsbefugnis des Verwalters über die Aufhebung des Verfahrens hinaus fortbesteht. In diesem Fall wird der Anfechtungsanspruch von der Aufhebung des Verfahrens nach der Bestätigung des Insolvenzplans nicht berührt.“443)

Aus der allgemeinen Regierungsbegründung zur Insolvenzordnung geht mithin her- 119 vor, dass die Aufnahme einer Fortführungsermächtigung in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans nicht nur zum Fortbestand der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters, sondern auch zum Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs führt. Wie dieser Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs dogmatisch ausgestaltet ist, spricht die allgemeine Regierungsbegründung zwar nicht an. Einen entscheidenden Anhaltspunkt im Hinblick auf die Dogmatik liefert allerdings der erste Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, der die Grundlage für die Schaffung der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO gelegt hat. So beinhaltete der erste Bericht für den sog. „Reorganisationsplan“ folgenden Leitsatz: „(1) Im Reorganisationsplan ist auszuweisen, ob anhängige Anfechtungsprozesse nach Bestätigung des Reorganisationsplans fortzuführen sind. Ist dies der Fall, so wird der Anfechtungsanspruch ein Sondervermögen, das nach der Bestätigung des Reorganisationsplans vom Insolvenzverwalter verwaltet wird. Er bleibt daher befugt, anhängige Anfechtungsprozesse fortzuführen. Für die Kosten der Prozessführung haftet das Vermögen des Schuldners. (2) Im Reorganisationsplan ist anzugeben, wie das Sondervermögen zu verteilen oder ob ein Nachtragsplan aufzustellen ist.“444)

Dieser Leitsatz, der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu § 295 Abs. 3 DiskE445) 120 bzw. § 295 Abs. 3 RefE446) und schließlich zu § 306 Abs. 3 RegE447) wurde, weist im Kern dieselbe Begründung auf wie § 306 Abs. 3 RegE.448) Weitergehend als die ___________ 443) 444) 445) 446) 447) 448)

RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 214. Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 441. Diskussionsentwurf Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, S. 150. Referentenentwurf Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, S. 172. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 57. Vgl. Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 441 f.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

allgemeine Begründung des Regierungsentwurfs verdeutlicht der erste Bericht der Kommission für Insolvenzrecht aber auch die dogmatische Ausgestaltung des Fortbestands des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs. In der Begründung zum Leitsatz heißt es ausdrücklich, dass sich der Insolvenzbeschlag am Anfechtungsergebnis fortsetze, wenn der Verwalter den fortgeführten Anfechtungsprozess gewinnt.449) Ferner ergebe sich aus Abs. 1 S. 2 des Leitsatzes, dass das Anfechtungsergebnis ein Sondervermögen bilde, welches nicht zum Vermögen des reorganisierten Schuldners gehöre und auch nach der Aufhebung des Verfahrens vom Verwalter nach der Maßgabe des Reorganisationsplans verwaltet werde.450) Dass der Leitsatz in seiner ursprünglichen Form nicht Gesetz geworden ist, bedeutet nicht, dass der Vorschrift des § 259 Abs. 3 eine abweichende dogmatische Konzeption zugrunde liegt. Vielmehr wurde der Leitsatz nur redaktionell gestrafft und auf einen einzigen Absatz reduziert. Der dogmatische Grundgedanke, dass der Insolvenzbeschlag beschränkt fortbesteht, ist nicht entfallen, wie auch die Systematik des § 259 InsO verdeutlicht. Die Absätze 2 und 3 beinhalten jeweils eine eigenständige Ausnahme von dem in Abs. 1 normierten Grundsatz, dass die Wirkungen der Insolvenzeröffnung mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens entfallen.

I.

Fortführungsermächtigung im gestaltenden Teil

121 Gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO müssen (nur) zwei Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Insolvenzanfechtungsanspruch trotz der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Planrechtskraft weiter verfolgt werden kann. Zum einen muss der Insolvenzanfechtungsanspruch Gegenstand eines bei Verfahrensaufhebung „anhängigen“ Rechtsstreits sein.451) Zum anderen muss der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine Regelung enthalten, welche den (Prozess-)Fortführungswillen der Planverfahrensbeteiligten zum Ausdruck bringt (sog. Fortführungsermächtigung).452) Welche rechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung der Fortführungsermächtigung konkret zu stellen ___________ 449) Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 442. 450) Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 442. 451) Zur Auslegung des Begriffs der Anhängigkeit ausführlich unter Gliederungspunkt A.II. in diesem Kapitel. 452) Unabhängig davon sind bestehende Insolvenzanfechtungsansprüche, wenn sie für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind, in den darstellenden Teil des Insolvenzplans aufzunehmen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2010 sind jedoch nur solche Insolvenzanfechtungsansprüche im Plan anzusprechen, die wahrscheinlich bestehen, die also sinnvollerweise geltend gemacht werden. Nicht bestehende oder unwahrscheinliche Ansprüche müssen nicht dargestellt und erörtert werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10 = NZI 2010, 734, 738 Rn. 56 f.). In einer weiteren Entscheidung aus dem Jahr 2015 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Insolvenzgläubiger keine Angaben im darstellenden Teil des Insolvenzplans dazu benötigten, welche Insolvenzanfechtungsprozesse der Insolvenzverwalter plant, um eine sachgerechte Entscheidung über den vom Schuldner vorgelegten Plan fällen zu können (BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 35; a. A. zuvor AG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2014 – 67c IN 232/13 = ZIP 2014, 1601).

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

sind, ist der abstrakt gehaltenen Vorschrift allerdings nicht zu entnehmen. Dies hatte zur Folge, dass der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die rechtlichen Rahmenbedingungen in zwei höchstrichterlichen Entscheidungen konkretisieren musste.453)

1.

BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02

In der Entscheidung IX ZR 36/02454) vom 6. Oktober 2005 hatte sich der Bundes- 122 gerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die abstrakt formulierte Klausel („§ 259 Abs. 3 InsO findet Anwendung“) im gestaltenden Teil des dortigen Insolvenzplans inhaltlich bestimmt genug war, um den Insolvenzverwalter rechtswirksam zur Fortführung der bei Verfahrensaufhebung anhängigen Anfechtungsprozesse zu ermächtigen. Erstinstanzlich hatte das LG Erfurt455) die Prozessführungsbefugnis des klagenden Insolvenzverwalters abgelehnt, weil dieser aufgrund der Auslegungsbedürftigkeit der inhaltlich allzu unbestimmten (Plan-)Klausel nicht wirksam ermächtigt worden sei, den Anfechtungsrechtsstreit nach Beendigung seines Amtes fortzuführen. Demgegenüber vertrat das OLG Jena456) in der Berufungsinstanz die Auffassung, der Insolvenzverwalter sei auch bei einem nur allgemein gehaltenen Verweis auf die Anwendung von § 259 Abs. 3 InsO weiter prozessführungsbefugt. Die streitgegenständliche (Plan-)Klausel, welche in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen sei, habe dem Insolvenzverwalter unmittelbar die Befugnis verleihen sollen, sämtliche im Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens anhängigen Anfechtungsrechtsstreitigkeiten fortzuführen. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidung des OLG Jena 123 weitestgehend bestätigt. Auch der Senat kam zu dem Ergebnis, dass die abstrakt formulierte (Plan-)Klausel als Ermächtigung des Insolvenzverwalters zur Fortführung der bei Verfahrensaufhebung anhängigen Anfechtungsrechtsstreitigkeiten genüge. Zwar wäre es generell wünschenswert, dass alle Regelungen im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vom Planersteller klar, ohne weiteres verständlich und des___________ 453) In einer weiteren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof am Rande ausgeführt, dass in dem Fall, dass im Insolvenzplan und in der für die Gläubiger bestimmten Zusammenfassung des Plans widersprüchliche Regelungen zu Anfechtungsrechtsstreiten enthalten sind, der rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan maßgeblich ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 263 Rn. 18; zuvor bereits OLG Frankfurt Urt. v. 14.12.2011 – 15 U 273/10 = BeckRS 2014, 02639 Rn. 26). 454) BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100 m. Anm. Bähr/Landry, EWiR 2006, 87; m. Anm. Biehl, NJ 2006, 219; m. Anm. Lessing, LMK 2006, 164602; m. Anm. Cervera, FD-InsR 2006, 182279; m. Anm. Wehdeking, jurisPR-InsR 5/2006 Anm. 3; im Sinne der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zuletzt auch OLG Dresden, Urt. v. 15.8.2012 – 13 U 1757/11 = BeckRS 2013, 05688 = ZInsO 2013, 996. 455) LG Erfurt, Urt. v. 26.7.2001 – 3 O 290/01 = ZIP 2001, 1646; m. Anm. Neußner, EWiR 2001, 1067. 456) OLG Jena, Urt. v. 6.2.2002 – 2 U 1033/01 = NZI 2002, 435; m. Anm. Michels, EWiR 2002, 293.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

halb nicht auslegungsbedürftig abgefasst würden.457) Ein Auslegungsverbot, für den Fall, dass es einmal an einer solchen Klarheit fehle, bestehe aber nicht.458) Auch wenn der Insolvenzplan kein Vertrag im herkömmlichen Sinne, sondern ein spezifisch insolvenzrechtliches Instrument sei, wäre sein Inhalt der Auslegung zugänglich.459) Auslegungsmaßstab sei, sofern nicht der vollstreckbare Teil des Insolvenzplans betroffen ist, das individuelle Verständnis derjenigen, die den Insolvenzplan beschlossen haben.460) Dass das Berufungsgericht in Anbetracht dieses Maßstabes die streitgegenständliche Klausel „§ 259 Abs. 3 InsO findet Anwendung“ rechtsfehlerhaft ausgelegt hätte, habe er, der erkennende Senat, nicht feststellen können.461) Vielmehr sei das Berufungsgericht naheliegenderweise davon ausgegangen, dass die Beteiligten eines Insolvenzplanverfahrens bei Lektüre der genannten Gesetzesbestimmung nicht zu dem Ergebnis gelangen konnten, die (Plan-)Klausel enthalte ihrerseits lediglich eine Verweisung auf die gesetzlich eröffnete Möglichkeit zur Ermächtigung des Insolvenzverwalters. Die (Plan-)Regelung bringe hingegen deutlich zum Ausdruck, dass die den Insolvenzplan beschließenden Beteiligten den Willen hatten, von dieser Möglichkeit auch Gebrauch zu machen und dem Insolvenzverwalter konstitutiv die gesetzlich erlaubte Ermächtigung zu erteilen.462)

124 Nach ihrer Entstehungsgeschichte, ihrem Sinn und Zweck sowie den unterschiedlich gelagerten Interessen der Verfahrensbeteiligten und des Anfechtungsgegners fordere die Vorschrift des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO keine detaillierte Regelung im Insolvenzplan. Insbesondere müsse es – in Anbetracht der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens, durch das Rückgängigmachen anfechtbarer Verringerungen des Schuldnervermögens die Gläubigergesamtheit bestmöglich und gleichmäßig zu befriedigen – möglich sein, auch solche Sachverhalte zum Gegenstand eines Anfechtungsrechtsstreits machen zu können, die erst nach der Beschlussfassung über die Annahme des Insolvenzplans bekannt würden.463) Würde man eine konkrete Bezeichnung der fortzuführenden Prozesse verlangen, so hätte dies zur Folge, dass der Insolvenzverwalter im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung aufgrund erst jetzt bekannt gewordener Tatsachen keine Anfechtungsklagen mehr erheben könnte.464) Ein dahingehendes schützenswertes Interesse des Anfechtungsgegners bestehe selbst dann nicht, wenn dieser dem

___________ 457) 458) 459) 460) 461) 462) 463) 464)

76

BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 9. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 9. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 15 f. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 16. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 17 ff. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 21. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 11. BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 101 Rn. 11.

A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Insolvenzplan nur aufgrund der Annahme zugestimmt habe, er habe, weil die Anfechtungsklage noch nicht anhängig sei, fortan nichts mehr zu befürchten.465)

2.

BGH, Beschl. v. 7.3.2013 í IX ZR 222/12

In der Entscheidung IX ZR 222/12466) vom 7. März 2013 hatte sich der Bundesge- 125 richtshof im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde damit auseinanderzusetzen, ob die Befugnis des Insolvenzverwalters anhängige Anfechtungsklagen fortzuführen, durch eine entsprechende Ausgestaltung der Fortführungsermächtigung auf einzelne (Insolvenz-)Anfechtungsprozesse beschränkt werden könne. Unter Verweis auf das Schrifttum, welches eine solche Beschränkung ohne weiteres für zulässig halte, wies der erkennende Senat die Beschwerde des Beklagten zurück. Vor dem Hintergrund, dass das Gesetz die Fortsetzung anhängiger Anfechtungsprozesse durch § 259 Abs. 3 InsO dem Inhalt des Insolvenzplans unterwerfe, sei kein Grund ersichtlich, warum eine auf den einzelnen Rechtsstreit bezogene differenzierende Regelung verschlossen sein sollte. Vielmehr erscheine es durchaus sachgerecht, die Prozessführungsbefugnis unter Gewichtung der jeweiligen Prozessrisiken und Erfolgsaussichten auf bestimmte Anfechtungsklagen zu begrenzen. Dies gelte insbesondere, sofern der Rechtsstreit abweichend von § 259 Abs. 3 S. 2 InsO für Rechnung der Insolvenzmasse fortgesetzt werden soll.

3.

Würdigung der BGH-Rechtsprechung

Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in den zwei dargestellten Entscheidun- 126 gen ist sowohl vom Ergebnis als auch von der Begründung her zuzustimmen. Die Kernaussagen der beiden Entscheidungen sind auch vom Schrifttum nahezu kritiklos übernommen worden und prägen seither die Insolvenzpraxis. Der Insolvenzverwalter sollte der Regelung zur Fortführung von Anfechtungsprozessen im gestaltenden Teil des Insolvenzplans die erforderliche Aufmerksamkeit widmen. Er ist aus mehreren Gründen gut beraten, auf eine abstrakte (Plan-)Klausel hinzuwirken. Dadurch, dass es beim Insolvenzplan regelmäßig auf eine sehr zügige Entscheidung der (Insolvenz-)Gläubiger und eine alsbaldige Beendigung des Insolvenzverfahrens ankommt, liegen dem Insolvenzverwalter sehr häufig zum Erörterungs- und Abstimmungstermin noch nicht hinreichend Informationen über sämtliche zu führende Insolvenzanfechtungsprozesse vor.467) Durch eine formularmäßige Klausel bleibt es möglich, auch solche Insolvenzanfechtungsansprüche gerichtlich geltend zu machen, die erst nach der Abstimmung über den Insolvenzplan aufgedeckt oder pro___________ 465) BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 102 Rn. 25. 466) BGH, Beschl. v. 7.3.2013 í IX ZR 222/12 = NZI 2013, 491; m. Anm. M. Schmidt, NZI 2013, 491 f.; bestätigt in BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 263 Rn. 17; zur Vorinstanz siehe OLG Dresden, Urt. v. 15.8.2012 – 13 U 1757/11 = BeckRS 2013, 05688 = ZInsO 2013, 996. 467) Wehdeking, jurisPR-InsR 5/2006 Anm. 3; Smid, NZI 2006, 201, 204.

77

Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

zessreif aufbereitet werden. Im Übrigen kann ein allzu deutlicher Hinweis auf Insolvenzanfechtungsthemen die Zustimmung zum Insolvenzplan gefährden. So wird etwa von Bähr/Landry468) angemerkt, dass es für einen Insolvenzverwalter, der stets die notwendigen Abstimmungsmehrheiten im Blick haben müsse, taktisch unklug sein könne, bestimmte anfechtungsrelevante Sachverhalte schon vor der Abstimmung über den Insolvenzplan offenzulegen. Demgegenüber ist dem einzelnen (Insolvenz-)Gläubiger, der dem Insolvenzplan in der Annahme zustimmt, nicht mehr im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen zu werden, zu empfehlen, auf eine Planklausel hinzuwirken, welche die Fortführungsermächtigung auf die zum Zeitpunkt des Erörterungs- und Abstimmungstermins (§ 235 InsO) rechtshängigen Anfechtungsprozesse begrenzt.469)

II. Anhängiger Insolvenzanfechtungsprozess 127 Als weitere Voraussetzung für den Erhalt der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters und zugleich für den Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs nennt § 259 Abs. 3 S. 1 InsO die Anhängigkeit eines Anfechtungsprozesses. Welches Verständnis dem Begriff der Anhängigkeit zugrunde zu legen ist, hat der Bundesgerichtshof für die Insolvenzpraxis in der Entscheidung IX ZR 122/12470) vom 11. April 2013 höchstrichterlich festgelegt. Im Anschluss an diese Entscheidung wird heute auch im Schrifttum der Begriff „anhängig“ ganz überwiegend als „rechtshängig“ (im Sinne der ZPO) verstanden.471)

1.

BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12

128 Der Entscheidung IX ZR 122/12472) vom 11. April 2013 lag die Sachverhaltskonstellation zugrunde, dass ein Insolvenzverwalter eine Anfechtungsklage zwar noch vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bei Gericht eingereicht hatte, diese dem Anfechtungsgegner aber erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zuge___________ 468) Bähr/Landry, EWiR 2006, 87, 88; ähnlich auch Michels, EWiR 2002, 293, 294 und Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 21 ff. 469) So etwa geschehen bei OLG Dresden, Urt. v. 15.8.2012 – 13 U 1757/11 = BeckRS 2013, 05688. 470) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489; zuletzt bestätigt durch BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 16. 471) Dazu unter Gliederungspunkt A.II.2. in diesem Kapitel. 472) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 m. Anm. M. Schmidt; m. Anm. Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 1182; m. Anm. Harig, DZWiR 2013, 411; m. Anm. RuheSchweigel, EWiR 2013, 557; m. Anm. Dahl, NJW-Spezial 2013, 373; m. Anm. Pehl, FD-InsR 2013, 345996; m. Anm. Elzer, FD-ZVR 2013, 346344; bestätigt durch BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 33 und BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 114/15 = NZI 2016, 779 Rn. 11; im Sinne des Bundesgerichtshofs bereits vor dessen Entscheidung vgl. LG Marburg, Urt. v. 14.3.2012 – 1 O 123/11 = ZInsO 2012, 1023, 1024 und LG Berlin, Urt. v. 6.11.2012 – 22 O 223/11 = BeckRS 2012, 25229; a. A. noch OLG Hamburg, Urt. v. 28.8.2012 – 11 U 38/12 = juris.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

stellt wurde. Zivilprozessual war die Insolvenzanfechtungsklage des Insolvenzverwalters zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung mithin lediglich anhängig (§ 253 Abs. 5 ZPO), nicht jedoch rechtshängig (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO).473) Daraus resultierte für das Gericht die von ihm bejahte Rechtsfrage, ob ein „anhängiger Rechtsstreit“ im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO einen „rechtshängigen Rechtsstreit“ im Sinne der ZPO voraussetzt. Zur Begründung seiner Entscheidung rekurrierte der IX. Zivilsenat zunächst auf 129 seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung des § 240 ZPO.474) In diesem Zusammenhang habe er bereits festgehalten, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei eine Unterbrechung nur stattfinde, wenn ein durch Klagezustellung bewirktes rechtshängiges Verfahren vorliege.475) Sowohl im Rahmen des § 240 ZPO als auch in den darauf bezogenen konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Vorschriften werde Rechtshängigkeit vorausgesetzt.476) Durch die Verbindung des Tatbestandsmerkmals „anhängig“ mit dem Begriff „Rechtsstreit“ werde in § 259 Abs. 3 S. 1 InsO unmissverständlich verdeutlicht, dass eine Fortführung nur für eine im Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung bereits zugestellte Anfechtungsklage in Betracht komme.477) Dieses Verständnis liege auch den §§ 85, 86 InsO zugrunde, die ebenfalls „anhängig“ im Sinne von „rechtshängig“ voraussetzen würden.478) In Übereinstimmung hiermit sei der erkennende Senat bereits in der Entscheidung IX ZR 206/08479) aus dem Jahr 2009 davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter spätestens im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung Anfechtungsklage zu erheben habe und nur einen bereits rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen könne.480) Die spätere Zustellung der Anfechtungsklage könne die für den Zeitpunkt der Aufhebung zu verlangende Rechtshängigkeit nicht begründen.481) Die Rückwirkungsfiktion des § 167 ZPO komme nicht zur Anwendung.482) ___________ 473) Vgl. insofern nur Becker-Eberhard, in: MünchKomm-ZPO, § 253 Rn. 14. 474) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489, 490 Rn. 10 mit Verweis auf BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – IX ZB 232/08 = NZI 2009, 169. 475) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 Rn. 10. 476) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 Rn. 10; zur vorherrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum vgl. nur BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – IX ZB 232/08 = NZI 2009, 169, 170 Rn. 10 m. w. N. 477) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489, 490 Rn. 11 mit Verweis auf den Beitrag von Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 50 ff. 478) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 Rn. 11. 479) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99. 480) Von Priebe, ZInsO 2012, 1015 ff. wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof die Begriffe „anhängig“ und „rechtshängig“ in dieser Entscheidung nicht klar genug voneinander abgrenzt. 481) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 Rn. 9. 482) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 Rn. 13.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

2.

