Fünf Jahre Deutsche Mark: Der Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft seit der Währungsreform. Hrsg. vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München. (Wiss. Red.: Walter Sies / Karl Taupitz.) [2 ed.] 9783428407156, 9783428007158

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Fünf Jahre Deutsche Mark: Der Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft seit der Währungsreform. Hrsg. vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München. (Wiss. Red.: Walter Sies / Karl Taupitz.) [2 ed.]
 9783428407156, 9783428007158

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Fünf Jahre Deutsche Mark Der Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft seit der Währungsreform

Herausgegeben vom

Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung München

Duncker & Humblot . Berlin

Fünf Jahre Deutsche Mark Der Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft seit der Währungsreform

Fünf Jahre Deutsche Mark Der Wiederaufbau der westdeutschen Wirtschaft seit der Währungsreform

Herausgegeben vom

I F O - I N S T I T U T FÜR W I R T S C H A F T S F O R S C H U N G München

DUNCKER

& HUMBLOT / BERLIN-

MÜNCHEN

Zweite

Auflage

Wissenschaftliche

Redaktion

Dr. Walter Sies, Dr. Karl Taupitz

Beiträge

von

Dr. Gerhart Buchert, Dr. Herbert Hahn, Walter Hesse, Dr. Walter Huppert, Ing. Hans Kresling, Dr. Elisabeth Linhart, Dr. Curt Puvogel, D r . H e l m u t Schlegel, D r . W i l h e l m L.Schneider, Dr.Walter Sies, Edgar W o l f

Alle Rechte vorbehalten Copyright 1954 by Duncker & Humblot, Berlin-Lichterfelde Gedruckt 1954 bei Berliner Buchdruckerei Union G m b H , Berlin S W 29

V o r w o r t

Wie sich dem Geschäftsmann erst in der Rückschau der Gang und Erfolg seines Unternehmens erschließen, so muß auch die wissenschaftliche W i r t schaftsbeobachtung durch retrospektive Betrachtung versuchen, die Grundlinien und Grundkräfte der volkswirtschaftlichen Entwicklung festzustellen. Daraus läßt sich nicht nur die Gegenwartslage deuten, sondern es lassen sich auch Anhaltspunkte der künftigen Entwicklung gewinnen. Zum Unterschied von den vierteljährlichen Konjunkturberichten, mit denen das Ifo-Institut seit 1949 das jeweils letzte Entwicklungsstadium diagnostiziert, soll hier ein l ä n g e r e r Zeitabschnitt betrachtet werden. Strukturperspektiven ergeben sich nur auf Grund einer langfristigen Betrachtung. Die Wiederaufbau-Periode der deutschen Wirtschaft ist bisher noch kaum zusammenhängend i n der vorliegenden Form dargestellt worden. Diese Arbeit glaubt deshalb eine wichtige Lücke auszufüllen. Neben dem Umstand, daß seit der Geldreform ein Jahrfünft und damit ein ausreichender Zeitraum für die Darstellung einer Strukturentwicklung verstrichen ist, rechtfertigt sich diese Untersuchung dadurch, daß nach allen A n zeichen die Periode des dringlichsten Wiederaufbaues und damit die erste Phase des Wachstums mit ihrer besonderen Dynamik, die i m Ausland gelegentlich als „Wirtschaftswunder" bezeichnet wurde, beendet ist; weiter durch den Auslauf der Marshallplanhilfe Mitte 1953. Gleichzeitig hat die westdeutsche Wirtschaft wieder weitgehend ein äußeres und inneres Gleichgewicht erlangt. Die westdeutsche Ausfuhr hat wieder einen Umfang erreicht, der gestattet, die notwendigen Einfuhren an Nahrungsmitteln und Rohstoffen und darüber hinaus noch Auslandsschulden zu begleichen. I m Inneren sind Bundes- und Länderhaushalte ausgeglichen, befinden sich Produktion und Verbrauch i m Gleichgewicht und sind die früheren produktionsstörenden Engpässe überwunden. Dazu ist die Sparrate fast wieder auf den Stand der Vorkriegszeit gestiegen. Wenn hier von dem Abschluß der ersten Wiederaufbau-Periode gesprochen wird, so soll keineswegs verkannt werden, wieviele restaurative Arbeit noch getan werden muß und wieviel ungestillter Nachholbedarf noch zu befriedigen ist. Das Wohnungsproblem, die Vertriebenenfrage und damit die noch nicht beseitigte strukturelle Arbeitslosigkeit, die allgemeine Übersteuerung und eine damit i n Zusammenhang stehende Unergiebigkeit des Kapitalmarktes sind dringliche Aufgaben, die ungelöst blieben. Was in fünf Kriegsjahren zerstört wurde, läßt sich nicht in einem annähernd gleichen Zeitraum wieder aufbauen. Z u diesen Problemen werden i n der kommenden Phase, die mehr i m Zeichen eines langsameren Wachstums stehen wird, neue hinzukommen. Sie werden aller Voraussicht nach auf dem Gebiet eines engeren internationalen Zusammenschlusses liegen. Durch Abbau dirigistischer und diskriminierender Einrichtungen gilt es, i n den kommenden Jahren zu einer übernational besser integrierten und dadurch produktiveren Wirtschaft zu gelangen — Aufgaben, die zunächst Opfer erfordern und Reibungen erzeugen werden. Diese Erkenntnis sollte uns nicht hindern, die i m Entwicklungstrend liegenden Zeitaufgaben mit gleicher Tatkraft und gleichem Elan wie den bisherigen Aufbau i n Angriff zu nehmen. München, Ende Mai 1953. Dr.

Wagner

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Gesamtüberblick

9

I. V o r a u s s e t z u n g e n f ü r d i e W ä h r u n g s r e f o r m Verlauf II. D i e w i r t s c h a f t l i c h e

Entwicklung

und den weiteren

wirtschaftlichen 9

s e i t 1 948

11

Die Phase erster Preisanpassungen — Die folgende M e n g e n k o n j u n k t u r u n d ihre Gefahren — Die Koreahausse und ihre R ü c k w i r k u n g — Erneute M e n g e n k o n j u n k t u r u n d Konsolidierung III. S t r u k t u r p r o b l e m e

der

westdeutschenWirtschaft

14

Die Bedeutung der Zonentrennung — Das Vertriebenen- u n d Erwerbslosenproblem — Der I n d u s t r i a l i sierungsprozeß — Das Investitions- und K a p i t a l m a r k t p r o b l e m — Die Stellung des Staates — Die veränderte Sozialstruktur

Die monetäre Seite des Wiederaufbaus I. D e r G e l d ü b e r h a n g II. D r e i

Etappen

18

und seine L i q u i d a t i o n

währungspolitischer

18

Aktivität

19

Die ei\ste Restriktion — Erleichterte Kreditbedingungen u n d Arbeitsbeschaffungsprogramm — Bekämpfung der Koreahausse III. W i e de r a u f b a u i m

Zeichen

fehlender

Kapitalmarktmittel

21

Das Sparen der breiten Volksschichten — Spartätigkeit i n der Unternehmersphäre

Deutschlands Rückkehr zu den W e l t m ä r k t e n

23

Die Wiedereingliederung seit 1948 — Die Exporterfolge — Das Dollarproblem — Ist der Außenhandel angemessen?

Triebkräfte und H e m m u n g e n i m industriewirtschaftlichen

Wiederaufbau

Wirtschaftswunder?

31 31

I. D i e L a g e v o r d e r W ä h r u n g s r e f o r m Die Mangeljahre 1945 bis 1948 — Startschuß Währungsreform II. D i e E n t w i c k l u n g s e i t

1948

32

32

K o n j u n k t u r e l l e Schwankungen — Der industrielle Export III. P r o b l e m e

der R o h s t o f f -

und Energieversorgung

35

Kohle — Eisen und Stahl — Sonstige inländische Grundstoffe — Ausländische Rohstoffe — Elektrizität und Gas IV. S t e i g e n d e B e s c h ä f t i g u n g Produktivität



Einflüsse

V. D i e s t r u k t u r e l l e n

auf

und Produktivität das

39

Kosten-Erlösverhältnis

Verschiebungen

41

Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie — Investitionsgüterindustrie — Verbrauchsgüterindustrie — Nahrungs- und Genußmittelindustrie — Das S t r u k t u r b i l d i m Jahre 1952 — Ist der industrielle Wiederaufbau beendet?

Aufgaben und Leistungen der Bauwirtschaft Das Trümmerfeld nach dem Kriege — V o m Materialmangel . . . . zum Kapitalmangel — Bauproduktion holt auf — M e h r Arbeit, aber auch mehr Arbeitslose — Hohe Baukosten — Rationalisierung durch Auslese — Die noch auszufüllende Lücke i m Wohnungsbau

49

Bessere E r n ä h r u n g und steigende Produktion der Landwirtschaft

53

Versorgungstiefstand v o r der Währungsreform — Aufhebung der Bewirtschaftung — Veränderte Verbrauchsstruktur — Wiederanstieg der A g r a r p r o d u k t i o n — S t r u k t u r w a n d l u n g e n — Betriebsausgaben und Verkaufserlöse der Landwirtschaft

Anstieg der Beschäftigung

59

Die Umstellungen nach 1948 — Vorkriegsvergleich — Steigende Beschäftigung bei hoher Arbeitslosenzahl — Verteilung der Arbeitslosigkeit auf die Länder — Eingliederung der Heimatvertriebenen und Z u w a n derer — Zunehmende weibliche Berufstätigkeit — Gegenwartssituation

Das Wachstum von E i n k o m m e n und Verbrauch

63

Arbeitseinkommen erreicht Vorkriegsstand — Zwei „ L o h n w e l l e n " — Nivellierung der Löhne und Gehälter — Lohnerhöhungen u n d Produktivitätszunahme — Investitionen u n d Unternehmungseinkommen — Belastung durch Steuern u n d Sozialversicherung — A n t e i l der abgeleiteten Einkommen — Einkommen und Verbrauch — Zusammenfassender Uberblick

D i e E n t w i c k l u n g der Preise

68

Preischaos bis zur Währungsreform — Vorübergehender Inflationsstoß — Koreahausse und ihre preisangleichende W i r k u n g — Die Periode der Preisstabilisierung — Preisstruktur gegenüber Vorkriegszeit

D i e Leistung der öffentlichen H a n d z u m Wiederaufbau Die Steuerpolitik und ihre A u s w i r k u n g

— Die Ausgabenpolitik seit 1948

73 — Die heutige Situation

D e r H a n d e l i m Zeichen der M a r k t w i r t s c h a f t

77

Einzelhandel und Gewerbefreiheit — Umsatzentwicklung — Einkauf, Wareneingang und Lager — Ertragslage — Stellung des Handels i n der Volkswirtschaft Der Großhandel i m Zeichen der Gewerbefreiheit - - Umsatzentwicklung des Großhandels — Einkauf, Wareneingang u n d Lagerhaltung des Großhandels — Ertragslage des Großhandels

S t r u k t u r w a n d e l i m Verkehrswesen

84

Lage vor der Geldreform — Engpässe u n d ungenutzte Kapazitäten — Neuinvestitionen vor allem i m K r a f t verkehr — Güterwagenverknappung — Verlagerungen zum Straßenverkehr — Tarifänderungen und Wettbewerbslage — Wiederaufbau der Seeschiffahrt — E n t w i c k l u n g des Personenverkehrs — Fremdenverkehr u n d Personenbeförderung — Vorbereitung einer eigenen L u f t f a h r t — Aufschwung des Postverkehrs — Nachrichtenwesen — Paketpostverkehr — Erfordernisse der Verkehrspolitik

Chronik der wichtigsten Wirtschaftsereignisse seit 1948

93

Tabellenanhang

97

I . Voraussetzungen für die Währungsreform und den weiteren wirtschaftlichen Verlauf

9

Gesamtüberblick In der Geschichte der deutschen Währungs- und Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte ragen zwei Stichtage als jeweiliger Beginn einer neuen Phase der Wirtschaftsentwicklung hervor: der 15. November 1923, der Tag der Einführung der Rentenmark, und der 21. Juni 1948, der Tag der Einführung der Deutschen Mark. So verschieden auch i m einzelnen die Umstände waren, die zu diesen wichtigen Schritten auf dem Währungsgebiet führten, in ihrer Ursache und ihrer Auswirkung sind sie einander sehr ähnlich. Beide stellten die monetäre Liquidation eines verlorenen Krieges dar. Die Einführung der Rentenmark beendete den Spuk

der „offenen" und die der Deutschen Mark den der „preisgestoppten" Inflation. Beide Maßnahmen waren i m großen und ganzen erfolgreich, d. h. i n den Zeiträumen danach behielten die Währungsbehörden die Entwicklung i n der Hand, so daß neue Reformmaßnahmen durch entschädigungslose K ü r zung von Geldansprüchen nicht erforderlich wurden. Aufgabe dieses Gesamtüberblicks soll es sein, in großen Zügen die wirtschaftlichen Voraussetzungen des Geldschnittes vom Juni 1948, die dann einsetzende Entwicklung und die heute erreichte W i r t schaftsstruktur zu umreißen.

I. Voraussetzungen für die Währungsreform und den weiteren wirtschaftlichen Verlauf Die Jahre von 1945 bis zur Währungsreform gelten gemeinhin als „Hungerjahre" — und waren es auch. Der Blick richtet sich bei einer solchen Bewertung aber nur auf die in der Tat minimale und zum Teil sogar ständig schlechter werdende Versorgung mit Lebensmitteln und Verbrauchsgütern, kurz auf die Seite des Konsums. Was geschah aber eigentlich in jener Zeit auf dem Sektor der Investition? Diese Frage w i r d selten gestellt, legt aber eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Wirtschaftsaufschwung nach der Währungsreform klar. Zwar sind die Zahlenangaben für jene Zeit spärlich, es gibt aber keinen Zweifel, daß bereits vor der Währungsreform die Wirtschaftsaktivität anstieg. Dies w i r d z. B. an dem Ertrag der Umsatzsteuer deutlich, der einen Schluß auf die gesamte Umsatztätigkeit ermöglicht. Betrachtet man die Entwicklung der Gesamtumsätze, so zeigt sich — wie aus untenstehender Tabelle hervorgeht —, daß diese bereits von 1946 auf 1947 um etwa 30 v H anstiegen und zum Zeitpunkt der Währungsreform gar nicht auf einem so tiefen Stand lagen wie häufig vermutet wird. Entwicklung der Umsatztätigkeit Rechnungsjahr 1

Gesamtumsätze in Mrd. R M / D M

Steigerung gegenüber dem Vorjahr in vH

1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952

90 117 154 206 259 309 327

30 32 34 26 19 6

l April—März

Dies gilt um so mehr, als hier nur die von der Umsatzsteuer erfaßten Umsätze gezeigt werden

können; es fehlen also die „schwarzen" Geschäfte i m weitesten Sinne, die natürlich vor der Reform eine viel größere Bedeutung hatten als i n den späteren Jahren. Ein weiteres Moment, das bei der Beurteilung der Umsatztätigkeit vor und nach der Währungsreform berücksichtigt werden muß, ist die Tatsache, daß die Preise i n den Jahren nach der Reform höher lagen, der Zuwachs der abgesetzten Gütermengen folglich vergleichsweise niedriger war als die Zahlenangaben i n der vorstehenden Tabelle. Man kann also wohl sagen, daß die Wirtschaftstätigkeit an den Umsätzen gemessen i n der Zeit vor dem Juni 1948 schon i m Anstieg war. Diese Beobachtung schließt keineswegs aus, daß die Versorgung der Bevölkerung sehr gering war; die Umsatztätigkeit schlug sich eben nicht bis i n den Einzelhandelsumsatz an den Verbraucher durch, sondern blieb — je näher die Währungsreform heranrückte — mehr und mehr in der „Lagerhortung" stecken. Möglicherweise war aber der A n t e i l der Verbrauchsgüterumsätze überhaupt verhältnismäßig klein. Es ist für jene Zeit bei einem allerdings i m ganzen recht geringen Sozialprodukt eine hohe Investitionsquote und ein damit verbundener Ausbau von Kapazitäten zum Teil auf primitivste Weise, wie durch Ausgraben von Maschinen aus Trümmerschutt usw., zu vermuten. Diese Behauptung, daß in der Reichsmarkzeit i n beträchtlichem Umfang Produktionsanlagen wiederhergestellt wurden, findet ihre Bestätigung noch i n einer anderen Überlegung. Bereits i m November 1949, also knapp nach IV2 Jahren, überschritt der Produktionsausstoß der westdeutschen Industrie einschließlich der Bauwirtschaft den durchschnittlichen Stand des Jahres 1936, obwohl die Versorgung mit den Gütern, die für den Ersatz und den Ausbau von Kapazitäten verwendet werden, von der Währungsreform bis zu diesem Zeitpunkt i m Schnitt nur 3/4 der des Jahres 1936 betrug. Die industrielle Kapazität muß also schon zum

10

Gesamtüberblick

Zeitpunkt der Währungsreform eine beachtliche Höhe gehabt haben, die teils auf vorhandene Kapazitäten zu Kriegsende, aber auch auf Wiederherstellung i n der Nachkriegszeit zurückzuführen war. Hierdurch war die Möglichkeit einer raschen Produktionsausweitung gegeben. Eine wesentliche Voraussetzung für die Währungsreform war der Umschwung i n den Absichten der Besatzungsmächte. Selbstverständlich hätte man bereits viel eher nach Kriegsschluß mit Hilfe eines Geldschnittes geordnete Währungsverhältnisse schaffen können, aber damals befand sich verständlicherweise die Besatzungspolitik noch i n ihrer ersten Phase nach der Niederwerfung des Kriegsgegners und war somit mehr auf Demontage, Produktionseinschränkungen, Produktionsverbote usw. eingestellt als auf Wiederaufbau. Hier war die Durchführung einer Währungsreform — wenn auch freilich nach amerikanischen Vorstellungen — selbst schon Ausdruck einer veränderten Besatzungspolitik. Es wurde aber Westdeutschland nicht nur der Wiederaufbau „erlaubt", sondern er wurde auch mit ganz konkreten Maßnahmen unterstützt, wie sie sich i n den GARIOA-Einfuhren und der Marshallplanhilfe äußerten. Diese Einfuhren betrugen 1948 und 1949 jeweils rund 1 Mrd. Dollar, 1950 etwa V2 Mrd. Dollar und dienten i n dieser sehr beachtlichen Größenordnung hauptsächlich zur Einfuhr von dringend benötigten Rohstoffen und Ernährungsgütern.

höchstens 50 v H (1936 = 100) bis zur Währungsreform nur i n beschränktem Umfang möglich war. Es konnte also eine langanhaltende Investitionsbereitschaft der Unternehmer vorausgesetzt werden. Innerhalb der Bauwirtschaft war auf Grund der Kriegszerstörungen und des ungeheuren Flüchtlingszustroms für viele Jahre mit einer starken Wohnbautätigkeit zu rechnen. Ein besonders wichtiger Faktor für die weitere wirtschaftliche Entwicklung war die gleichzeitig m i t der Währungsreform vorgenommene Einführung der „Marktwirtschaft", d. h. die Preise w u r den freigegeben und die Bewirtschaftungsvorschriften außer K r a f t gesetzt. Dies gilt hauptsächlich für industrielle Fertigwaren, während die Grundstoffe und Ernährungsgüter erst später i n ähnliche Maßnahmen einbezogen wurden. Es könnten an dieser Stelle freilich noch viele andere Momente erwähnt werden, die für die Währungsreform und den weiteren Ablauf von Bedeutung waren. Die genannten Voraussetzungen scheinen uns jedoch die wichtigsten zu sein. A m Stichtag des 21. Juni 1948 waren somit vorhanden: zunächst ausreichende Kapazitäten, Lagerbestände zum Abfangen des ersten Kaufkraftstoßes, die Aussicht steigender Rohstoffimporte, der Wille der Konsumenten zu verbrauchen, der der Unternehmer zu investieren und die Einführung der Marktwirtschaft i n weiten Bereichen.

Wenn auch für das Gelingen der Reform zunächst eine Belastung, so war doch die außerordentlich starke Kauffreudigkeit nach den Jahren der Unterversorgung m i t Lebensmitteln und Verbrauchsgütern eine der wesentlichsten, dynamischen A n triebskräfte für die dann eintretende wirtschaftliche Entwicklung. Man vergegenwärtige sich noch einmal, wie schlimm es für den Letztverbraucher damals war. Von Mitte 1946 bis Mitte 1947 erhielt z. B. nur jede siebente Person einen Teller, jede 150ste eine Waschschüssel; nur 450 Gramm Fleisch pro Person konnten i m Monat verteilt werden. Der dadurch aufgestaute Nachholbedarf mußte dann notwendigerweise zu einer langdauernden Stütze der Konj u n k t u r werden. Dies um so mehr, als die Millionenschar der Flüchtlinge fast nichts besaß.

Die Währungsreform selbst wurde bekanntlich i n außerordentlich scharfer Weise durch eine entschädigungslose Kürzung aller Geldansprüche um 90 vH, ja zum Teil u m 93V2 v H durchgeführt. Es wurde dabei sogar keine Rücksicht auf das Geldkapital wie Sparguthaben, Hypotheken usw. genommen, i n der Annahme, daß i n kurzer Zeit danach der Lastenausgleich den Sachbesitz i n ähnlicher Weise erfassen würde. Dies stellte sich jedoch als undurchführbar heraus, so daß gegenüber den erheblich stärker betroffenen Geldkapitalbesitzern ein Gefühl der „einseitigen Belastung" bis heute erhalten blieb. Dies äußert sich i n der nun verwirklichten Altsparerentschädigung.

Die Intensität der Verbrauchswünsche zeigt sich sehr deutlich darin, daß die Konsumenten nicht nur die bald nach der Währungsreform steigenden Preise beim Einkauf von Verbrauchsgütern bewilligten, womit sie dann, wenn auch unfreiwillig, zur Selbstfinanzierung der Betriebe beitrugen, sondern z. B. auch bereit waren, hohe Beträge i n „guter D - M a r k " für schwarze Lebensmittel zu bezahlen. A m 30. Oktober 1948 kostete die „schwarze" Butter noch 20—40 D M je Kilogramm, Margarine 17— 20 D M je Kilogramm und ein Ei 0,75—1,10 DM. Aber auch i m Investitionsgüterbereich war ein ausgeprägter Nachholbedarf vorhanden, der durch den geschilderten Aufbau vor der Reform keineswegs befriedigt war. Vor allem muß man hier an die dringend notwendige Modernisierung des Maschinenparks denken, die natürlich bei einem Produktionsausstoß der Maschinenindustrie bis zu

Das neue Geld, das sich als Kopfquote auf den M a r k t drängte, wurde von großen Teilen der Bevölkerung mit unverhohlenem Mißtrauen als „doch bald wieder wertlos" angenommen. Schon kurze Zeit später tauchten Gedanken einer angeblich notwendigen „Nachreform" auf. Es zeigte sich aber, daß die Deutsche Mark stabil blieb. Der Grund dafür lag ebenso wie seinerzeit bei der Rentenmark hauptsächlich i n der Knapphaltung des Geldes, die von der Bank deutscher Länder straff gehandhabt wurde. Ein interessantes Detail ist dabei vielleicht noch, daß die Mark weder eine Bindung an ein Edelmetall noch an vorhandene Devisenbestände besitzt, sondern i n die Hand des Zentralbankrates gelegt wurde. Die Notenbank war zunächst berechtigt, 10 Mrd. D M Banknoten auszugeben und gegebenenfalls i n Beträgen von jeweils 1 Mrd. Mark jede zusätzlich genehmigte Menge.

11

I I . Die wirtschaftliche E n t w i c k l u n g seit 1948

I I . Die wirtschaftliche Entwicklung seit 1948 B e t r a c h t e t m a n r ü c k b l i c k e n d die w i r t s c h a f t l i c h e E n t w i c k l u n g i n W e s t d e u t s c h l a n d , so erscheint sie als e i n a u ß e r o r d e n t l i c h e r A n s t i e g , j a m a n c h e m als „ W i r t s c h a f t s w u n d e r " . I n der T a t e r h ö h t e sich das S o z i a l p r o d u k t v o m 2. H a l b j a h r 1948 bis z u m 2. H a l b j a h r 1952 v o n 35,5 M r d . D M a u f 65,4 M r d . D M , also u m ü b e r 80 v H ! F r e i l i c h s i n d auch i n dieser Z e i t die Preise gestiegen, aber auch w e n n m a n das b e r ü c k s i c h t i g t , b l e i b t e i n r e a l e r Z u w a c h s v o n 67 v H . Das S o z i a l p r o d u k t ist d a m i t r e a l gerechnet fast u m die H ä l f t e g r ö ß e r als 1936, v e r t e i l t sich aber a u f eine gewachsene B e v ö l k e r u n g . D e r I n d e x der i n d u s t r i e l l e n P r o d u k t i o n z . B . s t i e g i n s gesamt v o n 54 v H (1936 = 100) i m J u n i 1948 a u f e t w a 150 v H i m M ä r z 1953, das ist m e h r als d r e i m a l so hoch.

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B e t r a c h t e t m a n d e n W i r t s c h a f t s a u f s c h w u n g der letzten fünf Jahre an H a n d der dem K o n j u n k t u r beobachter z u r V e r f ü g u n g s t e h e n d e n g l o b a l e n H i l f s mittel, w i e dem Bruttosozialprodukt, dem Gesamtumsatz, d e m Gesamtindex der i n d u s t r i e l l e n P r o d u k t i o n , d e r E i n f u h r u n d d e r A u s f u h r , so zeigt sich i n diesen R e i h e n eine f ü r w i r t s c h a f t l i c h e G r ö ß e n e r s t a u n l i c h e S t e t i g k e i t des A n s t i e g s , die l e d i g l i c h v o n saisonalen S c h w a n k u n g e n ü b e r d e c k t z u s e i n scheint. D i e s e r erste E i n d r u c k i s t a n sich r i c h t i g , b i r g t aber doch d i e G e f a h r falscher I n t e r p r e t a t i o n des Geschehens i n sich. D i e S t e t i g k e i t ergab sich n ä m l i c h einerseits nicht von selber u n d ist a n d e r e r seits n u r i n der G e s a m t e n t w i c k l u n g z u beobachten, n i c h t aber i n d e r i n d i v i d u e l l s e h r verschiedenen E n t w i c k l u n g einzelner Wirtschaftszweige.

D i e Phase erster Preisanpassungen

K)

1FO-INSTITUT für Wirtsdicfhforsthunq München

Der außerordentliche Produktionsanstieg seit 1948 ü b e r d e n F r i e d e n s s t a n d h i n a u s i s t a l l e r d i n g s , gemessen a n a n d e r e n w e s t l i c h e n L ä n d e r n , e i n N a c h h o l e n e i n e r d o r t schon J a h r e v o r h e r e i n g e t r e t e n e n Entwicklung. Aus nebenstehendem B i l d w i r d deutl i c h ersichtlich, daß W e s t d e u t s c h l a n d heute, sieben J a h r e nach d e r b e d i n g u n g s l o s e n K a p i t u l a t i o n , p r o duktionsmäßig den Anschluß gefunden hat. M a n s o l l t e d a r ü b e r aber n i c h t vergessen, daß i m D e u t schen Reich i m J a h r e 1943 i m m e r h i n schon e i n m a l e i n S t a n d v o n e t w a 65 v H ü b e r d e m des Jahres 1936 e r z i e l t w u r d e , w ä h r e n d er h e u t e erst 50 v H d a r über liegt.

Es s o l l n u n d e r w i r t s c h a f t l i c h e V e r l a u f i n der Bundesrepublik i n den letzten fünf Jahren dargestellt werden. H i e r b e i w i r d bewußt auf V o l l s t ä n d i g k e i t v e r z i c h t e t 1 u n d l e d i g l i c h versucht, die H a u p t m e r k m a l e der einzelnen Phasen zu u m reißen.

We :stdeutschland

Berechnung nach l/rente/jaftpescfufichschniffen OEEC ' Staaten ohne Westdeutsch/anc/

68 v H ; i n der g l e i c h l a n g e n Z e i t v o n 1948 bis 1952 s t i e g die U m s a t z t ä t i g k e i t i n d e r B u n d e s r e p u b l i k ebenfalls i n k o n s t a n t e n P r e i s e n gerechnet um 75 v H .

m

G i b t es ü b e r h a u p t f ü r solche V e r ä n d e r u n g e n i n einem Zeitraum von vier Jahren ähnliche E n t w i c k l u n g e n oder w a r e n sie e i n m a l i g ? N e i n , v o r g u t z w e i J a h r z e h n t e n s p i e l t e sich i n D e u t s c h l a n d i n ähnlichem Ausmaß ein allerdings umgekehrter Prozeß ab. V o n J u n i 1929 bis J u n i 1932, also i n d r e i J a h r e n , sank die i n d u s t r i e l l e P r o d u k t i o n i n D e u t s c h l a n d auf die H ä l f t e ihres schon e r r e i c h t e n Standes. Das T e m p o dieses Rückgangs p r o J a h r w a r s o m i t n i c h t v i e l anders als d e r A n s t i e g nach der R e f o r m . A b e r auch der nach d e r W e l t w i r t schaftskrise einsetzende A u f s c h w u n g h i e l t sich i n ä h n l i c h e n G r ö ß e n o r d n u n g e n . So e r h ö h t e sich z. B . i m Deutschen Reich v o n 1933 bis 1937, also i n v i e r J a h r e n , die gesamte U m s a t z t ä t i g k e i t u n t e r A u s s c h a l t u n g der P r e i s v e r ä n d e r u n g u m

D i e e r s t e n M o n a t e nach d e r W ä h r u n g s r e f o r m s t a n d e n i m Z e i c h e n des A n s t u r m s d e r als K o p f quote u n d Geschäftsbeitrag v e r t e i l t e n Deutschen M a r k . Z w a r k o n n t e m i t Recht a n g e n o m m e n w e r den, daß die v o r h a n d e n e n L a g e r b e s t ä n d e diesen Nachfragestoß z u m i n d e s t t e i l w e i s e a u f f a n g e n u n d d i e P r o d u k t i o n e i n e n A u f t r i e b e r f a h r e n müsse, w a s auch tatsächlich geschah. W i e sich aber die Preise entwickeln würden, w a r z u m Z e i t p u n k t der W ä h r u n g s r e f o r m eine a n sich v ö l l i g offene Frage. M a n h a l t e sich n u r noch v o r A u g e n , daß a m 20. J u n i j a keineswegs m e h r — w i e h ä u f i g a n g e n o m m e n w i r d — das Preisgefüge v o n 1936 bestand, das d a m a l s „ o r g a n i s c h " gewesen sein mag, s o n d e r n daß i m L a u f e des K r i e g e s u n d d e r N a c h k r i e g s z e i t sich d i e Preise e r h e b l i c h u n d sehr u n t e r s c h i e d l i c h e r h ö h t h a t t e n . Sie w a r e n , w i e auch aus nachstehender T a b e l l e ersichtlich, bis z u m Z e i t p u n k t d e r W ä h r u n g s r e f o r m i Es darf hier auf die einzelnen Kapitel verwiesen werden.

Gesamtüberblick

12 s t a r k gestiegen; eine Tatsache, die a l l e r d i n g s k a u m i n das ö f f e n t l i c h e B e w u ß t s e i n d r a n g , da es „ n i c h t s " gab. Zur Preisentwicklung 1938 = 100 Preisindices

Grundstoffpreise Erzeugerpreise Einzelhandelspreise . . . . Lebenshaltungskosten .

Juni

Dez.

1948

1948

155 168 187 152

193 192 211 175

Veränderung in vH

g e n Z a h l e n k l a r e r k e n n e n . So l a g die gesamte i n d u s t r i e l l e P r o d u k t i o n i m 1. H a l b j a h r 1950 u m 20 v H ü b e r d e m 1. H a l b j a h r 1949, w ä h r e n d die Preise — m i t A u s n a h m e der G r u n d s t o f f p r e i s e — z u r ü c k g e g a n g e n w a r e n . D i e U m s a t z t ä t i g k e i t als R e s u l t a t v o n u m g e s e t z t e r M e n g e m a l Preis h a t t e sich u m 11 v H e r h ö h t . Zur Mengenkonjunktur 1949—50

+ + + +

25 14 13 15

D i e Preise h a t t e n sich d a b e i i n ganz u n t e r s c h i e d l i c h e r Weise, j e n a c h d e r M ö g l i c h k e i t , w i e es d e n e i n z e l n e n W i r t s c h a f t s g r u p p e n gelang, p r e i s s t o p durchbrechende Einzelgenehmigungen zu erhalten, e n t w i c k e l t . I n dieses ganz unorganische Gefüge h i n e i n w u r d e f ü r v i e l e G ü t e r besonders d e r F e r t i g w a r e n i n d u s t r i e die P r e i s b i n d u n g a u f g e h o b e n u n d es e r f o l g t e — i n b e z u g a u f d i e z u e r w a r t e n d e P r e i s e n t w i c k l u n g — m e h r oder m i n d e r a u f g u t G l ü c k d e r G e l d s c h n i t t a u f 10 v H b z w . 6,5 v H . Es i s t a n dieser S t e l l e n a t ü r l i c h m ü ß i g , z u u n t e r suchen, w i e sich eine R e f o r m u n m i t t e l b a r a u f die Preise a u s g e w i r k t h ä t t e , d i e eine noch schärfere Z u s a m m e n l e g u n g des Geldes a u f e t w a 5 v H oder eine v i e l schwächere a u f e t w a 20 v H vorgesehen h ä t t e . So v i e l m u ß aber doch gesagt w e r d e n , daß, b e i d e r S c h w i e r i g k e i t , die r i c h t i g e G e l d m e n g e z u b e s t i m m e n , d i e P r e i s v e r ä n d e r u n g e n i n d e n nächsten sechs M o n a t e n nach d e r W ä h r u n g s r e f o r m im Grunde verhältnismäßig gering waren, der „ S c h n i t t " also recht g u t lag. Die folgende M e n g e n k o n j u n k t u r und ihre Gefahren Z u B e g i n n des Jahres 1949 setzte eine E n t w i c k l u n g ein, die m a n als eine Phase e i n e r d u r c h a u s begrüßenswerten Mengenkonjunktur bezeichnen k a n n , d i e aber gegen i h r E n d e h i n k o n j u n k t u r e l l e G e f a h r e n m o m e n t e i n sich t r u g . B e r e i t s a m A b s c h l u ß des Jahres 1948 setzte e i n U m s c h w u n g i m w i r t s c h a f t l i c h e n K l i m a ein, dessen G r ü n d e v e r h ä l t n i s m ä ß i g k l a r e r s i c h t l i c h sind. D i e hoheitliche Geldschöpfung durch K o p f - u n d Ge.schäftsbeträge w a r beendet, d i e U m w a n d l u n g f r ü herer R M - G u t h a b e n i n D M - G u t h a b e n u n d die dam i t v e r b u n d e n e n A u s z a h l u n g e n l i e f e n aus, u n d s o m i t f e h l t e der S t i m u l u s o r i g i n ä r geschaffener Geldmengen. Ferner erhielten die öffentlichen H a u s h a l t e i n f o l g e des W i r t s c h a f t s a u f s c h w u n g s n u n m e h r reichlichere M i t t e l aus S t e u e r e r t r ä g e n u n d k a m e n s o m i t aus d e r Z e i t d e r Defizite, die sie m i t i h r e n E r s t a u s s t a t t u n g e n abgedeckt h a t t e n , heraus. D i e L ö h n e w a r e n i m ü b r i g e n — n i c h t z u l e t z t a u f G r u n d des e i n s i c h t i g e n V e r h a l t e n s d e r G e w e r k s c h a f t e n — noch s t a b i l geblieben, und so schwenkte der V e r k ä u f e r m a r k t allm ä h l i c h i n e i n e n K ä u f e r m a r k t u m u n d es e n t w i c k e l t e sich eine M e n g e n k o n j u n k t u r , die f ü r die nächste Z e i t das hauptsächlichste M e r k m a l d e r wirtschaftlichen Entwicklung darstellte. Diese M e n g e n k o n j u n k t u r l ä ß t sich b e r e i t s aus ganz w e n i -

1. Hj. 1. H j . Veränderung in v H 1949 1950

Sachangaben

i

!

Gesamtindex der industriellen Produktion 1936 - 100

85

Gesamtumsätze Mrd. D M

93,1

GrundstofTpreise Erzeugerpreise Einzelhandelspreise Lebenshaltungskosten

1938

_ 100

; 102 103,7

189 !1 197 188 180 198 177 156 169

+

20,0

+

11,4

+ 4,2 4,3 — 10,6 7,7

Dieser o p t i m i s t i s c h e V e r g l e i c h der b e i d e n H a l b j a h r e täuscht aber ü b e r die S p a n n u n g e n , die diese E n t w i c k l u n g i m L a u f e d e r Z e i t m i t sich brachte, h i n w e g . D i e I n v e s t i t i o n s l u s t d e r U n t e r n e h m e r w u r d e bei der sinkenden Preistendenz allmähl i c h g e r i n g e r u n d die K o n s u m e n t e n m e r k t e n , daß es i n v i e l e n F ä l l e n besser w a r , noch „ e t w a s zu w a r t e n " bis es b i l l i g e r sei; d i e b e g i n n e n d e L i b e r a l i s i e r u n g b r a c h t e d a b e i e i n zusätzliches M e n g e n angebot aus d e m A u s l a n d . So b o t z u B e g i n n des Jahres 1950 die w e s t deutsche W i r t s c h a f t das B i l d e i n e r gewissen S t a g n a t i o n , z u m i n d e s t aber erschienen die P r o d u k t i o n s a n l a g e n n i c h t i n d e m M a ß e ausgenutzt, w i e es hätte sein können. Die Arbeitslosigkeit w a r in i h r e m S a i s o n h ö c h s t p u n k t a u f fast 2 M i l l i o n e n gestiegen. I n dieser S i t u a t i o n entschloß sich die B u n d e s r e g i e r u n g i m F e b r u a r 1950 zu e i n e m A r b e i t s beschaffungs- u n d W o h n b a u p r o g r a m m , w o b e i sich der Z e n t r a l b a n k r a t b e r e i t e r k l ä r t e , diesem P r o g r a m m d u r c h eine V o r f i n a n z i e r u n g s a k t i o n zu e i n e m rascheren A n l a u f z u v e r h e l f e n . A u c h eine S t e u e r s e n k u n g w u r d e beschlossen, u m v o n dieser Seite h e r die W i r t s c h a f t zu entlasten. D i e p a r l a m e n t a r i s c h e B e h a n d l u n g u n d die D u r c h f ü h r u n g dieser M a ß n a h m e n b e n ö t i g t e jedoch eine gewisse Z e i t u n d so t r a f i m ganzen gesehen der A u s b r u c h des K o r e a k o n f l i k t s i n eine z w a r ausw e i t u n g s f ä h i g e W i r t s c h a f t , die aber gerade schon M a ß n a h m e n z u r Ü b e r w i n d u n g der geschilderten Flaute eingeleitet hatte. D i e Koreahausse und ihre R ü c k w i r k u n g A m 25. J u n i 1950 b r a c h d e r K o r e a k o n f l i k t aus, der den B e g i n n einer neuen Wirtschaftsphase i n der westlichen W e l t darstellte. F ü r Westdeutschland l a g dieser T a g , der eine a l l g e m e i n e Kriegspsychose m i t sich brachte, n u r gerade z w e i J a h r e nach d e m Z e i t p u n k t , an d e m die Deutsche M a r k e i n g e f ü h r t w o r d e n w a r , u n d der zeitliche A b s t a n d z u m Ende der letzten Bewirtschaftungsmaßnahmen

13

I I . Die wirtschaftliche E n t w i c k l u n g seit 1948 v o n K o n s u m g ü t e r n b e t r u g gerade e i n V i e r t e l j a h r . Es w a r f o l g l i c h m i t e i n e r s t a r k e n K a u f p s y c h o s e z u rechnen, u n d i n der T a t b e g a n n eine k r ä f t i g e „ H a m s t e r w e l l e " , die sich a u f T e x t i l i e n , Seife, Z u c k e r , F e t t , ö l i m K o n s u m g ü t e r b e r e i c h e r s t r e c k t e u n d sich i n der P r o d u k t i o n s s p h ä r e ebenfalls i n e r h ö h t e n E i n k ä u f e n äußerte. D u r c h die s p r u n g h a f t gestiegene Nachfrage w u r d e auch i n W e s t d e u t s c h l a n d e i n P r e i s a u f t r i e b ausgelöst, der aber doch e r h e b l i c h g e r i n g e r w a r als i m A u s l a n d . D e r G r u n d h i e r f ü r l i e g t w o h l d a r i n , daß i n W e s t d e u t s c h l a n d , w i e schon geschildert, z u B e g i n n des K o r e a k o n f l i k t s die P r o duktionskapazität nicht v o l l ausgenützt w a r und s o m i t R a u m f ü r e i n e n raschen A n s t i e g ließ. So k o n n t e sich z. B. der I n d e x der gesamten P r o d u k tion, der i m J u n i 1950 e i n e n S t a n d v o n 110 (1936 100) erreichte, bis N o v e m b e r a u f 138, das s i n d 28 I n d e x p u n k t e m e h r , erhöhen. Diese Z u n a h m e w a r genau so s t a r k w i e d e r s p r u n g h a f t e A n s t i e g k u r z nach der W ä h r u n g s r e f o r m v o n J u n i bis N o v e m b e r 1948, d e r 27 I n d e x p u n k t e b e t r u g . A u f d e m i n n e r d e u t s c h e n M a r k t h a t s o m i t ohne Z w e i f e l das Vorhandensein von Produktionsreserven zur M i l d e r u n g der P r o b l e m e , die der K o r e a k o n f l i k t a u f w a r f , beigetragen. T r o t z d e m b l i e b e n noch g e n u g Haussetendenzen ü b r i g , die e i n z u d ä m m e n Z i e l e i n e r auf e i n e n s t a b i l e n G e l d w e r t ausgerichteten W ä h r u n g s p o l i t i k sein mußte. So w a r i m B e r e i c h d e r G r u n d s t o f f i n d u s t r i e k e i n e entsprechende P r o d u k t i o n s a u s w e i t u n g m ö g l i c h u n d es e n t s t a n d e n d e s h a l b die bek a n n t e n Engpässe v o n K o h l e u n d S t a h l . U n g ü n s t i g w a r ebenfalls, daß die L a g e r b e s t ä n d e d u r c h die vorhergehende sinkende Preistendenz verhältnism ä ß i g n i e d r i g g e h a l t e n w o r d e n w a r e n . A u c h die E i n f u h r w a r s p r u n g h a f t gestiegen u n d f ü h r t e z u r b a l d i g e n A u s s c h ö p f u n g der E i n f u h r q u o t e b e i der EZU. U n g l ü c k l i c h e r w e i s e w i r k t e n n u n die i m F r ü h j a h r beschlossenen a k t i v e n k o n j u n k t u r p o l i t i s c h e n M a ß n a h m e n , so daß i m H e r b s t 1950 S t e u e r r ü c k z a h l u n gen e r f o l g t e n u n d das A r b e i t s b e s c h a f f u n g s p r o g r a m m i n G a n g k a m . D e r Z e n t r a l b a n k r a t b e m ü h t e sich, i n dieser S i t u a t i o n d u r c h verschiedene M i t t e l w i e D i s k o n t h e r a u f s e t z u n g , E r h ö h u n g der M i n d e s t r e s e r v e n , Kreditkontingentierung, Kreditrichtlinien, der Expansion E i n h a l t zu g e b i e t e n u n d h a t sicher a u f diese Weise z u r D ä m p f u n g der i n f l a t i o n i s t i s c h e n G e f a h r e n beigetragen. D i e Z a h l u n g s b i l a n z ließ sich a l l e r d i n g s n i c h t „ r e t t e n " , u n d so m u ß t e i m F e b r u a r 1951 t r o t z eines noch gegebenen S o n d e r k r e d i t s die Liberalisierung des A u ß e n h a n d e l s suspendiert werden. R ü c k b l i c k e n d m a g f r e i l i c h f e s t s t e l l b a r sein, daß die L i b e r a l i s i e r u n g zu e i n e m Z e i t p u n k t außer K r a f t gesetzt w u r d e , i n d e m es fast n i c h t m e h r n o t w e n d i g gewesen w ä r e . D i e Haussetendenzen b r a chen sich n ä m l i c h auf d e m W e l t m a r k t i m gleichen M o m e n t ! Moody's Index ging von seinem Höchsts t a n d i m F e b r u a r 1951 i n n e r h a l b eines h a l b e n Jahres u m 10 v H zurück. A u c h i m I n l a n d s m a r k t ließ die A u s g a b e n e i g u n g nach u n d das S p a r e n n a h m w i e d e r zu. U n m i t t e l b a r auf die l e t z t e K a u f w e l l e i m D e z e m b e r 1 9 4 9 / J a n u a r 1950, die d u r c h das E i n g r e i f e n Chinas i n den K o r e a k o n f l i k t ausgelöst w u r d e , be-

g a n n sich auch i n der P r o d u k t i o n s s p h ä r e die R e a k t i o n abzuzeichnen. D i e V e r b r a u c h s g ü t e r e r z e u g u n g , die n i c h t n u r aus der v o l l e n V e r a u s g a b u n g der E i n k o m m e n gespeist w o r d e n w a r , s o n d e r n auch aus B a r g e l d h o r t e n finanziert w u r d e , g i n g zurück. W i e aus u n t e n s t e h e n d e m B i l d ersichtlich, b e g a n n d a d u r c h ab 1951 die bis z u diesem Z e i t p u n k t v ö l l i g gleichlaufende E n t w i c k l u n g v o n Investitions- u n d Verbrauchsgüterproduktion auseinanderzustreben.

Invettitiontvorravig im Wiederaufbau MD 193tT-fOO

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Investitlc)nsguten- f 0 enzeu escfunch sch.n / ften

IfO-INSTITUT für Wirtschaftsforstfiung Miinchan

Während die Verbrauchsgüterproduktion auch d u r c h das „ A u f e s s e n " p r i v a t e r H a m s t e r l ä g e r b e e i n flußt w u r d e , k o n n t e d i e I n v e s t i t i o n s g ü t e r i n d u s t r i e v o n i h r e n g r o ß e n A u f t r ä g e n noch l ä n g e r e Z e i t p r o f i t i e r e n . Ja m a n k a n n sogar sagen, daß d e r e n K o n j u n k t u r n i e recht d u r c h d i e R e a k t i o n a u f d i e K o r e a h a u s s e u n t e r b r o c h e n w u r d e , da d i e I n v e s t i t i o n s g ü t e r e r z e u g u n g s t ä r k e r aus d e r w e i t e r l a u f e n den Wiederaufbauphase u n d der A u f r ü s t u n g der w e s t l i c h e n W e l t N u t z e n zog. Erneute M e n g e n k o n j u n k t u r und Konsolidierung W e n n m a n das J a h r 1951 e t w a als eine Z e i t der R e a k t i o n a u f die K o r e a k r i s e bezeichnen d a r f , so k a n n 1952 als eine P e r i o d e d e r K o n s o l i d i e r u n g betrachtet werden. Das w i c h t i g s t e S y m p t o m dieser Z e i t ist das a u ß e r o r d e n t l i c h s t a b i l e , z u m T e i l sogar e i n w e n i g s i n kende Preisniveau u n d der B e g i n n einer erneuten M e n g e n k o n j u n k t u r . W i e aus n a c h s t e h e n d e r T a b e l l e ersichtlich, ä n d e r t e n sich die Preise i m ganzen w e n i g , j a w e n n m a n s t a t t des V e r g l e i c h s d e r H a l b j a h r e d i e P r e i s V e r ä n d e r u n g e n v o n D e z e m b e r 1951 bis D e z e m b e r 1952 i n B e t r a c h t z i e h t , so e r g i b t sich s o w o h l f ü r die G r u n d s t o f f - , d i e E r z e u g e r - u n d die E i n z e l h a n d e l s p r e i s e als auch f ü r d e n P r e i s i n d e x der L e b e n s h a l t u n g s k o s t e n e i n R ü c k g a n g v o n 2 bis 4 v H . D i e P r o d u k t i o n e r h ö h t e sich h i n g e g e n u m 9 v H , die U m s a t z t ä t i g k e i t u m 7 v H . So zeigen sich also

14

Gesamtüberblick

i n diesem J a h r durchaus w i e d e r d i e S y m p t o m e einer M e n g e n k o n j u n k t u r bei stabilen, respektive e t w a s s i n k e n d e n Preisen. F r e i l i c h i s t diese K o n j u n k t u r schwächer ausgeprägt als d i e des Jahres 1949/50, aber m a n d a r f h i e r n i c h t u n b e r ü c k s i c h t i g t lassen, daß b e i d e r a l l g e m e i n e n E r h ö h u n g des P r o d u k t i o n s n i v e a u s u s w . gleiche a b s o l u t e Z u n a h m e n keine so r e s p e k t a b l e n Z u w a c h s r a t e n ergeben können. Zur Mengenkonjunktur 1952 2. H j . 2. H j . ! Veränderung 1951 1952 in v H

Sachangaben Gesamtindex der i n d u striellen Produktion 1936 - 100

139

152

+

9,4

Gesamtumsätze M r d . D M

160,4

172,1

+

7,3

Grundstoffpreise Erzeugerpreise Einzelhandelspreise Lebenshaltungskosten

255 262 | 224 225 ! 192 185 i 171 ; 171

1938

_ 100

+ 2,7 + 0,4 — 3,6 ± 0

A b e r i m V e r l a u f des Jahres 1952 zeigte sich n i c h t n u r eine b e g i n n e n d e M e n g e n k o n j u n k t u r , s o n d e r n ü b e r h a u p t eine K o n s o l i d i e r u n g des Gesamtstatus der w e s t d e u t s c h e n W i r t s c h a f t . D e r A u ß e n h a n d e l k o n n t e den w e i t g e h e n d e n W e g f a l l d e r A u s l a n d s h i l f e ü b e r w i n d e n , j a f ü h r t e sogar zu e i n e r A n reicherung der Devisenposition. Die L o h n w e l l e n w a r e n i m w e s e n t l i c h e n ausgelaufen, die V e r b r a u c h s g ü t e r i n d u s t r i e n k o n n t e n i n gewissem U m fang nachholen u n d die öffentlichen Haushalte entw i c k e l t e n sich so g ü n s t i g , daß eine M a n ö v r i e r m a s s e f ü r e i n e V e r b e s s e r u n g der Steuergesetzgebung v o r handen war. So zeigt sich z u E n d e d e r f ü n f J a h r e nach d e r W ä h r u n g s r e f o r m e i n r e l a t i v freundliches wirtschaftliches B i l d — das A u s m a ß dessen, w a s i n dieser Z e i t geleistet w u r d e b z w . noch z u l e i s t e n ist, b l i e b e jedoch i n s e i n e r ganzen B e d e u t u n g n i c h t erfaßbar, w e n n d i e geschilderte E n t w i c k l u n g n i c h t d u r c h e i n e n S t r u k t u r v e r g l e i c h ergänzt w ü r d e , der n u n f ü r e i n i g e besonders w i c h t i g e Gebiete versucht w e r d e n soll.

