ifo Studien: Zeitschrift für empirische Wirtschaftsforschung. Heft 1-2/1999, 45. Jahrgang. Fünfzig Jahre ifo Institut [1 ed.] 9783428500604, 9783428100606

Seit seiner Gründung im Januar 1949 liefert das ifo Institut durch laufende Beobachtung und Analyse des Wirtschaftsproze

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ifo Studien: Zeitschrift für empirische Wirtschaftsforschung. Heft 1-2/1999, 45. Jahrgang. Fünfzig Jahre ifo Institut [1 ed.]
 9783428500604, 9783428100606

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ifo Studien Zeitschrift für empirische Wirtschaftsforschung

1 – 2/1999 45. Jahrgang

Duncker & Humblot . Berlin

ifo Studien Herausgegeben von Karl Heinrich Oppenländer Schriftleitung: Marga Jennewein Beirat: Ernst Helmstädter, Günter Poser, Hans Jürgen Ramser, Gerd Ronning, Jürgen Wolters

Fünfzig Jahre ifo Institut Inhaltsverzeichnis

Teil I Grußworte aus Europa und USA

3

Bundes- und Landespolitik: Hans Eichel (5), Werner Müller (6), Günter Rexrodt (8), Theodor Waigel (9), Uwe Jens (10), Otto Schlecht (11), Edmund Stoiber (12), Kurt Biedenkopf (13), Erwin Teufel (14), Kurt Faltlhauser (16), Otto Wiesheu (17), EU-Kommission: Martin Bangemann (19), Alexander Schaub (19), Wirtschaft: Walter Deuss (21), Wolfgang Eychmüller (21), Jürgen E. Schrempp (22), Horst Teltschik (23), Bernhard Walter (24), Zentralbanken: Hans Tietmeyer (27), Otmar Issing (28), Medien: Jürgen Jeske (31), Michael Jungblut (32), Hans Mundorf (33), Universitäten: Reinhard Blum (37), Andrea Boltho (38), Gottfried Bombach (40), Rudolf Brabeck (41), Günter Buttler (42), Jürgen Heubes (43), Wilhelm Krelle (44), Manfred Neumann (46), Hans Schneeweiß (47), Ulrich van Suntum (48), Adolf Wagner (50), Institute: Walter Deuss, Dietger Hahn (51), Willem Molle (51), Gerd Ronning, Manfred Stadler (52), Bernd Schips (53), Victor Zarnowitz (54) Grußworte aus Japan

55

Deutsche Institutionen in Japan: Frank Elbe (57), Manfred Dransfeld (57), Politik, Zentralbank und Entwicklungsbank: Taichi Sakaiya (61), Toshihiko Yoshino (62), Shosaku Murayama (63), Masami Kogayu (64), Wirtschaft: Takashi Imai (67), Yoh Kurosawa (67), Universitäten: Yoshihiro Tajima (71), I. Shirakawa (72), Yoshizo Arakawa (74), Chikashi Moriguchi (76), Institute und Stiftungen: Yoshihisa Akiyama (79), Shinji Fukukawa (80), Toyoo Gyohten (82), Kuniaki Hanamura (83), Shozo Hashimoto (84), Shinyasu Hoshino (85), Ken lijima (86), Yukio Kaibori (87), Hisao Kanamori (89), Koichi Kunisada (90), Kaneichi Maehara (91), Yoshiharu Mani (92), Yuichiro Nagatomi (93), Yasuhiro Nakasone (95), Hisaya Nara (96), Bunroku Yoshino (98)

II

Inhaltsverzeichnis

Grußworte aus Taiwan R.O.C.:

101

Lee Teng-hui (103), P.K. Chiang (104), Wie-Jao Chen (105), Jin-Tan Liu (106), Cheng-Chemg Chen (107)

Teil II Oppenländer, Karl Heinrich: Fünfzig Jahre ifo Institut: Forschungsarbeiten und Resonanz 109 Grünewald, Liselotte: Veröffentlichungen der Forschungsergebnisse

111

Goldrian, Georg: Methodenfindung, Pionierleistungen

117

Nerb, Gernot: Unternehmens- und Konsumentenbefragungen

123

Oppenländer, Karl Heinrich, Sandra Waller und Heidemarie nale Kooperationen und Netzwerke Nierhaus, Wolfgang:

C. Sherman : Internatio131

Konjunkturforschung

Parsche, Rüdiger. Öffentliche Finanzen Oppenländer, Karl Heinrich: Wachstum und Innovation Schaden, Barbara: Zwanzig Jahre Strukturberichterstattung Grefermann,

143 151 155 161

Klaus: Industrieforschung

171

Täger, Uwe Chr.: Handels- und Wettbewerbsforschung

179

Rußig, Volker. Bauforschung

189

Meimberg, Rüdiger Agrarforschung

203

Ratzenberger, Ralf. Verkehrsforschung

209

Sherman, Heidemarie C.: Europaforschung

221

Schönherr, Siegfried:

Entwicklungs- und Transformationsforschung

Laumer, Helmut: Japan- und Chinaforschung Eli, Max und Rigmar Osterkamp: Ostforschung

227 237 245

Inhaltsverzeichnis

III

Teil III Festreden Oppenländer, Karl Heinrich: Rückblick auf die Arbeit des ifo Instituts Sinn, Hans-Werner. das ifo Institut

253

Der Weg in die Zukunft - Aufgaben und Herausforderungen für 263

Anschriften der Autoren

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Teil I

Grußworte

Der Herausgeber der ifo Studien, Prof. Oppenländer, hat Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft gebeten, zum ifo Jubiläum ein Grußwort zu übermitteln. Das Echo war groß. Um die Übersicht zu bewahren, sind die Grußworte in drei Abschnitte eingeteilt, A. Grußworte aus Europa und USA (39), B. Grußworte aus Japan (28), C. Grußworte aus Taiwan R.O.C. (5).

Fünfzig Jahre ifo Institut

A. Grußworte aus Europa und USA Bundes- und Landespolitik Herr Eichel, Bundesfinanzminister Herr Müller, Bundeswirtschaftsminister Herr Rexrodt, Bundeswirtschaftsminister a.D. Herr Waigel, Bundesfinanzminister a.D. Herr Jens, Mitglied des Deutschen Bundestages Herr Schlecht, Staatssekretär a.D. Herr Stoiber, Ministerpräsident Bayern Herr Biedenkopf, Ministerpräsident Sachsen Herr Teufel, Ministerpräsident Baden-Württemberg Herr Faltlhauser, Finanzminister Bayern Herr Wiesheu, Wirtschaftsminister Bayern

EU-Kommission Herr Bangemann, EU-Kommission Herr Schaub, EU-Generaldirektor

Wirtschaft Herr Deuss, Vorstandsvorsitzender Karstadt Herr Eychmüller, Vorstandsvorsitzender Wieland-Werke Herr Schrempp, Vorstandsvorsitzender DaimlerChrysler Herr Teltschik, Vorstand BMW Herr Walter, Sprecher des Vorstands Dresdner Bank

Zentralbanken Herr Tietmeyer, Bundesbankpräsident Herr Issing, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank

3

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Grußworte

Medien Herr Jeske, Herausgeber Frankfurter Allgemeine Zeitung Herr Jungblut, Redaktion ZDF Herr Mundorf, Redaktion Handelsblatt

Universitäten Herr Blum, Universität Augsburg Herr Boltho, Magdalena College, Oxford Herr Bombach, Universität Basel Herr Brabeck, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Dresden Herr Buttler, Universität Erlangen-Nürnberg Herr Heubes, Universität Regensburg Herr Krelle, Universität Bonn Herr Neumann, Universität Erlangen-Nürnberg Herr Schneeweiß, Universität München Herr van Suntum, Universität Münster Herr Wagner, Universität Leipzig

Institute Herr Deuss, Herr Hahn, Institut für Unternehmungsplanung, Gießen, Berlin Herr Molle, Nederlands Economic Institute (NEI), Rotterdam Herr Ronning, Herr Stadler, Institut für angewandte Wirtschaftsforschung, Tübingen Herr Schips, Konjunkturforschungsstelle der ΕΤΗ Zürich Herr Zarnowitz, Foundation for International Business and Economic Research

Fünfzig Jahre ifo Institut

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Bundes- und Landespolitik

Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen 50 Jahre nach seiner Gründung steht das ifo Institut für Wirtschaftsforschung an einem Wendepunkt. Der Blick zurück richtet sich auf 50 Jahre erfolgreicher und anerkannter Leistungen in der laufenden Beobachtung und Analyse des Wirtschaftsprozesses, der Vorausschätzung wirtschaftlicher Entwicklungen, der Information der Öffentlichkeit sowie der Bereitstellung von Entscheidungsunterlagen im Rahmen der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung. Dabei ist es dem ifo Institut von Beginn an gelungen, ein eigenständiges Forschungsund Arbeitsprofil herauszubilden. Erfolg und Anerkennung des Instituts sind seit fast zweieinhalb Jahrzehnten verknüpft mit dem Namen seines vierten Präsidenten, Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer. Der Blick in die Zukunft zeigt, daß mit dem 50. Jahrestag für das ifo Institut eine neue Ära beginnt. Prof. Dr. Hans-Werner Sinn übernimmt als fünfter Präsident die Leitung des Instituts, das seine Arbeit künftig als forschungsbasierte Service-Einrichtung fortsetzen wird. Dies bedeutet nicht, daß Forschung am ifo Institut zukünftig keine Rolle mehr spielt. Serviceleistungen und wirtschaftspolitische Beratung von hoher wissenschaftlicher Qualität und Fundierung können nicht isoliert erbracht werden. Sie erfordern eine tragfähige Basis durch eigene Forschung. Insofern könnte die Einheit von Service, Forschung und Beratung ein Leitsatz für die künftige Arbeit des ifo Instituts sein. Dazu hat das Institut ein umfangreiches und anspruchsvolles Forschungs- und Serviceprogramm vorgesehen. Es greift die aus dem europäischen Integrations- und Erweiterungsprozeß sowie der zunehmenden Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft resultierenden Herausforderungen offensiv auf. Forschung und Service und - darauf aufbauend - wirtschaftswissenschaftliche Beratung sollen sowohl national als auch europaweit angeboten werden. Der Aufbau und die Betreuung eines europäischen Netzwerkes von Gastforschern soll die Forschungs- und Beratungskapazität des Institutes ergänzen. Als anspruchsvolle Vorbilder für die Neuorientierung dienen Institutionen wie die Brookings Institution (Washington), das Centre for Economic Policy Research (CEPR, London) und das National Bureau of Economic Research (NBER). Die Umsetzung dieses ehrgeizigen Ziels erfordert keinen vollständigen Neubeginn im Hinblick auf die Aufgabenstellung und die Arbeitsschwerpunkte. So bleiben die Erhebungen nach wie vor ein wichtiges Merkmal der Institutsarbeiten. Die ifo Befragungsergebnisse - Konjunkturtest national und international, Investitionstest, Innovationstest u. a. - stellen seit Jahrzehnten ein unverzichtbares Instrument der Konjunkturanalyse und -prognose dar. Nationale und internationale Institutionen, Verbände, Unternehmen, Banken sowie Wissenschaft und Wirtschaftspolitik stützen ihre Analysen immer auch auf die neuesten Tendenzen aus den ifo Befragungen. Profilbildend waren und sind ferner Daten und Analysen zu Branchenstrukturen sowie zu Innovationen und Patenten. Die Europäisierung dieser Arbeiten sowie der vorgesehene Aufbau einer

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Grußworte

europäischen Datenbank für den internationalen Institutionenvergleich werden das Service-, Forschungs- und Beratungspotential des Instituts nachhaltig stärken. Für die Neuorientierung ist auch von Bedeutung, daß das ifo Institut neben Kontinuität immer auch Innovationskraft und Offenheit für neue wirtschafts- und gesellschaftspolitische Fragestellungen bewiesen hat. Hier spielen das Engagement und die Qualifikation seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter eine bedeutsame Rolle. Auf diesen Grundlagen kann das Institut gut gerüstet in die Zukunft blicken und gleichzeitig stolz sein auf die Leistungen in den vergangenen Jahren. In seiner Stellungnahme zu den Wirtschaftsforschungsinstituten hat der Wissenschaftsrat Empfehlungen ausgesprochen, die insbesondere die Qualität der Arbeit der Institute sichern sollen. Das ifo Institut hat die Empfehlungen des Wissenschaftsrates angenommen und setzt sie um. Dazu gehört auch die Kooperation und gemeinsame Zukunft mit dem Center for Economic Studies (CES) als Ausdruck einer noch engeren Zusammenarbeit mit der Universität. Aufgabe der Wirtschaftsforschungsinstitute - dies erkennt auch der Wissenschaftsrat an - ist empirische Wirtschaftsforschung und darauf basierende Politikberatung sowie Information der Öffentlichkeit. Zur Erfüllung dieser Aufgabe müssen sich die Institute insbesondere an aktuellen Problemen der angewandten Wirtschaftsforschung und der Wirtschaftspolitik und den sich daraus ergebenden Erkenntnisinteressen orientieren. Für Politik und Öffentlichkeit sind die an aktuellen und dringenden gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Fragen und Herausforderungen orientierte Forschung und Beratung unverzichtbar. Dabei stehen die Bereitstellung von Informationen und wirtschaftspolitische Beratung nicht im Widerspruch zur Wissenschaft. Im Gegenteil: von grundlegender Bedeutung für Qualität und Leistungsfähigkeit politischer Beratung ist die Qualität der wissenschaftlichen Fundierung. Zur Erfüllung dieses hohen Anspruchs ist die Einheit bzw. der Dreiklang von Service, Forschung und Beratung eine wesentliche Voraussetzung - wenn nicht sogar Erfolgsgarantie. Dem ifo Institut, seinem Präsidenten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünsche ich auf dem Weg zu einem europaweit agierenden Institut, das seine Leistungen national und grenzüberschreitend anbietet, allen Erfolg.

Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie 50 Jahre ifo Institut für Wirtschaftsforschung bedeuten 50 Jahre wirtschaftswissenschaftliche Forschung, 50 Jahre Unternehmensbefragungen, 50 Jahre Informationsservice für Wirtschaft und Politik, 50 Jahre Politikberatung. Das ifo Institut kann stolz sein auf das in den vergangenen Jahren Geleistete, gleichzeitig aber auch zuversichtlich, weil gut vorbereitet, in die Zukunft blicken.

Fünfzig Jahre ifo Institut

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Für die Wirtschaftspolitik ist die Arbeit der Wirtschaftsforschungsinstitute unverzichtbar. Sie braucht neutrale, unabhängige und wissenschaftlich fundierte Stellungnahme und Beratung. Basis dafür sind Meinungsvielfalt und die offene Diskussion unterschiedlicher wirtschaftstheoretischer Ansätze und Richtungen. Nur so sind Transparenz, Nachprüfbarkeit und hoher Qualitätsstandard möglich. Die unabhängige wirtschaftspolitische Beratung hat in der Bundesrepublik Deutschland eine lange und gute Tradition, die es wert ist, fortgesetzt zu werden. Sie wurde von keinem Geringeren als Ludwig Erhard begründet. Angesichts der Vielzahl neuer, dringender gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Fragen und Herausforderungen ist fachkundige Beratung durch unabhängige Sachverständige und Wissenschaftler wichtiger den je. Die von der Politik und Administration zu lösenden Aufgaben werden komplizierter und komplexer, nicht zuletzt durch zunehmende Internationalisierung vieler Fragestellungen; sie verlangen Detailkenntnisse, die oft nur die Wissenschaft liefern kann. Die Aufgaben für die wissenschaftliche Politikberatung sind entsprechend vielfältig. Sie muß vordenken über zukünftig mögliche relevante Entwicklungen und Probleme, sie muß aktuelle Ereignisse bewerten und Problemlösungen anbieten, sie muß sich mit der wirtschaftstheoretischen Diskussion auseinandersetzen und diese empirisch überprüfen; schließlich muß sie Daten und Forschungsergebnisse erarbeiten und verfügbar machen. Diesen hohen Anforderungen müssen die Wirtschaftsforschungsinstitute gerecht werden. Gefordert sind Problemorientierung, Praxisnähe, die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse rasch in fundierte Ratschläge umsetzen zu können, aber auch die Bereitschaft, Althergebrachtes in Zweifel zu ziehen, neue Wege zu gehen, neue Denkansätze zu entwickeln und für die eigenen Einsichten Überzeugungsarbeit zu leisten. Das ifo Institut hat dazu in den vergangenen Jahren wichtige Anstöße gegeben und sich mit einer Vielzahl von Untersuchungen und Prognosen, Datensammlungen und Umfragen sowie wissenschaftlichen Veranstaltungen Anerkennung und Wertschätzung erworben. Das Markenzeichen des ifo Instituts sind die Unternehmensbefragungen. Mit dem ifo Konjunkturtest führte das ifo Institut bereits 1949 eine neue Methode der Konjunktur- und Marktbeobachtung für die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage ein. Von nicht geringerem Interesse sind die Ergebnisse anderer Umfragen wie z.B. des ifo Investitionstests, des ifo Innovationstests und des Index ifo Geschäftsklima als Frühindikator der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland. Die regelmäßig erhobenen Daten fließen nicht nur in die institutseigenen Konjunkturprognosen ein, sondern bilden eine wichtige Grundlage für gesamtwirtschaftliche und branchenbezogene Ein- und Vorausschätzungen wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Akteure. Methodisch war das ifo Institut hier beispielgebend. In vielen Ländern wird die Umfragetechnik des ifo Instituts mittlerweile eingesetzt. Das ifo Institut steht nach 50 Jahren vor einem Neubeginn. Es wird seine Arbeit als forschungsbasierte Serviceeinrichtung fortsetzen. Enge Kontakte zu den Universitäten und zunehmende internationale Kooperationen sollen die

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Grußworte

Beiträge zur wirtschaftswissenschaftlichen und wirtschaftspolitischen Debatte stärken. Das Ziel, zu einem europaweit agierenden Institut und einem Forum für wissenschaftlich fundierte europaweite Politikberatung zu werden, ist gut und ehrgeizig. Die Empfehlungen und auch die Kritik des Wissenschaftsrates aus der Evaluierung hat das Institut angenommen und konstruktiv umgesetzt. Dabei kann es einen wichtigen Aktivposten - die Qualifikation und die Motivation seines wissenschaftlichen Mitarbeiterstabes - fruchtbringend für die Zukunft einbringen. Die Neuorientierung ist eine Chance, Effizienz und Qualität der Informationsbereitstellung und der empirischen Wirtschaftsforschung weiter zu erhöhen und das wissenschaftliche und Serviceprofil des ifo Instituts weiter zu schärfen.

Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister für Wirtschaft a.D. Das ist wie mit dem Geburtstag eines Menschen. Am 50. Geburtstag darf man schon einmal zurückblicken. Und wenn ich das tue, dann fühle ich mich zunächst zurückversetzt in meine Studienzeit, in den 60er Jahren, an der bewegten Freien Universität. Die Veröffentlichungen des ifo Instituts waren aufgereiht im Lesesaal. Sie standen für mich für etwas anderes als das, was man zur gleichen Zeit draußen wollte, ifo war nicht Ideologie, nichts aus dem Bauch, einem "höheren gesellschaftlichen Ziel" dienend, ifo war klar, systematisch und auf hohem Niveau. Neben den Daten und Fakten gab es präzise Analysen und die Beurteilung wichtiger Wirtschaftszweige und der gesamtwirtschaftlichen Lage. ifo hat mich dann ein ganzes Berufsleben begleitet. Zunächst in der Kammerorganisation, dann in der Landespolitik, im Bankenwesen und nicht zuletzt als Bundesminister für Wirtschaft. Als Bundesminister hatte ich dann auch Gelegenheit, das Institut zu besuchen und mit seinem Präsidenten und wichtigen Mitarbeitern zu diskutieren. Ich habe immer einen guten Eindruck gehabt von diesem Institut und seiner empirisch-wissenschaftlichen Arbeit. Und von daher stand ich auch auf der Seite von ifo, als es vor einiger Zeit darum ging, das Institut als Forschungseinrichtung irgendwie herabzustufen. Als ob empirische Arbeit nicht genauso wissenschaftlich sein kann wie theoretische. Nichts gegen Theorie, sie ist wichtig, ohne sie kann man keine neuen Ufer erreichen. Das ist eine Seite. Aber was wird da nicht alles geschwafelt. Das ist die andere Seite. Und da bedarf es auch empirisch-wissenschaftlicher Arbeit, wie sie von ifo nun einmal geleistet wird. Und ich war froh, auch einen Beitrag leisten zu können für dieses Institut, durch die Vergabe praktisch bedeutsamer Aufträge. Sie haben immer ihren Zweck erfüllt. Und noch eines hebt ifo heraus. Die Konjunkturindikatoren von ifo sind wichtiger Maßstab für wirtschaftliche Entscheidungen und politisches Handeln.

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Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg bei Ausbau und Weiterentwicklung des Instituts. Es ist ein Essential in der deutschen Wirtschaftsforschung, und dies soll auch so bleiben.

Dr. Theodor Waigel, Bundesminister der Finanzen a.D. Die politische Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in den modernen westlichen Industriegesellschaften steht seit Jahrzehnten im Zeichen zunehmender Komplexität. Die Flut von Informationen, die Kompliziertheit der Fragestellungen und die sich verstärkende Internationalisierung sowohl der Probleme als auch der handelnden Akteure machen es selbst dem viel zitierten "PolitExperten" - dem auf einen engeren Fachbereich fixierten Fachmann - immer schwieriger, sachlich fundierte, in sich konsistente und für die Güter- und Finanzmärkte nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen. Politik ist deshalb mehr denn je auf den externen Sachverstand jenseits der Ministerialbürokratie angewiesen. Wissenschaftliche Politikberatung ist längst zum festen Bestandteil demokratischer Systeme geworden. Wissenschaftliche Politikberatung genießt in Deutschland vor allem im wirtschafts- und finanzpolitischen Bereich hohes Ansehen. Den von Regierungsseite einberufenen Gremien wie dem Sachverständigenrat, der Monopolkommission oder den wissenschaftlichen Beiräten der Ministerien stehen selbständige, teilweise im Wettbewerb stehende Wirtschaftsforschungsinstitute gegenüber. Diese Vielzahl garantiert Wettbewerb, Pluralität, Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit. Zu den renommiertesten Instituten dieser Art zählt seit Jahren das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München, das am 24. Januar 1999 seinen 50. Geburtstag feierte. Da bekanntlich alle abstrakte Theorie grau ist, bemüht sich das ifo Institut traditionell, einen Schwerpunkt auf empirische Untersuchungen zu setzen. Dies kommt dem handelnden Wirtschaftspolitiker entgegen, denn er bedarf empirisch fundierter und verwertbarer Ergebnisse jenseits eines mathematisch-ökonometrischen Modellplatonismus. Er benötigt praxisnahe Daten, Prognosen und Handlungsalternativen. Das ifo Institut leistet in dieser Hinsicht ohne dessen theoretische Arbeiten auch nur im Ansatz schmälern zu wollen hervorragende Arbeit. Die Ermittlung der Geschäftserwartungen - das Aufspüren der psychologischen Stimmungslage - hat sich in der deutschen Konjunkturberichterstattung einen nicht mehr wegzudenkenden Platz erobert. Um so weniger war für viele Betrachter die Kritik des Wissenschaftsrats an den Arbeitsschwerpunkten des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung nachvollziehbar. Mein Dank und meine Anerkennung gelten den Mitarbeitern des Instituts und seinem scheidenden Präsidenten, Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer, der maßgeblich zum Renommee des Instituts beigetragen hat. Dem neuen Präsidenten, Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, gelten meine besten Wünsche bei seinen angekündigten Bemühungen, die Arbeit seines Vorgängers konsequent fortzu-

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Grußworte

setzen und das Institut stärker als bislang wirtschaftstheoretischen Fragestellungen zu öffnen.

Professor Dr. Uwe Jens, Mitglied des Deutschen Bundestages Auf einer Druckseite sich über die Arbeit des ifo Instituts zu äußern, kann leicht als Oberflächlichkeit oder Anmaßung ausgelegt werden. Aber wer weiß es besser als die praxisorientierten Forscher von ifo: Wer immer sich äußert, muß selektieren und damit auch werten. Für das Institut gilt es jetzt, nach dem öffentlichen Hin und Her über die Bewertung durch den Wissenschaftsrat, nach vorne zu blicken und dabei den Blick auf die bekannten Stärken der Münchner Wirtschaftsforscher zu richten. Die theoretische und praxisorientierte Forschung des Instituts zeichnet sich aus meiner Sicht dadurch aus, daß sie nicht apodiktisch einer und nur einer Lehrmeinung, nicht immer einem theoretischen "mainstream" folgte. Die Neoklassik ist heute zweifellos die dominierende Wirtschaftstheorie, aber wer ist so vermessen zu behaupten, daß es immer so bleiben wird? Für bestimmte Problemstellungen liefert auch heutzutage der Neo-Keynesianismus brauchbare Erklärungsansätze. Aber vor allem die evolutorische Wirtschaftstheorie hat zur Lösung der aktuellen Wirtschaftsprobleme - wie mir scheint - in bestimmten Fällen mehr zu sagen als die vorherrschende Neoklassik. Der ifo Konjunkturtest mit seinen Befragungen der im Markt Agierenden insbesondere nach den Erwartungen und Plänen der Unternehmer ist aus meiner Erfahrung noch immer der beste Frühindikator für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Dagegen verblassen alle sonstigen statistischen Versuche, einen vorsichtigen Blick auf die zu erwartende Wirtschaftslage zu richten. Der Nutzen der Befragungsergebnisse für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft ist allgemein anerkannt, wenngleich der Staat mit einer antizyklischen Politik ein für allemal gescheitert ist. Das Interesse an dem Indikator hat langfristig, wie mir scheint, dennoch eher zu- als abgenommen, ein, wenn man so will, anerkanntes Markenzeichen für ifo München. Mit diesem Hinweis auf den ifo Konjunkturtest haben wir auch ein Beispiel dafür, wie die Empirie die Theorie der rationalen Erwartungen beflügelt hat. Danach wird bekanntlich staatliches Handeln, wenn es berechenbar ist, von den Wirtschaftssubjekten antizipiert. Unternehmer mißachten die Gebote der Preisbildung und die Gewerkschaften die Theorie der Beschäftigung, wenn z.B. staatliche Konjunkturprogramme zum festen Bestandteil der Makropolitik einer Regierung werden. Diese theoretische Basis und praktische Erfahrung ist ein entscheidender Grund, die nationale staatliche Konjunkturpolitik im Ablagekorb unpraktikabler Theorieansätze zu belassen. Schließlich sei noch als herausragendes Qualitätssiegel des Instituts der ifo Innovationstest erwähnt. Hierdurch erhalten die Industrieunternehmen Ent-

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scheidungshilfen für die ünternehmensplanung und die Forschungs-, Technologie- und Wirtschaftspolitik konkrete Anhaltspunkte zur Erreichung eines "angemessenen" Wirtschaftswachstums. Gerade diese Forschung ist heute angesichts der Internationalisierung der Wirtschaft von besonderer Bedeutung und kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Einer der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren unserer Zeit ist die Fähigkeit unserer Unternehmen, schneller zu lernen, das Gelernte schneller in marktgängige Produkte umzusetzen als die Konkurrenz. Das ifo Institut hat sich folglich sowohl um die praktische als auch um die theoretische Wirtschaftsforschung verdient gemacht. Mein Glückwunsch und Dank für 50 Jahre Wirtschaftsforschung geht an das ifo Institut. Mein Wunsch: stärkere Beachtung der Forschungsergebnisse des Instituts durch Wirtschaft und vor allem der Politik. Warum das nicht so klappt, wie es eigentlich sollte, wäre eine besonders ausführliche interdisziplinäre ifo Untersuchung wert.

Professor Dr. Otto Schlecht, Staatssekretär a.D., Vorsitzender der LudwigErhard-Stiftung Gratulation zu 50 Jahren Wirtschaftsforschung des ifo Instituts! Ich gehöre zu den wenigen, die sie von Anfang an verfolgt und als "Konsument" der Forschungsergebnisse und der wissenschaftlichen Politikberatung viel profitiert haben: Als Student der Nationalökonomie, von 1953 bis 1991 im Bundeswirtschaftsministerium und bis heute als Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung. Aber auch als "Produzent" war ich ifo eng verbunden und habe es aktiv begleitet: Als Referats- und Abteilungsleiter und als Staatssekretär war ich zuständig für finanzielle "Zuwendungen" des Bundes und für Forschungsaufträge an die empirischen Wirtschaftsforschungsinstitute; von 1973 bis 1983 gehörte ich dem Vorstandsrat des ifo Instituts an und war von 1992 bis 1998 Vorsitzender seines Wissenschaftlichen Beirats. In all diesen Funktionen habe ich "Wohl und Wehe" bei ifo hautnah miterlebt und bestätige zum 50. Geburtstag gerne, daß das Institut in all den Jahren und Jahrzehnten - regional, national, europäisch und weltweit sowie breit gefächert - bei den öffentlichen und privaten Auftraggebern sowie in wissenschaftlichen Kreisen hohe Reputation erworben hat. Dies beweist auch die allzeit rege Nachfrage nach ifo Leistungen. Die empirische Forschung und wissenschaftliche Beratung war und ist praxisund zeitnah, aber gleichermaßen theoretisch fundiert und in engem Kontakt mit der Grundlagenforschung. Besonders zu betonen ist der komparative Vorteil von ifo im Konzert der empirischen Forschung, nämlich seine eigenständigen Konjunktur- und Investitionstests in der produzierenden Wirtschaft und in Dienstleistungsbereichen sowie ihre methodische Fundierung und Fortentwicklung. Dies hat wesentlichen Anteil am großen Forschungs- und Beratungserfolg. Weil ifo darauf aufbauen konnte und nicht nur einseitige Konjunkturtheo-

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Grußworte

rien zugrundelegte, waren seine Analysen und Prognosen meist nahe an der Wirklichkeit. Umso ärgerlicher und unverständlicher war, daß gerade dieses wissenschaftliche "Unikat" bei der Bewertung durch den Wissenschaftsrat zu seinem Nachteil ausschlug. Die einseitig an universitärer Forschung orientierten Bewertungskriterien führten nach meiner Überzeugung, die auch der Wissenschaftliche Beirat des Instituts und viele Hochschullehrer teilen, zu einer ungerechten Bewertung. Gewiß: Im Laufe von Jahrzehnten schleichen sich auch Schwachstellen ein und gerät der eine oder andere Forschungsauftrag etwas daneben; ich selbst hatte ein paar Mal Anlaß zu interner und öffentlicher Kritik. Aber der Wissenschaftliche Beirat hat als Ergebnis seiner Untersuchungen (die gründlicher waren als die der Kommission des Wissenschaftsrats) dem Institut gute Arbeit mit hohem wissenschaftlichem Niveau bescheinigt. Ausgehend von diesem Gesamturteil hat er für Teilbereiche organisatorische und inhaltliche Verbesserungsvorschläge gemacht. Vorstand und Abteilungen des Instituts haben sie aufgegriffen und zügig umgesetzt. Dabei wurden auch einzelne Empfehlungen des Wissenschaftsrats berücksichtigt. Das ifo Institut und sein Wissenschaftlicher Beirat haben aus der Not eine Tugend gemacht. Ein neues Konzept für Organisation und Schwerpunktbildung in der Forschung stellt - dem Votum des Wissenschaftsrats folgend - die Service· und Beratungsfunktionen besonders heraus, untermauert sie aber durch eine weiterhin breit angelegte Forschungsarbeit. Ich bin überzeugt, daß damit bei der nächsten Bewertung ifo wieder als volle Forschungseinrichtung auch für die "Blaue Liste" der Bund/Länder-Förderung anerkannt wird. Der 50. Geburtstag fällt zusammen mit dem Präsidentenwechsel. Dem scheidenden Präsidenten und seinen Kollegen gebührt besonderer Dank für Jahrzehnte erfolgreicher Arbeit. Dem neuen Präsidenten (den auch ich dazu ermuntert habe) wünsche ich "Glückauf für einen erfolgreichen und nachhaltigen Start in die nächsten 50 Jahre.

Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident des Freistaats Bayern Zum 50jährigen Gründungsjubiläum übermittle ich dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meine herzliche Gratulation. Mit meinem Glückwunsch verbinde ich den Dank für die Arbeit, die das Institut in dem halben Jahrhundert seines Bestehens geleistet hat. Wir leben in einer Zeit des rasanten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels, Entwicklungen verlaufen zunehmend komplexer und dynamischer, das Zusammenwachsen der Weltmärkte stellt uns ständig vor neue Herausforderungen. Wer im verschärften globalen Wettbewerb bestehen will, muß konsequent Innovationen vorantreiben. Wenn wir unsere hohen sozialen und ökologischen Standards halten wollen, müssen Gesellschaft, Wirtschaft und Staat

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den Strukturwandel flexibel und offensiv gestalten. Für sachgerechte und zukunftsweisende Entscheidungen braucht die Politik jedoch kompetente und unabhängige Beratung ebenso wie zuverlässige Prognosen und visionäre Entwürfe auf der Grundlage empirischer Analyse. Das ifo Institut zählt nicht ohne Grund zu den international führenden Einrichtungen der Wirtschaftsforschung. Seit Jahrzehnten leistet es den Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik durch den Brückenschlag zwischen wirtschaftswissenschaftlicher Theorie und wirtschaftspolitischer Praxis wertvolle Hilfe. Dabei gelingt es ifo immer wieder aufs beste, dem eigenen Anspruch, die Öffentlichkeit zu informieren und wirtschaftliche Prozesse zu erforschen, zum allgemeinen Wohle gerecht zu werden. Natürlich sind auch die ifo Prognostiker nicht unfehlbar und können komplexe wirtschaftliche Entwicklungen auch mit dem besten wissenschaftlichen Instrumentarium nicht absolut sicher vorhersagen. Dennoch ist uns ifo als wichtiger Informationslieferant und Vordenker ein verläßlicher und unentbehrlicher Partner. Die bayerische Politik verdankt den Wirtschaftsforschern von ifo so manchen guten Rat und bekennt sich dazu, die Tätigkeit von ifo auch künftig nach Kräften zu unterstützen. Seit seiner Gründung in den Anfangsjahren des Wirtschaftswunders und der Sozialen Marktwirtschaft hat sich das ifo Institut stets offen für neue Entwicklungen und gewandelte Anforderungen gezeigt. Es kann daher zuversichtlich in die Zukunft blicken. Auf dem Weg zum vollen Jahrhundert begleiten meine besten Wünschen die Arbeit des Instituts. Alles Gute!

Professor Dr. Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident des Freistaats Sachsen Seit seiner Gründung vor nunmehr 50 Jahren hat das ifo Institut auf dem Gebiet der Wirtschaftsforschung in der Bundesrepublik Deutschland einen wesentlichen Beitrag geleistet. Das Logo ifo ist zu einem Markennamen geworden und bringt die grundlegenden Tätigkeiten des Instituts, nämlich Informieren und Forschen, einprägsam auf den Punkt. Allzu häufig finden wir in der Politik das Phänomen, daß die Bevölkerung mit Aussagen über die wirtschaftliche Entwicklung konfrontiert wird, denen nur eine unzureichende Sachverhaltsanalyse zugrunde liegt. Mangelnde Transparenz politischer Entscheidungen hat jedoch sinkende Akzeptanz zur Folge - gerade wenn es sich um komplizierte wirtschaftliche Zusammenhänge handelt. Nach meiner Erfahrung sind die Bürger aber durchaus bereit, auch für sie schmerzvolle Entscheidungen zu akzeptieren, wenn man sich die Mühe macht, ihnen die Sachverhalte genau zu erklären. Mit seinen Analysen der globalen, sektoralen und regionalen Entwicklungsphänomene der Wirtschaft stellt das ifo Institut wichtige Materialien zur Verfügung, die dazu genutzt werden können, wirtschaftliche Sachverhalte transparenter zu machen. Ein immer größeres Gewicht wird dabei in Zukunft auch die 2 ifo Studien 1999

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Grußworte

Analyse der sozioökonomischen Bestimmungsfaktoren des Wirtschaftsprozesses einnehmen müssen. Auf dieser Grundlage kann das ifo Institut als unabhängige Einrichtung Entscheidungshilfen für die Wirtschaftspolitik und Vorschläge zur Vermeidung und Überwindung von wirtschaftlichen Fehlentwicklungen erarbeiten. Einer der wichtigsten Motoren des Fortschrittes, sei es in der Wissenschaft oder in der Politik, ist die Diskussion. Durch Symposien, Diskussionsveranstaltungen, Arbeitskreise und regionsspezifische Veröffentlichungen hat das ifo Institut in der Vergangenheit immer wieder Denkanstöße und Impulse zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen gegeben. Wir werden auch in Zukunft nicht auf diese produktiven Auseinandersetzungen verzichten können, wenn wir die wirtschaftlichen Herausforderungen des kommenden Jahrtausends meistern wollen. Aus sächsischer Sicht liegt uns verständlicherweise die Arbeit der Niederlassung des ifo Instituts in Dresden besonders am Herzen. Während das ifo Institut für Wirtschaftsforschung auf erfolgreiche 50 Jahre zurückblicken kann, feierte die Dresdner Niederlassung vor einem halben Jahr erst ihr öjähriges Bestehen. Ifo Dresden ist zu einem festen Bestandteil der Wirtschaftsforschung in den neuen Ländern geworden und hat in Zusammenarbeit mit der Münchner Zentrale durch zahlreiche Handlungsempfehlungen für die Wirtschaftspolitik den Aufbau Ost im Freistaat Sachsen und den anderen neuen Ländern kritisch begleitet. Ich bin davon überzeugt, daß die Forschungsarbeiten des ifo Instituts auch weiterhin einen zentralen Beitrag zur Lösung der Probleme, die sich aus dem Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland ergeben, leisten werden. Der Bedarf an wissenschaftlicher Beratung im Bereich der Wirtschaftspolitik wird auch in Zukunft in Ostdeutschland einen besonderen Stellenwert haben. Gerade hier in den neuen Ländern sind wir darauf angewiesen, die ausgetretenen Pfade im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu verlassen und nach neuen, innovativen und kreativen Lösungen unserer Probleme zu forschen. Das ifo Institut kann uns dabei eine wichtige Hilfe sein.

Erwin Teufel, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Seit nunmehr 50 Jahren leistet das ifo Institut für Wirtschaftsforschung einen herausragenden Beitrag im Konzert der führenden wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute in ganz Europa. Gerne nehme ich dieses Jubiläum zum Anlaß, seine Arbeit aus der Sicht eines politischen Entscheidungsträgers zu würdigen, der seit längerer Zeit schon enge Kontakte zu dieser Einrichtung unterhält. Die Kernaufgaben für die Forschungsarbeiten des ifo Instituts bestehen aus der Beobachtung, der Analyse sowie der Prognose von konjunkturellen Abläu-

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fen, strukturellen Wandlungsprozessen und wirtschaftlichen Wachstumsvorgängen. Von besonderem Interesse dabei sind Antworten auf die Frage nach den Einflußfaktoren, Rahmenbedingungen und Auswirkungen auf diesen Gebieten. Mit seiner Arbeit liefert das ifo Institut eine wesentliche Informationsgrundlage für eine pragmatische Wirtschaftspolitik, die letztendlich nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie verläßliche theoretische und empirische Maßstäbe zur Verfügung gestellt bekommt. Die baden-württembergische Wirtschaft hat den Strukturwandel der vergangenen Jahre mit großen Anstrengungen, aber auch mit Bravour bewältigt. Dieser Prozeß wird sich auch in Zukunft fortsetzen und an Dynamik gewinnen. Hier ist die Politik besonders gefordert, Probleme rasch zu beseitigen und Veränderungen sozialverträglich abzusichern. Baden-Württemberg besitzt alle Voraussetzungen, in den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts vorne mit dabei zu sein. Es kommt allerdings darauf an, daß die Politik die Weichen richtig stellt. Die vom ifo Institut hauptsächlich betriebenen mikroökonomischen und branchenwirtschaftlichen Analysen liefern dafür die Entscheidungsgrundlagen. Allein die Verantwortung für die richtigen wirtschaftspolitischen Rückschlüsse kann damit niemandem abgenommen werden. Die für das ifo Institut so charakteristische Verknüpfung von Grundlagen- und angewandter Forschung sorgt für die wissenschaftliche Unterfütterung empirischer Aussagen. Damit erfüllt das Institut gleichsam eine wichtige Transferfunktion im Bereich der Grundlagenforschung. Die geplante Stärkung des Instituts als international anerkannte Serviceeinrichtung für die Forschung wird der praktischen Wirtschaftspolitik weiter nutzen. Vor allem wissenschaftlich fundierte Vergleiche internationaler Institutionen, wie zum Beispiel der Steuerund Sozialsysteme oder bei den Arbeitsmarktregulierungen, sind für den politischen Diskussionsprozeß in unserem Land von großem Nutzen. Ein Forschungsinstitut, das auf dem Markt erfolgreich sein will, muß sich an veränderte Rahmenbedingungen und wechselnde Kundenwünsche anpassen. Mit der Umsetzung seiner Reformpläne wird es dem ifo Institut nicht nur gelingen, neue unternehmerische Akzente zu setzen, sondern sich auch weiterhin erfolgreich unter den führenden wirtschaftswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen in Europa zu behaupten. Für die Landesregierung von Baden-Württemberg sind die Beiträge und Analysen des ifo Instituts immer eine wichtige, weil unabhängige Informationsund Wissensquelle für ihre Entscheidungen gewesen. Dafür möchte ich mich bei den Verantwortlichen dieser Einrichtung, allen voran Herrn Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer wie auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich bedanken. Auch in Zukunft werden wir gerne auf den Rat des Instituts zurückgreifen, wenn wir daran gehen, die wirtschaftspolitischen Probleme unseres Landes zum Wohle der Menschen zu lösen. Ich wünsche dem ifo Institut für seine künftige Arbeit weiterhin viel Erfolg.

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Grußworte

Professor Dr. Kurt Faltlhauser, Bayerischer Staatsminister der Finanzen Schon seit meiner Studienzeit in München ist mir das ifo Institut für Wirtschaftsforschung als erstrangige wirtschaftswissenschaftliche Adresse vertraut. Ifo war für mich als Volkswirt während meiner wissenschaftlichen und politischen Laufbahn immer eine zuverlässige Quelle für fachliche Informationen aller Art. Auch in meinem jetzigen Amt als Bayerischer Staatsminister der Finanzen schätze ich das ifo Institut als ein hochkarätiges Zentrum wirtschaftswissenschaftlicher Kompetenz. Hervorheben möchte ich etwa die überaus wertvolle Mitarbeit des ifo Instituts im "Arbeitskreis Steuerschätzung" von Bund, Länder und Gemeinden. Das ifo Institut gehört - als Einrichtung der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz - zu den herausragenden Vertretern der bayerischen Forschungslandschaft. Zahlreiche Forschungskooperationen belegen, daß die ebenso theoriegestützte wie anwendungsorientierte wirtschaftswissenschaftliche Forschungstätigkeit des Instituts auch in der internationalen Fachszene einen ausgezeichneten Ruf genießt. Im Blickfeld der Öffentlichkeit steht ifo regelmäßig mit seinen Unternehmensbefragungen als zentraler Servicefunktion. "ifo Konjunkturtest" und "ifo Geschäftsklima" beispielsweise sind seit langem unentbehrliche Indikatoren für die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Erfolg und Ansehen verdankt das ifo Institut in hohem Maße seinem langjährigen Präsidenten Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer. Er hat 1976 die Leitung des Instituts übernommen. Unter der Präsidentschaft dieses ausgewiesenen Spezialisten für Konjunkturanalysen und Innovationsforschung ist das ifo Institut kontinuierlich zu der modernen und zukunftsfähigen Forschungs- und Serviceeinrichtung von heute ausgebaut worden. Durch seinen persönlichen Anteil an dieser Leistung hat sich Prof. Dr. Oppenländer große Verdienste erworben. Im Jahr 1999, zum 50. Geburtstag, befindet sich das ifo Institut im Umbruch. Die Institution, zu deren Hauptaufgaben die wissenschaftliche Begleitung des wirtschaftlichen Wandels gehört, ist auch selbst dem Wandel unterworfen. Neue organisatorische Strukturen und innovative Forschungs- und Serviceprojekte werden auch in Zukunft die Schlagkraft von ifo im Wettstreit der renommierten Wirtschaftsforschungsinstitute sicherstellen. Nicht zuletzt verbinden sich mit dem neuen Präsidenten Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, einem der profiliertesten Vertreter der europäischen Volkswirtschaftslehre, hochgesteckte Erwartungen. "ifo" heißt "Information und Forschung". Das Kürzel ist bewährtes Programm. Als solches wird es im Wandel die Konstante bleiben. Bayern ist stolz auf "sein" Wirtschaftsforschungsinstitut.

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Dr. Otto Wiesheu, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie 50 Jahre ifo Institut - das bedeutet Wirtschaftsforschung und kompetente Politikberatung von der ersten Stunde der Bundesrepublik an. Das Institut hat sich aus kleinsten Anfängen - mit sechs hauptberuflichen Mitarbeitern - zu einer weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannten und aktiven außeruniversitären Forschungseinrichtung entwickelt. Das ifo Institut hätte trotz staatlicher Förderung durch Bund und Land im Rahmen der "Blauen Liste" nicht seine heutige Stellung in der deutschen Institutslandschaft, wenn es sich nicht gleichzeitig als Unternehmen am Markt verstanden und verhalten hätte. Das heißt zum einen Wahrung der Kontinuität durch Stützung auf das Kerngeschäft. Die Konjunkturforschung, die Unternehmensbefragungen und der monatliche ifo Konjunkturtest sind nach wie vor Markenzeichen des Instituts. Der ifo Geschäftsklimaindex ist anerkanntes und bewährtes Instrument im schwierigen Geschäft der Konjunkturprognose. Zum anderen ist das ifo Institut immer wieder in neue Forschungsgebiete vorgestoßen. Wie in vielen anderen Bereichen, so ist es auch in der Wirtschaftsforschung zunehmend wichtig, über den "nationalen Tellerrand" hinauszusehen. Auch in dieser Hinsicht hat das ifo Institut den notwendigen Erneuerungsprozeß aktiv vorangetrieben und sich an internationalen Forschungsnetzwerken beteiligt, wie z.B. CIRET, ERECO sowie der Tokyo Foundation for Global Studies. Für die internationalen Ambitionen steht auch die Präsenz in Brüssel und in Kasachstan. Das Jubiläumsjahr steht im Zeichen tiefgreifender Veränderungen. Ausgehend von der Bewertung durch den Wissenschaftsrat wird sich das ifo Institut als forschungsbasierte Serviceeinrichtung für Deutschland und Europa neu formieren. Dieser Erneuerungsprozeß reicht von der Stärkung der Zusammenarbeit mit den Hochschulen und der verstärkten Nutzung internationaler Netzwerke der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung über die erforderliche Neuausrichtung der Organisationsstruktur bis hin zur Schärfung des Service- und Forschungsprofils mit einem deutlichen Schwerpunkt bei der "Europäisierung" der Institutsarbeit. Die erfolgreiche Umsetzung dieses Erneuerungsprozesses ist nicht nur entscheidend für die Zukunftsperspektiven des ifo Instituts und seine Stellung unter den Wirtschaftsforschungsinstituten. Sie ist auch für die Zukunft des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Bayerns von Bedeutung. Das gilt zum einen für die über 200 Arbeitsplätze der beim ifo Institut beschäftigten Wissenschaftler und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter. Es gilt aber auch für die Beratungs-, Prognose- und gutachterliche Tätigkeit des ifo Instituts, von der die Staatsregierung und andere Institutionen sowie Unternehmen in Bayern über viele Jahrzehnte profitiert haben und weiter profitieren wollen. Rationale, zukunftsfähige Politik in einer hochkomplexen Gesellschaft ist auf kompetente, unabhängige Analysen angewiesen. Nicht zuletzt stärkt ein Institut für ange-

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Grußworte

wandte wirtschaftswissenschaftliche Forschung mit hohem internationalem Renommee Bayerns Stellung in der globalen Wissenschaftsgesellschaft. Für eine gute Zukunft gelten dem ifo Institut meine besten Wünsche.

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EU-Kommission

Dr. Martin Bangemann, Mitglied der Europäischen Kommission, Brüssel Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung hat sich im Laufe seines 50-jährigen Bestehens zu einer "Institution" der Wirtschaftsforschung entwickelt. Seine unzähligen Veröffentlichungen sind für viele eine unverzichtbare Grundlage für ihre Arbeiten und Entscheidungen. Dabei ist besonders hervorzuheben, daß sich dies keineswegs auf akademische Zirkel beschränkt. Veröffentlichungen des ifo Instituts zeichnen dies stets durch Praxisnähe aus, so daß sie für Unternehmen aktuelle, präzise und leicht verwertbare Informationen und Zahlenmaterial liefern. Die "Solidität", insbesondere der vom ifo Institut veröffentlichten Statistiken, ist ein Qualitätsmerkmal, das sicherlich maßgeblich zu dem hohen Ansehen, das das Institut im In- und Ausland genießt, beigetragen hat. Das ifo Institut hat sich aber nie allein auf die wissenschaftliche Aufarbeitung und Interpretation von Zahlenmaterial beschränkt. Seine wissenschaftlich fundierten Analysen und Stellungnahmen zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen haben das Institut zu einem kritischen Beobachter der Wirtschaftspolitik gemacht. Ich wünsche dem ifo Institut für die Zukunft viele interessante Themen für seine Forschungsarbeit und weiterhin viel Erfolg.

Dr. Alexander Schaub, Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb, Europäische Kommission Das ifo Institut hat sich in den 50 Jahren seines Bestehens zu einem der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute Deutschlands entwickelt. Es liefert wissenschaftlich fundierte Beiträge zur empirischen Wirtschaftsforschung und spielt damit eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung fundierter Entscheidungen in Politik, öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft. Dabei hat es frühzeitig die europäische Dimension der Wirtschaftspolitik erkannt und in seine Tätigkeit einbezogen. Aus Sicht der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission möchte ich eine Reihe von Schwerpunkten des Instituts hervorheben, die für uns von besonderem Nutzen waren: Hierzu gehört zunächst die laufende Beobachtung des Wirtschaftsprozesses durch Erhebungsinstrumente wie den ifo Konjunkturtest. Diese Studien sind, gerade auch aufgrund der sektoralen Ausrichtung, die die Arbeit des Instituts prägt, für die Beobachtung des Wirtschaftsgeschehens durch die Generaldirektion Wettbewerb von großem Interesse.

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Grußworte

Weiter möchte ich den Forschungsschwerpunkt Wettbewerbspolitik hervorheben. Dabei erscheint mir insbesondere das Bemühen des ifo Instituts erwähnenswert, nicht nur theoretische Analysen vorzunehmen, sondern auch empirische Fragestellungen wie die Gewinnung und fachspezifische Aufbereitung von kartellrechtlich relevanten Informationen aufzugreifen. Diese Fragen haben in den letzten Jahren aufgrund der zunehmenden Berücksichtigung ökonomischer Analysen für die Wettbewerbspolitik stark an Bedeutung gewonnen. Ich hoffe daher, daß das ifo Institut diesem Tätigkeitsschwerpunkt künftig noch mehr Gewicht beimessen wird. Schließlich hat das ifo Institut mit seinem Forschungsschwerpunkt Strukturforschung schon seit längerem Fragestellungen aufgegriffen, die für die Europäische Kommission als ganzes, aber auch speziell für die Generaldirektion Wettbewerb, besondere Bedeutung haben. Der Strukturwandel in der Wirtschaft und die unter dem Stichwort "Globalisierung" angesprochene zunehmende Internationalisierung von Handel und Investitionen haben eine^profunde Auswirkung auf das Wettbewerbsgeschehen in der Wirtschaft und damit natürlich auch auf die Tätigkeit einer Wettbewerbsbehörde. Die Generaldirektion Wettbewerb wird durch diese Prozesse vor eine Reihe von Herausforderungen gestellt, wie z.B. die Zunahme von grenzüberschreitenden "Mega"-Fusionen. Es ist daher wichtig, daß eine Institution wie das ifo Institut diese Phänomene wissenschaftlich untersucht und so zu einem besseren Verständnis der Wirkungen und Probleme des Strukturwandels beiträgt. Vor dem Hintergrund der Bedeutung dieser Tätigkeitsschwerpunkte für die Generaldirektion Wettbewerb begrüße ich es sehr, daß das ifo Institut seit 1995 ein Büro in Brüssel unterhält. Ich hoffe, daß dadurch der Kontakt zwischen dem Institut und der Kommission noch enger wird und wünsche dem ifo Institut unter seinem neuen Präsidenten, Herrn Professor Dr. Sinn, weitere erfolgreiche Jahre.

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Wirtschaft

Professor Dr. Walter Deuss, Vorsitzender des Vorstands der Karstadt AG Die langjährige partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München war stets geprägt von hoher fachlicher Kompetenz in Verbindung mit einer außergewöhnlichen Servicebereitschaft. Der intensive gegenseitige Austausch von Informationen, Einschätzungen und Prognosen innerhalb der konjunkturellen Landschaft stand dabei für unser Unternehmen im Mittelpunkt. Äußerst effektiv und interessant gestaltete sich die Zusammenarbeit besonders in der empirischen Forschung. Hervorzuheben ist in diesem Rahmen der kontinuierlich gepflegte Kontakt bei den monatlichen Konjunkturtests. Ein herausragendes Projekt stellten in jüngster Zeit die Erhebung und Analyse im Rahmen der Einführung verlängerter Ladenöffnungszeiten dar. Vertreter unseres Unternehmens waren gern und häufig Gast bei den Konjunkturgesprächen in München. In guter Arbeitsatmosphäre fanden hier anregenden Diskussionen und ein intensiver Gedankenaustausch mit den Teilnehmern und Mitarbeitern des ifo Institutes statt. Als Einzelhandelsunternehmen hat die Karstadt AG oft von den Analysen des ifo Instituts zur Einkommens- und Verbrauchsentwicklung profitiert. Dasselbe gilt für die Nutzung des Informationsservice, der sich auch durch einen kundenfreundlichen und leicht zu bedienenden Internet-Auftritt auszeichnet. Insbesondere die zeitnahe konjunkturelle Berichterstattung und die kompetente, stetes kundenorientierte Betreuung durch die Fachabteilungen des ifo Instituts treffen in unserem Unternehmen auf hohe Wertschätzung. Als Zeichen der engen Verbundenheit ist die Karstadt AG langjähriges Mitglied der "Freunde des ifo Instituts". Für die Zukunft wünschen wir dem ifo Institut viel Erfolg und freuen uns auf weitere gute Zusammenarbeit.

Dr.-Ing. Wolfgang Eychmüller, Vorsitzender des Vorstands der WielandWerke AG Es ist trivial festzustellen, daß viele technische und wirtschaftliche Entwicklungen heute wesentlich schneller ablaufen als in der Vergangenheit. Die weltweite Kommunikation hat daran einen hohen Anteil. Umso mehr ist jeder, der sich auf diesen offenen Weltmärkten behaupten und die Zukunft bewußt gestalten will, auf zuverlässige Daten, Analysen und Forschungsergebnisse angewiesen.

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Grußworte

Die Hersteller von Halbfabrikaten - als Brücke vom Rohstoff zur weiten/erarbeitenden Industrie - stehen am Anfang der Kette des wirtschaftlichen Produktionsprozesses. Konjunkturschwankungen drücken sich im Auf- und Abbau der Vorratslager aus und erhöhen die Schwankungen in der Beschäftigung. So ist unsere Industrie mit ihren Wendepunkten ein recht zuverlässiger Frühindikator für die nachgelagerten Industriezweige. Mangels eines gewissen Vorlaufs sind zur Früherkennung von wirtschaftlichen Entwicklungen die von ifo empirisch ermittelten Daten wie aktuelle Geschäftslage, Erwartungen der eigenen und der Abnehmerbranchen von außerordentlicher Bedeutung, wobei natürlich die Erhebungen über Rohstoff- und Vormaterialbestände unserer Abnehmerbranchen einbezogen sein müssen. Von Wichtigkeit sind auch Sonderuntersuchungen über Kapazitätsauslastung und Exporterwartungen. So stellen die Untersuchungen und Ergebnisse des ifo Instituts für die NEMetallhalbzeugindustrie ein Instrument des Frühwarnsystems dar, basierend auf wissenschaftlich ermittelten und gestützten Informationen, das in unserem Hause ein hohes Maß an Wertschätzung genießt. Es versetzt uns auch in die Lage, unseren Kunden - angereichert durch eigene Erfahrungen - wertvolle Hinweise über die möglichen Marktentwicklungen geben zu können. Das ifo Institut hat in der Praxis für uns als erstes Glied in der Industriekette eine wichtige Funktion in der kurz- wie in der langfristigen Beurteilung wirtschaftlicher Entwicklungen.

Dipl.-Ing. Jürgen Chrysler AG

E. Schrempp, Vorstandsvorsitzender

der

Daimler-

Das 50jährigen Bestehen des ifo Instituts gibt Gelegenheit, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Dank zu sagen für die wissenschaftliche Unterstützung, die wir in der Vergangenheit aus München erfahren haben. Der ifo Schnelldienst, die Konjunkturtests mit den Ergebnissen der monatlichen Unternehmensbefragungen, aber auch die Berichterstattung über Japan gehören zu wichtigen Impulsgebern in unserem Unternehmen. Unsere langjährige Mitwirkung in der "Gesellschaft der Freunde des ifo Instituts" dokumentiert die enge Verbundenheit mit dem ifo Institut. Unser Dank geht auch an Prof. Oppenländer, der das Institut über 20 Jahre lang geprägt hat. Für die Zukunft wünschen wir uns ein weiterhin weltoffenes und kreatives ökonomisches Kompetenzzentrum, das Antworten zu geben vermag auf die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

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Horst Teltschik, Mitglied des Vorstands der BMW AG Von Kurt Tucholsky stammt der Ausspruch: "Was die Weltwirtschaft betrifft, so ist diese verflochten." War das seinerzeit schon richtig, so gilt dies heute um so mehr. Denn das gesamte wirtschaftliche Denken befindet sich im Umbruch, so daß die Geschichtsschreibung den Wandel am Ende dieses Jahrhunderts einmal als Revolution bezeichnen wird: •

Es ist die Revolution der politischen Systeme. Der Osten und der Westen stehen sich nicht mehr als feindliche Blöcke gegenüber, sondern als Varianten einer insgesamt marktwirtschaftlichen Ordnung.



Es ist zum zweiten in technischer Hinsicht eine Revolution der Kommunikation. Das Netz weltumspannender Informations- und Kommunikationsverbindungen hat sich in ungeahnter Weise verdichtet. Das Zauberwort von der Dematerialisierung macht die Runde. Wir entwickeln uns zu einer Wissensgesellschaft.



Und es ist schließlich die Revolution des wirtschaftlichen Prinzips: Die Zeit entmachtet den Raum. Nicht mehr Standort und Entfernung entscheiden über Wohl und Wehe des wirtschaftlichen Erfolgs. Die Schicksalsdimension hierfür ist nunmehr die Zeit, in der Problemlösungen realisiert werden.

Diese drei Entwicklungen führen zu neuer wirtschaftlicher Dynamik - sie wird ortsunabhängiger und kann sich demnach auch in die Peripherie verlagern. Zwar darf man Globalisierung nicht allein als ökonomisches Phänomen begreifen. Aus Unternehmenssicht ist sie indes eine ganz konkrete Aufgabe - eine wirtschaftliche Chance und zugleich eine Herausforderung an die strategische Unternehmenspolitik. Denn die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung hat in den letzten Jahren enorm an Dynamik gewonnen, die Mobilität der Ressourcen Kapital und Wissen hat zu einer Internationalisierung von Vertrieb, Produktion und auch der Entwicklung geführt. Um in dem vernetzten und sich ständig wandelndem Umfeld als Unternehmen Erfolg zu haben, sind Einfallsreichtum und Optionen für die Zukunft gefordert. Lineare Planungen werden den komplexen Strukturen nicht mehr gerecht. Außerdem müssen Unternehmen in diesem Spannungsfeld immer wieder ihre Fähigkeit unter Beweis stellen, auf Marktveränderungen schnell und elastisch reagieren zu können. Hierzu wird Kompetenz auf vielen Feldern benötigt - denn ohne Kompetenz kann ein Unternehmen den Wandel der Umfeldbedingungen nicht bewältigen, geschweige denn im Sinne einer zukunftsgerichteten Projektion den langfristigen Erfolg gestalten. Kompetenz ist dabei nichts anderes als das magische Dreieck aus Wissen, Erfahrung und Urteilskraft. Das Wissen, als notwendiges Fundament der Kompetenz, beruht im wesentlichen auf fundierte und die Zukunft antizipierende Markt- und Umfelddaten. Unverzichtbare Bestandteile dieser Informationsland-

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Grußworte

schaft sind empirische Wirtschaftsdaten und Prognosen zu den internationalen konjunkturellen Abläufen sowie zum strukturellen Wandel. Vor allem quantitative und qualitative Ergebnisse von Konjunkturumfragen liefern den Entscheidungsgremien in den Unternehmen bedeutende Fundamentaldaten zur Bestimmung künftiger Strömungen der internationalen Wirtschafts- und Branchenkonjunktur - unabdingbare Voraussetzungen zur Fokussierung der Vielzahl unternehmerischer Handlungsoptionen. Denn die Ergebnisse der empirischen Forschung sind aus dreierlei Sicht attraktiv für die Unternehmensführung: Sie sind zukunftsorientiert, sie sind rasch nachvollziehbar, und, vor allem, sie sind ein akkurates Spiegelbild des Marktes und der dort vorherrschenden Stimmung, Kriterien, die vom ifo Konjunkturbarometer (im übrigen ein klug gewählter Begriff) und vom ifo Schnelldienst in idealer Weise erfüllt werden. Dieses fundierte Wissen ist die Basis der Kompetenz, die Unternehmen aber auch Standorte - zur Bewältigung der Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft benötigen. Denn im globalen Wettbewerb zeichnen sich erfolgreiche Wachstumspole und -regionen vor allem durch eine gelungene Kombination von wissenschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Kompetenz aus, die durch vernetztes Denken und verantwortliches Handeln einem Standort entscheidende Wettbewerbsvorsprünge gegenüber anderen Standorten zu verschaffen vermag. Die "verflochtene Weltwirtschaft" Kurt Tucholskys ist demnach nur zu beherrschen durch verflochtene Akteure - der vernetzten Kompetenz von Forschung, Wirtschaft und Technologie. Ich bin überzeugt, daß das ifo. Institut unter seiner neuen Leitung mit Prof. Dr. Hans-Werner Sinn den neuen und erweiterten Aufgaben ebenso erfolgreich gerecht werden wird wie unter der langjährigen bewährten Führung von Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer.

Bernhard Walter, Sprecher des Vorstands der Dresdner Bank AG Ein Land wie Deutschland, das im internationalen Standortwettbewerb weiterhin eine Spitzenposition einnehmen will, muß auch auf dem Gebiet der Wirtschaftsforschung mithalten. Doch nach welchen Kriterien sollte man deren Qualität beurteilen? Auf der einen Seite steht die Publikation in angesehenen Zeitschriften, auf der anderen Seite die praktische Verwertbarkeit der Ergebnisse. Theoretische Grundlagenforschung und anwendungsbezogene empirische Arbeiten haben beide ihre wissenschaftliche Berechtigung. Jedoch muß die reine Theorie oft passen, wenn es um die Umsetzung der Ergebnisse in Politik und Wirtschaft geht. Für einen Praktiker aus der Wirtschaft stellt sich neben der Bewertung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse vor allem die Frage: Welche Aufgaben sollte die öffentlich geförderte Wirtschaftsforschung außerhalb der Hochschulen erfüllen? Ich möchte drei Punkte hervorheben. Wichtig sind erstens detaillierte und verläßliche Informationen über den Wirtschaftsprozeß. Dabei interessieren

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konjunkturelle, strukturelle und regionale Aspekte - sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Zweitens gilt es, die den Verlauf und den Wandel der Wirtschaft prägenden Einflüsse zu analysieren. Nur auf dieser Basis lassen sich drittens Prognosen und Szenarien der wirtschaftlichen Entwicklung erstellen und Vorschläge erarbeiten, um Fehlentwicklungen auf Branchen- und Makroebene zu vermeiden bzw. zu überwinden. All diesen mehr praxisbezogenen Anforderungen an die Wirtschaftsforschung ist das ifo Institut in der Vergangenheit sicherlich gerecht geworden. Von herausragender Bedeutung sind vor allem seine serviceorientierten, empirischen Arbeiten wie etwa der ifo Konjunkturtest. Mit dieser auf Primärdaten bezogenen Forschung hat das Institut - auch über die Grenzen Deutschlands hinaus Reputation erworben. Sogar in den Handelsräumen der Finanzinstitute wird jede Veröffentlichung des Konjunkturtests mit Spannung erwartet. Es bietet sich daher geradezu an, weiterhin auf diese traditionelle Stärke zu setzen. Moderne Kommunikationswege wie das Internet erschließen für die Unternehmensbefragung viele neue Möglichkeiten, vor allem auch eine europaweite Ausdehnung. Allerdings sind auch neue Akzente in der Forschung notwendig - gerade im Hinblick auf die Globalisierung. Denn heute stehen nicht mehr nur Unternehmen, sondern ganze Staaten im Wettbewerb. Künftig wird vor allem Flexibilität der gesamten Volkswirtschaft zu einem noch wichtigeren Standortkriterium. Die Qualität der Ordnungspolitik wird damit zum Standortfaktor per se. Bei den anstehenden Strukturreformen in Deutschland ist vor allem der Blick auf andere europäische Länder hilfreich. Ein solcher Vergleich ordnungspolitischer Rahmenbedingungen könnte für die Wirtschaftspolitik einen fruchtbaren Lern- und Wettbewerbsprozeß in Gang setzen. Eine wichtige Grundlage dafür bildet die vom ifo Institut geplante "Europäische Datenbank für den internationalen Institutionenvergleich". Dieser neuen "qualitativen" empirischen Forschung kommt meines Erachtens im zusammenwachsenden Europa enorme Bedeutung zu. Aber auch eine an konkreten Problemen orientierte Forschung kommt ohne theoretisches Rüstzeug nicht aus. Umgekehrt muß jede Wissenschaft, die praktisch verwertbare Aussagen treffen will, ihre Theorien empirisch überprüfen. Doch in Deutschland klafft - im Gegensatz etwa zu den angelsächsischen Ländern - zwischen Theorie und Praxis eine Kluft. Während Wissenschaftler an den Hochschulen oft die mangelnde theoretische Fundierung der Arbeit von Forschungsinstituten beklagen, muß sich die Forschung an Universitäten häufig den Vorwurf der Realitätsferne gefallen lassen. Die problemorientierte empirische Forschung, die gleichzeitig theoretisch fundiert ist, kommt hierzulande noch zu kurz. Deshalb sollten die Forschungsinstitute in Zukunft dazu beitragen, Theorie und Empirie stärker zu verknüpfen. Ich bin zuversichtlich, daß dies dem ifo Institut auch gelingen wird. Jedenfalls erschienen mir die Weichen dafür richtig gestellt.

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Zentralbanken

Dr. Hans Tietmeyer, Präsident der Deutschen Bundesbank Die umfangreiche und vielfältige "Produktpalette" des ifo Instituts gehört in der Deutschen Bundesbank zum festen Bestandteil bei der laufenden Beobachtung gesamtwirtschaftlicher und sektoraler Entwicklungen. Im Rahmen der Konjunkturanalyse, der in der Bundesbank traditionell eine große Bedeutung zukommt, stoßen namentlich die Monatsberichte zur Wirtschaftsentwicklung und die ifo Schnelldienste regelmäßig auf ein ausgeprägtes Interesse, geben sie mit ihren fundierten Beiträgen doch immer wieder Hinweise und Anregungen, die bei der eigenen Urteilsbildung wertvolle Dienste leisten. Daneben finden die Untersuchungen zu strukturellen Entwicklungstendenzen viel Aufmerksamkeit. Sie sind ein wesentlicher Baustein für ein vertieftes Verständnis des wirtschaftlichen Geschehens. Ein ganz besonderes Augenmerk aber gilt dem "Klassiker" des Instituts, den Umfragen bei den Unternehmen von Industrie, Bauwirtschaft und Handel. Dies ist ein Feld, auf dem das ifo Institut trotz des intensiver gewordenen Anbieterwettbewerbs nach wie vor eine herausragende Rolle spielt. Hier stehen Primärinformationen zur Verfügung, welche weitgehend "an der Quelle" erhoben worden sind und die eine gelungene Ergänzung der amtlichen Statistik darstellen. Dies gilt zum einen auch deshalb, weil die ifo Angaben einen zeitlichen Vorlauf vor den Veröffentlichungen der Bundesstatistik haben. Zum anderen ermöglichen sie einen Einblick in die Stimmungslage der an der Wirtschaft beteiligten Akteure. Gerade das "Barometer" über deren aktuelle "Befindlichkeit" kann wertvolle qualitative Hinweise geben, die über die quantitativen Zahlenangaben hinausgehen. Nicht zuletzt erlauben sie hinsichtlich der Erwartungen und bei den Produktionsabsichten sowie den Investitionsplänen einen ersten Einblick in sich abzeichnende Tendenzen. Seit einiger Zeit stoßen "Gesamtindikatoren", die zum Teil eine ganze Palette von Einzelinformationen bündeln, auf verstärkte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Maßgeblich ist hierfür sicherlich der Wunsch vieler Benutzer nach komprimierter, richtungsweisender Aufbereitung des Basismaterials. Hierbei ein ausgewogenes Miteinander von Global- und Einzelinformationen zu finden, ist aus meiner Sicht eine schwierige Kunst in der Konjunkturanalyse. Diesem Grundgedanken hat sich das ifo Institut, dem ich mich als langjähriges Mitglied des Kuratoriums verbunden fühle, stets verpflichtet gesehen. Die über alle Zyklen und Trendbrüche hinweg und unabhängig von Paradigmenwechseln hohe Nachfrage nach Informationsgütern "made by ifo" ist der beste Beweis dafür, von welchem Erfolg die Arbeit dieses Hauses bisher begleitet worden ist.

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Professor Dr. Otmar Issing, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank 50 Jahre, das ist in der deutschen Wirtschaftsgeschichte der Nachkriegszeit ein ganz besonderes Jubiläum. Viele der Institutionen, die damals von Grund auf neu geschaffen wurden, mußten sich in der Folgezeit unter teilweise schwierigen Umständen Anerkennung und Respekt verschaffen. Das ifo Institut kann voller Stolz auf eine erfolgreiche Geschichte zurückblicken, und es ist längst zu einer der tragenden Säulen der empirischen Wirtschaftsforschung in Deutschland geworden. Zwei Assoziationen sind es, die der Name ifo bei mir unmittelbar hervorrufen: zum einen der "Konjunkturtest" für die Industrie, und zum anderen die Mitwirkung an der Gemeinschaftsdiagnose der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute. Natürlich steht ifo auch für viele andere Aktivitäten im Bereich Informationsbeschaffung und Forschung. Aber die Berührungspunkte mit meinen eigenen Tätigkeiten waren und sind auf diesen beiden Feldern insgesamt gesehen doch am größten. Drei Etappen meines beruflichen Werdegangs begründen diese Erfahrung. In meiner Zeit als Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung habe ich die Befragungsergebnisse von ifo als eine wichtige Informationsquelle für die Beratung der Wirtschaftspolitik schätzen gelernt. Vielleicht ist es gerade die Tatsache, daß der Rat und sein Stab in Wiesbaden das Gastrecht des Statistischen Bundesamts und damit den direkten Zugriff auf eine Fülle von Daten genießen, die den Blick öffnet für die notwendige und sinnvolle Ergänzung der amtlichen Statistik durch zusätzliche Marktinformationen. Die Analyse der ifo Indikatoren ist jedenfalls ein wichtiger Bestandteil der Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage und deshalb auch in jedem Jahresgutachten an prominenter Stelle vertreten. Als Direktoriumsmitglied der Deutschen Bundesbank, zuständig für die Bereiche Volkswirtschaft und Statistik, konnte ich insoweit unmittelbar an diese Erfahrung anknüpfen. Gerade für die vorausschauende Geldpolitik sind Informationen über Urteile und Erwartungen von besonderem Wert, im Bereich der Wirtschaftsstatistik gleichzeitig aber ein äußerst knappes Gut. Die Ergebnisse der ifo Konjunkturbefragungen finden deshalb in vielfältiger Weise Eingang in die laufende Analyse und Berichterstattung, auch wenn sie in der Regel vor allem nur den industriellen Sektor der deutschen Wirtschaft beleuchten. Ihre herausgehobene Stellung ist schon dadurch belegt, daß die vom ifo Institut bereitgestellten Ursprungswerte der Bundesbank eigenen Saisonbereinigung unterzogen werden. In der Europäischen Zentralbank sind die Geldpolitik und die zugrundeliegende Analyse der wirtschaftlichen Lage notwendigerweise auf das EuroWährungsgebiet als ganzes ausgerichtet. Die Deutschland spezifischen ifo Ergebnisse gehen damit nicht mehr in die unmittelbare Betrachtung ein. In den harmonisierten Stimmungsindikatoren der Kommission der Europäischen Union für den Euro-Raum insgesamt schlagen sie sich aber in beträchtlichem Maße

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nieder und bleiben damit ein Kernstück der aktuellen Lageanalyse auch in der Wirtschafts- und Währungsunion. Gerade die Beschäftigung mit Daten für das gesamte Euro-Währungsgebiet erinnert an die europa- und weltweite Vorreiterrolle des ifo Instituts auf dem Gebiet der Konjunkturumfragen. Aus dieser Sicht des intensiven Nutzers danke ich dem ifo Institut für die verläßliche Aufbereitung und Bereitstellung seines wichtigen Informationsmaterials und wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute.

3 ifo Studien 1999

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Medien

Jürgen Jeske, Herausgeber Frankfurter Allgemeine Zeitung Ökonomische Forschungseinrichtungen dienen den sich wandelnden Bedürfnissen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen in der Weltwirtschaft steht daher auch das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München wieder einmal in seiner fünfzigjährigen Geschichte vor einer Anpassung. Daß sie grundsätzlicher als frühere Änderungen sein muß, hängt damit zusammen, daß der Wandel diesmal die ganze Gesellschaft ergreift und nicht zuletzt von den Institutionen dieses Landes ein Umdenken fordert. Bei der Neuausrichtung soll die bisher praktisch-empirische Arbeit des Instituts verknüpft werden mit der theoretischen Orientierung des Center for Economic Studies der Münchener Ludwig Maximilians-Universität. Daraus soll ein Institut ähnlich dem großen Vorbild des National Bureau of Economic Research in den Vereinigten Staaten entstehen, empirisch und theoretisch fundiert und von politischer Relevanz. Dieses ehrgeizige Vorhaben des neuen Präsidenten Hans-Werner Sinn wäre nicht denkbar ohne das Fundament, das in fünf Jahrzehnten gelegt worden ist, ohne die Arbeit, die der bisherige Präsident Karl Heinrich Oppenländer seit 1976 geleistet hat. Das Kürzel "ifo" (für Information und Forschung), das dem Institutsnamen erst 1950 beigefügt wurde, ist schon früh zum Markenzeichen der Dienstleistungen aus München geworden. Ifo, das steht vor allem für die regelmäßigen großen Unternehmensbefragungen, in denen sich Erwartungen und Pläne der Manager und Unternehmer bündeln und Aufschluß über das "Wirtschaftsklima" geben. Dieses Stimmungsbild von der Basis liefert keines der anderen Wirtschaftsforschungsinstitute. Kein Wunder, daß dieses Umfrageverfahren Schule gemacht hat und von mehr als hundert Institutionen und über vierzig Ländern angewandt wird. Kein Wunder auch, daß solche Daten einfließen in konjunkturelle Frühindikatoren wie den seit 1989 veröffentlichten Konjunkturindikatoren der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es ist daher zu begrüßen, daß diese originäre Leistung des Instituts nach fünfzig Jahren ausgebaut und auch in der neuen Konzeption fest verankert und auf Unternehmen in ganz Europa ausgedehnt werden soll. Der Umbruch und Aufbruch in München geschieht in einer Zeit, in der mit knappen Mitteln und bei verschärftem Wettbewerb ein größerer Markt ins Auge gefaßt werden muß. Doch die Voraussetzungen sind gegeben, um aus dem deutschen Markenzeichen "ifo" ein europäisches zu machen.

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Grußworte

Michael Jungblut, Redaktion ZDF Bei einem Symposium in den USA spricht ein ausländischer Experte, der ein Dr. vor seinem Namen trägt, langatmig über die Entwicklung in Asien und Europa. Einer der Zuhörer ist erstaunt über den ökonomischen Sachverstand des vermeintlichen Mediziners und will von seinem Nachbarn wissen: "Ist der wirklich ein Doktor?" Der nickt und antwortet: "Aber keiner, der Ihnen helfen kann." Warum fällt mir dieser Witz im Zusammenhang mit dem ifo Institut ein? Das liegt daran, daß dieses Institut schon seit so vielen Jahren zu den Institutionen gehört, von denen ich meine, daß sie mich nicht nur mit interessanten wissenschaftlichen Theorien versorgen, sondern mir bei meiner Arbeit auch tatsächlich helfen. Denn so wichtig auch in der Ökonomie die Grundlagenforschung ist, so kann ich mich seit langem nicht des Eindrucks erwehren, daß sie für viele Wirtschaftswissenschaftler zum Selbstzweck geworden ist, sich oft von der realen Welt gelöst hat. Und was noch schlimmer ist: Ihre Ergebnisse lassen sich auch nicht wieder auf den Boden der Realitäten zurückbringen. Doch die Probleme, die von der Wirtschaftspolitik zu bewältigen sind und mit denen sich auch der Wirtschaftsjournalist ständig auseinandersetzen muß, sind nun einmal sehr real. Für viele Menschen sind sie von existentieller Bedeutung. Glasperlenspiele helfen da nicht weiter. Deshalb ist es für alle, die in Wirtschaft und Politik Verantwortung tragen, von größter Bedeutung, daß es qualifizierte Brückenbauer gibt, die den Bogen von der Theorie in die Praxis schlagen. Das ist den Männern und Frauen des ifo Instituts in den vergangenen 50 Jahren immer wieder beispielhaft gelungen. Indem sie mit dem ihnen verfügbaren theoretischen Rüstzeug die Probleme aufarbeiten und die wirtschaftliche Entwicklung analysieren, schaffen sie eine gemeinsame Basis für die streitenden gesellschaftlichen Gruppen und Parteien und verhindern, daß die ökonomischen Fakten nur nach deren jeweiligen Belieben und Interesse interpretiert werden. Und was sowohl dem Politiker als auch dem Journalisten im schnellen Tagesgeschäft oft nicht möglich - und manchmal auch gar nicht erwünscht - ist, kann und muß der praktischen Forschung verpflichtete Wissenschaftler leisten: Hinter den kurzfristigen Daten den langfristigen Trend erkennen, auf Risiken und Chancen hinweisen, die sich (noch) dahinter verbergen. Zwar wird der Erfolg dieser Arbeit in der Öffentlichkeit oft daran gemessen, ob die Prognosen der Sachverständigen auch tatsächlich von der Entwicklung bestätigt werden. Verkannt wird dabei allzu leicht, daß dies in vielen Fällen gar nicht wünschenswert ist. Denn wenn es sich um abzeichnende Fehlentwicklungen handelt, liegt der Sinn der Prognose ja gerade darin, die Verantwortlichen Gewerkschaftler, Unternehmer, Politiker - zu Reaktionen zu veranlassen. Daß dies nicht immer oder nicht in ausreichendem Maß geschieht, steht auf einem anderen Blatt. Eine weitere wichtige Funktion eines der praktischen Wirtschaftsforschung verpflichteten Instituts besteht aus meiner Sicht auch darin, dem Wirtschaftsjournalisten neben Daten und Fakten auch immer wieder Maßstäbe zu liefern,

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an denen er die Wirtschaftspolitik und ihre Erfolge oder Fehlleistungen messen kann. Ein typisches Beispiel dafür ist die im Auftrag der EU-Kommission durchgeführte Untersuchung über die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft in den neunziger Jahren (ifo Schnelldienst 6/99). Sie macht nicht nur deutlich, wo die Defizite liegen. Sie liefert gleichzeitig auch Hinweise, wo die Handelnden ansetzen müßten, um gegenzusteuern - und damit auch Maßstäbe für diejenigen, die die praktische Politik, ihre Maßnahmen, Erfolge oder Fehlschläge kritisch zu begleiten haben. Ähnliches gilt für Untersuchungen wie "Wachstum ohne Jobs: Wo liegen die Ursachen?" (ifo Schnelldienst 7/99). Der "Kunden- oder Anwenderfreundlichkeit" solcher Untersuchungen und damit ihre Chance, bei den Adressaten auch anzukommen, wird dadurch erhöht, daß diese Beiträge in der Regel zwar durch Tabellen und Graphiken unterstützt werden, in der Regel aber auf mathematische Formeln und Ableitungen weitgehend verzichtet wird. (Daß man bei ifo auch die mathematische Ökonomie beherrscht, zeigen u.a. die ifo Diskussionsbeiträge). Wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse, die nicht (auch) rein verbal verständlich und schlüssig vermittelt werden können, finden in der allgemeinen Öffentlichkeit und in der Politik keine Resonanz. Insofern arbeiten bei ifo zwar viele Doktoren. Aber sie gehören zu der Sorte, die helfen kann.

Hans Mundorf, Redaktion Handelsblatt Wer als Wirtschaftsjournalist jahrzehntelang auf die Arbeit des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung und damit nicht auf Sand gebaut hat, mußte mit Verwunderung die Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Kenntnis nehmen, ifo nicht mehr als Forschungseinrichtung zu fördern: Die Qualität der Forschung dieses Instituts im engeren Sinne entspreche nicht den üblichen wissenschaftlichen Standards. Ifo sei eigentlich nur eine "forschungsbasierte Serviceeinrichtung". Diese Einrichtung produziere zu wenig "Theorie". Und das soll ein Mangel sein? Die Wirtschaftswissenschaften gehören, sofern sie einen theoretischen Ansatz haben, immer noch zur Philosophischen Fakultät, trotz ihrer Poussage mit der Mathematik. In den Naturwissenschaften kann man zwar von einer mathematischen oder einer experimentellen Ausrichtung sprechen, die aufs engste zusammenarbeiten. Es gibt so eine theoretische und eine experimentelle Physik, wobei von der Theorie aufgestellte Hypothesen im Experiment bestätigt werden. Ein modernes Atomkraftwerk wäre nicht denkbar ohne die Quantentheorie eines Max Planck. Aber welche wirtschaftliche Entwicklung wäre undenkbar ohne eine vorhergehende theoretische Erkenntnis? Ideengeschichtliche Verirrungen wie der Marxismus sind ja wohl keine Fortschritte der wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnistheorie.

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Grußworte

Der Wirtschaftsjournalist, der sich mit der alltäglichen Wirtschaftspolitik auseinandersetzen muß, hatte eigentlich in dieser seiner Berufszeit wenig Hilfe von der Wirtschaftstheorie mit ihren angeblich so hohen Standards. Er hat so viele auch von der Wissenschaft begleitete Paradigmenwechsel erlebt, daß er dankbar geblieben ist für die Hilfestellung einer "forschungsbasierten Serviceeinrichtung". In der modernen Wirtschaftswissenschaft gibt es nämlich ein Modewort, das ein Ludwig Erhard wohl niemals in den Mund genommen hätte: Das "Paradigma". Dieser Begriff ist aus der Sprachwissenschaft übernommen und definiert typische Deklinations- oder Konjugationsmuster. Wer diese Muster kennt, weiß auch schon immer die Antworten. Wer lange genug zurückdenken kann, erinnert sich, daß nach dem Zweiten Weltkrieg, ausgerechnet in Deutschlands schwerster Notzeit, die Lehre von der ursprünglichen Weisheit der Marktwirtschaft von einem Zigarre rauchenden Menschen namens Ludwig Erhard verkündet wurde, um fortan alle wirtschaftlichen Probleme ohne weitere Planung und Organisation in prästabilierter Harmonie zu lösen. Die Therapie, obwohl überhaupt nicht konsequent angewandt, man denke nur an die Wechselkurspolitik, lautet "Selbstheilung durch die Märkte", und sie war ja auch nicht falsch, wie sich schon nach wenigen Jahren herausstellte. Erhard hatte nur ein Rezept, er hatte aber kein Programm, zur ständigen Verwunderung seines Bundeskanzlers Konrad Adenauer, die sich bis zum Unmut steigern konnte. Für die Rechen-Fans der heutigen wirtschaftswissenschaftlichen Schulen: Erhard haßte zum Beispiel Zahlen. Er wollte nicht einmal die Einführung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Solche Scherze könne man mit ihm nicht machen, sagte er in einer Rede anläßlich des 100jährigen Jubiläums der Adam Opel AG am 16. August 1962. Auch Erhard verkörperte die Theorie, war er doch ein Professor der Wirtschaftswissenschaften. Auf Erhard folgte dann ein anderer Professor, Karl Schiller, ein sozialdemokratischer Aktionskünstler, der die "Machbarkeit der Wirtschaft" erproben wollte. Während sich Erhard mit der Einrichtung eines Ordos begnügte, während seine Wirtschafts- niemals über die Ordnungspolitik hinausgegangen ist, hörte der Wirtschaftsjournalist nunmehr den Ruf nach der Globalsteuerung. Auf die Finsternis der bloßen Rechtgläubigkeit folgte nunmehr, so schien es, die moderne Rationalität, mit der "Konzertierten Aktion", der "mittelfristigen Finanzplanung", dem "Jahreswirtschaftsbericht", dem "Gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht", der "Außenwirtschaftlichen Absicherung", der "Konjunkturausgleichsrücklage", der "Investitionsprämie", dem "Konjunkturzuschlag" und wie diese Technikervokabeln sonst noch hießen und immer noch heißen, die wiederum von der Theorie aufgenommen, begründet und teilweise bis heute verteidigt werden. Später hat der Wirtschaftsjournalist dann noch den "Macher" Helmut Schmidt und einen "Marktgrafen" Lambsdorff erlebt, und was die Rolle der Theorie anging, so fühlte er sich immer an jene alte Anekdote aus dem Gerichtssaal erin-

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nert: Der alte Amtsgerichtsrat hörte den Vortrag der einen Partei und sagte: "Da haben Sie recht." Dann kam die Entgegnung der anderen Prozeßpartei. Der alte Richter: "Da haben Sie recht." Der junge Referendar zupfte ihn am Ärmel seiner Robe und sagte: "Herr Amtsgerichtsrat, beide Parteien können nicht recht haben." Daraufhin der Amtsgerichtsrat nach einer Pause der Nachdenklichkeit: "Da haben Sie recht." Hat sich eigentlich an diesem Verhältnis zwischen Theorie und angewandter Wirtschaftspolitik etwas verändert? Man denke noch einmal an die Einführung der Europäischen Währungsunion, von einem Teil der Professoren in ganzseitigen Anzeigen mit Erbitterung bekämpft, von einem anderen Flügel der Theorie mit Enthusiasmus begrüßt. Und die eine Fraktion will zwar die Aufhebung des Wettbewerbs der europäischen Währungssysteme in einer europäischen Einheitswährung, plädiert aber für den fortgesetzten Wettbewerb der nationalen Steuer-, Sozial- und Tarifsysteme in Europa. Zwar soll der Wettbewerb der Währungen in Europa schädlich sein, der Wettbewerb der entkernten Restsysteme dagegen unverzichtbar. Und wer behauptet, daß das, was währungspolitisch für Europa gut sein soll, riämlich ein gemeinsames System auch für Euro, Dollar und Yen, etwa durch die Einrichtung von Zielzonen, wird zu seiner Überraschung erleben, daß die Welt keineswegs am europäischen Wesen genesen könne. Hier soll die Ungebundenheit der Währungen Prinzip bleiben, hier fordern die Hoch- und Euromeister das Gegenteil dessen, was sie in Europa für unverzichtbar halten. Die eine oder andere Theorie mag ja stimmen, aber beide zugleich können nicht richtig sein. Auffallend sind auch die ebenfalls theoretisch gestützten Widersprüche auf dem weiten Feld der Wettbewerbs- und Ordnungspolitik. Es ist nur erst wenige Jahre her, daß die Konzentration in der Wirtschaft als das Ende des deutschen Systems angesehen wurde. Immer noch warnt das Bundeskartellamt pflichtgemäß, aber schon längst auf verlorenem Posten, vor der Fusionswelle, mißt die Monopolkommission branchengerecht die jeweiligen Konzentrationsgrade, doch wird die Wirtschaftspresse bestimmt von den Meldungen über Jahrhundertfusionen, die gar nicht mehr als anstößig empfunden werden. Gibt es eigentlich einen Theoretiker der Nationalökonomie, der öffentlich die Fusion von Daimler und Chrysler kritisiert hätte? In solchen Fragen ist über allen Gipfeln Ruh, und über allen Gipfeln spürest du kaum mehr einen Hauch. Es ist im Jahre 1999 durchaus möglich, daß der angesehene Repräsentant eines renommierten deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts dem Bundesfinanzminister eine dem John Maynard Keynes nachempfundene Kaufkrafttheorie souffliert, welche Empfehlung dann eine Reihe überhöhter Lohnabschlüsse mitverursacht, daß gleichzeitig aber andere, neoliberale Theoretiker für die Löhne die Leitlinien und Reglementierungen fordern, die sie für die Devisenmärkte ablehnen. In den Wartezimmern der Wirtschaftstheorie gibt es nämlich für die ungeduldigen und leidenden Patienten zwei Richtungen. Die eine Observanz sagt: Die

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Grußworte

Natur, das heißt der Markt, heilt alles, jeder ärztliche Eingriff ist ein Verstoß gegen das Naturgesetz. Der Patient kommt also aus dem Sprechzimmer so unberaten heraus, wie er hineingegangen ist. Um das als Therapie zu verkaufen, muß man nun allerdings nicht Medizin studiert haben. Die andere Richtung sagt: Die Natur ist nichts, der Arzt ist alles. Wir sind zu jedem chirurgischen Eingriff bereit, doch übernehmen wir keine Garantie für den Erfolg. Die Größe des von uns beschickten Friedhofes ist mißverständlich. Sie haben immer eine Chance. Der Patient verläßt das Sprechzimmer voller Operationsangst. Das also ist für den Beobachter, der sich in seiner journalistischen Arbeit gern von der Theorie beraten ließe, der Zustand eben dieser Theorie. Sie ist für ihn widersprüchlich, volatil, oft unverständlich, in der Praxis unnütz. Sie täuscht eine Gewißheit vor, die sie nicht vertreten kann. Bestenfalls leistet sie das, was dem gesunden Menschenverstand ohnehin einleuchten würde. Um zu wissen, daß Angebot und Nachfrage den Markt bestimmen, braucht man keine Kurven mit ihren ominösen Schnittpunkten. Und deshalb ist es eine Anmaßung, wenn dem ifo Institut ein Defizit an Theorie vorgeworfen wird, die in der Wirtschaftswissenschaft zur Zeit meist Ideologie oder Philosophie ist. Die Theorie hat in der Nationalökonomie nicht die Qualität der theoretischen Physik. Sie ist nicht definierbar, es kann also kein Vorwurf sein, wenn es sie nicht gibt. Der Vorzug des ifo Instituts war aber immer die experimentelle Physik der Wirtschaft, die Beschreibung von Stimmungen und Vorgängen, die Sammlung von Tatsachen, die Beschäftigung mit der wirtschaftlichen Wirklichkeit. Dieses Institut hat sich immer durch seine induktive statt der deduktiven Methode ausgezeichnet. Es kommt aus der Erkenntnis der Daten zur Ableitung theoretischer Nutzanwendungen und nicht umgekehrt aus allgemeinen theoretischen Grundsätzen zu Anleitungen für die Wirtschaftspolitik. Die Fragen, die heute die Wirtschaftspolitik beschäftigen, sind ganz praktisch: Zahlen deutsche Großunternehmen tatsächlich mehr Steuern als ihre ausländische Konkurrenz? Ist das deutsche Lohnniveau unter Berücksichtigung von Produktivität und Wechselkurs so wettbewerbsschädlich, wie dies behauptet wird? Wieso entlastet eine Steuerreform den Mittelstand? Verdirbt die Lohnrunde 1999 Arbeitsplätze? Welche betrieblichen Effekte hat die Ökosteuer? Welche Faktoren bestimmen in einer Zeit, in der die Umsätze an den Devisenmärkten das Hundertfache der fundamentalen Waren- und Leistungstransaktionen ausmachen, die Wechselkurse? Solche Fragen lassen sich nur beantworten durch Experimente und Deskription, nicht durch eine theoretische Dogmatik. Und deshalb wäre es für den Wirtschaftsjournalismus bedauerlich, wenn ifo genötigt würde, seine klassische Rolle aufzugeben. Es wäre dagegen kein Schaden, wenn niemals ein ifo Chef Staatssekretär im Bundesfinanzministerium würde.

