Gerontologie III - Das Altern verstehen: Band 3, Altern in der Gesellschaft 9783748604648

Altern als Prozess ist Gegenstand gerontologischer Forschungen. So anschaulich wie spannend vermittelt Bettina M. Japser

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Gerontologie III - Das Altern verstehen: Band 3, Altern in der Gesellschaft
 9783748604648

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Bettina M. Jasper

Gerontologie – das Altern verstehen Altern in der Gesellschaft

Band 3

VINCENTZ NETWORK

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet. Der Verlag und die Autorin können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

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Bettina M. Jasper

Gerontologie – das Altern verstehen Altern in der Gesellschaft

Band 3



Inhalt VORWORT  7 DEMOGRAFIE  9 Lernziele  10 Themenübersicht  12 Grundbegriffe  13 Entwicklung  19 Auswirkungen demografischer Veränderungen  26 Migration  29 ALTER(N)SBILDER  33 Lernziele  34 Themenübersicht  36 Altern als Prozess  37 Veränderungen im Alter  45 Bilder vom Alter(n)  48 WAHRNEHMUNG  55 Lernziele  56 Themenübersicht  58 Prinzipien & Merkmale  59 Arten der Wahrnehmung  63 Veränderungen der Wahrnehmung & Intervention  66 Fehler & Täuschungen  71 DEVIANZ  77 Lernziele  78 Themenübersicht  80 Hintergründe  81 Abweichendes Verhalten in der Gesellschaft  83 Abhängigkeiten   86 Suizid   91 Weitere Erscheinungsformen   93

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LEBENSENDE  99 Lernziele  100 Themenübersicht  101 Sterben & Gesellschaft  102 Sterben – ein Prozess  104 Sterbende begleiten  107 Vorsorge  110 Anhang  113 Stichwortverzeichnis  113 Zum Weiterlesen   118 Institutionen im Internet  120 Dank  121 Autorin  123

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Gerontologie – das Altern verstehen

VORWORT Dies ist nun der dritte von vier Bänden. Mein im Jahr 2002 erschienener Titel „Gerontologie“ aus der Reihe „Lehrbuch Altenpflege“ ist inhaltlich und gestalterisch aufgefrischt. Die neue Buchreihe hat nunmehr eine völlig veränderte und ungewöhnliche Gestaltung, deren Grundstruktur sich während meiner langjährigen Unterrichtspraxis an der Fachschule für Pflegeberufe „Sancta Maria“ in Bühl entwickelte. Die Publikation richtet sich an Auszubildende und Pflegefachkräfte sowie an Betreuungskräfte und Alltagsbegleiter, die darin viel Hintergrundinformation für ihre Arbeit finden. Gerontologische Inhalte sind aufgeteilt in vier Themenpakete, eines je Band. In jeweils einem kompakten Buch sind Inhalte nach Stichworten mit Querverweisen im Sinn einer Nomenklatur, also eines Fachwörterbuchs, zusammengestellt und in Themenfeldern alphabetisch sortiert. Am Ende des Buchs gibt es eine Rubrik „Zum Weiterlesen“ mit Literatur-Tipps für alle diejenigen, die tiefer in ein Thema eintauchen möchten. Hat der erste Teil der Buchreihe viel theoretischen Hintergrund, der zweite viel Biografisches zum Inhalt, stehen in diesem dritten von vier Bänden „GERONTOLOGIE – ALTERN IN DER GESELLSCHAFT“ Themen wie Demografie, Alternsbilder, Wahrnehmung, Devianz und schließlich das Lebensende im Mittelpunkt. Der vierte und letzte Band ist dem Arbeitsfeld Altenpflege gewidmet. Ich bin sehr gespannt, wie der so aufbereitete Stoff angenommen wird. Den Leserinnen und Lesern wünsche ich eine gewinnbringende Lektüre – möge dieses Kompendium ein Leitfaden werden und vielen Nutzern brauchbare Anregungen geben, ihre tägliche Arbeit erfolgreich zu bewältigen. Bettina M. Jasper November 2020

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Gerontologie – das Altern verstehen

DEMOGRAFIE Bevölkerung im Wandel Unsere Gesellschaft verändert sich. Täglich berichten Medien über Themen, die mit dem Wandel der Bevölkerungsstruktur in Verbindung stehen – Migration, Überalterung, Renten … das sind nur einige Stichworte, die regelmäßig die Nachrichten prägen. Bauen die einen den Wandel zum schicksalhaften Schreckgespenst auf mit katastrophalen Folgen für Sozial- und Gesundheitssysteme sowie für den Stellenwert von Familie, so bewerten andere die Veränderungen weniger dramatisch und sehen im Prozess der Alterung und des voraussichtlichen Schrumpfens der Gesellschaft auch Chancen. Die Folgen demografischen Wandels betreffen alle Menschen jeder Generation. Wer in der Altenpflege arbeitet, findet heute einen sicheren Arbeitsplatz, hat aber gleichzeitig mit der veränderten Familienstruktur im eigenen Umfeld zu tun. Da gilt es, neben der Berufstätigkeit hochaltrige Angehörige zu pflegen, Lösungen für die eigene Wohnsituation zu finden und schon früh vorzusorgen fürs eigene Rentenalter. Wir werden älter und gewinnen wertvolle Jahre, außerdem war die Lebenszeit ohne Erwerbsarbeit noch nie länger. Dabei ermöglichen heutige Rahmenbedingungen lange Zeit mit hoher Lebensqualität. Das Zusammenleben und -arbeiten mit Menschen aus anderen Kulturkreisen birgt Herausforderungen, die nicht nur die Sprache betreffen. Doch das alles macht das Leben auch spannender und interessanter. Mit offenen Augen durchs Leben gehen, Informationen sammeln, Nachrichten und Entwicklungen verfolgen sowie sich Zusammenhänge erklären und erschließen – das alles hilft beim Miteinander-Verständigen in einer immer bunteren Gesellschaft.

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DEMOGRAFIE

Lernziele Wissen, –– welche Faktoren die demografische Entwicklung beeinflussen. –– wie sich unsere Gesellschaft verändert. –– warum Demografie jeden ganz persönlich betrifft. –– welche Auswirkungen die demografische Entwicklung auf die eigene Lebensplanung hat. –– dass Migration ein wertneutraler Faktor ist, der eine Gesellschaft positiv wie negativ beeinflussen kann. Verstehen und sich bewusst machen, dass –– sich ändernde Familienstrukturen weit reichende Auswirkungen haben auf Wohnungsbau, Rentenpolitik usw. –– außerfamiliale Netzwerke für die Lebensgestaltung im Alter immer wichtiger werden. –– soziale Sicherung des Alters schon in früheren Lebensphasen beginnen muss. –– Immigration nötig ist, um rückläufige Bevölkerungszahlen auszugleichen. –– viele Wirtschaftsbereiche, auch die Pflege, ohne Zuwanderer nicht mehr zurechtkämen. –– eine multinationale Gesellschaft das Leben kulturell bereichern kann. –– Prognosen naturgemäß viele Unwägbarkeiten beinhalten und in ihrer Verlässlichkeit begrenzt sind.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Im Arbeitsalltag –– mit alten Menschen über deren Beobachtungen sprechen, wie sich die Gesellschaftsstruktur in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. –– Biografien gezielt untersuchen im Hinblick auf Familienstrukturen heute alter Menschen. –– beobachten, mit welchen Nationalitäten Sie in Berührung kommen – bei Bewohnern bzw. Tagesgästen und bei Kolleginnen. –– die eigene Situation zur Altersvorsorge betrachten. –– die Pflege individuell und an den konkreten Wünschen und Bedürfnissen des einzelnen Menschen orientiert planen, umsetzen und auswerten.

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Vorsorge

Wohnungsbau

Arbeitsmarkt

Auswirkungen

Migration

Demografie Demografie

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Soziale Sicherung

Entwicklung in Deutschland

Herausforderungen

Chancen

Entwicklung

Grundbegriffe Einflussfaktoren

Situation in anderen Nationen

Prognosen & Trends

Familienstruktur & Lebensformen

Lebenserwartung

Bevölkerungszahl

Merkmale des Wandels

Fachbegriffe

Darstellungsform

Einflussgrößen

DEMOGRAFIE

Themenübersicht



Gerontologie – das Altern verstehen

Grundbegriffe Alterspyramide ● auch Bevölkerungspyramide oder Lebensbaum genannt, ist die grafische Darstellung einer Bevölkerung nach den Merkmalen Alter und Geschlecht (► S. 14). Die Bezeichnung stammt aus der Zeit des Deutschen Reiches1 vor 1933. Im Jahr 1910 glich die Darstellung exakt einer Pyramide bzw. einem stilisierten Tannenbaum. Sie war getragen von einer breiten Basis mit vielen Kindern und Jugendlichen und spitzte sich gleichmäßig nach oben hin zu mit immer weniger Menschen in den hohen Altersgruppen. Dieses Bild prägte den Begriff. Die Darstellung der heutigen Situation wird mit unterschiedlichen Bezeichnungen beschrieben wie Urne, Sarkophag, Bischofsmütze, auch überspitzte Zwiebelform. Aktuelle Veränderungen und Prognosen sind ständig online abrufbar über eine animierte Darstellung des Statistischen Bundesamtes2. Altersspezifische Geburtenraten ● beschreiben die Anzahl lebend Geborener von Frauen einer bestimmten Altersgruppe, bezogen auf 1.000 Frauen dieses Alters. Dabei werden in der Regel die Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 45 Jahren betrachtet. Baby-Boomer ● Mit diesem Begriff werden die Generationen der Nachkriegszeit bis in die frühen 1960er-Jahre bezeichnet, die zu Zeiten stark gestiegener Geburtenraten geboren wurden. Seinen Höhepunkt erreichte der Boom 1964, als eine Frau im statistischen Durchschnitt 2,53 Kinder zur Welt brachte. Bevölkerungspyramide ● ► Alterspyramide. Demografie ● (gr.lat., gr. demos = Volk, lat. graphium = Schreibgriffel) Wissenschaft, die sich mit der Aufzeichnung und Beschreibung der Bevölkerungsstruktur befasst. Mit Hilfe von Statistik beschäftigt sie sich mit 1 Amtliche Bezeichnung des deutschen Staates 1871 bis 1945 2 Siehe: https://service.destatis.de/bevoelkerungspyramide/#

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DEMOGRAFIE

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Gerontologie – das Altern verstehen

Bevölkerungszahl und -zusammensetzung, Altersaufbau, Geschlechterverteilung, Entwicklung durch Geburten und Sterberate sowie ► Wanderungsbewegungen. Auf der Basis solcher Daten erstellt sie ► Prognosen. Einflussgrößen ● Die Berechnung der zukünftigen Bevölkerungs­ entwicklung einer Nation hängt von drei Einflussgrößen ab: ► Fertilität, ► Mortalität und ► Migration. Emigration ● (lat. emigrare = auswandern) Auswanderung. Fertilität ● (lat. fertilitas = Fruchtbarkeit) ► Geburtenrate. Geburtenrate ● auch bezeichnet als „Geburtenziffer“, wird unterteilt in

► „rohe Geburtenrate“ und ► „altersspezifische Geburtenraten“.

Um 1870 herum bekamen Frauen im Durchschnitt fünf Kinder. Dabei war die Kindersterblichkeit hoch und die Lebenserwartung deutlich niedriger als heute. Bei der aktuell geringen Säuglings- und Kindersterblichkeit müsste rechnerisch jede Frau im Durchschnitt 2,1 Kinder gebären, damit die Bevölkerungszahl, betrachtet ohne Wanderungsbewegungen, konstant bliebe. Die Geburtenrate lag in Deutschland 2017 bei 1,57 Kindern pro Frau. Generation ● (lat. generation = Zeugung(sfähigkeit) bezeichnet in der Demografie eine Altersgruppe innerhalb einer Gesellschaft, z. B. alle in einem bestimmten Jahr, Jahrfünft oder Jahrzehnt Geborenen. Generation X3  ● bezeichnet die Generationen nach den ► Baby-Boomern. Sie wurden zwischen Mitte der 1960er- und Mitte der 1970er-Jahre geboren und wurden durch Medienrevolution und technologische Neuerungen geprägt, auch als „MTV-Generation“ bekannt.

3 Der Begriff orientiert sich an dem 1991 erschienenen Roman „Generation X“ von Douglas Coupland.

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DEMOGRAFIE

Generation Y ● auch „Millenials“ genannt, wurden die Angehörigen dieser Generation zwischen 1980 und 1995 geboren und sind als „Digital Natives“ bereits in der digitalen Welt zu Hause. Generation Z ● oder „GenZ“ fasst junge Menschen der Jahrgänge zusammen, die nach 1995 geboren wurden und in Nachfolge der Generationen X und Y in einer digitalen Welt aufgewachsen sind. Generationenvertrag ● Dabei handelt es sich um eine tragende Säule der sozialen Sicherung, nicht um einen Vertrag im üblichen Sinn. Dieses Solidarsystem der Rentenversicherung wurde im 19. Jahrhundert unter der Reichsregierung Otto von Bismarcks erdacht und eingeführt. Es basiert auf dem gesellschaftlichen Konsens, dass jeweils jüngere Generationen für die materielle Absicherung der älteren sorgen. Prinzip ist, dass die erwerbstätigen Generationen prozentual anteilig aus ihren Einkommen in die Rentenversicherung einzahlen und damit Finanzierung der aktuellen Rentnergenerationen sichern. Damals zahlten etwa zehn Arbeitnehmer für einen Rentner, der zu der Zeit durchschnittlich zehn Jahre lang Rente bezog. Klar ist, dass der demografische Wandel eine Veränderung im Rentensystem erfordert. Wie die Zukunft des Generationenvertrags jedoch konkret aussieht, darüber herrscht bisher Ungewissheit. Immigration ● (lat. immigrare = einwandern) Einwanderung. Kohorte ●  ● Gruppe von Personen, die im gleichen Zeitintervall gleiche oder ähnliche persönliche oder gesellschaftliche Ereignisse erlebt haben, z. B. Geburt, Schulabschluss, politische Entwicklungen usw. Migration ● (lat. migrare = auswandern, übersiedeln) bezeichnet die Wanderungsbewegungen im Sinn dauerhafter Einwanderung (► Immigration) und Auswanderung (► Emigration).

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Mikrozensus ● „Amtliche Repräsentativstatistik auf der Grundlage einer einstufigen geschichteten Flächenstichprobe zur Erfassung bevöl­kerungsund erwerbsstatistischer Daten zwischen zwei Totalerhebungen (Volkszählungen).“ 4 Dazu werden Register der Einwohnermeldeämter ausgewertet und nicht nur Einwohnerzahlen erhoben, sondern auch Angaben über Erwerbstätigkeit, Gebäudestand usw. 2011 gab es in Deutschland die erste gesamtdeutsche Zählung nach der Wiedervereinigung, gleichzeitig die erste registergestützte. ► Zensus. Mortalität ● (lat. mortalitas = Vergänglichkeit, Sterblichkeit) ► Sterberate. Pillenknick ● Die Geburtenrate ging ab den 1970er-Jahren sowohl in der Bundesrepublik als auch in der damaligen DDR deutlich zurück. Als wesentlicher Grund dafür wird die Antibabypille angesehen, die in Deutschland seit 1961 erhältlich ist, jedoch bis in die 1970er-Jahre hinein noch nicht weit verbreitet war. Frauen gewannen mit dieser Verhütungsmethode sexuelle Freiheit. Aktuell wird jedoch die Theorie stark bezweifelt, dass die Pille für den Einbruch der Geburtenrate verantwortlich gewesen sei. Rohe Geburtenrate ● beschreibt die Anzahl lebend Geborener in einem bestimmten Jahr, bezogen auf 1.000 Einwohner. Sandwich-Generation ● ist der Begriff, der die Generationen der 40- bis 60-Jährigen beschreibt. Mitglieder dieser Altersgruppen stoßen häufig an Belastungsgrenzen, denn sie sind quasi eingeklemmt zwischen der Verantwortung für ihre Kinder und der für die eigenen Eltern. Das gilt für finanzielle Belastungen ebenso wie für zeitliche und psychische. Besonders betroffen sind davon Frauen. Sterberate ● bezeichnet das Verhältnis der Anzahl von Todesfällen zur Gesamtzahl einer Bevölkerung, meist bezogen auf 1.000 Menschen, innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Sie wird nach Alter und Geschlecht 4 Aus: Gabler Wirtschaftslexikon, https://wirtschaftslexikon.gabler.de, letzte Abfrage 17.01.2020

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DEMOGRAFIE

differenziert und gelegentlich auf bestimmte Personengruppen bezogen, z. B. Säuglings- oder Müttersterblichkeit. Die Sterberate bildet eine wichtige Grundlage für die Berechnung der ► Lebenserwartung. Sterbetafel ● „Eine Sterbetafel ist ein demografisches Modell, das die zusammenfassende Beurteilung der Sterblichkeitsverhältnisse einer Bevölkerung unabhängig von ihrer Größe und Altersstruktur ermöglicht. Die Sterbetafel zeigt hierzu in einer nach Geschlecht getrennten Tabelle, wie viele Personen eines Ausgangsbestandes aufgrund von Sterbewahrscheinlichkeiten in den einzelnen Altersjahren überleben und sterben werden. Darüber hinaus gibt die Sterbetafel Auskunft über die geschlechtsspezifische durchschnittliche ► Lebenserwartung in den einzelnen Altersjahren.“ 5 Wanderungsbewegung ● auch ► Migration, beschreibt den langfristigen oder dauerhaften Wechsel des ständigen Aufenthaltsorts von Menschen, häufig hervorgerufen durch politische, soziale oder wirtschaftliche Notsituationen, jedoch auch in beruflichen Zusammenhängen im Sinn von Arbeitsmigration. In der Regel vollzieht sich die Wanderung zwischen Staaten, kann aber auch administrative Untereinheiten betreffen (Binnenmigration), also in Deutschland den Wechsel zwischen Bundesländern oder Regionen. Zensus ● (lat. census = Zählung) Volkszählung. Der nächste Zensus in Deutschland ist für 20226 geplant.

5 Aus: Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de, letzte Abfrage 17.01.2020 6 Aufgrund der Corona-Pandemie soll der für das Jahr 2021 vorgesehene Zensus verschoben werden. Dazu hat das Bundeskabinett am 2. September 2020 einen Gesetzentwurf beschlossen. Der Zensus-Stichtag soll demnach um ein Jahr verschoben und die für den Zensus erforderlichen Datenlieferungen und -erhebungen an den neuen Stichtag angepasst werden. Hintergrund der Verschiebung sind die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, die auch die öffentliche Verwaltung betrafen. Aus: https://www.zensus2021.de, letzte Abfrage 17.10.2020

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Gerontologie – das Altern verstehen

Entwicklung Absolute Alterung ● Die absolute Anzahl alter Menschen steigt deutlich an. Rund 23 der insgesamt 83 Millionen in Deutschland sind über 60 Jahre alt. Das sind mehr als 27 Prozent, also mehr als ein Viertel der Bevölkerung. Die Über-60-Jährigen sind weltweit die am schnellsten wachsende Altersgruppe. Altenquotient ● Bezeichnet das zahlenmäßige Verhältnis von erwerbstätigen Generationen (21- bis 60-Jährige) zu Senioren (über 60-Jährige). Aktuell kommen auf 100 Erwerbstätige in Deutschland etwa 35 Personen über 60 Jahren. Im Jahr 1950 betrug das Zahlenverhältnis noch 100 : 16. Wenn die Zahl der Senioren zu- und die der Erwerbstätigen abnimmt, steigt der Altenquotient. Das bedeutet, dass die finanzielle Belastung der Erwerbstätigen durch Beiträge in die Systeme der sozialen Sicherung zunimmt. Seit 1991 ist fast durchgängig ein Anstieg des Altenquotienten zu beobachten – mit dem Eintritt der ► Baby-Boomer ins Rentenalter als Höhepunkt. Alterung ● Die deutsche Bevölkerung altert in dreifacher Hinsicht: –– Absolute Zahl der Menschen über 60 Jahren, ► absolute Alterung. –– Relativer Anteil alter Menschen an der Bevölkerung, ► relative Alterung. –– Die ► Lebenserwartung im Durchschnitt steigt. Bevölkerungszahl ● In Deutschland leben 83 Millionen Menschen.7 Zwischen 2003 und 2011 ging die Anzahl zurück. Danach wurde der Rückgang gestoppt durch Zuwanderung und ist aktuell auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung Deutschlands. Bohnenstangenfamilie ● Der Begriff beschreibt eine Familienstruktur, bei der viele Generationen – vier oder fünf – gleichzeitig leben, aber jede nur wenige Mitglieder hat. Die Bohnenstange steht als Sinnbild für einen langen, 7 Stand: Januar 2020

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DEMOGRAFIE

dünnen Stammbaum, nur in die Höhe und kaum in die Breite wachsend, also mit vielen Generationen, aber wenigen Menschen je Altersgruppe. Entberuflichung ● Erwerbstätigkeit älterer Menschen verkürzt sich trotz Anstieg des Renteneintrittsalters stetig. Der Trend geht zu einer Beendigung des Erwerbsarbeitslebens weit vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Altersteilzeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Frühpensionierung und flexible Arbeitszeitmodelle tragen dazu bei. Durch früheren Berufsausstieg und erhöhte Lebenserwartung wird die frei zu gestaltende Lebenszeit im Alter immer länger. Familienstrukturen ● Lebensentwürfe von Menschen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Verlässliche Strukturen mit klaren Familienzyklen wie in den 1950er- und 1960er-Jahren gehören längst der Vergangenheit an. Der traditionelle Verlauf mit Eheschließung, Kindsgeburten und gemeinsamem Rentenalter von Ehepaaren existiert nur noch eingeschränkt. Höhere Instabilität und Variabilität kennzeichnen heutige Formen des Zusammenlebens. Singledasein, Ehe ohne Trauschein, gleichgeschlechtliche Ehe, zeitlich begrenzte Lebensgemeinschaften, Paarbeziehungen mit getrennten Haushalten, Ein-Eltern-Familien, Patchwork-Familien usw. gehören im 21. Jahrhundert ganz selbstverständlich zum Bild der Gesellschaft. Die jährliche Scheidungsrate liegt bei knapp 40 Prozent und ist seit 2016 leicht rückläufig. Die Zahl der Eheschließungen steigt seit 2014 geringfügig wieder an. Die Quote kinderloser Frauen steigt. Jede fünfte Frau Mitte vierzig hat kein Kind. Ehe gilt nicht mehr als Voraussetzung für Elternschaft und wer geheiratet hat, bleibt trotz gemeinsamer Kinder nicht zwingend für den Rest des Lebens zusammen. Feminisierung ● Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den Geschlechtern hat sich zwar in den vergangenen Jahrzehnten weiter angeglichen, ist aber dennoch geprägt von einem höheren Frauenanteil. Beträgt unter 60 Jahren der Anteil der weiblichen Bevölkerung knapp 50 Prozent, so steigt mit höherem Alter die Rate kontinuierlich an. Mit 70