I I I . Strukturprobleme der westdeutschen Wirtschaft Die Bedeutung der Zonentrennung D e r g r a v i e r e n d s t e U n t e r s c h i e d g e g e n ü b e r der V o r k r i e g s z e i t l i e g t f ü r d i e westdeutsche V o l k s w i r t schaft d a r i n , daß W e s t d e u t s c h l a n d f r ü h e r als T e i l des D e u t s c h e n Reiches i n engster V e r f l e c h t u n g m i t M i t t e l - u n d O s t d e u t s c h l a n d s t a n d , w ä h r e n d es h e u t e als s e l b s t ä n d i g e r W i r t s c h a f t s k ö r p e r m i t eigener W ä h r u n g n u r einen „ A u ß e n h a n d e l " m i t den f r ü h e r e n R e i c h s t e i l e n besitzt. D i e s e r sogenannte I n t e r z o n e n h a n d e l i s t so v e r s c h w i n d e n d g e r i n g , daß m a n v o n einer geradezu hermetischen Abschließung des B u n d e s g e b i e t e s v o n s e i n e n f r ü h e r e n n a t ü r l i c h e n W i r t s c h a f t s p a r t n e r n sprechen k a n n . D e r I n t e r z o n e n h a n d e l machte i m J a h r e 1952 n i c h t e i n m a l 1 v H d e r E i n - u n d A u s f u h r d e r B u n d e s r e p u b l i k aus! D e r f r ü h e r organische W i r t s c h a f t s k ö r p e r w u r d e s o m i t d u r c h d e n v e r l o r e n e n K r i e g restlos a u s e i n a n d e r gerissen. F ü r d e n B e r e i c h d e r Landwirtschaft bedeutete dies, daß W e s t d e u t s c h l a n d gerade m i t d e n T e i l e n des f r ü h e r e n D e u t s c h e n Reiches n i c h t m e h r i n V e r b i n d u n g s t e h t , d i e als d i e „ K o r n k a m m e r n " bezeichn e t w u r d e n , w o m i t seine eigene E r n ä h r u n g s b a s i s e r h e b l i c h geschmälert w u r d e . Dies g e h t d e u t l i c h aus d e r n e b e n s t e h e n d e n T a b e l l e h e r v o r , die d i e e n t sprechenden A n t e i l e d e r l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n P r o d u k t i o n i n W e s t d e u t s c h l a n d a n der G e s a m t e r z e u g u n g des e h e m a l i g e n D e u t s c h e n Reiches aufzeigt. D i e T a b e l l e zeigt, w i e g e r i n g diese A n t e i l e b e sonders b e i d e n p f l a n z l i c h e n P r o d u k t e n , w i e R o g gen, Z u c k e r r ü b e n u s w . s i n d , w a s sich besonders f o l g e n s c h w e r i m H i n b l i c k d a r a u f a u s w i r k t , daß die B e v ö l k e r u n g i n W e s t d e u t s c h l a n d h e u t e m i t 48 M i l l i o n e n P e r s o n e n m e h r als 70 v H d e r Reichsb e v ö l k e r u n g j e n e r J a h r e b e t r ä g t . H i n s i c h t l i c h der L e b e n s m i t t e l v e r s o r g u n g w i r d d i e B e d e u t u n g der B e v ö l k e r u n g s z u n a h m e auch d a d u r c h d e u t l i c h , w e n n

m a n sich v o r A u g e n f ü h r t , daß i m J a h r e 1937 i m D e u t s c h e n Reich a u f 236 P e r s o n e n 100 ha l a n d w i r t schaftliche Nutzfläche entfielen, h e u t e i n der B u n d e s r e p u b l i k a u f 358 Personen! Anteil des Bundesgebiets an der gesamtdeutschen landwirtschaftlichen Produktion nach dem Stand von 1934—1938

Ausgewählte

auf das Bundesgebiet entfielen Produkte von der Gesamterzeugung i m Reichsgebiet vH

Zuckerrüben Roggen Kartoffeln Weizen

32 41 42 52

Schweine Milch

53 59 62

Z w a r h a t sich i n W e s t d e u t s c h l a n d auch die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e P r o d u k t i o n gegenüber d e r V o r k r i e g s z e i t e r h ö h t , die E r z e u g u n g e r n ä h r u n g s w i r t schaftlicher G ü t e r ist aber n i c h t i n e i n e m solchen Ausmaß vermehrbar, w i e der Ausstoß industrieller F e r t i g w a r e n . Es b l e i b t s o m i t als F a z i t der Z o n e n t r e n n u n g eine w e i t größere E i n f u h r a b h ä n g i g k e i t d e r B u n d e s r e p u b l i k als d i e des f r ü h e r e n Deutschen Reiches. F ü r d e n B e r e i c h der Industrie bedeutete die Z o n e n t r e n n u n g ebenfalls e i n schweres P r o b l e m , jedoch v e r b l i e b h i e r i m ganzen gesehen e i n größer e r A n t e i l der E r z e u g u n g s k a p a z i t ä t i n Westdeutschl a n d . D i e Z e r r e i ß u n g des gesamtdeutschen W i r t schaftsgefüges f ü h r t e aber z u einer s t a r k e n D i s p r o p o r t i o n a l i t ä t der v o r h a n d e n e n K a p a z i t ä t e n . So w a r e n h a u p t s ä c h l i c h i n M i t t e l - u n d Ostdeutschland

15

I I I . Strukturprobleme der westdeutschen Wirtschaft beheimatet die Braunkohlenerzeugung u n d - b r i k e t t i e r u n g , die B e k l e i d u n g s i n d u s t r i e , die optische I n d u s t r i e , die E l e k t r o i n d u s t r i e , die P a p i e r - u n d P a p p e i n d u s t r i e , w ä h r e n d u m g e k e h r t der B e r e i c h der S c h w e r i n d u s t r i e , der F a h r z e u g i n d u s t r i e , der Werkzeugindustrie in Westdeutschland vorherrschte. Das h e r v o r g e r u f e n e M i ß v e r h ä l t n i s der K a p a z i t ä t e n z u e i n a n d e r b e d e u t e t e — so b e d a u e r l i c h der gesamte V o r g a n g i s t — f ü r manche I n d u s t r i e n einen V o r t e i l , f ü r andere e i n e n N a c h t e i l . W e n n auch f r e i l i c h b e i d e r B e t r a c h t u n g k o n k r e t e r E i n z e l f ä l l e noch v i e l e andere M o m e n t e z u beachten sind, so l ä ß t sich doch g r u n d s ä t z l i c h sagen, daß a l l jene westdeutschen W i r t s c h a f t s z w e i g e auf der „ S o n n e n s e i t e " der Z o n e n t r e n n u n g lagen, die m e h r K o n k u r r e n z als M a r k t v e r l o r e n . B e i solchen I n d u s t r i e n setzten sich ab J u n i 1948, s o f e r n die Preise f ü r i h r e Erzeugnisse f r e i g e g e b e n w a r e n , d i e A u s g l e i c h s k r ä f t e e i n e r M a r k t w i r t s c h a f t d u r c h , d. h. die Preise zogen der r e l a t i v e n K n a p p h e i t d e r G ü t e r entsprechend an u n d e r m ö g l i c h t e n eine h ö h e r e Gewinnquote. Sie w u r d e dann hauptsächlich zur Selbstfinanzierung von Investitionen verwendet. Dieser der M a r k t w i r t s c h a f t eigene M e c h a n i s m u s h a t d a n n auch d a z u g e f ü h r t , daß o h n e größere behördliche u n d planende Eingriffe die Disproportionalitäten weitgehend verschwunden sind, d . h . entsprechende K a p a z i t ä t e n a u f g e b a u t w u r d e n . Dies zeigt sich besonders d e u t l i c h i n gewissen Z w e i g e n der B e k l e i d u n g s i n d u s t r i e , w i e z . B . i n d e r E r z e u g u n g g e w i r k t e r S t r ü m p f e , die i n W e s t d e u t s c h l a n d vor dem Kriege überhaupt nicht beheimatet war. U m g e k e h r t l a g e n auf d e r „ S c h a t t e n s e i t e " a l l die westdeutschen I n d u s t r i e z w e i g e , d i e d i e Z o n e n t r e n n u n g m e h r M a r k t als K o n k u r r e n z v e r l i e r e n ließ. B e i solchen I n d u s t r i e n m a c h t e sich der e n t gegengesetzte V o r g a n g b e m e r k b a r , n ä m l i c h e i n D r u c k auf die Preise u n d d a m i t a u f d i e P r o d u k t i o n i n f o l g e d e r v o r h a n d e n e n Ü b e r k a p a z i t ä t . Dies zeigte sich i m k o n k r e t e n F a l l i n d e r L e d e r i n d u s t r i e u n d der Eisen-, S t a h l - u n d M e t a l l w a r e n v e r a r b e i t u n g . B e i a n d e r e n Z w e i g e n w u r d e d i e a n sich d u r c h die Zonentrennung vorhandene Tendenz einer „ z u großen" K a p a z i t ä t d u r c h verschiedene Einflüsse w i e z. B. die B e v ö l k e r u n g s z u n a h m e ü b e r k o m p e n s i e r t ; teils w a r auch d i e K a p a z i t ä t d u r c h K r i e g s z e r s t ö rungen bzw. Demontagen gar nicht m e h r v o r handen, oder es m a c h t e n sich die e r h ö h t e n A n f o r d e r u n g e n der sich s t a r k m e c h a n i s i e r e n d e n u n d m o t o r i s i e r e n d e n deutschen W i r t s c h a f t i m g ü n s t i g e n Sinn bemerkbar. D i e Z o n e n t r e n n u n g w i r k t e sich aber n a t ü r l i c h auch a u f a l l e a n d e r e n W i r t s c h a f t s z w e i g e aus. H i e r ist hauptsächlich noch d a r a n z u e r i n n e r n , daß G e biete, die f r ü h e r „ m i t t e n " i n D e u t s c h l a n d lagen, p l ö t z l i c h z u Grenzgebieten w u r d e n , w a s u. a. d a z u f ü h r t e , daß b e n ö t i g t e Rohstoffe j e t z t aus w e i t e r e r E n t f e r n u n g h e r a n g e h o l t w e r d e n müssen. Diese Landesteile waren „verkehrsfern" geworden. Besonders g i l t dies f ü r d e n N o r d o s t t e i l B a y e r n s , d e r s o w o h l i m N o r d e n als auch i m O s t e n a n d e n „ e i s e r n e n V o r h a n g " grenzt. Auch für den hochentwickelten Bankverkehr brachte die T r e n n u n g schwere V e r l u s t e n i c h t n u r

a u f G r u n d der Z e r s c h l a g u n g des a l t e n F i l i a l n e t z e s s o n d e r n auch d a d u r c h , daß z. B . h y p o t h e k a r i s c h e Hechte i n O s t d e u t s c h l a n d f ü r westdeutsche F i r m e n n i c h t m e h r r e a l i s i e r b a r sind. A u s diesen G r ü n d e n u n d u. a. w e g e n des Z u g r i f f s d e r russischen B e s a t z u n g s m a c h t a u f das W e r t p a p i e r s a m m e l d e p o t i n B e r l i n w u r d e z. B . das ganze V e r f a h r e n der W e r t papierbereinigung notwendig. Das Vertriebenen- und Erwerbslosenproblem Z u der g e s c h i l d e r t e n Z e r r e i ß u n g D e u t s c h l a n d s u n d d e r p r a k t i s c h v ö l l i g e n A b s c h l i e ß u n g der f r ü h e r i n engster V e r f l e c h t u n g s t e h e n d e n L a n d e s t e i l e k a m das P r o b l e m h i n z u , daß bis E n d e 1952 8,3 M i l l i o n e n H e i m a t v e r t r i e b e n e u n d r d . 1,9 M i l l i o n e n sonstige Z u w a n d e r e r i n das B u n d e s g e b i e t k a m e n . Dieser u n g e h e u r e Z u s t r o m m e i s t v ö l l i g besitzloser M e n schen w a r f schwerste P r o b l e m e auf. Es m u ß t e v e r sucht w e r d e n , sie i n A r b e i t z u b r i n g e n u n d sie n i c h t i n F l ü c h t l i n g s l a g e r n oder m i t 4—6 P e r s o n e n i n e i n e m Z i m m e r als U n t e r m i e t e r z u belassen. O h n e Z w e i f e l ist h i e r vieles geschehen, doch ist d i e W o h n d i c h t e i n D e u t s c h l a n d i m m e r noch e r h e b l i c h h ö h e r als v o r d e m K r i e g e . I m J a h r e 1939 h a t t e n n u r 0,8 M i l l i o n e n H a u s h a l t u n g e n (einschl. E i n - P e r s o n e n - H a u s h a l t u n gen) k e i n e eigene W o h n u n g ; 1948 w a r e n es 6 M i l l i o n e n H a u s h a l t u n g e n u n d 1952 i m m e r h i n noch 5,4 M i l l i o n e n . N a c h S c h ä t z u n g e n des B u n d e s m i n i steriums für Wohnungsbau k o m m e n hiervon etwa 4,3 M i l l i o n e n als echte W o h n u n g s a n w ä r t e r i n B e t r a c h t . A u c h die w i r t s c h a f t l i c h e E i n g l i e d e r u n g der Heimatvertriebenen hat erhebliche Fortschritte gemacht, w a s schon aus i h r e m a b n e h m e n d e n A n t e i l a n d e r gesamten A r b e i t s l o s i g k e i t aus untenstehender Tabelle deutlich w i r d . Zur Arbeitslosigkeit Jahresdurchschnitte Jahr

1950 1951 1952

Arbeitslose i m davon H e i m a t Bundesgebiet i n vertriebene i n Tausend Personen Tausend Personen 1580 1432 1379

527 460 419

in v H

33,2 32,1 30,3

T r o t z d e m zeigt n a t ü r l i c h gerade diese T a b e l l e , daß d e r A n t e i l d e r H e i m a t v e r t r i e b e n e n a n d e n A r b e i t s l o s e n m i t h e u t e 30 v H noch v i e l h ö h e r ist, als i h r A n t e i l a n der g e s a m t e n B e v ö l k e r u n g , d e r 17 v H b e t r ä g t . H i e r l i e g e n f ü r d i e Z u k u n f t noch erhebliche Aufgaben, die i m engsten Z u s a m m e n hang m i t der gesamten westdeutschen A r b e i t s l o s i g k e i t stehen. Sie k ö n n e n k e i n e s f a l l s a l l e i n d u r c h das Lastenausgleichsgesetz gelöst w e r d e n . Die Arbeitslosigkeit i n Westdeutschland betrug i m J a h r e 1952 i m D u r c h s c h n i t t 1,4 M i l l i o n e n P e r sonen. U m e i n e n A n h a l t f ü r e i n e n V o r k r i e g s v e r gleich z u haben, sei gesagt, daß 1,4 M i l l i o n e n E r werbslose i n d e r B u n d e s r e p u b l i k m i t i h r e n 48 M i l lionen Einwohnern etwa 2 Millionen Arbeitslosen i m D e u t s c h e n Reich m i t seiner B e v ö l k e r u n g v o n 66—67 M i l l i o n e n i n den 30er J a h r e n entsprochen hätten.

16

Gesamtüberblick

D i e Ursachen dieser E r w e r b s l o s i g k e i t beruhen einerseits a u f der ö r t l i c h e n M a s s i e r u n g der F l ü c h t linge in den Grenzländern, wie SchleswigH o l s t e i n , Niedersachsen u n d B a y e r n , u n d s i n d andererseits z u m T e i l e i n B e r u f s p r o b l e m , w i e z. B . bei den k a u f m ä n n i s c h e n A n g e s t e l l t e n . D i e L ö s u n g des e r s t e n P r o b l e m s h a t bereits gewisse F o r t s c h r i t t e gemacht. E t w a 600 000 M e n schen v e r z o g e n i n L ä n d e r m i t besseren A r b e i t s u n d W o h n g e l e g e n h e i t e n oder w u r d e n m i t s t a a t licher H i l f e u m g e s i e d e l t . E i n e r h e b l i c h e r H e m m schuh ist h i e r d i e l e i d e r n u r i m G r u n d g e s e t z , jedoch auf G r u n d d e r W o h n u n g s n o t n i c h t i n der P r a x i s bestehende F r e i z ü g i g k e i t . Das P r o b l e m d e r „ ü b e r s e t z t e n " B e r u f e ist ebenfalls n u r l a n g s a m z u lösen. Es zeigen sich jedoch h i e r gewisse F o r t s c h r i t t e a l l e i n d u r c h die k o n j u n k t u r e l l e E n t w i c k l u n g . So schienen z. B . nach der e n o r m e n F ö r d e r u n g d u r c h d e n K r i e g u n d der d a n n zunächst i n s G e g e n t e i l u m s c h l a g e n d e n N a c h k r i e g s e n t w i c k l u n g die G r u p p e n der „Metall-Erzeuger u n d - v e r a r b e i t e r " übersetzt. Sie s t e l l e n 1949 r u n d 12 v H a l l e r A r b e i t s l o s e n . D i e fortschreitende I n d u s t r i a l i s i e r u n g h a t j e t z t aber dazu b e i g e t r a g e n , dieses P r o b l e m z u v e r r i n g e r n . D e r A n t e i l g i n g b e i insgesamt s i n k e n d e r A r b e i t s l o s i g k e i t a u f 7 v H zurück. M a n d a r f w o h l a n n e h m e n , daß dieser Prozeß der Aufsaugung der s t r u k t u r e l l e n Arbeitslosigkeit w e i tere Fortschritte machen w i r d . Die letzten Z a h l e n der A r b e i t s l o s e n s t a t i s t i k lassen diese H o f f n u n g n i c h t u n b e g r ü n d e t erscheinen. So s i n d d u r c h d e n l o k a l a u f t r e t e n d e n A r b e i t e r m a n g e l besonders i m Rheinland F i r m e n i n zunehmendem Maße bereit, U n t e r k u n f t f ü r b e n ö t i g t e A r b e i t s k r ä f t e zu beschaffen u n d t r a g e n so z u r r e g i o n a l e n A u f l o c k e r u n g der A r b e i t s l o s i g k e i t bei. D e r Industrialisierungsprozeß E i n e n i c h t z u ü b e r s e h e n d e E n t w i c k l u n g h a t sich i n d e r w e s t d e u t s c h e n W i r t s c h a f t t r o t z der zunächst bestehenden H e m m u n g e n i n den l e t z t e n J a h r e n vollzogen. D i e W i r t s c h a f t w u r d e e r h e b l i c h a r b e i t s t e i l i g e r , der P r o d u k t i o n s p r o z e ß i n z u n e h m e n d e m Maße mechanisiert u n d motorisiert. Entscheidend h i e r z u b e i g e t r a g e n h a t die technische E n t w i c k l u n g u n d h i e r n i c h t z u l e t z t d i e V e r b e s s e r u n g der h a n d lichen Elektromotoren u n d kleineren Benzinmotoren. S i e h a t d a z u g e f ü h r t , daß v o r a l l e m das H a n d w e r k i n zunehmendem Maße mechanisiert wurde. Z w a r liegen Bestandszahlen f ü r die Mechanisier u n g der P r o d u k t i o n n i c h t v o r , aber die E n t w i c k -

l u n g des Maschinenbaues, der E l e k t r i z i t ä t s v e r s o r g u n g u n d des M i n e r a l ö l v e r b r a u c h s geben deutliche Hinweise. D e r Z u s t r o m an n e u e n M a s c h i n e n i n d e n P r o d u k t i o n s p r o z e ß w a r d e m n a c h 1952 u m 7s größer als 1936 u n d l i e g t b e r e i t s seit 3 J a h r e n u m d u r c h s c h n i t t l i c h d i e H ä l f t e d a r ü b e r . H i e r h a t s o m i t ohne Z w e i f e l e i n ü b e r d e n w i r t s c h a f t l i c h e n Verschleiß hinausgehender Zuwachs stattgefunden. Die Elekt r i z i t ä t s v e r s o r g u n g w a r 1952 m e h r als d o p p e l t so hoch w i e 1936, der M i n e r a l ö l v e r b r a u c h l a g u m fast 80 v H d a r ü b e r . A u c h d i e M o t o r i s i e r u n g des V e r k e h r s w e s e n s ist h i e r z u n e n n e n . D i e Z a h l der P e r s o n e n w a g e n , L a s t k r a f t w a g e n , O m n i b u s s e u n d K r a f t r ä d e r h a t sich auf das 2V2fache g e g e n ü b e r d e r V o r k r i e g s z e i t erhöht. Das gerne als A u s d r u c k des Lebensstandards unterer Einkommenschichten zitierte „Motorr a d " h a t d a b e i i n e t w a ä h n l i c h e r Weise z u g e n o m m e n w i e die ü b r i g e n K r a f t f a h r z e u g e insgesamt gesehen. Die Motorisierung in Westdeutschland Bestand an Fahrzeugen i n Tausend Fahrzeugarten Personenkraftwagen Lastkraftwagen Omnibusse Krafträder Zugmaschinen ....

1. J u l i 1936 1. Jan. 1953 530 159 10 646 23

I

1 010 526 21 1 743 283

Vervielfachung

1,9 x 3,3 x 2,1 X 2,7 x i 12,3 x

Allerdings g i n g diese s t a r k e Z u n a h m e der M o t o r i s i e r u n g des S t r a ß e n v e r k e h r s z u m T e i l auf K o s t e n der E i s e n b a h n , d e r e n P e r s o n e n v e r k e h r zur ü c k g i n g u n d d e r e n G ü t e r v e r k e h r n u r l a n g s a m zun a h m u n d seit H e r b s t 1951 s t a g n i e r t . D i e L ö s u n g des s c h w i e r i g e n P r o b l e m s Schiene : Straße ist offens i c h t l i c h eine ebenso große A u f g a b e w i e die des r e i n q u a n t i t a t i v e n V e r k e h r s p r o b l e m s i n d e n Städten, das ebenfalls aus obenstehender T a b e l l e d e u t l i c h w i r d . Gemessen a n a n d e r e n L ä n d e r n k a n n n ä m l i c h m i t e i n e r w e i t e r e n s t a r k e n Z u n a h m e des Straßenv e r k e h r s gerechnet w e r d e n . A b e r auch i n d e r L a n d w i r t s c h a f t ist die T e c h n i s i e r u n g f o r t g e s c h r i t t e n . Dies zeigt sich d e u t l i c h aus d e r e n o r m e n V e r m e h r u n g d e r Z u g m a s c h i n e n 1 auf das 12fache d e r V o r k r i e g s z e i t . Ebenso w u r d e der Einsatz künstlichen Düngers erheblich vermehrt. Daß d i e E r z e u g u n g der L a n d w i r t s c h a f t dennoch n i c h t i n d e m M a ß e a n s t i e g w i e d i e der I n d u s t r i e , liegt i n der landwirtschaftlichen Produktionsweise begründet. Das Investitions- und K a p i t a l m a r k t p r o b l e m

Zur Mechanisierung der westdeutschen Wirtschaft 1936 = 100 1 I Sachangaben Inlandsumsätz d.Maschinenindustrie (preisbereinigt) . Elektrizitätsverbrauch Mineralölverbrauch 1

1949

1950

1951

1952

116 147 73

133 152 173 202 118 ! 155

166 226 178

i Hauptsächlich Benzin und Dieselkraftstoff

D i e westdeutsche W i r t s c h a f t , die i m G r u n d s a t z nach 1948 a u f das S y s t e m e i n e r M a r k t w i r t s c h a f t ausgerichtet w u r d e , w e i s t a u f d e m G e b i e t der I n v e s t i t i o n e n d i e m e i s t e n diesem S y s t e m an sich f r e m d e n E r s c h e i n u n g e n auf. W a r u m ? D e r erste G r u n d l i e g t d a r i n , daß es bis i n die l e t z t e Z e i t hinein einen K a p i t a l m a r k t i m Sinne früherer Jahre n i c h t gab. Dies w a r a l l e r d i n g s k e i n W u n d e r , w e n n m a n sich ü b e r l e g t , daß G e l d k a p i t a l i n der W ä h i Es h a n d e l t sich h i e r b e i z u m schaftliche Z u g m a s c h i n e n .

größten T e i l u m

landwirt-

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I I I . Strukturprobleme der westdeutschen Wirtschaft r u n g s r e f o r m g e n a u so w i e G e l d b e h a n d e l t w u r d e . So w i s s e n z. B . v i e l e H y p o t h e k e n b e s i t z e r , d e r e n Anspruch auf ein Zehntel zusammengelegt wurde, v o n d e r u n v e r s e h r t e n W e i t e r e x i s t e n z d e r aus „ihrem" Geld miterstellten Bauwerke. Dieses N i c h t v o r h a n d e n s e i n eines K a p i t a l m a r k t e s w a r f ü r g u t v e r d i e n e n d e W i r t s c h a f t s z w e i g e , die ihren Ersatz- u n d Neuanlagebedarf selber finanz i e r e n k o n n t e n , a l l e r d i n g s n i c h t v o n so großer B e d e u t u n g w i e f ü r jene Bereiche, d i e eine solche R e n t a b i l i t ä t n i c h t a u f z u w e i s e n h a t t e n . H i e r w ä r e n u. a. z u n e n n e n d e r B e r g b a u , die eisenschaffende I n d u strie, die E l e k t r i z i t ä t s w i r t s c h a f t , d e r S c h i f f b a u u n d der soziale W o h n u n g s b a u , b e i d e m d i e M i e t e n geb u n d e n sind. W o l l t e m a n diese G e b i e t e — d i e sich n i c h t auf den K a p i t a l m a r k t s t ü t z e n k o n n t e n , da es i h n n i c h t gab, u n d die, w e n n es i h n gegeben h ä t t e , w e g e n ihrer geringen Rentabilität nicht genügend Zins h ä t t e n bezahlen k ö n n e n — n i c h t v o n d e r I n v e s t i t i o n s t ä t i g k e i t ausschließen, so m u ß t e n besondere M a ß n a h m e n g e t r o f f e n w e r d e n . H i e r b o t e n sich g l ü c k l i c h e r w e i s e die aus d e r M a r s h a l l - P l a n - H i l f e s t a m m e n d e n G e g e n w e r t m i t t e l an. W e i t e r s i n d h i e r z u nennen, s t a a t l i c h e Zuschüsse ü b e r die H a u s h a l t e u n d die „ I n v e s t i t i o n s h i l f e " . D i e F i n a n z i e r u n g m i t G e g e n w e r t m i t t e l n ist h e u t e i m großen u n d ganzen ausgelaufen. A u f diese Weise w u r d e n jedoch i n d e n l e t z t e n J a h r e n e r h e b l i c h e B e träge f ü r I n v e s t i t i o n s z w e c k e z u r V e r f ü g u n g ges t e l l t , n ä m l i c h fast 4 M r d . D M seit d e r W ä h r u n g s r e f o r m . D i e F i n a n z i e r u n g besonders des W o h n u n g s baues ist d e m g e g e n ü b e r i n l e t z t e r Z e i t fester T e i l der S t a a t s t ä t i g k e i t g e w o r d e n u n d h a t sich als „sozialer W o h n u n g s b a u " g u t b e w ä h r t . Es w ä r e aber die Frage, ob dieser W e g , nach d e m d e r K a p i t a l m a r k t i n G a n g g e k o m m e n ist, i n Z u k u n f t s t ä n d i g w e i t e r gegangen w e r d e n soll. D i e d r i t t e „ n i c h t m a r k t w i r t s c h a f t l i c h e " F i n a n z i e r u n g s m e t h o d e ist d i e I n v e s t i t i o n s h i l f e . Sie s o l l t e d i e i m J a h r e 1951/52 a u f t a u c h e n d e n Engpässe i n d e r G r u n d s t o f f i n d u s t r i e überwinden helfen u n d ging dabei von der V o r aussetzung schlechter R e n t a b i l i t ä t j e n e r hilfsbedürftigen Wirtschaftszweige infolge v o n Preisb i n d u n g e n aus. N i c h t z u l e t z t w u r d e w o h l auch v o n den h e l f e n d e n I n d u s t r i e n a n e r k a n n t , daß sie w ä h r e n d der l e t z t e n J a h r e als W e i t e r v e r a r b e i t e r d e r preisgebundenen, b i l l i g e r e n G r u n d p r o d u k t e u n d a u f G r u n d d e r f r e i e n , sich a u f d e n M a r k t e i n s p i e l e n d e n Preise i h r e r e i g e n e n Erzeugnisse e i n e n höheren G e w i n n hatten. Die Verzögerung der I n v e s t i t i o n s h i l f e f ü h r t e aber dazu, daß sie i m g e w i s sen S i n n e i n A n a c h r o n i s m u s g e w o r d e n ist, w e i l n u n , da d i e M i t t e l fließen, die R e n t a b i l i t ä t der h i l f s b e d ü r f t i g e n I n d u s t r i e z w e i g e schon d u r c h m e h r fache P r e i s a n h e b u n g e n gebessert w u r d e . So k o s t e t h e u t e S t e i n k o h l e m e h r als d r e i m a l s o v i e l w i e i m J a h r e 1938, S t a b s t a h l e t w a v i e r m a l soviel. D i e H i l f e ist z e i t l i c h b e g r e n z t u n d d ü r f t e k e i n e C h a n c e n h a b e n sich z u w i e d e r h o l e n . D i e Stellung des Staates D i e F r a g e der I n v e s t i t i o n s f i n a n z i e r u n g s t e h t i n engstem Z u s a m m e n h a n g m i t d e r S t e l l u n g des Staates i n der w e s t d e u t s c h e n W i r t s c h a f t ü b e r h a u p t . D i e A u s d e h n u n g der s t a a t l i c h e n T ä t i g k e i t w i r d 2

5 Jahre Deutsche M a r k

j e d e n f a l l s — u n d dies t r i t t b e i D i s k u s s i o n e n ü b e r die S t e u e r b e l a s t u n g h e r v o r — h ä u f i g i n n e r h a l b eines S y s t e m s der M a r k t w i r t s c h a f t als z u w e i t g e h e n d b e t r a c h t e t . So w u r d e n i m J a h r e 1952 a n B u n d e s - , L ä n d e r - u n d G e m e i n d e s t e u e r n u n d Sof o r t h i l f e z a h l u n g e n r u n d 31 M r d . D M e r h o b e n , b e i e i n e m B r u t t o s o z i a l p r o d u k t v o n 126 M r d . D M . E i n e A n a l y s e der staatlichen Ausgaben zeigt i n der T a t neben den v o n jeher vorhandenen u n d k a u m u m s t r i t t e n e n A u f g a b e n b e r e i c h e n , w i e äußere Sicherh e i t , Rechtspflege, P o l i z e i , U n t e r s t ü t z u n g v o n R e n t n e r n u s w . A u s g a b e n , die erst i n d e n l e t z t e n J a h r e n h i n z u g e k o m m e n sind. H i e r m ü s s e n n e b e n d e n schon e r w ä h n t e n Zuschüssen z u m sozialen W o h n u n g s bau, d i e M i t t e l f ü r d e n S c h i f f b a u , die E r s c h l i e ß u n g des E m s l a n d e s u s w . gerechnet w e r d e n . Es h a n d e l t sich h i e r u m U n t e r s t ü t z u n g gewisser g e w e r b l i c h e r P r o d u k t i o n e n , ohne daß der S t a a t sie selber d u r c h f ü h r t . S e l b s t v e r s t ä n d l i c h k a n n d i e F e s t l e g u n g des s t a a t l i c h e n Bereichs n u r v o n d e n Ausgabebeschlüssen des P a r l a m e n t s — als d e r r e c h t m ä ß i g e n V e r t r e t u n g d e r W i l l e n s b i l d u n g der ö f f e n t l i c h e n M e i n u n g — aus geschehen. Es i s t aber i m m e r w i e d e r nötig, auf den zwingenden Zusammenhang zwischen der S t e u e r l a s t u n d d e r A u s g a b e n t ä t i g k e i t h i n z u weisen. D u r c h V e r n a c h l ä s s i g u n g dieses Z u s a m m e n hangs g e h e n d i e v o n verschiedensten S e i t e n h e r angetragenen Ideen zur Steuerreform oft a m K e r n des „ Ü b e l s " v o r b e i . S o l a n g e d e r A u f g a b e n b e r e i c h des Staates e i n so a u ß e r o r d e n t l i c h g r o ß e r ist, w e r d e n die S t e u e r n ebenfalls s e h r hoch s e i n müssen u n d unerwünschte Nebenfolgen i n stärkerem Ausm a ß zeigen. Z u große E r f o l g e s o l l t e m a n sich desh a l b v o n S t e u e r r e f o r m e n n i c h t versprechen, w e n n das S t e u e r s y s t e m d e n gleichen, h o h e n E r t r a g e r bringen muß. I n d e r ö f f e n t l i c h e n D i s k u s s i o n zeigt sich aber i m m e r w i e d e r , daß, w e n n es sich u m d e n k o n k r e t e n A b b a u s t a a t l i c h e r F u n k t i o n e n h a n d e l t , m a n diese n i c h t z u m i s s e n b e r e i t ist. Das Entscheidende w ä r e , z u sagen, w o d i e S t a a t s t ä t i g k e i t i n n e n n e n s w e r t e m A u s m a ß e i n g e s c h r ä n k t w e r d e n s o l l — das S t e u e r system dann von den akuten unerwünschten Nebenf o l g e n z u b e f r e i e n , w ä r e e i n l e i c h t e r lösbares P r o b l e m . F ü r die Z u k u n f t i s t a b e r w o h l k a u m m i t e i n e r i m g a n z e n gesehen v e r r i n g e r t e n A u s g a b e t ä t i g k e i t d e r ö f f e n t l i c h e n H a n d z u rechnen, da z. B . d i e F i n a n z i e r u n g des E V G - T r u p p e n k o n t i n g e n t s a u f sie z u k o m m t . D i e veränderte Sozialstruktur A u s d i e s e m G e s a m t b e r i c h t u n d v o r a l l e m aus d e n e i n z e l n e n K a p i t e l n g e h t h e r v o r , daß sich dieses oder jenes P h ä n o m e n „ n o r m a l i s i e r t " h a t , sei es d i e V e r b r a u c h s s t r u k t u r , die P r o d u k t i o n s - u n d U m s a t z s t r u k t u r oder andere. Diese T e n d e n z e n s o l l t e n aber n i c h t d e n u n g e h e u r e n Prozeß d e r V e r s c h i e b u n g i n n e r h a l b d e r S o z i a l s t r u k t u r vergessen lassen. D e r K r i e g u n d seine F o l g e n h a b e n h i e r schon d e n B e g i n n gesetzt m i t d e r Z e r s t ö r u n g p r i v a t e n E i g e n t u m s d u r c h B o m b e n u n d m i t d e n 10 M i l l i o n e n besitzlosen H e i m a t v e r t r i e b e n e n . D i e W ä h r u n g s r e f o r m h a t i h n f o r t g e f ü h r t m i t der G l e i c h s t e l l u n g v o n E r sparnissen u n d B a r g e l d , u n d die L o h n e n t w i c k l u n g t r u g w e i t e r d a z u bei, d i e S o z i a l s t r u k t u r z u v e r ä n d e r n . Es i s t n i c h t m ö g l i c h , diesen u m f a n g r e i c h e n

Die monetäre Seite des Wiederaufbaus

18 V o r g a n g h i e r i n K ü r z e d a r z u s t e l l e n , jedoch lassen sich einige w e n i g e T e n d e n z e n u m r e i ß e n . Da die Bombenzerstörungen auf d e m L a n d geringer w a r e n als i n d e r S t a d t , b l i e b d e r V e r m ö g e n s besitz d e r L a n d w i r t s c h a f t besser e r h a l t e n als der der s t ä d t i s c h e n B e v ö l k e r u n g . Personen, d i e z u m Z e i t p u n k t der W ä h r u n g s r e f o r m a u f G r u n d i h r e s A l t e r s oder k ö r p e r l i c h e r Unfähigkeit nicht mehr i n der Lage waren, i m P r o d u k t i o n s p r o z e ß z u b l e i b e n , d ü r f t e es — w e n n sie d u r c h F l u c h t oder B o m b e n V e r m ö g e n s s c h a d e n e r l i t t e n — k a u m m e h r m ö g l i c h sein, E i g e n t u m i n nennenswertem U m f a n g zu erwerben. D e r u n b e s c h ä d i g t e Sachbesitz ist, w i e schon erw ä h n t , besser d a v o n g e k o m m e n als d e r Geldbesitz. Z w a r v e r s u c h t m a n d u r c h das L a s t e n a u s g l e i c h gesetz auch diesen z u erfassen, d e r e m i n e n t e V o r t e i l — besonders b e i g e w e r b l i c h n u t z b a r e m Sach-

besitz — l a g aber d a r i n , daß d i e E r t r a g s b i l d u n g über den Reformzeitpunkt hinaus i n voller Höhe weiterlief. I n n e r h a l b der L o h n - u n d Gehaltsstruktur hat sich eine N i v e l l i e r u n g s t e n d e n z der r e a l e n E i n k o m m e n gezeigt, d i e v o n d e r S t e u e r g e s t a l t u n g noch u n t e r s t ü t z t w u r d e . H i e r ergeben sich a l l e r d i n g s jetzt durch die Änderungsvorschläge z u m E i n k o m mensteuergesetz u n d auch v o n der L o h n s e i t e h e r wieder Rückbildungen. W e n n a m Schluß dieses G e s a m t ü b e r b l i c k s auf die v e r ä n d e r t e S o z i a l s t r u k t u r h i n g e w i e s e n w u r d e , so s o l l t e dies bezwecken, n i c h t ü b e r d e m ohne Z w e i f e l e r f o l g r e i c h e n W i e d e r a u f b a u das P r o b l e m d e r j e n i gen M i l l i o n e n z u übersehen, d i e i n d e m l e t z t e n t u r b u l e n t e n J a h r z e h n t des K r i e g e s , der A u s w e i s u n g u n d der W ä h r u n g s r e f o r m wirtschaftlich nicht Schritt halten konnten.

Die monetäre Seite des Wiederaufbaus I. Der Geldüberhang und seine Liquidation I m e r s t e n u n d z w e i t e n W e l t k r i e g w a r „das G e l d " f ü r die Steuerung der Wirtschaftskräfte n u r von n e b e n g e o r d n e t e r B e d e u t u n g . W e n n die k r i e g s w i r t schaftliche Z i e l s e t z u n g n u r a u f rasche u n d höchstmögliche P r o d u k t i o n v o n Rüstungsbedarf unter Vernachlässigung aller wirtschaftlichen Erhaltungsu n d W a c h s t u m s e r f o r d e r n i s s e g e r i c h t e t ist, so t r i t t an die Stelle der geld- u n d m a r k t w i r t s c h a f t l i c h e n Ordnung ein plan- und güterwirtschaftliches K o n t i n g e n t i e r u n g s - S y s t e m . Je m e h r d i e G e l d - u n d K r e d i t s c h ö p f u n g z u r A n f a c h u n g eines b e w u ß t geförderten Produktionsfiebers mißbraucht wird, desto m e h r v e r l i e r t es s e i n e n C h a r a k t e r als „ G ü t e r v e r t e i l e r " ; es w i r d n e b e n d e n n u n u n v e r m e i d l i c h gewordenen Warenbezugscheinen ein n o t w e n d i g m i t l a u f e n d e r General-Bezugsschein. D e s h a l b pflegt i m K r i e g e G e l d k a u m n o c h e i n e R o l l e z u spielen. Z w a r s i n d sich d i e f ü r d i e W i r t s c h a f t s f ü h r u n g V e r antwortlichen der d a m i t entstehenden Folgen u n d G e f a h r e n e i n e r G e l d e n t w e r t u n g durchaus b e w u ß t . I h r e L ö s u n g w i r d aber i m Interesse d e r K r i e g s z i e l e a u f d i e Z e i t n a c h K r i e g s e n d e hinausgeschoben. Diese U m s t e l l u n g i m O r d n u n g s g e f ü g e d e r W i r t schaft g a l t f ü r D e u t s c h l a n d i n b e s o n d e r e m Maße. B e r e i t s i n d e n J a h r e n v o r A u s b r u c h des z w e i t e n W e l t k r i e g e s w a r m a n n i c h t gerade k l e i n l i c h m i t G e l d v e r m e h r u n g u n d K r e d i t a u s w e i t u n g gewesen. B e r e i t s E n d e 1936 sah m a n sich v o r die F r a g e ges t e l l t , ob m a n s t e i g e n d e Preise i n K a u f n e h m e n w o l l t e , oder ob das T e m p o d e r Staatsausgaben a b g e b r e m s t w e r d e n sollte. M a n entschied sich f ü r d e n „ t o t a l e n P r e i s s t o p p " u n d l e g t e d a m i t die G r u n d l a g e z u j e n e m G e l d ü b e r h a n g , d e r sich i m L a u f e der K r i e g s j a h r e g e w a l t i g e r h ö h t e u n d d e n es i n d e m s c h m e r z h a f t e n Prozeß d e r W ä h r u n g s r e f o r m w i e d e r zu beseitigen galt. D a d i e F i n a n z i e r u n g der R ü s t u n g s - u n d K r i e g s ausgaben n u r t e i l w e i s e aus S t e u e r m i t t e l n , d a r ü b e r h i n a u s aber d u r c h K r e d i t geschah, s c h w o l l d i e G e samtreichsschuld, die 1933 r u n d 12 M r d . R M b e t r u g ,

bis z u m J a h r e 1938 a u f e t w a 30 M r d . R M u n d bis K r i e g s e n d e a u f d i e H ö h e v o n fast 400 M r d . R M an. A l s u n v e r m e i d l i c h e F o l g e s t i e g die G e l d m e n g e gewaltig. Die großzügig gewährten Löhne, Prämien, Soldzahlungen u n d Rentengewährungen standen i n k e i n e m V e r h ä l t n i s z u d e n f ü r Verbrauchszwecke zur V e r f ü g u n g stehenden M i t t e l n . Die privaten E i n k o m m e n w u c h s e n rascher als die m e h r u n d m e h r z u r ü c k g e h e n d e K o n s u m g ü t e r - P r o d u k t i o n ; da d e r V e r b r a u c h k o n t i n g e n t i e r t w e r d e n m u ß t e , ergab sich als Folge, daß die S p a r g u t h a b e n v o n 15 M r d . R M i m J a h r e 1936 a u f 80 M r d . R M i m J a h r e 1944 anwuchsen. Das G e l d v e r l o r i n d e n W i r r e n der e r s t e n Nachk r i e g s z e i t i m m e r m e h r a n K a u f k r a f t u n d w u r d e als S t e u e r u n g s i n s t r u m e n t noch bedeutungsloser. I n den F a b r i k e n e r f o l g t e die E n t l o h n u n g z. T . i n M a t e r i a lien u n d die „Stange" amerikanischer Zigaretten e r h i e l t als R e c h n u n g s e i n h e i t d e n V o r r a n g v o r der R e i c h s m a r k . N e b e n d e n Bezugsscheinen, die a l l e i n d e n Z u t r i t t z u d e n G ü t e r n eröffneten, t r u g das G e l d n u r noch nebengeordneten Charakter. I m Z u g e der p o l i t i s c h e n N e u o r d n u n g , m i t der die Zielsetzung des e h e m a l i g e n Morgenthau-Plans i h r e n A b s c h l u ß f a n d , w u r d e eine R e g e l u n g des i n z w i s c h e n z u m Chaos g e w o r d e n e n Geldwesens u n erläßlich. D i e Besatzungsmächte b e f a ß t e n sich ab 1947 m i t d e m G e d a n k e n e i n e r W ä h r u n g s r e f o r m u n d t r a f e n h i e r f ü r entsprechende V o r b e r e i t u n g e n . Z u nächst w u r d e n L a n d e s z e n t r a l b a n k e n g e g r ü n d e t u n d als z e n t r a l e N o t e n b a n k d i e B a n k deutscher L ä n d e r ( B d L ) a m 1. 3.1948 ins L e b e n gerufen. D a m i t w a r e n die e r s t e n o r g a n i s a t o r i s c h e n V o r b e d i n g u n g e n f ü r eine W ä h r u n g s r e f o r m geschaffen. A l s schwierigstes P r o b l e m e r w i e s sich n u n die B e s t i m m u n g der f ü r die westdeutsche V o l k s w i r t schaft n o t w e n d i g e n G e l d m e n g e u n d d a m i t die W a h l e i n e r entsprechenden Z u s a m m e n l e g u n g s q u o t e . E i n e Orientierung am Preisniveau w a r unmöglich und

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I I . Drei Etappen währungspolitischer A k t i v i t ä t so entschloß m a n sich z u e i n e m s c h r i t t w e i s e n V o r gehen i n d e r A r t , daß d e r g r u n d s ä t z l i c h e U m w e r tungsschlüssel 10 v H b e t r a g e n solle, jedoch s o l l t e der sich daraus ergebende B e t r a g n i c h t s o f o r t v o l l v e r f ü g b a r sein. D i e H ä l f t e d e r sich e r g e b e n d e n A n sprüche s o l l t e zunächst a u f e i n F e s t k o n t o geschrieben werden. A m 21. J u n i 1948 v e r l o r d i e R e i c h s m a r k i h r e G ü l t i g k e i t als gesetzliches Z a h l u n g s m i t t e l u n d d i e „Deutsche M a r k " w u r d e i n K r a f t gesetzt. J e d e r B e w o h n e r der B u n d e s r e p u b l i k b e k a m a m 20. J u n i 40 D M „ K o p f b e t r a g " ; G e w e r b e t r e i b e n d e , A n g e hörige freier Berufe u n d juristische Personen erhielten einen sogenannten „Geschäftsbetrag" v o n 60 D M j e A r b e i t n e h m e r , u m ü b e r h a u p t z u Z a h l u n gen i n der L a g e z u sein. A u f diese W e i s e w a r e n i n S t ü c k g e l d i n n e r h a l b der ersten T a g e n a c h d e r W ä h r u n g s r e f o r m m e h r als 2 M r d . D M u n t e r d i e B e v ö l k e r u n g v e r t e i l t w o r den. Es w a r d a b e i offensichtlich, daß m i t der M ö g l i c h k e i t , h i e r f ü r G ü t e r z u k a u f e n , die B e u r t e i l u n g des n e u e n Geldes s t a n d u n d fiel. D i e deutsche M a r k h i e l t d e m e r s t e n K a u f k r a f t s t o ß stand, da d i e A u s s t a t t u n g d e r F i r m e n m i t d e n e r w ä h n t e n Geschäftsbeträgen recht g e r i n g w a r u n d infolgedessen e i n s t a r k e r W u n s c h bestand, sich durch V e r k a u f vorhandener W a r e n liquide M i t t e l z u verschaffen. D i e s e r D r u c k a u f d i e V e r k ä u f e r f ü h r t e sogar dazu, daß i n d e n ersten W o c h e n n a c h d e r R e f o r m d i e m e i s t f r e i g e g e b e n e n Preise g e w e r b licher V e r b r a u c h s g ü t e r z u m T e i l s a n k e n . Diese Phase w a r a l l e r d i n g s sehr k u r z u n d m a c h t e e i n e m raschen P r e i s a n s t i e g v o r a l l e m i n d u s t r i e l l e r V e r b r a u c h s g ü t e r P l a t z . E r t r u g d a z u bei, daß d i e

B e s a t z u n g s b e h ö r d e n die K ü r z u n g d e r F e s t k o n t e n u m 70 v H a n o r d n e t e n , w e n n g l e i c h auch a u ß e r ökonomische E r w ä g u n g e n v o r a l l e m d e r f r a n z ö s i schen B e s a t z u n g s m a c h t m i t g e s p i e l t h a b e n mögen. D e r e n d g ü l t i g e U m r e c h n u n g s s c h l ü s s e l f ü r Reichsm a r k i n Deutsche M a r k w a r 6,5 v H , w ä h r e n d er f ü r V e r b i n d l i c h k e i t e n a l l g e m e i n 10 v H b e t r u g . D i e Z u s a m m e n l e g u n g w a r also sehr scharf, dies u m so m e h r , da S p a r g u t h a b e n ebenso w i e G e l d b e h a n d e l t w u r d e n : eine H ä r t e , d i e d e r S p a r t ä t i g k e i t e i n e n s c h w e r e n S c h l a g versetzte. Betrachtet m a n die R M / D M - U m w a n d l u n g i m B i l d d e r S t a t i s t i k , so zeigt sich folgendes E r g e b n i s : R M / D M - U m w a n d l u n g u n d Erstausstattungen S t a n d D e z e m b e r 1948 in Mill. D M

¡

L ä n d e r u. G e m e i n d e n . Besatzungsmächte . . B a h n , Post

2 348 772 315

U m w a n d l u n g und K o p f - b z w . Geschäftsbeträge j N u r Erstausstat> tung, da keine J Umwandlung

12 853 Die Erstausstattung der öffentlichen H a n d w a r ohne Z w e i f e l r e l a t i v reichlich. V o n d e n 9,4 M r d . D M , die W i r t s c h a f t u n d P r i v a t e i m R a h m e n v o n U m w a n d l u n g s o w i e v o n K o p f - u n d Geschäftsbeträgen erhielten, d ü r f t e der größte T e i l auf Einzelpersonen e n t f a l l e n sein, d e r Rest a u f F i r m e n u s w . D a r a u s w i r d ersichtlich, daß das G e l d v o l u m e n i n d e r e r s t e n Phase n a c h d e r W ä h r u n g s r e f o r m v o m „Konsumenten" her aufgebaut wurde.