Würdigung der BGH-Rechtsprechung

130 Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, über den Wortlaut von § 259 Abs. 3 S. 1 InsO hinausgehend nicht nur einen „anhängigen Rechtsstreit“, sondern einen „rechtshängigen Rechtsstreit“ zu fordern, ist im Einklang mit der weitüberwiegenden Auffassung im Schrifttum483) zuzustimmen. Insbesondere mit Blick auf die dogmatische Begründung ist die Rechtsauffassung des IX. Zivilsenats richtig und konsequent.484)

131 Zu Recht hat sich der erkennende Senat bei der Auslegung der Norm nicht allein auf das Wort „anhängig“ versteift, sondern auf das Zusammenspiel der Worte „anhängig“ und „Rechtsstreit“ abgestellt, welches für ein rechtshängiges Klageverfahren im Sinne von §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO spricht.485) Von einem „Rechtsstreit“ kann eben nur dann gesprochen werden, wenn zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Prozessrechtsverhältnis besteht.486) Die Entstehung eines solchen Prozessrechtsverhältnisses setzt jedoch die Zustellung der Klageschrift beim Beklagten, mithin Rechtshängigkeit im Sinne der ZPO voraus.487) Selbiges Begriffsverständnis liegt auch den §§ 24 Abs. 2, 85 Abs. 1 S. 1, 86 Abs. 1, 180 Abs. 2, 184 Abs. 1, 189 Abs. 1, 352 Abs. 1 InsO zugrunde.488) In allen diesen Vorschriften verwendet die Insolvenzordnung ebenfalls die Begrifflichkeiten „anhängig“ sowie „Rechtsstreit“ und versteht darunter stets die zivilprozessuale Rechtshängigkeit nach §§ 253 Abs. 1, 263 Abs. 1 ZPO.489) Es spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber bei der Verwendung derselben Begrifflichkeit im Rahmen desselben Gesetzes ein einheitliches Begriffsverständnis zugrunde gelegt hat.490) Darüber hinaus hätte der erkennende Senat als weiteres Argument für die Lesart „anhängig“ gleich „rechtshängig“ auch den in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck des § 259 ___________ 483) Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107; ders., ZIP 2014, 1653, 1658; Spahlinger, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 259 Rn. 19; Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 26; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker-InsO, § 259 Rn. 2; Freund, in: BeckOKInsO, § 259 Rn. 8; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 27; Gehrlein, ZInsO 2016, 985, 989; M. Schmidt, NZI 2013, 491, 492; Harig, DZWiR 2013, 411, 412 f.; Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 1182; a. A. Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 86; ebenso Hees, ZInsO 2011, 953 ff. und Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsO, § 259 Rn. 19 allerdings beide noch vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs; kritisch im Hinblick auf die Auswirkungen der Entscheidung für die Praxis Dahl, NJW-Spezial 2013, 373; ebenso Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 25.21, Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 15; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 221 Rn. 10. 484) So etwa auch M. Schmidt, NZI 2013, 491, 492 und Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 1182. 485) So zuvor schon Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 50 f. mit einer detaillierten Wortlautanalyse. 486) BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – IX ZB 232/08 = NZI 2009, 169, 170 Rn. 11 m. w. N.; Spahlinger, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 259 Rn. 19; Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 1182. 487) Musielak, in Musielak/Voit, ZPO, Einl. Rn. 55. 488) Siehe nur Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 51 m. w. N. zu den einzelnen Vorschriften. 489) Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 51. 490) Ebenso Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 1182; a. A. Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 86.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Abs. 3 InsO ins Feld führen können. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, besteht dieser primär darin, dem Prozessgegner die Möglichkeit zur Flucht in die (Hauptsache-)Erledigung durch Prozessverschleppung bis Verfahrensaufhebung zu nehmen.491) Dieser Anreiz entsteht für den Insolvenzanfechtungsgegner überhaupt erst mit Zustellung (also Rechtshängigkeit) der Klage.492) Im insolvenzrechtlichen Schrifttum wird gegen das Erfordernis eines rechtshängigen 132 Anfechtungsrechtsstreits vereinzelt eingewandt, dass der Insolvenzverwalter keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Klagezustellung an den Beklagten habe.493) Dieser Umstand ist an sich zwar zutreffend, kann aber angesichts der eindeutigen Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Norm kein abweichendes Normverständnis rechtfertigen.494) In der Insolvenzpraxis kann der Ungewissheit über den Zustellungszeitpunkt bzw. einer zu frühen Aufhebung des Insolvenzverfahrens495) entweder durch eine (informelle) Absprache zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht oder durch die Aufnahme einer Regelung in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans entgegengewirkt werden.496) So könnte eine (informelle) Absprache zwischen dem Insolvenzgericht und dem 133 Insolvenzverwalter vorsehen, dass die Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht erst nach der Zustellung der fortzuführenden Anfechtungsklagen an den Anfechtungsgegner erfolgt. Im Regelfall wird das Insolvenzgericht ohnehin den Kontakt zum Insolvenzverwalter suchen, um mit diesem den Zeitpunkt der geplanten Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu koordinieren.497) Hauptgrund hierfür ist, dass der Insolvenzverwalter vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch die unstreitigen Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen oder nicht fälligen Masseansprüche Sicherheit zu leisten hat (vgl. § 258 Abs. 2 S. 1 InsO). Zudem muss der Insolvenzverwalter vor der Verfahrensaufhebung noch die Rechnungsle___________ 491) Siehe dazu auch Gliederungspunkt A. in diesem Kapitel. 492) Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107. 493) So etwa Hees, ZInsO 2011, 953, 955; ähnlich auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 15 und Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 25.21. 494) Dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter die Zustellung der Klage nicht in der Hand hat, kann auch nicht durch eine analoge Anwendung von § 167 ZPO begegnet werden (a. A. M. Schmidt, NZI 2013, 491, 492 und wohl auch Gehrlein, ZInsO 2016, 985, 990). Die Vorschrift regelt ausschließlich die Wahrung von Fristen und den Neubeginn oder die Hemmung der Verjährung und ist als Ausnahmevorschrift nicht analogiefähig (ebenso Hees, ZInsO 2011, 953, 954; Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 53; Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 26). 495) Das Insolvenzgericht kontrolliert vor der Verfahrensaufhebung nicht, ob die aufgrund einer Planregelung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans fortzuführenden Anfechtungsrechtsstreitigkeiten bereits rechtshängig gemacht wurden. Grundsätzlich hebt es das Insolvenzverfahren ohne Rücksicht darauf auf, ob der Insolvenzverwalter von seinem Klagerecht schon Gebrauch gemacht hat (dazu ausführlich Gehrlein, ZInsO 2016, 985, 989 f.). 496) So selbst Hees, ZInsO 2011, 953, 955 in seinem Fazit; ebenso Huber, in: MünchKomm-InsO, § 259 Rn. 21. 497) Eine Kontaktaufnahme empfiehlt etwa Huber, in: MünchKomm-InsO, § 258 Rn. 6.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

gung vornehmen, soweit der Insolvenzplan keine „abweichende Regelung“ beinhaltet (vgl. § 66 Abs. 1 S. 1, 2 InsO).498) Freilich wird das Insolvenzgericht im Rahmen dieser Zeitplanung darauf hinwirken, dass der Insolvenzverwalter die ihm obliegenden vorgenannten Aufgaben möglichst zügig erledigt.499) An einer (informellen) Absprache, die zu einer längeren Verzögerung der Verfahrensaufhebung führt, wird sich das Insolvenzgericht mit Sicherheit nicht beteiligen, schon allein um sich nicht mit § 258 Abs. 1 InsO in Widerspruch zu setzen. Gerade in Betriebsfortführungsfällen besteht ein besonderes großes Interesse der Gläubigergemeinschaft daran, das schuldnerische Unternehmen sobald wie möglich aus der Insolvenz zu führen.500) Eine verzögerte Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht könnte schnell das gesamte Sanierungskonzept gefährden.

134 Anstatt darauf zu vertrauen, dass sich der Insolvenzverwalter mit dem Insolvenzgericht erfolgreich über den Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung verständigt, können die Verfahrensbeteiligten auch auf eine verbindliche Regelung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans hinwirken, welche die beabsichtigte Fortführung von Anfechtungsprozessen ausreichend berücksichtigt. Denkbar ist zum einen die Aufnahme einer Bedingung im Sinne von § 249 S. 1 InsO dergestalt, dass die Planbestätigung durch das Insolvenzgericht (§ 248 InsO) erst erfolgen soll, nachdem der Insolvenzverwalter ausgewählte Anfechtungsrechtsstreitigkeiten rechtshängig gemacht hat.501) Zum anderen könnte eine abweichende Regelung im Sinne von § 258 Abs. 1 InsO502) in den Insolvenzplan aufgenommen werden, welche die Rechtshängigkeit der fortzuführenden Insolvenzanfechtungsklagen zur Voraussetzung für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens macht.503) Gleichwohl ist bei beiden Gestaltungsmöglichkeiten zu bedenken, dass sie mit dem häufig anzutreffenden Erfordernis der Insolvenzpraxis kollidieren können, das Insolvenzverfahren zügig aufzuheben. Letztlich müssen die Verfahrensbeteiligten im Einzelfall abwägen und entscheiden, ob ihre Priorität auf einer schnellen Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder der umfang___________ 498) Rigol, in: K. Schmidt-InsO, § 66 Rn. 32. 499) Zur zügigen Verfahrensaufhebung durch das Insolvenzgericht siehe etwa Huber, in: MünchKomm-InsO, § 258 Rn. 6 und Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 258 Rn. 3. 500) Dahl, NJW-Spezial 2013, 373. 501) Eine hinreichende Bestimmtheit der Planregelung kann durch die genaue Bezeichnung der noch vor der Verfahrensaufhebung rechtshängig zu machenden Insolvenzanfechtungsansprüche erzielt werden (zur Zulässigkeit der Eingrenzung bzw. Benennung der fortzuführenden Anfechtungsrechtsstreitigkeiten im gestaltenden Teil des Insolvenzplans siehe Gliederungspunkt A.I. in diesem Kapitel). 502) Aufgrund der Ergänzung des § 258 Abs. 1 InsO durch die Worte „und der Insolvenzplan nicht etwas anderes vorsieht“ kann ein Insolvenzplan seit dem Inkrafttreten des ESUG Regelungen enthalten, die eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens von dem Eintritt einer Bedingung abhängig machen, die Aufhebung auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegen oder die Voraussetzungen für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens dem Regelinsolvenzverfahren vorbehalten. 503) So etwa auch Dellit, in: Handbuch Insolvenzplan, § 24 Rn. 32 und Thies, in: HambKommInsO, § 259 Rn. 15.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

reichen Ermittlung und prozessreifen Aufbereitung sämtlicher Insolvenzanfechtungsansprüche vor Verfahrensaufhebung liegt.

3.

Keine Rechtshängigkeit bereits zum Erörterungsund Abstimmungstermin

In der in diesem Abschnitt behandelten Entscheidung (IX ZR 122/12) hat der Bun- 135 desgerichtshof festgestellt, „dass der Insolvenzverwalter spätestens im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung Anfechtungsklage zu erheben hat“.504) Auf die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung505) und im Schrifttum506) vereinzelt vertretene Auffassung, dass alle nach Verfahrensaufhebung fortzuführenden Insolvenzanfechtungsprozesse bereits zum Zeitpunkt des Erörterungs- und Abstimmungstermins (§§ 235 InsO) rechtshängig sein müssten, sofern der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine abstrakte Fortführungsermächtigung507) im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO enthalte,508) ist der erkennende Senat nicht eingegangen. Dies gilt auch mit Blick auf eine neuere Entscheidung (IX ZB 75/14) desselben Senats aus dem Jahr 2015. Ohne Erwähnung der Mindermeinung hat er auch dort ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter nach der Verfahrensaufhebung einen rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortführen könne, wenn die Anfechtungsklage dem Anfechtungsgegner bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens zugestellt worden sei.509) Die abstrakte (Fortführungs-)Ermächtigung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans erfasse alle bis zur Aufhebung des Verfahrens rechtshängig gemachten Anfechtungsklagen.510) Auch bedürfe es keiner Regelung im darstellenden Teil des Insolvenzplans, welche Anfechtungsprozesse der Insolvenzverwalter im Einzelnen führen soll.511) Die Insolvenzgläubiger benötigten keine Angaben dazu, welche Anfechtungsprozesse der Insolvenzverwalter ___________ 504) BGH, Urt. v. 11.4.2013 í IX ZR 122/12 = NZI 2013, 489 Rn. 11. 505) LG Marburg, Urt. v. 14.3.2012 – 1 O 123/11 = ZInsO 2012, 1023, 1024. 506) Harig, DZWiR 2013, 411, 412 f.; Priebe, ZInsO 2012, 1015 ff.; Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 53 f.; dies., ZInsO 2013, 1182, 1183. 507) Zur Zulässigkeit abstrakter Fortführungsermächtigungen siehe Gliederungspunkt A.I. in diesem Kapitel. 508) Eine Ausnahme von diesem Erfordernis soll allerdings für den Fall gelten, dass der Insolvenzverwalter nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin Kenntnis von neuen anfechtungsrelevanten Tatsachen erlangt. In diesem Fall könne der Insolvenzverwalter ausnahmsweise auch erst nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin erhobene Insolvenzanfechtungsklagen nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortführen (vgl. Harig, DZWiR 2013, 411, 412 f.; Priebe, ZInsO 2012, 1015, 1017; Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 53 f.; dies., ZInsO 2013, 1182, 1183). 509) BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 33. 510) BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 34. 511) BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 34; a. A. zuvor AG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2014 – 67c IN 232/13 = ZIP 2014, 1601.

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plane, um eine sachgerechte Entscheidung über den vom Schuldner vorgelegten Plan fällen zu können.512)

136 Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof der Mindermeinung – wenn auch ohne auf diese expressis verbis einzugehen – eine klare Absage erteilt. Zu Recht ist eine Rechtshängigkeit des fortzuführenden Insolvenzanfechtungsrechtsstreits bereits zum Erörterungs- und Abstimmungstermin nicht erforderlich.513) Der Gesetzestext selbst knüpft für die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein Rechtsstreit „anhängig“ gemacht sein muss, ausschließlich an den Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens an.514) Auf den vorgelagerten Erörterungs- und Abstimmungstermin geht § 259 Abs. 3 S. 1 InsO mit keiner Silbe ein. Hätte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Vorschrift derart beschränken wollen, wäre dies zumindest in den Gesetzgebungsmaterialien zur Insolvenzordnung zum Ausdruck gekommen.515) Eine Insolvenzanfechtungsklage, die erst nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin rechtshängig gemacht wurde, kann daher auch bei einer abstrakt gefassten Ermächtigung fortgeführt werden. Es ist gerade Sinn und Zweck einer abstrakt formulierten Fortführungsermächtigung den Insolvenzverwalter zum Zeitpunkt der Planabstimmung nicht auf bestimmte Insolvenzanfechtungsklagen festzulegen. Ist ein solch weiter Entscheidungsspielraum des Insolvenzverwalters nicht gewollt, können die Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens die Fortführungsermächtigung schlichtweg entsprechend ausgestalten. Insofern greift auch das Hauptargument der Vertreter der Mindermeinung zu kurz, dass der Insolvenzverwalter seine Anfechtungsabsichten bis nach der Abstimmung über den Insolvenzplan zurückhalten könne, um im Anschluss an die Annahme des Insolvenzplans auch gegen solche Gläubiger eine Insolvenzanfechtungsklage zu erheben, die in Kenntnis der Anfechtungsabsichten des Insolvenzverwalters dem Insolvenzplan nicht zugestimmt hätten.516) Ohne weiteres kann die Fortführungsermächtigung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans dahingehend begrenzt werden, dass der Insolvenzverwalter nur die Insolvenzanfechtungsrechtsstreitigkeiten nach der Verfahrensaufhebung fortführen kann, die bereits zum Erörterungs- und Abstimmungstermin rechtshängig waren.517) Rechtlich unzutreffend ist ferner auch das weitere Argument der Mindermeinung, dass dem Anfechtungsgegner bei einer Klageerhebung nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin die Möglichkeit genommen werde, mit seiner wieder aufle___________ 512) BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 35. 513) So ausdrücklich auch OLG Dresden, Urt. v. 15.8.2012 – 13 U 1757/11 = ZInsO 2013, 996; Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 93; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9; Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 21. 514) So auch OLG Dresden, Urt. v. 15.8.2012 – 13 U 1757/11 = ZInsO 2013, 996. 515) Vgl. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 214. 516) Harig, DZWiR 2013, 411, 412 f.; Priebe, ZInsO 2012, 1015, 1017; Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 52 ff.; dies., ZInsO 2013, 1182, 1183. 517) Zu einem solchen Fall siehe OLG Dresden, Urt. v. 15.8.2012 – 13 U 1757/11 = ZInsO 2013, 996.

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benden bzw. neu entstehenden Insolvenzforderung an der Verteilung der Insolvenzmasse teilzunehmen.518) Der Anfechtungsgegner kann als sog. „Nachzügler“ im Sinne des § 254b InsO nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom vormaligen Insolvenzschuldner die Insolvenzquote verlangen.519)

III. Auswirkungen der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung aufgrund einer Planregelung gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO auf den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners Ebenso wie bei der Insolvenzbewältigung im Regelinsolvenzverfahren stellt sich 137 beim Insolvenzplanverfahren die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 1, 2 InsO verwirklichen kann, wenn der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch aufgrund einer Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO auch noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) weiterverfolgt.520) Denn die Bewältigung der Insolvenz im Planverfahren ändert nichts an der Ausgangslage, dass die gesetzgeberische Konzeption des (Gegen-)Anspruchs im Grundsatz auf der Annahme basiert, dass der Insolvenzverwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch während des Insolvenzverfahrens (abschließend) geltend macht und der Insolvenzanfechtungsgegner im Anschluss seinen (Gegen-)Anspruch zur Insolvenztabelle anmelden bzw. vorrangig gegenüber der Insolvenzmasse durchsetzen kann. Ein grundlegender und auch für die Geltendmachung des (Gegen-)Anspruchs be- 138 deutsamer Unterschied zum Regelinsolvenzverfahren besteht allerdings darin, dass die Erfüllung der durch den Insolvenzplan geregelten Gläubigerforderungen grundsätzlich im Anschluss an das Insolvenzverfahren durch den vormaligen Insolvenzschuldner erfolgt (vgl. etwa § 255 Abs. 1 InsO und § 257 Abs. 1 InsO). Diesem gegenüber kann der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1, 2 InsO geltend machen, wenn er in einem Insolvenzanfechtungsprozess unterliegt, der aufgrund einer Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) hinaus fortgeführt wurde.521) Im Fall des § 144 Abs. 2 S. 1 InsO, in dem der (Gegen-)Anspruch ein Masseanspruch im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist und deshalb grundsätzlich vorweg befriedigt werden muss, hat der Insolvenzverwalter vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ___________ 518) Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 52 ff.; dies., ZInsO 2013, 1182, 1183. 519) Ausführlich dazu unter Gliederungspunkt A.III. in diesem Kapitel. 520) Zu dieser Fragestellung bei der Insolvenzbewältigung im Regelinsolvenzverfahren siehe Gliederungspunkt B.IV. im dritten Kapitel. 521) Der (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners ist nach ganz herrschender Meinung nur im Fall des § 144 Abs. 2 S. 1 InsO ein Masseanspruch im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, der einer Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter im Insolvenzanfechtungsprozess über ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB entgegengehalten werden kann.

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die Vorschrift des § 258 Abs. 2 InsO zu berücksichtigen. Diese bestimmt, dass der Insolvenzverwalter vor der Verfahrensaufhebung die unstreitigen Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten hat (§ 258 Abs. 2 S. 1 InsO). Für die nicht fälligen Masseansprüche kann auch ein Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass ihre Erfüllung gewährleistet ist (§ 258 Abs. 2 S. 2 InsO). Maßgeblich für den Ablauf der Geltendmachung des (Gegen-)Anspruchs aus § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO ist demgegenüber, ob der Insolvenzanfechtungsgegner seine wieder auflebende bzw. neu entstehende (Insolvenz-)Forderung noch vor der Verfahrensaufhebung als bedingte Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Ist dies der Fall, kann er nach der tatsächlichen Rückgewähr des anfechtbar Erlangten aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den vormaligen Insolvenzschuldner betreiben (vgl. § 257 InsO).522) Hat der Insolvenzanfechtungsgegner hingegen eine Anmeldung während des Insolvenzverfahrens unterlassen, kann er seine (Insolvenz-)Forderung nur als sog. „Nachzügler“ im Sinne des § 254b InsO gegenüber dem vormaligen Insolvenzschuldner verfolgen.523)