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Gerontologie – das Altern verstehen

bis 79 Jahren haben Frauen einen Anteil von 55 Prozent, bei den 90- bis 99-Jährigen sind es 78 und bei den über 100-Jährigen machen Frauen 85 Prozent aus. Zwar werden die Kriegsfolgen aus dem vorigen Jahrhundert allmählich kompensiert, aber die höhere Lebenserwartung der Frauen ist Grund dafür, dass sie noch immer einen größeren Anteil an den Seniorengenerationen haben. Zusätzlich ist das Bild von Älteren in der Gesellschaft mehr von Frauen geprägt, weil sie häufiger spezielle Angebote für Senioren nutzen und so mehr in Erscheinung treten. Hochaltrigkeit ● Zwar gibt es keine exakte Festlegung, wer den Hochaltrigen zuzurechnen ist, aber in der Regel sind damit die Altersgruppen jenseits des 80. bzw. des 85. Lebensjahrs gemeint. Ab dem Erreichen dieses Schwellenwerts treten Studien zufolge häufig Probleme in folgenden Bereichen auf: –– Krankheit, zunehmend in Form von Multimorbidität, –– Hilfs- und Pflegebedürftigkeit – kurzfristig oder über längere Zeit, –– Pflege und Behandlungsbedürftigkeit bis zur Notwendigkeit stationärer Unterbringung, –– Abnahme geistiger Leistungsfähigkeit bis hin zur Demenz, –– Isolierung und Vereinsamung. Diese Entwicklung muss jedoch keineswegs bei jedem Menschen in der entsprechenden Altersgruppe so eintreten, denn das ► funktionale Alter ist beeinflussbar und von zahlreichen Faktoren abhängig. Internationale Situation ● Im europäischen Vergleich werden Menschen in der Schweiz nicht nur am ältesten, sondern sie haben auch die meisten gesunden Lebensjahre. Weltweit liegt die Lebenserwartung in rund 30 Staaten bei über 80 Jahren, jedoch in mehr als 20 Staaten gleichzeitig unter 60 Jahren. Letztere liegen alle in Afrika. Dennoch stieg in Afrika in den letzten 15 Jahren die Lebensdauer immerhin um beinahe zehn Jahre. Als Grund dafür wird die erfolgreiche Bekämpfung von Malaria und HIV angegeben. Die nied-

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DEMOGRAFIE

rigste Lebenserwartung haben Menschen in Swasiland mit 48,9 Jahren. Hauptgrund ist die hohe Anzahl der HIV-Infizierten in Afrika. In den letzten 50 Jahren stieg laut WHO8 die Lebensdauer weltweit um durchschnittlich 20 Jahre. In den beiden bevölkerungsreichsten Ländern China (+ 32) und Indien (+ 27) war der Anstieg besonders hoch. In der Russischen Föderation9 fiel die Steigerung (+ 4) am niedrigsten aus. Jugendquotient ● beschreibt das zahlenmäßige Verhältnis der unter 20-Jährigen zu den Erwerbstätigen (21- bis 59-Jährigen). Langlebigkeit ● In manchen Regionen der Erde werden Menschen älter, sind 100. Geburtstage häufiger zu feiern als anderswo. Noch immer gilt Jeanne Calment aus Arles, die 1997 mit angeblich 122 Jahren starb, als bisher ältester Mensch der Welt. Aktuell wird diese Angabe jedoch angezweifelt. Wissenschaftler vermuten die Grenze des maximalen Alters bei 115 bis 120 Jahren. Einige Forscher prognostizieren in den nächsten Jahrzehnten weitere drastische Anstiege solcher Rekorde. Spitzenreiter in Sachen Lebenserwartung ist seit vielen Jahren Japan, insbesondere bei den Frauen, gefolgt von Singapur und Spanien. Bei den Männern punkten die Schweiz, Island und Australien. Lastenquotient ● beschreibt das zahlenmäßige Verhältnis der Kinder und Jugendlichen (unter 20-Jährige) sowie der Senioren (über 60-Jährige) zu den erwerbstätigen Generationen (21 bis 59-Jährige). Dieses Verhältnis verschiebt sich immer weiter zu Ungunsten der Erwerbstätigen, auf deren Schultern eine steigende finanzielle Last liegt. Lebenserwartung ● Der Begriff beschreibt den Zeitraum, den ein Mensch im statistischen Durchschnitt zu erwarten hat. Dabei gibt es seit jeher Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Die Frauen werden älter. Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich an. Diese Entwicklung wird erklärt mit sinkender Sterberate, Fortschritten der Medizin, verbesserten Lebensbedingungen hinsichtlich Hygiene, Ernährung, Wohnumgebung, 8 World Health Organization (WHO) 9 Amtliche Bezeichnung für Russland

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Arbeitsbedingungen usw. Außerdem tragen Bildung und erhöhtes Gesundheitsbewusstsein zu einem förderlichen Lebensstil bei. Von 1950 bis heute ist die Lebenserwartung um fast 50 Prozent gestiegen. In Deutschland haben Neugeborene heute durchschnittlich 80,6 Jahre vor sich – Mädchen 83,3 und Jungen 78,5.10 Damit bilden die Deutschen unter den westeuropäischen Nationen das Schlusslicht. Lebenserwartung, Entwicklung ● Amtliche Aufzeichnungen und Statistiken, aus denen sich die Lebenserwartung herleiten lässt, gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert und bis heute nicht überall. So beruhen Angaben zu früheren Zeiten auf Schätzungen und Spekulation. Dennoch wird die Lebensdauer früherer Zeiten wie folgt beschrieben: 18 bis 29 Jahre –– Neandertaler

–– Römer um 600 v. Chr.

30 Jahre

–– Briten um 1250

35 Jahre

–– Griechen um 400 v. Chr. 30 Jahre –– Deutsche 1870 –– Deutsche 1910

–– Deutsche 1990 –– Deutsche 2018

37 Jahre 49 Jahre 75 Jahre 80 Jahre

Merkmale des Wandels ● Der demografische Wandel in Deutschland ist gekennzeichnet von fünf Merkmalen, die in den 1990er-Jahren von H. P. Tews11 beschrieben wurden: –– Verjüngung, –– Entberuflichung, –– Feminisierung, –– Singularisierung und –– Hochaltrigkeit.

10 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1783/umfrage/durchschnittliche-weiterelebenserwartung-nach-altersgruppen/, letzte Abfrage 15.04.2020 11 Hans Peter TEWS, Soziologe und anerkannter Experte für Fragen der Alterssoziologie

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DEMOGRAFIE

Mütter, Durchschnittsalter ● Bei der Geburt ihres ersten Kindes sind Mütter heute durchschnittlich etwas mehr als 31 Jahre alt. Noch vor zehn Jahren waren sie ein Jahr jünger. Die Abstände zwischen erstem und zweitem Kind sind seit Jahren konstant und betragen im Mittelwert gut drei Jahre. Das erhöhte Alter der Mütter kann zu einer Fehlinterpretation der Geburtenrate und so zu falschen ► Prognosen führen, weil die endgültige Kinderzahl von Frauen womöglich unterschätzt wird. Experten sprechen dabei vom so genannten „Tempo-Effekt“. Prognosen ● Die Aussagekraft von Bevölkerungsvorausberechnungen ist immer begrenzt. Sie sind keine echten Vorhersagen, sondern lediglich Annahmen unter bestimmten Bedingungen. Zwar lassen sich Geburten und Sterberate exakt berechnen, aber niemand weiß im Voraus, wie sich die Lebenserwartung entwickeln wird, wie viele Menschen ein oder auswandern oder ob es Umweltkatastrophen, Pandemien usw. gibt. Daher werden bei Vorausberechnungen immer mehrere Varianten aufgestellt mit unterschiedlichen Entwicklungen der Rahmendaten. Die derzeit aktuelle Vorausberechnung für Deutschland wurde 2019 erstellt für das Jahr 2060. Es ist schwierig, so langfristig Vorhersagen zu treffen. Zum Beispiel sieht es zurzeit so aus, dass die Anzahl der Hochaltrigen in Deutschland bis 2050 drastisch zunimmt auf um die zehn Millionen. Anschließend wird sie wahrscheinlich bis 2060 auf neun Millionen zurückgehen. Ähnlich verhält es sich mit der Bevölkerungszahl insgesamt. Für 2060 wird ein Rückgang erwartet. Dabei rechnen Experten zunächst mit einer weiteren Steigerung bis mindestens 2024, danach, spätestens ab 2040 mit sinkender Bevölkerungszahl auf dann 78 bis 74 Millionen Menschen. Relative Alterung ● In bevölkerungsstatistischen Vergleichen werden gewöhnlich die Gruppen der unter 20-Jährigen, die 21- bis 59-Jährigen und die über 60-Jährigen einander gegenüber gestellt. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen und der der Älteren werden zahlenmäßig ins Verhältnis gesetzt zur Anzahl der Personen im Erwerbsalter. ► Lastenquotient.

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Prognosen zufolge wird es 2050 mehr über 60-Jährige geben als unter 15-Jährige. Singularisierung ● Durch alle Generationen hindurch ist ein Trend zum Alleinleben zu beobachten. Die bewusste Entscheidung für ein Leben als Single schon in jungen Jahren, und steigende Scheidungsraten tragen zu dieser Entwicklung bei. Insbesondere mit zunehmendem Lebensalter wird die Singularisierung zum Lebensstil, auch bedingt durch Verwitwung. Obwohl Frauen generell leichter mit dem Alleinleben zurechtkommen als Männer, ist es für viele von ihnen dennoch mit Problemen verbunden, insbesondere bei niedrigen Einkommen. Aber auch der Grad bzw. die Wahrscheinlichkeit des Hilfebedarfs steht deutlich in Beziehung mit dem Alleinleben. Ausgeprägte soziale Kontaktnetze Alleinlebender ändern daran nichts. Veränderung ● Der Wandel der Bevölkerung in Deutschland lässt sich mit zwei wesentlichen Entwicklungen zusammenfassen: –– Steigender Altersdurchschnitt. –– Trend zur Schrumpfung, zum Sinken der Bevölkerungszahl, auch wenn diese aktuell steigt. Verjüngung ● Mit diesem Begriff wird das Phänomen beschrieben, dass ältere Menschen sich im Zuge des gesellschaftlichen Strukturwandels heute viel jünger einschätzen, als das noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. In ihrer Selbsteinschätzung fühlen sich 70-Jährige im Durchschnitt 13 Jahre jünger als sie tatsächlich sind. Je älter der Mensch, desto größer ist der empfundene Unterschied zwischen gefühltem und tatsächlichem Alter. Neben der Selbsteinschätzung hat sich auch das Erscheinungsbild älterer Menschen gegenüber früheren Generationen im Sinn einer Verjüngung verändert. Dies zeigt sich in Kleidung, Verhalten usw. Die Verringerung schwerer körperlicher Arbeit, verändertes Gesundheitsbewusstsein, erhöhte sportliche Aktivität, bewusste Freizeitgestaltung, Mode usw. können Gründe für die Veränderungen sein.

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DEMOGRAFIE

Weltbevölkerung ● Am 1. Januar 2019 lebten mehr als 7,8 Milliarden Menschen auf der Erde, mehr als je zuvor. Jährlich wächst die Weltbevölkerung etwa um die Einwohnerzahl Deutschlands. Dabei verliert Europa stetig, während die Bevölkerung auf anderen Kontinenten wächst, vor allem in Afrika. Prognosen der Vereinten Nationen sagen für Afrika bis zum Jahr 2050 fast eine Verdoppelung von derzeit 1,3 Milliarden auf dann 2,5 Milliarden Menschen voraus. Bis 2100 wird dort ein weiteres Wachstum auf dann 4,5 Milliarden vorhergesagt. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Bildung und fehlende Mitsprache von Frauen bei der Familienplanung angesehen. Die zahlenmäßigen Relationen verdeutlicht ein Bild von der Welt als Dorf. Wäre die Welt heute ein Dorf mit 100 Einwohnern, „wären davon 59 aus Asien, 17 aus Afrika, zehn aus Europa, acht aus Lateinamerika, fünf aus Nordamerika und einer aus Ozeanien. Die Zahl der Dorfbewohner würde bis zum Jahr 2050 auf 129 steigen.“12

Auswirkungen demografischer Veränderungen Arbeitsmarkt ● Anders als in früheren Zeiten, wird künftig weniger Arbeitslosigkeit als zentrales Thema die Diskussion beherrschen, sondern umgekehrt ein Fachkräftemangel. Schon heute ist es in vielen Branchen schwierig, Ausbildungsplätze adäquat zu besetzen und geeignete Fachkräfte zu finden. Das gilt auch für den Bereich der Pflege und Betreuung. Politik und Wirtschaft werden gemeinsam Lösungen finden müssen, wie sie geeignetes Personal ausbilden und vermitteln können. Dabei wird auch ► Migration eine wichtige Rolle spielen. Gesundheitswesen ● Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Erkrankungen und körperliche wie kognitive Einschränkungen. Bei immer mehr alten Menschen bedeutet das einen wachsenden Bedarf an medizinischer und pflegerischer Versorgung. Wichtig ist dabei, wohnortnahe Angebote vorzuhalten. Das erfordert, vor allem im ländlichen Raum, neue 12 Aus: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, https://www.dsw.org, letzte Abfrage 17.01.2020

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Überlegungen und Lösungen, zumal vor dem Hintergrund des dramatischen Rückgangs an Hausarztpraxen und dem flächendeckenden Trend zur Zusammenlegung und Schließung von Kliniken. Pflege ● Für Träger von Pflegeeinrichtungen und deren Mitarbeitende bedeutet die derzeitige demografische Entwicklung enorme Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten. Dabei geht es vorrangig um ambulante Lösungen und innovative Angebote, weniger um Plätze in klassischen stationären Einrichtungen. Renteneintrittsalter ● Das auch als „Regelaltersgrenze“ bekannte Renteneintrittsalter wurde von einst 65 auf 67 Jahre erhöht. Es steigt schrittweise an. Alle ab dem 1. Januar 1964 Geborenen erreichen das gesetzliche Rentenalter mit Vollendung des 67. Lebensjahres. Ab 2031 gilt dann die Grenze von 67 für alle gesetzlich versicherten Arbeitnehmer. Besondere Regelungen bestehen für Erwerbstätige, die 45 und mehr Versicherungsjahre nachweisen können. Sie können die neue „Rente für besonders langjährig Versicherte“ in Anspruch nehmen. Außerdem lässt das System vorzeitigen Rentenbeginn mit Abschlägen ab dem 63. Lebensjahr zu. Rentenversicherung ● Es gibt Berechnungen, die davon ausgehen, dass heute noch etwa drei Erwerbstätige einem Rentner gegenüberstehen. Zwar bildet der ► Generationenvertrag noch immer eine wesentliche Säule der materiellen Absicherung im Alter, aber zusätzliche finanzielle Vorsorge wird immer wichtiger, um den Lebensstandard in späten Lebensphasen sicherzustellen. Betriebliche Altersversorgung, Basis-Rente (auch als „Rürup-Rente“13 bekannt), Riester-Rente14, private (Kapital-)Lebensversicherungen, Geldanlagen und Immobilien sind Möglichkeiten, die zunehmend in Anspruch genommen werden müssen, um im Alter finanziell auszukommen. 13 Benannt nach dem Ökonomen Bert Rürup 14 Staatlich geförderte, privat finanzierte Rente, benannt nach dem ehemaligen Bundesminister für Arbeit und Soziales, Walter Riester

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DEMOGRAFIE

Das erhöhte ► Renteneintrittsalter ist ebenfalls eine Folge der demografischen Veränderungen. Schrumpfung ● Die Bevölkerungszahl wird rückläufig sein, Deutschland wird schrumpfen. Wann genau dieser Prozess eintritt, hängt von der Entwicklung der Zuwanderung ab. Das muss jedoch, da sind sich Demografen weitgehend einig, nicht zwingend Probleme bedeuten. 1950 hatte Deutschland 68 Millionen Einwohner und im Jahr 1960 waren knapp 73 Millionen. Diese Zahlen entsprechen weitgehend den Erwartungen für 2060. Die Angst, dass die Nation ausstirbt ist unbegründet. Es wird eine wesentliche Aufgabe sein, die regional unterschiedlichen Entwicklungen beim Rückgang der Bevölkerungszahlen zu gestalten. Darüber hinaus werden Wirtschaft und Politik Lösungen für entstehenden Fachkräftemangel finden müssen. Soziale Sicherung ● Dieser Begriff bezeichnet im engeren Sinn den Schutz von Menschen vor den Folgen von sozialen Risiken und Ereignissen. Dazu gehören vor allem Krankheit (Kosten für medizinische Betreuung und Pflege sowie Ausgleich für entgangenes Einkommen), Altern (Rente), Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld), Tod (Witwenrente …). Darüber hinaus sind in früheren Lebensphasen Mutterschaft, Berufsunfähigkeit usw. abgesichert. Die Tatsache, dass – mindestens für ein bestimmtes Zeitfenster – ältere Menschen die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen werden, erfordert ein Umdenken und neue Lösungen für die soziale Absicherung der Senioren-Generationen. Es ist absehbar, dass irgendwann nicht mehr genügend Erwerbstätige vorhanden sein werden, um über den ► Generationenvertrag die soziale Sicherung zu garantieren. Wohnungsbau ● Der rasant ansteigende Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung ist einer der Gründe dafür, dass es immer mehr Ein- und Zwei-Personen-Haushalte gibt. So werden zunehmend Lösungen für lebensbegleitendes Wohnen benötigt, außerdem kleine Wohneinheiten für barrierefreie Singlehaushalte mit der nötigen Infrastruktur für die Bedürfnisse alter Menschen.

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Vorsorge ● Erwerbstätige können davon ausgehen, dass die gesetzliche Rentenversicherung ihnen im Alter lediglich eine Grundversorgung garantieren wird. Wollen sie ihren vorherigen Lebensstandard bestmöglich erhalten, müssen sie zusätzlich privat finanzielle Vorsorge treffen in Form von Immobilien, Kapitalrücklagen, Versicherungen oder Rentenfonds. Dabei ist es in der Regel ratsam, schon sehr früh entsprechende Verträge abzuschließen, da dann die Bedingungen deutlich günstiger sind als in späteren Lebensphasen.

Migration Dem Thema Migration kann sich heute niemand entziehen. Ob am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder in der Nachbarschaft – überall begegnen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft. Im 21. Jahrhundert sind Menschen mobiler geworden, ob freiwillig oder aus Not. Assimilation ● (lat. assimulatio = Gleichstellung) bedeutet so viel wie angleichen und meint im Zusammenhang mit Migration vor allem den Prozess der Aufnahme einer rassischen, sprachlichen oder kulturellen Minderheit in eine bisher fremde gesellschaftliche Mehrheit. Chancen ● Die Tatsache, dass heute Menschen vieler verschiedener Nationalitäten in Deutschland leben mit unterschiedlichen sprachlichen, kulturellen und religiösen Prägungen, bietet bei entsprechender Bereitschaft der Beteiligten Chancen, Neues kennenzulernen. Etwas über fremde Religionen erfahren, kulinarische Köstlichkeiten aus vielen Ländern probieren, verschiedenste Musikgenres hören, gemeinsam bisher unbekannte Feste feiern und sich in einer anderen als der eigenen Sprache verständigen – das kann das Zusammenleben spannend und interessant gestalten. Voraussetzung ist dabei immer, dass im Arbeitsleben Deutsch als Sprache des Aufenthaltslandes zur gemeinsamen Verständigung von allen selbstverständlich genutzt wird.

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DEMOGRAFIE

Einwanderungsland ● Deutschland hat eine lange Geschichte als Einwanderungsland. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Arbeitsmigration gefördert und so Engpässe auf dem Arbeitsmarkt gemeistert. In den 1950er- und 1960er-Jahren kamen damals so genannte „Gastarbeiter“ aus dem Süden Europas, vor allem aus Italien, Spanien und Griechenland nach Deutschland. In den 1970er- und 1980er-Jahren waren es vorrangig Menschen aus der Türkei und dem damaligen Jugoslawien, die hier in der Wirtschaft Arbeitsplätze fanden. In den 1980er- und 1990erJahren gab es starke Zuwanderung deutschstämmiger Aussiedler aus Osteuropa sowie starken Zustrom von Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen. Das führte zu positiven Wanderungssalden in der demografischen Entwicklung. Ende der 1990er-Jahre überstiegen dann – als Folge der Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen – die Fortzüge die Zuwanderungen. Fachkräftemangel ● Im Zusammenhang mit Fachkräftemangel ist Migration, das Fördern und Anwerben von Arbeitnehmern aus dem Ausland wichtig. Kurzfristig ist jedoch das Defizit an gut ausgebildeten Mitarbeitenden auf diesem Weg nicht auszugleichen. Tatsächlich gibt es Probleme mit der Qualifikation der aktuell Zugewanderten – teils wegen fehlender Ausbildung, teils wegen Unklarheiten bei der Anerkennung von Abschlüssen in deren Heimatländern. Das Anwerben qualifizierter Arbeitskräfte wird außerdem dadurch erschwert, dass andere europäische Länder ähnliche Probleme haben wie Deutschland und ebenso auf dem Arbeitsmarkt auf der Suche sind. In der häuslichen Pflege sind schon seit vielen Jahren Pflege- und Betreuungskräfte aus Osteuropa im Einsatz. Ohne deren Einsatz würde die private häusliche Pflege vermutlich kollabieren, denn sie wäre mit deutschen Fachkräften weder bezahlbar noch wäre die benötigte Anzahl verfügbar. Die Migrantinnen aus Polen, Rumänien, Ungarn usw. schließen eine Versorgungslücke. Dabei hat sich ein großer Markt entwickelt, der in einer Grauzone legale Wege findet und von staatlicher Seite geduldet, aber nicht kontrolliert wird.