I I . Drei Etappen währungspolitischer Aktivität I m S p ä t h e r b s t 1948 w a r d i e gesetzliche G e l d schöpfung w e i t g e h e n d beendet. D i e w e i t e r e E n t w i c k l u n g a u f d e m G e l d s e k t o r g i n g deshalb i m w e s e n t l i c h e n i n die V e r a n t w o r t u n g des Z e n t r a l b a n k r a t e s u n d d e r B a n k deutscher L ä n d e r ü b e r , die sich d a n n auch z u i h r e n ersten g e l d p o l i t i s c h e n M a ß n a h m e n entschlossen. D i e erste Restriktion D e r G r u n d f ü r d i e e r s t e n E i n g r i f f e , die r e s t r i k tiver N a t u r waren, lag i n der damaligen inflationistischen W i r t s c h a f t s e n t w i c k l u n g . D i e Preise h a t t e n z u s t e i g e n begonnen, da d i e P r o d u k t i o n n i c h t so schnell a u s g e w e i t e t w e r d e n k o n n t e , w i e die h o h e i t l i c h e G e l d s c h ö p f u n g N a c h f r a g e nach W a r e n p r o d u z i e r t e . Das G e l d l i e f rasch u m , u n d m a n b e gann, v o n der N o t w e n d i g k e i t e i n e r N a c h r e f o r m z u sprechen. I n dieser S i t u a t i o n g r i f f d e r Z e n t r a l b a n k r a t ein, i n d e m eine v e r s c h ä r f t e Wechselauslese angeordnet w u r d e u n d die meisten Bankakzepte nicht mehr rediskontiert w e r d e n durften. Außerd e m l e g t e der Z e n t r a l b a n k r a t d e n Geschäftsbanken nahe, i h r e K u n d s c h a f t s k r e d i t e n u r noch i n v o l k s wirtschaftlich dringenden Fällen über den Stand v o n E n d e O k t o b e r auszudehnen. Z u s ä t z l i c h w u r d e e i n f ü r D e u t s c h l a n d i n der A n w e n d u n g neues k r e d i t p o l i t i s c h e s I n s t r u m e n t be2*

n u t z t : d i e M i n d e s t r e s e r v e n p o l i t i k , die bis d a h i n hauptsächlich i n den Vereinigten Staaten gehandh a b t w u r d e . I h r e M e t h o d e besteht d a r i n , daß die B a n k e n i n einem gewissen Verhältnis zu den bei i h n e n u n t e r h a l t e n e n E i n l a g e n der K u n d s c h a f t G u t h a b e n b e i d e n Z e n t r a l b a n k e n h a b e n müssen. W i r d diese Q u o t e e r h ö h t , d a n n müssen d i e B a n k e n sich Z e n t r a l b a n k g e l d beschaffen, i n d e m sie z. B . W e c h sel z u m R e d i s k o n t geben, ohne ü b e r das d a f ü r e r h a l t e n e G e l d v e r f ü g e n z u k ö n n e n . Sie s i n d d a n n i l l i q u i d e r g e w o r d e n . V o n diesem M i t t e l w u r d e A n f a n g D e z e m b e r e r s t m a l i g G e b r a u c h gemacht. D i e Reservesätze w u r d e n f ü r S i c h t e i n l a g e n v o n 10 a u f 15 v H e r h ö h t . F r a g t m a n sich n a c h d e r W i r k u n g der e r g r i f f e n e n M a ß n a h m e n , so m u ß m a n feststellen, daß k e i n völliger S t i l l s t a n d der k u r z f r i s t i g e n K r e d i t g e w ä h r u n g d e r Geschäftsbanken a n d i e W i r t s c h a f t e r r e i c h t w u r d e , daß a b e r e i n e V e r l a n g s a m u n g des A u s d e h n u n g s t e m p o s e i n t r a t . W ä h r e n d diese K r e d i t e i m O k t o b e r u n d N o v e m b e r 1948 noch u m j e w e i l s 500 M i l l . D M z u g e n o m m e n h a t t e n , b e t r u g d e r Z u wachs i m D e z e m b e r n u r m e h r 350 M i l l . D M u n d i m J a n u a r , F e b r u a r u n d M ä r z 1949 n u r m e h r j e w e i l s 280 M i l l . D M . A b e r abgesehen v o n d e r r e i n z a h l e n m ä ß i g e n W i r k u n g i s t eine K r e d i t b e s c h r ä n k u n g d e r N o t e n -

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Die monetäre Seite des Wiederaufbaus

Diskontsätze w i c h t i g e r Ivtdu*fri4*faafcn

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IFO-INSTITUT für WirftchoRtforichung MSnchan

b a n k i m m e r e i n W a r n u n g s s i g n a l f ü r die W i r t s c h a f t . D i e N o t e n b a n k h a t t e gezeigt, daß sie i h r e A u f g a b e als „ H ü t e r i n der W ä h r u n g " ernst n a h m , w a s b e i einer Bevölkerung, die i n n e r h a l b einer Generation z w e i m a l den größten T e i l i h r e r Ersparnisse verloren hatte, v o n besonderem Gewicht war. D i e I n f l a t i o n i e r u n g i m H e r b s t 1948 s t e l l t e sich b a l d als e i n P h ä n o m e n heraus, das a u f t r a t , als hoheitliche u n d bankmäßige Geldschöpfung zusamm e n t r a f e n . A l s d i e erste z u m S t i l l s t a n d k a m , b r a u c h t e d i e a n d e r e n i c h t m e h r besonders z u r ü c k g e h a l t e n w e r d e n . E i n e große H i l f e w a r es h i e r a l l e r d i n g s auch, daß die ö f f e n t l i c h e n H a u s h a l t e bereits i m 4. V i e r t e l j a h r 1948 k e i n e D e f i z i t e m e h r a u f w i e s e n u n d daß W e s t d e u t s c h l a n d d a m a l s noch kein Devisenproblem kannte. Erleichterte Kreditbedingungen u n d Arbeitsbeschaffungsprogramm V o n d e r J a h r e s w e n d e 1948/49 a n e n t s t a n d e i n P r e i s k l i m a , das z w a r k e i n e n deflationistischen S c h r u m p f u n g s p r o z e ß auslöste, aber doch z u P r e i s s e n k u n g e n f ü h r t e , so daß eine r e s t r i k t i v e K r e d i t p o l i t i k n i c h t m e h r a m P l a t z e schien. D e r Z e n t r a l b a n k r a t h o b i m M ä r z 1949 die B e s c h r ä n k u n g e n des K r e d i t v o l u m e n s a u f u n d l o c k e r t e die E i n g r i f f e i n die L i q u i d i t ä t d e r B a n k e n . E r b l i e b aber n i c h t d a b e i stehen, k o n t r a k t i v w i r k e n d e K r ä f t e z u v e r r i n g e r n ; auch d e r D i s k o n t s a t z w u r d e gesenkt. G u t e i n J a h r nach d e r W ä h r u n g s r e f o r m b e t r u g er 4 % . D a die G e l d m a r k t z i n s e n m i t d e m D i s k o n t s a t z i n Wechselw i r k u n g s t e i g e n u n d f a l l e n , v e r b i l l i g t e sich e n t sprechend d e r k u r z f r i s t i g e K r e d i t . So w i c h t i g aber auch i m m e r die k u r z f r i s t i g e K r e d i t g e w ä h r u n g f ü r d i e G e l d v e r s o r g u n g s e i n mag, so ist sie doch n u r e i n e i h r e r Q u e l l e n . A n d e r e A r t e n der G e l d e n t s t e h u n g s i n d z. B . Überschüsse der D e v i s e n b i l a n z oder A u s z a h l u n g s s a l d e n a u f d e n G e g e n w e r t k o n t e n , die i m Z u s a m m e n h a n g m i t der E i n f u h r v o n W a r e n i m R a h m e n der M a r s h a l l - P l a n H i l f e entstanden. Diese F a k t o r e n s i n d ü b e r die G e l d p o l i t i k w e n i g e r z u beeinflussen. Das gleiche g i l t f ü r d i e G e l d s t i l l e g u n g , z. B . d u r c h E r h ö h u n g v o n Kassenreserven. D e r a r t i g e M o m e n t e b e e i n flussen aber i h r e r s e i t s d i e G e l d v e r s o r g u n g , so daß aus der N a c h f r a g e nach k u r z f r i s t i g e m B a n k k r e d i t

a l l e i n k e i n Schluß a u f das W i r t s c h a f t s k l i m a gezogen w e r d e n k a n n . So i s t d i e W i r k u n g d e r s t ä n d i g s t e i g e n d e n k u r z f r i s t i g e n K r e d i t g e w ä h r u n g a u f die G e l d m e n g e v o n M i t t e 1949 a n d a d u r c h e r h e b l i c h e i n g e s c h r ä n k t w o r den, daß sich die Devisenüberschüsse i n Defizite v e r w a n d e l t e n . D i e s w a r eine v o r ü b e r g e h e n d e Folge d e r D M - A b w e r t u n g gegenüber d e m D o l l a r u m 20,6 v H a m 19. S e p t e m b e r u n d d e r i m F r ü h h e r b s t einsetzenden, d i e westdeutsche H a n d e l s b i l a n z z u nächst b e l a s t e n d e n L i b e r a l i s i e r u n g . A u c h die E i n z a h l u n g e n a u f die G e g e n w e r t k o n t e n l e g t e n G e l d s t i l l , da d i e A u s z a h l u n g e n f ü r I n v e s t i t i o n s z w e c k e noch g e r i n g w a r e n . V e r g l e i c h t m a n n u n die G e l d m e n g e , die sich aus d e r G e s a m t h e i t der a u f sie w i r k e n d e n F a k t o r e n ergab, m i t d e n G e s a m t u m s ä t z e n , so zeigten sich i m L a u f e des Jahres 1949 k e i n e w e s e n t l i c h e n V e r ä n d e r u n g e n des V e r h ä l t n i s s e s . D i e U m l a u f g e s c h w i n d i g k e i t des Geldes b l i e b z i e m l i c h k o n s t a n t , was nichts anderes sagen w i l l , als daß die Kassenreserv e n a m E n d e des J a h r e s r e l a t i v gleich groß w a r e n w i e an seinem Beginn. D i e a l l g e m e i n e W i r t s c h a f t s l a g e h a t t e sich aber i n d e n ersten M o n a t e n des Jahres 1950 s i c h t b a r v e r schlechtert, so daß d i e Z a h l der A r b e i t s l o s e n die Z w e i m i l l i o n e n g r e n z e erreichte. A u s diesem G r u n d e s t i m m t e der Z e n t r a l b a n k r a t A n f a n g M ä r z der F i n a n z i e r u n g eines Arbeitsbeschaffungs- u n d W o h n b a u p r o g r a m m s zu, das die R e g i e r u n g soeben beschlossen h a t t e . Das W e s e n dieser F i n a n z i e r u n g s a k t i o n b e s t a n d d a r i n , A k t i v a der B a n k e n , w i e Wechsel u n d A u s g l e i c h s f o r d e r u n g e n 1 , f e r n e r Gegenw e r t m i t t e l , d i e erst i n s p ä t e r e r Z e i t freigegeben w e r d e n s o l l t e n , f ü r die I n v e s t i t i o n s f i n a n z i e r u n g v e r w e n d b a r z u machen. Z u s ä t z l i c h w u r d e geplant, M ü n z g e w i n n e d e r R e g i e r u n g z u bevorschussen. I n s gesamt h ä t t e so eine G e l d s c h ö p f u n g bis z u e t w a 1,5 M r d . D M zustande k o m m e n k ö n n e n . D i e R ü c k z a h l u n g d e r tatsächlich i n A n s p r u c h g e n o m m e n e n N o t e n b a n k k r e d i t e m u ß t e aus der s p ä t e r e n G e l d k a p i t a l b i l d u n g erfolgen. Dieses P r o g r a m m ist jedoch n i e v o l l z u r D u r c h f ü h r u n g g e l a n g t , da i m B e g i n n seiner A b w i c k l u n g d i e K o r e a - K r i s e ausbrach, die d a n n die G e l d p o l i t i k v o r d i e s c h w i e r i g e A u f g a b e stellte, einer neuen Inflationswelle und massiven Devisenabflüssen gleichzeitig entgegenzuwirken. B e k ä m p f u n g der Koreahausse N a c h A u s b r u c h des K o r e a k o n f l i k t e s t r a t e i n geldp o l i t i s c h interessantes P h ä n o m e n i n Erscheinung. D i e N a c h f r a g e u n d die U m s ä t z e s c h w o l l e n an, w ä h r e n d sich die G e l d m e n g e v i e l l a n g s a m e r u n d v o m H e r b s t a n n u r noch u n e r h e b l i c h erhöhte. D i e K a u f p s y c h o s e w ä h r e n d des K o r e a b o o m s bediente sich b r a c h l i e g e n d e r G e l d m i t t e l , die d a n n i n rascher Z i r k u l a t i o n b l i e b e n . Sie h a t t e n sich i n der F l a u t e des 1. H a l b j a h r e s 1950 m e r k l i c h e r h ö h t . D i e A n g s t käufe w u r d e n hauptsächlich m i t Bargeld finanziert, w ä h r e n d B a n k g u t h a b e n o f f e n b a r n i c h t i n gleichem M a ß e eingesetzt w e r d e n k o n n t e n . 1 A u s g l e i c h s f o r d e r u n g e n w u r d e n d e n B a n k e n als E r s a t z f ü r d u r c h d i e W ä h r u n g s r e f o r m w e r t l o s g e w o r d e n e A k t i v a , z. B . R e i c h s a n l e i h e n , gegeben. Sie s i n d e i n e S c h u l d v e r p f l i c h t u n g d e r Länder.

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I I I . Wiederaufbau i m Zeichen fehlender K a p i t a l m a r k t m i t t e l D e r K r e d i t p o l i t i k m u ß t e es i n dieser S i t u a t i o n besonders d a r a u f a n k o m m e n , d i e N a c h f r a g e n i c h t auch noch d u r c h reichliche K r e d i t g e w ä h r u n g d e r B a n k e n größer w e r d e n z u lassen, d e n n d i e i n d u strielle Produktion w a r durch Kohle- u n d Stahlengpässe bereits unelastischer g e w o r d e n . A u ß e r d e m reichten die D e v i s e n e i n g ä n g e t r o t z s t e i g e n d e r A u s f u h r n i c h t m e h r dazu aus, die s t a r k z u n e h m e n d e n D e v i s e n v e r p f l i c h t u n g e n abzudecken. D e r E i n f u h r s o g ließ sich selbst d a d u r c h n i c h t v e r s t o p f e n , daß B a r depots h i n t e r l e g t w e r d e n m u ß t e n , w e n n E i n f u h r lizenzen i n A n s p r u c h g e n o m m e n w e r d e n w o l l t e n . A b e r auch die ü b l i c h e n k o n t r a k t i v e n M a ß n a h m e n der W ä h r u n g s p o l i t i k , n ä m l i c h d i e E r h ö h u n g der Mindestreservesätze u n d d i e s m a l auch des D i s k o n t satzes s o w i e d i e B e g r e n z u n g des A k z e p t - R e d i s k o n t s , hatten keinen genügenden Erfolg. Der Zentralb a n k r a t f o r d e r t e deshalb M i t t e N o v e m b e r 1950 die L a n d e s z e n t r a l b a n k e n auf, i h r e d e n Geschäftsbank e n g e w ä h r t e n k u r z f r i s t i g e n K r e d i t e u m 10 v H z u senken. D i e D e v i s e n b i l a n z w a r aber dennoch n i c h t z u „ r e t t e n " u n d die deutsche A b r e c h n u n g i n d e r E Z U verschlechterte sich w e i t e r h i n . Es w u r d e noch e i n S o n d e r k r e d i t b e a n t r a g t , d e r auch g e w ä h r t w u r d e , aber auch er schmolz rasch d a h i n . A u s diesem G r u n d e m u ß t e n i m F e b r u a r 1951 d i e L i b e r a l i s i e r u n g s u s p e n d i e r t u n d die E i n f u h r a u s s c h r e i b u n g e n eingeschränkt w e r d e n . V o n d e r B e f ü r c h t u n g g e t r a gen, die i n f l a t i o n i s t i s c h e n K r ä f t e w ü r d e n i n f o l g e des A u s f a l l s v o n I m p o r t e n z u n e h m e n , w u r d e d e n Geschäftsbanken nahegelegt, i h r e kurzfristigen Wirtschaftskredite innerhalb von 3 Monaten u m 1 M r d . D M z u r ü c k z u f ü h r e n . D a b e i s o l l t e aber die F i n a n z i e r u n g des E x p o r t s u n d d e r E r n t e n i c h t b e hindert werden. Das vorgesehene Z i e l k o n n t e d a n n auch m i t e i n i ger V e r s p ä t u n g e r r e i c h t w e r d e n . E n d e M a i w a r e n d i e r ü c k f ü h r u n g s p f l i c h t i g e n K r e d i t e u m 840 M i l l . D M g e k ü r z t . D a sich m i t t l e r w e i l e d i e K o r e a h a u s s e gebrochen h a t t e , w a r e n w e i t e r e r e s t r i k t i v e M a l i nahmen nicht mehr erforderlich. Seitdem ist die W ä h r u n g s p o l i t i k v o r Probleme schwerwiegender A r t nicht m e h r gestellt worden.

I m L a u f e der Zeit w u r d e n die Restriktionsmaßnahm e n S c h r i t t f ü r S c h r i t t r ü c k g ä n g i g gemacht. E n d e M a i 1952 w u r d e n d i e h o h e n K o s t e n f ü r k u r z f r i s t i g e n K r e d i t d u r c h eine H e r a b s e t z u n g des D i s k o n t s a t z e s a u f 5 °/o v e r b i l l i g t . S e i t A n f a n g J a n u a r dieses J a h res l i e g t er m i t 4 % w i e d e r a u f d e m V o r k o r e a s t a n d . Dies g i l t auch f ü r die S o l l - u n d H a b e n z i n s e n des G e l d m a r k t e s . D i e S p a r e i n l a g e n v e r z i n s e n sich u m V2°/o, b e i e i n e r K ü n d i g u n g s f r i s t v o n e i n e m J a h r u n d l ä n g e r u m V4°/o h ö h e r als damals. W e n n m a n nach d i e s e m k u r z e n R ü c k b l i c k a u f die E n t w i c k l u n g der letzten 5 Jahre die Frage a u f w i r f t , ob d i e D M s t a b i l g e b l i e b e n ist, so m u ß m a n sie w o h l eindeutig m i t ja beantworten, wenngleich zwischenzeitlich nicht unerhebliche Preisschwank u n g e n e i n g e t r e t e n s i n d . I m g a n z e n gesehen, h a t sie aber s o w o h l d e n A n s t u r m d e r K o p f b e t r ä g e , die A b w e r t u n g s w e l l e der w e s t l i c h e n W ä h r u n g e n i m H e r b s t 1949 als auch d e n K o r e a b o o m u n d dessen Folgen gut überstanden. D i e s sei a n e i n e m k l e i n e n — w e n n auch e t w a s f i k t i v e n — B e i s p i e l gezeigt. J e m a n d , d e r sich a m 20. J u n i 1948 entschlossen h ä t t e , s e i n e n K o p f b e t r a g v o n 40 M a r k a u f z u b e w a h r e n , w ü r d e , w e n n er i h n h e u t e f ü r seine L e b e n s h a l t u n g v e r w e n d e t , z w a r e i n Z e h n t e l w e n i g e r d a f ü r k a u f e n k ö n n e n ; es f r a g t sich aber sehr, ob m a n n i c h t g e r e c h t e r w e i s e die statistisch n i c h t e r f a ß b a r e Q u a l i t ä t s v e r b e s s e r u n g h e u t i g e r W a r e n g e g e n ü b e r solchen i m J u n i 1948 m i t m e h r als 10 v H b e w e r t e n m ü ß t e . A u c h a u ß e n w i r t s c h a f t l i c h gesehen h a t d i e D e u t sche M a r k d i e l e t z t e n 5 J a h r e g u t ü b e r s t a n d e n . Sie ist i m L a u f e d e r Z e i t fast eine „ h a r t e " W ä h r u n g g e w o r d e n . Dies g e h t auch aus d e r K u r s e n t w i c k l u n g der D M i n Z ü r i c h hervor. D M - Kurse in Zürich sfrs j e 100 D M Kurse

20.8.48

31.12.48 | 31.12.49 31.12.50 31.12.51

31,12.52

Freier Banknotenkurs

27,-

22,50

74.50

77,75

85,—

91,25

Offizielle Parität . . .

129,30

129,15

104,12

104,12

104,12

104,12

I I I . Wiederaufbau i m Zeichen fehlender Kapitalmarktmittel E i n R ü c k b l i c k ü b e r das G e l d w e s e n d e r B u n d e s republik w ä r e unvollständig, w e n n er an dem i m m e r w i e d e r z i t i e r t e n u n d bis h e u t e n i c h t gelösten P r o b l e m der G e l d k a p i t a l b i l d u n g v o r b e i g i n g e . Es s o l l e n deshalb n u n die e i n z e l n e n A r t e n der S p a r t ä t i g k e i t d a r g e s t e l l t w e r d e n , w o b e i v e r s u c h t w e r d e n soll, die K a p i t a l b i l d u n g der b r e i t e n V o l k s s c h i c h t e n u n d die i m U n t e r n e h m e r b e r e i c h e i n i g e r m a ß e n z u t r e n n e n . Das Sparen der breiten Volksschichten Der Blick fällt dabei auf den — sieht m a n v o n d e n e r s t e n M o n a t e n n a c h d e r R e f o r m ab — ü b e r Erwarten großen Konsumverzicht der breiten V o l k s s c h i c h t e n i n d e n l e t z t e n J a h r e n , d e n d e r Gesetzgeber a l l e r d i n g s auch d u r c h s t e u e r l i c h e M a ß n a h m e n z u s t ä r k e n versuchte. E r f ü h r t e w e i t -

gehende S t e u e r v e r g ü n s t i g u n g e n f ü r sogenannte K a p i t a l a n s a m m l u n g s v e r t r ä g e ein, d i e b e i m K o n t e n sparen u n d Ersterwerb bestimmter festverzinslicher W e r t p a p i e r e , z. B . v o n P f a n d b r i e f e n , i n A n s p r u c h genommen w e r d e n können, falls der Sparer sein G e l d d r e i J a h r e l a n g festlegt. O b w o h l v o n diesen V e r g ü n s t i g u n g e n erst seit e i n i g e r Z e i t n e n n e n s w e r t G e b r a u c h gemacht w i r d , h a t d i e S p a r t ä t i g k e i t schon A n f a n g 1949 w i e d e r eingesetzt u n d bis z u m A u s b r u c h des K o r e a k r i e g e s k r ä f t i g zugenommen. A l l e i n auf den Sparkonten, bei Bausparkassen u n d L e b e n s v e r s i c h e r u n g e n k a m e n S p a r kapitalbeträge zusammen, die i m ersten H a l b j a h r 1950 r e i c h l i c h 6 v H d e r N e t t o m a s s e n e i n k o m m e n ausmachten. Diese E r s p a r n i s s s t a m m t e z u m g r ö ß t e n T e i l aus d e n E i n k o m m e n v o n N i c h t u n t e r n e h m e r n u n d m u ß h ö h e r b e w e r t e t w e r d e n als die

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Die monetäre Seite des Wiederaufbaus

S p a r q u o t e , die z w e i J a h r e nach d e r G e l d w e r t s t a b i l i s i e r u n g v o n 1923 e r r e i c h t w a r , auch w e n n sie d a m a l s g r ö ß e r gewesen s e i n sollte. N a c h d e m ersten W e l t k r i e g w a r die Sparfähigkeit nämlich längst n i c h t so h e r a b g e d r ü c k t w i e nach d e m z w e i t e n . D i e ser b r a c h t e e i n e n v i e l g r ö ß e r e n N a c h h o l b e d a r f m i t sich. H i n z u k a m e n d e r r i g o r o s e K a p i t a l s c h n i t t , die N i v e l l i e r u n g d e r E i n k o m m e n u n d die v i e l f a c h e r heblichen Unterstützungen verarmter Angehöriger. Schließlich w i r d h e u t e w a h r s c h e i n l i c h auch noch m i t b e d e u t e n d e n E i n k o m m e n s t e i l e n i n F o r m der Baukostenzuschüsse gespart. M a n w i r d sich deshalb n i c h t z u w u n d e r n brauchen, w e n n die M a s s e n e i n k o m m e n n i c h t auch n o c h z u r U n t e r b r i n g u n g v o n Wertpapieremissionen beigetragen haben. Dies w i r d auch aus d e r G r ö ß e n g l i e d e r u n g d e r S p a r k o n t e n e r k l ä r l i c h . E n d e 1951 s t a n d e n fast z w e i F ü n f t e l der gesamten Spareinlagen auf K o n t e n , v o n denen k e i n e s 1000 D M groß w a r . E i n w e i t e r e s V i e r t e l fiel a u f E i n l a g e n z w i s c h e n 1000 D M u n d 3000 D M . N u r 1 v H der K o n t e n i n h a b e r v e r f ü g t e ü b e r größere G u t h a b e n . H i e r a u s w i r d ersichtlich, w i e w e n i g K o n t e n s p a r e r i h r e r K a p i t a l k r a f t nach b i s h e r f ü r den W e r t p a p i e r k a u f i n Frage kamen. D i e S p a r k a p i t a l b i l d u n g aus L ö h n e n u n d G e h ä l t e r n hatte w ä h r e n d der A n g s t k ä u f e nach Ausbruch des K o r e a k r i e g e s e r k l ä r l i c h e r w e i s e s t a r k nachgelassen. D e r R ü c k g a n g e r s t r e c k t e sich aber fast n u r a u f das K o n t e n s p a r e n u n d machte sich auch h i e r b e i e r s t a u n l i c h e r w e i s e fast n u r d u r c h e i n e n R ü c k g a n g der E i n z a h l u n g e n u n d k a u m d u r c h e r h ö h t e A u s z a h l u n g e n b e m e r k b a r . N a c h d e m i m ersten V i e r t e l j a h r 1951 g e r i n g f ü g i g Auszahlungsüberschüsse e n t s t a n d e n w a r e n , setzte w i e d e r e i n e G e g e n b e w e g u n g ein, d i e v o n M i t t e 1952 a n so k r ä f t i g w u r d e , daß der p r o - K o p f - V e r g l e i c h m i t d e r V o r k r i e g s z e i t sich g e r a d e z u a u f d r ä n g t . Je E i n w o h n e r w u r d e n z. B. i m J a h r e 1952 50 D M gespart, was d e m gleichen E i n k o m m e n s t e i l e n t s p r i c h t , w i e i h n die S p a r t ä t i g k e i t i m J a h r e 1938 a u f w i e s .

n u n g s b a u u n d d e m S c h i f f b a u g e w ä h r t e n unverzinslichen Darlehen. Ü b e r i h r e Größe l i e g e n l e d i g l i c h Schätzungen vor. Die 7 c-Gelder sollen i m Jahre 1952 e t w a 1 M r d . D M , die 7 d - G e l d e r 300 M i l l . D M b e t r a g e n haben. A u c h die l a n g f r i s t i g e n T e r m i n depositen d e r B a n k e n sind, m i t gewissen V o r b e h a l ten, z u r G e l d k a p i t a l b i l d u n g der U n t e r n e h m e r zu rechnen. Schließlich ist a u f die Investitionshilfemittel h i n z u w e i s e n . Sie v e r d a n k e n i h r e E n t s t e h u n g e i n e m E n t s c h l u ß d e r W i r t s c h a f t , die i m K o r e a b o o m i n d e n G r u n d s t o f f b e r e i c h e n e n t s t a n d e n e n Engpässe d u r c h M i t f i n a n z i e r u n g der d r i n g l i c h s t e n I n v e s t i t i o n e n aufzubrechen. Diese S e l b s t h i l f e a k t i o n machte eine s t a a t l i c h e U m l e n k u n g v o n G e w i n n e n u n n ö t i g , m u ß t e jedoch i h r e r w e i t r e i c h e n d e n F o l g e n w e g e n gesetzlich f u n d i e r t w e r d e n . I n s g e s a m t s o l l t e n v o m F r ü h j a h r 1952 a n i n 4 R a t e n bis A p r i l dieses Jahres 1 M r d . D M a u f g e b r a c h t w e r d e n . D a erhebliche B e t r ä g e g e s t u n d e t w u r d e n , s i n d b i s A n f a n g 1953 n u r g u t 500 M i l l . D M b e i m I n d u s t r i e k r e d i t b a n k - S o n d e r v e r m ö g e n eingegangen. D i e A u f b r i n g u n g ist i n dem Maße schwerer u n d die V e r t e i l u n g weniger d r i n g l i c h g e w o r d e n , w i e sich die G e w i n n b i l d u n g außerhalb der Grundstoffindustrie verringerte u n d die R e n t a b i l i t ä t d e r G r u n d s t o f f p r o d u k t i o n d u r c h P r e i s e r h ö h u n g e n besser w u r d e . Z u e i n e r I n v e s t i t i o n s f i n a n z i e r u n g besonderer A r t v e r h a l f d i e Auslandshilfe. D a diese E i n f u h r k e i n e unmittelbaren Devisenverpflichtungen mit sich brachte, w a r e n die v o n d e n I m p o r t e u r e n zu zahl e n d e n D M - B e t r ä g e z u r G u t s c h r i f t auf S o n d e r k o n t e n des B u n d e s v e r f ü g b a r . Ü b e r d i e B e d e u t u n g dieser B e t r ä g e , die h a u p t s ä c h l i c h f ü r I n v e s t i t i o n e n der G r u n d s t o f f i n d u s t r i e n v e r w e n d e t w u r d e n , u n t e r r i c h t e t das S c h a u b i l d . O b w o h l die k o m m e r z i e l l e A u s l a n d s h i l f e p r a k t i s c h e i n g e s t e l l t w o r d e n ist, w e r d e n aus d e m noch v o r h a n d e n e n B e s t a n d a n Gegenw e r t m i t t e l n i n diesem J a h r I n v e s t i t i o n e n finanzierb a r sein, d i e d e n V o r j a h x e s u m f a n g k a u m u n t e r schreiten dürften.

Spartätigkeit i n der Unternehmersphäre D i e E i n k o m m e n - V e r w e n d u n g der U n t e r n e h m e r h a t z u m T e i l e i n e n a n d e r e n C h a r a k t e r als die der A r b e i t e r u n d A n g e s t e l l t e n . Sie e r f o l g t o f t i n F o r m der d i r e k t e n I n v e s t i t i o n i m e i g e n e n B e t r i e b oder d u r c h finanzielle B e t e i l i g u n g . D e r W i l l e , die d u r c h K r i e g u n d K r i e g s f o l g e n zers t ö r t e n P r o d u k t i o n s a n l a g e n so rasch w i e m ö g l i c h w i e d e r a u f z u b a u e n u n d sie d a n n i n d e m M a ß e z u v e r g r ö ß e r n u n d z u verbessern, w i e B e v ö l k e r u n g s v e r m e h r u n g , A u f n a h m e k a p a z i t ä t der W e l t m ä r k t e u n d technischer F o r t s c h r i t t l o h n e n d erscheinen ließen, w a r i n W e s t d e u t s c h l a n d i n n a h e z u a l l e n U n t e r n e h m u n g e n sehr i n t e n s i v . Solange die E r folgschancen a l l e n t h a l b e n a n h i e l t e n oder auch n u r als v o r h a n d e n angesehen w u r d e n , k o n n t e eine G e l d k a p i t a l b i l d u n g aus G e w i n n e n , das h e i ß t e i n V e r z i c h t a u f d i e eigene E r s t e l l u n g v o n P r o d u k tionsanlagen, k a u m eintreten. S o w e i t i n der W i r t s c h a f t auch aus G e w i n n e n G e l d k a p i t a l g e b i l d e t w u r d e , geschah es i m w e s e n t l i c h e n i n F o r m e n , die s t e u e r l i c h b e g ü n s t i g t sind. Dies g i l t v o r a l l e m f ü r d i e — nach §§ 7 c u n d d des E i n k o m m e n s t e u e r g e s e t z e s — d e m sozialen W o h -

Investitionen au* AuiiamUhiiK'

^ERP-

untf

GAff/OA-M/'fte/.

-

I F O - I N S T I T U T für W i r t s c i i a f t s f o r s r h u n g

f/hsoVZuschüsse. München

Qß)

23

I I I . Wiederaufbau i m Zeichen fehlender K a p i t a l m a r k t m i t t e l D i e aus d e r G e l d k a p i t a l b i l d u n g fließenden I n v e s t i t i o n s m i t t e l h a b e n i m z w e i t e n H a l b j a h r 1952 so z u g e n o m m e n , daß i h r A n t e i l e r s t m a l s g r ö ß e r w a r als der der ö f f e n t l i c h e n H a u s h a l t s m i t t e l . D a b e i s i n d n u r B e t r ä g e i n der Ü b e r s i c h t v o r g e f ü h r t , die — s o w e i t e r k e n n b a r — i n dieser Z e i t w i r k l i c h v e r wendet wurden. Die Geldkapitalbildung w a r tatsächlich s o m i t noch größer. Dies g i l t u. a. f ü r d e n Wertpapierabsatz. H i e r v o n w u r d e n i m zweiten H a l b j a h r 1952 937 M i l l . D M , d a r u n t e r 751 M i l l . D M festverzinsliche, abgesetzt. I n die P o s i t i o n „ W e r t p a p i e r e " der F i n a n z i e r u n g s t a b e l l e w u r d e n d i e v o n der ö f f e n t l i c h e n H a n d u n d d e n V e r s i c h e r u n g e n a u f g e n o m m e n e n P f a n d b r i e f e m i s s i o n e n n i c h t aufgenommen, sondern der Investitionsfinanzierung dieser S t e l l e n zugerechnet. O b w o h l der Wertpapierabsatz nicht mehr einen so g e r i n g e n P l a t z i n n e r h a l b der G e l d k a p i t a l b i l d u n g e i n n i m m t w i e noch v o r e i n e m J a h r , ist e i n e i g e n t licher K a p i t a l m a r k t erst i n A n s ä t z e n v o r h a n d e n . Das i m D e z e m b e r erlassene „ E r s t e Gesetz z u r F ö r d e r u n g des K a p i t a l m a r k t e s " h a t b i s h e r i m w e s e n t l i c h e n n u r die U n t e r b r i n g u n g ö f f e n t l i c h e r A n l e i h e n belebt. D i e v o m B u n d aufgelegte A n l e i h e w a r M i t t e J a n u a r 1953 m i t 500 M i l l . D M v o l l abgesetzt, w o b e i das B a n k e n k o n s o r t i u m d i e v o n i h m ü b e r n o m m e n e Q u o t e (400 M i l l . D M ) z u m T e i l w e i t e r g e b e n k o n n t e . Dieser E r f o l g t r a t h a u p t s ä c h l i c h deshalb ein, w e i l das K a p i t a l m a r k t f ö r d e r u n g s g e s e t z ö f f e n t liche A n l e i h e n m i t besonderen s t e u e r l i c h e n V o r t e i l e n ausstattete. I h r e Z i n s e r t r ä g e s i n d w i e die d e r „Sozial"-Pfandbriefe u n d Kommunalobligationen steuerfrei. D i e E r t r ä g e v o n I n d u s t r i e o b l i g a t i o n e n u n t e r l i e g e n e i n e r K a p i t a l e r t r a g s t e u e r v o n 30 v H bzw. 60 v H . Was aber a m s c h w e r s t e n w i e g t , ist die D i f f a m i e r u n g der A k t i e n e m i s s i o n e n d u r c h die d e n E r t r a g belastende hohe K ö r p e r s c h a f t s t e u e r und die u n v e r ä n d e r t e B e s t e u e r u n g d e r D i v i d e n d e n . E r l e i c h t e r u n g e n s i n d auch h i e r d a d u r c h vorgesehen, daß die K ö r p e r s c h a f t s t e u e r f ü r d e n ausgeschütteten G e w i n n v o n 60 a u f 30 v H gesenkt w e r d e n soll.

Die Finanzierung der Netto-Anlageinvestitionen 1 vH

Mill. DM Finanzierungsquelle

1. ö f f e n t l . Haushaltsmittel 2. K a p i t a l m a r k t m i t t e l aus I n landsquellen .. a) aus B a n k mitteln stammende langfristige K r e dite b) K r e d i t e im R a h m e n der Investitionshilfe c) A u s l e i h u n g , bzw. Baugeldzuteilung e n d. B a u sparkassen d) W e r t p a p i e r absatz2 e) K a p i t a l a n l a g , der Lebensu n d Sachversicherungen f) K a p i t a l anlagen der Sozialversicherungen u. d. A r b e i t s losenversicherungen 3. W e i t e r g e l e i t e t e Gegenwertmitt.

1951

2 910

4 280

2 355 2 800

24,7

2 593

3 246

1 331 2 984

1214

1224

262 1 342

| II

1951

19512 I.

II.

27,9

31,2

30,8

22,0

21,1

17,7

32,8

10,3

7,9

3,5

14,7

0,5

0,3

3,2

27

289

475

368

216

236

4,0

2,4

2,9

2,6

180

324

155

482

1,6

2,1

2,1

5,5

414

568

311

360

3,5

3,7

4,1

4,0

310

685

360

275

2,6

4,5

4,8

3,0

820 •

252

296

15,0

5,3

3,3

3,2

3 938 6 080

61,7

54,3

52,2

66,8

44,81 47,8

33,2

1771 7 274

8 346

586

144

5. R e s t p o s t e n (als Saldo errechnet)

3 940

6 885

Netto-Anlageinvestitionen ..

I

80

..

1—3

1950

1950

4. V o r f i n a n z i e rung d.Zentralbanksystems

Summe

1952

4,9>

3 6121 3 02C

33,4\

0,9

11800 | 15 375 | 7 550l 9 IOC 100, oj 100,0i 100,0| 100,0

1 D i e einzelnen Finanzierungsströme sind den Stellen anger e c h n e t , b e i d e n e n sie e n t s t e h e n , u n d n i c h t j e n e n , d i e sie verteilen. Dies gilt insbesondere f ü r die öffentlichen M i t t e l , die den B a n k e n zweckgebunden zur Investitionsflnanzierung überstellt werden. 2 Z u r V e r m e i d u n g von Doppelzählungen ohne U n t e r b r i n gung bei öffentlichen H a u s h a l t e n u n d bei Versicherungen.

Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten Die beiden Weltkriege haben Probleme h i n t e r lassen, d i e v o n d e r w i r t s c h a f t e n d e n M e n s c h h e i t einen w e i t e n H o r i z o n t v e r l a n g e n . Sie e r f o r d e r n , daß ü b e r d e n n a t i o n a l e n E g o i s m u s h i n w e g das gemeinschaftliche w e l t w i r t s c h a f t l i c h e Interesse gesehen u n d i n d e n V o r d e r g r u n d g e r ü c k t w i r d . So s t a n d nach d e m Z u s a m m e n b r u c h d i e B e s e i t i g u n g des T r ü m m e r h a u f e n s M i t t e l e u r o p a u n d d e r N e u a u f b a u des europäischen H a n d e l s als eine g e w a l t i g e A u f g a b e da. D i e andere A u f g a b e w a r n i c h t m i n d e r d r i n g e n d . Es h a n d e l t e sich u m das seit d e m ersten W e l t k r i e g bereits ü b e r s t ä n d i g e P r o b l e m des Festhaltens der V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a an i h r e m E x p o r t ü b e r s c h u ß t r o t z i h r e r S t e l l u n g als G l ä u b i g e r n a t i o n der W e l t . D i e europäische A u f g a b e k o n n t e , so d a r f m a n h e u t e r ü c k b l i c k e n d feststellen, w e i t v o r a n g e t r i e b e n werden, w e i l die Vereinigten Staaten v o n A m e r i k a d u r c h das M i t t e l der D o l l a r h i l f e a u f d i e e u r o päischen L ä n d e r i m S i n n e g e m e i n s a m e r W i r t s c h a f t

e i n g e w i r k t h a b e n u n d w e i l andererseits auch b e i d e n L ä n d e r n selbst — m a n d e n k e n u r a n die M o n t a n u n i o n — e i n gewisses B e d ü r f n i s nach w i r t s c h a f t l i c h e m Z u s a m m e n s c h l u ß bestand. U n g e l ö s t dagegen i s t bis h e u t e das D o l l a r p r o b l e m geblieben, das n u r durch strukturelle weltwirtschaftliche W a n d l u n g e n i n R i c h t u n g a u f e i n D e f i z i t i n der a m e r i k a nischen L e i s t u n g s b i l a n z b e w ä l t i g t w e r d e n k ö n n t e . D i e Wiedereingliederung seit 1948 Das S t r e b e n nach g e m e i n s a m e n Z i e l e n , m a n k ö n n t e auch sagen, der A l t r u i s m u s i n d e r W i r t schaft, i s t n i c h t e i n e m o r a l i s c h e A n g e l e g e n h e i t , s o n d e r n eine Sache der w i r t s c h a f t l i c h e n V e r n u n f t . V o r d e m K r i e g e w a r das Deutsche Reich f ü r 23 europäische L ä n d e r , v o n d e n e n i n z w i s c h e n v e r schiedene i h r e p o l i t i s c h e S e l b s t ä n d i g k e i t a u f g e b e n m u ß t e n , d e r beste oder doch d e r z w e i t b e s t e H a n d e l s p a r t n e r gewesen, s o w o h l als K u n d e als auch als L i e f e r a n t . W e n n m a n nach d e m K r i e g e die a u ß e r -

Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten

24 deutschen L ä n d e r E u r o p a s w i e d e r a u f b a u e n w o l l t e , d a n n m u ß t e es h i e r n a c h n ü t z l i c h sein, d i e w i r t schaftliche P o t e n z D e u t s c h l a n d s w i e d e r h e r z u s t e l l e n . Dieser G e d a n k e v e r t r u g sich schlecht m i t d e n G e f ü h l e n , d i e d i e V ö l k e r n a c h d e m soeben erst b e e n d e t e n K r i e g e z u e i n a n d e r hegten. U n d i n d e r T a t h a t es die w i r t s c h a f t l i c h e V e r n u n f t n i c h t i m m e r l e i c h t gehabt, sich g e g e n ü b e r d e n p o l i t i s c h e n A n i m o s i t ä t e n durchzusetzen, bis i h r auch die p o l i t i s c h e V e r n u n f t mehr u n d mehr zu H i l f e kam. Die ersten Nachkriegs jähre Westdeutschlands s i n d i n e i n handelsstatistisches D u n k e l g e h ü l l t , das d u r c h die A u f z e i c h n u n g e n d e r J o i n t E x p o r t I m p o r t A g e n c y (JETA), d i e d e n w e s t d e u t s c h e n A u ß e n h a n d e l besorgte, n u r recht u n v o l l k o m m e n aufgek l ä r t w i r d . I m m e r h i n , G r ö ß e n o r d n u n g e n lassen sich aus diesen Z a h l e n , so d u b i o s sie s e i n m ö g e n , doch e r k e n n e n . I m J a h r e 1947 h a t t e danach die E i n f u h r der britischen u n d amerikanischen Zone zusammen e i n e n W e r t v o n 726 M i l l . das w a r e n fast ausschließlich N a h r u n g s m i t t e l u n d l a n d w i r t s c h a f t l i c h e P r o d u k t e . W i e g e r i n g dieses E i n f u h r v o l u m e n w a r , w i r d durch einen Vergleich m i t den westdeutschen I m p o r t e n des Jahres 1952 d e u t l i c h , die f ü n f m a l so groß w a r e n . A u s g e f ü h r t w u r d e n i m J a h r e 1947 f ü r 200 M i l l . u n d das w a r e n z u m e h r als 80 v H Kohle, Holz u n d Schrott. W i r b r a u c h e n u n s b e i diesen D a t e n n i c h t a u f z u h a l t e n . Sie s t e l l e n d a r , w a s m a n d a m a l s i n D e u t s c h l a n d A u ß e n h a n d e l n e n n e n m u ß t e , u n d sie k ö n n e n höchstens e i n S c h l a g l i c h t v o n u n s e r e r b e i n a h e h o f f n u n g s l o s e n L a g e v e r m i t t e l n . A b e r sie lassen auch d i e W e n d e , d i e i m f o l g e n d e n J a h r 1948 m i t d e m B e g i n n des M a r s h a l l - P l a n s e i n t r a t , i n e i n e m besonders g r e l l e n L i c h t erscheinen.

Westdeutscher Export In Plan « i h 4 Wtrklkhkeit

Mill %

Mill $

360

360

320 —

/

280

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160 Exportppognamm den OEEC von 19W8 l 20

80



U-0 . 1 . . 11 , i i . I . i I . IVj. 2 Vj 3 Vj.l4ivj .Vj 2Vj. 3.Vj Wj.ll Vj. ?.vj. 3.Vj1.vvj Vj 2Vj.3.Vj.lfVjivj. . 2Vj. 3Vj U-yj. 191+6 191*9 1 1950 1952 1951 M O N A T S D U R C H S C H N I T T E irO-INSTITUT für Wirtschcifisfortchung Münc-ien

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V i e r E t a p p e n i m A u f b a u des w e s t d e u t s c h e n A u ß e n h a n d e l s , d e r m i t d e r S a n i e r u n g des H a n d e l s d e r a n d e r e n europäischen L ä n d e r aufs engste v e r k n ü p f t ist, lassen sich u n t e r s c h e i d e n : 1. D i e E i n b e z i e h u n g i n d e n M a r s h a l l - P l a n u n d d i e W ä h r u n g s r e f o r m i m J a h r e 1948. 2. D i e A u f l ö s u n g d e r J E I A , die H a n d e l s a b k o m m e n der Bundesrepublik, sowie der B e g i n n der L i b e r a l i s i e r u n g s p o l i t i k i m J a h r e 1949.

3. D i e G r ü n d u n g der E u r o p ä i s c h e n Z a h l u n g s u n i o n u n d d e r A u s b r u c h des K o r e a - K o n f l i k t e s i m J a h r e 1950. 4. Das A b k l i n g e n der K o r e a - K o n j u n k t u r i n den J a h r e n 1951/52. A n d e r e Ereignisse d e r l e t z t e n J a h r e h a b e n z w a r w e n i g e r epochemachend g e w i r k t , aber i h r E i n f l u ß auf die S t e l l u n g der Bundesrepublik i m internation a l e n W i r t s c h a f t s v e r k e h r w a r d a r u m doch n i c h t von geringerem Gewicht. H i e r z u z ä h l t die A u f n a h m e d e r B u n d e s r e p u b l i k i n verschiedene i n t e r n a t i o n a l e G r e m i e n . I m J a h r e 1950 w u r d e sie i n das I n t e r n a t i o n a l e W e i z e n a b k o m m e n eingeschlossen, das i h r d e n G e n u ß des erm ä ß i g t e n V e r t r a g s p r e i s e s einbrachte. I m J a h r e 1951 e r f o l g t e nach d e r T e i l n a h m e a n der K o n f e r e n z v o n T o r q u a y i h r e A u f n a h m e i n das G e n e r a l A g r e e m e n t o n T a r i f f s a n d T r a d e ( G A T T ) , das die A u f g a b e hat, d e m A b b a u d e r Z o l l m a u e r n u n d der i n t e r n a t i o n a l e n E i n - u n d A u s f u h r b e s c h r ä n k u n g e n zu dienen. Dieses A b k o m m e n , das i m J a h r e 1947 u r s p r ü n g l i c h n u r die Z e i t s p a n n e bis z u r A u f n a h m e einer W e l t h a n d e l s c h a r t a ü b e r b r ü c k e n sollte, hat, da die C h a r t a n i c h t r a t i f i z i e r t w u r d e , größere B e d e u t u n g e r l a n g t als g e p l a n t w a r . Schließlich i s t die B u n d e s r e p u b l i k i m J a h r e 1952 M i t g l i e d der B r e t t o n Woods-Organisationen geworden (Internationaler Währungsfonds und Weltbank), wodurch ihr Kred i t m ö g l i c h k e i t e n z u r H e b u n g des A u ß e n h a n d e l s geöffnet w o r d e n s i n d u n d w o d u r c h die D - M a r k o f f i z i e l l A n e r k e n n u n g als i n t e r n a t i o n a l e W ä h r u n g erlangt hat. D e n s t ä r k s t e n E i n s c h l a g i n der N a c h k r i e g s e n t w i c k l u n g Westdeutschlands h a t das J a h r 1948 gebracht. M a n w i r d die W i r k u n g des damals b e g o n n e n e n M a r s h a l l - P l a n s so leicht n i c h t überschätzen k ö n n e n . Das m u ß b e t o n t w e r d e n , da diese B e d e u tung, die w i r hier meinen, gar nicht m i t Zahlen gemessen w e r d e n k a n n . Das, w a s w i r w i r t s c h a f t liches V e r h a l t e n z u n e n n e n pflegen, s p i e l t sich ausschließlich i n e i n e r gewissen B a n d b r e i t e ab, die n i c h t z u n a h e a n die physische N o t einerseits u n d a n d e n Ü b e r f l u ß andererseits g r e n z e n darf. E r s t w e n n das physische B e d ü r f n i s n i c h t m e h r nach u n m i t t e l b a r e r B e f r i e d i g u n g d r ä n g t , ist die Masse d e r V e r b r a u c h e r s c h a f t i m s t a n d e , sich i m ü b l i c h e n S i n n e ö k o n o m i s c h z u v e r h a l t e n , sich nach P r e i s e n z u r i c h t e n , z u s p a r e n u n d f ü r die Z u k u n f t zu sorgen. D i e L i e f e r u n g e n des M a r s h a l l - P l a n s h a b e n die N o t , die bis d a h i n so g u t w i e a l l g e m e i n i n Deutschl a n d w a r , i n i h r e r ä r g s t e n F o r m b e s e i t i g t u n d der eben g e k e n n z e i c h n e t e n w i r t s c h a f t l i c h e n Basis die e r f o r d e r l i c h e B r e i t e gegeben. A u f d e m Z u f l u ß v o n N a h r u n g s m i t t e l n u n d R o h s t o f f e n w a r eine Gesund u n g d e r W ä h r u n g , eine L o c k e r u n g der staatlichen B e w i r t s c h a f t u n g , eine f r e i e r e P r e i s g e s t a l t u n g ü b e r h a u p t erst m ö g l i c h . V o r a l l e m aber w a r der M a r s h a l l - P l a n d e r A u s d r u c k d a f ü r , daß die A l l i i e r t e n eine A u f w ä r t s e n t w i c k l u n g Deutschlands, eine bessere V e r s o r g u n g m i t N a h r u n g s m i t t e l n u n d auch m i t R o h s t o f f e n ü b e r h a u p t w i e d e r zulassen w o l l t e n . Das w a r g a r n i c h t so s e l b s t v e r s t ä n d l i c h , d e n n e i n e n b e t r ä c h t l i c h e n T e i l der b e l e b e n d e n W i r k u n g des M a r s h a l l - P l a n s h a t d i e B e s a t z u n g s p o l i t i k d u r c h F e s t h a l t e n a n d e n D e m o n t a g e n u n d a n zahlreichen

Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten industriellen Produktionsverboten wieder aufgehoben. A u c h die P o l i t i k d e r J E I A , die als Ü b e r w a c h u n g s o r g a n der a m e r i k a n i s c h e n u n d b r i t i s c h e n M i l i t ä r r e g i e r u n g f ü r d e n deutschen A u ß e n h a n d e l g e g r ü n d e t w o r d e n w a r u n d i h r e T ä t i g k e i t a m 1. J a n u a r 1947 b e g o n n e n h a t t e , w i r k t e h e m m e n d . I n d i v i d u a l e x p o r t e , das s i n d A u s f u h r g e s c h ä f t e , d i e der deutsche E x p o r t e u r f ü r eigene R e c h n u n g m i t d e m ausländischen I m p o r t e u r abschließt u n d b e i d e n e n er selbst W a r e n q u a l i t ä t u n d P r e i s b e s t i m m e n k a n n , b l i e b e n bis E n d e N o v e m b e r 1948 v e r b o t e n . D i e J E I A h a t t e auch die D o l l a r k l a u s e l vorgeschrieben, die V e r p f l i c h t u n g n ä m l i c h , W a r e n - u n d D i e n s t leistungen n u r i n D o l l a r w ä h r u n g zu fakturieren. A u c h das bedeutete i m V e r k e h r m i t L ä n d e r n „ w e i cher" W ä h r u n g eine B e e i n t r ä c h t i g u n g . N u r f ü r Rohstoffe aus D e u t s c h l a n d b e s t a n d t r o t z d e m sehr reges Interesse; noch i m J a h r e 1949 z. B . w a r der westdeutsche E x p o r t nach G r o ß b r i t a n n i e n z u r u n d 40 v H Eisenschrott u n d S c h n i t t h o l z u n d nach F r a n k reich z u 90 v H S t e i n k o h l e u n d K o k s . I m H e r b s t 1949 e r h i e l t der westdeutsche A u ß e n h a n d e l A u f m u n t e r u n g e n v o n verschiedenen Seiten. D a w a r zunächst die G r ü n d u n g d e r B u n d e s r e p u b l i k selbst, die ab 15. O k t o b e r 1949 d i e Ü b e r tragung wichtiger Funktionen, die bisher v o n der J E I A wahrgenommen waren, auf Regierungsstellen zur Folge hatte. Dabei stand der Abschluß zahlreicher H a n d e l s a b k o m m e n i m V o r d e r g r u n d , d e n e n sich V e r r e c h n u n g s a b k o m m e n i m Z a h l u n g s v e r k e h r anschlossen. D i e a l l g e m e i n e A b w e r t u n g d e r e u r o päischen W ä h r u n g e n gegenüber d e m D o l l a r , die i m S e p t e m b e r 1949 d u r c h d i e P f u n d a b w e r t u n g i n G a n g k a m , f ü h r t e auch f ü r W e s t d e u t s c h l a n d z u e i n e m angemesseneren K u r s v e r h ä l t n i s z u m D o l l a r u n d m a g i m D o l l a r r a u m eine l e i c h t e r e V e r k ä u f l i c h k e i t deutscher W a r e n e r m ö g l i c h t haben. B e d e u t u n g s v o l l w a r a u ß e r d e m die d a m a l s b e g i n n e n d e L i b e r a l i s i e r u n g s p o l i t i k der O E E C - L ä n d e r , d i e W e s t deutschland d u r c h A b s c h l u ß l i b e r a l e r H a n d e l s v e r t r ä g e noch u n t e r s t r i c h . D i e i n d e n W i n t e r m o n a t e n 1949/50 f o l g e n d e A u s w e i t u n g der w e s t d e u t s c h e n E i n f u h r , die s o w o h l i m I n l a n d als i m A u s l a n d l e b h a f t e K r i t i k h e r v o r r i e f , b l i e b aber n u r v o n k u r z e r D a u e r . Sie machte i m w e i t e r e n V e r l a u f des e r s t e n H a l b j a h r s 1950 e i n e r K o n t r a k t i o n Platz, die allerdings n u r Nahrungsgüter, n i c h t aber R o h s t o f f e b e t r a f . O b auch d e r Export jener Zeit v o n der Liberalisierungspolitik p r o f i t i e r t h a t , i s t n i c h t ohne w e i t e r e s z u e r k e n n e n . V i e l m e h r w a r die westdeutsche A u s f u h r k u r v e m i t einer S t e t i g k e i t a u f w ä r t s g e r i c h t e t , d i e v o n S o n dereinflüssen u n b e i r r t b l i e b . S i e s t e l l t einfach d i e schrittweise u n d beharrliche Rückkehr dar zu den d u r c h d e n K r i e g u n d seine F o l g e n v o r ü b e r g e h e n d u n t e r b r o c h e n e n Geschäftsbeziehungen. Die Erschütterungen, i n die die W e l t w i r t s c h a f t d u r c h d e n K r i e g i n K o r e a u m d i e J a h r e s m i t t e 1950 geriet, w a r e n i m w e s t d e u t s c h e n A u ß e n h a n d e l b e sonders i n t e n s i v w a h r z u n e h m e n . Sie w i r k t e n a u f d e m a l l g e m e i n e n W e g e z u r K o n s o l i d i e r u n g zunächst überaus s t ö r e n d , w e n n g l e i c h sie das E x p o r t v o l u m e n der I n d u s t r i e l ä n d e r b a l d s t a r k e r w e i t e r t haben. I n W e s t d e u t s c h l a n d h a t t e n d i e E i n f u h r e n schon i n d e n H e r b s t m o n a t e n jenes Jahres s p r u n g h a f t z u g e n o m -

men, als a n d e r e L ä n d e r w i e G r o ß b r i t a n n i e n u n d F r a n k r e i c h d e n E i n f u h r s o g noch n i c h t z u s p ü r e n schienen u n d i h m erst z u B e g i n n des n e u e n Jahres verfielen. D i e B u n d e s r e p u b l i k g e r i e t i n e i n e n e r höhten Einfuhrüberschuß u n d w a r darauf angewiesen, i h r e K r e d i t q u o t e i n d e r n e u g e g r ü n d e t e n E u r o päischen Z a h l u n g s u n i o n d a f ü r i n A n s p r u c h z u n e h m e n , d i e sich, w i e v o r a u s z u s e h e n w a r , m i t 320 M i l l . D o l l a r b a l d als v i e l z u n i e d r i g e r w i e s . D i e E x p o r t s t e i g e r u n g W e s t d e u t s c h l a n d s w a r zunächst n i c h t i n d e m s e l b e n U m f a n g m ö g l i c h w i e die Z u n a h m e der E i n f u h r e n , die z u m g r o ß e n T e i l auf d i e P r e i s e r h ö h u n g e n z u r ü c k z u f ü h r e n w a r . N a c h d e m auch e i n S o n d e r k r e d i t v o n 120 M i l l . $ i n s e h r k u r z e r Z e i t ausgegeben w o r d e n w a r , m u ß t e d i e B u n d e s r e p u b l i k i m F e b r u a r 1951 d i e L i b e r a l i s i e r u n g aussetzen, d e n n e i n w e i t e r e s A b g l e i t e n a u f dieser abschüssigen B a h n w a r z u b e f ü r c h t e n . Es k a m aber anders. D i e Preise a u f d e n R o h w a r e n m ä r k t e n h a t t e n gerade d a m a l s nach der s t e i l s t e n Hausse des J a h r h u n d e r t s d e n höchsten S t a n d überschritten, ein wichtiger A n t r i e b zur Lageranreicherung durch E i n f u h r w a r fortgefallen. A n d e rerseits h a t t e n d i e R o h s t o f f l ä n d e r i n f o l g e d e r ausgezeichneten K o n j u n k t u r l a g e f ü r i h r e P r o d u k t e eine s t a r k gestiegene K a u f k r a f t g e w o n n e n , d i e d e m europäischen I n d u s t r i e w a r e n e x p o r t zugute kam. W i c h t i g e westeuropäische L ä n d e r w i e F r a n k r e i c h , G r o ß b r i t a n n i e n u n d B e l g i e n m i t i h r e m überseeischen A n h a n g h a t t e n h o h e A k t i v s a l d e n i n der Europäischen Zahlungsunion u n d blieben aufn a h m e f ä h i g f ü r westdeutsche W a r e n , z u m a l d u r c h d i e R ü s t u n g s k o n j u n k t u r i n d e r w e s t l i c h e n W e l t die E i n f u h r deutscher M a s c h i n e n , insbesondere v o n Werkzeugmaschinen, v o n gewalztem Stahl, v o n elektrotechnischen, f e i n m e c h a n i s c h e n u n d a n d e r e n P r o d u k t e n der M e t a l l v e r a r b e i t u n g interessant blieb. D i e Exporterfolge I n d e n J a h r e n seit 1948 h a t sich d e r E x p o r t der B u n d e s r e p u b l i k v e r v i e l f a c h t . Dieses u n g e w ö h n l i c h e E r g e b n i s i s t d e n a n d e r e n L ä n d e r n v e r s a g t geblieben. Ausfuhrvolumen Großbritanniens, Frankreichs und Westdeutschlands 1948 = 100 Jahr