139 Nach der Vorschrift des § 254b InsO gelten die §§ 254, 254a InsO, welche die materiell-rechtlichen Wirkungen des Insolvenzplans festlegen, auch für sämtliche Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet haben.524) Aufgrund dieser Erweiterung der Wirkungen des Insolvenzplans kann der Insolvenzanfechtungsgegner auch ohne eine Anmeldung seiner Forderung zur Insolvenztabelle an der für seine (Gläubiger-)Gruppe festgelegten (Insolvenz-)Quote partizipieren.525) Die im Rahmen der Insolvenzbewältigung im Regelinsolvenzverfahren existierende Problematik, dass der Insolvenzanfechtungsgegner in der Regel (faktisch) seinen Anspruch auf die Insolvenzquote verliert, wenn der Insolvenz___________ 522) Voraussetzung ist allerdings, dass die Insolvenzforderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind. 523) Ähnlich BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 35; Thole, in: HK-InsO, § 144 Rn. 3; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 16; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9. 524) Nach richtiger Auffassung erfasst die Vorschrift auch solche Insolvenzgläubiger, die zur Forderungsanmeldung keine Gelegenheit hatten. Es ist letztlich unerheblich, aus welchem Grund die Anmeldung zur Insolvenztabelle unterblieben ist (vgl. Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 254b Rn. 3 m. w. N.; a. A. Madaus, in: MünchKomm-InsO, § 254b Rn. 11 für Insolvenzgläubiger, die trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt keine Kenntnis von ihrer Verfahrensstellung hatten). 525) Allgemein zum Anspruch des Nachzüglers auf die Planquote etwa Madaus, in: MünchKommInsO, § 254b Rn. 5 sowie Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 254b Rn. 5; mit Bezug zur Insolvenzanfechtung etwa BGH, Beschl. v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14 = NZI 2015, 697, 701 Rn. 35 und auch Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, § 11 Rn. 29, der zu Recht davon ausgeht, dass dem Insolvenzanfechtungsgegner die Insolvenzquote nicht durch die Aufnahme von sog. „Präklusionsklauseln“ oder sog. „Ausschlussklauseln“ in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans genommen werden kann.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

verwalter den Insolvenzanfechtungsanspruch erstmalig nach Veröffentlichung und Niederlegung des Schlussverzeichnisses geltend macht,526) besteht mithin beim Insolvenzplanverfahren (jedenfalls im Fall eines Sanierungsplans, bei dem der Schuldner erhalten bleibt) grundsätzlich nicht. Mangels Bereicherung der Insolvenzmasse um die auf den Gegenanspruch entfallende Insolvenzquote bedarf es grundsätzlich keines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 Abs. 1 BGB, wie es dem Insolvenzanfechtungsgegner zum Schutz seiner Rechtsposition bei der Insolvenzbewältigung im Regelinsolvenzverfahren zu gewähren ist, wenn er seine (Insolvenz-)Forderung nicht rechtzeitig zur Insolvenztabelle anmelden konnte. Etwas anderes gilt aber in den Fällen, in denen der Insolvenzanfechtungsgegner seinen Gegenanspruch (faktisch) verlieren würde (z. B. je nach Ausgestaltung eines Abwicklungsplans) und es deshalb zu einer Bereicherung der Insolvenzmasse in Höhe der auf den Gegenanspruch entfallenden Insolvenzquote kommen würde. In diesen Fällen ist dem Insolvenzanfechtungsgegner ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht zu gewähren. Im insolvenzrechtlichen Schrifttum wird mit Blick auf die Geltendmachung des 140 (Gegen-)Anspruchs des Insolvenzanfechtungsgegners vereinzelt diskutiert, ob es einer teleologischen Reduktion der besonderen Verjährungsvorschrift des § 259b InsO bedarf.527) Im Zusammenspiel mit § 259a InsO bezweckt die Vorschrift des § 259b InsO der Gefährdung des Planerfolges durch nachträglich geltend gemachte Forderungen entgegenzuwirken.528) Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin (§ 235 InsO) angemeldet worden ist, verjährt in der kurzen Frist von einem Jahr. Diese verkürzte Verjährungsfrist beginnt, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde.529) Eine teleologische Reduktion des § 259b InsO sei angezeigt, weil die rechtliche Konstruktion des Wiederauflebens im Fall des § 144 Abs. 1 InsO – die Forderung lebt in derselben Gestalt wieder auf, wie sie vor der Erfüllung bestanden hat530) – andernfalls zur Folge hätte, dass die wieder auflebende Insolvenzforderung des Insolvenzanfechtungsgegners bereits verjährt wäre, wenn bei Rückgewähr des anfechtbar Erlangten die Bestätigung des Insolvenzplans seit mehr als einem Jahr in Rechtskraft erwachsen ist.531) Diese (Verjährungs-)Problematik stellt sich allerdings nur, wenn man die Annahme zugrunde legt, dass das Tatbestandsmerkmal der Fälligkeit aufgrund des rückwirkenden Wiederauflebens bereits vor ___________ 526) Siehe dazu Gliederungspunkt B.IV. im dritten Kapitel. 527) Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 106 f.; ähnlich Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 13, § 259b Rn. 2; zuletzt auch Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259b Rn. 9 m. w. N. 528) Zum Sinn und Zweck der §§ 259a und 259b InsO siehe RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 37 f. 529) Nach § 259b Abs. 3 InsO sind die Abs. 1 und 2 aber nur anzuwenden, wenn dadurch die Verjährung einer Forderung früher vollendet wird als bei Anwendung der ansonsten geltenden Verjährungsvorschriften. 530) Siehe dazu auch Gliederungspunkt B.IV. im dritten Kapitel. 531) So wohl Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 106 f.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

dem Zeitpunkt der Rückgewähr verwirklicht ist und § 259b InsO als lex specialis zu den §§ 194 ff. BGB eine zwischenzeitliche Hemmung der Verjährung ausschließt. Denn grundsätzlich ist die Verjährung der gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder auflebenden (Insolvenz-)Forderung nach ganz herrschender Auffassung im Schrifttum im Zeitraum zwischen der anfechtbaren Erfüllung und der Rückgewähr durch den Insolvenzanfechtungsgegner entsprechend §§ 206, 209 BGB gehemmt.532)

141 Vorzugsweise besteht auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Hemmung der Verjährung entsprechend §§ 206, 209 BGB fort, wird mithin durch die Vorschrift des § 259b InsO nicht verdrängt.533) Einer teleologischen Reduktion der Vorschrift bedarf es deshalb nicht. Für die Fortdauer der Verjährungshemmung nach Verfahrensaufhebung spricht, dass die Stellung des Insolvenzanfechtungsgegners nach der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten grundsätzlich in jeder Hinsicht seiner Stellung zum Zeitpunkt der Vornahme des anfechtbaren Rechtsgeschäfts entsprechen soll.534) Ferner spricht für die Hemmung der Verjährung, dass so ein Gleichlauf zwischen der Verjährungsfrist der wieder auflebenden (§ 144 Abs. 1 InsO) und der neu entstehenden (§ 144 Abs. 2 S. 2 InsO) Insolvenzforderung hergestellt wird. Aufgrund der unterschiedlichen dogmatischen Ausgestaltung – wieder auflebende versus neu entstehende (Insolvenz-)Forderung – stellt sich die beschriebene (Verjährungs-)Problematik für den neu entstehenden (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 2 S. 2 InsO von vornherein nicht. Die Insolvenzforderung des Insolvenzanfechtungsgegners aus § 144 Abs. 2 S. 2 InsO wird erst mit ihrer Entstehung fällig, kann also nach der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten stets noch innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden. Ein Grund, der eine Ungleichbehandlung der beiden Insolvenzforderungen rechtfertigen würde, ist allerdings nicht ersichtlich.

142 Im Übrigen spricht auch der Sinn und Zweck des § 259b InsO nicht gegen eine Fortdauer der Hemmung der Verjährung bis zur Rückgewähr des anfechtbar Erlangten. Der bei Obsiegen des Insolvenzverwalters im fortgeführten Insolvenzanfechtungsprozess durch den vormaligen Insolvenzschuldner zu begleichende (Gegen-)Anspruch ist bereits bei Erhebung der Insolvenzanfechtungsklage bekannt und kann im Regelfall in dem gemäß § 229 InsO zu erstellenden Finanzplan berücksichtigt werden. Nach § 229 S. 3 InsO sind bei der Ausarbeitung des Plans ausdrücklich auch die ___________ 532) Haas, in: BK-InsO, 27. Lfg. 04.2007, § 144 Rn. 14; Riggert, in: Braun-InsO, § 144 Rn. 4; Schoon, in: BeckOK-InsO, § 144 Rn. 10; Ganter, WM 2011, 245, 246; Huber, in: Graf-Schlicker-InsO, § 144 Rn. 1; Hess, Insolvenzrecht, Band 2, § 144 Rn. 7; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 144 Rn. 13; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 144 Rn. 8; Nerlich, in: Nerlich/Römermann-InsO, 32. Lfg. 04.2017, § 144 Rn. 5; Büteröwe, in: K. Schmidt-InsO, § 144 Rn. 3; Hirte/Borries, in: UhlenbruckInsO, § 144 Rn. 3c; Dauernheim, in: FK-InsO, § 144 Rn. 3; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rn. 341; nach der Auffassung von Jacoby, in: KPB-InsO, 69. Lfg. 11.2016, § 144 Rn. 12a lebt die Forderung des Insolvenzanfechtungsgegners (auch) im Hinblick auf die Verjährung in dem Stand wieder auf, den sie bei ihrem Erlöschen hatte. 533) Eine Hemmung erwägt auch Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, § 11 Rn. 25. 534) Allgemein zu § 144 Abs. 1 InsO auch Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 144 Rn. 11 und Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rn. 341.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Gläubiger zu berücksichtigen, die zwar ihre Forderungen nicht angemeldet haben, jedoch bekannt sind. Der Sinn und Zweck des § 259b InsO, eine Gefährdung der Sanierung durch nachträglich geltend gemachte Ansprüche zu verhindern, die nicht in die Finanzplanung im Planverfahren aufgenommen werden konnten und mit denen das sanierte Unternehmen in aller Regel nicht mehr rechnet, ist folglich durch den (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners regelmäßig nicht tangiert. Die Möglichkeit, dass die wieder auflebende bzw. neu entstehende Insolvenzforderung des Insolvenzanfechtungsgegners nicht im Finanzplan berücksichtigt werden konnte, besteht nur, wenn die Insolvenzanfechtungsklage erst nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin durch den Insolvenzverwalter rechtshängig gemacht wird. Gleichwohl ist die Hemmung der Verjährung bis zur Rückgewähr des anfechtbar Erlangten auch in diesem Fall sach- und interessengerecht. Da der Insolvenzanfechtungsgegner gegen den vormaligen Insolvenzschuldner erst nach der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten vorgehen kann, ist dieser schutzwürdiger als andere Nachzügler, die ihre (Insolvenz-)Forderungen unmittelbar nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens geltend machen können.

IV. Auswirkungen der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung aufgrund einer Planregelung gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, ist die Geltendmachung des Einzelgläu- 143 bigeranfechtungsanspruchs durch die Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens suspendiert.535) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zu einer Durchsetzungssperre, die bis „zur Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG fortdauert. Eine solche Beendigung liegt nicht vor, wenn der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO enthält.536) In diesen Fall besteht die Durchsetzungssperre – beschränkt auf die der Planregelung vorbehaltenen Insolvenzanfechtungsansprüche – über die Verfahrensbeendigung hinaus fort. Den Einzelgläubigern bleibt deshalb eine Anfechtung nach dem AnfG wegen derselben Rechtshandlung (weiterhin) verwehrt.537) Für die ___________ 535) Siehe dazu die Gliederungspunkte B. und D. im zweiten Kapitel sowie die Ausführungen unter Gliederungspunkt B.V. im dritten Kapitel. 536) Ebenso, allerdings auf einer abweichenden dogmatischen Grundkonzeption BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 101 Rn. 10; BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07 = NZI 2008, 561, 562 Rn. 15; Dauernheim, Anfechtungsrecht, S. 233 f.; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 298; Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 18 Rn. 8; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 4 f.; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 211a; Huber, in: MünchKomm-InsO, § 258 Rn. 25 f.; ders., Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 Rn. 4 f.; ders., in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 19 f.; ders., ZIP 1998, 897, 904; Nerlich/Niehus, AnfG, § 18 AnfG Rn. 6; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 72; Thole, IPRax 2016, 453, 457; ders., NZI 2017, 129, 131; Wischemeyer/Dimassi, ZIP 2017, 593, 597. 537) Henckel, in: Jaeger-InsO, § 129 Rn. 298.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

Durchsetzungssperre ist es unerheblich, ob die Erlöse aus dem Insolvenzanfechtungsprozess aufgrund der Ausgestaltung des Insolvenzplans an den vormaligen Insolvenzschuldner oder anderweitig (etwa an die Gläubigergemeinschaft) verteilt werden sollen (vgl. § 259 Abs. 3 S. 2 InsO).538)

144 Beinhaltet der Insolvenzplan demgegenüber keine Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO, können die einzelnen Insolvenzgläubiger nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen. Sie können – wie auch nach der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des Regelinsolvenzverfahrens – neue Einzelgläubigeranfechtungsprozesse einleiten, aber auch Einzelgläubigeranfechtungsprozesse aufnehmen, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen und vom Insolvenzverwalter nicht aufgenommen wurden. Voraussetzung ist insofern allerdings stets, dass der Anfechtungsgegner nicht bereits abschließend durch den Insolvenzverwalter in Anspruch genommen wurde.539)

145 Anders als in den Fällen der vorbehaltlosen Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1) des Regelinsolvenzverfahrens ist eine erneute Suspendierung540) der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche durch eine nachträgliche Anordnung der Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Planrechtskraft (§ 258 Abs. 1 InsO) ausgeschlossen. Dies folgt aus dem Umstand, dass eine Nachtragsverteilung nach der Verfahrensaufhebung gemäß § 258 Abs. 1 InsO de lege lata nicht in Betracht kommt.541) Das Insolvenzverfahren ist mit der Verfahrensaufhebung nach Planrechtskraft abschließend beendet. Anfechtungsansprüche, die auch nach der Verfahrensaufhebung weiterverfolgt werden sollen, können nur durch die Aufnahme einer Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO aufrechterhalten werden. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kann nicht auf den Rechtsgedanken der Nachtragsverteilung zurückgegriffen werden.542) ___________ 538) Im Ergebnis ebenso Huber, in: MünchKomm-InsO, § 258 Rn. 26; ders., Anfechtungsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 18 Rn. 4 f.; ders., in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 19 f.; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 211a; Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 5. 539) Insofern gelten die Ausführungen unter Gliederungspunkt B.V. im dritten Kapitel entsprechend. Teilweise a. A. aber Thole, NZI 2017, 129, 131, der eine „Einrede“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG auch dann annehmen will, „wenn der Anfechtungsanspruch im weiteren Sinne überhaupt Gegenstand des vorherigen Planverfahrens war“. 540) Siehe dazu unter Gliederungspunt B.V. im dritten Kapitel. 541) Ausführlich dazu sogleich unter Gliederungspunkt B. in diesem Kapitel; vgl. zudem BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07 = NZI 2008, 561, 562 Rn. 10; BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99, 100 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 29 ff.; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107. 542) So ausdrücklich auch BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99, 100 Rn. 9 und BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 30.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Die (teilweise) Befreiung des Insolvenzschuldners von seinen restlichen Verbind- 146 lichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern durch den Insolvenzplan (§ 227 Abs. 1 InsO) berührt die Geltendmachung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche nach Verfahrensaufhebung nicht.543) Entgegen der Auffassung von Kirchhof544) und Dauernheim545) entfällt das Befriedigungsbedürfnis der Einzelgläubiger gegenüber den Anfechtungsgegnern nicht in dem Umfang, in dem der Insolvenzschuldner von seinen Verbindlichkeiten befreit wird. Für die Schuldbefreiung nach § 227 Abs. 1 InsO gilt letztlich nichts anderes als für die Restschuldbefreiung im Regelinsolvenzverfahren (§§ 286 ff. InsO).546) In beiden Fällen ist die dem Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gewährte Schuldbefreiung kein dem Anfechtungsgegner zustehender Einwand. Dies ergibt sich aus den der (Rest-)Schuldbefreiung und der Einzelgläubigeranfechtung zugrunde liegenden Wertungen. Ebenso wie die Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO soll auch die Schuldbefreiung nach § 227 Abs. 1 InsO nur der Person des Schuldners zugutekommen. Diesem soll ein wirtschaftlicher Neuanfang ermöglicht werden, indem die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten (sog. „Naturalobligationen“) werden.547) Die Forderungen der Insolvenzgläubiger bestehen als solche auch nach der Schuldbefreiung in ihrem ursprünglichen Bestand fort, sind allerdings gegenüber dem vormaligen Insolvenzschuldner nicht mehr durchsetzbar.548) Im Verhältnis zu Dritten hingegen verbleibt es dabei, dass die (Insolvenz-)Forderungen in vollem Umfang durchgesetzt werden können.549) So entspricht es der allgemeinen Auffassung im Schrifttum550), dass die Schuldbefreiung – ebenso wie die Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO – akzessorische Sicherungsrechte nicht berührt.551) Auch werden die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Insolvenzschuldners durch den Plan nicht ausgeschlossen (§ 254 Abs. 2 S. 1 InsO). Die (Rest-)Schuldbefreiung betrifft mithin in erster Linie das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner ___________ 543) 544) 545) 546) 547)

548) 549) 550) 551)

So wohl im Ergebnis auch Thole, NZI 2017, 129, 131. Kirchhof, in: MünchKomm-AnfG, § 18 Rn. 4. Dauernheim, Anfechtungsrecht, S. 232. Zur Zulässigkeit der Einzelgläubigeranfechtung nach Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. InsO siehe Gliederungspunkt B.V. im dritten Kapitel. BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08 = NZI 2011, 538, 539 Rn. 8; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 227 Rn. 2; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.80; Breuer, in: MünchKommInsO, § 227 Rn. 3, 8; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 227 Rn. 2; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 227 Rn. 6. BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08 = NZI 2011, 538, 539 Rn. 8. Gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 InsO werden die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Insolvenzschuldners durch den Plan nicht berührt. Vgl. nur Braun/Frank, in: Braun-InsO, § 227 Rn. 6 und Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 227 Rn. 7. Für die Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. InsO ist diese Rechtsfolge ausdrücklich in § 301 Abs. 2 InsO geregelt.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

und Insolvenzgläubigern.552) (Schutz-)Wirkungen zugunsten Dritter – etwa zugunsten des Einzelgläubigeranfechtungsgegners – soll die Schuldbefreiung nicht entfalten. Die Insolvenzgläubiger, die für einen (Groß-)Teil ihrer Forderungen keine Befriedigung erfahren, können deshalb weiterhin im Wege der Einzelgläubigeranfechtung vorgehen. Es ist gerade Sinn und Zweck der Einzelgläubigeranfechtung, den Zugriff auf ehemaliges Vermögen des Schuldners zu erweitern, weil und soweit die Gläubiger aufgrund der Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens leer ausgehen.553)

V. Planregelung zur Erlös- und/oder Kostenverteilung gemäß § 259 Abs. 3 S. 2 InsO 147 Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO ermöglicht den Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens, weitgehend über die (potentiellen) Erlöse und Kosten der fortzuführenden Insolvenzanfechtungsprozesse zu disponieren. Unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung lässt sich dies mit einer solchen Deutlichkeit allerdings nicht entnehmen. So heißt es in Satz 2 des dritten Absatzes nur: „In diesem Fall [gemeint ist der Fall der Aufnahme einer Fortführungsermächtigung in den gestaltenden Teil] wird der Rechtsstreit für Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Plan keine abweichende Regelung getroffen wird.“ Welches gesetzgeberische Verständnis dem Begriff „für Rechnung des Schuldners geführt“ zugrunde liegt und in welchem Umfang eine „abweichende Regelung“ getroffen werden kann, erschließt sich dem Gesetzesanwender erst, wenn er die allgemeine Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung zur Hand nimmt. Dort heißt es auf S. 214 zum Anwendungsbereich der Vorschrift: „Die Verteilung des durch den Prozeß Erlangten im Falle eines Obsiegens des Verwalters kann ebenfalls im Plan geregelt werden; fehlt eine solche Regelung, so fällt das Erlangte an den Schuldner. Auch die Kosten eines verlorenen Prozesses trägt im Zweifel der Schuldner (Absatz 3 Satz 2).“554)

148 Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO regelt mithin die grundsätzliche Kostenund Erlösverteilung nach der Beendigung des fortgeführten Insolvenzanfechtungsprozesses.555) Ohne eine „abweichende Regelung“ im gestaltenden Teil des Insolvenzplans führt der Insolvenzverwalter den Anfechtungsprozess im wirtschaftlichen Interesse des vormaligen Insolvenzschuldners.556) Nach der Prozessbeendigung trägt dieser die Kosten, bekommt aber auch vom Insolvenzverwalter den erstrittenen Anfechtungserlös ausgekehrt. Allerdings können die Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens diese Grundregel weitgehend modifizieren.557) Unabhängig von der ___________ 552) 553) 554) 555) 556) 557)

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Ähnlich Spahlinger, in: KPB-InsO, 71. Lfg. 04.2017, § 227 Rn. 2. BGH, Urt. v. 12.11.2015 – IX ZR 301/14 = NJW 2016, 246, 247 Rn. 19. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 214. So auch Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 83 ff. Ebenso Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 89. Insofern kommt naturgemäß eine Vielzahl an denkbaren Plangestaltungen in Betracht, auf die an dieser Stelle nicht vertieft eingegangen werden soll.