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Herausforderungen ● In der Pflege gehen Mitarbeitende täglich mit Menschen anderer Nationalitäten um – unter Gepflegten ebenso wie im Kollegenkreis. Das bedeutet Herausforderungen in vielen Bereichen und daher große Offenheit und Bereitschaft auf allen Seiten, damit umzugehen. Betroffen sind neben der sprachlichen Verständigung vor allem Fragen der Ernährung, der Religionsausübung, der Sexualität, der Tagesgestaltung usw. Anpassung an das aktuelle Lebensumfeld auf der einen Seite ist ebenso nötig wie Wertschätzung und Akzeptanz von Andersartigem auf der anderen Seite. Bei entsprechender Bereitschaft aller Beteiligten bietet die Vielfalt jede Menge ► Chancen. Inklusion ● (lat. inclusio = Einschluss, Einbeziehung) wird häufig gleichbedeutend mit ► Integration benutzt, geht aber über den Begriff der Integration hinaus und betont meist vor allem das gleichberechtigte Einbezogensein, das Verschmelzen. Die Abgrenzung ist jedoch, gerade im Zusammenhang mit Migration, nicht eindeutig. Integration ● (lat. integratio = Wiederherstellung eines Ganzen) ist der Prozess der Eingliederung von zugewanderten Menschen in eine Gesellschaft. Dabei sind Sprache, Bildung, Arbeit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wesentliche Aspekte. Dazu gehört auch die Identifikation mit den gesellschaftlichen Werten des Ziellandes. Kultursensible Pflege ● Unter dieser Bezeichnung wird ein Leitbild verstanden, bei dem Pflegepraxis sich am spezifischen kulturellen Kontext von pflegebedürftigen Personen ausrichtet. Das bedeutet, dass Pflegende und Betreuungspersonen interkulturelle Kompetenzen erwerben, sich über Gepflogenheiten in den Herkunftsländern der Pflegebedürftigen informieren, diese wertschätzen und bei ihrer Arbeit berücksichtigen. Transkulturelle Pflege ● ist ein Begriff für kulturübergreifende Pflege. Dabei geht es darum, Grenzen zu überschreiten und vom Pflegewissen

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DEMOGRAFIE

anderer Kulturen zu profitieren. Das muss nicht zwingend die Anwendung des Wissens bedeuten, jedoch die Auseinandersetzung damit.15 Zuwanderung ● hat in der Vergangenheit immer wieder das Schrumpfen der Bevölkerung in Deutschland verhindert. Die verstärkte Zuwanderung 2015 und 2016 brachte einen massiven Zuzug aus anderen Nationen, vor allem von außerhalb Europas, hierher. Inzwischen ist die Einwanderung von Flüchtlingen und Asylsuchenden wieder deutlich zurückgegangen. Langfristige Regelungen seitens des Gesetzgebers zeigen Bedingungen auf, die Zuwanderung nach Deutschland ermöglichen.

15 Der Begriff wurde von Madeleine M. LEININGER (1925–2012), US-amerikanische Pflegetheoretikerin, geprägt.

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ALTER(N)SBILDER Menschliche Entwicklung betrachten Altern hat viele Gesichter. Da sehen wir in den Medien und ebenso im eigenen Umfeld die fitten, unternehmungslustigen und aktiven Senioren, die ihre gewonnene Lebenszeit ohne Erwerbsarbeit genießen und haben gleichzeitig andere Menschen gleicher Jahrgänge vor Augen, die stark eingeschränkt, umfassend pflegebedürftig sind und scheinbar freudlos die letzte Phase ihres Daseins erleben. Beide Bilder sind realistisch und begegnen uns jeden Tag. In der Gesellschaft ist die Vorstellung vom Leben im Seniorenalter nicht mehr nur negativ geprägt. Dennoch gilt es im Umgang der Generationen miteinander eine Reihe von Vorurteilen abzubauen und eine differenzierte Sicht zu entwickeln. Hochaltrigkeit wird künftig keine Ausnahme mehr sein, sondern eher Normalzustand, denn die Lebenserwartung steigt stetig. Demografen gehen davon aus, dass hinzugewonnene Jahre meist auch gesunde Jahre sind – nach dem Motto „70 sind die neuen 60“. Wie wir das Rentenalter erleben, hängt nicht nur von den Genen ab, sondern zu großen Teilen vom Lebensstil, auch von dem in früheren Lebensphasen. Außerdem spielt der soziale Status eine Rolle. Menschen mit niedrigeren Einkommen haben oft eine kürzere Lebenserwartung. Auf jeden Fall haben wir es ein Stück weit selbst in der Hand, wie wir mit den Veränderungen umgehen, die das Leben mit sich bringt, ob wir sie als natürliche Entwicklung ansehen und ihnen eine positive Einstellung entgegenbringen oder ob wir damit hadern und den Prozess als Abwärtsspirale ansehen.

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ALTER(N)SBILDER

Lernziele Wissen, –– wie Alterungsprozesse unterschiedlich verlaufen können. –– welche Einflussmöglichkeiten der Mensch auf seinen Lebensverlauf hat. –– warum der Geburtsjahrgang allein wenig aussagt über einen Menschen. –– wie die Sozialisation das individuelle Bild vom Altwerden und Altsein formt. –– dass viele Einflüsse aus Kultur, Religion, Zeitgeist usw. das gesellschaftliche Bild vom Alter(n) prägen. Verstehen und sich bewusst machen, dass –– die Einstellung eines Menschen bedeutsam ist für seinen Lebensverlauf. –– körperliche und geistige Alterungsprozesse unterschiedlich verlaufen können. –– jede Wissenschaft ihren eigenen Blick auf das Altern hat. –– Alterungsprozesse nicht nur vorgegeben, sondern zu großen Teilen beeinflussbar sind. –– Vorurteile in unserem Lebensalltag eine wichtige Rolle spielen. –– Medien großen Anteil an gesellschaftlichen und individuellen Vorstellungen vom Altern haben.

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Im Arbeitsalltag –– die eigene Vorstellung vom Leben im Alter bewusst machen. –– Lebenssituationen von Menschen mit denselben Geburtsjahren vergleichen. –– beobachten, welche Bilder von alten Menschen im Kollegenkreis verbreitet sind. –– die Darstellung alter Menschen in den Medien beobachten und auswerten. –– überprüfen, wann eigenes Handeln auf der Basis von Vorurteilen erfolgt.

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Alternsbilder Alternsbilder

36 Bilder vom Bilder vomAlter(n) Alter(n)

Veränderungen im Veränderungen imAlter Alter

Altern als als Prozess Altern Prozess

Vorurteile

Gesellschaftliche Altersbilder

Individuelle Altersbilder

Sozial

Psychisch-mental

Physisch

Einflussmöglichkeiten

Betrachtung aus verschiedenen Disziplinen

Einteilung der Lebensphasen

ALTER(N)SBILDER

Themenübersicht



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Altern als Prozess Adoleszenz ● „Der Zeitraum biopsychosozialer Umstellungen zwischen Kindheit und Erwachsenenalter bzw. der auf die ► Pubertät folgende Lebensabschnitt eines Menschen, etwa vom 17. bis 21. Lebensjahr. In dieser Entwicklungsphase wird der körperliche Reifungsprozess beendet. In den Vordergrund treten die kritischen Auseinandersetzungen mit kulturellen und ethischen Wertmaßstäben, die schrittweise Selbstfindung, der Umgang mit Sexualität, die Ablösung vom Elternhaus sowie die Berufs- und Lebensorientierung. In der Adoleszenz wird die innere Entwicklung gefestigt: Das Selbstkonzept wird herausgebildet, die soziale Identität gefunden.“16 Altern ● wird allgemein definiert als ein „… Prozess, der in Abhängigkeit von der Zeit zu charakteristischen Zustandsveränderungen führt. Altern ist ein universaler, multifaktoriell bedingter, irreversibler [unumkehrbarer] Vorgang, dem Belebtes und Unbelebtes unterliegen.“17 Altern begleitet jeden Menschen ein Leben lang. Es ist kein plötzliches Ereignis, sondern es beginnt bei der Geburt und endet mit dem Tod. Dazwischen liegt Veränderung, Entwicklung, ► Reifung. Damit ist das Altern grundsätzlich wertneutral. Abhängig von Kultur, Zeitgeist und weiteren Prägungsfaktoren, lässt das Altern unterschiedliche Betrachtungsweisen zu, wird es als Einbahnstraße oder als Kreislauf gesehen. Alterseinteilungen ● Es gibt keine einheitliche, offizielle Definition, ab wann jemand als alt oder als Senior gilt. Häufig werden diese Begriffe mit dem Rentenalter assoziiert und immer am ► kalendarischen Alter orientiert. Hier unterschiedliche Beispiele:

16 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020 17 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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ALTER(N)SBILDER

–– Die UNO18 definiert als ältere Menschen Personen, die 60 Jahre oder älter sind. –– Die Weltgesundheitsorganisation (WHO 2004) unterscheidet –– 60 – 74 Jahre

Junge Alte („young old“),

–– 75 – 84 Jahre

Alte Alte („old old“),

–– 85+ Jahre

Hochaltrige („oldest old“).

–– Das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZFA) spricht von –– 30 – 70 Jahre

mittleres Erwachsenenalter,

–– 70 – 85 Jahre

drittes Lebensalter,

–– 85 + Jahre

viertes Lebensalter,

–– 100 + Jahre

extrem hohes Alter.

Die Grenze zur Hochaltrigkeit verschiebt sich stetig weiter nach hinten. Wurde sie bis Anfang dieses Jahrhunderts meist bei 80+ gezogen, so wird heute der Schnitt häufig bei 85+ gemacht. Angesichts der Veränderungen beim ► biologischen Alter und der medizinischen Interventionsmöglichkeiten ist es möglich, dass künftig erst die Generation 90+ der Hochaltrigkeit zugerechnet wird. Anti-Aging ● Sammelbegriff für Maßnahmen, die den Prozess der Alterung verlangsamen, aufhalten, unterbrechen bzw. so beeinflussen sollen, dass Gesundheit und umfassendes Wohlbefinden bis ins hohe Alter erhalten bleiben. Dazu gehören neben Anti-Aging-Medizin mit Vorbeugung und Früherkennung alternsbedingter Erkrankungen vor allem Produkte und Angebote der Kosmetik und Wellnessbranche. Gleichzeitig umfassen Anti-Aging-Programme Maßnahmen, die einen gesunden ► Lebensstil ausmachen mit ausgewogener Ernährung, ausreichender Bewegung und stressabbauender Entspannung. Biologisches Alter ● Biologisch-physiologische Veränderungen, Zellalterung, Zustand der Gefäße; körperliche Alterungsprozesse, die sich im Aussehen zeigen (Falten, graue Haare, Gebiss ...), aber auch in der Bewe18 United Nations Organization (Organisation der Vereinten Nationen)

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Gerontologie – das Altern verstehen

gungsfähigkeit (Art des Ganges, körperliche Belastbarkeit ...) etc. Jemand ist schnell oder langsam gealtert im Vergleich zu Gleichaltrigen. Biologisches Alter hängt neben genetisch bedingter Veranlagung stark vom ► Lebensstil ab. Centenarians ● (engl. = Hundertjährige) Menschen, die das 100. Lebensjahr vollendet haben oder noch älter sind. Das sind in Deutschland zurzeit rund 17.000 Personen. Nahezu die Hälfte ist geistig fit und drei Viertel erklären, das Leben habe für sie einen Sinn.19 Sind im Jahr 2025 bereits rund 44.000 in der Altersgruppe 100-plus, belaufen sich Schätzungen für 2050 auf knapp 115.000 Über-Hundertjährige. Chronologisches Alter ● wird auch als „kalendarisches Alter“ bezeichnet. Es wird durch das Geburtsdatum bestimmt und beschreibt die durch Zeit definierte Lebensspanne einer Person, gemessen in Jahren, Monaten, Wochen usw. Es ist die wohl gebräuchlichste und eindeutigste Altersbeschreibung. Dennoch sagt sie inhaltlich äußerst wenig aus, da Alterungsprozesse individuell sehr unterschiedlich verlaufen. Beispiel: Zwei alte Menschen mit exakt gleichem Geburtsdatum können grundverschieden sein – die Eine lebt noch selbstständig im eigenen Haushalt und geht regelmäßig zum Training in ihren Turnverein. Der Andere verbringt seinen Alltag bei Pflegegrad 5 im Pflegeheim, ist weitgehend immobil und desorientiert. Doch im Lauf des Lebens hat diese Art der Altersangabe dennoch ihre Bedeutung. So werden mit Erreichen bestimmter chronologischer Altersgrenzen Rechte und Pflichten erworben, unabhängig davon, ob die geistigen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten einer Person entsprechend entwickelt sind, z. B. Schulpflicht, Volljährigkeit, Wahlrecht, Renteneintritt usw.

19 Vgl.: Zweite Heidelberger Hundertjährigen-Studie (2013)

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ALTER(N)SBILDER

Funktionales Alter ● Summe menschlicher Funktionen im Hinblick auf die Bewältigung des Alltags, betrachtet aus verschiedenen Bereichen vieler Wissenschaften. Die Einschätzung kann, je nach Blickwinkel, sehr unterschiedlich ausfallen. So kann z. B. jemand, der körperlich sehr eingeschränkt ist, sich gleichzeitig psychisch-mental fit präsentieren und ein niedriges soziales Alter aufweisen. Das funktionale Alter ist beeinflussbar!!!

Informatik

Medizin

Psychologie

Biologie

Ökologie

Soziologie

??? weitere Wissenschaften

Funktionales Alter

Sport

Jugend ● Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsensein. Dabei wird das ► kalendarische Alter, abhängig von der Sichtweise, unterschiedlich festgelegt, z. B. rechtlich anders gesehen als aus pädagogischer oder soziologischer Sicht. Jungbrunnen ● Motiv eines Brunnens, dessen Wasser eine Verjüngung bewirkt. Das Bild wurde in der mittelalterlichen Dichtung ebenso wie in der bildenden Kunst der Renaissance verwendet, um den Wunsch der Menschheit nach ewiger Jugend auszudrücken.20 Der Gedanke der Verjüngung bewegt die Menschheit seit ewigen Zeiten und zeigt sich heute in den zahlreichen Angeboten und Versprechen im Zusammenhang mit ► Anti-Aging. 20 Lucas CRANACH d. Ä. stellte auf seinem Gemälde aus dem Jahr 1546 einen Brunnen dar, in dem ältere Frauen baden, verjüngt herauskommen und sich bei Musik, Tanz und Essen vergnügen.

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Kalendarisches Alter ● ► chronologisches Alter. Kindheit ● Zeitspanne zwischen Geburt und Geschlechtsreife (► Pubertät). Häufig, besonders in der Entwicklungspsychologie, wird diese Altersspanne in mehrere Stufen weiter unterteilt. Langlebigkeit ● bedeutet, ein hohes Lebensalter zu erreichen. Hochaltrigkeit, also nach heutigem Verständnis das 80. bzw. das 85. Lebensjahr zu vollenden, ist für jetzt Neugeborene sehr wahrscheinlich. Wer ein hohes Alter gesund erreichen möchte, sollte schon vorher einen gesunden ► Lebensstil pflegen. Andernfalls besteht vor allem ab dem 85. Lebensjahr das Risiko von ► Pflegebedürftigkeit. Lebensabschnitte ● Es gibt keine genaue Festlegung, in wie viele Abschnitte menschliches Leben unterteilt wird und wann genau welcher Abschnitt beginnt bzw. endet. Je nach Betrachtung, wird grober oder feiner untergliedert und aufgeteilt innerhalb der Bereiche Kindheit/Jugend – Erwachsensein – Alter. Allein das Seniorenalter wird in etliche weitere Abschnitte eingeteilt ► Alterseinteilungen. Lebensstil ● beschreibt die typische Art der Alltagsgestaltung von Menschen im Sinn von Mustern. Mehr oder weniger stabile Einstellungen bestimmen die Verhaltensweisen. Sie sind häufig eng verknüpft mit der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen und äußern sich z. B. in Kleidung, Gesundheitsbewusstsein, Bewegungsverhalten, Ernährungsgewohnheiten usw. Studien an Hundertjährigen zeigen, dass zum gesunden Altern anscheinend ein Lebensstil gehört, der vier Faktoren berücksichtigt: Wenig Alkohol trinken, nicht rauchen, sich ausreichend bewegen und auf sein Gewicht achten. Lebenstreppe ● auch unter dem Begriff ► Stufenalter oder Lebensaltersstufen bekannt, ist eine zeichnerische Darstellung des Lebensverlaufs. Das Motiv einer meist bis zum 50. Lebensjahr auf- und danach wieder

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absteigenden Treppe war im Europa des 16. bis 19. Jahrhunderts vorherrschende Darstellungsform des Alterns. Lebenszyklus ● Der Betrachtung des Lebens als Kreislauf liegt eine völlig andere gedankliche Vorstellung zugrunde als bei der ► Lebenstreppe. Hier geht es wertneutral um Veränderung und Entwicklung ohne die negative Sichtweise mit Abbau nach Erreichen eines Höhepunkts im Leben. Kulturelle Prägung und individuelle Erfahrungen beeinflussen die Vorstellungen vom Altwerden.

Alt werden heißt: Den Zyklus des Lebens vollenden. WHO

Zeichnung einer 13-jährigen Brasilianerin

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Prävention ● (lat. praevenire = zuvorkommen, verhindern) spielt im Alterungsprozess eine wesentliche Rolle, sowohl hinsichtlich der Lebensqualität als auch der Lebensdauer. Vorbeugung ist keineswegs auf jüngere Generationen begrenzt, sondern ist auch im fortgeschrittenen Alter sinnvoll, um möglichen Erkrankungen und kognitiven Verlusten entgegenzuwirken. So sind Gesundheitsförderung und Prävention wichtige gesellschaftliche und politische Aufgaben. Das gilt auch für alte und pflegebedürftige Menschen. Seit Juli 2015 gilt das Präventionsgesetz21, das die Pflegekassen beauftragt, entsprechende Leistungen in teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen zu erbringen. Intervention soll vor allem in den Bereichen Ernährung, körperliche Aktivität, kognitive Ressourcen, psychosoziale Gesundheit und Gewaltprävention erfolgen. Psychologisch-geistiges Alter ● Eigene Einschätzung auf Grund von Selbstbeobachtung, das Auffassen und Umgehen mit dem eigenen Lebensstadium, aber auch objektiv messbare mentale Leistungsfähigkeit. Es fließen Aspekte ein wie Was kann ich noch leisten? Wie schnell kann ich mich an neue Verhältnisse anpassen? Kann ich mich auf bestimmte Ziele konzentrieren? Kann ich meine Ziele über längere Zeit verfolgen? Setze ich mich bewusst mit meiner Lebensplanung und Lebensführung auseinander? usw. Das ► biologische und das ► soziale Alter sowie andere Bewertungs- und Bestimmungsmerkmale spielen dabei eine große Rolle. Pubertät ● „Entwicklungsphase des Menschen zwischen Kindheit und Erwachsensein, die körperlich durch die Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale bis zum Erreichen der Geschlechtsreife gekennzeichnet ist und mit tiefgreifenden seelischen und sozialen Veränderungen einhergeht. Die körperlichen Veränderungen […] beginnen bei Mädchen und Jungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten (in Mitteleuropa für Mädchen im 9. – 10. Lebensjahr, für Jungen im 11. – 12. Lebensjahr) mit erheb21 Siehe dazu: „LeitfadenPrävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach §5 SGBXI“, https:// www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/presse/publikationen/Leitfaden_Pravention_stationar_2018_barrierefrei.pdf

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lichen individuellen Schwankungen. Der Pubertätsbeginn wird ferner durch Faktoren wie ethnische Zugehörigkeit und Umweltbedingungen (Ernährung, Klima) beeinflusst. Im Lauf des 20. Jahrhunderts hat sich eine Tendenz zu einem früheren Einsetzen der Pubertät gezeigt.“22 Rehabilitation ● (lat. rehabilitare = wieder befähigen) ist ein Sammelbegriff, mit dem in der Sozialmedizin Maßnahmen gemeint sind, die das Ziel verfolgen, „ … Menschen mit chronischen Krankheiten und Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein selbstbestimmtes und möglichst selbstständiges Leben zu führen und an allen relevanten Lebens- und Gesellschaftsbereichen aktiv teilnehmen zu können.“ 23 So sind Therapien für alte Menschen häufig eine Chance, z. B. nach einem Sturz wieder so weit selbstständig zu werden, dass sie ihren Alltag bestmöglich bewältigen und oft noch lange im häuslichen Umfeld bleiben können. Reifung ● „Gerichteter, phasischer Entwicklungsprozess von Organismen, der zur Bereitschaft und Befähigung für bestimmte Funktionen und Leistungen führt. Die Reifung besteht beim Menschen in der Konkretisierung und Differenzierung bestimmter körperlicher, psychischer und geistiger Anlagen sowie deren Integration und Harmonisierung in Verbindung mit den zufälligen und planmäßigen Einflüssen der Umwelt; sie findet ihren Abschluss in den Stadien partieller und allgemeiner Reife.“24 Soziales Alter ● Diese Form der Altersbewertung ist stark von Erwartungen der sozialen Umgebung geprägt. Kultur und Zeitgeist spielen dabei ebenso eine Rolle wie Wünsche und Hoffnungen der Generationen. Die bestehende Gesellschaftsstruktur schreibt bestimmten Lebensabschnitten entsprechende Verhaltensweisen zu. Spätestens vom Eintritt ins Rentenalter an wird ein Mensch von seinen Mitmenschen meist als alt 22 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020 23 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020 24 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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Gerontologie – das Altern verstehen

eingestuft. Es wird nun vielfach anderes Verhalten von ihm erwartet als zuvor. Stufenalter ● ► Lebenstreppe. Subjektives Alter ● Darunter wird eine Art Eigenbewertung oder Lebensbilanz verstanden. Fragen an die eigene Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft können das persönliche Empfinden ermitteln und bewerten. Was habe ich in meinem Leben bisher geleistet, erlebt, erfahren, gelernt? Wie bin ich mit Belastungen umgegangen? Konnte ich sie bewältigen? Bin ich mit meiner heutigen Lebenssituation zufrieden? Was möchte ich mit meiner Zukunft machen? Die Antworten ergeben eine subjektive Einschätzung des eigenen Alters einer Person.