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Universitäten

Professor Dr. Reinhard Blum, Rektor der Universität Augsburg Im Gründungskonzept der Reform-Universität Augsburg für die Wirtschaftswissenschaften steht die Problemorientierung und Praxisnähe im Vordergrund. Beides soll durch "sozialwissenschaftliche Integration gefördert werden". Seit Aufnahme der Lehr- und Forschungstätigkeit im Bereich der Volkswirtschaftslehre ergaben sich viele Anknüpfungspunkte zum ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Besonders die Volkswirtschaftslehre fand dort immer empirischen Rückhalt, vor allem auch in Bereichen, wo spezielle Schwerpunkte in Augsburg nicht vorhanden waren. Dies gilt und galt für die empirische Fundierung der Entwicklungstheorie und -politik, der Außenwirtschaft und der sektoralen Strukturpolitik. Daraus gingen auch gemeinsame Veröffentlichungen hervor. Auf breiter Basis dankt die Universität Augsburg, insbesondere ihr wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Fachbereich, dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung für drei herausragende Aktivitäten: 1. Fast mit Aufnahme der Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität Augsburg entstand das "Wirtschaftswissenschaftliche Seminar Ottobeuren" des Instituts für Volkswirtschaftslehre. Der zuerst berufene Volkswirt, Herr Kollege Gahlen, nutzte ein Finanzierungsangebot für ein jährlich zu veranstaltendes Seminar führender Wirtschaftswissenschaftler des deutschen Sprachraums mit wechselnden aktuellen Themen. Der Präsident des ifo Instituts gehörte zu den Gründungsmitgliedern und den regelmäßigen Referenten. Besonders war er immer gefragt, wenn es galt, Praxis in die aktuellen Gespräche zu integrieren. 2. Zum 25. Mal fand inzwischen das "Augsburger Konjunkturgespräch" in Zusammenarbeit mit dem Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität und der Industrie- und Handelskammer für Augsburg und Schwaben statt. Eine Darstellung der konjunkturellen Lage wurde jeweils eingebettet in ein aktuelles Generalthema. Die Veranstaltung wird organisiert vom Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZVW, früher Kontaktstudium) der Universität Augsburg. Die Analyse der aktuellen Konjunkturlage übernahm regelmäßig der Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. 3. Eine besondere Rolle spielte das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in der Forschung des Instituts für Volkswirtschaftslehre über die wirtschaftsstrukturelle Entwicklung in Deutschland. Ein Lehrstuhlinhaber des Instituts für Volkswirtschaftslehre war Mitglied der vom Deutschen Bundestag eingesetzten "Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel". Die empirische Fundierung der hierzu notwendigen Entwürfe und Konzepte erfolgte in enger Zusammenarbeit auch mit dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Daraus entstand dann eine "Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft" (DFG) unter Beteiligung des ifo Instituts. Die Berufung eines Mitglieds des Instituts für Volkswirtschaftslehre an das Wissenschaftszentrum Berlin zum Aufbau einer strukturpolitischen Abteilung wurde wesentlich dadurch erleichtert, daß der

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Grußworte

Präsident des ifo Instituts bereit war, ein Lehrangebot in der Konjunktur- und Wachstumspolitik sowie entsprechende Seminare in das Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Augsburg einzubringen. Diese Zusammenarbeit führte zu einer regelmäßigen Betreuung von Praktikanten, Diplomanden und Doktoranden sowie zu einem Wechsel von Nachwuchswissenschaftlern in das ifo Institut. Die langjährige Vorstandsassistentin des Präsidenten war eine Absolventin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg. Die wissenschaftliche Bildung und Ausbildung in der Universität und die Praxis im ifo Institut wurden später eine gute Grundlage für die erfolgreiche Leitung des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Augsburg. Ein Habilitant der Fakultät wurde Mitglied des Vorstands des ifo Institutes. Im Jahr 1998 erhielt die jahrzehntelange Zusammenarbeit des Instituts für Volkswirtschaftslehre mit dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung einen institutionellen Rahmen durch einen Kooperationsvertrag. Die Einbeziehung der Universität in das "Kompetenzzentrum Umwelt Augsburg-Schwaben" belebte erneut die aktuelle Zusammenarbeit mit dem ifo Institut, nun im Bereich der Umweltforschung. Ein wissenschaftliches Gutachten des ifo Instituts war eine wesentliche Grundlage für die strategischen Entscheidungen auf dem Weg zum "Kompetenzzentrum Umwelt Augsburg-Schwaben" (KUMAS). So kann die Universität Augsburg dem ifo Institut nur eine weitere erfolgreiche Arbeit im Bereich einer empirisch geleiteten Wirtschaftswissenschaft wünschen.

Professor Dr. Andrea Boltho, Magdalen College, University of Oxford 50 years ago (West) Germany's economy accounted for barely 15 per cent of Western Europe's output. Today (unified) Germany accounted for 25 per cent. For industrial output the share is even larger and so it is for manufactured exports. Europe's transformation over the last five decades has been extraordinary. Germany's even more so. At this very aggregate level, the facts are well known to all. Yet, for then non-German observer much remains hidden. When one looks at how the international applied economic literature has covered post-war economic history, one is struck by one major feature - the relatively scant attention devoted to specific German problems, given Germany's economic importance. The U.K.'s struggles with its balance of payments, its trade unions, or its demand management policies have received endless treatment, so has French planning or Italy's public sector industries and public sector deficits. Germany's much more important successes in controlling inflation, remaining competitive in the face of a strong currency, achieving a high degree of social cohesion, etc. have all been issues whose treatment has been scant. It is only in very recent years that importance has been placed on the country's allegedly schlerotic institutions and outdated corporate governance model. Why this relative neglect? Language, inevitably, plays a large role. German after the war was no longer an international vehicle of scientific communication,

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as it had been in the previous half century. English had taken its place and researchers in both Europe and the United States gradually gave up on the effort to try and read German texts (the same seems to have been less true of French, possibly because, for many Europeans at least, the language is somewhat easier to understand in written form). The penalty for this neglect has been the relative ignorance with which German economic events and institutions have been treated. A second reason may well have been the dominance amongst economists of an Anglo-American view of the world into which the German model did not easily fit. United States laissez faire or Swedish social democracy were categories that were readily understood and usually praised or criticized depending on one's value judgements. The Soziale Marktwirtschaft, the federal structure, Mitbestimmung, the constant search for compromise, the various characteristics of what has been called "Rheinland capitalism', etc. are all features that do not fit easily into the prevailing orthodoxy, be this Keynesian or Chicago-based. ifo has been one of the few institutions that has tried to bridge this gap. Much of what it publishes, of course, is in German and, apart from its invaluable statistical coverage of the country's industrial sector, not that accessible to the rest of the world. But, increasingly, publications in English have been on the rise and the Institute has supplied a constant stream of material covering many of the applied issues of the German economy that are often misunderstood and sometimes downright ignored abroad. There are other institutions in the country that disseminate information about Germany. Yet, ifo seems to have a unique position. Not only does it enjoy a prestige that partly derives from seniority. More important, probably, is the down to earth and sensible nature of its commentary, refreshingly devoid of ideological pretensions or theoretical a prioris. In many ways, these characteristics are symptomatic not just of ifo's strength, but of the strength of the German economy as a whole. Most European business economists would look to ifo when in need of information on Germany; the various and often prestigious research institutes with which ifo is linked in Europe rely in its statistical and analytical output; so do those international organizations that follow the German economy; in the former Soviet Union its advice, untained by rigid preconceptions, has often been judged very precious; in Japan, the rather unique ifó window generates a twoway flow of information on the second and third largest economies in the world that has recently culminated in the publication of an exceedingly interesting comparative study of the two countries, etc. The next half century will, no doubt, be very different from the previous one. Europe and Germany are unlikely to be as successful as they have been heretofore; monetary union will alter many of the characteristics of our economies which we have so far taken for granted, as will ongoing globalization, Yet, the need for understanding German developments and, especially, institutions will remain, ifo will no doubt continue to be at the forefront in providing such understanding.

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Professor Dr. Gottfried Bombach, Universität Basel Die von Karl Heinrich Oppenländer (nach langer persönlicher Freundschaft künftig nur noch "Karl Heinrich") geäußerte Bitte, die vom ifo Institut während 50 Jahren geleistete Arbeit aus meiner Sicht zu beurteilen, übernehme ich aus verschiedenen Gründen besonders gern. 1962 erhielt ich das Angebot, das ifo Institut zu übernehmen, verbunden mit einem Lehrstuhl an der Universität München. Ich habe mit den damals leitenden Persönlichkeiten ernsthaft verhandelt und mich sehr gründlich über die sich bietenden Möglichkeiten informiert, auch schon nach einer passenden Wohnung Ausschau gehalten. In Basel hatten die damals noch vier großen Unternehmen der Chemie ohne zeitliche Begrenzung relativ großzügig Mittel zur Gründung eines Forschungsinstituts zur Verfügung gestellt, die Regierung ein älteres, sehr schönes Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Universität. Eine elektronische Rechenmaschine, finanziert vom "Jubiläumsfonds", stand bereits auf dem Flughafen. Während ich noch zwischen Basel und München (das uns in verschiedener Hinsicht verlockend erschien) schwankte, entschied die Regierung, das Gebäude im Zuge des Baus einer Schnellstraße abzureißen. Daraufhin kündigte ich in Basel sofort mit einem Einschreibebrief. Am folgenden Tage sollte die Zusage für München auf den Weg gehen. Doch es passierte etwas völlig Unerwartetes. Der Regierungsrat hielt am gleichen Abend eine Sondersitzung ab mit dem Ergebnis: das Gebäude bleibt! Und so blieb auch ich. Als ich in München verhandelte, lief gerade ein mich sehr interessierendes Unternehmen, in das ich als Gutachter eingeschaltet war. Das Ziel war eine dynamische Input-Output-Analyse. Der Hauptkritik an der Hypothese der Konstanz der technischen Koeffizienten im Zeitalter sich rapide verändernder Technologien wollte man entgegentreten und versuchen, im Wandel der Parameter von Jahr zu Jahr bestimmte Regelmäßigkeiten ausfindig zu machen, auf die sich Prognosen stützen ließen. Wenn das Unternehmen schließlich auch an den gigantischen Kosten scheiterte, so lieferte es doch bleibende Ergebnisse. Es ging ja ähnlich wie in der Spieltheorie. Zunächst wurde es stiller um die Input-Output-Analyse, von Leontief wohl auch etwas "oversold", aber heute ist sie wieder da. Durch die Einschaltung in die schweizerischen Probleme (langfristige Finanzplanung, Konjunkturkommission, Ansätze zu einem Sachverständigenrat) konnte ich den Arbeiten des ifo Instituts nur noch sporadisch folgen. Aber Karl Heinrich kam fast regelmäßig zum wirtschaftswissenschaftlichen Seminar Ottobeuren, oft genug auch als Referent, und dies bereits beim ersten Seminar 1971. Er beklagte damals, daß ab Mitte der sechziger Jahre schöpferische Ideen in der Wachstumstheorie weitgehend ausblieben, ifo war bestrebt, neue Wege zu beschreiten. In den 70er Jahren wurden die Grenzen des Wachstums zum Modethema. Karl Heinrich konnte 1974 dazu umfangreiches Material zum Arbeitsangebot und den jetzt und in Zukunft verfügbaren Ressourcen bis hin zu einzelnen Produkten vorführen, gut fundiert im Gegensatz zu den oft vagen Schätzungen in

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den Studien des Club of Rome. Zudem wurde der Versuch unternommen, in die Trendschätzungen auch die Nachfrageentwicklung einzubeziehen. Man war überzeugt, daß herkömmliche zyklische Muster nicht unbesehen übernommen werden konnten. Herkömmliche Barometermethoden der Konjunkturprognose sind in den USA zwar wesentlich verfeinert worden, doch war der Aufwand nicht von entsprechenden Erfolgen begleitet. Im Rahmen eines großen Nationalfonds-Projektes wurde in der Schweiz ein Art Wettkampf zwischen unterschiedlichen Prognosemethoden durchgeführt, von der klassischen Ökonometrie keynesianischer Observanz bis zu ARIMA und Vektor-Autoregression reichend, wobei später die herkömmliche Ökonometrie noch die Lucas-Kritik verdauen mußte. Was haben wir heute? Ohne zu übertreiben: Fünf oder sechs Prognosen von jährlichen realen Zuwachsraten, die oft einmal wöchentlich revidiert werden. Mit dem ifo Test hat München einen ganz unorthodoxen Weg gewählt, so bekannt geworden, daß eine Auseinandersetzung damit überflüssig wäre. Meine Basler Antrittsvorlesung war dem Thema "Wirtschaftsprognosen" gewidmet, damals noch recht optimistisch auf ökonometrische Modelle vertrauend, bekannte Kritiken wie Selbsterfüllung und Selbstaufhebung nicht verschweigend. Keynes selbst hat einmal sinngemäß etwa folgendes gesagt: Wenn sich die Fakten ändern, dann ändere ich auch meine Meinung. Wird man älter, gewinnt man zunehmend Verständnis für diese Position. Obgleich schon für das 19. Jahrhundert zutreffend, wird den Branchenzyklen noch immer zu wenig Beachtung geschenkt. Von keinem anderen Forschungsinstitut haben die Ottobeurener Seminare auch nur annähernd so profitiert wie von den Arbeiten des ifo Instituts. Die Beiträge von Karl Heinrich, die uns die Hauptergebnisse übermittelten, würden einen eigenen dicken Band füllen. Aus der Ferne habe ich mich nur oberflächlich mit den Problemen der deutschen Wiedervereinigung beschäftigt, unterstützt durch einige punktuelle Betrachtungen in meiner alten Heimat in Ostsachsen. Ich mag mich irren, aber ich werde das Gefühl nicht los, daß die Treuhandstelle den Analysen und Ratschlägen der Institute mehr Beachtung hätte schenken sollen. Karl Heinrich begann sein Präsidium unter der Devise "Altbewährtes bewahren, Neues anpacken". Auch ich hatte dies im Sinn, als München so nahe gerückt war. Besser hätte ich es bestimmt nicht gekonnt.

Professor Dr. Rudolf Brabeck, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Dresden (FH) Zur Kooperation zwischen dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Niederlassung Dresden, und unserer Hochschule Die kontinuierliche und außergewöhnliche Zusammenarbeit zwischen dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Niederlassung Dresden, und unserer Hoch-

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schule existiert schon seit der Neugründung unserer HTW Dresden, also seit mehr als einem halben Jahrzehnt. Zwischenzeitlich wurden und werden auch grundständige Lehrveranstaltungen und zahlreiche Vorträge für unsere Studentenschaft durch wissenschaftliche Mitarbeiter des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Niederlassung Dresden, realisiert, um die didaktisch wichtige Verbindung aus Wissenschaft und praxisorientierter Hochschulausbildung forcieren zu können. Hinzu kommen auch umfassende empirische (gemeinsame) Projekte, in die ausgewählte Student(inn)en unseres Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften fallweise einbezogen werden. Insbesondere Im Rahmen der zweiseitig fruchtbaren Kooperation zwischen der Geschäftsführung des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Niederlassung Dresden, und der Leitung unseres Fachbereichs ist es vor geraumer Zeit gelungen, geeignete Plattformen für die Entwicklung von zukünftigen Forschungsprojekten, die angesichts der mittelfristig zu erwartenden EU-Integration der fortgeschrittenen Reformstaaten erforderlich werden, durch mittlerweile fest verankerte Netzwerke und grenzüberschreitende Aktivitäten zu schaffen (Beispiel: Tschechien-Arbeitskreis). Auf der Grundlage des Umfangs der hier nur kurz skizzierten Zusammenarbeit - wohl präziser: auf der Basis unserer Partnerschaft - ist Herr Professor Dr. Max Eli, Geschäftsführer des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Niederlassung Dresden, vom Rektorat unserer HTW Dresden gebeten worden, auch bei der Formulierung der zukünftigen Hochschulpolitik unseres Hauses eine ständige und aktive Rolle zu übernehmen (Mitgliedschaft im Kuratorium). Für das bislang praktizierte erfolgreiche Miteinander danke ich dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Niederlassung Dresden, sehr herzlich.

Professor Dr. Günter Buttler, Universität Erlangen-Nürnberg Bereits während des Studiums wurde ich immer wieder mit Ergebnissen und Erkenntnissen des ifo Instituts konfrontiert, die mich offenbar so beeindruckt haben, daß mir so manches davon auch jetzt noch präsent ist. Insbesondere die Versuche, die konjunkturelle Situation und ihre Perspektiven durch Befragung der wichtigen Akteure, der Unternehmer, zu erfassen, haben mich schon frühzeitig fasziniert. Für mich blieb das stets ein Musterbeispiel für gelungene Wirtschaftsforschung: ein wichtiges Problem, ein einleuchtendes Erfassungskonzept und eine nachvollziehbare Analyse. Zu Recht werden daher die Befragungsergebnisse des ifo Instituts als zentrale Frühindikatoren angesehen, ohne die eine moderne Konjunkturdiagnose und -prognose heute nicht mehr denkbar ist. Ich kann ohne Übertreibung sagen, daß das ifo Institut mit seinen Arbeiten wesentlich dazu beigetragen hat, mir das Studium der Volkswirtschaftslehre anschaulicher zu machen. Und da sich mein Berufsweg nun einmal so entwik-

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kelt hat, konnte ich auch nach dem Studium immer wieder vom ifo Institut profitieren. Hier interessierten mich besonders die Untersuchungen zur Arbeitsmarktforschung oder zu Dienstleistungsfragen, zur konjunkturellen Situation oder zu Innovationseffekten. Eigentlich bedauere ich nur, daß die Angebotspalette des Instituts so breit ist, so daß man aus Zeitgründen auf manches verzichten muß, lohnen würde sich die Lektüre zweifellos. Immerhin, den Schnelldienst lese ich regelmäßig, zumindest für die Zusammenfassungen reicht die Zeit. Natürlich versuche ich auch, meine eigenen positiven Erfahrungen den Studierenden weiterzugeben, sei es durch Hinweise in den Vorlesungen, durch Seminarthemen oder in Diplomarbeiten. Auch bei einer Exkursion haben wir schon Station in München gemacht, um uns vor Ort über die Arbeit des Instituts zu informieren. Mir ist bekannt, daß das Institut in jüngster Zeit in die Kritik geraten ist, seine Arbeit sei zu pragmatisch, zu wenig wissenschaftsorientiert. Ich habe das nie als Manko empfunden, ganz im Gegenteil. Bei empirischer Wirtschaftsforschung ist mir das Ziel wichtiger als der Weg.

Professor Dr. Jürgen Heubes, Universität Regensburg Information und Forschung - diese zwei Begriffe stehen seit nunmehr 50 Jahren untrennbar verbunden mit dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Verwendet man für diesen Verbund das lateinische Wort coniunctio, so hat man auch gleich die Brücke geschlagen zu dem Kernstück der Arbeiten des ifo Instituts - der Konjunkturforschung, also der Beobachtung, Analyse und Prognose konjunktureller Abläufe und deren theoretische Untermauerung. Konjunkturen sind mehrjährige Schwankungen wichtiger volkswirtschaftlicher Größen, die bei allen Besonderheiten im einzelnen gewisse Regelmäßigkeiten aufweisen. In dieser Definition unterlag die Konjunkturforschung in der Vergangenheit selbst zyklischen Schwankungen und war den Strömungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ausgesetzt. Die wirtschaftlichen Schwankungen wurden teils unter Betonung der spezifischen Eigenarten als zufällige Störung des Wirtschaftslebens angesehen, teils unter Hervorhebung der gemeinsamen Charakteristika als ein eigenständiges erklärungsbedürftiges Phänomen anerkannt. Nach heutiger herrschender Meinung hat die Konjunkturforschung ihren festen Platz im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftsforschung. Mit dem Konjunkturtest hat das ifo Institut 1949, bereits kurz nach seiner Gründung, eine innovative, wegweisende Methode zur Konjunktur- und Marktbeobachtung eingeführt. Die Methodik ist einfach, und darin liegt auch die Stärke des Konjunkturtests begründet: Aus den Ergebnissen einer direkten Befragung der Unternehmer nach Tendenzen in ihrem Unternehmen, einer Branche oder Produktgruppe werden Indikatoren zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation abgeleitet. Als Ergänzung zu den Daten der amtlichen Statistik finden diese Indikatoren ihren Eingang in die ifo-eigenen makroökonometrischen Prognosemodelle. Auf diese Weise lassen sich schnell und zuverlässig Erkennt-

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nisse über die aktuelle und künftige konjunkturelle Lage gewinnen. Die Befragungsmethoden sowie das Prognoseinstrumentarium werden kontinuierlich weiterentwickelt und auf ihre Verwendbarkeit für die gesamtwirtschaftliche Analyse und Prognose hin untersucht. Aus dieser Position heraus ist es dem ifo Institut gelungen, die "Rezessionsphasen" der Konjunkturforschung in den vergangenen 50 Jahren zu umschiffen. Auch Paradigmenwechsel konnten der Konjunkturforschung am ifo Institut nichts anhaben. Wenngleich es eine Weile gedauert hat, bis die Erfassung von unternehmerischen Erwartungen und Urteilen in der Wirtschaftsforschung anerkannt und der Vorwurf des "Measurement without Theory" ausgeräumt war, so sind qualitative Umfragedaten mittlerweile eine der wichtigsten Quellen für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland und aus der Konjunkturanalyse und -prognose nicht mehr wegzudenken. Die umfangreichen Datenbanken, die jahrzehntelange Erfahrung bei der Auswertung des Befragungsmaterials sowie die Bereitschaft, sich fortlaufend mit theoretischen, methodischen und operationalen Aspekten der Konjunkturforschung auseinanderzusetzen, machten das ifo Institut in Fragen der theoriegestützten empirischen Konjunkturforschung zu einem kompetenten Ansprechpartner für Wirtschaft, Politik und Universität. Für die universitäre Forschung sind die Arbeiten des ifo Institutes insbesondere deshalb von großer Bedeutung, da sie sowohl wertvolle Impulse und Anregungen für die eigene wissenschaftliche Arbeit liefern als auch die Verbindung zwischen theoretischer und empirischer Forschung erleichtern. Mit dem kürzlich geschlossenen Kooperationsvertrag zwischen dem ifo Institut und der Universität Regensburg wurde der bislang informelle wechselseitige Informationsaustausch nun auch formal gefestigt. Für die Zukunft wünsche ich dem ifo Institut und seinen Mitarbeitern alles Gute.

Professor Dr. Wilhelm Krelle, Universität Bonn Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung feiert seinen 50. Geburtstag, und da möchte ich als Gratulant auch nicht fehlen. Ein Gratulant soll das, was er an dem Geburtstagskind besonders lobenswert findet, herausstellen. So werde ich mich hier mit dem ifo Konjunkturtest befassen, der unter den Konjunkturindikatoren eine hervorragende Rolle spielt. Das bedeutet: ich kann auf die Fülle von Einzelveröffentlichungen des Instituts, die man ζ. B. im ifo Schnelldienst findet und die so ziemlich alle Bereiche der Wirtschaftspolitik abdecken, nicht eingehen. Ausgangspunkt ist die Vorstellung, daß fast alle ökonomischen Größen mehr oder weniger regelmäßig um einen Trend schwanken, wobei man nach der Frequenz im wesentlichen lange Wellen, Konjunkturschwankungen und Sai-

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sonschwankungen unterscheiden kann, nach dem erfaßten Bereich gesamtwirtschaftliche und Branchenzyklen und nach der Stellung im gesamtwirtschaftlichen Zyklus vorauseilende, gleichlaufende und nachlaufende Zeitreihen. Das alles setzt voraus, daß es so etwas gibt wie einen stochastischen Einflüssen unterworfenen Zyklus, und daß die angeblichen Zyklen nicht purem Zufall entstammen (wie Slutzky meinte) oder chaotisch sind, d.h. obwohl streng deterministisch doch nicht vorausberechenbar. Wir wollen (mit der Mehrzahl der Fachgenossen) annehmen, daß es einen von einem stochastischen Term überlagerten Konjunkturzyklus gibt. Dann ist es für die Wirtschaftspolitik von größtem Interesse zu wissen, in welcher Phase des Konjunkturzyklus' man sich befindet: geht es in Zukunft so aufwärts, daß man wirtschaftspolitisch bremsen muß, um auf dem Gleichgewichtspfad bei einigermaßen konstanten Preisen zu bleiben, oder geht es abwärts, so daß man "Gas geben" muß? Um das zu erkennen, benötigt man Konjunkturindikatoren. Davon gab und gibt es eine ganze Reihe: angefangen vom Harvard Barometer unseligen Angedenkens, über Wagemann bis zu den Diffusionsindizes, entwickelt vom National Bureau of Economic Research und weiterentwickelt vom Sachverständigenrat und dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Gewerkschaften. Heute sind diese Indizes weitgehend verlassen (die Konjunktursituation läßt sich schlecht mit nur einem Index beschreiben), und man benutzt Indizes der Kapazitätsauslastung, beim Sachverständigenrat geschätzt auf Grund von Annahmen über die Entwicklung der Kapitalproduktivität, bei der Bundesbank auf Grund der Annahme der Existenz einer Produktionsfunktion. Hier bietet nun der ifo Test eine interessante Alternative: die direkte Befragung der Unternehmer nach "Tendenzen" in ihrem Unternehmen und ihrer Branche und nach Erwartungen in der Zukunft führt zu Einblicken, die man aus der amtlichen Statistik erst sehr viel später und viel stärker aggregiert oder überhaupt nicht erhält. Über die Umwandlung der Ergebnisse der Tendenzbefragungen in Indikatoren gibt es eine ganze Literatur (vgl. ζ. B. den Artikel von Strigel in ifo Schnelldienst 27/1997 und die dort angegebene Literatur). So kann man Indizes der Kapazitätsausnutzung der Branchen erhalten (siehe ζ. B. ifo Schnelldienst 22/1997 S. 4), Indizes für das Geschäftsklima (ζ. B. ifo Schnelldienst 27/1997, S. 4) und einen ifo Konjunkturspiegel als Zusammenfassung der wichtigsten Daten für jede Branche (z.B. für DV-Dienstleistungen, ifo Schnelldienst 20/1996, S. 4). So ist es natürlich, daß sich die Wirtschaftspolitik auf diese ifo Konjunkturtests stützt (siehe ζ. B. Bundesministerium der Finanzen "Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland, Monatsbericht 2/99, S. 5). Aber auch die Wirtschaftstheorie hat von diesen Daten profitiert. Viele Arbeiten beruhen auf dieser Datenbasis; erwähnt seien als Beispiel: Ernst Helmstädter , The Timing of M-shaped Growth Cycles of the German Economy, in: K.H. Oppenländer, Günter Poser (eds.) "Social and Structural Change: Consequences for Business Cycle Surveys, Selected Papers Presented at the 23rd CIRET-Conference Helsinki 1997, Aldershot etc. 1998, p. 105-115. Ein weiteres Beispiel: Heinz König und Marc Nerlove "Saisonale und konjunkturelle Komponenten in der Beziehung zwischen Erwartungen, Plänen und Realisationen in Konjunkturtests, ifo Studien 33, 1987/3 S. 161-193 (mit dem Ergebnis, daß für deutsche Unternehmen die Beziehungen zwischen ex ante- und ex post-Antworten nicht 4 ifo Studien 1999

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durch saisonale oder konjunkturelle Faktoren beeinflußt werden). Für weitere Arbeiten sei auf Oppenländer, Konjunkturindikatoren, München/Wien 1995 verwiesen. Es ist verständlich, daß die Methode der ifo Konjunkturtests schon bald von anderen Nationen übernommen wurde. Eine internationale Vereinigung CIRET (= Center for International Research on Economic Tendency Surveys) wurde 1960 gegründet und hält alle zwei Jahre eine internationale Konferenz ab - ein Anzeichen des Erfolges und der wohl verdienten Anerkennung. Die Ökonomen und Politiker schulden dem ifo Institut Dank für die Entwicklung dieser Methode der Konjunkturdiagnose und -prognose.

Professor Dr. Manfred Neumann, Universität Erlangen-Nürnberg "Die Unternehmensbefragungen sind das Herzstück des ifo Instituts", so heißt es im Jahresbericht 1997 des Instituts, und so habe ich das ifo Institut auch von jeher wahrgenommen. Das Institut folgt damit den Fußstapfen Ernst Wagemanns und des von ihm gegründeten Deutschen Instituts für Konjunkturforschung. Es hat damit die Tradition einer empirischen Konjunkturforschung fortgesetzt, die in den zwanziger Jahren in den USA von Wesley C. Mitchell begründet wurde. Die Idee war - gewissermaßen mit dem Ohr am Puls der Zeit - konjunkturelle Bewegungen verschiedener Zeitreihen ökonomischer Variabler zu beobachten und Entwicklungsmuster zu erkennen, um daraus Prognosen abzuleiten. Das ifo Institut hat zur Entfaltung dieser Idee ein vielfältiges Befragungsprogramm entwickelt. Auf verschiedene Weise sollen die Erwartungen von Unternehmen und Konsumenten abgebildet werden, die in ihren künftigen Entscheidungen ihren Niederschlag finden. Aus dieser methodologischen Position heraus hat sich das ifo Institut keiner Richtung der Theorie ausschließlich verschrieben. An den Kontroversen zwischen Keynesianismus und Monetarismus sowie neuer Klassik brauchte sich das ifo Institut nicht dezidiert zu beteiligen, um der eigenen empirischen Arbeit ein Fundament zu geben. Konjunkturprognosen, die aus den abgefragten Erwartungen von Unternehmen und Konsumenten abgeleitet werden, sind kurzfristiger Natur. Ob in der konjunkturellen Entwicklung im nachhinein ein Muster erkennbar ist oder ob die konjunkturellen Abläufe als stochastischer Prozeß anzusehen ist, braucht nicht erörtert zu werden. In der jüngeren Literatur ist die Suche nach theoretisch begründbaren Mustern konjunktureller Abläufe weitgehend aufgegeben worden. Die Konjunktur wird vielfach als stochastischer Prozeß gedeutet. Damit ist auch die Möglichkeit einer Konjunkturprognose aufgegeben worden, denn zufällige Ereignisse können ex definitione nicht prognostiziert werden. Demgegenüber beruht das vom ifo Institut und mit ihm von vielen anderen Konjunkturforschern praktizierte Verfahren, aus Befragungen Anhaltspunkte für eine Konjunkturprognose zu gewinnen, auf der stillschweigenden Annahme, daß sich in der Konjunktur neben zufälligen Einflüssen auch strukturelle Faktoren geltend machen, die zu bestimmten Mustern des zeitlichen Ablaufs der wirtschaftlichen Aktivität führen.

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In der Theorielosigkeit dieses Ansatzes liegt aus der Sicht der Wirtschaftspraxis seine Stärke, seine Schwäche wird jedoch offenbar, wenn man an der Abschätzung des längerfristigen Potentials der wirtschaftlichen Entwicklung interessiert ist. Zur Sichtbarmachung langfristiger Zusammenhänge hat sich das ifo Institut mit Strukturwandlungen zwischen Branchen und Regionen in zahlreichen Spezialstudien befaßt. Eine herausragende Stellung nimmt dabei die Untersuchung des Innovationsverhaltens durch systematische Befragungen eines großen Kreises von Unternehmen ein, durch die zahlreiche neue Einsichten über die Einflußfaktoren für Innovationen und damit für wirtschaftliches Wachstum gewonnen werden konnten.

Professor Dr. Hans Schneeweiß, Universität München Für einen Ökonometriker sind die Aktivitäten des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung von unschätzbarem Wert. Nicht nur, daß das ifo Institut hochinformative Daten liefert, die sowohl in mikro- wie in makroökonometrischen Modellen eingesetzt werden können, durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus dem Institut fließen darüber hinaus mancherlei Anregungen in die eigene wissenschaftliche Arbeit. Ich möchte hier ganz kurz vier Projekte darstellen, an denen das ifo Institut und seine Mitarbeiter wesentlichen Anteil hatten. Mein ehemaliger Mitarbeiter, Herr Dr. Naggl, hat ifo Konjunkturtestdaten neben anderen, amtlichen Daten in ein makroökonometrisches Prognosemodell eingebaut, das vor allem der Erklärung von Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt diente. Die Verwendung der ifo Daten hat die Prognosequalität des Modells erheblich verbessert. Diskussionen mit Mitarbeitern des ifo Instituts, vor allem mit Herrn Dr. Nerb, waren bei diesem Projekt sehr hilfreich. Das Modell wurde über viele Jahre zu Prognosezwecken mit großem Erfolg eingesetzt. Anläßlich des Besuchs einer Delegation türkischer Konjunkturforscher habe ich im Rahmen eines Weiterbildungsseminars einen Nachmittagskurs über spektraltheoretische Verfahren in der Zeitreihenanalyse gehalten. Das ifo Institut ist bekannt für den intensiven Gebrauch dieser Methodik bei der Analyse von Konjunkturverläufen. Ich habe selbst von den anschließenden Diskussionen sehr profitiert. Aus der praktischen Tätigkeit des ifo Instituts heraus kam eine Promotion zustande, die ich betreut habe und von der ich selbst vieles über die Anwendung ökonometrischer Methoden in der Praxis gelernt habe. Herr Dr. Stock hat Nachfragedaten nach den Produkten einzelner Firmen daraufhin untersucht, inwieweit sie den Aufbau erfolgversprechender Prognosemodelle ermöglichen. In der Dissertation konnten die in der Praxis eingesetzten Verfahren theoretisch untermauert und erweitert werden. Auf eine Anregung von Herrn Dr. Kuhlo hin wurde in einer Seminararbeit ein von Herrn Kuhlo vorgeschlagenes neues Schätzverfahren für ökonometrische *

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Modelle mit autokorrelierten Störvariablen per Simulationsstudie untersucht und mit anderen, geläufigeren Verfahren verglichen. Es scheint, daß das neue Verfahren zumindest in gewissen Fällen zu besseren Schätzungen führt. Das Projekt soll fortgeführt werden. Diese kurzen Projektskizzen mögen zeigen, in welch vielfältiger Weise die praktische Arbeit des ifo Instituts mit dem Lehr- und Forschungsbetrieb der Universität verschränkt ist.

Professor Dr. Ulrich van Suntum, Universität Münster Die Leistungen des ifo Instituts als eines der sechs großen Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland umfassend zu würdigen, ist an dieser Stelle weder beabsichtigt noch überhaupt möglich. Daher soll im folgenden vor allem die wichtigste Schnittstelle unserer gemeinsamen Forschungsinteressen zur Sprache kommen, nämlich die aktuelle Konjunkturbeobachtung und -prognose. Dem sei aber vorausgeschickt, daß es darüber hinaus noch zahlreiche andere Arbeitsgebiete gibt, auf denen der Verfasser von den Veröffentlichungen des ifo Instituts für die eigene Arbeit erheblich profitieren konnte. Dazu gehören die laufenden Länderberichte in den ifo Studien ebenso wie die regional- und kommunalpolitischen Untersuchungen des ifo Instituts. Sie werden in vergleichbarer Qualität und Regelmäßigkeit von keiner anderen Forschungseinrichtung in Deutschland erstellt und sind für Forschung und Lehre an den Universitäten von ebenso großem Wert wie für die wirtschaftspolitische Praxis. Ein im vergangenen Jahr abgeschlossenes Kooperationsabkommen zwischen der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster und dem ifo Institut wird die bisherige Zusammenarbeit - auch in der Lehre - künftig noch intensivieren. Was die laufende Konjunkturberichterstattung betrifft, so sind vor allem die primärstatistischen Arbeiten des ifo Instituts hervorzuheben. Die monatliche Erhebung der ifo Geschäftsklimaindices für den Handel und die einzelnen Gruppen des produzierenden Gewerbes ist aus der Konjunkturbeobachtung in Deutschland ebensowenig wegzudenken wie die dreimonatliche Erfassung der Kapazitätsauslastung in der Industrie. Das ifo Institut hat mit diesen Arbeiten schon früh an die Pionierleistungen des amerikanischen National Bureau of Economic Research in den 30er Jahren auf diesem Gebiet angeknüpft. Es füllte damit eine empfindliche Lücke in der amtlichen Statistik und nimmt in diesem Bereich in Deutschland nach wie vor eine einzigartige Stellung ein. Insbesondere der ifo Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe hat eine außerordentlich hohe Prognosequalität für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Er steht zudem um einen vollen Monat zeitnäher zur Verfügung als etwa die amtliche Statistik der Auftragseingänge. Damit ist er die mit Abstand wichtigste Eckgröße für die kurz- bis mittelfristige Konjunkturprognose in

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Deutschland und geht beispielsweise mit einem hohen Gewicht sowohl in den Handelsblatt-Frühindikator für Westdeutschland als auch in den FAZKonjunkturindikator ein. Auch der Sachverständigenrat hebt die Bedeutung dieser Kennziffer in seinen Jahresgutachten regelmäßig hervor. Die amtliche Statistik hat die getrennte Berichterstattung für West- und Ostdeutschland immer stärker zurückgefahren und weist beispielsweise die Einzelhandelsumsätze inzwischen nur noch für Gesamtdeutschland aus. Dadurch haben die entsprechenden ifo Indizes, die erfreulicherweise nach wie vor für beide Teile Deutschlands separat erhoben werden, nochmals erheblich an Bedeutung gewonnen. Ohne die ifo Zahlen wäre die Gewinnung eines zuverlässigen und zeitnahen Bildes über die ostdeutsche Konjunkturentwicklung inzwischen nicht mehr möglich. Die ifo Angaben zur Kapazitätsauslastung betreffen zwar nur die Industrie, sind aber gleichwohl in ihrer Aussagekraft den konkurrierenden Schätzungen des Sachverständigenrates auf Basis eines geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotentials deutlich überlegen. Neben der sorgfältigen und auf jahrzehntelangen Erfahrungen beruhenden Primärerhebung dieser Daten liefert das ifo Institut monatlich eine Fülle ergänzender Informationen, etwa über die Beurteilung der Lagerbestände und die künftigen Preiserwartungen. Als Betreuer der CIRET-Organisation hat sich das ifo Institut auch um die internationale Kooperation in der Konjunkturforschung sowie um die empirischökonometrische Fundierung der dabei verwendeten Methoden verdient gemacht. Hinsichtlich der theoretischen Konzeptionen und der wirtschaftspolitischen Empfehlungen liegt das ifo Institut im wesentlichen auf der Linie des "Mainstream". Gelegentliche Ausnahmen, etwa bei der Beurteilung der Lohnpolitik, haben die Diskussion stets befruchtet und zu einem eigenständigen Profil von ifo beigetragen. Als Hort alternativer Denkansätze wird man das Institut deswegen nicht bezeichnen wollen, wohl aber als eine der herausragenden Stätten solider ökonomisch-empirischer Forschungsarbeit in Deutschland. Zu begrüßen ist, daß das ifo Institut in Zukunft noch stärker mit der universitären Forschung kooperieren wird. Davon dürften beide Seiten profitieren. Denn wenn man den außeruniversitären Forschungsinstituten in jüngster Zeit vorgeworfen hat, sie seien zu wenig theorieorientiert, dann sollte man fairerweise auch hinzufügen, daß an den Universitäten oft zu wenig Empirie betrieben wird. Das ifo Institut hat gute Chancen, hinsichtlich der Verbindung beider Bestandteile wirtschaftswissenschaftlicher Forschung künftig eine Vorbildfunktion einzunehmen.

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Professor Dr. Adolf Wagner, Universität Leipzig Institutionen und Personen, mit denen man sich lange schon gut verbunden weiß, gratuliert man gerne zum Geburtstag. Ich beglückwünsche das ifo Institut, dessen Wirtschaftsforschung in der Zukunft so unverzichtbar bleibt wie sie in der Vergangenheit war. Herzlichen Glückwunsch den erfolgreichen Wirtschaftsforschern und, stellvertretend für alle, dem Präsidenten, Herrn Kollegen Karl Heinrich Oppenländer! Zwischen uns liegen mittlerweile 31 Jahre fruchtbarer Zusammenarbeit. Die universitäre Verwandtschaftslinie verläuft über Erich Preiser (meinen Diplomvater und Oppenländers Doktorvater) sowie Alfred E. Ott (meinen Doktorvater und unseren gemeinsamen Habilitationsvater im Erstfach). Beide haben mit ihrem weiten fachlichen Horizont wirksam der allzu menschlichen Versuchung vorgebeugt, bloße Schriftgelehrte oder Partialökonomen zu werden, die in der Wirtschaftsforschung nichts zu suchen hätten. Die Institution ifo hat durch die Kompetenz in der Fortschritts- und Innovationsforschung, in der Input-Output-Analyse und der ökonometrischen Modellierung makroökonomischer Zusammenhänge, in der Bevölkerungsökonomik und auf anderen Gebieten ihre starke Anziehungskraft zu einer vielfältigen Kooperation ausgeübt. Stets handelte es sich um Arbeitsrichtungen, die Universitätsforscher nicht oder noch nicht interessierten. Stets war die ifo Wirtschaftsforschung stillschweigend auf eine Maxime des unvergessenen Wolfgang Stützel ausgerichtet: "daß mehr Studierende und Lehrer als bisher die vorgegebenen Raster in Frage stellen". Empirische oder angewandte Wirtschaftsforschung kann sich nicht gänzlich nach Maßstäben der Universitätslehre zurichten lassen und auf Impulse von dort warten. Am Kommen und Gehen von Nobelpreisträgern ist abzulesen, wie vielfältig und wie entwicklungsfreudig das Arbeitsfeld ist. Man kann örtlich, zeitlich und persönlich vorfindliche Maßstäbe für gute Wirtschaftsforschung nur mit Bescheidenheit zur Richtschnur für ein Forschungsinstitut machen. Das ifo Institut hat, wie einige andere Forschungsinstitute auch, da und dort "theorieverbessernd" gewirkt. Im übrigen besteht weiterhin eine rege Nachfrage nach der bloßen "Strukturierung von Problemlagen", die bedient werden will und notfalls von irgendwelchen Beratern bedient wird. Meine Lehrstuhlmitarbeiter an den Universitäten Marburg, Tübingen und Leipzig haben mit mir von den Kontakten zu ifo profitiert. Besonders zu erwähnen ist die Zusammenarbeit mit ifo vom Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) aus, dem ich seit 1968 angehörte und zuletzt mit und nach Alfred E. Ott bis 1997 als Direktor vorstand. Mein 1997 gegründetes Institut für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Leipzig (IEW) bleibt in einem bescheideneren Rahmen für die bisher gute Zusammenarbeit mit ifo offen. Ich gratuliere Karl Heinrich Oppenländer zu seiner wissenschaftlichen Lebensleistung mit dem ifo Institut, ich wünsche dem Institut gute wissenschaftliche Arbeitserfolge in den kommenden Jahrzehnten!

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Professor Dr. Walter Deuss und Professor Dr. Dr. h.c. Dietger Hahn, Institut für Unternhemungsplanung, Gießen/Berlin 50 Jahre ifo Institut - das bedeutet für uns auch 20 Jahre erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem ifo Institut und dem IUP, Institut für Unternehmungsplanung, Gießen/Berlin. Wir gratulieren zur bisherigen Entwicklung des ifo Instituts - verbunden mit den besten Wünschen für die Zukunft und Dank für die fruchtbare Kooperation in der Vergangenheit. Forschungsprojekte verbinden - insbesondere, wenn sie aus makro- und mikroökonomischer Sicht dieselben Schwerpunkte im Fokus haben: •

Prognosen und Planungsprozesse,



Mehrstufige Frühwarnsysteme - von der Hüttenindustrie bis zur Automobilindustrie,



Entwicklungstendenzen der Unternehmungsplanung.

Auch verbinden uns seit 1976 Konjunkturanalysen und -Prognosen mit obersten Führungskräften der verschiedensten Branchen. Die Diskussionen mit Dr. Strigel und Prof. Oppenländer sowie die daraus gewonnenen Anregungen waren für alle Teilnehmer stets Bereicherungen. Wir wünschen uns für die Zukunft weitere erfolgreiche Gespräche über konjunkturelle und strukturelle Probleme aus Sicht der betriebs- und volkswirtschaftlichen Theorie und aus Sicht der Wirtschaftspraxis. Möge der Kooperationsvertrag zwischen beiden Instituten weiterhin zu guten Ergebnissen führen.

Professor Dr. Willem Molle, Chairman Board of Directors Netherlands Economic Institute, Rotterdam, President ERECO We know ifo for a long time; in fact for certainly 25 of the 50 years of its existence. We know them as colleagues in carrying out projects of economic research on a contract basis financed by clients. For ifo this is only part of a wider range of activities financed from alternative sources. For us it is the only way we do business. It is from that perspective that I would like to make a few observations. When it became apparent in the course of the eighties that the European integration would cover ever more aspects of economic life, one could predict a shift in the demand for research and advisory work from national to European clients. It becomes also clear, that the occasional working together of research organisations in different member states on a project basis would for two reasons not be sufficient to cope with the change in demand. Firstly because it

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involved high transaction cost and hence deteriorated our competitive position. Next because our clients considered this type of co-operation as too loose and did not put confidence in it. So the need for a more permanent structure arose. We at NEI had made the strategic choice that we needed to become part of a European network in order to cater for European contracts. As the existing networks did not satisfy our demands we floated the idea to set up a new one among a number of sister organisations. In Germany a check was made as to the organisation that would fit best in this set-up. Ifo came out on top of the list for several reasons. First it has the largest coverage in terms of expertise fields. Second it has the largest experience in work for third parties. Finally it wants to avoid to become involved in an ideological bias. We were happy to find a positive echo with the ifo management to the initiative. So ifo became in 1990 one of the founding members of ERECO, the European Economic Research and Advisory Consortium. Since then a significant number of common projects have been successfully executed by experts of the various member organisations. Initiatives for and the management of projects have alternatively been with one or other ERECO member. When it was with ifo projects have been managed in a professional way. When the initiative was with the partner organisation they had sometimes to observe that arousing interest of ifo staff members was not always easy. Ifo people often happened to be on a long-term assignment and did not always appear very eager to venture for more work. On the other hand once a project had been negotiated and contracted ifo has always put in the necessary expert staff and resources to make a success of it. In the daily practice of the execution of such projects ifo staff have proved to care for a good quality product that satisfies the clients' needs. Moreover, they showed the solidarity and fairness as colleagues that is needed to bring an international co-operative effort to a good end.

Professor Dr. Gerd Ronning und Professor Dr. Manfred Stadler, Universität Tübingen und Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen (IAW) hat seit langer Zeit erfolgreich mit dem ifo Institut im Rahmen gemeinsamer Projekte zusammengearbeitet und dabei dessen breites Forschungsprogramm und die vielfältigen Qualitäten dieses Instituts kennengelernt. Dies gilt vor allem für Arbeiten mit den äußerst interessanten Daten aus den Erhebungen des Konjunktur-, Innovations- und Investitionstests, die in der empirischen Forschung der letzten beiden Jahrzehnte eine wichtige Datenbasis zur Prognose wie auch zur Überprüfung wirtschaftstheoretischer Hypothesen waren. Seit einiger Zeit verbindet die beiden Institute ein formeller Kooperationsvertrag, der als Bestätigung einer stets harmonischen und fruchtbaren Zusammenarbeit anzusehen ist. Das 50-jährige Bestehen ist ein guter Anlaß, dem ifo Institut zu gratulieren

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und ihm für die kommenden Jahre eine mindestens ebenso ertragreiche Arbeit wie in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten zu wünschen.

Professor Dr. Bernd Schips, Konjunkturforschungsstelle an der ΕΤΗ Zürich Ein - gemessen an der Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter - im internationalen Vergleich kleines Wirtschaftsforschungsinstitut, wie die Konjunkturforschungsstelle an der ΕΤΗ Zürich (KOF/ETHZ), ist auf die Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsforschungseinrichtungen über die nationalen Grenzen hinweg besonders angewiesen. Diese simple Feststellung gilt insbesondere dann, wenn man sich wie die KOF/ETHZ in einer kleinen offenen Volkswirtschaft befindet und die wirtschaftliche Entwicklung bei den Haupthandelspartnern damit in hohem Maße über die inländische gesamtwirtschaftliche Situation entscheidet. Im Falle der Schweiz gehen heute rund zwei Drittel der Exporte von Waren und Dienstleistungen in den EU-Binnenmarkt und davon wiederum etwa die Hälfte nach Deutschland. Informationen über die wirtschaftliche Lage in Deutschland sind daher für die Analyse- und Prognosearbeiten der KOF/ETHZ unverzichtbar. Unter der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Berichte haben dabei für die KOF/ETHZ die vom ifo Institut erarbeiteten Materialien und Befunde immer einen besonderen Stellenwert. Erfahrungsgemäß zeichnen sich die einschlägigen Arbeiten des ifo Instituts durch eine sachgerechte Objektivität aus. Weder politische Voreingenommenheiten noch eine Fixierung auf gerade aktuell dominierende wirtschaftstheoretische Positionen verzerren das Ergebnis der sorgfältigen empirischen Untersuchungen. Genau dies erwarten nicht nur die Politiker zur Vorbereitung von Entscheidungen, sondern auch die ausländischen Wirtschaftsforschungseinrichtungen zur Ergänzung und Vertiefung ihrer eigenen Einschätzungen der wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Es ist daher zu wünschen, daß die ausgewogene Kombination von ökonomisch-theoretischen Überlegungen und detaillierten empirischen Analysen auch in Zukunft die Arbeiten des ifo Instituts auszeichnen mögen. Für die vielen Jahre einer guten, wenn auch nur in seltenen Fällen direkten Zusammenarbeit in den letzten 50 Jahren, hat die KOF/ETHZ dem ifo Institut zu danken. Insbesondere im Bereich der Unternehmensbefragungen konnte die KOF/ETHZ immer wieder auf die Vorarbeiten und Erfahrungen des ifo Institutes zurückgreifen. Ohne diese Unterstützung und den vom ifo Institut jahrzehntelang geförderten Gedankenaustausch im Rahmen der CIRET hätte die KOF/ETHZ sicherlich nicht so rasch den heutigen Stand, auch in technischen und methodischen Belangen, bei den eigenen Unternehmensbefragungen erreichen können. Die führende Rolle des ifo Institutes in diesem Forschungsbereich ist heute zwar weltweit anerkannt, wird aber fast nicht mehr explizit erwähnt, weil es so selbstverständlich geworden ist. Das Jubiläum ist daher

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eine gute Gelegenheit, nicht nur an die diesbezügliche Pionierrolle des ifo Institutes zu erinnern, sondern auch daran, daß das ifo Institut bis heute mit an der Fort- und Weiterentwicklung der einschlägigen Methoden maßgebend mitgewirkt hat. Die KOF/ETHZ wünscht daher, nicht ganz uneigennützig, dem ifo Institut weiterhin viel Erfolg und hofft, auch in den nächsten Jahrzehnten den Gedanken· und Erfahrungsaustausch aufrechterhalten zu können.

Professor Dr. Victor Zarnowitz, Foundation for International Business and Economic Research Inc. The ifo Institute in Munich does outstanding work in a highly important but relatively neglected area of economic research, namely indicators and forecasts of business cycle developments, domestic and international, for the economy as a whole and particular industries or sectors. I know these activities of ifo and the related organizations quite well, from personal participation in many conferences and publications in ifo-Hefte, proceedings of CIRET conferences, and some books edited by ifo-Directors of Research. I view this work as being very much in the spirit of the National Bureau of Economic Research (NBER), surely one of the leading institutions in this field. I have been associated with the NBER continuously since 1952 as a staff member and then a research associate. This was a period during which substantial progress has been achieved in research on business cycles and economic growth, at the NBER and elsewhere, including importantly ifo and CIRET.

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B. Grußworte aus Japan Deutsche Institutionen in Japan Herr Elbe, Botschafter Herr Dransfeld, Direktor der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan

Politik. Zentralbank und Entwicklungsbank Herr Sakaiya, Minister of State for Economic Planning, Government of Japan Herr Yoshino, ehem. Governor der Zentralbank Herr Murayama, Direktor der Forschungs- und Statistikabteilung der Zentralbank Herr Kogayu, Governor, Entwicklungsbank

Wirtschaft Herr Imai, Chairman Keidanren Herr Kurosawa, Chairman Industrial Bank Universitäten Herr Tajima, Gakushuuin University, Tokyo Herr Shirakawa, Ritsumeikan University, Kyoto Herr Arakawa, Ritsumeikan University, Pacific University, Kyoto Herr Moriguchi, Tezukayama University, Osaka

Institute und Stiftungen Herr Akiyama, Kansai Economic Research Center (KERC) Herr Fukukawa, Dentsu Institute for Human Studies Herr Gyohten, Institute for International Monetary Affairs Herr Hanamura, Japan Research Institute Herr Hashimoto, Nomura Research Institute Herr Hoshino, National Institute for Research Advancement (NIRA) Herr lijima, Sakura Institute of Research

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Herr Kaibori, Institute for International Trade and Investment Herr Kanamori, Japan Center for Economic Research (JCER) Herr Kunisada, Daiwa Research Institute Herr Maehara, Sumitomo-Life Research Institute Herr Mani, Dai - Ichi Kangyo Research Institute Herr Nagatomi, Foundation for Advanced Information and Research (FAIR) Herr Nakasone, Institute for International Policy Studies Herr Nara, Mitsubishi Research Institute Herr Yoshino, Institute for International Economic Studies

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Deutsche Institutionen in Japan

Frank Elbe, Botschafter, Deutsche Botschaft, Tokyo Es ist jetzt hundert Jahre her, daß der Nachwuchs der japanischen Wirtschaftspolitiker an der Berliner Humboldt Universität Nationalökonomie zu studieren begann; das Denken von Friedrich List wirkt hier bis heute nach, und in dieser Tradition steht auch das Ansehen des ifo in Japan. Wenn das ifo Institut in diesem Jahr fünfzig wird, so sind dies auch 50 Jahre der Ausstrahlung auf Japan. Sein Mitbegründer Ludwig Erhard ist bis heute in Japan der bekannteste deutsche Wirtschaftspolitiker, ebenso wie jeder japanische Ökonom den Namen Josef Schumpeter kennt. Man kann wohl sagen, daß die Arbeit des ifo Instituts auf alle japanischen Fachministerien und Wirtschaftsforschungsinstitute befruchtend gewirkt hat. Besonders gilt dies aber für die Japanische Zentralbank, deren kurzfristige Erhebungen der Wirtschaftslage, der sogenannte TANKAN, der ifo so viel verdankt. Die Konjunkturtests des ifo sind besonders im Methodischen in Japan zu Vorbildern geworden, zumal sie dankenswerterweise auch auf japanisch veröffentlicht werden. Seit das Institut vor zehn Jahren in Tokio eine Asien-Pazifik-Repräsentanz eröffnete, arbeitet auch die Botschaft eng mit ihr zusammen und hat an mancher Veranstaltung mitgewirkt. Besonders dankbar bin ich dem ifo auch für die Arbeit seiner Forschungsstelle Japan, die mit ihren klaren, kenntnisreichen Analysen viel zu unserem Bild dieses bedeutenden Wirtschaftsraums beiträgt. Es ist für die drittgrößte Volkswirtschaft dieser Erde wichtig, ein exaktes Bild von der zweitgrößten Volkswirtschaft zu haben, und hier hat das Institut in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eine bedeutende Rolle gespielt. Deshalb ist mein Gruß an die Leitung und die Mitarbeiter des ifo aus diesem festlichen Anlaß auch ein Ausdruck der Verbundenheit in einer gemeinsamen Aufgabe.

Manfred Dransfeld, Executive Director, German Chamber of Commerce and Industry in Japan The ifo institute was already well in its teens when in 1962 the German Chamber of Commerce and Industry in Japan was reestablished. As Japan's economy was not a focal point of research in Germany for a long time after the War, the German Chamber in Japan very much applauded the overdue creation of a Japan Research Center at ifo in 1985 and has ever since supported its

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activities. With the opening of the Asia Pacific Representative Office, Japan in 1989 ifo extended its broad range of activities to Japan and beyond. The German Chamber cosponsored several ifo Symposia in Tokyo. The rather belated perception of the economic prowess as well as business potential of Japan is tellingly reflected in the relatively scanty presence of German companies in Japan. In autumn 1998, the German Chamber of Commerce and Industry in Japan conducted a survey among more than 500 companies with German shareholdings, branch offices and representatives/liaison offices of German companies in Japan. The survey provides a comprehensive overview of German business activities in Japan. More than 400 German companies have established subsidiaries in Japan, especially industrial machinery, the chemical and pharmaceutical industry as well as in electrical equipment. Of the 26 branch offices most have been established by the German financial industry. Within this industry German banks, in particular, have been very active in recent years. 34 German companies in various kinds of business ranging from banking to machinery and from vehicle parts to environmental technology opened representative or liaison offices. 47 companies in Japan are fully or partly owned by German individuals (residents and non-residents). German-Japanese joint ventures account for 25 percent of the categories "Subsidiary" and "Company Owned by German National". Among the 112 joint venture agreements reported there are 28 tie-ups for industrial machinery. In the chemical and pharmaceutical industry are 26 tie-ups, in the automobile sector 10 and in electrical equipment 9. In the 1990s, business like environmental technologies, and waste management with 6 joint ventures in 1998 have contributed to the variety of German-Japanese cooperation with a rising number of tie-ups. Sales is the main business activities of German firms in Japan. Most subsidiaries of large German producers trade the products of their parent company. More than two thirds of the companies reported trade as their main business sector. Only a small part of German enterprises has built up their own production facilities in Japan. Roughly a quarter of the firms produces in Japan, mostly in the chemical and pharmaceutical industry and, to a lesser extent, in industrial machinery and the auto parts industry. Roughly 28 percent of the companies are service providers. There are traditional services like banking and financing, consulting, traffic and transport, data processing or public relations. Aside from those, industrial services offered by manufacturers "around their products" like maintenance or software for control panels and steering devices of industrial machinery play an important role. Among the 510 German companies listed about 70 percent are active in various capital goods industries. 112 companies are service providers. Only 12 percent of the German companies reported activities in consumer goods industries.

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A breakdown by year of establishment shows that approximately 32 percent of the German companies currently doing business in Japan established their subsidiaries or opened branch and representative/liaison offices until 1980. During the 1980s and in the first half of the 1990s, the figures for the five year intervals ranged between 63 (1981-1985) and 96 (1986-1990) newly founded companies. The first half of the 1990s showed a slight decrease with the number if new establishments dropping down to 89. Since 1996, there is an ongoing positive trend with the number of establishments rising to 100 for a period of less than five years. Especially in the financial industry, Germany's investment powered ahead to make full use of the chances through further deregulation and liberalization of the Japanese financial sector. The data also show a rise of activities in information technology, data processing and environmental technology. Furthermore, the Japanese market for mergers and acquisitions (M&A) is of growing interest for foreign firms. An increasing number of M&A in the last two years shows that German companies take their opportunities. These are encouraging developments: German companies seem to have realized their longstanding neglect of the Japanese market and are acting consequentially. Much of this reversal of opinion - and ensuing action - can be attributed to the pioneering work by ifo's Japan Research Center. The German Chamber in Japan salutes ifo for the fine accomplishments and looks forward to many more opportunities of fruitful cooperation in the field of Japan in the years to come.

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Politik, Zentralbank und Entwicklungsbank

Taichi Sakaiya, Minister of State for Economic Planning, Government of Japan The natural sciences and technology are not the only fields that play important roles in the growth of modern society that emerged after World War II: the social sciences have also led to developments in economics and in civilization itself. Without the progress of methodologies such as statistics and econometric analysis, and without the developments of economic theory and improvements in the international monetary system, it would not have been possible to achieve today's global economic expansion and improvements in modern life. The general public in most countries usually admires noteworthy inventions brought about by advances in the natural sciences and by advances in production technology. But, to the contrary, that same general public typically underappreciates the contributions of the social sciences. A partial explanation for this might be that the public is often made aware of new knowledge or methods in the social sciences through political (i.e., non-scientific) developments or through bureaucratic circles. In the latter half of the 20th century, social scientists worldwide (although principally in the Western liberal democracies) made tremendous progress in their fields, and experienced significant developments. Economics especially has assumed a pivotal role in human existence in terms of forecasting and explaining economic policy, spurred on by continually evolving statistical techniques and by new theoretical interpretations. With the help of developments in economics, liberal market economies could be sustained without being distorted by the vagaries of human behavior. People everywhere have become increasingly dependent on machines and man-made materials for their daily lives. Moreover, knowledge has become increasingly important, especially regarding economic mechanism and policy functions. Today, people use currencies that are not guaranteed, and are influenced by the values and senses of other people. This kind of society is fundamentally different from the modern industrialized society characterized by mass production. Socialist societies believed that optimal production and distribution could be accomplished by the optimal use of statistics, planning, and control. This idea failed because it ignores the basic nature of human beings and human organizations. People tend to seek power, and end up acting irresponsibly; they seem to believe that unlimited advances in the natural sciences can be obtained without even paying attention to nature. However, perhaps an ultimate wisdom is to comprehend the limitation of human capability. The ifo Institute for Economic Research (ifo) has made significant contributions to the economies of Germany and Europe over the past 50 years through 5 ifo Studien 1999

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the theoretical development of liberal economies and technology. Socialism collapsed not just in the political realm, but also as social and economic ideology. People who live in liberal economies tend to behave somewhat arrogantly toward those living in transitional economies. However, we must recognize that the world has entered a new dimension, and that new social scientific wisdom is needed for probing the future direction of human beings. We must, now more than ever, invest more resources, including human and financial resources and social honor, in the advancement of research in the social sciences. It is in this regard that ifo must continue to develop and prosper.

Dr. Toshihiko Yoshino, Former Executive Director of the Bank of Japan My first contact with the ifo Institute for Economic Research dates back to 1953 when I translated the book "Fünf Jahre Deutsche Mark" into Japanese. This well-known publication by the ifo Institute was considered the best reference book for Japanese economic and financial circles at that time due to its excellent explanation of the process of the "Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft seit der Währungsreform". I am still very grateful to the ifo Institute for permitting me, the then Deputy Chief of the Economic Research Department of the Bank of Japan, to translate and publish a Japanese edition ofthat book in 1954. The second and most important aspect of my contacts with the ifo Institute is related to the birth and early days of the short-term business survey conducted by the Bank of Japan. In 1951 the Industrial Bank of Japan had introduced and, subsequently conducted, business surveys based on the methods developed by the ifo Institute; however, as a result of peaceful negotiations between the Industrial Bank of Japan, and the Bank of Japan, the task of conducting the survey was transferred to the Bank of Japan. It was in 1957 when the Bank of Japan began to carry out and publish its quarterly short-term business survey, which is now known worldwide as the Short-term Economic Survey of Enterprises in Japan reason why the TANKAN has become so famous is attributable to the fact that the Bank of Japan uses it as the most valuable source for its monetary policy decisions. Since the details of the development of the TANKAN were described in an article which I wrote in 1996, entitled "Die Entwicklung von Tankan durch die Japanische Nationalbank" and published by the Oldenbourg Verlag the same year in "Konjunktur-Indikatoren". I will refrain from repeating myself here unnecessarily. Thirdly, I must refer to my relationship with the Center for International Research on Economic Tendency Surveys (CIRET). Since 1969 I have been attending CIRET conferences in order to revise and strengthen the method of TANKAN by the Bank of Japan. At the numerous CIRET conferences which I attended over many decades, such as the ones held in Madrid, Stockholm, Munich, Lisbon, Athens, Washington D.C., Vienna, Zurich, Osaka, Budapest,

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Stellenbosch, etc. I was able to meet and exchange views about survey methods with many eminent economists around the world. Especially the names of ifo economists eminent in this field of economic research, such as Prof. Dr. K.H. Oppenländer, Dr. W. Strigel, Prof. Dr. G. Poser (Technische Hochschule Darmstadt), Dr. H. Laumer, and - together with these gentlemen - Mrs. Ziegler, a charming lady also known as "Aunt CIRET", will always remain in my memory. Lastly, on the occasion of celebrating the 50th anniversary of the ifo Institute, I want to stress that the ifo Institute's expertise in the field of empirical economic research, which has been developed and constantly advanced over a period of five decades and, subsequently studied and applied in as many continents, is a German asset highly evaluated worldwide, and not the least in Japan. Thus, and in conclusion I would like to state: "I could never imagine the economy of the Bundesrepublik Deutschland in the 21st century without the existence and activities of ifo."

Shosaku Murayama, Director, Research and Statistics Department, The Bank of Japan The Bank of Japan is delighted that the ifo Institute for Economic Research is now celebrating its 50th anniversary. The ifo Institute and the Bank of Japan have enjoyed a long history of exchanging views on contemporary economies and academic perspectives. Among others, the ifo Institute kindly supplied the statistical foundation for the Bank of Japan's Tankan, "Short-term Survey of Enterprises". Retrospectively, prior to the first Tankan survey in 1957, the Industrial Bank of Japan (IBJ) initiated a business survey in 1951 incorporating ifo's research methodology. Then the Bank of Japan took over this business survey and rearranged it into the present Tankan style. While "Tankan" is the Japanese abbreviation for the full title of this survey, this Japanese term has now attracted worldwide attention as the representative business survey of Japan. Although the Bank of Japan has implemented various improvements to this survey, it may be said that the Tankan itself was originally a technology import from the ifo Institute. We are very proud of the historical fact that the Tankan has played an important role as an academic bridge between Germany and Japan. The next half-century will witness fruitful developments at the ifo Institute. The Bank of Japan looks forward to further developing our cooperative relationship with the ifo Institute in the fields of highly reliable research and statistics.

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Masami Kogayu, Governor, Japan Development Bank Let us take this opportunity to reflect on the long, proud history of cooperation and exchange that we, the Japan Development Bank, have been fortunate to share with the ifo Institute. Through this, we wish to demonstrate the depth of the contribution that we have received from the ifo and to convey our sincerest congratulations on your anniversary. Cooperation between the ifo Institute for Economic Research and the Japan Development Bank (JDB) can be broadly categorized into six areas. The earliest example of this cooperation dates back to our inaugural survey on domestic capital investment in 1956. Already considerably experienced in such survey techniques, the ifo Institute provided us with instrumental guidance concerning the design and execution of our survey. The JDB survey of capital investment is now recognized as a standard barometer of the investment trends of Japanese firms. The assistance received when from ifo concerning the development of the survey has been integral in its present day success. Mutual cooperation through research has also played a significant role in the flow of information between Japan and Germany in fields ranging from the economy to management and industry. This has been born from the strong partnership forged between the ifo Institute for Economic Research and JDB's Economic & Industrial Research Department, the Research Institute of Capital Formation and other departments over the past fifty years. JDB has, on many occasions, sent research teams to the ifo Institute to investigate capital investment trends and other similarities between the Japanese and German economies. Equally, we have been fortunate enough to welcome researchers from the ifo Institute's Research Center on the Japanese Economy. Perhaps the highlight of our joint activities has been the participation in the Center for International Research on Economic Tendency Surveys (CIRET). CIRET provides an opportunity for the sharing and developing of research on economic trends and a wide variety of economic indicators. JDB often sends researchers to participate in the activities of CIRET's Head Office located within the ifo Institute. This is yet another way in which ifo is contributing to the improvement of our mutual research. Exchange through the cross-posting of staff between our two institutions has helped to further bolster the strength of our relationship. This has involved the posting of JDB staff as a trainee at ifo and the subsequent publication of research concerning the Japanese economy in the official bulletin of the ifo Institute for Economic Research. Equally, a talented researcher has visited Japan from the ifo to make the most of programs offered by JDB's Research Institute of Capital Formation that support research by foreign researchers residing in Japan on Japan's economy and industry. The research has been of great value to the JDB. ifo's limitless cooperation and supply of information has been invaluable in JDB's efforts to promote German investments into Japan. Direct foreign invest-

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ment is recognized by the Japanese government as an important device in reforming structural defects in the Japanese economy and in boosting employment. The JDB plays a central role in the promotion of this policy through the funding of direct foreign investment into Japan. Our "Center for the Promotion of Direct Foreign Investment into Japan" was established with this aim, and provides a vast array of market information for prospective investors into Japan. Our promotion activities in Germany were made possible only thanks to the introduction of interested firms by the ifo Institute for Economic Research and its continued support of our German information seminars. Furthermore, we have entrusted our efforts in dealing with German firms contemplating investment in Japan to the former ifo director through the appointment of a "Japanese Investment Advisor". This advisor is a constant source of information concerning the foreign investment trends of German firms. Our relationship, however, does not merely end within Japan. The JDB's Representative Office in Frankfurt has also enjoyed a favorable relationship with ifo. Since its establishment in 1975, the Frankfurt Representative Office has been maintaining regular contact with the ifo Institute. Finally, the assistance of ifo in international cooperation must not be forgotten. JDB offers assistance in the formation of economic policy to developing countries and those making the move to a market economy, also providing extensive training programs designed to provide skills in credit analysis and other areas. The ifo Institute for Economic Research plays an important role in the establishment and collection of economic statistics for such developing and economically reforming economies. This free exchange of information between our two institutions provides for a highly efficient system of cooperation, while exploiting each institution's mutual ability. The examples detailed above demonstrate the depth and importance of the institutional and personal links that have been forged between the Japanese Development Bank and the ifo Institute for Economic Research as well as ifo's Asia Pacific Representative Office in Japan. It is with wishes of further growth and prosperity, and the continuance of our strong relationship into the next millennium that we at the JDB send you our congratulations on this, your Fiftieth Anniversary. Finally, let us take the opportunity to announce the beginning of a new chapter in the history of the Japan Development Bank. As of October 1, 1999, the JDB will be reborn into a new bank, together with the Hokkaido-Tohoku Development Finance Public Corporation and other departments of governmental institutions. The new bank will strive to contribute to the promotion of the independent development of local economy, the realization of affluent national life and the continuous development of economy and society.

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Wirtschaft

Takashi Imai, Chairman, Japan Federation of Economic Organizations (Keidanren) Today there is a nature relationship between Germany and Japan, but nevertheless I feel sure that there are many things that we should do to strengthen relations still further. Thanks to the efforts of my predecessor and others before me, relations between Germany and Japan are cordial and Keidanren is a particularly important one as for over 20 years we have benefited from the intellectual capital and diverse experience of ifo, which among other things has been a source of enlightenment for the Japanese business community. By such means as providing appropriate advice and support for policymaking and management in Japan, ifo has gained its credibility in those fields. More importantly, we are on the point of entering what is predicted to be an era of uncertainty and competition, and in an age such as that it is incumbent upon the private-sector business community to step up its efforts to ensure that people are able to be better off. At the same time international markets are becoming increasingly interdependent, so much so that resolving a problem by any one country is becoming a difficult task. Given this, there is an urgent need to build a dialogue regarding economic growth that is sustainable on a global scale. This can also be said of corporate globalization, and to enable the Japanese business community to respond to change in the environment it is essential to have the appropriate advice, research, and forecasts, among other things, of such renowned research institutions as ifo. Based upon its common conviction, Keidanren hopes very much to maintain the same good relations with the ifo Institute that it has enjoyed hitherto, and to strengthen that relationship further. Finally, the "Japan Year" is to be held in Germany from 1999 to the autumn of 2000 - an event that, I hope, will lead to the making of very substantial progress in fields that relate to our two countries in the coming of the 21st century. In addition, it is my hope that, through this event, ifo and Keidanren will extend their cooperative activity further.

Yoh Kurosawa, Chairman of the The Industrial Bank of Japan, Ltd.

Board

of

Managing

Directors,

Das ifo Institut wurde gegründet, kurz bevor ich als junger Mann nach meinem Studium in die Industrial Bank of Japan, Ltd. In Tokio eingetreten bin. Inzwischen sind sehr viele Jahre vergangen, und später habe ich im Laufe meiner beruflichen Tätigkeit immer wieder Gelegenheit gehabt, mich mit Ver-

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tretern des Instituts auszutauschen, die äußerst wertvollen Studien zu verfolgen und von den aufschlußreichen Informationen zu profitieren. Die Beziehungen zwischen dem ifo Institut und unserem Hause in Japan wurden bereits in diesen frühen Tagen geknüpft, und es ist mir daher eine besondere Ehre, das Jubiläum 50 Jahre ifo Institut für Wirtschaftsforschung entsprechend zu würdigen und mich dem Kreis der Gratulanten anzuschließen. Die ersten Kontakte zwischen dem ifo Institut und der IBJ reichen weit zurück in das Jahr 1951. Der damalige Chef des Research Departments unserer Bank, Herr Kajiura, lernte auf einer Geschäftsreise durch Westeuropa den schon damals publizierten ifo Business Survey kennen und erkannte seinen hohen Nutzen. Nach seiner Rückkehr rief er bei IBJ einen "Short-term Business Forecast by Industry" ins Leben, der auf den ifo Methoden basierte. Dieser Bericht beschränkte sich auf diverse Fragen und Trends wie z.B. "Wachstum", "keine Veränderung" und "Rückgang", wobei ca. 100 Unternehmen mitwirkten. Fünf Jahre, nachdem die IBJ ihren Business survey eingeführt hatte, war die Effizienz dieser Methode für Entwicklungsprognosen in Japan allgemein anerkannt. Danach erst gab es Gespräche zwischen der Bank von Japan und der Industriebank von Japan, die zur Verlagerung des Business Survey auf die Bank von Japan führten. Unsere Short-Term Economic Survey wurde sodann unter dem Namen Nichigin Tan-Kann sehr bekannt und besteht - in ausgefeilter Form - bis zum heutigen Tage. Es ist daher nicht übertrieben, wenn ich sage: das ifo Institut hat via IBJ als Assistent damals in Japan Entwicklungshilfe geleistet auf dem Gebiet der Wirtschaftsforschung und wesentlich zur Erstellung von soliden Analysen der Wirtschaftsdaten und der Entwicklung von Methoden zuverlässiger Prognosen beigetragen, die bis zum heutigen Tag für die japanische Wirtschaft von unschätzbarem Wert sind. Diese Tatsache und unsere Dankbarkeit hierfür möchte ich an dieser Stelle ganz besonders unterstreichen. Nach Ausbau unseres bankinternen Research Departments, dessen Analysen und Berichte heute nicht nur in japanischen Wirtschafts- und Finanzkreisen anerkannt sind, konnte IBJ weiterhin von den wertvollen Diensten des ifo Instituts profitieren. Nicht zuletzt seit Gründung der Japan-Studienstelle des ifo Instituts in Japan, die der zunehmenden Bedeutung Japans für die Weltwirtschaft Rechnung trägt, besteht zwischen unseren Häusern ein festes Band. Bei den monatlichen bzw. quartalsweise erscheinenden Publikationen des ifo Instituts ist es für uns in Japan besonders beachtenswert, daß die Reports nicht nur Prognosen beinhalten, die den Führungskräften in Wirtschafts- und Finanzkreisen Orientierungshilfe bei der Ausrichtung ihrer Strategien leisten, sondern daß darüber hinaus an die Adresse der Politik konkrete Empfehlungen ausgesprochen werden. So behandelt beispielsweise der ifo Digest Bericht vom 27.4.99 das Thema Strukturprobleme und empfiehlt Abbau von Subventionen, etwa bei der Bauwirtschaft, oder aber Entlastungen bei der Unternehmensbesteuerung. Für uns Japaner ist dies um so interessanter, als wir ebenfalls mit Strukturproblemen zu kämpfen haben.

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Auch im Zeitalter der zunehmenden Flut von Wirtschaflsinformationen und Analysen gehören die Studien und Berichte Ihres Hauses noch immer zu den weltweit anerkanntesten und seriösesten Quellen, ohne die man auch künftig nicht auskommen kann und auf die man immer gerne zurückgreifen wird. Nach einem halben Jahrhundert des Bestehens und erfolgreicher Arbeit, auf die alle Mitarbeiter des ifo Instituts stolz sein dürfen, wünsche ich Ihrem Haus auch weit ins nächste Jahrtausend hinein den verdienten nachhaltigen Erfolg!

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Universitäten

Professor Yoshihiro Tajima, Gakushuuin University, Tokyo, Distribution Economics Institute of Japan First of all, I sincerely congratulate the ifo Institute on its fiftieth anniversary. We, the Distribution Economics Institute of Japan as a non-profit organization under MITI, has owed partiously the comparative study of distribution systems and government policy between Japan and European countries to the ifo Institute. Instead of more congratulation, I would like to look back on the structural change of Japan's distribution system and policy very briefly, and how our relations with the ifo Institute have deepened in these thirty years. In the mid-1950's, Japan's economy started to grow rapidly, through technical innovations in the production process, in the heavy and chemical industries at the beginning, and then in the consumer goods industries. Mass-production of standardized merchandises requested development of the new retail institutions suitable for mass-distribution, instead of Japan's traditional fragmented retail shops. Many young and ambitious entrepreneurs came into this field, who eagerly studied and copied the formats and systems developed in the United States. Supermarkets, general merchandise stores and discount stores showed rapid growth as the results. In those days, many researchers and academicians were energetically engaged in introduction and analysis of the American system. Apparently most of them tended to consider that the difference between systems in US and Japan meant the backwardness on the Japanese side. Some years after its establishment in 1963, our institute also organized many investigation teams, composed of leading manufacturers and distributors, and sent them to the United States to obtain information concerning new retail formats, management systems, structural changes of distribution, manufacturer's channel policy and so on. After a while not a few researchers, policy makers and business people became to understand that historical, cultural and socio-economical environments of distribution greatly differed between Japan and the US, and they began to wonder that Japanese distribution systems might not be similar to American ones. They gradually turned their eyes to Europe, and felt the necessity to compare the domestic distribution systems in the European countries by taking account of the environmental factors. Some serious problems gave impetus to the multilateral "deep" comparison. One of such problems was struggle and conflict between newly developed big stores and traditional small shops. The latter demanded our government to strengthen the protectional measures, by using their political influence based upon their vast voting power. Although the appropriate answer to such a difficult problem could not be easily found in other countries, a part of researchers and policy makers in Japan sincerely tried to

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get hints and ideas through the multi-national comparative studies, based upon cultural comparison. In those days, however, the information concerning the structure, institution, legal systems and business practices of distribution in the European countries were very poor in Japan as a whole. We happened to know that the ifo Institute had accumulated sizable information of distribution not only in Germany, but also in other European countries, through continuous market observations, empirical studies, statistical and non-statistical analysis, conducted by worldwide well-known specialists, such as Dr. E. Batzer, Dr. H. Laumer and Dr. M. Eli. After having studied their findings and the ifo publications, we visited the ifo Institute in Munich with a study team. Since then, our institute has sent several research groups to Germany and other European countries, mostly under arrangement of the ifo Institute. Of course, the ifo people have visited us in Japan upon occasion. In such a meaning, the ifo Institute has been our window to look into Europe. Such studies helped us to distinguish differences and backwardness. We now know that the differences of Japan's distribution system compared to other countries do not necessarily mean backwardness of ours. Criticism from abroad, in some cases, tends to evaluate our system as totally backward. This is apparently an extreme argument. We have to carefully differentiate the backward features from the admittable peculiarities of our system, and to gallantly overcome the backwardness inherited in Japan's distribution system. Ongoing relaxation of restrictions, such as protectional intervention of the government, shows our firm determination, some examples of which are abolishment of Large Scale Retail Store Law, deregulation concerning the alcoholic beverage sales license, liberalization of gasoline distribution. We express our sincere gratitude to the ifo Institute and the specialists for their help to us. And also, we hope for further cooperation between us, in order to promote the evolution of distribution systems for better human life.

Professor I. Shirakawa, Ritsumeikan University, Kyoto, Japan First of all, I would like to convey my heartiest congratulations to the ifo Institute for Economic Research, and particularly to Prof. Karl Heinrich Oppenländer, President of the institute and Director of the Center for International Research on Economic Tendency Surveys (CIRET), on the occasion of the ifo Institute's 50th anniversary. There can be no doubt that the achievements by organizations, i.e. the ifo Institute and CIRET - which is almost as old as ifo over the past half century have had global effects reaching as far as Japan and the Asia Pacific region. I have seen a number of CIRET since 1995 when I joined the faculty of Ritsumeikan University. Prior to my appointment to the University I was with the

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Economic Planning Agency (EPA) of the Japanese government for which I worked in various positions for twenty-seven years. CIRET was the first international academic association which I joined since I became a professor. Since joining CIRET, I have attended the Singapore and Helsinki Conferences. Attending these conferences were not only rewarding from an intellectual point of view but also provided me with the opportunity to make new professional acquaintances and to meet old friends and colleagues I had known from my previous career. On a personal note, most enjoyable was my reunion in Helsinki with Dr. Sirkka Hämäläinen, Governor of the Bank of Finland, whom I had known from my days at the OECD in Paris during the early 1980s. My initial contact with the work done by CIRET, however, dates back to my days as director of the Division of Business Cycle Statistics at the EPA. Ever since I have had keen interest in CIRET's activities. Although I could not attend the CIRET conferences in my capacity as government official at that time mainly due to budgetary constraints - I published a book in 1995 in which I described the relationship between economic policy and the interpretation of business cycle data. In writing the book, the studies and conference papers published by CIRET were invaluable sources of information. CIRET puts great emphasis on the application of survey data for business cycle analysis and business climate indices or diffusion indices. In my view this is one of the major characteristics of empirical economic research pursued by institutions in Europe, as exemplified by the outstanding work done in this field by the ifo Institute during the past 50 years. In the case of Japan, however, economic and business cycle analysis relies heavily on the use of econometric models and the use of available quantitative statistical data. Academic studies of the business cycle based on survey data are still a rare exception. In fact, the number of specialists engaged in research on business survey data is very small in Japan. The Short-Term Economic Survey of Enterprises in Japan, the so-called Tankan, which is published quarterly by the Bank of Japan, is widely used for making forecasts of Japanese business developments. The Tankan's substantial influence on market participants is mainly due to the fact that the Bank of Japan, i.e. the monetary authority itself, conducts the survey and publishes the data. In fact, the Tankan may induce changes in the Bank of Japan's monetary policy, depending upon the results of a given survey. In my book mentioned above, I have critically analyzed the Tankan conducted by the Bank of Japan and made some recommendations for the improvement and reform of this influential Japanese business Survey. Again, in doing so, the results of research published by CIRET in this field have been of great help. I have pointed out several problems with the Tankan, one of the major ones being the lack of transparency of the survey data. The fact that, in Japan, these business surveys are conducted and the results are published by policy makers, such as the EPA or the Bank of Japan, sometimes causes problems or raise questions regarding the evaluation of survey data.

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In response to this criticism, the Bank of Japan started to publish the actual survey questionnaire of the Tankan which had not been made public in the past. Of late, the reform of statistical data relating to the business cycle is being actively pursued. The Economic Planning Agency, to give just another example, is trying to publish its GDP data and D.I. much more rapidly than before. These recent movements towards reform of statistical data reflect the public's concern for more transparency of business survey data and the need for improvements in the forecasting and reporting of Japanese business developments. Nevertheless, and despite these efforts being made, one very basic problem still remains, i.e. there is a lack of skilled people able to handle business survey data and statistics. In my view, there are only a few specialists for business data statistics; this is true even in case of the EPA and the Bank of Japan. One of the roots of this deficiency can be found in the Japanese bureaucratic system which traditionally has preferred to rely on generalists rather than specialists. Although there are many economists discussing the business outlook in Japan, most of them are users of business statistics and not necessarily specialists in business surveys and statistics. From that point of view, I think it is very important that more specialists from a wider field should be encouraged and be provided with the opportunity to participate in CIRET's activities, including active participation in the biennial CIRET conferences. It is my sincere hope that many Japanese economists, especially from institutions of the private sector, will make the best use of this opportunity to enrich their knowledge of empirical economic research. The experience of discussing and exchanging research results with experts from other countries will undoubtedly deepen and broaden their own perspectives as to the necessity and value of research in this field. Looking at the future, it seems to me that much greater use should be made of the overwhelming advance in recent technological developments. One of the challenges facing us - and which I hope CIRET will tackle - is: how this rapid technological progress we are witnessing can be applied to and utilized for the collection, analysis and dissemination of business statistics and survey data.

Yoshizo Arakawa, Professor, College of Business Administration, Ritsumeikan University, Project Manager, International Affairs Office of Planning for Ritsumeikan Asia Pacific University, Kyoto, Japan Nearly a decade has passed since I became one of the regular respondents of the Economic Survey International (ESI), conducted globally by the ifo Institute. I have always appreciated the prompt feedback of the survey results and the expert analysis of the data provided by ifo's research staff. By adding various points of view and different perspectives, the surveys' aggregated data together with the analysis have been an important factor in the formation of my own judgement of global business and economic conditions.