A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Ausgestaltung der Erlös- und Kostenverteilung im Einzelfall klagt der Insolvenzverwalter im Insolvenzanfechtungsprozess aber stets in seiner besonderen Amtsstellung mit Wirkung für das Sondervermögen „Insolvenzmasse“,558) mithin als gesetzlicher Prozessstandschafter.559) Die Auffassung des Bundesgerichtshofs560) und eines Großteils der Literatur561), den 149 Insolvenzverwalter (pauschal) als gewillkürten Prozessstandschafter einzuordnen, überzeugt nicht.562) Selbiges gilt für die Auffassung563), dass sich die dogmatische Einordnung der Prozessführungsbefugnis nach der konkreten Ausgestaltung der Fortführungsermächtigung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans richte. Nach dieser Auffassung sei der vormalige Insolvenzverwalter als gesetzlich zugelassener gewillkürter Prozessstandschafter einzuordnen, wenn der Anfechtungsrechtsstreit „für Rechnung des Schuldners“ fortgesetzt werde. Demgegenüber prozessiere der Insolvenzverwalter aufgrund seines Amtes weiter als gesetzlicher Prozessstandschafter, wenn der Anfechtungsrechtsstreit nach Verfahrensaufhebung aufgrund einer „abweichenden Regelung“ im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO nicht für Rechnung des Schuldners fortgeführt werde. Für die generelle Einordnung des Insolvenzverwalters als gesetzlicher Prozessstand- 150 schafter spricht, dass der Insolvenzbeschlag bei einer Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO wie im Fall der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsver___________ 558) So auch Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 12; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52; Otte, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 259 Rn. 13. 559) Im Ergebnis ebenso Haas, in: HK-InsO, § 259 Rn. 7; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 39; Zenker, NJ 2008, 458, 459; in der 14. Auflage zudem noch Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, 14. Aufl. § 259 Rn. 17; ferner wohl auch BGH, Beschl. v. 24.3.2016 – IX ZR 157/14 = NJW-RR 2016, 690, 691 Rn. 7 und Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52. Ausschließlich Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 12 und Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 83 f. vertreten die Auffassung, dass sich die Fortsetzung des Anfechtungsprozesses durch den Insolvenzverwalter mangels Geltendmachung eines fremden Rechts nicht als ein Fall der Prozessstandschaft darstelle (zur subjektiven Zuordnung und Geltendmachung des materiell-rechtlichten Insolvenzanfechtungsanspruchs bereits ausführlich unter Gliederungspunkt C. und D. im zweiten Kapitel). 560) BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 16; zuvor bereits BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07 = NZI 2008, 561, 562 Rn. 7; diesem folgend auch OLG Hamburg, Urt. v. 28.8.2012 – 11 U 38/12 = juris Rn. 28. 561) Andres, in: Andres/Leithaus-InsO, § 259 Rn. 7; Pape, in: FS-Kübler, S. 487; Cranshaw, jurisPRInsR 3/2010 Anm. 2 C.4.; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker-InsO, § 259 Rn. 2; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 13; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 11; Smid/Rattunde/ Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 25.21; Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 91 III; Rühle, in: Nerlich/Römermann-InsO, 37. Lfg. 10.2018, § 259 Rn. 14; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 259 Rn. 30. 562) So zuletzt ausdrücklich auch Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 36. 563) Dellit, in: Handbuch Insolvenzplan, § 24 Rn. 39; Huber, in: MünchKomm-InsO, § 259 Rn. 22; Braun, in: Nerlich/Römermann-InsO, 9. Lfg. 03.2005, § 259 Rn. 7; Bork, in: FS-Runkel, S. 241, 260; wohl auch BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02 = NZI 2006, 100, 103 Rn. 29 und BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 263 Rn. 22 f.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

teilung vor der Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens gemäß §§ 203 ff. InsO (sog. Nachtragsvorbehalt)564) beschränkt auf die von der Planregelung erfassten materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche auch nach der Verfahrensaufhebung fortbesteht.565) Das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ in Form der fortbestehenden Insolvenzanfechtungsansprüche bleibt folglich aufgrund der Planregelung von der Aufhebung des Insolvenzverfahrens unberührt.566) Entgegen der Auffassung von Madaus567) wird die subjektive Zuordnung der fortbestehenden Insolvenzanfechtungsansprüche durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht berührt.568) Der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch wandelt sich einhergehend mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht zu einem vermögensrechtlichen (Leistungs-)Anspruch des vormaligen Insolvenzschuldners, der nur insoweit den Interessen der Gläubiger verhaftet ist, als dies der Insolvenzplan vorsieht.569) Die Regelung des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO hat keine derartige Übertragung oder inhaltliche Umgestaltung des Insolvenzanfechtungsanspruchs zur Folge. Vielmehr ist der Insolvenzanfechtungsanspruch auch nach der Verfahrensaufhebung weiterhin dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“, dessen Täger der Schuldner ist, subjektiv zugeordnet und zielt nach wie vor auf die Rückgewähr zur Insolvenzmasse.570)

151 Die vorstehende dogmatische Einordnung wird durch die allgemeine Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung bestätigt. Dort ist ausdrücklich von der „Verteilung des durch den Prozeß Erlangten im Falle eines Obsiegens des Verwalters“ die Rede. Die gesetzliche Regelung basiert mithin auf der Vorstellung, dass der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes das anfechtbar Weggegebene, Veräußerte oder Aufgegebene zur Insolvenzmasse zieht und erst in einem weiteren Schritt den Erlös an den Schuldner bzw. die im Insolvenzplan benannte Person verteilt. Folgerichtig knüpft auch die Formulierung „für Rechnung des Schuldners geführt“ in § 259 Abs. 3 S. 2 InsO gedanklich an die Vorschriften zum Auftragsrecht (§§ 667, 670 BGB) an und verdeutlicht, dass der Insolvenzverwalter die Kosten im ___________ 564) 565) 566) 567)

Zum sog. Nachtragsvorbehalt siehe auch Gliederungspunkt B.III. im dritten Kapitel. Dazu bereits unter Gliederungspunkt A. in diesem Kapitel. So auch Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 39. Madaus, EWiR 2014, 117, 118; ebenso in der 14. Auflage noch Lüer/Streit, in: UhlenbruckInsO, 14. Aufl. § 259 Rn. 17. 568) Ebenso Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52 und Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 83 ff. sowie Otte, in: KPB-InsO, 1. Lfg. 08.1998, § 259 Rn. 11 ff., wobei Häsemeyer und Otte daraus allerdings die unzutreffende Schlussfolgerung ziehen, dass der Insolvenzverwalter aus dem Erstrittenen nachträglich bekanntgewordene Masseverbindlichkeiten tilgen könne. Dagegen spricht, dass der Insolvenzverwalter die Erlöse entsprechend der Disposition der Beteiligten im Insolvenzplan zu verteilen hat. Ohne eine Regelung im Insolvenzplan steht der Erlös – nach den insofern eindeutigen Gesetzgebungsmaterialien – vollumfänglich dem (Insolvenz-)Schuldner zu (so auch Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, 14. Aufl. § 259 Rn. 19). 569) So in der 14. Auflage noch Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, 14. Aufl. § 259 Rn. 17. 570) So auch Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52; Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 82 ff.; Otte, in: KPBInsO, 1. Lfg. 08.1998, § 259 Rn. 13.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

Regelfall vom vormaligen Insolvenzschuldner im Innenverhältnis ersetzt verlangen kann.571) Im Außenverhältnis ergeht nach dem Ende des Insolvenzanfechtungsprozesses der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtsstreits zwischen dem Insolvenzanfechtungsgegner und dem Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes.572) Im Fall des Unterliegens ist mithin der Insolvenzverwalter für die Kosten des Anfechtungsrechtsstreits erstattungspflichtig.573) Der Insolvenzverwalter ist daher gut beraten, vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine entsprechende Rückstellung zu bilden, da er sich andernfalls der Gefahr aussetzt, gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 InsO persönlich in Anspruch genommen zu werden.574) Allerdings hat der Insolvenzverwalter ohnehin gemäß § 258 Abs. 2 S. 1 InsO vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die unstreitigen Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten.575) Würde man hingegen den (vormaligen) Insolvenzverwalter – der neueren Recht- 152 sprechung des Bundesgerichtshofs folgend – als gewillkürten Prozessstandschafter einordnen, müsste dieser dem im fortgeführten Anfechtungsprozess obsiegenden Beklagten die Kosten des Rechtsstreits persönlich erstatten.576) Denn anders als die Partei kraft Amtes, die allein mit dem von ihr verwalteten Vermögen verpflichtet wird, haftet der gewillkürte Prozessstandschafter mit seinem gesamten persönlichen Vermögen.577) Er könnte vom Schuldner lediglich Ersatz der Aufwendungen gemäß § 670 BGB bzw. Freistellung gemäß § 257 BGB verlangen.578) Damit hätte die dogmatische Einordnung des (vormaligen) Insolvenzverwalters als gewillkürter Prozessstandschafter zur Folge, dass der Insolvenzplan zulasten des Insolvenzverwalters persönlich wirken würde.579) Unabhängig von dieser dogmatischen Einordnung ist die gesetzliche Regelungs- 153 systematik, die Anfechtungserlöse im Regelfall dem Insolvenzschuldner zuzuweisen, angesichts des Zwecks der Insolvenzanfechtung, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger zu erreichen,580) in der insolvenz-

___________ 571) 572) 573) 574) 575) 576) 577) 578) 579) 580)

Ähnlich Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 89. Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 90. Th. Schultze, HRI, § 46 Rn. 90. Ebenso Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 39 m. w. N. Nach § 258 Abs. 2 S. 2 InsO kann für die nicht fälligen Masseansprüche auch ein Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass ihre Erfüllung gewährleistet ist. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 38 m. w. N. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 38 m. w. N. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 38 m. w. N. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 38 f. Zum Zweck der Insolvenzanfechtung bereits ausführlich im dritten Kapitel unter Gliederungspunkt A.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

rechtlichen Literatur zum Teil stark kritisiert worden.581) In der Tat erscheint es zumindest rechtfertigungsbedürftig, dass die im Wege der Insolvenzanfechtung erlangten Vermögenswerte im gesetzlichen Regelfall dem vormaligen Insolvenzschuldner und nicht (unmittelbar) seinen Gläubigern zugutekommen sollen.582) Dies gilt umso mehr, als der Schuldner die anfechtbaren Rechtshandlungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oftmals selbst vornimmt; ihm mithin „Vorteile“ aus seinem eigenen anfechtbaren Verhalten zufließen.583) Gerade die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO und die Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO setzen tatbestandlich voraus, dass der Schuldner die anfechtbare Rechtshandlung selbst vorgenommen hat. Zudem kommt insbesondere bei der Vorsatzanfechtung hinzu, dass der Schuldner bei der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung den Vorsatz hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen.

154 Ob allerdings die vorstehenden Bedenken gegen die gesetzgeberische Ausgestaltung des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO – wie etwa von Hingerl 584) vertreten – eine Korrektur der Vorschrift de lege ferenda derart bedingen, dass die Erlöse eines Anfechtungsprozesses in Zukunft im Regelfall nicht mehr dem vormaligen Insolvenzschuldner, sondern den Insolvenzgläubigern zugutekommen, ist zu bezweifeln. Auch wenn das gesetzlich normierte Regel-Ausnahme-Verhältnis angesichts des Zwecks der Insolvenzanfechtung auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint,585) kann mit folgenden Argumenten der geäußerten Kritik begegnet und ein Bruch mit den Wertungen der Insolvenzanfechtung verneint werden.

155 Erstens ist zu berücksichtigen, dass die Zuweisung der im (Insolvenz-)Anfechtungsprozess erlangten Vermögenswerte zum Schuldnervermögen, gleichzeitig auch im Interesse der (Insolvenz-)Gläubiger liegt.586) In Anbetracht dessen, dass die (Insolvenz-)Gläubiger im Fortführungsfall regelmäßig aus den zukünftigen Erlösen des ___________ 581) Besonders kritisch sind etwa Huber, in: Graf-Schlicker-InsO, § 129 Rn. 32 („wenig einleuchtend“) sowie Hingerl, ZInsO 2007, 870, 872 („Absurdität“) und Paulus, ZInsO 1999, 242, 243 („kaum einleuchtend“). Nach Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 80 II 5 werde die Insolvenzanfechtung sachwidrig in eine „Bestrafung“ des Anfechtungsgegners umfunktioniert. Zuletzt hat auch Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 36 die Vorschrift als nicht nur „eigenartig“, sondern misslungen bezeichnet. 582) Ähnlich Henckel, in: KSI, S. 813, 814 Rn. 3; Gaul, in: FS-Karsten Schmidt, S. 425, 436; Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 21; Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 80 II 5; kritisch für den Fall des Sanierungsplans, nicht aber für den Fall des Verwertungsplans etwa Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52. 583) So auch Gaul, in: FS-Karsten Schmidt, S. 425, 436; Huber, in: MünchKomm-InsO, § 259 Rn. 24; ders., in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 13; Jauernig, Zwangsvollstreckungsund Insolvenzrecht, § 80 II 5; Paulus, ZInsO 1999, 242, 243. 584) Hingerl, ZInsO 2007, 870, 872. 585) So etwa Henckel, in: KSI, S. 813, 814 Rn. 3 und Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 21; ähnlich auch Gaul, in: FS-Karsten Schmidt, S. 425, 436 („eigenartig“). 586) Henckel, in: KSI, S. 813, 816 Rn. 4; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.12; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 73.

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A. Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs aufgrund einer Planregelung

sanierten Unternehmens befriedigt werden, profitieren diese (zumindest mittelbar) von den Zuflüssen zum Schuldnervermögen.587) Im Rahmen eines sog. „Besserungsscheins“588) kann zudem im gestaltenden Teil des Insolvenzplans verbindlich festgelegt werden, dass bei einer zusätzlichen Generierung von Anfechtungserlösen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens neben eine fixe Befriedigungsquote eine weitergehende Befriedigung der Gläubiger tritt. Aber auch, wenn der Insolvenzplan „nur“ eine einmalige Quotenzahlung bei Verfahrensaufhebung vorsieht, sind die Erfolgsaussichten der fortzuführenden Anfechtungsprozesse regelmäßig in Form höherer Befriedigungsquoten in den Insolvenzplan „eingepreist“ worden.589) Zweitens darf insbesondere auch nicht verkannt werden, dass es sich bei der Vor- 156 schrift des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO um eine plandispositive Regelung handelt, die die Entscheidung darüber, welche Anfechtungsrechtsstreitigkeiten zugunsten des vormaligen Insolvenzschuldners und welche zugunsten der „Insolvenzmasse“ fortgeführt werden sollen, allein den Verfahrensbeteiligten überlässt.590) Sind die (Insolvenz-)Gläubiger etwa der Auffassung, dass dem Schuldner aufgrund seines unredlichen Verhaltens in der Vergangenheit keinerlei Vermögenswerte durch die Insolvenzanfechtung zufließen sollen, können sie schlichtweg eine entsprechende „abweichende Regelung“ in den Insolvenzplan aufnehmen.591) Ebenso denkbar wäre die Aufnahme einer differenzierenden Planregelung, die dem vormaligen Insolvenzschuldner beispielsweise nur solche Vermögenswerte im Wege der Anfechtung zukommen lässt, die dringend zur Fortführung des Unternehmens (und damit zur Generierung der Planquote) benötigt werden, alle anderen zurückzugewährenden Vermögenswerte aber der „Insolvenzmasse“ zuspricht.592) Zuletzt ist noch hervorzuheben, dass den Gläubigern stets die Möglichkeit offen 157 steht, dem Insolvenzplan im Abstimmungstermin (§ 235 InsO) insgesamt die Zustimmung zu versagen (§ 244 InsO).593) Zugegebenermaßen wäre ein solches Vorgehen allein aufgrund einer unerwünschten Verteilung der Anfechtungserlöse besonders absolut. Es bietet sich aber durchaus an, wenn die abstimmungsberechtigten Gläubiger ohnehin der Auffassung sind, dass durch eine abweichende Ausgestal___________ 587) Ähnlich Henckel, in: KSI, S. 813, 814 f. Rn. 4 und auch v. Campe, Insolvenzanfechtung in Deutschland und Frankreich, S. 21 f.; mit Blick auf Art. 14 GG auch Klinck, Die Grundlagen der besonderen Insolvenzanfechtung, S. 144. 588) Allgemein zum Besserungsschein etwa Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 24 ff. 589) Ähnlich auch Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 211a und Spliedt, in: K. SchmidtInsO, § 259 Rn. 11. 590) Ähnlich Biehl, KTS 1999, 313, 314 und auch Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 21. 591) Ebenso Henckel, in: KSI, S. 813, 816 Rn. 6. 592) So wohl auch Henckel, in: KSI, S. 813, 816 Rn. 6. 593) So auch Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 129 Rn. 73.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

tung des Insolvenzplans oder die Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens ein günstigeres (Befriedigungs-)Ergebnis erzielt werden kann.

158 Um Unklarheiten und Streitigkeiten für die Insolvenzpraxis zu vermeiden, empfiehlt es sich im gestaltenden Planteil ausführlich zu regeln, wie die Erlöse aus den fortzuführenden Anfechtungsprozessen im Fall des Obsiegens zu verteilen sind und wer im Fall des Unterliegens die Kosten tragen soll.594) Im Regelfall werden die Verfahrensbeteiligten im gestaltenden Teil eine „abweichende Regelung“ aufnehmen, welche die Anfechtungserlöse und -kosten den Insolvenzgläubigern zuweist.595) Im Hinblick auf die Verteilung der Anfechtungserlöse sollte insbesondere festgelegt werden, ob diese entsprechend den allgemeinen Verteilungsgrundsätzen des Insolvenzplans oder aufgrund einer abweichenden Verteilungsregel erfolgt. Sind die (Insolvenz-)Gläubiger (ausnahmsweise) gewillt, die Anfechtungserlöse dem vormaligen Insolvenzschuldner zuzuweisen, sollten sie trotz des gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses eine Regelung in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans aufnehmen und festlegen, wofür der Insolvenzschuldner die Anfechtungserlöse zu verwenden hat (z. B. zur Erfüllung des Insolvenzplans oder zur Deckung von im Rahmen der Planüberwachung begründeten Verbindlichkeiten).596)

B. Kein Rückgriff auf den Rechtsgedanken der Nachtragsverteilung außerhalb von § 259 Abs. 3 InsO bei der Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren 159 In Anbetracht des begrenzten Anwendungsbereichs der Vorschrift des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO stellt sich die Frage, ob der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch – ebenso wie bei der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder der Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Regelinsolvenzverfahrens – in entsprechender Anwendung der §§ 203 ff. InsO einer Nachtragsverteilung vorbehalten bzw. eine solche nach Verfahrensaufhebung durch das Insolvenzgericht angeordnet werden kann. Zwar ist der Bundesgerichtshof597) und die herrschende Auffassung im insol-

___________ 594) So etwa auch Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 19. 595) Denkbar ist aber auch eine Regelung, welche die Anfechtungserlöse den Insolvenzgläubigern und die Kosten des Rechtsstreits dem vormaligen Insolvenzschuldner zuweist. 596) Denkbar wäre schließlich auch, dass der gestaltende Teil eine Planregelung enthält, welche die Erlöse des Anfechtungsprozesses weder dem vormaligen Insolvenzschuldner noch der Gläubigergemeinschaft, sondern einer Gläubigergruppe oder einer dritten Person zuweist. 597) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99, 100 Rn. 9; ebenfalls gegen eine Anwendung der §§ 203 ff. InsO nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 258 Abs. 1 InsO allerdings ohne Bezug zur Insolvenzanfechtung BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07 = NZI 2008, 561, 562 Rn. 10 und BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 29 ff.; zuvor obergerichtlich bereits OLG Celle, Beschl. v. 20.11.2006 – 4 U 166/06 = ZIP 2006, 2394; a. A. aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2005 – 7 U 148/05 = NZI 2006, 240.

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B. Kein Rückgriff auf den Rechtsgedanken der Nachtragsverteilung

venzrechtlichen Schrifttum598) der Ansicht, dass eine Nachtragsverteilung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens infolge rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans (§ 258 Abs. 1 InsO) generell ausgeschlossen ist. Vor dem Hintergrund, dass eine zügige Verfahrensaufhebung im Insolvenzplanverfahren einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellt, die (Insolvenz-)Gläubiger aber gleichwohl bestmöglich befriedigt werden müssen, vertreten allerdings auch einige Stimmen im Schrifttum599) die Auffassung, dass eine Nachtragsverteilung auch bei einer Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren zulässig sein müsse. Während sich einige der Argumente der Befürworter einer Nachtragsverteilung – 160 sei es basierend auf einer gerichtlichen Anordnung oder eines ausdrücklichen Vorbehalts im gestaltenden Teil des Insolvenzplans – im Hinblick auf die Verfolgung von Haftungsansprüchen und sonstigen Masseansprüchen durch den Insolvenzverwalter durchaus hören lassen können, kommt eine Nachtragsverteilung entsprechend §§ 203 ff. InsO jedenfalls mit Blick auf den materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch nicht in Betracht. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat mit der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO für den materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch eine abschließende Sonderregelung getroffen.600) Diese Auffassung entspricht auch der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, der in der Entscheidung IX ZR 206/08601) vom 10. Dezember 2009 darüber zu befinden hatte, ob einem Insolvenzverwalter – bei Fehlen einer Planregelung im Sinne von § 259 Abs. 3 S. 1 InsO – durch einen Beschluss des Insolvenzgerichts rechtswirksam die Befugnis eingeräumt werden kann, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 258 Abs. 1 InsO Insolvenzanfechtungsansprüche im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Zu Recht hat der Bundesgerichtshof in dieser ___________ 598) Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 343; Freund, in: BeckOK-InsO, § 259 Rn. 2; Gehrlein, ZInsO 2016, 985, 990; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 107; Haas, in: HK-InsO, § 259 Rn. 2; Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 203 Rn. 2; Huber, in: MünchKomm-InsO, § 259 Rn. 13; J. Schmidt, in: HRI, § 44 Rn. 58; Meyer, Nachtragsverteilung, S. 303 ff.; Rattunde, GmbHR 2012, 455, 460; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 7 f.; Preß/Henningsmeier, in: HambKommInsO, § 203 Rn. 7; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 7; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 224; Smid, NZI 2006, 201, 202; ders., ZInsO 2010, 641, 644; Borries/Hirte, in: UhlenbruckInsO, § 143 Rn. 100; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 259 Rn. 10; Jaffé, in: FK-InsO, § 259 Rn. 8. 599) Breutigam, in: BK-InsO, 11. Lfg. 01.2002, § 259 Rn. 4; Frank, FD-InsR 2010, 297031; Nicht, in: BeckOK-InsO, § 203 Rn. 9; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsO, § 258 Rn. 20, § 259 Rn. 12 ff.; Hingerl, ZInsO 2007, 870 ff.; ders., ZInsO 2010, 1880 ff.; Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 ff.; Braun, in: Nerlich/Römermann-InsO, 9. Lfg. 03.2005, § 259 Rn. 3; Paul, ZInsO 2008, 843, 845 Fn. 22; Rendels/Körner, EWiR 2010, 193, 194; Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 ff.; wohl auch Jacobi, ZInsO 2010, 2316, 2319 f. und Marwedel, NZI 2018, 695, 696. 600) Ebenso Hingerl, ZInsO 2010, 1876, 1877, der allerdings hinsichtlich sämtlicher anderer Massegegenstände für eine Nachtragsverteilung entsprechend §§ 203 ff. InsO plädiert. 601) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99; m. Anm. Blum, WuB 2010, 311; m. Anm. Cranshaw, jurisPR-InsR 3/2010 Anm. 2; m. Anm. Frank, FD-InsR 2010, 297031; m. Anm. Rendels/Körner, EWiR 2010, 193.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

Entscheidung darauf abgestellt, dass außerhalb des Anwendungsbereichs von § 259 Abs. 3 InsO nicht auf den Rechtsgedanken einer Nachtragsverteilung zurückgegriffen werden kann.602)

161 Der abschließende Charakter der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO folgt aus ihrer Entstehungsgeschichte und dem darin zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck. Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels erörtert, ist die Vorschrift nur in die Insolvenzordnung eingefügt worden, um mit Blick auf den Insolvenzanfechtungsanspruch letztlich eine Nachtragsverteilung unter besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen zu ermöglichen.603) Implizit hat sich der Gesetzgeber damit zugleich gegen eine darüberhinausgehende Nachtragsverteilung bei der Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren ausgesprochen. Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO ist insofern lex specialis zu den allgemeinen Vorschriften der Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO).