Großbritannien

Frankreich

Westdeutschland

1949 1950 1951 1952

109 128 131 120

147 200 237 208

188 435 622 670

Quelle: Bulletins statistiques de l'OEEC, Serie I 1937 bis 1951, S. 20. W e n n m a n sich a l l e r d i n g s v o r A u g e n h ä l t , v o n w a s f ü r e i n e m n i e d r i g e n S t a n d e des w e s t d e u t s c h e n A u ß e n h a n d e l s b e i diesem V e r g l e i c h ausgegangen w i r d , ist m a n d a v o r geschützt, a l l z u s e h r d e r S u g g e s t i o n d e r Z a h l z u erliegen. D i e b e i d e n V e r g l e i c h s l ä n d e r h a t t e n i h r e n A u ß e n h a n d e l n ä m l i c h schon i n den ersten Nachkriegs j ä h r e n u n d z w a r u n t e r bedeutenden Opfern w i e d e r aufgebaut. Großbritan-

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Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten

n i e n exportierte bei starker Drosselung seiner E i n f u h r , d i e u m e i n V i e r t e l k l e i n e r w a r als v o r d e m Kriege, auf G r u n d zielbewußter A u s t e r i t y - P o l i t i k schon i m J a h r e 1948 u m r u n d e i n V i e r t e l m e h r als i m J a h r e 1938, j a es h a t t e d a m i t b e i n a h e d e n S t a n d des R e k o r d j a h r e s 1929 schon erreicht. F r a n k reich l a g m i t s e i n e m E x p o r t - u n d I m p o r t v o l u m e n i m J a h r e 1948 auch schon a u f d e m N i v e a u d e r unmittelbaren Vorkriegszeit. Der Wiederaufbau des A u ß e n h a n d e l s dieser b e i d e n L ä n d e r w a r also b e r e i t s d a m a l s v o l l z o g e n , als W e s t d e u t s c h l a n d sozusagen erst w i e d e r v o n v o r n a n f a n g e n m u ß t e . D a r u m g i b t es e i n ganz u n z u t r e f f e n d e s B i l d v o n der W i r k l i c h k e i t , w e n n m a n i m m e r n u r die w e n i g e n J a h r e b e t r a c h t e t , i n d e n e n d e r westdeutsche Außenhandel endlich z u m Zuge kam. Selbstvers t ä n d l i c h g i n g es m i t d e r Z u n a h m e des b r i t i s c h e n u n d des französischen E x p o r t s j e t z t l a n g s a m e r . A b e r d e r b r i t i s c h e E x p o r t w a r dennoch i m J a h r e 1951 b e r e i t s u m u n g e f ä h r z w e i D r i t t e l größer als i m J a h r e 1938 u n d u m 10—20 v H h ö h e r als i m J a h r e 1929. D i e französische A u s f u h r h a t t e sich gleichzeit i g gegenüber 1938 v e r d o p p e l t u n d auch gegenüber 1929 n e n n e n s w e r t e r w e i t e r t . U n d die B u n d e s r e p u b l i k ? Sie h a t t e i m J a h r e 1951 noch n i c h t e i n m a l das E x p o r t v o l u m e n des D e u t s c h e n Reiches 1 v o n 1936 erreicht, v o n dessen w e i t h ö h e r e r A u s f u h r l e i s t u n g i m J a h r e 1929 ganz z u schweigen. Das Nachlassen d e r K o r e a k o n j u n k t u r i n d e n J a h r e n 1951 u n d 1952 h a t d e n i n t e r n a t i o n a l e n H a n d e l i m a l l g e m e i n e n recht b e a c h t l i c h g e h e m m t . D e r E x p o r t der meisten Industrieländer ging i m zweiten H a l b j a h r 1952 z u r ü c k , auch d e r b r i t i s c h e u n d d e r französische, w e i t m e h r a l l e r d i n g s d e r belgische ( u m 16 v H ) u n d d e r schwedische (sogar u m 26 v H gegenüber d e m z w e i t e n H a l b j a h r 1951). Der deutsche E x p o r t dagegen h a t i n s g e s a m t bis z u m Jahresende k e i n e E i n b u ß e n gezeigt. A l l e r d i n g s ist er l ä n g s t n i c h t m e h r i n d e m b i s h e r i g e n T e m p o gestiegen. Westdeutscher Außenhandel nach Halbjahren i n Mrd. D M Zeit 1950 1. H a l b j a h r 2. H a l b j a h r 1951 1. H a l b j a h r 2. H a l b j a h r 1952 1. H a l b j a h r 2. H a l b j a h r

Einfuhr

Ausfuhr

4,7 6,7 6,9 7,8 7,9 8,3

3,3 5,1 6,5 8,1 8,1 8,9

Saldo — + + +

1,4 1,6 0,4 0,3 0,2 0,6

D e u t s c h l a n d s a u ß e n w i r t s c h a f t l i c h e r A u f b a u ist noch n i c h t abgeschlossen. M i t dieser F e s t s t e l l u n g s o l l d i e deutsche A u ß e n h a n d e l s l e i s t u n g d e r l e t z t e n J a h r e s e l b s t v e r s t ä n d l i c h n i c h t geschmälert w e r d e n . D a z u ist sie w e n i g e J a h r e n a c h d e m v o l l k o m m e n e n politischen Zusammenbruch viel zu eindrucksvoll. Was d e n w e s t d e u t s c h e n A u ß e n h a n d e l auszeichnet, ist aber w e n i g e r seine absolute H ö h e als d e r A u s fuhrüberschuß, m i t dem Westdeutschland i m Jahre 1952 u n t e r d e n O E E C - L ä n d e r n a l l e i n s t a n d u n d i Z u r F r a g e d e r V e r g l e i c h b a r k e i t des A u ß e n h a n d e l s v e r s c h i e d e n e r L ä n d e r siehe d i e A u s f ü h r u n g e n i m l e t z t e n A b s c h n i t t dieses K a p i t e l s , S. 28 fT,

d e r doch — n e b e n der D o l l a r h i l f e u n d gewissen A k t i v p o s t e n der D i e n s t l e i s t u n g s b i l a n z — die Basis f ü r die günstige Devisenbilanz bildet. M i t t e A p r i l 1953 v e r f ü g t e d i e B a n k Deutscher L ä n d e r ü b e r e i n e n G o l d - u n d D e v i s e n b e s t a n d v o n 5,3 M r d . D M (1,3 M r d . $). M e h r als die H ä l f t e dieses Betrages b e s t a n d aus G o l d u n d f r e i e n D o l l a r . D i e A n r e i c h e r u n g des Devisenbetrages e r f o l g t e ausschließl i c h i n d e n b e i d e n l e t z t e n J a h r e n , n a c h d e m die d u r c h d e n K o r e a k r i e g u n d d i e R ü s t u n g ausgelöste hemmungslose Rohstoffkonjunktur ihren K u l m i n a t i o n s p u n k t überschritten hatte. A l l e i n i m L a u f des Jahres 1952 b e t r u g die N e t t o - D e v i s e n z a h l u n g a n die B a n k D e u t s c h e r L ä n d e r 3,3 M r d . D M (0,8 M r d . $) u n d v o n diesen w i e d e r u m w a r r e i c h l i c h 1 M r d . D M (0,25 M r d . $) G o l d u n d f r e i e D o l l a r d e v i sen. M a n h a t das d e r z e i t i g e D e v i s e n p o l s t e r , w o b e i m a n n u r die k o n v e r t i e r b a r e n D e v i s e n rechnet, auch h e u t e noch f ü r v i e l z u n i e d r i g angesehen, w e i l es n u r u n g e f ä h r e i n e r Z w e i m o n a t s - E i n f u h r entspricht. Das geschieht m i t e i n e m gewissen Recht, da die D e v i s e n r e s e r v e n i n n o r m a l e n Z e i t e n reichlicher zu sein pflegen u n d auch i n a n d e r e n L ä n d e r n das D e v i s e n p o l s t e r größer ist. A b e r es ist doch die T a t sache z u beachten, daß z u r D e c k u n g der E i n f u h r n u r i n geringem Maße Dollar benötigt werden und daß m i n d e s t e n s der d e r E u r o p ä i s c h e n Z a h l u n g s u n i o n g e w ä h r t e K r e d i t als w e i t g e h e n d k o n v e r t i e r b a r e D e v i s e anzusprechen ist. Dieser b e l i e f sich E n d e A p r i l 1953 a u f 292 M i l l . $ oder 1,2 M r d . D M . A u c h das i s t eine s t a r k i n s G e w i c h t f a l l e n d e L e i s t u n g d e r w e s t d e u t s c h e n A u ß e n w i r t s c h a f t , daß d i e B u n d e s r e p u b l i k u n t e r a l l e n T e i l n e h m e r n der E u r o p ä i s c h e n Z a h l u n g s u n i o n ü b e r d e n höchsten k u m u l a t i v e n A k t i v s a l d o v e r f ü g t , w ä h r e n d gerade unsere b e i d e n k r ä f t i g s t e n H a n d e l s p a r t n e r i n der Europäischen Zahlungsunion Großbritannien u n d F r a n k r e i c h d i e g r ö ß t e n S c h u l d s a l d e n aufweisen. Kumulative Rechnungsposition wichtiger Länder in der E Z U Ende April 1953 Mill. $ Bundesrepublik Deutschland Belgien-Luxemburg Niederlande Schweiz Schweden

+ + + + +

484 384 372 232 190

Großbritannien Frankreich Türkei Dänemark Norwegen

.. —788 —674 —127 — 41 — 39

Das Dollarproblem I n d e r E u r o p ä i s c h e n Z a h l u n g s u n i o n h a t die B u n d e s r e p u b l i k v o n A n f a n g M ä r z 1952 bis E n d e A p r i l 1953 r u n d 192 M i l l . $ i n G o l d u n d f r e i e n D o l l a r e r w o r b e n , n a c h d e m sie i m L a u f e des Jahres 1951 r d . 174 M i l l . die sie z u r A b d e c k u n g i h r e r V e r b i n d l i c h k e i t e n seinerzeit i n die E Z U h a t t e e i n z a h l e n müssen, z u r ü c k e r w e r b e n k o n n t e . Diese recht bes t ä n d i g scheinenden E i n k ü n f t e a n k o n v e r t i e r b a r e n D e v i s e n z u s a m m e n m i t der g ü n s t i g e n E n t w i c k l u n g der Zahlungskonten i m D o l l a r r a u m haben den Bes t r e b u n g e n nach Ü b e r g a n g z u e i n e m f r e i e r e n D e v i s e n v e r k e h r d u r c h L o c k e r u n g der D e v i s e n z w a n g s wirtschaft einen starken I m p u l s verliehen. Die Möglichkeit, zu einer K o n v e r t i e r b a r k e i t der W ä h r u n g e n ü b e r z u g e h e n , s t e h t u n d f ä l l t aber m i t d e r L ö s u n g des D o l l a r p r o b l e m s . Das P r o b l e m v e r d a n k t seine

Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten

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E n t s t e h u n g der Z e i t v o r 40 J a h r e n . D a m a l s h ö r t e n die V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a auf, S c h u l d n e r l a n d z u sein, das e i n e n Ausfuhrüberschuß brauchte, u m Schulden z u t i l g e n u n d Z i n s e n z u z a h len. A l s G l ä u b i g e r l a n d b e h i e l t es d e n A u s f u h r ü b e r schuß b e i u n d ü b e r n a h m n i c h t die T r a d i t i o n G r o ß b r i t a n n i e n s , das als G l ä u b i g e r l a n d d u r c h F r e i h a n d e l seinen S c h u l d n e r n d i e Chance ausreichenden Warenabsatzes gegeben h a t t e . E n g l a n d h a t t e d e m F r e i h a n d e l seine L a n d w i r t s c h a f t geopfert, d i e Vereinigten Staaten haben einen Wirtschaftszweig, den sie aufgeben k ö n n t e n , n i c h t m i t dieser S e l b s t v e r s t ä n d l i c h k e i t gefunden. D i e L a n d w i r t s c h a f t k a m d a f ü r n i c h t i n B e t r a c h t . S i e w u r d e v i e l m e h r noch ausgebaut. D e r G r u n d h i e r f ü r ist v o m deutschen S t a n d p u n k t aus besonders d e u t l i c h z u e r k e n n e n , w e i l h i e r i n E u r o p a diese w e l t w i r t s c h a f t l i c h e S t r u k t u r w a n d l u n g v o r sich ging. V o r d e m ersten W e l t k r i e g h a t t e D e u t s c h l a n d als L a n d der europäischen M i t t e auch w i r t s c h a f t l i c h zwischen den b e i d e n G r o ß gebieten R u ß l a n d u n d U S A i n e i n e m gewissen S i n n e die Waage h a l t e n k ö n n e n . B e i d e L ä n d e r l i e f e n sich als w i c h t i g s t e L i e f e r a n t e n Deutschlands d e n R a n g ab. D e u t s c h l a n d bezog sein G e t r e i d e aus R u ß l a n d . SÌrukhivwaneiSiiiìQ i m

tg&NÌschen

GcfrefdcBieztsg

Mint

1900

Mint

05

10 13 1921 25 30 DEUTSCHES REICH

IFO-INSTITUT für Wirtschafhforschung München

35

38

19^8 52 WESTDEUTSCHLAND

(

W i e eng d i e W i r t s c h a f t s b e z i e h u n g e n zwischen R u ß l a n d u n d D e u t s c h l a n d w a r e n , e r g i b t sich daraus, daß 30 v H der russischen G e s a m t a u s f u h r nach D e u t s c h l a n d g i n g e n u n d d i e H ä l f t e der russischen E i n f u h r aus D e u t s c h l a n d k a m . N u n h ö r t e aber nach d e m ersten W e l t k r i e g der russische G e t r e i d e e x p o r t fast v ö l l i g auf. V o n d e r A u s f u h r der S o w j e t - U n i o n i m J a h r e 1929 beispielsweise e n t f i e l e n n u r noch 2 v H a u f G e t r e i d e , w ä h r e n d es i m J a h r e 1913 noch der d r i t t e T e i l d e r G e s a m t a u s f u h r gewesen w a r . So g i n g auch die B e d e u t u n g R u ß l a n d s als W a r e n l i e f e r a n t D e u t s c h l a n d s sehr s t a r k zurück. I m J a h r e 1929 l i e f e r t e die S o w j e t - U n i o n n u r 3 v H der d e u t schen E i n f u h r gegenüber 13 v H v o r d e m ersten Weltkrieg. Die Vereinigten Staaten von A m e r i k a ü b e r n a h m e n d i e R o l l e R u ß l a n d s als G e t r e i d e l i e f e r a n t Deutschlands. Diese W a n d l u n g i n u n s e r e n

G e t r e i d e b e z ü g e n i m L a u f e des l e t z t e n h a l b e n J a h r h u n d e r t s w i r d d u r c h das S c h a u b i l d v e r d e u t l i c h t . E i n e ä h n l i c h e E n t w i c k l u n g v o l l z o g sich auch i n a n d e r e n europäischen G e t r e i d e i m p o r t l ä n d e r n , die sich m e h r u n d m e h r a u f überseeisches G e t r e i d e a n g e w i e s e n sahen. D e m e n t s p r e c h e n d w e i t e t e N o r d a m e r i k a seine G e t r e i d e a n b a u f l ä c h e n aus u n d e r n tete i n d e n J a h r e n 1948—1951 e i n D r i t t e l G e t r e i d e m e h r als i n d e n J a h r e n 1909—1913, w ä h r e n d i n d e n ü b r i g e n G e t r e i d e g e b i e t e n der W e l t 1 i n derselben Z e i t n u r eine S t e i g e r u n g u m 7 v H e i n t r a t . D a d u r c h w u r d e der A u s f u h r ü b e r s c h u ß der V e r e i n i g t e n Staaten, der d a m a l s gerade a b b a u r e i f w a r , noch m e h r gefestigt. Z w a n g s l ä u f i g w a r diese E n t w i c k l u n g n i c h t . W i e die deutschen G e t r e i d e i m p o r t e d e r d r e i ß i g e r J a h r e zeigen, s t a n d f ü r d i e zusätzliche G e t r e i d e v e r s o r g u n g D e u t s c h l a n d s v o r a l l e m d e r europäische S ü d osten ( R u m ä n i e n , U n g a r n ) bis z u e i n e m gewissen Grade zur Verfügung. M i t Ost- u n d Südosteuropa v e r b a n d das Deutsche Reich v o r d e m K r i e g e e i n recht i n t e n s i v e r A u ß e n h a n d e l , der u n g e f ä h r 15 v H des deutschen G e s a m t a u ß e n h a n d e l s ausmachte. Es d a r f auch d a r a n e r i n n e r t w e r d e n , daß 1932 die S o w j e t u n i o n z u d e n H a u p t a b n e h m e r n deutscher E x p o r t w a r e n z ä h l t e u n d auch v o r d e r W e l t w i r t s c h a f t s k r i s e j ä h r l i c h 3 bis 4 v H der deutschen A u s f u h r abg e n o m m e n h a t t e . D i e osteuropäische E x p o r t d o m ä n e ist s o m i t f ü r D e u t s c h l a n d doch erst m i t d e m N i e d e r g e h e n des s o g e n a n n t e n E i s e r n e n V o r h a n g s v e r l o r e n gegangen. B e d e u t u n g s v o l l a n der U m l a g e r u n g d e r B e z u g s q u e l l e n D e u t s c h l a n d s aus O s t e u r o p a nach N o r d a m e r i k a w a r v o r a l l e m , daß f ü r deutsche u n d andere ausländische W a r e n sich i n d e n V e r e i n i g t e n S t a a t e n die A u f n a h m e b e r e i t s c h a f t n i c h t erhöhte. D i e V e r e i n i g t e n S t a a t e n h a b e n v i e l m e h r nach d e m K r i e g e ( J u l i 1945 bis J u n i 1952) l i e b e r 35 M r d . $ a n das A u s l a n d f ü r H i l f s z w e c k e hergegeben ( d a v o n 25 M r d . $ als Geschenke u n d 10 M r d . $ als A n l e i h e n ) , ehe sie sich d a z u b e r e i t gefunden haben, i h r e r Industrie durch Aufnahme ausländischer Erzeugnisse Konkurrenz m a c h e n z u lassen. L ä n g s t s i n d einsichtige W i r t s c h a f t s p o l i t i k e r d e r U S A v o n der N o t w e n d i g k e i t des Z o l l a b b a u s ü b e r z e u g t , w i e aus v i e l e n K u n d g e b u n g e n d e r R e g i e r u n g , aus Ä u ß e r u n g e n v o n Wirtschaftsführern w i e F o r d u n d anderen oft b e k u n d e t w o r d e n ist. D e n n o c h i s t w e n i g A u s s i c h t v o r h a n d e n , daß i n d e r nächsten Z e i t i n dieser R i c h t u n g e i n W a n d e l e i n t r e t e n w i r d . Besonderes I n t e r esse b e a n s p r u c h t eine E m p f e h l u n g der i n t e r n a t i o n a l e n H a n d e l s k a m m e r , d i e sich i m M a i dieses J a h res a u f i h r e r T a g u n g i n W i e n m i t d e m P r o b l e m d e r K o n v e r t i e r b a r k e i t der W ä h r u n g e n beschäftigt hat. Der Vorschlag geht dahin, die internationalen Gläubigerländer sollten Z a h l u n g e n der Schuldnerstaaten i n deren L a n d e s w ä h r u n g annehmen, u n d z w a r m i t d e r Z w e c k b e s t i m m u n g , sie i n a n d e r e n L ä n d e r n w i e d e r z u i n v e s t i e r e n . Dieser V o r s c h l a g k ö n n t e des Rätsels L ö s u n g sein, w e n n z u seiner D u r c h f ü h r u n g n i c h t auch e i n V e r s t ä n d n i s n o t w e n d i g w ä r e , das b e i d e n entscheidenden p o l i t i schen I n s t a n z e n v o r l ä u f i g e b e n doch noch n i c h t v o r h a n d e n ist. 1 Ohne Sowjetunion und China.

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Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten

W e n n m a n sich m i t d e m b i s h e r i g e n Z u s t a n d , i n d e m d e r H a n d e l m i t d e m D o l l a r r a u m sich nach der Menge der amtlich zugeteilten Devisen richtet, abfindet — u n d es w i r d v o r e r s t k a u m etwas anderes übrig bleiben — dann w i r d man freilich anerkenn e n müssen, daß v o m w e s t d e u t s c h e n S t a n d p u n k t aus die D o l l a r l ü c k e n i c h t als besonders b r e n n e n d e F r a g e anzusehen ist. D i e D o l l a r l ü c k e h a t j a die E i g e n t ü m l i c h k e i t , ü b e r h a u p t erst d a d u r c h z u e n t stehen, daß sie ü b e r b r ü c k t w i r d , es sei denn, daß m a n u n t e r diesem Begriff jene Notlage der ersten Nachkriegs j ä h r e versteht, i n denen die vorhandene N a h r u n g i n der W e l t durch die Food and A g r i c u l tural Organisation (FAO) international verteilt w e r d e n m u ß t e . N a c h h e u t i g e r A u f f a s s u n g aber e n t s p r i c h t sie doch e t w a d e m B e t r a g e , d e r seitens der Vereinigten Staaten v o n A m e r i k a den Partnerl ä n d e r n i n F o r m v o n K r e d i t e n oder Geschenken z u r F ö r d e r u n g des A u ß e n h a n d e l s oder z u r E r höhung der Verteidigungsfähigkeit gewährt w i r d . Theoretisch w i r d i h r Vorhandensein überhaupt bestritten1. Zahlungsbilanz Westdeutschlands einschließlich Westberlins mit dem Dollarraum 1949 bis 1951 Mill. $ 1949

Saldo der Waren- u n d Dienstleistungsbilanz 1 . —948 Auslandshilfe . +923 Gold- u n d Dollarzahlungen . . + 25

1950

1951

—273 + 479 —206

—310 + 428 —118

i Einschl. p r i v a t e r u n e n t g e l t l i c h e r Z u w e n d u n g e n , n i c h t e r f a ß b a r e r P o s t e n u n d statistischer E r m i t t l u n g s f e h l e r . Q u e l l e : BdL.

D i e Z a h l u n g s b i l a n z d e r B u n d e s r e p u b l i k gegenü b e r d e m D o l l a r r a u m h a t seit 1948 i h r e n A u s g l e i c h v o r w i e g e n d d u r c h M i t t e l der a m e r i k a n i s c h e n D o l l a r h i l f e g e f u n d e n , j a i n d e n J a h r e n 1950 u n d 1951 w a r d i e D o l l a r h i l f e g r ö ß e r als das D e f i z i t der W a r e n - u n d D i e n s t l e i s t u n g s b i l a n z , so daß die D e visenbestände sich e r h ö h e n k o n n t e n . F ü r das J a h r 1952 l i e g e n z w a r die Z a h l u n g s b i l a n z e r g e b n i s s e noch n i c h t v o r , doch e r g a b e n sich w i e d e r u m Überschüsse i n der D e v i s e n b i l a n z . S i e w a r e n e i n e r g ü n s t i g e r e n Entwicklung i m Waren- und Dienstleistungsverk e h r z u v e r d a n k e n , w ä h r e n d die D o l l a r h i l f e m e h r u n d m e h r a n B e d e u t u n g v e r l o r e n h a t . Es e r h ö h t e n sich die E x p o r t e nach d e m D o l l a r r a u m , die E i n fuhren konnten z u m T e i l m i t E Z U - W ä h r u n g bez a h l t w e r d e n (über G r o ß b r i t a n n i e n ) , z u m T e i l k o n n t e n sie gegen K r e d i t e d e r a m e r i k a n i s c h e n E x p o r t - I m p o r t b a n k erfolgen, u n d schließlich w u r d e n steigende B e t r ä g e d u r c h d e n D M - U m t a u s c h amerikanischer Dienststellen i n Deutschland verdient. Ist der A u ß e n h a n d e l angemessen? Das T e m p o i m W i e d e r a u f b a u des w e s t d e u t s c h e n A u ß e n h a n d e l s ist v o r a l l e m i n u n s e r e n K o n k u r r e n z l ä n d e r n m i t g e t e i l t e n E m p f i n d u n g e n beobachtet w o r d e n . D a b e i w u r d e n u r z u l e i c h t übersehen, daß die E r f o l g e i m A u ß e n h a n d e l d a d u r c h z u s t a n d e k a m e n , daß a l t e Geschäftsbeziehungen w i e d e r a u f genommen wurden, deren Unterbrechung nicht n u r v o n d e n deutschen K a u f l e u t e n , s o n d e r n auch v o n i Siehe hierzu Prof. D r . Friedrich L u t z , Trugschluß „Dollark n a p p h e i t " i n Z e i t s c h r i f t f ü r das g e s a m t e K r e d i t w e s e n , 4. Jg. 1951, H e f t 19, S. 462—465.

d e n ausländischen P a r t n e r n J a h r e h i n d u r c h als eine sehr u n a n g e n e h m e L ü c k e e m p f u n d e n w o r d e n w a r . A b e r es k a m noch h i n z u , daß j a n i c h t d e r A u ß e n h a n d e l des e h e m a l i g e n Deutschen Reiches, s o n d e r n der A u ß e n h a n d e l der v i e l a u s l a n d s a b h ä n g i g e r e n B u n d e s r e p u b l i k a u f z u b a u e n w a r . N a c h d e m n u n das W a c h s t u m v i e l l a n g s a m e r v o r sich geht, t e i l w e i s e sogar schon stockt, d a r f m a n fragen, ob j e t z t der A u ß e n h a n d e l s s t a n d e r r e i c h t ist, der der B u n d e s r e p u b l i k angemessen ist. Diese F r a g e ist, w e n n ü b e r h a u p t , so doch n u r m i t sehr v i e l E i n s c h r ä n k u n gen z u b e a n t w o r t e n . W e n n w i r nach der a b s o l u t e n Größe des A u ß e n handels eine A r t R a n g o r d n u n g u n t e r den H a n d e l s l ä n d e r n d e r W e l t aufstellen, so finden w i r W e s t d e u t s c h l a n d — a m W e r t seiner E i n f u h r u n d seiner A u s f u h r gemessen — a n der f ü n f t e n Stelle. Außenhandel der fünf wichtigsten Handelsländer im Jahre 1952 Mrd. $ Land Vereinigte Staaten von A m e r i k a . Großbritannien Frankreich Bundesrepublik Deutschland

Einfuhr 11,61 9,7 4,1 4,5 3,9

Ausfuhr 15,2 7,5 4,4 4,0 4,0

i V o n fob a u f cif u m g e r e c h n e t .

V o r z w e i bis d r e i J a h r z e h n t e n w a r das Deutsche Reich noch das d r i t t g r ö ß t e W e l t h a n d e l s l a n d h i n t e r G r o ß b r i t a n n i e n u n d d e n V e r e i n i g t e n Staaten. B e v o r d e r erste W e l t k r i e g ausbrach, h a t t e es sogar m e h r G ü t e r e i n g e f ü h r t als d i e U S A , die h e u t e a n der ersten S t e l l e stehen. W ä h r e n d die B u n d e s r e p u b l i k a m W e l t h a n d e l s u m s a t z j e t z t m i t 5 v H b e t e i l i g t ist, h a t t e das Deutsche Reich i m J a h r e 1929 m i t n i c h t ganz 10 v H u n d i m J a h r e 1913 m i t 13 v H a m W e l t h a n d e l t e i l g e n o m m e n . Das w a r aber damals das Deutsche Reich u n d w i r sprechen h e u t e v o n d e r B u n d e s r e p u b l i k . I s t b e i e i n e r V e r ä n d e r u n g des Gebietsumfanges u n d der Bevölkerungszahl, w i e sie d u r c h d e n Z u s a m m e n b r u c h u n d die K o n s t i t u i e r u n g d e r B u n d e s r e p u b l i k e i n g e t r e t e n ist, e i n V e r gleich d e r A u ß e n h a n d e l s e r g e b n i s s e so unterschiedlicher L ä n d e r überhaupt erlaubt? I n der T a t s i n d w i r i m A u ß e n h a n d e l auf e i n e m G e b i e t , das V e r g l e i c h e n u r i n g e r i n g e m M a ß e z u läßt. U n b e d e n k l i c h erscheint a l l e i n der V e r g l e i c h verschiedener L ä n d e r , s o w e i t er d e n z e i t l i c h e n V e r l a u f des A u ß e n h a n d e l s b e t r i f f t . D e r V e r g l e i c h abs o l u t e r u n d r e l a t i v e r G r ö ß e n ist dagegen bereits v o l l e r P r o b l e m a t i k . Daß die A u s f u h r d e r V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a beispielsweise m e h r als d r e i e i n h a l b m a l so hoch ist w i e der E x p o r t der B u n d e s r e p u b l i k , erscheint uns i n A n b e t r a c h t der G r ö ß e dieses Gebietes, s e i n e r h o h e n B e v ö l k e r u n g s z a h l u n d seiner W i r t s c h a f t s k r a f t n i c h t v e r w u n d e r lich. W i e a b e r s o l l m a n d i e A u ß e n h a n d e l s z a h l e n verschieden großer G e b i e t e b e h a n d e l n , d a m i t sie v e r g l e i c h b a r w e r d e n , d a m i t v o r a l l e m Vergleiche m i t Ü b e r z e u g u n g s k r a f t zustande k o m m e n ? G e b r ä u c h l i c h e r w e i s e b r i n g t m a n die A u ß e n h a n d e l s z a h l e n d a d u r c h a u f eine gemeinsame Basis,

Deutschlands Rückkehr zu den W e l t m ä r k t e n daß m a n sie z u r B e v ö l k e r u n g s z a h l i n B e z i e h u n g setzt, also den A u ß e n h a n d e l p r o K o p f errechnet. Das E r g e b n i s dieser B e r e c h n u n g i s t ebenso v e r b l ü f f e n d w i e u n b r a u c h b a r . Es zeigt sich n ä m l i c h , daß gerade das M e r k m a l , das m a n g l a u b t e ausgeschaltet z u haben, f ü r das E r g e b n i s der e i n z e l n e n L ä n d e r b e s t i m m e n d g e b l i e b e n ist, n u r daß es sich in umgekehrter Richtung zur Geltung bringt: Die Z a h l der B e v ö l k e r u n g . D i e nachstehende T a b e l l e zeigt: D i e V e r e i n i g t e n Staaten, J a p a n , F r a n k r e i c h , I t a l i e n u n d die a n d e r e n I n d u s t r i e l ä n d e r m i t a b s o l u t großer B e v ö l k e r u n g s z a h l h a b e n j e K o p f berechnet einen k l e i n e n A u ß e n h a n d e l , w ä h r e n d i n d e n k l e i n e n L ä n d e r n ( u n t e r 15 M i l l . E i n w o h n e r ) a u f d e n K o p f der B e v ö l k e r u n g v i e l größere B e t r ä g e e n t f a l l e n . Außenhandel der wichtigsten Industrieländer im Jahre 1952 je Kopf der Bevölkerung in $ Länder m i t mehr als 40 M i l l . Einwohnern Japan Italien BR Deutschland Frankreich Vereinigte Staaten von A m e r i k a Großbritannien Länder m i t weniger als 15 M i l l . Einwohnern Kanada Belgien-Luxemburg Schweiz Schweden Niederlande Dänemark

Ausfuhr

Einfuhr

15 29 80 95 97 150

24 49 76 107 68 193

Ausfuhr

Einfuhr

308 270 228 219 203 196

285 271 250 242 216 215

E i n e einfache Ü b e r l e g u n g l ä ß t e r k e n n e n , daß dieses E r g e b n i s z w a n g s l ä u f i g ist. I m A u ß e n h a n d e l h a b e n w i r es i m w a h r s t e n S i n n e des W o r t e s m i t e i n e m S e k t o r z u t u n , also m i t e i n e m A u s s c h n i t t aus d e m G e s a m t h a n d e l der G l i e d e r eines V o l k e s . F r e i l i c h i s t dieser H a n d e l , d e r ü b e r d i e p o l i t i s c h e n Grenzen des L a n d e s geht, v o n besonderer A r t , aber er ist als e i n z u f ä l l i g e r A u s s c h n i t t i n j e d e m L a n d verschieden. U m d e u t l i c h z u machen, w a r u m i n e i n e m k l e i n e n L a n d dieser A u s s c h n i t t aus d e m G e s a m t h a n d e l i n d e r R e g e l g r ö ß e r s e i n m u ß als i n e i n e m Großstaat, b r a u c h t m a n sich n u r das B i l d vorzustellen, das d e r B e r e c h n i m g p r o K o p f z u g r u n d e liegt. E i n E i n w o h n e r eines L a n d e s w o l l e m i t 100 M i l l . Menschen — w i r n e h m e n an, er k ö n n e das — i n H a n d e l s b e z i e h u n g e n t r e t e n . L e b t dieser E i n w o h n e r i n den V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a , d a n n b r a u c h t er sich n u r a n I n l ä n d e r z u w e n den; l e b t er aber i n der Schweiz, d a n n k a n n er g a r n i c h t anders, als m i n d e s t e n s 95 M i l l . H a n d e l s p a r t n e r i m A u s l a n d z u suchen, d e n n i n d e r Schweiz s t e h e n i h m n u r 5 M i l l . Menschen d a f ü r z u r V e r f ü g u n g . Ganz f o l g e r i c h t i g errechnet sich f ü r d i e G e s a m t h e i t d e r O E E C - L ä n d e r , die 280 M i l l . E i n w o h n e r zählen, sogar eine g e r i n g e r e E i n f u h r p r o K o p f der B e v ö l k e r u n g als f ü r die V e r e i n i g t e n Staat e n v o n A m e r i k a m i t i h r e n 160 M i l l i o n e n . D e r a u f den K o p f berechnete A u ß e n h a n d e l m u ß also z w a n g s l ä u f i g i n e i n e m k l e i n e r e n L a n d eine größere B e d e u t u n g haben, w e i l h i e r schon A u ß e n h a n d e l ist,

was i n e i n e m G r o ß g e b i e t B i n n e n h a n d e l h e i ß t . Das B i l d der beiden L ä n d e r g r u p p e n w i r d nicht erheblich verändert, w e n n m a n statt der Berechnung pro K o p f den Außenhandel z u m Sozialprodukt i n Bez i e h u n g setzt. D a s o m i t die B e v ö l k e r u n g s z a h l eines L a n d e s das entscheidende W o r t b e i d e r r e l a t i v e n — also a u f d e n K o p f der B e v ö l k e r u n g oder a u f das S o z i a l p r o d u k t bezogenen — H ö h e des A u ß e n h a n d e l s z u sprechen h a t , k a n n e i n s i n n v o l l e r V e r g l e i c h der D a t e n i m A u ß e n h a n d e l — n i c h t e t w a auch des z e i t lichen Verlaufs — grundsätzlich n u r unter L ä n d e r n erfolgen, die u n g e f ä h r gleiche B e v ö l k e r u n g s z a h l e n haben. F ü r die B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d k o m m e n als d e r a r t i g e V e r g l e i c h s l ä n d e r n u r noch G r o ß britannien u n d allenfalls Frankreich u n d Italien i n B e t r a c h t . G r o ß b r i t a n n i e n u n d F r a n k r e i c h s i n d uns, w i e aus d e r v o r a n g e g a n g e n e n T a b e l l e ersichtlich, i m E x p o r t w e i t überlegen. Daß I t a l i e n h i n t e r Westdeutschland rangiert, hat einen anderen Grund. D e n n die w i r t s c h a f t l i c h e S t r u k t u r eines L a n d e s ist f ü r das A u ß e n h a n d e l s v o l u m e n n i c h t w e n i g e r ausschlaggebend. S i e w i r k t a u f die E i n f u h r , w e n n z. B. die B e v ö l k e r u n g s d i c h t e d i e D e c k u n g eines Teiles des N a h r u n g s b e d a r f s i m A u s l a n d e r f o r d e r t , u n d sie b e e i n f l u ß t d i e A u s f u h r , w e n n d i e W i r t s c h a f t des L a n d e s sich i n der P r o d u k t i o n s p e z i a l i s i e r t h a t u n d A b n e h m e r i m A u s l a n d suchen m u ß . H i n z u k o m m t , daß d i e H ö h e der E i n f u h r u n d d e r A u s f u h r bis z u e i n e m gewissen G r a d e v o n e i n a n d e r a b h ä n g i g s i n d . U n t e r d e n L ä n d e r n , die v o n der N a h r u n g h e r a u f d e n A u ß e n h a n d e l a n g e w i e s e n s i n d , steht die B u n desrepublik Deutschland hinter Großbritannien, B e l g i e n , d e r Schweiz u n d H o l l a n d a n der f ü n f t e n Stelle, w i e unser S c h a u b i l d , das d e n Z u s c h u ß b e d a r f an Brotgetreide darstellt, z u m Ausdruck bringt.

D i *

AiislaNdsabhSmiiijkeif europSitcher

f/nfijhn

Lander

von Bnotgetne/c/e

im Jahn je Kopf

Deutsches ße/&> Westdeutsch/and Ausfuhrüberschuß

IFO-INSTITUT für Wirftthaftsforschung München

® 20

Dieses D i a g r a m m l ä ß t auch e r k e n n e n , w i e die L ä n der Westeuropas i n den letzten beiden Jahrzehnten i h r e N a h r u n g s b a s i s verbessert h a b e n müssen, w ä h r e n d D e u t s c h l a n d d u r c h d e n V e r l u s t d e r Ostgebiete e i n f u h r a b h ä n g i g e r g e w o r d e n ist. U n t e r d e n L ä n d e r n , d i e v o m E x p o r t h e r ausl a n d s a b h ä n g i g s i n d , s t e h t d i e B u n d e s r e p u b l i k noch

30

Deutschlands Rückkehr zu den Weltmärkten

w e i t e r v o r n an. D i e s p e z i a l i s i e r t e deutsche I n d u s t r i e (vor a l l e m der Maschinenbau u n d die ü b r i g e n Zweige der Stahlverarbeitung, O p t i k , Feinmechan i k , Chemie) m u ß d e n W e l t m a r k t aufsuchen 1 , ebenso w i e d i e belgische u n d d i e englische T e x t i l i n d u s t r i e N o t l e i d e n , w e n n d e r E x p o r t stockt. A b e r w i r d e n k e n auch a n die F a r m e r d e r V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a , d i e j ä h r l i c h 30 bis 40 v H i h r e r B a u m w o l l e r n t e u n d i h r e r Weizenernte sowie den v i e r t e n Teil ihrer Tabakernte i m Ausland unterbringen müssen u n d d a h e r selbst a n f r e i e n G r e n z e n i n t e r essiert s i n d . Schließlich ist auch die p o l i t i s c h e S t r u k t u r eines L a n d e s f ü r d e n A u ß e n h a n d e l ausschlaggebend. H i e r h a t D e u t s c h l a n d i n f o l g e seiner z e n t r a l e n L a g e i n E u r o p a z w e i f e l l o s besondere völkerverbindende Aufgaben. Andererseits verdanken Großbritannien u n d auch F r a n k r e i c h i h r e n h o h e n A u ß e n h a n d e l z u e i n e m b e d e u t e n d e n T e i l d e n engen p o l i t i s c h e n B e ziehungen zu ihren D o m i n i e n u n d ihren Kolonien. D a b e i h a n d e l t es sich u m s t a r k i n s G e w i c h t f a l l e n d e Beträge. Anteil (vH) der eigenen überseeischen Gebiete an der Einfuhr und an der Ausfuhr Großbritanniens und Frankreichs Großbritannien Jahr

Einfuhr aus

Ausfuhr nach

dem Commonwealth 1913 1929 1937 1952

21 27 38 47

37 45 48 47

Frankreich Einfuhr aus

Ausfuhr nach

den eigenen Kolonien 9 12 24 22

13 19 28 42

A u s a l l e d e m e r g i b t sich, daß eine e i n l e u c h t e n d e N o r m f ü r das e i n e m L a n d angemessene A u ß e n handelsvolumen nicht gefunden werden k a n n und daß die i n t e r n a t i o n a l e n V e r g l e i c h e i n d e r R e g e l a n den wesentlichen P u n k t e n vorbeigehen. V o n B e d e u t u n g s i n d diese F e s t s t e l l u n g e n v o r a l l e m f ü r d e n V e r g l e i c h des A u ß e n h a n d e l s d e r Bundesrepublik Deutschland m i t dem Außenhandel des e h e m a l i g e n D e u t s c h e n Reiches. D i e B u n d e s r e p u b l i k ist a u s l a n d s a b h ä n g i g e r als das Reich. Das zeigte b e r e i t s d i e größere Brotgetreideeinfuhr. D e n n o c h w a r das Reich i n f r ü h e r e n Z e i t e n w e i t stärker durch den H a n d e l m i t der W e l t verflochten als es h e u t e die B u n d e s r e p u b l i k ist. G e w i ß w i r d e i n T e i l dieser U n t e r s c h i e d e d a r a u f z u r ü c k z u f ü h r e n sein, daß d i e B e r e c h n u n g e n des S o z i a l p r o d u k t e s b z w . des V o l k s e i n k o m m e n s größere F e h l e r g r e n z e n e n t h a l t e n , die e i n e n a l l z u g e n a u e n V e r g l e i c h v o n J a h r z u J a h r ausschließen. U n b e s t r e i t b a r b l e i b t dennoch d i e Tatsache, daß das G e i U b e r d i e w e s t d e u t s c h e n E x p o r t q u o t e n siehe S. 35.

Deotsche Einfuhr und Ausfuhr in v H des Volkseinkommens Jahr

Einfuhr insges.

dav. Ernährungsg.

Ausfuhr insges.

davon Fertigw.

1913 1929 1937 1952

24 18 7 16

9 7 3 6

22 18 8 17

15 13 6 13

1

Anm.: 1952 BR Deutschland, sonst Deutsches Reich.

biet der heutigen Bundesrepublik Deutschland vor d e m K r i e g e e i n e n w e i t g r ö ß e r e n H a n d e l gehabt h a b e n m u ß . Es w a r d a m a l s s e l b s t v e r s t ä n d l i c h auf das i n n i g s t e d u r c h d e n w i r t s c h a f t l i c h e n Austausch m i t d e n G e b i e t e n des D e u t s c h e n Reiches v e r b u n d e n , die n i c h t z u r B u n d e s r e p u b l i k gehören. D i e W i r t s c h a f t s k o m m i s s i o n f ü r E u r o p a i n G e n f 1 h a t berechnet, daß dieser H a n d e l Westdeutschlands u n d B e r l i n s m i t d e n ü b r i g e n T e i l e n Deutschlands i m J a h r 1936 e i n e n W e r t v o n 4400 M i l l . R M h a t t e , w ä h r e n d d e r E x p o r t dieses Gebietes nach d e m A u s l a n d g l e i c h z e i t i g n u r 3400 M i l l . R M b e t r u g . I m J a h r e 1952 h a b e n W e s t d e u t s c h l a n d u n d W e s t - B e r l i n nach d e r S o w j e t z o n e f ü r ganze 146 M i l l . D M W a r e n gel i e f e r t u n d f ü r 80 M i l l . D M G ü t e r v o n d o r t bezogen. D a die B u n d e s r e p u b l i k v o n d e r S o w j e t z o n e heute so g u t w i e abgeschnürt ist, ist sie d a r a u f a n g e w i e sen, i m e i g e n t l i c h e n A u s l a n d Ersatz f ü r i h r e H a n d e l s p a r t n e r i n M i t t e l - u n d O s t d e u t s c h l a n d z u suchen. Das aber h e i ß t , m a n w i r d d e n der B u n d e s r e p u b l i k zukommenden ' Außenhandel höher anzusetzen h a b e n als d e n A u ß e n h a n d e l des Deutschen Reiches. Der A n t e i l v o n 5 v H a m Welthandel, den die B u n d e s r e p u b l i k i m J a h r e 1952 erreicht h a t , ist d e m n a c h offensichtlich z u n i e d r i g . M a n k ö n n t e diesen A u s f ü h r u n g e n entgegenh a l t e n , daß d i e B u n d e s r e p u b l i k j e t z t doch w o h l das E i n f u h r v o l u m e n e r r e i c h t h a t , das sie b r a u c h t ; sonst h ä t t e sie angesichts der z. B . i n der Europäischen Z a h l u n g s u n i o n a n g e s a m m e l t e n Überschüsse m e h r i m p o r t i e r e n k ö n n e n . A u ß e r d e m sei die A u s f u h r ber e i t s j e t z t h ö h e r als die E i n f u h r . Dieser E i n w a n d ist n i c h t h a l t b a r , selbst w e n n m a n e i n m a l v o n der N o t w e n d i g k e i t , Ausfuhrüberschüsse zu halten, u m das L o n d o n e r S c h u l d e n a b k o m m e n z u bedienen, absieht. So w i e die deutsche I n d u s t r i e f ü r d e n A b s a t z i h r e r P r o d u k t e d e n A u s l a n d s m a r k t b r a u c h t , so ist andererseits i n e i n e m e r h e b l i c h e n T e i l d e r W e l t , i n den unterentwickelten Gebieten vor allem, ein echter B e d a r f nach deutschen A n l a g e g ü t e r n v o r h a n d e n . Es ist g a r n i c h t z u u m g e h e n , daß der deutsche E x p o r t eine w e i t e r e E x p a n s i o n e r f a h r e n muß u n d mindestens i n die Größenordnung hineinwächst, die der A u ß e n h a n d e l des Deutschen Reiches gehabt hat. i E c o n o m i c B u l l e t i n f o r E u r o p e , T h i r d Q u a r t e r 1949, V o l . 1, N r . 3, G e n f , J a n u a r 1950.

Triebkräfte u n d Hemmungen i m indußtriewirtschaftlichen Wiederaufbau

31

Triebkräfte und Hemmungen im industriewirtschaftlichen Wiederaufbau D i e G ü t e r e r z e u g u n g der w e s t d e u t s c h e n I n d u s t r i e erreichte i m J a h r e 1952 i n s t e t i g e m A n s t i e g seit der W ä h r u n g s r e f o r m e i n e n S t a n d v o n 144 v H des Produktionsausstoßes v o n 1936. D i e P r o d u k t i o n s ergebnisse der e i n z e l n e n I n d u s t r i e g r u p p e n s c h w a n k e n zwischen 73 v H ( L e d e r e r z e u g u n g ) u n d 385 v H (Maschinen f ü r die B a u w i r t s c h a f t ) . I m J u n i 1948 l a g das P r o d u k t i o n s n i v e a u d e r Ges a m t i n d u s t r i e erst b e i 54 v H (1936 = 100), w o b e i der P r o d u k t i o n s a u s s t o ß d e r I n v e s t i t i o n s - u n d V e r b r a u c h s g ü t e r i n d u s t r i e noch v i e l t i e f e r w a r ( e t w a 40 v H ) . N u r die l e b e n s w i c h t i g e N a h r u n g s m i t t e l e r z e u g u n g u n d die seit d e m Z u s a m m e n b r u c h m i t allen M i t t e l n geförderte B e r g b a u p r o d u k t i o n zeigten einen r e l a t i v h o h e n S t a n d (95 v H b z w . 80 v H ) .

Investitionsgüterindustrie sowie der Bergbau w a r e n i n W e s t d e u t s c h l a n d s t ä r k e r v e r t r e t e n als i n M i t t e l u n d O s t d e u t s c h l a n d . Besonders s t a r k e K a p a z i t ä t s t e i l e d e r chemischen I n d u s t r i e , d e r L e d e r i n d u s t r i e sowie der Nahrungs- u n d G e n u ß m i t t e l i n d u s t r i e lagen i m Gebiet der jetzigen Bundesrepublik. I n Westdeutschland verbliebene Industrieteile nach dem Stand von 1936 I n d u s t r i e g r u ü pDpe n

Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie 66 Bergbau (ohne Erdölgewinnung) 65 Eisen- u. Stahlerzeugung, Gießerei 77 NE-Metallindustrie 63 Kraftstoffindustrie (mit Erdölgew.) 65 Steine u n d Erden 62 Chemie 1 65 Kautschuk u n d Asbest 77 Papiererzeugung 48 Holzbearbeitung 57

Wirtschaftswunder? S t e l l t m a n diese Tatsache i n R e c h n u n g , d a n n erscheint die i m p o s a n t w i r k e n d e A u s w e i t u n g d e r G e s a m t p r o d u k t i o n v o n d e r W ä h r u n g s r e f o r m bis 1952 a u f ü b e r das Z w e i e i n h a l b f a c h e i n e i n e m ander e n L i c h t : die westdeutsche I n d u s t r i e k o n n t e erst 1948 m i t d e m systematischen W i e d e r a u f b a u beg i n n e n , w ä h r e n d die I n d u s t r i e n d e r a n d e r e n e u r o päischen L ä n d e r bereits d r e i J a h r e F r i e d e n s a u f b a u h i n t e r sich h a t t e n . Industrieproduktion einiger europäischer Länder 1948 1938 = 100 Luxemburg 146 Belgien 121 Großbritannien 116 Niederlande 113 Frankreich 110 Italien 99 Westdeutschland 52 1. H a l b j a h r 45 2. H a l b j a h r 60 DerindustriewirtschaftlicheSchwerpunktDeutschlands l a g v o r d e m K r i e g e i m Westen. 1936 entfielen auf die d e r B u n d e s r e p u b l i k v e r b l i e b e n e n I n d u s t r i e teile 61 v H des Gesamtabsatzes der I n d u s t r i e u n d 67 v H des Auslandsabsatzes. D i e G r u n d s t o f f - u n d

A u f das jetzige Bundesgebiet entfielen v o m Gesamtabsatz der einzelnen Industriegruppen . . . v H .

Investitionsgüterindustrie Maschinenbau Fahrzeugbau Eisen-, Stahl- u n d M e t a l l w a r e n Stahl- u n d Eisenbau, Schiffbau Elektroindustrie Feinmechanik u n d O p t i k Konsumgüterindustrie Glas, K e r a m i k Holzverarbeitung Papierverarbeitung, D r u c k Lederindustrie 2 Textilindustrie Bekleidungsindustrie Alle

Gruppen

3

. . . 61 58 68 70 77 38 50 53 48 60 50 72 55 39 61

1 Einschließlich chemisch-technische Erzeugnisse und Chemiefasererzeugung, Kunststoffverarbeitung. 2 Einschließlich Schuhe und Lederverarbeitung. 3 Ohne Nahrungs- und Genußmittel, Energie, Bau, öle und Fette, Futtermittel, tierische Leime. Quelle: Statistisches Handbuch von Deutschland 1928—1944.

B t d e u i u n q dev l o n ^ n f r e n n u n q 1 9 * J für die Textilindustrie

Von den Beschäftigten im Deutschen Reich 7939 entfie/en auf et/'e e/'nze/nen Zonen m

0

20

¡+0

60

60 |

100vH

Seidenweberei Baumwollspinnerei Baumwollweberei Wollwäscherei-u.kämmerei Juteindustrie Trikotagenwirkerei Leinenweberei Streichgarnspinnerei Textilveredlung Mobelstoffweberei Teppichweberei Kammgarnspinnerei Wollweberei Flachsspinnerei Stickerei Card inen-u.Tüllweberei Strumpfwirkerei Zellwollproduktion Reyonproduktion WESTDEUTSCHLAND ( Bundesrepublik)

IFO-INSTITUT für Wirtichaftsforichung München

. MITTELDEUTSCHLAND I0STDTSCHLÛ (Sowjet, ßesättunpszon* (Gebtete òsti und Berlin) Oder -Nersst)

Neben Industriegruppen m i t verhältnismäßig z u f r i e d e n s t e l l e n d e m K a p a z i t ä t e n a n t e i l gab es j e doch auch Z w e i g e , b e i d e n e n r e l a t i v h o h e A n t e i l e a n d i e Ostzone v e r l o r e n g e g a n g e n sind. Doch selbst e i n V e r g l e i c h d e r I n d u s t r i e g r u p p e n zeigt n i c h t die Schwere des 1945 d u r c h g e f ü h r t e n S c h n i t tes auf. G i b t es doch i n n e r h a l b d e r G r u p p e n F e r t i gungen, die fast g ä n z l i c h d u r c h die A b t r e n n u n g verlorengingen. Wie unterschiedlich innerhalb einer I n d u s t r i e g r u p p e die Z o n e n t r e n n u n g g e w i r k t hat, ist a n d e m B e i s p i e l T e x t i l i n d u s t r i e d a r g e s t e l l t (siehe Schaubild). D a d i e P r o d u k t i o n s l e i s t u n g der I n d u s t r i e d e m Gesetze des M i n i m u m s u n t e r l i e g t , d. h. i h r e G e s a m t l e i s t u n g d e m E n g p a ß angeglichen w i r d , m u ß t e sich die Z e r t r e n n u n g des e i n g e s p i e l t e n P r o d u k t i o n s a p p a r a t e s der d e u t s c h e n I n d u s t r i e noch s t ä r k e r a u s w i r k e n als die Ü b e r s i c h t e r k e n n e n läßt.