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Throughout its 50 years of existence the ifo Institute has consistently tackled new and important economic issues and problems, exemplified by the ifo Institute's pioneering role in research on developing countries, environmental economics, innovation and patent research, Japan- and Asia-related research, and cultural economics. These pioneering efforts by the ifo Institute have greatly enhanced the institute's well deserved international fame. This is especially true of Japan and Asia where the results of ifo's research are frequently quoted in reports and publications. The Japanese media regularly provide detailed reports on the joint analysis of the six leading German economic research institutes. Furthermore, ifo's periodical publications, such as the ifo digest, are an invaluable source of information for many economists and analysts in Japan. We have been witnessing many epoch-making events with far-reaching global impacts, especially in the past ten years; for example, the unification of East and West Germany, the introduction of the "euro", the Asian economic and currency crisis, economic Turmoil in Russia to name just a few of the most important ones. In a period of a rapidly changing world and economic order, timely and accurate in-depth analyses, such as the ones provided by the ifo Institute, are indispensable for world leaders in guiding them into the right direction. Regarding the ifo Institute's activities related to Japan and the Asia-Pacific region, I hope to explore possible venues for cooperation between our university and ifo. In fact, our university is currently in the process of opening a new university, called "Ritsumeikan Asia Pacific University" where about 3200 students are expected to enroll, starting in April 2000, with students coming from over fifty countries, mostly from the Asia-Pacific region. The campus of this new university will be located in Beppu City on the southern Japanese island of Kyushu. The university is a new international institution that aims to foster international exchange in the Asia-Pacific region and to internationalize higher education. It is also intended to add a new dimension to Asia-Pacific studies and foster global citizens who will contribute to further development and peaceful coexistence in the Asia-Pacific region and other parts of the world. Also, we have established the Ritsumeikan Center of the Asia Pacific studies (RCAPS). Considering these developments, my hope is to work together with the ifo Institute and its Asia Pacific Representative Office here in Japan to create and work on new ideas on how to contribute jointly to the needs of the world entering the twenty-first century. I would like to express my heartfelt congratulations to the ifo Institute on its 5 0 t h anniversary and particularly applaud Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer for his achievements as president of the ifo Institute for over two decades. My congratulations are also extended to Prof. Dr. Hans-Werner Sinn wishing him success in the years to come as new president of the ifo Institute.

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Chikashi Moriguchi, Professor, Tezukayama University, Professor Emeritus, Kyoto University and Osaka University First I should like to extend my heartiest gratitude to the fiftieth anniversary of the ifo Institute which initiated and led a new way of empirical analysis since its beginning. The institute put much emphasis on the utilization of business and consumer survey data throughout the past fifty years. By organizing biennial meetings of CIRET, inviting all European and non-European economists, the institute has broadened the scope of economic analysis in the dimension of analytic methods as well as in the dimension of covered geographical area of the economies. It is my most pleasant memory that we invited CIRET meeting to Osaka, Japan, in 1989 and it turned out a fine success. Since then CIRET has been held frequently in the Asia-Pacific region; in view of high growth and volatile business cycles developing in this region in the latest years, the contribution of CIRET conferences will be even more valuable in the future. The most characteristic thing about the ifo Institute's impact on economic analysis was, from the beginning, that it poured much energy and resources in encouraging statistical surveys on business condition, investment plan, and on consumer behavior. Japan became one of the most enthusiastic students of this field. The Bank of Japan began its business surveys as it is now widely known as Tankan world-wide. The Economic Planning Agency, a department of the Japanese Government, started similar surveys and it also started the Business Cycle Development Index in the late fifties. I cannot help mentioning the name of the late Professor Masao Baba as the most devoted economist exploring the usefulness of BCD in Japan; he was a regular contributor to the CIRET conferences. The compiled information from these surveys provided with limitless source of information for economic researchers; and CIRET conferences were excellent occasions where we reported our research results and exchanged views with many participants from Germany, the other Europe and the USA. From the late seventies to the eighties, macroeconomic theory experienced a profound change under criticism from the rational expectationists. Compiled information on business and consumer anticipation presented highly useful data, by which the "Aufheben" of the old Keynesian economics and the new (radical) classical macroeconomics became possible. The importance of business expectation and consumers anticipation in the working of the economic system and business fluctuation cannot be overemphasized. However, the studied property of expectation formation seems to reveal that actual expectation of economic entities are far from being "rational". In the era of fast economic structural changes, the quantitative analysis and forecasting based on structural econometric models tend to lose accuracy even in a short-time horizon. On the other hand, business data and BCD index based on the so-called diffusion index approach maintains the strength of being non-

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structural, non-parametric statistics. Tankan by the Bank of Japan and BCD index series compiled by the Economic Planning Agency are constantly subject to revision so as to catch up with the reality and remain a more reliable source of information for business cycle research. The disastrous experiences by the East Asian economies since the financial crisis of 1997 suggest that the economic policy authorities need to collect business survey data at regular pace in order to be able to monitor the real economic situation consistently. Japan will be cooperating with her Asian neighbor economies to encourage effort in this direction, and it goes without saying, that the future contribution of ifo Institute and CIRET conferences will continue to be even more valuable in the area.

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Institute und Stiftungen

Yoshihisa Akiyama, Chairman, Kansai Economic Research Center (KERC) On behalf of the Kansai Economic Research Center (KERC), I would like to offer our sincere congratulations to the ifo Institute for Economic Research on the occasion of its 50th Anniversary. The Kansai Economic Research Center, like the ifo Institute, is a non-profit research organization. It was established in Osaka in 1964 with the support of the business and academic communities of the Kansai region centered around Osaka, Kobe, and Kyoto. Even a cursory glance at KERC's objectives and activities shows that in many areas there are quite substantial similarities with those pursued by the ifo Institute. KERC, operating in close cooperation with academics and industry, is engaged in the following activities: •

Conducting theoretical and empirical research on social and economic issues in Japan and overseas, including economic policies and regional developments;



Making proposals on both national and regional policy issues;



Carrying out research commissioned by government agencies, regional public institutions and private enterprises;



Supporting and fostering researchers at universities, research institutions, and private companies by inviting their participation in KERC research programs;



Providing financial support for academic research;



Encouraging research exchange among Japanese and overseas economists;



Hosting seminars and symposia by inviting specialists from all over the world.

The roads of the ifo Institute for Economic Research and the Kansai Economic Research Center first crossed in 1981 when we carried out a research project entitled "A Comparative Study of the West German and Japanese service Industries". The research project was headed by the late Professor Masao Baba of Kyoto University who had recommended the ifo Institute to us as the most suitable German cooperation partner for this project. This initial research cooperation between our two institutes was highly successful. The final research report was well received and met the highest expectation. Ever since this first successful cooperative effort, the relation between our two institutes, covering a wide range of activities, has been mutually beneficial indeed.

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In October 1989, the 19th CIRET conference was held in Osaka, Japan. KERC had the honor to host this prestigious international conference. We are still very proud of the fact it was first time, since the formal foundation of CIRET in 1960, that a CIRET conference was held in Asia. Our major motivation for hosting the CIRET conference was that we believed that the conference offered a unique opportunity, to initiate, promote and strengthen the exchange of empirical economic research between Europe and the countries of the Asian and Pacific region. The conference forum and the exchange of research would contribute greatly to a more stable operation and better understanding of the global economic order. In addition to hosting the 19th CIRET Conference, KERC has strongly supported CIRET's activities throughout the years. This is clearly demonstrated by the regular participation of KERC's research teams, consisting mainly of economists from the business sector, have in the biennial CIRET Conference held in Europe and Asia. Bilateral seminars and symposia have also contributed to the excellent relationships which have developed between our two institutes. Starting with a KERC-ifo Symposium on European Economies, which was held in Osaka, in 1989, Prof. Dr. K.H. Oppenländer has provided us with precious opportunities to organize and hold seminars on the European economy during his visits to Osaka in recent years. These seminar meetings provided our members with invaluable insights into the latest economic and business developments in Germany and Europe. The ifo institute has also hosted a well-received seminar for members of one of our KERC research teams on the occasion of their visit to Munich. Finally, we would like to commend the Asia Pacific Representative Office of the ifo Institute, in Japan for their superb work and, particularly, for their tireless efforts to maintain and strengthen the cooperation between the ifo Institute and the Kansai Economic Research Center. We wish the ifo Institute continued success in the 21st century and sincerely hope that the relations between our two institutes will become even closer in the years to come.

Shinji Fukukawa, President, CEO, Dentsu Institute for Human Studies, Former Vice Minister, Ministry of International Trade and Industry, Tokyo, Japan Charming house with beautiful surroundings, efficient organization with sophisticated information system and refined researchers with high specialities those are the first impression ifo Institute for Economic Research gave me, when I visited several years ago. In the history of 50 years since the establishment, ifo Institute has undertaken magnificent works in various policy matters. I

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believe it may be really called as a "Center of Excellence" in economic, social and international sphere. I am very much privileged to have been given this opportunity to extend my heartfelt congratulation for the 50th anniversary of such a highly prestigious Institute. My contacts with the ifo Institute dated back to the period while I was working at the Ministry of International Trade and Industry. I remember that because Germany and Japan had enjoyed similar growth pattern in the post war period and involved similar structural problems as well, the exchange of views with the researchers of ifo Institute was quite informative and stimulating for me. In the 21st century, the mankind will certainly meet with difficult and entangled problems like a Godian knot which we have never experienced before. In order to sustain "global capitalism", we have to establish cooperative framework among major countries to provide necessary conditions for maintaining "global capitalism" by adjusting international monetary system, strengthening free trade, setting up useful global infrastructure, stimulating technological innovation, and extending ODA to developing countries. World security mechanism, in my view, will depend on joint responsibility and management in the 21st century. I also suspect that the basic thought in the security framework may shift from "hard power" like military forces, natural resources, land space and production capacity to "soft power" such as technological level, creative capacity, cultural attractiveness and diplomatic power. Further, the world system may be shacked by demographic change in two dimensions. Most people concerns about the population explosion in developing countries which may bring about environmental degradation, desertification and shortage of foodstuff supply. On the other hand, decreasing population caused by the low birth rate and aging of people in advanced countries will certainly increase social cost, decrease saving rate, heighten interest rate, deteriorate growth potential and invite generation conflicts. When the economic globalization will proceed further, the awareness of belonging to the nation state will weaken and cultural and ethnic identity will rise. In view of preventing cultural and ethnic tension, we have to develop the new way of cross cultural management. I strongly expect that ifo Institute will make great contribution to find optimal solutions for these problems. We, the Dentsu Institute for Human Studies are quite prepared to work together for the purpose. My first expectation for ifo institute is to activate the debate on policy making among international organizations, politics, government, civil societies, journalism and the public. We can not rely policy making only on bureaucrats. My second expectation is to contribute to find totally optimal solutions, because in the 21st century, we have to meet with very complicated issues entangled with various interests and contradictions, having the character of dilemma or trilemma.

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The reason why I would expect thinktanks like ifo Institute to challenge for this difficult task lies in the fact that government ministries and agencies, as well as private corporations and NGOs are naturally confined with their specified objectives and interests. My third expectation is to facilitate to make consensus building in the domestic society and international community as well. In the advanced society with diversified values in such as Germany and Japan, consensus building will also be difficult but critically important task. In addition to the established players of decision making process, such as the government and political parties, civil societies such as NPOs and economic organizations are coming to play considerable role. Thinktanks like ifo Institute should challenge for facilitating consensus building for solutions to be taken. The role of ifo Institute will be extensive in the scope and challenging in the intellectuals. I am confident that the ifo Institute will open the new intellectual frontiers and provide valuable assets for the mankind.

Toyoo Gyohten, President, The Institute for International Monetary Affairs, Tokyo, Japan It is a privilege for me to extend our sincere congratulations to the ifo Institute for Economic Research on its 50th anniversary. Fifty years is quite a long time, and I sincerely regard with my highest respect the excellent management and leadership displayed by the succession of presidents, from Dr. Karl Wagner to Prof. Dr. K.H. Oppenländer. Since its inception, the ifo Institute has been widely known as a prestigious and qualified think-tank, for its outstanding research activities, such as the ifo Business Survey, and achievements not only in Germany, but also all over the world. We Japanese know that Bank of Japan once learned from the ifo Institute how to conduct a business survey, which is now known as BOJ Tankan. With the establishment of its Japan Research Center in 1985, the ifo Institute has also been known for its extensive activities in Japan. These activities in Japan reached a point of fruition on 1997 in its extensive analysis of Japanese and German economic successes in the post World War II period. The ifo Institute is also well known in Japan for its co-sponsorship of several symposiums with the Federation of Economic Organizations and the Federation of Bankers Association of Japan. The Institute for International Monetary Affairs, of which I am President, was established in December 1995. We have endeavored to conduct research and analysis of superior quality since then, on issues concerning the international finance and monetary systems. Based on our research, we are also trying to promote dialogue with various people and institutions, both at home and abroad, gathering the wisdom of various points of view. I am very glad to report

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that NMA has increasingly strengthened its relationship with the ifo Institute during this time. In January 1999, we participated in their symposium in Munich, as a panelist on the Japanese banking crisis. NMA is currently conducting research on how the Euro will transform fragmented European financial markets into a more integrated market and how it will change the management and corporate strategies of European financial industries. The transformation of European financial market will surely affect the competitiveness of the Tokyo capital market and the Japanese financial industry. The Japanese government has recently decided to further promote globalization of the yen, to cope with the introduction of the Euro. I very much hope that the ifo Institute and IIMA will have an opportunity to join together in research in the near future on how the introduction of the Euro will transform the world financial architecture. Other cooperative ventures between IIMA and the ifo Institute could be worked out for Asian economies. The ifo Institute has increased its activities in Asia and the Pacific region since 1985, and its Japan Research Center was expanded to become the Asia-Pacific-Research Center in 1996. IIMA recently conducted joint studies on the internationalization of the yen and stabilization of currencies and financial systems in East Asia with research institutions in other Asian countries. The ifo Institute could join this research project, input the European experience in regional monetary integration, and discuss the conceptual framework on the costs and benefits of such a regional monetary integration in East Asia. The ifo Institute could also contribute to this research in providing its research on how the introduction of the Euro will affect portfolio diversification strategies of East Asian governments, and on the optimal exchange rate regime in this region. It is our sincere hope that the ifo Institute will continue to be one of the key think-tanks in Europe, leading further development of empirical economic research and providing useful information to decision makers in business and politics as well as to academicians all over the world. I also very much hope that ifo Institute's relationship with our institute will further be strengthened in various fields, and that IIMA and the ifo Institute will jointly produce a study of superior quality in not-too-distant future.

Kuniaki Hanamura, Chairman of the Board, The Japan Research Institute, Tokyo, Japan We would like to offer our profound congratulations on the 50th anniversary of your Institute. It is impressive to look back at your country's history of the past 50 years. To name some milestones: the miraculous reconstruction from ruins after the tragic war; the split, confrontation, and reunification of one country; the leadership toward a unified Europe, the recent milestone being the start of the Euro. Any one of these are major occurrences in the 20th century. What

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is more astonishing is that your Institute has been in the center of all these processes, taking the lead in the changes, analyzing their effects, and presenting fruitful policy suggestions both to your country and to the international society. Looking toward the 21st century, we will be seeing further changes in our world of a speed and magnitude never experienced before, and the role your Institute will fulfil is surely to be all the more important.

Shozo Hashimoto, President, Nomura Research Institute, President, Tokyo Club Foundation for Global Studies As president of the Tokyo Club Foundation for Global Studies as well as the Nomura Research Institute (NRI), I would like to congratulate the ifo Institute for Economic Research on the 50th anniversary for its economic research. The Tokyo Club organizes annual cooperative studies among five leading international think tanks(T5) and ten leading Asian think tanks (AT10) for the better management of global economy, ifo has always been a valuable contributor greatly to the T5 activities together with the Brookings Institution, the Royal Institute of International Affairs, Institut Français des Relations Internationales and NRI. ifo has shared similarities with NRI in that both have brought the insights of industrial research to the discussion of global economic issues and that both focus on information technologies. After its merger in 1988, NRI has a large computer system division. The Tokyo Club used to organize the Tokyo Forum, annual public seminars in Tokyo, to discuss about global economic issues. Dr. Laumer, a renowned expert on Japan, participated in the panel discussion regularly and made valuable contributions with his balanced views on his full understanding of both European and Japanese situations. Currently we organize T5 Presidents' Meeting on an ad hoc basis and I gained valuable insights to German economy as well as the management of a think tank by exchanging views with Professor Oppenländer in Tokyo. I am pleased to see that the researchers of NRI have taken an advantage of the good relations between the two research organizations, which have been established over many years, to share views and sometimes conduct joint research and consulting projects. Because of the wide and deep coverage of ifo's research extending to industrial and environmental areas, ifo has been always the first door to knock on when our researchers try to conduct surveys of European scenes. Our economists always look at ifo economic and business indicators attentively to analyze the German economy. I hope that NRI's own research is also helpful to ifo researchers, particularly those looking at the Japanese economy. Currently, both Germany and Japan are in a painful period of economic restructuring. Since both have been so good at their adaptation to the industrial age, their investment in physical as well as social stock is extensive and its

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overhaul for the adaptation to the information age can be very complicated and costly. Both nations share the same types of problems and challenges, while they are in different regional settings. Germany is part of the great regional integration effort of EU and has strong ties with Eastern Europe while Japan is inextricably connected with the East Asian economies, which face enormous problems now. Moreover, both regions are more and more integrates as globalization accelerates. German and Japanese firms compete with each other and form alliances between them on a global scale. These complicated issues require cooperative efforts among research organization in different regions. We in NRI are very eager to exchanging views with ifo to meet these challenges. I believe the task for think tanks like us is very demanding in this time of great change in the two countries. Currently, there is a growing call for strengthening the ability of think tanks in Japan, and I would like to learn from ifo's recent reorganization effort. The Tokyo Club would like to offer a forum to facilitate such exchange of ideas not only between the two think tanks, but also among the other members of T5, the members of AT10 and others. Both Nomura Research Institute and Tokyo Club are looking forward to continuous close cooperation with ifo and I wish the ifo an unvaried dynamic future on this occasion of the fiftieth anniversary of the ifo Institute for Economic Research as president of both organizations.

Shinyasu Hoshino, President, NIRA - National Institute for Research Advancement On behalf of the National Institute for Research Advancement, I am writing to extend my warmest congratulations on ifo's Fiftieth Anniversary. Over the last fifty years, the past half century, ifo has made immense contributions to both German and world economic growth. As the world economy has traveled through a series of peaks and valleys, we have been faced with upheavals and challenges ranging from the oil shocks, to the collapse of the Bretton Woods system, and to globalization. As ifo researchers have shared their findings with us, their findings have guided us - even to the extent of sometimes ringing alarm bells - in both good and bad times. For these reasons, I would like to express my sincere esteem for ifo's dedicated research efforts. In Japan, ifo is so well-known as a research institute, it is safe to say there is virtually no one who does not recognize the name. When I first joined the Japanese Economic Planning Agency thirty years ago, my first assignment was a business-cycle analysis; this provided me the opportunity to visit ifo in Munich in 1964 to learn about ifo's methods. Thirty years later, in 1997, I again had the chance to visit ifo to discuss European integration, and above all, issues surrounding the adoption of a single currency. Once again, I was impressed by the extremely clear-but, persuasive arguments of the ifo scholars, and I recall both visits fondly.

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Under the leadership of Prof. Oppenländer, ifo has been a leading institution in promoting regional EU integration. During the 1990's, ifo has contributed to the improvement of German economic conditions following the re-unification, as one of six major economic research institutions known for their economic forecast and policy recommendations. Economic analysts as a group value ifo's leading role, in the German and European economies - and perhaps the world economy in general. During the process of the European Economic and Monetary Union, ifo has taken the lead in conducting research on economic feasibility vis-à-vis single currency plans for the EU economy as well as in designing an economic scheme for post-single currency phase. Though ifo was born in Munich and continues to be based in the beautiful capital of Bayern, its impact continues to be felt in the larger spheres of the unified Germany and Europe as a broader whole, and indeed in a world-wide context. As globalization proceeds, and as capital continues to flow like groundswells around the globe, the world economy needs ifo's research contribution now more than ever. Although NIRA's history is only half as long as ifo's in our twenty-five years of work we have benefited as a research institution from our research exchanges with ifo; I, personally, have benefited as well. I hope that our mutual exchange will continue to be maintained and deepened even further. In closing, I wish both you and your ifo colleagues another prosperous fifty years, providing guidance for our community of economic epistemology in the next millennium.

Ken lijima, Deputy President, Sakura Institute of Research, Tokyo, Executive Director, SIR Center for Pacific Business Studies The Sakura Institute of Research would like to convey its sincere congratulations to the ifo Institute for Economic Research on the 50th anniversary of its founding. Due to the increasing importance of Asia to the world economy and the growing interest by government, business and industry in this region, the ifo Institute for Economic Research and the Center for Pacific Business Studies of the Sakura Institute of Research decided to formalize their cooperative arrangement to research Asian business and economies in July 1990. Since then, the two institutes have supported each other on numerous occasions in various research activities: ifo and SIR have cooperated in joint research studies. In January 1991, we conducted a joint study "Regional Development and Management Strategy".

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And in May 1997, we published another joint study, "A Comparative Analysis of Japanese and German Economic Success". We have held joint symposiums. In March 1991, we held a joint symposium, "Economic Changes in the EC and Japan and its impact on the Thai Economy", together with the Thai Development Research Institute (TDRI) in Bangkok. In December of the same year, we held joint symposiums under the themes "The Role of Development Cooperation in Promoting Economic Relations between India, Germany, the EC, and Japan", together with the Indian Council for Research on International Economic Relations (ICRIER), in New Delhi and Bombay. In addition to contributing articles to each other's publications, we have supported each other by giving key presentations at major lectures and seminars. In December 1991, Prof. Dr. Oppenländer, President of ifo, gave a lecture to key Japanese industrial leaders regarding "The Present Economic Situation in Germany, the Soviet Union and Eastern Europe", under the sponsorship of Sakura Bank and SIR, in Tokyo. In April 1995, Mr. Ken lijima, Deputy President of SIR and Executive Director of the Center for Pacific Business Studies of SIR, made a presentation, "Market Entry Strategies of Japanese Companies in Neighboring Regions: Opportunities for German-Japanese Cooperation", at a symposium sponsored by ifo in Munich. Other researchers from SIR also have made several presentations in ifo. These activities have been intellectually stimulating and have fostered better understanding of each other's business activities, economies and culture. Our relationship has been warm and mutually beneficial, and we hope to continue our joint activities. As a leading think tank over the past 50 years, ifo has enjoyed world recognition for its research and SIR wishes ifo continued success in the coming millennium.

Yukio Kaibori, Executive Director, Institute for International Trade and Investment I was deeply impressed when I learned that the ifo Institute for Economic Research is celebrating its 50th anniversary this year; that is, the same year the Euro has launched as a new international currency and a potentially serious rival to the US dollar. Much has happened in Europe in the past 50 years and many of the ifo Institute's activities and achievements can be seen in the light of these developments. The history of the European Union, dating back to at least the founding of the EEC in 1957, has been a process of a step-by-step integration and expansion resulting in the EU as we know it today. During this period the European economy has succeeded, after a liking period of stagnation, to surpass the United States in terms of GDP. The role, functions, and activities of

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the ifo Institute in this process may be compared to those of a "lighthouse", i.e. an indispensable guide for a safe voyage and navigation through difficult and sometimes turbulent waters. The timely and invaluable information, analysis and forecasts of economic and social developments and issues, which the ifo Institute has consistently provided to administrative, business and other decision makers throughout its history, have functioned very much like a "lighthouse" for those responsible for charting the voyage to a safer economic and social haven. Our organization, the Institute for International Trade and Investment (ITI), was founded in 1989; incidentally, the same year the Asia Pacific Representative Office of the ifo Institute was opened in Japan. As already indicated in the name of our institute, ITI's major mission is to provide, to business and administrative bodies, accurate and up-date information and analysis of global economic activities as they relate to "trade" and "investment". We are fully supported by the Ministry of International Trade and Industry, Japan Foreign Trade Council. Inc., and the Japan External Trade Organization (JETRO). At a very early stage of our operation we established, and thereafter maintained, a close cooperation and amicable relationship with the ifo Institute, Mr. Jens-Uwe G. Jungnickel, Senior Representative of ifo's Asia Pacific Representative Office in Japan, has been an active - and the only non-Japanese - member of one of our standing committees, i.e. our "Research Committee on a New Order in Europe", for many years. Other researchers from the ifo Institute in Munich, such as Mrs. A. Herrmann and Mr. A. Juchems, have prepared and presented research reports related to our joint projects, such as the "Establishment of a New Order in Europe and its Impact on Japan-Europe Relations" and the "European Union and Progress in Industrial Reorganization". These researchers and their reports have contributed substantially to the high esteem in which our institute's research activities and results are held. I am proud of these research contributions by members of the ifo Institute. We are going to welcome a new century very soon. We are also confronted with several complex problems and issues facing the world economy which require our close attention and call for urgent solutions. With the prevailing trend towards enlargement and further integration of regional economic bodies or blocks, such as the EU, NAFTA and APEC, the flow of goods, services and direct investments is increasingly being globalized. Reorganization of industries and the competition in business activities in many countries and regions are intensifying year by year. Especially in Europe, because of ongoing restructuring processes in industries, the problem of mass unemployment is very serious. And in the United States, while the high performance of the economy is supported by the rapid development of information technology equipment, software and related service industries, the gap between high and low income groups is widening rapidly with a concentration of financial assets to be found in the higher income group. Furthermore, the direction and pace of recovery of many Asian economies which had been hit hard by financial and monetary crisis mainly as a result of weaknesses in their financial systems - are still quite uncertain. There are numerous other serious problems and issues we are faced

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with, e.g. the friction between developed and developing countries over matters of environmental protection and economic development and the issues involved in the forthcoming rounds of negotiations towards a new agreement of world trade rules under the WTO. How to promote, achieve and best maintain peaceful and stable economic as well as social developments of the world in the next century is yet unclear. However, one thing is certain: we do need institutions which constantly observe, critically analyze and objectively report on economic and social developments, problems and issues at the earliest possible stages of their occurrences. These activities, combined with proper policy recommendations, should guide private and public policy-makers - like a "lighthouse and its keeper" or an "early warning system" - into the right direction of policy decisions. I sincerely hope that the ifo Institute will continue to play its role as one of these essential "lighthouses and keepers" in the next era, too. We, the Institute for International Trade and Investment, are truly hoping to play a part of this role in Japan while, at the same time, further strengthening our cooperation and relationship with the ifo Institute for Economic Research.

Hisao Kanamori, Advisor of Japan Center for Economic Research (JCER), (Direktor a.D. des JCER) Die Nachricht vom 50-jährigen Bestehen des ifo Instituts weckte in mir viele Erinnerungen. Ich bin sehr beeindruckt von dem Weitblick der Gründer, die 1949, in einer Zeit, in der sich die deutsche Wirtschaft noch nicht vom Verlust des Krieges erholt hatte, die Notwendigkeit eines Instituts wie des ifo erkannt haben. In den folgenden Jahren gehörten Deutschland wie auch Japan zu den Ländern, die die bedeutendsten Fortschritte bei dem Wiederaufbau und der Entwicklung ihrer Wirtschaft geleistet hatten. Ich bin überzeugt davon, daß das ifo Institut dabei eine große Rolle gespielt hat. 1948 absolvierte ich die Universität und begann meine Arbeit in der Forschungsabteilung des Ministeriums für Handel und Industrie. Dort beschäftigte ich mich mit der Analyse der japanischen Wirtschaft. Mein Forscherleben deckt sich somit fast mit der Geschichte des ifo Instituts. Ich kannte schon damals den Namen des berühmten Münchner Instituts, aber mein besonderes Interesse wurde erst nach 1973 geweckt. In diesem Jahr verabschiedete ich mich von meinem Beamtenleben und wechselte zu dem privaten Japan Economic Research Center (JERC, später JCER). Dort übernahm ich den Posten des Vorstandsvorsitzenden. Damals bemerkte ich, daß die Forschungsziele und methoden des ifo Instituts und des JCER einander stark ähneln. Beide Institute analysieren die Entwicklung der inländischen und internationalen Wirtschaft und stellen die Ergebnisse der Politik, der Wissenschaft und der Wirtschaft zur Verfügung. Genau dieses ist auch das wichtigste Ziel des JCER. Auch andere Bereiche ähneln sich sehr: die parallele Anwendung von empirischen Methoden und der Ökonometrie, die vierteljährliche Prognose der makroökonomischen Entwicklung in Deutschland und der Welt, die Analyse aktueller Probleme u.a.

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Ich halte die verwendeten Methoden für sehr zuverlässig und die Wirtschaftsprognosen des ifo Instituts für sehr genau. Der einzige Unterschied ist, daß das JCER keine Unternehmensumfragen durchführt, für die das ifo Institut berühmt ist. Der Grund dafür ist, daß diese in Japan bereits von der Economic Planning Agency, der Bank of Japan und ähnlichen Organisationen sehr detailliert durchgeführt werden. Jahr für Jahr hat das ifo Institut seine Forschungsgebiete erweitert. Dies ist angesichts der Veränderung der wirtschaftlichen Umgebung nur natürlich. Daß die Japanforschung im ifo Institut immer mehr Gewicht bekommen hat, lag, wie ich glaube, an der zunehmenden Bedeutung der japanischen Wirtschaft. Aufgrund der Gemeinsamkeiten der beiden Institute schickte das JCER des öfteren seine Wissenschaftler als Gastforscher an das ifo Institut. Ich persönlich habe auch mehrmals das ifo Institut besucht, unter anderem nahm ich an einem internationalen Symposium über den Einfluß der ersten Ölkrise auf die Weltwirtschaft teil. Ich erinnere mich noch gut an das Institut in seiner schönen grünen Umgebung. Darüber hinaus besuchte gelegentlich eine Forschergruppe des JCER das ifo Institut und diskutierte mit den dortigen Wissenschaftlern. Für diese Zusammenarbeit möchte ich mich herzlich bei dem ehemaligen Präsidenten, Herrn Prof. Dr. K.-H. Oppenländer, und den anderen Forschern bedanken.

Koichi Kunisada, President Daiwa Research Institute, Osaka, Japan We would like to sincerely congratulate you on the 50th anniversary of your esteemed Institute. We are very much proud of, and overwhelmed by your long achieved records, successfully reviving the German economy from the chaos of World War II, as one of the leading Economic Research Institutes in Germany as well as the Economic Institution playing an important role in the South Germany, in line with contributing to the progress of corporate activities and plannings in the economic field. It is more than obvious that your fine Institute will be playing more and more important role in the enlarged economic zone in the coming future with the advent of EURO at the beginning of this year. As large part of the information on Europe comes to Japan through the Great Britain, we highly value your information on the individual industries as well as the economic survey through your report "ifo digest", not to mention the valuable information from the joint analysis of the six Economic Institutes in Germany, including your esteemed Institution. Also, your recent study on "the possibility of the co-operation between the Corporations in Germany and Japan for the third country" was truly interesting and informative to us. We are very much honoured to know that you are deeply committed to this kind of studies under the rigid recognition of the important role which Asia and Japan are playing.

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In light of the large economic countries in the world, Germany and Japan are now in the position of taking the initiative in the world economy. For Japan, Germany is the biggest trading partner in Europe, and naturally enough, both countries are taking up more and more partnerships in this rapidly internationalizing economic society. However, originally, our two countries had been having closer connections more in the field of cultural and everyday life activities. Now, it sure is a time to enlighten much of the economic aspects such as expanding our co-business relationships. We believe that it starts from understanding each other's current economic and industrial situations. We would very much hope that your esteemed Institute will further continue to play a positive role in this respect. Again, we would like to sincerely express our best wishes on your continued progress and success for the years to come, at this great opportunity of commemorating your 50th anniversary.

Kaneichi Maehara, President Sumitomo-Life Research Institute, Tokyo Japan I would like to extend my heartfelt congratulation to the ifo Institute for Economic Research on reaching the 50th anniversary of its foundation. The ifo Institute is well known in Japan as one of Germany's six major research institutes. For one year from October 1990, Sumitomo-Life Research Institute conducted a joint survey with this prestigious institute to assess the potential of former Eastern Germany as a future location for direct investment by Japanese corporations. Taking full advantage of Sumitomo-Life Research Institute's knowledge of the investors and the ifo Institute's knowledge of the targeted region, this survey of the prospects of private-sector investment vital for the economic development of the former East German region after German unification was of great significance both for Germany and Japan. The results of this joint research were published in Japan by the Japan External Trade Organization (JETRO) under the title "The Changing Face of the Former East German Region" and in Germany by the ifo Institute under the title "The Potential of Eastern Germany as a Future Location for Foreign Investment: An Empirical Study with regard to Japanese Investors". Both reports aroused considerable interest in a wide range of business fields. For Sumitomo-Life Research Institute, still a relatively young organization at the time, this joint project provided vital know-how that became part of our intellectual infrastructure. I believe it was also thanks to this precious experience of joint research with the ifo Institute that we were later able to conduct joint projects in the field of foreign investment with other overseas research institutes and to become known for our expertise in this field. Finally I would like to express my heartfelt wish that President Oppenländer and everyone else at the ifo

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Institute go on from strength to strength and that the cooperative relationship between our two research institutes continues for many years to come.

Yoshiharu Mani, President, Dai - Ichi Kangyo Research Institute, Tokyo, Japan Please allow us to offer our heartfelt congratulations on the 50th anniversary of the ifo Institute for Economic Research ("ifo Institute"). With its coincidence with the successful launch of the EU single currency, we believe that this historical year has become an even more exultant occasion for the ifo Institute and all of us concerned. We have enjoyed a history of fruitful relations with the ifo Institute since 1991 when the Dai-ichi Kangyo Research Institute ("DKR") evolved as a separate entity from the former Research Division of the Dai-ichi Kangyo Bank, Limited. In addition to ifo Institute membership being a great honor for DKR, it was also indispensable for the achievement of DKR's founding objective, namely the enhancement of the depth of its research functions and globalization. The benefits we have derived from membership surpass by far our initial expectations. Access to your timely surveys of economic trends, accurate economic forecasts and rich reports was extremely beneficial in monitoring the dramatic changes in Europe's economy in the 1990s from the unification of Germany to the launch of the Euro. DKR research officers who visited your institute in order to research separate themes were given the valuable opportunity to engage in discussions with leading economists at the ifo Institute. It goes without mention that they were enthralled with and have fond memories of the quiet beauty of Munich. Of course, without Mr. Jens-Uwe Jungnickel's detailed advice and comments to our inquiries and questions, our research on European affairs would not have progressed so smoothly. The Asia-Pacific Representative Office's active research on the turbulent economies of Japan and Asia is worthy of high commendation. We believe that the European economy will undergo dynamic changes, becoming even more inter-related, through the introduction of the single currency. No doubt, Europe will receive greater attention from Japan and the rest of the world as a result of the birth of the euro, an international currency ranking next to the dollar. For Japan, which faces the task of reviving out of the worst economic recession in post-War history and implementing structural reforms to cope with the aging population, there is much to learn from Europe whose society has matured and has already embarked upon structural reforms. We hope very much that we may continue to gain valuable insight from the ifo Institute's research and to enhance the relations between the two institutions. Our best wishes for the further development and success of the ifo Institute.

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Yuichiro Nagatomi, Chairman, Board of Executive Governors Foundation for Advanced Information and Research (FAIR), Tokyo, Japan It is a great pleasure to be able to celebrate the fiftieth anniversary of ifo Institute for Economic Research. The Foundation for Advanced Information and Research (FAIR), Japan, was established in 1985 with the cooperation of the Institute of Fiscal and Monetary Policy, Ministry of Finance. Since the early days of FAIR, we have been keeping cooperation with ifo Institute for Economic Research and its Asia Pacific Representative Office in Japan. Dr. Helmut Laumer has been FAIR'S one of the oldest international associate members since the establishment of FAIR and Mr. Hanns-Günther Hilpert, then researcher of ifo Institute for Economic Research, has conducted a research on APEC-EC relation on FAIR'S visiting scholar program in 1991, to name a few of the cooperative activities. On this special edition of ifo Studien celebrating the fiftieth anniversary of ifo Institute for Economic Research, I would like to contribute a short article regarding the similarities of Germany and Japan that I have been aware of recently. I have been intrigued by the recent public opinion survey conducted by Dentsu Institute for Human Studies, Japan, that people in Germany and in Japan, although there are inherent differences, have important aspects in common. The survey respondents are composed of male and female individuals between the ages of 18 to 69, in Tokyo and cities in Europe and in the United States. The percentage of respondents who replied that their country would be better off in the next ten years was unfortunately both low in Germany and Japan, 37.5% and 34.2% of the respondents respectively, compared to 63.0% in the US and 56.5% in Britain. When asked whether societies should aim at fostering equality or the conditions for free competition, the majority of responses from citizens of the US and Britain opted for fostering free competition as society's primary goal, 68.3% and 60.0% of the respondents respectively, while respondents of Germany, France and Japan who favored free competition were only 30.9%, 23.1% and 22.1% respectively. It is inferable that the small percentages of respondents that think their countries would be better off and the small numbers of who favor free competition are somewhat linked. Likewise, those who said they approached their work very seriously accounted for 34.55% in the US, 44.2% in Britain, 68.1% in Germany and 90.8% in Japan. When asked whether established rules should be always followed, very high percentage of respondents replied they should be, 51.6% in Germany and 46.1% in Japan, while 56.4% of respondents of France replied that established rules could be neglected if the rules were found to be inappropriate. The US, European countries and Japan have completed the process of modernization and industrialization, which had been in progress since the industrial Revolution. The US achieved in the 1950s, an "affluent society", as defined by

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Grußworte

John Kenneth Galbraith in his "The Affluent Society" (1958), West European countries in the 1960s, and Japan in the 1970s. As Daniel Bell pointed out in his "The Coming of Post-Industrial Society: A Venture in Social Forecasting" (1973), we have come to the point in history where the advanced countries are entering an age of civilization which is to follow the age of industrialization. The new post-industrial civilization that is emerging in the advanced countries is characterized by informationization, services orientation and internationalization. I have earlier called this the age of "softnomization". In the US in the 1980s, the economy went downturn and the unemployment rate worsened due to reduction of employees in big companies including manufacturers and banking industries. However, the rate improved thanks to the increased employment opportunities within the venture industries that emphasized on informationization and the service sector. The US economy has since recovered and is showing remarkable progress. In Japan today, too, like in the US in the 1980s, it is necessary to support the creation of venture industries, progress with the deregulation, create a market for venture industries to raise financial resources, broaden the types of services they offer, and increase employment opportunities. These efforts will help restore the recession we are facing today and create a vital future of our nation. Competitjon has to be brought in to revitalize the Japanese economy whether they welcome it or not. The development of venture markets in Europe has been remarkable in recent years. In order to foster venture markets in Japan, those in Japan can learn from the success of venture markets in Germany, where they have similar values as exemplified above. The Neuer Markt in Germany, opened in March 1997, grew to be the largest venture market in Europe with fifty companies listed as of September 1998, totaling the market capitalization of DM 35 billion and the average daily turnover of 0.8 million shares worthy of DM 87 million. The market is concentrated on growing excellent companies. As of one year after its opening it is thought to have been the catalyst for the creation of 16,000 new jobs. Earlier than the opening of the above Neuer Markt, an unofficial market has been established targeted for small and medium-sized companies in the 1980s. However, this effort did not attract German investors who were unwilling to take risks thus the business bogged down. In Germany there are very small numbers of "Angels" that provide financial resources with venture entrepreneurs, as well as that founders remain in management position to continue the business rather than selling it once success has been achieved. Learning from the failure in creating an unofficial market in Germany, it was decided that the criteria of listings in the new venture market be made stricter as to fulfil the criteria of listings in the "official market" in order to make it more in line with German investing culture. It was also decided that (1) listed companies are obliged to produce quarterly reports in English language, (2) listed companies are obliged to fulfil the international accounting standards once

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listed, and (3) analysts meeting conducted in English language is required at least on once a year basis. It is considered that this quality control is the reason of Neuer Markt's success. In order to find the means of success in Japanese venture markets, it is essential, rather than copying the US way, to learn from the case in Germany where they have similar values that include the nature of investors that tend to avoid risks or the corporate culture that value continued business than selling it out. I believe that ifo Institute for Economic Research and FAIR can contribute to the development of harmonization between Germany and Japan through ideas sharing in the research activities and thereby foster the better mutual intellectual benefit. I hope that the future activities of ifo Institute for Economic Research will include further cooperation with FAIR upon this fiftieth anniversary and beyond.

Yasuhiro Nakasone, Chairman, Institute for International Policy Studies, Tokyo On the occasion of the 50th anniversary of the establishment of the ifo Institute for Economic Research, I wish to express my heartfelt congratulations to the Institute and all associated with it. Since its foundation in 1949, the ifo Institute has consistently displayed remarkable abilities in the collection and analysis of information, as well as in economic research, fully living up to the intentions of its founders as expressed in the name "ifo", which is derived from the German words for "information" and "research". Not only did the Institute contribute greatly to the reconstruction and modernization of Germany after the war, but over the five decades of its existence it has also exerted a major influence on policymaking in Germany. Its achievements are undeniable. It was only last year, 1998, that our Institute for International Policy Studies (MPS) celebrated its tenth anniversary. To commemorate this significant milestone, in May we held a symposium on the theme of "Transforming the Global Order for the 21st Century", and invited Professor Karl Heinrich Oppenländer from the ifo Institute, a much older institution than ours, to present the keynote speech on economic issues. Professor Oppenländer' s invaluable presentation, entitled "Sustainable Development Revisited", was full of interesting suggestions and was highly appreciated by many participants. An article on the discussion which took place after this report, in which I and many of the other participants were involved, was published in a major Japanese magazine.

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In January of this year, the monetary unification took place in Europe, and transactions in the single currency, the Euro, have now started among the eleven member states of the European Union. This achievement is the last major development of the twentieth century. I am convinced that the introduction of the Euro, which I am sure will become a key currency along with the US dollar, marks the beginning of the resurgence of Europe and of the formation of a new world order. The world places great expectations on Germany, a country that has played a central role in the introduction of the Euro, and whose continued support will be vital for the success of the transition to a single currency and for the wider integration of Europe in the long term. In particular, much will be expected of the ifo Institute as a body that makes policy recommendations to the German government. I firmly believe that the Institute will continue to display its capabilities to the full and to play an active role as a major research institute both within Germany and worldwide. For its part, MPS looks forward to developing and deepening its links with the ifo Institute. As we stand on the threshold of the twenty-first century, which promises to be an era of unprecedented globalization, there is great scope for fruitful and mutually beneficial cooperation between our two institutes. I wish to pay my deepest respects to the ifo Institute and its distinguished President, as well as to its senior officers and staff, and I wish the Institute every success in the years to come.

Hisaya Nara, Chairman, Mitsubishi Research Institute As talented and aspiring young economists join the Mitsubishi Research Institute, one of the first terms that very quickly become a part of their professional vocabulary is the word "ifo". The wealth of knowledge, competence and foresight that the work of the ifo Institute provides is a constant source of inspiration to which our staff members return again and again in the course of their studies. The first fifty years of the ifo Institute has been a time of remarkable historical development, ifo has both lived that history and recorded it with great accomplishment, astuteness and depth of vision, ifo's case has throughout that period been one of an ideal juxtapositon of academic achievement and practical application. We at the Mitsubishi Research Institute are in an excellent position to realise how difficult a task it is to make those two things come together. Only too frequently, the quest for academic quality and practical usefulness are apt to come into conflict, making it difficult for the research profession to maintain continuity, to adhere standards that it considers essential. At such times, ifo is the tower of strength to which we all look for reassurance. To return to those young economists to be, who join the Mitsubishi Research Institute every year, their senior colleagues will see to it that they swiftly be-

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come familiar with the ifo Business Survey. The young people are taught how valuable a guide the surveys are in grasping the direction in which German economic conditions are heading. Many a happy hour is spent by them in diving into the archive of ifo material that the Mitsubishi Research Institute has proudly accumulated over the years. It goes without saying that every new work of the ifo Institute is avidly sought and pored over by both the young and the seasoned at Mitsubishi Research. Economic research and consultancy is an area which has been challenged like no other in the fifty years that it has ifo's task to provide those services. As we stand on the verge of the coming next century, so much of what has gone before needs to be scrutinised with a healthy as well as courageous scepticism. Hitherto accepted norms have to be questioned, and so much that has been the source of such great achievements in the past have to be recognised as having turned into liabilities, now that they have begun to outlive their usefulness. It is at such times that the economics profession needs to speak out, sometimes at the risk of ruffling a few feathers. The ifo Institute's attitude has been exemplary in this regard. Its swiftness in identifying important changes has been a joy to observe, and to learn from. Those qualities have served the ifo Institute well throughout its first fifty years, not least in its prompt move to respond to German unification, as well as its earlier decision to establish the Japan Research Center, and subsequently the Asia Pacific Representative Office. Having embraced Asian studies at an early stage, ifo is well placed to identify forthcoming changes and to provide important contributions to the analysis of future developments. We at the Mitsubishi Research Institute have also been acutely mindful of the need to keep in close touch with Asian affairs, and have acted accordingly. It is to be hoped that our two institutions can work closely together in this field over the coming years. We also await with keen interest the doubtless many works that ifo will produce concerning the European single currency. The advent of the Euro is a historical event, the implications of which are profound, and the future of which surely will contain many surprises. As our own representative office in Europe approaches its first decade, we hope that we can draw on ifo's wisdom to further our understanding of this momentous development. The many compliments that I would like to pay to the ifo institute on this happy occasion of its fiftieth anniversary would easily fill a volume. I shall, however, restrain my urge to put this into practice. Suffice it to say that your track record over the first fifty years is the surest guarantee of the magnificence that you are set to attain in your journey through the next half a century of your history.

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Bunroku Yoshino, Chairman Institute for International Economic Studies, Tokyo Japan, Former Japanese Ambassador to Germany Congratulations to everyone at the ifo Institute for Economic Research on your Golden Anniversary. I have been honored to witness the excellent work by the ifo Institute as chairman of Institute for International Economic Studies and formerly as Japanese ambassador to Germany. I especially value the personal contacts I have enjoyed over the years with Prof. Dr. K.H. Oppenländer, former president of the ifo Institute, and with other members of the ifo family. Europe is going to shape the course of world events in the 21st century. And Germany will continue to lead the course of European development, especially in the economic sphere. The Europeans have taken a historic step toward economic integration with the launch of the euro. As they undertake further integration, they contend with daunting issues, such as the need for harmonizing taxation and other systems. But their vast store of experience and wisdom equips them well to deal successfully with those issues. We should welcome the strengthening of economic ties between Europe and Japan that globalization is occasioning. European investment by Japanese companies continues to grow. European companies are increasingly active in Japan and other Asian nations. Europe and Japan face similar challenges in pursuing economic reform an din related efforts to restore corporate and industrial vitality. To be sure, the effects of the global economic slowdown are a trying experience. But we must do our part to ensure stable growth for the world economy in the 21st century by revitalizing our own economies. People in Europe and in Japan value strongly economic vitality in ways that also promote social vitality and equality. That means taking farsighted, comprehensive measures. It means working out patterns of development that are true to our own traditions and values. In that spirit, people in Japan are struggling today to shape a new economic paradigm and new business models. In the same spirit, Germans and other Europeans are tackling bold structural reforms in response to globalization and regional economic integration. I have great expectations of the ifo Institute as an influential source of important policy initiatives. It has the ear of Germany's business community. It is ideally qualified to conceive and propose measures for addressing the economic issues and other issues that confront Europe. I also have great expectations of the ifo Institute as a bridge between Europe and Japan. The institute was a European pioneer in devoting serious study to the Japanese economy and other Asian economies. It established its Japan Research Center in 1985 and its Asia Pacific Representative Office in 1989. In 1996, the ifo Institute upgraded the Japan Research Center and renamed it the Asia Japan Research Center. We at the Institute for International Economic

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Studies are impressed by that commitment to Japanese and Asian studies. And we are determined to step up our cooperation and exchange with the ifo Institute. Europeans and Japanese have a lot in common and a lot to learn from each other. Commonalities are notably apparent in the manufacturing traditions of Germany and Japan. Each of our nations is home to extensive manufacturing industries that lead the world in competitiveness. Each has a huge contribution to make to economic progress worldwide in the decades ahead. Germans and Japanese alike have exciting destinies to fulfil even as we deal, step by step, with challenges along the way. The ifo Institute is more important than ever as an authoritative voice in our mutual efforts. Let that voice highten its force in Europe and in the world!

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C. Grußworte aus Taiwan R.O.C.

Herr Lee, Präsident der Republik Herr Chiang, Council for Economic Planning and Development, Executive Yuan Herr Chen, Präsident der National Taiwan University Herr Liu, Chairman, Department of Economics, National Taiwan University Herr Chen, Department of Economics, National Taiwan University

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Lee Teng-hui, President Republic of China It is indeed a pleasure to learn that the ifo Institute for Economic Research, one of the most prestigious economic research institution in Germany and the world as well, has reached its 50th anniversary this year, and that a special issues of ifo Studien has been dedicated to this purpose. Together with many leaders from political, academic and business sectors in the world, I am most honored and delighted to extend my heartiest congratulations to all ifo staff and its members on this happy and auspicious occasion. Looking back, this well-established non-profit organization has assumed the role of an independent ongoing observer of global economic processes over the past half a century. The methodology it developed for collecting and processing qualitative data has been adopted universally by major economic research institutes and government agencies, including the Council for Economic Planning and Development (CEPD) of the Republic of China. Ever since its establishment in 1949, ifo has contributed considerably to the further development of business surveys, economic research and policy making for the world's economic and business community and administrative agencies through providing its most valuable analysis and research results on global economic and social evolution. For this, I would like to express my highest respect and admiration. During the past decades, the Republic of China on Taiwan has achieved its world-acclaimed economic accomplishments through the concerted efforts of our people. According to the latest World Development Report by the World Bank, our GNP totaled US$ 285.2 billion in 1997. For the fourth consecutive year, we ranked 19th among the world's 210 economies. Our per capita income amounted to US$ 13,233, the 24th highest in the world. Meanwhile, we are the world's 14th largest trade power and are ranked number three in terms of foreign exchange reserves. Despite the economic slowdown triggered by the Asian financial crisis, we still registered an annual economic growth rate of 4.8 percent in 1998. Throughout the process, both private and public economic research institutions at home and abroad have immediately and regularly offered their astute observations and analyses of domestic and international economic tendencies for our consultation in the pursuit of prosperity and economic development. The German economic institution has long established a cordial friendship in addition to academic and information exchanges with many research institutions and universities in this country. Since 1983, the Economic Research Department of the Republic of China's CEPD has become a group members of ifo's Center for International Research of Economic Tendency Surveys (CIRET), a forum for the world's leading economists and institutions concerned with global economic fluctuations. Furthermore, ifo has signed an agreement of academic cooperation and exchange with the ROC's National Taiwan University and will work closely with the university's department of Economics in their research programs.

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Of note, CIRET holds international conferences every other year to guarantee the exchange of experience and research findings on a regular basis. I am most pleased to learn that the 26th CIRET international conference is scheduled to take place in Taipei in 2003. By pooling the wisdom and expertise of CIRET members and the conference participants, this event will contribute considerably to upgrading local economic research in this country, especially at a time when Taiwan is working to turn itself into an Asia-Pacific Operations Center and to expand its international presence. We in the Republic of China look forward to hosting this grand event and to welcoming all the conference participants from around the world. As ifo bids farewell to the past and greets many more tomorrows in the new millennium, I have every confidence that this well-reputed organization will continue its task to observe - independently and in cooperation with other research organizations - domestic and international economic and social process, as stated in its By-laws. Moreover, the economic research community will further develop and flourish with ifo's valuable research results, and be of significant assistance to economic decision-makers worldwide. In closing, I wish the celebrations of ifo's 50th anniversary and the special issue of the ifo Studien great success. Thank you.

P.K. Chiang, Chairman, Council for Economic Planning and Development, Executive Yuan, Taiwan, R.O.C. It was twenty-five years ago that the Council for Economic Planning and Development (CEPD) decided to conduct its first business survey. We needed to collect up-to-the-minute information on the business situation and sound out the views of our entrepreneurs - to fill in some gaps not covered by official statistics. In choosing the methodology for the survey, we turned for guidance to the surveys conducted by the ifo Institute for Economic Research. The results fulfilled our every requirement, and the standard was set for many more surveys to follow. Now the ifo Institute has not only reached the great milestone of its fiftieth anniversary, but has also notched up fifty years of conducting business surveys - exactly twice as long as our own twenty-five years of doing so here in the CEPD. My CEPD colleagues and I, and those who served in this Council before us, have been glad to make extensive use of the ifo Institute's wide range of economic research publications. These include many of our most important reference sources, and among them all, the one we refer to more than any other is the ifo Digest. Its analyses and forecasts help us to keep closely informed on all the significant socio-economic trends and developments around the world. The depth and perception of its discussions, and the broad scope of the topics it

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covers, place the Digest in a class of its own in the literature of economics and related disciplines. Our direct relationship with the ifo Institute began in 1983, when we became a member of its affiliated forum, the Center for International Research on Economic Tendency Surveys (CIRET). Since then we have been active participants in and enthusiastic supporters of the extremely successful CIRET biennial conferences. We were therefore especially pleased and honored when, at the 24th CIRET Conference, held in New Zealand in March of this year, approval was given to the proposal made on our behalf by Mr. Thomas M.F. Yeh, the director-general of our Economic Research Department, for the conference to take place here in Taipei, the Republic of China, in the year 2003. We look forward to working with the many hundreds of CIRET members and other economists around the world in making preparations for the 26th Conference. For our part, we will spare no effort in trying to ensure that it fully achieves its objectives and makes another significant contribution to developing the role of business opinion surveys in the analysis of economic fluctuations. The ifo Institute has come a long way and contributed hugely to economic planning over the past fifty years. We at the CEPD have high and grateful expectations that we may continue to learn and benefit from the endeavours of this outstanding economic research institute on into the new millennium and beyond.

Wie-Jao Chen, MD. MPH.DMSc, President, National Taiwan University National Taiwan University is honored to have this opportunity to congratulate the German ifo Institute for Economic Research on the Fiftieth Anniversary of its establishment. In addition, we are pleased to announce at this time both, that national Taiwan University has signed an academic cooperation agreement with the ifo Institute, and that our Department of Economics has proposed a joint research project to be undertaken with the ifo Institute. Back in 1949, the ifo Institute for Economic Research was established with the goals of conducting economic studies and disseminating basic economic information as ways to enhance the economic well-being of societies. At present, it has joined the ranks of the six most prestigious and renowned economic research institutes and think tanks in Germany. Among the major contributions made by the ifo Institute was a macroeconomic scale, sectorial analytical methodology for forecasting business cycles that now is used widely around the world, including in Taiwan. The ifo's most important contributions has been a methodology for surveying firms operations as a way to forecast short-term business conditions. Just over twenty years ago, this forecasting methodology was first introduced here and taught in

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classes at the Department of Economics at this university and other institutions around Taiwan. Also noteworthy is that the ifo Institute publishes its findings about leading economic indicators for public and private sector units and journals on a regular basis. Indeed, through all of its noble efforts, the ifo Institute continues to enhance and expand international cooperation as a way to improve the welfare of human societies. Congratulations to the ifo Institute for Economic Research for its impressive record over the past 50 years. We expect to see more impressive contributions from the ifo Institute in the years to come.

Jin-Tan Liu, Ph. D., Chairman, Department of Economics, National Taiwan University The Department of Economics, National Taiwan University is honored to have this opportunity to congratulate the German ifo Institute for Economic Research on the Fiftieth Anniversary of its establishment. National Taiwan University has signed an contract of academic cooperation with the ifo Institute. In particular, the Department of Economics, National Taiwan University has undertaken a joint research project with the ifo Institute. We are pleased to take this opportunity to express our congratulations to our partner. The ifo Institute, founded in 1949, ranks among one of the six most prominent economic research institutes and think tanks in Germany. Its goal is to conduct economic studies and disseminate economic information. The ifo Institute has constructed both macroeconomic and sector analytical methodology for forecasting business cycles. Among its contributions to economic studies, the qualitative analytical methodology for surveying firms' expectations developed by the ifo Institute has been used widely in countries throughout the world, including Taiwan. It is a very powerful tool for the short-term forecasting of business conditions. Our faculty members have had close contact with the ifo Institute. In 1967 Dr. Werner H. Strigel, former Director of the Ifo Institute, was invited to Taiwan by our department and stayed in Taipei for seven weeks, discussing with our colleagues the application of business cycle forecasting. Afterwards, the Research Group for Statistics and Econometrics of the Department of Economics, NTU, led by the late Professor Kowei Chang, and Professor Cheng-Cheng Chen, conducted several surveys of firms' business conditions in Taiwan. Finally, this survey methodology has been used by the Council for Economic Planning and Development (CEPD), in cooperation with the Taiwan Institute for Economic Research, that publishes monthly Business Indicators for the forecasting of business conditions. Also we are very pleased to say that our colleague Profes-

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sor Dr. Cheng-Cherng Chen is one of three foreign scholars of the Wissenschaftlicher Beirat of the ifo Institute. This is also an honor of our department. We congratulate the ifo Institute for Economic Research for its impressive contributions to economic studies over the past 50 years. We believe that the ifo Institute will continue to enhance and expand international cooperation to improve the welfare of human societies, especially in the new era of the Network society.

Cheng-Cherng Chen, Department of Economics, National Taiwan University It is my pleasure to recount some anecdotes through which to demonstrate how the ifo Institute has encouraged and helped us. These anecdotes can be conveniently divided into three categories. First, those concerning National Taiwan University (NTU). Second, the Council for Economic Planning and Development (CEPD), and third, the Taiwan Institute of Economic Research (TEIR). 1. National Taiwan University (NTU) November 1967: We invite Dr. Werner H. Strigel as a visiting professor at NTU's Department of Economics for two months. He held a course on "New Methods in Business Cycle Research - The ifo Surveys" and began his lecture with the words of Galileo Galilei, the Italian astronomer (1564-1642): "Count what is countable, measure what is measurable, and make measurable what is not measurable." We believe this saying reflects one of the most important aspects of the spirit of the ifo Institute. During his stay in Taiwan, Dr. Strigel worked with the Bank of Taiwan (General Manager Mr. Mo Sung-Nien) and NTU (Prof. Dr. Lin-Pin, Prof. Dr. Chang Ko-wei and Associate Prof. Dr. Chen Cheng-Cheng), with the intent to create a "Center for Economic and Business Cycle Research (CEBCYR)" in Taipei and also to establish regular business and investment surveys in Taiwan following ifo methods. In addition, Prof. Dr. K.M. Hettlage, President of ifo Institute, in his letter (Jan. 22, 1968) to Mr. Mo Sung-Nien, wrote: "I should like to support your efforts as far as my institute is in the position to do so." We have done our best, but for various reasons the "CEBCYR" was not established. May 1971: A Business Cycle test is undertaken by the Economics Statistical Laboratory, Department of Economics, NTU. May 1973: An Investment and Sales Survey is conducted by the Economic Research Institute, NTU. November 1998: A cooperation agreement between the ifo Institute and NTU was signed.

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2. The Council for Economic Planning and Development (CEPD) Since the above-mentioned "CEBCYR" was not created, the CEPD decided to carry on business cycle and investment surveys. In the early 1970's CEPD began to undertake these business cycle and investment surveys. In 1983 the CEPD joined the "Center for International Research on Economic Tendency Surveys (CIRET)" and works actively as a member ofthat society. In conjunction with these activities, Prof. Dr. K.H. Oppenländer, President of ifo Institute, has appeared many times in Taiwan and devoted himself to enhancing the closer relationship between Taiwan and the ifo Institute. In late March 1999, CIRET Conference in New Zealand approves that the 26th CIRET Conference in the year 2003 will be held in Taipei. 3. The Taiwan Institute of Economic Research (TIER) In 1967 while Dr. Strigel was visiting NTU, TIER took the opportunity to first contact Dr. Strigel. Around 1970, Prof. K.W. Chang retired from NTU and moved to the School of Economics, Chinese Culture University (CCU). With this background, TIER and CCU have since jointly undertaken various surveys which use ifo test methodology. Early 1972: CCU begins to undertake a business survey regularly. April 1978: Dr. Strigel comes to TIER. TIER begins to undertake business surveys. 1982 & 1985. Dr. Strigel comes to Tier to lecture on the forecasting techniques. 1982: Due to financial problem, CCU gave up undertaking business surveys and the work was merged with that of the TIER. From the above-mentioned case of NTU, the CEPD and the TIER, we can see that we benefited very much from the ifo Institute. We hope that ifo Institute will continue to encourage and help us, and we also hope that the cooperation between the ifo Institute and Taiwan will continue and grow closer.

Teil II

Fünfzig Jahre ifo Institut Forschungsarbeiten und Resonanz Von Karl Heinrich Oppenländer

Was die Einbettung der ifo Forschung in die empirische Wirtschaftsforschung betrifft, so sei verwiesen auf die von Wolfram Fischer verfaßte Studie über "50 Jahre ifo Institut: Zur Geschichte der empirischen Wirtschaftsforschung in Deutschland", die demnächst im Verlag Duncker & Humblot erscheinen wird. Dort ist sowohl eine breitgefächerte historische Sicht als auch die Bedeutung der empirischen Wirtschaftsforschung und darin insbesondere die in fünfzig Jahren ifo Forschung erarbeiteten und die Jahre überdauernden Leistungen abgebildet. Hier geht es darum, beispielhaft einige wenige, aber wichtige Forschungsgebiete anzusprechen. Kolleginnen und Kollegen, die im ifo Institut lange Jahre für einzelne Bereiche verantwortlich zeichneten, sind gebeten worden, dazu Stellung zu nehmen. Im einzelnen handelt es sich um vier allgemeine Bereiche und 13 anwendungsbezogene Bereiche. Allgemeine Bereiche •

Veröffentlichung der Forschungsergebnisse (Liselotte Grünewald)



Methodenfindung, Pionierleistungen (Georg Goldrian)



Unternehmens- und Konsumentenbefragungen (Gernot Nerb)



Internationale Kooperationen und Netzwerke (Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman)

Anwendungsbezogene Bereiche •

Konjunkturforschung (Wolfgang Nierhaus)



Öffentliche Finanzen (Rüdiger Parsche)



Wachstum und Innovation (Karl Heinrich Oppenländer)



Zwanzig Jahre Strukturberichterstattung (Barbara Schaden)

8 ifo Studien 1999

Karl Heinrich Oppenländer Branchenwirtschaft Industrieforschung (Klaus Grefermann) Handels- und Wettbewerbsforschung (Uwe Täger) Bauforschung (Volker Rußig) Agrarforschung (Rüdiger Meimberg) Verkehrsforschung (Ralf Ratzenberger) Globalwirtschaft Europaforschung (Heidemarie C. Sherman) Entwicklungs- und Transformationsforschung (Siegfried Schönherr) Japan- und Chinaforschung (Helmut Laumer) Ostforschung (Max Eli und Rigmar Osterkamp)

Veröffentlichung der Forschungsergebnisse Von Liselotte Grünewald

Das "i" für Information in dem Kürzel "ifo" steht zwar vielleicht nur des besseren Klanges wegen vor dem "ifo" für Forschung, aber das Institut sah es seit seiner Gründung als vordringliche Aufgabe an, "die Forschungsergebnisse der Verwaltung, der Wissenschaft und der Wirtschaft zugänglich zu machen." (§1 der Gründungssatzung). Im Zeitalter von Computer, Telefax, Internet usw. kann man sich kaum mehr vorstellen, mit welchen technischen Schwierigkeiten die ifo Mitarbeiter der ersten Stunde zu kämpfen hatten und wieviel Improvisationstalent sie brauchten, um diese Aufgabe zu bewältigen.

Periodika Der erste ifo Schnelldienst - er erschien bereits am 20. Juli 1948, die Informations- und Forschungsstelle für Wirtschaftsbeobachtung brachte ihn dann mit in die "Ehe" mit dem Süddeutschen Institut für Wirtschaftsforschung - hatte elf (Schreibmaschinen-) Seiten, auf denen aber immerhin zu sieben Themen Stellung genommen wurde. Das neue Produkt wurde den Schriftleitungen wichtiger Zeitungen vorgestellt. In dem Anschreiben heißt es: "Der ifo Schnelldienst ... ist dazu bestimmt, der Presse die wichtigsten Ergebnisse unserer Arbeiten zu vermitteln. Der Schnelldienst wird nicht nur über Ergebnisse der ifoEnqueten berichten, sondern auch andere aktuelle Nachrichten aus dem Bereich der Wirtschafts- und Sozialbeobachtung bringen." Als zweite regelmäßig erscheinende Publikation wurde 1949 die - zunächst vierteljährlich erscheinende Wirtschaftskonjunktur ins Leben gerufen. Seit die Zeitschrift - deren Name 1991 um das Kürzel "ifo" ergänzt wurde - 1974 auf einen monatlichen Erscheinungsrhythmus umgestellt wurde, wird der ifo Schnelldienst nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch dreimal im Monat herausgegeben. Das Heft hat 20 bis 25 Druckseiten (was 60 bis 75 Schreibmaschinenseiten entspricht), aber meist nur noch drei bis vier Beiträge. Die ifo Wirtschaftskonjunktur ist von 40 bis 50 Druckseiten pro Quartal auf mindestens 70 Seiten pro Monat angeschwollen. Ob das Mehr an Papier immer auch einem Mehr an Information entspricht, mögen die Leser entscheiden. Die beiden Periodika bilden nach wie vor das Rückgrat der ifo Veröffentlichungen, da ihr kostenloser Bezug Bestandteil der Mitgliedschaft im ifo Institut für Wirtschaftsforschung e.V. ist. Die Beiträge, die nahezu ausschließlich von 8*

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ifo Mitarbeitern stammen, müssen daher Rücksicht auf den Informationsbedarf der Mitgliedsfirmen und -Institutionen nehmen. Sie interessieren sich mehr für die Ergebnisse der Umfragen des ifo Instituts und vor allem für Prognosen und weniger für die jeweils angewandten Aufbereitungs- und Schätzmethoden. Seit allerdings auch sog. kleine und mittlere Unternehmen immer häufiger von "studierten Ökonomen" geleitet werden, steht nicht mehr allein das "Was kommt heraus?" im Vordergrund, sondern es steigt auch das Interesse an dem "Wie kam das Ergebnis zustande?". Autoren und Redaktion sind zwar bestrebt, technische Details so zu präsentieren, daß sie auch für den interessierten Laien verständlich sind. Wie erfolgreich sie dabei waren, merken sie dann an den Rückfragen oder an Presseberichten, die offensichtlich auf mißverständlichen oder unklaren Formulierungen beruhen. Das Gegenlesen der Beiträge durch Vorgesetzte und Kollegen oder die traditionelle Besprechung der monatlichen Interpretation der Ergebnisse des ifo Konjunkturtests verhindern zwar in der Regel, daß Texte mit "groben Schnitzern" oder Fehlinterpretationen in den Druck gehen, vor "Betriebsblindheit" schützen diese Vorsichtsmaßnahmen aber nicht. Die Gefahr der Betriebsblindheit besteht bei den seit 1955 im Verlag Duncker & Humblot, Berlin, erscheinenden ifo Studien - Zeitschrift für empirische Wirtschaftsforschung nicht. Sie haben ein externes Redaktionskomitee, das - unter Einschaltung von Gutachtern - über die Eignung der Beiträge entscheidet. Diese dritte vierteljährlich herauskommende Zeitschrift wurde konzipiert, um "einen publizistischen Auslauf zu schaffen für die statistisch-methodischen und theoretischen Untersuchungen, die durch die Einführung des Konjunkturtest-Verfahrens ausgelöst wurden." 1 Während in der Zeitschrift in den ersten Jahren im wesentlichen ifo Mitarbeiter zu Wort kamen, stammen die Beiträge inzwischen überwiegend von Fremdautoren, die allerdings ihre "grundlegenden Untersuchungen ökonomischer Zusammenhänge..., die theoretisch fundiert und empirisch durchleuchtet werden" 2, teilweise auf Daten aus den Befragungen des ifo Instituts stützen. "Wurde der 'ifo Schnelldienst' konzipiert im Hinblick auf die Informationsaufgabe des Instituts, so stehen die 'ifo Studien' am anderen Ende der Aufgabenskala, dem der Grundlagenforschung." 3 Das jüngste "ifo Kind" unter den Periodika, der ifo Digest - A Quarterly Journal on Economic Trends in the Federal Republic of Germany - ist inzwischen auch längst volljährig. Das erste Heft erschien 1978, um der steigenden Nachfrage nach den Forschungsergebnissen des ifo Instituts in englischer Sprache wenigstens einmal im Quartal entgegenzukommen. Ein gewisses Problem stellt allerdings der Time-lag zwischen der deutschen Erstveröffentlichung der Beiträge und dem Erscheinen der englischen Publikation dar. Die nicht immer hinreichende Aktualität mag vielleicht dazu beigetragen haben, daß sich die

1 l/l/l Marquardt (Hrsg.) (1979), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im Ifo-Institut 19491979, München, S. 199. 2 Ebenda. 3 Ebenda.

Veröffentlichung der Forschungsergebnisse

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Zahl der Abonnenten nicht so entwickelt hat, wie es sich der Vorstand bei der Konzeption des ifo Digest vorgestellt hatte. Abgesehen von den ifo Studien, die in Berlin bei Duncker & Humblot produziert werden, wobei allerdings das ifo Institut die Druckvorlagen liefert, werden alle Periodika "in-house" hergestellt. Die hauseigene Setzerei und Druckerei verleihen uns eine gewisse Flexibilität, insbesondere dann, wenn Beiträge zu aktuellen Themen kurzfristig eingeschoben werden sollen oder - was leider häufiger der Fall ist - Beiträge nicht rechtzeitig bei der Redaktion abgeliefert werden. Seit einiger Zeit ist das ifo Institut auch im Internet präsent: Die Abstracts sämtlicher Beiträge sowie ein Aufsatz aus jedem Heft werden - bisher allerdings meist ohne Tabellen und Grafiken, um den Absatz der Druckerzeugnisse nicht zu beeinträchtigen - den "Surfern" zur Verfügung gestellt. Derzeit wird an einem Projekt gearbeitet, das die elektronische Verbreitung nicht nur der Periodika, sondern auch bisher nicht regelmäßig veröffentlichter Daten und Texte zum Ziel hat. Der Zugriff wird dann allerdings nicht mehr prinzipiell unentgeltlich sein.

Buchpublikationen Mit der zunehmenden Bedeutung größerer und längerfristig angelegter Gutachten und der wachsenden Zahl von Mitarbeitern erhöhte sich auch rasch der wissenschaftliche Output des ifo Instituts. Die Forschungsergebnisse sollten nicht nur als - in den Anfängen im wahrsten Sinn des Wortes - Graue Literatur verbreitet, sondern in Buchform verkauft werden. Bereits 1949 wurden die ersten Monographien in der "Schriftenreihe des IfoInstituts für Wirtschaftsforschung" herausgegeben. 1953 wurde die Produktion der Reihe in professionelle Hände übergeben: Band 19, der sich mit dem immer noch oder schon wieder aktuellen - Thema "Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmer" befaßt, erschien im Verlag Duncker & Humblot, mit dem man bereits gute Erfahrungen bei der Herausgabe der "ifo Studien" gemacht hatte. Die Zusammenarbeit mit dem Verlag, der übrigens 1998 sein 200jähriges Bestehen feiern konnte, wurde im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte noch intensiviert. 1998 erschien Band 146 der ifo Schriftenreihe. Die Auflage dieser Bücher ist mit meist etwa 600 nicht sehr hoch, sie gehören jedoch zur Standardausstattung der meisten Universitätsbibliotheken, so daß der Leserkreis wesentlich größer sein dürfte. Ein Bestseller der ifo Schriftenreihe ist Band 55 "Die moderne Wachstumstheorie" mit einem Verkauf von fast 1500 Exemplaren.4 An zweiter Stelle steht Band 122 "Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur". 5 Die Auflage von 1100 ist fast vergriffen, denn mit dem im Auftrag 4 K.H. Oppenländer (1963), Die moderne Wachstumstheorie, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 55, Berlin, München. 5 M. Hummel und M. Berger unter Mitarbeit von F. Müller (1988), Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 122, Berlin, München.

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des Bundesinnenministeriums erstellten Gutachten hatte das ifo Institut völliges Neuland betreten und den Forschungszweig "Kulturökonomie" in Deutschland überhaupt erst bekannt gemacht. Der mit über 1000 Seiten "dickste Wälzer" hat ebenfalls - bereits vor seinem Erscheinen als Band 139 im Jahr 1995 - sehr viel Staub aufgewirbelt: "Das deutsche Ladenschlußgesetz auf dem Prüfstand". 6 Mitte der sechziger Jahre - das ifo Institut hatte inzwischen rund 200 Mitarbeiter - wurde eine neue Buchreihe "Struktur und Wachstum" konzipiert, in der die mit finanzieller Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführten Untersuchungen der Struktur und der Entwicklungsperspektiven einzelner Industriezweige veröffentlicht wurden. Bis 1996 sind in der roten "Reihe Industrie" 48 Bücher erschienen, in der blauen "Reihe Absatzwirtschaft" sind bisher 14 Bände herausgekommen. Neben den Monographien, die in einem "richtigen" Verlag erschienen, gewannen im Laufe der Jahre die im Institut selbst produzierten Bücher immer mehr an Bedeutung. Heute hat fast jedes Forschungsgebiet eine eigene Reihe - von ifo Studien zur Agrarwirtschaft bis ifo Studien zur Verkehrswirtschaft. In diesen Reihen werden meist die Gutachten veröffentlicht, die im Auftrag von Bundes- und Landesministerien usw. erstellt wurden, d.h. die Autoren sind überwiegend Mitarbeiter des ifo Instituts. Teilweise werden allerdings auch Dissertationen publiziert, in denen ifo Daten verwendet wurden oder die thematisch in die jeweilige Reihe passen. Mit bisher 69 Bänden zeugen die - seit 1964 erscheinenden - ifo Studien zur Finanzpolitik von dem großen und anhaltenden Interesse des Instituts an Fragen der Besteuerung und der öffentlichen Haushalte. Besonders produktiv waren die Kollegen der 1993 gegründeten Dresdner Niederlassung des ifo Instituts: Bis Frühjahr 1999 hatten sie bereits 21 Bände der ifo Dresden Studien fertiggestellt. Welche der zahlreichen ifo eigenen Reihen die Umstrukturierungsmaßnahmen überleben werden, läßt sich derzeit nicht absehen. Eine gewisse Straffung des sehr differenzierten Angebots wäre wahrscheinlich kein Nachteil. Das Ziel, die Ergebnisse interessanter Gutachten in Buchform anzubieten, sollte dabei zwar nicht aus den Augen verloren werden, allerdings müssen die ifo Produkte zunehmend auch auf die Nachfrage via Internet zugeschnitten werden. Ob wir uns je auf das "Print-on-demand" beschränken können, läßt sich noch nicht beurteilen. Wir hätten dann zwar das Problem gelöst, die richtige Auflagenhöhe festzulegen; die Frage nach dem angemessenen Preis bliebe aber unbeantwortet. Denn trotz gewisser Erfahrungswerte ist es uns noch nicht gelungen, die Preiselastizität von Werken der empirischen Wirtschaftsforschung einigermaßen zuverlässig zu schätzen. Fest steht nur: Je praxisnäher, aktueller und "brauchbarer", z.B. für Unternehmensberater, eine Studie ist, um so unwichtiger ist der Preis. Als sehr absatzfördernd erweist es sich üblicherweise, wenn es gelingt, gleichzeitig mit dem Erscheinen des Buchs einen Aufsatz im ifo Schnelldienst zu veröffentlichen, in dem einige Ergebnisse vorgestellt werden.

6 U.Chr. Jäger, K. Vogler-Ludwig und S. Münz (Hrsg.), Das deutsche Ladenschlußgesetz auf dem Prüfstand, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 139, Berlin, München.

Veröffentlichung der Forschungsergebnisse

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Öffentlichkeitsarbeit Eine eigene Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wurde erst 1996 geschaffen. Bis dahin hatte man sich weitgehend auf den "PR-Effekt" der Publikationen und der Veranstaltungen (Tagungen, Pressegespräche, ifo Jahresversammlung) verlassen. Die Kontakte zu den Medien wurden von den Mitarbeitern der 1958 gegründeten Abteilung Publizistik gepflegt, deren erster Leiter übrigens Karl Otto Pohl war, der spätere Präsident der Deutschen Bundesbank. Die personelle Ausstattung der 1989 zur "Arbeitsgruppe Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit" geschrumpften Organisationseinheit reichte nicht mehr aus, um die ständig zunehmende Nachfrage nach Informationen aus dem ifo Institut, aber auch über das ifo Institut, die Wünsche nach Interviewpartnern etc. neben der Redaktionsarbeit befriedigen zu können. Zu den Aufgaben des neuen Referats gehört auch die Zusammenstellung des monatlichen Informationsblatts "ifo im Januar, Februar ...", das u.a. an Bundes- und Landtagsabgeordnete verschickt wird, um sie für die Arbeit des Instituts zu interessieren. Ein wichtiges "PR-Instrument" ist der ifo Jahresbericht, in dem nicht nur satzungsgemäß die finanzielle und personelle Entwicklung des Instituts dargestellt wird, sondern auch ein - in den letzten Jahren immer umfangreicherer - Überblick über die Forschungsaktivitäten gegeben wird. Die Beiträge werden von den Abteilungen bzw. Bereichen geliefert. Das Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hat dann die schwierige Aufgabe, daraus ein Werk aus einem Guß zu formen, ohne die individuellen Vorstellungen der Verfasser allzu sehr abzuschleifen. Welche Stellung das ifo Institut längerfristig in dem sich verschärfenden Wettbewerb zwischen den Informationsanbietern einerseits - das Vorbild ifo hat z.B. zahlreiche Institutionen veranlaßt, sich ebenfalls auf dem Feld der Umfragen zu tummeln - und den Nachfragern nach berichtenswerten Neuigkeiten aus der Wirtschaft auf der anderen Seite einnehmen wird, läßt sich derzeit nicht abschätzen. Fest steht aber, nur wenn es gelingt, mit aktuellen und unmittelbar auch für Unternehmer und Wirtschaftspolitiker verwertbaren Forschungsergebnissen von sich reden zu machen, besteht die Chance, daß das ifo Institut den in 50 Jahren erworbenen Ruf als besonders praxisnah und ideologisch nicht festgelegt auch als "forschungsbasierte Serviceeinrichtung" halten oder sogar (wieder) festigen kann.

Methodenfindung, Pionierleistungen Von Georg Goldrian

Die empirische Forschungsarbeit des ifo Instituts stützte sich von Anfang an auf moderne methodische Instrumente. Konnte für spezifische Aufgaben auf keine geeigneten Verfahren zugegriffen werden, wurden eigene Methoden entwickelt. Hervorzuheben sind hier Beiträge zur Input-Output-Forschung, zur Zeitreihenanalyse und zum ökonometrischen Modellbau.

Input-Output-Forschung Die Input-Output-Forschung des ifo Instituts geht auf die frühen sechziger Jahre zurück. Damals wurden erste Konzepte zur Erstellung von Input-OutputTabellen diskutiert. Aufgrund der langjährigen Erfahrungen in der Analyse von branchenwirtschaftlichen Strukturen und Prozessen sowie in der Beschäftigung mit Spezialproblemen in Industrie, Handel, Verkehr und Landwirtschaft hatte das Institut beste Voraussetzungen zur Realisierung der schwierigen statistischen Aufgabe. Im Jahre 1963 wurde, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell unterstützt, mit der Erstellung von Input-Output-Tabellen für die Bundesrepublik Deutschland begonnen. Das Ergebnis waren sieben, in 60 Sektoren und über 5000 Produktgruppen untergliederte Input-Output-Tabellen für die Jahre 1961 bis 1964 in laufenden Preisen und in Preisen von 1962. Die Ergebnisse der sechsjährigen Forschungsarbeit wurden in elf Bänden der "Input-Output-Studien" veröffentlicht (1967). Das zur Berechnung der Tabellen entwickelte Verfahren wurde vom Statistischen Bundesamt als Grundlage seiner Erstellung von Input-Output-Tabellen übernommen. Unmittelbar an die Fertigstellung der Tabellen Schloß sich eine umfangreiche Auswertung der statistischen Informationen an. Ein breites Spektrum von Themen wurde auf der Basis der Input-Output-Rechnung bearbeitet. Sie reichen von der Verkehrskostenbelastung 1 der Wirtschaft über die sektoralen Auswirkungen der Lohnkostenüberwälzung 2, die Energiekostenbelastung der Wirt-

1 F.O. Bonhoeffer und E.U. Wehle (1971), Die Verkehrskostenbelastung der Wirtschaft in der Bundesrepublik, Wirtschaftskonjunktur 23 (4), 29-34. 2 E.U. Wehle und P. Stiller (1972), Die sektoralen Auswirkungen von Lohnkostenüberwälzungen in ausgewählten Tarifbereichen. Eine Auswertung der Input-Output-Tabellen des ifo Instituts, ifo Institut, München.

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schaftssektoren 3 bis zu den Auswirkungen der Errichtung des Flughafens München II.4 In den folgenden Jahren wandte sich die Input-Output-Forschung des Instituts Spezialthemen zu. Zunächst stellte das Institut seine Input-Output-Tabellen für die Jahre 1962 und 1964 auf die Systematik der Produktionsbereiche in Input-Output-Rechnungen (SIO) des Statistischen Bundesamtes um.5 Dieses Forschungsprojekt stand unter dem Ziel, die neu gegliederten Tabellen des Statistischen Bundesamts um vergleichbare Tabellen für frühere Jahre zu ergänzen und damit die statistische Basis für eine differenzierte Untersuchung des sektoralen Strukturwandels zu schaffen. Daran anschließend berechnete das Institut Input-Output-Tabellen der Energieströme für die Jahre 1975 und 1978 mit der Vorgabe, den Mangel an geeigneten Statistiken für Energiebedarfsprognosen zu beheben.6 Dazu wurden die Produktionssektoren den Energieproblemen angemessen abgegrenzt, so wie es das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften für alle Partnerländer festgelegt hat. Auch diese Tabellen erfuhren eine umfassende Analyse, insbesondere unter der Zielrichtung, die vielfältigen Anwendungen der Datenbasis zu demonstrieren. Die nächste Arbeit auf dem Gebiet der Input-Output-Forschung widmete sich der bundesdeutschen Stahlindustrie. Es wurden Input-Output-Tabellen für die Jahre 1978 und 1980 erstellt, die die stahlerzeugenden und stahlverbrauchenden Sektoren einer Wirtschaft detaillierter ausweisen, als dies gewöhnlich in solchen Rechenwerken der Fall ist. Dabei mußte eine höchstmögliche Angleichung der Tabellen an die Systematik der Europäischen Gemeinschaft erreicht werden. Im Rahmen einer ersten Auswertung der Tabellen ist der indirekte Stahlverbrauch berechnet worden. Schließlich erhielt das ifo Institut noch den Auftrag, harmonisierte Input-Output-Tabellen "Stahl" für fünf Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften zu erstellen und ein programmgestütztes Auswertungssystem zu entwickeln, das sich auch für die Tabellen anderer Mitgliedsstaaten eignet. In den neunziger Jahren trat die Auswertung der Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamts in den Vordergrund. Im Rahmen einiger Forschungsaufträge wurden diese Rechenwerke herangezogen, um die indirekten Wirkungen verschiedener wirtschaftspolitischer Maßnahmen abzuschätzen. Zu nennen sind hier beispielsweise mehrere Studien über die wirtschaftliche Be-

3 G. Britschkat, J. Kruse, P. Rammner und H. Schlegel (1976), Die Energiekostenbelastung der Wirtschaftssektoren in der Bundesrepublik in den Jahren 1961 bis 1964, 1968, 1971, 1973 und 1974, ifo Institut, München. 4 F. Söffner, G. Britschkat und G. Spanakakis (1976), Auswirkungen der Errichtung des Flughafens München II auf Wirtschaftsbereiche, Arbeitsmarkt und Steueraufkommen, ifo Institut, München. 5 ifo Institut (Hrsg.) (1982), Input-Output-Tabellen 1962 und 1964 für die Bundesrepublik Deutschland. Ergebnisse der Umstellung der Input-Output-Rechnung des ifo Instituts auf die Systematik des Statistischen Bundesamts, Input-Output-Studien Nr. 13, München. 6 J. Beutel und H. Mürdter (1984), Input-Output-Analyse der Energieströme 1975, InputOutput-Studien Nr. 14, ifo Institut, München.

Methodenfindung, Pionierleistungen

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deutung von Messen auf den Veranstaltungsort und seine Umgebung.7 Diese Untersuchungen erforderten regelmäßig die schwierige Ableitung kleinräumiger Tabellen aus den Tabellen für die Bundesrepublik Deutschland, weil die entsprechenden Informationen in dieser regionalen Abgrenzung nicht vorlagen.

Zeitreihenanalyse Auf dem Gebiet der Zeitreihenanalyse konzentrierte sich die Arbeit auf die Entwicklung eines Saisonbereinigungsverfahrens, das den Anforderungen der Konjunkturanalyse im Institut weitgehend gerecht wird. Aus einer Zusammenarbeit mit anderen deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten entstand ein erster Ansatz mit dem Namen ASA-II, der dann im Institut laufend verfeinert wurde.8 Dieses Verfahren konnte in groß angelegten Vergleichstests mit anderen in Deutschland verwendeten Verfahren (X-11 und Berliner Verfahren) seine Leistungsfähigkeit beweisen. Verschiedene Anforderungen des Hauses führten zur laufenden Verbesserung und Erweiterung der Methode. So wurde u.a. eine Witterungsbereinigung integriert, die die Meldungen der Bauunternehmen über eine Behinderung durch schlechtes Wetter als regionalspezifischen Witterungsindikator verwendet, und es wurde eine Variante für kurze Zeitreihen in Verbindung mit der Aufnahme des ifo Konjunkturtests in Ostdeutschland geschaffen. 9 In jüngster Zeit richtete sich das Augenmerk einerseits auf Indikatoren für den zu erwartenden konjunkturellen Verlauf 0 als auch auf sogenannte Tiefpaßfilter, die die Schätzung des Trend-Konjunkturverlaufs von Zeitreihen zur Aufgabe haben. Hintergrund dieser Betrachtung ist die zunehmende Anforderung, Frühindikatoren für zentrale wirtschaftliche Größen zu entwickeln, und zwar mit der Betonung auf die ausschließliche Prognose der kurzfristigen konjunkturellen Tendenz. Aufgrund dieser Ausrichtung des Prognoseansatzes werden sowohl sämtliche Zeitreihen, die in den Frühindikator eingehen, als auch die Zielreihe mit einem Tiefpaßfilter geglättet. Nun zeigen die herkömmlichen Tiefpaßfilter gerade am aktuellen Rand der Reihen, der für die Aussage eines Frühindikators von zentraler Bedeutung ist, erhebliche Schwächen, die in instabilen und damit unzuverlässigen Ergebnissen im Zeitablauf wiederholter Schätzungen zum Ausdruck kommen. Diese Beobachtung veranlaßte das Institut, einen Tiefpaßfilter zu konstruieren, der speziell am aktuellen Reihenrand deutlich zuverlässigere Schätzungen des Konjunkturverlaufs erzielt. Der neue Filter konnte 7 G. Goldrian und U.Ch. Täger (1990), Wirtschaftliche Bedeutung der Münchner Messeveranstaltungen. Eine ifo-Untersuchung über die direkten und indirekten Wirkungen von Messeausgaben, ifo Schnelldienst 43 (26/27), 28-42. 8 G. Goldrian (1973), Eine neue Version des ASA-Il-Verfahrens zur Saisonbereinigung von wirtschaftlichen Zeitreihen, Wirtschaftskonjunktur 25 (4), 26-32. 9 G. Goldrian (1993), Erweiterungen und Verbesserungen des Saisonbereinigungsverfahrens ASA-II, ifo Diskussionsbeiträge Nr. 10. 10 G. Goldrian und B. Lehne (1999), Erkennung eines sich anbahnenden Wendepunkts in der konjunkturellen Bewegung einer Zeitreihe, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 218/3+4, 309-324.