162 Im insolvenzrechtlichen Schrifttum wird vor diesem Hintergrund vereinzelt für eine Gesetzesänderung de lege ferenda plädiert. Nach der Auffassung von Smid604) müsse der Gesetzgeber eine Möglichkeit schaffen, dem „Sachwalter“ nach Beendigung des Insolvenzverfahrens die Befugnisse der §§ 129 ff. InsO zu überantworten. Balthasar605) fordert, eine Regelung im Gesetz zu verankern, welche ausdrücklich die Erhebung von „Haftungsklagen“ nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch den Planüberwacher ermögliche. Zudem müsse im gestaltenden Teil des Insolvenzplans ausdrücklich eine Nachtragsverteilung durch den Planüberwacher angeordnet werden dürfen. Ebenso spricht sich Piekenbrock606) unter Verweis auf § 157 i der österreichischen Insolvenzordnung für die Möglichkeit aus, den Insolvenzverwalter de lege ferenda zur Einleitung neuer Insolvenzanfechtungsprozesse ermächtigen zu können. Auf diese Weise könne eine Verzögerung der Durchführung des Insolvenzplans vermieden und jedes Obstruktionspotential potentieller Anfechtungsgegner beseitigt werden. Hingegen schlägt Hingerl 607) vor, die Nachtragsverteilung in § 259 Abs. 1 InsO generell zuzulassen und diese Vorschrift so auszugestalten, dass auf § 259 Abs. 3 InsO verzichtet werden könne.

163 Ob solche Regelungen de lege ferenda allerdings tatsächlich notwendig sind, ist fraglich. Auch ohne die Möglichkeit einen Nachtragsvorbehalt im Insolvenzplan ___________ 602) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08 = NZI 2010, 99, 100 Rn. 9; zuletzt auch LG Hamburg, Beschl. v. 18.8.2017 – 326 T 10/17 = ZIP 2017, 1920 f. 603) Ausführlich zur Entstehungsgeschichte des § 259 Abs. 3 InsO siehe Gliederungspunkt A. in diesem Kapitel. 604) Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 25.13; Smid, NZI 2006, 201, 204. 605) Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 98. 606) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 28 f. 607) Hingerl, ZInsO 2010, 1876, 1880; ders., ZInsO 2007, 870, 873; zustimmend Stapper, ZInsO 2009, 2361, 2365.

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C. Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Kapitels

vorzusehen oder eine Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO gerichtlich anzuordnen, hat die Insolvenzpraxis Lösungen entwickelt, Aktiva der Insolvenzmasse zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger auch noch nach der Verfahrensaufhebung gemäß § 258 Abs. 1 InsO zu verwerten. Sie behilft sich damit, die nach der Verfahrensaufhebung zu verwertenden Aktiva der Insolvenzmasse durch eine Regelung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans608) auf die Person des vormaligen Insolvenzverwalters609) als Treuhänder zu übertragen.610) Eine solche Übertragung wird durch die Vorschrift des § 228 InsO611) ermöglicht und kommt auch für den Insolvenzanfechtungsanspruch als Aktivum des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ in Betracht.612) In der Regel verpflichtet sich der Insolvenzverwalter aufgrund einer Treuhandabrede die auf ihn übertragenen Insolvenzanfechtungsansprüche geltend zu machen und die Erlöse nach Abzug von Kosten, Auslagen und Vergütung an die (Insolvenz-)Gläubiger auszukehren.613) In diesem Rahmen macht er die Insolvenzanfechtungsansprüche aufgrund der vollständigen Rechtsübertragung nicht mehr als Partei kraft Amtes, sondern persönlich als Treuhänder geltend.614)

C. Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Kapitels Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 258 Abs. 1 InsO besteht der 164 materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch fort, wenn der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine Fortführungsermächtigung im Sinne von § 259 Abs. 3 S. 1 InsO beinhaltet und der Insolvenzanfechtungsanspruch zum Aufhebungszeitpunkt ___________ 608) Alternativ können die Vermögenswerte auch schon während des Insolvenzverfahrens durch einzelne Verfügungen des Insolvenzverwalters übertragen werden. 609) Denkbar ist auch die Übertragung an einen sonstigen Dritten. 610) BGH, Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 283/06 = NZI 2009, 340, 341 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17 = NZI 2018, 691, 692 Rn. 28; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 28 und Rn. 364 ff.; Dellit, in: Handbuch Insolvenzplan, § 24 Rn. 44 ff.; Kebekus/Wehler, in: GrafSchlicker-InsO, § 259 Rn. 3; Hingerl, ZInsO 2010, 1876, 1879; Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812, 813; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 362; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 6, 9 f.; Smid, ZInsO 2010, 641, 644. 611) Nach § 228 S. 1 InsO werden die für Verfügungen erforderlichen Willenserklärungen in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans aufgenommen. Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans gelten die Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben (vgl. § 254a Abs. 1 InsO). 612) Ebenso Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 364 ff.; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259 Rn. 28; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9; zur allgemeinen Zulässigkeit der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs siehe Gliederungspunkt E. im zweiten Kapitel. Eine andere Frage ist allerdings, ob der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch auch noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens fortbesteht (ausführlich dazu sogleich im fünften Kapitel). 613) Dem Insolvenzplan ist eine Erklärung des zukünftigen Treuhänders im Sinne des § 230 Abs. 3 InsO beizufügen (vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 10). 614) Ähnlich Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 364; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259 Rn. 9.

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Kapitel 4 Schicksal des Insolvenzanfechtungsanspruchs

bereits Gegenstand eines rechtshängigen Insolvenzanfechtungsprozesses gewesen ist. Wie im Fall der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO vor der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens (sog. Nachtragsvorbehalt)615) bleibt der Insolvenzbeschlag beschränkt auf die von der Planregelung erfassten materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche über die Verfahrensaufhebung hinaus aufrechterhalten. Der Insolvenzanfechtungsanspruch ist auch nach der Verfahrensaufhebung weiterhin dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“ subjektiv zugeordnet und zielt nach wie vor auf die Rückgewähr zur Insolvenzmasse. In diesem Rahmen ist der Insolvenzverwalter kraft Amtes weiter berechtigt, die rechtshängigen Insolvenzanfechtungsprozesse als gesetzlicher Prozessstandschafter in der Sache selbst zu Ende zu führen. Erst nachdem der Insolvenzverwalter das anfechtbar Weggegebene, Veräußerte oder Aufgegebene zur Insolvenzmasse gezogen hat, verteilt er in einem weiteren Schritt den Anfechtungserlös an den Schuldner bzw. die im Insolvenzplan benannten Personen (§ 259 Abs. 3 S. 2 InsO). Es widerspricht nicht dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Insolvenzanfechtung, dass die Anfechtungserlöse aufgrund des gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses ohne eine abweichende Planregelung an den vormaligen Insolvenzschuldner fallen. Ausreichend ist, dass die Anfechtungserlöse den Insolvenzgläubigern zumindest mittelbar über den vormaligen Insolvenzschuldner zu Gute kommen und die Insolvenzgläubiger die Möglichkeit hatten, auf die Verteilung der Anfechtungserlöse durch eine Planregelung Einfluss zu nehmen.

165 Als Fortführungsermächtigung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans genügt die Klausel „§ 259 Abs. 3 InsO findet Anwendung“. Ein solcher Verweis im gestaltenden Teil des Insolvenzplans wird nach dem Verständnis derjenigen, an die sich die Erklärung richtet, ohne weiteres als Ermächtigung zur Fortführung von Anfechtungsrechtsstreitigkeiten aufgefasst. Zulässig ist auch eine Regelung im gestaltenden Teil, welche die Befugnis des Insolvenzverwalters rechtshängige Insolvenzanfechtungsklagen fortzuführen, auf einzelne Insolvenzanfechtungsprozesse beschränkt. Eine Rechtshängigkeit der fortzuführenden Insolvenzanfechtungsprozesse schon zum Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235 InsO) ist keine Voraussetzung für den Fortbestand der Insolvenzanfechtungsansprüche. Weder das Gesetz noch die Gesetzgebungsmaterialien indizieren eine Einschränkung des ohnehin schon begrenzten Anwendungsbereichs des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO. Ganz im Gegenteil werden von Teilen des Schrifttums der eingeschränkte Anwendungsbereich der Vorschrift und die Unanwendbarkeit der Vorschriften zur Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO) sogar zum Anlass genommen, eine Korrektur des § 259 Abs. 3 InsO de lege ferenda zu fordern. Die Insolvenzpraxis begegnet der fehlenden Möglichkeit, einen Nachtragsvorbehalt im Insolvenzplan vorzusehen oder eine Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. ___________ 615) Siehe dazu unter Gliederungspunkt B.III. im dritten Kapitel.

102

C. Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Kapitels

InsO gerichtlich anzuordnen, mit der Übertragung der materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche auf den (vormaligen) Insolvenzverwalter im Rahmen einer Treuhandabrede im gestaltenden Teil des Insolvenzplans. Der Insolvenzanfechtungsgegner kann seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1, 166 2 InsO nach der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten gegenüber dem vormaligen Insolvenzschuldner geltend machen. Diesem obliegt nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) die Erfüllung der durch den Insolvenzplan geregelten Forderungen. Der Insolvenzanfechtungsgegner, der seine wieder auflebende (§ 144 Abs. 1 InsO) bzw. neu entstehende Insolvenzforderung (§ 144 Abs. 2 S. 2 InsO) nicht als bedingte Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat, ist dann ein sog. „Nachzügler“ im Sinne des § 254b InsO. Als solcher kann der Insolvenzanfechtungsgegner noch nach der Verfahrensaufhebung an der für seine (Gläubiger-)Gruppe festgelegten (Insolvenz-)Quote partizipieren. Eines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 Abs. 1 BGB – wie es der Insolvenzanfechtungsgegner zur Verwirklichung seiner Rechtsposition bedarf, wenn er im Regelinsolvenzverfahren keine Möglichkeit hatte, seinen (Gegen-)Anspruch rechtzeitig als aufschiebend bedingte (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden – bedarf es deshalb in der Regel nicht. Etwas anderes gilt aber in den Fällen, in denen der Insolvenzanfechtungsgegner seinen Gegenanspruch (faktisch) verlieren würde (z. B. je nach Ausgestaltung eines Abwicklungsplans) und es deshalb zu einer Bereicherung der Insolvenzmasse in Höhe der auf den Gegenanspruch entfallenden Insolvenzquote kommen würde. In diesen Fällen ist dem Insolvenzanfechtungsgegner ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht zu gewähren. Die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs ist auch nach der 167 Verfahrensaufhebung gemäß § 258 Abs. 1 InsO (weiterhin) suspendiert, wenn der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO enthält. In diesen Fall besteht die Durchsetzungssperre – beschränkt auf die der Planregelung vorbehaltenen Anfechtungsansprüche – über die Verfahrensbeendigung hinaus fort. Beinhaltet der Insolvenzplan demgegenüber keine Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO, können die einzelnen Insolvenzgläubiger nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen. Anders als in den Fällen der vorbehaltlosen Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1) des Regelinsolvenzverfahrens ist bei der Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren eine erneute Suspendierung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche angesichts der Unanwendbarkeit der Vorschriften zur Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO) ausgeschlossen.

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Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens Auf der Grundlage der in dieser Arbeit bislang gewonnenen Erkenntnisse ist im 168 Folgenden der Frage nachzugehen, welchen Einfluss die Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des Insolvenzverfahrens auf den Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs hat, wenn dieser durch den Insolvenzverwalter vor Verfahrensbeendigung im Wege des Forderungsverkaufs (§§ 433, 453 BGB) mit anschließender Forderungsabtretung (§§ 398 ff. BGB) zugunsten der Insolvenzmasse verwertet wurde.616) Für die Fälle der Verfahrensaufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1) werden im insolvenzrechtlichen Schrifttum zu dieser Frage zwar bereits unterschiedliche Auffassungen vertreten; eine grundlegende, dogmatisch überzeugende Begründung ist bislang aber noch zu vermissen. Ferner sind die Auswirkungen einer Verfahrenseinstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) auf den Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs weitgehend unbetrachtet geblieben.

A. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) Für die Fälle der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 169 InsO) werden im insolvenzrechtlichen Schrifttum im Wesentlichen zwei konträre Positionen vertreten. Nach der wohl überwiegenden Auffassung617) soll der materiellrechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch nach einer Abtretung durch den Insolvenzverwalter grundsätzlich losgelöst vom Insolvenzverfahren fortbestehen. Demgegenüber vertritt eine Mindermeinung618) die Auffassung, dass der Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der (Fort-)Dauer des Insolvenzverfahrens ___________ 616) Zur allgemeinen Zulässigkeit der Verwertung des Insolvenzanfechtungsanspruchs durch Abtretung siehe Gliederungspunkt E. im zweiten Kapitel. Mit Blick auf das Insolvenzplanverfahren ist anzumerken, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch alternativ durch eine gestaltende Planregelung im Sinne des § 228 InsO übertragen werden kann (siehe dazu auch Gliederungspunkt B. im vierten Kapitel). 617) Pape, in: FS-Kübler, S. 487, 497; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 364; Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 102; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10; ders., LMK 2011, 323485; Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 113; ders., in: Handbuch Insolvenzplan, § 11 Rn. 5 f.; ders., ZIP 2014, 1653, 1656; Kreft, ZInsO 1999, 370, 373; Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 104 ff.; Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, Rn. B 680; Rogge/ Leptien, in: HambKomm-InsO, § 143 Rn. 113; Büteröwe, in: K. Schmidt-InsO, § 143 Rn. 18; Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 230; Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, 13. Aufl., § 129 Rn. 23 f.; wohl auch Kebekus/Wehler, in: Graf-SchlickerInsO, § 259 Rn. 3; ähnlich Eckardt, KTS 1993, 585, 606 f.; wohl auch Wagner, ZIP 1999, 689, 700. 618) Zenker, in: Bork/Hölzle, Handbuch Insolvenzrecht, 1. Aufl. 2014, Kapitel 9 Rn. 143; Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 221; zuvor bereits Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 221; Spahlinger, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 259 Rn. 13.

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Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs

abhängig ist. Ausnahmsweise soll der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch aber auch nach der zuletzt genannten Mindermeinung fortbestehen, wenn der Zessionar durch das Insolvenzgericht im gerichtlichen Aufhebungsbeschluss analog § 203 Abs. 1, 2 InsO bzw. durch die Verfahrensbeteiligten im Insolvenzplan analog § 259 Abs. 3 S. 1 InsO ermächtigt wurde.619)

170 Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zu dieser Thematik bislang noch nicht ergangen.620) Gleichwohl hat sich der Bundesgerichtshof bereits mit den im insolvenzrechtlichen Schrifttum vertretenen konträren Positionen befasst. In seiner Entscheidung zur Zulässigkeit der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs621) führt der erkennende Senat in einem obiter dictum aus, dass selbst wenn man mit der Mindermeinung von der Verfahrensgebundenheit des Insolvenzanfechtungsanspruchs ausgehen würde, dies nicht unweigerlich zum Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens führen müsse. Denkbar sei dann immer noch eine entsprechende Anwendung von § 203 Abs. 1, 2 InsO bzw. § 259 Abs. 3 InsO zugunsten des Zessionars.622)

I.

Keine analoge Anwendung von § 203 Abs. 1, 2 InsO bzw. § 259 Abs. 3 InsO

171 Nach vorzugswürdiger Auffassung bedarf es keiner analogen Anwendung von § 203 Abs. 1, 2 InsO bzw. § 259 Abs. 3 InsO, damit der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortbestehen und weiterhin vom Zessionar geltend gemacht werden kann. Entgegen der Auffassung von Kayser623) und Kirchhof 624) ist die Rechtsstellung des Zessionars nicht in derselben Weise wie diejenige des Insolvenzverwalters an die Dauer des Insolvenzverfahrens gebunden. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Funktion und Wirkungsweise der beiden vorgenannten Vorschriften vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnis betrachtet, dass zwischen dem materiellrechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch (als übertragbarem Bestandteil des Sondervermögens „Insolvenzmasse“) und der rechtlichen Befugnis des Insolvenzver___________ 619) Kreft, ZInsO 1999, 370, 373; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 143 Rn. 102; Wegener, in: Uhlenbruck-InsO, § 200 Rn. 25; wohl auch Hintzen, in: MünchKomm-InsO, § 200 Rn. 4 und Wischemeyer/Dimassi, ZIP 2017, 593, 597; für eine entsprechende Anwendung von § 259 Abs. 3 S. 1 InsO auch Spahlinger, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 259 Rn. 13, 18 und Rühle, in: Nerlich/Römermann-InsO, 37. Lfg. 10.2018, § 259 Rn. 17. 620) Die Frage des Erlöschens wurde vom Bundesgerichtshof sowohl in der Entscheidung BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 Rn. 13 als auch in der Entscheidung BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 69/12 = NZI 2013, 434, 436 Rn. 18 offen gelassen. 621) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486 ff. 622) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 487 f. Rn. 13. 623) Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 221. 624) Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 221.

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A. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung

walters zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs für die Insolvenzmasse gemäß § 80 Abs. 1 InsO streng zu trennen ist.625) Eine analoge Anwendung der Vorschriften wäre nur dann erforderlich, wenn es sich bei der Befugnis des Zessionars zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs um eine vom Insolvenzverwalter abgeleitete Befugnis handeln würde – was aber gerade nicht der Fall ist. Während des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter den materiell-recht- 172 lichen Insolvenzanfechtungsanspruch aufgrund seiner Amtsstellung gemäß § 80 Abs. 1 InsO für das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ gegenüber dem Insolvenzanfechtungsgegner gerichtlich und außergerichtlich geltend machen.626) Diese Befugnis des Insolvenzverwalters entfällt zwar grundsätzlich mit dem Wegfall seines Amtes bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Etwas anderes gilt jedoch, wenn das Insolvenzgericht vor der Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens (§ 200 Abs. 1 InsO) eine Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO anordnet.627) Durch die gerichtliche Anordnung besteht das Amt des Insolvenzverwalters samt der Befugnisse aus § 80 Abs. 1 InsO in Bezug auf den der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Insolvenzanfechtungsanspruch fort, so dass der Insolvenzverwalter diesen für das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ auch noch nach der Verfahrensaufhebung kraft seines Amtes geltend machen kann. Wird demgegenüber das Insolvenzverfahren nach der rechtskräftigen Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben (§ 258 Abs. 1 InsO), kann der Insolvenzverwalter gemäß § 259 Abs. 3 S. 1 InsO durch eine Regelung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans ermächtigt werden, die zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung rechtshängigen Insolvenzanfechtungsprozesse kraft seines Amtes fortzuführen.628) Sowohl die gerichtliche Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO als auch die Aufnahme einer Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO sind damit zwingend erforderlich, um die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechtzuerhalten. Mit Blick auf die Befugnisse des Zessionars sind die beiden Vorschriften demge- 173 genüber nicht von Bedeutung. Anders als der Insolvenzverwalter macht der Zessionar den Insolvenzanfechtungsanspruch nicht als fremdes, sondern als eigenes Recht in eigenem Namen geltend. Durch die Anspruchsverwertung im Wege der Abtretung ist der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch aus dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“ ausgeschieden und besteht als eigenständiger Anspruch des Zessionars losgelöst vom Insolvenzverfahren fort. Im Unterschied zum Insolvenzverwalter ist die Rechtsstellung des Zessionars gerade nicht an das Insolvenzverfahren ___________ 625) Zur Differenzierung zwischen dem materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch und der Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung desselben ausführlich in der Einleitung des dritten Kapitels. 626) Dazu ausführlich unter Gliederungspunkt D. im zweiten Kapitel. 627) Dazu ausführlich unter Gliederungspunkt B.III. im dritten Kapitel. 628) Dazu ausführlich im vierten Kapitel.

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Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs

gebunden. Der Zessionar klagt – anders als der Insolvenzverwalter – nicht als Partei kraft Amtes. Zudem klagt er auch nicht aus abgeleitetem Recht, so dass er von dem grundsätzlichen Erlöschen der Befugnisse des Insolvenzverwalters bei Verfahrensaufhebung nicht betroffen ist.629) Es stellt gerade eine wesentliche Erkenntnis dieser Arbeit dar, dass zwar das Amt des Insolvenzverwalters an das Insolvenzverfahren gebunden ist, nicht jedoch der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch an das Amt des Insolvenzverwalters.630) Insofern unterscheidet sich der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch nicht von anderen abgetretenen schuldrechtlichen Ansprüchen der Insolvenzmasse.631)

II. Keine Erforderlichkeit eines Massezuflusses vor Verfahrensaufhebung 174 Das maßgebliche Kriterium für den Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs ist (auch) in der Fallkonstellation der Anspruchsabtretung, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern in Form der Gegenleistung des Zessionars bereits vor der Verfahrensaufhebung zugutegekommen ist oder aber noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zugutekommen kann.632) Wurde der Wert des Insolvenzanfechtungsanspruchs in Form der Gegenleistung des Zessionars bereits bei dessen Abtretung zur Insolvenzmasse gezogen, kommt der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern unmittelbar in Ausprägung einer höheren Insolvenzquote zugute. Eine nachträgliche (Erlös-)Verteilung ist nicht notwendig. Der Wert des Insolvenzanfechtungsanspruchs – reduziert um einen Abschlag wegen des Veritäts- und Delkredererisikos im Rahmen der Beitreibung – befindet sich bereits zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung in der Insolvenzmasse und kann zur Befriedigung der (Insolvenz-)Gläubiger verwendet werden.633) Mithin ist der Zweck des Insolvenzanfechtungsanspruchs, die (Insolvenz-)Gläubiger bestmöglich zu befriedigen, zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung schon erreicht.634) ___________ 629) Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 229. 630) Im zweiten Kapitel wurde unter Gliederungspunkt E.II. aufgezeigt, dass der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch kein Recht des Insolvenzverwalters ist, welches untrennbar mit dessen Amt verbunden ist. 631) Dem Zessionar steht es deshalb auch frei, den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gerichtlich anhängig zu machen (im Ergebnis ebenso Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 110). 632) Ebenso Büteröwe, in: K. Schmidt-InsO, § 143 Rn. 18; ähnlich auch Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 364; Eckardt, KTS 1993, 585, 607 f.; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 230; mit Blick auf einen Massezufluss vor Verfahrensaufhebung auch Henckel, in: Jaeger-InsO, § 143 Rn. 102; Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10; ders., LMK 2011, 323485; wohl auch Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 113 und Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 9. 633) Ebenso Jacoby, in: KPB-InsO, 73. Lfg. 09.2017, § 143 Rn. 10. 634) Im Ergebnis auch Eckardt, KTS 1993, 585, 607.