Veränderungen im Alter Drittes Lebensalter ● ► Alterseinteilungen. Die Altersgruppe der 70bis 85-Jährigen ist heute gesünder, aktiver und autonomer als alle gleichaltrigen Generationen vor ihnen. Die Mehrheit kann die gewonnene Lebenszeit genießen. Forschungsergebnisse zeigen für diesen Lebensabschnitt: –– Immer mehr Menschen leben immer länger. –– Es gibt ein erhebliches Potenzial für körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. –– Aufeinander folgende Generationen weisen immer höhere Fitness auf. –– Die Mehrheit verfügt über kognitiv-emotionale Reserven zur Alltagsbewältigung. –– Es gibt ein hohes Niveau von emotionalem und persönlichem Wohlbefinden. –– Betroffene verfügen über effektive Strategien, um mit Gewinnen und Verlusten im späten Leben zurechtzukommen.25 25 Vgl.: BALTES & SMITH (2002)

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Pflegebedürftigkeit ● Im ► vierten Lebensalter, also ca. jenseits des 85. Lebensjahres, steigt das Risiko für Pflegebedürftigkeit deutlich. Das bedeutet für viele Menschen in diesem Lebensabschnitt allgemeine Gebrechlichkeit, Funktionseinschränkungen in etlichen Bereichen, Multimorbidität und Demenz. Konkret ist der Begriff der Pflegebedürftigkeit in Deutschland im Sozialgesetzbuch26 definiert. Es enthält genaue Bestimmungen, wann ein Mensch vor dem Gesetz als pflegebedürftig gilt. Daraus ergeben sich seine Einstufung in einen Pflegegrad und der damit verbundene Anspruch auf Pflegeleistungen. Physische Veränderungen ● Mit fortschreitendem Alter verändert sich der Mensch in seinem Erscheinungsbild. Die Zeitpunkte sind individuell unterschiedlich und sowohl genetisch bedingt als auch vom ► Lebensstil abhängig. Veränderungen gibt es vor allem in folgenden Bereichen: –– Aussehen bzw. Erscheinungsbild, z. B. Haut, Haare, Zähne, Körperhaltung, Größe … –– körperliche Leistungsfähigkeit bzw. Belastbarkeit, z. B. Muskulatur, Gelenke, Knochengewebe, Blutgefäße … Betroffen ist auch die Bewegungsschnelligkeit. –– Sinneswahrnehmung, z. B. Sehvermögen, Gehör, Geschmackssinn, Gleichgewicht, Körpereigenfühler … –– Erkrankungen bzw. Multimorbidität, z. B. Immunsystem, Herz-Kreislauf-System, Verdauungsorgane, Hormone … Die alternsbedingten körperlichen Veränderungen werden meist in der Mehrzahl negativ beschrieben. Doch die Bewertung ist sehr unterschiedlich und stark abhängig von der persönlichen Einstellung Betroffener. So können z. B. Falten als negativ wahrgenommen werden oder als Merkmale, die dem Menschen Ausdruck und Identität verleihen.

26 §§ 14 und 15, SGB XI

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Psychisch-mentale Veränderungen ● Interessant sind in diesem Zusammenhang Ergebnisse der Zweiten Heidelberger HundertjährigenStudie (HD 100 II). Darin zeigte sich, dass –– ein hohes Lebensalter nicht zwingend mit dem Auftreten einer Demenz verbunden ist, –– die geistige Leistungsfähigkeit auch bei Hundertjährigen individuell unterschiedlich ist und bei rund einem Drittel dieser Altersgruppe fast keine Leistungseinbußen zu beobachten sind. Zahlreiche Studien haben längst nachgewiesen, dass kognitive Funktionen zwar mit dem Alter langsamer werden, sich diese Veränderungen aber durch gezieltes Training ausgleichen lassen. So ist es durchaus möglich, dass ein Mensch mit zunehmendem Alter bessere geistige Leistungen erbringt als in früheren Lebensphasen. Die emotionale Befindlichkeit variiert ebenfalls von Person zu Person. Vielfach ist mit zunehmendem Alter eine erhöhte Emotionalität zu beobachten, z. B. bei der Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens. Als häufigste psychische Störung treten im höheren Alter Depressionen auf, oft in Verbindung mit anderen Erkrankungen. Pflegende erleben in diesem Zusammenhang häufig bei alten Menschen Antriebsminderung und fehlende Motivation. Da ist es wichtig, durch Biografiearbeit Informationen zu gewinnen, um individuelle Ansätze zu finden und Betroffenen Motivation zu vermitteln. Soziale Veränderungen ● Abhängig von gesellschaftlichen Rah­ menbedingungen, Zeitgeist und Kultur, verändern sich mit dem Eintreten ins Seniorenalter z. B. –– die finanzielle Situation (Rente ist meist niedriger als das frühere Einkommen, zusätzliche Belastungen durch Kosten für Gesundheit und Pflege …), –– soziale Rollen (viele entfallen, manche kommen hinzu, andere verändern sich in ihrer Qualität), –– das Zusammenleben (meist allein oder in neuer Gemeinschaft mit eigener Familie, Fremden oder in einer Institution),

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ALTER(N)SBILDER

–– die Partnerschaft (falls vorhanden, vor allem nach Ende des Erwerbslebens und nach dem Tod eines Partners), –– die Erwartungen der Gesellschaft an die neue Lebensaltersrolle (► Altersbild) usw. Viertes Lebensalter ● ► Alterseinteilungen. Jenseits des 85. Lebensjahrs zeigt sich das Bild der Lebenssituation deutlich negativer als in der Phase zuvor: –– Häufung chronischer Belastungen (80 Prozent erleiden Verluste in 3 – 6 Bereichen, z. B. Sehen, Hören, Kraft, Intelligenz, Krankheiten ...). –– Häufigkeit von Demenz (ca. 40 bis 50 Prozent im Alter von 90+). –– Hohes Ausmaß an Gebrechlichkeit, Multimorbidität. –– Zunehmende Minderung psychologischer Anpassungsfähigkeit. –– Zunehmende Verluste in positiven Dingen des Lebens (soziale Kontakte, Glücklichsein ...). –– Betroffen sind hauptsächlich Frauen (Mehrheit verwitwet, lebt meist allein, falls nicht in einer Einrichtung lebend). –– Die Mehrheit verlebt einen Teil der letzten Lebensjahre in Einrichtungen.27

Bilder vom Alter(n) Alter(n)sbilder ● sind individuelle und gesellschaftliche Vorstellungen vom Alter(n). Sie betreffen den Zustand des Altseins ebenso wie den Prozess des Älterwerdens. Sie können sich verändern und schnell abwechseln. Die in der heutigen Gesellschaft vorherrschenden Altersbilder werden häufig nicht der herrschenden Vielfalt gerecht. Jede Einzelperson verfügt über ein ganzes Repertoire unterschiedlicher Altersbilder. Die Vorstellungen sind von äußeren Einflüssen wie Kultur und Zeitgeist ebenso geprägt wie durch persönliche Erfahrungen. Sie werden auch über Sprache transportiert.

27 Vgl.: BALTES & SMITH (2002)

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Beispiel: Das Altersbild einer Altenpflegerin kann sich deutlich unterscheiden vom Altersbild des Trainers einer Seniorengruppe im Sportverein. Die Eine erlebt alte Menschen vorrangig als pflegebedürftig, der Andere als fit und gesundheitsbewusst. Fremdbild ● Das Bild, das Andere von einer Person haben, deren Einschätzung und Bewertung, die Vorstellung von deren Persönlichkeit einschließlich Vermutungen. Es steht in einer Wechselbeziehung mit dem ► Selbstbild der betreffenden Person und wird auch als soziale ► Identität bezeichnet. Oft gibt es große Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdbildern desselben Menschen. Beispiel: Eine Pflegekraft wird in einer Besprechung von Kolleginnen angesprochen „Du bist immer so cool und selbstsicher bei Notfällen“. Tatsächlich fühlt sie sich überhaupt nicht so, sondern ist unsicher und furchtbar aufgeregt. Das scheinen die anderen nicht so wahrzunehmen. Identität ● (lat. idem = der, die, dasselb; identitas = Wesenseinheit) Das, was einen Menschen ausmacht, seine Persönlichkeit und Individualität, das Selbst einer Person, entstehend in einem lebenslangen Prozess. Unterschieden wird zwischen personaler Identität (► Selbstbild) und sozialer Identität (► Fremdbild). Beide klaffen oft auseinander, aber sie beeinflussen sich gegenseitig. Es handelt sich um einen Wechselwirkungsprozess. Medien ● haben großen Anteil an den Vorstellungen, die in einer Gesellschaft vom Altern herrschen. Ob Dokumentationen, Fernsehfilme oder Werbung – überall kommen alte Menschen vor. Aktuell zeichnen die Medien meist ein positiveres Bild als das noch vor Jahren der Fall war. Sie zeigen Teilhabe am sozialen Leben auch im fortgeschrittenen Alter. Insbesondere in der Werbung gibt es zunehmend Kampagnen mit positiver Darstellung, zumal der Anteil Älterer an den Verbrauchern wächst.

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ALTER(N)SBILDER

Je weniger Kontakt ein jüngerer Mensch mit Senioren hat, desto mehr wird sein ► Alternsbild von den Medien beeinflusst. Selbstbild ● Das Konzept, das ein Mensch von sich selbst hat einschließlich aller Stärken, Schwächen und Wunschvorstellungen. Es beruht auf Eigenwahrnehmung und steht mit dem ► Fremdbild in einer Wechselbeziehung. Beide können sich mehr oder weniger unterscheiden. Das Selbstbild, auch die personale ► Identität, ist eng verknüpft mit dem ► Selbstwertgefühl. Viele alte, insbesondere pflegebedürftige, Menschen haben ein negativ geprägtes Selbstbild, sehen in erster Linie ihre Defizite und Einschränkungen. Pflegende haben die Chance, beim Aufbau eines positiven Selbstbilds zu unterstützen, wenn sie die Wechselwirkung zwischen Selbst- und Fremdbild nutzen. Selbstwertgefühl ● können Pflegende und Betreuungskräfte bei alten Menschen aufbauen, wenn sie ihnen Motivation geben. Dazu ist es wichtig, die Wechselwirkung zwischen ► Selbstbild und ► Fremdbild zu kennen. Wer dem Gegenüber ein positives Fremdbild zeigt, wirkt damit auf die Selbstwahrnehmung ein und trägt langfristig zu höherem Selbstwertgefühl bei. Beispiel: Ein alter Herr traut sich nach einem Sturz und längeren Krankenhausaufenthalt das Gehen nicht mehr zu, möchte nur im Rollstuhl gefahren werden, sieht sich in jeder Hinsicht unselbstständig. Die Mitarbeitenden ermuntern ihn immer wieder, kleine Schritte zu unternehmen, machen ihm Erfolge regelmäßig bewusst und zeigen mit ihrer Haltung deutlich, dass sie ihn keineswegs in einer unselbstständigen Rolle sehen. Er kann durch die vermittelten positiven Fremdbilder langsam wieder Selbstwertgefühl aufbauen. Sprachliche Etiketten ● prägen in hohem Ausmaß das Denken und die Art und Weise, wie Menschen die Welt wahrnehmen. Sie sind auch Ausdruck gesellschaftlicher Entwicklungen. So ist es durchaus von Bedeu-

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Gerontologie – das Altern verstehen

tung, mit welchen Begriffen alte Menschen belegt werden, denn die Ausdrücke geben der Vorstellung eine positive oder negative Richtung. Das sind sprachliche Etiketten. Der Begriff „alt“ ist zunächst wertneutral und lediglich ein Gegensatz zu „jung“. Doch ist er anscheinend in vielen Köpfen negativ besetzt, denn z. B. in der Werbung ist niemand „alt“, sondern wir treffen auf „reife“ Menschen oder die „Generation 60-/ 70- … plus“ usw. Manche Einrichtungen nennen sich „Seniorenresidenz“ statt „Altenpflegeheim“ und die digitale Welt spricht von „Silver Surfern“. „Älter“ scheint für so manche besser zu klingen als „alt“, obwohl es doch sogar die Steigerung des Adjektivs ist und Senior nichts Anderes als ein lateinisches Wort für „der Ältere“. Einen idealen Begriff gibt es sicher nicht, aber wichtig ist, dass Pflegende sich darüber klar sind, was sie mit ihrem Sprachgebrauch bei anderen Menschen auslösen, welches Bild sie vom Altern vermitteln und so ihre Begriffe bewusst wählen. Stereotyp ● (gr. klischeehaft, feststehend, unveränderlich) bezeichnet eine Denkschablone, ein klischeehaftes ► Vorurteil. Ein Stereotyp ist eine fest eingeprägte und sich wiederholende Einstellung, die selbst durch neue Erfahrungen nur schwierig zu korrigierende Haltung. Sie verallgemeinert und vereinfacht stark und drückt einer Person oder einer Personengruppe quasi einen Stempel auf. Beispiele: Alle Deutschen essen Sauerkraut, sind pedantisch und sparsam. Alle Franzosen trinken Rotwein, können keine Fremdsprachen und streiken ständig. Alle Brillenträger sind intelligent. Alle Pflegekräfte sind ehrlich. Alle Jugendlichen sind respektlos … Stigma ● (lat. stigma = Brandmal) Auffälliges Merkmal einer Person oder Personengruppe, das zu einem herabwürdigenden Umgang bei Begegnungen mit diesen Menschen führt. Es handelt sich um ein soziales ► Vorurteil. Typisch ist, dass von einem negativ bewerteten Attribut auf weitere negative Eigenschaften geschlossen wird. Das kann dazu führen, dass die gesamte soziale Identität einer Person beschädigt wird.

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ALTER(N)SBILDER

Beispiel: Wer körperlich gebrechlich ist, ist auch in seinen geistigen Funktionen eingeschränkt. Stigmatisierung ● Alte Menschen werden häufig stigmatisiert. Allein das Merkmal „Alter“ kann bei anderen Personen eine Reihe von ► Vorurteilen auslösen. Beispiel: Eine 85-jährige Dame ruft bei ihrem Provider an, weil das Internet nicht funktioniert. Ihr Gesprächspartner der Hotline gibt die Daten des Anschlusses ein und sieht dabei ihr Geburtsdatum. Sofort geht er davon aus, dass der es sich um einen Bedienungsfehler der Kundin handelt und nicht um ein technisches Problem, denn die Dame erfüllt gleich zwei in diesem Zusammenhang negativ besetzte Merkmale – sie ist alt und eine Frau. So geht der Mitarbeiter davon aus, dass die Anruferin ihn ohnehin nicht versteht, wenn er ihr etwas erklärt. Er spricht mit ihr wie mit einem Kind und nimmt sie nicht ernst. Es muss nicht allein das Alter sein, das zu einer Stigmatisierung führt. Möglich ist auch, dass ein damit verbundener Umstand dazu führt, der mit dem Lebensalter verknüpft ist, z. B. durch eine Erkrankung. Beispiel: Ein alter Herr hat eine Aphasie (Erkrankung des Sprachzentrums). Er spricht daher verwaschen, leise und undeutlich und hat beim Sprechen starken Speichelfluss. Andere Menschen halten ihn deshalb für dement, verwirrt, ungepflegt (wegen des Speichels) und in seiner geistigen Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Sie behandeln ihn entsprechend. Weitere verbreitete Stigmata: Alte Menschen sind langsam, hilfsbedürftig, passiv, egoistisch, starrsinnig, vergesslich, dauernd beim Arzt, schlechte Autofahrer, leben in der Vergangenheit usw.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Vorurteile ●  –– ersetzen einen Mangel an Erfahrung, –– ermöglichen schnelle Orientierung, –– erlauben schnelles Handeln. So sind Vorurteile zunächst wertneutral und werden im täglichen Leben zwingend benötigt. Es gibt zwei Arten – das ► Stereotyp und das ► Stigma. Im Alltag werden Menschen ständig mit neuen Situationen konfrontiert, die sich aus dem Zusammenleben ergeben. Da müssen Situationen, Personen und Gegenstände bewertet und eingeschätzt werden. Wir müssen handeln, ohne uns vorher ausreichend informieren zu können. Folglich benutzen wir ein umfangreiches System von Vorannahmen und Bewertungskategorien, denn niemand kann alle theoretisch möglichen Erfahrungen selbst machen. So entsteht ein Urteil, bevor die gewonnene Vorstellung in der Realität überprüft wurde. Eine Korrektur der Einstellung durch Erfahrung hat nicht stattgefunden – mangels Gelegenheit oder weil Möglichkeiten nicht genutzt oder verweigert wurden. Oft entstehen Vorurteile auch durch Übertragung von einer Einzelerfahrung auf weitere Personen oder Situationen mit ähnlichen Merkmalen. Beispiel: Eine schlechte Erfahrung im Auslandsurlaub, die Tasche mit Geld und sämtlichen Papieren wird gestohlen. In der Folge setzt sich bei der bestohlenen Person die Vorstellung fest, dass alle Einwohner dieses Landes Diebe sind. Würde die Tasche mit komplettem Inhalt gefunden und zurückgebracht, könnten in der Folge alle Bürger des betreffenden Landes als ehrliche Menschen angesehen werden.

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Gerontologie – das Altern verstehen

WAHRNEHMUNG Mit allen Sinnen Im Pflegeberuf ist Wahrnehmen für das tägliche Handeln unerlässlich. Dabei geht es nicht nur ums eigene Erleben und Verhalten der Mitarbeitenden, sondern vor allem darum, alte Menschen genau zu beobachten, auf sie zu reagieren, sie zu fördern und situationsgerecht zu handeln. Das gilt für spezielle Pflegemaßnahmen ebenso wie für die Gestaltung des ganz gewöhnlichen Alltags. Der Mensch sieht, hört, riecht, schmeckt und ertastet seine Umwelt über die Sinnesorgane und verschafft sich so ein Bild von der Welt außerhalb seines eigenen Körpers. Dieses Bild verbindet er mit seiner inneren Welt, mit seinen Gefühlen. Das heißt, er empfindet Lust oder Unlust, Freude oder Traurigkeit, Furcht oder Ekel usw. in Verbindung mit dem, was er aus der ihn umgebenden Welt wahrnimmt. Hinzu kommt der Umgang mit anderen Personen und Gruppen. Deren Verhalten und Erleben wird bewusst oder unbewusst wahrgenommen und interpretiert. Wenn zwei Personen sich in derselben Situation befinden, werden sie dennoch unterschiedliche Eindrücke gewinnen, abhängig von ihren Einstellungen, Erfahrungen, Erwartungen, Gefühlen und Absichten. So kombiniert jeder Mensch auf sehr individuelle Weise seine Wahrnehmung der äußeren Welt mit den eigenen Gefühlen und erlebt seine Umwelt einzigartig. Daher entsteht immer ein subjektives Bild, nie ein objektives Abbild der Realität. Die Orientierung in der Umwelt ist nur möglich, indem Personen, Gegenstände und Ereignisse in ihrem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erfasst werden.

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WAHRNEHMUNG

Lernziele Wissen, dass Wahrnehmung –– immer subjektiv ist und nicht objektiv sein kann. –– weitgehend automatisch funktioniert. –– ein ganzheitlicher Prozess ist. –– verschiedenen Einflussfaktoren unterliegt, auch von Fehlern und Täuschungen geprägt wird. –– sich mit zunehmendem Lebensalter verändert. –– auch trainierbar ist. Verstehen und sich bewusst machen, dass –– der Mensch Wahrnehmung benötigt, um sich in seiner Umwelt zu orientieren und an sie anzupassen. –– der eigene Eindruck von Menschen, Situationen oder Gegenständen keineswegs identisch sein muss mit denen anderer Personen. –– unterschiedliche Wahrnehmung im Alltag zu zahlreichen Missverständnissen führen kann. –– krankheits- oder alterungsbedingte Einschränkungen der Wahrnehmung Folgen für das Denken, Fühlen und Handeln haben können. –– eine reiz-volle Umgebung wichtig für alte Menschen ist, um Fähigkeiten zu erhalten.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Im Arbeitsalltag –– Möglichkeiten suchen, um verschiedene Wahrnehmungssysteme gezielt zu stimulieren. –– alten Menschen Informationen immer über mehrere Sinneskanäle anbieten. –– die Umgebung für alte Menschen reiz-voll gestalten. –– beobachten, wann die eigene Wahrnehmung nicht mit der von Kollegen oder anderen Personen übereinstimmt.

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Alltagsgestaltung

Sozialverhalten

Fühlen

Denken

Einflüsse

Folgen

Veränderungen Veränderungen Intervention &&Intervention

Fehler Fehler & & Täuschungen

Wahrnehmung Wahrnehmung

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Vorurteile

Selbstbild - Fremdbild

Ausdrucksdeutung

Hof-Effekt

Logische Fehler

Sympathie

Erster Eindruck

Arten

Bedeutung in der Altenpflege

Organisationsprinzipien

Ganzheitlichkeit

Soziale Wahrnehmung

Innere Wahrnehmung | Gefühlswahrnehmung

Äußere Wahrnehmung | Sinneswahrnehmung

Merkmale Prinzipien & Merkmale

Selektion

Subjektivität

WAHRNEHMUNG

Themenübersicht



Gerontologie – das Altern verstehen

Prinzipien & Merkmale Bedeutung ● Grundsätzlich ist Wahrnehmung überlebenswichtig. Sie hilft dem Menschen, seine Umwelt zu erleben, sich in ihr zu orientieren und sich an sie anzupassen. Das ist nur möglich, indem Gegenstände, Ereignisse und Personen in räumlichen und zeitlichen Zusammenhängen erfasst werden. Bedeutung in der Pflege ● In der Altenpflege gehören Wahrnehmung und gezielte Beobachtung zu den wichtigsten Aufgaben. Sie bilden die Grundlage für alle Maßnahmen und sind Voraussetzung für situationsgerechtes Handeln. Im Umgang mit alten, pflegebedürftigen Menschen dient Wahrnehmung vor allem dazu, alternsbedingte Veränderungen festzustellen und gezielt zu intervenieren, also passende Maßnahmen abzuleiten. Es geht darum, über ► Beobachtung Informationen über Erleben und Verhalten von Menschen zu gewinnen, die sich häufig selbst nicht mehr dazu äußern können. Figur-Grund-Differenzierung ● beschreibt das Phänomen der Unterscheidung zwischen einem fokussierten Teil des Wahrnehmungsfeldes, der Figur, und einem als Hintergrund abgegrenzten Teil. Das Gehirn filtert Sinneseindrücke, stellt wichtige in den Mittelpunkt, macht sie zur „Figur“ und schiebt im Moment Unwichtiges als „Grund“ in den Hintergrund. Bewegte Objekte lassen sich leichter abgrenzen als andere. Ähnlichkeit des Hintergrunds erschwert die Abgrenzung. Was Figur wird und was Hintergrund, kann wechseln. Das wird z. B. deutlich bei den so genannten Kippbildern28, bei denen zwei unterschiedliche Bilder jeweils im Wechsel sichtbar, aber niemals beide gleichzeitig wahrgenommen werden. Dieses Prinzip gilt nicht nur für visuelle Reize, sondern lässt sich übertragen auf andere Wahrnehmungssysteme. So ist es z. B. möglich in der Musik sich bei einem Orchesterstück nacheinander auf unterschiedliche Instrumente zu konzentrieren und diese in den Mittelpunkt zu stellen. 28 z. B. die „Rubinsche Vase“ bzw. der „rubinsche Becher“, benannt nach dem dänischen Psychologen Edgar John RUBIN (1886–1951). Bei dieser Grafik springt die Wahrnehmung um zwischen einer Vase und zwei einander gegenüberstehenden Gesichtsprofilen.