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bereits in umfangreichen Vergleichsrechnungen mit herkömmlichen Filtern auf der Basis von stochastischen Simulationen seine Überlegenheit demonstrieren. 11 Der Filter ist inzwischen auch Bestandteil des Saisonbereinigungsverfahrens ASA-II und bewirkt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Stabilisierung der Ergebnisse, wie erste Tests zeigen.

Ökonometrischer Modellbau Der Auftakt der Arbeiten des ifo Instituts zum Bau von ökonometrischen Modellen bildete Anfang der sechziger Jahre ein Ansatz zur langfristigen Prognose des Wirtschaftswachstums, gemessen am Bruttosozialprodukt und an seinen wichtigsten Komponenten. Daran Schloß sich in den siebziger Jahren die Mitarbeit an der Entwicklung eines gemeinsamen kurzfristigen Konjunkturmodells der Wirtschaftsforschungsinstitute an. Dieses makroökonomische Modell sollte die halbjährliche Gemeinschaftsdiagnose der damals fünf wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute unterstützen und auch als Instrument zur Simulation der Wirkungen von exogenen Einflußgrößen auf die Volkswirtschaft dienen. Entsprechend wurde für die Komponenten des Sozialprodukts und für andere wirtschaftliche Größen, die im Rahmen der Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert werden, Erklärungsansätze quantifiziert. Jedes Institut bearbeitete bestimmte Teilbereiche des in der damaligen Zeit üblichen nachfrageorientierten Modells. Im Laufe der ständigen Verbesserungen des Modells entstanden zusätzliche institutsspezifische Varianten. Mit der Entwicklung eines integrierten Prognosemodells wurde Anfang der achtziger Jahre eine große Anstrengung unternommen, ein Hilfsmittel zu schaffen, das sowohl die Forschungsarbeit des Instituts unterstützt als auch zur Politikberatung herangezogen werden kann. Es handelte sich dabei um ein nach 24 Sektoren und 95 Verwendungszwecken disaggregiertes Jahresmodell, das die Komponenten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vollständig abbildet. Das anspruchsvolle Vorhaben erreichte einen Reifestand, der es erlaubte, das Modell zur Klärung von Fragen einzusetzen, die insbesondere die dynamischen Effekte der Interaktion zwischen den verschiedenen Branchen betreffen. Hervorzuheben ist hier eine Studie über die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen einer Verkürzung der Arbeitszeit. 12 In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre erfolgte der Einstieg in die mikroökonomischen Modelle. In den Jahren 1976/1977 erarbeitete das Institut ein ökonometrisches Modell zur Prognose der langfristigen Entwicklung des Wohnungsmarkts der Stadt Düsseldorf und seiner Umgebung. Das Modell bildete aufgrund der verfügbaren Daten nur das Nachfrageverhalten der Haushalte 11 G. Goldrian und B. Lehne (1999), Zur Approximation der Trend-Zyklus-Komponente am aktuellen Rand einer Zeitreihe, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, (zur Veröffentlichung angenommen). 12 ifo Institut (Hrsg.) (1983), Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen einer Verkürzung der Arbeitszeit, ifo Studien zur Arbeitsmarktforschung Nr. 3/I, München.

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ökonometrisch ab, während das Verhalten der Wohnungsanbieter aufgrund von Plausibiltätsannahmen zu spezifizieren war. Das Modell ist ein echtes Marktmodell in dem Sinne, daß die Interaktionen zwischen Angebot und Nachfrage explizit erklärt werden. Es gelang recht gut, von den sozioökonomischen Merkmalen der Haushalte auf deren Wohnungspräferenzen zu schließen, so daß von einer gesicherten Prognosefähigkeit des Modells ausgegangen werden konnte.13 Die Qualität des Modells veranlaßte den Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau im Jahr 1981 dazu, das Institut mit der Entwicklung eines umfassenderen mikroökonomischen Modells der Wohnungsnachfrage in der Bundesrepublik zu beauftragen. Unter dem Thema "Analyse und Prognose der Nachfrage nach Miet- und Eigentümerwohnungen" entstand, unterstützt durch namhafte Experten aus dem In- und Ausland, ein Modell, das sehr differenziert die Entscheidung der privaten Haushalte für die Nutzung einer bestimmten Wohnung in einer bestimmten Region abzubilden vermag. Auf der Datenbasis der Wohnungsstichprobe von 1978 und unter dem Einsatz modernster ökonometrischer Verfahren wurde der Wirkungszusammenhang zwischen der sozioökonomischen Situation eines Haushalts (z.B. Größe, Einkommen) und den Merkmalen seiner nachgefragten Wohnung (z.B. Größe, Rechtsform) quantifiziert. Dabei konkretisierte sich die Wohnungsnachfrage in einem Prozeß der Entscheidung (Auswahl) zwischen den diskreten Alternativen unterschiedlicher Wohnungstypen (charakterisiert beispielsweise durch die Rechtsform oder die Zahl der Zimmer). Diese Modellcharakteristik erforderte den Einsatz von Verfahren zur Schätzung von diskreten Zielgrößen. Aus der Vielzahl der möglichen Einflußgrößen auf die Wohnungsnachfrage wurden zwei zentrale Größen mittels des Instruments der Stratifizierung in ihrer Bedeutung verstärkt. Es erfolgte eine Gliederung des Modells nach sechs aus den siedlungsstrukturellen Kreistypen (laut Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung) abgeleiteten Regionstypen und nach fünf Haushaltsspezifika, die die Zahl der Erwachsenen im Haushalt und den Gastarbeiterstatus betreffen. Für diese Schichten wurden getrennt Modelle spezifiziert, jeweils bestehend aus einem Aufbruch- und einem Zielmodell. Im Aufbruchmodell wird die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Haushalt aus seiner Wohnung auszieht, abgebildet; das Zielmodell (Einzugsmodell) beschreibt die Auswahl einer neuen Wohnung.14 Innerhalb des Forschungsprojekts diente das Modell in erster Linie zur Prognose der Wohnungsnachfrage. Seine einzigartige Charakteristik, insbesondere das realistische Modellieren der Haushaltsentscheidungen unter Berücksichtigung der haushaltsindividuellen Ausprägung der Einflußfaktoren (z.B. aus Fördermaßnahmen wie Wohngeld und Steuereffekte), prädestinierte das Modell 13 K. Behring and G. Goldrian (1985), The Ifo Housing Market Model, Microeconomic Models of Housing Markets, Lecture Notes in Economics and Mathematical Systems, No. 239. 14 K. Behring, Α. Börsch-Supan und G. Goldrian (1988), Wohnungsnachfrageprognose 1995, Analyse und Prognose der Nachfrage nach Miet- und Eigentümerwohnungen, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Nr.121, München.

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für eine Nutzung zur Analyse der Effekte von politischen Maßnahmen auf dem Wohnungsmarkt. So leistete es bei einer Reihe von Forschungsprojekten wertvolle Hilfe. Beispielsweise kam das Wohnungsnachfragemodell im Rahmen einer umfassenden Evaluierung wohnungspolitischer Instrumente 15 und bei der Abschätzung der Wirkungen einer C0 2 -Minderungspolitik auf die Wohnungsversorgung zum Einsatz. Zur Bearbeitung des letzteren Forschungsprojekts mußte zusätzlich eine Modellvariante für die neuen Bundesländer entwickelt werden. Von den aktuellen Aktivitäten auf dem Forschungsgebiet "ökonometrische Modelle" sind Ansätze zum Bau von kurzfristigen Prognoseansätzen auf Branchenebene zu erwähnen. Hintergrund dieser ökonometrischen Modelle ist insbesondere der Nachweis, daß die qualitativen Zeitreihen aus den Unternehmungsbefragungen des ifo Instituts in solchen Ansätzen einen wichtigen Beitrag zu leisten vermögen. Hierbei zeichnen sich nicht nur die Informationen aus, die Erwartungen der Unternehmer bezüglich der Entwicklung verschiedener Sachverhalte in den kommenden Monaten beinhalten, sondern auch Informationen zur gegenwärtigen Lage wie die Reichweite des Auftragsbestands in Produktionsmonaten oder der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. Ähnlich wie bei den oben erwähnten Frühindikatoren prognostizieren diese Kurzfristmodelle lediglich die Konjunkturtendenz, also die Richtung der Konjunkturentwicklung und Wendepunkte.16 Es existieren solche Modelle für 21 Industriebranchen. Die daraus gewonnenen Prognosen erhalten exklusiv die Teilnehmer am ifo Konjunkturtest in der Industrie als eine Art Gegenleistung für ihre Mühen um ein Fortbestehen der aussagekräftigen Konjunkturindikatoren des ifo Instituts.

15 K. Behring und G. Goldrian (1991), Evaluierung wohnungspolitischer Instrumente. Aktuelle Probleme des Wohnungsmarktes und Ansatzpunkte für wohnungspolitische Initiativen, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Nr. 129, München. 16 G. Goldrian (1995), Kurzfristige Branchenprognosen auf der Basis des ifo Konjunkturtests; Auswertung des prognostischen Gehalts von qualitativen Informationen, ifo Schnelldienst 48(13), 8-10.

Unternehmens- und Konsumentenbefragungen Von Gemot Nerb Mehr als Statistik-Ersatz Die Konjunkturumfragen bilden ein Herzstück des ifo Instituts - sowohl was die aktuelle Berichterstattung als auch was die Forschungsarbeiten anbelangt. Der große Erfolg einer umfragegestützten Wirtschaftsforschung war in der Anfangsphase der ifo Konjunkturumfragen, die im Herbst 1949 einsetzte und Ende der fünfziger Jahre mit der Arrondierung der Konjunktur- und Investitionstesterhebungen in den wichtigsten Wirtschaftsbereichen einen vorläufigen Abschluß gefunden hatte, nicht absehbar. 1 Schließlich erfolgte die Einführung dieser Erhebungen sehr pragmatisch mit dem Ziel, die gerade in der frühen Nachkriegszeit noch beträchtlichen Lücken .der amtlichen Statistik zu schließen und darüber hinaus eine Schnellinformation für solche Reihen zu liefern, die von der amtlichen Statistik zwar erhoben, allerdings erst mit erheblichen Verzögerungen veröffentlicht und zudem nachträglich noch häufig revidiert werden. Spätestens ab den frühen siebziger Jahren erkannten mehr und mehr sowohl die Wissenschaft, die Prognostikerzunft wie auch die Nutzer von Wirtschaftsinformationen in Politik und Unternehmen den besonderen Stellenwert der Unternehmensumfrageergebnisse, der weit über einen reinen Statistik-Ersatz hinausgeht. Die Hoffnung, wie sie in den sechziger und noch frühen siebziger Jahren vorherrschte, man könne dank moderner EDV die ökonometrischen Modelle so verfeinern, daß sie kurz- und mittelfristig treffsichere Prognosen ermöglichen, hatte sich nämlich nicht erfüllt. Hierfür waren gar nicht einmal in erster Linie die sog. externen Schocks und Währungskrisen verantwortlich, auf die sich Modellbauer gerne berufen, wenn ihre Prognosen fehlschlagen. Noch wichtiger war die wachsende Erkenntnis, daß ökonomische Verhaltensweisen der Unternehmer und Verbraucher im Zeitablauf nicht stabil sind und daß deshalb besonders bei kurzfristigen Prognosen erhebliche Probleme auftreten können, wenn man sich schematisch auf Verhaltensgleichungen verläßt, die aus Vergangenheitsdaten abgeleitet wurden.

1 W.H. Strigel (1989), Die Entwicklung der ifo-Umfragen seit 1949, in: K.H. Oppenländer und.G. Poser (Hrsg.), Handbuch der ifo-Umfragen, Berlin, München, 6-14.

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Gernot Nerb Ökonomische Theorie legt die empirische Erfassung von Urteilen und Erwartungen nahe

Unternehmerische Pläne, Erwartungen und Urteile gewannen in der neueren Wirtschaftstheorie eine zentrale Bedeutung, und die ifo Konjunktur- und Investitionstestdaten erwiesen sich als eine Fundgrube für die empirische Wirtschaftsforschung. Zunehmend wurde anerkannt, daß eine ökonomische Verhaltensforschung ohne eine empirische mikroökonomische Fundierung zweifelhaft erscheint. Es setzte sich die Erkenntnis durch, daß der einzige erfolgversprechende Weg, unternehmerische Pläne, Erwartungen und Urteile in der wirtschaftlichen Analyse und Prognose angemessen zu berücksichtigen, darin besteht, auf authentische Umfragedaten zurückzugreifen. Dieser Schluß gilt auch - oder erst recht - nach der sog. Theorie der rationalen Erwartungen. Diese Denkschule, die in den siebziger und frühen achtziger Jahren die wirtschaftstheoretische und -politische Diskussion stark prägte, unterstellt, daß die unternehmerischen Pläne und Erwartungen in der Regel zielgenau sind und keine systematischen Verzerrungen aufweisen, da in ihnen alle wichtigen Informationen von den Managern in der "richtigen Weise" berücksichtigt wären. Falls es trotzdem zu Überraschungen kommen sollte, schlage sich dies unverzüglich in den Preisen nieder. Die Preise seien daher auch der ganz entscheidende Indikator für Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nächfrage. Falls diese Erkenntnis richtig wäre, würde es für die empirische Wirtschaftsforschung genügen, einige sog. "finale Fragen", d.h. z.B. Investitions- und Produktionspläne, zu stellen und ansonsten ein verstärktes Augenmerk auf die Preisdaten zu werfen, um Planänderungen rasch zu erkennen. Für die im ifo Konjunkturtest erhobenen Urteilsdaten etwa zur Geschäftslage, zu den Auftrags· und Lagerbeständen gäbe es dann - ebenso wie für die Einstellungen der Verbraucher im Rahmen der Konsumentenbefragungen - keine rechte Begründung mehr. Eine kaum noch übersehbare Zahl von Untersuchungen hat allerdings ergeben, daß die Pläne der Unternehmer und Konsumenten in der Regel nicht streng rational im Sinne der Theorie sind.2 Es gibt eine Reihe von Erklärungen für die nur teilweise Übereinstimmung von Plänen und Realisierungen. Anders als in der Theorie der rationalen Erwartungen unterstellt, sind nämlich zum einen die Kosten für die Beschaffung und Verwertung von Informationen sowie die Kosten und Risiken bei der Durchsetzung der als richtig erkannten Anpassung zum Teil recht hoch. Aus Kosten- und Nutzenerwägungen bleiben daher Informationen zum Teil ungenutzt oder es werden Anpassungsvorgänge nicht oder nur verzögert vorgenommen. Aber selbst wenn die Wirtschaftssubjekte bereit wären, diese Kosten auf sich zu nehmen, käme es immer noch zu Abweichungen von Ex-post und Ex-ante Werten - unabhängig von Preisänderungen -, da das implizite "Prognosemodell" der Unternehmen und Konsumenten,

2 G. Nerb (1989), Sind Erwartungen rational?, in: K.H. Oppenländer und G. Poser (Hrsg.), Handbuch der ifo-Umfragen, Berlin, München, 72-81.

Unternehmens- und Konsumentenbefragungen

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in das die Informationen eingespeist werden müßten, nicht unabänderlich ist, sondern sich im Zeitablauf ändert.

Antworten auf Urteilsfragen oft ergiebiger als konkrete Planangaben Insgesamt sprechen die empirischen Ergebnisse aller einschlägigen Untersuchungen für eine "schwache" Version der Theorie der rationalen Erwartungen. In der Literatur ist in diesem Zusammenhang die Rede von "semi-rationalen" Erwartungen. 3 Für die Umfrageforschung ergibt sich hieraus die Konsequenz, daß gerade die sog. "rezeptiv-kritischen" Fragen, wie etwa die Beurteilung der augenblicklichen und der künftigen Geschäftslage wie auch der Auftrags- und Lagersituation von besonderer Bedeutung für die Konjunkturanalyse und -prognose sind.4 Hieraus lassen sich nämlich frühzeitig Erkenntnisse über die im Konjunkturverlauf sich ändernde Risikoeinschätzung der Unternehmen gewinnen, woraus sich wiederum entsprechende Rückschlüsse auf das wirtschaftliche Verhalten, etwa Investitions-, Produktions- und Beschäftigungsentscheidungen, ziehen lassen. Solche Erkenntnisse gelten analog auch für die Verbraucherforschung. George Katona, der Altmeister der Konsumforschung, hat sich immer für "weiche" Fragestellungen in Verbraucherumfragen ("attitudes" anstelle von "plans") eingesetzt, da solche Umfrageergebnisse in aggregierter Form in besonderer Weise Änderungen im Konsumverhalten, etwa einen Rückgang der Sparquote im Zuge einer wachsenden wirtschaftlichen Zuversicht, erkennen lassen.5 In diesem Zusammenhang ist auch auf das sog. "Time Series/Cross Section Paradoxon" hinzuweisen, wonach aggregierte Antworten zu Stimmungsfragen wie etwa das aus fünf Makroreihen konstruierte Konsumklima - in Zeitreihenanalysen bessere Ergebnisse bei der Konsumprognose lieferten als exakte Kaufpläne, obgleich auf der Mikroebene die Pläne zur Prognose individueller Kaufentscheidungen besser geeignet erschienen als allgemeine Einstellungsvariablen. 6 Die Erklärung liegt u.a. darin, daß die sog. "intenders", d.h. also Konsumenten mit konkreten Kaufplänen tatsächlich später mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Kauf tätigen. Das Problem dabei war, daß nachträgliche Untersuchungen ergaben, daß etwa die Hälfte der späteren Käufe von sog. 3 L Häberle (1982), Wirtschaftspolitik bei rationalen Erwartungen, Konsequenzen einer britischen Analyse der Theorie rationaler Erwartungen für die Wahl wirtschaftspolitischer Strategien, Reihe Untersuchungen Nr. 49 des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Köln. 4 Zur Unterscheidung von "rezeptiv-kritischen" und "finalen" Äußerungen siehe G. Poser (1969), Der Beitrag der Konsumforschung zur Diagnose und Prognose konjunktureller Entwicklungen, CIRET-Studie Nr. 15, München. 5 G. Katona (1951), Psychological Analysis of Economic Behaviour, New York. 6 Zum "Time Series/Cross Section Paradoxon" siehe z.B. G. Nerb (1975), Konjunkturprognose mit Hilfe von Urteilen und Erwartungen der Konsumenten und der Unternehmer, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Berlin, München.

9 ifo Studien 1999

126

Gemot Nerb

"non-intenders" getätigt wurden, d.h. Haushalten, die vorher keine konkreten Kaufabsichten geäußert hatten, also spontan kauften. Im Falle von Pkw lag dieser Anteil bei rund 50%, bei anderen langlebigen Konsumgütern war der Anteil der Spontankäufer sogar noch deutlich höher. Aus diesem Grund sind Einstellungsfragen (etwa: "Wie schätzen Sie Ihre derzeitigen finanziellen Verhältnisse im Vergleich zur Situation vor einem Jahr ein?") für den Konjunkturforscher ergiebiger als konkrete Kaufpläne, da erstere Anhaltspunkte für eine sich ändernde Kaufneigung unter den zahlenmäßig meist dominierenden Unentschlossenen gibt. Schließlich kommt es für den Konjunkturforscher in erster Linie darauf an, Aggregatsgrößen richtig zu prognostizieren und nicht die Entscheidungen einzelner Individuen. Diese Überlegungen haben dazu geführt, daß in Verbrauchsumfragen meist nur noch Einstellungsfragen gestellt werden und auf die Erfassung konkreter Kaufpläne verzichtet wird. Eine weitere Konsequenz ist, daß das Schwergewicht der Untersuchungen zur prognostischen Tauglichkeit von Daten aus Verbraucherumfragen auf der Makroebene und nicht auf der Mikroebene liegen sollte. Im Falle von Unternehmensentscheidungen, z.B. Investitionen, kann zwar stärker als bei Konsumenten-Kaufentscheidungen von einem geplanten und nicht einem spontanen Verhalten ausgegangen werden. Dies erklärt auch die relativ gute Prognosetauglichkeit der ifo Investitionsplandaten. Trotzdem zeigen empirische Untersuchungen, daß gerade bei Klein- und Mittelunternehmen Investitionsentscheidungen oft sehr kurzfristig getroffen und ursprüngliche Investitionsabsichten zuweilen rasch geändert werden. Aus diesem Grunde hat sich z.B. das ifo Geschäftsklima als ein sehr geeigneter Indikator für die monatliche Fortschreibung der großangelegten ifo Investitionserhebungen erwiesen, die nur zweimal im Jahr - im Frühjahr und im Herbst - erhoben werden (vgl. Abb. 1). Generell hat es sich als zweckmäßig erwiesen, Planangaben der Unternehmen wie der Konsumenten - etwa Investitions-, Produktions-, Beschäftigungs- und Kaufpläne - als eine Variante von Einstellungsfragen zu interpretieren und nicht etwa im Sinne streng rationaler Erwartungen als feste Absichtserklärung mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit. Dies erklärt auch, weshalb erst durch die laufenden, möglichst monatlichen Einstellungsmessungen und die Zusammenschau verschiedener Indikatoren gute Prognoseerfolge erzielt werden.

Unternehmens- und Konsumentenbefragungen

127

Abbildung 1 Bestimmungsfaktoren der Investitionen

Bestimmungsfaktoren der Investitionen ifo Geschäftsklima 1) und Gewinne 2 * 1991=100

Mrd. DM

Ausrüstungsinvestitionen real 3) o/0

Veränderung gegenüber Vorjahr in %

%

1) Verarbeitendes Gewerbe o. Nahrungs- u. Genußmittel; Westdeutschland. 2) Jahresüberschuß der westdeutschen Unternehmen (verarb. Gewerbe), real. 3) Ausrüstungsinvestitionen insg.; ab 1992 Gesamtdeutschland. 1999 Schätzung. Quelle: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bundesbank, ifo Institut.

9*

128

Gernot Nerb

Die Erkenntnis, daß Stimmungsindikatoren, wie etwa das ifo Geschäftsklima oder die auf ähnliche Weise konstruierten Vertrauensindikatoren für die europäische Wirtschaft, wie sie monatlich von der EU-Kommission auf der Basis der nationalen Konjunkturumfrageergebnisse berechnet werden, besonders gut geeignet sind für die Konjunkturprognose, setzt sich bei den Nutzern solcher Informationen häufig erst durch, nachdem sie sich lange mit solchen Indikatoren beschäftigt haben. Ein Beispiel hierfür liefert Philip A. Klein in einer neueren Veröffentlichung. 7 Klein hat zusammen mit Geoffrey Moore und Arthur Bums jahrzehntelang in den USA maßgeblich die empirische Konjunkturindikatorforschung geprägt. Lange Zeit standen diese Forscher qualitativen Umfrageergebnissen, wie etwa denen aus dem ifo Konjunkturtest oder den Daten der US amerikanischen Purchasing Manager Association bzw. des Michigan University Survey Research Centers, das in den USA Verbraucherumfragen im Stile Kotonas durchführt, eher skeptisch gegenüber. Ihrer Überzeugung nach reichte es aus, aus der Vielzahl quantitativer Zeitreihen die geeignetsten Frühindikatoren auszuwählen, die dann zu einem "Composite Leading Indicator" komprimiert wurden. In der zitierten jüngeren Veröffentlichung bekennt Klein jedoch, daß er über die Jahre zunehmend zu der Erkenntnis gekommen sei, daß empirisch erhobene Urteils- und Stimmungsvariablen der Unternehmer und Konsumenten häufig einen glatteren Verlauf aufweisen als quantitative Reihen und weniger häufig falsche Konjunktursignale geben. Selbst wenn nachträgliche Untersuchungen ergeben, daß die zeitlichen Vorläufe von Urteilsreihen an konjunkturellen Wendepunkten häufig nicht länger sind als die von quantitativen Reihen, so darf man nicht vergessen, daß die Unternehmensumfragedaten meist viel früher vorliegen als die quantitativen statistischen Reihen und anders als diese keinen nachträglichen - oft erheblichen - Revisionen unterzogen werden.

Geschäftsklima gibt frühzeitig die richtigen Konjunktursignale Wie wichtig Unternehmensumfragedaten für die Konjunkturanalyse und -prognose sind, zeigt das aktuelle Beispiel 1998/99. Das ifo Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft hatte schon seit Ende 1997, verstärkt jedoch ab Mitte 1998, deutliche Signale für eine konjunkturelle Verlangsamung gegeben, zu einem Zeitpunkt also, als viele Prognostiker für die konjunkturelle Entwicklung im Jahre 1999 noch sehr zuversichtlich waren. Der rückläufige Geschäftsklimaindikator gab spätestens ab Oktober/November 1998 deutliche Hinweise, daß die erst kurz zuvor erhobenen Investitionspläne der Industrieunternehmen für 1999 wohl nach unten revidiert werden müssen.

7 Philip A. Klein (1997), Recent U.S. Work in Cyclical Indicators: An Assessment, ifo Diskussionsbeiträge, Nr. 49, Dezember.

Unternehmens- und Konsumentenbefragungen

129

Weiterentwicklung der Konjunkturumfragen Die guten Erfahrungen mit dem ifo Konjunkturtest im verarbeitenden Gewerbe, in der Bauwirtschaft und im Einzel- und Großhandel sind Anlaß, solche Erhebungen in den nächsten Jahren verstärkt auf den Dienstleistungssektor auszudehnen. Neben der bereits eingeführten Erhebung bei den EDV-Dienstleistern (vgl. Abb. 2) und Leasingunternehmen sind regelmäßige Umfragen u.a. auch bei den Versicherungsunternehmen sowie im Logistiksektor vorgesehen.

Abbildung 2

DV-Dienstleister: Fachkräftemangel bleibt hoch

95

96

!

97

Quelle: ifo Konjunkturtest, DV-Dienstleistungen.

98 ifo

Versuche werden unternommen, die derzeit überwiegend schriftlichen Erhebungen durch die Verwendung von e-mail und Internet noch schneller und kostengünstiger zu gestalten, sowie in noch besserer Form die Umfrageergebnisse den Unternehmen und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Stärker als bisher soll dabei künftig bei der Analyse der nationalen

130

Gernot Nerb

Ergebnisse auf den entsprechenden europäischen Vergleich eingegangen werden. Dies ist um so leichter möglich, als die Umfrageergebnisse im Konjunktur- wie auch im Investitionstest EU-weit größtenteils harmonisiert sind und regelmäßig von der EU-Kommission bereitgestellt werden. Ergänzend zu den Umfragen per Post bzw. e-mail sollen auch die monatlichen Telefonumfragen des ifo Instituts weiter ausgebaut werden. Letztere eignen sich besonders gut bei sehr aktuellen und politisch sensiblen Themen, wo schematisierte schriftliche Umfragen zum Teil an Grenzen stoßen. Die Möglichkeiten der umfragegestützten Wirtschaftsforschung mit dem Ziel, die aktuelle Konjunkturanalyse und -prognose zu verbessern, sind also bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Hierin liegt auch der besondere Reiz, auf diesem Gebiet weiterzuforschen.

Internationale Kooperationen und Netzwerke Von Karì Heinrich Oppenländer

Die einzelnen Forschungsbereiche im ifo Institut haben vielfältige Kooperationen und Netzwerke, auch international, auf- und ausgebaut. Darüber zu berichten, wäre ein zu umfangreiches Unterfangen. Hier sollen, gleichsam beispielhaft, vier Kooperationen beschrieben werden, die institutionsweite Bedeutung erlangt haben: •

Die ERECO-Gesellschaft



Die Kooperation mit dem IMEMO-Institut in Moskau



Die CIRET-Organisation



The Tokyo Club Foundation for Global Studies

ERECO-Gesellschaft Gegen Ende der achtziger Jahre war ein neues Kapitel der europäischen Integration aufgeschlagen worden. Man fieberte dem Gemeinsamen Markt entgegen, die Unternehmen tätigten gewaltige Investitionen im Binnenmarkt, um für den schärferen Wettbewerb gerüstet zu sein. In dieser Situation fanden sich NEI Rotterdam und ifo München zusammen, um gemeinsam über eine europäische Forschungsstrategie nachzudenken. Es wurde der Vorschlag verfolgt, eine Gesellschaft nach europäischem Recht (iigw) zu gründen, wobei aus jedem EU-Land ein Institut dieser Gesellschaft beitreten sollte. Die Gründung gestaltete sich schwierig, weil die Organisationsstruktur der Institute in den einzelnen Ländern doch nicht so recht vergleichbar war (Größe, Programm, staatliche Unterstützung usw.). Schließlich fanden sich Institute aus Frankreich, Italien, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland zusammen und gründeten die ERECO (= European Economic Research and Advisory Consortium (eeig)) mit Sitz in Amsterdam. Erster und bisher einziger Präsident wurde Prof. Molle, NEI Rotterdam. Die Aufgaben sind im einzelnen: •

Strategische Forschungsfindung in Europa



Gemeinsame Forschungsanträge an die EU

132 •

Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman Bildung von Inter-Instituts-Arbeitsgemeinschaften auf bestimmten Gebieten.

Es wurden folgende Arbeitsgruppen eingerichtet: -

meso-economics, sector analysis, market studies

-

labour market economics

-

regional and urban development

-

environmental protection

-

macro-economic modelling and forecast

Da sich die Institute inzwischen in Richtung Privatisierung entwickelt haben, waren die gemeinsamen Interessen, was die makroökonomische Forschung betrifft, gering. Zu einer entscheidenden Partnerschaft zur EU kam es nie. Die Strategie hat sich inzwischen eher zu einer losen Interessensgemeinschaft entwickelt.

IMEMO-Institut Man stelle sich vor: 1975 wurden vom Präsidenten des ifo Instituts erste Kontakte zu einem Institut geknüpft, das in erster Linie die Aufgabe hatte, den Westen zu erforschen, das andererseits in der politischen Verbindung zur Regierung ganz oben angesiedelt war. Das Interesse von ifo ging dahin, auch etwas über die damalige UdSSR zu erfahren und gleichzeitig westliches Gedankengut in Symposien, die alle zwei Jahre wechselseitig in München und Moskau abgehalten wurden, einzubringen. Die Kooperation hat sich effektiv und für beide Seiten nutzbringend entwickelt, zumal IMEMO zugestand, jeweils über die UdSSR zu berichten und da andererseits die politische Komponente aus den Diskussionen weitgehend ausgeklammert war, was angesichts der uno-actu-Verbindung Ökonomie und Politik im Ostblock nicht ganz einfach handhabbar war. Die stattgefundenen Symposien und ihre Themen gehen aus der Anlage hervor. Es war das Bestreben von ifo, möglichst viel zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Auch IMEMO hatte dieses Interesse. Man kann drei Phasen, zeitlich gesehen, in der Zusammenarbeit unterscheiden: •

Die achtziger Jahre, die dadurch gekennzeichnet waren, daß die gegenseitige Information im Vordergrund stand. Immerhin gelang es, westliches Gedankengut in zunehmendem Maße einzubringen.



Die Zeit um die Ostöffnung, die dadurch gekennzeichnet war, daß ifo vor allem beispielhaft über Erfolge (oder Mißerfolge) des Transformationsprozesses in Ostdeutschland berichtete. Waren aber, so lautete unsere Frage, Parallelen zu erwarten?



Die Zeit seit 1996, als es sich abzeichnete, daß der Reformprozeß Rußlands ins Stocken geriet: In dieser Zeit war ifo vor allem in methodischer

Internationale Kooperationen und Netzwerke

133

Hinsicht behilflich. Da die Informationsfindung in Rußland nunmehr über Unternehmensbefragungen stattfand (hier waren mehrere Institute engagiert), war es möglich, methodische und analytische Hilfe zu leisten. Gleichzeitig erhielt ifo Informationen aus erster Hand.

Anlage: Symposien ifo/IMEMO 1.

1980 (München) Probleme des technischen Fortschritts. Perspektiven und Stimulierung

2

1981 (Moskau) Die aktuellen Probleme der gegenwärtigen Weltwirtschaft

3.

1983 (München) Probleme der Industrialisierung in Ost und West - Tendenzen und Perspektiven unter veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen

4.

1984 (Moskau) Aktuelle wirtschaftliche Probleme der Gegenwart (veröffentlicht als Band 2 der Reihe ifo Studien zur Ostforschung "Technischer Fortschritt und Rohstoffeinsatz in der sowjetischen und westdeutschen Wirtschaft")

5.

1985 (München) Unternehmensinvestitionen und Infrastrukturinvestitionen als Stimulans für wirtschaftliches Wachstum in Ost und West (veröffentlicht als Band 1 der Reihe ifo Studien zur Ostforschung)

6.

1987 (Moskau) Neue Technologien und ihre Auswirkungen auf Automatisierung, Arbeitswelt und Rohstoffeinsatz (veröffentlicht als Band 3 der Reihe ifo Studien zur Ostforschung)

7.

1989 (München) Mikro- und makroökonomische Probleme der Steuerung des Wirtschaftsprozesses in Ost und West (veröffentlicht als Band 5 der Reihe ifo Studien zur Ostforschung)

8.

1991 (Moskau) Erfahrungen beim Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft (veröffentlicht als Band 6 der Reihe ifo Studien zur Ostforschung)

9.

1992 (München) Die Lage in der GUS und Probleme der Wirtschaftspolitik im Übergang

134

Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman zur Marktwirtschaft (veröffentlicht als Band 8 der Reihe ifo Studien zur Ostforschung)

10. 1994 (Moskau) Arbeitsmarkt und Arbeitspolitik, Strukturwandel in Ost und West, Privatisierung, Innovation 11. 1995 (München) Wirtschaftsbeziehungen in Rußland, den NUS und der Europäischen Union: Zwischen Integration und Regionalisierung 12. 1997 (Moskau) Aktuelle internationale wirtschaftliche Probleme (veröffentlicht als Band 33 der Reihe ifo Studien zur Osteuropa- und Transformationsforschung "Rußland im Wandel") 13. 1998 (München) Standortbedingungen, Innovationssystem, Regionalpolitik 14. 1999 (Moskau) Deutsche Auslandsinvestitionen in Rußland, Unternehmensbefragungen, ein Vergleich unter den Rahmenbedingungen des CIRET-Netzwerkes

Internationale Kooperationen und Netzwerke

135

CIRET ein internationales Netzwerk für die Umfragenforschung Von Sandra Waller

Die Geschäftsstelle des Centre for International Research on Economic Tendency Surveys - kurz CIRET - ist seit 1971 dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung angegliedert. CIRET ist eine internationale Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus führenden Wirtschaftswissenschaftlern und Institutionen, die zur Analyse konjunktureller Schwankungen entweder selbst Konjunkturumfragen bei Unternehmern und Verbrauchern durchführen oder mit den Daten und Ergebnissen aus solchen Befragungen arbeiten. Diese Konjunkturumfragen bilden das Kernstück der Forschungstätigkeit der CIRET-Mitglieder: Sie liefern Informationen, die von der amtlichen Statistik oft nicht bereitgestellt werden können, wie Pläne, Urteile und Erwartungen von Unternehmern und Verbrauchern. Ein großer Teil der erhobenen Daten ist qualitativer Natur, d.h. es werden überwiegend Urteils- und Tendenzfragen gestellt. Der Wert dieser qualitativen Daten zur Erklärung des Konjunkturphänomens, aber auch der Bedarf an Diskussion und Weiterentwicklung der bestehenden Umfragen und Umfragemethoden ist enorm. Die Bedeutung und das steigende Interesse an der Arbeit von CIRET drückt sich in der wachsenden Zahl der Mitglieder aus: Nach der Gründung im Jahre 1961 hatte CIRET 27 Mitglieder aus 18 Ländern der Welt. Heute zählt CIRET nahezu 700 ständige Mitglieder in über 50 Nationen.

Entstehungsgeschichte Anfang der fünfziger Jahre führten drei europäische Institutionen nahezu zeitgleich Konjunkturumfragen ein: In Deutschland das ifo Institut, in Frankreich das Institut National de la Statistique (INSEE) und in Italien der Verband der Handelskammern. Die Leiter dieser Organisationen - Karl Wagner, der erste Präsident des ifo Instituts, A. Piatier, der damalige Leiter des INSEE, und G. Tagliacarne, der damalige Präsident des italienischen Handelskammernverbandes, - trafen sich 1952 zu einem ersten Gedankenaustausch in Paris und beschlossen, fortan die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Konjunkturumfragen zu vertiefen. Im gleichen Jahr wurde mit CIMCO (Comité International pour l'Etude des Méthodes Conjunctures) eine informelle Vereinigung französischer, deutscher und italienischer Wirtschaftswissenschaftler aus der Taufe gehoben. Der Kreis der Interessierten erweiterte sich zusehends. 1953 traf sich in München eine kleine Gruppe internationaler Experten zur "Internationalen Arbeitstagung über das Konjunkturtestverfahren". Die zweite "Internationale Tagung über wirtschaftliche Tendenzbefragungen" fand zwei Jahre später in Kiel statt (siehe Tab. 1). Mit der zunehmenden weltweiten Verbreitung des Befragungsinstrumentariums und dem wachsenden Interesse internationaler Institutionen an einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch wurde 1960 mit der Grün-

136

Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman

dung von CIRET (Contact International des Recherches Economic Tendancielles) diese Vereinigung institutionalisiert. CIRET wurde über ein eigenes Forschungszentrum unter der Leitung von H. Theil dem Econometrisch Instituut der Nederlandsche Economische Hoogeschool in Rotterdam angegliedert und zusätzlich mit einem Informations- und Dokumentationszentrum beim ifo Institut in München ausgestattet. 1971 wurden beide Zentren zusammengelegt und am ifo Institut verankert. Seither steht CIRET für "Centre for International Research on Economic Tendency Surveys". Bis Ende 1981 wurde CIRET von Dr. Werner Strigel, ifo Institut, und Dr. Oskar Anderson, Universität München, geleitet. Seit 1982 ist Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer Direktor von CIRET. Wissenschaftlicher Berater ist Prof. Dr. Günter Poser von der Technischen Hochschule Darmstadt. Mitte des Jahres 1999 wird das CIRET-Büro unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Schips an die Konjunkturforschungsstelle der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich verlegt. Prof. Dr. Oppenländer wird weiterhin beratend und unterstützend für CIRET tätig sein.

Die Forschungsgebiete und Arbeitsschwerpunkte von CIRET Die Kerntätigkeit der CIRET-Organisation hat sich seit ihrem Bestehen kaum geändert: Im Mittelpunkt steht die Analyse des Konjunkturverlaufs durch Konjunkturumfragen, welche ein wichtiges Instrument der Konjunkturbeobachtung und -prognose darstellen. Die Schwerpunktthemen sind: •

Die Entwicklung und Weiterentwicklung des Befragungsinstrumentariums Im Zentrum dieses technisch-methodischen Aspektes der Umfragenforschung stehen die Gestaltung des Fragebogens, die Auswahl der zu befragenden Personen, Probleme der Regionalisierung und Spezialisierung von Befragungen sowie Fragen zur Aggregation, Transformation und Auswertung der Antworten. Die Gestaltung des Fragebogens, die Auswahl des Berichtskreises, die Berichtskreispflege sowie die Wahl des Kommunikationsmediums (Postweg, Telefonumfrage, Internet) beeinflussen die Umfrageergebnisse in erheblichem Maße. Eine besondere Bedeutung kommt der Aufbereitung der Antworten zu. Die in der Regel qualitativen Daten werden mit Hilfe verschiedener Verfahren in quantitative Daten transformiert 1 und in geeigneter Weise aggregiert, um so für eine ökonomische Interpretation zugänglich zu sein. Grundlage einer soliden methodischen und theoretischen Analyse von Umfrageergebnissen ist daher die ständige Adäquanzprüfung des Befragungsinstrumentariums und des Datenmaterials.



Die Anwendung ökonometrischer Verfahren zur Interpretation der Befragungsergebnisse

1 Ein Überblick über die unterschiedlichen Quantifizierungstechniken findet sich in P. Geil und K.F. Zimmermann (1995), Quantifizierung qualitativer Daten, in: K.H Oppenländer (Hrsg.) (1995), Konjunkturindikatoren, Fakten, Analysen, Verwendung, München, Wien, 108-130.

Internationale Kooperationen und Netzwerke

137

Eingebaut in ökonometrische Modelle liefern Umfragedaten einen wertvollen Beitrag zur Konjunkturanalyse und zur Konjunkturprognose.2 Den aus regelmäßigen Umfragen generierten langen Zeitreihen erschließt sich in der Regel die breite Palette der zeitreihenanalytischen Verfahren. •

Die Überprüfung der Relevanz von Konjunkturtheorien mit Hilfe qualitativer Daten Einer der Hauptkritikpunkte konjunkturtheoretischer Erklärungsversuche ist deren mangelnde empirische Überprüfung. Abgesehen davon, daß sich eine Vielzahl konjunkturtheoretischer Modelle aufgrund ihrer Komplexität einer empirischen Überprüfung gänzlich entziehen, stellt die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen einer Verwendung von Konjunkturtestdaten bei der Evaluierung und Diskriminierung konjunkturtheoretischer Ansätze einen interessanten Untersuchungsgegenstand dar nicht zuletzt, um eine Brücke zwischen theoretischer und empirischer Konjunkturforschung zu schlagen.



Analyse der Nutzungsmöglichkeiten der Umfrageergebnisse durch Unternehmen, Wissenschaft und durch Institutionen der Wirtschaftspolitik Der Bedarf an Informationen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und zur Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Konjunktur ist groß und vielfältig: Ein Unternehmer ist in erster Linie daran interessiert, aktuelle Informationen über die Entwicklung der Beschaffungs- und Absatzmärkte zu erhalten, um in der Planung entsprechend reagieren zu können. Die Wirtschaftspolitik benötigt Indikatoren, die Abweichungen von den angestrebten gesamtwirtschaftlichen Zielen und Zwischenzielen frühzeitig signalisieren und eine rechtzeitige Anpassung des wirtschaftspolitischen Instrumentariums ermöglichen. Von wissenschaftlicher Seite wird eine Verbesserung der Methoden und Ansätze zur Erklärung des Konjunkturphänomens angestrebt. Die Analyse der Nutzungsmöglichkeiten und der Grenzen von Umfragedaten in der Konjunkturanalyse und -prognose ist daher ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet der CIRET-Mitglieder. Im Vordergrund steht hierbei die Konjunkturprognose mit Hilfe von Konjunkturindikatoren.



Die Entwicklung von Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung aus Urteilen, Erwartungen und Plänen von Wirtschaftssubjekten Die Indikatorenforschung bildet das Herzstück der CIRET-Tätigkeit. Die aus Urteils- und Tendenzfragen abgeleiteten Konjunkturindikatoren ermöglichen eine umfassende Charakterisierung des Konjunkturverlaufs. Die größte Bedeutung kommt dabei der Analyse der Pläne und Erwartungen der Wirtschaftssubjekte zu. Die aus diesen Einschätzungen gewon-

2 Zahlreiche Beiträge in den Konferenzbänden zu den CIRET-Konferenzen, die bei Avebury, Aldershot erschienen sind, sowie in den CIRET Studien repräsentieren einen umfassenden Querschnitt der Anwendungsmöglichkeiten statistischer und ökonometrischer Verfahren zur Aufbereitung und Interpretation von Umfrageergebnissen.

138

Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman nenen Frühindikatoren zeigen durch ihren zeitlichen Vorlauf den künftigen Konjunkturverlauf an und signalisieren etwaige Wendepunkte und sind somit unerläßlich für die Konjunkturprognose. Eine wesentliche Funktion übernehmen aber auch die gleichlaufenden Indikatoren, die die aktuelle Konjunkturbewegung abbilden und somit wesentlicher Bestandteil der Konjunkturbeobachtung sind.

Zyklische Schwankungen der wirtschaftlichen Tätigkeit sind in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung als "eigenständiges, erklärungsbedürftiges Phänomen"3 anerkannt. Komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge und Interdependenzen zwischen den ökonomischen Variablen erschweren allerdings eine abstrakte, modelltheoretische Modellierung des Phänomens Konjunktur. Die Vielzahl der Erklärungsversuche gibt einen Einblick in die Probleme, ein eindeutiges Ursache-Wirkung-Konzept zur Interpretation zyklischer Schwankungen zu entwickeln. Die aus Befragungen gewonnenen Konjunkturindikatoren stellen eine "dogmenfreie" Alternative zur Beschreibung, Analyse und Prognose des Konjunkturphänomens dar. Lange Zeit als "Measurement without Theory"4 gebrandmarkt, sind sie heute aus der Konjunkturforschung nicht mehr wegzudenken. Dies ist nicht zuletzt ein Verdienst der CIRETMitglieder.

Die CIRET-Konferenzen und -Veröffentlichungen CIRET-Konferenzen Um den regelmäßigen Informationsaustausch unter den Mitgliedern zu gewährleisten, findet alle zwei Jahre eine dreitägige Konferenz statt, auf der aktuelle Probleme und Forschungsergebnisse vorgestellt und diskutiert werden (Tab. 1). Seit 1975 geht den CIRET-Konferenzen ein eintägiger Workshop voraus, in dessen Rahmen ein kleiner Expertenkreis über technische Probleme bei der Erhebung und Auswertung von Befragungsdaten diskutiert. Beginnend mit der 16. CIRET-Konferenz im Jahre 1983 wurde verstärkt auf eine Internationalisierung der Aktivitäten über den europäischen Raum hinaus Wert gelegt. Die Ausdehnung des Teilnehmer- und Mitgliederkreises auf die USA und Asien brachte wertvolle Impulse und Anregungen für die Mitglieder. Seit der 20. Konferenz in Budapest 1991 nehmen regelmäßig Mitglieder aus mittel- und osteuropäischen Transformationsländern an den Konferenzen teil, womit den Problemen und Anforderungen bei der Ein- und Durchführung von Befragungen in diesen Ländern Rechnung getragen wird.

3

J. Heubes (1991), Konjunktur und Wachstum, München. T.C. Koopmans (1947), Measurement without Theory, Review of Economics and Statistics 29, 161-172. 4

Internationale Kooperationen und Netzwerke Tabelle 1 CIRET-Konferenzen

Ort

Jahr

Anzahl der Beiträge

1.

München

1953

6

2.

Kiel

1955

14

3.

München

1957

11

4.

München

1959

23

5.

Noordwijk

1961

15

6.

Wien

1963

23

7.

Rom

1965

18

8.

Paris

1967

21

9.

Madrid

1969

20

10.

Brüssel

1971

31

11.

London

1973

26

12.

Stockholm

1975

35

13.

München

1977

27

14.

Lissabon

1979

34

15.

Athen

1981

30

16.

Washington

1983

40

17.

Wien

1985

36

18.

Zürich

1987

42

19.

Osaka

1989

39

20.

Budapest

1991

63

21.

Stellenbosch

1993

66

22.

Singapur

1995

69

23.

Helsinki

1997

82

24.

Wellington

1999

50

a)

25.

Paris

2001

26.

Taipeh

2003 a)

a)

geplant.

140

Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman

Auch wenn sich die Forschungsinhalte von CIRET im Zeitablauf kaum gewandelt haben, unterliegen Fragestellung, Methodik, Art und Umfang der Konjunkturbefragungen, aber auch Anerkennung und Bedeutung der qualitativen Konjunkturforschung in ganz erheblichem Maße den Strömungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, und die Konjunkturforschung selbst ist zyklischen Schwankungen ausgesetzt: Die empirische Konjunkturforschung, die Konjunkturtheorie, aber auch die Konjunkturpolitik haben sich seit Bestehen der modernen Konjunkturforschung nicht simultan entwickelt. Die Überwindung dieser "Konjunkturdichotomie"5 ist eines der Hauptanliegen der CIRET-Mitglieder: Auf den Konferenzen werden stets aktuelle theoretische, methodische und operationale Aspekte der Durchführung und Auswertung von Konjunkturumfragen behandelt und miteinander verknüpft. Das Bestreben, angesichts der Divergenz von Empirie, Theorie und Politik verläßliche, konsistente, aber auch anwendbare Erklärungsmuster und Prognoseansätze für Konjunkturschwankungen zu entwickeln, führte zur Entwicklung und Weiterentwicklung verschiedenster qualitativer Kennziffern, Indikatoren und Methoden zur Analyse und Prognose mit Hilfe von Befragungsdaten.

CIRET-Veröffentlichungen

Seit 1980 wird eine Auswahl der Konferenzbeiträge in Sammelbänden bei Avebury, Aldershot (Großbritannien) veröffentlicht. 6 Darüber hinaus gibt die CIRET-Geschäftsstelle eine Schriftenreihe mit Papieren zu aktuellen Fragestellungen der Umfragenforschung heraus. In der Reihe CIRET-Studien sind bislang 53 Bände erschienen. Alle zwei bis drei Jahre aktualisiert die CIRET5 K.H. Oppenländer (1998), Konjunkturforschung aus einem Guß, in: R. Hupen und T. Werbeck (Hrsg.), Wirtschaftslehre zwischen Modell und Realität, Stuttgart, 149-156; G. Tichy (1976), Konjunkturschwankungen, Berlin, Heidelberg; G. Tichy (1994), Konjunktur, Berlin, Heidelberg. 6 Dies sind W.H. Strigel (1980) Business Cycle Analysis. Papers presented at the 14th CIRET Conference, Lisbon 1979, Aldershot; H. Laumer and M. Ziegler (Hrsg.) (1982), International Research on Business Cycle Surveys. Papers presented at the 15th CIRET Conference, Athens 1981, Aldershot und K.H. Oppenländer and G. Poser (eds.) (1984), Leading Indicators and Business Cycle Surveys. Papers presented at the 16th CIRET Conference, Washington, D.C. 1983, Aldershot; K.H. Oppenländer anó G. Poser (eds.) (1986), Business Cycle Surveys in the Assessment of Economic Activity. Papers presented at the 17th CIRET Conference, Vienna 1985, Aldershot; K.H. Oppenländer and G. Poser (eds.) (1988), Contributions of Business Cycle Surveys to Empirical Economics. Papers presented at the 18th CIRET Conference, Zurich 1987, Aldershot; K.H. Oppenländer and G. Poser (eds.) (1990), Business Cycle Surveys with Special Reference to Pacific Basin Economies. Papers presented at the 19th CIRET Conference, Osaka 1989, Aldershot; K.H. Oppenländer and G. Poser (eds.) (1992), Business Cycle Analysis by Means of Economic Surveys. Papers presented at the 20th CIRET Conference Budapest 1991, Aldershot; K.H. Oppenländer and G. Poser (eds.) (1994), The Explanatory Power of Business Cycle Surveys. Papers presented at the 21st CIRET Conference Stellenbosch 1993, Aldershot; K.H. Oppenländer and G. Poser (eds.) (1996), Business Cycle Surveys: Forecasting Issues and Methodological Aspects. Papers presented at the 22nd CIRET Conference, Singapore 1996, Aldershot; K.H. Oppenländer anó G. Poser (eds.) (1998), Social and Structural Change - Consequences for Business Cycle Surveys. Papers presented at the 23rd CIRET Conference, Helsinki 1998, Aldershot.

Internationale Kooperationen und Netzwerke

141

Geschäftsstelle eine internationale Auflistung aller ihr bekannten Institutionen, die Befragungen durchführen. 7

7 Aktuelle Version Ch. Beckhäuser and S. Waller (1998), International Business, Investment and Consumer Surveys - A Synoptic Table, München (mimeo).

10 ifo Studien 1999

142

Karl Heinrich Oppenländer, Sandra Waller und Heidemarie C. Sherman

The Tokyo Club Foundation for Global Studies Von Heidemarie C. Sherman In den achtziger Jahren war die Weltwirtschaft von außergewöhnlichen Ungleichgewichten gekennzeichnet: Hohe Handels- und Haushaltsdefizite in den USA, hohe Handelsüberschüsse in Japan und Deutschland und ein wachsender Schuldenberg in den Entwicklungsländern. Vor die Frage gestellt, wie diese Ungleichgewichte beseitigt werden können und ein stabiles weltwirtschaftliches Wachstum erzielt werden könne, hat die Corporation, Tokio, diese Stiftung im September 1987 ins Leben gerufen, die das Wissen von internationalen Experten zusammenbringen soll, um die Probleme zu diagnostizieren und Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Zu diesem Zweck hat sich die Stiftung um die Forschungskooperation der Brookings Institution in den Vereinigten Staaten, des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in Deutschland, des Institut Français des Relations Internationales in Frankreich, des Royal Institute of International Affairs in Großbritannien und des Nomura Research Institute in Japan bemüht. Diese fünf Forschungsinstitute haben seit 1987 eng zusammengearbeitet und jedes Jahr unter einem gemeinsamen Thema ihre Forschungsergebnisse vorgestellt. Sie werden als Tokyo Club Papers veröffentlicht. Themen, die vom ifo Institut für den Tokyo Club bearbeitet wurden: -

External Debt Alleviation through Foreign Direct Investment;

-

The International Monetary System in a World of Integrated Financial Markets: The European Perspective;

-

Central Banking in Germany and the Process of European Monetary Integration;

-

Scope and Limits of Fiscal Policy Coordination in the EC;

-

Economic Policy and International Competition in High-Tech Industries: The Case of the Semiconductor Industry;

-

Financing the Reconstruction of East Germany;

-

German Banking and German Corporate Governance;

-

Liberalization of World Trade and Sustainable Development;

-

Rebuilding the International Competitiveness of German Industry;

-

Scenarios for ICT Influence on Employment;

-

The Listing of German Firms on the New York Stock Exchange: A Corporate Governance Perspective.

Konjunkturforschung Von Wolfgang Nierhaus

Ein zentraler Aufgabenbereich war seit Bestehen des ifo Instituts die laufende Beobachtung und Prognose der Konjunktur, d.h. die Abschätzung der kurzfristigen Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Hinzu kam die laufende wirtschaftspolitische Beratung. Neben den regelmäßigen kurzfristigen Analysen und Prognosen wurde ständig auch an der Verbesserung des prognostischen Instrumentariums sowie an einer möglichst zweckmäßigen Aufbereitung und Ergänzung der statistischen Datenbasis gearbeitet, wobei von Anfang an die ifo eigenen Umfrageergebnisse miteinbezogen wurden. Seit den siebziger Jahren erstellt das ifo Institut in unregelmäßigen Abständen auch mittelfristige Projektionen. Die gesamtwirtschaftlichen Prognosen dienen nicht nur der Information von Wirtschaft und Politik, sie bilden vielfach auch die zahlenmäßige Grundlage für andere Forschungsprojekte des Instituts.

Die ifo Konjunkturprognose Für die Konjunkturprognose stehen heute mehrere Verfahren zur Verfügung, die auf unterschiedlichen statistischen und theoretischen Voraussetzungen beruhen: Der Indikatorenansatz, die iterativ-analytische Methode und die ökonometrische Prognose. Der Indikatorenansatz wird primär für Kurzfristprognosen mit einem Zeithorizont von bis zu maximal neun Monaten herangezogen. Das Konzept nützt den systematischen Gleich- bzw. Vorlauf von Indikatoren aus Konjunkturumfragen gegenüber Referenzgrößen aus der amtlichen Statistik aus. Indikatorenansätze werden auch für die Schätzung von Werten aus zurückliegenden Perioden verwendet, sofern es für diese noch keine amtlichen Angaben gibt. Das iterativanalytische Verfahren wird für den klassischen Prognosezeitraum von ein bis zwei Jahren benutzt. Die Methode stützt sich in besonderem Maße auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und erstellt Prognosen iterativ, d.h. in einem mehrstufigen, sich wiederholenden Rechenprozeß. Der besondere Vorteil des Verfahrens besteht darin, daß alle verfügbaren qualitativen wie quantitativen Informationen in die Prognose eingebaut werden können. Die ökonometrische Prognose baut auf der Regressionsanalyse von Zeitreihen aus der Wirtschaftsstatistik auf. Mit Strukturmodellen wird bevorzugt die mittelfristige Wirtschaftsentwicklung abgeschätzt. Außerdem läßt sich der Einfluß unter1

144

Wolfgang Nierhaus

schiedlicher Politikparameter (z.B. Steuer- und Zinssätze) auf die Konjunktur abgreifen (Politiksimulation). Neben Strukturmodellen werden heute auch zeitreihenanalytische Verfahren eingesetzt, die Prognosewerte ohne Rückgriff auf explizite ökonomische Zusammenhänge allein aus der Entwicklung der eigenen Vergangenheit erklären. Autoregressive Modelle lassen sich in Konkurrenz zu Indikatoransätzen gut für Kurzfristprognosen nutzen. Die klassische ifo Konjunkturprognose für Deutschland basiert auf dem iterativ-analytischen Verfahren. Für die besonders wichtige Analyse und Diagnose der konjunkturellen Situation am aktuellen Rand, die naturgemäß die Ausgangsbasis für die Konjunktur im Prognosezeitraum bildet und auf die im ifo Institut großes Augenmerk gelegt wird, werden in der Regel Indikatoransätze herangezogen. Diese stützen sich primär auf eigene Befragungsergebnisse (ifo Konjunkturtest, ifo Investitionstest, ifo Prognose 100) und Monatsdaten der Bundesstatistik. Für ergänzende Kontrollrechnungen und Politiksimulationen wird ein internationales ökonometrisches Modell verwendet, das die Konjunktur in den wichtigsten Regionen der Welt abbildet und über die Außenhandelsverflechtungen miteinander verknüpft (OEF-Modell1). Mit dem Modell werden vorrangig auch die Auswirkungen von internationalen Ereignissen (z.B. die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise in Fernost oder in Rußland) auf die Entwicklung der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft abgegriffen. Darüber hinaus geben die vierteljährlichen Ergebnisse des ifo Konjunkturtests International (ESI) wichtige Hinweise auf die Entwicklung der Weltwirtschaft. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im ifo Institut sowohl vom Gesamtaggregat her (top-down-approach) als auch von den Einzelbereichen der Entstehungs- und Verwendungsseite her (bottom-up-approach) geschätzt. Die Entstehungsseite des BIP folgt aus der prognostizierten Entwicklung der Nettoproduktion (aus den Bereichen Bergbau, Energie, Industrie und Bau) sowie der produzierten Menge landwirtschaftlicher Güter, aus den voraussichtlichen Umsätzen von Groß- und Einzelhandel sowie aus der erwarteten Produktion im Dienstleistungssektor und beim Staat (unter Einrechnung der Wertschöpfung der privaten Haushalte und Organisationen ohne Erwerbszweck). Die Produktion in den beiden letztgenannten Sektoren wird global über die voraussichtliche Entwicklung der Arbeitsproduktivität und der Zahl der Beschäftigten quantifiziert. Die Verwendungsseite des BIP wird disaggregiert geschätzt über eine Prognose der Inlandsnachfrage (Verbrauch, Anlageinvestitionen und Vorratsveränderung) und des Außenbeitrags. Die Prognose der Anlageinvestitionen erfolgt wiederum getrennt nach Ausrüstungsinvestitionen, gewerblichem und öffentlichem Bau sowie Wohnungsbau. Der Außenhandel wird über eine Schätzung der Waren- und Dienstleistungsströme zwischen In- und Ausland erfaßt, wobei fallweise auch eine disaggregierte Quantifizierung des Warenhandels nach Ländern und Ländergruppen vorgenommen wird. Die Verteilungsseite des BIP ergibt sich aus der Abschätzung der Lohn- und Gehaltsentwicklung (die wiederum von der erwarteten - bzw. in Teilbereichen bereits bekannten - Anhebung der Tarifverdienste und der Zahl der beschäftigen Inländer abhängt und 1

Modell der Oxford Economic Forecasting Group.

Konjunkturforschung

145

neben den Transfereinkommen und den Entnahmen eine wichtige Bestimmungsgröße für den privaten Verbrauch ist) und der Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen. Letztere können durch die Saldenmechanik der VGR implizit ermittelt werden, wobei den Abschreibungen, die den wertbedingten Verschleiß der zukünftigen Produktion messen, und dem Saldo aus indirekten Steuern und Subventionen Rechnung zu tragen ist. Die Schätzung der Verwendungsseite des BIP erfolgt in jeweiligen und konstanten Preisen; die Entstehungsseite wird dagegen real prognostiziert. Die Gewinnentwicklung ergibt sich als Residuum, das dem Plausibilitätstest unterzogen wird. Die Überprüfung der BIP-Prognose auf ökonomische Konsistenz erfolgt in mehreren Schritten: Die Produktionsschätzungen, wie sie sich aus dem VGR-Ansatz ergeben, werden in der Regel durch spezifische Branchenprognosen (wichtige Industriesparten und Handel) abgeglichen, deren Bausteine nicht zuletzt wieder aus ifo Konjunkturumfragen gewonnen werden. Eine zweite Kontrolle der Entstehungsseite erfolgt dadurch, daß die Teilergebnisse für einzelne Wirtschaftsbereiche mit den Prognosen für verwandte Nachfragekategorien abgestimmt werden (so Einzelhandel mit privatem Verbrauch oder Bauproduktion mit Bauinvestitionen). Die Prognose des realen privaten Verbrauchs wird überprüft durch einen Abgleich mit den verfügbaren Einkommen (Brutto-lohn- und -gehaltssumme nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, übertragene Einkommen und verteilte Gewinn- und Vermögenseinkommen) unter Berücksichtigung der Sparquote und der Verbraucherpreisentwicklung. Die Prognose der Waren- und Dienstleistungsimporte wird anhand der prognostizierten Importelastizität überprüft, die sich implizit aus der BIP-Prognose ergibt. Eine Kontrolle der Schätzung von Einkommensverwendung und -Verteilung erfolgt dadurch, daß die prognostizierte Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen mit der erwarteten Veränderung der Gewinne im Unternehmensbereich verglichen wird. In einem mehrstufigen Prozeß werden die einzelnen Teilprognosen solange geprüft und immer wieder geändert, bis sich ein ökonomisch widerspruchsfreies Bild ergibt. Neben der Entwicklung von Produktion und Arbeitsmarkt werden vom ifo Institut regelmäßig eine Vielzahl weiterer Variablen aus der amtlichen Statistik (z.B. Spezialhandels-, Verbraucherpreis-, Tariflohnstatistik usw.) vorausgeschätzt. Von besonderem Interesse ist naturgemäß die Entwicklung des Staatshaushalts, der von der Wertschöpfung der staatlich Bediensteten und von den Güterkäufen der Gebietskörperschaften bzw. Sozialversicherung abhängt (Staatsverbrauch). Hinzu kommt die Prognose der Einnahmen an direkten und indirekten Steuern, der Transferzahlungen des Staates an Unternehmen und private Haushalte sowie des Finanzierungssaldos der öffentlichen Haushalte.

146

Wolfgang Nierhaus Schätzungen und Wirklichkeit

Wie sieht die Prognoseleistung des ifo Instituts für die jüngere Vergangenheit aus?2 Die Wachstumsrate des BIP für Westdeutschland wurde im Zeitraum 1991 bis 1998 immerhin in fünf Jahren (1991, 1992, 1996, 1997 und 1998) bis auf 0,3 Prozentpunkte genau getroffen (vgl. Übersicht). Die Schätzungsgenauigkeit lag damit innerhalb der Fehlergrenzen, die vom Statistischen Bundesamt für dieses Aggregat im allgemeinen auf +/- 0,5 Prozentpunkte veranschlagt wird.3 Auch der konjunkturelle Verlauf der Produktion, d.h. die Veränderung des saisonbereinigten BIP von Quartal zu Quartal, ist in fünf Jahren (1991, 1993, 1994, 1996 und 1997) von der Richtung herzutreffend prognostiziert worden. Besondere Problemjahre für die ifo Konjunkturprognose in diesem Jahrzehnt waren 1992 und 1995.4 Im Jahr 1992 war - trotz einer "Punktlandung" beim Jahresdurchschnittsergebnis - der saisonbereinigte Verlauf des BIP unzutreffend eingeschätzt worden. Für die zweite Hälfte des Jahres 1992 war mit einer allmählichen konjunkturellen Belebung gerechnet worden, statt dessen war die Produktion massiv eingebrochen. Hier ist nicht nur die Dynamik der Konjunktur falsch prognostiziert worden, sondern auch die Richtung wurde übersehen (Wendepunktfehler). Maßgeblich hierfür waren Diagnosemängel (so signalisierten wichtige Indikatoren lediglich Konjunkturabschwächung, nicht aber Rezession5) und falsch gesetzte Rahmenbedingungen (unerwartete Leitzinserhöhungen der Bundesbank, Turbulenzen im Europäischen Währungssystem und eine unsensibel geführte öffentliche Diskussion über Steuer- und Abgabenerhöhungen, die das Wirtschaftsklima schwer belastete). Hinzu kam eine Über2 Als Prognosewert für ein Jahr t wird die ifo Schätzung vom Dezember des jeweiligen Vorjahres (t - 1) herangezogen. Die tatsächliche Entwicklung wird an den ersten Ergebnissen des Statistischen Bundesamts für t gemessen, die im Januar des Jahres t + 1 vorliegen. 3 Für die ersten Jahre der Wiedervereinigung hat das Statistische Bundesamt sogar weit höhere Unsicherheitsbereiche für das BIP angegeben. Vgl. W. Strohm und Mitarbeiter (1993), Bruttoinlandsprodukt 1992, Wirtschaft und Statistik 1. 4 Dies gilt allerdings auch für andere Prognoseinstitutionen: So hatte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) für das westdeutsche BIP 1992, ähnlich wie das ifo Institut, eine konjunkturelle Beschleunigung in der zweiten Jahreshälfte vorausgesehen. Das Jahresergebnis 1992 wurde mit einer Rate von 2 bis 2,5% deutlich überschätzt (die ifo Prognose 1,5%, erstes vorläufiges Ergebnis des Statistischen Bundesamts: 1,5%). Für das Jahr 1995 war die (Fehl-)Schätzung des Rats für das westdeutsche BIP, was den Verlauf und den Jahresdurchschnitt anbelangt, nahezu deckungsgleich mit der ifo Prognose. Vgl. SVR, Jahresgutachten 1991/92, TZ 15* und TZ 37* sowie Jahresgutachten 1994/95, TZ 19* und TZ 34*. 5 Zum Beispiel hatte sich die Rezession 1992/93 in den Geschäftserwartungen der Industrieunternehmen nicht signifikant angekündigt. Anders als in der konjunkturellen Schwächephase 1980/81, in der sich zunächst die Geschäftsaussichten eingetrübt hatten (und damit einen eindeutigen Vorlauf vor der späteren Verschlechterung der Lage hatten), blieben von Februar 1991 bis Juli 1992 die Erwartungen grosso modo unverändert. Lediglich die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage (und damit auch das ifo Geschäftsklima) hatte sich - parallel zur Abkühlung der Gesamtkonjunktur in Westdeutschland - bis zum Prognosezeitpunkt (Dezember 1991) deutlich verschlechtert. Die abermalige konjunkturelle Wende im Jahr 1993 zeichnete sich dagegen frühzeitig in den Testenwartungen der Unternehmen ab (nämlich bereits im Dezember 1992).

Konjunkturforschung

147

Schätzung der Stabilität des privaten Sektors, die zum Prognosezeitpunkt bereits eingetretene Verschlechterung der Angebotsbedingungen wirkte schneller und stärker dämpfend als angenommen. Die Wachstumspause im Jahr 1995 war ebenfalls nicht rechtzeitig erkannt worden. Hierfür sind primär nicht korrekt antizipierte Rahmenbedingungen (unerwartet hohe Lohnabschlüsse insbesondere im Metallbereich und eine kräftige Aufwertung der D-Mark) verantwortlich zu machen. Daß es bei den Prognosen für 1992 und 1995 auch zu den üblichen Diagnosefehlern (wegen unzureichender Datenlage am aktuellen Rand bzw. wegen Saisonbereinigungsproblemen) kam, muß nicht weiter betont werden.

Spezialuntersuchungen Auch außerhalb der Prognosen im Rahmen der hauseigenen Analysen bzw. der Gemeinschaftsdiagnosen hat sich das ifo Institut wichtigen konjunkturpolitischen Fragestellungen angenommen: So führte die Beseitigung der Unterbewertung der D-Mark nach dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen in den siebziger Jahren zu Untersuchungen über die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die Entwicklung des realen Wechselkurses rückte als besonders wichtiger Wettbewerbsfaktor im internationalen Handel in den Vordergrund. In den achtziger Jahren wurden verstärkt die deutschen Handelsbeziehungen mit ausgewählten RGW-Staaten analysiert. Das immer größer werdende Problem der Arbeitslosigkeit wurde in verschiedenen Forschungsprojekten und Symposien angegangen. Die diesbezüglichen Arbeiten waren nicht nur auf Diagnose und Prognose abgestellt, sondern bezogen stets Überlegungen zur Therapie mit ein. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt stellte die Analyse des monetären Bereichs dar, insbesondere der Einfluß der Geld- und Zinspolitik auf den realen Sektor. In zahlreichen Gutachten und Aufsätzen wurde in den neunziger Jahren den Auswirkungen der europäischen Währungsunion nachgegangen (z.B. Berechnung des Gewinns durch den Wegfall der Devisenverwaltungskosten, Vorbereitungsmaßnahmen der Unternehmen auf die EMU). Mit Hilfe ökonometrischer Methoden gelang es in den letzten Jahren, Prognosen zur Kapitalmarktzinsentwicklung und zum DM/US-Dollar-Wechselkurs durchzuführen.

1850

1300

Ostdeutschland

3150

191,6

-

-

-

6.1

4.0

-

-

-

1250

13,6

2978

10.4

4.0

4,1

1149

2270

3400

7.5

3.5

6,3

-

11.7

I200|

2620]

8.6

2.6

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3.0

3.0

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22.9

1142

2556

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-

-

-

3,0

-

-

-

47.7

1363

Quelle: Statistisches Bundesamt. Bundesanstalt für Arbeit, ifo Institut.

42.7

-

-

-

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63.5

1500

1.2

61.2

1375

2904

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2.0

2.8

(al

2.9

0.9

54,9

0.9

2.1

2.6

4279

2.7

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1.0

2.0

2.2

4450

2.1

2.2

2950

-

2.3

(b) 2.2

1.7

2,2

-

1.9

4385

1.8

4100 3022

2.5

fa]

1.6

2.5

2.1

1.9

i) Prognosewerte bis 1993 einschließlich des Saldos der Erwerbs- und Vermögenseinkommen mit der übrigen Welt: Angaben für 1991 nur für Westdeutschland..

h) In jeweiligen Preisen.

-

1210

2890

50X>

3965

1.5

2.0

1.3

(c)

1.1

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(b)

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27.1

1169

2796

3680

2,2

2.0

2,0

13/4

fol

1.5

1,8

5.5

1.2

33.1

1060

2620

43.0

-

-

3612

2.1

2.0

4.4

0.9

(c) 1.9

1.7

1.5

1.8

21.0

1047

2565

3485

3,0

2.5

5.3

3.0

1998 !*!

g) Prognosewerte bis 1995: Preisindex für den privaten Verbrauch. Prognosewerte ab 1996: Preisindex für die Lebenshaltung allérprivater Haushalte.

f) Preisindex für den privaten Verbrauch.

e) Prognosewerte bis 1993: In Preisen von 1985. Prognosewerte ab 1994: In Preisen von 1991.

d) Prognosewerte bis 1992: In Preisen des 2. Halbjahrs 1990. Prognosewerte ab 1993: In Preisen von 1991.

c) Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes von Januar 1999.

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1997

2.5

2.0

9.0

17.8

1025

2460

Μ

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-

2.8 3.8

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2.1

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382θ| 3698

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8,9

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1996

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b) Erste Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes bzw. der Bundesanstalt für Arbeit für das abgelaufene Jahr.

5.5

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3419

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1995

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1993

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1.5

ifo

a) Schätzung des ito Instituts im Dezember des jeweiligen Vorjahres.

158,0

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1689

I99I

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Bundesrepublik Deutschland - Veränderung gegenüber dem Vorjahr In %

ifo Konjunkturprognosen und Wirklichkeit im Zeitraum 1991 bis 1998

2.8

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65,9

Wolfgang Nierhaus

Außenbeitrag (Mrd. DM) (h,i)

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Westdeutschland

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-10.0

Ostdeutschland (d)

Westdeutschland (e) 3-3,5

Bruttoinlandsprodukt (d)

Übersicht

148 M

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Konjunkturforschung

149

Besondere Anforderungen an die Konjunkturforschung ergaben sich durch die deutsche Wiedervereinigung: bereits unmittelbar nach dem Fall der Mauer nahm das ifo Institut die laufende Berichterstattung über die Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland auf. Im Vorfeld der Wirtschafts- und Währungsunion gelang es, den Kaufkrafteffekt der Einführung der D-Mark (in Verbindung mit einer weitgehenden Preisfreigabe) für die ostdeutsche Bevölkerung im Zeitpunkt der Währungsumstellung zutreffend abzuschätzen, eine Frage, die großen sozialpolitischen Sprengstoff barg. In den Folgejahren wurde die Realeinkommensentwicklung in den neuen Bundesländern für ausgewählte Haushaltstypen fortlaufend dokumentiert. Ein zweiter Forschungsschwerpunkt war der rasche Aufbau einer unternehmensbezogenen Datenbank, die auf disaggregierter Ebene über das Wachstum des ostdeutschen Kapitalstocks Auskunft zu geben vermochte (ifo Investorenrechnung Ost). Bereits im September 1992 erfolgte eine erste Publikation sektorspezifischer Investitionsergebnisse für die neuen Bundesländer, vier Jahre bevor das Statistische Bundesamt mit seinen Ergebnissen an die Öffentlichkeit ging. Das Instrument der Investorenrechnung Ost erlaubte es, den sektoralen Anpassungsprozeß nahezu vom Startpunkt an detailliert zu verfolgen und zu analysieren.

Ausblick Um der zunehmenden außenwirtschaftlichen Verflechtung der deutschen Wirtschaft adäquat Rechnung tragen zu können, werden die Analysen zur deutschen Konjunktur und zur internationalen Konjunktur noch stärker als bisher miteinander verzahnt. Wichtige Forschungsschwerpunkte werden zukünftig die Prognose der Wirtschaftsentwicklung in der Europäischen Währungsunion und die Analyse der Einflüsse sein, die von der fortschreitenden Globalisierung der Märkte ausgehen. Bei der Konjunkturforschung treten verstärkt neuere Ansätze der Konjunkturtheorie in den Vordergrund, wobei die Überprüfung ihrer empirischen Anwendbarkeit ein größeres Gewicht erhalten wird. Dazu gehören auch die Weiterentwicklung ökonometrischer Schätzansätze sowie die fortlaufende Qualitätsprüfung der verfügbaren Konjunkturindikatoren, dies sind neben den Zeitreihen der amtlichen Statistik insbesondere die Umfrageergebnisse des ifo Instituts einschließlich des Konjunkturtests International. Bei der Wirtschaftspolitik wird in nächster Zeit die Europäische Währungsunion und ihre Implikationen für die verschiedenen Politikbereiche einen besonderen Forschungsschwerpunkt bilden. Bei der Beurteilung der Finanzpolitik werden neben den kurz- und längerfristigen Wirkungen auf die Gesamtwirtschaft auch Aspekte der Nachhaltigkeit der Haushaltskonsolidierung in der Europäischen Währungsunion berücksichtigt.

Öffentliche Finanzen Von Rüdiger Parsche

Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt ist der Bereich öffentliche Finanzen. Bereits in der Vergangenheit hat das ifo Institut hier wichtige Anstöße in bezug auf die empirische Forschung gegeben. So wurde zum Beispiel der "Arbeitskreis Steuerschätzung" in den fünfziger Jahren nach einer kritischen Stellungnahme seitens des ifo Instituts zur bis dahin lediglich vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Steuerschätzung gegründet. Im "Arbeitskreis Steuerschätzung" wird seitdem zweimal im Jahr unter Mitwirkung der führenden Forschungsinstitute in Deutschland das Steueraufkommen geschätzt. Die Zahlen stellen die offizielle Grundlage für den Bundeshaushalt und die mittelfristige Vorausschätzung dar. Die Umstellung der Umsatzsteuer von der Bruttoallphasensteuer auf die Mehrwertsteuer im Jahr 1968 begleitete das ifo Institut mit diversen Untersuchungen für das Bundesfinanzministerium. 1 Dabei wurde insbesondere der aufkommensneutrale Mehrwertsteuersatz quantifiziert, der 1968 bei 10% lag. Bereits in den siebziger Jahren erstreckten sich die finanzpolitischen Untersuchungen nicht mehr allein auf die deutsche Volkswirtschaft, sondern befaßten sich auch mit Spezialthemen im EG-Raum, so zum Beispiel mit der Besteuerung der Landwirtschaft in den verschiedenen EG-Ländern.2 Neben national orientierten Untersuchungen wie z.B. die kritische Würdigung der sogenannten automatischen Stabilisatoren des öffentlichen Finanzsystems3 und die Analyse der Strukturwirkungen des deutschen Steuersystems4 nahmen international ausgerichtete Fragestellungen einen zunehmend größeren Raum ein. So wurden Studien erstellt zu den Auswirkungen der Weiterentwicklung des Bin1 J.-P. Petersen und G. Spanakakis (1970), Nettoumsatzsteuer und Steuersatz. Berechnungen auf der Grundlage des Umsatzsteuergesetzes 1967, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 6, München. 2 R. Parsche und G. Spanakakis (1977), Die Umsatzbesteuerung der Landwirtschaft in den Ländern der EG, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 22, München und R. Parsche und G. Spanakakis (1978), Die Einkommensbesteuerung der natürlichen Personen in den EGPartnerländern unter besonderer Berücksichtigung der für die Landwirtschaft geltenden Regelungen, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 23, München. 3 W. Leibfritz et al. (1986), Die Wirkungen automatischer Stabilisatoren unter veränderten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Bd. I-Ill, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 42, München. 4 M. Hummel, J. Körner und W. Leibfritz (1985), Strukturelle Auswirkungen des Steuersystems, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 33, München.

152

Rüdiger Parsche

nenmarktes in bezug auf die Mehrwertsteuer 5 und zu der Steuerbelastung der Unternehmen6 und der gesamten Kapitalbildung im internationalen Vergleich.7 Teilweise wurden diese Studien auch in Kooperation mit ausländischen Forschungsinstituten und Universitäten erstellt. So war das ifo Institut im Rahmen der international angelegten Untersuchung über die effektive Grenzsteuerbelastung des Kapitaleinkommens (Herausgeber M. King und D. Fullerton) für das Länderkapitel für Deutschland verantwortlich. Diese Untersuchung gilt als wegweisend für viele spätere Arbeiten auf diesem Gebiet. Mitte der achtziger Jahre beschäftigte sich die damalige Abteilung öffentliche Finanzen auch mit Fragen der Sicherung der Altersvorsorge 8 angesichts der zukünftigen demographischen Entwicklungen. Die in diesen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse führten zu Reformvorschlägen, die leider zur damaligen Zeit von den Politikern in ihrer Bedeutung nicht erkannt und deshalb auch nicht umgesetzt wurden. Auch das Zusammenwirken des Steuersystems und des Sozialsystems wurde vom ifo Institut bereits Ende der achtziger Jahre auf seine Auswirkungen hin kritisch untersucht.9 Dabei wurde für die verschiedenen Einkommensgruppen quantifiziert, wieviel von dem Bruttomehrverdienst nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und nach Kürzung von einkommensabhängigen staatlichen Transfers netto übrig bleibt (effektive Grenzbelastung). Die im Rahmen dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse wie zum Beispiel, daß durch das Sozialsystem der Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit erheblich verringert wird, sind immer noch aktuell. Die vom ifo Institut bereits vor zehn Jahren vorgeschlagenen Lösungsansätze z.B. bei der Sozialhilfe werden derzeit wieder verstärkt diskutiert.

5 R. Parsche (1991), Europäische Umsatzsteuerharmonisierung und Clearing-Verfahren, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 49, München; R. Parsche et al. (1996), Ursprungslandprinzip und Clearing bei der Mehrwertsteuer - ein makroökonomischer Ansatz, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 61, München; J. Ratzinger (1998), Die Bedeutung privater Direktimporte für die Güterbesteuerung in der Europäischen Union, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 65, München sowie R. Parsche et al. (1998), Der europäische Binnenmarkt und die Duty Free Sonderregelung, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 68, München. 6 W. Leibfritz und R. Parsche (1988), Steuerbelastung der Unternehmen der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie im internationalen Vergleich, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 46, München. 7 E. Langmantel et al. (1992), Tendenzen der volkswirtschaftlichen Kapitalbildung und die Rolle der Versicherungswirtschaft - Rückblick und Perspektiven nach der Deutschen Einigung, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 51, München und E. Ohmayer (1997), Das Sparverhalten im internationalen Vergleich, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 64, München. 8 W. Leibfritz et al. (1986), Sicherung der Altersversorgung durch Aufgabenteilung zwischen Individualversicherung und gesetzlicher Rentenversicherung - Möglichkeiten einer Neuordnung und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 37, München und W. Leibfritz, W. Nierhaus und R. Parsche (1990), Der Beitrag des Steuersystems zur Reform der Alterssicherung, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 48, München. 9 ifo Institut (Hrsg.) (1988), Umverteilung in der Bundesrepublik Deutschland - Das Zusammenwirken von Steuern und Sozialtransfer, Bd.l-Ill, München.

öffentliche Finanzen

153

Das ifo Institut äußerte sich in den letzten Jahren im Rahmen der allgemeinen Steuerreformdiskussion nicht nur zu grundlegenden Fragen wie einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer und für die Körperschaftssteuer bei gleichzeitiger Herabsetzung der Steuersätze, sondern auch zu detaillierten Fragen wie der Besteuerung der Renten oder der Familien.10 Dabei wurden insbesondere die früheren Aussagen des ifo Instituts zur Familienbesteuerung in einem erst kürzlich ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt. Die im Rahmen dieser Untersuchungen erworbenen speziellen Kenntnisse und Kompetenzen schlugen sich auch in Tätigkeiten in besonderen Kommissionen des Bundesfinanzministeriums nieder. So waren Mitarbeiter des Bereichs öffentliche Finanzen sowohl in der "Ursprungslandkommission" als auch in der "Bareis-Kommission" und in der "Steuer-TransferKommission" vertreten. Der föderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland führt immer wieder zu kontroversen Diskussionen hinsichtlich der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung. Das ifo Institut erstellte zahlreiche Gutachten über den Finanzausgleich sowohl auf Länderebene als auch auf der kommunalen Ebene.11 Mitarbeiter des ifo Instituts waren auch als Gutachter bei Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts und des Verfassungsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen tätig.

10

R. Parsche und M. Steinherr (1999), Vermeidung von Schlechterstellungen der Ehe gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften im Einkommensteuerrecht, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 69, München. 11 W. Leibfritz und ß. Thanner (1986), Berücksichtigung der zentralen Orte im kommunalen Finanzausgleich Bayern, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 38, München; M. Hummel und W. Leibfritz (1987), Die Stadtstaaten im Länderfinanzausgleich, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 45, München; R. Parsche et al. (1995), Der kommunale Finanzausgleich des Landes Nordrhein-Westfalen, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 59, München; M. Steinherr ei al. (1997), Das Schlüsselzuweisungssystem im kommunalen Finanzausgleich des Freistaates Sachsen - Bestandsaufnahme und Reformbedarf, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 63, München sowie M. Steinherr und R. Parsche (1998), Der Ausgleich zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft im kommunalen Finanzausgleich des Landes Rheinland-Pfalz, ifo Studien zur Finanzpolitik, Nr. 66, München.

Wachstum und Innovation Von Karl Heinrich Oppenländer

Als Pendant zur kurzfristigen Beobachtung und Analyse der Wirtschaftsentwicklung, die gemeinhin als Konjunkturbeobachtung, -analyse und -prognose bezeichnet werden kann, hat sich das ifo Institut schon früh im Rahmen der empirischen Wirtschaftsforschung auch mit der mittel- und längerfristigen Wirtschaftsentwicklung befaßt. Das war erforderlich, weil die kurzfristige Beobachtung zwar gründlich und detailbezogen wertvolle Hinweise gab, aber Tendenzen konnten daraus oft nicht mit genügender Genauigkeit abgeleitet werden. Sowohl die (politische) Programmfestlegung als auch die (private) Unternehmens· und Konsumentenplanung waren an einer mittel- bis längerfristigen Wirtschaftsbeobachtung und -analyse interessiert. Dabei gab es ein Problem: Die andernorts vorgelegten Tendenzanalysen vermittelten oft eine normative Vorstellung, d.h. sie gingen von den jeweiligen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Problemen aus und versuchten, diese in die Zukunft zu prognostizieren, wobei oft ideologisch gefärbte "Herausforderungen" im Mittelpunkt standen, die einer "Lösung" nähergebracht werden sollten.1 Zuletzt sind von der "Neuen Wachstumstheorie" Impulse ausgegangen.2 Das ifo Institut hat immer wieder versucht, diese Impulse aufzunehmen, allerdings unter einer spezifischen Betrachtungsweise: Es wurde versucht, über die Strukturforschung die Wachstumsanalyse zu stützen. Die Philosophie dahinter war zu untermauern, daß wirtschaftliches Wachstum ein Dauerphänomen ist, das entscheidend von Strukturveränderungen getragen wird. Es war immer das Bestreben, über die Erforschung struktureller Veränderungen zu dieser Erklärung beizutragen. Darin besteht die makroökonomische Bedeutung der Branchenforschung des ifo Instituts. In zunehmendem Maße hat die technische Entwicklung den strukturellen Wandel beeinflußt. Es war das ifo Institut, das Anfang der siebziger Jahre deshalb diesen Erklärungstatbestand aufgenommen und sich zunehmend, im Verbund mit der Branchenforschung, der Innovationsforschung zugewendet hat. 1 Vgl. hierzu die vielen Projektionen dieser Art, beispielsweise: Global 2000 (1980), Der Bericht an den Präsidenten, Zweitausendeins oder E. Pestel (1978), Das DeutschlandModell, Stuttgart. 2 Vgl. L Arnold (1995), Neue Wachstumstheorie: Ein Überblick, ifo Studien 41, 403444; vgl. auch K.H. Oppenländer (1991), Fragen der empirischen Wirtschaftsforschung an die Wachstumstheorie, in: B. Gahlen, H. Hesse und H.J. Ramser (Hrsg.), Wachstumstheorie und Wachstumspolitik, ein neuer Anlauf, Tübingen, 53-77.

156

Karl Heinrich Oppenländer

Strukturveränderungen sind zunehmend durch technologische und technische Veränderungen beeinflußt, das war der Hintergrund dieser Vorgehensweise. In zwei richtungsweisenden Tagungen in den Jahren 1970 und 1974, die vom Bundesministerium für Wirtschaft unterstützt wurden, ist der Begriff "Innovation" eingeführt und seine Bedeutung bekannt gemacht worden.3 Diese Vorbemerkungen waren notwendig, um zu verstehen, daß die empirische Wachstums- und Innovationsforschung im ifo Institut in drei Phasen ablief: •

Einführung und Fundierung des Begriffs Innovation,



Ausgestaltung der empirischen Erhebung von Innovationen mit der Einführung des Innovationstests,



Verbindung von mikroökonomischen Forschungen auf dem Gebiet neuer Technologien und der Patentierung dieser mit dem makroökonomischen Erklärungsphänomen des wirtschaftlichen Wachstums.

Die Stationen dieses wirtschaftswissenschaftlichen Prozesses sind im einzelnen in einer Veröffentlichung nachgezeichnet worden.4 Sie sind deshalb hier nicht weiter zu vertiefen. Eines ist aber deutlich geworden: Die in der Theorie vor allem auf makroökonomischer Ebene vorangetriebenen Fortschritte sind durch das ifo Institut vor allem auf der mikroökonomischen und branchenspezifischen wie auch unternehmensgrößenspezifischen Ebene ergänzt worden. Die Resonanz vor allem im praktischen Bereich (Unternehmen und Politik) war groß. Das zeigte sich daran, daß das damalige Forschungsministerium dem ifo Institut den Auftrag zur Durchführung des Innovationstests erteilte.5 Was die Zusammenführung von mikro- und makroökonomischer Forschung betrifft, so wurde in letzter Zeit vor allem die Verbindung zwischen Innovation, Wachstum und Beschäftigung näher untersucht.6 Immer war auch das Bestreben vorhanden, die Politik in ihrem Bemühen, den Innovationsprozeß der Unternehmen zu begleiten, zu unterstützen und durch weiterführende Gutachten Hinweise zu geben.7 Die Innovationsforschung im ifo Institut versteht sich darin, 3 Vgl. ifo Institut (Hrsg.) (1970), Innovation in der Wirtschaft, München; ifo Institut (Hrsg.) (1974), Technischer Fortschritt, München. 4 Vgl. H. Penzkofer und H. Schmalholz (1990), Zwanzig Jahre Innovationsforschung im ifo Institut und zehn Jahre ifo Innovationstest, ifo Schnelldienst (14), 14-22. Laufend wird über die Ergebnisse des ifo Innovationstests berichtet, zuletzt in H. Schmalholz und H. Penzkofer (1999), Innovation in Deutschland, Ergebnisse des ifo Innovationstests nach der neuen Klassifikation der Wirtschaftszweige, ifo Schnelldienst (5), 3-11. 5 Vgl. K.H. Oppenländer (1985), Der ifo Innovationstest - ein neues Instrument zur Erfassung des F- und Ε-Outputs, in: G. Buttler, H. Dickmann, E. Helten und F. Vogel (Hrsg.), Statistik zwischen Theorie und Praxis, Göttingen, 144-156; L Scholz (1989), Innovationstest, in: K.H. Oppenländer und G. Poser (Hrsg.), Handbuch der ifo Umfragen, München, 263-279. 6 Vg. H. Rottmann und M. Ruschinski (1998), The Labour Demand and the Innovation Behaviour of Firms, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 217/6, 741-752. 7 Z.B. ifo Institut (1979), Erfahrungen mit dem Programm zur Förderung von technologischen Erstinnovationen, München.