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A. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensaufhebung

Für den Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs kann es im 175 Ergebnis aber keinen Unterschied machen, ob der Wert des Insolvenzanfechtungsanspruchs noch vor der Verfahrensaufhebung im Zuge der Abtretung zur Insolvenzmasse gezogen worden ist oder ob der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern erst nach dem Obsiegen des Zessionars im Insolvenzanfechtungsprozess in Form einer Gewinnbeteiligung zugutekommt. Es reicht daher aus, dass die Insolvenzmasse als Gegenleistung für die Abtretung einen Anspruch auf Erlösbeteiligung erlangt, welcher als Masseaktivum im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO – bei einem Obsiegen des Zessionars im Insolvenzanfechtungsprozess, also bei Werthaltigkeit des Anspruchs – vom Insolvenzverwalter im Wege der Nachtragsverteilung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger verwertet werden kann.635) Bei der Insolvenzbewältigung mittels Insolvenzplan, bei der eine Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO de lege lata ausgeschlossen ist636), kann der Anspruch auf Erlösbeteiligung zum Gegenstand eines sog. „Besserungsscheins“637) gemacht werden.638) Die Einzelheiten des Besserungsscheins sind im gestaltenden Teil des Insolvenzplans festzulegen. Ebenso wie bei der Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO erfahren die (Insolvenz-)Gläubiger auch bei einem Besserungsschein nachträglich eine zusätzliche Befriedigung, wenn der Zessionar im Insolvenzanfechtungsprozess obsiegt. Der Zweck des Insolvenzanfechtungsanspruchs, die (Insolvenz-) Gläubiger bestmöglich zu befriedigen, kann mithin sowohl im Rahmen einer Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO als auch durch einen Besserungsschein noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens verwirklicht werden.

III. Kein Entgegenstehen der Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners Der Unabhängigkeit des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs von der 176 (Fort-)Dauer des Insolvenzverfahrens steht auch kein schutzwürdiges Interesse des Insolvenzanfechtungsgegners entgegen. Der Insolvenzanfechtungsgegner kann seinen (Gegen-)Anspruch aus § 144 Abs. 1, 2 InsO auch noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens verwirklichen.

1.

Verfahrensaufhebung nach Vollzug der Schlussverteilung (§ 200 Abs. 1 InsO)

Im dritten Kapitel wurde bereits ausführlich dargestellt, wie der Insolvenzanfech- 177 tungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 1, 2 InsO auch noch nach ___________ 635) Ähnlich Eckardt, KTS 1993, 585, 608; Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 230; im Ergebnis auch Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 221. 636) Siehe dazu insbesondere Gliederungspunkt B. im vierten Kapitel. 637) Allgemein zum Besserungsschein, insbesondere zu dessen rechtlicher Ausgestaltung und Funktionsweise vgl. Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 24 ff. und Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 166 ff. 638) So auch Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, § 8 Rn. 25 und Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 169.

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Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs

der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 200 Abs. 1 InsO erfolgreich verwirklichen kann.639) Diese Ausführungen gelten entsprechend für die Fallgestaltung der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs und die damit einhergehende Anspruchsgeltendmachung durch den Zessionar. Im Fall des § 144 Abs. 2 S. 1 InsO ist der (Gegen-)Anspruch des Anfechtungsgegners ein Masseanspruch im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, der dem Anfechtungsgegner im Insolvenzanfechtungsprozess ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB gewährt. Dieses Zurückbehaltungsrecht kann der Insolvenzanfechtungsgegner über § 404 BGB auch dem Zessionar entgegenhalten.640) Demgegenüber ist der (Gegen-)Anspruch des Insolvenzanfechtungsgegners in den Fällen des § 144 Abs. 1 InsO und des § 144 Abs. 2 S. 2 InsO in der Regel als einfache (bedingte) Insolvenzforderung zu qualifizieren, die der Insolvenzanfechtungsgegner bis zum Schlusstermin zur Insolvenztabelle anmelden kann. Ein Zurückbehaltungsrecht gewährt der (Gegen-)Anspruch des Anfechtungsgegners in diesen beiden Fällen grundsätzlich nicht. Allerdings muss eine Ausnahme zugelassen werden, wenn der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch nicht durch eine rechtzeitige Anmeldung als aufschiebend bedingte (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle absichern konnte.641) Mit dem zu gewährenden Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB kann der Insolvenzanfechtungsgegner die Erfüllung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der Begleichung seiner (Insolvenz-)Forderung in Höhe der nach Verfahrensaufhebung bereits feststehenden Insolvenzquote abhängig machen. Über § 404 BGB kann der Insolvenzanfechtungsgegner dieses Zurückbehaltungsrecht auch dem Zessionar entgegenhalten.

2.

Verfahrensaufhebung nach rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO)

178 Auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 258 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 1, 2 InsO erfolgreich verwirklichen. Nach der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten an den Zessionar kann er seinen (Gegen-)Anspruch gegenüber dem vormaligen Insolvenzschuldner geltend machen, dem nach der gesetzgeberischen Konzeption des Insolvenzplanverfahrens grundsätzlich die Erfüllung der durch den Insolvenzplan geregelten Gläubigerforderungen obliegt.642) Auch wenn der Insolvenzanfechtungsgegner seinen (Gegen-)Anspruch gemäß § 144 Abs. 1 InsO bzw. § 144 Abs. 2 S. 2 InsO während des Insolvenzverfahrens nicht als bedingte Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat, kann er seine Insolvenzforderung als sog. „Nachzüg___________ 639) Siehe dazu Gliederungspunkt B.IV. im dritten Kapitel. 640) So etwa auch Balthasar, in: HRI, § 26 Rn. 108 und Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 230. 641) Zur Herleitung eines solchen Zurückbehaltungsrechts ausführlich unter Gliederungspunkt B.IV. im dritten Kapitel. 642) Dazu bereits unter Gliederungspunkt A.III. im vierten Kapitel.

110

B. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrenseinstellung

ler“ im Sinne des § 254b InsO durchsetzen. In den Fällen, in denen der Insolvenzanfechtungsgegner seinen Gegenanspruch auch als Nachzügler (faktisch) verlieren würde (z. B. je nach Ausgestaltung eines Abwicklungsplans), ist dem Insolvenzanfechtungsgegner ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 Abs. 1 BGB zu gewähren.643) Mit diesem kann er die Erfüllung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der Begleichung seiner (Insolvenz-)Forderung in Höhe der nach Verfahrensaufhebung bereits feststehenden Insolvenzquote abhängig machen. Über § 404 BGB kann der Insolvenzanfechtungsgegner dieses Zurückbehaltungsrecht auch dem Zessionar entgegenhalten. Im Fall des § 144 Abs. 2 S. 1 InsO ist der (Gegen-)Anspruch stets ein Masseanspruch gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, der als solcher nach herrschender Meinung ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB begründet, welches über § 404 BGB auch dem Zessionar entgegengehalten werden kann.

B. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrenseinstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) Wie bereits erwähnt, sind die Auswirkungen der Verfahrenseinstellung (§§ 207 179 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) auf den Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs bislang weitgehend unbetrachtet geblieben. Lediglich Rogge/Leptien644) führen in ihrer Kommentierung zu § 143 InsO aus, dass der auf den Zessionar übertragene Rückgewähranspruch nicht durch Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens erlösche. Eine Begründung liefern die beiden vorgenannten Autoren allerdings nicht. Es ist deshalb der Frage nachzugehen, ob die zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) erarbeiteten Grundsätze auch in den unterschiedlichen Fällen der Einstellung des Insolvenzverfahrens zur Anwendung gelangen.

I.

Verfahrenseinstellung mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) oder aufgrund von Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO)

Auch in den Fällen, in denen das Insolvenzverfahren nach der Abtretung des Insol- 180 venzanfechtungsanspruchs mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) oder aufgrund von Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO) eingestellt wird, besteht der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch als eigenständiger, vom Insolvenzverfahren losgelöster Anspruch des Zessionars fort. Wie im Fall der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 Abs. 1 InsO) bedarf es keiner analogen Anwendung des § 203 Abs. 1, 2 InsO, da die Rechtsstellung des Zessionars im Unterschied zur Rechtsstellung des Insolvenzverwalters gerade nicht an ___________ 643) Zur Herleitung eines solchen Zurückbehaltungsrechts siehe Gliederungspunkt A.IV. im vierten Kapitel. 644) Rogge/Leptien, in: HambKomm-InsO, § 143 Rn. 94.

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Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs

das Insolvenzverfahren gebunden ist.645) Das maßgebliche Kriterium für den Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs ist (wiederum), dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern in Form der Gegenleistung des Zessionars bereits vor der Verfahrenseinstellung zugutegekommen ist oder noch nach der Einstellung des Insolvenzverfahrens zugutekommen kann. Hat der Zessionar bei Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs eine (vollwertige) Gegenleistung an das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ erbracht, ist die Masse bereits bei Einstellung des Insolvenzverfahrens wertmäßig aufgefüllt. Haben der Insolvenzverwalter und der Zessionar demgegenüber vereinbart, dass die Insolvenzmasse als Gegenleistung für die Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs „nur“ einen Anspruch auf Erlösbeteiligung erlangt, kann dieser Anspruch im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung nach §§ 211 Abs. 3, 203 ff. InsO (entsprechend)646) durch den Insolvenzverwalter verwertet und der Erlös unter den Gläubigern verteilt werden.647)

181 Eine Schlechterstellung des Insolvenzanfechtungsgegners ist mit dem Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrenseinstellung nicht verbunden. Im Fall des § 144 Abs. 2 S. 1 InsO kann der Insolvenzanfechtungsgegner zur Durchsetzung seines (Gegen-)Anspruchs dem Zessionar sein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB über § 404 BGB entgegenhalten. Demgegenüber wurde bereits an anderer Stelle erörtert, dass es in den Fällen des § 144 Abs. 1 InsO und des § 144 Abs. 2 S. 2 InsO bei der Verfahrenseinstellung keines Zurückbehaltungsrechts bedarf, mit dem der Insolvenzanfechtungsgegner die Erfüllung des Insolvenzanfechtungsanspruchs von der Begleichung seiner (Insolvenz-)Forderung in Höhe einer Insolvenzquote abhängig machen kann.648) Der Insolvenzanfechtungsgegner, der nachträglich wegen der Rückgewähr des anfechtbar Erlangten zu einem Teil der Verlustgemeinschaft wird, ist nicht schlechter gestellt als alle anderen Insolvenzgläubiger auch. Wäre sein Anspruch gegen den Schuldner vor dessen Insolvenz nicht in anfechtbarer Weise befriedigt worden, wäre er bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzgläubiger gewesen. Gerade erst die Rückgewähr des anfechtbar Erlangten an die Insolvenzmasse, ohne im Gegenzug einen Anspruch auf eine Insolvenzquote zu erlangen, führt zu einer Gleichstellung des Insolvenzanfechtungsgegners mit den anderen einfachen Insolvenzgläubigern, die im Zuge der Verfahrenseinstellung ebenfalls leer ausgegangen sind. ___________ 645) Ausführlich dazu unter Gliederungspunkt A.I. in diesem Kapitel. 646) Zur Zulässigkeit der gerichtlichen Anordnung einer Nachtragsverteilung entsprechend §§ 211 Abs. 3, 203 ff. InsO im Fall der Verfahrenseinstellung mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) siehe Fn. 269. 647) Im Fall der erfolgreichen Verwertung des Erlösbeteiligungsanspruchs sind die offenen Forderungen der Massegläubiger nach der Rangfolge des § 209 Abs. 1 InsO vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger zu befriedigen (argumentum e contrario zu § 206 InsO). 648) Siehe dazu Gliederungspunkt B.IV. im dritten Kapitel.

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B. Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrenseinstellung

II. Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) Wird das Insolvenzverfahren wegen Wegfalls (oder Fehlens) des Eröffnungsgrun- 182 des nach § 212 InsO eingestellt, erlischt der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch. Dies gilt sowohl für den Fall, dass die Insolvenzmasse zum Einstellungszeitpunkt durch die Gegenleistung des Zessionars bereits wertmäßig aufgefüllt wurde, als auch für den Fall, dass die Insolvenzmasse bislang „nur“ einen Anspruch auf Erlösbeteiligung erlangt hat. In Anbetracht des Umstands, dass nachhaltig gewährleistet ist, dass sämtliche Gläubiger des Insolvenzschuldners auch ohne ein Insolvenzverfahren vollständige Befriedigung erfahren, ist der Zweck des Insolvenzanfechtungsanspruchs entfallen.649) Insofern ereilt den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch einhergehend mit der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 212 InsO kein anderes Schicksal als den nicht abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch.650) Die Abtretung ist von Anfang an mit dem Risiko behaftet, dass das Insolvenzverfahren vor der erfolgreichen gerichtlichen oder außergerichtlichen Anspruchsdurchsetzung wegen Wegfalls oder Fehlens des Eröffnungsgrundes eingestellt wird. Der Zessionar kann sich gegen dieses Risiko absichern, indem er der Insolvenzmasse „nur“ einen Erlösbeteiligungsanspruch gewährt oder die Gegenleistung zunächst treuhänderisch hinterlegt.

III. Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) Auch bei der Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung der Gläubiger 183 gemäß § 213 InsO erlischt der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch. Entscheidend ist insofern, dass sich sämtliche Gläubiger übereinstimmend und ausdrücklich für eine (vorzeitige) Verfahrenseinstellung (ohne Schlussverteilung) und für eine Haftungsverwirklichung außerhalb des Insolvenzverfahrens aussprechen (sog. „Insolvenzverzicht“). Die Gläubiger erklären inhaltlich einen Verzicht auf sämtliche Möglichkeiten und Rechte, die ihnen die Insolvenzordnung zur Realisierung ihrer Forderungen im Wege des Gesamtvollstreckungsverfahrens bereitstellt. Dieser Verzicht umfasst auch den mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Insolvenzanfechtungsanspruch als einem Instrument zur Haftungsverwirklichung. ___________ 649) Wie bereits unter Gliederungspunkt C.I. im dritten Kapitel ausgeführt, ist für das Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt gewährleistet ist, dass die Insolvenzmasse zur vollständigen Befriedigung aller Gläubiger ausreicht. Dieser Zeitpunkt kann auch vor dem Einstellungszeitpunkt liegen. Der Anfechtungsgegner kann sich deshalb gegen eine Inanspruchnahme durch den Zessionar auch mit der Entkräftung der voraussichtlichen Vermögensunzulänglichkeit der Insolvenzmasse verteidigen. Weil Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aber schon Eröffnungsvoraussetzungen sind, spricht der Anscheinsbeweis allerdings für die Unzulänglichkeit des Aktivvermögens (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91 = NJW-RR 1993, 235, 236 f. sowie BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13 = NZI 2014, 321, 323 und Kayser, in: MünchKomm-InsO, § 129 Rn. 107 m. w. N.). 650) Siehe dazu Gliederungspunkt C.I. im dritten Kapitel.

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Kapitel 5 Schicksal des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs

Durch die Abtretung vor der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzanfechtungsanspruch dieser Rechtswirkung nicht entzogen werden. Dies gilt wiederum sowohl für den Fall, dass die Insolvenzmasse zum Einstellungszeitpunkt durch die Gegenleistung des Zessionars bereits wertmäßig aufgefüllt wurde, als auch für den Fall, dass die Insolvenzmasse bislang „nur“ einen Anspruch auf Erlösbeteiligung erlangt hat.

C. Auswirkungen des Fortbestands des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs 184 Besteht der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens fort, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs hat. In seiner Entscheidung zur Abtretbarkeit des Insolvenzanfechtungsanspruchs hat der Bundesgerichtshof (mangels Entscheidungserheblichkeit) offen gelassen, ob der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch bereits mit der Abtretung, mit der (vorbehaltlosen) Verfahrensaufhebung oder erst mit der Einziehung durch den Zessionar erlischt.651) Richtigerweise führt allein die Zession des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs nicht zum Untergang des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs.652) Auch die vorbehaltlose Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens hat kein Erlöschen zur Folge. Vielmehr besteht aufgrund der Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs die Durchsetzungssperre653) über die Verfahrensbeendigung hinaus fort. Die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs bleibt den Insolvenzgläubigern aus diesem Grund bis zur „Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 AnfG (weiterhin) verwehrt.654) Die Durchsetzungssperre endet, wenn der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch erlischt oder undurchsetzbar geworden ist (z. B. aufgrund von Verjährung). Freilich erlischt allerdings auch der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch, wenn der Zessionar den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch einzieht bzw. der Anfechtungsgegner den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch erfüllt.655) ___________ 651) Vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10 = NZI 2011, 486, 488 Rn. 15. 652) So auch Jacoby, LMK 2011, 323485; im Ergebnis ebenso Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 113 und Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 92; hingegen soll nach Kayser, in: MünchKommInsO, § 129 Rn. 210 und Lohmann, in: FS-Wellensiek, S. 221, 230 ein Wiederaufleben von Anfechtungsansprüchen einzelner Gläubiger, unabhängig davon, ob der Zessionar den Anspruch durchsetzt oder nicht, ausgeschlossen sein. 653) Zur Durchsetzungssperre siehe insbesondere die Gliederungspunkte B. im zweiten Kapitel, B.V. im dritten Kapitel und B.IV. im vierten Kapitel. 654) So auch Jacoby, LMK 2011, 323485. 655) Ebenso Jacoby, LMK 2011, 323485 und Thole, in: HK-InsO, § 129 Rn. 113; zuvor auch Kreft, in: HK-InsO, 7. Aufl., § 129 Rn. 92.

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D. Zusammenfassung der Ergebnisse des fünften Kapitels

D. Zusammenfassung der Ergebnisse des fünften Kapitels In den Fällen der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 200 Abs. 1, 258 185 Abs. 1 InsO und in den Fällen der Einstellung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO besteht der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Abtretung losgelöst vom Insolvenzverfahren fort. Einer analogen Anwendung von § 203 Abs. 1, 2 InsO oder § 259 Abs. 3 InsO bedarf es nicht, da die Rechtsstellung des Zessionars nicht in derselben Weise wie diejenige des Insolvenzverwalters an die Dauer des Insolvenzverfahrens gebunden ist. Anders als der Insolvenzverwalter macht der Zessionar den Insolvenzanfechtungsanspruch nicht als fremdes, sondern als eigenes Recht in eigenem Namen geltend. Das maßgebliche Kriterium für den Fortbestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs ist (auch) in der Fallkonstellation der Anspruchsabtretung, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zugutekommen kann oder aber in Form der Gegenleistung des Zessionars bereits vor der Verfahrensaufhebung zugutegekommen ist. Es ist mithin nicht erforderlich, dass der Wert des Insolvenzanfechtungsanspruchs noch vor der Verfahrensbeendigung im Zuge der Abtretung zur Insolvenzmasse gezogen worden ist. Ausreichend ist, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-) Gläubigern nach dem Obsiegen des Zessionars im Insolvenzanfechtungsprozess in Form einer Erlösbeteiligung zugutekommt. Schutzwürdige Interessen des Insolvenzanfechtungsgegners stehen dem Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung im Ergebnis nicht entgegen. Der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch erlischt nur in den Fällen der Ver- 186 fahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) und der Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO). Das Erlöschen des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ist damit auch in der Fallgestaltung der Anspruchsabtretung eher die Ausnahme als die Regel.656) Sofern der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens fortbesteht, ist den Einzelgläubigern eine Anfechtung nach dem AnfG wegen derselben Rechtshandlung (weiterhin) verwehrt. Diese sog. Durchsetzungssperre endet, wenn der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch erlischt oder undurchsetzbar geworden ist (z. B. aufgrund von Verjährung). Freilich erlischt allerdings auch der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch, wenn der Zessionar den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch einzieht bzw. der Anfechtungsgegner den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch erfüllt.

___________ 656) Siehe Gliederungspunkt E. im dritten Kapitel für die Fälle der Verfahrensbeendigung ohne Abtretung.

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Kapitel 6 Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens In den vorangestellten Kapiteln wurde ausführlich erörtert, unter welchen Voraus- 187 setzungen der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch auch nach der Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens fortbesteht. In diesen Fällen kann der fortbestehende Insolvenzanfechtungsanspruch bei der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des vormaligen Insolvenzschuldners (im Folgenden auch als „Folgeinsolvenzverfahren“ bezeichnet) auf den wegen desselben Vorgangs mit der Verfahrenseröffnung grundsätzlich neu entstehenden Insolvenzanfechtungsanspruch treffen.657) Denn die Entstehung des letzteren wird durch das vorangegangene Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht gehindert.658) Wenngleich die beiden Insolvenzanfechtungsansprüche objektiv auf demselben Anfechtungssachverhalt beruhen, haben sie schon wegen der Verschiedenheit der Insolvenzmassen und der Insolvenzgläubiger im Erst- und Folgeinsolvenzverfahren subjektiv nicht denselben Inhalt.659) Es ist daher erörterungsbedürftig, wie das mit der Eröffnung eines Folgeinsolvenzverfahrens entstehende Konkurrenzverhältnis in den nachfolgenden Fallgestaltungen im Einzelnen ausgestaltet ist und wie es aufgelöst werden kann.660) ___________ 657) Die tatbestandlichen Anfechtungsfristen des neuen Insolvenzanfechtungsanspruchs sind auf der Grundlage des Eröffnungsantrags zum Folgeinsolvenzverfahren zu berechnen (§ 139 Abs. 1 InsO). Zu Recht findet die Vorschrift des § 139 Abs. 2 S. 1 InsO nach der Auffassung der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06 = NZI 2008, 184 f. Rn. 11; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-12 U 86/11 = ZIP 2012, 482, 483; OLG Frankfurt Urt. v. 14.12.2011 – 15 U 273/10 = BeckRS 2014, 02639 Rn. 37 ff.) und des Schrifttums (Thole, in: HK-InsO, § 139 Rn. 11; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 139 Rn. 5a; Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 139 Rn. 12 f.) keine Anwendung, da die Vorschrift mehrere Anträge voraussetzt, die ein einheitliches Insolvenzverfahren betreffen (a. A. nur Wischemeyer/Dimassi, ZIP 2017, 593, 595). Ferner beginnt die Verjährung des neuen Insolvenzanfechtungsanspruchs gemäß § 146 Abs. 1 InsO frühestens mit der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 268/12 = NZI 2013, 537, 538 Rn. 8; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-12 U 86/11 = ZIP 2012, 482, 483; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rn. 46; Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 146 Rn. 5a; Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, § 146 Rn. 3; kritisch aber Jungclaus, KTS 2015, 253 ff.). Es kommt mithin nicht darauf an, ob der Insolvenzanfechtungsanspruch des ersten Insolvenzverfahrens bereits verjährt und damit undurchsetzbar ist (vgl. Jacoby, in: KPB-InsO, 46. Lfg. 11.2011, § 146 Rn. 3). 658) BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 268/12 = NZI 2013, 537 f. Rn. 8; BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 264 Rn. 27; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-12 U 86/11 = ZIP 2012, 482, 483; zuvor bereits LG Düsseldorf, Urt. v. 2.5.2011 – 2b O 13/10 = ZIP 2011, 1431, 1432; ebenso Lau, EWiR 2012, 357, 358 und Thole, NZI 2017, 129, 130; a. A. noch OLG Brandenburg, Urt. v. 13.7.2011 – 7 U 164/10 = BeckRS 2012, 23908. 659) So auch BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 268/12 = NZI 2013, 537 f. Rn. 8. 660) Eine Konkurrenz von Insolvenzanfechtungsansprüchen, die auf die Rückgewähr desselben Vermögenswertes gerichtet sind, ist dem Insolvenzanfechtungsrecht nicht unbekannt. Insbesondere in Fallkonstellationen mit Doppelinsolvenzen und Leistungen Dritter kann es zu einer solchen Anspruchskonkurrenz kommen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 = NJW 2008, 655 ff.; siehe dazu auch Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 741 ff.).