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WAHRNEHMUNG

Ganzheitlichkeit ● Über die ► äußere, die ► innere und die ► soziale Wahrnehmung nimmt der Mensch permanent unendlich viele Informationen auf, teils bewusst, teils unbewusst. Zwar verläuft die Aufnahme und Verarbeitung im zeitlichen Nacheinander, doch handelt es sich um einen ganzheitlichen Prozess, der am Ende zu einem Gesamteindruck von Menschen, Dingen oder Situationen führt. Gruppierung ● Um leichter mit der Fülle an Reizen umgehen zu können, die auf den Menschen einwirken, sucht das Gehirn automatisch nach Möglichkeiten, Informationen zusammenzufassen. So werden Einzelreize zu Gruppen zusammengefasst, z. B. einzelne Punkte zu einer Figur. Dabei erscheinen häufig Dinge als zusammengehörig, die sich nahe beieinander befinden oder solche, die Ähnlichkeiten aufweisen. Kontextabhängigkeit ● Menschliche Wahrnehmung ist in hohem Maß abhängig vom Zusammenhang. Stets versucht das Gehirn, sich der Umgebung mit ihren Herausforderungen anzupassen. Das bedeutet, dass Menschen, Gegenstände und Situationen niemals losgelöst und alleinstehend wahrgenommen werden, sondern immer in einer Einheit mit ihrem Umfeld. Organisationsprinzipien ● Wahrnehmung unterliegt bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Angesichts der Fülle an Reizen, die den Menschen ständig umgeben, ist es unmöglich, alle Informationen aufzunehmen. Nur ein Bruchteil wird teils bewusst, teils unbewusst wahrgenommen. Voraussetzung für situationsgerechtes Reagieren und Handeln ist rationelles Vorgehen bei der Wahrnehmung: Sich mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Überblick verschaffen. So unterliegt die Wahrnehmung den Organisationsprinzipien –– ► Vereinfachung, ––

► Wahrnehmungskonstanz,

––

► Figur-Grund-Differenzierung,

––



Gruppierung.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Reizkreislauf ● Reizaufnahme, -bearbeitung und -beantwortung in Form einer Reaktion bilden einen Kreislauf, der sich ständig erneuert. Das Aufnehmen und Verarbeiten von Reizen aus der Umwelt erfolgt über verschiedene Sinneskanäle, oft auch überschneidend. Die Informationen treffen auf die Sinnesorgane als Empfangsstationen. Dort werden Rezeptorzellen erregt, die eine Empfindung auslösen. Diese wird wahrgenommen, bearbeitet und bewertet und darauf erfolgt eine Reaktion, die wieder zum neuen Reiz wird. Der Weg über diese Stationen wiederholt sich ständig. Selektion ● (lat. selectio = Auswahl, Auslese, Absonderung) Der Mensch ist permanent von so vielen Reizen umgeben, dass es unmöglich ist, sie alle zu registrieren. Ein Auswahlfilter wird wirksam und sorgt dafür, dass nur ein Bruchteil der Reize zur Bearbeitung im Gehirn ankommt. Die Auswahl kann unbewusst, aber auch zeitweise bewusst erfolgen. Beispiel: Es ist durchaus möglich, die Wahrnehmung eine Zeit lang gezielt bewusst zu steuern, z. B. auf ein ► Sinnessystem zu konzentrieren wie das Hören. Einige Minuten lang die Augen schließen und gezielt auf Geräusche achten. Ebenso kann eine Pflegekraft ihre Aufmerksamkeit im Arbeitsalltag zeitweise auf eine bestimmte Bewohnerin lenken und beobachten, wie diese sich im Heim einlebt. Langfristig wird die Wahrnehmung jedoch wieder unbewusst erfolgen. Subjektivität ● Bedingt durch unterschiedliche Auswahl von Reizen und deren individuelle Bewertung ergibt sich bei jedem Menschen ein anderes Bild von ihn umgebenden Menschen, Dingen und Situationen. Jeder betrachtet die Welt quasi durch eine ganz persönliche Brille. So ist Wahrnehmung immer subjektiv. Es kann kein objektives Abbild der Realität entstehen.

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WAHRNEHMUNG

Täuschung ● „Anschaulicher Sinneseindruck, der nicht mit den objektiven Gegebenheiten übereinstimmt; Wahrnehmungstäuschungen betreffen nicht nur die Sinneswahrnehmungen, sondern auch Zeit und soziale Wahrnehmung.“29 Täuschungen entstehen, wenn widersprüchliche Informationen auf das Gehirn treffen, außerdem bei Über- oder Unterforderung des Wahrnehmungssystems. Letzteres geschieht vor allem, wenn alte Menschen in reizarmer Umgebung leben. Vereinfachung ● Das Prinzip der Vereinfachung hilft dem Gehirn, Ordnung in die Fülle der Sinneseindrücke zu bringen. Da nicht alle umgebenden Informationen wahrgenommen und verarbeitet werden können, schützt die Vereinfachung vor Reizüberflutung. So gleicht das Gehirn mit bereits Gespeichertem ab und ergänzt neue Details mit bereits Vorhandenem zu einem vollständigen Bild. Der Abgleich mit Bekanntem ermöglicht schnelles Orientieren, weil nicht alle Informationen neu bearbeitet werden müssen. Gleichzeitig erscheinen Abweichungen von Vertrautem, Veränderungen und Kontraste oft gerade in sonst reizarmer Umgebung überbetont. Wahrnehmung ● ist ein automatisch ablaufender, psychophysischer Prozess, bei dem Umgebungsreize über die Sinnessysteme (► äußere Wahrnehmung bzw. Sinneswahrnehmung) aufgenommen und mit den Informationen aus dem eigenen Körper (► innere Wahrnehmung bzw. Gefühlswahrnehmung) zusammengeführt und zu einem komplexen Bild verarbeitet werden. Wahrnehmung ermöglicht es dem Menschen, sich in seiner Umwelt zurechtzufinden. Der Wahrnehmungsvorgang kann durch willkürliche oder unwillkürliche Aufmerksamkeitszuwendung zustande kommen. Wehren kann sich der Mensch nicht gegen Wahrnehmung.

29 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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Gerontologie – das Altern verstehen

Wahrnehmungskonstanz ● Unter wechselnden Bedingungen, etwa bei Veränderung von Umgebung und Lichtverhältnissen, behalten Objekte ihre Farbe, Form, Größe und Helligkeit. Das gewährleistet, dass der Mensch seine Umwelt auch unter wechselnden Umständen als gleich bleibend wahrnehmen kann, unabhängig vom Blickwinkel. So lassen sich Größen oder Entfernungen von Objekten relativ realistisch einschätzen. Dabei ermöglichen komplexe Prozesse im Gehirn, dass zweidimensionale Abbildungen in eine räumliche Vorstellung umgesetzt werden.

Arten der Wahrnehmung Auditives System ● (lat. audire = hören) Hören. Verarbeitet akustische Reize über die Ohren. Äußere Wahrnehmung ● ► Sinneswahrnehmung. Basis-Emotionen ● Werden auch als Grundgefühle oder Primäraffekte bezeichnet. Paul Ekman30 gilt als Entdecker von sieben Emotionen, die unabhängig von Kulturen überall zu finden sind und über Gesichtsausdrücke gleichermaßen verstanden werden: Wut, Ekel, Verachtung, Freude, Trauer, Angst, Überraschung. Daher wird angenommen, dass der Mensch von Geburt an mit diesen Gefühlen ausgestattet ist. Beobachtung ● „Aufmerksame Wahrnehmung, verbunden mit der Erwartung, dass sich am Wahrnehmungsobjekt Veränderungen ereignen werden, und mit der Absicht, diese aufzufassen und festzuhalten ...“31 Ist die Wahrnehmung im Alltag eher eine unspezifische Aufnahme von Sinneseindrücken, so liefert die systematische Beobachtung in pflegerischen Zusammenhängen gezielte Informationen unter festgelegten Fragestellungen, u. a. als Basis für eine zielgerichtete Pflegeplanung.

30 Paul EKMAN (*1934), US-amerikanischer Anthropologe und Psychologe 31 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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WAHRNEHMUNG

Empathie ● Wichtige Eigenschaft für Pflegende. Sie beschreibt die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Gefühlswelt anderer Menschen hineinzuversetzen, deren Emotionen nachzuempfinden. Gefühlswahrnehmung ● erfolgt über körpereigene, sensible Systeme. Stark beeinflusst von der jeweils aktuellen Stimmung, tragen Emotionen zur Entstehung eines subjektiven Bildes bei. Daher vermittelt die Wahrnehmung keineswegs eine objektive Realität, sondern immer eine subjektive Welt. Gefühle sind individuelle Bewusstseinsqualitäten, die sich oft nur begrenzt versprachlichen lassen. Dazu gehören z. B. Freude, Trauer, Wut, Schmerz, Liebe, Eifersucht, Ekel usw. In der Pflege spielen Gefühle insbesondere dann eine wichtige Rolle, wenn es um Aufbau und Pflege von Beziehungen geht. ► Empathie. Gustatorisches System ● (lat. gustare = kosten, genießen) Schmecken. Aufnahme und Verarbeitung von Reizen über Mund, Mundhöhle, Gaumen und Zunge. Innere Wahrnehmung ● ► Gefühlswahrnehmung. Kinästhetisches System  ● (griech. kinein = bewegen, aisthesis = Empfindung) Bewegungsgefühl. Reguliert die Muskelspannung und steuert die Lageveränderung der Gelenke. Durch die Speicherung dieser Informationen entsteht ein „inneres Bild“ vom Körper im Gehirn. Dieses Körperschema ermöglicht einen logischen Aufbau von Handlungen sowie ein Automatisieren. Beteiligt sind Sehnen, Muskeln und Gelenke. Durch langes Sitzen oder Liegen in ständig gleicher Position geht das Körpergefühl in manchen Regionen weitgehend verloren. Regelmäßige (Mikro-)Positionsveränderungen sind nötig, wenn alte Menschen ihre Haltung nicht mehr selbstständig ändern können. Olfaktorisches System ● (lat. olfacere = riechen) Riechen. Aufnahme und Verarbeitung von Reizen über Nase und Nasenhöhle.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Sinnessysteme ● Die klassischen fünf Sinne – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten – beschrieb schon Aristoteles32. In der Pflege sind zwei weitere Sinnessysteme von Bedeutung – das ► kinästhetische und das ► Vestibulärsystem. Rudolf Steiner33, der Begründer Anthroposophie34, ging davon aus, dass sensible Menschen noch über weit mehr Wahrnehmungsbereiche verfügen. So beschrieb er 12 Sinne, die er in drei Vierergruppen unterteilte. Nach heutigem Kenntnisstand werden ca. 90 Prozent aller Informationen über Sehen und Hören aufgenommen und nur zehn Prozent über die weiteren Sinneskanäle. Sinneswahrnehmung ● beschreibt die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen über verschiedene ► Sinnessysteme. Soziale Wahrnehmung ● Ist eine Richtung der experimentellen Kognitionspsychologie und beschreibt den Teil der Wahrnehmung, der sich mit der sozialen Umwelt, auch der von Personen und Gruppen, beschäftigt. Erfahrungen, Bedürfnisse und Wertvorstellungen wirken sich auf die Wahrnehmung aus und sensibilisieren für Erwartetes oder Ersehntes bis hin zu Wahrnehmungstäuschungen. ► Wahrnehmung, Einflussfaktoren. Taktiles System ● (lat. tactus = Berührung) Tastsinn. Aufnahme und Verarbeitung von Reizen über Berührung mit Haut, Händen und Mund, z. B. Druck, Vibration, Temperatur, Schmerz. Das Empfinden ist nicht überall gleich – Fingerkuppen, Hände, Gesicht oder Intimbereich sind sensibler als z. B. Rücken oder Beine. Abgeleitet aus dem Griechischen, auch als haptische Wahrnehmung bezeichnet, häufig eingeschränkt auf den Bereich aktiver Berührungen. Vestibulärsystem ● (lat. vestibulum = Vorhof, Eingang) Gleich­ gewichtssinn. Steuert und reguliert die Haltung des Körpers im Raum in 32 Griechischer Philosoph (384–322 v. Chr.) 33 Rudolf STEINER (1861–1925), österreichischer Philosoph, Pädagoge und Naturwissenschaftler 34 Spirituelle Weltanschauung, deren Lehre u. a. Medizin, Pädagogik, Landwirtschaft usw. beeinflusste

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WAHRNEHMUNG

Ruhe und bei Bewegung. Beteiligt sind Vestibulärapparat (Gleichgewichtsorgan im Innenohr), im Zusammenspiel mit Augen und Propriozeptoren (Tiefensensoren). Visuelles System ● (lat. Sehen, Blick) Sehen. Verarbeitet optische Reize über Augen und Gehirn. Wahrnehmungsarten ● Der Mensch erlebt die Welt über zwei Arten der Wahrnehmung – die äußere oder ► Sinneswahrnehmung und die innere oder ► Gefühlswahrnehmung. Häufig wird zusätzlich die ► soziale Wahrnehmung unterschieden.

Veränderungen der Wahrnehmung & Intervention Alltagsgestaltung ● Gezielt Reize zu setzen, die Sinnessysteme alter Menschen zu stimulieren und zu trainieren, gehört zu den wesentlichen Aufgaben von Mitarbeitenden in Pflege und sozialer Betreuung. Bei Einschränkungen gilt es, gezielt Maßnahmen zu ergreifen, Hilfsmittel einzusetzen und gegebenenfalls Therapien einzuleiten. Beispiele: Umgebung abwechslungsreich gestalten (Farben, Deko, wechselnde Bilder …), für Erlebnisse sorgen, zur Beschäftigung anregen, in der Kommunikation parallel mehrere Sinneskanäle nutzen … Basale Stimulation ● Pflegerisch/therapeutisch/pädagogisches Konzept zur ganzheitlichen, körperbezogenen Kommunikation über die individuelle Aktivierung verschiedener Wahrnehmungsbereiche. Wird vor allem angewandt bei Menschen mit schweren körperlichen und kommunikativen Beeinträchtigungen. Denken ● Eingeschränkte Wahrnehmung bedeutet, dass Informationen gar nicht, verzögert oder fehlerhaft im Gehirn ankommen. Das verändert die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung ebenso wie deren

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Gerontologie – das Altern verstehen

Qualität. Langfristig sind kognitive Einbußen unvermeidbar bei beeinträchtigten Sinnessystemen. Deprivation, sensorisch ● Bezeichnet das Fehlen oder den Entzug von Sinnes- und sozialen Reizen. Beispiel: Liegt ein alter Mensch den ganzen Tag im Bett mit dem Fernseher als einzige Stimulation, so führt die emotionale und geistige Vernachlässigung zur Deprivation. Das ist eine Form von Misshandlung. Folgen können Müdigkeit, Appetitlosigkeit, erhöhte Anfälligkeit für Erkrankungen, motorischer und kognitiver Abbau sein. Einflüsse, individuell ● Zu den individuellen Faktoren, die die Wahrnehmung beeinflussen, gehören u. a. Erfahrung und Intelligenz, Interessen, Stimmungen, Gefühle, Bedürfnisse, Motive. Beispiel: Hunger beeinflusst nachweislich die Wahrnehmung von Produkten und das Kaufverhalten von Menschen im Supermarkt. Einflüsse, sozial ● Werte und Normen, die den Menschen im Rahmen seiner Sozialisation geprägt haben, beeinflussen die Wahrnehmung ebenso wie Vorurteile in Form von ► Stereotypen und ► Stigmata. Haltungen und Einstellungen wirken sich auf die Auswahl der Reize aus, die der Mensch wahrnimmt. Beispiel: Wer in einer Umweltorganisation aktiv ist oder war, betrachtet den Umgang seiner Mitmenschen mit Verpackungsmüll kritischer als andere. Ersatzversorgung ● Bei nachlassender Funktion von Sinnesorganen ist zum Teil eine Verbesserung der Alltagssituation in Form von Ersatzversorgung möglich.

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WAHRNEHMUNG

Beispiele: Sehhilfen (Brillen, Kontaktlinsen, Lupen, Lesegeräte in vielen Variationen), Hörhilfen usw. Fühlen ● Kommen im Gehirn Informationen auf Grund von Wahrnehmungseinschränkungen gar nicht, verzögert oder verändert an, so hat das weitreichende Folgen für die Gefühle der betroffenen Person. Beispiele: Angst, depressive Stimmungen, Gefühl des Ausgeschlossenseins, der Einsamkeit, Misstrauen, Wut … Im Hinblick auf Lebensqualität und Wohlfühlen alter Menschen sollten Pflegende daher immer deren Wahrnehmungssituation im Blick haben und adäquate Maßnahmen zur Förderung planen und umsetzen. Gleichgewicht ● Betroffen sind Tiefensensibilität, Gleichgewichtssinn – Gefahr von Stürzen. Hören ● Betroffen sind Wahrnehmen hoher Töne, Ausschalten von Hintergrundgeräuschen, Unterscheiden von Konsonanten … Intervention ● (lat. intervenire = eingreifen) bei Wahrnehmungseinschränkungen kann erfolgen durch ► Training oder ► Ersatzversorgung, bei entsprechender Indikation auch durch medizinische Eingriffe wie Augenoperationen usw. Kinästhetik ● Betroffen sind Bewegungskontrolle, Steuerung, Kraftdosierung … Reiz-volle Umgebung ● Die Umgebung alter Menschen sollte reizvoll gestaltet werden und dabei möglichst mehrere Sinnessysteme parallel ansprechen, ohne mit Reizen zu überfluten. Beispiele: Wer nicht nur verbal zum Frühstück aufgefordert wird, sondern gleichzeitig den Duft frischer Brötchen riecht, hat mehr Appetit und ver-

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Gerontologie – das Altern verstehen

steht die Information leichter. Ein Telefon, das nicht nur klingelt, sondern zusätzlich blinkt, wird besser wahrgenommen. Riechen ● Betroffen sind Erkennungsschwelle für Gerüche, Geruchsnuancen. Das beeinträchtigt den Appetit und schränkt Wahrnehmung von Gefahren (z. B. Brand) ein. Beispiele: Pflegeprodukte riechen lassen, auf Düfte in der Natur aufmerksam machen … Schmecken ● Betroffen sind Geschmacksnuancen, Appetit – auch in Kombination mit dem Riechen. Häufig beeinträchtigt die Einnahme von Medikamenten die Wahrnehmung in diesem Bereich. Sehen ● Betroffen sind Sehschärfe, Blendempfindlichkeit, Lichtbedarf, Farbwahrnehmung, Hell-Dunkel-Anpassung … Beispiele: Für angepasste Sehhilfen sorgen, auf ausreichende Beleuchtung achten … Snoezelen ● Spezielles, auf sinnliche Wahrnehmung und Erfahrung über den gesamten Körper ausgerichtetes Konzept. Harmonisch aufeinander abgestimmte, multisensorische Reize über ausgewählte Materialien wie Wasserbett, Leuchtmittel, Klänge, Düfte usw. lösen durch Selbstregulationsprozesse Wohlbefinden aus. Die Methode kommt ursprünglich aus der Behindertenarbeit in den Niederlanden und in Großbritannien, heute vielfach angewandt in der Altenpflege in Deutschland, vor allem für Menschen mit Demenz. Sozialverhalten ● Wer eingeschränkt ist in seiner Wahrnehmung, verändert in der Regel sein Verhalten. Häufig ziehen sich Betroffene zurück, isolieren sich, wenn sie nur noch eingeschränkt an der Welt um sie herum teilhaben können.