Wachstum und Innovation

157

-

einmal in systematischer Weise Forschungsergebnisse in den drei Feldern des Innovationsprozesses invention, innovation und diffusion zu erarbeiten,

-

zum anderen auf wichtige Veränderungstendenzen im Prozeß hinzuweisen, die volkswirtschaftliche Bedeutung haben.

Zu beiden Aktivitäten soll kurz Stellung genommen werden. In der invention-Phase ist vor allem die Förderung von F+E bedeutsam. Das ist ein grundsätzlich verschiedenes Problem bei Groß- sowie Klein- und Mittelfirmen, wobei insgesamt gesehen die komplementäre Bedeutung in volkswirtschaftlicher Sicht interessant ist. Eindeutig ist aber die Patentpolitik und das Patentverhalten bei Großfirmen stärker ausgeprägt. Das ifo Institut hatte sich in einer grundlegenden Studie zum Patentverhalten der Unternehmen relativ frühzeitig in die empirische wirtschaftswissenschaftliche Diskussion eingeschaltet.8 In der Folgezeit wurde die Patentforschung zu einem integralen Bestandteil der ifo Innovationsforschung. 9 Das ifo Institut hat immer wieder darauf hingewiesen, daß der Innovationsprozeß weit mehr beinhaltet als die "bloßen" F+E-Ausgaben. Diese bestreiten in der Regel nur etwa ein Viertel der Innovationsaufwendungen eines Unternehmens. Diese Betrachtungsweise hat Eingang in die empirische Wirtschaftsforschung gefunden und wurde weitgehend akzeptiert. Der Diffusionsprozeß ist in besonderem Maße zum Problemfall geworden, da er in einzelnen Ländern und Sektoren sehr unterschiedlich, die Geschwindigkeit betreffend, abläuft. Das ifo Institut hat sich auch hier relativ früh in die internationale Diskussion eingeschaltet10 und immer wieder Studien vorgelegt, so zum Transferproblem11 und zum Ausmaß der Hinderungsgründe, die die Innovationsbedingungen betreffen. 12 An Veränderungstendenzen haben sich insbesondere herausgebildet: •

Größere Bedeutung von Produktinnovationen,



Innovationsstrategie ist technologiegetrieben,



Innovationsdynamik geht von größeren Unternehmen aus,

8

Vgl. ifo Institut (Hrsg.) (1974), Patentwesen und technischer Fortschritt, Göttingen. Vgl. z.B. K.H. Oppenländer (Hrsg.) (1984), Patentwesen, technischer Fortschritt und Wettbewerb, Berlin, München; K. Faust i 1996), Internationale Patentstatistik: Technologische Positionen und strukturelle Probleme der deutschen Industrieforschung, ifo Schnelldienst (12), 8-23. 10 L. Uhlmann (1978), Der Innovationsprozeß in westeuropäischen Industrieländern, Bd. 2, Der Ablauf industrieller Innovationsprozesse, Berlin, München; L. Nabseth und G.F. Ray (Hrsg.) (1974), The Diffusion of New Industrial Processes: An International Study, London. 11 M. Reinhard und H. Schmalholz (1996), Technologietransfer in Deutschland, Stand und Reformbedarf, München. 12 ifo Institut (Hrsg.) (1999), Wissensverbreitung und Diffusionsdynamik im Spannungsfeld zwischen innovierenden und imitierenden Unternehmen, Neue Ansätze für die Innovationspolitik (Veröffentlichung in Vorbereitung). 9

11 ifo Studien 1999

158 •

Karl Heinrich Oppenländer Wertewandel beeinflußt zunehmend den Innovationsprozeß.

Die Innovationsdynamik läßt sich zwar etwa zu gleichen Teilen auf Produktund Prozeßinnovationen zurückführen. Die Messung des technischen Fortschritts in der traditionellen Wachstumstheorie war aber einseitig ausgerichtet: Die Produktinnovationen waren nur unzureichend erfaßt. Andererseits ist es keine Frage, daß gerade Produktinnovationen in hervorragender Weise zum technischen Fortschritt beitragen. Die Kreierung neuer Produkte geschieht unter Wettbewerb. Der Produktlebenszyklus verkürzt sich. Etwa ein Drittel der Unternehmen konstatiert - nach Befragungen im ifo Innovationstest - eine Verkürzung des Entstehungszyklus von Produkten. Darunter wird die Entwicklung eines Produktes von der Idee bis zur Markteinführung verstanden. Über zwei Fünftel der Unternehmen weisen auf eine Verkürzung des Marktzyklus hin; darunter ist die Zeitspanne zu verstehen, bis das alte Produkt vom neuen Produkt (sofern es sich um Substitutionsprodukte oder Produktvariationen handelt) vom Markt verdrängt wird, oder bis sich das gänzlich neue Produkt am Markt durchgesetzt hat. Ein InnovationsDilemma kann eintreten.13 Für den Innovator bedeutet dies, daß die Innovationsaufwendungen in immer kürzerer Zeit erwirtschaftet werden müssen. Marktpolitische und betriebswirtschaftliche Erfordernisse sind in Einklang zu bringen. Offenbar haben wir es mit einer technologiegetriebenen Innovationsstrategie zu tun: Die Hauptakteure sind Branchen, die technisch hochstehende Produkte herstellen, der Straßenfahrzeugbau, die chemische Industrie, die Elektrotechnik und der Maschinenbau. Sie vereinigten zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland mehr als drei Viertel der Innovationsaufwendungen auf sich. In diesen Branchen verbinden sich in hohem Maß die Stimuli Markt und Technik: Sie arbeiten für den Weltmarkt (ihre Exportquote und ihr Anteil an Direktinvestitionen im Ausland sind hoch). Sie vereinen außerdem weitgehend die weltweit herausgebildeten dynamischen Technologiefelder auf sich. Die Unternehmensstrategie hat die Aufgabe, den Innovationsdruck (vom Markt ausgehend) und eine bestimmte Technologieakzeptanz (des Unternehmens) in Übereinstimmung zu bringen, um eine möglichst hohe Innovationsfähigkeit zu erreichen. Technologieattraktivität ist nicht eine Tatsache, die sich nur an Branchen und Märkten exemplifizieren läßt. Die Unternehmensstrategie hat vor allem den Boden dafür in Unternehmen zu bereiten. Die Methode des Technologie-Portfolio stellt Technologieattraktivität und Ressourcenstärke des Unternehmens gegenüber. Hohe Technologieakzeptanz ist gleichzeitig hohe Technologieattraktivität: Möglichst sollen neue Technologien angewandt, alte abgebaut werden. In die Beurteilung dieser Technologieattraktivität gehen damit ein die Weiterentwickelbarkeit der neuen Technologie, auch der Zeitbedarf bis zur nächsten Entwicklungsstufe, auch die Anwendungsmöglichkeit und der Diffusionsverlauf der Technologie. Beides hängt von der Ressourcenstärke des 13 H. Schmalholz (1986), Innovation als Wachstumsmotor, ifo Schnelldienst (6), 5-10, S. 6: "Der Marktzyklus verkürzt sich rascher im Vergleich zum Entstehungszyklus, falls auch die Konsumenten der Neuheit aufgeschlossen gegenüberstehen."

Wachstum und Innovation

159

Unternehmens ab (das vorhandene Know-how im Unternehmen und das verfügbare Budget).14 Die Ressourcenstärke macht also auf zwei innovationsrelevante Ressourcen aufmerksam: Auf das Humankapital und auf die Finanzierung. Die Finanzierung der Anwendung von neuen Technologien mag durch Rahmenbedingungen negativ beeinflußt sein, wie ein mittelstandsfeindliches Steuersystem oder ein gespanntes Verhältnis zu den Banken. Die Bereitstellung von Risikokapital wird dadurch nicht gerade gefördert. Der Ausstattung mit Humankapital wird in neueren Veröffentlichungen große Aufmerksamkeit geschenkt: Learning by doing und die Fähigkeit des Imitierens von Innovationen werden als wesentliche Faktoren für einen erfolgreichen Innovationsprozeß angesehen. Die Frage ist zu stellen, welche Organisationseinheit nun dem Markt- und Technologiedruck am ehesten gewachsen ist. Aus einer Zusammenstellung von "innovativen Unternehmen" ergibt sich eindeutig, daß Innovationsdynamik vor allem in größeren Unternehmen erzielt wurde. Forschungsgestützte Innovationen vermögen den Innovationsprozeß dabei besonders voranzutreiben. Bei kleinen und mittleren Unternehmen existieren oft keine eigenen Forschungsund Entwicklungsabteilungen. Die Innovationsanregungen kommen hier häufig von der Firmenleitung. Unternehmen, die einen hohen F+E-Aufwand aufweisen, werden danach trachten, über die Inanspruchnahme von Patentschutz Imitation wenigstens für eine bestimmte Zeit abzuwehren (temporäres Monopol als Anreiz für F+E-Ausgaben). In den USA erfüllen in 25 von 130 untersuchten Branchen Patente eine wichtige Funktion im Innovationsprozeß.15 Die Erforschung des Patentverhaltens in seiner Beeinflussung der F+E-Ausgaben, des Innovationsprozesses und des wirtschaftlichen Wachstums, hat merklich zugenommen. Die Analyse des Innovationsprozesses hat auch seine Wirkung auf die volkswirtschaftliche Effizienz zu untersuchen. Gerade die Behandlung von Externalitäten in bezug auf Umweltschäden oder auch Technologieentwicklungen wird auf die (möglichen) Differenzen zwischen "social returns and private returns" hinweisen müssen. Zwei Entwicklungen sind (beispielsweise) möglich: "The first is a technology spillover. A successful innovation produces knowledge that other researchers can use without compensation to the innovator. The counteracting distortion is a 'business-stealing' effect. The private research firm does not internalize the loss to others due to obsolescence resulting from his innovations."16 Wenn neue Technologien als "neue Ideen" aufgefaßt werden, dann sind sie "nichtrivalisierend" (ihr Nutzen ist nicht auf einen bestimmten Konsumenten beschränkt, sondern kommt auch anderen zugute) und teilweise auch "ausschließbar" (der Konsument kann in der Regel vom Konsum eines öffentli14 Vgl. W. Pfeiffer ei al. (1983), Technologie-Portfolio - Methode des strategischen Innovationsmanagements, Zeitschrift Führung und Organisation, 252-261. 15 R.R. Nelson (1987), Understanding Technical Change as an Evolutionary Process, Amsterdam, S. 56. 16 P. Aghion and P. Howitt (1990), A Model of Growth through Creative Destruction, NBER Working Paper Series No. 3223, S. 38.

ir

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chen Gutes nicht ausgeschlossen werden). Empirische und theoretische Arbeiten der letzten Zeit knüpfen an die Arbeiten von Arrow an, 1 7 wobei zwei Stoßrichtungen zu erkennen sind: Die empirische Duchdringung und theoretische Erklärung von "appropriability" und "technological opportunity". Das erstere entspricht dem teilweise gegebenen Ausschlußprinzip, das letztere der Nichtrivalität. Durch die teilweise Ausschließbarkeit wird das temporäre Monopol (Patentierung) erklärt. Die Nichtrivalität eröffnet den Blick auf "Wissen als öffentliches Gut". Hier sind die Grenzen des Schutzeffektes von Patenten (im Gegensatz zum Informationseffekt) zu diskutieren und die Vehaltensweise der Forscher und Entwickler im Unternehmen zu hinterfragen. Läßt man die bisherige 30jährige Innovationsforschung im ifo Institut Revue passieren, dann ist deutlich geworden, daß sie •

Pionierleistungen erbracht hat und empirisch in Neuland vorgestoßen ist,



Internationale Forschungstendenzen aufgenommen und weitergeführt hat,



Verbindung gesucht hat zwischen dem Innovationsprozeß und den makroökonomischen Fragestellungen Wachstum und Beschäftigung.

Das ifo Institut hat sich somit in diesem Forschungsgebiet als kompetent und dynamisch ausgewiesen.

17

K. Arrow (1962), Economic Welfare and the Allocation of Resources for Invention, in: NBER (Hrsg.), The Role and Direction of Inventive Activity, Princeton, 609-625.

Zwanzig Jahre Strukturberichterstattung . Von Barbara Schaden

Nach den Jahren des Wiederaufbaus und hoher Wachstumsraten rückten in den siebziger Jahren mit der Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums und der steigenden Arbeitslosigkeit Fragen nach den strukturellen Ursachen dieser Entwicklung und strukturpolitischen Lösungsansätzen immer stärker ins Zentrum der wirtschaftspolitischen Diskussion. Der Mangel an Informationen über strukturelle Wandlungsprozesse brachte die Idee einer regelmäßigen Strukturberichterstattung hervor. Ende 1976 beauftragte die Bundesregierung fünf wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute - darunter auch das ifo Institut -, die Möglichkeiten einer regelmäßigen Strukturberichterstattung für die Bundesrepublik Deutschland methodisch und empirisch zu prüfen. 1 Nach Vorberichten, in denen die methodischen Fragen abgehandelt wurden, haben die Institute im August 1979 Zwischenberichte mit ersten Ergebnissen vorgelegt. Die Bundesregierung ging davon aus, daß bessere Erkenntnisse über gesamtwirtschaftlich relevante Strukturverschiebungen dazu beitragen, Friktionen des Strukturwandels zu verringern und die Effizienz des Marktmechanismus zu erhöhen. Die Ziele der Strukturberichterstattung waren hoch gesteckt. Die Bundesregierung erwartete: -

die Aufhellung des Zusammenhangs zwischen strukturellen und gesamtwirtschaftlichen Veränderungen;

-

die Verdeutlichung der Auswirkungen der Wirtschaftspolitik auf die Strukturen der Wirtschaft;

-

die Bereitstellung von Informationen, die einer besseren Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Wirkungen bereits durchgeführter strukturpolitischer Aktivitäten dienen;

-

die Verbesserung der Informationsmöglichkeiten der Wirtschaft.

Sie ging bei der Auftragserteilung von folgenden Grundsätzen aus: -

Die Strukturberichte haben Ex-post-Strukturanalysen zum Gegenstand.

1 An der Strukturberichterstattung sind heute sechs Institute beteiligt: das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, das HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung, Hamburg, das ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, das Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen sowie seit Anfang der neunziger Jahre das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

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Barbara Schaden

-

Bevor über mögliche Ergänzungen der statistischen Datenbasis zu entscheiden ist, sind die Aufbereitungsmöglichkeiten der vorhandenen Statistiken zu nutzen und erste Erfahrungen bei der Strukturberichterstattung abzuwarten.

-

Die Strukturberichte sollen zu einheitlichen Themen von jedem Institut gesondert erstellt werden, um den angesichts der Komplexität des Vorhabens notwendigen Methoden- und Interpretationswettbewerb zwischen den Instituten zu gewährleisten. Eine Gemeinschaftsdiagnose, wie im Konjunkturbereich, war von Anfang an nicht vorgesehen.

-

Die Strukturanalyse soll auf Basis der Aggregate der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erfolgen. Isolierte Analysen einzelner Sektoren sollen nicht Bestandteil der Berichterstattung werden.

Was war neu an der Strukturberichterstattung? Strukturanalysen wurden auch vorher schon in den Wirtschaftsforschungsinstituten und von anderen Stellen durchgeführt. In der Regel wurden dabei jedoch nur die strukturellen Entwicklungstendenzen in einzelnen Bereichen untersucht. Eine Einordnung der Entwicklung in den gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang, das heißt die Berücksichtigung aller Abhängigkeiten von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Wechselbeziehung mit dem Strukturwandel in anderen Branchen war dabei in der Regel nicht oder nicht hinreichend möglich. Haupthindernis bildete die mangelnde Vergleichbarkeit der Daten für die einzelnen Wirtschaftszweige. Kurz gesagt: Strukturanalysen waren bis dahin in der Regel Partialanalysen und hatten damit die bekannten methodischen Schwächen. Mit der Strukturberichterstattung sollten diese Schwächen überwunden und insbesondere die Wechselbeziehungen zwischen gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und sektoralem Wandlungsprozeß sowie die Zusammenhänge zwischen den Entwicklungen in den verschiedenen Wirtschaftszweigen herausgearbeitet werden.

Aktivitäten des ifo Instituts im Rahmen der Strukturberichterstattung Die Strukturberichterstattung des ifo Instituts wurde im wesentlichen von Wolfgang Gerstenberger konzipiert und auch in den ersten 15 Jahren von ihm betreut. Zwischen 1992 und 1998 wurde sie von Marlies Hummel geleitet. Bislang fanden sechs Berichtsrunden statt (1978-1980, 1981-1983, 19841987, 1988-1990, 1991-1995, 1996-1998). Das ifo Institut hat untersucht, welche Wechselwirkungen zwischen Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung bestehen, wie die Unternehmen, Branchen und Regionen die Anpassung an die raschen Veränderungen der internationalen Arbeitsteilung und an die stürmische technologische Entwicklung betreiben und welche gesamtwirtschaftlichen Wirkungen von staatlichen Interventionen ausgehen, insbesondere

Zwanzig Jahre Strukturberichterstattung

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von der Außenwirtschaftspolitik, von der Subventionspolitik und von der Politik der Marktregulierungen. Stets wurden die sich abzeichnenden Fehlentwicklungen offengelegt und Therapievorschläge gemacht, die für bessere langfristige Wachstumschancen der deutschen Wirtschaft sorgen und den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb stärken könnten. Die Ergebnisse des im Dezember 1980 fertiggestellten ersten Endberichts zeigten, daß die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik und der Wandlungsprozeß in der sektoralen Produktions- und Beschäftigungsstruktur in den siebziger Jahren stark von der Veränderung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt waren. 2 Von Bedeutung waren insbesondere die seit Ende der sechziger Jahre weltweit zu beobachtende Beschleunigung der Inflation, die damit einhergehende Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, das abrupte Ende der Ära der relativen Verbilligung von Öl und Energie, der Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse sowie das Vordringen potenter Konkurrenten, speziell Japans und der Schwellenländer auf den Weltmärkten. Als wesentliche binnenwirtschaftliche Determinanten erwiesen sich der abnehmende Erweiterungsbedarf bei staatlichen Infrastrukturbauten und im Wohnungsbau, die Präferenz der privaten Haushalte für langlebige und hochwertige Konsumgüter, die Änderung der Arbeitsteilung zugunsten bestimmter Dienstleistungszweige, die relative Verteuerung des Faktors Arbeit und die Diffusion der Basisinnovation Mikroelektronik. Vertieft wurde - wegen der zum damaligen Zeitpunkt besonderen Aktualität - neben den ûlpreiswirkungen und den Einflüssen, die von der Mikroelektronik ausgehen, auch der Subventionskomplex. Dabei wurde einmal eine detaillierte Aufgliederung der staatlichen Hilfen (Subventionen, Vermögensübertragungen, Steuervergünstigungen) nach Maßnahmen und begünstigten Wirtschaftszweigen erarbeitet. Zum anderen wurden die Auswirkungen der Subventionierung auf die Bereiche Landwirtschaft, Wohnungsbau und Kohlenbergbau detailliert dargestellt und Alternativen zu den bis dato praktizierten Maßnahmen diskutiert. 1983 wurde der zweite Strukturbericht fertiggestellt. 3 Der Hauptbericht beschäftigte sich mit den Veränderungen der Rahmenbedingungen für den sektoralen Wandlungsprozeß und ihren Auswirkungen auf Nachfrage- und Produktionsstruktur. Die Analyse ergab u.a., daß ein wichtiger erklärender Faktor für die Wachstums- und Beschäftigungsprobleme in den Angebotsschocks durch die Ölpreisschübe von 1973/74 und 1979/80 und den daraus resultierenden Nachfrage-, Preis- und Leistungsbilanzwirkungen zu suchen ist. Der Einfluß war jedoch nur so gravierend, weil bereits Ende der sechziger Jahre in den großen Industrieländern durch - gemessen am realen Verteilungsspielraum - überzogene Lohnerhöhungen und eine laxe Geldpolitik inflationäre Prozesse in Gang gesetzt worden waren. Verhängnisvoll wirkte sich insbesondere aus, daß sich 2

W. Gerstenberger et al. (1980), Analyse der strukturellen Entwicklung der deutschen Wirtschaft, Strukturberichterstattung 1980, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 107, DunckerÄ Humblot, Berlin, München. 3 W. Gerstenberger ei al. (1984), Strukturwandel unter verschlechterten Rahmenbedingungen, Strukturberichterstattung 1983, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 114, DunckerÄ Humblot, Berlin, München.

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durch die Mechanismen der Tariflohnfindung die Inflation über eine Lohn-PreisSpirale verselbständigte. Hierauf wurde zurückgeführt, daß von der expansiven Fiskalpolitik in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ein geringerer Wachstumseffekt ausging als in den sechziger Jahren. Der Hauptbericht wurde durch vier Schwerpunktanalysen ergänzt, die sich mit den Auswirkungen des Strukturwandels auf den Arbeitsmarkt, den Wechselwirkungen von Geldpolitik, Inflation und Strukturwandel, der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und den strukturellen Anpassungserfordernissen sowie den Auswirkungen staatlicher Interventionen auseinandersetzten. 4 Der vom ifo Institut im Jahr 1987 vorgelegte dritte Hauptbericht befaßte sich mit den Ursachen und Entwicklungslinien des Strukturwandels, den Wechselwirkungen zwischen struktureller und gesamtwirtschaftlicher Entwicklung, den Problemen des Strukturwandels und der Strukturpolitik im veränderten gesamtwirtschaftlichen Umfeld, den Wachstums- und Strukturwirkungen staatlicher Eingriffe sowie den Interdependenzen struktureller Anpassungsprozesse auf nationaler Ebene, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und im weltweiten Zusammenhang. 5 Ein bis dato von der empirischen Wirtschaftsforschung wenig beachtetes Forschungsgebiet, die Dienstleistungen, fand 1987 verstärkt Eingang in das ifo Arbeitsprogramm. Die Strukturberichterstattung hatte ergeben, daß sich die Beschäftigung auch in der Bundesrepublik in die Dienstleistungssektoren verlagert. Diese Verschiebung war jedoch nicht - wie die Drei-Sektoren-Hypothese postuliert - durch die wachsende Nachfrage der Konsumenten nach Dienstleistungen bedingt, sondern sie war in erster Linie auf den zunehmenden Bedarf des Unternehmensbereichs zurückzuführen. Darüber hinaus wurden in der Berichtsperiode 1984 bis 1987 Schwerpunktanalysen zu den Wachstumsfeldern am Rande der "offiziellen" Wirtschaft 6 und den Strukturverlagerungen zwischen sekundärem und tertiärem Sektor 7 angefertigt. Im Jahr 1988 veröffentlichte das ifo Institut zwei weitere Gutachten zur Strukturberichterstattung, die noch zur Berichtsperiode 1984 bis 1987 gehörten. Das erste Gutachten behandelte den Zusammenhang zwischen Investitionstätigkeit, Beschäftigung und Produktivitätsentwicklung und nahm damit zur zentralen Frage nach den Beschäftigungswirkungen neuer Technologien Stel4 K. Vogler-Ludwig (1984), Auswirkungen des Strukturwandels auf den Arbeitsmarkt, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 1, München; W. Gerstenberger und V. Hölterhoff (1984), Wechselwirkung von Geldpolitik, Inflation und Strukturwandel, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 2, München; K. Faust und H. Schedi (1984), Internationale Wettbewerbsfähigkeit und strukturelle Anpassungserfordernisse, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 3, München; W. Gerstenberger, J. Heinze, M. Hummel und R.-U. Sprenger (1984), Staatliche Interventionen, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 4, München. 5 W. Gerstenberger et al. (1988), Wettbewerbsfähige Strukturen gestatten Expansionspolitik, Strukturberichterstattung 1987 - Kernbericht, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 120, Duncker& Humblot, Berlin, München. 6 H. Schedi und K. Vogler-Ludwig (1986), Wachstumsfelder am Rande der offiziellen Wirtschaft - Auswirkungen expandierender Produktions- und Beschäftigungsformen auf Produktivität und Strukturwandel, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 7, München. 7 H. Schedi und K. Vogler-Ludwig (1987), Strukturverlagerungen zwischen sekundärem und tertiärem Sektor - Zur Rolle der Dienstleistungen in der arbeitsteiligen Wirtschaft, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 8, München.

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lung.8 Das zweite Gutachten stellte die in Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Instituten ermittelten Subventionsdaten vor.9

Umstellung des Berichtssystems im Jahr 1988 Mit dem Jahr 1988 wurde das Berichtssystem der Strukturberichterstattung verändert. Hatten die Institute bis dahin immer zum gleichen Zeitpunkt ihre Endberichte vorgelegt, sollte fortan in jährlicher Folge jeweils ein Institut die Berichterstattung übernehmen. Der Beginn der neunziger Jahre war für die Wirtschaft Europas mit massiven Herausforderungen verbunden, die aus dem forcierten Abbau von Marktzutrittsbarrieren und dem Wegfall von Grenzen in Europa resultierten. Die Anforderungen aus dem bevorstehenden europäischen Binnenmarkt und der Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft um EFTA-Staaten zwangen die Wirtschaft zu Anpassungsbemühungen. Ferner gingen von den tiefgreifenden Veränderungen in Osteuropa bzw. den neuen Konstellationen der Ost-WestBeziehungen eigenständige wie auch verstärkende Impulse aus, die eine Anpassung der europäischen Produktions- und Beschäftigungsstrukturen erforderlich machten. Wirtschaftlich und politisch stand die deutsche Wirtschaft im Zentrum dieser Veränderungen. Die Darstellung der Ausgangsposition der deutschen Wirtschaft, der Chancen und Risiken der anstehenden Wandlungsprozesse und der möglichen Auswirkungen auf die sektoralen Produktions- und Beschäftigungsstrukturen bildeten die Schwerpunkte des vierten Strukturberichts des ifo Instituts, der im Jahr 1990 vorgelegt wurde.10 Darin wurden zunächst wichtige Veränderungen der Rahmenbedingungen am Ende der siebziger bzw. Anfang der achtziger Jahre durch die Wirtschaftspolitik dargestellt und ihre Wirkungen erörtert. Vor diesem Hintergrund wurden die Entwicklungslinien des Strukturwandels in den achtziger Jahren analysiert. Schwerpunkte der Untersuchung bildeten die Analyse der Wettbewerbsposition der deutschen Wirtschaft auf dem europäischen Binnenmarkt sowie der Auswirkungen der Öffnung Osteuropas und der deutschen Wiedervereinigung auf den Strukturwandel.

8 W. Gerstenberger, H. Schedi und K. Vogler-Ludwig (1988), Investitionen, Produktivität und Beschäftigung - Zu den Arbeitsplatzeffekten einer verstärkten Investitionstätigkeit vor dem Hintergrund sektoraler Entwicklungen, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 10, München. 9 ß . Fritzsche, M. Hummel, K.H. Jüttemeier; F. Stille und M. Weilepp (1988), Subventionen - Probleme der Abgrenzung und Erfassung. Eine Gemeinschaftspublikation der an der Strukturberichterstattung beteiligten Institute, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 11, München. 10 W. Gerstenberger ei al. (1990), Grenzen fallen - Märkte öffnen sich. Die Chancen der deutschen Wirtschaft am Beginn einer neuen Ära. Strukturberichterstattung 1990, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 127, Duncker & Humblot, Berlin, München.

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1995 wurde der fünfte Kernbericht der Strukturberichterstattung "Stärken und Schwächen Deutschlands im internationalen Wettbewerb um Einkommen und Arbeitsplätze" vorgelegt.11 Daneben wurden in der Berichtsperiode im Rahmen der Strukturforschung des ifo Instituts weitere Projekte bearbeitet. Beispielhaft seien die folgenden genannt: -

Investitionen in Ostdeutschland: Struktur und steuerliche Förderung12,

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Qualitative und quantitative Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Beschäftigung 13,

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Umfang und Bestimmungsgründe einfließender und ausfließender Direktinvestitionen - Entwicklungen und Perspektiven14,

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Modellrechnungen zur Höhe des gesamtdeutschen Kapitalstocks und Schätzung des Produktionspotentials.15

Erneute Umstellung der Strukturberichterstattung im Jahr 1994 Anfang 1994 wurde die Strukturberichterstattung erneut umgestellt, wobei sich insbesondere die Laufzeit gegenüber dem zuvor fünfjährigen Rhythmus verkürzte und die bisher generelle Themenstellung auf eine thematisch enger abgegrenzte Fragestellung konzentriert wurde. Auf diese Weise sollte dem wirtschaftspolitischen Beratungs- und Informationsbedarf im Bereich Wachstum und Strukturwandel sowie hinsichtlich Qualität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland Rechnung getragen werden. Bei der Bearbeitung von Schwerpunktthemen der Strukturforschung sollte allerdings die bisherige gesamtwirtschaftliche Breite des methodischen Ansatzes beibehalten werden. Im Juli 1996 wurde dem ifo Institut ein Forschungsauftrag zum Schwerpunktthema "Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, Tertiarisierung und Globalisierung: Herausforderungen für den Strukturwandel" erteilt.16 11 M. Hummel et al. (1996), Stärken und Schwächen Deutschlands im internationalen Wettbewerb um Einkommen und Arbeitsplätze, Strukturberichterstattung 1995, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 144, Duncker & Humblot, Berlin, München. 12 R. Köddermann (1996), Investitionen in Ostdeutschland: Struktur und steuerliche Förderung, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 22, München. 13 H. Hofmann und Chr. Saul (1996), Qualitative und quantitative Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Beschäftigung, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 23, München. 14 R. Köddermann (1996), Umfang und Bestimmungsgründe einfließender und ausfließender Direktinvestitionen - Entwicklungen und Perspektiven, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 24, München. 15 M. Hummel und A. Müller (1996), Modellrechnungen zur Höhe des gesamtdeutschen Kapitalstocks und Schätzung des Produktionspotentials, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 25, München. 16 Im Rahmen dieses Forschungsauftrags waren vier Berichte zu erstellen. Die ersten drei Berichte erscheinen demnächst als ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 28/I, 28/II und 28/III:

Zwanzig Jahre Strukturberichterstattung

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Das Thema dieser sechsten Berichtsrunde, nämlich die ökonomischen Konsequenzen, die sich aus der zunehmenden Globalisierung von Märkten und Unternehmen und aus den Herausforderungen der technologischen Entwicklung, insbesondere auf dem Weg in die Informations- und Kommunikationsgesellschaft ergeben, berührt eine Vielzahl aktueller Fragen. Zentrales Untersuchungsziel waren die direkten und indirekten Wachstums- und Beschäftigungseffekte der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien vor dem Hintergrund folgender Problembereiche: (a) internationale Arbeitsteilung und Strukturwandel, (b) neue Technologien, Tertiarisierung und Arbeitsmarktentwicklung, (c) Handlungsspielräume und -erfordernisse der wirtschaftspolitischen Akteure.

Aufbau von Datenbasen im Rahmen der Strukturberichterstattung Die ständige Aufgabe der Strukturberichterstattung, Fortschritte in der empirischen und theoretischen Wirtschaftsforschung auszuwerten und in die Analyse zu integrieren sowie zu prüfen, welche Indikatoren und theoretischen Ansätze zur Erfassung und Erklärung des Strukturwandels besonders geeignet sind, erforderte umfangreiche Arbeiten zur Verbesserung der Datenbasis und der Methoden. Unter anderem wurden im Rahmen der Strukturberichterstattung im ifo Institut bereits Anfang der achtziger Jahre drei neue Gebiete erschlossen: -

die Auswertung von in den internationalen Patentstatistiken enthaltenen technologischen Informationen auf breiter Basis (ifo Patentstatistik)17,

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die Berechnung des sektoralen disaggregierten Anlagevermögens nach dem Benutzerkonzept (ifo Anlagevermögensrechnung)18,

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die Entwicklung des Kapitalnutzungspreises nach Wirtschaftszweigen. 19

Patentdaten können als Frühindikatoren technologischer Entwicklungen und möglicher Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit oder den industriellen Strukturwandel wie auch als Maß für die Evaluierung einer technologieorientierten Politik genutzt werden. Die ifo Patentstatistik stellt umfassende, differenzierte und spezifische Informationen für die Beurteilung der technologischen Wettbewerbsposition zur Verfügung. Sie

28/I: K. Faust et al. (1998), Der Beitrag des luK-Sektors zur Verbesserung der Innovations· und Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Produktion; 28/II: B. Alecke et al. (1999), Globalisierung und neue Informations- und Kommunikationstechnologien; 28/III: K. Faust et al. (1999), Tertiarisierung und neue Informations- und Kommunikationstechnologien. 17 K. Faust (1987), Früherkennung technischer Entwicklungen auf der Basis von Patentdaten, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 9, München. 18 W. Gerstenberger; J. Heinze und K. Vogler-Ludwig (1984), Investitionen und Anlagevermögen der Wirtschaftszweige nach Eigentümer- und Benutzerkonzept, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 6, München. 19 W. Gerstenberger, J. Heinze, M. Hummel und R.-U. Sprenger (1984), Staatliche Interventionen, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 4, München.

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Barbara Schaden

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erfaßt die Erfindungen auf der Basis der Patentdokumente weltweit und bildet so den technischen Fortschritt - soweit er sich in Patenten niederschlägt - vollständig ab;

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schöpft die Tiefengliederung der internationalen Patentklassifikation (rund 60.000 technische Sachgebiete) voll aus;

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gestattet mittels Auswertung der Mehrfachklassifizierung einzelner Erfindungen durch Fachleute der Patentämter zusätzlich die Analyse von verflochtenen Technologiefeldern;

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vermeidet durch die Zuordnung aller Dokumente zu einer Erfindung Doppelzählungen und durch die Beschränkung der Auswertung auf Erfindungen, die in mehr als einem Land zum Patent angemeldet worden sind, eine Reihe von Unzulänglichkeiten bisheriger Patentstatistiken.

Mit der Berechnung des sektoral disaggregierten Anlagevermögens nach dem Benutzerkonzept wurde der Tatsache Rechnung getragen, daß bis dahin unternehmensintern erbrachte Dienste auf spezialisierte Dienstleistungsunternehmen ausgelagert worden sind und diese sich zunehmend auch auf neue Finanzierungsformen, insbesondere die Leasing-Finanzierung und andere Varianten der Anlagemiete, erstreckten. Da die Investitionen und Anlagevermögensbestände stets beim Eigentümer erfaßt wurden, wies die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einen immer größeren Teil der Investitionen und Kapitalbestände im Bereich "Sonstige Dienstleistungen" aus, dem die Anlagevermietungsunternehmen größtenteils zuzuordnen sind. Fragen zur Entwicklung der sektoralen Kapitalintensität und Kapitalproduktivität konnten folglich mit dem vorhandenen Material nicht mehr beantwortet werden. Mit der ifo Investorenund der ifo Anlagevermögensrechnung wird nicht nur durch Umbuchung der Investitionen in gemietete Anlagen auf den nutzenden Wirtschaftszweig der dargestellte Mangel behoben, sondern auch die Möglichkeit zu einem tieferen Einblick in die gütermäßige Zusammensetzung des Kapitalstocks der Wirtschaftszweige geboten. Der Kapitalnutzungspreis ist ein komplexes Konstrukt und gibt an, mit welchem Brutto-Nominalzins die Unternehmen in jedem Jahr bei der Beschaffung einer zusätzlichen Einheit Realkapital zu rechnen haben. Seine Höhe hängt ab von -

der Preisentwicklung der Investitionsgüter,

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ihrer (erwarteten) Nutzungsdauer,

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ihrer (erwarteten) Wertsteigerung,

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dem für eine alternative Anlage der Mittel am Kapitalmarkt gebotenen Zinssatz,

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dem Zuschlag für das vergleichsweise höhere Risiko einer Sachanlage, den steuerlichen Regelungen (Gewinnsteuersatz, Abschreibungsregelungen, Substanzsteuern),

Zwanzig Jahre Strukturberichterstattung

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staatlichen Investitionshilfen (Zulagen, Zuschüsse).

Resümee und Ausblick Im Rahmen der Strukturberichterstattung haben sich die Institute kontinuierlich den wichtigen Fragen der sektoralen Entwicklungen gestellt und um neue Erkenntnisse zur Erforschung des sektoralen Strukturwandels gerungen. Der institutionalisierte Forschungswettbewerb liegt aus zwei Gründen nahe: Zum einen verspricht die Vergabe von Forschungsaufträgen zum gleichen Thema im Wettbewerb schnellere Erkenntnisfortschritte. Zum anderen sollten unterschiedliche Auffassungen zu den Ursachen des Strukturwandels und den Ergebnissen von wirtschaftspolitischen Eingriffen klar zu Tage treten und die wirtschaftspolitische Diskussion sowohl auslösen als auch qualifizieren. Festgehalten werden kann, daß der Wirtschaftspolitik in Deutschland im Rahmen der Strukturberichterstattung wesentliche Informationen zur Verfügung gestellt und damit Entscheidungshilfen geliefert wurden. Ferner wurde die statistische Datenbasis in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt systematisch und sukzessive an neue strukturelle Entwicklungen angepaßt. Die 1976 von der damaligen Bundesregierung für die Strukturberichterstattung gesteckten Ziele der Aufhellung des Zusammenhangs zwischen strukturellen und gesamtwirtschaftlichen Veränderungen, der Verdeutlichung der Auswirkungen der Wirtschaftspolitik auf die Strukturen der Wirtschaft, der Bereitstellung von Informationen, die einer besseren Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Wirkungen bereits angewendeter strukturpolitischer Aktivitäten sowie der Verbesserung der Informationsmöglichkeiten der Wirtschaft dienen, können als erreicht erachtet werden. Dennoch ist die Strukturberichterstattung einem ständigen Wandlungsprozeß unterworfen; dies zeigen auch die bereits vorgenommenen Revisionen. Der Wissenschaftsrat hat unter anderem zur bisher üblichen Vergabepraxis von Strukturforschungsaufträgen des BMWi empfohlen, eine Öffnung für weitere Teilnehmer zu prüfen. Dem ist entgegenzuhalten, daß der eher mittelfristige und sowohl sektoral als auch insbesondere gesamtwirtschaftlich orientierte Ansatz der Strukturberichterstattung eine gewisse Erfahrung, Kontinuität und die Möglichkeit zur Bildung von Humankapital voraussetzt. Ziel muß daher sein, ein schlüssiges Zukunftskonzept für die kommenden Berichtsrunden zu erarbeiten, das einerseits neben der Wahrung der Kontinuität der Strukturberichterstattung den Wettbewerbsgedanken wieder stärker in den Vordergrund rückt, andererseits aber auch die Möglichkeit bietet, neue Fragestellungen aufzugreifen.

Industrieforschung Von Klaus Greferwann

Die Branchenforschung im ifo Institut hat eine lange Tradition. Das Institut sah darin "ein großes, bis dahin unbeackertes Gebiet, das es in Zukunft zu erschließen galt. Dabei wurde unter Branchenforschung mehr verstanden als bloße Branchenbeobachtung, die vielfach von Verbänden, aber auch schon frühzeitig vom damaligen Institut für Konjunkturforschung in Berlin gepflegt wurde. Das Bestreben ging dahin, die branchenmäßigen Zusammenhänge, die gegenseitigen Marktbeeinflussungen, die marktnachbarliche Verzahnung zu ermitteln, eine Interdependenzanalyse durchzuführen." 1 Eine Branchenforschung, wie sie sich rasch im Institut entwickelte, erforderte entsprechende Branchenkenner. Es stellte sich nämlich bald heraus, daß nur Mitarbeiter mit branchenspezifischem Fachwissen als gleichwertige Gesprächspartner von Unternehmen und Verbänden, aber auch von ratsuchenden Vertretern der Ministerien2, anerkannt wurden. Dies war wiederum notwendig, um bei der Beurteilung von wirtschaftlichen Tatbeständen und Entwicklungstrends zu einer neutralen Urteilsfindung zu gelangen. Erleichtert wurde die Rekrutierung der erforderlichen Fachleute anfangs dadurch, daß mit der Auflösung des Bayerischen Landeswirtschaftsamtes nach Ende der Warenbewirtschaftung Fachleute für bestimmte Branchen frei wurden und in das ifo Institut überwechselten. Der damalige Präsident des Instituts, Dr. Hans Langelütke, verglich die Branchenforscher einmal mit den Fachärzten einer Klinik, die den Patienten "Wirtschaft" mit seinen ständig wechselnden pathologischen Befunden laufend diagnostizieren und überwachen.3 Anfang 1950 erschien der erste publizistische Versuch der Industrieforschung, eine Schrift mit dem Titel "Die Industrie Westdeutschlands"4. Sie behandelte in knapper Form - die Statistiken waren damals noch recht lückenhaft - die Situation in 26 Industriezweigen und wagte sogar branchenspezifische Konjunkturprognosen. Trotz der recht bescheidenen Aufmachung und des 1 W. Marquardt (Hrsg.) (1979), Dreissig Jahre Wirtschaftsforschung im IFO-Institut, München, S. 95. 2 Die Gliederung der Industrieabteilung in Branchenreferate orientierte sich ursprünglich spiegelbildlich an der entsprechenden Organisation des Bundesministeriums für Wirtschaft. 3 So auf der Mitgliederversammlung des Instituts am 23. Februar 1957. 4 O.V. (1950), Die Industrie Westdeutschlands, ifo Schriftenreihe, Band 7, Berlin, München.

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Klaus Grefermann

knappen Inhalts wurde diese Standortbestimmung von der Wirtschaft mit großem Interesse aufgenommen. Dies führte dazu, daß in den Jahren bis 1955 das "Deutsche Branchenhandbuch für Industrie und Handel" in insgesamt 15 Lieferungen publiziert wurde. Daneben wurden auch die ersten Gutachten für externe Auftraggeber angefertigt. Ein typischer Titel jener Jahre war "Die wirtschaftliche Bedeutung der bayerischen chemischen Großindustrie, unter Berücksichtigung der vor- und nachgeschalteten Bereiche". Weit ihrer Zeit voraus waren eine Reihe von Branchenuntersuchungen zum Thema "Wiedervereinigung", beispielsweise für die chemische und die Textilindustrie. In diesem Zusammenhang arbeiteten die Fachreferenten der Abteilung im Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung des Gesamtdeutschen Ministeriums mit. Einige Monographien aus dieser Zeit beschäftigten sich auch bereits mit Problemen im europäischen und weltwirtschaftlichen Rahmen.5 Im Jahr 1955 erwies es sich aus organisatorischen Gründen als erforderlich, die Branchenabteilung aufzuteilen. Dies war die Geburtsstunde der Industrieabteilung, die lange Zeit - gemessen an der personellen Besetzung - die größte Forschungseinheit des Instituts bildete. Unter den zahlreichen Forschungsvorhaben ragen als thematischer Schwerpunkt die Strukturuntersuchungen oder "Branchenbilder" heraus. Für sie wurde 1963 eine eigene Schriftenreihe "Struktur und Wachstum" konzipiert und mit einer Untersuchung über die Textilindustrie eröffnet; 20 weitere Branchen sollten folgen. Bis zum Jahr 1999 waren daraus 48 Bände geworden. Hinzu kommen Veröffentlichungen in der 1967 mit einer Untersuchung der Schneidwarenund Besteckindustrie6 ins Leben gerufenen Reihe "ifo Studien zur Industriewirtschaft". Diese Reihe umfaßt inzwischen 58 Bände, darunter auch zahlreiche "Branchenbilder". Derartige Strukturanalysen wurden im Lauf der Zeit gleichsam zu einem Markenzeichen der Industrieabteilung des ifo Instituts. Sie sind in der Regel vom Bundesministerium für Wirtschaft teilfinanziert worden. In den Studien werden die Veränderungen in der Input-Struktur (Arbeit, Kapital, Vorleistungen) und der Output-Struktur (Produktion, Absatz), die Struktur der Anbieter und Nachfrager auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie deren Marktverhalten untersucht. Besonderes Gewicht hat die Herausarbeitung der branchenspezifischen Wettbewerbsfaktoren sowie der internationalen Wettbewerbsposition und -fähigkeit der deutschen Industrie. Diese Aspekte führen zu einer disaggregierten Evaluierung des "Industriestandorts Deutschland". Die Studien werden mit einer Zukunftsbetrachtung abgeschlossen. Die Globalisierung der Märkte und Unternehmen, die Tertiarisierung der Wirtschaft, paradigmatische technologische Trends, die Bildung neuer weltwirtschaftlicher Wachstumszentren und Problemregionen sowie die Forderung 5 Beispielsweise: R. Schroeder (1953), Die Holzwirtschaft der Welt, ifo Schriftenreihe Nr. 20, Berlin, München. 6 A Gebhardt, O. Hatzold und W. Kischel (1967), Die Schneidwaren- und Besteckindustrie im Gemeinsamen Markt, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 1, München.

Industrieforschung

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nach einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung beeinflussen seit geraumer Zeit das gesamte verarbeitende Gewerbe. Dies hat sich einerseits in einer zunehmenden Internationalisierung der Branchenstudien niedergeschlagen.7 Andererseits haben diese Entwicklungen auch zum Entstehen neuer Industrien8 geführt, die Gegenstand entsprechender Untersuchungen wurden. Beispielhaft seien hier die Recycling9-, die biotechnische10 die Luft- und Raumfahrt 11- und die Schiffbau-Zulieferindustrie 12 genannt. In diesem Zusammenhang sind auch die "Euro-Sektor-Trends, mittelfristige Prognosen der Markt-, Produktions- und Beschäftigungsentwicklung" zu nennen. Sie werden seit 1988 in Zusammenarbeit mit Partnerinstituten im europäischen Ausland durchgeführt. Die Analysen und Prognosen dieser sektoral sehr breit (30 Branchen aus Industrie und Dienstleistungen) angelegten Untersuchungen beziehen sich auf die EU insgesamt sowie auf wichtige Mitgliedsländer. Die letzte Studie erschien 1997.13 Mehrfach wurde zudem von der Abteilung eine EURO-INVEST-Tagung veranstaltet, auf der Experten aus sieben Ländern über mittelfristige Tendenzen der Investitionsnachfrage in Westeuropa berichteten. Die genannten Tendenzen der Internationalisierung, zu denen dann noch die Auswirkungen der deutschen Vereinigung kamen, haben auch in den traditionellen Industriebranchen tiefe Spuren hinterlassen, was sich nicht zuletzt auch im Abbau von Arbeitsplätzen niedergeschlagen hat. Die Untersuchung dieser Vorgänge und die Erarbeitung von strategischen Optionen für die betroffenen Unternehmen war eine ständige Aufgabe der Industrieabteilung. Im Vordergrund standen dabei die Textil- und Bekleidungsindustrie14, aber auch andere "klassische" Branchen.15

7 Vgl. z. B.: K. Grefermann (1997), Globalisierung und Konzentration: Die Papierindustrie im Wandel, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 53, München sowie H. Kriegbaum, A. Uhlig und H.-G. Vieweg (1997), The EU Mechanical Engineering Industry. Monitoring the evolution in the competitiveness, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 54, München. 8 Hier als Synonym für Branchen verstanden. 9 K. Grefermann und J. Wackerbauer (1994), Perspektiven für die Verwertungsindustrien in Bayern, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 49, München sowie K. Grefermann, K. Hafk und B. Pieper (1998), Die Recycling-Industrie in Deutschland, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 58, München. 10 W.R. Streck (1994), Forschungstätigkeit und Marktpotential in der Biotechnologie. Patentstatistische Analysen und Marktschätzungen in den Schwerpunktbereichen Verfahrens- und Gerätetechnik, Boden- und Gewässersanierung, Naturstoffe und nachwachsende Rohstoffe, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 48, München sowie: W.R. Streck und B. Pieper (1997), Die biotechnische Industrie in Deutschland. Eine Branche im Aufbruch, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 55, München. 11 R. Hild, M. Breitenacher und B. Pieper (1997), Die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie: Strukturanalyse und Handlungserfordernisse, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 52, München. 12 R. Hild, C. Bopp und L. Uhlmann (1998), Perspektiven der deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 56, München. 13 ERECO (Hrsg.) (1997), Europe in 2002, Paris. 14 M. Breitenacher, S. Paba, G. Rossini, The Cost of „Non Europe" in the TextileClothing Industry, ifo Studien zur Industriewirtschaft Nr. 34, München 1988; M. Brei-

12 ifo Studien 1999

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Klaus Grefermann

Auf eine lange Tradition in der Industrieabteilung kann auch die Messung und Ursachenerklärung des technischen Fortschritts zurückblicken. Eine Untersuchung der "Sozialen Auswirkungen des technischen Fortschritts" wurde 1958 in Angriff genommen; die Veröffentlichung der Ergebnisse fand sowohl im Inland als auch im Ausland starkes Interesse. Gestützt auf zahlreiche Fallstudien in Betrieben gab die Studie erstmals einen konkreten Einblick in die möglichen Folgen einer Automation. Schon damals wiesen die Autoren auf die möglichen Folgen des technischen Fortschritts für die Gesellschaft hin: Nicht nur auf das Problem der Freisetzung von Arbeitskräften sondern auch auf die Problematik der älteren Belegschaftsmitglieder. Systematisch wurde Ende der sechziger Jahre mit der Messung von Produktivitätsentwicklungen und des technischen Fortschritts begonnen. Zusammen mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, wurden mit Hilfe von Produktionsfunktionen für 40 Industriegruppen technische Fortschritte errechnet. 16 Da die Diffusion des technischen Fortschritts die Produktivitätssteigerung in erheblichem Ausmaß beeinflußt, wurde - mit Unterstützung der Ford Foundation - in Kooperation mit sechs ausländischen Institutionen der Versuch unternommen, die internationale Ausbreitungsgeschwindigkeit von neuartigen Produktionsprozessen zu ermitteln.17 Ein umfangreiches Gutachten (22 Materialberichte für elf Branchen) über die Auswirkungen technischer Veränderungen auf den Menschen mit dem Titel "Rationeller Einsatz der menschlichen Arbeitskraft durch soziale und technische Anpassung der Arbeit an den Menschen bei technischer Umstellung" und ein von der Stiftung Volkswagenwerk finanziertes Forschungsprojekt "Der Innovationsprozeß in westeuropäischen Industrieländern"18 versuchten in multidisziplinären Ansätzen, den Prozeß der Erforschung, Entwicklung und Anwendung neuer oder neuartiger Technologien zu analysieren.

tenacher, U. Adler, S. Brander; D. Haase, Die Textil- und Bekleidungsindustrie der neuen Bundesländer im Umbruch, ifo Studien zur Industriewirtschaft Nr. 41, München 1991; U. Adler, M. Breitenacher, Bedeutung, Probleme und Zukunft des passiven Veredlungsverkehrs für die Textil- und Bekleidungsindustrie, ifo Studien zur Industriewirtschaft Nr. 51, München 1995; M. Breitenacher, U. Adler, C. Vögtle, Das Textil-, Bekleidungs- und Ledergewerbe im Freistaat Sachsen, ifo Dresden Studien Nr. 18, München 1997. 15 M. Breitenacher (1993), Der EG-Binnenmarkt aus Verbrauchersicht, ifo Studien zur europäischen Wirtschaft, Nr. 7, München; M. Berger und H. Schedi (1993), Elektroindustrie-Strukturwandlungen und Entwicklungsperspektiven, Struktur und Wachstum, Reihe Industrie, Band 47, München, Berlin; H.-D. Knömdel et al. (1993), Guß 2005 - Auswirkungen der Wiedervereinigung Deutschlands und der Reformen in Osteuropa auf die Entwicklungsperspektiven der Gießereiindustrie, Studie zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit ostdeutscher Gießereien, Düsseldorf; M. Breitenacher und U.Chr. Täger (1996), Branchenuntersuchung Ernährungsindustrie, Struktur und Wachstum, Reihe Industrie, Band 48, München, Berlin; K. Grefermann (1997), Das Papier-, Druck- und Verlagsgewerbe im Freistaat Sachsen, ifo Dresden Studien, Nr. 17, München. 16 J. Frohn et. al. (1973), Der technische Fortschritt in der Industrie, Berlin. 17 O.V. (1970), Die Verbreitung neuer Technologien, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 73, Berlin, München; L Nabseth und G.F. Ray (Hrsg.) (1978), Neue Technologien in der Industrie, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 97, Berlin, München. 18 Veröffentlicht als Nr. 98 in der Schriftenreihe des ifo Instituts.

Industrieforschung

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Im Herbst 1971 wurde von der Industrieabteilung des ifo Instituts eine Untersuchung vorgelegt, die zum ersten Mal für die Bundesrepublik Deutschland empirische Erkenntnisse über die Wirkung des Patentwesens im Innovationsprozeß zum Inhalt hatte. Basis dieser Ergebnisse war eine Stichprobenerhebung beim Deutschen Patentamt in München, bei der rund 1200 Patentanmeldungen der besonders patentintensiven Industriegruppen Chemie, Elektrotechnik und Maschinenbau erfaßt wurden. Das "Schicksal" dieser Patente wurde bei ihren Inhabern vom Zeitpunkt der Entstehung der Erfindung bis zu ihrer Nutzung verfolgt. In über 220 Interviews wurden die besuchten Unternehmen zusätzlich gebeten, ihre Meinung zu wichtigen Aspekten des Patentsystems und der Patentrechtspraxis einerseits und zu den von ihnen verfolgten Patent- und Lizenzpolitiken andererseits zu äußern. Die Ergebnisse dieser umfangreichen Studien wurden in zwei Bänden publiziert.19 Diese Publikationen wurden im Lauf der folgenden Jahre durch einige weitere Untersuchungen20 und Tagungen21 vertieft und ergänzt. Die organisatorische Gliederung der Industrieabteilung in Branchenreferate einerseits und Querschnittsreferate, in denen branchenübergreifende Probleme bearbeitet wurden, andererseits, hat sich bewährt. Mit der regelmäßigen Beobachtung des industriellen Prozesses auf einem derartig tief aggregierten Niveau unterscheidet sich das ifo Institut grundlegend von anderen Wirtschaftsforschungsinstituten. Es erwies sich im Lauf der Zeit allerdings als notwendig, einige Referate aus der Industrieabteilung auszugliedern und organisatorisch zu verselbständigen, weil die Nachfrage nach entsprechenden Forschungsleistungen zu groß für einen einzelnen wurde. So wurde 1973 in der Abteilung ein Referat eingerichtet, das sich schwerpunktmäßig mit einzel- und gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Umweltbelastungen und Umweltschutzmaßnahmen befassen sollte. Mit zunehmender Bedeutung und Komplexität dieses Arbeitsgebiets wurde aus diesem Referat die Abteilung Umweltökonomie. Mit den Verteuerungs- und Verknappungstendenzen in einigen Energie- und Rohstoffbereichen gewannen die "Grenzen des Wachstums" Mitte der siebziger Jahre eine neue Dimension. Dies führte zur Bildung einer Projektgruppe "Energie, Rohstoffe, Technologie", die später in eine eigene Abteilung überführt wurde. Die ökonomischen Auswirkungen neuer Technologien blieben jedoch in der Industrieabteilung nach wie vor ein wichtiger Schwerpunkt. Im Vordergrund

19 Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel (Hrsg.) (1974), Patentwesen und technischer Fortschritt, Band I: K. Grefermann et. al., Die Wirkung des Patentwesens im Innovationsprozeß; Band II: K. Grefermann und K.Ch. Röthlingshöfer, Patent- und Lizenzpolitik der Unternehmen, Göttingen. 20 Z. B.: E. Greipl, U.Chr. Täger und K. Grefermann (1982), Wettbewerbswirkungen der unternehmerischen Patent- und Lizenzpolitik, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 109, Berlin, München. 21 Z. B.: K.H. Oppenländer (Hrsg.) (1984), Patentwesen, technischer Fortschritt und Wettbewerb, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 113, Berlin, München.

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Klaus Grefermann

standen in späteren Jahren neue Werkstoffe 22 sowie die bereits angesprochene Biotechnologie. In Kooperation mit der Prognos AG sowie der Fraunhofer Management GmbH hat die Industrieabteilung 1996 das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie bei der Erstellung einer Bewerbungsunterlage für den "Initiativkreis Biotechnologie München" im Rahmen des "BioRegio-Wettbewerbs" des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie unterstützt. Der Initiativkreis ging mit zwei anderen Regionen unter insgesamt 17 teilnehmenden Regionen als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Neben Auftragsarbeiten und den Untersuchungen langfristiger Wachstumsprozesse gehört die Analyse und Prognose konjunktureller Entwicklungen im verarbeitenden Gewerbe insgesamt, aber auch in seinen Teilbereichen, zu den traditionellen Aufgaben der Industrieforschung im ifo Institut. Auch die kurzfristige Betrachtungsweise erfordert nämlich die branchenmäßige Differenzierung. Lagerzyklen, Währungsschwankungen und Änderungen des Konsumentenverhaltens beispielsweise haben von Branche zu Branche unterschiedliche Bedeutungen und Auswirkungen. Vor allem aber ist der "Bottom-up-Ansatz" der branchenwirtschaftlichen Analyse eine notwendige Ergänzung des "Top-downAnsatzes" der gesamtwirtschaftlichen Analysen und Prognosen. Die monatliche Kommentierung der KT-Ergebnisse für das verarbeitende Gewerbe sowie jährlich zwei umfangreiche Standortbestimmungen der konjunkturellen Entwicklung in der Industrie, wie sie in den Zeitschriften des Instituts angeboten werden, sind ebenso ein sichtbarer publizistischer Ausdruck des Service für die Mitglieder des Instituts, die Testteilnehmer sowie die interessierte Öffentlichkeit wie zahlreiche Aufsätze in branchenspezifischen Fachzeitschriften. Die Branchenspezialisten des Instituts stehen in ständigem Dialog mit den einschlägigen Unternehmen und Verbänden. Seinen institutionalisierten Niederschlag findet dieser Dialog in den von der Industrieabteilung veranstalteten Konjunkturgesprächen. Vertreter der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere der Industrie, treffen zweimal jährlich mit den entsprechenden Fachleuten aus dem Institut zum offenen Gedankenaustausch über die konjunkturelle Lage und die zu erwartende Entwicklung in den einzelnen Branchen der Industrie zusammen. Der erste Teil der Veranstaltung steht traditionell im Zeichen der konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft und Deutschlands. Die Sprecher des ifo Instituts informieren über aktuelle Konjunkturtendenzen in Westeuropa, den USA und Japan und über die gesamtwirtschaftlichen Perspektiven in Deutschland. In einem speziellen Exkurs wird auf ein aktuelles Spezialthema, z.B. die Wirtschaftsentwicklung in einer Region, eingegangen. Im zweiten Teil des Konjunkturgesprächs stellen die Industrieexperten des Instituts ihre nach Branchen differenzierten Konjunkturanalysen und -prognosen vor. Diese werden mit den entsprechenden Schätzungen der Teilnehmer am Konjunkturgespräch

22 W.R. Streck (1989), Chancen und Risiken neuer Werkstoffe für die bayerische Industrie, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 37, München; W.R. Streck (1994), Marktpotentiale neuer Werkstoffe, ifo Studien zur Industriewirtschaft, Nr. 50, München.

ndutrforschung

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konfrontiert und diskutiert. Im Frühjahr 1999 fand die 56. derartige Veranstaltung in München statt. Seit mehreren Jahren arbeiten die Industrieexperten des ifo Instituts intensiv am Aufbau und der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Brancheninformationssystemen, die Unternehmen, Verbänden und Ministerien als Informationsquelle dienen. So wird seit einigen Jahren für 100 ausgewählte Branchen aus Industrie, Handwerk und Dienstleistungen im halbjährigen Rhythmus die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen der Nachfrage und der Produktion, der Technologien und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit analysiert. Die empirische Basis der Informationssysteme bildet eine integrierte Datenbank. Der weitere Ausbau dieser Serviceleistungen und ihr Angebot in elektronischen Informationsmedien ist einer der neuen Schwerpunkte für die Industrieforschung im ifo Institut, ohne daß dabei ihre traditionellen Aufgaben vernachlässigt werden.

Handels- und Wettbewerbsforschung Von Uwe Chr. Täger

Als eine wichtige Geburtsstätte der empirischen Handelsforschung können die Welthandelshochschulen (wie z.B. in Wien) und die übrigen Handelshochschulen (wie z.B. in Leipzig) angesehen werden. Die anfangs mehr enzyklopädiehafte und eklektische Anhäufung von Wissen und Kunstlehren über binnenund außenhandelswirtschaftlich agierende Handelsunternehmen insbesondere auf ausländischen Produkt- und Rohstoffmärkten trat allmählich mehr und mehr in den Hintergrund, als sich seit 1920 zunehmend methodische Ansätze an diesen Hochschulen zur Systematisierung von Handelsfunktionen und -Institutionen durchsetzten. In seiner weiteren Entwicklung wurde die empirische Handelsforschung von einer zunehmenden Verknüpfung von makro- und mikroökonomischen Fragestellungen beeinflußt, die die Fortentwicklung der Handelsforschung auch heute noch spürbar prägt. Die hohe Struktur- und Wettbewerbsdynamik des Handels bzw. einer modernen Waren- und Dienstleistungsdistribution gilt als wichtiger Impulsgeber für die gesamte Volkswirtschaft. In vielen ost- und mitteleuropäischen Staaten hat der Handel nach der sog. Ostöffnung die Vorreiterrolle für die Implementierung eines wettbewerblich orientierten Wirtschaftssystems übernommen.1 Vor diesem entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund ist auch die Handelsforschung im ifo Institut mit ihren thematischen und personellen Ausprägungen in den letzten 50 Jahren zu sehen. Infolge ihrer Mehrpoligkeit hat die ifo Handelsforschung immer wieder klassische und z.T. noch vorherrschende Konventionen über die Beachtung von Wissenschaftsgebieten überschritten2, um nicht in die Gefahr einer forscherischen Isolierung ihrer Untersuchungsfelder zu geraten. Die frühzeitige Einbeziehung von wettbewerblichen und damit verbundenen rechtsökonomischen Fragestellungen in die empirische ifo Handelsforschung und ihre intensive Verankerung in die institutsrelevante Wirtschaftsforschung haben dazu geführt, daß sich die ifo Handelsforschung im Verlauf 1 Vgl. z.B. Chr. Ahrens, A. Halbach und U.Chr. Täger (1993), Transformation des Binnenhandels in Osteuropa, Ansätze der marktwirtschaftlichen Umgestaltung planwirtschaftlicher Distributionssysteme, in: ifo Schriftenreihe, Struktur und Wachstum, Reihe Absatzwirtschaft, Nr. 13, Berlin, München. 2 Vgl. hierzu z.B. B. Uetz (1992), Positionierung und Stellenwert der Handelsforschung im Rahmen der empirischen Wirtschaftsforschung, in: E. Greipl, H. Laumer und U.Chr. Täger, Entwicklung der empirischen Handelsforschung in der Bundesrepublik Deutschland, Rückblick und Ausblick, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 133, Berlin, München, 16-92.

180

Uwe Chr. Täger

der letzten 50 Jahre im Wettbewerb mit den übrigen Institutionen der empirischen Handelsforschung durch ein besonderes methodisches und empirisch gestütztes Leistungs- und Wissensprofil darstellen konnte. Ein wesentliches Leitbild hierfür ist die Analyse und Bewertung der wechselseitigen Wirkungen zwischen der Entwicklung eines modernen Distributionssystems einerseits und den Anforderungen und Grundsätzen eines funktionsfähigen und freien Leistungswettbewerbs andererseits.

Emanzipation der Handelsforschung aus der Branchenforschung Unter den größeren Instituten der Wirtschaftsforschung in Deutschland hat das ifo Institut den Strukturen und Entwicklungen im Handelssektor immer eine besondere forschungspolitische Beachtung geschenkt. Dieses Interesse äußerte sich vor allem darin, daß sich der Handel als eigenständiges Forschungsfeld innerhalb der Branchenforschung schon recht frühzeitig (1954) als selbständiges Hauptreferat bzw. Abteilung heraus emanzipierte. Angestoßen wurde diese Entwicklung des Forschungsfelds Handel im ersten Jahrzehnt des Bestehens des ifo Instituts bis 1960 vor allem durch die "Wiederentdeckung" der wirtschaftspolitischen Bedeutung einer funktionsfähigen Warendistribution für den Wiederaufbau und die Neustrukturierung der westdeutschen Wirtschaft. Die wettbewerbsstimulierenden Prozesse des Marktausgleichs von Konsum- und Investitionsgütern, die vornehmlich über die steigende Zahl von Unternehmen des Groß- und Einzelhandels sowie der Handelsvermittlung ausgetragen wurden, haben wesentlich dazu beigetragen, daß der Leistungswettbewerb in der binnen- und außenhandelswirtschaftlichen Distribution als ein wichtiges Instrument der Kontrolle über die Waren- und Dienstleistungsangebote der Unternehmen eine gesetzliche Verankerung erfahren hat. In der Beobachtung und Analyse dieser Prozesse der Warendistribution hat sich das ifo Institut schon sehr frühzeitig darum bemüht, die Entwicklungen und Prozesse in diesem Wirtschaftssektor und in einzelnen Handelssektoren sowohl unter gesamt- als auch unter einzelwirtschaftlichen Aspekten durch empirisch gestützte Ergebnisse darzustellen.3 Während die gesamtwirtschaftlichen Untersuchungsaspekte sich schwerpunktmäßig auf die wechselseitigen Zusammenhänge z.B. zwischen der Entwicklung des Umsatzes im Einzelhandel, des Privaten Verbrauchs, des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte und deren Sparquote konzentriert, liegt das einzelwirtschaftliche Erkenntnisinteresse der ifo Handelsforschung vor allem auf institutionsökonomischen Analysen von kleineren und größeren Unternehmen des Groß- und Einzelhandels sowie der Handelsvermittlung und der verschiedenen Formen der Kooperation und Konzentration in der Warendistribution.4 3 Vgl. z.B. E. Batzer und H. Laumer (1958), Der Großhandel in Gegenwart und Vergangenheit, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 35, Berlin, München. 4 Vgl. hierzu z.B. J. Lachner und U.Chr. Täger (1997), Entwicklungen in den Handelskooperationen unter handels- und wettbewerbspolitischen Aspekten, ifo Studien zu Handels- und Dienstleistungsfragen, Nr. 52, München.

Handels- und Wettbewerbsforschung

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Gerade in den Anfangsjahren des ifo Instituts lag die Hauptaufgabe der empirischen Branchenbeobachtung auf der Vermittlung von praktisch verwertbaren Informationen über Struktur und Entwicklung von Branchen der Industrie sowie des Groß- und Einzelhandels, über die Verflechtungen der einzelnen Wirtschaftsstufen untereinander und deren Stellung im wachsenden Außenhandel. Diese Beobachtungen der Strukturentwicklungen waren auch die Grundlage für den Aufbau der Konjunkturtest-Erhebungen in der Industrie und im Handel. Schon 1950 wurden die ersten Umfragen im Einzelhandel und 1951 im Großhandel durchgeführt. Diese frühzeitige Herauslösung des Handels aus der allgemeinen Struktur- und Konjunkturbeobachtung der Branchenforschung war auch durch das überdurchschnittlich starke Wachstum des Groß- und Einzelhandels und der Zunahme seiner wirtschaftspolitischen Bedeutung für die Versorgung der privaten Haushalte mit sog. "Wohlstands'-Gütern begründet. Mehr und mehr beschäftigte sich aber auch die ifo-Handelsforschung mit konfligierenden mittelstands- und wettbewerbspolitischen Fragestellungen, die in diesem Wirtschaftssektor aufgrund der Vielzahl von kleineren und inhabergeführten Unternehmen eine wachsende Bedeutung erhielten. Die Diskussion über die Einführung eines gesetzlichen Ladenschlusses (1956) und das grundsätzliche Verbot von Kartellen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (1958) wurde an vielen Beispielen des Handels geführt. Mit der frühzeitigen Aufnahme von aktuellen Fragestellungen der Handels- und Wettbewerbsrealität in das damalige "Design" der ifo Handelsforschung wurden auch die notwendigen Grundlagen für eine empirisch gestützte und theoriegeleitete Politikberatung für diesen Wirtschaftssektor gelegt. Der frühzeitig einsetzende Dialog der empirischen Handelsforschung im ifo Institut mit der universitären Handelswissenschaft und der Binnenhandelspolitik hat dazu geführt, daß sich die ifo Handelsforschung von Beginn ihres Bestehens an als Mittler und Katalysator von wissenschaftlichen Ergebnissen zu empirisch verwertbaren Informationen für wirtschafts- und unternehmenspolitische Entscheidungen gesehen hat.5 Eine solche Positionierung zwischen Handelswissenschaft und Binnenhandelspolitik erfordert eine methodisch und empirisch fundierte Fachkompetenz über den universitären bzw. wissenschaftlichen und fachpolitischen Bereich der binnen- und außenhandelswirtschaftlichen Warendistribution. Darüber hinaus waren die Anfangsjahre der ifo Handelsforschung von einer außerordentlich intensiven Zusammenarbeit mit den deutschen und europäischen Handelsverbänden gekennzeichnet, die schwerpunktmäßig durch den Aufbau von repräsentativen Befragungskreisen für den Groß- und Einzelhandel gekennzeichnet waren.

5 Vgl. hierzu E. Batzer (1992), 1957-1992 Absatz- und Handelsforschung im ifo Institut Rückblick und Ausblick, in: E. Greipl, H. Laumer und U.Chr. Täger, Entwicklung der empirischen Handelsforschung in der Bundesrepublik Deutschland, Rückblick und Ausblick, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 133, Berlin, München, 171184.

182

Uwe Chr. Täger Entwicklung der verschiedenen Forschungsfelder der ifo Handels- und Absatz- sowie Wettbewerbsforschung

Die in den letzten 50 Jahren vorgelegten Studien und Untersuchungen der ifo Handelsforschung sind in vielerlei Hinsicht ein anschauliches Abbild und eine Dokumentation der jeweils aktuellen Fragestellungen in der deutschen, europäischen und weltwirtschaftlichen Warendistribution. Es spielten vor allem die erheblichen und schnellen Änderungen in den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Handelsunternehmen für die Formulierung von Informationsund Erkenntnis-'Ansprüchen" von Seiten der Wirtschafts-, Binnenhandels- und Wettbewerbspolitik an die ifo Handelsforschung eine wichtige Rolle. Das Aufkommen von Preisaktiven Großunternehmen des Einzelhandels seit 1958, die langsame Aufweichung der Preisbindung der zweiten Hand im Handel seit 1963, die zunehmende Bedeutung von Handelskooperationen für die Sicherung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von kleineren, selbständigen Unternehmen des Groß- und Einzelhandels haben wesentlich dazu beigetragen, daß Bundes- und Landesregierungen sowie die EU-Kommission zahlreiche Studienaufträge zu diesen z.T. sehr komplexen Fragestellungen an das ifo Institut vergeben haben. In der Bearbeitung dieser Aufgabenstellungen mußte vielfach über die institutionelle Betrachtungsweise des Handels hinausgegangen werden, um die relevanten Fragestellungen auch unter wettbewerblichen, mittelstands- oder rechtspolitischen Aspekten zu analysieren und die Ergebnisse mit den entsprechenden fachspezifischen Kenntnissen und Urteilen zu stützen und zu interpretieren. Im Laufe der Jahre hat daher mehr und mehr die funktionale Betrachtungsweise für die Beobachtung und Analyse der Prozesse der Warendistribution an Gewicht gewonnen.6 Nicht die Institution, d.h. das Unternehmen des Groß- oder Einzelhandels oder der Handelsvermittlung, steht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern die tatsächlichen und potentiellen "Handels'-Aktivitäten von Unternehmen aller Wirtschaftsstufen und -Sektoren bilden die Plattform für die empirische Handelsforschung. Dieses spezifische methodische Vorgehen hat letztendlich dazu geführt, daß die derzeitige Handelsforschung im ifo Institut in einem engen methodischen und sachlichen Zusammenhang mit den übrigen Feldern der empirischen Wettbewerbsforschung gesehen werden muß. Die Frage nach einer leistungs- und wettbewerbsadäquaten Ausfüllung und Kontrolle von räum- und zeitüberbrückenden Handelsfunktionen wurde zunehmend zum Kristallisationskern der ifo Handelsforschung. Im folgenden sollen einige Untersuchungsfelder der empirischen Handelsforschung im ifo Institut vor dem Hintergrund früherer und aktueller wirtschaftssowie handels- und wettbewerbspolitischer Fragestellungen skizziert werden.

6 Vgl. hierzu U.Chr. Täger et al. (1994), Entwicklungsstand und -perspektiven des Handels mit Konsumgütern, Darstellung und Analyse der handels- und wettbewerbspolitischen Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland, ifo Schriftenreihe, Struktur und Wachstum, Reihe Absatzwirtschaft, Nr. 14, Berlin, München.

Handels- und Wettbewerbsforschung

183

Industrielle Absatzsysteme und -instrumente

Ein Großteil der Produktionsunternehmen steht mit seinen mehr oder weniger gut ausgebauten Absatz- und Verkaufssystemen in einem intensiven Funktionswettbewerb mit einer Vielzahl von selbständigen Handelsunternehmen um eine möglichst (kosten-)effiziente Distribution hin zu den gewerblichen oder privaten Abnehmern. Die Ein- bzw. Ausschaltung von Handelsunternehmen in den Absatz der in- und ausländischen Hersteller wird sowohl von den Kosten der Absatz- und Distributionssysteme als auch von der Wirkungseffizienz von Absatz- und Wettbewerbsinstrumenten der Handels- und Herstellerunternehmen beeinflußt. Der Wettbewerb um die distributionswirtschaftliche Wertschöpfung, die in einigen Bereichen einen Anteil von nahezu 80% am Umsatz annehmen kann, hat vor allem in den Bereichen zugenommen, in denen die Intensität des Preiswettbewerbs in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, wie z.B. im Fach- und Sortimentseinzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln oder mit Gütern der Unterhaltungselektronik. Der hierdurch ausgelöste Wettbewerb um die distributionswirtschaftliche Funktionserfüllung und Arbeitsteilung im Warenvertrieb zwischen Unternehmen aufeinanderfolgender Wirtschaftsstufen hat dazu geführt, daß stufenbezogene Gesetzesregeln mit beschränkenden Wirkungen für unternehmerische Handelsund Wettbewerbsaktivitäten vom ifo Institut zunehmend in Frage gestellt wurden.7 Die vergleichsweise hohe Dynamik in den Veränderungen der Wettbewerbs· und Unternehmensstrukturen der Warendistribution ist daher zu einem wichtigen Impulsgeber für die in- und ausländischen Handels- und Produktionsunternehmen geworden, ihre Waren- und Leistungsprofile stärker an den wirtschaftlichen und technologischen Erfordernissen der industriellen und privaten Nachfrage zu orientieren.

Strukturelle und konjunkturelle Entwicklungen im Groß- und Einzelhandel sowie in der Handelsvermittlung

Die schon erwähnte hohe Dynamik in den Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Handelssektors und der einzelwirtschaftlichen Entscheidungs- und Organisationsstriikturen von Handelsunternehmen waren und sind der Anstoß für umfassende und empirisch gestützte Studien über die Entwicklung des Handels in Deutschland und den übrigen EUMitgliedsländern sowie in Japan und USA. Neben diesen Strukturuntersuchungen über den Handel in Deutschland8, die von ihrem Datenfundament auf Totalerhebungen der Handels- und Gaststättenzählungen des Statistischen Bun7 Vgl. u.a. U.Chr. Täger (1988), Konsumgüterhandel: Wettbewerbsdynamik verändert Funktionsprofile, ifo Schnelldienst 41 (5), 20-29. 8 Vgl. z.B. E. Batzer, J. Lachner und W. Meyerhöfer (1991), Der Handel in der Bundesrepublik Deutschland - strukturelle Entwicklungstrends und Anpassungen an veränderte Markt- und Umfeldbedingungen, ifo Studien zu Handels- und Dienstleistungsfragen, Nr. 40, München.

184

Uwe Chr. Täger

desamts beruhen, spielen die monatlichen und jährlichen Analysen über die Konjunkturentwicklungen in den verschiedenen Branchen des Groß- und Einzelhandels eine bedeutende Rolle in der ifo Handelsforschung. Die Ergebnisse dieser Struktur- und Konjunkturuntersuchungen haben im Verlauf der letzten fünf Jahrzehnte eine hohe Akzeptanz sowohl bei der politischen Administration als auch bei den Verbänden des Handels gefunden. Insbesondere die monatlichen und jährlichen Konjunkturanalysen haben aufgrund ihrer großen Aktualität eine breite Resonanz in der Fachöffentlichkeit und in der Berichterstattung der Medien erhalten.9

Intensität des Distributions- und Preiswettbewerbs

Im Rahmen der ifo Handelsforschung spielen nach wie vor Fragestellungen des Distributions- und insbesondere des Preiswettbewerbs eine herausragende Rolle. Die autonome Gestaltung des Preises wird als eine genuine unternehmerische Funktion aufgefaßt und anerkannt, die keinen beschränkenden Regeln unterliegen oder einer mißbräuchlichen Nutzung einer Machtstellung eines marktbeherrschenden Unternehmens oder einer Gruppe ausgesetzt werden darf. Die vehementen Diskussionen über die Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand und ihre endgültige Abschaffung 1974 können u.a. auch auf Ergebnisse der ifo Handelsforschung zurückgeführt werden. In einem FolgeGutachten über "Die Handhabung und Wirkung der unverbindlichen Preisempfehlung" im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft wurden die Gestaltungspraktiken der Markenartikelindustrie und der Handelsunternehmen im Hinblick auf überhöhte Preisempfehlungen und daraus resultierender sog. Lockvogelangebote dargestellt und auf ihre wettbewerblichen Wirkungen hin analysiert. Die zunehmende Intensität des Preiswettbewerbs im Einzelhandel in den folgenden Jahren hat zu einer "wettbewerbsadäquaten" Lösung dieser Fragestellungen geführt, d.h. viele strukturelle Fragestellungen in der Warendistribution werden durch die hohe Dynamik des Wettbewerbs und der davon ausgehenden Wirkungen auf das Verhalten von Unternehmen und Konsumenten ohne Interventionen des Staates einer Lösung zugeführt. In vielen grundsätzlichen Fragestellungen des Wettbewerbs kommt dem Handel eine Pionierrolle zu. Die Entwicklungen in diesem Bereich waren oft Anlaß für die Formulierung und Gestaltung von allgemeinen Wettbewerbsregeln, um leistungswidrige Praktiken z.B. von nachfragemächtigen Marktteilnehmern mit einem Verbot zu versehen und damit einzudämmen. Die gesetzlichen Regeln über das Verbot eines systematischen Verdrängungswettbewerbs oder das (relative) Verbot des Verkaufs zum sog. Untereinstands-Preis sind auf Entwicklungen im Einzelhandel zurückzuführen. In mehreren Studien der ifo Handelsforschung wurden diese Zusammenhänge zwischen einer hohen Intensität des Wettbewerbs und der dadurch hervorgerufenen Praktiken von markt9 Vgl. z.B. J. Lachner (1998), Konsumgüterhandel auf der Schattenseite der Konjunktur, ifo Wirtschaftskonjunktur 48 (4), 1-18.

Handels- und Wettbewerbsforschung

185

starken Großunternehmen der Produktion und des Handels dargestellt und Lösungsansätze für gesetzliche Regeln vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang wurden schon frühzeitig auch Fragestellungen der Raumordnung und Landesplanung von großflächigen Einzelhandelsobjekten im Rahmen der ifo Handelsforschung ausführlich diskutiert.10

Aspekte der Kooperation und Konzentration

Infolge der außerordentlich hohen Struktur- und Wettbewerbsdynamik im Handel spielen die Beobachtung und Analyse von kooperativen und konzentrativen Entwicklungen in diesem Wirtschaftssektor eine herausragende Rolle. Die komparativen Wettbewerbsvorteile der Großunternehmen aufgrund ihrer "economies of scale" (Größenvorteile z.B. in der Beschaffung) und "economies of scope" (Vorteile im Verbund) sind wesentliche Ursachen für die wachsenden Konzentrations- und Kooperationsaktivitäten im deutschen und europäischen Handel. In diesen Untersuchungen beschränkte sich das ifo Institut nicht nur auf die Analyse der wirtschaftlich relevanten Ursachen und Wirkungen dieser beiden Phänomene, sondern hat in seinen Analysen hierzu zunehmend auch gesellschafts- und wettbewerbsrechtliche Aspekte berücksichtigt.11 In der Konzentrationsforschung hat das ifo Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt und der Monopolkommission Meßkonzepte erarbeitet, um die bisher in den amtlichen Konzentrationsstatistiken nicht berücksichtigten Konzerne und sonstigen Unternehmensgruppen als Träger von Konzentrationsmerkmalen aufzunehmen. Durch die bisherige Außerachtlassung von strukturellen Unternehmensverbindungen hat die amtliche Konzentrationsmessung das Niveau der Konzentration systematisch unterzeichnet.12 Aus diesem Grund haben die amtlichen Konzentrationsstatistiken auch bisher nicht die wirtschafts- und unternehmenspolitische Beachtung gefunden, die ihnen aufgrund der eventuellen wirtschaftspolitischen Gefahren einer machtanhäufenden Konzentration zukommen müßte.

Europäisierung und Globalisierung

Traditionell sind die ausländischen Beschaffungsmärkte ein wesentliches Aktivitätsfeld von deutschen Handelsunternehmen. Zunehmend haben sich in den letzten Jahren vor allem deutsche Großunternehmen des Handels mit umfangreichen Direktinvestitionen auf ausländischen Absatzmärkten engagiert. Sowohl 10 Vgl. z.B. E. Greipl (1972), Einkaufszentren in der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 79, Berlin, München. 11 Vgl. hierzu den Kommentar des Bundeskartellamts in seinem Bericht über seine Tätigkeit in den Jahren 1995/96 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet, Drucksache 13/7900 v. 19.06.1997 des Deutschen Bundestags, S. 35 ff. 12 Vgl. hierzu das Hauptgutachten XII der Monopolkommission (1998), Marktöffnung 1996/1997 umfassend verwirklichen, Baden-Baden, S. 63 ff.

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Uwe Chr. Täger

das hohe absatzwirtschaftliche Waren- und Leistungsprofil von Betriebs- und Vertriebstypen des Einzelhandels als auch die außerordentlich hohe Leistungsfähigkeit der von deutschen Handelsunternehmen im verschärften Wettbewerb entwickelten Warenwirtschafts- sowie EDV-gestützten Informationsund Kommunikationssysteme bilden eine wesentliche Plattform für die wachsenden Auslandsaktivitäten deutscher Handelsunternehmen. Das ifo Institut hat diesen Prozeß der Europäisierung und Globalisierung mit zahlreichen Studien im Auftrag von Bundes- und Landesregierungen begleitet.13 Ein wesentliches Ziel dieser Studien ist es, die typischen Wettbewerbsprofile und -vorteile von nationalen und europäischen Handels- und Kooperationssystemen in ihrer Positionierung in der internationalen Warendistribution aufzuzeigen. Dabei zeigt sich das deutliche Spannungsgefüge zwischen der lokalen und regionalen Absatzbindung der in diese Systeme eingebundenen Filialgeschäfte einerseits und der beschaffungsmäßigen Anbindung dieser Handelssysteme an die europäischen und weltweiten Produktmärkte andererseits. 14

Handels- und wettbewerbspolitische Anforderungen an eine Politikberatung für die Warendistribution in Deutschland und in der Europäischen Union Einige Studien der ifo Handelsforschung der letzten 50 Jahre wurden aufgrund der Brisanz der zu untersuchenden Fragestellungen und der erarbeiteten Erkenntnisse in der Fach- und sonstigen Öffentlichkeit äußerst heftig und kontrovers diskutiert, so insbesondere die Studie über die Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand, die Handhabung der unverbindlichen Preisempfehlung, die wettbewerbspolitische Ausgestaltung von Handelskooperationen oder über die Deregulierung des gesetzlichen Ladenschlusses.15 Bei diesen z.T. sehr harten Auseinandersetzungen hat es sich allerdings gezeigt, daß eine an gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen orientierte Handelsforschung die vielfältigen Aspekte des Wettbewerbs und der Internationalisierung der Absatz- und Beschaffungsmärkte nicht außer acht lassen kann. Nur die Einbeziehung dieser Aspekte macht eine empirisch gestützte Handelsforschung für die Politikberatung nutzbar attraktiv. In gegenseitiger Anerkennung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit der empirischen Handelsforschung einerseits und des politischen Gestaltungswil13 Vgl. z.B. E. Batzer und J. Lachner (1990), Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten der deutschen Groß- und Außenhandelsunternehmen im EG-Binnenmarkt, ifo Studien zu Handels- und Dienstleistungsfragen, Nr. 38, München. 14 Vgl. hierzu ifo Institut für Wirtschaftsforschung (1997), Strukturen und Tendenzen des Handels in der Europäischen Gemeinschaft, Studie im Auftrag der Generaldirektion XXIII der Europäischen Kommission, München. 15 Vgl. U.Chr. Täger, K. Vogler-Ludwig und S. Münz (1995), Das deutsche Ladenschlußgesetz auf dem Prüfstand, Binnenhandels- und wettbewerbspolitische sowie beschäftigungspolitische und arbeitsrechtliche Überlegungen, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 139, Berlin.

Handels- und Wettbewerbsforschung

187

lens der Bundes- und Landesregierungen sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften andererseits hat die ifo Handelsforschung in den letzten 50 Jahren einen breiten Dialog und kritischen Diskurs mit den verschiedenen politischen Institutionen geführt. Die Unternehmen und die Verbände des Handels waren darüber hinaus als weitere Partner in diesen handels- und wettbewerbspolitischen Dialog einbezogen. Im Verlauf dieses jahrzehntelangen Dialogs hat es sich deutlich gezeigt, daß die vergleichsweise hohe Eigendynamik des Distributionswettbewerbs vielfach unterschätzt wurde. Deshalb werden die aus diesem dynamischen Prozeß resultierenden Effekte und Wirkungen auf die "Such- und Entdeckungs'-Aktivitäten der Marktteilnehmer der Warendistribution noch stärker als bisher Einfluß auf das Interesse und die Ziele der ifo Handelsforschung nehmen. Vor allem eine methodisch und empirisch gestützte und abgesicherte Abschätzung künftiger Entwicklungen in der deutschen und europäischen Waren- und Dienstleistungsdistribution wird ein wichtiges Fundament für die Politikberatung sein. Wie in den vergangenen Jahrzehnten werden in diesem außerordentlich fruchtbaren Dialog mit den unternehmerischen und politischen Fach- und Entscheidungs-"Promotoren" von der ifo Handelsforschung Ergebnisse präsentiert werden.

Bauforschung Von Volker Rußig

Schon bald nach der Gründung des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung im Jahre 1949 hat sich die Branchenforschung zu einem der Arbeitsschwerpunkte entwickelt, der im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut wurde. Unter den fünf bzw. mittlerweile sechs großen, primär makro-ökonomisch ausgerichteten und in der Regel bis auf die Sektorebene disaggregierenden Wirtschaftsforschungsinstituten in Deutschland nimmt das ifo Institut damit eine Sonderstellung ein. Im Zuge der stärkeren Ausdifferenzierung der Branchen und Wirtschaftszweige wurde die Bau- und Wohnungswirtschaft bereits im Herbst 1963 aus der Industrieabteilung ausgegliedert und unter der Leitung von O. Aule als eigenständige Abteilung weitergeführt. 1 Neben den Besonderheiten der Bauproduktion sowie dem hohen Gewicht und der breiten Ausstrahlung des Bausektors waren für diese Entscheidung die abweichenden Zielvariablen sowie die Tatsache ausschlaggebend, daß sich für die branchenspezifischen Analysen und Prognosen zu diesem Bereich ein besonderer Adressatenkreis in Politik und Behörden sowie in Unternehmen und Verbänden herausgebildet hatte, dem ein direkter Ansprechpartner im ifo Institut gegenübergestellt werden sollte. Nachdem die Regionalforschung als eigenständige Forschungseinheit bereits 1967 wieder aufgelöst worden war, erfolgte 1989 mit der breiteren Wiederaufnahme dieser Aktivitäten die Umbenennung der seit 1979 und auch weiterhin von V. Rußig geleiteten Abteilung in "Bau-, Raum- und Wohnungswirtschaft". Mit dieser Ansiedlung wurde der Tatsache Rechnung getragen, daß insbesondere die Bau- und Immobilienmärkte eine räumliche Differenzierung bedingen und hier auf laufende Vorarbeiten und Projekte zurückgegriffen, also "Geburtshilfe" geleistet werden konnte. 1994 wurde die Regional- und Stadtökonomie eine selbständige Forschungsgruppe.