32

Triebkräfte und Hemmungen im industriewirtschaftlichen Wiederaufbau

I . Die Lage vor der Währungsreform Die Mangeljahre 1945 bis 1948 Neben den Folgen des auseinandergebrochenen industriellen Gefüges brachten Kriegszerstörungen, Demontagen, Produktionsverbote und -beschränkungen, Konfiskationen der Patente, Gebrauchsmuster und Warenzeichen, Beschlagnahme des Auslandsvermögens, Abzug hochqualifizierter Fachkräfte einen Rückschlag auf Jahre hinaus. Durch Kriegsschäden waren bis 1945 etwa 12 v H der Industriekapazitäten ausgefallen. Durch Demontagen gingen insgesamt weitere 8 v H verloren, die sich vor allem auf die eisenschaffende Industrie, den Stahl- und Schiffbau und die Uhren- und K r a f t stoffindustrie konzentrierten. Während des Krieges wurde außerdem die Leistungskraft der dem Friedensbedarf dienenden Industriezweige dadurch geschwächt, daß diese übermäßig ausgenutzt wurden und Ersatzinvestitionen kaum möglich waren. Die Zwangsexporte (Holz, Schrott, Kohle) nach dem Kriege entzogen der westdeutschen Wirtschaft dringend benötigte Rohstoffe. Dieser Mangel lähmte die gesamte Wirtschaftstätigkeit, obwohl die Kohlen- und Stahlproduktion mit allen M i t t e l n gefördert wurde. I n den beiden Jahren 1946 und 1947 wurden zusammen erst 5,6 M i l l . t Rohstahl erzeugt (1952: 15,8 M i l l . t); Steinkohle wurde i m Laufe dieser zwei Jahre nur etwa soviel gefördert, wie allein i m Jahre 1952 (rund 125 M i l l . t). Die Industrie setzte einen Teil ihrer Arbeiterschaft zur Ausbesserung und zum Aufbau ihrer zerstörten Arbeitsstätten sowie zur Reparatur von Maschinen, Einrichtungen usw. ein. Sie schuf damit — wenigstens zum Teil — die Voraussetzung für den raschen Produktionsanstieg nach der Währungsreform. Die Versorgung der Bevölkerung m i t Industriegütern war auf einen minimalen Stand abgesunken. So wurden z. B. i n der britischen Zone an Konsumgütern i m Jahre 1946 nur ein Fünftel und 1947 nur rund ein Viertel der i m Jahre 1936 erzeugten Mengen produziert. Aber auch nicht einmal diese geringen Mengen kamen bis zu den Endkonsumenten. Eine stattliche Reihe von Verbrauchsgütern gab es auch Ende 1947 noch nicht zu kaufen. Wie groß der Mangel war, sei nur an einigen Beispielen gezeigt. Je Kopf und Jahr (1. 7.1946 bis 30. 6.1947) wurden zugeteilt: Textilien 340 g Stopfgarn 20 g

Seifen u. Waschmittel (Fettsäuregehalt) 265 g Rasierklingen (je Mann) 20 Stück Z u m Vergleich sei angeführt, daß i m Jahre 1952 z. B. der Textilverbrauch je Kopf der Bevölkerung (Garnverbrauch) rund 10 kg betrug. Seifen und Waschmittel (in Fettsäuregehalt) wurden 1952 über 2 kg je Kopf verbraucht. Der Mangel führte i n den drei Jahren nach der Kapitulation zu Kompensationsgeschäften, Güterhortungen usw. Ein nicht unbedeutender Teil der Erzeugung ging i n die Kanäle des „schwarzen Marktes". Die Versorgung der Bevölkerung mit Industriegütern war also i m Zeitpunkt der Währungsreform kaum besser als i n den Jahren 1945/46. Startschuß Währungsreform Durch die Neuordnung der Währungsverhältnisse erhielt die Industrie starke Impulse. Während vorher offensichtlich das Bestreben bestand, Industriewaren nicht gegen „schlechte" Reichsmark zu verkaufen, sondern die Währungsreform mit einem Höchstmaß von gehorteten Warenbeständen zu überstehen, brachte nun das „knappe" Geld diese Bestände plötzlich auf den Markt. Vor der Währungsreform angesammelte Rohstoffe wurden in den Produktionsprozeß eingesetzt und ermöglichten u. a. das plötzliche Ansteigen der Industrieproduktion. Der Schwarzmarkt verlor seine Bedeutung. Der Anstoß durch die Währungsreform allein hätte jedoch nicht genügt, um das stetige Wachsen der Wirtschaftstätigkeit zu gewährleisten. Andere Maßnahmen kamen hinzu. M i t dem Anlaufen des Marshallplanes (April 1948) und der allmählichen Beseitigung der Handelsbeschränkungen standen der westdeutschen Industrie i n zunehmendem Maße wieder wichtige ausländische Rohstoffe (z. B. Baumwolle, ö l e und Fette, Häute und Felle) und Fertigwaren (z. B. Spezialmaschinen) zur Verfügung. Die Rohstoffzwangsexporte wurden langsam abgebaut. Die später erfolgte Freigabe von Marshallplangeldern ermöglichte dann die Finanzierung vordringlicher Investitionen (Energieerzeugung, Kohlenbergbau, Eisen und Stahl, Exportindustrie, Betriebe von Vertriebenen). Die wachsende Gewinnbildung gestattete darüber hinaus, i n zunehmendem Maße Eigenmittel der Industrien für Investitionen einzusetzen.

I I . Die Entwicklung seit 1948 Die Industrieproduktion stieg sprunghaft von etwa 50 v H des Standes von 1936 vor der Währungsreform auf über 80 v H i m November 1948. Diesem stürmischen Aufschwung folgte i m Jahre 1949 und i m 1. Halbjahr 1950 eine ruhigere, aber stetige Aufwärtsentwicklung, die vor allem durch den Mangel an Finanzierungsmitteln der Unternehmungen begrenzt blieb. Die Industrie war bestrebt, ihre Kapazitäten auszubauen und i n erster Linie die durch die Zonentrennung entstandenen Lücken i m Produktionsprogramm zu schließen.

Durch Rationalisierung des Produktionsablaufs, Ersatz- und Neuinvestitionen wurde die Produktivität erhöht. Der Ausbau und die Förderung exportwichtiger Industrien wurde vorangetrieben. U m die Jahreswende 1949/1950 wurde der Vorkriegsstand der Produktion (1936) erstmalig wieder erreicht. Der Koreakonflikt u m die Jahresmitte 1950 leitete einen neuen Entwicklungsabschnitt ein. Die dadurch bedingte Nachfragehausse beschleunigte das Tempo der Produktionssteigerung wieder. I m 2. Quartal 1951 erreichte auch die Produk-

33

II. Die Entwicklung seit 1948 tion je Kopf der Bevölkerung den Stand von 1936. Seit Mitte 1951 schwächte sich das Wachstum der Industrieproduktion ab, was eine natürliche Re-

Die Ivtdujfricprodukfion Deutschland* und der Well 1900 • 100

Wachstum der industriellen Produktion EntwicklungsZeitraum

Industrie insBergbau gesamt

Grundstoffe

Investitionsgüter

t

500

NahVerrungs- u . brauchs- Genußgiiter mittel

Zunahme der P r o d u k t i o n in v H

1948 auf 1949 auf 1950 auf 1951 auf

1949 1950 1951 1952

43 27 20 7

19 11 11 5

49 28 18 3

61 38 33 13

60 32 17 3

24 14 6 6

129

54

130

233

150

59

Gesamtwachstum

1948 auf 1952

aktion auf die Koreahausse darstellte. Gegen Ende 1952 lag die Industrieproduktion um mehr als die Hälfte über dem Niveau von 1936. Die Beschäftigung i n der Industrie stieg von 1949 bis 1952 u m 1,1 Mill. Personen, das sind 25 vH; seit 1949 erhöhte sich der Güterausstoß u m rund 60 vH, die Umsätze um über 80 vH, der Export vervierfachte sich. Gleichzeitig trat eine Produktivitätssteigerung (Leistung je Arbeitsstunde) um über 30 v H ein. A n der Wertschöpfung der westdeutschen Wirtschaft war die Industrie 1952 mit 43,8 Mrd. DM, das sind rund 44 vH, beteiligt, während ihr Anteil i m Jahre 1949 erst 39 v H betragen hatte. Beschäftigte, Umsätze und Wertschöpfung der Industrie

in der Bundesrepublik

Bezeichnung Beschäftigte1 Umsatz (Monatsdurchschnitte) Auslandsumsatz (Monatsdurchschnitte) Wertschöpfung 3

Einheit Tsd. Pers. 1949 = 100 Mill. DM

1949

1950

1951

1952

4 414 4 797 5 332 5 514 100

109

121

125

5 7752 6 700 9 159 9 923

1949 - 100 Mill. DM

100

124

169

2882

555

976 1 142

183

1949 = 100 in vH des Gesamtums. Mrd. DM in vH des Volkseinkommens

100

193

339

396

5,0

8,3

10,7

11,5

24,4

29,3

40,5

43,8

39

41

45

44

i Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten, Jahresdurchschnitt. — 2 Monatsdurchschnitt 2. Halbjahr. — s Ohne Bau.

Diese Erfolge dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Westdeutschland den Anschluß an die Entwicklung der übrigen westeuropäischen Länder immer noch nicht ganz gefunden hat. Das Produktionsvolumen je Kopf der Bevölkerung lag i m Jahre 1952 i n Westdeutschland u m etwa 20 v H unter dem i n Schweden erreichten Stand und blieb immer noch u m 12 v H hinter Frankreich und um 3 v H hinter Großbritannien zurück. Wenn auch bereits i m Frühjahr 1951 je Einwohner die gleiche Menge Industriegüter erzeugt wurde wie 1936, so bedeutete dies noch nicht den gleichen Lebensstandard wie vor dem Kriege. Man darf nicht vergessen, daß neben dem laufenden Bedarf noch ein erheblicher Nachholbedarf offen blieb. Die i n den 3 5 Jahre Deutsche Mark

1913

1929

ohne Sowjetunion

1938

19lf3

1952

^ 195? ohne Geb/'et òsti Octen/Ne/ûe

IFO-INSTITUT fü.- WirtichoftsforjcSung München

Zahlen zum Ausdruck kommenden beachtlichen Steigerungen zeigen nur, daß sich Westdeutschland i n diesen Jahren i n einem Gesundungs- und A u f bauprozeß befand, der aus einem amputierten Wirtschaftskörper wieder ein lebensfähiges Gebilde schuf. Konjunkturelle Schwankungen I n der konjunkturellen Entwicklung i n den letzten Jahren zeichnen sich deutlich verschiedene Phasen ab. 2. Halbjahr 1948 Der lange zurückgestaute Bedarf nach industriellen Gütern äußerte sich i n einer starken Kaufwelle. Die durch die Währungsreform geschaffene zusätzliche, produktionswirtschaftlich nicht gedeckte Kaufkraft verursachte eine kräftige Preissteigerung. Die rasch zunehmende Produktion und die wachsenden Rohstoffeinfuhren brachten diese am Jahresende zum Stillstand. Jahr 1949 Durch die Beendigung der hoheitlichen Geldschöpfung trat nun an Stelle des Kaufkraftüberhangs ein gewisser Güterüberhang, der zu einer Senkung der industriellen Fertigwarenpreise führte. Erst i m Herbst erfolgte unter dem Einfluß des vermehrten Verbrauchereinkommens und der Erwartung nicht mehr weiter sinkender Preise nach erfolgter Abwertung der D M eine neuerliche Belebung i m Verbrauchsgüterbereich. Die Grundstoffindustrien, die i n den ersten Jahren nach der Kapitulation ihre Produktion relativ kräftiger ausweiten konnten als die verarbeitende Industrie, setzten ihren langsamen Produktionsanstieg fort. Die noch zu Beginn 1949 knappe Versorgung mit Rohstoffen wurde reichlicher. I m Stahlsektor zeigten sich sogar Absatzschwierigkeiten, da die Abnehmer noch Lagerbestände an Walzmaterial aus der Zeit vor der Währungsreform hatten. 1. Halbjahr 1950 Die Nachfrage nach industriellen Konsumgütern ließ deutlich nach. Der Handel hatte seine Waren-

Triebkräfte u n d Hemmungen i m industriewirtschaftlichen Wiederaufbau

34

lager i n gewissem U m f a n g wieder aufgefüllt. Die Verbrauchsgüterproduktion stagnierte. Die Nachfrage nach I n v e s t i t i o n s g ü t e r n aus d e m I n l a n d u n d aus d e m A u s l a n d s t i e g u n d f ü h r t e z u e i n e r beachtlichen A u s w e i t u n g der Investitionsgüterproduktion. R o h s t o f f s c h w i e r i g k e i t e n gab es i n diesem Z e i t a b schnitt kaum.

2. Halbjahr

Ttxfilflaiife

i n d e r W * l f 19*1/52 1950=100

Verarbeitende Industrie insfles

—Textilindustrie

Bundesrepublik //////ASS/

///

1950

D i e N a c h f r a g e aus d e m I n - u n d A u s l a n d s t i e g m i t d e m A u s b r u c h des K o r e a k o n f l i k t e s s p r u n g h a f t an. G l e i c h z e i t i g b e g a n n sich auch das A n f a n g 1950 beschlossene I n v e s t i t i o n s p r o g r a m m der B u n d e s r e g i e r u n g a u s z u w i r k e n . D i e F o l g e n z e i g t e n sich i n der gesamten Industrie. D e r Verbrauchsgüterbereich k o n n t e die s t ü r m i s c h e N a c h f r a g e m i t seiner P r o d u k t i o n b a l d abdecken. D i e I n v e s t i t i o n s g ü t e r i n d u s t r i e dagegen n i c h t . I n d i e s e m H a l b j a h r w u r d e h i e r d e r G r u n d s t o c k f ü r b e a c h t l i c h große A u f t r a g s r e s e r v e n gelegt, die als K o n j u n k t u r p u f f e r auch noch E n d e 1952 i h r e W i r k u n g zeigten. I n T e i l e n der G r u n d s t o f f i n d u s t r i e m a c h t e n sich w i e d e r d i e u n g e n ü g e n d e n K a p a z i t ä t e n — h a u p t s ä c h l i c h eine F o l g e der D e m o n t a g e n , P r o d u k t i o n s v e r b o t e u n d - b e s c h r ä n kungen — bemerkbar. Der Kohlen- und Stahlmang e l setzte d e r P r o d u k t i o n s a u s w e i t u n g Grenzen. D i e Fertigwarenpreise, die i n Westdeutschland relativ später als i n d e n a n d e r e n L ä n d e r n a u f d i e scharf a n z i e h e n d e n W e l t r o h s t o f f p r e i s e r e a g i e r t e n , stiegen k r ä f t i g an. D a d u r c h k a m e n auch L ö h n e u n d G e h ä l ter stärker i n Bewegung. Der Auftragseingang in der Industrie der Bundesrepublik

Bereich

Auftragseingang 1 M D 1949 = 100 1950

1951

1952

Auftragseingang gegenüber Umsatz in v H 1950

1951

1952

100

100

ivi 2

1Vj 2 3. ¿IVI. 4. 2. 3. U 1Vj 2 3 k 1950

1951

n 1Vl ? 3

1950

1952

1951

U

V) 2 H 1952

IFO-INSTTTUT für Wirttdiaftiforediung Mütchen

gesteigert w e r d e n , w i e es der A u f t r a g s l a g e e n t sprochen hätte. I m V e r b r a u c h s g ü t e r b e r e i c h zeichn e t e sich jedoch schon 1951 eine F l a u t e ab, die n u r v o r ü b e r g e h e n d z u m Jahresende 1951 v o n saisonal e n B e l e b u n g e n u n t e r b r o c h e n w u r d e u n d bis z u m S o m m e r 1952 a n h i e l t . D i e K o n s u m e n t e n n a c h f r a g e w a r nach der Koreahausse w i e d e r auf e i n „ n o r m a les" M a ß zurückgegangen. D e r E i n z e l h a n d e l w a r bestrebt, seine z u h o h e n L a g e r abzubauen. D i e P r o d u k t i o n v o n V e r b r a u c h s g ü t e r n w a r w ä h r e n d des Koreabooms zu stark ausgeweitet w o r d e n u n d m u ß t e sich n u n der g e r i n g e r e n Nachfrage anpassen.

L a g ^ k y i ' M l u n ^ in

tiw

M&mM*

Von den am Konjunktupfest teilnehmenden F/'nmen bezeichneten .... %/hne Lagen an Endenzeugnisse n als

Ges. Industrie 2

150

155

156

113

100

98

Yffiffl i zu klein

|

| ausreichend

Investitionsgütenindustpie

Grundstoff- u. und allgem. Produktionsgüterindustrie

160

160

149

121

100

97

Investitionsgüterindustrie

154

196

189

114

114

101

Verbrauchsgüterindustrie

136

112

128

104

86

97

Bfi&l zu qpoO

Venbrauchsgütepindustnie

Febnua» März April Mai Juni Juli August

Sepe tmben Oktober November Dezember

1 Volumen. — 2 Ohne Bergbau, Bau, Energie, Nahrungs- u. Genußmittelind.

Jahr 1951 und 1. Halbjahr

1952

D i e s e r Z e i t a b s c h n i t t ist g e k e n n z e i c h n e t d u r c h die divergierende E n t w i c k l u n g der Investitionsgütererzeugung u n d der K o n s u m g ü t e r p r o d u k t i o n . V o m H ö h e p u n k t des K o r e a b o o m s ( A n f a n g 1951) bis e t w a z u r J a h r e s m i t t e 1952 e r h ö h t e sich der I n v e s t i t i o n s güterausstoß u m r u n d 23 v H , die V e r b r a u c h s g ü t e r e r z e u g u n g s a n k dagegen u m e t w a 8 v H . D e r I n v e s t i t i o n s g ü t e r b e r e i c h s t a n d b i s M i t t e 1952 a n h a l t e n d i m Z e i c h e n eines A u f s c h w u n g s . D u r c h die sich v e r s t ä r k e n d e n S p a n n u n g e n z w i s c h e n der u n g e nügenden P r o d u k t i o n der Grundstoffindustrie u n d d e n v e r a r b e i t e n d e n I n d u s t r i e z w e i g e n k o n n t e die I n v e s t i t i o n s g ü t e r e r z e u g u n g aber n i c h t i n d e m M a ß e

2. Halbjahr 1952 Das k o n j u n k t u r e l l e B i l d ä n d e r t e sich z u r Jahresm i t t e abermals. D i e seit 2 J a h r e n bestehende Sond e r k o n j u n k t u r der I n v e s t i t i o n s g ü t e r flaute ab. D e r A u f t r a g s e i n g a n g i n der I n v e s t i t i o n s g ü t e r i n d u s t r i e

35

I I I . Probleme der Rohstoff- und Energieversorgung lag schon seit B e g i n n 1952 n u r noch k n a p p ü b e r den g e t ä t i g t e n U m s ä t z e n ; er s a n k i m z w e i t e n H a l b jahr i m Durchschnitt leicht u n t e r den Umsatz, w o bei sich dieses V e r h ä l t n i s i n e i n z e l n e n I n d u s t r i e z w e i g e n noch w e i t u n g ü n s t i g e r gestaltete. D i e A u f tragsbestände w a r e n w e i t g e h e n d a u f g e a r b e i t e t , die P r o d u k t i o n stagnierte, fiel sogar i n w i c h t i g e n B e r e i chen leicht ab. N i c h t m e h r das P r o b l e m der K o h l e und Materialversorgung stand i m Vordergrund, sondern i n v i e l e n S p a r t e n die Sorge u m die A u f tragsentwicklung. Die Fertigwarenlagerbestände, die noch i m O k t o b e r 1951 i n v i e l e n Z w e i g e n zu k l e i n waren, wuchsen u n d w a r e n n u n i m allgemein e n ausreichend. Dagegen h a t t e seit M i t t e 1952 n u n die V e r b r a u c h s g ü t e r i n d u s t r i e i n f o l g e s t a r k e r N a c h frage des H a n d e l s eine neue B e l e b u n g a u f z u w e i s e n . Die Verbrauchsgütererzeugung t r u g n u n — ähnlich w i e bisher die I n v e s t i t i o n s g ü t e r p r o d u k t i o n — d e n w e i t e r e n Gesamtanstieg. N i c h t z u l e t z t w u r d e die Belebung i m Verbrauchsgüterbereich durch einen sinkenden Preistrend unterstützt.

d e m A b b a u der A u ß e n h a n d e l s - u n d Z o l l b e s c h r ä n k u n g e n s t ä r k e r e n t w i c k e l n ( e t w a seit H e r b s t 1949). H a t t e n 1946 als F o l g e d e r R o h s t o f f z w a n g s e x p o r t e die F e r t i g w a r e n n u r k n a p p 15 v H d e r A u s f u h r der amerikanischen u n d britischen Zone b e t r a g e n , so n o r m a l i s i e r t e sich n u n die S t r u k t u r w i e d e r . 1952 w a r der A n t e i l der F e r t i g w a r e n a u s f u h r an der gewerblichen Güterausfuhr auf r u n d 76 v H gestiegen (1936: 80 v H ) . D i e E x p o r t q u o t e d e r w e s t d e u t s c h e n I n d u s t r i e l i e g t aus diesen G r ü n d e n erst seit 1951 w i e d e r ü b e r d e m S t a n d v o n 1936. A l l e r d i n g s ist dieses E r g e b n i s noch keineswegs als b e f r i e d i g e n d anzusehen, da d e r deutsche E x p o r t i m J a h r e 1936 n u r e t w a e i n D r i t t e l seines H ö c h s t s t a n des v o m J a h r e 1929 e r r e i c h t h a t t e . D i e V e r b r a u c h s g ü t e r i n d u s t r i e n , die b i s 1950 e i n e n s t a r k a u f n a h m e fähigen Inlandsmarkt hatten, blieben i m Vergleich z u r V o r k r i e g s z e i t z u r ü c k . E r s t 1951 k o n n t e n sich auch e i n i g e Z w e i g e der K o n s u m g ü t e r i n d u s t r i e s t ä r k e r i n d e n E x p o r t einschalten, so d i e T e x t i l i n d u strie, die n u n auch q u a l i t ä t s m ä ß i g m i t d e m A u s land konkurrieren konnte.

Der industrielle Export

E i n e n besonders h o h e n A n t e i l a n d e r w e s t d e u t schen I n d u s t r i e a u s f u h r h a t t e n die Erzeugnisse d e r Investitionsgüterindustrien, deren Auslandsumsatz 1952 r u n d die H ä l f t e dessen d e r G e s a m t i n d u s t r i e d a r s t e l l t e . F ü r d e n M a s c h i n e n b a u , die F a h r z e u g i n d u s t r i e , d e n S t a h l - u n d S c h i f f b a u s o w i e f ü r die feinmechanische u n d optische I n d u s t r i e h a t der E x p o r t größere B e d e u t u n g e r l a n g t als 1936. Z u d e n e x p o r t i n t e n s i v s t e n I n d u s t r i e g r u p p e n gehören:

D e r i n d u s t r i e l l e E x p o r t k o n n t e sich erst nach der Schaffung eines b r e i t e n I n l a n d s m a r k t e s u n d

Matdtlvtcvtcxporf i n Gefahr? Westdeutschland

Mlll DM

Mlll DM 1200

1200

mmmmtm

Exportabschlüsse*5 I I

IMVM

- K Ä M i

W.

I

i

i Expopfliefenungen

i

!

1Yj.

2 Vj. 3 vj. 1951

^Hach cflen Stefrsft*

i uvj

1Vj.

i 2 vj 3.vj. 1952

U.vj

cfes VDMA

IPO-INSTITUT für Wirfithoftifandiung München

Exportquote Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz in vH. 1952 1936 Schiffbau 39 16 Feinmechanik und Optik 35 28 Musikinstrumente und Spielwaren . . . 33 34 Maschinenbau 31 17 Kali- und Steinsalzbergbau 29 31 Kohlenbergbau 24 12 T r o t z dieser E r f o l g e h a t der deutsche E x p o r t m i t der a l l g e m e i n e n A u f w ä r t s b e w e g u n g d e r W e l t a u s f u h r n i c h t S c h r i t t g e h a l t e n . Es d a r f n i c h t vergessen w e r d e n , daß die K o n k u r r e n z l ä n d e r seit 1945 d i e f r ü h e r e n deutschen A u s l a n d s m ä r k t e m i t W a r e n b e l i e f e r t e n u n d d o r t F u ß faßten. Z u m T e i l h a b e n auch e h e m a l i g e I m p o r t l ä n d e r eigene I n d u s t r i e n a u f g e b a u t , f a l l e n d a h e r als A b n e h m e r m e h r oder m i n d e r aus oder t r e t e n sogar als K o n k u r r e n t e n auf.

I I I . Probleme der Rohstoff- und Energieversorgung I n dem A u f u n d A b der K o n j u n k t u r spielten die Rohstoffengpässe eine w i c h t i g e Rolle. V o r der W ä h r u n g s r e f o r m h e m m t e der K o h l e n - u n d S t a h l m a n g e l fast j e d e n F o r t s c h r i t t . E r machte sich auch i n d e n ersten M o n a t e n nach d e r W ä h r u n g s u m s t e l l u n g m i t d e m p l ö t z l i c h e n E m p o r s c h n e l l e n der P r o d u k t i o n der v e r a r b e i t e n d e n Z w e i g e s t a r k b e m e r k b a r . Doch v o n M i t t e 1949 ab w a r e n d i e S c h w i e r i g k e i t e n i n der V e r s o r g u n g der I n d u s t r i e m i t i n l ä n d i s c h e n G r u n d stoffen a b g e k l u n g e n . Seit A n f a n g 1950 s t a n d e n i m a l l g e m e i n e n auch g e n ü g e n d ausländische R o h s t o f f e 3'

z u r V e r f ü g u n g , so daß die R o h s t o f f l a g e r d e r V e r a r b e i t e r a u f g e f ü l l t w e r d e n k o n n t e n . D i e beachtliche P r o d u k t i o n s s t e i g e r u n g seit H e r b s t 1950 b r a c h t e aber s t a r k e A n f o r d e r u n g e n nach E n e r g i e u n d auch R o h s t o f f e n , die d u r c h d e n a l l g e m e i n e n R u n a u f den W e l t r o h s t o f f m ä r k t e n starke Preissteigerungen a u f w i e s e n . S c h w i e r i g e r w a r d i e A u s w e i t u n g der Engpässe i m G r u n d s t o f f - u n d E n e r g i e s e k t o r . Fremdkapital für Investitionen i m Grundstoffbereich a u f z u n e h m e n w a r — abgesehen v o n E C A M i t t e l n — schon w e g e n d e r U n e r g i e b i g k e i t des

36

Triebkräfte u n d Hemmungen i m industriewirtschaftlichen Wiederaufbau

K a p i t a l m a r k t e s aber auch w e g e n der u n s i c h e r e n Rechtslage ( a l l i i e r t e K o n t r o l l e , E n t f l e c h t u n g ) z u m T e i l auch i n f o l g e d e r P r e i s b i n d u n g e n u n d der damit zusammenhängenden ungenügenden Rent a b i l i t ä t n i c h t m ö g l i c h . Solange P r e i s b i n d u n g e n bestanden, b l i e b auch die S e l b s t f i n a n z i e r u n g s k r a f t g e r i n g . E i g e n m i t t e l p a r t i z i p i e r t e n z. B. 1950 n u r m i t etwa einem V i e r t e l an den Gesamtinvestitionen i n den Grundstoffindustrien. Die i m Kohlenbergbau (einschließlich B e r g a r b e i t e r w o h n u n g s b a u ) 1948 bis E n d e 1951 v o r g e s e h e n e n I n v e s t i t i o n e n i m W e r t e v o n 2,64 M r d . D M k o n n t e n n u r z u 74 v H r e a l i s i e r t werden. Es d a r f n i c h t vergessen w e r d e n , daß die w i r t schaftspolitische H a n d l u n g s f r e i h e i t der Bundesr e p u b l i k eingeengt w a r (Produktionsbeschränkung e n f ü r E i s e n u n d S t a h l , chemische G r u n d s t o f f e u n d L e i c h t m e t a l l e , E x p o r t q u o t e f ü r K o h l e ) , daß daher dem Ausgleich der D i s p r o p o r t i o n a l i t ä t e n z w i -

Rohstoffmangel

1951/52

im Bundesgebiet

J FMAMJ J A S O N D J FMAMJ J A S O N D 1951

I F O - I N S T I T U T für Wirtschaftsforschung

I

München

1952

sehen G r u n d s t o f f i n d u s t r i e u n d v e r a r b e i t e n d e r I n dustrie beträchtliche Schwierigkeiten entgegen standen. D i e aus d e m E C A - F o n d s f r e i g e g e b e n e n M i t t e l flössen z w a r i n der H a u p t s a c h e i n d i e E n g paßbereiche, r e i c h t e n jedoch n i c h t aus, u m d e n a u f g e s t a u t e n K a p i t a l b e d a r f z u decken. V o n d e n bis M i t t e 1952 i n s g e s a m t i n A n s p r u c h g e n o m m e n e n G e g e n w e r t m i t t e l n e r h i e l t e n die G r u n d s t o f f i n d u s t r i e n u n d die E n e r g i e e r z e u g u n g 1,25 M r d . D M , das s i n d 44 v H , die ü b r i g e I n d u s t r i e 466 M i l l . D M , das s i n d 17 v H . Die Industrie, an einer reibungslosen Belieferung m i t Grundstoffen interessiert, schritt zur Selbsth i l f e . S i e e r k l ä r t e sich b e r e i t , f ü r I n v e s t i t i o n e n i n den Grundstoffindustrien 1 M r d . D M innerhalb eines Jahres f r e i w i l l i g a u f z u b r i n g e n (Gesetz ü b e r die I n v e s t i t i o n s h i l f e d e r g e w e r b l i c h e n W i r t s c h a f t v o m 7. 1. 1952). E n d e D e z e m b e r 1952 w i e s das K u r a t o r i u m f ü r das S o n d e r v e r m ö g e n I n v e s t i t i o n s h i l f e die V e r w e n d u n g dieser M i t t e l w i e f o l g t aus:

Verwendung der Investitionsmittel aus der Selbsthilfe-Aktion der westdeutschen Industrie nach dem Stand von Ende Dezember 1952

Sparte

Projektauswahl

Abwicklung Zusagen | Abrufe M i l l ., D M

Anzahl M i l l . D M Kohlenbergbau Eisen und Stahl Elektrizität Gas und Wasser Waggonbau (Bundesbahn) zusammen

106,3 76,1 118,6 11,6

43 26 49 106 1

222,5 264,0 241,6 179,9 50,0

171,4 222,3 159,1 31,7 —



225

958,0

584,5

312,6

Das K u r a t o r i u m rechnet d a m i t , daß die S e l b s t finanzierungskräfte i n den begünstigten Unternehm e n wachsen, so daß dieselben bis E n d e 1954 b e i gebesserter E r t r a g s l a g e (gehobene Preise, bzw. Preisfreigabe) u n d besonders auch d u r c h A u s n u t z u n g der i h n e n e i n g e r ä u m t e n e r h ö h t e n A b s c h r e i b u n g s m ö g l i c h k e i t e n e i n Mehrfaches der gegebenen K r e d i t e aus eigener K r a f t w e r d e n b e i s t e u e r n k ö n n e n . D e r E i n s a t z dieser M i t t e l sollte bis E n d e 1954 gegenüber A n f a n g 1952 nachstehende Steigerungen ermöglichen: S t e i n k o h l e n f ö r d e r u n g u m 16 v H = 19 M i l l . t. R o h s t a h l e r z e u g u n g u m 11 v H = 1,43 M i l l . t. E l e k t r i z i t ä t s e r z e u g u n g u m 17 v H = 9,86 M r d . k W h . G a s e r z e u g u n g u m 30 v H = 3,45 M r d . cbm. Seit d e m z w e i t e n H a l b j a h r 1951 h a t sich die anges p a n n t e V e r s o r g u n g s l a g e z u n e h m e n d aufgelockert, w o b e i die M a n g e l l a g e b e i W a l z w e r k s p r o d u k t e n a m l ä n g s t e n andauerte. D i e Nachfrage aus d e m I n - u n d A u s l a n d g i n g z u r ü c k , die M ä r k t e u n d Preise b e r u h i g t e n sich. D i e d u r c h g e f ü h r t e n I n v e s t i t i o n e n i n der G r u n d s t o f f i n d u s t r i e w i r k t e n sich nach u n d nach aus. D e r P r o d u k t i o n s a u s s t o ß wuchs ständig, so daß A n f a n g 1953 die R o h s t o f f v e r s o r g u n g f r i e d e n s m ä ß i g war. 1952 t r a t eine w i c h t i g e Ä n d e r u n g i m G r u n d s t o f f bereich ein. D i e K o h l e - u n d S t a h l i n d u s t r i e n W e s t deutschlands, F r a n k r e i c h s , Belgiens, L u x e m b u r g s , der N i e d e r l a n d e u n d I t a l i e n s w u r d e n z u r „ E u r o päischen G e m e i n s c h a f t f ü r K o h l e u n d S t a h l " z u sammengeschlossen. D i e „ G e m e i n s a m e n M ä r k t e " f ü r Kohle, Stahl, Erze u n d Schrott traten am 10. F e b r u a r , b z w . l . M a i 1953 i n K r a f t . Kohle I m 1. H a l b j a h r 1950 w a r die Kohlenversorgung der Wirtschaft so reichlich, daß sich sogar Absatzschwierigkeiten i m Kohlenbergbau bemerkbar machten. Die Haldenbestände stiegen erstmals seit der Währungsreform an und erreichten fast 2 M i l l . t. Der Koreaboom brachte jedoch kurzfristig so hohe Anforderungen, daß diese Bestände innerhab von 3 Monaten abgezogen waren und der alte Kohlenengpaß wieder i n aller Schärfe i n Erscheinung trat. Bis Anfang 1952 blieb die Belieferung der Industrie m i t inländischer Kohle unzureichend. Die Steinkohlenförderung übert r a f zwar 1951 m i t 119 M i l l . t zum erstenmal nach Kriegsende den Stand des Jahres 1936 (117 M i l l . t) und erhöhte sich 1952 weiter auf 123 M i l l . t. Das dem Kohlenbergbau eigene langsame Wachstum hielt jedoch nicht Schritt m i t den Anforderungen. Schwierigkeiten hatten vor allem die kohleintensiven Industrien (Eisen u n d Stahl, Chemie, Zellstoff, Steine und Erden).

37

I I I . Probleme der Rohstoff- und Energieversorgung Die Kohlenvorräte der Verbraucher schrumpften zusammen. Größere Produktionsausfälle konnten trotzdem vermieden werden, i n erster L i n i e dank umfangreicher Kohleneinfuhren aus den USA, die i m F r ü h j a h r 1951 einsetzten. I n jenem Jahr w u r d e n 5,8 M i l l . t Kohle aus den USA eingeführt, 1952 sogar 7,4 M i l l . t. Auch das Kohlenangebot außerhalb der amtlichen Z u teilungen von Kleinzechen u n d Stollenbetrieben nahm zu. Die Industrie bemühte sich außerdem, den Schwierigkeiten durch Ausweichen auf minderwertige K o h lensorten u n d andere Heiz- u n d Kraftquellen (Heizöl, Elektrizität) zu begegnen. N u r allmählich gelang es, eine Verringerung der hohen Exportverpflichtungen i m Laufe des Jahres 1951 u m 0,8 M i l l . t auf 6,0 M i l l . t je Quartal zu erreichen.

Monatsdunchschn/H-e

darunter-

oe/>unte/>

1950

2.Vj.

3Vj.

Bestände der eisenschaffenden Industrie

tVj.

1951

IFO-INSTITUT für Wirnchaftiforjchung Mündien

2.Vj

IVj.

1952

Jahr

in 1 000 Tonnen 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952

8 10 18 30 40 44 51

2 551 3 060 5 561 9 156 12121 13 506 15 806

tatsächlich

geleisteten

(Demontagen!). Die Walzstahllieferungen an i n l ä n d i sche Verbraucher blieben erheblich hinter der P r o d u k t i o n von Investitionsgüter-Fertigwaren zurück, die über zwei D r i t t e l aller Walzstahllieferungen beansprucht. Die Vormateriallager der Eisenverarbeiter schrumpften i m Laufe dieser zwei Jahre stark zusammen.

Bestände der gesamten Industrie

Verbrauch der eisenschaffenden Industrie

produktionstägliche Leistung 1

Insgesamt

i Produktionstage auf Grund der Schichten ermittelt. Quelle: Eisen- und Stahlstatistik.

I m K o h l e i f l v e r * o r g v i n < i «ter E n d u i t i i e Verbrauch der gesamten Industrie

Rohstahlproduktion i n der Bundesrepublik

®

Seit dem Herbst 1951 entspannte sich die K o h l e n versorgungslage zunehmend, i m März 1952 waren die Schwierigkeiten i m wesentlichen vorüber. Die Bereitstellung von genügenden Koksmengen für die eisenschaffende Industrie bereitete bis Jahresende 1952 trotz Ausbau der Kokereikapazitäten Schwierigkeiten. Die Steigerung der Kokserzeugung gibt ein eindrucksvolles B i l d : 1946 = 9,0 M i l l . t ; 1948 = 18,9 M i l l . t ; 1952 = 34,1 M i l l . t. Seit Beginn des Jahres 1953 scheint sich auch hier die Lage entspannt zu haben. Die Produktivität blieb i m Steinkohlenbergbau w e i t unter dem Durchschnitt der gesamten Industrie. Die Schichtleistung unter Tage lag 1952 i m m e r noch r u n d 30 v H unter der Friedensleistung (1936). Wenn sie auch i m Laufe der Jahre langsam anstieg, w u r d e doch die Erhöhung der Kohlenförderung i n erster L i n i e durch zusätzliche Arbeitskräfte (70 v H mehr als 1936) und — hauptsächlich 1951 — durch Sonderschichten erzielt. Nach den Plänen der OEEC soll bis 1956 die Steinkohlenförderung i n Westdeutschland 150 M i l l . t jährlich erreichen, wobei Investitionen i m Werte von 3,8 Mrd. D M durchgeführt werden müßten. Der Bergbau hofft 1,45 M r d . D M selbst finanzieren zu können. Eisen und Stahl M i t dem stürmischen Produktionsanstieg der verarbeitenden Industrie seit M i t t e 1950 konnte auch die Eisen- u n d Stahlerzeugung nicht Schritt halten. Die Begrenzung der Rohstahlproduktion auf 11,1 M i l l . t i m Jahr wurde offiziell erst am 25. J u l i 1952 aufgehoben. Zu der unzureichenden Rohstahlproduktion k a m h i n zu, daß auch die Walzkapazitäten zu gering w a r e n

E t w a u m die Jahresmitte 1952 bahnte sich, w e n n auch zunächst n u r rein mengenmäßig u n d global gesehen, eine entscheidende Wendung an. Die Investitionsgüterproduktion u n d die Belieferung m i t Walzstahlerzeugnissen standen i m 3. Quartal 1952 etwa i m Gleichklang. Wenn sich hier bereits A u s w i r k u n g e n der i n den vergangenen Jahren durchgeführten I n v e s t i tionen bemerkbar machten, so darf doch nicht v e r gessen werden, daß die höhere Eisen- u n d Stahlerzeugung n u r durch Einsatz amerikanischer K o h l e n möglich wurde. A u c h zusätzliche Erzimporte mußten getätigt werden. Bei dem s t r u k t u r e l l sinkenden Schrottaufkommen werden i n Z u k u n f t auch Einfuhren von Schrott durchgeführt werden müssen, so daß sich f ü r die westdeutsche Devisenbilanz von dieser Seite her eine zunehmende Belastung ergeben w i r d . Infolge der rückläufigen Auslandsnachfrage nach Walzstahlerzeugnissen ging die Stahlausfuhr seit der Jahresmitte 1952 zurück. Die i m Laufe des Jahres 1952 sich wandelnde Situation auf dem westdeutschen u n d dem Weltstahlmarkt zeigt sich noch deutlicher i n der E n t w i c k l u n g der Importe. Außenhandel der Bundesrepublik mit Walzstahl Monatsdurchschnitte i n 1000 t Zeit 1950 1951 1952 1. Halbjahr 3. Vierteljahr 4. Vierteljahr

Einfuhr 1

Ausfuhr

17 9 18 78 166

136 157 145 125 108

1 Einschließlich Material zur Lohnveredlung.

Bis M i t t e 1952 w a r die E i n f u h r v o n Walzstahl u n erheblich. Stahl w a r auch auf dem W e l t m a r k t zeitweise knapp, die ausländischen Preise w a r e n so hoch, daß sie f ü r die westdeutschen Eisenverarbeiter n u r i n Ausnahmefällen tragbar waren. Noch zu Beginn des Jahres 1952 k a m z. B. importierter Stabstahl (einschl. Zoll) etwa doppelt so teuer w i e inländischer. Die starke Diskrepanz verschwand jedoch i m Laufe des Jahres 1952 fast vollständig. Durch die Erhöhung der

38

Triebkräfte und Hemmungen i m industriewirtschaftlichen Wiederaufbau

Inlandspreise am 10. A p r i l 1952 u n d die Freigabe der Eisenpreise i m August hob sich das inländische Preisniveau, während die Walzstahlpreise auf dem W e l t m a r k t bei sinkender Nachfrage u n d größerem Stahlangebot ständig nachgaben. Die Walzstahlimporte wuchsen gegen Jahresende 1952 sprunghaft an; i m letzten Quartal stellten die Einfuhren etwa 15 v H der Inlandslieferungen dar. Der inländischen W i r t schaft standen damit monatlich 950 000 bis 1 M i l l . t Walzstahl zur Verfügung, d. h. mehr als i m gesamten Reichsgebiet i m Jahre 1937 (946 000 t). Diese reichliche Versorgung schloß nicht n u r die Sortimentslücke, sondern ermöglichte den Eisenverarbeitern gleichzeitig eine A u f f ü l l u n g ihrer Lagerbestände. Der Stahlmarkt zeigte zu Beginn des Jahres 1953 ein fast ausgeglichenes Bild. Sonstige inländische Grundstoffe Vorübergehend brachte der Koreaboom i m Jahre 1951 auch Versorgungsschwierigkeiten bei zahlreichen G r u n d - u n d Zwischenprodukten der chemischen I n d u strie. Besonders knapp w a r e n zeitweilig Kalziumcarbid (Strommangel), Chlor u n d Ä t z n a t r o n (Produktionsbeschränkungen), Schwefelsäure (Mangel an Schwefelkies), Salzsäure (Mangel an Chlor), Formaldehyd, Weichmacher u. a. m. Auch Zellstoff stand nicht i n genügenden Mengen zur Verfügung, wodurch der Papier- u n d Pappenindustrie Schwierigkeiten erwuchsen. Die Lieferfristen für Chemiefasern stiegen damals auf 6 Monate u n d darüber. Die Gummireifenindustrie hatte Schwierigkeiten bei der Beschaffung genügend großer Mengen technischen Reyons. Bereits u m die Jahreswende 1951/52 besserte sich die Versorgungslage. M i t Beginn 1952 standen i n ländische Grundstoffe wieder ausreichend zur V e r fügung. Ausländische Rohstoffe Der Rohstoffbedarf der westdeutschen Industrie muß für weite Bereiche fast ganz i m Ausland gedeckt werden. Dies gilt vor allem f ü r Textilfasern, K a u t schuk, K u p f e r u n d weitgehend für andere N E - M e t a l l e u n d Erze, E r d ö l sowie Häute u n d Felle. Der A n t e i l dieser Gruppen an der Rohstoffeinfuhr (ohne Kohle) hat sich i n den letzten Jahren nicht unbeträchtlich verschoben. O b w o h l hier die unterschiedliche Preise n t w i c k l u n g eine Rolle spielt, ist doch deutlich zu erkennen, daß Erz- und Erdöleinfuhren stärker gewachsen sind als die Rohstoffeinfuhren für die Verbrauchsgüterindustrien.

Metallen, Rohschwefel, Textilrohstoffen u n d Zucker (als Rohstoff f ü r die verarbeitende Industrie). Sie verschärften sich 1951 und führten dann zu Verbrauchsbeschränkungen u n d Kontingentierungen. Knapp w u r den auch gewisse Ledersortimente, zeitweise auch K a o l i n (Ausfuhrsperre der Tschechoslowakei). M i t dem A b k l i n g e n der Nachfrage auf den Rohstoffweltmärkten u n d sinkenden Preisen normalisierte sich die Versorgung i m Laufe des Jahres 1952 wieder. Elektrizität und Gas Die Versorgung m i t Elektrizität u n d Gas w a r bis 1948 v o l l k o m m e n ungenügend. Aber auch danach mußten häufig Stromabschaltungen vorgenommen werden. Die jeweils vorhandene Kraftwerksleistung konnte den Energiebedarf der Industrie, insbesondere i n Zeiten geringer Wasserdarbietung, nicht immer v o l l decken. So k a m es zu einer Stromkrise i m Winter 1950/51, die besonders die chemische Industrie (Karbid, Düngemittel) und die A l u m i n i u m p r o d u k t i o n hart traf. I m Winter 1951/52 standen zwar genügende K r a f t werkskapazitäten zur Verfügung, die unzureichende Versorgung der Dampfkraftwerke m i t Kohle führte jedoch abermals zu Stromkürzungen. Erst ab 1952 gab es keine Schwierigkeiten i n der Stromversorgung mehr. Die öffentlichen K r a f t w e r k e liefern etwa 60 v H des benötigten Stromes. Der Leistungszuwachs dieser Werke ist seit 1948 beachtlich. Er betrug (netto): 1948 197 M i l l . W 1949 327 „ „ 1950 618 „ „ 1951 921 „ „ 1952 860 „ „ Der stärkste Ausbau erfolgte i m Jahre 1951. Er verzögerte sich vorübergehend m i t dem Auslaufen der E R P - M i t t e l . Ende des Jahres 1952 betrug die Gesamtkapazität etwa 13,4 M r d . W. A u # b a u der

Encvgiewirischaff

Zuwachs an installierter Leistung in den öffentl. Werken im Bundesgebiet 3

Le/sfungszuwachs

c/unch>

Mi

»-w

ftaoo

t:-:;:-:-: ! Heuöaufen Bg&jgf l Behebung I

von /fn/'egsschädan

I Schätzung für 1953/5>

4 531 47 13 9 8 6

4 798 37 20 7 9 7

Einheit



Gegenüber der Vorkriegszeit sind die Einfuhranteile für Kautschuk u n d Erdöl unverhältnismäßig hoch; dies ist eine Folge der an die Ostzone verlorengegangenen Kapazitäten bzw. der Produktionsverbote für Buna u n d synthetische Treibstoffe. A n f a n g 1950 w a r die Versorgung m i t ausländischen Rohstoffen i m wesentlichen ausreichend u n d die Lager aufgefüllt. Die Koreahausse löste auch auf diesem Gebiet i n der 2. Jahreshälfte 1950 Schwierigkeiten aus. I n s besondere zeigten sich Versorgungsengpässe bei N E -

19^6

19MJ 19W 1950 1951 1952 1953 195^

IFO-INSTITUT für Wirtschaftsforschung München

Da der Stromverbrauch i m Jahre 1951 nicht ganz so stark wuchs wie der Ausbau der Kapazitäten und außerdem die Stromaustauschbilanz m i t dem Auslande günstiger wurde, ging die monatliche Ausnutzungsdauer der öffentlichen K r a f t w e r k e zurück, so daß die Anlagen seit etwa 1952 nicht mehr überlastet werden. Die zeitweilig schwierige Kohlenlage hatte oft auch eine Unterversorgung m i t Gas zur Folge, besonders i m süddeutschen Raum, so daß auch hier vorübergehend i m W i n t e r 1950/51 Kürzungen der Industriegaskontingente erforderlich wurden.

I V . Steigende Beschäftigung u n d P r o d u k t i v i t ä t

39

I V . Steigende Beschäftigung und Produktivität Der rasche Produktionsanstieg seit der Währungsreform brachte auch eine beachtliche Erhöhung der Beschäftigtenzahl mit sich. Es ist selbstverständlich, daß diese nicht i n demselben Ausmaß wuchs, wie die Produktion, denn auch die erhöhte Arbeitszeit und die durchgeführte Rationalisierung zusammen mit der besseren physischen Leistung der Menschen machte sich in einem höheren Produktionsausstoß bemerkbar. Die Gütererzeugung stieg von 1949 auf 1952 u m rund 50 vH, die Zahl der Beschäftigten i n der Industrie dagegen nur um rund 25 vH. Immerhin hat die Industrie i n diesem Zeitraum relativ mehr Menschen Arbeit gegeben ( + 25 vH), als die gesamte Beschäftigung Westdeutschlands anstieg ( + 14 vH). Ein großer Teil der Flüchtlinge konnte in der Industrie untergebracht werden.

arbeitszeit i m Herbst 1950 teilweise 50 und mehr Stunden). I m Kohlenbergbau wurden i n dieser Zeit Sonderschichten eingelegt, die dann i m Laufe des Jahres 1952 wieder langsam abgebaut wurden. Durchschnittliche Wochenarbeitszeit in der (ohne Bergbau) 1946 1947 1948 1949 1950 I n Stunden 39,5 38,9 42,2 46,3 48,0 1938 = 100 80 78 85 93 97

industriellen Beschäftigung Bundesrepublik i n K l a m m e r n gesetzten Zahlen Bundesgebiet ohne französische Zone) i n Tsd. Pers,

Nr.

Bezeichnung

1948 1 1949

1

Beschäftigte insgesamt!

2

Beschäftigte in d. Industrie« (3 359) 4 488 v H von 1 33,0

3

darunt. Frauen v H von 2

4

Industriearbeiters

5

Angestellte in der Industrie* v H von 2

1950

1951

13 463 13 604 14 296 14 885

1952

15 456

+ 13,6 vH

5004 35,0

5 407 36,3

5 631 36,4

+ 25,5 vH

(695) 20,1

1095 24,4

1308 26,1

1 424 26,3

1492 26,5

+ 36,3 vH

(2 854)

3 793

4 246

4 571

4 735

+ 24,8 vH

(505) 15,0

695 15,5

758 15,1

836 15,5

896 15,9

-1- 28,9 vH

1951 47,4 96

1952 47,5 96

I m Jahre 1950 zahlte die Industrie i m Monatsdurchschnitt 984 M i l l . D M Bruttolöhne aus. Bis 1952 war die Bruttosumme der Löhne auf 1 382 M i l l . D M monatlich gestiegen. Die Bruttosumme der Gehälter erhöhte sich i m entsprechenden Zeitraum von 280 M i l l . D M i m Monatsdurchschnitt auf 408 M i l l . DM.

Entwicklung der in der September-Stand (Die beziehen sich auf das

Veränderung 1949-1952

Industrie

Wachteitil* Produktivität ì h der I n d ù * t r i e Bundesgebiet gende Verbrauchsgüter

J Gruppen

1949

1950

1951

1952

204

230

284

295

185

183

221

225

191 185 175

196 171 170

245 189 203

250 201 204

Die nominellen Arbeitnehmereinkommen sind infolge verschiedener Erhöhungen der Lohn- und Gehaltstarife seit 1949 gestiegen. Die Lohnquote i n der Industrie (Anteil der Löhne und Gehälter am Umsatz) liegt trotzdem seit dem zweiten Halbjahr 1950 etwas tiefer als zuvor (rund 18 v H gegenüber etwa 20 vH). 1952 ist sie wieder leicht gestiegen. Bei der Deutung dieser Entwicklung sind u. a. die Erhöhung der Rohstoffkosten, der Umsatzsteuer und der Produktivität i n Betracht zu ziehen. Zur Entwicklung der Lohnkosten in der Industrie der Bundesrepublik

Arbeiterstunde

Anteil der Löhne und Gehälter am Umsatz

DM

vH

1,24 1,22 1,22 1,27 1,28 1,33 1,36 1,47 1,52 1,55 1,53 1,60 1,59 1,60

20,0 19,1 20,2 19,9 17,9 18,1 17,2 17,8 18,0 17,4 17,8 18,6 17,9 17,9

Löhne je

Zeit

1949 3. 4. 1950 1. 2. 3. 4. 1951 1. 2. 3. 4. 1952 1. 2. 3. 4.

Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart. Quart.

geleistete

Um satz je

je geleistete

Beschäftigten Arbeiterstunde

DM 3 678 4 009 3 699 3 801 4 342 4711 4 829 5 048 5 064 5 638 5 321 5 138 5 427 5 684

7,99 8,28 7,87 8,25 9,12 9,40 10,18 10,58 10,80 11,43 11,15 11,15 11,47 11,55

V . Die strukturellen Verschiebungen Bei Kriegsende entsprachen die industriellen Kapazitäten nur i n den wenigsten Fällen der Bedarfsstruktur. Verlagerungen aus Mitteldeutschland und Berlin fanden i n der Folge statt. Für fehlende Erzeugnisse mußten Produktionsstätten errichtet werden. Von den Vertriebenen wurden für Westdeutschland völlig neue Produktionen aufgenommen (Gablonzer Erzeugnisse, gewirkte Strümpfe). Bestehende Kapazitäten wurden erweitert. Die „neuen Industrien" (z. B. vollsynthetische Fasern, Kunststoffe) drangen weiter vor. Auch der Konsument diktierte zum Teil durch Veränderungen seiner Verbrauchsgewohnheiten die Entwicklungsrichtung.