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Deshalb ist es wichtige Aufgabe von Pflegenden, im Alltag alter Menschen für ► reiz-volle Umgebung zu sorgen und auf Einschränkungen der Sinnessysteme angemessen zu reagieren. Tasten ● Betroffen sind Größe des Hirnareals (wird größer), Dichte und Funktion der Rezeptorzellen, Trainingsbedarf, feinmotorische Fertigkeiten … Negative Veränderungen sind häufig vaskulär, nicht alternsbedingt. Training  ● Kann als eine Form der Intervention Wahrnehmung beeinflussen. Dabei geht es zum einen allgemein um das Einüben von Achtsamkeit für gelasseneren Umgang mit den Anforderungen des Alltags. Zum anderen um zielgerichtetes Üben in den verschiedenen Sinnessystemen. Dies lässt sich in der sozialen Betreuung ebenso realisieren wie in der Pflege. Beispiele: Das taktile System trainieren, indem unterschiedliche Materialien ertastet werden oder bei der Körperpflege Informationen wie Zahlen oder Buchstaben mit dem Finger auf Rücken oder Handrücken „geschrieben“ werden. Besonders intensiv wird es, wenn die Wahrnehmung erschwert wird z. B. durch das Tragen von Handschuhen. In ähnlicher Weise lassen sich alle Systeme gezielt beeinflussen. Veränderungen, alternsbedingt ● Die meisten Sinnessysteme lassen in ihrer Funktionsfähigkeit mit zunehmendem Alter nach. Die Veränderungen sind individuell verschieden. So gibt es Hochaltrige, die noch ohne Hilfsmittel lesen können und andere, die bis zum Lebensende keine Hörhilfen benötigen. Doch bei vielen Menschen machen sich Einschränkungen bemerkbar, unabhängig von speziellen Erkrankungen. Negative Veränderungen bedeuten Verminderung der Lebensqualität und der Alltagsbewältigung, teils auch konkrete Gefahr. Daher sind in der Pflege Maßnahmen zum Erhalt, zum Training und – falls nötig – Ersatzversorgung oder medizinische Eingriffe erforderlich. Grundsätzlich kann sich veränderte, eingeschränkte Wahrnehmung äußern im ► Denken, ► Fühlen und ► Sozialverhalten.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Wahrnehmung, Einflussfaktoren ● Wahrnehmung funktioniert weitgehend automatisch. Sie wird jedoch beeinflusst von individuellen und sozialen Faktoren. Die Qualität und Ausprägung der Wahrnehmung ist u. a. abhängig von Umwelt, Lebensalter, Training, Aktivationsniveau und krankheitsbedingten Veränderungen.

Fehler und Täuschungen Ausdrucksdeutung ● Dabei werden Schlüsse aus der Körpersprache eines Menschen gezogen. In der täglichen Kommunikation ist es unerlässlich, Mimik und Gestik anderer zu deuten. Bei Vertrautheit der Beteiligten ist das kein Problem. Bei einander Unbekannten führt die Interpretation solcher Signale häufig zu Fehldeutungen und Missverständnissen. Erster Eindruck ● Auch Primär-Effekt. Der Volksmund bezeichnet ihn als prägend. Er bleibt hängen und hat mit Sympathie und Antipathie zu tun. In Bruchteilen von Sekunden zieht das Gehirn beim Kennenlernen neuer Menschen oder Situationen ein Resümee, gibt eine Bewertung ab, die stark durch subjektive Filter beeinflusst ist. „Das globale, undifferenzierte Gesamtbild, das man nach einem ersten Kontakt von einer Person hat. Der Wert des ersten Eindrucks ist jedoch begrenzt, da er in besonders hohem Maße auch den verzerrenden Einflüssen der Vorurteile, Erwartungen und der Wahrnehmungsselektivität unterliegt.“35 Fremdbild ● Beschreibt das Bild und die Beurteilung einer Person durch andere, teils auch bezeichnet als soziale Identität. Es ist veränderbar und wird von Erfahrungen, Einstellungen, ► Vorurteilen usw. beeinflusst und steht in einer Wechselbeziehung mit dem ► Selbstbild derselben Person. Halo-Effekt ● Auch als Hof-Effekt bekannt. Unbewusstes Phänomen. Beim Einschätzen einzelner Eigenschaften oder Merkmale einer Person

35 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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oder einer Situation ist der Gesamteindruck dominant, so dass andere Faktoren nicht mehr wahrgenommen werden. Beispiel: Eine insgesamt gute Schülerin zeigt bei einer mündlichen Prüfung schlechte Leistungen. Diese werden jedoch vergleichsweise gut bewertet, weil der sonst gute Eindruck die Wahrnehmung beeinträchtigt. Logische Fehler ● Hier wird von einer offensichtlichen Eigenschaft einer Person auf weitere Merkmale geschlossen. Anders als beim ► Halo-Effekt, erfolgt die Ableitung beim logischen Fehler bewusst. Eine Einschätzung erfolgt also auf der Basis von ► Vorurteilen. Beispiel: Wer gepflegt aussieht und lächelt, ist freundlich und kompetent. Selbstbild ●  Beschreibt die Vorstellung eines Menschen von sich selbst. Dazu gehört die Selbsteinschätzung einschließlich der Erwartungen und Wunschvorstellungen. Teils auch bezeichnet als Selbstkonzept oder personale Identität. Das Selbstbild ist veränderbar und wird beeinflusst durch ► Fremdbilder. Selbstbild – Fremdbild ● Dieses Phänomen beschreibt die zwei Seiten einer Medaille. Wie ein Mensch sich selbst sieht und wie andere dieselbe Person erleben und einschätzen, das stimmt nicht überein. Es gibt mehr oder minder große Überschneidungen, ist aber nie völlig deckungsgleich. Beide Bilder stehen in einer Wechselbeziehung; sie beeinflussen sich gegenseitig. Beispiel: In der Pflege ist dieses Prinzip wichtig, denn ein positives Fremdbild, das Mitarbeitende einem alten Menschen vermitteln, kann dazu beitragen, dessen negativ geprägtes Selbstbild zu verbessern. So können Senioren wieder Selbstvertrauen gewinnen, wenn Pflege- und Betreuungskräfte ihnen etwas zutrauen.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Selektive Wahrnehmung ● (lat. seligere = auswählen) Abhängig von Aufmerksamkeit und Interesse, wird nur ein Teil der umgebenden Reize wahrgenommen. Beispiel: Wer dringende Bedürfnisse verspürt oder unter starken Schmerzen leidet, dessen Gehirn hat aktuell keine Kapazitäten frei, um die Schönheiten der Natur beim Spaziergang wahrzunehmen. Stereotyp ● (gr. klischeehaft, feststehend, unveränderlich) Klischeehaftes Vorurteil, Denkschablone, die sich durch neue Erfahrungen nur schwer verändern lässt. Solche Verallgemeinerung drückt einer ganzen Personengruppe einen Stempel auf, der oft negativ ist, aber grundsätzlich auch wertneutral oder positiv sein kann. Beispiele: Alle blonden Frauen sind dumm. Alle Alten hören gern Volksmusik. Alle Pflegekräfte sind gute Menschen … Stigma ● (lat. stigma = Brandmal) Soziales Vorurteil, bei dem einer Person oder Personengruppe negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Typisch ist, dass von einem als negativ eingeschätzten Merkmal auf weitere negative Eigenschaften bei den Merkmaltragenden geschlossen wird. Beispiel: Wer eine Sprachstörung hat, ist gleichzeitig dement, gebrechlich, langsam … Sympathiefehler ● Sympathie und Antipathie sind menschlich und an sich noch keine Fehler. Führen sie jedoch dazu, dass jeweils nur ausgewählte Eigenschaften einer Person registriert werden, verfälschen sie die Wahrnehmung. An sympathischen Menschen weckt oft nur Positives, an unsympathischen eher Negatives die Aufmerksamkeit ihrer Betrachter. Das bedeutet, es wird nur ► selektiv wahrgenommen.

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WAHRNEHMUNG

Vorurteil ● Bewertung, basierend auf einer Vorannahme, die nicht in der Realität überprüft wurde. Der Lebensalltag erfordert ständig den Umgang mit wechselnden Menschen und Situationen. Gleichzeitig ist es unmöglich, sich jeweils umfassend zu informieren und einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Folglich benutzen wir ein System von Vorannahmen und Bewertungskategorien, die schnelles Orientieren und Handeln erlauben. Vorurteile sind also im Alltag durchaus hilfreich und notwendig, können sogar Schutzfunktion haben, sollten jedoch nicht zu starren Haltungen führen, sondern in der Realität überprüft werden. So kann durch persönliche Erfahrung aus einem Vorurteil ein Urteil werden. Es gibt zwei Arten von Vorurteilen – das ► Stereotyp und das ► Stigma. Wahrnehmungsfehler ● Eine Vielzahl unterschiedlicher Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler bestimmt das Bild, das ein Individuum von anderen Menschen oder Personengruppen hat. Nicht die tatsächlich beobachtbaren Verhaltensweisen und Eigenschaften werden wahrgenommen, sondern quasi ein Zerrbild, eine subjektive Einschätzung, geprägt von individuellen und sozialen ► Einflüssen. Wahrnehmungsstörung ● „Zu Wahrnehmungsstörungen führen Erkrankungen der betreffenden Sinnesorgane, der Nervenbahnen, der zugehörigen Hirnabschnitte und auch der zentralnervösen Verarbeitungsstrukturen. Störungen der Wahrnehmungsverarbeitung können sich als Wahrnehmungsanomalien (z. B. veränderte Farbwahrnehmung), Halluzinationen oder illusionäre Verkennungen äußern und finden sich u. a. bei organisch bedingten psychischen Störungen, Schizophrenie und psychotischen Störungen.“36 Wahrnehmungstäuschung ● Fehlerhafte Wahrnehmungen, die entweder durch Fehlinterpretation von Sinnesmeldungen erfolgen oder als Formen eingebildeter Wahrnehmungen zustande kommen. 36 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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Gerontologie – das Altern verstehen

„Anschaulicher Sinneseindruck, der nicht mit den objektiven Gegebenheiten übereinstimmt; Wahrnehmungstäuschungen betreffen nicht nur die Sinneswahrnehmungen, sondern auch Zeit und soziale Wahrnehmung. Sie bestehen in ‚Neuschöpfungen‘ (Halluzination), Hinzufügungen (Ergänzungen, Verdopplungen, Bewegungen), Vertauschungen oder Veränderungen (vor allem geometrische, optische Täuschungen).“37

37 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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DEVIANZ Abweichendes Verhalten Altern bedeutet auch Auseinandersetzen mit Veränderungen. Es ist eine Entwicklungsaufgabe, die der Mensch bis zum Tod behält. Diese Veränderungen treten im körperlichen Bereich ebenso auf wie im geistig-seelischen und im sozialen. In all diesen Feldern entstehen unterschiedliche Herausforderungen und Krisen, die Menschen im Lauf ihres Lebens zu bewältigen haben. Damit umzugehen, gelingt den einzelnen mit mehr oder weniger Erfolg und nicht immer gleichermaßen in den verschiedenen Lebensbereichen. Möglichkeiten der Konflikt- und Krisenbewältigung reichen von Kämpfen über Rückzug (und damit Verzicht), Anpassen (also Nachgeben), Kompromisse bis hin zu echten Problemlösungen. Die Fähigkeit zur Lebensbewältigung ist individuell verschieden. Die Mehrheit der Menschen findet ihren Weg, schafft es sich so zu verhalten, dass sie nicht auffällt und sich an Werte und Normen der Gesellschaft hält. Sie verhält sich normal. Die Einschätzung, was normal ist, weicht jedoch in unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen und Kulturen ebenso stark voneinander ab wie in verschiedenen Epochen. Der Zeitgeist mit seinen Moralvorstellungen spielt dabei eine wesentliche Rolle. Gelingt es einem Menschen nicht, sich an geltende Normen anzupassen, verhält er sich abweichend. Es wird auch von so genanntem deviantem (lat. devius = vom Wege abliegend, entlegen) Verhalten gesprochen.

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DEVIANZ

Lernziele Wissen, dass abweichendes Verhalten –– in allen Generationen vorkommt. –– verschiedene Erscheinungsformen hat. –– immer auch eine Frage der Betrachtung, des individuellen Standpunkts ist. –– individuelle und gesellschaftliche Ursachen hat. –– manchmal von speziell dafür ausgebildeten Profis begleitet werden muss. Verstehen und sich bewusst machen, dass –– herausforderndes Verhalten alter Menschen ein Ausdruck von Schwierigkeiten im Umgang mit der eigenen Lebenssituation ist. –– die Bewertung eines Verhaltens als normal oder deviant auch vom Betrachter abhängig ist. –– der Umgang mit Abhängigkeiten verschiedener Art zum Arbeitsalltag in der Pflege gehört. –– die Suizidgefahr gerade bei hochaltrigen Menschen hoch ist.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Im Arbeitsalltag –– eigene Einstellungen überprüfen hinsichtlich vorhandener Moralvorstellungen und Vorurteile. –– Herausforderungen und Lebensaufgaben alter Menschen erkennen. –– Verhaltensauffälligkeiten alter Menschen beobachten. –– Anzeichen für Gefährdung von pflegebedürftigen Personen erkennen. –– Informationen sammeln, welche Einrichtungen und Experten in der eigenen Region fachkundige Unterstützung beim Umgang mit Betroffenen geben können.

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Vorkommen

Umgang

Suizid

WeitereWeitere Erscheinungsformen Erscheinungsformen

Devianz Devianz

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Gefährdungsanzeichen

Verhaltensauffälligkeiten

Gewalt

Kriminalität Beispiele

Ursachen & Auslöser

Abhängigkeiten Abhängigkeiten

Rehabilitation

Stoffungebunden

Stoffgebunden

Abweichendes Abweichendes Verhalten Verhalten in der Gesellschaft in der Gesellschaft

Hintergründe Hintergründe

Definition

Sanktionen

Verhaltenserwartungen

Altersrollen

DEVIANZ

Themenübersicht



Gerontologie – das Altern verstehen

Hintergründe Abnormität ● Meint jede Form von Abweichungen vom Normalen, Verletzen von sozialen Regeln und Tabus. Ausdrucksformen  ● Devianz kann sich sehr unterschiedlich äußern, abhängig von individuellem Verhalten, Umfeld und Erwartungen der umgebenden Gesellschaft. Was häufig als abweichendes Verhalten eingeschätzt wird, liegt z. B. in Bereichen von Abhängigkeiten, Kriminalität, Gewalt, Suizid, Sexualität, Wohnungslosigkeit usw. Auch Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder Demenz werden oft von ihrem Umfeld als deviant eingestuft. Devianz ● (lat. deviare = vom Weg abgehen) Bezeichnet in der Soziologie Verhalten, das gesellschaftlichen Regeln und Erwartungen widerspricht, in Qualität oder Quantität von der üblichen Norm abweicht. „Dabei spielen z. B. kulturelle, weltanschauliche, schicht- und bildungsspezifische, geschlechtsrollenbezogene oder religiöse Ansichten sowie das Alter und das soziale Umfeld der wertenden wie der gewerteten Person eine wichtige Rolle.“38 Es handelt sich immer um ein Missverhältnis zwischen Erwartungen der Umwelt und individuellem Verhalten. Die Einschätzung, was deviant ist, ist immer subjektiv! Unterschieden wird eine ► primäre und eine ► sekundäre Form. Devianz, primär ● (lat. primus = der Erste) Beschreibt ein einmaliges Überschreiten gesellschaftlicher Regeln und Grenzen. Gewöhnlich bleiben langfristige Folgen für das Individuum und sein gesellschaftliches Ansehen aus. Devianz, sekundär ● (lat. secundus = der Zweite) Dabei werden Verhaltensauffälligkeiten wiederholt und entwickeln sich zum vorherrschenden

38 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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Lebensstil. So grenzt sich eine einzelne Person oder eine Gruppe vom Rest der Gesellschaft ab. Devianz, Ursachen ● Abweichendes und normales Verhalten bedingen sich wechselseitig. Verändert sich ein Bereich, hat das automatisch Auswirkungen auf den anderen. Da sich soziale Normen kontinuierlich verändern und gleichzeitig abhängig sind von kulturellen Zusammenhängen, sind allgemeingültige Aussagen zu Ursachen von Devianz kaum möglich. Grundsätzlich gibt es individuelle Ursachen, wie die Unfähigkeit, die Herausforderungen des eigenen Lebens zu bewältigen und mit alternsbedingten Veränderungen im physischen, psychischen und sozialen Bereich umzugehen. Gleichzeitig sind soziale Ursachen wie ► Stigmatisierung und Etikettierung bzw. ► Labeling. Etikettierung ● ► Labeling. Labeling ● Dieser auch als Etikettierung bezeichnete Denkansatz der Sozialpsychologie geht davon aus, dass ► Devianz nicht durch ein bestimmtes Verhalten an sich entsteht, sondern durch dessen Bewertung von Seiten der Gesellschaft oder einzelner Mitmenschen. Diese versehen ein Individuum oder eine Personengruppe quasi mit einem negativen Etikett, das sie als Abweichler kennzeichnet. Die betroffene Person übernimmt nach diesem Denkkonzept die zugeschriebenen Eigenschaften in ihr ► Selbstbild und verhält sich entsprechend. Normalität ● Beschreibt, was der Norm entspricht, was üblich ist. Stigmatisierung ● „Zuschreibung eines ► Stigmas, das eine Person – orientiert an den herrschenden gesellschaftlichen oder Gruppennormen – als nicht der Gruppe zugehörig ausweist. Insofern ist Stigmatisation ein Versuch der Gesellschaft/Gruppe, ‚Fremdes‘ (oft als ‚Bedrohung‘ Wahrgenommenes) aus ihrer Mitte auszuschließen. Beispiele für Stigmatisation

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Gerontologie – das Altern verstehen

sind die in der Gesellschaft tradierten Vorurteile oder Vorbehalte gegenüber Angehörigen sogenannter Randgruppen …“39 Beispiele: Alte Menschen, die ihren Haushalt nicht mehr versorgen (können) und in Verwahrlosung leben; Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen; Senioren mit sehr niedrigen Renten unterhalb des Existenzminimums ...

Abweichendes Verhalten in der Gesellschaft Akzeptanz ● Genuss- und Rauschmittel spielen überall auf der Welt eine bedeutende Rolle. Klassische legale und sozial akzeptierte Drogen in Europa sind Alkohol, Nikotin und Medikamente. Sie zu konsumieren, ist nicht nur erlaubt, sondern gehört in manchen Gruppierungen sogar zum guten Ton. Ganz selbstverständlich wird entsprechendes Rollenverhalten erlernt. Diese Mittel sind außerdem leicht zu beschaffen. Das alles begünstigt den Übergang vom ► Genuss zu ► Missbrauch und ► Abhängigkeit und erleichtert den Einstieg in den Gebrauch illegaler Drogen. Altersrollen ● Eine Rolle beschreibt die Erwartungen an das soziale Verhalten eines Menschen in bestimmten gesellschaftlichen Zusammenhängen. Im Lauf des Lebens lernen Menschen, verschiedene Rollen zu spielen. Die Gesellschaft verbindet nicht nur mit Familien- oder Berufsrollen bestimmte Erwartungen, sondern auch mit dem Geschlecht und mit dem Lebensalter. In beiden Fällen verändern sich die Vorstellungen mit dem Wandel des Zeitgeists. Beispiele: Noch vor Jahrzehnten war es beinahe undenkbar, dass eine Frau allein in ein Restaurant zum Essen ging. Ebenso war es noch Ende des vorigen Jahrhunderts unvorstellbar, dass hochaltrige Menschen ins Fitnessstudio gingen oder gar Extremsportarten betrieben. Beides ist heute Normalität. 39 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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DEVIANZ

Deviantes Verhalten tritt in allen Generationen und unabhängig von Geschlecht oder sozialem Status auf. So betrügen, stehlen oder töten auch alte Menschen. Außenseiter ● Auch als „Lifetime persisters“ bezeichnet, meint dieser Begriff Menschen, die schon ein Leben lang eine Karriere als Außenseiter aufgebaut und sich wenig oder gar nicht um Etikette gekümmert haben. Gesellschaftliche Normen zu missachten, gehörte für sie zum Alltag, teils als Aussteiger in aller Stille, teils bewusst, um zu provozieren und so Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Vielfalt der Lebensläufe und die Langlebigkeit von Personengruppen, die noch vor Jahrzehnten das Seniorenalter gar nicht erreichten, führt dazu, dass zunehmend alte Menschen im Bereich der Kriminalität nicht nur Opfer, sondern auch Täter sind. Lebensformen ● Lebensformen und -stile verändern sich und waren unter alten Menschen noch nie so vielfältig wie heute. Was im höheren Alter als normal gilt und was tabuisiert oder als deviant bezeichnet wird, ist entsprechend ebenfalls einem Wandel unterlegen. Beispiel: Homosexualität war in Deutschland lange Zeit strafbar. Nach verschiedenen Reformen des § 175 StGB wurde dieser erst 1994 endgültig und ersatzlos aufgehoben. Neue ► Altersbilder sind von zunehmender Heterogenität (griech. heteros = Verschiedenartigkeit) der Biografien gekennzeichnet. Da wird es immer schwieriger, zwischen Normalität und Devianz zu unterscheiden. Reaktionen ● Reaktionen der Gesellschaft auf Devianz können von Tolerieren bis Bestrafen reichen. Grenzen sind dabei fließend und nicht immer eindeutig. So wird z. B. bei so genannter Bagatellkriminalität meist eher mit Verständnis reagiert als bei schwerer Gewaltkriminalität. Was jedoch als Bagatelle eingestuft wird, ist dem Wertewandel und subjektiver Einschätzung unterworfen.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Bespiele: Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Steuerhinterziehung. Oder der Rentner, der seine an Demenz leidende Frau, nachdem er sie zehn Jahre lang gepflegt hat, schließlich mit einem Kissen erstickt. Die Rechtslage ist eindeutig, die Einschätzung durch Gesellschaft oder einzelne Gruppen nicht immer. Sanktion ● (lat. sanctio = Strafbestimmung) Abweichendes Verhalten wird auf unterschiedliche Weise geahndet. Bei pflegebedürftigen, alten Menschen sind es nicht in erster Linie gesetzliche Möglichkeiten, die zum Einsatz kommen. Andere, subtile Formen wie Isolation und Ausgrenzung, Auslachen, Schweigen usw. werden häufig angewandt. Je nach Situation können – natürlich im Rahmen der entsprechenden Vorschriften – sedierende Medikamente oder Fixierungen die Antwort auf deviantes Verhalten sein. Beispiel: Eine Bewohnerin ruft über lange Zeiträume wiederholt „Hilfe“. Statt ihr Zuwendung zu geben, erhält sie die sedierende Bedarfsmedikation. Soziale Kontrolle ● Instanzen sozialer Kontrolle können nur einsetzen, wenn der Mensch in ein Netz sozialer Beziehungen eingebunden ist. Das ist z. B. der Fall, wenn ein alter Mensch in einer Einrichtung lebt. Mitbewohner und Mitarbeitende üben hier die Kontrolle aus, beobachten und überwachen das Verhalten rund um die Uhr. Zusätzlich schränken teils rigide Regeln und Tagesstrukturen individuelle Gestaltungsspielräume massiv ein und lösen häufig so erst das abweichende Verhalten aus. Je nach Einschätzung der Mitmenschen erfolgt bei Verstoß gegen das, was als normal empfunden wird, eine ► Sanktion. Beispiel: Eine Bewohnerin trägt ihre Unterwäsche über der Oberbekleidung, läuft in zwei verschiedenen Schuhen herum und isst mit den Fingern. Lebt sie auf einem gerontopsychiatrischen Wohnbereich, wird kaum jemand dieses Verhalten ungewöhnlich finden. Lebt dieselbe alte Dame

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DEVIANZ

in einer „normalen“ Pflegeeinrichtung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Mitbewohner, Angehörige oder Mitarbeitende Anstoß daran nehmen und sie ausgrenzen. Späteinsteiger ● Diese Gruppe von Menschen wird erst im höheren Lebensalter auffällig, weil sie bestimmte Erwartungen nicht erfüllen. Häufig sind es Brüche im Lebenslauf, die Betroffene in die Außenseiterposition bringen: Altersarmut, Wohnungslosigkeit, Erkrankungen usw. Störung ● Wann sich Mitmenschen durch das Verhalten einer Person gestört fühlen, ist von individueller Einschätzung abhängig. Stören die Tischmanieren beim gemeinschaftlichen Essen oder stört der Bewohner, der sich in seiner Desorientierung nachts in die Betten seiner Zimmernachbarn legt? So müssen Pflegende immer wieder ihre eigene Haltung prüfen: Warum stört mich das Verhalten eines alten Menschen? Wer das nicht regelmäßig klärt, läuft Gefahr, die Betreffenden abzulehnen und daraus Ungleichbehandlung und Diskriminierung folgen zu lassen.