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Kapitel 6 Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens

A. Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Regelinsolvenzverfahrens 188 Wird nach der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Regelinsolvenzverfahrens ein neues Insolvenzverfahren über das Vermögen des vormaligen Insolvenzschuldners eröffnet, kann der Insolvenzverwalter des neuen Insolvenzverfahrens nur die mit dieser Verfahrenseröffnung entstehenden Insolvenzanfechtungsansprüche geltend machen. Die Insolvenzanfechtungsansprüche, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens noch aufgrund einer gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO) zugunsten der Insolvenzmasse des ersten Insolvenzverfahrens verhaftet sind,661) kann er hingegen nicht verfolgen.662) Dies folgt daraus, dass der aus der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens resultierende Insolvenzbeschlag nicht die Gegenstände der Nachtragsverteilung erfasst, sondern nur das neue Vermögen, das der Schuldner nach der Aufhebung des früheren Insolvenzverfahrens hinzugewonnen hat.663) Der von der gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung erfasste Insolvenzanfechtungsanspruch fällt daher nicht in die Insolvenzmasse des neuen Insolvenzverfahrens.664) Vielmehr liegen zwei getrennte Insolvenzmassen vor,665) die – soweit die Rechtshandlung auch aus Sicht des Folgeinsolvenzverfahrens anfechtbar ist – jeweils einen eigenständigen (konkurrierenden) Anspruch auf Rückgewähr des anfechtbar Erlangten haben.666)

189 Aber auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens keine Nachtragsverteilung angeordnet ist, fällt der Insolvenzanfechtungsanspruch des ersten Insolvenzverfahrens nicht in die Insolvenzmasse des Folgeinsolvenzverfahrens. Der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch ist nicht Gegenstand des Schuldnervermögens, welches durch die Eröffnung des Folgeinsolvenz___________ 661) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Insolvenzantrag, der dasselbe Vermögen und dieselben Verbindlichkeiten des vormaligen Insolvenzschuldners wie die zuvor gerichtlich angeordnete Nachtragsverteilung betrifft, grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2010 – IX ZB 151/09 = BeckRS 2010, 30812; m. Anm. Cranshaw, jurisPR-InsR 1/2011 Anm. 3; m. Anm. Gundlach/U. Müller, EWiR 2011, 121). 662) Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 71 f.; a. A. Wischemeyer/Dimassi, ZIP 2017, 593, 598. 663) So auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 71 f. mit Verweis auf Cranshaw, jurisPR-InsR 1/2011 Anm. 3; vgl. auch Meyer, Nachtragsverteilung, S. 357. 664) Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 96/12 = BeckRS 2014, 19270 Rn. 72. 665) Vgl. etwa BGH, Beschl. v. 9.6.2011 – IX ZB 175/10 = NJW-RR 2011, 1615 f. zu einem Fall der Freigabe von Vermögen aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 35 Abs. 2 InsO; siehe auch Gundlach/U. Müller, EWiR 2011, 121 f. 666) Zur Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den beiden Insolvenzanfechtungsansprüchen siehe Gliederungspunkt D. in diesem Kapitel.

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B. Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens

verfahrens in Beschlag genommen wird.667) Auch wenn der Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des Insolvenzverfahrens aufgrund des Erlöschens des Verwalteramtes nicht geltend gemacht werden kann,668) ist und bleibt der Insolvenzanfechtungsanspruch Bestandteil des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ des ersten Insolvenzverfahrens. Er haftet allein den Altgläubigern, also den Gläubigern, die bereits im vorangegangenen Insolvenzverfahren beteiligt waren. Daraus folgt zugleich, dass die gerichtliche Anordnung einer Nachtragsverteilung in Bezug auf den Insolvenzanfechtungsanspruch des ersten Insolvenzverfahrens auch noch nach der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens möglich ist.669) Auch in dieser Fallkonstellation kann es mithin zu der bereits erwähnten Konkurrenzsituation kommen.670)

B. Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) Wird nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund rechtskräftiger Plan- 190 bestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) ein neues Insolvenzverfahren über das Vermögen des vormaligen Insolvenzschuldners eröffnet, kann der Insolvenzverwalter des Folgeinsolvenzverfahrens nur die neu entstehenden Insolvenzanfechtungsansprüche geltend machen. Die Insolvenzanfechtungsansprüche des vorausgegangenen Insolvenzverfahrens, die noch aufgrund einer Regelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO vor Gericht rechtshängig sind, kann er demgegenüber nicht verfolgen.671) In Bezug auf solche Insolvenzanfechtungsansprüche besteht der Insolvenzbeschlag des ersten Insolvenzverfahrens – ebenso wie in den Fällen der Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO – zum Zeitpunkt der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens beschränkt fort.672) Denn die Fortführungsermächtigung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO entfaltet ihre Rechtswirkungen – als Bestandteil des im Grundsatz fort-

___________ 667) Zur subjektiven Zuordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs siehe Gliederungspunkt C. im zweiten Kapitel. 668) Siehe dazu auch Gliederungspunkt B.III. und Gliederungspunkt D. im dritten Kapitel. 669) Bei der Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs im Rahmen der Nachtragsverteilung handelt es sich um die (eingeschränkte) Fortsetzung des ursprünglichen Insolvenzverfahrens, so dass für die Berechnung der tatbestandlichen Anfechtungsfristen die früheren Anträge maßgeblich bleiben (vgl. auch Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 139 Rn. 5a und Hirte/Borries, in: Uhlenbruck-InsO, § 139 Rn. 12a). 670) Zur Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den beiden Insolvenzanfechtungsansprüchen siehe Gliederungspunkt D. in diesem Kapitel. 671) Zur gegenteiligen Auffassung des Bundesgerichtshofs sogleich. 672) Zur eingeschränkten Fortdauer des Insolvenzbeschlags bei Aufnahme einer Planregelung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO in den gestaltenden Teil siehe auch Gliederungspunkt A. und Gliederungspunkt A.V. im vierten Kapitel.

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Kapitel 6 Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens

bestehenden Insolvenzplans673) – auch noch nach der neuen Verfahrenseröffnung. Die Insolvenzanfechtungsansprüche des ersten Insolvenzverfahrens sind mithin noch zugunsten des alten Sondervermögens verhaftet und fallen bei Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens nicht in die neu entstehende Insolvenzmasse.674) Nach der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens bestehen zwei getrennte Vermögensmassen.675) Diese beiden Massen haben – soweit die Rechtshandlung auch aus der Sicht des Folgeinsolvenzverfahrens anfechtbar ist – jeweils einen eigenständigen (konkurrierenden) Anspruch auf Rückgewähr des anfechtbar Erlangten. Diese Konkurrenzsituation ist jedoch im wirtschaftlichen Ergebnis dann entschärft, wenn der Insolvenzplan im gestaltenden Teil keine „abweichende Regelung“ im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 2 InsO beinhaltet. In diesem Fall hat der vormalige (und nunmehr neuerliche) Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskehr der Anfechtungserlöse, wenn der Insolvenzverwalter des vorangegangenen Insolvenzverfahrens im fortgeführten Insolvenzanfechtungsprozess obsiegt.676) Dieser Anspruch des Insolvenzschuldners wird einhergehend mit der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens Bestandteil des neu entstehenden Sondervermögens (§ 35 InsO).

191 Allerdings hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung IX ZR 209/11677) vom 9.1.2014 im Hinblick auf die Geltendmachung eines fortbestehenden Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Eröffnung eines Folgeinsolvenzverfahrens einen gegenläufigen Lösungsansatz vertreten.678) Nach der Auffassung des erkennenden Senats sollen die Insolvenzanfechtungsansprüche, die der Insolvenzverwalter noch aufgrund einer Ermächtigung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO nach Verfahrens___________ 673) Wird vor der vollständigen Erfüllung des Insolvenzplans über das Vermögen des Schuldners ein neues Insolvenzverfahren eröffnet, werden zwar gemäß § 255 Abs. 2 InsO die Stundungen und (Teil-)Erlasse, die im Insolvenzplan vorgesehen sind, für alle Gläubiger hinfällig. Nach allgemeiner Meinung bleibt der Insolvenzplan aber im Übrigen bestehen, sofern er keine abweichende Regelung beinhaltet (vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 264 Rn. 26 m. w. N.). 674) Dazu bereits entsprechend für das Regelinsolvenzverfahren unter Gliederungspunkt A. in diesem Kapitel. 675) Im Ansatz auch Spliedt, in: K. Schmidt-InsO, § 259 Rn. 12, der vorschlägt, aus dem Anfechtungserlös eine Sondermasse für die damaligen Gläubiger zu bilden, zumindest aber den Altgläubigern einen Vorrang analog §§ 264 f. InsO einzuräumen, da die Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch vor der Realisierung der Anfechtungsansprüche wirtschaftlich einer Kreditgewährung durch die Gläubiger, deren Nachteile durch die Anfechtung ausgeglichen werden sollen, ähnele (dagegen ausdrücklich a. A. Lüer/Streit, in: Uhlenbruck-InsO, § 259 Rn. 61). 676) Siehe zur Erlös- und Kostenverteilung auch Gliederungspunkt A.V. im vierten Kapitel. 677) BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262; m. Anm. Jacobi/Stapper, NJ 2014, 479; m. Anm. Madaus, EWiR 2014, 117; m. Anm. Pehl, FD-InsR 2014, 355427; m. Anm. M. Schmidt/Rodine, NZI 2014, 265; m. Anm. Smid, jurisPR-InsR 9/2014 Anm. 1; m. Anm. Stöber, WuB 2014, 259. 678) Der Bundesgerichtshof hatte die Fallkonstellation zu entscheiden, dass die Anfechtungserlöse im Fall des Obsiegens aufgrund einer „abweichenden Regelung“ im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 259 Abs. 3 S. 2 InsO) der Gläubigergemeinschaft zugutekommen sollten, die Kosten im Fall des Unterliegens aber vom vormaligen Insolvenzschuldner getragen werden mussten. Rückstellungen für die Kosten verlorener Anfechtungsprozesse wurden nicht gebildet.

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B. Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens

aufhebung fortführt, in die neue Masse fallen, wenn vor vollständiger Erfüllung des Insolvenzplans ein neues Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.679) In entsprechender Anwendung des § 240 S. 1 ZPO würden die noch rechtshängigen Insolvenzanfechtungsprozesse unterbrochen und könnten vom Insolvenzverwalter des neuen Insolvenzverfahrens entsprechend § 85 InsO aufgenommen werden.680) Es bestehe kein Grund, die Insolvenzanfechtungsansprüche aus dem ersten Insolvenzverfahren gesondert abzuwickeln und die damaligen Insolvenzgläubiger daraus gesondert zu befriedigen.681) Vielmehr liefe eine solche Vorgehensweise im Kern auf die Abwicklung von zwei parallelen Insolvenzverfahren in einen Teilbereich hinaus, die schon deshalb nicht zu rechtfertigen sei, weil es an zwei getrennten Insolvenzmassen fehle.682) Zudem würde ein Nebeneinander zweier Verfahren zur Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen und Verteilung der hieraus gewonnenen Beträge zu kaum lösbaren Abgrenzungsproblemen führen.683) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zwar in weiten Teilen in sich schlüssig 192 und gut begründet, beruht aber bereits im Ansatz auf einem unzutreffenden dogmatischen Verständnis der Rechtswirkungen der Fortführungsermächtigung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO. Der Bundesgerichtshof berücksichtigt nicht, dass die Aufnahme einer entsprechenden Fortführungsermächtigung in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans bewirkt, dass der Insolvenzbeschlag – wie im Fall der gerichtlichen Anordnung der Nachtragsverteilung vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 203 ff. InsO (sog. Nachtragsvorbehalt)684) – beschränkt auf die von der Planregelung erfassten materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortbesteht.685) Infolgedessen verkennt er, dass nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ein zweckgebundenes Sondervermögen existiert, welches vom (alten) Insolvenzverwalter kraft seines Amtes verwaltet wird und nicht zum Vermögen des reorganisierten Schuldners gehört. Dieses Sondervermögen wird durch die Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens richtigerweise nicht tangiert, weshalb nach der Verfahrenseröffnung sehr wohl zwei getrennt voneinander abzuwickelnde Vermögensmassen bestehen, die jeweils einen eigenständigen (konkurrierenden) Insolvenzanfechtungsanspruch haben.686) Der Umstand, dass die nicht befriedigten Insolvenzgläubiger des ersten Insolvenzver- 193 fahrens auch Insolvenzgläubiger des neuen Insolvenzverfahrens sind und in diesem ___________ 679) 680) 681) 682) 683) 684) 685) 686)

BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 264 Rn. 25 f. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 263 ff. Rn. 13, 20 ff. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 264 Rn. 29. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 264 Rn. 29. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 265 Rn. 30. Siehe dazu unter Gliederungspunkt B.III. im dritten Kapitel. Siehe dazu insbesondere unter Gliederungspunkt A. im vierten Kapitel. Zur Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den beiden Insolvenzanfechtungsansprüchen siehe Gliederungspunkt D. in diesem Kapitel.

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Kapitel 6 Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens

grundsätzlich quotenmäßig befriedigt werden, bedingt nicht, dass die aus dem ersten Insolvenzverfahren fortbestehenden Insolvenzanfechtungsansprüche zur Insolvenzmasse des neuen Insolvenzverfahrens gehören. Vielmehr richtet sich die Verteilung der Anfechtungserlöse im Grundsatz weiterhin nach der Regelung zur Erlösund Kostenverteilung im rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan. Denn die Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens lässt nicht nur die Fortführungsermächtigung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO, sondern auch die Regelung zur Erlös- und Kostenverteilung gemäß § 259 Abs. 3 S. 2 InsO unberührt.

C. Auswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens auf die Geltendmachung des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs durch den Zessionar 194 Wurde ein materiell-rechtlicher Insolvenzanfechtungsanspruch vor der Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) des ersten Insolvenzverfahrens abgetreten, ist der Insolvenzanfechtungsanspruch bereits zu diesem Zeitpunkt aus dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“ ausgeschieden.687) Ein Übergang des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs auf die Insolvenzmasse des Folgeinsolvenzverfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht. Durch die Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens wird die Übertragung des Insolvenzanfechtungsanspruchs auf den Zessionar weder tangiert noch hinfällig.688) Folglich hat der Insolvenzverwalter des Folgeinsolvenzverfahrens keinen Zugriff auf den abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruch.689) Umgekehrt wird die Entstehung des Insolvenzanfechtungsanspruchs des Folgeinsolvenzverfahrens durch die Anspruchsabtretung nicht gehindert, so dass es auch insofern im Einzelfall zu einer Konkurrenz des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs des ersten Insolvenzverfahrens und des Insolvenzanfechtungsanspruchs des Folgeinsolvenzverfahrens kommen kann.690)

D. Auflösung des Konkurrenzverhältnisses durch Anwendung der Vorschriften zur Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff. BGB) 195 Das beschriebene Konkurrenzverhältnis bei Eröffnung eines Folgeinsolvenzverfahrens zwischen den beiden Insolvenzanfechtungsansprüchen lässt sich durch die Anwendung der Vorschriften zur Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff. BGB) auflö___________ 687) Zum Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens siehe Kapitel 5. 688) Bei Eröffnung eines Folgeinsolvenzverfahrens nach Insolvenzbewältigung mittels Insolvenzplan gelangt die Vorschrift des § 255 Abs. 2 InsO nicht zur Anwendung. Die Vorschrift gilt nicht bei Verfügungen über Massegegenstände (vgl. auch BGH, Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 283/06 = NZI 2009, 340, 341 Rn. 10 allerdings ohne Bezug zur Insolvenzanfechtung). 689) Wohl ebenso Dellit, in: Handbuch Insolvenzplan, § 25 Rn. 8, 12 ff. 690) Zur Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den beiden Insolvenzanfechtungsansprüchen siehe Gliederungspunkt D.

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D. Auflösung des Konkurrenzverhältnisses durch Anwendung der Vorschriften

sen.691) Zu unterscheiden ist insofern zwischen dem „Innenverhältnis“ und dem „Außenverhältnis“. Das Außenverhältnis betrifft die Frage, ob die Erfüllung des einen Insolvenzanfechtungsanspruchs zum Ausschluss des anderen Insolvenzanfechtungsanspruchs führt und umgekehrt. Demgegenüber handelt es sich um eine Frage des Innenverhältnisses, ob und inwiefern zwischen den beiden Insolvenzmassen ein Ausgleichsanspruch zugunsten der Masse besteht, an die das anfechtbar Erlangte nicht zurückgewährt wurde. Eine Gesamtgläubigerschaft liegt nach der gesetzlichen Definiton in § 428 S. 1 BGB 196 vor, wenn mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist. Anhand dieser Definiton lässt sich allerdings nicht genau erkennen, wann eine Gesamtgläubigerschaft anzunehmen ist.692) Eine Gesamtgläubigerschaft kann durch Gesetz oder Vertrag begründet werden.693) Zwingend erforderlich ist dies allerdings nicht. Vielmehr ist ausreichend, dass mehrere Schuldverhältnisse auf ein und dasselbe Interesse gerichtet und deshalb inhaltlich im Sinne von § 428 BGB verbunden sind.694) Gegen die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft spricht deshalb nicht, dass die Insolvenzordnung keine Vorschrift aufweist, die ausdrücklich eine Gesamtgläubigerschaft mit Blick auf die beiden konkurrierenden Insolvenzanfechtungsansprüche normiert.695) Die für die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft erforderliche Verbundenheit folgt daraus, dass die beiden Insolvenzanfechtungsansprüche jeweils auf die Rückgewähr desselben anfechtbar Erlangten gerichtet sind und der Anfechtungsgegner das anfechtbar Erlangte nach dem Sinn und Zweck der Insolvenzanfechtungsvorschriften – bestimmte als ungerechtfertigt gewertete Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen – insgesamt nur einmal zurückgewähren muss. Es hat lediglich eine Vermögensverschiebung stattgefunden und der Anfechtungsgegner hat das anfechtbar Erlangte nur einmal erhalten. Durch die Rückgewähr des anfechtbar Erlangten ist diese eine Vermögensverschiebung ausgeglichen. Eine weitergehende Sanktion zulasten des Anfechtungsgegners sollen die Insolvenzanfechtungsvorschriften nicht entfalten.696) Im Außenverhältnis wird das Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Insolvenzan- 197 fechtungsansprüchen – in Anbetracht der Gesamtgläubigerschaft – durch die Vorschrift ___________ 691) Dieser Lösungsansatz entspricht dem von Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 753 ff. entwickelten Ansatz für den Fall der Doppelinsolvenz bei Drittzahlungen. Thole, NZI 2017, 129, 130 steht der Annahme einer Gesamtgläubigerschaft im vorliegenden Fall des Folgeinsolvenzverfahrens allerdings kritisch gegenüber. 692) MünchKomm-BGB/Heinemeyer, § 428 BGB Rn. 2. 693) MünchKomm-BGB/Heinemeyer, § 428 BGB Rn. 2. 694) Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 755 m. w. N. 695) So auch Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 755 für den Fall, dass bei Drittzahlungen aufgrund Doppelinsolvenz zwei Insolvenzanfechtungsansprüche konkurrieren. 696) So auch BGH, Urt. v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 = NJW 2008, 655, 657 Rn. 29, allerdings im Kontext einer mittelbaren Zuwendung bei einer Doppelinsolvenz.

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des § 428 BGB aufgelöst. Als Rechtsfolge der Erfüllung einer der beiden Insolvenzanfechtungsansprüche wird der Insolvenzanfechtungsgegner insgesamt von seiner Rückgewährpflicht befreit und damit vor einer doppelten Inanspruchnahme geschützt.697) Dies gilt für eine Rückgewähr des anfechtbar Erlangten durch den Insolvenzanfechtungsgegner vor wie auch nach der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens.698) Die Gegenansprüche des Insolvenzanfechtungsgegners gemäß § 144 InsO leben gegenüber der Insolvenzmasse auf, an die er das anfechtbar Erlangte zurückgewährt.

198 Im Innenverhältnis gelangt die Vermutungsregel des § 430 BGB zur Anwendung, nach der die Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander grundsätzlich zu gleichen Anteilen berechtigt sind. Der Anwendung der Vorschrift steht nicht entgegen, dass die beiden Insolvenzanfechtungsansprüche nicht zeitgleich entstehen und es an einer einheitlichen Forderung fehlt. Maßgeblich ist insofern alleine, dass die beiden Insolvenzanfechtungsansprüche auf die Befriedigung desselben Interesses gerichtet sind.699) Der Ausgleichsanspruch der Insolvenzmasse, an die das anfechtbar Erlangte nicht zurückgewährt wurde, ist als Masseforderung einzustufen, da die vollständige Entgegennahme des anfechtbar Erlangten durch den (anderen) Insolvenzverwalter als „Handlung“ im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO einzuordnen ist.

E. Auswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens auf die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs 199 In den Fällen, in denen die einzelnen Insolvenzgläubiger aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre einhergehend mit der Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des Insolvenzverfahrens (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen können,700) kann der Einzelgläubigeranfechtungsanspruch mit dem bei Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens neu entstehenden Insolvenzanfechtungsanspruch kollidieren. Bei einer solchen Kollision gelten die Ausführungen zum Verhältnis von Einzelgläubigeranfechtungsanspruch und Insolvenzanfechtungsanspruch und zu den Rechten des Insolvenzverwalters bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (§§ 16 ff. AnfG) entsprechend.701) Das heißt insbesondere, dass einhergehend mit der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs durch den einzelnen Gläubiger suspendiert wird und ___________ 697) Im Ergebnis ebenso Thole, NZI 2017, 129, 130; ähnlich auch BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 265 Rn. 30 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 173/09 = NZI 2013, 292, 293 f. Rn. 15 ff., wobei letztere Entscheidung das Verhältnis von Insolvenzanfechtung und Einzelgläubigeranfechtung betrifft. 698) Im Ergebnis ebenso BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11 = NZI 2014, 262, 265 Rn. 30. 699) So insgesamt auch Bartels, Insolvenzanfechtung, S. 757 für den Fall, dass bei Drittzahlungen aufgrund Doppelinsolvenz Insolvenzanfechtungsansprüche konkurrieren. 700) Siehe dazu Gliederungspunkt B.V. im dritten Kapitel und Gliederungspunkt A.IV. im vierten Kapitel. 701) Ausführlich dazu unter Gliederungspunkt B. und D.II. im zweiten Kapitel.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse des sechsten Kapitels

der Insolvenzverwalter des Folgeinsolvenzverfahrens einen rechtshängigen Einzelgläubigeranfechtungsprozess aufnehmen und den Klageantrag nach Maßgabe der §§ 143, 144, 146 InsO erweitern kann (§ 17 Abs. 1, 2 AnfG). Wurde die Geltendmachung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche allerdings noch vor der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens durch die (nachträgliche) Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO (erneut) suspendiert,702) sind die Einzelgläubigeranfechtungsansprüche bei Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens noch zugunsten der Insolvenzmasse des vorangegangenen Insolvenzverfahrens verhaftet.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse des sechsten Kapitels Wird nach der Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 200 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) eines Insolvenzverfahrens ein Folgeinsolvenzverfahren eröffnet, kann der Insolvenzverwalter des neuen Insolvenzverfahrens nur die mit der Verfahrenseröffnung als Aktiva des neuen Sondervermögens entstehenden materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche geltend machen. Die fortbestehenden Insolvenzanfechtungsansprüche des vorangegangenen Insolvenzverfahrens kann er nicht verfolgen, da diese noch zugunsten des Sondervermögens des vorangegangenen Insolvenzverfahrens verhaftet sind. Es kann mithin zu einer Konkurrenz von Insolvenzanfechtungsansprüchen zweier Vermögensmassen kommen. Der Insolvenzverwalter des Folgeinsolvenzverfahrens hat auch keinen Zugriff auf die abgetretenen Insolvenzanfechtungsansprüche des vorangegangenen Insolvenzverfahrens. Die Insolvenzanfechtungsansprüche sind bereits bei Abtretung aus dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“ ausgeschieden. Da die Entstehung der Insolvenzanfechtungsansprüche des Folgeinsolvenzverfahrens aber durch die Anspruchsabtretung nicht gehindert wird, kann es auch insofern zu einer Konkurrenz von Insolvenzanfechtungsansprüchen zweier Vermögensmassen kommen. In den Fällen konkurrierender Insolvenzanfechtungsansprüche lässt sich das Konkurrenzverhältnis durch die Anwendung der Vorschriften zur Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff. BGB) auflösen. Im Außenverhältnis wird der Insolvenzanfechtungsgegner als Rechtsfolge der Erfüllung einer der beiden Insolvenzanfechtungsansprüche nach § 428 S. 1 BGB insgesamt von seiner Rückgewährpflicht befreit. Im Innenverhältnis gelangt die Vermutungsregel des § 430 BGB zur Anwendung, nach der die Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander grundsätzlich zu gleichen Anteilen berechtigt sind. Kommt es aufgrund des Folgeinsolvenzverfahrens zu einer Kollision des neu entstehenden Insolvenzanfechtungsanspruchs mit einem Einzelgläubigeranfechtungsanspruch nach dem AnfG wird die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs (erneut) suspendiert. ___________ 702) Die gerichtliche Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO nach Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens ist nur in den Fällen der §§ 200 Abs. 1, 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO, nicht aber im Fall des § 258 Abs. 1 InsO und den Fällen der §§ 212, 213 InsO möglich.

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Kapitel 7 Schlussbetrachtung Das Schicksal des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs bei Aufhe- 201 bung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1, 212, 213 InsO) des Insolvenzverfahrens wurde in dieser Arbeit einer vertieften wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch als Aktivum des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ streng von der Befugnis des Insolvenzverwalters zu dessen Geltendmachung für die Insolvenzmasse (§ 80 Abs. 1 InsO) zu trennen ist, wurde aufgezeigt, dass die vorbehaltlose Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens nicht zwangsläufig zum Erlöschen des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs führt. Zwischen dem Amt des Insolvenzverwalters und dem Insolvenzanfechtungsanspruch besteht gerade keine untrennbare Verbundenheit dergestalt, dass ein Wegfall des Amtes bei Verfahrensbeendigung zwangsläufig auch zum Erlöschen des Insolvenzanfechtungsanspruchs führen müsste. Vielmehr wurde herausgearbeitet, dass der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch auch nach der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens fortbestehen kann. Das maßgebliche Kriterium für einen solchen Fortbestand ist, dass der Zweck des Insolvenzanfechtungsanspruchs, die bestmögliche Haftungsverwirklichung zugunsten der (Insolvenz-)Gläubiger zu verwirklichen, noch nach der Verfahrensbeendigung erreicht werden kann. Es ist mithin entscheidend, dass der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch den Gläubigern des Insolvenzschuldners noch zugutekommen kann. Bei der Aufhebung oder Einstellung des Regelinsolvenzverfahrens ist für den Fort- 202 bestand des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruchs ausschlaggebend, dass dieser noch zum Gegenstand einer gerichtlich angeordneten Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO gemacht werden kann. Wegen dieser Möglichkeit besteht der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch trotz der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 200 Abs. 1 InsO oder der Einstellung des Insolvenzverfahrens gemäß § 207 Abs. 1 InsO bzw. § 211 Abs. 1 InsO fort. Gleichwohl ist die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs solange ausgeschlossen, bis die Befugnisse des Insolvenzverwalters durch die gerichtliche Anordnung der Nachtragsverteilung mit Wirkung ex nunc wieder aufleben. Die Geltendmachung des Insolvenzanfechtungsanspruchs wird in zeitlicher Hinsicht allein durch die Vorschriften über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch begrenzt (vgl. § 146 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 194 ff. BGB). Lediglich in den Fällen der Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes gemäß § 212 InsO und der Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger gemäß § 213 InsO erlischt der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch mit Verfahrensbeendigung. Mit Blick auf die Insolvenzbewältigung im Insolvenzplanverfahren – bei der eine 203 Nachtragsverteilung gemäß §§ 203 ff. InsO nach herrschender Auffassung in Recht-

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Kapitel 7 Schlussbetrachtung

sprechung und Schrifttum generell ausgeschlossen ist – hat die Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO zentrale Bedeutung. Diese normiert eine Sonderregelung zur Insolvenzanfechtung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens infolge rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO). Durch die Aufnahme einer Fortführungsermächtigung in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans können die zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung bereits rechtshängigen Insolvenzanfechtungsprozesse seitens des Insolvenzverwalters in der Sache selbst zu Ende geführt werden. In diesem Rahmen besteht dann auch der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch fort, kann also den (Insolvenz-)Gläubigern noch nach der Verfahrensaufhebung zugutekommen. Dogmatisch betrachtet, bleibt der Insolvenzbeschlag beschränkt auf den von der Fortführungsermächtigung erfassten materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsanspruch trotz Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufrechterhalten. Aus den Reformund Gesetzgebungsmaterialien zur Insolvenzordnung sowie dem historischen Gesamtzusammenhang geht deutlich hervor, dass der fortbestehende Insolvenzanfechtungsanspruch Bestandteil eines Sondervermögens ist, welches nicht zum Vermögen des reorganisierten Insolvenzschuldners gehört.

204 Neu ist der Ansatz, dem Insolvenzanfechtungsgegner ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu gewähren, wenn er im Regelinsolvenzverfahren keine Möglichkeit hatte, seinen (Gegen-)Anspruch durch eine Anmeldung als aufschiebend bedingte (Insolvenz-)Forderung zur Insolvenztabelle abzusichern. Nur durch ein solches Zurückbehaltungsrecht kann der Insolvenzanfechtungsgegner seine bei Rückgewähr des anfechtbar Erlangten gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder auflebende bzw. gemäß § 144 Abs. 2 S. 2 InsO neu entstehende (Insolvenz-)Forderung noch nach der Verfahrensaufhebung verwirklichen, mithin Befriedigung in Höhe der Insolvenzquote erfahren. Demgegenüber bedarf es in den Fällen der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 Abs. 1 InsO) oder mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) sowie bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) grundsätzlich keines solchen Zurückbehaltungsrechts zur Verwirklichung des (Gegen-)Anspruchs. In den beiden Fällen der Verfahrenseinstellung führt gerade erst die Rückgewähr des anfechtbar Erlangten an die Insolvenzmasse, ohne im Gegenzug eine Insolvenzquote zu erlangen, zu einer Gleichstellung des Insolvenzanfechtungsgegners mit den anderen einfachen Insolvenzgläubigern. Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund rechtskräftiger Planbestätigung kann der Insolvenzanfechtungsgegner seine (Insolvenz-)Forderung auch ohne ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht als sog. Nachzügler (§ 254b InsO) geltend machen. Nur in den Fällen, in denen der Insolvenzanfechtungsgegner seinen Gegenanspruch (faktisch) verlieren würde (z. B. je nach Ausgestaltung eines Abwicklungsplans) und es deshalb zu einer Bereicherung der Insolvenzmasse in Höhe der auf den Gegenanspruch entfallenden Insolvenzquote kommen würde, bedarf es auch bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Planbestätigung (§ 258 Abs. 1 InsO) eines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 Abs. 1 BGB. 128

Kapitel 7 Schlussbetrachtung

Im Hinblick auf das Verhältnis des materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsan- 205 spruchs zum Anspruch aus Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG wurde herausgearbeitet, dass es sich bei diesen beiden Ansprüchen um wesensverschiedene Ansprüche handelt, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nebeneinander stehen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens suspendiert jedoch die Durchsetzung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs durch die einzelnen Insolvenzgläubiger bis zur „Beendigung des Insolvenzverfahrens“ im Sinne des § 18 Abs. 1 AnfG (sog. Durchsetzungssperre). Eine solche Beendigung des Insolvenzverfahrens liegt nicht vor, wenn vor der Aufhebung (§ 200 Abs. 1 InsO) oder Einstellung des Insolvenzverfahrens (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) ein Nachtragsvorbehalt angeordnet worden ist. Wurde demgegenüber das Insolvenzverfahren ohne Nachtragsvorbehalt aufgehoben oder eingestellt, können die einzelnen Insolvenzgläubiger aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen. Ähnliches gilt hinsichtlich der Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO. Enthält der gestaltende Teil des Insolvenzplans eine Fortführungsermächtigung im Sinne des § 259 Abs. 3 S. 1 InsO, ist die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs (weiterhin) suspendiert. Beinhaltet der Insolvenzplan demgegenüber keine solche Ermächtigung, können die einzelnen Insolvenzgläubiger nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) aufgrund des Wegfalls der Durchsetzungssperre (wieder) im Wege der Einzelgläubigeranfechtung nach dem AnfG vorgehen. In den Fällen der vorbehaltlosen Aufhebung oder Einstellung des Regelinsolvenzverfahrens erfolgt eine erneute Suspendierung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche, wenn die Nachtragsverteilung erst nach der Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens angeordnet wird. Nach der Verfahrensaufhebung gemäß § 258 Abs. 1 InsO ist eine erneute Suspendierung der Einzelgläubigeranfechtungsansprüche angesichts der Unanwendbarkeit der Vorschriften zur Nachtragsverteilung (§§ 203 ff. InsO) hingegen ausgeschlossen. Auf der Grundlage der zuvor gewonnenen Erkenntnisse wurde ferner untersucht, 206 welche Auswirkungen die Beendigung des Insolvenzverfahrens auf das Schicksal eines abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs hat. Es wurde herausgearbeitet, dass der materiell-rechtliche Insolvenzanfechtungsanspruch in den Fällen der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO und in den Fällen der Einstellung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO nach der Zession losgelöst vom Insolvenzverfahren fortbesteht. Nur in den Fällen der Verfahrenseinstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) und der Verfahrenseinstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) erlischt der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch mit der Verfahrensbeendigung. Als das maßgebliche Kriterium für den Fortbestand des Insolvenzanfechtungsanspruchs wurde qualifiziert, dass der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch den (Insolvenz-)Gläubigern in Form der Gegenleistung des Zessionars bereits vor der Verfahrensbeen129

Kapitel 7 Schlussbetrachtung

digung zugutegekommen ist oder noch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens zugutekommen kann. Da die Rechtsstellung des Zessionar – anders als die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters – nicht an das Insolvenzverfahren gebunden ist, bedarf es keiner analogen Anwendung der § 203 Abs. 1, 2 InsO bzw. § 259 Abs. 3 InsO für den Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Verfahrensbeendigung. Auch stehen dem Fortbestand des abgetretenen Insolvenzanfechtungsanspruchs nach Beendigung des Insolvenzverfahrens im Ergebnis keine schutzwürdigen Interessen des Insolvenzanfechtungsgegners entgegen. Sofern der abgetretene Insolvenzanfechtungsanspruch nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens fortbesteht, ist den Einzelgläubigern eine Anfechtung nach dem AnfG wegen derselben Rechtshandlung (weiterhin) verwehrt.

207 Abschließend wurden noch die Rechtswirkungen der Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens in den Blick genommen. In einem Folgeinsolvenzverfahren, welches nach der Aufhebung (§§ 200 Abs. 1, 258 Abs. 1 InsO) oder Einstellung (§§ 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 InsO) eines Insolvenzverfahrens eröffnet wird, kann der Insolvenzverwalter des neuen Insolvenzverfahrens nur die mit der Verfahrenseröffnung als Aktiva des neuen Sondervermögens entstehenden materiell-rechtlichen Insolvenzanfechtungsansprüche geltend machen. Die Insolvenzanfechtungsansprüche des vorangegangenen Insolvenzverfahrens sind weiterhin zugunsten des Sondervermögens des vorangegangenen Insolvenzverfahrens verhaftet. Erst Recht hat der Insolvenzverwalter des Folgeinsolvenzverfahrens keinen Zugriff auf die abgetretenen Insolvenzanfechtungsansprüche des vorangegangenen Insolvenzverfahrens, da diese bereits mit der Abtretung aus dem Sondervermögen „Insolvenzmasse“ ausgeschieden sind. Bei Eröffnung eines Folgeinsolvenzverfahrens kann es mithin zu einer Konkurrenz von Insolvenzanfechtungsansprüchen zweier Vermögensmassen kommen. Dieses Konkurrenzverhältnis lässt sich durch die Anwendung der Vorschriften zur Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff. BGB) auflösen. Im Außenverhältnis wird der Insolvenzanfechtungsgegner als Rechtsfolge der Erfüllung einer der beiden Insolvenzanfechtungsansprüche nach § 428 S. 1 BGB insgesamt von seiner Rückgewährpflicht befreit. Im Innenverhältnis gelangt die Vermutungsregel des § 430 BGB zur Anwendung, nach der die Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander grundsätzlich zu gleichen Anteilen berechtigt sind. Kommt es aufgrund des Folgeinsolvenzverfahrens zu einer Kollision des neu entstehenden Insolvenzanfechtungsanspruchs mit einem Einzelgläubigeranfechtungsanspruch nach dem AnfG wird die Geltendmachung des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs (erneut) suspendiert.

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Stichwortverzeichnis

Ablaufhemmung der Verjährung 104 ff. Abtretung des Insolvenzanfechtungsanspruchs 3, 6 ff., 31, 39 ff., 50, 100, 163, 165, 168 ff., 173 ff., 179 ff., 194, 206 f. Aliud-Verhältnis 25, 49 Amtstheorie 29, 45 Anfechtungsbefugnis 34, 53 Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters 33, 45, 104 Aufhebung des Insolvenzverfahrens 4 ff., 51 ff, 56 f., 65, 67, 78, 83, 86, 92 ff., 104, 108 ff., 113, 117 f., 122, 128, 131 ff., 137 f., 141 f., 144 f., 150 f., 159 f., 163 f., 166 ff., 170 ff., 184 f., 187 ff., 194, 199 ff. Aufrechnung 84 f. Ausübungsmonopol des Insolvenzverwalters 33 Besserungsschein

155, 175

Dingliche Theorie 11, 20 Durchsetzungssperre 26, 38, 49, 57, 93 ff., 110, 143 ff., 167, 184, 186, 199 f., 205 ff. Einstellung des Insolvenzverfahrens

4 ff., 51 ff., 56 f., 65, 78, 83, 92 ff., 104, 108 ff., 144 f., 159, 164, 167 f., 179 ff., 194, 199 ff. Entstehung des Insolvenzanfechtungsanspruchs 3, 23 f., 30, 34, 49, 187, 190, 194, 198, 199 f. Erledigung 57, 78 ff., 113, 115, 131 Erlöschen – des Insolvenzanfechtungsrechts 51, 53, 54 – des Insolvenzanfechtungsanspruchs 4, 51 ff., 58 ff., 96 ff, 108, 113, 169 f., 179, 182 f., 186, 201 f., 206 – des Konkursanfechtungsanspruchs 115 Erlösverteilung 60, 66, 143, 147 f., 151, 153 ff., 163 f., 174, 180, 185, 190 f., 193, 198 Erörterungs- und Abstimmungstermin 126, 135 f., 140, 142

Folgeinsolvenzverfahren

7, 8, 99, 187 ff., 207 Forderungskauf/Forderungsverkauf 6, 42 f., 168 Fortführungsermächtigung 119, 121 ff., 135 f., 149, 164 f., 190 f., 203, 205

Gegenanspruch des Insolvenzanfechtungsgegners 5, 46, 83 ff., 109, 136 ff., 166, 176 ff., 181, 185, 197, 204, 206 Geltendmachung – des Einzelgläubigeranfechtungsanspruchs 5, 7, 36 ff., 47, 93 ff., 99 f., 143 ff., 167, 184, 186, 199 f., 205 ff. – des Insolvenzanfechtungsanspruchs 3, 5, 31 ff., 45, 50, 55 ff., 76 ff., 87 ff., 92, 95, 99 f., 102, 104, 108, 113, 139, 159, 163, 171 ff., 185, 188, 190 f., 197, 200 ff., 207 Gesamtgläubigerschaft 195 ff., 200, 207 Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung 38, 61, 91

Haftung des Insolvenzverwalters

44, 87, 151 Haftungsrechtliche Theorie 13 ff., 21, 48 haftungsrechtliche Unwirksamkeit 2, 13 ff., 22 Haftungsverwirklichung 4, 15, 58 ff., 67, 70, 97 f., 102 f., 108, 112, 183, 201 Hinterlegung 46

Insolvenzanfechtungsrecht 2, 45, 51, 53 ff. Insolvenzforderung 84 ff., 91 f., 109, 136, 138 ff., 146, 166, 177 f., 181, 204 Insolvenzzweckwidrigkeit 44 Konkurrenzverhältnis 7, 187 ff., 207 Kostenverteilung 147 f., 151, 158, 163, 193 Masseanspruch

85, 91 f., 133, 138, 177 f.,

181, 198

Nachtragsverteilung

4, 6, 51, 59, 65 ff., 81 ff., 88 f., 92 ff., 99, 104, 107 f., 110, 112, 115, 117, 145, 150, 159 ff., 167, 169 ff., 175, 180, 185, 188 f., 192, 199, 202 f., 205 f.

151

Stichwortverzeichnis Nachzügler 136, 138, 166, 178

Planregelung

4, 6, 51, 60, 114, 117, 119, 121 ff., 134 f., 137 f., 143, 145, 147 ff., 155 f., 158, 162 ff., 167, 172, 175, 190 ff., 203, 205 f. Prioritätsprinzip 38 Prozessführungsbefugnis 57, 77 f., 104, 117, 119, 122 f., 125, 127 Prozessstandschaft 77 f., 148 ff., 164

Rechtshängigkeit

57, 77, 82, 113, 117, 127 ff., 134 ff., 164 f., 172, 190 f., 199, 203 Rechtskraft 79 ff., 94 Rechtsnachfolge 24, 57 Restschuldbefreiung 71 f., 86, 94, 146

Schuldrechtliche Theorie

152

12, 21

Subjektive Zuordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs 3, 7, 27 ff., 34, 45, 49, 52, 59, 68, 104, 150, 163 f., 171 ff., 188 ff., 192 ff., 200 f., 203, 207

Verjährung des Insolvenzanfechtungsanspruchs – nach § 146 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 194 ff. BGB 46, 59, 100 ff., 109, 202 – nach § 259b InsO 140, 141, 142, Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 34 f., 53, 56 f., 61, 77 f., 82, 104, 171 f., 202

Zurückbehaltungsrecht

84 ff., 89 ff., 109, 139, 166, 177 f., 181, 204 Zweck der Insolvenzanfechtung 4, 42, 58, 59 f., 63 ff., 91, 108, 112, 153, 164, 174 f., 182, 196, 201 Zweck des Insolvenzverfahrens 44, 60 ff.