Insbesondere i n den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch beeinflußten auch Eingriffe der A l l i ierten die Produktion sowohl mengenmäßig wie i m zeitlichen Ablauf. Teils waren es Produktionsverbote, die immer noch bestehen (Flugzeugbau, Kriegsschiffbau, Produktion von Panzern und Kriegsgeräten aller A r t ) oder die i m „Washingtoner Abkommen" vom 13. A p r i l 1949 i n Produktionsbeschränkungen umgewandelt wurden (z. B. für Rohaluminium, Magnesium, schwere Werkzeugmaschinen, Lokomotiven, Elektronenröhren, Schußwaffen, ab 1951 auch für synthetischen Gummi und Treibstoffe), teils beeinträchtigten Produktionsbeschränkungen die Entwicklung mancher Industrie-

42

Triebkräfte u n d Hemmungen i m industriewirtschaftlichen Wiederaufbau

g r u p p e n J a h r e h i n d u r c h schwer. D e r „ P o t s d a m e r I n d u s t r i e p l a n " v o m 26. M ä r z 1946 e n t h i e l t sogar f ü r die w i c h t i g s t e n Z w e i g e der K o n s u m g ü t e r i n d u s t r i e B e s c h r ä n k u n g e n , l e g t e z. B . d e n R o h s t o f f v e r b r a u c h der T e x t i l - u n d B e k l e i d u n g s i n d u s t r i e , d e n S c h u h v e r b r a u c h je K o p f u n d d e n P a p i e r v e r b r a u c h fest; diese B e s c h r ä n k u n g e n fielen a l l e r d i n g s b e r e i t s

B>rotfisBci!oi«fve»f»ofe Mittf -toschvSnktaitgeit in der westdeutschen Industrie Erzeugung

von Kriegsgerät

in allen Industriegruppen in der Darstellung nicht

während c/er> ganzen berücksichtigt

| Pi>oduktionsvei>bote

Industriebepeich Erzeugnis

Zeit

Schiffbau, s y n t h e t i s c h e r G u m m i , B e n z i n , ö l e u n d S c h m i e r m i t t e l , d i e u n m i t t e l b a r oder m i t t e l b a r s y n thetisch aus S t e i n - oder B r a u n k o h l e erzeugt w e r den, K u g e l - u n d R o l l e n l a g e r , m i t A u s n a h m e v o n A u s r ü s t u n g e n , d i e ausschließlich z u r H e r s t e l l u n g v o n N i c h t p r ä z i s i o n s l a g e r n v e r w e n d b a r sind. D i e i n diesem A b k o m m e n d a r ü b e r h i n a u s noch festgelegte Überwachung der Stahlkapazitäten w u r d e a m 25. J u l i 1952 m i t Rücksicht a u f das I n k r a f t t r e t e n der M o n t a n u n i o n (10. A u g u s t 1952) a u f gehoben.

verboten,

Pr>oduktion$besch!«inkungen

[ ; • ; • ; • 7 1 Kapazitätsubei»wachung

19U6fl 19W* 191*8, 19U9* 1950* 195153,1952a

Eisen ur.d Stahl Pohstahi NE-Metalle

»w

ßoha/uminium UÜttenmagn tsium Mupfae, Zink, Blei

83

Chemie Synth Gummi Synth Reibstoffe Synth Ammoniak, Chlor Grundchemika/ien, Teerfarbstoffe ' A C J . „ PTWRMI leutik»

D i e U m s c h i c h t u n g e n u n d E i n g r i f f e seit K r i e g s ende zeigen sich d e u t l i c h i n d e m unterschiedlichen W a c h s t u m der e i n z e l n e n I n d u s t r i e z w e i g e . B e r e i t s bis z u m J a h r e 1948 h a t t e n sich die einzelnen Industriegruppen unterschiedlich entwickelt i m Vergleich z u 1936. D i e f o l g e n d e n P r o d u k t i o n s Veränder u n g e n seit der W ä h r u n g s r e f o r m bis 1952 f ü h r t e n z u e i n e m noch w e i t s t ä r k e r e n A u s e i n a n d e r k l a f f e n . I m D u r c h s c h n i t t s t i e g die I n d u s t r i e p r o d u k t i o n (ohne B a u ) v o n 1948 bis 1952 u m 130 v H ; f ü r die e i n z e l n e n Industriegruppen streut die Wachstumsquote von 25 v H bis 600 v H , i n e i n e m E i n z e l f a l l sogar ü b e r 1200 v H .

Schwere Werkzeugmaschinen Kugellager Lokomotiven fkeubau) Acker-und StraOenschlepper landwirtschaff/ Maschinen Fahrzeugbau Schwere UotorrSder PKW und LKW Schiffb au

i m „ r e v i d i e r t e n I n d u s t r i e p l a n " v o m 26. A u g u s t 1947 u n d traten bei der damaligen Warenknappheit p r a k t i s c h n i c h t i n Erscheinung. E r s t das „ A b k o m men betreffend Überwachung der Industrie" v o m 3. A p r i l 1951 ließ die m e i s t e n E i n s c h r ä n k u n g e n f a l len. N e b e n d e m w e i t e r h i n bestehenden V e r b o t zur E r z e u g u n g v o n K r i e g s g e r ä t u n d abgesehen v o n v e r einzelten Produktionsbeschränkungen blieb nur noch die K a p a z i t ä t f o l g e n d e r I n d u s t r i e n einer Ü b e r wachung unterworfen:

9)

Stahlbau Eisenbahrmagen Elektrotechnik Elektronenröhren f/ektrotechn Geräte u Maschinen Schuü-, Hieb- und Stichwaffen Feinmechanik und Optik

Schuhe

19l*61)rW7 yi 19lf8 19^9 1950* 1951WI19526) ^Potsdamer /ndusfriep/an vom 23 Marz TM 6 - ^(fevidierfer Plan vom 26 August 19*7- ^Washingtoner Abkommen vom 73 April 79*9 - UAIew Yorker AuOenminisferkonferen/ im September 1950- ^Abkommen betreffend die Überwachung der Industrie vom J April 1951 - 6>Aufhebung des fiuhnstatuts am 25 Juli 1952 • 71Ähnlich für Beryllium und Vanadium Zinn und Wickel bis 19*7Kriegsschiffbau verboten

®

IFO - INSTITUT für WirtschafWorschung München

I m a l l g e m e i n e n l a g e n jene I n d u s t r i e n , die bereits i m J a h r e 1948 d e n d u r c h s c h n i t t l i c h e n S t a n d der G e s a m t i n d u s t r i e ü b e r s c h r i t t e n h a t t e n , auch i m J a h r e 1952 ü b e r d e m D u r c h s c h n i t t . E i n e A u s n a h m e b i l d e t e n n u r z w e i G r u p p e n : der Kohlenbergbau u n d die Sägerei und Holzbearbeitung. Beide hatten 1948 e i n höheres P r o d u k t i o n s n i v e a u erreicht als die

Unterschiedliches Wachstum in der Industrie 1948—1952 Steigerung der g e s a m t e n Industrieproduktion (ohne Bau) = 130 v. H. 1936 = 100 Industriegruppe unterdurchschnittl.

1948

1952

Industriegruppe

25 40 42 46 58 70 76 78 80 80 83 100 100 103 108 112 122 123 126

Ziehereien und K a l t w a l z w e r k e Hohlglaserzeugung

überdurchschnittl.

Steigerung

Nahrungsmittel Sägewerke u. Holzbearbeitung Kohlenbergbau Metallerzbergbau Flachglaserzeugung Gaserzeugung Gummiverarbeitung Elektrizitätserzeugung . . . Schuhe Chemiefaser Ledererzeugung NE-Metallhalbzeug Zellstoff- u. Papiererzeugung . Feinkeramik K a l i - u. Steinsalzbergbau Steine u n d Erden Chemie Eisenerzbergbau Stahlbau

119 72 79 97 93 79 82 123 49 133 40 46 52 64 88 51 70 88 39

1936 == 100

Steigerung um vH

149 101 112 142 147 134 144 219 88 239 73 92 104 130 183 108 155 196 88

1948

1952

Steigerung um vH

Steigerung

Brauerei Eisen-, Stahl- u n d Tempergießerei Elektrotechnik Erdölgewinnung Eisen u n d Stahl Eisen-, Blech- u n d M e t a l l waren NE-Schwermetallhütten Tabakverarbeitung Maschinenbau Schiffbau Feinmechanik u n d Optik Fahrzeugbau Mineralölverarbeitung NE-Leichtmetallhütten

41 94 51 41

97 225 125 103

137 139 145 151

44 106 143 38

118 288 395 107

168 172 176 182

47 40 33 56 27 53 30 32 15

133 125 105 189 92 184 194 224 199

183 213 218 238 241 247 547 600 1227

V. Die strukturellen Verschiebungen Gesamtindustrie, lagen aber i m Jahre 1952 mit ihren Produktionsergebnissen unter dem Durchschnitt. Die Ursachen i m Kohlenbergbau, der an und für sich nicht so kurzfristig ausdehnungsfähig ist wie andere Industrien, sind teils technischer Art, teils hängen sie mit der geringeren physischen Leistung zusammen. I n der Sägereiindustrie setzte der strukturelle Rohholzmangel der Bundesrepublik einer Produktionsausweitung enge Grenzen. Aus jenen Branchen, die i m Jahre 1948 unter dem Durchschnitt produzierten, fallen einige Zweige durch ein starkes Wachstum i n den folgenden Jahren heraus; es sind dies vor allem die hauptsächlichsten Investitionsgüterindustrien, also Maschinenbau, Fahrzeugbau, Feinmechanik und Optik und — m i t Abstand — auch die Eisen-, Blech- und Metallwarenindustrie. Das stärkste Wachstum seit 1948 zeigten die NE-Leichtmetallhüttenindustrie und die Mineralölverarbeitung. Beide lagen 1948 auf einem sehr tiefen Niveau. Der Leichtmetallsektor war bis Anfang 1949 durch Verbote gehemmt (Rohaluminium). I n der Mineralölverarbeitung waren die Raffineriekapazitäten stark kriegsbeschädigt; sie hatten auch nur die relativ geringen Mengen deutschen Erdöls zum Verarbeiten. Westdeutschland mußte damals Benzin statt Rohöl einführen, da über die Hydrierwerke ein Erzeugungsverbot verhängt war und die A n lagen zum Teil demontiert wurden. Erst seit 1949, als ein Demontagestop verordnet wurde, bestand die Möglichkeit, eingeführtes Rohöl auch in den Hydrierwerken zu verarbeiten und damit Devisen zu sparen. Die Mineralölverarbeitung, der i n steigendem Maße auch deutsches Erdöl zur Verfügung stand, stieg nun sprunghaft. Welcher A r t die Kräfte waren, die zu den Strukturverschiebungen führten, soll nachstehend in großen Zügen für die verschiedenen Industriebereiche untersucht werden. Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie

I n der Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie wirkten sich Produktionsverbote und -beschränkungen durch die Alliierten stark aus. Die Erzeugung chemischer Kriegs- und Sprengstoffe blieb bisher verboten. Erst i m Frühjahr 1951 fiel das Verbot zur Erzeugung von synthetischem Gummi und synthetischem Benzin und Öl. Von diesem Zeitpunkt ab w i r d nur noch die Kapazität überwacht. Gleichzeitig fielen auch die Produktionsbeschränkungen für Ammoniak und Chlor fort. I m Frühjahr 1949 hatten die Alliierten das Erzeugungsverbot von Rohaluminium, Magnesium und Beryllium aufgehoben, die Erzeugung blieb aber beschränkt. Die Produktion von A l u m i n i u m wurde erst i m Frühjahr 1951 ganz freigegeben, die Einschränkung für Magnesium und Beryllium blieb bestehen. Bis Mitte 1949 war auch die Erzeugung von Kupfer, Zink und Blei mengenmäßig begrenzt. Für Rohstahl wurde i m Potsdamer Industrieplan 1946 eine Quote von 5,8 M i l l . t festgesetzt, die i m August 1947 auf 11,1 Mill. t erhöht wurde. Die Begrenzung und die Überwachung der Kapazitäten sowie Demontagen gerade der modernsten Walzwerke verhinderten eine systematische Planung i m

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Stahlsektor. M i t t e 1952 wurden hier alle Beschränkungen aufgehoben. Eine starke Beeinträchtigung erfuhr besonders ein Gebiet der Produktionsgüterindustrie, die Chemiewirtschaft, durch den Verlust von Patenten und Warenzeichen. Der chemischen Industrie Westdeutschlands gingen rund 200 000 Auslandspatente, 24 000 international registrierte Warenzeichen und annähernd 200 000 i m Ausland eingetragene Schutzmarken verloren. Bis etwa 1951 wurde die chemische Industrie auch durch eine umfassende Überwachung der Forschung beeinträchtigt. Während die Zonentrennung der eisenschaffenden Industrie — an dem verbleibenden Kapazitätsanteil gemessen — keine Schwierigkeiten brachte, war die Teilung Deutschlands für die übrige Produktionsgüterindustrie von einschneidender Bedeutung. So wurde die Erzbasis für die westdeutsche NE-Metallindustrie stark beschnitten; sie verlor fast 90 v H der deutschen Kupfererzvorkommen und über 40 v H der Zinkerzlagerstätten, während i n Westdeutschland ein bedeutend größerer A n t e i l von Verhüttungskapazitäten verblieb (63 bzw. 74 vH). Die Folge war eine starke Forcierung des Metallerzbergbaues. Ähnlich w i r k t e sich der Verlust von über 60 v H der Kali-Kapazitäten auf die Entwicklung des westdeutschen K a l i bergbaus aus. Durch die Zonentrennung wurde das vorbildliche Verbundsystem der chemischen Industrie gewaltsam zerstört: i m Westen fehlten die Überschußprodukte der mittel- und ostdeutschen Chemiezentren (u. a. Soda, Ätzkali, Filme, Schwefel, Phosphor, Phenol). Neue Produktionen mußten aufgebaut werden. Andererseits gingen Absatzgebiete verloren, die i n einzelnen Sparten ein A b sinken des Anteils an der gesamten Chemieproduktion gegenüber 1936 zur Folge hatten (Düngemittelproduktion). Die Holzindustrie verlor mit den Holzüberschußgebieten östlich der Oder/ Neisse einen beachtlichen Teil ihrer Rohstoffgrundlage (46 vH). Durch die politische Isolierung Polens und der baltischen Länder vom Westen ging aber auch das Holzangebot i m europäischen Holzhandel zurück. Durch Raubbau und Zwangsexporte wurde die Rohstoffdecke weiter verkürzt. Die Folge war eine erhöhte Einfuhrabhängigkeit bei Holzhalbwaren bei gleichzeitiger Überkapazität der Sägeindustrie. Durch das Bestreben, den zu geringen Rohholzanfall besser auszunützen, entstand eine neue Sparte der Holzbearbeitung, die Spanplattenindustrie, die vornehmlich großstückigen Holzabfall als Rohstoff nutzt. A u f dem Papiersektor gingen praktisch sämtliche Sulfatzellstoffkapazitäten ebenso wie ein großer Teil der Zeitungsdruckpapierfabriken durch die Zonentrennung verloren, so daß die westdeutsche Papiererzeugung stark auf I m porte angewiesen war. Gleichzeitig mußten neue Kapazitäten erstellt werden bzw. sind zur Zeit noch i m Bau (Sulfatzellstoffabrik, Zeitungsdruckpapiermaschinen). Auch durch die Entwicklung der Technik wurde das S t r u k t u r b i l d beeinflußt. I m Aufschwung der Leichtmetallproduktion äußert sich ein Strukturwandel, begründet i n den wachsenden technischen Einsatzmöglichkeiten für A l u m i n i u m (auch als Aus-

Triebkräfte und Hemmungen im industriewirtschaftlichen Wiederaufbau

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tauschmaterial für Kupfer). Die Tendenz zur Verdrängung von NE-Metallen durch Kunststoffe setzte sich verstärkt fort. Kunststoffe und Chemiefasern konnten gegenüber der Vorkriegszeit bis 1950 ihren Anteil an der gesamten Chemieproduktion nahezu verdoppeln. Das überdurchschnittliche Wachstum der jungen Erdölgewinnung ist ebenfalls eine Folge der Technisierung. Nachfrageverlagerungen w i r k t e n sich i n der Gummiindustrie aus. Durch die zunehmende Motorisierung ging der A n t e i l der Fahrradreifen am Bruttoproduktionswert der gesamten Reifenindustrie von 15 v H i m Jahre 1950 auf 6 v H i m Jahre 1952 zurück, während der A n t e i l der Produktion von Reifen für Kraftfahrzeuge entsprechend gestiegen ist. Wandlungen i m Einsatz von Rohstoffen (z.B. i n der eisenschaffenden Industrie Rückgang des Einsatzes von ausländischem Erz — 1936: 4/s, 1952: rund V2) führten zu einem starken Produktionsanstieg i n manchen Zweigen der Grundstoffgewinnung (Eisenerzbergbau). Die veränderte Auslandsnachfrage spielte z.B. i n der Chemie eine Rolle, wo sich gegenüber der Vorkriegszeit auch strukturelle Änderungen i m Export ergaben. Der A n t e i l der Grundstoffe und Vorprodukte an der Gesamtausfuhr wuchs, da einerseits die früheren A b nehmerländer chemische Fertigprodukte i n zunehmendem Maße selbst herstellten, andererseits durch die Aufrüstung der westlichen Welt chemische Grundstoffe und Vorerzeugnisse stärker verlangt wurden als Endprodukte. Investitionsgüterindustrie

Der Investitionsgütersektor mußte viele und lang andauernde Produktionsverbote und -beschränkungen hinnehmen. Die Produktion von Kriegsmaterial blieb über die ganze Zeit hinweg verboten. Lediglich die Erzeugung von Sportwaffen bestimmter Typen wurde ab September 1950 erlaubt. Bis zum „Washingtoner Abkommen" vom 13. A p r i l 1949 war auch die Produktion schwerer Werkzeugmaschinen, der Neubau von Lokomotiven sowie von schweren Motorrädern völlig verboten, während für die P K W - und L K W - P r o d u k t i o n sowie für den Bau von Eisenbahnwagen und die Erzeugung von elektrotechnischen Geräten und schweren elektrischen Maschinen Beschränkungen bestanden. Ä h n liche Einschränkungen waren für die Gesamtproduktion der Feinmechanik und Optik bis zum A p r i l 1949 gültig. Während diese Produktionsbeschränkungen dann entfielen, wurde das Verbot zur Erzeugung von Elektronenröhren i n eine Beschränkung der Produktion auf bestimmte Typen umgewandelt. Da Elektronenröhren i n der modernen Radiotechnik für Sender-, Verstärker- und Gleichrichterzwecke unentbehrlich sind, wurde Westdeutschland damit von der technischen Entwicklung eines wichtigen Teilgebietes der modernen Physik (z.B. Fernschreib- und Fernsehübertragungen, drahtlose Telefonie und Telegrafie) ausgeschlossen. Das noch bis zum Frühjahr 1951 aufrechterhaltene Verbot der Herstellung von Elektronenröhren mit hohen Frequenzen traf auch die Elektromedizin. Erst 1951 fielen die Beschränkun-

gen für Streuung und Frequenz, einzelne Verbote blieben aber für den Elektronenröhrenbau noch bestehen. Ebenso bestehen heute noch Produktionsverbote für feinmechanische und optische Geräte für Kriegszwecke. Die Kugellagerindustrie sollte nach dem „Potsdamer Industrieplan" vollständig demontiert werden, sobald eine genügende Einfuhr und deren Bezahlung möglich gewesen wäre. Tatsächlich wurde auch das Schweinfurter Werk von Kugelfischer bis zum Jahre 1947 restlos demontiert und der SowjetUnion für Reparationszwecke zur Verfügung gestellt; allerdings wurde gleichzeitig von der amerikanischen Militärregierung der Wiederaufbau der Kapazität angeordnet. Das „Washingtoner Abkommen" von 1949 setzte eine Höchstproduktion fest, die freilich noch nicht einmal dem Bedarf des Marshallplanjahres 1949/50 entsprach. Gemäß dem Abkommen vom A p r i l 1951 blieb die Kapazität der Kugel- und Rollenlagerindustrie weiterhin der Überwachung unterworfen. Der Schiffbau wurde i n seiner Entwicklung neben dem jetzt noch gültigen Verbot des Kriegsschiffbaues durch einschneidende Beschränkungen bezüglich Geschwindigkeit und Tonnage der zu bauenden Handelsschiffe gehemmt. Die Beschränkungen kamen bis zum Abkommen i m Frühjahr 1949 praktisch einer völligen Lahmlegung der deutschen Schiffahrt gleich (keine Hochseeschiffe!). Von diesem Zeitpunkt ab konnten die Begrenzungen i m Bau und bei Erwerb von Schiffen i m Ausland überschritten werden, aber nur mit Bewilligung für jeden einzelnen Fall; i n der New-Yorker Außenministerkonferenz i m September 1950 fielen dann alle Beschränkungen bezüglich Geschwindigkeit und Tonnage beim Bau von Schiffen für ausländische Rechnung. Erst i m Abkommen vom Jahre 1951 wurde der Schiffbau vollständig freigegeben, nur die Werftkapazität blieb weiter unter Kontrolle. Die Zonentrennung brachte der Investitionsgüterindustrie zum Teil empfindliche Verluste. So gingen bestimmte Sparten der Maschinenindustrie fast völlig verloren, vor allem die Kapazitäten für Strick- und Wirkmaschinen, Spinnereimaschinen, Rechenmaschinen, Spezialmaschinen für das graphische Gewerbe, die ihren Sitz fast ausschließlich i n Sachsen, Thüringen und Berlin hatten. I n Westdeutschland verblieben auch zu geringe Kapazitäten der Büromaschinenindustrie sowie der Näh- und Papiermaschinenherstellung. Diese Engpässe w u r den i m Laufe der Jahre in der Hauptsache durch Verlagerungen aus dem Osten nach Westdeutschland behoben. Während dem Fahrzeugbau 1945 i m Durchschnitt genügend große Kapazitäten zur Verfügung standen, erlitt die Elektroindustrie durch die Zonentrennung schwerste Verluste. I m Gebiet der Bundesrepublik lagen nur etwa 38 v H der elektrotechnischen Gesamtkapazitäten Deutschlands, während i m Durchschnitt der gesamten Industrie der für Westdeutschland verbliebene Kapazitätsanteil rund 61 v H betrug. Die i n Westdeutschland liegenden Kapazitäten hatten nicht nur unter Kriegsschäden gelitten, sondern wurden auch noch zum

45

V. Die strukturellen Verschiebungen Teil demontiert. I n der Elektroindustrie setzte daher nach Kriegsende ein Verlagerungsprozeß nach Westen ein, der zu einer Änderung des S t r u k t u r bildes wie k a u m i n einer anderen Industrie geführt hat. Dieser Prozeß erstreckte sich besonders auf die leichte Fertigung (Funk- und Fernmeldetechnik, elektromedizinische Geräte sowie Röhren u n d G l ü h lampen). Dagegen konnte sich die schwere F e r t i gung (Maschinen u n d Geräte für die Stromerzeugung und -Umwandlung) i n B e r l i n besser behaupten. Die Folge w a r ein stürmisches Wachstum der Produktion i n Westdeutschland, während der Gesundungsprozeß i n Westberlin durch die Verhängung der Blockade i m Jahre 1948 erst 1950 einsetzen konnte. I n Westdeutschland produzierte die Elektroindustrie i m Jahre 1952 fast das Dreifache von 1936, i n Westberlin n u r r u n d 60 v H des V o r kriegsstandes (1936).

Big

Indufiri^iodiiMion nach Besatzungsbeneichen 7336-700

1 kO Bundesgebiet "

l)

[Währungsreform"! 100

100

ko

ko

20

1 2

19^61 19*f7 19^8 Il9*f9 1950 1951 I 1952

Eisen-, Blech- und Metallwarenerzeugung beteiligt gewesen, i n einzelnen Zweigen n u r zu 10 v H (Schlösser u n d Beschläge, Herde und Öfen, Schneidwaren) bzw. n u r etwa zu 5 v H (Feinblechpackungen). Größere Produktionsumstellungen bzw. die Aufnahme von branchenfremden Fertigungen (besonders i n der Schneid warenindustrie) waren notwendig. Wichtige Teile der Industrie, z. B. die Werkzeugindustrie, haben ihre beherrschende Position am internationalen M a r k t infolge der langen Abschnürung durch den K r i e g verloren. Die Überkapazität machte sich i n manchen Fertigungen dieser Industriegruppe störend bemerkbar. Die Technisierung des Wirtschaftslebens k o m m t i m allgemeinen i n einer überdurchschnittlichen Steigerung der Investitionsgüterproduktion zum Ausdruck. Deutlich zeigt sich dies auch i m Schiffbau,, w o der A n t e i l der gebauten Tankertonnage i n Westdeutschland wie auch i n den schiffbautreibenden Konkurrenzländern ständig wächst. Als Beispiel, w i e Verlagerungen der Nachfrage die industrielle S t r u k t u r verändern können, sei der Fahrzeugbau genannt. Innerhalb der Lastkraftwagenproduktion erlebten die Kombinationskraftwagen einen gewaltigen Aufschwung auf Kosten der Dreirad- und leichten Lieferwagen. I n zunehmendem Maße w u r d e n motorlose Zweiradfahrzeuge durch Fahrzeuge m i t Motor ersetzt: Die Fahrradindustrie erreichte n u r etwa die Hälfte des Produktionsvolumens von 1936; die Motorradproduktion w a r 1952 r u n d zweimal so groß wie 1936, während die neu aufgenommene Erzeugung von M o t o r r o l l e r n sich von 1950—1952 mehr als vervierfachte. I n der Fotoindustrie erreichte die Erzeugung der gefragten billigen Boxkameras 1952 fast die Hälfte der Gesamtproduktion. I n der Uhrenindustrie zeigte sich eine Verlagerung von Taschenuhren zu A r m b a n d u h r e n usw. Verbrauchsgüterindustrie

^ ohne Fneng/e und ßdu Während i n/ der Verbrauchsgüterindustrie kei) nacht Berechnungen des Deutschen /nsf/tufs für W/rfschaftsfönschung Ben/m, ohne ßdu botine Fnerg/e; ßzucht u Gärtnere/ IFO-tNSTITUT für Wirtthoftsfondiung Mönchen

1951

1952 1953

80

Bessere E r n ä h r u n g u n d steigende Produktion der Landwirtschaft

58

zur Industrie ein und senkte die Zahl der landwirtschaftlichen Fremdarbeiter. Ende 1952 war etwa der Vorkriegsstand wieder erreicht. M i t dem Abzug überzähliger Arbeitskräfte vom Lande verband sich eine gewisse negative Auslese. Dieser Vorgang setzt eine Entwicklung fort, deren Anfänge weit i n die Vorkriegszeit zurückreichen. Betriebsausgaben u n d Verkaufserlöse der Landwirtschaft

trieb vorherrscht, ist dieser Lohnanspruch erheblich größer als der nur für familienfremde Arbeitskräfte ausgewiesene Betrag. Die Aufwendungen für sächliche Betriebsmittel machen etwa 65 v H der Betriebsausgaben aus. A u f Betriebsmittel industrieller Herkunft entfallen dabei rund 4,6 Mrd. DM, d. s. 53 v H der gesamten Betriebsausgaben. Betriebsausgaben der Landwirtschaft

Der Aufschwung der landwirtschaftlichen Produktion kommt nicht nur i n den steigenden Lieferungen von Agrarerzeugnissen zum Ausdruck, sondern ebenfalls i n den Käufen von Betriebsmitteln. Angaben über die mengenmäßige Entwicklung der Betriebsaufwendungen liegen nur i n beschränktem Umfange vor; immerhin ist bereits aus der Beschaffung von Ackerschleppern, besonders aber aus der Verwendung von Handelsdünger, ein Eindruck zu gewinnen. Der Bestand an Ackerschleppern i m Bundesgebiet hat sich von rund 35 000 Stück i m Jahre 1939 und rund 90 000 Stück 1949 auf 250 000 Stück i m Jahre 1952 erhöht. Der Handelsdüngerverbrauch ist — über Reinnährstoff berechnet — von 1948/49 bis 1951/52 u m etwa 30 v H gestiegen. K e i n Betriebsmittel vermag i n kurzer Zeit die Bodenproduktion so zu steigern wie der Handelsdünger. Der Rückgang der Brutto-Bodenproduktion bis unter 60 v H des Vorkriegsstandes ist i n der Zeit bis zur Währungsreform vor allem auf den Mangel an Handelsdünger zurückzuführen. Nachdem zunächst der dringendste Bedarf insbesondere an Stickstoff durch Einfuhr gedeckt worden war, stieg 1948/49 mit der westdeutschen Düngemittelproduktion auch der Verbrauch je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche stärker an und überschritt die Vorkriegshöhe. Verbrauch an Handelsdüngemitteln i n k g Reinnährstoff j e ha landw. Nutzfläche Wirtschaftsjahr

Stickstoff (N)

Phosphorsäure

(P2O5)

Kali (K 2 O)

Kalk (CaO)

1935/39

20,8

26,4

39,1

56,51

1947/48 1948/49 1951/52

18,4 23,3 27,4

15,1 28,5 33,4

28,5 40,1 51,2

73,2 59,0

1 1938/39.

I m Gegensatz zum Handelsdünger hat die Verwendung von Zukauffuttermitteln die Vorkriegshöhe noch nicht wieder erreicht. U m so bemerkenswerter ist deshalb der Anstieg, den die Veredelungsproduktion — Fleisch, Milch und Eier — nach 1948 infolge intensiveren Einsatzes der wirtschaftseigenen Futtermittel aufzuweisen hat. Die Betriebsausgaben der Landwirtschaft betrugen 1938/39 rund 3,9 Mrd. RM, stellten sich 1948/49 auf 5,6 Mrd. D M und erhöhen sich i m Wirtschaftsjahr 1952/53 auf 9,2 Mrd. DM. Der Lohnaufwand stellte sich 1951/52 auf 2,1 Mrd. DM, das sind 23,5 v H der Betriebsausgaben. Dabei ist zu beachten, daß hierin Lohnansprüche der mitarbeitenden Familienangehörigen nicht enthalten sind. Da i n Westdeutschland der bäuerliche Be-

A r t der Betriebsausgaben

1938- 1948- 1949- 1950- 195152 39 49 50 51 Mill.

Löhne u. Sozialversicherungen Sächl. Betriebsmittel ind. H e r kunft 1 Sonstige sächl. Betriebsmittel 2 Zinsen, Steuern, Lasten u. Sonstiges 3

RM/DM



860 1570 1650 1770 2065 1797 2972 3309 3800 4630 619 431 794 854 1075 670 675 846 931 1025

Betriebsausgaben insgesamt . . 3946 5648 6599 7355 8795 —

Löhne u. Sozialversicherungen Sächl. Betriebsmittel ind. H e r kunft 1 Sonstige sächl. Betriebsmittel 2 Zinsen, Steuern, Lasten u. Sonstiges 3

in vH —

100 183 192 206 240 100 165 184 211 258 100 70 128 138 174 100 101 j 126 139 153

Betriebsausgaben insgesamt . . 100 143 167 186 223 1 Handelsdünger, Neubauten und Unterhaltung von Gebäuden, neue Maschinen und Inventarunterhaltung, Pflanzenschutzmittel, Brenn- und Treibstoffe und elektr. Strom sowie 60 v H der allgemeinen Wirtschaftskosten. 2 Futtermittel, Saatgut und Nutzvieh. 3 Betriebssteuern und Lasten, Schuldzinsen sowie 40 v H der allgemeinen Wirtschaftskosten. Quelle: Padberg a.a.O.

W i l l man die Bedeutung der Landwirtschaft als Abnehmer industrieller Erzeugnisse in vollem Umfange feststellen, so müssen zu den oben errechneten rund 4,6 Mrd. D M für Betriebsmittel industrieller Herkunft noch die Ausgaben der Bauern und Landarbeiter für die Beschaffung privater Bedarfsgüter (Hausrat, Bekleidung, usw.) einbezogen werden. Padberg 1 schätzt diesen Betrag auf 3,4 Mrd. D M (80 v H des Barlohnes der Landarbeiter und 80 v H der baren Privatausgaben der Bauern). Hieraus ergibt sich, daß die Landwirtschaft i m Jahre 1951/52 mit rund 8 Mrd. D M als Käufer industrieller Erzeugnisse auf dem Inlandsmarkt auftrat. Gegenüber 1948/49 bedeutet dieser Betrag eine Steigerung u m etwa 2,5 Mrd. D M ( + 45 vH). Die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft hat sich seit der Währungsreform, besonders nach Inkrafttreten der Marktgesetze 2 günstig gestaltet. I m Wirtschaftsjahr 1952/53 ist diese Entwicklung zu einem gewissen Stillstand gekommen. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die westdeutsche Landwirtschaft sich mit der Währungsreform wieder zu ihrer vollen Leistungsfähigkeit entwickelt und bereits 1950/51 den Produktionsstand der Vorkriegszeit überschritten hat. Der 1 Vgl. „Agrarwirtschaft" Jg. 2, 1953, Heft 3. 2 Getreidegesetz im November 1950, Zuckergesetz im Januar 1951, Milch- und Fettgesetz im Februar 1951, Vieh- und Fleischgesetz im April 1951.

59

Anstieg der Beschäftigung Produktionswerte, Verkaufserlose u. Betriebsausgaben* der westdeutschen Landwirtschaft — Mrd. R M / D M — Sachangaben Geldwert der Nahrungsmittelproduktion . . . . Verkaufserlöse Betriebsausgaben 2

1952/53 0 1935/36 1948/49 1949/50 1950/51 1951/52 Vorschätbis zung 1938/39

6,7 5,2 3,9

9,9 11,5 13,0 15,9 15,8 6,5 8,1 9,4 12,1 12,0 5,6 6,6 7,4 8,8 9,2

1935/39 — 1951/52 nach Thiel u. Padberg; 1952/53 eigene Schätzung. i Die Betriebsausgaben umfassen nicht den vollen Betriebsaufwand, da dieser noch in beträchtlichem Umfang Naturalaufwendungen einschließt. Vor allem enthalten sie nicht den Lohnanspruch der familieneigenen Arbeitskräfte. 2 Ohne Zinsen für Umstellungsgrundschulden. — Einschließl. der Ausgaben für Neubauten und Beschaffung neuer Maschinen (entsprechend BEM).

schnelle Anstieg der Produktion dürfte damit abgeschlossen sein, so daß weiterhin nur mit den niedrigeren „normalen" Jahreszuwachsraten zu rechnen ist. Möglicherweise werden sich zugleich die Ein-

nahmen entsprechend schwächer entwickeln, während die Betriebsausgaben einstweilen noch — und zwar sowohl von der Mengen- als auch von der Preisseite her — steigende Tendenz aufweisen. Die Ertragslage der Landwirtschaft würde, wenn diese Annahmen zutreffend sind, als zumindest labil anzusprechen sein. Da sich gezeigt hat, daß die Normalisierung der Ernährung und die Normalisierung der landwirtschaftlichen Produktions- und Marktleistung auf das engste miteinander verbunden sind, kommt der Erhaltung einer gesunden landwirtschaftlichen Produktionsgrundlage entscheidende Bedeutung zu. Daneben müssen aber die Voraussetzungen für die Einfuhr, besonders von Getreide, Zucker und Fett, gewahrt bleiben. Die Sicherung der Ernährung erfordert also neben einer auf lange Sicht eingestellten Agrarpolitik eine Außenhandelspolitik, die sowohl dem notwendigen Zuschußbedarf an Nahrungsmitteln als auch der Weiterentwicklung der deutschen Agrarerzeugung Rechnung trägt.

Anstieg der Beschäftigung Arbeitnehmer-Potential September-Zahlen

D i e Umstellungen nach 1948

Zur Zeit der Währungsreform lag die Zahl der unselbständigen Beschäftigten zwar über der Vorkriegszeit (1938), aber sie war nicht i n gleichem Maße wie die Bevölkerung gewachsen. Die verdeckte Inflation, das Übermaß an Bewirtschaftung und die Verbreitung naturalwirtschaftlicher Methoden hatten außerdem zur Folge, daß die beschäftigten Arbeitskräfte vor der Währungsreform großenteils unwirtschaftlich verteilt und wenig produktiv waren. Deshalb mußte erwartet werden, daß die nach einer Währungsreform notwendige Rationalisierung einen wesentlichen Rückgang der Beschäftigung und einen entsprechenden Anstieg der Arbeitslosigkeit bringen würde. Die Währungsreform gab der Wirtschaft jedoch einen solchen Auftrieb, daß i m ersten Jahr (1948/49) trotz großer Umsetzungen die Zahl der Beschäftigten insgesamt auf gleicher Höhe blieb und die Arbeitslosigkeit nur durch den starken Zustrom neuer Arbeitskräfte anwuchs. Dieser Zustrom hielt auch i n den folgenden Jahren an, aber die Beschäftigung stieg ebenfalls, seit 1950 sogar stärker, so daß die Arbeitslosigkeit seitdem zurückging. Der Erfolg der vergangenen 5 Jahre war demnach eine bedeutend vermehrte und produktivere Beschäftigung, durch die neue Arbeitskräfte untergebracht werden konnten und seit 1950 auch die Arbeitslosigkeit verringert wurde. Vor allem i n der ersten Zeit nach der Währungsreform mußten die Arbeitskräfte solche Arbeitsverhältnisse aufgeben, die nur unter den früheren Geldverhältnissen möglich oder wegen der Lebensmittelkarten, der Zuzugsgenehmigungen und aus ähnlichen Gründen nur zum Schein eingegangen worden waren. Die unnatürlich übersetzten Wirtschaftszweige, wie die Land- und Forstwirtschaft, das Dienstleistungsgewerbe, Verkehr und Verwaltung, gaben einen großen Teil ihrer Arbeits-

Jahr

Bevölkerung 1

Unselbständige Beschäftigte 2

ErwerbsBeArbeitssch äftigtenlosenlose Quote3 Quote4

in 1000 Personen

1938 1950 1952

39 350 47 696 48 593

12 247 14 296 15 456

1 272 1 051

31,1 30,0 31,8

8,2 6,4

1 Bevölkerung: 1939 und 1950 nach der Volkszählung; 1952 fortgeschriebene Wohnbevölkerung. 2 Nach der Arbeitsbucherhebung vom 25. 6. 1938 und der Berufszählung 1939; 1950 und 1952 nach der Beschäftigtenstatistik. 3 Anteil von Spalte 2 an Spalte 1. \ . „w 4 Anteil von Spalte 3 an Spalte 2 + 3. / 1 U V i l

kräfte an die gewerbliche Gütererzeugung sowie den Handel und das Geldwesen ab. Dieser Prozeß setzte sich i n der folgenden Zeit zwar langsamer, aber i n der Tendenz kaum verändert fort. Dabei haben die vorwiegend industriellen Wirtschaftszweige den absolut größten Zuwachs der Beschäftigung aufzuweisen. Innerhalb der Industrie liegen die Investitionsgüterzweige (Bauwirtschaft und industrielle Investitionsgüter) an der Spitze. Der textile Bereich blieb aber nur wenig dahinter zurück, weil er i n der rohstoffknappen Zeit verhältnismäßig wenig produzieren konnte und später einen hohen Nachholbedarf zu befriedigen hatte. Die relativ größte Zunahme weist der Zweig Handel, Banken und Versicherungen auf. Die Neubelebung der Marktwirtschaft hat hier ein Wachstum hervorgerufen, das sich bis i n die letzte Zeit unvermindert fortgesetzt hat. Auch bei der Verwaltung und verwandten Berufen haben die Beschäftigten seit 1949 wieder zugenommen. Der Anstieg war zwar nur reichlich halb so groß wie i m Durchschnitt aller Wirtschaftszweige, aber auch damit hatte man schwerlich gerechnet, nachdem die vorausgegan-

60

Anstieg der Beschäftigung

gene Zeit durch ein Übermaß von Verwaltung und Lenkung gekennzeichnet war. Die Rückbildung der Beschäftigung i n der Landund Forstwirtschaft sowie bei den Besatzungsdiensten ist als Strukturwandlung zu einer besseren Produktivität zu begrüßen. Ähnliche Umschichtungsprozesse haben sich auch innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige und Betriebe ergeben, indem unrationelle Beschäftigungen eingeschränkt und auf rationellere Arbeiten umgestellt worden sind. Der wirtschaftliche Fortschritt der letzten fünf Jahre liegt also auch i n einem produktiveren Einsatz der Beschäftigten. Anteile der Wirtschaftszweige 1 an der Gesamtbeschäftigung Ende September

früher i n Berlin konzentriert waren, ihre Betriebe i n Westdeutschland stark erweitert. I m Maschinenbau und i n verwandten Gewerben w i r k t sich der große Wiederaufbaubedarf aus. Beim Bergbau hat das Zurückbleiben der Schichtleistungen je Kopf eine hohe Zunahme der Belegschaft bedingt. Die Abschaffung der deutschen Wehrmacht (wovon hier nur Arbeiter, Angestellte und Beamte erfaßt sind) ist durch die Bediensteten für die Besatzung mehr als ausgeglichen worden. Die Landwirtschaft weist zwar noch eine geringe Zunahme der Beschäftigten gegenüber der Vorkriegszeit auf, aber die zunehmende Technisierung spart fortlaufend Arbeitskräfte ein. Zu- oder Abnahme der Wirtschaftszweige (Ende September) Zu- bzw. Abnahme 1952 gegenüber

1938 1948 1949 1950 1951 1952 Wirtschaftszweige

Wirtschaftszweige

in vH

1. Bauwirtschaft . I I . Investitionsgütererzeugung I I I . Bergbau I V . Verbrauchsgütererzeugung V. Verteilung u n d Verwaltung

Handel-, Geld-, Bank- und Versicherungswesen. . Verwaltung, Bildungswesen, Rechts- und Wirtschaftsberatung ..

11,3

9,6

9,0 3,9

8,8 ! 4,1 i

11,7

10,9

10,6

11,0

9,1 4,2

9,5 4,1

10,1 4,1

10,3 4,1

10,9 ! 11.9

12,5

12,5

12,4

i

1

I

9,8

7,3 V I . Verkehr (einschl. Post u n d Bahn) 6,9 V I I . Persönl. Dienstleistungen 12,1 V I I I . L a n d - und Forstwirtschaft 7,3 I X . Sonstige Berufsgruppen . . 20,7 Beschäftigte insges.

9,9

!

8,1 ; 8,8 8,5

8,3

9,5 7,9

10,0 7,9

10,5 7,8

8,4

8,0

7,6

7,4

7,3

12,5

11,4

10,4

10,1

9,7

10,7

9,0

7,9

7,2

6,6

18,4

19,4

19,7

20,2

20,3

100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

1 Zusammenfassung der Wirtschaftszweige gemäß dem vorwiegenden Charakter.

Die Unterschiede der Zu- und Abnahmen i n den einzelnen Jahren entsprechen meist den verschieden starken konjunkturellen Antrieben. Das gilt vor allem für die Industrie, insbesondere für das Verhältnis zwischen Investirons- und Verbrauchsgütererzeugung. Außerhalb der Industrie ist der Wachstums- bzw. Schrumpfungsprozeß i m Laufe der Jahre zum Teil i n überraschender Weise konstant geblieben. Daraus könnte man schließen, daß diese Entwicklungen auch weiterhin anhalten werden. Indessen haben strukturelle Veränderungsprozesse der vorliegenden A r t gewisse natürliche Grenzen; nach einiger Zeit müssen sie nachlassen und schließlich aufhören. Vorkriegsvergleich

Die einzelnen Wirtschaftszweige haben sich seit 1938, vor allem infolge der Teilung des alten Reichsgebietes, verschieden stark entwickelt. So haben Elektrotechnik und Bekleidungsgewerbe, die

1938

1948

1949

in vH

I. Bauwirtschaft + 25,2 + 15,7

+ 30,7 + 35,9

+ 26,2 + 27,4

+ 35,8 + 78,7

+ 35,1 + 29,6

+ 30,4 + 23,2

+ 35,3

+ 15,7

+ 11,9

+ 26,1 + 68,0

+ 58,6 + 10,1

+ 24,1 + 14,0

+ 16,9

+ 31,8

+ 16,9

+ 35,6

+ 49,3

+ 34,8

+ 34,3

+

5,7

+

7,2

+ 32,3

— 1,3

+

2,9

— 21,9 + 9,3

3,2 — 29,7

+ 0,1 - 15,2

+ 57,6

+

+

+ 15,2

-28,9

— 17,3

I X . Sonstige Berufsgruppen

+ 23,1

+ 26,8

+ 19,1

Beschäftigte samt

+ 26,2

+ 14,8

+ 13,6

Baugewerbe Baustoffindustrie

I I . Investitionsgütererzeugung Maschinenbau usw Elektrotechnik

I I I . Bergbau I V . Verbrauchsgütererzeugung Textilgewerbe Bekleidungsgewerbe Nahrungs- und Genußmittelgewerbe

V. Verteilung u n d V e r waltung Handel-, Geld-, Banku. Versicherungswesen .. Verwaltung, Bildungswesen, Rechts- und Wirtschaftsberatung

V I . Verkehr (einschl. Post u n d Bahn) V I I . Persönliche leistungen

Dienst-

Häusliche Dienste Besatzgsdst. bzw. Wehrm. Volks- und Gesundheitspflege

V I I I . L a n d - und wirtschaft

Forst-

insge-

1,8

6,7

Vergleicht man jedoch die anteilige Zusammensetzung der Beschäftigung nach Wirtschaftszweigen von 1938 bis 1952, so zeigt sich, daß diese überraschend gleichmäßig geblieben ist. Die Veränderungen sind trotz der großen absoluten Unterschiede und der scheinbar grundlegenden Strukturänderungen verhältnismäßig gering. I n beiden Jahren hat die Bauwirtschaft ungefähr denselben hohen A n t e i l an der Beschäftigung aufzuweisen (1938 durch die Rüstung, 1952 durch den Woh-

61

Anstieg der Beschäftigung

nungsbau und Wiederaufbau bedingt). Die Investitionsgütererzeugung hat i n 1952 entsprechend ihren größeren Aufgaben für Wiederaufbau und Export einen höheren Anteil an der Gesamtbeschäftigung. Die Verbrauchsgütererzeugung profitiert, vor allem i m Bekleidungsgewerbe, von dem erheblichen Nachholbedarf und der Verlagerung aus dem Osten. Selbständige Beschäftigte 1939 und 1950* i n 1000 Personen 19502

1939 Wirtschaftsbereich

Män- i Frau- zusamner 1 men

Land- u. Forstwirtschaft 1097 Industrie und Handwerk 696 Handel und Verkehr . . . 513 125 Dienstleistungen

Männer

Frauen

zusammen

169 1266 1038 215 1253 134 830 789 149 938 155 668 639 181 820 38 163 186 61 247

A l l e Wirtschaftsbereiche 2431 496 2927 2652 i 606 3258 1 Nach den Volkszählungen vom 17. Mai 1939 und 13. September 1950; die Zahlen sind wegen gewisser Änderungen der Systematik nach Wirtschaftsbereichen nicht voll vergleichbar. 2 Nach „Stat. Berichte", Arb. Nr. VIII/8/3 und VIII/8/18 des Statistischen Bundesamtes. — Beschäftigte ohne mithelfende Familienangehörige.

Da es über die Zahlen der selbständigen Erwerbstätigen keine laufenden Statistiken gibt, muß hier ein Vergleich mit den Volkszählungen genügen. Das verhältnismäßig geringe Wachstum der selbständigen Beschäftigten erklärt sich mit den Schwierigkeiten neuer Betriebsgründungen und vor allem mit den landwirtschaftlichen Verhältnissen. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe läßt sich kaum vermehren und die Rationalisierung sowie der Drang nach lohnenderen Tätigkeiten hat sogar einen kleinen Rückgang der Erwerbstätigen bewirkt. Industrie und Handwerk (hier praktisch fast nur das Handwerk) sind beträchtlich gewachsen; die Unterstützung Heimatvertriebener und die Einführung der Gewerbefreiheit haben dabei wesentlich geholfen. Absolut am stärksten haben die Erwerbspersonen i m Handel und Verkehr zugenommen. Dies w i r d auf die dortigen günstigen Verdienstmöglichkeiten und die marktwirtschaftlichen Tendenzen überhaupt zurückzuführen sein. Das relativ größte Wachstum zeigt das Dienstleistungsgewerbe (freie Berufe des Gesundheitswesens, der Erziehung, der Rechts- und Wirtschaf tsberatung usw.). Hier w i r k t außer der Wirtschaftsfreiheit mit, daß zahlreiche Personen ihre früheren Berufs- und Arbeitsverhältnisse aufgeben mußten und der Übergang zu selbständigen Dienstleistungen keine größeren Kapitalmittel erfordert. I n folgedessen erreichten allein die Heimatvertriebenen i m Jahre 1950 bereits 13 v H der selbständigen Erwerbstätigen i m Bereich der Dienstleistungen. Steigende Beschäftigung bei hoher Arbeitslosenzahl

Trotz der starken Wirtschaftsbelebung nach 1948 hat sich nicht vermeiden lassen, daß nach 1948 die Arbeitslosigkeit zunächst gestiegen ist. Da aber die Beschäftigung von 1948 auf 1949 i m Jahresdurchschnitt gleich geblieben ist (rund 13 540 000 Per-

sonen), beruht das gleichzeitige Wachstum der Arbeitslosigkeit (um 538 000 Personen) nicht auf rückläufiger Wirtschaftstätigkeit, sondern auf dem Zugang neuer Arbeitskräfte. Noch mehr gilt das für das folgende Jahr (1949/50), i n dem die Beschäftigung um 285 000, die Arbeitslosigkeit u m 250 000 Personen gewachsen ist. Für einen Vergleich der jetzigen Arbeitslosigkeit mit der der Vorkriegszeit darf nicht nur die Arbeitslosenzahl herangezogen werden, die Mitte 1938 für das Deutsche Reich mit nur 292 000 Personen (1936 noch mit 1 315 000 Personen) angegeben wurde. Daneben waren nämlich durch Wehrmacht, Arbeitsdienst und ähnliche Organisationen viele arbeitsfähige Personen dem Wirtschaftsleben entzogen. Von der Arbeitsbuchkartei wurden am 25. Juni 1938 für das Deutsche Reich 22 287 000 Personen (ohne Beamte) erfaßt. Davon standen 20 708 000 i n Arbeit. Demnach müssen 1 579 000 Personen arbeitslos oder i n der Wehrmacht und dergleichen gewesen sein. A u f die veränderten Bevölkerungszahlen umgerechnet entspräche das einer Nichtbeschäftigung von rund 1 100 000 Personen Mitte 1950. I n diesem Zeitpunkt lag die Arbeitslosigkeit des Bundesgebietes mit 1 538 000 u m rund 440 000 Personen höher, als es den Zahlen von 1938 entspräche. Mitte 1952 waren es nur noch 140 000 Arbeitslose mehr. Da die Erwerbsquote zu dieser Zeit höher als 1938 lag, ist die größere Arbeitslosigkeit allein durch den verstärkten Andrang zur Erwerbstätigkeit zu erklären. V e r t e i l u n g der Arbeitslosigkeit auf die L ä n d e r

M i t der Industrie als Motor der Wirtschaftsentwicklung konzentrierte sich der Beschäftigtenzuwachs nach 1948 auf die Länder mit starkem Industrieanteil. Dadurch konnte Nordrhein-Westfalen seinen Anteil an den Beschäftigten des Bundesgebietes von 29,4 v H i m September 1948 auf 31,8 v H i m September 1952 erhöhen. Relativ noch mehr stieg der A n t e i l von Baden-Württemberg i n der gleichen Zeit, nämlich von 13,0 v H auf 14,6 vH. Entsprechend verminderte sich der A n t e i l der wirtschaftlich schwachen und stark mit Flüchtlingen belegten Länder. Bei Niedersachsen ging er von 14,2 v H auf 12,5 v H zurück, bei Bayern von 18,4 v H auf 17,2 vH, bei Schleswig-Holstein von 5,3 v H auf 4,2 vH. Die übrigen Länder konnten ihren A n t e i l an der Beschäftigung ungefähr behaupten. Die Arbeitslosigkeit traf die einzelnen Länder sehr verschieden. Die sogenannten Flüchtlingsländer m i t einer weit überdurchschnittlichen A r beitslosenquote konnten erst ab 1950 eine Besserung erreichen, hauptsächlich durch Abwanderung. Trotzdem bestehen auch jetzt noch starke regionale Disproportionalitäten der Arbeitslosigkeit. Bei einer Arbeitslosenquote von 8,4 i m Bundesdurchschnitt (für den Jahresdurchschnitt 1952) steht SchleswigHolstein mit 19,7 an der Spitze, Baden-Württemberg mit 3,4 am Ende der Reihe. Eingliederung der H e i m a t vertriebenen u n d Zuwanderer

Der Bevölkerungszuwachs, den das Bundesgebiet i n den Jahren nach dem Kriege durch den Zustrom

Anstieg der Beschäftigung

62

von außen erlebte, ist i n der neueren Geschichte höchstens mit dem Fall Griechenlands zu Anfang der zwanziger Jahre vergleichbar. Dieser Wanderungszuwachs hat bis heute noch nicht aufgehört und belastet den Arbeitsmarkt ständig mit neuen Arbeitssuchenden. Die wachsende Bedeutung der Zuwanderungen aus Berlin und der Sowjetzone zeigt, daß es dabei nicht allein um die „Heimatvertriebenen" geht. Bevölkerung des Bundesgebietes i n 1000 Personen davon Zeitpunkt

29. l. l. 31.