Abhängigkeiten Abhängigkeit ● Dieser Begriff wurde Mitte der 1980er-Jahre von der WHO anstelle des Begriffs ► Sucht eingeführt, um mehr Klarheit und Einheitlichkeit in den Sprachgebrauch rund um die Sucht-Thematik zu bringen. Unterschieden wird zwischen psychischer und physischer sowie zwischen ► stoffgebundener und ► stoffungebundener Abhängigkeit. Es besteht chronische, zwanghafte Bindung an das Suchtmittel. Nichtkonsum führt zu Entzugserscheinungen, zum Kontrollverlust. Alkohol ● wird in allen Altersgruppen konsumiert. Mäßiger Alkoholgenuss schadet auch im höheren Alter nicht. Zu bedenken ist jedoch, dass sich mit zunehmendem Alter der Abbauprozess verlangsamt. Niemand muss im Alter abstinent leben, doch die Menge sollte den Veränderungen angepasst werden.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Alkoholabhängigkeit ● produziert sich oft schleichend und wird vielfach nicht bemerkt. Symptome ähneln teils denen einer Demenz und werden daher häufig nicht erkannt. Beispiel: Eine alte Dame spricht undeutlich, vergisst viel, stürzt. Da ist Alkohol als Ursache nicht zwingend die erste Idee … Symptome alkoholbedingter Erkrankungen sind u. a. Schwindel, Stürze, Stimmungsschwankungen, Apathie, kognitive Defizite, Tremor, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsverlust, Durchfall, Inkontinenz, Schlafstörungen. Konsequenzen sind erhöhter Versorgungsbedarf und verfrühtes Heimeintrittsalter. Alkoholmenge ● Welche Menge an Alkohol als risikoarm oder als riskant eingestuft wird, ist abhängig von Geschlecht und Lebensalter. Verschiedene Organisationen geben dazu in Nuancen voneinander abweichende Empfehlungen. Übereinstimmend raten sie jedoch: Versteckten Alkohol in Stärkungsmitteln etc. beachten, regelmäßig alkoholfreie Tage einhalten, Wechselwirkungen mit Medikamenten berücksichtigen. Droge ● „Sammelbezeichnung für Präparate pflanzlichen, tierischen und mineralischen Ursprungs, die getrocknet oder anderweitig konserviert in den Handel kommen und als Heilmittel […], Stimulanzien oder Gewürze Verwendung finden (z. B. Kräuter, Blüten, Samen, Wurzeln, Pilze, Rinden, Harze, Balsame). Außerdem wird der Begriff Drogen inzwischen auch häufig im Sinne von englisch drug (Arzneimittel) oder aber im Sinne von Rauschdrogen, Suchtdrogen (Rauschgifte) verwendet. Dabei unterscheidet man ‚weiche‘ und ‚harte‘ (Sucht-)Drogen, allerdings sind die Begriffe fließend. Weiche Drogen, z. B. Haschisch, sind weniger gefährlich, harte Drogen, z. B. Kokain oder Heroin, führen zu Abhängigkeit und längerfristig zum Persönlichkeitsverfall.“40

40 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020

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Genuss ● Gilt, wenn die betreffende Substanz nicht benötigt, aber deren Gebrauch als angenehm empfunden wird. Beispiel: Einen Abend bei Kerzenschein, einem guten Buch und einem Glas Wein genießen. Gewöhnung ● Physische oder psychische Bindung an eine Substanz. Beispiel: Eine Zigarette begleitet automatisch bestimmte Situationen – einfach zum Abschalten. Illegale Drogen ● Dazu gehören Substanzen wie Kokain, Heroin, Cannabis, Amphetamine und synthetische Drogen wie Ecstasy, Crystal Meth … Einige Stoffe können in Arzneimitteln enthalten sein, unterliegen aber in jedem Fall den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Legale Drogen ● Dazu gehören Nikotin, Alkohol, Medikamente und Substanzen wie Gas, Kleber, Lösungsmittel usw., die zwar frei verkäuflich sind, aber dennoch missbraucht werden und gesundheitliche Schäden verursachen können. Medikamente ● Wegen zunehmender Multimorbidität (lat. multi = viele, morbus = Krankheit) im Rentenalter nehmen immer mehr Menschen mehr als fünf Medikamente pro Tag. Bei im Alter verändertem Stoffwechsel ist die Wirkung der Präparate oft nicht die gleiche wie in früheren Lebensabschnitten. Probleme sind häufig Wechselwirkungen, nicht angepasste Dosierung, nicht abgesetzte Präparate nach Ende der Beschwerden, Verordnung durch unterschiedliche Ärzte, frei verkäufliche und selbst „verordnete“ Medikamente …

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Gerontologie – das Altern verstehen

Medikamentenabhängigkeit ● Eine unauffällige Form der Abhängigkeit mit hoher Dunkelziffer. Betroffen sind mehr Frauen als Männer. Bei keiner anderen Substanz ist es so schwierig, eine Abgrenzung zwischen Gebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit vorzunehmen. Rund fünf Prozent aller häufig verordneten Arzneimittel besitzen eigenes Suchtpotenzial. Dazu gehören vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel, opiathaltige Schmerzmittel und Psychopharmaka. Schon wenige Wochen nach Einnahmebeginn kann sich eine Abhängigkeit entwickeln, bei der oft als Entzugserscheinung die gleichen Beschwerden auftreten, wegen der das Medikament verordnet wurde. Oft wird dann das Präparat weiter verordnet, weil die Symptome nicht als Entzugserscheinungen erkannt werden. Bei bestimmten Erkrankungen, z. B. bei Tumorerkrankungen, wird jedoch das Ziel der Schmerzlinderung als wichtiger angesehen und daher die Gefahr der Abhängigkeit zurückgestellt. Missbrauch ● Qualitativ oder quantitativ schädliche Verwendung einer Substanz. Beispiel: Größere Menge Alkohol trinken und anschließend Auto fahren. Stoffgebundene Abhängigkeit ● Beschreibt die Abhängigkeit von bestimmten Substanzen, die aus pflanzlichen oder chemischen Grundstoffen gewonnen werden. Diese wirken auf das physische und/oder psychische Befinden des Menschen ein. Sie verursachen die Ausschüttung von Glückshormonen, die in die Gewöhnung und schließlich in die Abhängigkeit und zum Kontrollverlust führen. Das trifft nicht nur auf Stoffe wie Heroin oder Kokain und synthetische ► Drogen zu, sondern ebenso auf legale Stoffe wie Alkohol, Nikotin oder Medikamente. Stoffungebundene Abhängigkeit ● Beschreibt exzessive Verhaltensweisen. Ähnlich wie bei ► stoffgebundener Abhängigkeit werden Betroffene durch Ausschüttung von Hormonen in einen Rauschzustand versetzt und können dann ihr Verhalten nicht mehr kontrollieren. Beispiele sind

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verschiedene Arten von Essstörungen, Arbeits-, Spiel-, Kauf-, Sex-, Fernsehoder Internetsucht. Sucht ● „Unabweisbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand; diesem Bedürfnis werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung der Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und Chancen eines Individuums. Die Kontrolle über den Gebrauch von Suchtmitteln oder süchtige Verhaltensweisen ist herabgesetzt oder überhaupt nicht mehr vorhanden, und das Suchtmittel wird auch dann noch missbraucht, wenn sich negative Auswirkungen wie körperliche, psychische oder soziale Beeinträchtigungen zeigen.“ 41 Die WHO42 ersetzt den Begriff weitgehend durch ► Abhängigkeit. Suchtberatung ● Sollten Pflegende in Anspruch nehmen, wenn sie mit Betroffenen umgehen. Das gilt auch, wenn Kolleginnen betroffen sind. Beratungsstellen sind flächendeckend in Deutschland vorhanden und bei verschiedenen Institutionen angesiedelt wie Wohlfahrtsverbänden oder kommunalen Trägern. Suchtrehabilitation ● Auch als Entzug oder Entwöhnung bezeichnet. Erfolgt bei Abhängigkeitserkrankungen als so genannter ‚Qualifizierter Entzug‘ in Kooperation verschiedener Partnerorganisationen in der Regel in Fachkliniken. Umgang mit Abgängigkeit ● Im Umgang mit alten Menschen sollten Pflegende grundsätzlich die Möglichkeit und die Gefahr von Abhängigkeiten im Kopf haben und in ihr tägliches Handeln einbeziehen. Das bedeutet z. B. darauf zu achten, dass –– Arzneimittel tatsächlich der ärztlichen Verordnung entsprechend verabreicht oder von Betroffenen selbstständig eingenommen werden,

41 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020 42 WHO = World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation

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Gerontologie – das Altern verstehen

–– Hausärzte einen kompletten Überblick über eingenommene Präparate haben, –– ärztliche Medikamentenverordnungen regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, –– bei auftretenden Symptomen wie Sturzhäufigkeit etc. nicht nur an Erkrankungen oder demenzielle Entwicklungen, sondern auch an mögliche Abhängigkeiten gedacht wird, –– …

Suizid Krisenintervention ● (lat. intervenire = eingreifen) Im Fall einer Suizidgefährdung sollten Pflegende –– Ankündigungen ernst nehmen. Die verbreitete Behauptung, dass Menschen, die über Selbsttötung sprechen, sich nichts antun, ist FALSCH! –– die eigene moralische Haltung zum Suizid prüfen. –– akzeptieren, dass die Situation für Betroffene ausweglos erscheint. –– auf Verlangen, einzige Bezugsperson zu sein nicht eingehen! –– Thema im Team besprechen. –– professionelle Unterstützung (Ärzte, Theologen, Psychologen usw., oft in Kombination mit ausgebildeten Laien) vermitteln. Präsuizidales Syndrom ● (lat. prae = vor) Viele Suizidale durchlaufen vor ihrem Suizidversuch typische Entwicklungsphasen, auch als präsuizidales Syndrom bezeichnet: –– Einengung: Interessen und Gedanken kreisen um ein einziges Thema, die als ausweglos gesehene eigene Lebenssituation; soziale Kontakte werden eingeschränkt; –– Aggressionshemmung: Aggressionen gegen andere werden nicht mehr oder nur noch versteckt geäußert, nur noch in Form von Schuldgefühlen gegen sich selbst gerichtet;

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–– Flucht in Fantasien: eigener Tod, Beerdigung, Trauer der Angehörigen etc. prägen die Gedanken; –– Konkrete Planung und Vorbereitung: es erfolgt die detaillierte organisatorische Vorbereitung wie Tabletten-Sammeln etc.; –– Ruhe vor dem Sturm: fast entspannte Ruhe und Leichtigkeit. Suizid ● (lat. sui = sich selbst, caedes = das Töten) Auch bezeichnet als Selbsttötung oder Freitod. Die Beendigung des eigenen Lebens kann durch Ausführen einer bestimmten Handlung geschehen, aber auch passiv durch Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen. Die umgangssprachliche Bezeichnung „Selbstmord“ wird von Experten abgelehnt, zumal wesentliche Aspekte des Mordes wie niedrige Beweggründe oder Heimtücke fehlen. Suizidhäufigkeit ● Jährlich nehmen sich in Deutschland rund 10.000 Menschen das Leben, etwa 150.000 unternehmen einen Versuch. Das sind mehr Tode als durch Verkehrsunfälle, Mord, Totschlag, illegale Drogen und Aids zusammen. Über alle Altersgruppen hinweg begehen Männer signifikant häufiger Suizid als Frauen, insgesamt ist die Rate fast dreimal so hoch. Das statistische Durchschnittsalter von Männern liegt beim Freitod bei 58,4 und bei Frauen bei 57 Jahren. Die Suizidrate steigt mit dem Alter und nimmt bei Männern ab dem 60. Lebensjahr erheblich zu. Suizidhinweise ● Anzeichen für Suizidgefahr sind u. a. –– massive Angst und Panikattacken, –– Depressionen, –– frischer Verlust einer wichtigen Bezugsperson, –– geäußerte Gefühle von Hoffnungs-, Hilfs- und Wertlosigkeit, –– Schlafstörungen, –– Unfähigkeit zur Freude, –– chronische und kontinuierlich sich verschlimmernde Erkrankung, –– Unfähigkeit, alltäglichen Verpflichtungen nachzukommen, –– plötzlich auftretendes impulsives Verhalten,

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Gerontologie – das Altern verstehen

–– frische Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung, –– Abschied nehmen, Angelegenheiten ordnen. Suizidmethoden ● Unter den Methoden dominieren Erhängen, Strangulieren und Ersticken. Der am häufigsten ausgewählte Ort für Suizide ist die eigene Wohnung. Männer bevorzugen eher radikale Formen wie Erhängen, Erschießen, Sprünge aus großer Höhe usw., während Frauen meist weiche Methoden wie Vergiften wählen. Suizidursachen und -motive ● Über Suizid zu sprechen, ist noch immer ein Tabu. Daher können die Ursachen bisher nur vermutet, aber nicht exakt hergeleitet werden. Bekannte Ursachen und Motive für Alterssuizid lassen sich so zusammenfassen: –– Einsamkeit und Isolation, –– Belastungen im zwischenmenschlichen Bereich, –– schwere chronische und unheilbare körperliche Erkrankungen, –– psychische Erkrankungen.

Weitere Erscheinungsformen Alterskriminalität ● Dazu werden in der Regel Straftaten von über 60-Jährigen, gelegentlich von über 65-Jährigen gezählt. Diese Altersgruppen weisen im Vergleich mit allen Altersgruppen die geringste Kriminalitätsbelastung auf. Experten erklären sich diese Tatsache mit geistiger Reife, innerer Zufriedenheit, nachlassender Abenteuerlust, verringerter Körperkraft und Wegfall von Gruppeneinflüssen. Gleichzeitig wird vermutet, dass eine geringe Anzeigebereitschaft gegenüber alten Menschen besteht, zumal es sich selten um schwere Delikte handelt. Alterskriminalität, Arten ● Alterskriminalität ist in der Regel kein Armutsdelikt. In der Statistik tauchen auf: Diebstahl, Beleidigungen, Betrug, fahrlässige Körperverletzung, Umweltdelikte und Brandstiftung …

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Gewalt ● Wird definiert als physische, psychische oder soziale Einflussnahme auf eine Person, um gegen deren Willen oder Bedürfnis ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Was genau Gewalt ist, hängt auch von subjektivem Empfinden ab. Dabei spielen gesellschaftliche und kulturelle Normen eine große Rolle. Gewalt gegenüber Pflegebedürftigen steht in engem Zusammenhang mit Überforderung und Hilflosigkeit, unabhängig davon, ob es sich um beruflich Pflegende oder um Privatpersonen wie Angehörige handelt. Doch nicht nur von ihnen kann Gewalt ausgehen, auch Konstellationen von Gewalt Pflegebedürftiger untereinander oder Pflegebedürftiger gegen Pflegende ist möglich. Außerdem gibt es richterlich genehmigte Gewalt in Form freiheitsentziehender Maßnahmen. Gewalt, Ausdrucksformen ● Gewalt ist von außen nicht immer sichtbar. Sie beginnt häufig unauffällig. Die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege43 unterscheidet fünf Formen von Gewalt in der Pflege: –– körperliche Gewalt, –– psychische Gewalt, –– Vernachlässigung, –– finanzielle Ausnutzung, –– intime Übergriffe. Gewalt, Dimensionen ● Johan Galtung44 beschreibt drei Dimensionen von Gewalt, die miteinander in Wechselwirkung stehen: ► strukturelle, ► kulturelle und ► personelle Gewalt. Gewaltprävention ● Beste Prävention gegen Gewalt ist professionelle Pflege durch qualifizierte Mitarbeitende. Sie stellt bei Pflegeplanung, -durchführung und -dokumentation die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt. Dazu gehören u. a. 43 Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP), Gemeinnütziges Wissensinstitut, https:// www.zqp.de 44 Johan GALTUNG (*1930), norwegischer Soziologe, Politologe, Mathematiker und Friedensforscher

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Gerontologie – das Altern verstehen

–– gut ausgebildete Pflegefachkräfte, –– gründlich angeleitete Hilfskräfte, –– Krisentraining mit Supervision, –– wertschätzender Führungsstil, –– angemessenes Beschwerdemanagement … Gewaltspirale ● Ist die schrittweise Steigerung von Gewalttägigkeiten. Herausforderndes Verhalten ● bezeichnet Verhaltensprobleme, die im Umgang mit von Demenz betroffenen Menschen vorkommen. Solche Verhaltensweisen stellen besondere Anforderungen an die Menschen in der Umgebung, an die Pflegenden. Konkret sind das z. B. –– ruheloses Umhergehen, –– Rufen, Schreien, Klammern …, –– sexuelle Enthemmung, –– Nutzen fremden Eigentums, –– unkontrolliertes Essverhalten, –– unkontrollierter Umgang mit Ausscheidungen, –– Wahnvorstellungen, –– Apathie, –– Agitation, –– Angriffe und Drohen – verbal und körperlich … Solches Verhalten wird verstanden als Reaktion der Person auf eine zunehmend als bedrohlich erlebte Umwelt, in der es ihr nicht mehr gelingt, sich angemessen verständlich zu machen und Kontakt mit Mitmenschen aufzunehmen. Eine Möglichkeit, solches Verhalten zu beantworten ist die Validation.45

45 Siehe dazu z. B. Naomi FEIL | Vicky de KLERK-RUBIN (2017): Validation. Ein Weg zum Verständnis verwirrter alter Menschen. Ein modifiziertes Konzept, Integratives Validierendes Arbeiten (IVA)®, wurde entwickelt von Nicole RICHARD (1957-2014)

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Kulturelle Gewalt ● Entsteht beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher kultureller Hintergründe, wenn Mitarbeitende voneinander abweichende Prägungen erfahren haben hinsichtlich religiöser Überzeugungen, Respekt vor dem Alter, Geschlechterrollen usw. Personelle Gewalt ● Liegt in der Persönlichkeit und den Beziehungen zwischen Handelnden. Dabei geht es um aktuelle Gewaltausübung, z. B. in Form von Demütigen, Vernachlässigen, Beleidigen bis hin zu körperlicher Gewaltausübung. Straftäter ● Ältere Straftäter sind überwiegend Männer. Sie kommen mehrheitlich aus der Mitte der Gesellschaft, sind eher sozial gut integriert und finanziell abgesichert. Strukturelle Gewalt ● Wird als prozesshaft beschrieben. Ursachen der Gewalt liegen in den Strukturen einer Organisation, z. B. unzureichender Personalschlüssel, schlechte Arbeitsbedingungen, mangelhafte Qualifikation der Mitarbeitenden, hoher Konkurrenzdruck usw. Verwahrlosung ● Sammelbegriff für unterschiedliche Formen des Abgleitens in einen ungeordneten, chaotischen Lebenszustand. Ausdruck von Individualität, Persönlichkeit und Originalität oder menschenunwürdiger Verfall und Elend? Die Grenzen sind oft fließend. Mitarbeitende ambulanter Dienste erleben häufig solche Szenarien, bei denen Senioren ihren Alltag nicht mehr bewältigen können. Sie vernachlässigen sich selbst und ihre Umgebung. Beispiel: Frau X sitzt in ihrer Wohnung mit zerzausten Haaren und fleckiger Kleidung apathisch im Sessel, neben sich einen Teller mit Essensresten. Im Schlafzimmer liegt überall benutztes Inkontinenzmaterial und das Bettzeug riecht unangenehm, in der Badewanne türmt sich schmutzige Wäsche, in der Küche stapelt sich dreckiges Geschirr und die Lebensmittel im Kühlschrank sind verdorben.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Verwahrlosung, Umgang ● Der Umgang mit in Verwahrlosung lebenden Senioren ist für Pflegende eine Herausforderung. Eine kritische Einschätzung, was als alternativer Lebensstil und was als Verwahrlosung zu betrachten ist, ist nötig. Absprache im Team ist erforderlich, um zu klären, was Mitarbeitenden und/oder Mitbewohnern im Haus zuzumuten ist und wie für betroffene Senioren wieder eine menschenwürdige Lebenssituation geschaffen werden kann. Abhängig von Situation und Stadium der Verwahrlosung sind weitere Partner einzubeziehen (Angehörige, Ärzte, Nachbarschaftshilfe, Sozialamt, Pflegestützpunkt …). Verwahrlosung, Ursachen ● Betroffen sind meist Alleinlebende. Die Ursachen sind vielfältig. Dazu gehören im Alter Überforderung in vielen oder allen Lebensbereichen wie Haushaltführung und Körperpflege, schlechter Allgemeinzustand, körperliche und kognitive Einschränkungen, Suchterkrankungen usw., oft in Kombination mit Angst vor Verlust der Selbstbestimmung bei Heimeinzug oder Unterstützung durch einen Pflegedienst.