Besonderheiten und Abgrenzung der Bau- und Wohnungswirtschaft Natürlich versucht jede Branche und selbst jeder noch so kleine Wirtschaftszweig (und wohl auch die jeweiligen Pendents in Regierungen, Behörden und 1 Vgl. hierzu und zu den folgenden Ausführungen W. Marquardt Jahre Wirtschaftsforschung im Ifo-Institut 1949 - 1979, München.

13 ifo Studien 1999

(Hrsg.) (1979), Dreißig

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Volker Rußig

Dachverbänden, vielleicht aber auch in Wirtschaftsforschungsinstituten), über ihre Spezifika das besondere Augenmerk auf sich zu lenken. Bereits wenn man bei den Produktionsvoraussetzungen und -bedingungen des Baugewerbes ansetzt, noch deutlicher aber, wenn man auf die kompletten Bauwerke (Errichtung und Erhaltung von Gebäuden und Tiefbauten) als dem "Output" des dann wesentlich breiter abzugrenzen Bausektors sowie auf deren lange Nutzungsphase abstellt, stößt man auf eine ganze Reihe von (teilweise verflochtenen) Besonderheiten. Diese Spezifika der Bauproduktion sowie der Wohnungs- bzw. Immobilienmärkte können hier nur in einer knappen Übersicht angesprochen werden:2 •

Dominanz von Einzelfertigung hochkomplexer Produkte mit großen Koordinationsproblemen; wenig Serienfertigung und kaum Produktion auf Lager.



Starke Abhängigkeit von Vorgaben der Bauherren/Planer und daher enge Auftraggeberbindung (private Haushalte und Unternehmen sowie Staat) mit erschwertem Risikoausgleich.



Handwerklich-technische Prägung mit einer Vielzahl vom Inhaber geführter, unterschiedlich flexibler Kleinbetriebe.



"Selbstdefinition" des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes als Bereitstellungsgewerbe mit hohen Kosten für die Vorhaltung von Produktionskapazitäten und (vermeintlich) geringem Spielraum für marktorientierte Eigenaktivitäten.



Bildung von Bieter- und Arbeitsgemeinschaften zur Intensivierung des Wettbewerbs, aber mit Anreizen zu Preisabsprachen, auch wegen der vielfach niedrigen Markteintrittsschwelle (Eigenheimbau, Altbauerneuerung).



Unattraktive Arbeitsplätze infolge hoher physischer Belastung, direkter Witterungseinflüsse und (deshalb) gravierender Gesundheitsrisiken.



Häufig wechselnde und vielfältige Produktionsstandorte (Baustellen), dadurch beträchtliche Transportkostenempfindlichkeit, die zu Logistikproblemen und zur Herausbildung regionaler oder sogar lokaler Märkte beiträgt (geringe Absatzreichweiten).



Regionale Teilmärkte auch infolge der Immobilität der Bauwerke sowie vielfach der Nutzer von Wohn- und Nichtwohngebäuden.



Größe und Langlebigkeit von Bauwerken bedingen Gewährleistungsrisiken und hohe Kapitalbindung und damit große Zinsempfindlichkeit.

2 Vgl. ausführlicher hierzu z.B. V. Rußig, S. Deutsch und A. Spillner et al. mit einem Beitrag von W. Poppy (1996), Branchenbild Bauwirtschaft - Entwicklung und Lage des Baugewerbes sowie Einflußgrößen und Perspektiven der Bautätigkeit in Deutschland; Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 141, Berlin, München; vgl. auch V. Rußig, P. Dullinger, H. Menkhoff und H. Russ (1994), Unternehmensberatung in der mittelständischen Bauwirtschaft, Eschborn (RG-Bau im RKW).

aforschung •

191

Großes Gewicht der Staatsaufträge und hohe Regulierungsdichte (zum Verbraucherschutz und infolge politischer Zielvorgaben) mit häufigen Korrekturen bei Wohnungs-, Städtebau- und Umweltpolitik führen zu Unstetigkeit und permanentem Anpassungsdruck.

Diese beachtlich lange (aber noch erweiterbare) Liste der bei der Erbringung von Leistungen für die Neuerrichtung sowie die Erhaltung und Modernisierung und bei der Nutzung von Bauwerken auftretenden Besonderheiten macht deutlich: Es bedarf einer intensiven Beschäftigung mit sämtlichen Akteuren und Leistungen des Bausektors, wenn man die Zusammenhänge und Entwicklungen verstehen und - auf dieser Grundlage - verläßliche Prognosen erstellen und fundierte Empfehlungen abgeben will. Ein Aspekt verdient dabei noch eine besondere Hervorhebung: •

Überragende Bedeutung der Bauwerksbestände (vorhandene Infrastruktureinrichtungen, Produktionsanlagen und Dienstleistungsgebäude sowie speziell Wohngebäude).

Wohl für keinen anderen Wirtschaftszweig haben die aus den vorangegangenen (bei Bauwerken besonders weit zurückreichenden) Produktionsperioden noch vorhandenen (kumulierten) Bestände ein so hohes Gewicht wie im Bausektor; zur Wohnungsversorgung tragen die jährlichen Neuzugänge z.B. nur rund 1 bis 2% bei; 98 bis 99% entfallen auf den Wohnungsbestand. Nur wenn man die vielfältigen Zusammenhänge und Wechselbeziehungen zwischen dem baulichen Kapitalstock, den Nutzungen und Nutzungswechseln sowie der laufenden Bauproduktion bzw. den (Brutto-)Zugängen im Auge behält, läßt sich ein zutreffendes Bild des Bausektors und der Wohnungswirtschaft gewinnen. Dabei sollte stets auf die kompletten Bauwerke mit sämtlichen bei ihrer Errichtung und zu ihrer Erhaltung erbrachten Leistungen aller Wirtschaftszweige abgestellt werden. Abweichend von den gängigen Branchenabgrenzungen im produzierenden bzw. verarbeitenden Gewerbe oder auch für einzelne Dienstleistungsbereiche wurde deshalb für das Arbeitsgebiet der Abteilung Bau- und Wohnungswirtschaft des ifo Instituts ein wesentlich breiterer Ansatz zugrundegelegt: Die Bau- und Wohnungswirtschaft umfaßt danach den Teilbereich der Volkswirtschaft, der sich mit der Errichtung, Erhaltung und Nutzung von Bauwerken sowie mit der Anpassung und Veränderung dieser Bauwerksbestände durch Bautätigkeit beschäftigt. Bei den Immobilienbeständen interessieren nach dieser Abgrenzung sowohl die Anzahl, also das Niveau und dessen Entwicklung, als auch dessen Struktur, aufgegliedert nach Bauwerksarten (Wohn- und Nichtwohngebäude sowie Tiefbauten) sowie nach Eigentümern und Lage. Die Nutzung der vorhandenen Bauwerke, speziell der Wohngebäude, wird nach funktionaler oder institutioneller Untergliederung betrachtet. Bestandsanpassungen können sowohl durch Nutzungswechsel als auch durch physische Veränderungen (bauliche Be-

1

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Volker Rußig

standsmaßnahmen, Bauinvestitionen bzw. Bauvolumen, Fertigstellungen, Abrisse und Rückbau) erfolgen. Bei der Bautätigkeit richtet sich das Augenmerk sowohl auf die Leistungserstellung mit dem dazu benötigten Faktoreinsatz und auf das Produktionsergebnis sämtlicher beteiligter Unternehmen in den verschiedensten Wirtschaftszweigen, als auch auf deren letzte Verwendung, das heißt auf die von den Nachfragern getätigten Bauinvestitionen oder das etwas weiter gefaßte Bauvolumen und die Fertigstellungen von (neuen) Wohn- und Nichtwohngebäuden und Tiefbauten. Damit umfaßt das Aufgabengebiet der Forschungseinheit "Bau- und Wohnungswirtschaft" nicht so sehr eine einzelne Branche oder einen Wirtschaftszweig, vielmehr wird ein großes und komplexes Teilsystem der Volkswirtschaft betrachtet. Dieses "Subsystem" enthält bei weitem noch nicht die gesamte "Baukette", weil z.B. die Produzenten von Baumaterialien, -geräten, Fahrzeugen und -maschinen, aber auch die Baufinanzierer ausgeklammert bleiben; es setzt aber breiter an als die üblicherweise auf der Verwendungsseite der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen verwendete Differenzierung nach Teilaggregaten, hier also den Bauinvestitionen nach den Sparten Wohnungs-, Wirtschafts- und öffentlicher Bau, indem es auch die Bauwerksbestände, speziell den Wohnungsbestand, einbezieht.

Arbeitsschwerpunkte und Output der Bau- und Wohnungsforschung im ifo Institut Diese aus sachlogischen Gründen bewußt weit gefaßte Abgrenzung ergab ein breites Tätigkeitsgebiet, dem sich die Bau- und Wohnungsforschung im ifo Institut mit unterschiedlicher Intensität und mit wechselnden Akzentsetzungen und Arbeitsschwerpunkten zu widmen hatte. Im Vordergrund standen aber stets - entsprechend der Schwerpunktsetzung für das ganze ifo Institut - differenzierte Analysen und Prognosen der Baukonjunktur in Deutschland und Europa sowie die Erarbeitung und Auswertung der Konjunkturindikatoren aus den ifo eigenen Erhebungen. Seit Aufnahme des "ifo Konjunkturtests für das Bauhauptgewerbe" (monatlich seit 1956) und der "ifo Architektenumfrage" (quartalsweise seit 1979) wurden hierzu für das Gesamtgebiet und für einzelne Bundesländer rund 1000 Testberichte verfaßt; hinzu kamen - speziell nach der Ausgliederung in eine eigenständige Abteilung neben vielen externen Berichten und Referaten an die 100 detaillierte Analysen der Baukonjunktur in der "ifo Wirtschaftskonjunktur" sowie zu Spezialaspekten im "ifo Schnelldienst" und als kürzere Beiträge zu den Gemeinschaftsdiagnosen und zu den ifo Analysen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Nimmt man die laufende Beobachtung der Wohnungsmärkte und die Kommentierung der Wohnungspolitik hinzu, so entfiel rund ein Drittel der - über die Jahrzehnte hinweg weitgehend konstanten - Personalkapazität der Abteilung Bau- und Wohnungswirtschaft auf diese institutionell geförderten Daueraufga-

auforschung

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ben. Die restlichen zwei Drittel wurden für die übrigen Aufgabenstellungen verwendet (vgl. unten). Dabei war es stets in hohem Maße gelungen, bei der Akquisition von Auftragsprojekten ganz nahe an den Themenschwerpunkten dran zu bleiben, so daß sich große Synergieeffekte ergaben. Wichtige Grundlagen und Impulse für die Erfüllung der Daueraufgaben (Datenbasis, Methoden und Modelle, Wirkungsanalysen) wurden häufig in Auftrags- bzw. Drittmittelprojekten (z.B. "ifo Bauvorausschätzung"; Wohnungsnachfrageprognosemodell) erarbeitet. Auch die Ergebnisse der Drittmittelforschung wurden regelmäßig (zumindest auszugsweise) veröffentlicht und damit einem breiteren Adressatenkreis zugänglich gemacht. Hieraus resultierten rund 50 umfangreichere Monographien und Forschungsberichte sowie an die 200 Aufsätze und Kommentare in den ifo Zeitschriften, aber auch in externen Publikationen.

Überblick über die ifo Bauforschungsaktivitäten anhand ausgewählter Themen und Ergebnisse Die Abteilung Bau- und Wohnungswirtschaft hatte also ein breites Aufgabengebiet abgesteckt bzw. im Laufe der Jahre entwickelt, das aber dem großen Gewicht dieses "Teilsystems der Volkswirtschaft" (nur unzureichend abzulesen etwa am VGR-Anteil der Bauinvestitionen: rund 15%, allerdings mit klar fallender Tendenz) und seinen vielfältigen Querbeziehungen zu anderen Bereichen und Sektoren entsprach.3 Das Themenfeld wurde schon im Geschäftsverteilungsplan vom 1. 5. 1949 explizit erwähnt und ab 1950 als eigenständiges Referat der Branchenforschung bzw. der Industrieabteilung geführt. 4

Konjunkturelle Schwankungen und längerfristige Perspektiven der Bautätigkeit

Die daten- und indikatorengestützte Beobachtung sowie Analysen und Prognosen der zeitlichen Entwicklung der inländischen Bautätigkeit als Teil des gesamtwirtschaftlichen Wachstumsprozesses5 gehören - wie erwähnt - zu den Kernaktivitäten der Bau- und Wohnungsforschung des ifo Instituts. Faßt man die "institutionellen"" Daueraufgaben und die über Drittmittel finanzierten laufenden Aktivitäten und Einzeluntersuchungen zusammen, so dürften diesem

3 Bereits 1958 veröffentlichte das ifo Institut eine Untersuchung "Die konjunkturelle Schlüsselstellung der Bauwirtschaft", in der auf die engen Wechselbeziehungen und - wie man wohl heute sagen würde - die großen "spill over-Effekte" der Bautätigkeit hingewiesen wurde. Vgl. W. Marquardt (Hrsg.) (1979), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im IfoInstitut 1949 - 1979, München, S. 113. 4 Ebd. S. 144 f. 5 Vgl. z.B. O. Aule (1980), Bauinvestitionen und Wirtschaftswachstum - Wechselseitige Beziehungen zwischen Bauinvestitionen und volkswirtschaftlichem Wachstum in zeitlicher Entwicklung und im internationalen Vergleich; als Ms., München.

194

Volker Rußig

Arbeitsschwerpunkt im langjährigen Durchschnitt mehr als die Hälfte der Ressourcen dieser Forschungseinheit zuzurechnen sein. Bei den in zeitlicher Hinsicht umfassender und bei den sachlichen und räumlichen Aspekten differenzierter als ifo üblich angelegten Ansätzen standen auftragsgemäß Praxisbezug und Anwendungsorientierung im Vordergrund. Die "dreifach-integrative" Zielsetzung, nämlich -

mit Vertretern der Praxis abgestimmte und für Planungszwecke verwertbare Prognosen mit angemessener methodischer Fundierung und insbesondere mit hoher Eintreffenswahrscheinlichkeit,

-

der Zusammenschau von kurz- und mittelfristigen Konjunkturprognosen und längerfristigen Entwicklungstendenzen (Trendschätzungen) der Bautätigkeit,

-

sowohl für die stark disaggregierten Wertgrößen (Bauinvestitionen, Bauvolumen) als auch für die Mengenvariablen (Fertigstellungen im Wohnund Nichtwohnbau; Wohnungsbestände),

fand ihren sichtbaren Niederschlag insbesondere in der im September 1963 erstmals vorgelegten multi client-Studie •

ifo Bauvorausschätzung für (West-)Deutschland,

von der es seitdem jährliche Aktualisierungen und Erweiterungen, bis 1998 also 35 (Folge-)Ausgaben gegeben hat.6 Der im Rahmen der Beschäftigung mit den (west-)deutschen Teilaggregaten vertieften Erkenntnis über die Bedeutung der räumlichen Differenzierung für sämtliche Bauvariablen Rechnung tragend, kam 1988 als Supplement die (heute so genannte) •

ifo Bauvorausschätzung/Regionen in Westdeutschland

hinzu. Auch diese Teilstudie wurde seitdem jährlich aktualisiert sowie methodisch verbessert und inhaltlich erweitert, so daß 1998 bereits die zehnte Folgeausgabe vorgelegt werden konnte.7 Nach der Wiedervereinigung Deutschlands stellte sich die Aufgabe, auch die Bauleistungs- und Immobilienmärkte der neuen Länder möglichst schnell und ohne unnötig große Substanzverluste in den Gesamtmarkt einzubeziehen8 und hierfür - trotz gravierender Probleme infolge des "Strukturbruchs" und bei der 6 Letzte Ausgabe: T. Görhely und V. Rußig sowie Κ Behring, P. Dullinger, H.-D. Karl und F. Söffner (1999), ifo Bauvorausschätzung/Westdeutschland, Datenband und Textband, Ausgabe 1998 - 2008, München (nicht veröffentlicht). 7 Vgl. T. Görhely und V. Rußig sowie P. Dullinger, T. von Roncador und A Spillner (1998), ifo Bauvorausschätzung/Regionen in Westdeutschland, Datenband und Textband, Ausgabe 1998 - 2001, München (nicht veröffentlicht). 8 Vgl. hierzu ζ. Β. V. Rußig, S. Deutsch und A. Spillner (1997), Bauwirtschaft (in Ostdeutschland): Die Lokomotive zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen, in: Κ Η. Oppenländer (Hrsg.), Wiedervereinigung nach sechs Jahren: Erfolge, Defizite, Zukunftsperspektiven im Transformationsprozeß, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 144; Berlin, München.

auforschung

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Datenbasis - rasch brauchbare Informationen und Abschätzungen bereitzustellen. Diesem Bedarf versuchte das ifo Institut, mit der SpezialStudie •

Entwicklung der Baumärkte in den neuen Ländern

Rechnung zu tragen. Nach der bereits 1993 vorgelegten Erstausgabe wurden seitdem jährliche Aktualisierungen erstellt.9 Hier stellt sich jetzt die Aufgabe, die bislang getrennten und teilweise auf unterschiedlichen Basisdaten und Methoden aufbauenden Teilstudien zu einer gesamtdeutschen "ifo Bauvorausschätzung" mit einheitlicher regionaler Differenzierung zusammenzuführen. Dem persönlichen Erfahrungsaustausch innerhalb der im Laufe der Jahre stark angewachsenen "Bauvorausschätzungs-Gemeinde" diente insbesondere eine Jahrestagung, die 1999 als •

32. ifo Baugespräch

durchgeführt werden konnte. Fachkundige und prominente Gastreferenten (darunter zwei Bundesbauminister, diverse Staatssekretäre und ein Landeszentralbankpräsident) trugen zur Verbreiterung der Informationsbasis und zu neuen Erkenntnissen bei. Dem Gedankenaustauch im engeren Expertenkreis ist der •

Arbeitskreis Bau- und Wohnungsprognostik

vorbehalten, in dem sich seit 1980 zweimal jährlich unter der Leitung des ifo Instituts etwa 20 bis 25 Kolleginnen und Kollegen aus einschlägig tätigen Forschungs- und Beratungsinstituten sowie aus Unternehmen, Verbänden und Behörden zusammenfinden. Auch in diesen intensiven Fachgesprächen bestätigte sich immer wieder, daß es für einen gewichtigen Teil der Bautätigkeit, nämlich die •

Baumaßnahmen im Bestand an Gebäuden und Tiefbauten

nur höchst unzureichende Daten und Informationen gibt. Zwar konnte das ifo Institut mit zwei SpezialStudien wesentliche Beiträge zum Schließen dieser Lücke leisten,10 es bleibt aber noch eine Fülle ungelöster Probleme, insbesondere bezüglich regelmäßiger und differenzierter Erhebungen und Indikatoren.

9 Aktuelle Ausgabe: E. Gluch (1998), Entwicklung der Baumärkte in den neuen Ländern bis 2002/2008, München (nicht veröffentlicht). 10 Vgl. E. Gluch und V. Rußig mit einem Beitrag von F. Söffner (1986), Altbauerneuerung im Wirtschaftsbau, ifo Studien zur Bauwirtschaft, Band 12, München und T. Görhely, V. Rußig und F. Söffner unter Mitarbeit von E. Gluch und H. Hofmann (1987), Altbauerneuerung im öffentlichen Hochbau - Umfang, Entwicklung und Struktur; Schriftenreihe 04 "Bau- und Wohnforschung" des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Heft Nr. 04.118, Bonn.

196

Volker Rußig Schätzungen zur Höhe der Bauwerksbestände und des Baubedarfs

Wichtige Grundlage für differenzierte Analysen und Prognosen der Altbauerneuerung (als - wenig präzisem - Sammelbegriff für sämtliche Baumaßnahmen im und am Bestand an Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie in Tiefbauten) sind umfassende und aktuelle Kenntnisse über die Bauwerksbestände mit starker sachlicher und altersmäßiger Untergliederung. Gerade hier klaffen aber ebenfalls gravierende Datenlücken: Der Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen wird zwar in regelmäßigen, wenn auch (zu) großen Abständen von der amtlichen Statistik (Totalerhebungen und Stichproben) erfaßt und nachgewiesen. Bei der Fortschreibung des Wohnungsbestandes treten allerdings "störende" Untererfassungen der Abgänge auf, so daß schon seit vielen Jahren •

ifo Schätzungen des Bestandes an Wohnungen und Wohngebäuden

durchgeführt werden.11 Der letzte verläßliche Datenabgleich anhand der Gebäude- und Wohnungszählung 1987 zeigte, daß die vom ifo Institut vorgenommenen Korrekturen nach unten zwar etwas zu kräftig waren, die tatsächliche Entwicklung des Wohnungsbestandes aber wesentlich zutreffender widerspiegelten als die amtliche Fortschreibung. Demgegenüber liegen für den Bestand an Nichtwohngebäuden und Tiefbauten weder von der amtlichen Statistik noch aus anderen Quellen umfassende und differenzierte Daten vor. Erst in jüngster Zeit konnte das ifo Institut durch seine Mitarbeit an der Gemeinschaftsstudie 12 •

EUROPARC - Der Gebäudebestand in Europa/Deutschland

einen wichtigen, gleichwohl noch ergänzungsbedürftigen Beitrag zum Schließen dieser gravierenden Datenlücke leisten. Die mit der dabei angewandten Methode (Kumulierung der jährlichen Bruttozugänge aus langen Zeitreihen der Bautätigkeit sowie - Schätzungen - der Abgänge nach Gebäudearten und Baualter) erzielten Ergebnisse lassen erwarten, daß mit (einem allerdings beträchtlichen) Zusatzaufwand nicht nur besser abgesicherte Gesamtzahlen, sondern auch Werte für Teilgebiete (z.B. Bundesländer) ermittelt werden könnten. Auch differenzierte Aussagen zur Höhe und Zusammensetzung des zukünftigen Bedarfs an Bauwerken bzw. Bauwerksnutzungen benötigen zu ihrer Fundierung adäquate Daten zum Bauwerksbestand. Die immer wieder hochschwappende These von der (angeblichen) "Sättigung des Baubedarfs" wurde in zwei ifo Studien zum •

Baubedarf in Westdeutschland und in den neuen Ländern

11 Vgl. ζ. Β. T. Görhely und V. Rußig (1994), Wohnungsversorgung bis 2000: Nur langsamer Abbau des Defizits, ifo Schnelldienst 47 (9), 9-15. 12 Vgl. BIPE (Frankreich; Hrsg.) sowie ifo Institut (Deutschland), CFR (Großbritannien), CRESME (Italien) und ITEC (Spanien), EUROPARC - Der Gebäudebestand in Europa (5 große westeuropäische Länder), Gemeinschaftsstudie, Paris 1998 und München 1999 (deutschsprachige Ausgabe; nicht veröffentlicht).

auforschung

197

eindrucksvoll widerlegt.13 Gerade in der Gegenüberstellung mit den ζ. B. in der "ifo Bauvorausschätzung" angestrebten Aussagen zur erwarteten Entwicklung der "realisierten" Bauleistung muß derartigen Aussagen zum Baubedarf stets mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnet werden;14 der begrenzte Aussagegehalt muß stark hervorgehoben werden. Immerhin hätte aber ein Blick auf die ifo Schätzungen zum Wohnungsbestand und zum zukünftigen Bedarf an Wohnraum Mitte der 80er Jahre verhindern können, daß auch von der Wohnungspolitik mit der Aussage zu den angeblich "global ausgeglichenen Wohnungsmärkten" falsche Signale an die Marktteilnehmer, speziell an potentielle Investoren, ausgesandt wurden.

Europäische und internationale Aspekte des Bauens

Bedingt durch die Besonderheiten der Bauleistungs- und Immobilienmärkte handelt es sich beim Bausektor um ein stark binnenorientiertes Teilsystem von Volkswirtschaften. Insbesondere die Leistungserstellung im Baugewerbe erfolgt traditionell unter einer Art "Schutzglocke", die allerdings zunehmend löchriger geworden ist und wird. Auf den Märkten für Baumaterialien, -geräte, -maschinen und -fahrzeuge war die Export- und Importintensität demgegenüber schon immer wesentlich höher, und sie ist weiter im Steigen begriffen. Den europäischen Aspekten des Bauens und Wohnens hat sich das ifo Institut schon zu einer Zeit zugewandt, als das Zusammenwachsen Europas zu einem Binnenmarkt allenfalls als Vision am Horizont zu erkennen war. Als Gründungsmitglied des bereits Mitte der siebziger Jahre gegründeten Netzwerkes •

EUROCONSTRUCT - Europäische Studiengemeinschaft für Bauforschung und Bauprognosen

und seitdem als für Deutschland zuständiges Mitgliedsinstitut hat das ifo Institut maßgeblich zur Vereinheitlichung von Datenbasis und Methodik für Analysen und Prognosen der Bautätigkeit in West- und seit einigen Jahren auch in Ostmitteleuropa beigetragen. Dies geschieht in Form von zweimal jährlich an wechselnden Orten stattfindenden Konferenzen 15 mit umfangreichen Tagungsbänden sowie in einer alle zwei Jahre aktualisierten SpezialStudie "European 13 Vgl. K. Behring, U. Adler, E. Gluch, H.-D. Karl, J. Niklas, P. Rammner, W. Seuffert und F. Söffner (1989), Baubedarf - Perspektiven bis 2000, ifo Studien zur Bauwirtschaft, Band 14, München und E. Gluch, U. Adler, K. Behring, W. Haase, W. Hahn, H.-D. Karl, P. Rammner, V. Rußig et al. (1992), Baubedarf in den neuen Bundesländern bis 2005, ifo Studien zur Bauwirtschaft, Nr. 18, München. 14 Diese Berechnungen und Schätzungen des ifo Instituts hatten einen frühen Vorläufer: Bereits 1959 wurde im Rahmen und mit den Methoden der langfristigen Vorausschätzungen der bis 1968 zu erwartende Wohnungsfehlbedarf ermittelt. Vgl. W. Marquardt (Hrsg.) (1979), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im IFO-Institut 1949 - 1979, München, S. 101. 15 Die 47. EUROCONSTRUCT-Konferenz hat vom 10. bis 12. Juni 1999 in Prag stattgefunden.

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Volker Rußig

Construction to 2002" (letzte Ausgabe; mittelfristige Projektionen). Zu Einzelthemen werden außerdem gemeinsame Gutachten erstellt und/oder Beiträge zu Deutschland verfaßt. In diesen Rahmen gehört auch die oben bereits angesprochene Gemeinschaftsstudie "EUROPARC" der Partnerinstitute in den fünf großen westeuropäischen Ländern. Den Ursachen für das nur zögerliche Zusammenwachsen der nationalen Bauleistungsmärkte in Europa war in einer 1983 fertiggestellten Studie zur •

Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der Europäischen Gemeinschaft

im Auftrag der EG-Kommission nachgegangen worden.16 Außer Sprachbarrieren und den unterschiedlichen Bau- und Vergabevorschriften wurden die kleinbetriebliche Struktur und die geringe Flexibilität der stark im Handwerk verwurzelten Bauunternehmer als wichtige Hemmfaktoren identifiziert. Auf der Grundlage der EUROCONSTRUCT-Daten, aber unter zusätzlichem Rückgriff auf amtliche und sonstige Quellen wurden unlängst die •

gewerblichen Bauinvestitionen in ausgewählten EU-Staaten

unter die Lupe genommen.17 Dabei ging es insbesondere um die Darstellung von deren unterschiedlicher Volatilität und damit der Risikoanfälligkeit von Krediten, die für die Baufinanzierer wegen der davon abhängenden Unterlegung mit Eigenkapital von direkter Relevanz ist. Der zunehmenden Internationalisierung der Bautätigkeit wurde bereits Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre in einer breit angelegten Studie zur •

Entwicklung und Perspektiven des deutschen Auslandsbaus

nachgegangen.18 Als Folge der ölpreiskrisen hat sich die darin geäußerte Erwartung einer rasch weiter ansteigenden Auslandsbautätigkeit deutscher (Groß-)Unternehmen allerdings nicht bestätigt. Inzwischen hat das zunächst vor allem in Nahost stark eingebrochene Auftragsvolumen zwar wieder Anschluß an die seinerzeit erreichten Werte gefunden, es haben sich aber andere Formen der Zusammenarbeit (Tochtergesellschaften; Kooperationen) gegenüber dem Direktgeschäft stärker in den Vordergrund geschoben.

16 Vgl. F. Söffner (1984), Die Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der EG, ifo Studien zur Bauwirtschaft, Band 8; München (auch in englischer und französischer Sprache). 17 Vgl. E. Gluch u.M.v. V. Rußig (1997), Gewerbliche Bauinvestitionen in ausgewählten EU-Staaten - Entwicklung und Strukturen seit 1980, Schriftenreihe des Verbandes deutscher Hypothekenbanken, Frankfurt am Main. 18 Vgl. K. Behring, E. Gluch und V. Rußig (1982), Entwicklungstendenzen im deutschen Auslandsbau, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 110, Berlin, München.

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Modellgestützte Wohnungsmarktanalysen und -Simulationen

Die Diskussionen über Lage und Entwicklungen auf den deutschen Wohnungsmärkten waren lange Zeit geprägt von Abschätzungen des Wohnungsbedarfs. Dieser (zu) engen Betrachtungsweise sollten Ansätze gegenübergestellt werden, die ökonomische Variable (Einkommen, Preise usw.) explizit einbeziehen. In einem ersten Schritt geschah dies in einer 1977 abgeschlossenen ifo Untersuchung zur •

Wohnungsnachfrage und -prognose im Raum Düsseldorf,

für die Basisdaten aus einer repräsentativen Befragung von 10.000 Haushalten sowie bei Wohnungsanbietern beschafft wurden. Das hierfür entwickelte Simulationsmodell wurde in den Folgejahren für das damalige Bundesgebiet weiter ausgebaut und - mit Unterstützung US-amerikanischer und deutscher Experten, speziell: A. Börsch-Supan, D. McFadden, K. Stahl und R. Struyk - verfeinert. Als Ergebnis aufwendiger Modellierungs- und Schätzarbeiten entstand mit Fördergeldern des Bundesbauministeriums schließlich das •

ifo Wohnungsnachfrageprognosemodell,

das mit den Daten der 1vH-Wohnungsstichprobe 1978 kallibriert und für eine Vorausschätzung bis 1995 eingesetzt wurde.19 Für die modellhafte Abbildung der Wohnungsnachfrage wurden mittels eines (auf die Wohnungsmärkte in Deutschland erstmals angewandten) "discrete-choice-Ansatzes" hoch differenzierte Verhaltensfunktionen simultan geschätzt. Die Ergebnisse zeigten u.a. eine bis 1995 zunehmende Nachfrage nach größeren Wohnungen sowie eine nur langsam steigende Wohneigentumsquote. Dieser der Grundlagenforschung zuzurechnenden, gleichwohl in hohem Maße über Drittmittel finanzierten Entwicklung eines hochkomplexen Modells der Nachfrageseite sollte noch ein Angebotsmodell zur Seite gestellt und beides dann zu einem Wohnungsmarktmodell zusammengefaßt werden. Die hierfür benötigten Forschungsmittel standen leider nicht zur Verfügung. Aber mit dem verfügbaren Instrumentarium konnte eine ganze Rolle von Simulationsrechnungen und Evaluierungen durchgeführt werden,20 deren Ergebnisse auch in die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen wurden.

19 Vgl. K. Behring, A. Börsch-Supan und G. Goldrian (1988), Wohnungsnachfrageprognose 1995 - Analyse und Prognose der Nachfrage nach Miet- und Eigentümerwohnungen; Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 121; Berlin, München. 20 Vgl. ζ. Β. K. Behring und G. Goldrian u.M.v. H. Blau (1991), Evaluierung wohnungspolitischer Instrumente - Aktuelle Probleme des Wohnungsmarktes und Ansatzpunkte für wohnungspolitische Initiativen, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 129; Berlin, München und K. Behring und H.-D. Karl u.M.v. P. Dullinger, G. Goldrian und W. Nierhaus (1994), Wirkungen einer CO?-Minderungspolitik auf die Wohnungsversorgung, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 136, Berlin, München.

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Volker Rußig

Dem (im Berichtszeitraum mehrfachen) Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik folgend, standen seit dem Regierungswechsel Anfang der achtziger Jahre Fragen nach den •

Auswirkungen einer Liberalisierung der Mietwohnungsmärkte

im Vordergrund des Interesses. Ausgehend von den unterschiedlichen Bedingungen in den bayerischen Ballungsgebieten München und Nürnberg konnte gezeigt werden, daß nach einer (hypothetischen) Total-Liberalisierung der Mietwohnungsmärkte mit heftigen, sich länger hinziehenden Anpassungsreaktionen und dabei mit - zumindest zeitweilig - stark steigenden Mieten und unerwünschten Verteilungswirkungen zu rechnen gewesen wäre. 21 In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Wohnungsmarktforschung des ifo Instituts - den erneuten Akzentverlagerungen in der Wohnungspolitik folgend - auf differenzierte, an der Vergabepraxis anknüpfende •

Analysen der Instrumente des sozialen Wohnungsbaus

verlagert. 22 Außerdem wurden Spezialprobleme mit dem Ziel aufgegriffen, die Finanzierungsstruktur des Wohnungsneubaus und die relevanten gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge transparenter zu machen.23

Strukturanpassungen auf den Bauleistungs- und Immobilienmärkten

Die zeitliche Entwicklung der Bautätigkeit, insbesondere das zyklische Auf und Ab, standen zwar stets im Zentrum des Interesses und bedingten, daß die hierfür in hohem Maße bestimmenden nachfrageseitigen Einflußfaktoren wesentlich intensiver durchleuchtet wurden. Von Anfang an hat das ifo Institut aber auch der Angebotsseite der Bauleistungsmärkte große Aufmerksamkeit gewidmet.24 Dies hat sich insbesondere in zwei zeitlich weit auseinanderliegenden, jeweils stark beachteten und häufig zitierten •

Strukturuntersuchungen zum deutschen Baugewerbe

21 Vgl. Κ Behring und V. Rußig u.M.v. O. Hatzold und H. Hofmann (1986), Auswirkungen einer Liberalisierung der Mietwohnungsmärkte in den Regionen München und Nürnberg, ifo Studien zur Bauwirtschaft, Nr. 9, München. 22 Vgl. speziell Κ Behring, J. Kirchner und R. Ulbrich u.M.v. R. Guder und A Spillner (1998), Förderpraxis des sozialen Wohnungsbaus - Untersuchung der praktizierten Förderung und Analyse ihrer Effizienz, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 145, Berlin, München. 23 Vgl. Κ Behring und G. Goldrian u.M.v. A. Spillner (1998), Bausparen im gesamtwirtschaftlichen Kontext - Volkswirtschaftliche Einflüsse auf das Bausparen, ifo Studien zur Bau- und Wohnungswirtschaft, Nr. 20, München. 24 Ζ. B. bereits 1967 im Rahmen der eingehenden Beschäftigung mit Problemen des Winterbaus. Vgl. W. Marquardt (Hrsg.) (1979), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im IFO-Institut, 1949 - 1979, München, S. 145.

auforschung

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niedergeschlagen.25 Die in den letzten Jahren infolge von Grenzöffnungen und Markterweiterungen in Europa sowie wegen der Notwendigkeit, den ostdeutschen Bausektor zu integrieren, 26 deutlich erhöhte Strukturdynamik hat zu einem Ansteigen der Nachfrage nach angebotsseitigen Analysen geführt. Neben übergeordneten Entwicklungen (Europäisierung der Baumärkte; Paradigmenwechsel beim Staat: Privatisierung und Budgetkürzungen) müssen in solchen Untersuchungen stets sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite, und dies sowohl für die Bestands- bzw. Immobilien- als auch für die Bauleistungsmärkte, in ihren Zusammenhängen und Abhängigkeiten betrachtet werden. Dies schließt keineswegs aus, daß vor diesem Hintergrund erstellte Spezialuntersuchungen, etwa •

zu den Bauarbeitsmärkten und zur Unternehmensberatung im Bausektor,

wichtige Einsichten und auch für die Unternehmen und ihre Verbände sowie für die Wirtschaftspolitik direkt relevante Aussagen liefern. 27 Dieser Effekt kann häufig noch verstärkt werden, wenn erfahrene Bauforscher aus unterschiedlichen Fachgebieten zusammenarbeiten. Bei der 1996/97 erstellten Basisstudie •

FuE-Bedarfsanalyse Bauforschung und -technik

war ein interdisziplinärer Ansatz ohnehin gefordert und allein der Aufgabenstellung angemessen.28 Die in dieser Studie erarbeiteten Vorschläge bilden jetzt die Grundlage für die Umsetzung eines hoch dotierten Förderprogramms zur Erhöhung der Innovationskraft und der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauwirtschaft. Beides scheint heute und mit Blick auf die rasch fortschreitende Integration der europäischen Bauleistungsmärkte und angesichts der bislang vielfach verfolgten Abwehrstrategien notwendiger denn je. Daher sollte auch das aus vielen Einzelstufen zusammengesetzte Forschungs- und Beratungsprojekt •

Die deutsche Bauwirtschaft in Europa,

25 Vgl. E. Gluch und F. Söffner unter Mitarbeit von H. Linnenbrink und E. Münk (1978), Auswirkungen der Baunachfrage auf die Struktur der bauausführenden Wirtschaft, Schriftenreihe "Bau- und Wohnforschung" des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Heft 04.036, Bonn. V. Rußig, S. Deutsch, A. Spillner et al. mit einem Beitrag von W. Poppy (1996), Branchenbild Bauwirtschaft - Entwicklung und Lage des Baugewerbes sowie Einflußgrößen und Perspektiven der Bautätigkeit in Deutschland, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 141, Berlin, München. 26 In der 1996 publizierten Strukturuntersuchung wurden der Bauwirtschaft der DDR (dies wohl letztmalig in dieser Form) und der neuen Länder jeweils eigene Abschnitte gewidmet. 27 Vgl. A. Spillner und V. Rußig (1996), Bauarbeitsmarkt 2004 - Entwicklung und Prognose von Arbeitskräftebedarf und Arbeitskräfteangebot im deutschen Bauhauptgewerbe bis 2004, ifo Studien zur Bauwirtschaft, Nr. 19, München und V. Rußig, H. Menkhoff, P. Dullinger und H. Russ (1994), Unternehmensberatung in der mittelständischen Bauwirtschaft, Eschborn (RG-Bau im RKW). 28 Vgl. E.W. Marsch, J. Arlt, W. Poppy und V. Rußig (1997), FuE-Bedarfsanalyse Bauforschung und -technik (Schlußbericht zur Basisstudie für das BMBF), als Ms, Eschborn, Magdeburg, Hannover, München.

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Volker Rußig

zu dem auch schon Veröffentlichungen vorgelegt wurden,29 nach Möglichkeit weiter geführt werden. Gerade hierbei können sich das bestehende europäische Bauforschungsnetzwerk und die interdisziplinären Beziehungen des ifo Instituts zu Universitäten sowie Forschungs- und Beratungsinstituten mit ihrem engen Praxisbezug erneut bewähren.

Fünfzig Jahre ifo Bauforschung: Resümee und Ausblick Das fünfzigste Jubiliäum des ifo Instituts ist auch Anlaß, auf ein halbes Jahrhundert Bau- und Wohnungsforschung zurückzublicken. Im Rahmen der ifo Branchenforschung hat sich die Abteilung Bau- und Wohnungswirtschaft bzw. (seit der Reorganisation) das Fachgebiet Bautätigkeit und Immobilien einen herausgehobenen Platz erarbeitet. Die Beiträge zu Entwicklung und Struktur der deutschen sowie - frühzeitig und in steigendem Maße - der europäischen Bauwirtschaft haben in Fachkreisen breite Anerkennung gefunden. Grundausrichtung und Aufgabenstellung führten dazu, daß die primären Adressaten der Analysen und Vorausschätzungen in den Bereichen Politik und Verwaltung sowie in Verbänden und Gewerkschaften angesiedelt waren; auch viele einzelne Unternehmen nutzen die stark auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Zahlentableaus und Berichte als Planungs- und Entscheidungsgrundlagen. Demgegenüber erwies es sich als schwierig, in den Universitäten kontinuierlich Ansprechpartner für die zugleich hochgradig spezialisierte wie breit gefächerten, stets mit hohem Datenaufwand zu bearbeitenden Themen zu finden. Bei vielen Einzelprojekten ist dies aber immer wieder und mit "Profit" für beide Seiten gelungen, eine größereNähe ergab sich jedoch zu Fachhochschulen und Akademien mit ihrer gleichfalls stärkeren Anwendungs- und Praxisorientierung sowie zu ähnlich ausgerichteten Forschungs- und Beratungsinstituten in Deutschland und im übrigen Europa. Wenn in Zukunft eine noch stärkere Konzentration auf europaweite Branchenanalysen und -prognosen erfolgen soll, so kann für den Bausektor auf einem bewährten Netzwerk und auf breit gefächerten Kenntnissen und vielfältigen Kontakten aufgebaut werden. Einen Schwerpunkt werden dabei weiterhin die Arbeiten an einer abgestimmten und aktuellen Datenbasis bilden müssen; die langjährigen Erfahrungen zeigen nämlich, daß gerade auch im Bau- und Immobiliensektor noch immer vielfältige Detailabweichungen die Vergleichbarkeit der Daten gravierend beeinträchtigen können. 29 Vgl. V. Rußig (1998), Arbeitsmarkt, Arbeitsproduktivität und internationale Aspekte der Lohnpolitik im deutschen Bauhauptgewerbe, in: H. Mayrzedt (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen an die deutsche Bauwirtschaft und erfolgsorientiertes Personalmanagement; Wissenschaft und Praxis - Veröffentlichungen der Fachhochschule/Bauakademie Biberach, Band 94, Biberach a.d.R. und V. Rußig (1999), Erhöhte Strukturdynamik im Bau- und Immobiliensektor erfordert neue Strategien für alle Akteure, in: H. Mayrzedt (Hrsg.), Neue Bauaufträge trotz allgemeiner Schwäche der Baunachfrage; Wissenschaft und Praxis - Veröffentlichungen der Fachhochschule/Bauakademie Biberach, Biberach a.d.R.

Agrarforschung Von Rüdiger Meimberg

Seit der Gründung des ifo Instituts sind Agrarwirtschaft und Agrarpolitik Gegenstand der Forschungsaktivitäten des Instituts. Ab 1951 wurden diese in einer selbständigen Abteilung "Landwirtschaft" durchgeführt, die 1984 in Abteilung "Agrarwirtschaft und Agrarpolitik" umbenannt wurde. Im Verlauf der Umstrukturierungsprozesse im ifo Institut in den Jahren 1997 und 1998 wurde die Abteilung als Fachgebiet in den Forschungsbereich "Umwelt- und Ressourcenökonomik" integriert und im Mai 1999 als Fachgebiet aufgegeben. Das Forschungsfeld "Investitionstest Agrar" wird in den Forschungsbereich "Unternehmensbefragung" übergeführt und bildet einen wesentlichen Ausgangspunkt für künftige agrarwirtschaftliche und agrarpolitische Analysen und Kommentare. Die Einstellung der eigenständigen Agrarforschung im ifo Institut bedeutet, daß die Würdigung der im Verlauf von 50 Jahren geleisteten Arbeiten der Abteilung "Agrarwirtschaft und Agrarpolitik" nicht nur einen Rückblick, sondern auch einen Nachruf darstellt. Agrarökonomische Forschung umfaßt ein sehr breites Spektrum, will sie ausführlich und zeitgemäß sein. Ein herausragendes Forschungsfeld stellt die Funktionsfähigkeit der Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse und die Sicherung der Einkommen der in der Landwirtschaft Beschäftigten dar. Die Beobachtung der Agrarmarkt- und -preispolitik, ihre Entwicklungen und ihre ökonomischen Auswirkungen sind daher wesentlicher Bestandteil der Agrarforschung. Gleichrangig daneben steht die Agrarstrukturpolitik. Die Analyse und Gestaltung des landwirtschaftlichen Strukturwandels ist als eigenständige volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe zu verstehen und daher zwangsläufig eine weitere hervorzuhebende Komponente der Agrarforschung. Die große Anzahl der Agrarprodukte mit jeweils besonderen Merkmalen ihrer Märkte einerseits und die erhebliche Unterschiedlichkeit der natürlichen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen in den verschiedenen Regionen andererseits verursachen eine beträchtliche Bandbreite agrarspezifischer Forschungsinhalte. Zusätzlich ist festzuhalten, daß Agrarwirtschaft seit der Etablierung eines einheitlichen europäischen Agrarmarktes in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1962 nur im Kontext mit den anderen EU-Ländern zu beurteilen ist und durch die ständig zunehmenden internationalen Verflechtungen eine globale Dimension hat. Aus diesen Tatbeständen ergibt sich eine Vielfalt von Aufgaben, der sich die Agrarforschung im ifo Institut stellen mußte

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Rüdiger Meimberg

und gestellt hat. Der jeweils aktuelle Beratungsbedarf der Politik, der Verbände und Organisationen, aber auch die Finanzierungsmöglichkeiten, setzten im Zeitablauf unterschiedliche Akzente der Forschungstätigkeit der Agrarabteilung. Die Anfänge der Agrarforschung im ifo Institut waren schwerpunktmäßig davon geprägt, daß die Abteilung Landwirtschaft in den fünfziger Jahren maßgeblich an der Konzeption des heute noch gültigen Landwirtschaftsgesetzes von 1955 und an der Methodik des Agrarberichtes der Bundesregierung mitgewirkt hat. Zum Problem eines damals eingehend diskutierten Paritätsgesetzes wurde das Gutachten "Der Ertrags-/Aufwandsvergleich in der westdeutschen Landwirtschaft" 1954 abgeschlossen. Die sechziger Jahre waren agrarpolitisch von der Schaffung und Ausgestaltung des gemeinsamen Agrarmarktes 1962 gekennzeichnet. Die Auswirkungen der EWG-Agrarpolitik auf die deutsche Landwirtschaft bestimmten daher weitgehend das Forschungsprogramm der Abteilung. Die Probleme der Harmonisierung der Agrarpreise und der bis dahin nationalen Organisation der einzelstaatlichen Agrarmärkte in den EU-Ländern waren Gegenstand mehrerer Studien und Aufsätze. Als Beispiele sind hier zu nennen "Organisation wichtiger Agrarmärkte in Frankreich" (1963), "Aufbau und Tätigkeit der vertikalen Marktverbände in den Niederlanden" (1964) und die "Verwirklichung der Agrarmarktgesetze in Frankreich" (1966). "Die Langfristige Vorausschätzung von Angebot und Nachfrage von Agrarprodukten in der Bundesrepublik Deutschland und in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" (1967 und 1969) war Gegenstand eines umfangreichen Forschungsauftrags des US-Landwirtschaftsministeriums. Gleichzeitig wurden Untersuchungen durchgeführt, die sich mit dem Zustand und der Entwicklung der Agrarstruktur im damaligen EG-Raum befaßten. Hierzu gehörten "Die Kostenstruktur der Landwirtschaft in Frankreich, den Niederlanden und in der Bundesrepublik Deutschland" (1965), "Die Lage der Landwirtschaft in der EWG" (1969) und "Die Betriebsaufgaberenten in Frankreich und den Niederlanden im Rahmen der Agrarstrukturpolitik" (1969). Die Fortsetzung dieser Forschungsfelder führte zunehmend zu Analysen der regionalen Besonderheiten der Landwirtschaft im EG-Raum. Die Studie "Die Landwirtschaft in den Regionen der EG und ihre Verbindung mit anderen Wirtschaftsbereichen" (1971) ist ein Beispiel für dafür. Den Schwerpunkt der Agrarforschung im ifo Institut bildeten in den siebziger Jahren verschiedene Marktstudien. In mehreren Länderberichten wurden die Vermarktungssysteme verschiedener Agrarprodukte in den EG-Mitgliedsstaaten und in den damaligen Beitrittsländern analysiert (1971 und 1973). Im Laufe der siebziger Jahre kristallisierte sich bei den meisten Agrarprodukten die verstärkte Entwicklung von Überschüssen heraus. Ursachen, Ausmaß und Gegenmaßnahmen wurden damals in Politik und Wissenschaft sehr eingehend und kontrovers diskutiert. Mit den Studien "Zur Problematik der Stabilisierung des Weltweizenmarktes mit Hilfe nationaler Markt- und Preispolitik und internationaler Abkommen" (1975) und "Instrumente der Agrar- und Handelspolitik zur Anpassung der Produktion an die Nachfrage auf den Weltmärkten für Ölsaaten und Fleisch" (1975 und 1976) beteiligte sich die Abteilung Landwirtschaft an dieser Diskussion, wobei die internationalen Verflechtungen der Agrarmärkte

Agrarforschung

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berücksichtigt wurden. Auch der Milchmarkt, der Mitte der siebziger Jahre noch als weniger problematisch angesehen wurde, war damals bereits in das Forschungsprogramm einbezogen. Die Ergebnisse der Studien "Die Milch- und Rindfleischmärkte der EG - regionale Lösungsansätze für ein Gleichgewicht" (1976) und "Die Entwicklung des EG-Marktes - Projektion bis 1985 und Analyse alternativer Maßnahmen für den Problemmarkt Milch" (1979) wiesen auf die zu erwartenden und sich später bestätigenden Schwierigkeiten auf diesem Markt hin. Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre wurde eine umfassende Studie "Die Agrarstrukturpolitik in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft Ziele, Programme, Maßnahmen" (1981) angefertigt. Eine nachfolgende Untersuchung "Bedeutung und wirtschaftliche Auswirkungen der öffentlichen Ausgaben zugunsten der Landwirtschaft in den EG-Ländern" (1984) erfaßte und bewertete die nationalen Beihilfen in den Agrarhaushalten der damaligen Mitgliedsstaaten und war daher im wesentlichen auf die Agrarstrukturpolitik ausgerichtet, die damals noch mehr in nationaler Kompetenz lag. Die wachsenden Agrarüberschüsse waren Anlaß zu einer Überprüfung und Bewertung der nationalen agrarpolitischen Ziele in einer Studie über "Die Produktionspolitik der EG-Mitgliedstaaten und ihre Vereinbarkeit mit der gemeinsamen Agrarpolitik" (1982). Das Gutachten "Landwirtschaftliche Unfallversicherung" (1984) war Grundlage für die weitere Bewilligung von Bundeszuschüssen an die Landwirtschaft. Einen bedeutenden Schwerpunkt in den späteren achtziger Jahren bildeten die Arbeiten zu dem sehr komplexen Thema "Der Agrarprotektionismus ausgewählter Industrieländer, sein Einfluß auf den Weltagrarmarkt und auf die wirtschaftliche Entwicklung in Ländern der Dritten Welt" (1986 und 1987). Die zunehmenden Überschüsse auf dem Milchmarkt in der EG waren erneut Anlaß für mehrere Analysen. "Milcherzeugung, Milchverarbeitung und Handel mit Milch und Milcherzeugnissen in den Ländern der EG" (1986) und die "Entwicklung der regionalen Milchanlieferung in der Bundesrepublik Deutschland unter den Bedingungen der Garantiemengenregelung" (1989) waren weitere Beiträge der Agrarforschung im ifo Institut zu diesem Problembereich. Gegen Ende der achtziger Jahre verstärkten sich in der agrarpolitischen Diskussion die Tendenzen, angesichts der auf nahezu allen Agrarmärkten bestehenden Überschüsse nach Alternativen für die landwirtschaftliche Produktion zu suchen. Gleichzeitig wurde in der Öffentlichkeit die Frage nach der Umweltverträglichkeit der Agrarproduktion relevant. Die Studien "Der alternative Landbau in der Bundesrepublik Deutschland" (1986) und "Funktionen und Leistungen der Land- und Forstwirtschaft über die Nahrungsmittel und Rohstoffproduktion hinaus" (1987) setzten sich mit dem Themenkomplex Ökologie und Ökonomie auseinander. Anfang der neunziger Jahre fanden die Reaktionen der Verbraucher als Einflußfaktor für das Marktgleichgewicht bei Agrarprodukten stärkere Beachtung in der Agrarpolitik. Gleichzeitig intensivierte sich die öffentliche Diskussion über den Einsatz der Gentechnologie in der Landwirtschaft. Die Studie "Auswirkungen von Erzeuger- und Verbraucherreaktionen in der EG beim Einsatz von

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gentechnologisch hergestelltem Bovinem Somatotropin (BST) in der Milchproduktion" (1992) sowie "Marktuntersuchungen hinsichtlich der Ersatzerzeugnisse zu Milcherzeugnissen sowie deren Zusammensetzung und Vermarktung in den EG-Ländern - Imitationsprodukte als Konkurrenz zu Milcherzeugnissen" (1993) waren aktuelle Beiträge der Agrarforschung im ifo Institut zu diesem Problemkomplex. Vor dem Hintergrund der Realisierung des Europäischen Binnenmarktes mit neuen den Wettbewerb beeinflussenden Rahmenbedingungen wurde eine Länder vergleichende Darstellung der "Agrarkreditsysteme in der Europäischen Union" (1993) erstellt. Außerdem befaßte sich die Agrarabteilung mit alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft im Dienstleistungssektor und mit Alternativen in der Agrarproduktion, "Der Markt für Landschaftspflege und für Grünlandpflege - Unterschiedliche Wettbewerbsvoraussetzungen bei gewerblichen und landwirtschaftlichen Dienstleistungsanbietern" (1994) und "Gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Anbaus von Raps auf Stillegungsflächen bei Nutzung des Rapsöls im Kraftstoffbereich" (1996) sind dafür Beispiele. Der Beginn der neunziger Jahre war von dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 und den daraus resultierenden Transformationsprozessen im ehemaligen Ostblock durch die Neuorientierung in Richtung Marktwirtschaft gekennzeichnet. Die Agrarabteilung des ifo Instituts hat von Beginn an diese Prozesse mit Analysen begleitet und sie in "GUS: Hypotheken der Vergangenheit belasten Umstrukturierung des Agrarsektors" (1992) und "Landwirtschaft in Polen: Trotz großem Privatsektor Verlierer im Reformprozeß" (1993) publiziert. Nachdem die EU den mittel- und osteuropäischen Ländern die Option zum Beitritt zugesichert hatte, wurden die Forschungsaktivitäten unter dem Gesichtspunkt möglicher Konkurrenten auf den Agrarmärkten intensiviert und fünf Länderstudien zu dem Thema "Gegenwärtige und künftige Bedeutung der mittel· und osteuropäischen Länder mit sich entwickelnder Marktwirtschaft als Abnehmer für Molkereiprodukte der EU und als Konkurrenten auf den innereuropäischen Märkten für Molkereiprodukte" (1995) erstellt. Gleichzeitig wurde ein Länderzyklus von Aufsätzen zur Entwicklung der Landwirtschaft der osteuropäischen Beitrittsaspiranten begonnen. Da die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Umstrukturierung und das Wachstum des Agrarbereichs entscheidend beeinflussen, wurde den Sektoranalysen jeweils eine umfangreiche Analyse der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung vorangestellt. Neben der sich abzeichnenden Osterweiterung der EU bestimmten Mitte der neunziger Jahre Fragen im Zusammenhang mit der Reform der EU-Agrarpolitk und der Einführung des Euro weitgehend die agrarpolitische Diskussion, "Währungsbedingte Probleme der EU-Agrarpolitik durch Einführung des Euro gelöst?" ist ein z.B. ein Beitrag zu diesem Komplex. Bereits in vorangegangenen Jahren war dieser Themenbereich häufig Gegenstand von Publikationen, wie z.B. "Die EGAgrarpolitik und das EWS" (1985). Große Bedeutung erlangten seit 1993 die für den Bereich Agrarwirtschaft erstellten "Branchen Special" -Berichte. Diese halbjährlichen Analysen befassen sich nicht nur mit den aktuellen wirtschaftlichen und politischen Ereignissen und Entwicklungen in den klassischen landwirtschaftlichen Produktionsbereichen wie Marktfrüchte, Futterbau, Dauerkulturen und Gartenbau, sondern darüber hinaus mit landwirtschaftlichen Erwerbsalter-

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nativen und mit den Geschäftspartnern der Landwirtschaft wie Landmaschinenhandel und Dienstleistungen für die Landwirtschaft. Spezielle Berichte sind der ökologischen Landwirtschaft und der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern gewidmet. Daneben hat die Abteilung auch agrarwirtschaftliche Spezialthemen in Entwicklungsländern behandelt wie "Die Vermarktung von Grundnahrungsmitteln in Benin" (1994) sowie die Entwicklung der Agrarwirtschaft in Kasachstan (seit 1996). Seit 1997 wurde in der Abteilung Agrarwirtschaft und Agrarpolitik des ifo Instituts damit begonnen, das Instrumentarium für Prognosen im Bereich der Agrarstruktur zu verbessern. Die Ergebnisse der Landwirtschaftszählungen in der EU können dafür eine Basis bilden. Eine wichtige und umfangreiche Arbeit seit 1997 besteht darin, einen Investitionstest in der deutschen Landwirtschaft aufzubauen und zu etablieren. Er basiert auf einer halbjährlichen Befragung von Landwirten und von landwirtschaftlichen Lohnunternehmen über ihre Investitionsabsichten und ihre Investitionserfolge sowie vor allem über die Hintergründe, die die Investitionsentscheidungen bestimmen. Der Aufbau des "Investitionstestes Agrar" erlaubt es, Ergebnisse für Regionen und für unterschiedliche Betriebsformen aufzuschlüsseln. Die Möglichkeit der Koppelung der Befragungsergebnisse an betriebswirtschaftliche Kennwerte der befragten Betriebe eröffnet ein weites Feld für Spezialauswertungen. Nach intensiven Vorarbeiten wird die Umfrage inzwischen bundesweit durchgeführt, eine Erweiterung auf andere EU-Länder ist geplant. Die sehr weit gestreuten Arbeiten der Agrarforschung im ifo Institut zeigen, daß immer versucht wurde, die Strömungen in der Agrarpolitik zu erkennen und zum aktuellen Geschehen einen Beitrag zur Problemlösung zu leisten. Dabei wurden weniger theoretische Grundlagen erarbeitet, sondern, auf der Basis umfassender Recherchen und detaillierter Auswertungen von oft selbst erhobenen Daten, fundierte Analysen durchgeführt, die als Entscheidungshilfen in der Agrarpolitik und in der Agrarwirtschaft dienen konnten. Es ist fast selbstverständlich, daß die Ergebnisse nicht immer Freude und oft Widerspruch auslösten, sie wurden jedoch akzeptiert und respektiert. Der Anspruch, sich der Vielfältigkeit agrarwirtschaftlicher und agrarpolitischer Probleme zu stellen und dabei die Zusammenhänge mit der Gesamtwirtschaft zu beachten sowie den globalen Verflechtungen Rechnung zu tragen, hat als Konsequenz, daß vielseitig und zeitnah gearbeitet werden muß. Davon waren die Mitarbeiter der Abteilung Agrarwirtschaft und Agrarpolitik geleitet. In den 50 Jahren Agrarforschung im ifo Institut wurden 80 Studien verfaßt, von denen 65 als Sonderschriften oder ifo Studien zur Agrarwirtschaft und fünf in Reihen anderer Institutionen veröffentlicht wurden, 27 Arbeiten wurden nicht veröffentlicht, dazu kommen mehrere publizierte Studien anderer Abteilungen des ifo Instituts, an denen Mitarbeiter der Agrarforschung beteiligt waren. 150 Aufsätze aus der Abteilung erschienen im ifo Schnelldienst. Auftraggeber für die Agrarforschung im ifo Institut waren der Deutsche Bauernverband, die landwirtschaftliche Rentenbank, das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und die Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission, außerdem die Thyssen-Stiftung, die VW-Stiftung, das 14*

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Bayerische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten u.a. sowie der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. An dieser Stelle sei allen Institutionen für die langjährige gute Zusammenarbeit gedankt.

Verkehrsforschung Von Ralf Ratzenberger

Die Verkehrsforschung bildet seit der Gründung des ifo Instituts im Jahr 1949 einen Bestandteil der Aktivitäten des Instituts. Sie war zu Beginn noch in einem Referat der Abteilung "Wirtschaftsbeobachtung Inland" angesiedelt, wurde jedoch schon 1951 als selbständige Abteilung konstituiert.1 Ihre Leitung übernahm und behielt bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1975 Dr. Wilhelm L. Schneider. 1976 wurde die Abteilung Verkehr mit der Abteilung Absatzwirtschaft unter der Leitung von Dr. Erich Batzer zusammengelegt, jedoch 1981 unter der Leitung von Dipl.-Kfm. Werner Hahn wieder verselbständigt, zunächst als Forschungsgruppe und ab 1984 als eigenständige Abteilung. Im Zuge der Umstrukturierungsprozesse im ifo Institut wurde die Verkehrsforschung 1999 als Fachgebiet in dem Forschungsbereich "Umwelt, Regionen und Verkehr" angesiedelt. Aufgrund der Berührungspunkte zwischen der verkehrswirtschaftlichen sowie der regional- und der umweltökonomischen Forschung kam es in der Vergangenheit bereits mehrfach zu abteilungsübergreifenden Kooperationen im Rahmen von Forschungsprojekten. Sie werden nunmehr auch institutionalisiert. Mit dieser Reorganisation dürfte gewährleistet sein, daß die seit 50 Jahren auf dem Forschungsfeld Verkehr geleistete Tätigkeit auch künftig ihre Fortsetzung findet.

Schwerpunkte der ifo Verkehrsforschung Grundsätzlich entsprechen die Aufgaben der ifo Verkehrsforschung denen des gesamten Instituts, wie sie in seinem, im Forschungsprogramm niedergelegten, Leitbild verankert sind, nämlich -

die laufende Beobachtung und Analyse der Wirtschaftsprozesse und des wirtschaftlichen Strukturwandels,

-

die Prognose künftiger wirtschaftlicher Entwicklungen sowie

1 W. Marquardt (1979), Chronik des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung 1949-1979, in: ders. (Hrsg.), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im Ifo-Institut 1949-1979, ifo Institut, München, 51-292, hierS. 150.

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Ralf Ratzenberger die Bereitstellung von Entscheidungsunterlagen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, 2

wobei die Bezeichnung "Wirtschaft" durch den Begriff "Verkehr" zu ersetzen ist. Natürlich unterlagen die inhaltlichen Schwerpunkte der ifo Verkehrsforschung im Lauf der vergangenen 50 Jahre einem ausgeprägten und kontinuierlichen Wandel. Andererseits ist im Rückblick auch zu beobachten, daß sich einige Gegenstände wie ein "roter Faden" durch die Geschichte der Verkehrsforschung ziehen. Auf manche wird im folgenden noch eingegangen. Dabei würde eine strenge Chronologie der einzelnen Arbeiten auch aufgrund ihres breiten inhaltlichen Spektrums den Rahmen der Darstellung sprengen. Deshalb werden aus dem umfangreichen Fundus der ifo Verkehrsforschung lediglich einige "Highlights" herausgegriffen, wobei versucht wird, die immer vorhandene Subjektivität einer derartigen Auswahl zu begrenzen.

Beobachtung und Analyse der Verkehrsentwicklung In der "Gründerzeit" der ifo Verkehrsforschung stand die Beobachtung und die Analyse des kurzfristigen Verlaufs der Verkehrsentwicklung, also der Nachfrage nach Leistungen der Personen- und der Güterbeförderung sowie auch der Nachrichtenübermittlung, im Vordergrund. Angesichts der damals noch sehr lückenhaften amtlichen Verkehrsstatistik ist dies nicht verwunderlich. So erstellte das ifo Institut 1951 als erstes einen Überblick über die Verteilung der Transportnachfrage im Güterfernverkehr nach den einzelnen Verkehrsarten. 3 Bei diesen Tätigkeiten lag das Hauptgewicht noch - ganz im Sinn der damaligen Aufgabenstellung des Instituts - auf der Datenbeschaffung, -aufbereitung und -Übermittlung und erforderte teilweise umfangreiche Schätzungen. Jedoch wurden schon bald auch grundlegende Forschungsvorhaben zur Verkehrsentwicklung und ihrer Bestimmungsfaktoren in Angriff genommen. Aus der damaligen Zeit hervorzuheben ist sicherlich eine Untersuchung, die den Zusammenhang zwischen der industriellen Produktion und dem Transportaufkommen zurück bis zum Jahr 1885 zum Gegenstand hatte4 und die in der Folgezeit fortgeführt und vertieft wurde.5 Auch später wurden immer wieder Studien

2 K.H. Oppenländer (1979), Aufgaben der empirischen Wirtschaftsforschung, in: W. Marquardt (Hrsg.), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im Ifo-Institut 1949-1979, ifo Institut, München, 7- 20, hier S. 7. 3 o.V. (1951), Steigender Güterkraftverkehr, ifo Schnelldienst 4 (21), 1-4. 4 W.L. Schneider und A. Rüthlein (1957), Güterproduktion und Transportaufkommen Eine Untersuchung über Zusammenhang und Wachstum von Produktion und Güterverkehr, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 28, München. 5 E. Gleißner (1966), Die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Güterverkehr, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 62, München sowie E. Gleißner (1967), Transportelastizität und wirtschaftliche Entwicklung, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 65, München.

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durchgeführt, die sich mit der Bedeutung der auf die Verkehrsentwicklung wirkenden Einflußfaktoren beschäftigten.6 Bei der Lektüre der derzeit vorliegenden Publikationsverzeichnisse könnte auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, daß dieser Forschungsschwerpunkt heute nicht mehr en vogue sei und daraus gar auch noch der Schluß gezogen werden, die Bestimmungsgründe der Verkehrsnachfrage seien nunmehr - nach 50 Jahren - zur Gänze erforscht. Dies wäre jedoch ein fundamentaler Irrtum. Vielmehr unterliegen die gesamt- und regionalwirtschaftlichen, die sozioökonomischen, die politisch-administrativen u.v.a. Determinanten des Verkehrs ebenfalls einem ständigen Entwicklungsprozeß. Dessen Erforschung ist nach wie vor ein ureigener Bestandteil der ifo Verkehrsforschung. Sie wird jedoch seit geraumer Zeit weniger in Form von eigenständigen Arbeiten, sondern mehr und mehr im Rahmen von weitreichenderen Projekten vorgenommen. Dabei handelt es sich zum einen um Prognosen, bei denen die Verbindung zur Analyse der Bestimmungsfaktoren auf der Hand liegt, sowie zum anderen um Analysen der Auswirkungen von verkehrspolitischen Maßnahmen, für die eine zutreffende Beurteilung des Gewichts dieser Einflußfaktoren ebenfalls eine große Bedeutung besitzen. Auf beide Arten wird im folgenden noch eingegangen. Abschließend zu diesem Schwerpunkt der ifo Verkehrsforschung soll noch darauf hingewiesen werden, daß dessen ursprünglich bedeutende Aufgabe, nämlich die Erstellung des Datengerüsts als Grundlage einer Analyse der Verkehrsentwicklung, auch heute noch von großer Bedeutung ist. Denn erstens weist die amtliche und halbamtliche Verkehrsstatistik nach wie vor größere Lücken auf, die mittels Schätzungen zu schließen sind. Zweitens wurden und werden im verkehrsstatistischen Berichtssystem Deutschlands immer wieder Verschlankungen, konzeptionelle oder definitorische Änderungen sowie Revisionen vorgenommen, so daß die Herstellung von konsistenten Zeitreihen, die für zahlreiche Aufgaben unerläßlich sind, des öfteren umfangreiche Schätzarbeiten erfordert.

Die ifo Verkehrsprognose als "Markenzeichen" der ifo Verkehrsforschung Wie erwähnt stand in den ersten Jahren nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland zunächst die Beobachtung und Analyse der aktuellen Verkehrsentwicklung im Vordergrund. Jedoch ließ das - darauf aufbauende - Inter-

6 Vgl. z.B. W.L Schneider (1972), Bestimmungsgründe für Verkehrsnachfrage und Verkehrswegeplanung, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 78, München; W. Hahn, H. Out, S. Wieczorek und G. Winterholler (1974), Untersuchung der kurz- und mittelfristigen Bestimmungsgründe der Verkehrsnachfrage und der Entwicklung des Beitrages des Verkehrs zum Sozialprodukt, München oder M. Breitenacher, K.-D. Knömdl und W. Hahn (1980), Auswirkungen der Struktur- und Konjunkturschwäche in der Eisen- und Stahlindustrie auf die Wirtschaftslage der Deutschen Bundesbahn, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 12, München.

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esse an dem kurzfristigen künftigen Verlauf der Verkehrsnachfrage nicht allzu lange auf sich warten. Zur Deckung dieses Informationsbedarfs werden vom ifo Institut seit 1964 kurzfristige Prognosen der Verkehrsentwicklung erstellt, und zwar zunächst gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr. 7 1968 gesellte sich die Verkehrsforschung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zu diesem Prognostikerkreis, so daß zu diesem Zeitpunkt - in Anlehnung an die Gemeinschaftsdiagnose der (damals) fünf wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - von einer "Gemeinschaftsprognose der Verkehrsentwicklung" gesprochen wurde.8 Langjährige Mitarbeiter der Verkehrsabteilungen des DIW und des ifo Instituts vermögen manche Anekdote zu berichten, denen zufolge die Zusammenarbeit nicht immer völlig reibungslos verlaufen sein soll. Unabhängig hiervon wurde damals vom ifo Institut im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr in mehrjähriger Arbeit auf der Basis der oben angeführten Studien ein spezielles Instrumentarium zur kurzfristigen Prognose der Verkehrsentwicklung entwickelt.9 Auf dessen Basis wird die Vorausschätzung seit 1978 vom ifo Institut allein erstellt.10 Diese regelmäßige, nämlich zweimal pro Jahr, und in Deutschland ausschließlich vom ifo Institut durchgeführte Arbeit erreichte im Lauf der vergangenen 20 Jahre unter der Bezeichnung "ifo Verkehrsprognose" eine zunehmende Bedeutung in der Fachöffentlichkeit. Auf Interesse stoßen hier nicht nur die Prognosen für das bevorstehende Jahr, sondern auch die ihnen zugrundeliegenden umfangreichen Schätzungen für das Vorjahr. Mit ihnen wird jeweils im Februar eines Jahres, d.h. lange bevor statistische Jahresergebnisse vorliegen, der erste vollständige Überblick über die Verkehrsentwicklung im abgelaufenen Jahr vorgelegt, der - neben der Prognose selbst - von Politik und Verwaltung, von den Unternehmen und Verbänden der Verkehrswirtschaft, von der verkehrsökonomischen Forschung sowie von den Medien stark nachgefragt wird. Der gemeinsame Verteiler des Bundesverkehrsministeriums und des ifo Instituts umfaßt mittlerweile rund 500 Institutionen aus diesen Kreisen. Der Inhalt der ifo Verkehrsprognose wurde kontinuierlich ausgeweitet. In diesen Erweiterungen und Differenzierungen der Prognosegegenstände spiegeln sich die aktuellen verkehrspolitischen Fragestellungen der jeweiligen Zeit. So wurde ab 1980 die Analyse des Individualverkehrs vor dem Hintergrund der Ölpreiskrisen um den Kraftstoffverbrauch erweitert. Ab 1986 wurde der Kombi7 o.V. (1964), Die voraussichtliche Verkehrsentwicklung im Jahre 1964, ifo Schnelldienst 17 (13), 12-14. 8 o.V (1968), Voraussichtliche Verkehrsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1968, ifo Schnelldienst 21 (14), 4-8. 9 W. Hahn, H. Out, S. Wieczorek und S. Papadopoulos (1977), Untersuchung zur regelmäßigen Erstellung von Konjunkturanalysen und -Prognosen im Verkehr, ifo Institut, München. 10 o.V. (1978), Konjunkturelle Situation und Entwicklung im Verkehrsbereich, ifo Schnelldienst 31 (6), 3-11.

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nierte Verkehr aufgrund seines gestiegenen verkehrspolitischen Stellenwerts getrennt prognostiziert. Im gleichen Jahr wurde die Vorausschätzung des öffentlichen Personennahverkehrs, der in den Gebieten außerhalb der Ballungsräume bedrohlich geschrumpft war, regional differenziert. Schließlich wurde ab 1989 der grenzüberschreitende Lkw-Verkehr aufgrund der Beschlüsse zum Europäischen Binnenmarkt in einer zusätzlichen Unterscheidung nach Herkunfts- bzw. Zielländern analysiert und prognostiziert. Diese Differenzierung besitzt auch heute noch einen hohen Erkenntniswert, nämlich um die stark wachsende Bedeutung der Transporte mit den osteuropäischen Nachbarländern deutlich werden zu lassen. Diese inhaltlichen Ausweitungen wirkten sich auch auf den Umfang der ifo Verkehrsprognose aus. Umfaßte sie 1968 bzw. 1978 lediglich fünf bzw. neun Seiten im Schnelldienst-Format und wenige Tabellen zu den wichtigsten Kennzahlen der Verkehrsentwicklung, so erstreckte sich die bisher letzte Ausgabe (1999) auf 33 Seiten und zahlreiche, tief gegliederte, Tabellen.11 Der größte Umfang wurde mit 41 Seiten und 16 Tabellen in der ersten Ausgabe des Jahres 1991 erreicht. 12 Letzteres hing mit der tiefsten Zäsur in der Geschichte der ifo Verkehrsprognose zusammen, nämlich mit der Vereinigung Deutschlands. Natürlich hatte sich 1991 die Prognose für das bevorstehende Jahr auf das vereinigte Bundesgebiet zu beziehen. Jedoch lagen zum damaligen Zeitpunkt nur Daten für die damalige DDR vor, die hinsichtlich Definition, Abgrenzung und teilweise auch Validität kaum mit den gewohnten westdeutschen Werten vergleichbar waren. Hinzu kamen die zu erwartenden dramatischen Strukturveränderungen aufgrund der Umbruchsituation. Deshalb ähnelte zu Beginn des Jahres 1991 die Analyse und Prognose der Verkehrsentwicklung in Ostdeutschland mehr einer Analogiebetrachtung als einem zuverlässigen Vorausschätzungsverfahren, wie wir es für die alten Bundesländer aufgrund der robusten Prognoseansätze gewohnt waren. Unter diesem Aspekt Schloß sich damals der Kreis zu den Anfängen der ifo Verkehrsforschung nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, als sowohl die Datenlage als auch die Umbruchsituation ähnlich ausgeprägt waren wie 40 Jahre später in Ostdeutschland. Gemessen an dem großen Unsicherheitsbereich der damals für Ostdeutschland erarbeiteten kurzfristigen Vorausschätzungen, auf den in allen damaligen Ausgaben der ifo Verkehrsprognose ausdrücklich hingewiesen wurde, waren deren Ergebnisse cum grano salis in einem erstaunlichen Ausmaß zutreffend. Im ersten Jahr nach der Vereinigung Deutschlands, also 1991, wurden aufgrund der völlig unterschiedlichen Gegebenheiten hinsichtlich der Datenlage, der Ausgangssituationen und der absehbaren Entwicklungslinien für die beiden 11 H. Arnold-Rothmaier, N. Pohl, R. Ratzenberger und J. Schneider (1999), Verkehrskonjunktur 1999: Wachstum bleibt schwach, ifo Wirtschaftskonjunktur 51 (2), A1-A33. 12 W. Haase, W. Hahn, R. Ratzenberger und M. Z/stf (1991), Verkehrskonjunktur: Tief gespaltene Entwicklung in West- und in Ostdeutschland, ifo Wirtschaftskonjunktur 43 (2), A1-A41.

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Teilgebiete zwei quasi parallele Vorausschätzungen erstellt. Dabei waren die für Ostdeutschland ausweisbaren Prognosevariablen natürlich wesentlich weniger umfangreich und differenziert als die für Westdeutschland. Eine Summenbildung für das vereinigte Deutschland war nur für wenige zentrale Größen möglich. Bereits im Jahr 1994 standen jedoch die Prognosen für das vereinigte Bundesgebiet - im Gegensatz zu den Vorausschätzungen für die Gesamtwirtschaft und für manche anderen Wirtschaftsbereiche - im Vordergrund der ifo Verkehrsprognose. Dies kam auch deshalb zustande, weil eine Trennung erstens aufgrund der statistischen Datenlage immer weniger möglich und zweitens infolge der sich zunehmend annähernden Entwicklungslinien in den beiden Teilgebieten immer weniger erforderlich war. Die - einwohnerzahlbezogene Pkw-Dichte war einer der Größen, deren ostdeutsches Niveau sich äußerst rasch an den Stand in den alten Ländern angenähert hat.

Langfristige Verkehrsprognosen und -Szenarien als weiterer Schwerpunkt Langfristige Verkehrsprognosen und -Szenarien werden insbesondere verkehrspolitischen Entscheidungen im Infrastrukturbereich zugrundegelegt. Für andere verkehrspolitische Felder, z.B. die Ordnungspolitik, aber auch für viele andere Politikbereiche, z.B. die Umwelt-, die Energie- und die Raumordnungspolitik, besitzen sie ebenfalls eine große Bedeutung. Dies trifft auch für die strategischen Planungen zahlreicher Wirtschaftsbereiche zu, und zwar nicht nur für die der Verkehrswirtschaft selbst, sondern auch für die der Fahrzeughersteller, der Mineralölwirtschaft u.v.a. Deshalb wuchs bereits seit Beginn der sechziger Jahre das Interesse an der künftigen langfristigen Entwicklung des Verkehrs. An der Befriedigung dieses Informationsbedarfs war die Verkehrsforschung des ifo Instituts von Beginn an und bis heute beteiligt. Basis hierfür waren die oben bereits erwähnten Arbeiten über die langfristigen Bestimmungsgründe der Verkehrsentwicklung, womit noch einmal auf den Zusammenhang zwischen Analyse und Prognose hingewiesen wäre. Die erste langfristige Prognose des Personen- und Güterverkehrs seitens des ifo Instituts wurde Ende der sechziger Jahre erarbeitet. 13 Ihr folgte bald eine regionalisierte Vorausschätzung der Güterverkehrsentwicklung. 14 In der Folgezeit wurden zwischen 1972 und 1991 insgesamt vier langfristige Verkehrspro13 E. Gleißner, T. Huber, J. Maier und S. Wieczorek (1967), Die voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage nach Personenverkehrsleistungen in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahre 1980, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 66, München und T. Huber (1970), Die voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage nach Gütertransporten in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahre 1980, ifo Institut, München. 14 Vgl. T. Huber et al. (1971), Die regionale Struktur und die voraussichtliche Entwicklung der Transportnachfrage in der Bundesrepublik Deutschland bis 1985 (6 Bände), ifo Institut, München.

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gnosen für die Aufstellung bzw. die Fortschreibung des Gesamtverkehrsplans Bayern erstellt.15 Die fünfte Vorausschätzung dieser Art ist derzeit in Bearbeitung. Ebenfalls in Bearbeitung ist die Verkehrsprognose für den neu aufzustellenden Bundesverkehrswegeplan 2015, die zusammen mit mehreren Partnerinstituten erstellt wird. Die langfristigen Verkehrsprognosen und -Szenarien des ifo Instituts beschränkten sich nicht nur auf Deutschland und Bayern, sondern erstreckten sich auch auf andere europäische Länder. So erschien 1995 eine im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführte Prognose des Personenverkehrs in und zwischen den Mitgliedstaaten des EWR sowie den Visegrad-Ländern bis zum Jahr 2005. Als ein wesentliches Teilziel dieser Studie wurde die künftige Entwicklung des Pkw-Bestands und der Pkw-Dichte für mehr als 20 Länder vorausgeschätzt.16 Derartige internationale Vergleiche des Motorisierungsgrads wurden - und hier schließt sich wieder einmal der Kreis zu den Anfängen der ifo Verkehrsforschung - bereits 1951 durchgeführt. 17 In früheren Zeiten wurden langfristige Verkehrsprognosen in erster Linie für Zwecke der Infrastrukturplanung durchgeführt. In jüngerer Zeit werden sie zum Teil um zusätzliche, mit der Verkehrsentwicklung verbundene, Prognosegegenstände ergänzt. Auch hier finden verkehrspolitische Fragestellungen der jeweiligen Zeit ihren Niederschlag. Dies betraf in den siebziger Jahren vor allem den verkehrlichen Energieverbrauch. Dessen Entwicklungsperspektiven war zur Zeit der beiden ölpreiskrisen besonders interessant. Der spezifische Energieeinsatz des Individualverkehrs wurde 1978 im Auftrag der Europäischen Kommission für die damaligen EG-Mitgliedsländer vorausgeschätzt.18 Aus dem Energieverbrauch des Verkehrs entstehen Emissionen von Lärm sowie von Luftschadstoffen und Kohlendioxid (C0 2 ). Der Stellenwert dieser Problematik in Politik und Öffentlichkeit hat in der jüngeren Vergangenheit bekanntermaßen zugenommen. Entsprechend hoch ist der Informationsbedarf über die langfristige künftige Entwicklung dieser Emissionen. Speziell für den Ausstoß von C0 2 gilt dies aufgrund der Reduktionsbeschlüsse der Weltklimakonferenzen und der Bundesregierung in einem besonders hohen Ausmaß. In diesem Zusammenhang hat das ifo Institut 1994 im Rahmen einer Studie über die Auswirkungen von bestimmten Reduktionsmaßnahmen Szenarien der unter 15 Vgl. T. Huber, W. L. Schneider, S. Wieczoreket al. (1972), Die voraussichtliche Entwicklung der Personen- und Güterverkehrsnachfrage in Bayern bis zum Jahre 1985, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 5 (3 Teilbände), München; W. Hahn, R. Borjans und H. Klug (1981), Die voraussichtliche Entwicklung der Personen- und Güterverkehrsnachfrage in Bayern bis zum Jahre 1990, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 13, München; W. Hahn, R. Ratzenberger, H. Arnold, G. Weitzel und J. Müller (1984), Verkehrsprognose Bayern 2000, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 16/1, München sowie W. Hahn und R. Ratzenberger (1991), Verkehrsprognose Bayern 2005, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 24, München. 16 W. Hahn (1996), Pkw-Verkehr in Europa bis zum Jahr 2005, ifo Schnelldienst 49 (32), 3-26. 17 o.V. (1951), Kraftwagenbestand Welt und Europa, ifo Schnelldienst 4 (15), 1. 18 W. Hahn (1978), Die neue energiepolitische Situation in ihren Zukunftskonsequenzen für den Verkehrsbereich, ifo Institut, München.

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verschiedenen Rahmenbedingungen langfristig zu erwartenden Entwicklung der C02-Emissionen bis zum Jahr 2010 erstellt.19 Die Nutzung von Verkehrsmitteln ist neben den bekannten Umweltbelastungen auch mit gravierenden Sicherheitsproblemen verbunden. Zur Planung verkehrssicherheitspolitischer Maßnahmen sind Vorstellungen über die wahrscheinliche Entwicklung des Verkehrsunfallgeschehens erforderlich. Zu diesem Forschungsgegenstand wurden in der jüngsten Vergangenheit Prognosen der Unfallentwicklung im Straßenverkehr bis zum Jahr 2010 erstellt.20 Abschließend zu diesem Schwerpunkt der ifo Verkehrsforschung sei eine Studie aus dem Jahr 1997 erwähnt, in der zahlreiche langfristige Verkehrsprognosen, die seit 1980 von verschiedenen Instituten erstellt worden waren, zusammengestellt und mit der seitdem eingetretenen tatsächlichen Entwicklung verglichen wurden. Ferner wurden die festgestellten Abweichungen zwischen den prognostizierten und den effektiven Verläufen sowie die Ursachen hierfür systematisch analysiert und quantifiziert. 21 Diese überfällige Studie traf in der Fachwelt, insbesondere bei Erstellern und Nutzern von langfristigen Verkehrsprognosen, auf eine breite Resonanz.

Die Politikberatung im Spiegel derZeit Die politikberatenden Aktivitäten der ifo Verkehrsforschung besaßen in den ersten Jahren einen Schwerpunkt in infrastrukturpolitischen Fragestellungen. Im Jahr 1954 wurde eine Studie publiziert, die sich mit der Berechtigung einer Verzinsung des in Verkehrswege investierten Kapitals befaßte und die noch bis heute eine der meistverkauften Bände der Schriftenreihe des ifo Instituts ist.22 1967 wurde - aufbauend auf der oben erwähnten langfristigen Prognose der Verkehrsentwicklung - der sich daraus ergebende Investitionsbedarf ermittelt.23 Ein Infrastrukturprojekt, mit dem sich die ifo Verkehrsforschung in den letzten 30 Jahren immer wieder beschäftigte, bildete die Wasserstraßenverbindung zwischen Main und Donau und der damit zusammenhängende Ausbau dieser beiden Flußsysteme. Im Jahr 1971, fünf Jahre nach dem Vertragsabschluß zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern zur Fertigstellung des Main-Donau-Kanals, wurde zu diesem Thema ein erstes Gut19 R. Ratzenberger, G. Goldrian, R. Hild und E. Langmantel (1995), Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen preispolitischer Maßnahmen zur C02-Reduktion im Verkehr, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 29, München. 20 R. Ratzenberger (1999), Determinanten der Verkehrssicherheit 2000/2010, Veröffentlichung in Vorbereitung. 21 R. Ratzenberger (1998), Langfristige Verkehrsprognosen auf dem Prüfstand, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 31, München. 22 W.L Schneider und J.P. Petersen (1954), Zur Frage der Verzinsung von Verkehrswegen, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 25, München. 23 E. Gleißner, J. Maier und S. Wieczorek (1967), Zur langfristigen Vorausschätzung des voraussichtlichen Investitionsbedarfs im Verkehr, ifo Institut, München (unveröffentlicht).