10. 1946 7. 1949 4. 1950 12. 1952

Bevölkerung insgesamt

43 953 47 255 47 867 48 708

Heimatvertriebene 5 879 7 446 7 755 8 258

Zugewanderte aus Berlin und der Sowjetzone

812 1 269 1 896

Wieweit es gelungen ist, diesen Bevölkerungszuwachs in den Erwerbsprozeß einzugliedern, läßt sich statistisch nur unvollständig nachweisen. Die landwirtschaftliche Betriebszählung für das Bundesgebiet vom 22. M a i 1949 ergab nur 295 000 Vertriebene, die als Selbständige oder Abhängige i n der Land- und Forstwirtschaft eine Beschäftigung gefunden hatten. Ein etwas günstigeres B i l d vermittelte die Zählung der sonstigen (nicht-landwirtschaftlichen) Arbeitsstätten vom 13. September 1950. Unter 15 046 000 tätigen Erwerbspersonen waren 1 880 000 ( = 12,5 vH) Heimatvertriebene. Immerh i n erreichten damit die Heimatvertriebenen nur 10,4 v H der Erwerbstätigen i n allen Erwerbszweigen, bei einem A n t e i l von 16,5 v H an der Bevölkerung (im September 1950). Dementsprechend stellen die Heimatvertriebenen einen weit größeren A n t e i l an der Arbeitslosigkeit. Ende Februar, also i m Zeitpunkt der jahreszeitlich größten Arbeitslosigkeit, befanden sich i m Jahre 1950 unter 1 982 000 Arbeitslosen insgesamt 654 000, also fast ein Drittel, Heimatvertriebene. I m gleichen Zeitpunkt 1951 waren es 557 000 Heimatvertriebene ( = 33,5 vH); erst i n 1953 ging ihr A n t e i l auf 525 000 ( = 29 vH) zurück. Der Abbau der Arbeitslosigkeit machte also verhältnismäßig langsame Fortschritte. Trotz aller Bemühungen (amtlicher und individueller Art), die arbeitslosen Heimatvertriebenen i n arbeitsgünstigere Gegenden umzusiedeln, entfielen von den 525 000 arbeitslosen Heimatvertriebenen Ende Februar 1953 allein 374 000 auf Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. I h r A n t e i l an der dortigen Arbeitslosigkeit ist allerdings i n den letzten drei Jahren spürbar zurückgegangen, erreichte jedoch auch 1953 noch 37 vH. Die beruflichen Schicksale der Zuwanderer, die nicht als Heimatvertriebene gelten, sind statistisch nicht erfaßt. Die Schwierigkeiten, sie i n eine neue Erwerbstätigkeit zu bringen, sind nicht geringer und werfen noch täglich neue Probleme auf. Trotzdem darf und soll nicht unterschätzt werden, was i n der arbeitsmäßigen Unterbringung der Heimat-

vertriebenen und sonstigen Zuwanderer bisher schon geleistet und erreicht worden ist, denn es galt, einen enormen Bevölkerungszuwachs — von 1938 bis 1952 betrug er 23,4 v H — i n das Erwerbsleben einzugliedern. Zunehmende weibliche Berufstätigkeit

Z u den wesentlichen Veränderungen des Strukturbildes der Beschäftigung gehört auch die wachsende Bedeutung der weiblichen Erwerbstätigen. Der A n t e i l der Frauen an der Gesamtzahl der Beschäftigten betrug M i t t e 1938 nur 28,2 vH, obwohl damals durch Wehrmacht und Arbeitsdienst viele männliche Arbeitskräfte ausfielen. Bereits Mitte 1948 stieg der A n t e i l auf 28,5 und bis Mitte 1952 auf 30,9 vH. Von 1948 bis 1952 nahmen die männlichen Beschäftigten u m 663 000 ( = 6,9 vH) Personen, die weiblichen dagegen um 787 000 (== 20,3 vH) Personen zu. Dazu hat die günstige Entwicklung der Wirtschaftszweige, die für weibliche A r beitskräfte besonders geeignet sind, wesentlich beigetragen. Hier lag auch der A n t e i l weiblicher A r beitnehmer i n 1952 bedeutend höher als 1938. Anteil der weiblichen Arbeitnehmer in v H Wirtschaftszweig

1938 (Juni)

1952 (Sept.)

Gaststättenwesen Bekleidungsgewerbe Volks- u. Gesundheitsfürsorge Textilgewerbe Handel u n d Banken

65,9 61.9 54,8 51,7 42,7

71,6 70,9 68,7 56,6 47,1

Trotzdem hat der A n t e i l der weiblichen Arbeitslosen seit 1948 anhaltend zugenommen. Zwar sind die weiblichen Arbeitslosen seit 1950 absolut ungefähr gleichgeblieben; da aber die männlichen Arbeitslosen weniger geworden sind, hat die weibliche Arbeitslosigkeit in 1952 rund die Hälfte der männlichen erreicht.

Entwicklung de» AvhciMoiiqkett 19lf8-1952 l )

//?

Tausend Personen

800

19lf8^ 1

19W I 1950 I 1951

) Jahresdurchschnitte

2

) MD - Juni -Dezemöen

IFO-INSTITUT für Wirt»ciaft$for»chung München

63

Das Wachstum von Einkommen u n d Verbrauch Zusammensetzung der Beschäftigten und Arbeitslosen nach Männern und Frauen (Jahresdurchschnitte 1948—1952) i n 1000 Personen Arbeitslose

Jahresdurchschnitte

männlich

weiblich

zumännlich sammen

19481 1949 1950 1951 1952

9 674 9 560 9 659 10 083 10 337

3 871 3 983 4 168 4 473 4 658

13 545 13 543 13 827 14 556 14 995

Beschäftigte

492 888 1 126 980 916

weiblich

zusammen

208 342 454 452 463

700 1 230 1 580 1 432 1 379

i Durchschnitte des Jahres 1948: Beschäftigte ohne Märzzahlen, Arbeitslose ohne die Monate Januar mit Mai. Quelle: Bundesministerium für Arbeit, Bonn.

Die Beschäftigungsmöglichkeit dieser weiblichen Arbeitnehmenden ist durch ihre begrenzte Verwendbarkeit und teilweise durch ihre stärkere Gebundenheit an ihren Wohnort und ihre Familie beschränkt. Bei der strukturellen Untersuchung der Arbeitslosigkeit i m Oktober 1952 waren von den voll arbeitsverwendbaren Personen nur 8,0 v H der Frauen gegen 40 v H der Männer freiwillig bereit, eine Arbeit auch außerhalb ihres derzeitigen Wohnsitzes anzunehmen. Gegenwartssituation

M i t der Abschwächung der wirtschaftlichen Expansion i n den letzten zwei Jahren hat auch die Beschäftigung nicht mehr i n gleichem Maße wie vorher wachsen können. Außerdem beschränkt der Zwang zur Rationalisierung die Neueinstellungen von Arbeitskräften. Indessen hat das allgemeine Wachstum der Beschäftigung auch i n letzter Zeit noch nicht aufgehört. Die Zahl der Beschäftigten am 31. März 1953 lag mit 15 204 000 Personen um 620 000 über dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres und bereits um 251 000 über Ende Dezember 1952. Andererseits sind noch zahlreiche Arbeitsuchende unterzubringen. A l l e i n die strukturelle (ständige) Arbeitslosigkeit läßt sich nach der Untersuchung vom Oktober 1952 mit etwa 600 000 Personen veranschlagen. Als wichtigste Voraussetzung für ihre Eingliederung müssen neue Arbeitsplätze und

Wohnungen an geeigneten Stellen geschaffen werden, um so einen besseren regionalen Ausgleich zu schaffen. Für die Heimatvertriebenen w i r d der Lastenausgleich die Gründung neuer selbständiger Existenzen unterstützen. Die Arbeitsstättenzählung vom 13. September 1950 ergab außerhalb der Landwirtschaft erst 128 600 „Vertriebenenbetriebe" m i t 416 680 beschäftigten Personen (wovon letztere aber nicht „Vertriebene" zu sein brauchen). I n der Landwirtschaft wurden i m M a i 1949 nur 10 765 heimatvertriebene Betriebsinhaber (bei insgesamt 2 012 000 Betrieben) gezählt. Für die Flüchtlingsbeschäftigung insgesamt kann sich aber durch neue selbständige Existenzen keine entscheidende Besserung ergeben. Weiter besteht vielfach das Bedürfnis nach Umsetzung der beschäftigten Arbeitskräfte i n Arbeitsgelegenheiten, die ihren persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen besser entsprechen (qualifiziertere Tätigkeit i n früher erlernten oder ausgeübten Berufszweigen, besser bezahlte Stellungen, Arbeitsgelegenheiten ohne tägliche Bahnfahrten und am Wohnort der Familie usw.). Andererseits haben auch die Betriebe großenteils das Bedürfnis nach geeigneteren und besser vorgebildeten Arbeitskräften. Altersaufbau der männlichen Arbeiter und Angestellten — in Mill. — Alter 14—20 Jahre 21—24 „ 25—34 „ 35—44 „ 45—54 „ 55 u n d älter Insgesamt:

25. 6.1938 1 365 477 2 713 1 885 1 080 810

31.10.1950 1 518 1 168 2 014 2 299 2 071 1291

8 330

10 361

Dazu kommt i n den nächsten Jahren verstärkt die Sorge um den Nachwuchs. Das gilt vor allem für die männlichen Arbeitnehmer. Ein Zahlenvergleich 1938/50 zeigt die Kriegsausfälle bei den Jahrgängen von 25 bis 34 Jahren, aber auch, welche Ausfälle bei den Jahrgängen von 21 bis 24 Jahren ein künftiger Wehrdienst bringen könnte.

Das Wachstum von Einkommen und Verbrauch Man hat sich mittlerweile wieder daran gewöhnt, daß Einkommen und Verbrauch i n etwa sich entsprechende Größenordnungen sind, die nur dadurch voneinander abweichen, daß gespart, das heißt weniger verbraucht, als Einkommen bezogen wird, oder umgekehrt zusätzlicher Verbrauch durch A b hebung von Ersparnissen oder durch Kredit finanziert werden kann. Eine solche Übereinstimmung war aber i n Deutschland lange Jahre nicht mehr vorhanden gewesen. So wuchsen i m Kriege durch die beträchtlichen Soldzahlungen an die Truppen und die Verdienste der Frauen i n den Rüstungsfabriken die Einkommen der breiten Volksschichten weit über den Stand des Konsumgüterangebots hinaus. Da die gestoppten Preise keinen Ausgleich zu geben ver-

mochten, mußte die Rationierung dann dafür sorgen, daß nur die Teile der Einkommen kaufend auf dem M a r k t auftraten, die güterwirtschaftlich abzudecken waren. I n den Jahren nach Kriegsende verschlechterte sich dieser Zustand noch, da die Güterversorgung sehr viel geringer geworden war. Ausdruck dafür waren z. B. die minimalen Zuteilungen an die Verbraucher, wie sie an anderer Stelle dieses Heftes dargestellt werden. Seit der Währungsreform haben dann unter dem Einfluß des neuen Geldes, der Aufhebung der Bewirtschaftung, der Marshall-Plan-Hilfe und anderer wirtschaftspolitischer Maßnahmen, nicht zuletzt aber auch durch das Bestreben der einzelnen selbst, i m Wirtschaftsprozeß wieder auf einen „normalen" Stand zu kommen, Einkommen und Verbrauch

Das Wachstum von Einkommen und Verbrauch

64 k r ä f t i g zugenommen. Die Wertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche, das h e i ß t das eigentliche V o l k s e i n k o m m e n , e r r e i c h t e nach f ü n f J a h r e n sein e m R e a l w e r t nach e i n e n u m e t w a die H ä l f t e h ö h e r e n S t a n d als k u r z n a c h der W ä h r u n g s r e f o r m . A u f d i e B e v ö l k e r u n g s z a h l bezogen w a r der F o r t s c h r i t t n i c h t so groß; d i e i m D u r c h s c h n i t t a u f d e n e i n z e l n e n e n t f a l l e n d e W e r t s c h ö p f u n g n a h m , i n V o l u m e n gerechnet, u m ü b e r 40 v H zu.

Zwei „Lohnwellen"

Arbeitseinkommen erreicht Vorkriegsstand I m E i n k o m m e n s b e r e i c h i s t das v o n d e r Masse d e r U n s e l b s t ä n d i g e n bezogene A r b e i t s e i n k o m m e n besonders w i c h t i g . D u r c h d i e u n u n t e r b r o c h e n e Z u n a h m e der B e s c h ä f t i g t e n u n d d e r L ö h n e u n d G e h ä l t e r h a t sich das A r b e i t s e i n k o m m e n seit d e r W ä h r u n g s r e f o r m b e t r ä c h t l i c h e r h ö h t u n d e r r e i c h t e schon 1949 m i t schätzungsweise 36 M r d . D M r e a l gerechn e t d e n S t a n d v o n 1936. Es v e r g r ö ß e r t e sich v o r a l l e m v o n M i t t e 1950 an, n a c h d e m d e r A u s b r u c h des K o r e a - K r i e g e s d i e E i n k o m m e n s b i l d u n g s t a r k a n g e r e g t h a t t e . W e n n auch i h r W a c h s t u m i m A r b e i t n e h m e r b e r e i c h m i t d e r A b s c h w ä c h u n g der a l l g e m e i n e n E x p a n s i o n m i t t l e r w e i l e ebenfalls ger i n g e r g e w o r d e n ist, so h a t das A r b e i t s e i n k o m m e n i m R a h m e n d e r S o z i a l p r o d u k t s e n t w i c k l u n g doch verhältnismäßig wenig an Auftriebskraft eingebüßt. Seine n o m i n a l e n u n d realen Wachstumsprozente b e t r u g e n schätzungsweise i n v H : nominal

1

3 15 9 8

73 8 19 11

v o n 1936 a u f 1949 „ 1949 „ 1950 „ 1950 „ 1951 „ 1951 „ 1952

real

D i e Tatsache, daß das gesamte A r b e i t s e i n k o m m e n b e r e i t s 1949 r e a l w i e d e r so hoch w i e 1936 w a r u n d 1952 d e n R e a l w e r t s t a n d d e r V o r k r i e g s z e i t u m fast 40 v H ü b e r s c h r i t t , d a r f n i c h t ü b e r s e h e n lassen, daß die A r b e i t s e i n k o m m e n s s u m m e sich nach d e m K r i e g e auf eine sehr v i e l größere Z a h l v o n A r b e i t -

E n t w i c k l u n g de* insgesamt

1936

19t9

lew,»cAfihp/twnknmmpr, "

Arbeits*liiK@mmeits j e Beschäftigten

Mrd.RM/DM

monoM'ch/n RM/DM

1952

1936

n e h m e r n (bis 1952 + 39 v H ) v e r t e i l t e . Je B e s c h ä f t i g t e n h a t sich das A r b e i t s e i n k o m m e n bis 1952 e t w a i m gleichen A u s m a ß e r h ö h t , w i e auch die P r e i s i n d e x z i f f e r f ü r die L e b e n s h a l t u n g z u n a h m , das h e i ß t 1952 e r h i e l t der einzelne A r b e i t n e h m e r i m D u r c h s c h n i t t w i e d e r das gleiche R e a l e i n k o m m e n w i e 1936. D a g e g e n h a t t e es 1949 erst w e n i g m e h r als 80 v H seines V o r k r i e g s w e r t e s betragen.

19._

. nominales Arbeitseinkommen Pneisindexztffer für die Lebenshaltung

IFO-INSTITUT für Wirtschaftsforschung München

i Aus den Netto.Nominalwerten durch Ausschaltung der Preisentwicklung (Preisindexziffer für die Lebenshaltung) errechnet.

Das N i v e a u d e r A r b e i t s e i n k o m m e n w i r d e n t scheidend v o n d e n t a r i f l i c h g e r e g e l t e n L ö h n e n u n d Gehältern bestimmt. Statistisch verfolgt werden k a n n a l l e r d i n g s n u r d i e L o h n e n t w i c k l u n g i n der I n d u s t r i e u n d , i n g r ö ß e r e n A b s t ä n d e n , i n der L a n d wirtschaft. N a c h der W ä h r u n g s r e f o r m g e r i e t das L o h n n i v e a u s t ä r k e r i n B e w e g u n g . D e r aus der V e r g a n g e n h e i t h e r r ü h r e n d e L o h n s t o p w u r d e i m H e r b s t 1948 a u f gehoben, d i e T a r i f v e r t r a g s p a r t e i e n b e g a n n e n w i e d e r neue L o h n t a r i f e z u v e r e i n b a r e n . Immerhin w a r e n die E f f e k t i v l ö h n e i n d e r I n d u s t r i e bereits v o n 1946 b i s z u m Z e i t p u n k t der W ä h r u n g s r e f o r m u m e t w a 10 v H gestiegen. N a c h der W ä h r u n g s r e f o r m n a h m e n sie bis e t w a M i t t e 1949 s t ä r k e r zu. D i e S t u n d e n l ö h n e z. B . e r r e i c h t e n i n diesem Z e i t p u n k t i m D u r c h s c h n i t t e i n e n e t w a u m die H ä l f t e h ö h e r e n N o m i n a l w e r t als 1938. D a m i t schien z u nächst das L o h n n i v e a u i m großen u n d ganzen s t a b i l i s i e r t z u sein, z u m a l größere w i r t s c h a f t l i c h e I m p u l s e d a m a l s ausblieben. B i s z u m A u s b r u c h des K o r e a k r i e g e s n a h m e n d i e L ö h n e i n der I n d u s t r i e n u r noch w e n i g zu. I n d e m A u f s c h w u n g , d e r n u n einsetzte, u n d der die Verhandlungsposition der Gewerkschaften s t ä r k t e , w u r d e n die T a r i f l ö h n e e r h e b l i c h h e r a u f gesetzt (erste L o h n w e l l e i m H e r b s t / W i n t e r 1950). N a c h e i n e r Pause i n d e n e r s t e n M o n a t e n v o n 1951 setzte sich a u f G r u n d n e u e r T a r i f k ü n d i g u n g e n v o r a l l e m infolge stark steigender Lebenshaltungskosten eine z w e i t e L o h n e r h ö h u n g s w e l l e durch, die e t w a i m S o m m e r / H e r b s t 1951 endete. I n n e r h a l b eines Jahres h a t t e n sich d a m i t d i e S t u n d e n l ö h n e n o m i n a l u m e t w a 20 v H , r e a l u m e t w a 9 v H e r h ö h t . Das T a r i f l o h n n i v e a u ( S t u n d e n l ö h n e j e Beschäftigten) l a g j e t z t u m e t w a 25 v H h ö h e r als nach der ersten S t a b i l i s i e r u n g M i t t e 1949. Seit M i t t e 1951 h a t das i n d u s t r i e l l e L o h n n i v e a u n i c h t m e h r s t a r k z u g e n o m m e n (bis N o v e m b e r 1952 u m 7 v H ) . T a r i f l o h n v e r b e s s e r u n g e n d i e n t e n i n dieser Z e i t i n erster L i n i e d e r A n g l e i c h u n g einzeln e r z u r ü c k g e b l i e b e n e r L o h n g r u p p e n a n das a l l g e m e i n e T a r i f n i v e a u . E n d e 1952 h a t t e sich das d u r c h schnittliche Stundenlohnniveau i n der Industrie g e g e n ü b e r d e r V o r k r i e g s z e i t (1938) n o m i n a l e t w a v e r d o p p e l t , s e i n e m R e a l w e r t nach w a r es u m e t w a 16 v H gestiegen. B e d e u t e n d m e h r h a b e n sich i m gleichen Z e i t r a u m d i e L a n d a r b e i t e r l ö h n e verbessert. B e r e i t s i m F r ü h j a h r 1952 e r r e i c h t e n sie i m g e w o g e n e n D u r c h s c h n i t t n o m i n a l 225 v H des Standes v o n 1938. Seit der J a h r e s w e n d e 1952/53 s i n d d i e T a r i f l ö h n e w i e d e r s t ä r k e r i n B e w e g u n g geraten. N a c h z a h l reichen K ü n d i g u n g e n v o r a l l e m i n größeren B e r e i chen ( M e t a l l i n d u s t r i e , T e x t i l i n d u s t r i e , B a u g e w e r b e ,

65

Das Wachstum von Einkommen u n d Verbrauch

Landwirtschaft), wurden neue Löhne vereinbart. Sie werden vielfach mit örtlichen und zeitlichen Lohnvergleichen, aber auch damit gerechtfertigt, daß die Arbeitnehmer in größerem Umfang am Sozialprodukt teilnehmen müßten. I m Einklang damit steht, daß Gehaltsgruppen, die gegenüber der Zeit vor dem Krieg zum Teil zurückgeblieben waren (Beamte, Angestellte i m öffentlichen Dienst), ebenfalls Aufbesserungen erhalten (seit 1. 4. 1953 Erhöhung der Grundgehälter u m 20 vH). Für 1953 muß man auf Grund allein dieser Erhöhungen mit einem Zuwachs des Arbeitseinkommens von schätzungsweise 4 v H rechnen. N i v e l l i e r u n g der Löhne und Gehälter

M i t der genannten Aufbesserung der zurückgebliebenen Arbeitseinkommen w i r d einer Tendenz entgegenzuwirken versucht, die sich allgemein i n den Nachkriegs jähren durchgesetzt hat: Die Entwicklung der einzelnen Einkommen gegenüber der Vorkriegszeit ist durch eine Nivellierungstendenz gekennzeichnet. Die an sich höheren Einkommen hatten sich i m Vergleich zur Vorkriegszeit weniger stark erhöht als die ihrem absoluten Betrag nach niedrigeren Einkommen. Überall wo unterschiedliche Entlohnungen bestehen, läßt sich diese Einkommensnivellierung feststellen. So haben sich z. B. gegenüber der Vorkriegszeit die Männerlöhne weniger stark erhöht als die Frauenlöhne, die i m Durchschnitt höheren Angestelltengehälter wurden weniger aufgebessert als die Einkommen der A r beiter usw. Besonders deutlich kann diese Nivellierung am Beispiel der einzelnen Leistungsgruppen in der Industrie gezeigt werden. Während sich hier z. B. die Facharbeiterwochenlöhne in Bayern von 1938 bis Ende 1952 u m 80 v H erhöhten, wurde etwa den Hilfsarbeiterinnen eine um mehr als 130 v H höhere Entlohnung gewährt. Die Ursachen der Nivellierung sind darin zu suchen, daß die Arbeitnehmer i n den unteren Einkommensstufen ihre Lohnforderungen i m allgemeinen besser durchsetzen können, einfach darum, weil das Existenzminimum dieser Arbeitnehmer aufrechterhalten, d. h. durch Nominallohnerhöhungen dem Verbraucherpreisniveau angepaßt werden muß. Lohnerhöhungen und

Produktivitätszunahme

I n den zahlreichen Erörterungen über ein volkswirtschaftlich und sozial angemessenes Lohnniveau w i r d aber auch immer wieder auf die Produktivität als einen objektiven Maßstab für die Lohnbemessung hingewiesen. Sind die Löhne nicht gegenüber der Produktivitätssteigerung i n den Nachkriegs jähren (von 1949 bis 1952 u m etwa 30 vH) zurückgeblieben? Vergleicht man die Entwicklung des Produktionsergebnisses je Arbeiterstunde i n der Industrie mit dem Verlauf der von Preisänderungen (Verbraucherpreisniveau) bereinigten durchschnittlichen industriellen Stundenlöhne seit 1949, so zeigt sich, daß beide Kurven, von jahreszeitlichen und einmaligen Schwankungen abgesehen, nicht nur weitgehend den gleichen Verlauf zeigen, sondern daß sie sich auch gegenüber der Vorkriegszeit i n gleichem Ausmaß erhöht haben. Sowohl die Produktivität als auch die Löhne 5 Jahre Deutsche Mark

hatten Anfang 1951 wieder den Stand von 1936 erreicht; Ende 1952 überschritten sie i h n u m etwa 10 vH. Es bleibt aber noch zu beachten, daß die Produktivitätszunahme nicht allein dem Arbeits-, sondern auch dem Kapitalaufwand zuzurechnen ist. Wenn dieser Zusammenhang sich einer quantitativen Veranschaulichung entzieht, so deuten doch die hohen Beträge, die i n den letzten Jahren für I n vestitionen ausgegeben worden sind, darauf hin, daß auch die Verbesserung des Produktions- und Dienstleistungsapparates entscheidend zur Produktivitätssteigerung beigetragen hat. Die Investitionstätigkeit w i r d weitgehend aus Unternehmereinkommen finanziert, dessen Entwicklung nunmehr betrachtet werden soll. Investitionen u n d Unternehmungseinkommen

I n den Investitionen kommt der Wiederaufbau nach dem Kriege wohl am augenfälligsten zum Ausdruck. Der Wert der gesamten jährlichen Investitionen (brutto, einschließlich Vorräte) ist seit 1949 u m über 80 v H gestiegen (von 17,1 auf 31,4 Mrd. DM), und selbst bei gleichbleibenden Preisen bliebe noch eine Steigerung von 60 vH. Das Investitionsvolumen von 1952 war damit u m über die Hälfte größer als 1936. Die für die Ausweitung der Wirtschaft i n erster Linie i n Betracht kommenden Netto-Anlageinvestitionen erhöhten sich von 1949 auf 1952 dem Volumen nach sogar u m 75 vH. Es ist daher auch zu vermuten, daß das Unternehmungseinkommen, eine Hauptquelle für die Investitionstätigkeit, i m größeren Ausmaß zunahm als das Arbeitseinkommen. I n der Tat hat sich das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit 1 von 1949 auf 1952 u m etwa 70 v H erhöht. Gegenüber der Vorkriegszeit ist es damit auf weit mehr als das Doppelte gestiegen, wobei freilich die seitherige Preissteigerung nicht berücksichtigt ist. Zieht man diese i n Betracht, so w i r d der Realwert des Unternehmungseinkommens seit der Vorkriegszeit schätzungsweise i m gleichen Ausmaß zugenommen haben wie der des Arbeitseinkommens. Z u betonen bleibt, daß dies nur für die Gesamtsumme beider Größen gilt. Das Verhältnis beider Einkommensgruppen ist i m übrigen seit der Währungsreform durch die für die einzelnen Phasen eines Aufschwungs typische Konstellation gekennzeichnet. Die besonders der Dynamik unterliegenden Selbständigeneinkommen wuchsen zunächst stärker an als die mehr oder weniger vertraglich gebundenen Arbeitseinkommen. Umgekehrt hielten bei schwächer werdendem A u f schwung die Arbeitseinkommen relativ ihr Niveau eher aufrecht. Zweimal ist diese Entwicklung seit 1948 zu beobachten: Unmittelbar nach der Währungsreform war die Gewinnbildung der Unternehmungen durch den Warenhunger der Bevölkerung, verbunden mit einer reichlichen Geldausstattung, die die Preise i Brutto-Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, Vermietung, Verpachtung, Kapitalvermögen; als Rest gebildet: Volkseinkommen (Netto-Sozialprodukt zu Faktorkosten) vermindert um Brutto-Arbeitseinkommen und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Die Scheidung von Selbständigenund Unselbständigeneinkommen geht mit der Scheidung nach Einkommensbeziehern nicht völlig parallel. Ein Teil der in abhängiger Stellung befindlichen ist z. B. durch Miet- und Pachteinnahmen auch Bezieher von Selbständigeneinkommen.

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hinaufgehen ließ, sehr begünstigt worden. I n dem Maße, i n dem i m Laufe des Jahres 1949 die Versorgung besser wurde und die Preise sanken, bestand die Tendenz, daß die Unternehmungseinkommen sich weniger stark vergrößerten als die Arbeitseinkommen. Erst der Ausbruch des Koreakrieges brachte wieder eine — diesmal recht kräftige — Zunahme des Anteils der Selbständigeneinkommen am Volkseinkommen. M i t der Erschöpfung dieses Auftriebs wurde das Verhältnis der beiden Einkommensgruppen wieder dem nach der ersten Abschwächung des Wirtschaftsverlaufs ähnlich. Seit dem Spätjahr 1951 nimmt das Arbeitseinkommen wieder anteilmäßig zu, das Unternehmungseinkommen ab. I n der Entwicklung w i r d die geringere Dynamik sichtbar. Durch diese Entwicklung der Erträge der Unternehmungen ist auch ihre Bedeutung für die I n vestitionstätigkeit seit über einem Jahr verändert worden. Der enge Zusammenhang zwischen beiden zeigte sich seit 1949 darin, daß der Trend beider K u r v e n ähnlich verlief, insbesondere, wenn man die weniger erwerbswirtschaftlich orientierten Bauinvestitionen unberücksichtigt läßt. Die Investitionstätigkeit war seit Mitte 1950 von den allgemeinen Absatzaussichten und von der Steuerpolitik begünstigt worden und durch ein hohes Ausmaß an Selbstfinanzierung gekennzeichnet. Der darin zum Ausdruck kommende Spielraum zwischen Investitionsmöglichkeiten und Erträgen blieb etwa bis Ende 1951 erhalten. Seitdem ist aber durch die ungünstiger werdende Ertragslage, verstärkt durch eine Steuerpolitik, die nun Abschreibungen weniger fördert, der A n t e i l der Selbstfinanzierung an den Investitionen geringer geworden oder konnte zum Teil nur auf Kosten des Unternehmerverbrauchs aufrechterhalten werden. Belastung durch Steuern u n d Sozialversicherung

Für den Verbrauch stehen sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Selbständigen jedoch nur die um die Steuer- bzw. Sozialversicherungsabzüge verminderten Einkommen zur Verfügung. M i t dem Anwachsen der Einkommen i n den letzten Jahren wuchs durch die Einkommensteuerprogression auch ihre Steuerbelastung. Das Arbeitseinkommen hatte 1949 etwa 14 vH, 1952 etwa 17 v H an Abzügen zu tragen. Davon betrugen die Steuerabzüge über 6 vH, zuletzt über 8 vH. 1950 hatten sie, infolge einer Tarifsenkung, zeitweise nur 4 v H ausgemacht. Bei den Selbständigeneinkommen lagen die Abzüge 1952 mit etwa 28—29 v H ungefähr auf der Höhe von 1949. Sie waren aber i n der Zwischenzeit, und zwar gerade i n den Jahren der stark zunehmenden Unternehmereinkommen, niedriger geworden, was sich wiederum aus der Tarifsenkung, aber auch aus der Tatsache erklärt, daß bei den veranlagten Einkommen Einkommensentstehung und Versteuerungstermin weitgehend auseinanderfielen. N i m m t man alle Abgaben vom Arbeits- und Selbständigeneinkommen zusammen, so hielt sich die Belastung des Volkseinkommens i n den letzten Jahren etwa zwischen 20 und 25 vH.

Das Wachstum von Einkommen u n d Verbrauch A n t e i l der abgeleiteten E i n k o m m e n

Als Verbraucher treten nicht nur die Bezieher von Unternehmer- und Arbeitseinkommen auf, sondern auch die von abgeleiteten Einkommen in Form von Renten und Unterstützungen Lebenden. Weitgehend von der Gesetzgebung abhängig, waren die abgeleiteten Einkommen insgesamt zunächst hinter der allgemeinen Entwicklung zurückgeblieben. Seit Mitte 1951 nahmen sie aber auf Grund von Zulagen, die die inzwischen eingetretenen Preiserhöhungen ausgleichen sollten, stark zu. Ihre Höhe wurde weiter durch die als Kriegsfolge eingetretene Vermehrung der zu betreuenden Personen bestimmt. So betrug die Summe der von Rentnern und anderen Unterstützten bezogenen Einkommen 1949 gut 10 Mrd. DM, 1952 dagegen über 17 Mrd. DM. Damit stieg der Anteil der Renteneinkommen am Brutto - Volkseinkommen (ohne Renteneinkommen) von rund 16 v H im Jahre 1949 auf fast 18 v H i m vergangenen Jahr; gegenüber 1936 hat er sich um die Hälfte vergrößert. E i n k o m m e n und Verbrauch

Die Renten und Netto-Arbeitseinkommen sowie ein Teil der Netto-Selbständigeneinkommen stellen verbrauchbare Einkommen dar, deren Höhe weitgehend (soweit sie nicht gespart werden) den privaten Verbrauch bestimmt. Da die Konsumeinkommen der Selbständigen nicht geschätzt werden können, muß man sich damit begnügen, die Renten und Netto-Arbeitseinkommen ( = Masseneinkommen) der Entwicklung des privaten Verbrauchs gegenüberzustellen. Wenn beide Reihen auf die Dauer nicht stark voneinander abweichend verlaufen können, so sind doch vorübergehend Entwicklungsunterschiede möglich, und gerade sie machen einen Teil der konjunkturellen Spannungen aus. Von 1949 bis 1952 hat sich das Masseneinkommen u m schätzungsweise 47 v H erhöht. Dagegen nahm der private Verbrauch i m gleichen Zeitraum nur u m schätzungsweise 36 v H zu. Der Unterschied ist auf eine anwachsende Ersparnis zurückzuführen. M i t dem Nachlassen der konjunkturellen Auftriebskräfte, d.h. seit etwa M i t t e 1951, haben sich Masseneinkommen und Verbrauch stärker einander angepaßt, als es zur Zeit der irregulären Eindeckungswellen nach Mitte 1950 der Fall gewesen war. Unabhängig davon hat sich für den einzelnen Verbraucher erst 1951 wieder der gleiche Realwert des privaten Verbrauchs ergeben wie 1936, während er z. B. 1948/49 erst rund 75 v H jenes Wertes erreicht hatte. Aber die Verbrauchsstruktur ist i n manchem noch anders als vor dem Krieg. Die Entwicklung des Anteils der einzelnen Verbrauchsgruppen am gesamten privaten Verbrauch der Konsumenten (in Volumen gerechnet) w i r d durch folgende Merkmale gekennzeichnet: a) Der Nahrungsmittelverbrauch hat in den letzten Jahren abgenommen und sich wieder dem Vorkriegsanteil genähert. Ebenso ist der Anteil an der Wohnungsnutzung und an häuslichen Diensten zurückgegangen, auf diesen Verbrauch entfällt weniger an Ausgaben als vor dem Kriege.

Das Wachstum von Einkommen u n d Verbrauch

b) Der Bekleidungsverbrauch ist anteilmäßig wieder gestiegen und hat den Vorkriegsstand etwa wieder erreicht. Auch der Genußmittelverbrauch nahm i n den letzten Jahren seinem A n t e i l nach wieder zu, nimmt aber noch nicht wieder den Vorkriegsanteil ein. c) Der Verbrauch von Möbeln und Hausrat ist schon seit 1949 über den Vorkriegsanteil hinausgewachsen. Das gleiche gilt für die Ausgaben für Heizung, Beleuchtung, Körper- und Gesundheitspflege und für Verkehr. Zusammenfassender Überblick

Versucht man den bis jetzt erreichten Stand i n der Entwicklung der Globalgrößen von Einkommen und Verbrauch i n der Nachkriegszeit mit ihrem Niveau vor dem Kriege, also der „normalen" Friedenszeit zu vergleichen, so zieht man am besten die Sozialproduktsberechnung zu Hilfe, wie sie seit der Währungsreform vom Statistischen Bundesamt entwickelt worden ist. Die Sozialproduktsberechnung sucht das volkswirtschaftliche Gesamtgeschehen zu veranschaulichen, indem sie eine aufeinander abgestimmte Gegenüberstellung von Einkommensbildung und -Verwendung vornimmt. Die Einkommensbildung setzt sich aus der Wertschöpfung, d. h. der Summe aller i n den einzelnen W i r t schaftsbereichen bezogenen Arbeits- und Unternehmereinkommen sowie den abgeleiteten Einkommen (Renten, Unterstützungen, Pensionen) zusammen. Fügt man dazu die auf den Ersatz von Produktionsanlagen entfallenden Abschreibungen hinzu, die ebenfalls aus der Einkommensbildung getragen werden müssen, so gelangt man zum Bruttosozialprodukt. Die Einkommensverwendung auf der anderen Seite gliedert sich i n den privaten Verbrauch der Konsumenten, i n den staatlichen Verbrauch und i n die Investitionen. Ferner erscheint auf der Verwendungsseite ein Überschuß bzw. ein Zuschuß an Gütern und Diensten, der die Auslandsabhängigkeit der Volkswirtschaft darstellt. Ein Vergleich der Sozialproduktsberechnungen für die Nachkriegsjahre mit den entsprechenden Ziffern für 1936 (dem einzigen für die Vorkriegszeit berechneten Jahr) kommt etwa zu folgenden Ergebnissen: I m ersten halben Jahr nach der Währungsreform erreichte das gesamte Volumen des Brutto-Sozialprodukts i m Bundesgebiet fast wieder 90 v H seines Umfangs von 1936. Dieser Erfolg war nur möglich gewesen, weil bereits i n den Jahren 1945/48 die Produktionskapazitäten zum Teil wieder aufgebaut worden waren. A u f den Kopf der Bevölkerung entfielen 1948 aber weniger, nämlich nur knapp drei Viertel des Volumens der vor dem Kriege geschaffenen Güter und Leistungen, da die Bevölkerung inzwischen u m etwa ein Fünftel gewachsen war. Bereits i n der zweiten Hälfte 1949 wurde der Stand des Sozialprodukts von 1936 nennenswert überschritten, 1952 war es u m über 40 v H größer als vor dem Krieg. Es betrug damit in heutigen Preisen rund 126 Mrd. DM. Das Volumen des Sozialprodukts ist allmählich, insbesondere mit dem Abklingen des durch den 5'

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Ausbruch des Korea-Krieges herbeigeführten A u f schwungs weniger gewachsen. Die Wachstumsrate betrug: i n v H i n Mrd. D M von 1949 auf 1950: 16,9 8,0 von 1950 auf 1951: 14,8 8,2 von 1951 auf 1952: 6,3 4,0 Der abnehmende Zuwachs ist aber auch ein Zeichen dafür, daß der Wiederaufbau der Wirtschaft zum großen Teil vollbracht ist. Die jetzige Wachstumsrate des Sozialprodukts, die naturgemäß geringer geworden ist, kann nun als „normal" angesprochen werden. I n welchem Verhältnis haben nun die einzelnen Wirtschaftsbereiche zum Aufbau beigetragen? Die Wertschöpfung i m Rahmen des Sozialprodukts war kurz nach der Währungsreform bezeichnenderweise anders zusammengesetzt als vor dem Krieg. Insbesondere waren als Nachwirkung aus der Zeit der Bewirtschaftung und des entwerteten Geldes die Anteile der Landwirtschaft und der Industrie, auf die an sich der größte Teil der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung entfällt, beträchtlich niedriger. Vergrößert hatten sich dagegen die Anteile z. B. des Verkehrs, des Handwerks, der Forstwirtschaft und vor allem der Öffentlichen Verwaltung (einschließlich Dienste für die Besatzung). I n den Jahren nach 1948, und zwar i m großen und ganzen schon bis 1951, hat sich mehr oder weniger wieder das gleiche Verhältnis zwischen den einzelnen Wirtschaftsbereichen herausgebildet, wie es i n der Vorkriegszeit bestand. Die Industrie hat an Bedeutung gewonnen, die landwirtschaftliche Wertschöpfung ist, offenbar wieder i m Zuge ihrer seit langem geringer werdenden Bedeutung, verhältnismäßig zurückgeblieben. Auf der anderen Seite tragen z. B. die Dienstleistungen i m Straßenverkehr, d. h. vor allem i m Kraftfahrzeugverkehr, infolge einer strukturellen Ausweitung i n der Nachkriegszeit einen mehr als doppelt so großen A n t e i l zur gesamten Wertschöpfung bei wie vor dem Krieg. Während sich auf der Entstehungsseite des Sozialprodukts das Verhältnis der Wertschöpfungsbereiche i n der Hauptsache wieder normalisiert hat, haben sich auf der Verwendungsseite Änderungen i n den Proportionen durchgesetzt, die für die Wiederaufbauperiode charakteristisch sind. Es erhöhten sich vor allem die Investitionen stärker als der Verbrauch. Dem Volumen nach nahm der private Verbrauch von 1949 bis 1952 u m etwa ein D r i t t e l zu, die Investitionen dagegen u m fast zwei Drittel. Der A n t e i l des Investitionsvolumens an der Verwendung der insgesamt erstellten Güter und Dienste erhöhte sich also, während sich der Verbrauchsanteil verminderte. I n der Entwicklung beider Bereiche seit der Währungsreform heben sich zwei Zeiträume voneinander ab. Bis Mitte 1950 war die unterschiedliche Erhöhung von Verbrauch und Investitionen weniger ausgeprägt. Der Absatz an die Konsumenten wurde damals durch Preissenkungen und Einkommenserhöhungen sehr begünstigt, die Investitionstätigkeit hatte dagegen zeitweise mit Finan-

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Die E n t w i c k l u n g der Preise

i n v H in Mrd. D M von 1949 auf 1950: 14,3 4,2 von 1950 auf 1951: 8,4 2,9 von 1951 auf 1952: 7,6 2,8 I m Vergleich zur Wachstumsrate der Anlageinvestitionen hat sich die Zunahme des privaten Verbrauchs besser gehalten. Der Zuwachs des Verbrauchs ist i n absoluten Werten i m vergangenen Jahr fast ebenso groß gewesen wie i m vorhergehenden Jahr. Der dritte große Verwendungsbereich der erzeugten Güter und Dienste entfällt auf den Staat. Dabei w i r d hier nur der Verbrauch durch staatliche Institutionen selbst (einschl. Besatzungsmächte) behandelt, also nicht die von der Gesamtwirtschaft aus gesehen durchlaufenden Posten, bei denen der Staat nur als Vermittler tätig wird. Dies geschieht etwa bei den abgeleiteten Einkommen, die über die Staats- oder Sozialversicherungseinnahmen den Einkommensempfängern (z. B. Empfängern von Renten) zufließen. Auch die staatlichen Investitionen werden hier nicht zum Staatsverbrauch gerechnet. Der staatliche Verbrauch i m angeführten Sinne kanntn/we/Y/gen auch, da erPre/sen letztlich den D/ensf/e/sfc/npen, Geswntöetreg cfefi/m /n/snd renrendefen Güten u/>cf 1) Anlagen of/ne ßesdtz(/ngs/nrest/Y/'onen tö/r>ie Nivellierung des Lohn- und Gehaltsniveaus in Westdeutschland gegenüber der Vorkriegszeit."

Der Handel im Zeichen der Marktwirtschaft Einzelhandel und Gewerbefreiheit I m Dezember 1948 wurde durch die Besatzungsmächte wieder die Gewerbefreiheit eingeführt, die i n Deutschland bereits von 1870 bis 1935 bestanden hatte. Diese Regelung, die i n der amerikanischen Zone zur vollen Gewerbefreiheit und in den bri-

tisch besetzten Ländern nur zu einer großzügigeren Handhabung der Zulassungsbestimmungen führte, erhöhte i n den nächsten Jahren die Zahl der Einzelhandelsbetriebe erheblich. Wenn auch nicht verhehlt werden soll, daß die volle Gewerbefreiheit zu einigen Mißständen führte, so kann sie doch nicht

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Der Handel i m Zeichen der Marktwirtschaft

f ü r d i e gesamten W e t t b e w e r b s - u n d A b s a t z s c h w i e r i g k e i t e n d e r f o l g e n d e n J a h r e v e r a n t w o r t l i c h gemacht werden. N a c h d e n E r g e b n i s s e n der A r b e i t s s t ä t t e n z ä h l u n g v o n 1950 h a t t e sich d i e Z a h l d e r E i n z e l h a n d e l s b e t r i e b e i m B u n d e s g e b i e t v o n 396 000 F i r m e n i m J a h r e 1939 a u f 468 000 i m E r h e b u n g s j a h r e r h ö h t . Dieser S t e i g e r u n g der B e t r i e b s z a h l u m 18 v H s t a n d aber eine gleichzeitige B e v ö l k e r u n g s v e r g r ö ß e r u n g v o n 21 v H gegenüber, das h e i ß t das f r ü h e r e V e r h ä l t n i s v o n 100 P e r s o n e n j e E i n z e l h a n d e l s g e s c h ä f t verbesserte sich a u f 102 Personen. D a b e i ist aber noch g a r n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t , daß die 1939er Z a h l e n w e s e n t l i c h das E r g e b n i s e r s c h w e r t e r Z u l a s s u n g s b e d i n g u n g e n w a r e n . D u r c h das 1935 erlassene E i n z e l handelsschutzgesetz w a r das organische W a c h s t u m des E i n z e l h a n d e l s b e e i n t r ä c h t i g t w o r d e n . D e n n o c h s i n d die B e s c h w e r d e n d e r E i n z e l h a n d e l s v e r b ä n d e u n d d e r i h n e n angeschlossenen F i r m e n ü b e r die m a n g e l n d e F a c h k e n n t n i s u n d die g e r i n g e p e r s o n e l l e Zuverlässigkeit vieler neugegründeter Betriebe z u m g r o ß e n T e i l b e r e c h t i g t . D i e F o r d e r u n g nach e i n e r Modifizierung der Gewerbefreiheit i n dem Sinne, daß der B e w e r b e r a u f F a c h k e n n t n i s u n d personelle Z u v e r l ä s s i g k e i t g e p r ü f t w e r d e n soll, ist deshalb verständlich. Allzugroße praktische A u s w i r k u n g e n d ü r f t e aber eine M o d i f i z i e r u n g der G e w e r b e f r e i h e i t i m H i n b l i c k a u f die B e t r i e b s z a h l n i c h t m e h r haben. Der größte T e i l der Neueröffnungen erfolgte i n den J a h r e n 1948 b i s 1950; 1951 n a h m die B e t r i e b s z a h l n u r noch g e r i n g f ü g i g z u u n d 1952 i s t sie v e r m u t l i c h sogar schon w i e d e r e t w a s zurückgegangen. D i e g e f o r d e r t e „ M i t t e l s t a n d s p o l i t i k " r i c h t e t sich aber n i c h t n u r gegen die N e u e r ö f f n u n g v o n B e t r i e b e n , s o n d e r n auch gegen die „ E x p a n s i o n " d e r Warenhäuser. H i e r b e i w i r d n u r allzu oft übersehen, daß d i e G r o ß - u n d K o n z e r n b e t r i e b e nach 1933 i n i h r e r A u s d e h n u n g u n d i n i h r e r U m s a t z tätigkeit stark behindert wurden. Hinzu kommt noch, daß die G r o ß b e t r i e b e , meistens i n d e n I n n e n v i e r t e l n v o n G r o ß s t ä d t e n gelegen, v i e l schwerere L u f t k r i e g s z e r s t ö r u n g e n h i n z u n e h m e n h a t t e n , als der Durchschnitt der Einzelhandelsbetriebe. Die u n z e r s t ö r t e n Geschäfte d e r M i t t e l - u n d K l e i n s t ä d t e u n d d e r G r o ß s t a d t - V o r o r t e w a r e n d a h e r besonders i n den ersten Nachkriegs j ä h r e n begünstigt. A l s d a n n m i t d e m Wiederaufbau der Warenhäuser u n d d e r E i n h e i t s p r e i s g e s c h ä f t e die K ä u f e r m a s s e n w i e d e r i n d i e I n n e n s t ä d t e z u r ü c k s t r ö m t e n , verschlecht e r t e sich f ü r die V o r o r t s b e t r i e b e die A b s a t z l a g e . D i e s t a r k e n R e s s e n t i m e n t s gegen d i e E x p a n s i o n der Warenhäuser s i n d also v e r s t ä n d l i c h . Die Warenhäuser haben — zumindest was die r ä u m liche A u s d e h n u n g a n b e t r i f f t — d e n V o r k r i e g s s t a n d noch n i c h t w i e d e r erreicht. S o l l t e n sie i h r e n V o r k r i e g s a n t e i l a m G e s a m t u m s a t z des E i n z e l handels (5 v H ) ü b e r s c h r i t t e n haben, so w a r diese Z u n a h m e doch n u r g e r i n g f ü g i g . A u f k e i n e n F a l l ist der A n t e i l d e r W a r e n h a u s u m s ä t z e a m G e s a m t u m s a t z so groß w i e z. B . i n d e n U S A (18 v H ) u n d i n E n g l a n d (20 v H ) .

UimShc im Einultandcl Bundesgebiet

frage ein. A l s jedoch d i e K o p f g e l d - B e t r ä g e ausgegeben u n d die K o n s u m e n t e n a u f die l a u f e n d e n E i n n a h m e n a n g e w i e s e n w a r e n , b r a c h die Nachfrage i m D e z e m b e r 1948 p l ö t z l i c h ab. A u c h die f o l g e n d e n 8 M o n a t e des Jahres 1949 v e r l i e f e n sehr r u h i g . E r s t i m S e p t e m b e r r i e f die D M - A b w e r t u n g (anläßlich der P f u n d r e g u l i e r u n g ) eine k l e i n e K a u f w e l l e h e r v o r . Diese Geschäftsbelebung h i e l t bis z u m Jahresende 1949 a n u n d w u r d e erst A n f a n g 1950 d u r c h eine e r n e u t e U m s a t z f l a u t e abgelöst. M i t d e m A u s b r u c h des K o r e a k o n f l i k t s t r a t e r n e u t eine Ges c h ä f t s b e l e b u n g ein. D i e m i ß t r a u i s c h e n K o n s u menten kauften während der ersten KoreaK a u f w e l l e ( J u l i bis S e p t e m b e r 1950) i n erster Linie Lebensmittel; bei der zweiten KoreaK a u f w e l l e a n l ä ß l i c h des E i n t r i t t s R o t - C h i n a s i n den

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Umsatzentwicklung A l s k u r z nach der W ä h r u n g s r e f o r m der g r ö ß t e T e i l der Bewirtschaftungsvorschriften aufgehoben w u r d e , setzte eine sehr s t a r k e K o n s u m e n t e n n a c h -

19*f9 1950 1951 1952 IFO-INSTITUT für Wirtschaftsforschung München

191*9 1950 1951 1952 (jfS)

Ante//)

Der Handel im Zeichen der Marktwirtschaft

Koreakonflikt (November 1950 bis Januar 1951) wurden Textilien und Schuhe bevorzugt. I n zahlreichen Textilgeschäften waren zum ersten Male die Januar-Umsätze höher als der Dezember-Absatz. Da der Einzelhandel damit rechnete, daß die Korea-Hausse nur der Anfang einer langfristigen Rüstungskonjunktur sei, gab er damals sehr hohe Bestellungen auf. U m so unangenehmer empfand er es, als Ende Januar 1951 die Belebung plötzlich wieder abbrach. Die nächsten Monate brachten eine Umsatzflaute. Der Einzelhandel schränkte zwar seine Bestellungen sofort ein, aber die Warenlieferungen von Industrie und Landwirtschaft konnten nicht so schnell abgestoppt werden, da vom Handel vielfach langfristige Dispositionen aufgegeben worden waren. Die Insolvenzen des Handels (Konkurse und Vergleiche) stiegen von 124 i m Monatsdurchschnitt 1950 auf 141 i m März 1951; der A n t e i l des Einzelhandels an der Gesamtzahl der Insolvenzen in der gesamten W i r t schaft erhöhte sich von 25 v H i m Monatsdurchschnitt 1950 auf 29 v H i m März 1951. Ab August 1951 normalisierte sich dann die Umsatztätigkeit wieder. Während die ersten Monate nach der Währungsreform noch kaum eine Saisonbewegung aufwiesen, entsprach die Umsatzentwicklung ab Sommer 1951 wieder weitgehend der Vorkriegszeit. Die saisonbereinigten Einzelhandelsumsätze halten sich seitdem in einer Grenze von ungefähr 120 bis 128 v H (MD 1949 = 100). Der Monatsdurchschnitt hat sich 1952 gegenüber dem Vorjahr nur u m etwa 2 v H erhöht. Während sich schon i n der Gesamtentwicklung der Einzelhandelsumsätze — vor allen Dingen i n den Jahren 1948 bis 1951 — starke Bewegungen abzeichneten, waren Nachfragestöße und -flauten in den einzelnen Branchen noch häufiger und kräftiger. Naturgemäß richtete sich i n den ersten IV2 Jahren nach der Währungsreform das Hauptinteresse der Verbraucher auf eine bessere Verpflegung. Auf die Versorgung mit Textilien und Schuhen erstreckten sich die nächsten Verbrauchs wünsche; Ende 1950 erhöhten sich die Umsätze der Bekleidungsbranchen. Der zunehmende Wohnungsbau brachte 1951 den Fachgruppen „Hausrat und Wohnbedarf" eine Sonderkonjunktur. I m Jahre 1952 verstärkte sich schließlich die Nachfrage nach k u l t u rellen und Luxusgütern; sie konnten ihren A n t e i l am Gesamtumsatz erhöhen und werden vermutlich den steigenden Trend noch einige Jahre halten können.