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achten veröffentlicht. 24 1982, auf dem Höhepunkt der verkehrspolitischen Diskussion um eine sog. "qualifizierte Beendigung" der Bauarbeiten am MainDonau-Kanal, wurde eine weitere Studie insbesondere zum Kosten-NutzenVerhältnis erstellt.25 Beide Arbeiten erfreuten sich nicht nur nach ihrer jeweiligen Veröffentlichung, sondern nochmals zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Main-Donau-Kanals im Jahr 1992, einer hohen Publizität. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre wurden mehrere Studien zu den regionalwirtschaftlichen Auswirkungen des bayerischen Wasserstraßensystems durchgeführt. 26 Vor dem Abschluß steht eine Evaluierungsstudie zum Ausbau der bayerischen Donau zwischen Straubing und Vilshofen. 27 Generell waren für die Bewertung von Verkehrsinfrastrukturprojekten zunächst überwiegend verkehrliche Kriterien maßgebend. Später wurden sie um raumwirtschaftliche und umweltpolitische Aspekte ergänzt. Im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung leistete die ifo Verkehrsforschung hierzu einen regionalwirtschaftlichen Beitrag.28 Während die Verkehrspolitik in den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg vor allem von infrastrukturellen Fragestellungen geprägt war, gewannen im Lauf der Zeit die ordnungspolitischen Bezüge immer mehr an Gewicht. Entsprechend wandelten sich auch die politikberatenden Aktivitäten der ifo Verkehrsforschung. Dies zeigt sich - unter anderem - auf dem Forschungsfeld "Nachrichtenübermittlung", das über 40 Jahre Gegenstand mehrere Projekte war, von denen die meisten auf ifo eigenen Primärerhebungen in zahlreichen Wirtschaftsbereichen beruhten. Sie erstreckten sich zunächst ausschließlich auf die Erfassung der Gebühren, die die Unternehmen für Post- und Fernmeldedienstleistungen zu entrichten hatten.29 In der Folgezeit kamen die Pla-

24 Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr (Hrsg.) (1971), Die internationale Bedeutung der fertiggestellten Rhein-Main-Donau-Großschiffahrtsstraße, München. 25 W. Hahn, J. Müller und G. Weitzel (1982), Der Main-Donau-Kanal - Argumentationsstudie zu einer kontroversen Diskussion, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 14, München. 26 H. Arnold und R. Ratzenberger (1989), Wirtschaftliche Impulse einer künftig durchgehend befahrbaren Rhein-Main-Donau-Wasserstraße und die mögliche Entwicklung des Güterumschlags der Binnenschiffahrt in den niederbayerischen Regionen Donau-Wald und Landshut, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 18, München; R. Ratzenberger, H. Arnold und K.-D. Josel (1987), Wirtschaftliche Vorteile eines Freihafens an der Donau und Standortvoraussetzungen in Passau, Deggendorf, Straubing, Regensburg und Kelheim, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 19, München sowie H. Arnold und W. Hahn (1989), Zukunftsperspektiven des Donauhafens in Regensburg, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 20, München. 27 W. Hahn und N. Pohl (1999), Ausbau-Evaluierung der bayerischen Donau, Veröffentlichung in Vorbereitung. 28 W. Hahn (1987), Die regionalwirtschaftliche Bedeutung ausgewählter Fernstraßenprojekte, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 17, München. 29 A. Rüthlein (1957), Aufwendungen der Wirtschaftszweige für Post- und Fernmeldegebühren, ifo Institut, München sowie W. Hahn und E. Singer (1979), Belastung ausge-

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nungsabsichten und die Nutzungsstrukturen für innovative Telekommunikationsdienstleistungen als Erhebungsgegenstand hinzu.30 In der jüngeren Vergangenheit verschob sich das Forschungsinteresse im Post- und Telekommunikationssektor - auch aufgrund der Deregulierungspolitik innerhalb der EU - hin zu ordnungspolitischen Fragestellungen.31 Dies trifft auch für ein weiteres Schwerpunktfeld der ifo Verkehrsforschung zu, nämlich den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Hier hat sich am Anfang der achtziger Jahre aufgrund des damaligen Nachfragerückgangs und der stark steigenden Finanzierungsdefizite ein hohes Interesse an Reformmaßnahmen entwickelt. An den damit verbundenen verkehrspolitischen Diskussionen war das ifo Institut von Beginn an beteiligt. Das Spektrum der Forschungsaktivitäten reichte hier von einer thematisch breit angelegten ÖPNV-Studie32 über Arbeiten zu Reformmaßnahmen für das ÖPNV-Finanzierungssystem33 und zu dem Kooperationsverhalten der Unternehmen34 bis zu einer Analyse der Auswirkungen der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs in Bayern.35 In der jüngeren Vergangenheit ist der Stellenwert der vom Verkehr ausgehenden Umweltbelastungen und von geeigneten Maßnahmen zur Reduktion dieser Umweltwirkungen stark gewachsen. Letztere werden in der verkehrspolitischen Diskussion häufig auf preispolitische Maßnahmen fokussiert. Auch dies spiegelt sich in den Aktivitäten der ifo Verkehrsforschung wider. Hier ist vor wählter Wirtschaftsbereiche mit Post- und Fernmeldegebühren, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 10, München. 30 G. Weitzel, H. Arnold und R. Ratzenberger (1984), Post- und Fernmeldegebühren in ausgewählten Wirtschaftsbereichen. Eine Untersuchung ihrer Kostenanteils- und Nutzungsstrukturen, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 15, München; H. Arnold (1991), Post- und Fernmeldegebühren in ausgewählten Wirtschaftsbereichen, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 23, München sowie H. Arnold-Rothmaier und J. Schneider (1995), Aufwendungen und Planungen ausgewählter Wirtschaftszweige im Post- und Telekommunikationsbereich, ifo Institut, München. 31 W. Hahn und R. Ratzenberger (1984), Verteilungswirkungen interner Subventionen der Deutschen Bundespost, ifo Schnelldienst 37 (19), 3-25 sowie W. Hahn und M. Breitenacher (1993), Regulierung des Postmarktes in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Grünbuchs über die Entwicklung des Binnenmarktes für Postdienste, ifo Institut, München. 32 R. Ratzenberger, K.-D. Josel und W. Hahn (1989), Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 21, München. 33 R. Ratzenberger unter Mitarbeit von W. Hahn (1992), Aufkommens-, Verteilungs- und Wirkungsanalyse der Finanzleistungen für den ÖPNV, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 25, München sowie R. Ratzenberger unter Mitarbeit von H. Arnold-Rothmaier (1996), Finanzleistungen für den ÖPNV im Jahr 1993, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 28, München. 34 R. Ratzenberger (1994), ÖPNV-Kooperationen in der Fläche, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 27, München. 35 H. Arnold-Rothmaier, W. Hahn, N. Pohl, R. Ratzenberger und J. Schneider (1998), Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Abstimmung zwischen landeseigenen Bestellerorganisationen für den SPNV und kommunalen Aufgabenträgern des ÖPNV für eine effektive und wirtschaftliche Koordination von SPNV- und ÖPNV-Leistungen, ifo Studien zur Verkehrswirtschaft, Nr. 30, München.

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allem die oben bereits erwähnte Studie aus dem Jahr 1996 über die Auswirkungen von preispolitischen Maßnahmen zur C02-Reduktion im Verkehr zu erwähnen. Darüber hinaus wurden in diesem Zusammenhang das Gebührenaufkommen abgeschätzt, das bei einer Einführung einer zeitbezogenen Straßenbenutzungsgebühr auf deutschen Autobahnen entstehen würde.36 Zur Zeit wird eine Studie zur Bedeutung von streckenbezogenen Straßenbenutzungsgebühren (Road-pricing) für die Exportwirtschaft Bayerns fertiggestellt. 37 Abgesehen von preispolitischen Maßnahmen ist eine Verbesserung der Umweltverträglichkeit des Verkehrs natürlich auch durch ordnungspolitische Instrumente zu erreichen. So arbeitet das Umweltbundesamt derzeit an einer als Vorlage für eine europäische Richtlinie gedachten Vorschrift zur Reduzierung der Lärmemissionen von Schienenfahrzeugen. Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes wurde das ifo Institut beauftragt, die verkehrspolitischen Aspekte im Hinblick auf die Folgekosten und die Wettbewerbssituation des Schienenverkehrs zu untersuchen. Hierzu wurden ausgewählte technische Maßnahmen zur Reduzierung der Geräuschemissionen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unterzogen.38

Schlußbemerkungen Generell zeigt der Rückblick auf 50 Jahre ifo Verkehrsforschung einerseits ein hohes Maß an Kontinuität. Andererseits wird deutlich, daß vor allem in den politikberatenden Aktivitäten, aber auch in den Prognosen immer versucht wurde, aktuelle Fragestellungen und Strömungen in der Verkehrspolitik aufzugreifen und Beiträge zur Erkenntnisfindung und zur Problemlösung zu leisten. Die Resonanz der Nutzer der einzelnen Arbeiten in Politik und Verwaltung, in der Verkehrswirtschaft, in der verkehrsökonomischen Forschung sowie in den Medien zeigt, daß wir diesem Anspruch auf Anwendungsorientierung und Praxisnähe weitestgehend gerecht geworden sind. Daß manches Forschungsergebnis nicht bei allen Interessenten überschwengliche Begeisterung ausgelöst hat, liegt in der Natur der Sache. Kritik manchmal auch interessengeleitet - kam im Lauf der Zeit aus unterschiedlichen "Lagern". Dies kann auch als Beleg dafür interpretiert werden, daß ein zweiter Anspruch der ifo Verkehrsforschung, nämlich unabhängig und objektiv zu arbeiten, nie verletzt wurde. Von diesen Zielsetzungen wird die ifo Verkehrsforschung auch künftig geleitet sein.

36 R. Ratzenberger (1996), Abschätzung des Gebührenaufkommens aus einer Autobahn-Vignette nach österreichischen Muster, ifo Institut, München (unveröffentlicht). 37 W. Hahn (1999), Bedeutung neuer Straßenbenutzungsgebühren im In- und Ausland für die Exportwirtschaft Bayerns, Veröffentlichung in Vorbereitung. 38 W. Hahn und J. Schneider (1999), Reduzierung der Lärmemissionen von Schienenfahrzeugen - Entwicklung der Nachfrage nach Schienenfahrzeugen und Investitionsbedarf für lârmminçJernde Maßnahmen, ifo Institut, München (unveröffentlicht).

Europaforschung Von Heidemarie C. Sherman

Die neu gegründete Europäische Wirtschaftsgemeinschaft stand in den sechziger Jahren im Vordergrund vieler Forschungsarbeiten des ifo Instituts. Untersucht wurden Struktur- und Funktionsunterschiede, Wettbewerbsverzerrungen, Konzentrationstendenzen, Probleme der Landwirtschaft sowie die Auswirkungen des Europäischen Währungssystems. Ein Dauerthema blieb die Steuerharmonisierung in der Wirtschaftsgemeinschaft. Die Konjunkturberichte über die wichtigsten Länder Westeuropas - diese Berichterstattung wurde bis Ende der siebziger Jahre auf zwölf Länder ausgedehnt - sind auch heute noch ein wichtiger Baustein der Europaanalyse und -prognose. Im Rahmen dieser Länderberichte werden immer wieder aktuelle Themen aufgenommen. Anfang der siebziger Jahre waren dies die steigenden Inflationsraten, die zu administrativen Eingriffen in den marktwirtschaftlichen Preisbildungsprozeß geführt hatten, deren Ausgestaltung und Auswirkungen im einzelnen untersucht wurden. Auch die Wirkung der Lohn-Preis-Indexbindung auf den Inflationsprozeß wurde am Beispiel von neun europäischen Volkswirtschaften analysiert.1 Mit dem Beitritt Großbritanniens, Irlands und Dänemarks (1973) sowie Griechenlands (1981) war aus der ursprünglichen Sechsergemeinschaft eine Zehnergemeinschaft geworden, Grund genug, eine langfristige Betrachtung der Zukunft der Europäischen Gemeinschaft anzustellen. Im April 1981 wurde ein internationales Symposium zum Thema "Europas Wirtschaft in den achtziger Jahren" abgehalten, zu dem das ifo Institut namhafte Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung einlud.2 Auf der Tagung wurden u.a. die Chancen einer harmonisierten europäischen Konjunktur- und Wachstumspolitik und die Möglichkeiten einer künftigen Arbeitspolitik erörtert, alternative Instrumente einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik untersucht und das Europäische Währungssystem sowie die gemeinsame Agrarpolitik kritisch durchleuchtet.

1 O.-E. Kuntze (1973), Preiskontrollen, Lohnkontrollen und Lohn-Preis-Indexbindung in den europäischen Ländern - Die Erfahrungen mit diesen Instrumenten bei der Inflationsbekämpfung, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 81, Berlin, München. 2 Die Referate und Interventionen erschienen unter dem Titel H.-G. Braun, H. Laumer, W. Leibfritz and H.C. Sherman (eds.) (1983), The European Economy in the Eighties, Gower, Aldershot.

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In den achtziger Jahren entfaltete die europäische Integration eine frische Dynamik. Der neu gestartete Prozeß wurde mit der Zahl 1992 identifiziert, dem Zieldatum für die Vollendung des Binnenmarktes (eigentlich am 31.12.1992). Mit der bevorstehenden Vollendung des Binnenmarktes entstand eine Reihe neuer Themen, die unter diesem Aspekt betrachtet werden mußten. Im ifo Institut bekam die Europaforschung ebenfalls einen Schub. Neben Themen der Triade (z.B. die Untersuchung der weit auseinanderklaffenden Trends bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in den USA, Japan und Europa3, die vergleichende Entwicklung der privaten Dienstleistungen, der Strukturpolitik und die internationale Politikkoordination4) wurde nun die Europaforschung vertieft. Unter der Ägide von M. Wegner beteiligte sich das ifo Institut ab 1986 an einem Lenkungsausschuß der EG-Kommission über "The Cost of Non-Europe". Der Ausschuß koordinierte die Forschungsarbeiten, die im Zusammenhang mit der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes und seinen möglichen Folgen durchgeführt wurden. Mehrere Studien im Rahmen des Projekts "Cost of NonEurope" wurden auch im ifo Institut erarbeitet.5 Neben sektor- bzw. branchenspezifischen Studien wurden u.a. die Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarktes auf die deutsche Wirtschaft und Wirtschaftspolitik sowie die Konsequenzen des innergemeinschaftlichen Liberalisierungsprogramms für Drittländer untersucht.6 In den umfangreichen, im ifo Schnelldienst publizierten Berichten über die Wirtschaftsentwicklung in einzelnen westeuropäischen Ländern wurde jeweils ein längerer Abschnitt den Vorbereitungen auf den EG-Binnenmarkt gewidmet. Damit wurde eine Ende 1989 abgeschlossene Studie fortgeschrieben. 7 Ein Sammelband mit acht Beiträgen zur Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes wurde 1990 in englischer Sprache veröffentlicht. 8 3 M. Wegner (1984), Growth and Job Creation in North America, Japan and Europe, ifo digest (2), 3-8. 4 M. Wegner (1985), Strukturpolitik in ausgewählten westlichen Industrieländern, Strukturanpassung durch Wettbewerb der Staatshilfen?, FlW-Schriftenreihe Nr. 114; M. Wegner (1987), Scope and Limits of International Economic Policy Coordination, The World Economy 10 (3). 5 M. Breitenacher, S. Paba und G. Rossini (1988), The Cost of "Non-Europe" in the Textile-Clothing Industry, Bundesanzeiger Verlag, Köln. 6 O.-E. Kuntze (1990), Vorbereitungen zehn europäischer Industrieländer auf den EGBinnenmarkt 1993, ifo Studien zur europäischen Wirtschaft, Nr. 1, München; A. Herrmann, W. Ochel und M. Wegner (1990), Bundesrepublik und Binnenmarkt '92: Perspektiven für Wirtschaft und Wirtschaftspolitik, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 126, Berlin, München; A. Herrmann (1989), The European Market in 1992: Opportunities or Threat for the World Economy?, in: Tokyo Club Papers, No. 3, Tokyo; A. Hermann (1989), Außenhandelspolitische Aspekte der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes, ifo Schnelldienst (35-36), 16-26; G. Nerb und A. Weichselberger (1988), Zukunftschancen für Europa Was bringt der Europäische Binnenmarkt nach 1992?, ifo Schnelldienst (16), 5-13; J. Gürtler (1988), Erwartete Auswirkungen des Europäischen Binnenmarktes auf die deutsche Industrie, ifo Schnelldienst (16), 24-31. 7 O.-E. Kuntze (1990), Vorbereitungen zehn westeuropäischer Industrieländer auf den EG Binnenmarkt 1993, ifo Studien zur europäischen Wirtschaft, Nr. 1, München. 8 P. Kremmel (ed.) (1990), The Single European Market in the Nineties, ifo Studien zur europäischen Wirtschaft, Nr. 4, München.

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1990 wurde ein Konsortium europäischer Institute gegründet (ERECO), das europaweite Studien bearbeiten sollte. Ein Großprojekt, das ifo mit den anderen ERECO-Instituten in diesem Jahr begann, "Euro-Sektor-Trends", hatte zum Ziel, die mittelfristigen Entwicklungsperspektiven ausgewählter Sektoren für den EG-Raum insgesamt abzuschätzen.9 Seit 1991 beteiligt sich das ifo Institut mit seinen ERECO-Partnern an einem weiteren umfangreichen Projekt, in dem für Regierungsbezirke und ausgewählte Stadtregionen mittelfristige Prognosen erstellt werden. Die Berichte werden unter dem Titel "European Regional Prospects" veröffentlicht. Aus Verbrauchersicht sollten die Konsequenzen des Binnenmarktes für stabilere Preise und ein reichhaltigeres Angebot untersucht werden. Dies konnte in fast allen Produktbereichen ausgemacht werden. Allerdings fehlte es an genügender Markttransparenz, so daß die Vorteile, die aus Liberalisierung und Deregulierung für die Verbraucher entstehen, konterkariert werden.10 In einer Untersuchung der EG-Außenhandelspolitik beim Übergang zum Binnenmarkt und ihre Auswirkung auf Drittländer wurde festgestellt, daß - insgesamt gesehen - der Außenschutz der EG nach Einführung des Binnenmarktes nicht höher ist als in den Vorjahren und daß auf mittlere Sicht sogar eine geringere Außenprotektion erwartet werden kann.11 Ebenfalls mit Auswirkungen auf Drittländer befaßte sich eine Studie, die Veränderungen in Europa nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion auf die japanisch-europäischen Beziehungen abzuschätzen versuchte.12 Das ifo Institut hat im Auftrag der Europäischen Kommission zusammen mit anderen europäischen Forschungsinstituten die Wettbewerbsposition Europas in der Triade untersucht (EU-Wettbewerbsbericht 1998). Im Ergebnis zeigte sich, daß - gemessen am Pro-Kopf-Einkommen - der Lebensstandard in den 15 EU-Mitgliedsstaaten immer noch deutlich hinter dem der USA und Japans zurückbleibt. Der Aufholprozeß zu den USA, der seit den fünfziger Jahren zu verzeichnen war, ist zudem in den neunziger Jahren zum Stillstand gekommen.13 Die Ursachen für Wachstum ohne Jobs in Europa wurden in einem zweiten Bericht dargelegt. Eine Erklärung liegt in der stärkeren relativen Verteuerung des Faktors Arbeit durch Löhne, Steuern und Sozialabgaben.14 Eine weitere Ursache sind die Schwächen bei der Erschließung neuer Märkte und 9 BIPE, Cambridge Econometrics, ifo Institut, NEI, PROMETEIA, WIFO (1993), Europe in 1997 - Economic Outlook by Sector, Paris. 10 M. Breitenacher ei al. (1993), Der EG-Binnenmarkt aus Verbrauchersicht, ifo Studien zur europäischen Wirtschaft, Nr. 7, München. 11 A Herrmann (1993), EG-Binnenmarkt: Schwieriger Prozeß der Öffnung für Drittländer, ifo Schnelldienst (1-2), 8-18. 12 A. Herrmann, W. Ochel , with R. Reil (1992), The Formation of a New European Order after the Cold War Regime and Future Prospects of Japanese-European Relations, study for the Institute for International Trade and Investment, Tokyo, Munich. 13 W. Gerstenberger (1999), Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft: Wenig Fortschritte in den neunziger Jahren, ifo Schnelldienst (6), 7-14. 14 W. Gerstenberger (1999), Wachstum ohne Jobs in Europa: Wo liegen die Ursachen?, ifo Schnelldienst (7), 10-19.

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der Einführung neuer Produktionsmethoden. Eine Analyse der Position der europäischen Unternehmen im Innovationswettbewerb ergab, daß Europa sowohl gemessen am Forschungsaufwand als auch am wirtschaftlich verwertbaren FuE-Output deutlich hinter den USA und Japan zurückbleibt, was sich auch im wesentlich geringeren Gewicht des High-tech-Sektors widerspiegelt.15 Die Idee eines europäischen Währungssystems, das die Integration der Gütermärkte unterstützen sollte, tauchte erstmals in den siebziger Jahren auf. Dabei ging es bereits damals um ein Fixkurssystem für die Partnerländer. Die Problematik des sog. "Werner-Plans" wurde - bis zu seiner Ablehnung - in mehreren Artikeln abgehandelt.16 Die Einführung des europäischen Wechselkurssystems (EWS) im Jahre 1979 war in der Bundesrepublik mit reichlich Skepsis begleitet worden. Eine Bewertung des EWS nach sechs Jahren Erfahrung und die Fortentwicklung der EG wurden 1985 im wissenschaftlichen Teil der ifo Jahresversammlung diskutiert. In einem ersten Beitrag kritisiert Prof. Robert Triffin als Gastautor die Haltung der Bundesbank, deren Einwände der Stärkung des EWS im Wege stehen. Er forderte ein Ausweitung der offiziellen und privaten Verwendung des Ecu.17 Der anschließende Beitrag warf die Frage auf, inwieweit das EWS das Ziel einer größeren Währungsstabilität erreicht und die Hoffnung auf mehr Zwang zu wirtschafts- und vor allem geldpolitischer Konvergenz erfüllt hat.18 Der nächste Aufsatz macht klar, daß das Funktionieren des gemeinsamen Agrarmarkts und das Prinzip einheitlicher Agrarpreise stabile Wechselkurse voraussetzt.19 In einem letzten Beitrag wurde die Dynamik des EG-Binnenhandels behandelt. Nach hohen Wachstumsraten in den sechziger Jahren kam er in den siebziger Jahren ins Stocken.20 Obwohl das EWS eine insgesamt erfolgreiche Geschichte hatte, war die Asymmetrie des Systems einigen Mitgliedsländern ein Dorn im Auge. Deshalb wurde 1992 in Maastricht beschlossen, eine europäische Wirtschafts- und Währungsunion zu gründen. Der von den Staats- und Regierungschefs 1995 aufgestellte Zeitplan für den Übergang zu der einheitlichen europäischen Währung gab Anlaß für mehrere Studien zu Aspekten der EWWU und ihren Auswirkungen. Im Frühjahr 1996 wurden die Chancen und Risiken dieses ehrgeizigen Projekts gegenüberge-

15 W. Gerstenberger, H. Penzkofer und H. Schmalholz (1999), Europas Position im Innovationswettbewerb und die Rolle der staatlichen Forschungseinrichtungen, ifo Schnelldienst (9), 7-19. 16 F.J. Clauß (1970), Der "Werner-Plan" und seine politischen Konsequenzen, ifo Schnelldienst; F.J. Clauß (1971), Zur empirischen Problematik einer Währungsunion mit starr fixierten Wechselkursen, ifo Schnelldienst (21); F.J. Clauß (1974), Warum das Scheitern der Fixkurs-Union vorauszusehen war, ifo Schnelldienst (6); F.J. Clauß (1975), Schlußakt unter eine währungspolitische Utopie, ifo Schnelldienst (17). 17 R. Triffin (1985), Vorschläge zur Stärkung des Europäischen Währungssystems, ifo Schnelldienst (17-18), 8-14. 18 M. Wegner (1985), Das EWS - ein Teilerfolg, ifo Schnelldienst (17-18), 3-5. 19 E. Mohr (1985), Die EG-Agrarpolitik und das EWS, ifo Schnelldienst (17-18), 26-38. 20 A. Herrmann (1985), Neue Integrationsimpulse durch den EG-Binnenhandel?, ifo Schnelldienst (17-18), 39-49.

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stellt.21 Im Sommer wurde der Frage nachgegangen, weshalb die Agrarwirtschaft - im Gegensatz zu großen Teilen der Industrie und des Handels - die Währungsunion herbeisehnt. Ende 1996 wurde ein internationales Projekt fertiggestellt, das sich mit den Kosten befaßte, die der EU aus der Währungsvielfalt erwachsen. Als Teil einer umfangreichen Untersuchung für die Europäische Kommission über die ökonomischen Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes untersuchte das ifo Institut in dieser Studie die direkten und indirekten Kosten der Währungsvielfalt in der EU und die Veränderungen dieser Kosten seit Ende der achtziger Jahre, insbesondere auf dem Finanzsektor. Ein wichtiges Ergebnis war, daß die Devisenverwaltungskosten von 1986 bis 1995 zwar kräftig gestiegen sind, im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt jedoch bei knapp 1 Prozent verharrten. 22 Die Auswirkungen der europäischen Währungsunion und der fortschreitenden finanziellen Integration Europas auf die EU Finanzzentren wurden in einem Gutachten für die Europäische Kommission abgeschätzt.23 Es kam zu dem Ergebnis, daß die großen Finanzzentren sich auch weiterhin behaupten werden. Im Sommer 1997 wurden die möglichen Auswirkungen der Währungsunion auf die Beschäftigung in der EU theoretisch und empirisch analysiert.24 Im März 1998 wurde dann untersucht, ob die Einführung des Euro das Ende der Vorherrschaft des Dollar bedeutet.25 Und endlich hatten seit Anfang 1997 alle Konjunkturberichte des ifo Instituts über Mitgliedstaaten der EU einen Exkurs enthalten, in dem geprüft wurde, inwieweit es den Ländern gelingen würde, die Kriterien des Maastricht-Vertrags zu erfüllen. Wegen der Aktualität des Themas stand der wissenschaftliche Teil der Jahresversammlung 1998 unter dem Motto "Der Euro - die neue Realität in Europa und der Welt".26 Die Beiträge befaßten sich zum einen mit der fiskalischen und realen Konvergenz, die im Gegensatz zur monetären Konvergenz noch viel Raum hat, sowie dem konjunkturellen Gleichlauf. Fragen der Europäisierung der Fiskalpolitik wurden durch die französichen Initiativen zur Verlagerung fiskalpolitischer Kompetenzen auf die EU-Ebene aufgeworfen. Die gemeinsame Währung in Euroland beseitigt nicht nur das Wechselkursrisiko und ermöglicht damit den Unternehmen erhebliche Einsparungen, sondern erhöht auch die 21 W. OcheI (1996), Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion - Chancen und Risiken, ifo Schnelldienst (9), 21-34. 22 R. Dumke, A. Herrmann, A. Juchems and H.C. Sherman (1997), Managing the Costs of Multiple Currencies, Veröffentlichung durch die Europäische Kommission und als Zusammenfassung in ifo Schnelldienst (9), 3-18. 23 R. Koll, Ch.W. Nam und H.C. Sherman (1998), Die EU-Finanzzentren im Bannkreis von integrierten Finanzmärkten und Währungsunion, ifo Schnelldienst (3), 9-20. 24 W. Ochel (1997), Europäische Wirtschafts- und Währungsunion und Beschäftigung, ifo Schnelldienst (15), 9-23. 25 W. Ochel (1998), Der Euro- das Ende der Vorherrschaft des Dollar?, ifo Schnelldienst (8), 3-14. 26 Alle Beiträge wurden im ifo Schnelldienst 17-18/1998 veröffentlicht. A. Juchems, W. Leibfritz, Ein Markt - eine Währung - eine Konjunktur?, 3-12; G. Nerb, Einfluß des Euro auf Unternehmensstrategien, 13-18; W. Ochel, Europäisierung der Fiskalpolitik in der Währungsunion?, 19-28; D. Gros, Distributing Seignorage under EMU, 29-39.

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Preistransparenz. In einer Umfrage des ifo Instituts gab jedes siebte Industrieunternehmen an, aufgrund des Euro ab 1999 seine Preispolitik ändern zu wollen. Schließlich wurde noch dargestellt, wie der Geldschöpfungsgewinn aus der Ausgabe von Euro auf die einzelnen Länder verteilt werden sollte. Die europäische Währungsunion ist von besonderer Bedeutung für die Agrarwirtschaft, weil die Gewinnsituation der landwirtschaftlichen Betriebe in hohem Maße von den in Ecu definierten Beträgen bestimmt ist, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik für Marktordnungspreise sowie für Beihilfen, Prämien und Ausgleichszahlungen gelten. Mit der Einführung der einheitlichen europäischen Währung fallen Veränderungen der Wechselkurse weg, was der europäischen Landwirtschaft Erleichterungen und Kosteneinsparungen bringen sollte.27 Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs wurde ein weiterer Aspekt des europäischen Integrationsprozesses spruchreif: Neben der Vertiefung ging es nun um die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten. In einer Studie wurde die Verschiebung der Außenhandelsströme der Länder Ostmitteleuropas untersucht. Nach dem Zusammenbruch des Comecon versuchten sie nämlich, ihren Außenhandel von Osten nach Westen umzulenken. Während die Handelsbeziehungen zwischen Polen, Ungarn und der CSFR ein historisches Minimum erreichten, konnte der Anteil der EG am Gesamtexport dieser drei Länder bis Ende 1991 bereits kräftig erhöht werden.28 Die beachtlichen Fortschritte im Transformationsprozeß der ost- und mitteleuropäischen Länder und ihre zunehmenden Annäherung an die Europäische Union wurden in Berichten, insbesondere über die Visegrad-Länder dokumentiert.29 1994 veröffentlichte das ifo Institut mehrere Berichte über die künftige EU-Mitgliedschaft der ostmitteleuropäischen Länder, z.B. über die Vollmitgliedschaft Ungarns30, über die tschechische Wirtschaft 31, und über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der Europäischen Union zu den Visegradstaaten. Auch fanden seit 1991 deutsch-ungarische Expertengespräche statt.

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M. Schöpe (1996), Agrarwirtschaft und Währungsunion, ifo Schnelldienst (20), 16-22. J. Habuda (1991), Die Umorientierung der Außenhandelsströme der Transformationsländer Ostmitteleuropas, Beiheft Nr. 40 der Konjunkturpolitik - Tagungsband zur Sondertagung der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute im Mai 1991 in Bonn. 29 P. Brunner und W. Ochel (1995), Die Europäische Union zwischen Vertiefung und Erweiterung, ifo Schnelldienst (32), 9-20. 30 J. Habuda und W. Ochel (1994), Antrag auf Vollmitgliedschaft: Neue Herausforderungen für Ungarn und die europäische Union, ifo Schnelldienst (15), 16-24. 31 M. Jennewein (1994), Die tschechische Wirtschaft: Vorbild für einen erfolgreichen Systemwechsel?, ifo Schnelldienst (31), 25-34. 28

Entwicklungs- und Transformationsforschung Von Siegfried

Schönherr

Zur Geschichte des Forschungsbereichs Die Entwicklungsforschung wurde 1961 als "Studienstelle für Entwicklungsländer" im ifo Institut begründet. Das Schwergewicht der empirischen Forschungstätigkeit konzentrierte sich anfangs auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Konsequenterweise wurde die neue Abteilung deshalb schon kurze Zeit nach ihrer Gründung in "Afrika-Studienstelle" umbenannt. Ziel der Afrika-Aktivitäten, die sich über den gesamten Zeitraum der sechziger Jahre erstreckten, war die Wiederbelebung der durch Krieg und Nachkriegszeit unterbrochenen deutschen empirischen Afrikaforschung, und das zu einer Zeit, als die europäischen Kolonialmächte die Mehrzahl ihrer afrikanischen Besitzungen in die (häufig schlecht vorbereitete) Unabhängigkeit entließen. Fragen der afrikanischen Situation und Entwicklung stießen deshalb auf ein lebhaftes wissenschaftliches und politisches Interesse. In einem groß angelegten, von der Fritz Thyssen Stiftung unterstützten multidisziplinären Programm1 konnten sich während dieser Zeit zahlreiche deutsche Wissenschaftler und über einhundert deutsche Stipendiaten durch Forschung in Afrika qualifizieren und so ihre neu gewonnenen Erfahrungen in die sich formierenden, international orientierten Institutionen von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Verbänden auf nationaler sowie internationaler Ebene einbringen. In der ersten Phase der ifo "Entwicklungsforschung" diente die AfrikaStudienstelle in erster Linie der Wiederbelebung und Entwicklung einer in Deutschland verschütteten Wissenschaftstradition. Damit einhergehend wurden auch Ziele zur Qualifizierung von Fach- und Führungskräften für internationale, meist entwicklungsländerbezogene öffentliche oder im öffentlichen Interesse stehende Aufgaben verfolgt. Zugleich bedeutete die sich gerade vollziehende Entkolonialisierung in Afrika auch eine thematische Herausforderung für den neuen Forschungsbereich im ifo Institut. Publizistisch fanden die mit diesen Aufgaben verbundenen Aktivitäten vor allem in der 1964 begründeten ifo Reihe "Afrika-Studien" ihren Niederschlag.2 1 Dr. W. Marquardt, erster Leiter der neuen Abteilung, hatte das Afrika-Programm konzipiert und die Stiftung zu dessen Finanzierung gewonnen. 2 Zunächst veröffentlicht im Springer-Verlag (Berlin, Göttingen, Heidelberg), seit 1967 im Weltforum Verlag (München, später München, Köln, London).

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Siegfried Schönherr

Diese Buchreihe umfaßt derzeit 127 Bände, bildet in ihrer Art einen wohl einmaligen fachlichen Fundus und stellt auch heute noch ein deutsches Forum zur Veröffentlichung afrikabezogener empirischer Studien dar.3 Im ifo Institut selbst führte dieses Programm zur Entstehung einer breiten Forschungskompetenz, die im Rahmen der seinerzeit stark expandierenden öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit, aber auch im Zuge der wissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzung immer stärker nachgefragt wurden. Nach dem Auslaufen des Afrika-Sonderprogramms in den siebziger Jahren konnte deshalb auch die "Afrika-Studienstelle" unter der Leitung von Dr. R. Güsten ohne Bruch in die "Abteilung Entwicklungsländer" überführt werden. Regional befaßte sich die neu benannte Abteilung zwar weiterhin auch mit Afrika, weitete aber ihr Tätigkeitsfeld zunächst auf Asien und gegen Ende der 70er Jahre generell auf Entwicklungs- und Schwellenländer aus. Entsprechend dem Mandat eines Wirtschaftsforschungsinstituts standen nun weniger multidisziplinäre, sondern stärker wirtschaftswissenschaftliche und -politische Fragen im Vordergrund des Arbeitsinteresses. Forschungsschwerpunkte wurden Themen wie "Industrielle Strategie in Tropisch-Afrika", "Sozioökonomische Entwicklung/Probleme der Industrialisierung der OPEC-Staaten" oder "Industrielle Kooperation mit der Dritten Welt". In der Politikberatung wurden Studien und Gutachten zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung, insbesondere auch länderbezogene Hilfsprogramme, erstellt.4 Im Rahmen eines von der Bundesregierung geförderten Programmes kam es zu einem mehrjährigen Wissenschaftleraustausch mit einem algerischen Industrieforschungsinstitut. Für die Europäische Gemeinschaft wurden entwicklungspolitische Studien zur Importsubstitution, zum internationalen Vergleich von Faktorkosten und zu den Möglichkeiten der Exportindustrialisierung durchgeführt. Im Auftrag des Rationalisierungskuratoriums der deutschen Wirtschaft befaßten sich zahlreiche Gutachten mit Themen wie "Die Industrialisierung der Entwicklungsländer und ihre Rückwirkungen auf die deutsche Wirtschaft" und schließlich für die Auftraggeber Bundesregierung, Vereinte Nationen und Weltbank mit dem Sektor Bauwirtschaft und Baustoffindustrie in Entwicklungsländern.5

3 Die internationale Resonanz des Forschungsprogramms läßt sich u. a. daran ablesen, daß nach einer Evaluierung bis 1973 von den weit über 1000 Besprechungen der Veröffentlichungen mehr als die Hälfte in ausländischen Zeitschriften erschien. Bis 1998 waren ca. 60.000 Exemplare der Afrika-Studien verkauft. 4 Ein letztes Länderhilfeprogramm wurde 1989 konzipiert: Als sich die Bundesregierung auf die Zusammenarbeit mit (der ehemaligen deutschen Kolonie) Namibia vorbereiten mußte, wurde die Abteilung mit der Durchführung und Koordinierung eines groß angelegten Forschungs- und Beratungsprogramms beauftragt, das der späteren Entwicklungszusammenarbeit als Grundlage diente (vgl. ifo Grundlagenstudie Namibia, 14 Bände, mimeo, München 1989; Gutachten im Auftrag des BMZ). 5 Z . B. J. Riedel und S. Schultz (1978), Bauwirtschaft und Baustoffindustrie in Entwicklungsländern, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 3, München, Köln, London.

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Ende der siebziger Jahre hatte die Abteilung einen forschungspolitischen Wandel von der engen regionalen und Einzelland-Orientierung hin zu thematisch länderübergreifenden und -vergleichenden Studien vollzogen. Der "Entwicklungsprozeß der Dritten Welt" wurde nicht mehr verselbständigt und isoliert behandelt, sondern gleichermaßen unter dem Blickwinkel der Industrieländer gesehen.6 Das Verhältnis der "Welten" zueinander wurde zunehmend Gegenstand der Forschungsarbeiten. Ihren besonderen publizistischen Niederschlag fanden die entwicklungsbezogenen Forschungsarbeiten in einer neuen, zusätzlichen Buchreihe, den "ifo Studien zur Entwicklungsforschung" (heute 35 Bände, veröffentlicht im Weltforum Verlag, München, Köln, London). Für spezialisiertere Themen7, Dissertationsstudien8 oder kürzere Abhandlungen9 war schon früher eine Veröffentlichungsreihe eingerichtet worden - die "ifo Forschungsberichte der Abteilung Entwicklungsländer" (mit zur Zeit 88 Bänden, ebenfalls veröffentlicht im Weltforum Verlag). Mit diesem Wandel der Entwicklungsforschung am Institut waren in der Folgezeit wissenschaftliche, teilweise auch harte Auseinandersetzungen mit den Vertretern der damals vielerorts in Deutschland vorherrschenden entwicklungstheoretischen Paradigmen von Dependenz und Strukturalismus (Staatsinterventionismus) unausweichlich. Nicht zuletzt entstanden aus diesem Disput und auf Initiative des damaligen Abteilungsleiters; Prof. Dr. H.G. Braun, Anfang der achtziger Jahre wohl die ersten empirischen Studien im deutschen Sprachraum, von der Abteilung erstellt, die einen positiven Zusammenhang von marktwirtschaftlicher Orientierung sowohl mit Wirtschaftswachstum als auch sozialen Wohlfahrtsindikatoren nachwiesen (Literaturbelege siehe weiter unten). Eine wachsende Zahl von Ländern der "Dritten Welt" leitete in den achtziger Jahren weitreichende wirtschaftliche Reformprozesse ein, nachdem sich ihre Wirtschaftssysteme mit zentraler staatlicher Planung oder zumindest starker staatlicher Intervention als ineffizient erwiesen hatten. Durch eine umfassende marktwirtschaftliche Ausrichtung der Wirtschaftssysteme sollte die Stagnation in vielen Ländern überwunden werden. Ende der achtziger Jahre erfaßte dieser Prozeß auch mittel-/osteuropäische Länder und schließlich zu Beginn der neunziger Jahre die Länder der ehemaligen UdSSR. Zugleich gingen die Libe6 Diesbezüglich häufig extern zitierte Studien waren ζ. B. Ch. Pollak (1982), Neue Formen internationaler Unternehmenszusammenarbeit ohne Kapitalbeteiligung, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 10, München, Köln, London oder H.-G. Braun, A. Halbach, H. Helmschrott, R. Osterkamp, C. Pollak und J. Riedel (1982), Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 11, München, Köln, London. 7 Z. Β. K. Fritsche (1990), Rückkaufgeschäfte in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Sowjetunion und den Entwicklungsländern, Forschungsbericht, Nr. 70. 8 Z. B. S. Mair (1992), Politische Rahmenbedingungen für das ländliche Kleingewerbe, Forschungsbericht, Nr. 78. 9 Z . Β. H. Sautter (1990), Ordnung, Moral und wirtschaftliche Entwicklung. Das Beispiel Taiwan, Forschungsbericht, Nr. 71.

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ralisierungsanstrengungen mit der verstärkten Wirksamkeit von Globalisierungsprozessen einher, welche die klassische Dreiteilung der Welt immer mehr in Frage stellten. Infolge dieser Entwicklung haben sich die Forschungsprioritäten und der räumliche Tätigkeitsbereich der Abteilung nicht unwesentlich verändert. Fragen der Ordnungspolitik und die Analyse von Reformprogrammen und Transformationsprozessen gewannen unter der 1984 übernommenen Leitung von Prof. Dr. S. Schönherr zunehmend an Gewicht, und das Tätigkeitsfeld weitete sich auf Länder des ehemaligen Ostblocks aus. Innerhalb der Abteilung wurde 1992 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit spezifischen Transformationsfragen in der GUS und in Osteuropa befaßte. Diese Arbeitsgruppe startete sehr aktiv und wurde ein Jahr später zu einer eigenständigen neuen Abteilung "Osteuropa" im ifo Institut ausgebaut. Ähnlich entwickelte sich die schon vor 1991 in großem Umfang einsetzende Nachfrage nach Praktikantenplätzen und Ausbildungsleistungen aus Osteuropa und China, denen nur in sehr begrenztem Umfang von der Abteilung entsprochen werden konnte. Um dieser Nachfrage systematisch nachkommen zu können, wurde ein Mitglied der Abteilung mit der Einrichtung einer ifo-Akademie für Wirtschaftspolitik beauftragt, die 1991 ihre Arbeit aufnahm. 10 Schließlich stand durch die Zunahme an Aktivitäten in Transformationsländern auch eine Namensergänzung der Abteilung in "Entwicklungs- und Transformationsländer" (englisch: "Development and Transformation Studies") an. In jüngerer Zeit drängten die Folgen der Globalisierung zu einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Faktor des weltweiten strukturellen Wandels und zu einer verstärkten Orientierung auch auf den asiatischpazifischen Raum. Mit neuen Studien und Schwerpunktsetzungen wurde begonnen.11

Zur Funktion der Politikberatung, Ausbildung und Bereitstellung von Personal für wissenschaftliche und andere öffentliche Aufgaben Der Forschungsbereich Entwicklungsländer hatte im ifo Institut von Anbeginn eine duale Ausrichtung, das heißt die Verbindung der Grundlagenforschung auf der einen Seite mit Politikberatung, der Ausbildung sowie der Bereitstellung von

10 R. Osterkamp (1991), ifo Academy for Economic Policy, ifo, München (Konzept und Programm). 11 Ζ. Β. M. Taube und A. Gälli (Hrsg.) (1999), Chinas Wirtschaft im Wandel, München, Bonn, London (Forschungsbericht, Nr. 88), G. Hilpert ei al. (1997), Technologieschutz für deutsche Investitionen in Asien, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 30, München, Köln, London. In diesem Kontext entstand auch ein gerade angelaufenes, von der Volkswagenstiftung großzügig ausgestattetes und für drei Jahre konzipiertes Kooperationsprogramm in der empirischen Wirtschaftsforschung mit China.

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Personal auf der anderen Seite.12 Bereits Prof. Langelütke, zu dieser Zeit Präsident des Instituts, leitete die besondere Bedeutung des neuen Bereichs zur Zeit seiner Gründung nicht zuletzt aus der politischen Dimension des Ost-WestKonfliktes und dem Ringen der Großmächte um Einflußzonen in der Dritten Welt ab. Bohnet, langjähriger Abteilungsleiter des Forschungsbereichs während der siebziger Jahre, stellte in einem Evaluierungsbericht über das AfrikaStudienprogramm13 rückblickend die entwicklungspolitische Stoßrichtung der neuen Abteilung in den Vordergrund. Er definierte die Funktion der Abteilung als Schaffung wissenschaftlicher Grundlagen zur Fundierung der Entwicklungspolitik. Freilich reflektiert Bohnet hier vor allem die späten 60er und frühen siebziger Jahre, in denen das Institut bei der Konzipierung von Länderhilfeprogrammen im Auftrag des Bundesministiums für wirtschaftliche Zusammenarbeit in besonderem Maße aktiv war. Die Afrika-Studienstelle war im Hinblick auf die beiden anderen Ziele, Ausbildung und Bereitstellung von qualifiziertem Personal, ungewöhnlich erfolgreich. Nach der Bohnet-Evaluierung wurden bis 1972 116 empirische Studien unter dem Ziel des learning by researching abgeschlossen und veröffentlicht. Für 80 ehemalige Stipendiaten des Programms konnten 1974 qualifizierte, international relevante Tätigkeiten in Wissenschaft, Politik und Wirtschaft nachgewiesen werden.14 Auch nach dem Auslaufen des Afrikaprogramms stellte die Abteilung immer wieder einschlägigen Institutionen Führungspersonal zur Verfügung. 15 In den neunziger Jahren leistete - nicht zuletzt im Rahmen von Doktorandenprogrammen - die Abteilung Ausbildungsbeiträge und Personalbereitstellung für andere Institutionen.16

12 Prof. Dr. Langelütke und Dr. Marquardt waren die Initiatoren dieses Forschungsbereichs. Besonders der damalige Präsident des ifo Instituts (Langelütke) hatte die politische Beratung als Kern der neuen Abteilung betont; vgl. W. Marquardt (Hrsg.) (1979), Dreißig Jahre Wirtschaftsforschung im ifo Institut 1949-1979, München, S. 168 ff. Auch Prof. Oppenländen seit 1976 Präsident des ifo Instituts, legte besonderen Wert auf die Politikberatung - allerdings in einem ausgewogenen Verhältnis zur Grundlagenforschung und zur Erbringung eines adäquaten Deckungsbeitrags für das Institut. Vgl. auch Κ. H. Oppenländer und S. Schönherr (Hrsg.) (1992), Strukturprobleme und Reformen in Afrika, Wilhelm Marquardt zum 75. Geburtstag, Afrika-Studien, Nr. 119, München, Köln, London. 13 M. Bohnet (1974), Developing Countries: Research and Policies - Results of the African Research Program of the ifo Institute, Forschungsbericht, Nr. 41. 14 Als Experten/Führungskräfte bei internationalen Organisationen: 7; im entwicklungspolitischen Consulting: 12; als Referenten/Führungskräfte beim BMZ: 8; im Bereich Auslandsaktivitäten von Privatfirmen: 9; als Professoren oder sonstige gehobene Lehrpositionsinhaber an deutschen und ausländischen Universitäten: 22; als Assistenten/Lecturers an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen: 14; als Auslandsexperten im ifo Institut: 8. 15 Prof. Dr. Bohnet selbst übernahm die Leitung des Planungsstabs im BMZ. Zwei weitere ehemalige Abteilungsleiter wurden in Führungspositionen entwicklungspolitisch tätiger Institutionen berufen: Dr. Güsten in die Weltbank, Prof. Dr. Braun als Direktor in die DEG nach Köln. Dr. Oursin avancierte zum Generalsekretär der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg.

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Im Bereich der Politikberatung hat sich die Nachfrage nach ifo-spezifischem Know-how im letzten Jahrzehnt verändert. Große, teilweise international zusammengesetzte Teams beraten derzeit im Rahmen von Tacis-Programmen und unter Federführung des ifo Instituts die Russische Zentralbank bei der Einführung eines Firmen-Monitoring oder das Finanzministerium Kirgisiens beim Aufbau modellgestützter Prognoseverfahren. Das türkische Schatzamt sucht mit Unterstützung der Weltbank den Rat des Instituts bei der Einrichtung eines wissenschaftlich fundierten Frühwarnsystems (leading indicators) für finanzielle Krisensituationen. Verschiedene Institutionen der VR China arbeiten im Rahmen eines von der VW-Stiftung ermöglichten Kooperationsprogramms zum Aufbau von Konjunkturerhebungen mit dem ifo Institut eng zusammen. Schließlich hilft das ifo Institut einer kasachischen Wirtschaftsforschungseinrichtung schon seit 1992 beim Aufbau empirischer Forschungs- und Analysekapazitäten, was zunächst mit Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums und später der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH bewerkstelligt wurde. Eine Forschungs- und Beratungstradition, die bis in die siebziger Jahre zurückreicht, nämlich die Analyse von und Förderung durch Beratung für Politikkonzepte zur Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen17, konnte fast kontinuierlich aufrechterhalten und sogar ausgebaut werden. So wird die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Afrika bereits im siebten Jahr bei der Konzipierung von Maßnahmen zur Förderung dieses Sektors in verschiedenen afrikanischen Ländern beraten. Die Konzepte dafür wurden wissenschaftlich in der Abteilung entwickelt.18 Politikberatung, Ausbildung und Bereitstellung von qualifiziertem Personal waren in der Vergangenheit zentrale Aufgaben der Abteilung, die, legt man quantitative Indikatoren zugrunde, als herausragend bewertet werden können.

Grundlagenorientierte Forschung und wissenschaftliche Außenwirkung Das Afrika-Studienprogramm bis Anfang der siebziger Jahre kann als eine Glanzzeit für wissenschaftlichen Output bezeichnet werden. Dabei wurden die wissenschaftlichen Erträge über ein Programm verwirklicht, das in erheblichem Umfang externe Kapazitäten für die Afrikaforschung mobilisierte. Das Pro16 Einige Beispiele hierzu: Dr. M. QueisserlWeltbank, Washington D. C.; C. Gassner/Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt; S. /Wa/'r/Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen; M. Theuringer/Lehrsiuh\ Prof. Dönges, Köln; Dr. A. Poser/United Bank of Switzerland, Zürich; J. Conrad/Deutsche Bank Research, Frankfurt; Ch. Pollak/GTZ (Abteilungsleitung), Frankfurt; Dr. J. R/ede//Aufbauwerk Sachsen (Geschäftsführer), Dresden; Dr. B. Thanner/BM\N\ (Transformprogramm), Bonn. 17 Ζ. Β. H. Michel und W. Ochel (1977), Ländliche Industrialisierung in Entwicklungsländern, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 2, München, Köln, London; J. Riedel, H. Schmitz et al. (1989), Grass-Root Industrialisation in a Ghanaian Town, Afrika-Studien, Nr. 115, München, Köln, London. 18 Ζ. Β. W. Schneider-Barthold ei al. (1995), Die Organisationsfähigkeit des informellen Sektors, Forschungsberichte des BMZ, München, Köln, London.

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gramm war großzügig und langfristig extern finanziert. In den siebziger Jahren bestimmten ifo intern bereitgestellte Forschungs- und Beratungsleistungen zahlreiche Einzelprojekte, deren jeweilige Finanzierung gesichert werden mußte - die Aktivitäten der Abteilung. Obwohl während dieser Zeit sehr viele praxisnahe Gutachten erstellt wurden, entstand auch eine umfangreiche Reihe von Studien, welche die wissenschaftliche Diskussion in der Bundesrepublik befruchteten. 19 Anfang der achtziger Jahre wagte eine Gruppe von Forschern der Abteilung einen "Frontalangriff' gegen die Dependenz- und Strukturalismusschulen. Diese Studien20 erregten weit über den deutschen Sprachraum hinaus Aufsehen. Ein Vertreter der Abteilung wurde zur Weltbank eingeladen, um dort die Ergebnisse zu erläutern und anschließend auch in englischer Sprache zu veröffentlichen.21 Auch der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit befaßte sich über zwei Jahre hinweg mit diesem Thema und kam schließlich 1985 zu einer eigenen Bewertung22, in der er sich ausführlich mit den Ergebnissen der ifo Studien auseinandersetzte. Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützten Vorhabens wurden später einige ordnungspolitisch-wachstumstheoretische Aspekte im Kontext dieser Diskussion vertiefend untersucht. Dabei konnte empirisch die Bedeutung der Investitionsquote für das Wirtschaftswachstum relativiert werden.23 Hohe Investitionsquoten, so ein Ergebnis, können auch langfristig mit niedrigen Wachstumsraten einhergehen, wenn Wirtschafts- und Ordnungspolitik keine Anreize zu effizienter Kapitalverwendung geben. In den späten achtziger Jahren und bis zur Gegenwart wurden von der Abteilung etwa ein Dutzend größere von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Volkswagenstiftung unterstützte sowie weitere wissenschaftlich grundlegende Forschungsprojekte durchgeführt und deren Ergebnisse veröffentlicht.

19 Neben anderen sind beispielhaft zu nennen: M. Bohnet und R. Betz (1976), Einkommensverteilung in Entwicklungsländern, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 1, München, Köln, London; A. Halbach, H. Helmschrott, W. Ochel und J. Riedel (1975), Industrialisierung in Tropisch-Afrika, Afrika-Studien, Nr. 86, München, Köln, London. 20 A. Halbach, R. Osterkamp, H.-G. Braun und A. Gälli (1982), Wirtschaftsordnung, sozio-ökonomische Entwicklung und weltwirtschaftliche Integration in den Entwicklungsländern, Studienreihe des BMWi, Nr. 36, Bonn; S. Schönherr, A. Halbach und R. Osterkamp (1990), Entwicklungskrisen durch fehlerhafte Ordnungspolitik? Versuche einer empirischen Beantwortung, in: Κ. H. Oppenländer und S. Schönherr (Hrsg.), Strukturprobleme und Reformen in Afrika, Afrika-Studien, Nr. 119, München, Köln, London, Erstabdruck in ifo Schnelldienst 10-11/1985. 21 A Halbach (1983), Economic System and Socio-Economic Development of Developing Countries. A Statistical Analysis of World Bank Data, Economics, Bd. 28. 22 Wissenschaftlicher Beirat beim BMZ: Wirtschaftsordnung und Entwicklungserfolg, Forschungsberichte des BMZ, Bd. 72, Köln 1985. 23 H. Helmschrott, R. Osterkamp und S. Schönherr (1992), Stagnation in der Dritten Welt - Hat die Wirtschaftspolitik versagt? Empirische Untersuchungen über den Zusammenhang von Staat, Markt und Entwicklung, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 23, München, Köln, London.

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In der einschlägigen Diskussion sind beispielsweise Studien zu den rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung24 aufgegriffen worden. Die Strukturanpassungsproblematik vor dem Hintergrund der Verschuldung vieler Entwicklungsländer wurde analysiert. 25 Des weiteren fanden die Untersuchungen über soziale Sicherungssysteme in Lateinamerika 26 , über die Wirkungen der Währungssubstitution für die Wirtschaftspolitik 27, die Perspektiven regionaler Wirtschaftskooperation im Nahen Osten im Rahmen des Friedensprozesses 28 sowie die Wettbewerbsposition Deutschlands in Lateinamerika 29 Eingang in die wissenschaftliche Debatte. Eine Untersuchung über den Zusammenhang von Entwicklungshilfe und Exportentwicklung des Geberlandes 30 steht unmittelbar vor der Veröffentlichung. In Vorbereitung zur Veröffentlichung befinden sich die Ergebnisse einer Studie zu den Wachstumsdeterminanten in Transformations- und Schwellenländern. 31 Das Zusammenwirken von makroökonomischen Bedingungen und mikroökonomischer Transformation 32 ist das Thema einer soeben erschienenen Dissertation, die an der Universität Freiburg mit Auszeichnung bewertet wurde.

24 Z. B.: Ch. Pollak und J. Riedel (Hrsg.) (1986), Wirtschaftsrecht im Entwicklungsprozeß der Dritten Welt, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 15, München, Köln, London; J. Riedel et al. (1990),: Soziokulturelle Herausforderungen für die Entwicklungspolitik, Afrika-Studien, Nr. 118, München, Köln, London. 25 R. Osterkamp und A. Halbach (1990), Strukturanpassung in Entwicklungsländern und flankierende Maßnahmen der Industrieländer - Empirische und theoretische Analyse vor dem Hintergrund der Verschuldungsproblematik, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 20, München, Köln, London. 26 M. Queisseret al. (1993), Adjustment and Social Development in Latin America during the 1980s. Education, Health Care and Social Security, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 25, München, Köln, London; M. Queisser (1993), Vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren: Die chilenische Rentenreform als Modell für Entwicklungsländer?, Forschungsbericht, Nr. 79. 27 D. Brand (1993), Currency Substitution in Developing Countries. Theory and Empirical Analysis for Latin America and Eastern Europe, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 24, München, Köln, London. 28 Α. Halbach et al. (1995), Regional Economic Development in the Middle East - Potential intra-regional trade in goods and services against the background of a peace settlement, ifo Research Reports - Department for Development and Transformation Studies, 84. Diese Studie diente als Grundlagenstudie der von der internationalen Regional Economic Working Group (REDWG) veranstalteten Konferenz in Rabat (16. 6. 1994) und auf dem Petersberg in Bonn (18./19. 6. 1995). 29 D. Brandet al. (1993), Die Wettbewerbsposition Deutschlands in Lateinamerika. Perspektiven des Außenhandels unter dem Einfluß der regionalen Integration, Forschungsbericht, Nr. 81. 30 K. Vogler-Ludwig, M. Taube, S. Schönherr, H. Blau et al. (1999), Auswirkungen der Entwicklungszusammenarbeit auf den Wirtschaftsstandort Deutschland, Forschungsberichte des BMZ, in Drucklegung. 31 R. Osterkamp, R. Dumke, H.G. Hilpert, J. Jungfer und M. Taube, Wachstumsdeterminanten in Transformations- und Schwellenländern (Veröffentlichung in Vorbereitung). 32 J.A. Poser (1999), Microeconomic Conditions and Macroeconomic Disruptions in Transition Economies. Managing the Transformation Crisis in the Former Soviet Union, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 34, München, Köln, London.

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Mit dem Walter-Eucken-Preis ausgezeichnet wurde kürzlich die Promotion eines Mitarbeiters, die sich mit den Integrationsproblemen der Wirtschaft Hongkongs in die Volkswirtschaft Chinas befaßt. 33 Die grundlagenorientierte Forschung umfaßte stets einen wichtigen Teil der Arbeit der Abteilung, und die wissenschaftliche Außenwirkung, so läßt sich zusammenfassen, war und ist bis zur Gegenwart signifikant.

Resümee und Ausblick für den Forschungsbereich Die Entwicklungs- und Transformationsforschung hat das ifo Institut in wichtigen Ländern Asiens, Afrikas und in einigen Regionen der GUS wie wohl kaum eine andere deutsche wirtschaftswissenschaftliche Einrichtung bekanntgemacht. In die entwicklungspolitische und entwicklungstheoretische Diskussion in Deutschland hat sich die Abteilung nicht selten erfolgreich eingemischt. Die Mitarbeiter der Abteilung haben ein internationales wissenschaftliches und forschungspolitisches Netzwerk aufgebaut. Es gelang im Rahmen deises Forschungsbereiches, in den letzten Jahren fünf große, von der EU mit umfangreichen Mitteln ausgestattete Tacis-Projekte bei internationalen Ausschreibungen zu gewinnen. Der finanzielle Beitrag für das Institut ist entsprechend hoch. Eine ganze Reihe jüngerer Mitarbeiter erzielte ausgezeichnete Dissertationen geführt. Ungebrochen ist die Nachfrage renommierter Institutionen nach jüngerem Personal, das sich im Forschungs- und Beratungsbereich der Abteilung ausgewiesen hat. Die vom Wissenschaftsrat geforderte Reduzierung der Themenfelder des ifo Instituts sowie der letztlich von ihm erzwungene Personalabbau werden die Zukunft auch dieses Forschungsbereichs beeinträchtigen. Verbleibende Spielräume sollen freilich auch unter solch restriktiven Bedingungen so wirksam wie möglich im Dienste von Wissenschaft und Politikberatung ausgeschöpft werden.

33 Μ Taube (1997), Ökonomische Integration zwischen Hongkong und der Provinz Guangdong, VR China. Der chinesische Transformationsprozeß als Triebkraft grenzüberschreitender Arbeitsteilung, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 31, München, Köln, Lo.ndon.

Japan- und Chinaforschung Von Helmut Laumer

Die ersten Kontakte des ifo Instituts zur japanischen Wirtschaft und zu japanischen Konjunkturforschern erfolgten schon kurz nach der Gründung des Instituts Ende der vierziger Jahre. Damals waren Ökonomen japanischer Banken und anderer Institutionen auf den von ifo entwickelten Konjunkturtest aufmerksam geworden. In intensiven Gesprächen mit den Mitarbeitern des Instituts informierten sie sich über die methodischen Ansätze und die Möglichkeit, diese auch für Konjunkturumfragen in Japan anwenden zu können. Den Anfang machten die Ökonomen der Industrial Bank of Japan, die bereits Anfang der fünfziger Jahre mit der ersten Befragung nach dem Muster des ifoKonjunkturtests in ihrem Kundenkreis begannen. Andere Institutionen folgten mit Surveys, die ebenfalls den ifo-Konjunkturtest zum Vorbild hatten.1 Der "Tankan" der Bank of Japan gehört heute in Japan zu den meist beachteten Konjunkturbarometern. Der wissenschaftliche Erfahrungsaustausch auf diesem Gebiet blieb - über die Institution der CIRET-Konferenzen - bis heute äußerst intensiv und fruchtbar. Auch auf anderen Gebieten entwickelte sich in der Folgezeit ein reger Erfahrungs- und Informationsaustausch, zunächst besonders intensiv auf dem Gebiet der Handelsforschung (hier insbesondere mit der Gakushuin University, Tokyo, und der Nagasaki Prefectural University), der auch in gemeinsamen Veranstaltungen (Seminare, Vorlesungen) und Publikationen seinen Niederschlag fand. 2 Im Laufe der siebziger Jahre vertiefte und institutionalisierte sich die Zusammenarbeit mit dem renommierten "Japan Center for Economic Research (JERC)", dem "Yamaichi Research Institute (YRI)" und dem "Mitsubishi Research Institute (MRI)", später auch mit dem "Sakura Institute of Research (SRI)", dem "Nomura Research Institute (NRI)" und anderen. Sie beinhaltete die Durchführung gemeinsamer wissenschaftlicher Tagungen (auch in asiatischen Drittländern3), die gegenseitige Entsendung von Referenten zu Symposi1 Vgl hierzu M. Baba (1959), Business Tendency Surveys in Japan, Vortrag auf der 4. Internationalen Tagung über Probleme wirtschaftlicher Tendenzbefragungen, München; F. Neumann und W.H. Strigel (1969), Konjunkturumfragen in Japan, internes ifo Merkblatt IX/1. 2 Vgl. E. Batzer, H. Laumer und T. Suzuki (1992), Absatzwirtschaft in Japan und Deutschland, Strukturen - Wettbewerb - Politik, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 131, Berlin, München. 3 Zum Beispiel das ifo Seminar "Economic Changes in the EC and Japan on the Thai Economy" (in Zusammenarbeit mit dem Mitsui Research Institute und dem Thai Deve-

16 ifo Studien 1999

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en und Vortragsveranstaltungen in München bzw. Tokyo und Osaka, die Beteiligung an Forschungsprojekten der Partnerinstitute und den Austausch von Personal. Gefördert durch die Stiftung Volkswagenwerk entstand Mitte der siebziger Jahre das erste deutschsprachige Standardwerk über die japanischen Welthandelsunternehmungen.4 Die häufige Anwesenheit japanischer Gastforscher von Universitäten, Forschungsinstituten, Ministerien und Unternehmen, die jeweils für drei Monate bis zu zwei Jahren im ifo Institut gearbeitet haben, hat das Japan-Know-how des ifo Instituts ebenso befruchtet wie die Studienaufenthalte von ifo Mitarbeitern in befreundeten japanischen Instituten. Mitte 1986 wurde beschlossen, die vielfältigen Japan-Aktivitäten des Instituts in einer eigenen Forschungsgruppe zu bündeln und sich dem "Phänomen Japan" auch wissenschaftlich stärker zu widmen, als dies bis dahin möglich war. Die "Japan-Studienstelle" wurde gegründet und auch mit der erforderlichen (japanisch-)sprachigen Kompetenz sowie informationstechnischen Infrastruktur ausgestattet. Systematisch wurde im Laufe der Jahre im ifo Institut eine umfassende Informationsbasis aufgebaut; es entstand das wohl umfangreichste Japan-Archiv mit wirtschaftsrelevanten Informationen und Daten in Deutschland und eine der besten Japan-Bibliotheken, sofern es Wirtschaftsliteratur betrifft. Seit dem Jahre 1992, als mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zusätzlich eine spezielle JapanInformationsstelle (gedacht vor allem als Anlaufstelle für mittelständische bayerische Unternehmen) eingerichtet wurde, besteht auch Zugang zu den wichtigsten japanischsprachigen Wirtschaftsdatenbanken. Das gleichzeitig mit der Gründung der Japan-Studienstelle 1986 eingerichtete Verbindungsbüro in Tokio ("Asia Pacific Representative Office") erwies sich als wichtige Ergänzung des dichten Japan-Informationsnetzwerks des ifo Instituts. Japan war Mitte der achtziger Jahre in aller Munde: Zum einen als gefürchteter Konkurrent der deutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten, zum anderen aber auch als bewundertes Vorbild, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit betrifft. Hinzu kam, daß sich die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ausgesprochen einseitig entwickelt hatten und das deutsche (und europäische) Handelsbilanzdefizit gegenüber Japan in beängstigendem Ausmaß wuchs. Auch die offiziellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren alles andere als gut: Die lautstarken Appelle der Bundesregierung, der Wirtschaftsverbände, aber auch der EG-Kommission, die vielfältigen - tarifären, vor allem aber nichttarifären - Importbarrieren für europäische Produkte abzubauen und die Bedingungen für ausländische Direktinvestitionen zu verbessern, stießen in Tokio auf taube Ohren oder wurden barsch zurückgewiesen. Die sich mehrenden Anfragen aus dem ifo Mitgliederkreis bewiesen auch, daß es nicht zuletzt eklatante lopment Research Institute) im März 1991 in Bangkok und das ifo Symposium "Role of Development Cooperation in Promoting Economic Relations between India, Germany, the EC and Japan in the Context of India's Economic Reforms" (in Zusammenarbeit mit dem Mitsui Taiyo Kobe Research Institute und dem Indian Council for Research of International Relations) im Dezember 1991 in New Delhi und Bombay. 4 M. Eli unter Mitarbeit von H. Laumer und T. Shimizu (1977), Sogo Shosha - Strukturen und Strategien japanischer Welthandelsunternehmungen, Düsseldorf, Wien.

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Wissenslücken waren (in Deutschland über den japanischen Markt und in Japan über die europäische Wirtschaft), die in der Vergangenheit zu Mißverständnissen sowohl auf der wirtschaftspolitischen Ebene als auch im unternehmerischen Bereich geführt hatten. Fehlende bzw. unzureichende Informationen waren - und sind nach wie vor - einer der Hauptgründe für das mangelnde Engagement deutscher Unternehmen in Japan. Diese Lücke durch gesamtwirtschaftliche, branchen- und problembezogene Analysen zu schließen, war das wichtigste Anliegen, das sich das ifo Institut bei der Gründung der JapanStudienstelle im Jahre 1986 gestellt hatte. Durch den Ausbau und die Intensivierung der Zusammenarbeit mit renommierten japanischen Wirtschaftsforschungsinstituten sollte das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen wirtschaftspolitischen Probleme verbessert und beiden Seiten objektive Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden. So hat etwa das 1985/86 für das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) erstellte Gutachten über das Engagement deutscher Unternehmen in Japan und die bei der Markterschließung auftretenden Probleme5 eine wichtige Rolle bei den damaligen Regierungsverhandlungen über den Abbau von Importhemmnissen gespielt. Die EU-Kommission hat die Arbeit ins Englische übersetzt6, im japanischen Ministry of Trade and Industry wurde eine (inoffizielle) japanische Fassung erstellt. In dieser Studie waren erstmals die Einflüsse der komplexen Struktur des japanischen Handelssystems auf die Möglichkeiten ausländischer Unternehmen, in Japan Fuß zu fassen, offengelegt worden. Anknüpfend daran wurde ein Jahrzehnt später (1996/97) - wiederum im Auftrag des BMWi - eine aktualisierte Bestandsaufnahme der Präsenz deutscher Unternehmen auf dem japanischen Markt mit einer kritischen Analyse der noch bestehenden Handelshemmnisse in der Distribution sowie der allgemeinen Rahmenbedingungen bei der Erschließung des japanischen Marktes durchgeführt. 7 Fußend auf umfangreichen Interviews mit deutschen und japanischen Marktteilnehmern und Entscheidungsträgern konnte u.a. festgestellt werden, daß sich die Chancen für ausländische Unternehmen auf dem japanischen Markt gegenüber Mitte der achtziger Jahre erheblich verbessert haben. Punktuell besteht jedoch weiterhin erheblicher Anpassungsbedarf, der in der ifo Studie ermittelt und mit Empfehlungen an die - japanische und deutsche - Wirtschaftspolitik versehen wurde. Von aktueller wirtschaftspolitischer Relevanz waren auch die Anfang der neunziger Jahre durchgeführte umfassende Darstellung der wirtschaftlichen Integrationsansätze in Asien8 sowie die Bestandsaufnahme und Analyse der 5 E. Batzer und H. Laumer (1986), Deutsche Unternehmen im Japangeschäft - Markterschließungsstrategien und Distributionswege, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 1, München. 6 Veröffentlicht unter dem Titel "Marketing Strategies and Distribution Channels for Foreign Companies in Japan", Westview Press Boulder, San Francisco & London 1989. 7 H.G. Hilpert, H. Laumer, S. Martsch und Th. Nassua (1997), Markterschließung und Distributionswege in Japan - Die Erfahrungen deutscher Unternehmen, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 13, München. 8 H.G. Hilpert (1992), Wirtschaftliche Integration und Kooperation im asiatischpazifischen Raum, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 5, München.

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gegenseitigen Direktinvestitionen der japanischen und europäischen Wirtschaft. 9 Als notwendige Ergänzung der letztgenannten Studie ist die Arbeit über den Technologieschutz in Japan und die daraus abzuleitenden Konsequenzen für deutsch-japanische Unternehmenskooperationen zu sehen. Neben den Rechtsgrundlagen des Technologieschutzes und den möglichen Strategien der Technologiesicherung wurden die bis dato vorliegenden Erfahrungen mit Unternehmenskooperationen in Japan ausführlich behandelt. 10 Das Thema "Technologieschutz" ist auch im Zusammenhang mit der Frage deutschjapanischer Drittlandskooperationen von Bedeutung, die insbesondere im asiatisch-pazifischen Raum in jüngster Zeit größere Bedeutung erlangt haben. Die Japan-Studienstelle hat dieses aktuelle Phänomen eingehend untersucht. 11 Auf großes Interesse war auch eine 1989 erschienene Studie gestoßen, die sich mit den bereits damals - im Gefolge des rapiden Wachstums in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre - abzeichnenden Ungleichgewichten und Friktionen in der japanischen Wirtschaft befaßte. 12 Die jahrzehntelange einseitige Außenorientierung der japanischen Wirtschaftspolitik hatte zu einem deutlichen Mißverhältnis zwischen den Erfolgen auf dem Weltmarkt und der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Inland geführt. Die Untersuchung analysierte die erforderlichen wirtschafts- und unternehmenspolitischen Ansätze zur Beseitigung dieser konfliktträchtigen Ungleichgewichte. Unter den großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten ist das ifo Institut nach wie vor das einzige, das eine eigene Forschungseinheit für die JapanBeobachtung und Japan-Analysen unterhält. Der besondere Vorteil gegenüber speziellen Japan- oder Asien-Instituten, wie sie etwa an einigen Universitäten bestehen, ist in der Einbindung in eine fachlich breit gefächerte Forschungseinrichtung zu sehen. Die jederzeit mögliche Kombination des Japan-Know-how der Studienstelle mit dem Fach-Know-how in den diversen Forschungsabteilungen des Instituts stellte in der Vergangenheit einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorsprung bei der Akquisition und der Bearbeitung von Forschungsaufträgen dar. An Studien, bei denen sich die Einbindung der JapanStudienstelle in die fachlichen Kompetenzzentren des ifo Instituts besonders bewährt hat, sind insbesondere die Branchenuntersuchungen über die Raumfahrtindustrie 13, die Halbleiterindustrie 14 und den Maschinenbau 15 zu nennen,

9 A. Ernst und H.G. Hilpert (1990), Japans Direktinvestitionen in Europa - Europas Direktinvestitionen in Japan, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 4, München. 10 A. Ernst, R. Hild, H.G. Hilpert und S. Martsch (1993), Technologieschutz in Japan Strategien für Unternehmenskooperationen, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 9, München. 11 H.G. Hilpert und M. Taube (1997), Deutsch-japanische Unternehmenskooperationen in Drittländern, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 12, München. 12 A. Ernst und H. Laumer (1989), Japan an der Schwelle zur globalen Wirtschaftsmacht, ifo Studien zur Japanforschung, Nr.3, München. 13 O.W. Ehlert, R. Hild, H.G. Hilpert und S. Martsch (1993), Wirtschaftliche Ziele der japanischen Raumfahrt und Strategiern zu ihrer Durchsetzung, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München.

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aber auch die Studien zur japanischen Industriepolitik sowie zur Technologiebzw. Forschungs- und Entwicklungspolitik.17 Die 1992 erstellte Studie "Marktstrategien deutscher und japanischer Unternehmen in der asiatischen Region" war ein interessantes und durchaus erfolgreiches Joint Venture mit dem Sakura Institute of Research, Tokyo.18 Die Ergebnisse der Studie basieren auf umfangreichen Unternehmensbefragungen in der Region sowie in Deutschland und Japan. Ebenfalls in Kooperation mit dem Sakura Institute of Research entstand in den Jahren 1995 bis 1997 ein umfangreiches Werk über die (teilweise sehr unterschiedlichen) Erfolgsfaktoren der japanischen und deutschen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, zu dem nahezu alle Fachabteilungen des ifo Instituts beigetragen haben.19 Es war immer ein Hauptanliegen der Japan-Studienstelle, die Forschungsergebnisse auch der Wirtschaftspraxis zu vermitteln. Dazu dienten neben den verschiedenen allgemeinen Veröffentlichungsorganen des Instituts die Einrichtung einer eigenen Schriftenreihe (ifo Studien zur Japanforschung) mit bisher 12 Bänden und die Herausgabe des Informationsdienstes "Japan - Analysen Prognosen" mit bisher über 150 Ausgaben sowie Symposien und Seminare. Mit einer Reihe von ifo-Keidanren-Symposien in Tokio Ende der achtziger/Anfang der neunziger Jahre wurde die japanische Wirtschaft über die Vorgänge in Europa (Zusammenbruch des Ostblocks, deutsche Wiedervereinigung, Gründung des europäischen Binnenmarktes) und deren wirtschaftliche Konsequenzen für Japan und die Weltwirtschaft informiert. Auch mit den Japan-Lehrstühlen an den deutschen Universitäten wurden enge Kooperationsbeziehungen gepflegt, insbesondere mit dem Japan-Zentrum an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Lehrstühle Professor Pörtner, Professor Steenstrup und Professor Waldenberger) sowie der Universität GHS Duisburg (Lehrstuhl Professor Pascha). Insgesamt haben seit 1985 mehrere Hundert Studenten die Informationsquellen der Japan-Studienstelle für ihre Diplomarbeiten oder Dissertationen genutzt, über 20 hatten Gelegenheit, als 14 H.G. Hilpert, W. Ochel, H. Penzkofer und M. Reinhard (1994), Wirtschafts- und Technologiepolitik und ihre Auswirkungen auf den internationalen Wettbewerb: Das Beispiel der Halbleiterindustrie, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 138, München. 15 H.G. Vieweg und H.G. Hilpert (1993), Japans Herausforderung an den deutschen Maschinenbau, Schriftenreihe des ifo Instituts, Nr. 135, München. 16 Vgl. z.B. H. Laumer und W. Ochel (1985), Strukturpolitik für traditionelle Industriezweige in Japan, Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 118, Berlin, München. 17 Vgl. hierzu z.B. A. Ernst und G. Wiesner (1994), Japans technische Intelligenz - Personalstrukturen und Personalmanagement in Forschung und Entwicklung, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 7, München. Ferner: M. Reinhard, H.E. Hintermann, H. Penzkofer und H. Rottmann, unter Mitarbeit von H.G. Hilpert und W. Ochel (1997), ifo Studien zur Innovationsforschung, Nr. 4, München. 18 H.G. Hilpert, W. Ruppert, A. Aoki und D.S. Tachiki (1992), Marktstrategien deutscher und japanischer Unternehmen in der asiatisch-pazifischen Region, ifo Studien zur Japanforschung Nr. 6, München. 19 ifo Institute for Economic Research, Sakura Institute for Research (1997), A Comparative Analysis of Japanese and German Success, Springer Tokyo, Berlin, Heidelberg, New York.

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Helmut Laumer

Praktikanten im ifo Team mitzuarbeiten und erste Erfahrungen in der empirischen Wirtschaftsforschung zu sammeln. Sein vergleichsweise hoher Bekanntheitsgrad in Japan hat wohl den Ausschlag dafür gegeben, daß das ifo Institut 1987 als deutsches Mitglied in den "Tokyo Club for Global Studies" berufen wurde, dem außerdem renommierte Institute aus den USA (The Brookings Institution), Großbritannien (The Royal Institute of International Affairs), Frankreich (Institut Francais des Relations Internationales) und Japan (Nomura Research Institute) angehören. Die aus den regelmäßigen Diskussionsforen und gemeinsam erarbeiteten Studien gewonnenen Erkenntnisse und Lösungsvorschläge für die Probleme der Weltwirtschaft in einer besonders schwierigen Phase fanden ihren Niederschlag in bisher elf Bänden der "Tokyo Club Papers" (mit insgesamt 21 Beiträgen von Mitarbeitern des ifo Instituts) und in neun großen - ebenfalls dokumentierten Symposien, den sogenannten "Tokyo Foren", in den Jahren 1987 bis 1995. Dieser globale Forschungsverbund hat sich auch bei der Bearbeitung anderer länderübergreifender - Themen bewährt. Im Forschungsprogramm der Japan-Studienstelle war Japan von Beginn an als Teil der asiatisch-pazifischen Region betrachtet worden. Der wachsenden Bedeutung der Länder Südostasiens und dem rasanten Aufstieg Chinas zum neuen Wirtschafts- und Machtzentrum in der Region (mit den entsprechenden positiven und negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft) wurde 1997 mit der Änderung des Namens der Japan-Studienstelle in "Studienstelle Japan/Asien" entsprochen. Ausgangspunkt für die China-Forschung am ifo Institut war ein groß angelegtes Projekt zur Übertragung des Konjunkturforschungs-Know-how nach Taiwan, das Mitte der sechziger Jahre durchgeführt wurde. Die damals dort aufgebauten Kapazitäten stellen noch heute den Kern der taiwanesischen Konjunkturforschung dar. Vor diesem Hintergrund lag der Schwerpunkt der Chinaforschung zunächst auf Taiwan, dessen rasche wirtschaftliche Entwicklung analytisch begleitet wurde.20 Als ein wichtiger Aspekt wurden die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen deutschen und taiwanesischen Unternehmen untersucht. Nach Einleitung der Reform- und Öffnungspolitik in der VR China rückte in den achtziger Jahren Festland-China verstärkt in den Mittelpunkt des Interessses. Ein Schwerpunkt der Arbeiten zur VR China ist die Analyse des ökonomischen Transformationsprozesses und der mit diesem einhergehenden makroökonomischen Steuerungsprobleme. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeiten sind zudem Untersuchungen der Chancen und Risiken, die sich deutschen Unternehmen bei China-Engagements bieten. In diesem Zusammenhang wur-

20

Vgl. z.B. A. Gä/// (1987), Taiwan R.O.C. A Chinese Challenge to the World. Trade-up to High-tech, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Sonderreihe Information und Dokumentation, Nr. 6, Köln.

Japan- und Chinaforschung

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den auch spezielle Branchenanalysen erstellt, wie z.B. zur Textilindustrie21, dem Telekommunikationssektor und der Energiewirtschaft. Zum Ausgang der neunziger Jahre betreibt das ifo Institut nun auch in die VR China einen Know-howTransfer, mittels dessen dort Konjunkturforschungskompetenzen aufgebaut werden sollen, die die zukünftige Beobachtung und makroökonomische Steuerung der Volkswirtschaft erleichtern. Als dritte bedeutende "chinesische" Volkswirtschaft ist auch Hongkong Gegenstand von umfassenden Untersuchungen geworden. Diese konzentrieren sich in erster Linie auf die Rolle Hongkongs als Finanz- und Handelszentrum für die VR China und Südostasien sowie die Struktur- und Wachstumseffekte der arbeitsteiligen Produktionsprozesse zwischen der ehemaligen Kronkolonie und dem südchinesischen Hinterland.22 In diesem Sinne umfaßt die ChinaForschung des ifo Instituts "Greater China". Der chinesisch beeinflußte Wirtschaftsraum reicht jedoch weit über die Grenzen von Hongkong, Taiwan und der VR China hinaus. Auslandschinesen stellen die führenden Unternehmerpersönlichkeiten und dominieren zahlreiche Volkswirtschaften in Südostasien. Aus diesem Grund hat sich die China-Forschung des ifo Instituts bereits frühzeitig mit dem Thema "Auslandschinesen" befaßt und deren Rolle insbesondere im Hinblick auf die Kapital- und Güterströme innerhalb der Region analysiert.23 Im Zuge der chinabezogenen Forschungsarbeiten hat das ifo Institut in der Region eine Reihe herausragender Kooperationspartner gewinnen können, darunter das Development Research Center beim Staatsrat der VR China (Beijing), die Chinese Society of World Economics (Shanghai) und das Chung Hua Institute (Taipeh).

21 A Gälli (1983), Von der Seidenstraße zum Textilstrom? Probleme und Chancen der chinesischen Textil- und Bekleidungsindustrie, ifo Forschungsberichte der Abteilung Entwicklungsländer, Nr. 62, München. 22 Vgl. z.B. M. Taube (1997), Ökonomische Integration zwischen Hongkong und der Provinz Guaingdong, VR China. Der chinesische Transformationsprozeß als Triebkraft grenzüberschreitender Arbeitsteilung, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 31, München, Bonn, London . 23 Vgl. z.B. A Gälli und J. Frenzen (Hrsg.) (1985), Die Familie des großen Drachen. Die VR China, Macao und Taiwan auf dem Weg zu "Großchina"?, ifo Studien zur Entwicklungsforschung, Nr. 27, München, Bonn, London.

forschung Transformationsforschung Von Max Eli

Die nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Sowjetunion im Jahre 1994 eingerichtete Osteuropa-Abteilung entwickelte Theorie-Ansätze und erstellte Gutachten zur Transformation zentraler Planwirtschaften in Marktwirtschaften. Im Vordergrund standen die vier Visegrad-Staaten (Polen, Tschechische Republik, Slowakische Republik, Ungarn) sowie die Staaten der Russischen Föderation, die Ukraine und Weißrußland. Das Interesse galt hier vornehmlich der "Industriellen Ökonomie", d.h. dem Anpassungsverhalten von Unternehmen nach Beginn der ökonomischen Reformen, ferner der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die ein langfristig leistungsfähiges Sozialsystem anstreben muß bei gleichzeitiger Bekämpfung der kurzfristig nicht vermeidbaren hohen Arbeitslosigkeit. Die Fragen der Öffentlichen Finanzen, der Politischen Ökonomie der Transformation und der Konversion spielten dabei eine wichtige Rolle. Die Auswirkungen von sozio-ökonomischen Transformationsprozessen, die bei einem Systemwechsel marktwirtschaftliche Allokationsmechanismen auslösen - die über die Wohlfahrt der betroffenen Volkswirtschaften entscheiden sind bis heute noch nicht hinreichend erforscht. Von der Wirtschaftswissenschaft wird erwartet, daß sie eine Antwort darauf findet, ob Transformationsprozesse durch Schocktherapie oder graduelle Reformschritte zu tragfähigen Lösungen führen. Gesichert ist lediglich die Erkenntnis, daß diese Ziele entscheidend von der Reform des politischen Systems abhängen, da ökonomische und politische Reformvorgänge Hand in Hand gehen und die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft vom politischen System gesetzt werden. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die wissenschaftliche Diskussion über Schock- und Gradualismus-Therapie nicht entscheidend weitergeführt, man diskutiert heute über politische Reformen, makroökonomische Stabilisierung und mikroökonomische Fundierung, wobei es auf das richtige Timing und das Sequenzing ankommt, d.h. auf die möglichst gleichgewichtige Reform dieser drei Ebenen.1

1 Vgl. K.H. Oppenländer (1997), Der Transformationsprozeß in der Diskussion, in: Wiedervereinigung nach sechs Jahren: Erfolge, Defizite, Zukunftsperspektiven im Transformationsprozeß, Berlin, München, S. 5.

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Max Eli und Rigmar Osterkamp

Im Falle der deutschen Vereinigung wurde ohne Beachtung der erforderlichen Gleichgewichtigkeit die Alternative "Schocktherapie" gewählt. Dieses "uno actu-Verfahren", bei dem Ostdeutschland mit einem Schlag das westdeutsche System mit allen negativen wie positiven Folgen gesetzlich übergestülpt wurde, hat zumindest in einem Teilbereich, nämlich der Wirtschaft, nicht den Erwartungen entsprechende Ergebnisse gezeitigt, weil Wirtschaft, d.h. die Entstehung von Märkten, nicht auf dem Verordnungsweg eingeführt werden kann. Erst nach schwierigen Suchprozessen und Schaffung der geeigneten wirtschaftpolitischen Rahmenbedingungen (vor allem der Institutionen) führen marktwirtschaftliche Prozesse zu funktionierenden Produktmärkten, wird die Neigung und Fähigkeit zu arbeitsplatzschaffenden Innovationen und Investitionen bei den Marktakteuren stimuliert. Die Vereinigung Deutschlands war ein Ereignis ohne historischen Präzedenzfall, sie kam dem Suchen von Forschern auf einer terra incognita gleich. Die Herausforderungen an alle Beteiligten waren dementsprechend groß. Den Wirtschaftswissenschaftlern und Wirtschaftspolitikern stellten sich schwerwiegende Fragen: Wie sind nach dem Schock-Ereignis die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu gestalten, wie kann der Aufbau Ostdeutschlands vorangetrieben werden, wie sind die Felder Finanztransfers, Kapitalstock-Bildung, Beschäftigung, Lohnentwicklung, Wirtschaftsstrukur - Industrie, Handwerk, Handel, Dienstleistungen, Außenwirtschaft - zu behandeln, wie die Privatisierung zu organisieren und rechtlich abzusichern? Auf der Suche nach Antworten richtete sich der Blick der Politiker auf die Wirtschaftsforschungsinstitute. Das ehemals dem DDR-Planungsministerium unterstellte Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin ist als IWH in Halle neu installiert worden, ifo München wurde ermuntert, eine Niederlassung im Freistaat Sachsen zu errichten. Die anderen Institute sind angehalten worden, den Problemen beim "Aufbau Ost" ihre vorrangige Aufmerksamkeit zu schenken. Die Mitarbeiter des ifo Instituts in München und Dresden haben in den Jahren nach 1989 einen beträchtlichen Teil ihrer Forschungstätigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern gewidmet. Allein bis 1994 sind rd. 470 Analysen, Buchpublikationen und wissenschaftliche Abhandlungen über die Transformation und das Wirtschaftsgeschehen in Ostdeutschland veröffentlicht worden.2

ifo Niederlassung Dresden Die Niederlassung Dresden des ifo Instituts (kurz ifo Dresden) wurde am 20. September 1993 in der Sächsischen Landeshauptstadt errichtet, nachdem intensive Vorgespräche zwischen dem Präsidenten des ifo Instituts und der Sächsischen Landesregierung, insbesondere mit dem Finanzminister und dem

2 Vgl. S. Smit (1994), ifo Dokumentation 3: Die Wirtschaft der neuen Bundesländer, München 1994, S. V.

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Wirtschaftsminister, vorausgegangen waren. Ministerpräsident Biedenkopf hielt anläßlich der Gründungsfeier die Festrede "Sachsen - Entwicklung bis 2000". ifo Dresden wurde als eine auf die besonderen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Belange des Freistaates Sachsen, aber auch der anderen neuen Bundesländer, ausgerichtete Forschungseinrichtung konzipiert. Im Vordergrund steht die Beschäftigung mit sozio-ökonomischen Problemen, die zur Bewältigung des Systemwandels in Sachsen und den anderen neuen Bundesländern gelöst werden müssen. Den Beteiligten war schon vor dem Gründungsakt bewußt, daß diese anspruchsvollen Aufgaben nur bewältigt werden können, wenn ifo Dresden die jahrzehntelange Erfahrung des Münchner Stammhauses in der empirischen Wirtschaftsforschung, insbesondere auf den Gebieten der Befragung von Unternehmen, der Konjunkturdiagnosen und -Prognosen sowie der Strukturanalysen, umfassend nutzen darf. Das Basisverständnis darüber zwischen der Sächsischen Staatsregierung und dem ifo Vorstand führte dazu, daß "ifo Dresden" als Abteilung des ifo Instituts München geführt wird. Die Niederlassung kann jederzeit auf die Forschungsressourcen des Stammhauses zurückgreifen, ebenso auf Serviceleistungen der 1995 in Brüssel gegründeten ifo Niederlassung, die errichtet wurde, um der wachsenden Bedeutung des europäischen Forschungsmarktes Rechnung zu tragen. Im einzelnen deckt ifo Dresden die folgenden Tätigkeitsschwerpunkte ab: Beratung der Wirtschaftspolitik, Analyse der Strukturentwicklung nach Wirtschaftssektoren und Regionen, regionale Konjunkturbeobachtung, -analyse und -prognose, Analyse der öffentlichen Haushalte, u.a. im Zusammenhang mit Fragen des kommunalen Finanzausgleichs und des Kreditbedarfs, Analyse des Binnenhandels und des Handwerks, Beobachtung der außenwirtschaftlichen Beziehungen Sachsens, Pflege als Begegnungsstätte für Wissenschaftler, Unternehmer und Politiker sowie Durchführung von Wirtschaftskonferenzen und Workshops. Knappe Personalausstattung: Angesichts des zu bearbeitenden umfangreichen Aufgabengebietes ist ifo Dresden mit Personal sehr knapp ausgestattet (sieben Wissenschaftler, zwei technische Kräfte). Die enge Zusammenarbeit mit ifo München half der Niederlassung bis zur Umstrukturierung des Stammhauses in München entscheidend, die Aufgabenfülle zu bewältigen. Die Finanzierung von ifo Dresden erfolgt durch eine institutionelle Förderung des Freistaates Sachsen und durch Einnahmen aus Drittmittelforschung. Leistungen: Die Bilanz von ifo Dresden weist seit 1993 die Erstellung zahlreicher wirtschaftsempirischer Forschungsarbeiten auf. Hinzu kommen Informations· und Serviceleistungen für Entscheidungsträger im Freistaat Sachsen und den neuen Bundesländern u.a. in Form von Wirtschaftskonferenzen, Workshops, Einzelberatungen und Diskussionsabenden. Im Frühjahr 1995 fand ein Hearing vor dem Ausschuß für Wirtschaft, Arbeit und Technologie des Sächsischen Landtages statt, bei dem die ifo Geschäftsleitung die Leistungen der Niederlassung und ihren Nutzen für den Freistaat Sachsen darzulegen hatte.

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Der Ausschuß bestätigte, daß die gewährten Mittel im Landesinteresse gut angelegt seien. Forschungsprojekte: Seit Gründung von ifo Dresden sind rd. 30 größere Forschungsprojekte und zahlreiche kleinere Expertisen, meistens in Kooperation mit Münchner Kollegen, durchgeführt worden. Die größeren Forschungsarbeiten wurden in der Schriftenreihe "ifo dresden Studien" veröffentlicht. Die Studien stehen im Einklang mit der grundsätzlichen Aufgabenstellung von ifo Dresden, Nr. 1 der Reihe z.B. befaßt sich mit dem Arbeitsmarkt und der Erwerbsquote im Freistaat Sachsen, Nr. 7 mit der Entwicklung und Lage der Kommunalfinanzen im Freistaat Sachsen, Nr. 11 mit der Außenwirtschaft Sachsens, Nr. 15 bis Nr. 18 mit den sächsischen Schlüsselindustrie-Zweigen Elektroindustrie, Maschinenbau, Papier-, Druck- und Verlagsgewerbe sowie dem Textil-, Bekleidungsund Ledergewerbe. Der Beratungsförderung kommt in den neuen Bundesländer eine besondere Bedeutung zu, denn die Defizite im Bereich der unternehmerischen Kompetenz behindern die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen. Folglich wurde in einer Studie für das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit der Vollzug, die Effektivität und die Effizienz der sächsischen Beratungsprogramme untersucht und wirtschaftspolitische Empfehlungen erarbeitet, die zum Abbau von Engpaßfaktoren führen sollen (Nr. 20 der "ifo dresden Studien").3 Konferenzen, Symposien: Zu den Aufgaben der Niederlassung zählen jährliche Außenwirtschaftssymposien, die den sächsischen Unternehmen den Weg zu internationalen Märkten und damit ihre Absatz-, Investitions- und Kooperationschancen im Ausland aufzeigen. Dabei geht es um nicht mehr und nicht weniger als um den Anschluß an und die Einbindung der sächsischen bzw. ostdeutschen Wirtschaft in die Weltwirtschaft. Nach Japan, USA, China und Indien war Rußland im Mai 1999 Gegenstand einer ifo Wirtschaftskonferenz. In der Schriftenreihe "Land X als "Wirtschaftspartner und Konkurrent" wurden die Ergebnisse dieser Symposien publiziert. Herausgehobene Publikation: Als eines der Highlights von ifo Dresden darf das umfangreiche Werk "Wiedervereinigung nach sechs Jahren: Erfolge, Defizite, Zukunftsperspektiven im Transformationsprozeß" angesehen werden.4 An diesem Sammelband waren über 30 Autoren - Ökonomen, Transformationsexperten, Politiker - beteiligt. Das grundlegende Werk befaßt sich ausführlich mit acht Themenkreisen: I. Von der Transformation zur Integration - Aufbau und Anpassung, II. Bewirktes und Defizite - auf der Erfolgsstraße?, III. Neuaufbau Ost: Impulse durch Westtransfers, IV. Lohnpolitik: Belastung für den Arbeitsmarkt, V. Kapitalstock: Sanierung erfordert Kraftakt, VI. Systemwechsel treibt Strukturwandel: Eine Analyse nach Branchen, VII. Räumlicher Strukturwandel: Erhebliche Verlagerungen bei Wohnbevölkerung und Arbeitsplätzen, VIII. Perspektiven der ostdeutschen Wirtschaft und wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen.

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Ein Überblick ist enthalten in: M. Eli (Hrsg.) (1998), Fünf Jahre ifo Dresden, Dresden. Veröffentlicht bei Duncker & Humblot, Berlin, München 1997.

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Zeitschrift „ifo Dresden berichtet": Außer den Schriftenreihen "ifo dresden Studien", "Land X als Wirtschaftspartner und Konkurrent" sowie "Sonderpublikationen" veröffentlicht die Niederlassung zweimonatlich "ifo Dresden berichtet", eine Fachzeitschrift, deren Untertitel lautet ... über Konjunktur, Struktur, Wirtschaftspolitik. Dementsprechend ist die redaktionelle Konzeption gestaltet und seit Ersterscheinen (1. Jahrgang, Nr. 1, 1994) durchgängig gepflegt worden. Die Fachzeitschrift enthält eine kontinuierliche Berichterstattung über die Wirtschaftsentwicklung im Freistaat Sachsen und den anderen neuen Bundesländern. Wirtschaftskonferenzen, Workshops: Seit September 1993 werden in der Niederlassung zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt. Darunter haben die sog. "Kamingespräche" einen besonderen Stellenwert. Hierbei geht es um "off the record'-Diskussionen über sensitive wirtschaftspolitische Themen in einem kleinen Kreis von Experten und politischen Entscheidungsträgern. Die Kamingespräche finden unter Ausschluß der Öffentlichkeit und Wahrung der Vertraulichkeit statt. Themen wie "Strukturpolitische Orientierungen für Sachsen, Infrastrukturpolitik, Lohnentwicklung, Außenwirtschaft, Wirtschaftsförderung, Wachstum, Beschäftigung, Innovation sowie Beitrag von Forschung und Entwicklung zum Aufbau Ost standen bisher auf der Agenda. Verschiedene Veranstaltungen befassen sich mit regionalen und sektoralen Wirtschaftsproblemen. Auch internationale Gäste fanden sich in der Niederlassung ein, so z.B. der Tokyo Club Foundation for Global Studies, ein internationaler Forschungsverbund, dem außer ifo international renommierte Forschungsinstitute angehören wie The Brookings Institution (USA), The Royal Institute of International Affairs (United Kingdom), das Nomura Research Institute (Japan) und das Institut Francais des Relations Internationales (Frankreich). Pressekonferenzen: Seit August 1994 findet in Dresden regelmäßig die traditionelle Sommerpressekonferenz des ifo Instituts München statt, die bundesweit auf große Resonanz stößt. Präsentiert wurde jeweils die aktuelle ifo Konjunkturprognose für das laufende und das darauf folgende Jahr. Außer der Vorstellung der Prognose der Weltwirtschaft und der gesamtdeutschen Wirtschaft beziehen die ifo Experten Stellung zur Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland und im Freistaat Sachsen. Arbeits- und Gesprächskreise: Bei ifo Dresden haben sich mehrere Arbeitsund Gesprächskreise konstituiert, die sich regelmäßig mit festgelegten Themen beschäftigen, zwei Beispiele: Der Arbeitskreis "Konjunkturbeobachtung Sachsen" existiert seit 1994, der "Arbeitskreis Tschechien" seit Ende 1997. Ausblick: Die Errichtung der ifo Niederlassung Dresden darf als Erfolg bezeichnet werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von "ifo Dresden" - Ostdeutsche wie Westdeutsche - haben mit Hingabe ihre jeweiligen Forschungen durchgeführt. Sie haben Aufgaben erfüllt, die dem Ziel gelten, die sächsische und ostdeutsche Wirtschaft aufzubauen und den Konvergenzprozeß zu beschleunigen. Ihre Begeisterung ist auf viele ifo Kollegen in München übergesprungen. Auf diese Weise entstand auf der Arbeitsebene eine hervorragende Zusammenarbeit, die zu einem umfangreichen Wissenstransfer von "West"

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nach "Ost" geführt hat. Aus heutiger Sicht kann dieser Transfer nicht als abgeschlossen gelten. Das Aufgabenfeld der Niederlassung ist zudem größer geworden. Überwog in den ersten Jahren der Tätigkeit von "ifo Dresden" der Bedarf an empirischen Forschungen mit einer eher nationalen Ausrichtung, so bestimmen jetzt - und künftig immer stärker - internationale Wirtschafts- und Marktentwicklungen den Forschungs- und Informationsbedarf. Diese Richtungsänderung vollzieht sich parallel zur Entstehung größerer Wirtschaftsräume und der zunehmenden Beschleunigung der technologischen Entwicklung. Die EU-Erweiterungsprozesse mit ihren Wettbewerbseffekten und anderen Auswirkungen auf Ostdeutschland haben längst eingesetzt und beeinflussen das Wirtschaftsgeschehen nicht nur in den grenznahen Regionen. Zudem ist die Globalisierung der Wirtschaft zur harten Realität geworden, auf die sich die Unternehmen einstellen müssen. Auch der technologische Fortschritt treibt die Entwicklung voran, und die Arbeitswelt steht vor großen Veränderungen. Auf all dies müssen die Unternehmer und die Wirtschaftspolitiker richtige Antworten finden, "ifo Dresden" will dabei helfen.

Ostforschung

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Die ifo Akademie für Wirtschaftspolitik Von Rigmar Osterkamp

Als die politischen Umwälzungen in Osteuropa Ende der 80er Jahre einsetzten und der Weg zu marktwirtschaftlichen Reformen geöffnet wurde, wurde bald deutlich, daß den für die Gestaltung eines solchen Weges maßgeblichen Wirtschaftswissenschaftlern und Wirtschaftspolitikern nicht nur die lebenspraktischen Erfahrungen in einer Marktwirtschaft sondern auch die fachlichwissenschaftlichen Kenntnisse über die Funktionsweise einer Marktwirtschaft fehlten. Das akademische Ausbildungssystem im damaligen Ostblock kannte neben dem philosophisch-ideologisch ausgerichteten Studiengang der "Politischen Ökonomie" den Studiengang der "Wirtschaftswissenschaft", der v.a. die Zweige "Betriebswirtschaft" und "Sozialistische Volkswirtschaftsplanung" enthielt. Mit den Inhalten dessen, was im Westen unter "Volkswirtschaftslehre" verstanden wurde und wird, konnten sich dagegen nur ausgewählte Forscher beschäftigen, die zudem unter dem Zwang kapitalismus-kritischer Forschungsergebnisse standen. Ein wichtiges Ziel mußte also darin bestehen, die fachliche Qualifikation der Verantwortungs- und Entscheidungsträger aus den Bereichen Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltung und Wirtschaftswissenschaft so zu verändern, daß sie selbst - und nicht nur ausländische Berater - den Übergang zur Marktwirtschaft sinnvoll gestalten können. Das ifo Institut sah sich in dieser Situation aufgerufen und in der Lage, zu diesem Ziel einen Beitrag zu leisten. Die für diese Aufgabe gegründete Abteilung "ifo Akademie für Wirtschaftspolitik" nahm 1990 ihre Arbeit auf. In der Zeit bis 1998, als andere Aufgaben in den Vordergrund rückten, waren von der ifo Akademie in gut 90 Fortbildungsveranstaltungen etwa 2000 Wirtschaftspolitiker, leitende Beamte der Wirtschaftsverwaltung sowie Wirtschaftswissenschaftler aus den Transformationsländern in meist einoder zum Teil auch in mehrwöchigen Kursen geschult worden. Thematisch deckten die Veranstaltungen ein weites Feld ab und konnten dabei oft auf die vielfältigen Spezialisierungen der Kollegen aus dem Hause zurückgreifen. Die Themen behandelten - um nur einige Beispiele zu nennen - die Funktionsweise von Märkten und die wirtschaftspolitischen Möglichkeiten (und Gefahren) ihrer Beeinflussung, die Aufgaben und Instrumente wichtiger Institutionen (z.B. der Zentralbank, der Wettbewerbsbehörde, der Finanzverwaltung, des Konkursamtes), die Methoden der Prognose der mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung, die Rolle der Banken in der Marktwirtschaft. In einigen Kursen für Hochschullehrer wurde "Volkswirtschaftslehre pur" unterrichtet. Zur Unterstützung der Lehrtätigkeit und zur Sicherung der Nachhaltigkeit der Lehre hat die ifo Akademie auch Lehrtexte (regelmäßig auch in russischer Sprache) erarbeitet bzw. herausgebracht. Dazu gehört ein "Glossar marktwirtschaftlicher Basisbegriffe" (Rigmar Osterkamp), zwei einführende Lehrbücher der Volkswirtschaftslehre (Rigmar Osterkamp; Joachim Jungfer), Lehrtexte zum

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Bereich des Konkurswesens (Joachim Jungfer) sowie Lehrtexte zu den Themen Besteuerung (Manfred Rose), Internationale Wirtschaftspolitik (Karlhans Sauernheimer), Inflation und Makropolitik (Peter Bofinger), Staatsausgaben (Bruno Schönfelder) und Geldpolitik (Michaela Kleber). Wer seit 1990 regelmäßig in Osteuropa war und Kontakte mit Wirtschaftspolitikern, mit Beamten der Wirtschaftsverwaltung und mit Wirtschaftswissenschaftlern pflegt, weiß, wie sehr sich im Laufe von nur 10 Jahren das Fachwissen in volkswirtschaftlichen Fragen dort verändert hat. Zunächst glaubten viele Wirtschaftswissenschaftler, der Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft sei ein rasch zu bewerkstelligendes Vorhaben. Die Realität lehrte jedoch, daß es sich um einen dornenreichen Weg handelt, der - ausgenommen China, Laos und Vietnam - mit einem starken Rückgang des Lebensstandards verbunden war. Die Erfahrungen der Mitarbeiter der ifo-Akademie vor Ort ließen rasch erkennen, daß sowohl volks- als auch betriebswirtschaftliche Bildung, ein wichtiger Wachstumsfaktor für eine erfolgreiche Transformationspolitik sind. Dabei offenbarten sich ganz spezifische Wissensdefizite, an welche anfangs keiner denken konnte und welche auch noch jetzt für viele im Westen unvorstellbar sind. Da eine Marktwirtschaft in höher entwickelten Ländern ohne ein umfassendes Strukturgewebe von Institutionen nicht funktionieren kann, ist es primär Aufgabe der wirtschaftswissenschaftlichen und juristischen Bildungsarbeit, Professoren, Mitarbeiter wissenschaftlicher Institute sowie Bürgermeister oder leitende Beamte für ihre Tätigkeit zu schulen. Makroökonomische Beratung einiger weniger Beamten reicht allein nicht aus. Im Vergleich mit den großen Fortbildungsanstrengungen, die internationale Institutionen wie die Weltbank oder der IWF auf dem Gebiet der Volkswirtschaftslehre in Osteuropa unternommen haben, ist der Beitrag, den die ifo Akademie leisten konnte, zwar nicht mehr als sehr bescheiden, aber es war ein Beitrag zur rechten Zeit und am rechten Ort und diente einem wichtigen Ziel.

Teil III Festreden

Rückblick auf die Arbeit des ifo Instituts Von Professor Dr. Karl Heinrich Oppenländer

Vierter Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung 1976-1999

Abschiedsrede am 21. Juni 1999 vor der Festversammlung im Kaisersaal der Residenz, München

Rückblick auf die Arbeit des ifo Instituts

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Fünfzig Jahre ifo - Der Einstieg Es wäre vermessen, wollte man in einer halben Stunde einen umfassenden Beitrag zum Thema "50 Jahre ifo Institut für Wirtschaftsforschung" leisten. Heute verweise ich auf zwei Publikationen, die sich im Detail mit diesem Thema befassen werden. Das ist erstens dieses Sonderheft der ifo Studien, das zum einen Grußworte von Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien bietet, zum anderen von im Institut vorhandener kompetenter Seite einen Abriß zu den einzelnen Forschungsfeldern enthält. Die zweite Publikation ist weit gespannt. Sie würdigt die empirische Wirtschaftsforschung, so wie sie sich im Deutschen Reich und später in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt hat. Wie der Autor, Prof. Wolfram Fischer, zeigt, hat ifo dieses Geschehen in der Nachkriegszeit entscheidend mitgeprägt. Was hier bleibt, ist also eine tour d'horizon, die über 40 Jahre Erfahrung, die ich im ifo Institut gesammelt habe, widerspiegelt, die einige Entwicklungen herausgreift, die durchaus auch von allgemeinem Interesse sind, und die insofern auch weiterführen, die die Zukunft ansprechen. Sechs Punkte habe ich mir notiert, die ich behandeln will, drei, die eher den Input betreffen, drei, die etwas mit dem Umfeld zu tun haben. Erste wichtige Erkenntnis dabei ist: Der Input prägt entscheidend den Output. Ich beginne mit einigen Bemerkungen zu der Besetzung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und zur Organisation des Instituts, fahre fort, über die unternehmerische Tätigkeit zu reden, was oft mit Drittmittelforschung bezeichnet wird und ende beim Forschungsprogramm, der Philosophie, der Strategie schlechthin, die einem ifo Institut der bisherigen Prägung innewohnt. Sodann ist etwas zu sagen über die Außenwirkung, über die spezifische Herausforderung, die die Ausrichtung auf die Internationalität mit sich brachte und schließlich über die Wissenschaftlichkeit eines empirischen Wirtschaftsforschungsinstituts, ein Thema, das durch die Evaluierung des Wissenschaftsrats in den Vordergrund gespielt wurde.

Mitarbeiter und Organisation 50 Jahre ifo Institut, das ist die Geschichte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dieses Institut tragen, auch die Geschichte der Führungskräfte. Das Faszinierende am Funktionieren war für mich immer, daß die Teamarbeit alles war, der Einzelkämpfer weniger Bedeutung hatte. Im Team, in der Diskussion reiften die Erkenntnisse, gab es innovative Gedanken, die das jeweils gestellte Thema einer Lösung zuführten. Die Mischung der Mannschaft bestand aus Jung und Alt, Männer und Frauen, wobei letztere an Anteil zunahmen, aus Spezialisten und Generalisten, wobei darauf geachtet wurde, daß durchaus Diplomvolkswirte und Diplomkaufleute zusammenarbeiteten, entsprechend der Ausrichtung auf makro- und mikroökonomische Grundlagen und Zielverfolgungen. Am Anfang diente das Institut mehr als Durchlaufstation, man war stolz, 17*

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Karl Heinrich Oppenländer

einmal im Institut tätig gewesen zu sein, strebte aber oft dann in die Wirtschaft, Verwaltung oder Wissenschaft. Das änderte sich mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Heute sind durchaus hochqualifizierte Mitarbeiter die Regel, die seit Jahrzehnten tätig sind und die sich durch ein Studienprogramm fortbilden können. Daß an der Verbesserung solcher Programme immer gearbeitet wurde, will ich nicht verschweigen. Der optimale Punkt ist bis heute nicht gefunden worden. Unmittelbar fällt mir der Ausspruch von G. B. Shaw ein, der einmal gesagt hat "Der Nachteil der Intelligenz besteht darin, daß man ununterbrochen gezwungen ist, dazuzulernen". Immer mehr waren die Mitarbeiter auch mit der sich schnell ändernden Technik konfrontiert. Mit welchen Mitteln damals in den Anfängen gearbeitet wurde, kann man sich heute kaum noch vorstellen, mit einfachen Kurbelrechenmaschinen, primitiven Kopierapparaten, mit der Aufbereitung der gesammelten Daten durch Strichlisten. Das alles hat sich grundlegend geändert, ist effizienter, aber auch komplizierter geworden. Der technische Fortschritt war immer in der Vorhand, zuweilen war er damit auch Hemmnis, wenn er nämlich nicht funktionierte, nach dem Motto, "Der Computer ist wieder einmal abgestürzt". Ich kann nur bescheinigen, daß wir Mitarbeiter hatten, in diesen 50 Jahren, die mit der Zeit gingen, gehen mußten und die auch in der Regel die anfallende Technik bewältigten. Die Führungskräfte waren primus inter pares, nicht Vorgesetzte. Sie hatten die Teamarbeit zu organisieren, zu unterstützen, als Vorbild bei Zeitarbeit und wissenschaftlicher Kenntnis zu dienen. Stetig war das Positive im Ausspruch von Anselm Feuerbach zu verfolgen: "Tadeln ist leicht, deshalb versuchen sich so viele darin. Mit Verstand loben ist schwer, darum tun es so wenige". Wir sind immer gut gefahren, wenn wir zu den wenigen gehörten. Daß keine "Anordnung von oben" irgendeinen Fortschritt in wissenschaftlicher Hinsicht brachte, war einsichtig: Wissenschaft läßt sich nicht anordnen, sondern ist nur in Gemeinschaft über Diskussion, bessere Argumente und Überzeugungsarbeit zu lösen. Lassen Sie mich noch anfügen: Befolgt man die drei Grundvoraussetzungen der Führerschaft, nämlich Menschlichkeit, Klarheit und Mut, dann gedeiht die Gemeinschaft. Nach den Weisen Chinas im 12. Jahrhundert wäre Menschlichkeit ohne Klarheit, wie wenn man ein Feld besäße, es aber nicht pflügte. Klarheit ohne Mut - das wäre, als sprieße die Saat, und man jätete nicht. Mut ohne Menschlichkeit - das wäre, als verstünde man zu ernten, aber nicht zu säen. Ein wissenschaftliches Institut von der Größe des ifo Instituts ist ein eigenes Gebilde, eine Forschungseinheit, die durch Leistung der Mitarbeiter und Führungskräfte lebt und eine gewisse Kontinuität ausstrahlt. Gremienarbeit ist eine wichtige Ergänzung. Gerade in einem Institut, das Information und Forschung auf seine Fahnen geschrieben hat, fordern auch die Mitarbeiter, informiert zu werden. Ein gewisses Mitspracherecht fördert die Motivation, die Freude an der Arbeit. Daß es hier Aufs und Abs in den 50 Jahren gab, sei nicht verschwiegen. Ein gewisses Aufeinandereingehen war aber unverkennbar. Das gilt für Forschungsrat und Betriebsrat gleichermaßen. Daß

Rückblick auf die Arbeit des ifo Instituts

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die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Abteilungsleitern manchmal vom principal-agent-Problem überschattet war, verwundert nicht, angesichts der Fülle an Informationen, die zu verarbeiten waren und deren Verbreitung zuweilen asymmetrische Züge annahm. In diesem Zusammenhang wurde auch immer wieder die Frage nach der optimalen Betriebsgröße gestellt. Vor der Umstrukturierung im März 1998 gab es 16 Abteilungen, keineswegs entstanden durch bloße Addition, sondern geboren aus dem Bemühen, über kleinere Forschungseinheiten effizientes und innovatives Arbeiten zu ermöglichen und neue Forschungsfelder zu etablieren. Es sollte hier einfach festgestellt werden dürfen, daß bis heute keine Organisationsform und -große gefunden wurde, die den Anforderungen eines Instituts vom Zuschnitt des ifo Instituts gerecht wird. Die Suche nach der optimalen Betriebsgröße wird das Institut auch im 21. Jahrhundert beschäftigen.

ifo als Unternehmer Von Anfang an war ifo in der Drittmittelforschung tätig. Mit der Zeit wurde der Anteil bis zu 45% des Gesamtergebnisses gesteigert. Damit war das Institut vergleichsweise der größte Gutachter unter den Instituten. Die Auftragsforschung gibt erhebliche Anregungen: Aktuelles muß aufgegriffen und termingerecht zu Ende geführt werden. Ohne zu übertreiben möchte ich feststellen, daß das Ansehen und die Kompetenz des Instituts zu einem großen Teil in dieser Forschung verankert ist. Das geschah immer unter Konkurrenzbedingungen. Die Aufträge waren nur zu erlangen unter Qualitäts- und Kompetenzgesichtspunkten, durch Referenzen aus früheren Arbeiten und durch Informationen aus Befragungen. Zwei Prinzipien wurden strikt durchgehalten: Es gab keine Dumpingangebote (auch wenn das zuweilen behauptet wurde), und es gab keine Gefälligkeitsgutachten (hier läßt sich manche Aufforderung anführen, die deshalb nicht in ein Angebot mündete). Die Konkurrenz hat es uns nicht leicht gemacht, was auch darin begründet ist, daß die Ausgangspositionen bei der Kalkulation durchaus unterschiedlich sind. Im übrigen wurde bei ifo immer nach der Devise gehandelt, daß man nicht unbedingt das Licht des anderen ausblasen muß, um das eigene leuchten zu lassen. Das äußerte sich in mancher Kooperation, die wir mit gleichartigen Instituten im In- und Ausland durchführten. Diese Handlungsweise sollten sich auch Institute zu eigen machen, die vergleichsweise neu im Geschäft sind.

Forschungsprogramm als Richtschnur Was galt im ifo Institut eigentlich als Maßstab? ifo war von Anfang an ein eingetragener Verein. Die Mitgliederzahl hat in der Spitze fast tausend erreicht, sie hat sich jetzt auf etwa 700 eingependelt. Vorrangige Aufgabe war immer, den Mitgliedern Informationen und Analysen zukommen zu lassen. Das Ausfüllen unserer Fragebogen war oft im Gegenzug gefordert. Diesem do ut des sind wir verpflichtet. Datensammeln und Datenverarbeitung in Form der wissenschaftli-

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chen Analyse sind die Erfordernisse. Das eine, das war die Pflege der Quellen, Daten und Methoden, aus denen wir schöpfen, das andere ist die Umsetzung. Dabei muß man sich immer neuen Anforderungen stellen. Das Motto für unsere Arbeiten konnte also nur lauten: Im Forschungsprogramm Bewährtes beibehalten, aber auch Neues aufgreifen, prüfen, möglicherweise verfolgen. Bei einem Ausflug mit Teilnehmern an der CIRET-Konferenz in Zürich 1987 konnte ich an einem Haus in Stein am Rhein folgenden Spruch von Gottfried Keller entziffern, der hierherpaßt: "Lasset uns am Alten, so es gut ist halten, doch auf altem Grund neues Wirken jede Stund". Wozu doch auch eine CIRETKonferenz gut sein kann! Rückblickend gesehen ist Bewährtes halten und Neues aufgreifen eine gewaltige Aufgabe, aber sie bringt zwei unabdingbare existenzerhaltende Tatbestände mit sich: Die Kompetenz wächst, die Dynamik reißt das Institut vorwärts, verankert es im schnellen Strom der Erfordernisse, denen die empirische Wirtschaftsforschung im Zeitablauf ausgesetzt ist.

ifo im Rampenlicht Ein Institut, wie das unsere lebt von der Öffentlichkeit, es steht im Rampenlicht. Es greift aktuelle Fragen auf, es nimmt Stellung, es zeigt Trends auf. Wenn eine gewisse Kompetenz erreicht ist, wird die Äußerung im wöchentlichen Schnelldienst oder in der monatlichen Wirtschaftskonjunktur, in Rundfunkund Fernsehkommentaren, in Presseverlautbarungen und Pressekonferenzen, in Anhörungen vor Bundestagsausschüssen oder anderen Verfassungsorganen beachtet, ifo ist wer, auf die Meinung wird gehört. Das ist nicht über Nacht gekommen, sondern durch konsequente Kleinarbeit, durch sorgfältiges Recherchieren, durch zusätzliche Informationen über Unternehmensbefragungen. Das ist eine Arbeit, die nach 50 Jahren Früchte getragen hat. Insofern kann auf dieser soliden Grundlage auf- und weitergebaut werden, ifo hat auch seine Jahresversammlungen bewußt auf Themen ausgerichtet, die aktuell, wirtschaftspolitisch wichtig und international in der Diskussion stehen. Sie wurden ausnahmslos von bedeutenden Persönlichkeiten begleitet, die gerne unsere Einladung annahmen, als Redner aufzutreten. Die Vorbereitungen auch für solche Veranstaltungen geschahen beratend durch ein fachkundiges Kuratorium, dem über hundert Persönlichkeiten angehören, durch einen wissenschaftlichen Beirat, der mit international anerkannten Professoren besetzt ist, und durch einen Vorstands-, heute Verwaltungsrat, der nach einem Viererproporz gestaltet ist: Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Gewerkschaft lassen ihre Stimme hören, und sie werden gehört, von uns, von ifo. In lebhafter Erinnerung ist mir ein Ausspruch des damaligen DGB-Vorsitzenden Vetter, als er als Mitglied des Vorstandsrats seine Abschiedsrede hielt. Er sei zu den Sitzungen immer gerne gekommen, trotz erheblicher Terminschwierigkeiten, weil er in diesem Kreis die Möglichkeit gehabt habe, zu diskutieren, zwar kontrovers zuweilen, aber auch sachlich. Das Zuhören sei die Hauptsache gewesen, nicht das Fensterreden. Es war auch Usus, daß der Vorsitzende des Vorstandsrats stets aus der Wirtschaft kam. Namen wie Ludwig Kastl, Siegfried Balke, HansKonstantin Paulsen, Gerd Tacke, Max Günther, Helmut Plettner und Alfred

Rückblick auf die Arbeit des ifo Instituts

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Bayer sprechen für sich. Sie garantierten Unabhängigkeit, Entscheidungsfreudigkeit, sie gaben uns Sicherheit. Ich möchte diese Erfahrung nicht missen und nehme sie gerne mit in meinen Ruhestand. ifo war nach außen jederzeit gekennzeichnet durch Neutralität, Objektivität, Öffentlichkeit und Aktualität. Das zeichnet uns aus und das ist unsere Marke. Wir sind keine Anhänger von Dogmen, von Mainstreams. Wir haben unseren eigenen Weg gesucht. Das ist uns honoriert worden von der Wirtschaft, von unseren Mitgliedern, weniger von unseren Konkurrenten, die sich vielleicht das ist keine reine Behauptung - hinter dem Wissenschaftsrat versteckten. Die Kraft, die nach innen wirkte, kam auch von außen, mit der Zeit, durch die Anerkennung der Kompetenz, dem magischen Dreieck aus Wissen, Erfahrung und Urteilskraft, so nachzulesen in einem Grußwort zum fünfzigjährigen Bestehen des ifo Instituts. Lesen Sie diese Grußworte der Gratulanten. Sie müssen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit höchster Zufriedenheit erfüllen. Vielleicht noch ein kleines Apercu: ifo hat nie eine ausgebaute Publizistikabteilung gehabt. Mein Kollege Laumer, der für die Öffentlichkeitsarbeit die Verantwortung trug, hat immer gesagt: Was wollen Sie denn, wir stehen doch jeden Tag in der Zeitung! Recht hat er gehabt. Trotzdem haben wir in letzter Zeit eine solche Systematisierung der Öffentlichkeitsarbeit vorgenommen. Sie wissen: die Technik. Internet usw. fordern ihren Preis. Es fehlt noch ein Film über ifo, über Erfolge und Mißerfolge.

Globalisierung der Forschung Lassen Sie mich schließlich über zwei Herausforderungen berichten, denen sich ifo in den achtziger und neunziger Jahren zunehmend gegenübersah. Da ist zunächst der Trend zur Internationalisierung, der gemeistert werden mußte, wollte man im internationalen Konzert der wirtschaftswissenschaftlichen Institute mithalten, und da ist das Verständnis der empirischen Wirtschaftsforschung, das vom Wissenschaftsrat auf einer einseitigen Ebene diskutiert wurde und dem wir uns stellen mußten. Der erste Prozeß ist bestanden, der zweite nicht, vielleicht auch, weil er als immerwährende Diskussion angelegt ist, wie das in der Wissenschaft üblich ist. Rückblickend sind fünf Schübe der Internationalisierung der ifo Forschung auszumachen. Alle hatten das Ziel, über zusätzliche Informationen und Aufarbeiten der Literatur zu Analysen vorzustoßen, die gleichermaßen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Anregungen und Hilfestellungen gaben. Die fünf Schübe sind: •

Internationalisierung der empirischen Konjunkturforschung, Aufbau des Netzwerkes CIRET



Erforschung Afrikas



Japanforschung

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Analysen zur europäischen Integration



Begleitung der Transformationsforschung vor und nach der Ostöffnung

Gestatten Sie mir dazu einige wenige Bemerkungen. Konjunkturforschung. Nachdem seit 1949 der Konjunkturtest erfolgreich in Deutschland eingeführt war, fand 1960 eine Gründungsversammlung von ifo, München, INSEE, Paris und ISCO, Rom statt. CIRET, das Center for International Research on Economic Tendency Surveys, war geboren. Bisher haben 24 Konferenzen, seit den 80er Jahren auch zunehmend in außereuropäischen Ländern, stattgefunden, die dokumentiert wurden. Heute sind 700 Mitglieder aus 50 Ländern aktive Teilnehmer. Eine solche Vereinigung ist einmalig. Sie verbreitet ifo Gedankengut über die ganze Welt und stellt sich wissenschaftlicher Diskussion. Afrikaforschung: Die Entkolonialisierung Afrikas Anfang der sechziger Jahre war von der empirischen Wirtschaftsforschung zu begleiten. Die ThyssenStiftung hat in einem einmaligen Kraftakt zu dieser international überaus erfolgreichen Aktivität des ifo Instituts beigetragen. Zwar kam die Gründung einer Niederlassung in Nairobi nicht zustande, dennoch ist in über hundert Veröffentlichungen dokumentiert, in welchem Maße ifo hier Pionierleistungen erbrachte. Diese haben sich in der Gründung der Entwicklungsländerabteilung niedergeschlagen und sich dann in der Transformationsforschung fortgesetzt. Japanforschung: Mit der Errichtung der Japan-Studienstelle 1985 in München und der Repräsentanz in Tokio 1989 hat ifo seine jahrzehntelangen Verbindungen zu Japan auch nach außen dokumentiert. Zwei Ansatzpunkte sind insbesondere zu erwähnen. Der TANKAN der japanischen Zentralbank, der Konjunkturtest Japans, ist, wie das ifo Geschäftsklima in Deutschland, zum unentbehrlichen Konjunkturbarometer geworden. Darüber hinaus hat sich gerade zwischen ifo und den japanischen wirtschaftswissenschaftlichen Instituten ein ungemein fruchtbarer Austausch in Sachen Information und Forschung ergeben, was sich unter anderem in einem Netzwerk niederschlug: unter Initiative des Nomura Research Institute hat sich der Tokyo Club etabliert, der weltweit interessante Forschungsfragen aufgreift und in die Forschungsressourcen von fünf weltweit tätigen Instituten aus Japan, USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland einspeist. Auch die Grußworte zum 50jährigen Bestehen des ifo Instituts zeigen die besondere Verbundenheit zwischen ifo und japanischen Instituten und Universitäten. Europäische Integration: Es war der Initiative von NEI, Rotterdam, und ifo zu verdanken, daß 1990 die europäische Gesellschaft ERECO gegründet wurde, die Forschungsinstitute wichtiger Länder vereinte, und die sich zur Aufgabe setzte, gemeinsame Strategien auszuarbeiten, Forschungsgruppen einzurichten, Personalaustausch zu organisieren und gemeinsame Forschungsanträge bei der EU-Kommission einzureichen, ifo, aber auch ERECO begleiteten auf der Forschungsseite die Vollendung des Gemeinsamen Marktes (Studien zur Frage "cost of none-Europe") und der Einführung des Euro. Auch die Osterweiterung der EU war ein besonderes Anliegen.

Rückblick auf die Arbeit des ifo Instituts

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Transformationsforschung: Sie beginnt nicht erst mit der Ostöffnung, sondern viel früher. Seit 1980 besteht eine Kooperationsvereinbarung mit dem Institut für Weltwirtschaft, Moskau, die anfangs von der DFG getragen wurde und die es ermöglichte, Symposien in München und Moskau abzuhalten, um wenigstens in wissenschaftlicher Hinsicht einen Austausch der Meinungen herbeizuführen. Das 14. Symposium hat soeben stattgefunden. Da ich persönlich initiativ und involviert war, kann ich einigermaßen den Erfolg beurteilen. Nach zähem Beginn hat das gegenseitige Verständnis, das immer auch im Persönlichen verhaftet ist, soweit zugenommen, daß nach der Ostöffnung eine Intensivierung des Austausches ohne Zögern möglich war. Seit der Ostöffnung sind weitere Betätigungsfelder dazugekommen, so in Kasachstan , auch im Rahmen von TACIS-Projekten in Kirgisien und Usbekistan. Ein besonderes Kapitel hat sich nach der Wiedervereinigung aufgetan. 1993 wurde die ifo Niederlassung Dresden eröffnet, die bisher eine Fülle von Kontakten und Veröffentlichungen ermöglicht hat.

Verständnis der empirischen Wirtschaftsforschung Die zweite Herausforderung ist, das Verständnis über die empirische Wirtschaftsforschung weiter bekannt zu machen und zu festigen. Zwei Tatsachen sollten Gültigkeit beanspruchen: Es besteht eine gewisse Arbeitsteilung zwischen Universität und empirischen Wirtschaftsforschungsinstituten. Die Universitätsinstitute betreiben natürlich auch empirische Wirtschaftsforschung. Nur sind sie aus der Natur ihrer Konstruktion heraus nicht in der Lage, Kontinuität und jahrzehntelange Erfahrungsweitergabe immer zu gewährleisten. Das ist den Instituten außeruniversitärer Art vorbehalten. Sie füllen insofern eine Lücke. Beide profitieren voneinander. Die außeruniversitären Institute haben sich stets an Theorien angelehnt, soweit es die gab. Wie anders hätten sie den Zahlenfriedhof, den sie vor sich hatten, strukturieren, für die Analyse reif machen können? ifo sucht die Universitätsnähe. So haben wir bis heute zehn Kooperationsverträge mit Universitäten oder Universitätsinstituten abgeschlossen. Jeder Vertrag muß von beiden Seiten mit Leben erfüllt werden. Manche Kooperation funktioniert auch ohne Vertrag ganz gut. ifo war immer Brückenbauer. Wir haben versucht, die Lücke klein zu halten, mitzuwirken an dem, was Karl Popper beschrieben hat: "Unsere Theorien sind unsere Erfindungen, sie sind nie mehr als kühne Vermutungen, Hypothesen, von uns gemachte Netze, mit denen wir die wirkliche Welt einzufangen versuchen". Knüpfen wir weiterhin mit an diesen Netzen, auf daß die empirische Wirtschaftsforschung zu mancher fundierten Hypothese der Theorie beiträgt. In diesem Sinne sollten wir auch, und das haben wir immer versucht, zum Brükkenschlag zwischen den verschiedenen ökonomischen Schulen unseren Beitrag leisten. Prof. Boltho von der Oxford University bescheinigt in seinem

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Grußwort, daß sich ifo immer bemüht hätte, eine Brücke zwischen Keynes und der Chicago-Schule zu schlagen.

Schlußbemerkung Ich bin am Ende meiner Ausführungen, ifo sollte sich allzeit der Wahrheitsfindung widmen, das gehört zur ureigensten Aufgabe der empirischen Wirtschaftsforschung, nach dem Motto von Seneca: Veritas numquam périt. Die Grundlage ist gegeben. Der Neuanfang bringt neue Gedanken, neue Akzente, auch das bewegt sich in bewährter ifo Tradition. Meinem Nachfolger, Herrn Prof. Sinn, wünsche ich zur Bewältigung der verantwortungsvollen Aufgabe viel Erfolg. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für ihre vortreffliche Arbeitsleistung und ihre Treue und wünsche ihnen, auch in schwerer Zeit, alles Gute. Allzeit ihr Altpräsident! Herzlichen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Der Weg in die Zukunft Aufgaben und Herausforderungen für das ifo Institut

Von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Werner Sinn

Präsident des ifo Instituts

Festrede zum fünfzigjährigen Jubiläum des ifo Instituts am 21.6.1999

Kaisersaal der Residenz in München

Der Weg in die Zukunft

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Begrüßung Verehrte Festgemeinde, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserem Festakt, mit dem wir das fünfzigjährige Bestehen des ifo Instituts hier im prächtigen Kaisersaal der Münchner Residenz feiern. Es ist für das Institut eine außerordentliche Ehre, daß Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind und damit Ihre Verbundenheit zum ifo Institut zum Ausdruck bringen. Und es ist auch eine Ehre, daß die bayerische Staatsregierung es ermöglicht hat, das Jubiläum des ifo Instituts in einem der schönsten Räume zu feiern, die es in Bayern gibt. Der Anfang im Jahr 1949 war ja bescheidener. Man begann in zwei Baracken in der Rosenheimer Straße und hat sich, was das Räumliche betrifft, erst allmählich im Laufe der Zeit nach oben gearbeitet. In den Baracken war es im Sommer unerträglich heiß, und man mußte beim Verlassen des Gebäudes darauf achten, daß der Teer des Daches einem nicht auf die Kleider tropfte. Der Kaisersaal, in dem wir hier tagen, lag damals noch in Schutt und Asche. Ich will den Reden, auch meiner eigenen, hier nicht vorgreifen, aber Sie, meine Damen und Herren, als neuer Präsident des ifo Instituts doch zunächst sehr herzlich begrüßen. Leider läßt es die Zeit nicht zu, daß ich alle Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die dem Institut heute die Ehre geben, persönlich erwähne. Besonders herzlich heiße ich zunächst Herrn Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber und Herrn Minister Dr. Otto Wiesheu in unserer Mitte willkommen. Ihre Anwesenheit, sehr geehrter Herr Ministerpräsident und sehr geehrter Herr Minister, ist das für alle sichtbare Zeichen der Aufmerksamkeit und Obhut, die die bayerische Staatsregierung dem ifo Institut gewährt. Ich bedanke mich für die Unterstützung, die Sie dem ifo Institut haben zuteil werden lassen sowie für die Ehre, die Sie uns mit Ihrer Anwesenheit geben. Als Vertreter der Bundesregierung ist der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Herr Professor Herbert Zitzelsberger, zu uns gekommen. Herzlich willkommen, Herr Professor Zitzelsberger, bei uns in München, und vielen Dank dafür, daß Sie heute ein Grußwort an uns richten werden. Nach Herrn Ministerpräsident Stoiber und Herrn Staatssekretär Zitzelsberger werden Herr Professor Spree, der die volkswirtschaftliche Fakultät im Verwaltungsrat des ifo Instituts vertritt, sowie der Vorsitzende des Verwaltungsrates und Kuratoriums, Herr Staatssekretär Bayer, der das ifo Institut sicher durch die Phase des Wechsels geführt hat, zu uns reden, bevor dann der scheidende Präsident des ifo Instituts das Wort ergreift. Auch Herrn Kollegen Spree und Herrn Bayer begrüße ich herzlich. Herr Spree hat die Kooperation zwischen der LMU und dem ifo Institut seinerzeit als Dekan vorbereitet, und Herr Bayer, den ich fast schon als väterlichen Freund empfinde, hat mir gerade in der Anfangszeit hier im Institut in vielfältiger Weise geholfen. Ich freue mich, daß er meiner

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Bitte gefolgt ist, auch weiterhin als Vorsitzender des Verwaltungsrates und des Kuratoriums des ifo Instituts zur Verfügung zu stehen. Ich bedanke mich für den Besuch des Präsidenten der Landeszentralbank im Freistaat Bayern, Herrn Dr. Franz-Christoph Zeitler, der solange es seine Zeit erlaubte, Mitglied im Vorstandsrat des ifo Instituts gewesen war und dem Institut nach wie vor freundschaftlich verbunden ist. Stellvertretend für die anderen öffentlichen Institutionen Bayerns begrüße ich auch den Präsidenten des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Herrn Professor Dr. Johann Wittmann und Herrn Regierungspräsidenten Hans-Werner Böhm. Ich erkenne dankend an, daß die Wirtschaft, der sich das ifo Institut seit jeher eng verbunden fühlt, durch Repräsentanten der Unternehmen, Banken und Verbände hochkarätig vertreten ist. Ich erlaube mir, Herrn Dr. Martin Schütte, Vorstandsmitglied der HypoVereinsbank, und Herrn Dr. Graf Ballestrem, Vorstandsmitglied der MAN AG, die dem Institut durch die Freundesgesellschaft besonders nahestehen, besonders hervorzuheben. Auch Herrn Heinrich Traublinger gilt mein Willkommensgruß, der das ifo Institut als Vorsitzender der Handwerkskammer von München und Oberbayern durch seine engagierte Mitarbeit im Verwaltungsrat unterstützt. Es ist ein gutes Zeichen, daß nicht nur die bayerischen Universitäten heute besonders zahlreich und prominent vertreten sind. Stellvertretend für alle Wissenschaftler begrüße ich ganz herzlich den Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Herrn Professor Dr. Heinrich Nöth, und natürlich den Nobelpreisträger und MIT Professor Robert Solow, der heute zu uns sprechen wird. Der Anlaß des heutigen Festakts gebietet es, die hier anwesenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besonders zu erwähnen, die die Geschichte des Instituts über Jahre hinweg begleitet haben. Ganz besonders freue ich mich, daß Sie, lieber Herr Professor Borchardt, zu der Feier gekommen sind. Sie waren von 1971 bis 1973 Mitglied des Vorstands des Instituts und sind mir in den nunmehr 15 Jahren der gemeinsamen Mitgliedschaft in der volkswirtschaftlichen Fakultät stets ein guter Kollege gewesen. Zu Ihrem siebzigsten Geburtstag, den Sie gerade gefeiert haben, gratuliere ich auch an dieser Stelle nochmals sehr herzlich. Keinesfalls übergehen möchte ich Herrn Professor Schlecht. Ich bin sehr glücklich, daß Sie, verehrter Herr Schlecht, an dem Festakt teilnehmen. Sie haben in unterschiedlichen Funktionen mehrere Jahrzehnte lang die Geschicke des Instituts mitgestaltet, nicht nur als Staatssekretär im BMWi - also als Vertreter der Zuwendungsgeber -, sondern auch als langjähriges Mitglied in den Aufsichtsgremien des Instituts und als erster Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats.

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Stellvertretend für den heutigen wissenschaftlichen Beirat gilt mein herzliches Willkommen dem mir lange bekannten und vertrauten Vorsitzenden dieses Gremiums, Herrn Professor Ramser. Auch ihm hat das ifo Institut viel zu verdanken. Als Zeitzeugen begrüße ich ferner den früheren Vorsitzenden des Vorstands und des Aufsichtsrats der Daimler-Benz AG, Herrn Professor Dr. Joachim Zahn, der über eine lange Zeit hinweg den Vorsitz in der Freundesgesellschaft des ifo Instituts innehatte, und Herrn Bundesbankpräsidenten a.D. Karl-Otto Pohl, der zu Anfang seiner beruflichen Karriere als Leiter der Abteilung Publizistik im ifo Institut tätig war und später viele Jahre in den Organen des Instituts mitwirkte. Sein Amtsnachfolger Schlesinger, der ebenfalls im ifo Institut tätig war, konnte heute wegen dringender anderweitiger Verpflichtungen nicht kommen, sendet der Festversammlung aber seine herzlichen Grüße. Ein herzliches Willkommen auch an alle ehemaligen Vorstandsmitglieder, Abteilungsleiter und Mitarbeiter des ifo Instituts, die über viele Jahre die Geschicke des Instituts geprägt hatten. Ich sehe viele von Ihnen hier im Saal und wünsche Ihnen ein fröhliches Wiedersehen mit alten Weggefährten. Vor allem aber darf ich nun Sie, lieber Herr Kollege Oppenländer, begrüßen. 50 Jahre ifo Institut: daß das heute in einem so feierlichen Rahmen, mit so zahlreichen prominenten Gästen gefeiert werden kann, daß die Medien über das Ereignis berichten, daß "ifo" zu einem Markenzeichen geworden ist, dazu haben Sie, lieber Kollege Oppenländer, einen wesentlichen Beitrag geleistet. Über vier Jahrzehnte waren Sie im ifo Institut tätig, viel länger, als ich selbst es jemals sein kann. Neben Ihrer Arbeit in der Abteilung Industrie haben Sie bei Preiser über ein wachstumstheoretisches Thema promoviert, und schon bald stiegen Sie zum Abteilungsleiter auf. Noch vor Ihrer Habilitation wurden Sie zunächst als stellvertretendes, dann als ordentliches Mitglied in den Vorstand berufen. Ihr Interesse an der Verknüpfung von Konjunktur- und Wachstumstheorie hat sich seitdem wie ein roter Faden durch die Forschungsgeschichte des Instituts gezogen. 1976 wurden Sie in der Nachfolge von Professor Karl Maria Hettlage zum Präsidenten berufen und haben dieses Amt bis zum Januar dieses Jahres beibehalten. 23 Jahre sind eine lange Zeit, in der Sie die Geschicke des Instituts geleitet und ihm einen bleibenden Stempel aufgeprägt haben. Daß die Konjunkturumfragen des ifo Instituts weltweite Bekanntheit erlangt haben, war sicher auch Ihr Verdienst. Dabei sind Sie nicht bei Konjunkturfragen stehen geblieben, sondern haben eine breite Palette ökonomischer Themen behandelt. Vielleicht war es das "Pech" des Instituts, daß es manchmal zu erfolgreich in der Einwerbung von Drittmitteln war und der Grundlagenforschung deshalb nicht immer die vom Wissenschaftsrat geforderte Aufmerksamkeit schenken konnte. Trotz der zahlreichen Gutachten - auch zu heiklen Themen - ist es dem ifo Institut unter Ihrer Leitung jedoch immer gelungen, seine Unabhängigkeit zu wahren. Diesen Punkt haben Sie in Ihrer Rede zum vierzigjährigen Jubiläum zu

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Recht hervorgehoben. Und natürlich ist es um so schwieriger, sich der Einflußnahme von Auftraggebern oder Interessen Vertretern zu entziehen, je brisanter und aktueller die behandelten Themen sind. Lieber Herr Oppenländer, ich habe Sie zunächst einige Jahre von der anderen Seite des Englischen Gartens und dann einige Jahre aus nächster Nähe im Verwaltungsrat und Kuratorium des Instituts beobachten können. In all diesen Jahren ist meine Achtung für Ihre hervorragende Managementleistung in dem mittelständischen Betrieb, der das Institut nun einmal ist, gewachsen. Nie hätte ich mir vorgestellt, daß ich einmal Ihr Nachfolger werden könnte, und auch als Sie mich selbst vor langer Zeit fragten, habe ich diesen Gedanken noch weit von mir gewiesen. Aber so ist es nun einmal im Leben. Vieles kommt ganz anders, als man denkt. Meine Damen und Herren, heute feiern wir nicht nur das fünfzigjährige Jubiläum des ifo Instituts, sondern zugleich den Abschied eines großartigen Präsidenten, der das ifo Institut durch schwierige Fahrwasser gelenkt hat und aus der empirischen Wirtschaftsforschung nicht mehr wegzudenken ist. Durch die heutige Feier und unseren Applaus wollen wir unsere Achtung und Anerkennung für den unermüdlichen Einsatz von vierzig Lebensjahren zum Wohl des ifo Instituts zum Ausdruck bringen.

Die neuen Herausforderungen Es ist nun an der Zeit, den Blick nach vorne zu richten. Neue Aufgaben warten auf das ifo Institut, und neue Herausforderungen müssen bestanden werden. Ich bin zuversichtlich und guten Mutes, weil ich weiß, daß es im ifo Institut eine große Zahl engagierter Mitarbeiter gibt, die ihr Bestes geben werden. Gleich nach meinem Amtsantritt habe ich alle wissenschaftlichen Mitarbeiter gebeten, über ein Thema aus ihrem Arbeitsgebiet vorzutragen, und auch ich selbst habe vorgetragen, um mich vorzustellen. Sodann haben alle Arbeitsbereiche ihre Ergebnisse des letzten Jahres präsentiert, und wir haben die Aktivitäten für dieses Jahr besprochen. Die Vorträge und Präsentationen haben mir einen ausgezeichneten Eindruck über die Leistungskraft des Instituts verschafft. Hier gibt es wirklich Experten für alle wichtigen Wirtschaftsthemen und für alle Branchen unserer Wirtschaft, wie man sie sonst nirgendwo so gebündelt findet. Ein riesiger Fundus an institutionellem Wissen und umfangreiche Kenntnisse und Fertigkeiten bei der Sammlung und Aufbereitung von Wirtschaftsdaten bilden ein solides Fundament für die weitere Zukunft. Mir, der ich aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft komme, gefällt die Arbeit. Die Themen des ifo sind spannend und wirklichkeitsnah, und es ist ein Vergnügen, mit den Mitarbeitern zu diskutieren. Auch ich lerne dabei viel. Wir haben jetzt übrigens ein hausinternes "lunch time" Seminar eingerichtet, wo die Mitarbeiter einmal in der Woche reihum aus ihrer laufenden Arbeit berichten, und ein anderes, in vierzehntägigem Rhythmus geplantes Seminar, in

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dem auswärtige Gastwissenschaftler vortragen. Diese Seminare finden regen Zuspruch. Das ifo ist ein solides Institut. Seine traditionellen Stärken werde ich erhalten und pflegen. Die Umfragen, die wir jeden Monat bei Tausenden von Unternehmen durchführen, sind von großem Wert für die Prognose der Wirtschaftsentwicklung. Die ifo Daten stoßen auf weltweites Interesse und sind als Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung so anerkannt, daß sich selbst die Börsenkurse nach ihnen richten. Dank seiner einzigartigen Daten und dank seiner hervorragenden Konjunkturabteilung ist das ifo Institut ein tragender Pfeiler der Gemeinschaftsdiagnose der Institute. Das Besondere an den ifo Daten ist, daß sie nach einzelnen Branchen aufgeschlüsselt sind. Die Daten werden im Rahmen unserer Branchen- und Strukturforschung nicht nur erhoben, sondern auch systematisch ausgewertet und kommentiert. Dadurch entsteht eine äußerst breite Produktpalette, die sich bei den Firmen der verschiedensten Branchen großer Beliebtheit erfreut und die dem ifo Institut in der Wirtschaft zu hohem Ansehen verholfen hat. Hervorzuheben sind auch die ifo Untersuchungen im Bereich Umwelt, Regionen und Verkehr, wo wichtige Studien zu räumlichen Aspekten der Wirtschaftsentwicklung entstehen, sowie die internationalen Beratungsprojekte, die das ifo Institut betreut. Der hohe finanzielle Erfolg dieser Arbeitsgebiete ist ein Indikator für den hohen Bedarf, auf den ihre Produkte stoßen. Wie Sie wissen, hat ifo eine Niederlassung in Dresden, die sich stark im Bereich der regionalen Wirtschaftsprobleme Ostdeutschlands engagiert. Diese Niederlassung hat in den neuen Ländern viel Anerkennung erworben und wird sicherlich auch weiterhin florieren, wobei die Osteuropa-Forschung noch mehr Bedeutung gewinnen wird. Sie werden sich nun fragen: Warum redet der Neue eigentlich über das Alte? Wann fängt er endlich mit seinem Vortrag an. Nun, ich erwähne die bewährten Tätigkeitsgebiete deshalb, weil ich den ifo Mitarbeitern an dieser Stelle mein Lob für das Geleistete aussprechen möchte. Gerade auch die weniger spektakuläre Tagesarbeit hart an den Daten verdient die Anerkennung aller. Ich will nicht verhehlen, daß ich auch inhaltliche Probleme gesehen habe. Natürlich kenne ich das Gutachten des Wissenschaftsrates und weiß, daß man Gutes noch besser machen kann. Dennoch sehe ich eine solide Basis für eine erfolgversprechende Zukunft, und ich bin bereit, meine eigene Zukunft darauf zu setzen. Ein echtes Problem, das uns erheblich zu schaffen macht, ist allerdings die Kürzung der Grundmittel um 25%, die die Konsequenz des Urteils des Wissenschaftsrats ist. Diese Kürzung können wir nicht durch vermehrte Anstrengungen bei der Drittmittelforschung ausgleichen, wie das anfangs der neunziger Jahre schon einmal gelungen war, denn, wie Herr Ministerpräsident Stoiber schon sagte, der Drittmittelanteil ist bereits hart an der 50%-Grenze, und höher können wir nicht mehr gehen, wenn wir die Gemeinnützigkeit nicht verlieren und 18 ifo Studien 1999

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uns gegen den Wissenschaftsrat stellen wollen, der eine deutliche Absenkung des Drittmittelanteils verlangt. Wir müssen also den Gürtel enger schnallen. Konkret müssen wir uns innerhalb weniger Jahre von mindestens 50 Mitarbeitern trennen, was bei einer Gesamtzahl von 210 Mitarbeitern keine leichte Aufgabe ist. Betriebsbedingte Kündigungen im Umfang von etwa der Hälfte der Kürzungszahl werden nicht zu vermeiden sein. Die Mittelkürzung zwingt zu schmerzlichen Einschnitten, die sich auch in der Schließung ganzer Abteilungen niederschlagen werden. Im Zwang zum Sparen liegt aber auch eine Chance. Das ifo Institut muß schlanker werden, und es muß sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Die Arbeitsabläufe müssen weiter optimiert werden, und stärker als bisher müssen wir darauf schauen, daß ein angemessenes Verhältnis von Ertrag und Aufwand erreicht wird. Auch unsere Auftraggeber und Mitglieder müssen wir bitten, dies zu verstehen. Ich bin froh, daß ich gerade in dieser schwierigen Phase die Unterstützung meiner Vorstandskollegen Meinhard Knoche und Professor Gebhard Flaig habe. Beide sind ebenfalls erst seit kurzem im Institut, aber doch schon etwas länger als ich. Die Zusammenarbeit hat auf Anhieb reibungslos funktioniert, und wir sind uns bei allem, was zur Reform des ifo Instituts erforderlich ist, völlig einig. Ich nehme diese Gelegenheit zum Anlaß, meinen Vorstandskollegen für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit seit meinem Dienstantritt zu danken. Sie haben auch schon gut vorgearbeitet. Die von ihnen im Verein mit meinem Amtsvorgänger schon eingeleiteten Reformschritte sind eine gute Grundlage für die weitere Konsolidierung des Instituts. Der Erfolg fällt niemandem in den Schoß. Auch ein Wirtschaftsforschungsinstitut muß sich ständig an neue Entwicklungen anpassen. Es kann nicht nur immer über den strukturellen Wandel der Wirtschaft schreiben, sondern muß sich auch selbst einem solchen Wandel unterziehen. Für das ifo Institut haben wir einiges geplant, und wie Sie es schon gehört haben, ist unsere Planung auch schon von der Bund-Länder-Kommission gutgeheißen und als Grundlage ihres neuen Förderbeschlusses akzeptiert worden. Ja, der Vertreter des Wissenschaftsrates bei der BLK hat die neue Konzeption, die wir der Kommission vorgelegt haben, sogar als beispielhaft bewertet. Die Ziele, die der neuen Konzeption zugrundeliegen, lassen sich durch vier Leitsätze beschreiben: -

Wir wollen politiknäher arbeiten.

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Wir wollen einen besseren Service anbieten.

-

Wir wollen europäischer werden.

-

Wir wollen wissenschaftlicher werden.

Lassen Sie mich darlegen, was darunter im einzelnen zu verstehen ist.

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Wir wollen politiknäher arbeiten Die Informationen des ifo Instituts werden bislang schon politisch aufmerksam registriert. Immerhin ist die Politikberatung auf dem Wege der Auftragsforschung eine Domäne des ifo Instituts. Aber es wäre kein Schaden, wenn das ifo Institut sich in Zukunft noch stärker in die großen wirtschaftspolitischen Debatten unseres Landes einbringen und vielleicht sogar gelegentlich solche Debatten anstoßen würde. Deutschland leidet unter einem erheblichen Reformstau. Der Economist schrieb kürzlich, unser Land sei der kranke Mann Europas, und die Schwäche des Euro resultiere nicht etwa von der Haushaltspolitik der Italiener, sondern sei das Ergebnis der deutschen Krankheit. Der Economist übertreibt, richtig ist aber, daß es an allen Ecken und Enden kriselt. Das Steuersystem ist reformbedürftig, weil wir die höchsten Unternehmenssteuersätze Europas haben und die Arbeit zu stark mit Steuern und Sozialabgaben belasten. Die Arbeitslosenversicherung und die Sozialhilfe prämieren das Nichtstun statt der fleißigen Arbeit. Die Rentenversicherung schlittert in die demographische Krise. Die Lohnstrukturen sind starr; es fehlt an einer Differenzierung zwischen guten und schwachen Betrieben, qualifizierter und unqualifizierter Arbeit, schon beschäftigten Mitarbeitern und Neueinsteigern. Die Risikokapitalmärkte sind unterentwickelt und geben jungen Unternehmern zu wenig Chancen. Das Bildungssystem ist verkrustet, gleichmacherisch und wettbewerbsfeindlich. Die neuen Bundesländer produzieren immer noch nicht mehr als zwei Drittel, von dem, was sie verbrauchen. Die deutsche Staatsschuld hat die MaastrichtGrenze gesprengt. Zwei neue Arbeitsbereiche wurden geschaffen, um entsprechende Schwerpunkte zu setzen. Der Bereich "öffentlicher Sektor" und der Bereich "Sozialpolitik und Arbeitsmärkte". Es geht um den Verlauf der Grenzlinie zwischen Staat und Markt, um den Kompromiß zwischen Effizienz und Gerechtigkeit und schlicht um gesunden Menschenverstand bei der Ausgestaltung der Anreizsysteme des Sozialstaates. Da einige Mitarbeiter schon in diesen Gebieten tätig waren, können die neuen Bereiche bereits mit ihrer Arbeit beginnen. Eine Aufstockung durch Umgruppierungen innerhalb des Instituts und durch Neueinstellungen ist allerdings erforderlich, selbst wenn auf anderen Gebieten die Zahl der Mitarbeiter reduziert werden muß. Das ist für den Betriebsrat keine einfache Situation. Ich hoffe aber und appelliere an ihn, daß er sich der Einsicht nicht verschließt, daß dieser Schritt für die Zukunft des ifo Instituts unabdingbar ist. Nun zum zweiten Leitspruch.

Wir wollen einen besseren Service anbieten Das ifo Institut ist nach der neuen Kategorisierung des Wissenschaftsrates nun ein forschungsbasiertes Service-Institut. Dies verpflichtet uns, auch hinsichtlich der serviceorientierten Aufgaben noch besser zu werden. Der Service 18*

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ist seit je her die Stärke des Instituts, denn die Wirtschaftsinformationen, die wir liefern, sind Service der ersten Güteklasse. Publikationen zur Konjunkturentwicklung und zu Spezialproblemen in den einzelnen Wirtschaftsbranchen, die ebenfalls einen starken Bias zu Konjunkturthemen haben, sind bislang die hauptsächlichen Serviceprodukte des ifo Instituts. Eine zweite Kategorie von Serviceprodukten soll in Zukunft in einer neu zu schaffenden Datenbank für den internationalen Institutionenvergleich (in der Abkürzung EDIV) liegen. Staatliche Verordnungen und Regulierungsmaßnahmen, die staatliche Bereitstellung von Gütern und Leistungen und das staatliche Abgabensystem bilden einen institutionellen Rahmen für die private Wirtschaftstätigkeit, dessen Anreizstrukuren die wirtschaftliche Entwicklung der Länder maßgeblich bestimmen, und deshalb beziehen sich Reformdiskussionen ja auch stets auf die Frage, wie man diesen Rahmen ändern sollte. Der Institutionenvergleich kann bei der Beantwortung dieser Frage nützlich sein, denn mehr noch als alle Theorie zeigt der Blick auf andere Länder, wo vielleicht Lösungswege für die eigenen Probleme liegen. Ich habe im ifo Institut die Weisung ausgegeben, daß in Zukunft alle Gutachten einen Abschnitt mit einem internationalen Vergleich enthalten. Ob man etwas zum Konjunkturproblem sagt, die Regulierung der Telekom untersucht, den Ladenschluß kommentiert oder die Zuckerindustrie studiert: stets soll der Blick auch auf die anderen europäischen Länder und von Fall zu Fall auch auf außereuropäische Länder gerichtet werden. Auf diese Weise soll peu à peu ein Wissensschatz aufgebaut werden, der das ifo zu einem Kompetenzzentrum für den Institutionenvergleich macht und die Errichtung der Datenbank für den internationalen Institutionenvergleich in einer eigens dafür geschaffenen neuen Fachabteilung ermöglicht. Die kostspielige Sammlung und Aufbereitung von Informationen hat nur dann einen Sinn, wenn diese Informationen anschließend zum Nutzen von Wirtschaft und Wissenschaft weit verbreitet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist das ifo Institut unter der Leitung von Herrn Knoche dabei, seine Präsenz im Internet erheblich zu verstärken. Schon heute ist das Institut im Internet gut vertreten, aber in Zukunft werden Sie in eine neue virtuelle Datenwelt geführt, die kaum irgendwelche Wünsche offenläßt. Wir planen, sämtliche Publikationen des ifo Instituts über das Internet zugänglich zu machen, die neuesten Konjunktur- und Wirtschaftsdaten graphisch gut aufbereitet zur Verfügung zu stellen, die Ergebnisse des internationalen Institutionenvergleichs zu präsentieren, das on-line Research zur Lösung eigener Probleme unserer Kunden zu erleichtern und Bestellungen auf elektronischem Wege zu ermöglichen. Natürlich können wir unsere Leistungen nicht umsonst anbieten. Auch das Inkasso wird elektronisch erledigt. Das Internet werden wir auch nutzen, um unsere monatlichen Befragungen bei den Unternehmen noch schneller und akkurater durchzuführen. Es ist ein interaktiver Fragebogen in Bearbeitung, der auf dem Bildschirm ausgefüllt wird, Inkonsistenzen bei der Beantwortung gleich erkennt und im ifo Institut automatisch ausgewertet wird.

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Parallel zur Ausweitung der elektronischen Präsenz des ifo Instituts werden wir den physischen Output des ifo Instituts überdenken müssen. Derzeit verbraucht das ifo nicht weniger als 40 Tonnen Papier im Jahr. Das muß nicht so bleiben. Im Laufe der Zeit wird wahrscheinlich der Output an gedruckten Erzeugnissen zurückgehen und immer stärker durch elektronische Informationsdienste ersetzt werden. Das elektronische Informationsangebot ist in jeder Hinsicht effizienter. Es ist umfassender, schneller, leichter zugänglich, billiger und umweltschonender. Der Vorstand hat eine Kommission zur Überprüfung der Publikationstätigkeit ins Leben gerufen, der Professor Jürgen Vosgerau aus Konstanz und Dr. Manfred Wegner, Gründungspräsident des Instituts in Halle und Ex-Vorstandsmitglied des ifo Instituts, angehören. Der Bericht der Kommission wird in Kürze erwartet, und nach dem, was ich bislang gehört habe, können Vorschläge zu einer grundlegenden Umstrukturierung und Straffung des Publikationsprogramms erwartet werden. Nun der dritte Leitspruch.

Wir wollen europäischer werden Europa ist im Aufbruch. Der Kontinent befindet sich in einer historischen Phase, in der die Verhältnisse zwischen den Ländern neu geordnet werden und in der ein neues Staatsgebilde in Brüssel entsteht, ob wir es wollen oder nicht. Das neue Europa erwächst aus den Diskussionen einer neuen europäischen Öffentlichkeit aus Politikern, Wirtschaftsführern, Wissenschaftlern und Journalisten, die in diesen Jahren dabei ist, sich zu formieren. Heute werden die Weichen gestellt, die über das Ziel einer langen Reise entscheiden. Deutschland hat sich bislang nicht in einem Maße an den Weichenstellungen beteiligt, das seiner Größe und wirtschaftlichen Bedeutung entspricht. Häufig wundern wir uns zu spät über die Entscheidungen, die in Brüssel zustande kommen. Wir sind selber schuld, denn wir nehmen Europa nicht ernst, jedenfalls viel weniger, als es andere Länder tun. Das muß sich ändern. Wir müssen unsere besten Leute nach Brüssel schicken, wie es die Franzosen tun, und wir müssen uns intensiv an den länderübergreifenden europäischen Debatten beteiligen. Auch das ifo Institut kann hier eine wichtige Rolle spielen, denn es kann mit seinen umfangreichen Kenntnissen zur Versachlichung der europäischen Diskussion beitragen. Mein Ziel ist es, neben den existierenden deutschsprachigen Produkten in den nächsten Jahren eine englischsprachige Produktpalette aufzubauen, die in allen europäischen Ländern auf Interesse stößt und dem ifo Institut eine länderübergreifende Kompetenz und Anerkennung verschafft. Kurz: Auf längere Sicht soll das ifo Institut nach außen hin als ein europäisches Institut in Erscheinung treten, das bei seinen englischen Publikationen keinen deutschen Bias mehr erkennen läßt und nur eben zufällig in München beheimatet ist. Europa hat bislang noch kein Institut, das als Pendant der Brookings

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Institution in Washington gelten könnte, aber ich bin mir sicher, daß ein solches Institut irgendwo entstehen wird. Warum nicht in München? Es muß nicht immer alles in Brüssel, London oder Paris geschehen. Aus eigener Kraft kann das ifo Institut diesen Weg freilich nicht gehen. Sie haben schon von meinen Vorrednern gehört, was wir vorhaben. Wir wollen das von mir geleitete Universitätsinstitut CES mit dem ifo zu einer engen Kooperationsgemeinschaft zusammenführen. CES heißt Center for Economic Studies; der Name ist englisch, weil dieses Institut praktisch ausschließlich in der englischen Sprache agiert. Das CES ist vor allem ein Besucherprogramm, das pro Jahr etwa 30 ausländische Forscher zu längeren Gastaufenthalten nach München holt. Dabei sind alle wichtigen Industrieländer vertreten ist, wenngleich die meisten Besucher aus den USA kommen. Darüber hinaus verfügt das CES zusammen mit meinem Lehrstuhl über eine eigene Forscherkapazität von einem Dutzend Stellen. Es ist in seiner Art ohne Parallelen im deutschen Sprachraum. Das CES verfügt heute schon über ein Netzwerk von hunderten von Forschern, die uns besucht haben und die mit dem CES korrespondieren. Dieses Netzwerk kann man intensivieren und um weitere Forscher ergänzen. Ziel ist es, die Forscher in gemeinsame Forschungsprojekte einzubinden, die in München auf Konferenzen diskutiert werden und die zu Publikationen in angesehenen Zeitschriften und Buchreihen führen. Einige dieser Forscher wollen wir für Buchprojekte gewinnen, die sich wichtigen europäischen Politikfragen widmen, jeweils gemeinsam mit einem Forscher aus dem ifo bearbeitet werden und zu prominenten Veröffentlichungen führen sollen. Ich glaube, daß in einer solchen Tandem-Lösung ein ganz besonderer Reiz liegt, denn die konzeptionelle Kraft eines international anerkannten Wissenschaftlers und die empirische Kompetenz des ifo sollten sich zu einem attraktiven Endprodukt verbinden lassen. Um die Kooperation zwischen ifo und CES zu institutionalisieren und das geplante Forschernetzwerk zu administrieren, haben die Universität München und das ifo Institut inzwischen unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Wirtschaftsministers die CESifo GmbH gegründet. CESifo soll vornehmlich durch Zuwendungen des Wirtschaftsministeriums finanziert werden und dient dazu, den Schritt des ifo nach Europa zu realisieren. Es handelt sich dabei nicht um ein Institut herkömmlicher Art, sondern eher um die Zentrale eines länderübergreifenden Netzwerks, das vor Ort mit einer vergleichsweise geringen Personalkapazität auskommt und sich bei seinen Projekten eher des Outsourcing als fester Arbeitskontrakte bedient. CESifo ist nicht nur der Name einer neuen Gesellschaft, sondern nach Beschluß des Vorstands zusätzlich ein Markenname, unter dem die internationalen Produkte aus dem ifo und dem CES in Zukunft vermarktet werden sollen. Auch die Produkte, die im ifo Institut in englischer Sprache entstehen, werden nach einer strengen Qualitätsprüfung unter dem Namen CESifo herausgebracht. Die Internet-Präsentation des CES und des ifo wird ebenfalls, soweit es um Produkte in englischer Sprache geht, unter dem CESifo Logo erfolgen. Die

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Welt ist groß. Es macht keinen Sinn, aus München heraus mit zwei unterschiedlichen Institutsnamen nach außen zu treten. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand und in Anlehnung an die Empfehlungen der erwähnten Kommission mit Professor Vosgerau und Dr. Wegner wird es unter dem Namen CESifo die folgenden Produkte in englischer Sprache geben. 1. Die CESifo Discussion-Paper-Reihe. Hier werden im Netzwerk, im CES und im ifo Institut entstehende wissenschaftliche Discussion Papers veröffentlicht. 2. Den CESifo Digest. Dieses Organ soll aus dem ifo Digest entwickelt, doch strikt europäisch ausgerichtet werden. Neben einigen übersetzten Schnelldienstartikeln können externe Beiträge, die Umfrageergebnisse des ifo, seine europäischen Konjunkturprognosen sowie Debatten bekannter europäischer Persönlichkeiten zu gemeinsam interessierenden Politikfragen veröffentlicht werden. 3. Das CESifo Journal. Dieses Organ wird aus dem existierenden CES Journal entwickelt und soll über die Aktivitäten und Besucher des CESifo-Verbundes berichten. 4. Eine Buchreihe bei einem angesehenen Verlag, in der die Auftragsarbeiten der CESifo GmbH, die möglichst im Tandem mit ifo Mitarbeitern entstehen, veröffentlicht werden. Weitere Produkte sind in der Planung, aber noch nicht beschlossen. Manches von dem, was ich hier erwähne, ist noch nicht realisiert. Aber ich rede dennoch nicht über ungelegte Eier. CESifo ist bereits gegründet und hat gerade seine Arbeit aufgenommen. Im nächsten Jahr werde ich Ihnen mehr darüber sagen, wie der Start verlaufen ist. Ich bin davon überzeugt, daß etwas ähnliches wie die CESifo Gesellschaft nirgends außer in Bayern hätte gegründet werden können und daß es selbst in Bayern schwer gewesen wäre, wenn nicht Herr Minister Wiesheu und der bayerische Ministerpräsident von Anfang an hinter diesem Projekt gestanden hätten. Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte die Gelegenheit benutzen, der bayerischen Staatsregierung, Ihnen und vor allem auch den Mitarbeitern in der Abteilung von Herrn Dr. Gruppe ganz persönlich dafür zu danken, daß diese ungewöhnliche Konstruktion den Weg von den ersten Ideen bis zur Realisierung hat nehmen können. Meinen Dank möchte ich auch ausdehnen auf die Zuwendungsgeber in der Bundesregierung, hier vertreten durch Herrn Dr. Hoekstra, der sich ebenfalls persönlich für das neue Konzept eingesetzt hat. Nun komme ich zum letzten der vier Leitsätze.

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Hans-Werner Sinn Wir wollen wissenschaftlicher werden

Wir wollen nicht nur wissenschaftlicher werden, sondern wir müssen es. Dies ist die klare Vorgabe des Wissenschaftsrates in seinem Evaluierungsbericht. Das ifo Institut ist ein Institut der blauen Liste, das ähnlich wie z.B. die MaxPlanck-Institute gemeinsam von Bund und Ländern gefördert wird. Die Bedingung für eine solche Förderung ist eine wissenschaftliche Grundausrichtung, die sich unter anderem in Publikationen in referierten wissenschaftlichen Zeitschriften niederschlägt. Ich habe keine Illusionen darüber, daß es äußerst schwer sein wird, die angemahnten Publikationen in referierten wissenschaftlichen Zeitschriften bei einem schrumpfenden Personalbestand mit gleichzeitigen Finanznöten und dem Zwang zum Ausbau der Servicefunktionen in absehbarer Zeit hervorzubringen, zumal zwischen der Erstellung der ersten Fassung eines Aufsatzes und der Publikation der Endfassung in aller Regel Jahre liegen. Wirklichen Erfolg wird das Institut in dieser Hinsicht erst nach Jahren zeigen können. Dennoch habe ich insofern Hoffnung, als das ifo Institut nun näher an die Universität heranrückt. Der Genius Loci des ifo spricht ja ohnehin für eine solche Politik, denn Sie wissen vielleicht, daß das Hauptgebäude an der Poschinger Straße im Jahr 1952 dem Studentenwerk der Universität abgekauft wurde. Bei der Kooperation mit der Universität ist nicht nur an das CES mit seinen Forschern zu denken. Vielmehr sind auch die Kooperationsverträge mit benachbarten Universitäten zu beachten, die mit Leben erfüllt werden können und müssen. Im einzelnen erhoffe ich mir, daß ifo Mitarbeiter in Zukunft mehr und mehr -

universitäre Karrieren anstreben, also promovieren und gegebenenfalls auch habilitieren,

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sich mit ihren Forschungsarbeiten auf wissenschaftlichen Konferenzen wie z.B. der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik oder der European Economic Association präsentieren,

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in verstärktem Umfang Forscher aus den Universitäten in ihre Drittmittelprojekte einbinden und schließlich

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aus eigenem wissenschaftlichen Antrieb gemeinsame Projekte mit universitären Forschern anstreben.

Bei allem ist freilich die Sicherung der Einnahmen des Instituts eine Grundvoraussetzung. Einiges ist im Hinblick auf die Kooperation mit den Universitäten schon unterwegs. So arbeitet Professor Huber von der volkswirtschaftlichen Fakultät der LMU an einem großen Gutachten über den Finanzausgleich mit, Professor Kamecke aus Berlin bringt seine Kenntnisse über die Theorie der öffentlichen Ausschreibungen in ein anderes Gutachten ein, und Dr. Thum vom CES hat gemeinsam mit dem ifo Institut eine Rentenprognose erstellt, die die Prognosen

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der Prognos AG, des Sozialbeirates und des wissenschaftlichen Beirats, über die kürzlich so viel Streit entbrannt war, miteinander vergleicht. Die Prognose geht sogar schon auf die neuen Pläne von Bundesarbeitsminister Riester ein, die meines Erachtens in der SPD und bei den Grünen völlig zu Unrecht abgelehnt wurden. Des weiteren hat Dr. Weichenrieder, ebenfalls vom CES, an einem spontanen Gutachten des ifo Instituts zur neuen Steuerreform mitgewirkt. Dieses Gutachten, an dem auf Seiten des ifo Herr Dr. Leibfritz, Herr Steinherr, Herr Meister und ich selbst mitgewirkt haben, wurde heute veröffentlicht, indem es vorne am Saaleingang für Sie alle bereitgelegt wurde. Ich hoffe, Sie haben ein Exemplar erhalten.

Die Steuerreform Lassen Sie mich zum Abschluß meines Vortrages den Inhalt des Gutachtens kurz zusammenfassen, damit ich Sie hier nicht nur mit der Konzeption und Organisation des Forschungsbetriebes langweilen muß, sondern auch etwas zu den Forschungsinhalten des ifo Instituts sagen kann. Sie wissen, daß die Bundesregierung diese Woche vielleicht einen zweiten Anlauf zur Steuerreform verkünden will. Ein solcher Anlauf ist dringend nötig, denn immer noch liegt die Steuerbelastung der Unternehmen, wenn man die Gewerbesteuer mitrechnet, über 50%, was Deutschland im internationalen Vergleich einen unrühmlichen Spitzenplatz zuweist. Die Regierung scheint gewillt, diese Situation durch eine drastische Senkung der Unternehmensteuersätze zu ändern, und das ist gut so. Es scheint aber auch, als wolle die Regierung die persönliche Einkommensteuer von dieser Reform ausnehmen. Eine Spreizung zwischen der Belastung der gewerblichen Einkommen und der persönlichen Einkommen, die durch die Einführung einer speziellen Betriebsteuer für einbehaltene Gewinne gerechtfertigt werden soll, liegt in der Luft. Davon kann man nur abraten. Die Probleme Deutschlands liegen vor allem am Arbeitsmarkt und wenn man sie lösen will, muß man in erster Linie die Arbeit und nicht etwa nur den zur Arbeit komplementären Produktionsfaktor Kapital entlasten. Die Förderpolitik in den neuen Bundesländern, die vornehmlich auf die Senkung der Kapitalkosten abgestellt hatte, sollte ein warnendes Beispiel sein. Diese Politik war teuer, hat wesentlich zur Verschönerung der ostdeutschen Städte beigetragen, doch nur wenige Arbeitsplätze geschaffen. Der durchschnittliche abhängig Beschäftigte verdient in der Bundesrepublik einen Stundenlohn von 43 DM brutto. Rechnet man die Arbeitgebersozialbeiträge und die Mehrwertsteuer hinzu, so liegen die Lohnkosten je zusätzlicher Arbeitsstunde bei 60 DM. Diesen Betrag muß z.B. ein Handwerksbetrieb mindestens verlangen, wenn er bei einem zusätzlichen Auftrag keinen Verlust machen möchte, und dabei sind seine anderweitigen Kosten noch nicht einmal gerechnet. Von den 60 DM verbleiben dem Arbeitnehmer nach Abzug aller

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Sozialbeiträge und der Lohnsteuer gerade mal 20 DM, also nur ein Drittel. Es ist wirklich kein Wunder, daß unter solchen Bedingungen die Normalarbeitsverhältnisse schwinden und Arbeitslosigkeit, Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit um sich greifen. Es wäre schon schlimm, wenn der Staat den Arbeitnehmern die Hälfte dessen wegnimmt, was sie mit dem zusätzlichen Arbeitseinsatz erwirtschaften. Daß er zwei Drittel abzweigt, ist mit den Gesetzen einer funktionierenden Marktwirtschaft schlechterdings unvereinbar. Eine Steuerreform, die eine wirkliche Gesundung der Wirtschaft herbeiführen will, muß sich daran messen lassen, ob es ihr gelingt, die übermäßige und in dieser Höhe nicht mehr erträgliche Belastung der Arbeitseinkommen zu mindern. Nur so lassen sich die allseits beklagten Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt beseitigen. Das ifo Institut schlägt deshalb einen Stufentarif bei der Einkommensteuer vor, der zu einer deutlichen Senkung der Grenzbelastungen aller Einkommensbezieher führt und darüber hinaus eine erhebliche Vereinfachung des Steuerrechts mit sich bringt. Es soll nur noch drei Steuersätze und drei Einkommensklassen geben. Die erste Klasse, in der der Steuersatz 20% beträgt, beginnt beim Existenzminimum und endet bei 35.000 DM. In der zweiten Klasse liegt der Grenzsteuersatz bei 30%; sie endet mit einem Einkommen von 70.000 DM. In der danach folgenden dritten Klasse, die nach oben hin nicht begrenzt ist, liegt der Grenzsteuersatz bei 40%. Unternehmen werden mit einer einheitlichen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer von 30% und einer effektiven Gewerbesteuer von 10% bei gleichzeitiger Beseitigung der Ausnahmen von dieser Steuer belastet. Ihre maximale Grenzsteuerbelastung deckt sich mit jener der Haushalte, wie es der Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verlangt. Man sage nicht, daß ein Stufentarif, wie wir ihn für die persönliche Einkommensteuer vorschlagen, ökonomische Anreizprobleme mit sich bringt. Tiefere ökonomische Gründe für einen kontinuierlichen Verlauf des Grenzsteuertarifs sind bislang nicht bekannt geworden, denn der Steuertarif selbst bleibt trotz der Stufen bei den Grenzbelastungen kontinuierlich. Es kann auch nicht passieren, daß das Interesse an einer Einkommensvermehrung für jemanden, dessen Einkommen bislang knapp unter einer Stufe lag, erlahmt, denn die Grenzsteuerbelastungen liegen bei unserem Vorschlag praktisch immer unter den Grenzsteuerbelastungen des jetzigen Tarifs. Viele Länder, so auch die USA, haben mit Stufentarifen ausgezeichnete Erfahrungen gemacht, und das in Deutschland verbreitete Interesse an einem kontinuierlichen Verlauf der Grenzsteuerbelastung stößt dort auf wenig Verständnis. Ob der Grenzsteuertarif kontinuierlich verlaufen oder Stufen haben sollte, ist eine Frage der optischen Ästhetik, die jenseits der ökonomischen Analyse angesiedelt ist. In dem vorhin zitierten Beispiel des durchschnittlichen Arbeitnehmers, dessen Stundenlohn bei 43 DM brutto liegt, beträgt die Lohnsteuer derzeit 14 DM oder 33%. Beim Tarif des Jahres 2002, wie er nach der jetzigen Gesetzeslage vor-

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gesehen ist, sinkt die Grenzbelastung auf etwa 13 DM oder 30%. Beim ifo Tarif fällt sie hingegen auf 10 DM oder 23%. Das ist eine wirklich substantielle Entlastung des Arbeitsmarktes. Der Anreiz zur Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit schwindet, und es lohnt sich wieder, in die eigene Ausbildung zu investieren. Zu einer Ausweitung der Arbeitsnachfrage der Unternehmen kommt es freilich nur dann, wenn die Steuerentlastung wenigstens partiell an diese Unternehmen weitergegeben würde. Rechnerisch können die Stundenlohnkosten der Unternehmen um 18% fallen, wenn der Nettolohn der Arbeitnehmer konstant bleibt. Wenn auch nur die Hälfte dieses Effektes im Bündnis für Arbeit festgeschrieben würde, käme es bereits zu einer so starken Absenkung der Lohnkosten, daß mit einer substantiellen Belebung des Arbeitsmarktes zu rechnen wäre. Natürlich muß man mit Steuerausfällen rechnen. Selbst bei nur statischer Berechnung kommt man aber nicht auf exorbitante Größenordnungen. Im Verein mit der verfassungsmäßig gebotenen Reform der Familienbesteuerung ergibt sich ein Fehlbetrag von etwa 80 Milliarden DM pro Jahr. Unser Gutachten erörtert die möglichen Gegenfinanzierungsmaßnahmen ausführlich. Danach ließen sich mittels einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch Abschaffung von Steuerprivilegien bei der Einkommensteuer sowie aufgrund eines Subventionsabbaus je 30 Milliarden DM sparen, und eine Kürzung der staatlichen Sozialleistungen um durchschnittlich 2,6% brächte weitere 20 Milliarden DM. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer hätte man dann als Gegenfinanzierung erwägen können, wenn es nur um die Entlastung der Unternehmen gegangen wäre, denn eine solche Steuer verschont bekanntlich die Investitionen. Da aber die Entlastung der Arbeit im Mittelpunkt steht, käme man mit einer solchen Maßnahme vom Regen in die Traufe. Da eine Mehrwertsteuer aus ökonomischer Sicht im wesentlichen dasselbe wie eine allgemeine Lohnsteuer ist, kann das ifo Institut zu einem solchen Schritt nicht raten. Der ifo Vorschlag impliziert eine Senkung der Unternehmensteuern um über 10 Prozentpunkte bei gleichzeitiger Ausweitung der Bemessungsgrundlagen. Dies hat eindeutig positive Wirkungen auf die Investitionstätigkeit, denn es verbessert die Aufteilung des knappen volkswirtschaftlichen Kapitalvorrats auf rivalisierende Verwendungen und ermöglicht so eine allgemeine Produktivitätssteigerung, die sich in einer Vergrößerung des Sozialprodukts bemerkbar machen wird. Dubiosen Investitionsprojekten, die sich nur wegen hoher Steuern und großzügiger Abschreibungsregeln gelohnt haben, wird das Wasser abgegraben, und volkswirtschaftlich rentable Direktinvestitionen werden beflügelt. Dieser Effekt und die beschriebenen Auswirkungen für den Arbeitsmarkt implizieren, daß eine grundlegende Steuerreform, wie wir sie in unserem Gutachten empfehlen, den Wohlstand der Volkswirtschaft und die Beschäftigung dauerhaft erhöhen kann. Wir hoffen, sehr geehrter Herr Staatssekretär Zitzeis-

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berger, daß Sie das Gutachten Ihrem Minister mitbringen#und sind gespannt, was er später zu diesem Thema verkünden wird. Dies, meine Damen und Herren, ist ein Beispiel für die Art von Themen, die mir für das ifo Institut vorschweben. Es geht um die Überwindung des Reformstaus in Deutschland und die Rückbesinnung auf die Kräfte der Marktwirtschaft. Der Staat muß sich zurücknehmen und wo er bleibt, muß er so agieren, daß von seinen Eingriffen möglichst wenige negative Verhaltensanreize ausgehen. Bitte helfen Sie mit, dem ifo Institut bei seinem neuen Weg zu solchen und ähnlichen Themen den Rücken zu stärken.

Anschriften der Autoren Prof. Dr. Max Eli, ifo Institut Dresden, Hermann-Prell-Straße 6, D-01324 Dresden Dr. Georg Goldrian, München

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Dr. Klaus Grefermann, München

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Liselotte Grünewald, München

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Dr. Helmut Laumer, Luitpoldstraße 24, D-82131 Gauting Dr. Rüdiger Meimberg, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Dr. Gernot Nerb, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Dr. Wolfgang München

Nierhaus, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679

Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Dr. Rigmar Osterkamp, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Rüdiger Parsche, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Ralf Ratzenberger, München

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Dr. Volker Rußig, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Dr. Barbara Schaden, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D-81679 München Prof. Dr. Siegfried Schönherr, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D81679 München Dr. Heidemarie C. Sherman, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Poschingerstraße 5, D81679 München Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Werner ße 5, D-81679 München Dr. Uwe Chr. Täger, München Sandra Waller, chen

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