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ven konnten erst i n den Korea-Kaufwellen abgesetzt werden. Daraufhin disponierte der Handel nur mehr vorsichtig und gab vorwiegend kurzfristige Bestellungen auf. Während der beiden Korea-Kaufwellen ließ sich der Einzelhandel allerdings noch einmal aus seiner Zurückhaltung herauslocken und disponierte großzügiger. Die i n den Monaten Dezember 1950 bis Januar 1951 aufgegebenen Bestellungen reichten dann aus — obwohl der Einkauf bereits i m Februar schon wieder stark; gedrosselt wurde —, u m den Wareneingang bis M a i 1951 i n beachtliche Höhe zu treiben. I n den Monaten J u l i und August 1951 sank der Wareneingang wieder weit unter den Vorjahresstand. Beim Wareneingang des Schuheinzelhandels wurde dieser Umschwung besonders deutlich; er ging z. B. i m J u l i 1951 auf 37 v H des 1949er Durchschnitts zurück. Die leichte Absatzbelebung i m zweiten Halbjahr 1951 machte sich allerdings auch i m Einkauf etwas bemerkbar, aber es wurde noch immer relativ vorsichtig disponiert. Erst i m Sommer 1952 trat eine gewisse Änderung ein. Der stark gedrosselte Wareneingang hatte die Lager verringert, während sich gleichzeitig i n einer Reihe von Branchen (Textilien und Bekleidung) die Umsatzsituation verbessert hatte. Infolgedessen wurde i n diesen Branchen zum ersten M a l seit Kriegsbeginn teilweise wieder langfristig disponiert. Ob diese Rückkehr zu langfristigen Bestellungen anhält, kann allerdings nicht gesagt werden. Es w i r d häufig übersehen, daß die Mehrheit der heutigen Einzelhandelsbetriebe noch nicht über jene Kapitaldecke verfügt, die langfristige Dispositionen erst ermöglicht. Der Einzelhandel w i r d zu den i n den Vorkriegsjahren beobachteten Einkaufsgewohnheiten vermutlich wieder zurückkehren, wenn die dafür notwendigen Kapitalien vorhanden sind.

Einkauf, Wareneingang u n d Lager

Da sich der Einzelhändler i n den 15 Jahren vor der Währungsreform an die gelenkte Wirtschaft gewöhnt hatte, war es anfangs nicht leicht für ihn, sich i n der freien Marktwirtschaft zurecht zu finden. Bis Ende 1948 war der Einzelhandel nicht sehr wählerisch i n seinen Einkäufen; er nahm, was er bekommen konnte. Als aber wieder Qualitätswaren auf den Markt kamen und die Konsumenten kritischer und zurückhaltender w u r den, blieben beim Einzelhandel beträchtliche Warenbestände liegen. Der größte Teil wurde i n den folgenden Schlußverkäufen mit Verlust abgegeben; Jedermannschuhe und Lebensmittelkonser-

Ähnliche Beweggründe bestimmten den Lagerausbau und die Beurteilung der jeweiligen Lagerhöhe durch die Einzelhändler. I m Zeitpunkt der Währungsreform waren die Lager des Einzelhandels niedriger als allgemein angenommen wurde. Da man i n der gesamten Wirtschaft schon seit A n -

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Der Handel im Zeichen der Marktwirtschaft

fang 1948 mit der Währungsreform rechnete, versuchten die Produzenten ihre Waren möglichst lange zurückzuhalten. I m M a i und Juni 1948 dürften die Hersteller, mit Ausnahme der durch die Bewirtschaftung größtenteils erfaßten Lebensmittel, kaum noch Waren an den Handel geliefert haben. Über die Höhe der Lagerbestände zum Zeitpunkt der Währungsreform gibt es keine statistischen Angaben. Nach Schätzungen des IfoInstituts hatten die Lager Ende 1948 nur einen Wert von etwa 2,2 Mrd. DM. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der größte Teil der Waren erst nach der Abwertung hereingenommen wurde. Die nächsten Jahre stellten an das Dispositionsgeschick des Einzelhandels große Anforderungen. Das durchschnittliche Betriebskapital des Einzelhandels war damals außerordentlich niedrig, zudem mußte ein großer Teil der Händler den Neubau bzw. den Wiederaufbau seiner Verkaufsstellen finanzieren. Trotzdem wurden die Lager bis Ende 1951 ausgebaut. Vor dem Weihnachtsgeschäft 1951 wurde der bisher höchste Lagerbestand mit rund 7,5 Mrd. D M erreicht. Der Einzelhandel empfand diese Lager aber bereits als drückend. U m sie zu verringern, schränkte er i m Jahre 1952 — trotz einer befriedigenden Umsatzentwicklung — den Wareneingang ein. Das Ergebnis war i m Branchendurchschnitt eine Lagerverkleinerung u m 7 vH. Ertragslage

Über die Ertragssituation des Einzelhandels bestehen sowohl bei den Produzenten als auch bei den Konsumenten weitgehend unzutreffende Vorstellungen. Es ist anzunehmen, daß der Einzelhandel i m zweiten Halbjahr 1948 i m Rahmen des Verkäufermarktes ziemlich hohe Spannen auf die Einkaufspreise aufschlug. Aus einer starken Erhöhung der Herstellerpreise wurde eine noch stärkere Zunahme der Einzelhandelsverkaufspreise. Als sich aber dann i m Frühjahr 1949 eine Absatzstockung bemerkbar machte, gingen zunächst die Einzelhandelsverkaufspreise und anschließend auch die industriellen Herstellerpreise zurück. Diese Entwicklung dauerte bis zum Ausbruch des Korea-Konflikts i m Juni 1950. Während jedoch die Rohstoff- und Produzentenpreise sofort anzogen, folgte der Einzelhandel größtenteils erst mehrere Monate später. A u f Grund des scharfen Wettbewerbs konnte er es sich nicht gestatten, seine Verkaufspreise sofort den Herstellerpreisen anzupassen, da er sonst m i t einer starken Umsatzabnahme hätte rechnen müssen. Die Einzelhandelsverkaufspreise erhöhten sich daher erst ab Jahresanfang 1951 und erreichten — was industrielle Fertigwaren betrifft — i m Mai jenes Jahres ihren Höhepunkt. A b Januar 1952 sind die Preise für industriell hergestellte Fertigwaren wieder laufend zurückgegangen. Da die Lebensmittelpreise sich aber noch erhöhten, stieg der Gesamtindex der Einzelhandelsverkaufspreise bis einschließlich Mitte 1952 leicht an. Erst vom August 1952 ab machte sich auch i m Gesamtdurchschnitt ein leichter Rückgang bemerkbar, da inzwischen — bei festen Lebensmittelpreisen — d i e Verkaufspreise für die meisten industriellen Fertigwaren weiter nachgegeben hatten.

Durch den i m Jahre 1949 einsetzenden scharfen Konkurrenzkampf, der weit über den Wettbewerb i n anderen Wirtschaftsgruppen hinausging, wurden die Spannen reduziert. Hinzu kam noch die Notwendigkeit, den Konsumenten Kredite zu gewähren. Während das Teilzahlungsgeschäft i n den Jahren 1939 bis 1948 vollkommen zum Erliegen gekommen war, setzte es i m Frühjahr 1949 mit der ersten Absatzstagnation wieder ein. Anfänglich wurde der größte Teil der Kreditverkäufe i m „freien", vom Einzelhandel selber finanzierten Teilzahlungsgeschäft getätigt; die ersten i m Frühjahr 1949 wieder auftretenden Teilzahlungsbanken hatten nur einen minimalen Anteil. Inzwischen erhöhte sich aber der A n t e i l der Kreditverkäufe am gesamten Einzelhandelsumsatz laufend. Er stieg von 11 v H i m Jahre 1949 bis auf etwa 15 v H i m Jahre 1952. Innerhalb dieser gesamten Kreditgeschäfte vergrößerte sich stetig der A n t e i l der Teilzahlungsbanken. Er betrug i m Jahre 1951 — ohne Investitionsfinanzierungen — schon etwa 570 Mill. D M und dürfte i m folgenden Jahr rund 910 Mill. D M ausgemacht haben. Die gesamten Kreditverkäufe des Einzelhandels werden 1949 etwa 3,6 Mrd. D M betragen und sich bis 1952 auf rund 5,6 Mrd. D M erhöht haben. Die Außenstände des Einzelhandels aus diesem Teilzahlungsgeschäft nahmen stärker zu als die Kreditverkäufe selber. Sie betrugen 1952 i m Jahresdurchschnitt etwa 25 v H eines Monatsumsatzes und machten i n absoluter Höhe am Jahresende 1952 knapp 1 Mrd. D M aus. Noch überwiegen die kritischen Stimmen, die den Kreditverkauf grundsätzlich ablehnen bzw. nur unter bestimmten Bedingungen gelten lassen wollen. Trotzdem ist anzunehmen, daß sich der A n t e i l der Kreditverkäufe am Gesamtumsatz des Einzelhandels weiterhin erhöhen wird. Die Kreditgewährung bringt dem Einzelhandel zwar i n den meisten Fällen eine Umsatzsteigerung, bindet aber andererseits auch erhebliche Betriebsmittel und verursacht zusätzliche Kosten. Denn nicht immer können die gesamten Finanzierungskosten auf den Kreditnehmer abgewälzt werden. Zu dieser Belastung kommt noch die anhaltende Steigerung aller übrigen Handelskosten hinzu. Die Löhne, die i n den meisten Branchen rund 50 v H der gesamten Kosten ausmachen, haben sich seit 1948 laufend erhöht. Die Reklamekosten sind ebenfalls beachtlich gestiegen. Anteilmäßig haben sich die Kosten für Unternehmerlohn, Zinsen für Eigenkapital und Abschreibungen etwas gesenkt. Gleichzeitig haben sich aber die Handelsspannen des Einzelhandels seit Dezember 1948 laufend — wenn auch nur sehr geringfügig — ermäßigt. Die Ertragslage des Einzelhandels hat sich daher dauernd etwas verschlechtert, obwohl sie noch immer als befriedigend bezeichnet werden kann. Die durchschnittlichen Handelsspannen des gesamten Einzelhandels dürften zur Zeit noch nicht ganz 25 v H vom Umsatz betragen. Da aber allein der Kostenanteil am Umsatz i m letzten Jahr schon 22 v H betragen haben dürfte, bleibt i m Gesamtdurchschnitt nur ein Reingewinn von rund 3 v H vom Umsatz übrig. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, daß

Der Handel im Zeichen der Marktwirtschaft

in den Kosten auch Beträge enthalten sind, die dem Unternehmer zufließen (Unternehmerlohn, kalkulatorische Zinsen für Eigenkapital). I m Durchschnitt des gesamten westdeutschen Einzelhandels dürfte sich also für die Jahre von 1949 bis 1952 ein Bruttogewinn (Unternehmerlohn, kalkulatorische Zinsen und Reingewinn) von höchstens 5—10 v H der Umsätze ergeben haben. Trotz des raschen Aufbaus der Betriebe hat der Einzelhandel i m Bundesgebiet räumlich seinen Vorkriegsumfang noch nicht erreicht. I n der Zukunft wird sich der Ausbau verlangsamen. Die Warenhäuser haben den Mittel- und Kleinbetrieben einen Expansionsstop zugesagt, so daß auch hier vorläufig nicht mit weiteren Bauten zu rechnen ist. Stellung des Handels i n der Volkswirtschaft

Die Wertschätzung des Handels i n der Öffentlichkeit hat sich in den letzten Jahrzehnten bedeutend verschlechtert. I n den drei Jahrzehnten Kriegswirtschaft der beiden letzten Kriege, hat sich das Gewicht der Rohstoffversorgung und der industriellen Produktion so erhöht, daß die Bedeutung der produzierenden Wirtschaftsgruppen überbewertet wurde. Die Unterschätzung des Vertriebs hatte nicht nur stimmungsmäßige Folgen; die beiden Handelsstufen waren die einzigen W i r t schaftsgruppen, die in Westdeutschland nicht i n den Genuß verbilligter Wiederaufbaukredite kamen. I n zahlreichen Fällen konnten vor dem Krieg florierende Betriebe den Wiederaufbau aus eigenen Mitteln nicht durchführen und mußten gutgelegene Plätze den zahlungskräftigeren Konzernunternehmen überlassen. Der zur Zeit ausgetragene Kampf zwischen Mittel- und Kleinbetrieben einerseits und Großfirmen andererseits ist u. E. nicht die Folge einer rücksichtslosen Ausdehnungspolitik der Großbetriebe, sondern ein Ergebnis der allgemeinen Benachteiligung der Handelsgruppen bei der Kreditbereitstellung. Der neuerdings dem Handel i n Aussicht gestellte Kreditbetrag von 4 M i l l . D M (Erhöhung auf 16 M i l l . D M wahrscheinlich), mutet i m Vergleich zu den Beträgen, die Industrie, Verkehr und Handwerk erhalten haben, gering an. I m Rahmen der wirtschaftspolitischen Diskussion haben sich in neuester Zeit anscheinend die Verfechter der „Mittelstandspolitik" durchgesetzt. U. a. wurde gefordert, daß Maßnahmen gegen die „Expansion der Großbetriebe" i n die Kartellgesetzgebung eingebaut werden sollen. Selbstverständlich muß abgewartet werden, wie die betreffenden Anordnungen und Gesetze abgefaßt und ausgelegt werden. Nach den bisherigen Verlautbarungen ist jedoch anzunehmen, daß gewisse Korrekturen der Gewerbefreiheit vorgenommen werden. Hoffentlich w i r d es nicht zu Präzedenzfällen kommen, die schließlich einmal die freie Marktwirtschaft i m Handel erschüttern und die mit Recht erkannten Nachteile des Dirigismus (Zulassungen, Kontingentierungen, Bewirtschaftung, Preiskontrollen) allmählich wieder in Erscheinung treten lassen. D e r Großhandel i m Zeichen der Gewerbefreiheit

Neben einer Reihe von Spezialproblemen, die nur für den Großhandel oder den Einzelhandel Bedeutung haben, gibt es einige grundsätzliche Fragen, 6

5 J a h r e Deutsche M a r k

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die für beide Handelsstufen gleich wichtig sind. Dies t r i f f t i n erster Linie auf die 1948 von den Besatzungsmächten angeordnete Gewerbefreiheit zu. Auch i m Großhandel stieg die Zahl der Betriebe daraufhin bis i n das Jahr 1950 erheblich an. Die stärkste Zunahme war i n Bayern zu beobachten. Während sich die Zahl der Großhandelsbetriebe in den übrigen Bundesländern i m Durchschnitt nur um 44 v H erhöhte, stieg sie i n Bayern u m 83 vH. I m folgenden Jahr dürfte nur noch eine geringe Erhöhung stattgefunden haben, 1952 ist die Betriebszahl vermutlich wieder etwas zurückgegangen. Ähnlich wie i m Einzelhandel war diese plötzliche, starke Zunahme der Großhandelsbetriebe zum Teil eine Folge der bis 1948 erschwerten Zulassungsbestimmungen. Hinzu kam noch eine Reihe von Umständen, die die Erhöhung der Betriebszahl i m Großhandel zusätzlich begünstigten: I n der Zeit nach dem Zusammenbruch war der Einkauf — gleichgültig ob es sich um Rohstoffe, Halberzeugnisse oder Fertigwaren handelte — sowohl für die Produzenten wie auch für den Handel und die Verbraucher so erschwert worden, daß die Unternehmer aller Wirtschaftsstufen zur Bewältigung dieser Aufgabe einen großen Personenkreis beschäftigten. Das betrifft nicht nur den „Schwarzhandel", sondern auch i m legalen Warenverkehr wurde eine Großzahl von Agenten, Maklern und anderen Vermittlern eingeschaltet. Der größere Teil dieser Vermittler nahm bei der Verkündung der Gewerbefreiheit an, daß der „Verkäufermarkt" noch einige Jahre anhalten und die Gewinnchancen i m Handel weiterhin günstig bleiben würden. Da sie i n den meisten Fällen nicht direkt die Konsumenten beliefert hatten, sondern zwischen den einzelnen Produktionsstufen bzw. Handelsstufen tätig gewesen waren, meldeten sie ihre Gewerbe größtenteils als „Großhandel" an. Einige dieser Vermittler haben sich dem Geschäftsgebaren des traditionellen Großhandels weitgehend angepaßt und üben heute — wenn i n den meisten Fällen auch nur als Kleinbetriebe — eine echte Großhandelsfunktion aus, das heißt, daß sie nicht nur vermitteln und verkaufen, sondern daß sie auch für ihre Abnehmer — Einzelhandel und Handwerk — ein Lager unterhalten und Kredite geben. Die Mehrheit der neuentstandenen Großhandelsbetriebe hat es aber zu dieser vollen Großhandelstätigkeit nicht gebracht. Diese K l e i n - und Kleinstbetriebe würden ihrer Tätigkeit nach zum Teil besser dem Handelsmakler- oder Vertreterberuf zugeordnet; vorläufig erscheinen sie i n der Statistik aber als „Großhändler" und erhöhen dadurch die offizielle Betriebszahl. Nach den Ergebnissen der Arbeitsstättenzählung des Jahres 1950 gab es i m Erhebungsjahr zwar rund 130 000 Großhandelsbetriebe, aber davon waren allein 36 000 Kleinstbetriebe (1 Beschäftigter) und 60 000 Kleinbetriebe (2—4 Beschäftigte). Ähnlich wie i m Einzelhandel bestehen auch i m Großhandel erhebliche Ressentiments gegen die neue Konkurrenz, die entweder wegen ihrer nicht voll ausgeführten Großhandelsfunktion nur „AuchGroßhändler" genannt oder wegen ihrer geringen

Der Handel im Zeichen der Marktwirtschaft

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Umsätze als „Rucksack-Grossisten" bezeichnet werden. Trotz dieser skeptischen Einstellung sind offizielle Proteste des Großhandels gegen die Gewerbefreiheit relativ selten erhoben worden. Zweifellos ist der Großhandel diejenige Wirtschaftsgruppe, die sich i m K l i m a der freien Marktwirtschaft am wohlsten fühlt und die deshalb grundsätzlich jeden Faktor der Marktwirtschaft, das heißt also auch die Gewerbefreiheit, bejaht. Erst das Verlangen der Einzelhandelsverbände nach einer „Berufsordnung" und nach der „Mittelstandspolitik" hat i m Großhandel kritische Stimmen laut werden lassen. Man weist mit Recht darauf hin, daß der durch eine neue Einzelhandels-Berufsordnung zurückgewiesene Bewerber sich höchstwahrscheinlich dem Großhandel zuwenden würde; wenn dieser dann nicht durch eine ähnliche Berufsordnung geschützt wäre, würde der Großhandel zu einem Sammelbecken der aus anderen Berufsgruppen abgewiesenen Bewerber werden. Bei der Diskussion über die Gewerbefreiheit sollte man — genau so wie beim Einzelhandel — die 1950er Betriebszahl nicht mit der Summe der Betriebe des Jahres 1939 vergleichen, sondern sie mit der Firmenzahl von 1933 i n Beziehung setzen. I m Jahre 1933 bestanden i m Reichsgebiet etwa 151000 Großhandelsbetriebe; 1950 gab es i m Bundesgebiet 130 000 Großisten. Vergleicht man die Zahl der Großhandelsfirmen mit der Einwohnerzahl des jeweiligen Gebietes, so ergibt sich, daß 1933 auf je einen Großhändler 437 Personen kamen; i m Jahre 1950 hat sich diese Relation auf einen Großhandelsbetrieb zu 377 Personen verschlechtert. Selbstverständlich ist dieser Vergleich zwischen der Zahl der Großhandelsbetriebe und der Summe der Einwohner nicht ganz beweiskräftig. Ein beachtlicher Teil des Großhandels (Rohstoffgroßhandel, Investitionsgütergroßhandel, Fabrikationszwischenhandel usw.) hat mit dem Verbrauch direkt, also auch mit der Bevölkerungszahl, nichts zu tun; man sollte also eigentlich nur den Konsumgütergroßhandel mit der Bevölkerungszahl vergleichen. Wenn man aber bedenkt, daß die Industrieproduktion i m Bundesgebiet heute weit höher ist als i n der Zeit vor dem Kriege, so würde eine entsprechende Steigerung der Betriebszahl als angemessen erscheinen. Die augenblickliche Relation zwischen der Zahl der Großhandelsbetriebe und der Einwohnerzahl zeigt also, daß die „Übersetzung" nicht so stark ist wie häufig angenommen wird. Dabei darf nicht verkannt werden, daß der Wettbewerb und die Übersetzungserscheinungen i n den einzelnen Branchen unterschiedlich sind. Berücksichtigt man weiterhin noch, daß die Produktionsgruppen und auch einige Abnehmer (Industrie, Landwirtschaft, Handwerk) straffer organisiert sind und daß sich deshalb der Preis- und Wettbewerbskampf zum großen Teil i n der Handelssphäre abwickelt, so erscheint die Ablehnung eines Teils des Großhandels gegen die Gewerbefreiheit und die neuentstandene Konkurrenz verständlich. Umsatzentwicklung des Großhandels

I n den Kriegs- und Bewirtschaftungsjähren hatte der private Großhandel seine Position in der deutschen Vertriebs Wirtschaft ausbauen können. Er

hatte nicht nur seine Beziehungen zu den verschiedenen Herstellergruppen ausnutzen können, sondern war auch von staatlicher Seite weitgehend i n den Bewirtschaftungsapparat (Umtauschstelle zwischen Bezugsrechten des Handwerks und Einzelhandels gegen Einkaufsschecks der Hersteller) eingeschaltet worden. Beides hatte seine Bedeutung als Lieferant von Industrie, Landwirtschaft, Einzelhandel und Handwerk erhöht. Als jedoch i n den Damm der Bewirtschaftungsvorschriften mit der Genehmigung der Kompensationsgeschäfte eine Lücke gerissen wurde, fanden i n zahlreichen Fällen Produzenten und Letztverteiler (Einzelhandel, Handwerk) in direktem Geschäftsverkehr zueinander. Vielfach war die Großhandelsspanne bei den damaligen sehr geringen Umsätzen auch nicht mehr tragbar, insbesondere bei den Geschäften, bei denen die Leistungen nicht durch Barzahlung, sondern durch Warenkompensationen reguliert wurden. Die während des Zusammenbruchs der Bewirtschaftung angeknüpften direkten Beziehungen zwischen Erzeuger und Letztverteiler blieben i n zahlreichen Fällen bestehen; insbesondere M i t t e l - und Großbetriebe des Einzelhandels verstärkten ihren Direktbezug. Diese Entwicklung war aber nicht einheitlich. Während die Branchen des Konsumgütergroßhandels i n schärfstem Wettbewerb gegen Direktbezug, Einkaufsvereinigung und Genossenschaften standen, konnten andere Gruppen i m Zeichen eines verhältnismäßig regelmäßigen konjunkturellen Anstiegs ihre Umsätze erhöhen und ihren Wiederaufbau durchführen. So war z. B. die Situation für die Fachgruppen des Rohstoffgroßhandels, des Investitionsgütergroßhandels und des Fabrikationszwischenhandels verhältnismäßig günstig. Die Kriegszerstörungen und Demontagen hatten i n Industrie, Landwirtschaft und Handwerk erhebliche Produktionslücken gerissen, die diese — mit Hilfe von verbilligten Wiederaufbaukrediten — wieder aufzufüllen trachteten. Die Nachfrage nach Rohstoffen, Investitionsgütern und Halberzeugnissen stieg deshalb bis Ende 1952 laufend an und erst i m Laufe dieses Jahres waren auf einigen Sektoren Depressionserscheinungen zu bemerken. Wenn auch in diesen Gruppen der interne Wettbewerb relativ scharf war und außerdem noch zunahm, so waren doch andere Wettbewerbsgruppen wie Einkaufsvereinigungen und Genossenschaften — wenn man von den Häuteverwertungsgesellschaften, den „Lederringen" und den Baustoffzentralgesellschaften absieht — hier nicht so häufig wie z. B. i m Konsumgütergroßhandel. Die Branchen des Großhandels mit Rohstoffen, Halberzeugnissen und Investitionsgütern haben deshalb i n den Jahren nach der Währungsreform den Wiederaufbau von Räumen und Lagern verhältnismäßig schnell durchführen und auch i n gewissem Umfang Kapital ansammeln können. Da die Produzenten (Industrie, Landwirtschaft) häufig feststellen mußten, daß die Summen, die sie für eigenen Einkauf, Marktbeobachtung und Vertrieb anlegen mußten, vielfach größer waren als die Spannen, die der private Großhandel aufschlägt, eröffneten sich in zahlreichen Fällen neue Betäti-

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Der Handel im Zeichen der Marktwirtschaft

gungsgebiete für die Grossisten. Der private Großhandel hat sich daraufhin vielfach noch weiter spezialisiert und hat — i m Gesamtergebnis seiner Gruppe — noch an Bedeutung gewonnen. Die Situation des Konsumgütergroßhandels war wesentlich ungünstiger. Nicht nur, daß sich der Direktbezug des Einzelhandels von der Industrie erhöhte und der Umsatz der Einkaufsvereinigungen stieg, sondern auch die Genossenschaften entwickelten eine außerordentliche A k t i v i t ä t . Hinzu kam, daß es bei den Abnehmern des privaten Konsumgütergroßhandels, beim Einzelhandel und beim Handwerk, immer wieder zu Absatzstockungen kam, auf die diese Gruppen ihrerseits wieder mit Einkaufsstops reagierten. Wenn i m Gesamtdurchschnitt die Umsatzentwicklung der meisten Konsumgüterbranchen i m Trend zwar anstieg, so wurde sie doch immer wieder durch kleine Rückschläge gestört. Durch den außerordentlich scharfen Wettbewerb war der private Konsumgüter-Großhandel zu einer weitgehenden Modernisierung und Rationalisierung gezwungen. Er dürfte zur Zeit auch gegenüber den durch gewisse Umstände begünstigten anderen Wettbewerbsgruppen v o l l wettbewerbsfähig sein und w i r d vermutlich den derzeitigen Umsatzanteil in den nächsten Jahren halten bzw. verbessern können. Statistisch nachweisbar ist bisher nur die Umsatzbewegung von drei KonsumgütergroßhandelsFachgruppen (Lebensmittel, Textilien, Beleuchtungs- und Elektroartikel). Der Absatz des Lebensmittelgroßhandels erhöhte sich nach den Berichten des Statistischen Bundesamts von 1949 auf 1950 u m 2 vH; seitdem ist keine Veränderung erfolgt. Der Textilgroßhandel konnte 1950 — i m Zeichen der Bekleidungswelle — seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahr um fast 20 v H erhöhen. I m folgenden Jahr nahm der Warenabsatz nur noch u m 2 v H zu. I m Jahr 1952 gingen die Umsätze durch die „ T e x t i l krise" um 7 v H zurück. Einkauf, Wareneingang und Lagerhaltung des Großhandels

Die Hauptaufgabe der Großhandelsstufe besteht darin, daß sie ihren Abnehmern — i m Gegensatz zum einzelnen, meistens spezialisierten Industriebetrieb — ein voll sortiertes Lager der gesamten Warengruppe hält und ihren Kunden für die Bezahlung mehr oder minder lange Ziele einräumt. I n all den Fällen, i n denen der Grossist die notwendigen M i t t e l für den Wiederaufbau der Räume und des Lagers und die Kreditierung der Lieferung bereitstellen konnte, schlug er die Konkurrenz der anderen Wettbewerbsgruppen bzw. blieb zumindest wettbewerbsfähig. Konnte er dagegen seine Lager nicht schnell genug und ausreichend sortieren und die üblichen Ziele gewähren, ging sein Umsatz zurück. Deshalb war der Lageraufbau für den privaten Großhandel eine Existenzfrage. Er hat oft mit seinen langfristigen Bestellungen für die Konsumgüterindustrie, die daneben nur die kurzfristigen und stoßartigen Aufträge des Einzelhandels und des Handwerks zu erfüllen hatte, die Konjunkturstütze gebildet. Die Lagerbewegung der diversen Großhandelsgruppen verlief langsamer als die des 6*

Einzelhandels aber auch viel stetiger. Von der Korea-Einkaufspsychose wurde z. B. der Großhandel bei weitem nicht so stark erfaßt wie der Einzelhandel; er kam deshalb i n der Nachkorea-Baisse auch nicht i n dieselben Schwierigkeiten wie die Letztverteiler. I m großen und ganzen dürfte der Lagerausbau des Konsumgütergroßhandels am Jahresende 1951 vorläufig beendet gewesen sein. Da Einzelhandel und Handwerk weiterhin sehr vorsichtig disponierten, die Außenstände laufend zunahmen und die Preise bis i n die jüngste Zeit hinein leicht zurückgingen, war auch der Konsumgütergroßhandel seinerseits i m Jahre 1952 vorsichtig i m Einkauf. Seine Lager werden geringfügig abgenommen haben. I n den Fachgruppen des Rohstoffgroßhandels, des Investitionsgütergroßhandels und des Fabrikationszwischenhandels hielt der Lagerausbau größtenteils noch weit bis i n das Jahr 1952 hinein an; insbesondere die Branchen, bei denen noch Bewirtschaftungsvorschriften, Preisstopps, „graue" und „schwarze Märkte" vorhanden waren, versuchten ihre Lagerbestände zu vergrößern, w e i l sie — bei der Aufhebung der Bewirtschaftung und Preisfreigabe — mit Preissteigerungen rechneten. I n einigen anderen Branchen, deren gehandelte Rohstoffe auf dem Konsumgüter-Fertigwarensektor schon Absatzschwierigkeiten hatten, wurden die Lager i m Jahre 1952 bereits geringfügig verringert. Gemessen am Umsatz hat bis jetzt keine einzige Großhandelsbranche den Vorkriegslagerstand erreicht, das heißt, daß die Lager — i m Vergleich zu einer normalen Zeit — noch immer etwas zu klein sind. Diese Situation ist ausschließlich eine Folge der Tatsache, daß bis heute keine einzige Großhandelsfirma den Betriebsmittelstand erreicht hat, den sie vor Ausbruch des Krieges hatte. Sollten die beiden Handelsgruppen, Einzelhandel und Großhandel, einmal i n die bevorzugten Bezieher verbilligter Wiederaufbaukredite eingereiht werden, so werden sie zweifellos versuchen, ihre Lager wieder auf die aus den Vorkriegs jähren bekannte Relation „ U m satz: Lagerhöhe" zu bringen Ertragslage des Großhandels

Während die Kosten i n den meisten Großhandelsgruppen einheitlich stiegen, entwickelten sich die anderen, die Wirtschaftlichkeit eines Betriebes bestimmenden Vorgänge wie z. B. die Preise, der Zinsaufwand für die Finanzierung, die Außenstände usw. i n den einzelnen Gruppen unterschiedlich. Der Konsumgütergroßhandel hatte — soweit er industriell hergestellte Fertigwaren absetzte — bereits seit M a i 1951 leicht sinkende Preise. Außerdem mußte er i n den gesamten Nachkriegs jähren bei Preissenkungen stärker nachgeben als der ihn beliefernde Produzent und i n Haussezeiten konnte er nicht den gesamten Umfang der Preissteigerung auf seine Kunden abwälzen. Das heißt, daß sich i m Konsumgütergroßhandel, mit Ausnahme der Nahrungs- und Genußmittelbranchen, die Ertragslage laufend — allerdings nur sehr geringfügig — verschlechtert hat. Nur der Lebensmittelgroßhandel konnte i m großen und ganzen Preise, Spannen und Ertragslage halten.

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Strukturwandel im Verkehrswesen

Wesentlich günstiger war die Situation i n den Branchen des Rohstoffgroßhandels, des Investitionsgütergroßhandels und des Fabrikationszwischenhandels. A l l e diese Fachgruppen erzielten — i m Durchschnitt — bis M i t t e 1952 verhältnismäßig „gute" Preise. Die Ertragslage dieser Firmen war — von einigen Ausnahmen abgesehen — seit der Währungsreform verhältnismäßig gut. Ausnahmen wurden i n denjenigen Rohstoffbranchen festgestellt, in denen der Korea-Konflikt die Preise i n außerordentliche Höhen getrieben hatte (NEMetalle, Wolle, Holz, Leder und Häute, Papier und Pappe). Die Außenstände sind i n allen Branchen gestiegen. Durch den scharfen Konkurrenzkampf gegen Einkaufsvereinigungen, Genossenschaften und direktverkaufende Industriefirmen ist der Großhandel zu großzügigen Zielgewährungen gezwungen. Der Zinsaufwand für diese Finanzierungen ist

erheblich, da der Großhandel i n beachtlichem Umfang mit Bankkrediten arbeitet. Die Kosten sind in allen Großhandelsgruppen in den letzten 5 Jahren laufend gestiegen. Die Personalkosten betragen zur Zeit etwa 60 v H der Gesamtkosten und zeigen weiterhin steigenden Trend. Die Kosten für Werbung, Porti, Telephon und Transporte haben sich ebenfalls erhöht. Während früher i n einer Reihe von Branchen der Großhandel seine Abnehmer nur einmal wöchentlich belieferte, senden heute einige Fachgruppen ihren Kunden die bestellten Waren bis zu zweimal täglich i n das Haus. Zusammenfassend ist also festzustellen, daß sich die Ertragslage des Konsumgütergroßhandels ab Frühjahr 1949, die der anderen Branchen i m groben Durchschnitt etwa seit Mitte 1952 leicht verschlechtert hat, nachdem die letztgenannten Fachgruppen bis zum Jahre 1951 einschließlich befriedigende Gewinne erzielen konnten.

Strukturwandel im Verkehrswesen Lage vor der Geldreform

Das Verkehrswesen gehört zu den lebenswichtigen Wirtschaftszweigen, die nach dem Zusammenbruch von 1945 als erste wieder i n Gang gebracht wurden. Fast alle Bahnlinien, Straßen und Binnenwasserwege waren damals unterbrochen, mehr als 7600 Eisenbahn- und Straßenbrücken ganz oder teilweise zerstört, der größte Teil der Fernmeldeanlagen betriebsunfähig. Dazu kamen beträchtliche Ausfälle und Schäden an Fahrzeugen und sonstigen Betriebsanlagen, der Verlust der Seehandelsflotte und die Beschlagnahme zahlreicher gerade der besten noch vorhandenen Verkehrsmittel für Zwecke der Besatzungsmächte. Trotz der gewaltigen Schwierigkeiten, die sich einem raschen Wiederaufbau des Verkehrswesens durch Mangel an Stahl, Zement, Holz, Fachkräften, durch unzureichende Ernährung, Bekleidung usw. entgegenstellten, gelang es bis zur Währungsreform, die Verkehrseinrichtungen, i n erster Linie die Bahn, soweit instand zu setzen, daß die Anforderungen aus der Mitte 1948 beginnenden wirtschaftlichen Wiederbelebung bei allen noch gegebenen Unzulänglichkeiten des Verkehrsapparates im großen ganzen bewältigt werden konnten. Während jedoch fast alle anderen Wirtschaftszweige sich seither allmählich i n die Gesamtentwicklung einfügten und ihre Lage festigen konnten, t r i f f t dies für das Verkehrswesen als Ganzes — das heute mehr als 7 v H aller Arbeitnehmer des Bundesgebietes beschäftigt und etwa den gleichen A n teil zum Sozialprodukt beiträgt — so wenig zu, daß w i r heute immer noch bedeutenden Schwierigkeiten, ja teilweise einer Notlage i m Transportgewerbe gegenüberstehen und das Verkehrswesen ein Sorgenkind unserer Wirtschaftspolitik darstellt. Die Verkehrslage vor der Währungsreform war durch zwei entgegengesetzte Kräfte gekennzeichnet: ungemein hohe Beanspruchung des Personensowie teilweise des Nachrichtenverkehrs und sehr geringes Aufkommen an Gütertransporten. Bei der

Bahn führte dies zu einer völligen Umkehrung der Ertragsstruktur. Während vor dem Kriege zwei Drittel der Einnahmen aus dem Güterverkehr und ein D r i t t e l aus dem Personenverkehr stammten, verhielten sich die Erträge aus Güter- und Personenbeförderung nunmehr wie 1 : 2. Die zunehmenden Ernährungsschwierigkeiten, der umfangreiche Schwarzhandel und die zahlreichen Fahrten einer wachsenden, durch Heimatvertriebene und Flüchtlinge vermehrten Bevölkerung, um verstreute Familien zusammenzuführen, Eigentums- und andere Rechte zu wahren sowie berufliche und geschäftliche Verbindungen zu pflegen, bedingten trotz der Verdoppelung der Eisenbahnfahrpreise am 1. A p r i l 1946 eine lebhafte, ständig steigende Reisetätigkeit auch über längere Entfernungen. Dazu kam ein erheblicher, durch Evakuierungen und Betriebsverlagerungen noch vergrößerter Berufs- und Schülerverkehr. Bis Mitte 1946 wurden auch Güterwagen zur Beförderung von Personen eingesetzt. Sie waren ebenso überfüllt wie die noch bis in die DM-Zeit i n großer Zahl ohne Fensterglas, Beleuchtung und Heizung fahrenden Personenwagen. Für Fernzüge brauchte man bis 1947, nach der französischen Zone bis Mitte 1948, Zulassungskarten und nur einem begünstigten Kreis von Verwaltungsbeamten und Geschäftsleuten standen seit März 1946 Dienst-D-Züge, seit Mai 1947 Sonderabteile 2. Klasse, Schlafwagen und Kurswagen und seit dem Frühjahr 1948 vereinzelt auch schon Speisewagen zur Verfügung. I m Straßenverkehr, der i m dauernden Kampf um die Treibstoffmengen aus knappen Zuteilungen oder teueren „schwarzen" Beschaffungen lag, waren die relativ wenigen Fahrzeuge ebenfalls überbesetzt. Der Güterverkehr bewegte sich wegen der geringen, vielfach zunächst gar nicht für den Markt bestimmten Produktion, auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Zerstörung der früheren Wirtschaftsund Verkehrsbeziehungen zu Mittel- und Ostdeutschland und den angrenzenden ausländischen

Strukturwandel im Verkehrswesen

Staaten und die daraufhin notwendig gewordenen Verlagerungen der Güterströme hatten in Verbindung mit der schmalen Längsform Westdeutschlands allerdings zur Folge, daß die Transportwege länger wurden und wegen oft fehlender Rückfrachten häufiger Verschiebungen leerer Fahrzeuge durchgeführt werden mußten. Da die Umlaufsgeschwindigkeit des Transportraumes außerdem durch die Lücken und Schäden an den Verkehrswegen stark herabgesetzt wurde, erwies sich vor allem die Zahl der betriebsfähigen Eisenbahngüterwagen trotz des niedrigen Transportvolumens auf die Dauer als unzureichend. U m die notwendigen Transporte sicherzustellen, erfolgten die Verladungen zunächst nach den Dringlichkeitslisten des Prioritätenausschusses der Verwaltung für W i r t schaft, in denen nach den M i l i t ä r - und Besatzungsgütern die Ernährungsgüter und Brennstoffe an wichtigster Stelle standen, später nach den Weisungen der Zentralverkehrsleitung bei der Verwaltung für Verkehr bzw. dem Bundesverkehrsministerium, die in ihren Transportprogrammen den Laderaum der Bahn erst nach den Lastkraftwagen und den Binnenschiffen berücksichtigte. Während sich jedoch die Binnenschiffahrt wegen der Wiederaufbauschwierigkeiten an den unterbrochenen Binnenwasserwegen und bei der Binnenflotte nicht überdurchschnittlich i n den Güterverkehr einschalten konnte, erhielt der Güterkraftverkehr bereits einen Anreiz, sich auszuweiten, zumal relativ leicht frühere Wehrmachtsfahrzeuge erworben werden konnten. Durch die Währungsumstellung änderten sich die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Personen- und Güterverkehrs grundlegend. Der übermäßige Personenverkehr wurde auf ein „normales" Maß zurückgeführt, wobei sich der Berufsverkehr etwa hielt, die Hamster- und sonstigen genannten Fahrten jedoch eingestellt bzw. stark reduziert wurden. Für den Güterverkehr entstanden aus der in Gang kommenden Produktion zunehmende A u f gaben. Die Struktur der Bahneinnahmen kehrte sich nach der 25 °/oigen Senkung der Personenfahrpreise am 25. J u l i 1948 und der Erhöhung der Eisenbahngütertarife um 40 v H am 16. August 1948 wieder um und zeigte bereits i m zweiten Halbjahr 1948 wieder doppelt so hohe Einnahmen aus dem Güterverkehr wie aus der Personenbeförderung. Engpässe und ungenutzte Kapazitäten

M i t den wachsenden Anforderungen, die der wirtschaftliche Anstieg seit M i t t e 1948 an das Verkehrswesen richtete, standen Wiederaufbau und Ausgestaltung des Verkehrsapparates nicht i m Einklang. Bedeutenden, durch Überalterung bedingten Ausfällen an rollendem Material auf der Schiene traten bei nur geringer Vergrößerung der Binnenund allmählichem Neuaufbau der Seehandelsflotte die rasche Ausweitung des Bestandes an Kraftfahrzeugen gegenüber, während der Ausbau von Verkehrswegen und zugehörigen Anlagen allenthalben hinter den Erfordernissen zurückblieb, die W i r t schaft, technischer Fortschritt und vielfach selbst Verkehrssicherheit an sie stellten. Es ergaben sich einerseits Engpässe an Fahrzeugen, namentlich Eisenbahngüter- und Personenwagen, Schienen-

strecken, Straßenverbindungen, Wasserwegen und Fernmeldeeinrichtungen, andererseits konnten die Beförderungskapazitäten hauptsächlich der K r a f t fahrzeuge, zeitweise auch der Binnenschiffahrt", sowie Anlagen der Seehäfen nicht immer und überall befriedigend ausgenutzt werden. Schlechte Beschäftigung dieser Verkehrszweige verstärkte den harten Konkurrenzkampf, der sich unter den großen Verkehrsträgern namentlich um das oft nur schwach steigende Gütertransportaufkommen abspielte. Mangels zweckmäßiger Organisation der Vielzahl von Einzelunternehmern vor allem des Straßenverkehrs und wegen unzulänglicher gegenseitiger Abstimmung des Mengen- und Preisangebotes an Transportraum, nahm dieser Kampf schließlich Formen an, die volkswirtschaftlich als ungesund bezeichnet werden müssen. Der Wettbewerb innerhalb des Verkehrsgewerbes verschärfte sich noch durch das Vordringen der werkeigenen Gütertransporte und dem sich immer stärker ausdehnenden Personenverkehr mit privaten Kraftwagen und Krafträdern. I m Gegensatz zu den meisten übrigen W i r t schaftszweigen besaß der gewerbliche Verkehr bei der Währungsumstellung nicht die Möglichkeit, Waren- oder Rohstoffvorräte i n die DM-Zeit herüberzuretten, um sich dadurch rasch größere liquide M i t t e l in neuer Währung zu beschaffen oder die Produktion mit billigeren Grund- bzw. Betriebsmaterialien aufzunehmen. Der Start Mitte 1948 wurde für Bundesbahn und Bundespost noch dadurch erschwert, daß ihnen anders als i n zahlreichen ausländischen Staaten neben verschiedenen betriebsfremden Finanzauflagen die Beseitigung der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden i n vollem Umfange zur Last fiel. Der Kapitalmarkt war unergiebig und speziell für Bahn und Post wegen der ungeklärten Regelung ihrer langfristigen RM-Verpflichtungen schwer zugänglich. A n großen Krediten flössen der Deutschen Bundesbahn lediglich i m Jahre 1949 340 M i l l . D M aus einer 6°/oigen A n leihe und 1950/51 250 M i l l . D M aus dem Arbeitsbeschaffungsprogramm der Bundesregierung für Oberbauarbeiten zu. Die Erträge der BundesbahnAnleihe dienten allerdings i m wesentlichen der Konsolidierung kurzfristiger Verbindlichkeiten. Die Deutsche Bundespost bemüht sich vor allem seit 1950, einen langfristigen Kredit für den notwendigen Ausbau und die Modernisierung der Fernsprechanlagen zu erhalten. Auch dem übrigen Verkehrswesen fehlen Kredite. Vor allem w i r d eine ausreichende Hilfe der öffentlichen Hand vermißt, um die i m Güter-, Personen- und Nachrichtenverkehr zutage getretenen Engpässe zu beheben. Unterstützung des Bundes fand i n erster Linie der Wiederaufbau der Seehandelsflotte. Auch gaben einige Länder zweckgebundene M i t t e l hauptsächlich für Bahn und Straßenbau, u m Verkehrsschwierigkeiten i n ihren Bereichen zu umgehen oder Verbesserungen zu veranlassen. I m ganzen blieben jedoch die Investitionen i m Verkehr hinter der Investitionstätigkeit der Industrie zurück. Es ließ sich auch nicht durchsetzen, die sogenannte Investitionshilfe stärker auf wichtige kapitalbedürftige Verkehrszweige auszudehnen, und von der vorgesehe-

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nen Umlage wurden lediglich der Deutschen Bundesbahn 50 M i l l . D M für Waggonbau zugedacht. Allerdings sind Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffahrt von der Aufbringung der Investitionshilfe befreit worden. Neuinvestitionen vor a l l e m i m K r a f t v e r k e h r

Die Selbstfinanzierung, die beim Neuaufbau vieler Wirtschaftszweige eine so große Rolle spielte, trat bei den öffentlichen Verkehrsunternehmungen allein schon deswegen zurück, w e i l für deren Wirtschaftsführung primär nicht die Bildung von Gewinnen, sondern die Wahrung volkswirtschaftlicher Interessen ausschlaggebend ist. Außerdem entwickelte sich ihre Ertragslage nach anfänglich erfreulichen Ansätzen besonders seit M i t t e 1952 recht unbefriedigend. Das Verhältnis von Beförderungspreisen zu Kosten verschlechterte sich i n dem Maße, i n dem Preise für Sachaufwendungen und Löhne stiegen; denn die Tarif- und Gebührenpolitik konnte wegen gesetzlicher Bindungen und gemeinwirtschaftlicher Rücksichten bezüglich Höhe und Staffelung zahlreicher Beförderungszweige nicht elastisch genug dem allgemeinen Konjunkturverlauf angepaßt werden. Schließlich führte bei der Bahn die starke Konkurrenz vor allem des Kraftverkehrs zu Verkehrs- und damit Einnahmeverlusten. Die Ersatzbeschaffungen der Deutschen Bundesbahn blieben daher zunehmend hinter dem ErneuerungsSoll zurück; selbst die laufende Unterhaltung der Anlagen und Fahrzeuge konnte nicht i m erforderlichen Umfang vorgenommen werden. So beachtlich

bisher der Wiederaufbau i m Eisenbahnverkehr gewesen ist, er war von anhaltenden Substanzverlusten begleitet, die — wie beispielsweise die gehäuften Schienenbrüche der letzten Jahre zeigten — nicht selten sogar die Sicherheit des Bahnverkehrs gefährdeten. Neuinvestitionen ließen sich von der Deutschen Bundesbahn nicht i m ausreichenden Maße durchführen. I h r gesamter Nachhol-Investitionsbedarf w i r d gegenwärtig noch auf mehr als 4 Mrd. D M geschätzt. Demgegenüber hatten die Konkurrenten der Bahn, vor allem der Kraftverkehr, weit günstigere Startbedingungen, da sie weder für die Kriegsschäden an ihren Verkehrswegen und für deren Ausbau und Sicherung aufkommen müssen, noch die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der Bahn besitzen. I m gewerblichen Güterkraftverkehr bestand bis zu Beginn dieses Jahres so gut wie keine Möglichkeit, die Einhaltung der Tarife zu überwachen. Der nicht an eine Beförderungspflicht gebundene Kraftverkehr kann außerdem weniger rentable Beförderungen ablehnen und dementsprechend höhere Gewinne erzielen. Die vorwiegend günstige Gestaltung der Erträge ließ i m Straßenverkehr eine weit stärkere Selbstfinanzierung zu als etwa bei der Bahn. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch die bis 1951 wirksame steuerliche Begünstigung der Beschaffung kurzlebiger Wirtschaftsgüter, i n unserem Falle Kraftfahrzeuge. Von dieser Möglichkeit machten besonders auch Industrie, Handel und Landwirtschaft Gebrauch, u m sich eigene Beförderungsmittel zuzulegen. Die Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen überschritten sehr rasch das Maß der Ersatzbeschaffungen. Durch umfangreiche Neuinvestitionen von Kraftfahrzeugen entstand i m Vergleich zum Wachstum des Verkehrsaufkommens allmählich ein Überangebot an Transportraum auf der Straße, während die Deutsche Bundesbahn, auf die fast zwei Drittel des Güterverkehrs und etwa drei Fünftel des öffentlichen Personenverkehrs (außerhalb des Ortsbereiches) entfallen, den gestiegenen Verkehr mit einem Fahrzeugbestand bewältigen muß, der sowohl bei den Güter- als auch bei den Personenwagen beträchtlich unter dem Stand des Jahres 1936 liegt und zudem erheblich überaltert ist. Güterwagenverknappung

Gegenüber dem mittleren Stand von 1936 dürfte die gesamte Transportleistung von Eisenbahnen, Binnenschiffahrt und Kraftverkehr bis zum Frühjahr 1953 u m etwa ein D r i t t e l gestiegen sein. Die Zahl der Lastkraftwagen erhöhte sich seither aber auf mehr als das Dreieindrittelfache, während der betriebsfähige Güterwagenpark der Deutschen Bundesbahn um fast ein D r i t t e l zurückging. Der Mangel an Güterwagen zeigt sich seit 1947 in steigendem Maße vor allem i m Herbst, wenn der Ernteverkehr abzuwickeln ist und i n großem Umfange gleichzeitig Kohle abgefahren werden soll. A m schlimmsten war die Lage i m Herbst 1951, als — trotz behelfsmäßigen Einsatzes beschädigter Wagen, Anmietung ausländischer Waggons, Heranziehung sogenannter Europ-Wagen, Verdoppelung des Wagenstandgeldes für offene Wagen und andere Sondermaßnahmen — bis zu ein Drittel der

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angeforderten offenen Wagen nicht rechtzeitig gestellt werden konnte. Auch während des Frühjahrs, das hohe Wagenanforderungen für Saatgut, Düngemittel, Kartoffeln, Baustoffe, Land- und Baumaschinen usw. bringt, bereitete die Stellung namentlich von gedeckten Wagen besonders i n den beiden letzten Jahren Schwierigkeiten. Die Kapitalnot der Deutschen Bundesbahn verhinderte bisher einen großzügigen Neubau von Güterwagen. Die verschlechterte Ertragslage erschwerte außerdem die Ausbesserung der zahlreich vorhandenen Schadwagen, deren A n t e i l 1936 nur 4,6 vH, 1949 jedoch 21,7 v H betrug. Immerhin ließ sich die Schadwagenquote bis zum Frühjahr 1953 auf etwa 10 v H reduzieren. Die hohen Anforderungen an den Schienenverkehr konnten nur dadurch bewältigt werden, daß die Deutsche Bundesbahn Einsatz und Ausnutzung der Güterwagen mit den verfügbaren M i t t e l n aufs stärkste rationalisierte und insbesondere die mittlere Umlaufszeit der Wagen, die 1948 (im VWG) noch bis zu 7,4 Tage betrug, ständig verminderte, bis sie sich i m Februar 1953 (Bundesgebiet) nur noch auf 4,4 Tage belief und den Vorkriegsverhältnissen (Jahresdurchschnitt 1936: 4,5 Tage) gleichkam. Die Bemühungen, die Wagen immer wirtschaftlicher zu verwenden, führten ferner ab 1.5.1951 zum deutsch-französischen Abkommen über die gemeinsame Benutzung von zunächst bis zu je 50 000 westdeutschen und französischen Güterwagen. Die Übereinkunft wurde zum europäischen Güterwagenpool ausgebaut, der am 15. 3. 1953 wirksam geworden ist, und in den von den beteiligten Staaten insgesamt 160 000 Güterwagen zur freizügigen Verwendung i m Partnerring eingebracht werden sollen.

bequemeren Lastkraftwagen i n Anspruch. I n diesen Zusammenhängen liegt neben der schon erwähnten steuerbegünstigten Verwendung von Gewinnen eine Begründung vor allem auch für die bedeutende Ausweitung des werkeigenen Güterverkehrs mit Lastkraftwagen. Der Güterverkehr auf der Straße, dessen t k m Leistung 1936 nur etwa 4 v H der Transportleistung von Bahn, Binnenschiffahrt und Kraftverkehr (außerhalb des Ortsbereiches) ausmachte, sicherte sich unter diesen Umständen bis zum Jahre 1950 einen A n t e i l i n der Größenordnung von etwa 16 v H der gesamten Verkehrsleistung. Er dürfte sich seither noch etwas erhöht haben. Die Quote der Güterverkehrsleistung der Eisenbahn ging i n der gleichen Zeit von 67 auf 63 v H zurück. IndusMcumiSht will TMM|iorf'voltiin*it Volumenbewegungen, dfibe/'tsf