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Gerontologie – das Altern verstehen

LEBENSENDE In Würde sterben Wenn das menschliche Leben eine Entwicklung und das Altern ein Prozess ist, der von der Geburt bis zum Tod währt, dann gehört das Sterben als ein Bestandteil dazu. Die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross46, weltbekannte Pionierin der Sterbeforschung, betrachtete das Sterben als das letzte Stadium menschlichen Reifens. Für sie, die sich fast ein Leben lang mit Sterben und Tod befasste, schien beides eher von Hoffnung und Erwartung als von Angst und Schrecken gekennzeichnet zu sein. Die Mehrheit in unserer Gesellschaft dagegen verdrängt Sterben und Tod eher aus dem Leben, macht es zu einem Tabu. Der Tod als Alterstod hat sich verändert. Er zeigt andere charakteristische Merkmale als früher. Das Sterben hat sich im Durchschnitt verlängert, bedingt durch längere Krankheitsprozesse und Morbiditätswandel. Kurze Krankheit – schneller Tod, das war das Merkmal des Sterbens früherer Generationen. Heute dauert diese Phase bedeutend länger. Sterben und Tod wurden institutionalisiert. Die Menschen sterben in der Regel nicht mehr zu Hause, sondern in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Damit wird beides auch abhängiger von institutionellen Entscheidungen. Wann Menschen sterben, wird angesichts medizinischer Fortschritte der Lebenserhaltung und Apparatemedizin immer häufiger entscheidungsabhängig. Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es solche Entscheidungen in diesem Ausmaß.

46 Elisabeth KÜBLER-ROSS (1926–2004), US-amerikanisch-schweizerische Psychiaterin und Sterbeforscherin

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LEBENSENDE

Lernziele Wissen, dass –– Sterben ein Prozess ist, der sich in mehreren Phasen vollzieht. –– es Institutionen gibt, die speziell darauf ausgerichtet sind, Menschen in ihrer letzten Lebenszeit zu begleiten. –– Sie sich als Pflegende Unterstützung von Expertinnen holen können, wenn es um Sterbebegleitung geht. Verstehen und sich bewusst machen, dass –– Sterben zum Leben gehört. –– viele Menschen Angst vor dem Sterben haben. –– Religiosität und Spiritualität im Zusammenhang mit Sterben und Tod große Bedeutung haben. –– Trauer sich auf sehr verschiedene Weise ausdrücken kann. –– es für Sie als Profi wichtig ist, Erlebnisse rund um Sterben und Tod bewusst zu verarbeiten. Im Arbeitsalltag –– über das Thema Sterben sprechen. –– sich selbst beobachten, wie Ihre Erlebnisse im Umgang mit Sterbenden Sie belasten. –– Bedürfnisse von Menschen an ihrem Lebensende erkennen. –– versuchen, durch Beobachtung die Phasen des Sterbens auszumachen.

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Hospizbewegung

Palliativmedizin

Bedürfnisse Sterbender

Betreuungsverfügung

Patientenverfügung

Vorsorgevollmacht

Generalvollmacht

Sterbende Sterbende begleiten begleiten

Vorsorge Vorsorge

Lebensende Lebensende

Sterben – - ein Sterben einProzess Prozess

Sterben & Gesellschaft Sterben

Hirntod

Biologischer Tod

Klinischer Tod

Sterbeprozess

Elisabeth Kübler-Ross

Trauer

Bestattung

Rituale

Sterbeorte

Sozialer Tod

 Gerontologie – das Altern verstehen

Themenübersicht

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LEBENSENDE

Sterben & Gesellschaft Bestattungsarten ● Dabei wird zunächst unterschieden zwischen ► Erd- und ► Feuerbestattung. Der Anteil der Feuerbestattungen hat sich in den letzten Jahren enorm erhöht. Für die immer häufiger werdenden anonymen Bestattungen wird in der Regel die Feuerbestattung gewählt. Insgesamt ist ein Trend zu immer mehr Bestattungen in der Natur – in Friedwäldern oder an einzelnen Bäumen, auf Wiesen, an Felsen, in der Luft und auf See – zu beobachten. Erdbestattung ● Bezeichnet die Beisetzung eines Verstorbenen in einem Sarg im Erdreich. Feuerbestattung ● Dabei wird die Leiche in einem Krematorium verbrannt (Kremierung) und anschließend in einer Urne beigesetzt. Vorgeschaltet ist meist eine Trauerfeier, bei der sich Angehörige und Freunde von dem Toten im Sarg verabschieden können. Die Urne wird in der Regel einige Tage später auf einem öffentlichen Friedhof beigesetzt. Rituale ● Sterben vollzieht sich heute weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Geschehen findet häufig beinahe unbemerkt statt, lediglich begleitet von einem kleinen Kreis unmittelbar Betroffener. Rituale früherer Zeiten wie Aufbahrung, Totenwache, Trauerkleidung, Beerdigungsumzüge, Glockengeläut usw. gehören zu Bräuchen aus früheren Jahrzehnten, haben vielerorts ihre Bedeutung verloren, werden kaum noch gepflegt. Halfen solche Abschiedsrituale einst bei der Trauerbewältigung, so ist heute wenig Neues im Sinn von Lebenshilfe an diese Stelle getreten. Sterben und Trauer werden auf breiter Ebene aus dem Alltag in eine Tabuzone verdrängt. Selbst das Internet hat sich inzwischen zu einem virtuellen Ort entwickelt, an dem Trauerrituale gepflegt werden, entfernt von realen Beziehungsnetzen. Trotz Tabuisierung war gleichzeitig die Auseinandersetzung mit Sterben und Tod in den Medien noch nie so intensiv wie zurzeit. Und das gesellschaftliche Bewusstsein für Betreuung und Begleitung sterbens-

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Gerontologie – das Altern verstehen

kranker Menschen an ihrem Lebensende steigt, auch in Verbindung mit der ► Palliativmedizin und der ► Hospizbewegung. Sozialer Tod ● Beschreibt eine Situation, in der ein Mensch völlig isoliert und vereinsamt lebt und keine menschlichen Beziehungen mehr unterhält. Der Rückzug erfolgt in Stufen, oft ausgelöst durch ein Ereignis von außen wie Partnerverlust, schwere Erkrankung o. Ä. Der soziale Tod beginnt oft lange vor dem klinischen. Sterbeorte ● Anders als noch vor Jahrzehnten und als in anderen Kulturen, sterben in Deutschland nur noch wenige Menschen zu Hause, obwohl sich das rund drei Viertel der Bevölkerung wünschen. Gestorben wird heute überwiegend in Institutionen. Sterbeorte lassen sich zusammenfassen in vier Kategorien: Krankenhaus (rund 55 Prozent), häusliches Umfeld (rund 25 Prozent), stationäre Pflegeeinrichtung (rund 15 Prozent) und Hospiz und Palliativstationen (unter fünf Prozent).47 Thanatologie ● (griech. thanatos = der Tod) Wissenschaft, interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit Fragen rund um Sterben und Tod beschäftigt. Trauerarbeit ● Wer in der Pflege arbeitet, hat häufiger als andere Menschen mit Sterben und Tod zu tun. Das ist viel mehr als Routine, es ist jedes Mal ein Abschied, der verarbeitet werden muss. Für Angehörige ist die Trauer besonders intensiv, denn sie verlieren die Beziehung mit einem nahestehenden Menschen. ► Rituale helfen dabei, loszulassen und die Trauer zu verarbeiten. Wie lange das dauert und in welcher Form das geschieht, ist individuell verschieden. Außerdem haben sich die Trauersitten in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark verändert.

47 Vgl. DASCH, Burkhart (2017)

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LEBENSENDE

Trauerfeier ● Steht für unterschiedliche Zeremonien zum Gedenken an einen verstorbenen Menschen. Dabei kann es sich um religiöse oder weltliche Formen handeln.

Sterben – ein Prozess Biologischer Tod ● Die Vitalfunktionen des Körpers wie Stoffwechselprozesse und Reflexe sind zum Stillstand gekommen. Die Verwesung beginnt. Nach 20 bis 30 Minuten sind bläulich-rote Totenflecken zu sehen. Nach wenigen Stunden beginnt die Totenstarre, die sich nach rund zwei Tagen wieder lockert, wenn der Zerfall des Körpers beginnt. Depression ● Starke Verlustängste, Trauer und Abschiedsgedanken bewegen den Menschen. Unverarbeitetes und Schuldgefühle können an die Oberfläche kommen. Das Bedürfnis, Angelegenheiten zum Abschluss zu bringen, sich aus Bindungen zu lösen, kann mit geäußerter Trauer und Weinen verbunden sein. Pflegende sollten Sterbende beim Regeln wichtiger Angelegenheiten unterstützen und Äußerungen von Trauer zulassen. Hirntod ● Das Konzept des Hirntods ist umstritten, vor allem im Zusammenhang mit Organentnahme und -transplantationen. Mit dem Begriff wird der unumkehrbare Ausfall entscheidender Gehirnbereiche beschrieben. Richtlinien der Bundesärztekammer definieren die ► Hirntoddiagnostik genau. Entscheidend ist, dass ein hirntoter Mensch nicht selbstständig atmen kann. Gleichzeitig ist der Körper noch in der Lage, verschiedene Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. So sind Puls und Blutdruck noch messbar. Ist der Hirntod diagnostiziert, gilt ein Mensch in Deutschland als tot. Hirntoddiagnostik ● Dabei werden in mehreren Schritten die Gesamtfunktionen von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm untersucht. Die Diagnose kann nur auf der Intensivstation eines Krankenhauses stattfinden, wird mit zeitlichem Abstand wiederholt und muss von mindestens zwei

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Gerontologie – das Altern verstehen

besonders qualifizierten Fachärzten unabhängig voneinander überprüfbar bestätigt werden. Klinischer Tod ● Bedeutet Kreislaufstillstand und Aussetzen der Atmung. Der Puls ist nicht mehr fühlbar und die Sinne fallen aus. Bedingt durch den Sauerstoffmangel, sterben die Organe ab, zuerst das Gehirn, das bereits nach drei bis fünf Minuten irreversible (lat. reversio = Umkehr; unumkehrbar) Schäden aufweist. Bei Wiederbelebung in diesem Zeitfenster ist anschließende Gesundung unter Umständen möglich. Schock und Verleugnung ● Die Diagnose einer schweren oder unheilbaren Erkrankung, die Erkenntnis vom bevorstehenden Tod, löst bei der betroffenen Person zunächst einen Schock aus. Die Welt bricht scheinbar zusammen, das Verhalten gerät außer Kontrolle. Der Mensch will es nicht wahrhaben. Verleugnung, die Suche nach Rettungsankern, nach möglichen Verwechslungen oder falsch gestellter Diagnose gibt dem Menschen Zeit, Kraft zu sammeln, um sich mit der Wahrheit auseinander zu setzen. Sterbephasen ● Sterben ist individuell, verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich. Niemand weiß genau, wie es sich vollzieht. Auch Berichte von Reanimierten können nur Vermutungen liefern. Die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross48 entwickelte bei ihrer Arbeit, die Erfahrungen aus unzähligen Gesprächen mit Sterbenden zusammentrug, ein Phasen-Modell des Sterbens. Danach verarbeitet der Mensch in den einzelnen Phasen sein Wissen um den bevorstehenden Tod. Doch nicht alle Sterbenden erleben diese Phasen so und in dieser Reihenfolge. Mehrfaches Wechseln zwischen den Phasen ist möglich. Der Verlauf ist nicht immer gerade und logisch, sondern eher individuell verschlungen und von Umwegen gekennzeichnet.

48 Elisabeth KÜBLER-ROSS (1926–2004), US-amerikanisch-schweizerische Psychiaterin und Sterbeforscherin

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LEBENSENDE

1. Phase: Schock und Verleugnung 2. Phase: Wut und Auflehnung 3. Phase: Verhandeln 4. Phase: Depression 5. Phase: Zustimmung und Annahme Zwar erfolgt mit dieser Einteilung eine gewisse Verallgemeinerung, aber das Wissen über den möglichen Verlauf des Prozesses ermöglicht besseres Verstehen des sterbenden Menschen und seines Verhaltens. Sterben ●  ist ein Prozess. Mediziner unterscheiden dabei drei Phasen – den ► klinischen Tod, den ► Hirntod und den ► biologischen Tod. Verhandeln ● Obwohl das Unvermeidbare anerkannt wird, kämpft der Mensch um mehr Zeit, um einen Aufschub. Angehörige, Pflegende – und auch Gott – können zu Verhandlungspartnern werden, um eine Verlängerung der Lebenszeit zu erreichen. Noch eine weitere Therapie versuchen, Verhaltensmaßregeln bereitwillig einhalten usw., alles, um einen bestimmten Termin oder ein Ereignis noch mitzuerleben, Angelegenheiten noch regeln zu können usw. Pflegende sollten sich in dieser Zeit davor hüten, sich zu unrealistischen Versprechungen hinreißen zu lassen. Wut und Auflehnung ● Der/die Betroffene hat die Unausweichlichkeit des Bevorstehenden akzeptiert, lehnt sich aber verzweifelt dagegen auf, entwickelt negative Gefühle. Diese entladen sich häufig gegenüber den anderen, die noch leben dürfen. Nörgeln und Kritisieren an allem, was dazu Anlass bietet, gehört dazu. Pflegende sollten eventuelle Beschuldigungen oder aggressive Äußerungen des sterbenden Menschen nicht persönlich nehmen und versuchen, trotzdem Zuwendung und Geduld zu zeigen. Maßnahmen der Psychohygiene sollten begleitend nicht vergessen werden.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Zustimmung und Annahme ● Der Mensch akzeptiert den Tod und erwartet ihn. Das muss nicht immer bewusst und versöhnlich geschehen. Dabei können depressive Momente auftauchen, oft gepaart mit dem Wunsch nach Schutz und Geborgenheit. Der Mensch wird ruhig, müde, schläft viel und will nicht mehr gestört werden. Pflegende sollten in dieser Zeit individuelle Bedürfnisse berücksichtigen, letzte Wünsche nach Möglichkeit erfüllen und den sterbenden Menschen Nähe spüren lassen.

Sterbende begleiten Bedürfnisse Sterbender ● Die Bedürfnisse Sterbender sind zwar individuell verschieden, aber es kann als Grundlage von einigen allgemeinen Wünschen und Erwartungen ausgegangen werden, die den körperlichen, den sozialen und den seelisch-spirituellen Bereich betreffen. Dazu gehören z. B. –– Schmerzfreiheit, –– körperliche Grundversorgung, das kann auch das bewusste Weglassen von belastenden Pflegemaßnahmen beinhalten, –– verlässliche Bezugspersonen, die Sicherheit geben und persönlichen Austausch ermöglichen, –– Respekt und Ehrlichkeit im Umgang mit wichtigen Fragen, –– Zeit, Ruhe, privater Raum, –– Unterstützung beim Klären unerledigter Dinge wie Testament, Versorgung von Angehörigen oder Haustieren, Entscheidungen zur Beerdigung usw. –– Versöhnen mit dem eigenen Leben, –– Würde, –– Religiöse und spirituelle Bedürfnisse wie Gebet, Abendmahl, Krankensalbung, Beichte …

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LEBENSENDE

Euthanasie ● (griech. eu = gut, thanatos = Tod; leichtes Sterben, Sterbeerleichterung) ist in Deutschland noch stark negativ besetzt aus der Zeit des Dritten Reiches (1933 bis 1945), als die Nationalsozialisten vermeintlich „lebensunwertes Leben“ auf menschenverachtende Weise vernichteten. Hier zeigte sich die Gefahr, wie schnell ethische Prinzipien umgedeutet und missbraucht werden können. So ist in Deutschland jede Diskussion über Sterbehilfe geschichtlich vorbelastet und bis heute nahezu tabuisiert. Hospiz und Palliativgesetz ● (HPG) gilt seit Dezember 2015. Es „enthält vielfältige Maßnahmen, die die medizinische, pflegerische, psychologische und seelsorgerische Versorgung von Menschen in der letzten Lebensphase verbessern und einen flächendeckenden Ausbau der Palliativund Hospizversorgung fördern.“ 49 Hospizbewegung ● (lat. hospitium = gastfreundliches Haus, Herberge, gastfreundliche Aufnahme) Ursprung in Großbritannien, obwohl der Begriff aus dem Lateinischen kommt. Wurzeln des Gedankens gehen bis ins Mittelalter zurück – Hospiz als Ort für Hilflose und Obdachlose. Die Hospizbewegung orientiert sich eng an Erfahrungen und Erkenntnissen von Elisabeth Kübler-Ross. Die Würde sterbender Menschen und ihrer Angehörigen steht im Mittelpunkt. Hospiz ist nicht unbedingt ein Gebäude, sondern steht zunächst für eine Idee. Basierend auf den Grundgedanken der Hospizbewegung, gibt es Häuser, die Sterbenden ein zu Hause geben. Vor allem aber handelt es sich um interdisziplinäre Teams zur ambulanten Sterbebegleitung, bestehend aus Fachleuten wie Ärztinnen, Pflegefachkräften, Sozialarbeiterinnen und Seelsorgern. Haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende wirken eng zusammen und beziehen Angehörige ein. Die Bewegung setzt sich für humanes Sterben ein und berücksichtigt die folgenden Bedürfnisse und Dimensionen des Lebens und Sterbens.

49 Aus: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/h/hospiz-undpalliativgesetz.html, letzte Abfrage 17.01.2020

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Gerontologie – das Altern verstehen

–– Sozial: Über 90 Prozent der Menschen wünschen sich, in vertrauter Umgebung zu sterben. Deshalb wird die Umgebung so häuslich und persönlich wie möglich gestaltet. –– Physisch: Vor allem die Angst vor unerträglichen Schmerzen bewegt Sterbende. Deshalb werden einfache und auch ambulant gut durchführbare Methoden der Schmerzbehandlung praktiziert. –– Psychisch: Vor allem das Bedürfnis, Unerledigtes zu regeln ist dringendes Anliegen Betroffener. Deshalb wird dabei Hilfestellung angeboten. –– Spirituell: Die Sinnfrage klären. So geben Mitarbeitende mitfühlende Begleitung beim Beantworten von Fragen nach dem Danach. Palliativmedizin ● stellt für die noch verbleibende Lebenszeit von Patienten mit weit fortgeschrittenen Erkrankungen die Lebensqualität in den Mittelpunkt, nicht die Verlängerung der Überlebenszeit. „Behandlung, deren Ziel nicht die Heilung ist, sondern lediglich die Linderung von Krankheitsbeschwerden, vor allem von Schmerzen oder Depressionen. Sie kommt bei schwer kranken, dem Tod geweihten Patienten zur Anwendung. Grundprinzip der Palliativmedizin ist es, die dem Patienten noch verbleibende Zeit möglichst lebenswert zu gestalten. Wünsche und Bedürfnisse des Kranken stehen dabei an erster Stelle.“ 50 Palliativversorgung ● kann im häuslichen Umfeld, im Krankenhaus, im Pflegeheim oder im Hospiz erbracht werden und ist ausdrücklich Bestandteil der Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Lindert die Folgen einer Erkrankung, wenn keine Aussicht auf Heilung mehr besteht. ► Hospiz und Palliativgesetz Sterbehilfe ● Die aktuelle Rechtslage zur Sterbehilfe in Deutschland ist komplex.51 Berührt sind die Bestimmungen der Strafgesetzgebung.

50 Aus: Brockhaus Online-Enzyklopädie, https://brockhaus.de/ecs/enzy, letzte Abfrage 17.01.2020 51 Siehe dazu auch: Deutscher Ethikrat, diverse Stellungnahmen unter https://www.ethikrat.org

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LEBENSENDE

Insgesamt sind verschiedene Begriffe zu unterscheiden: –– Passive Sterbehilfe – Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen bei gleichzeitigem Aufrechterhalten einer Basisversorgung. –– Indirekte aktive Sterbehilfe – Gabe schmerzlindernder Mittel unter Inkaufnahme einer möglichen Lebensverkürzung. –– Beihilfe zur Selbsttötung – z. B. Beschaffen einer tödlich wirkenden Substanz. Seit November 2015 steht die geschäftsmäßige Suizid-Beihilfe unter Strafe.52 –– Aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) – ist strafbar nach § 216 StGB, auch wenn sie dem ausdrücklichen Wunsch des Betroffenen entspricht.

Vorsorge Betreuungsverfügung ● Kann ein Mensch seine eigenen Angelegenheiten auf Grund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr selbst wahrnehmen, bestimmt das Betreuungsgericht einen oder mehrere gesetzliche Betreuer. Wer auf die Entscheidung Einfluss nehmen möchte, kann mit Hilfe einer Betreuungsverfügung vorsorglich seinen Willen hinsichtlich der Auswahl der Person(en) und Wünsche zu einer eventuellen Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung usw. äußern. Generalvollmacht ● berechtigt zur Vornahme sämtlicher Rechtsgeschäfte, für die eine Vertretung zulässig ist. Sie stellt die größtmögliche Übertragung von Entscheidungsbefugnissen dar und versetzt die bevollmächtigte Person in die Lage, die vollmachtgebende Person in allen persönlichen und rechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Daher birgt diese Form der Vorsorge ein hohes Missbrauchsrisiko. Die Erteilung setzt volle Geschäftsfähigkeit voraus, kann also von Personen mit beginnender Demenz o. Ä. nicht ausgestellt werden. Eine notarielle Beurkundung ist erforderlich.

52 Vgl.: § 217 StGB

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Patientenverfügung ● ist in § 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Damit legen einwilligungsfähige Volljährige ihren Willen im Hinblick auf Gesundheitszustand, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe fest. Die Verfügung soll Betroffenen dann, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Wünsche auszudrücken, eine Behandlung nach dem festgelegten Willen garantieren. Sie muss schriftlich verfasst und kann jederzeit widerrufen werden. Darin sollten Anwendungssituationen so konkret wie möglich beschrieben und Verfügungen zu medizinischen Maßnahmen ausführlich getroffen werden. Bei bestehender gesetzlicher Betreuung prüft die Betreuungsperson, ob die beschriebenen Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Vorsorgevollmacht ● Damit ermächtigt ein Mensch eine oder mehrere Vertrauenspersonen, ihn im Fall einer Notsituation bei bestimmten Aufgaben zu vertreten. Sie kann sich als Willenserkärung über sämtliche Geschäftsbereiche erstrecken und kommt dann zum Einsatz, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, die eigenen Angelegenheiten zu regeln. Es ist möglich, verschiedene Personen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zu betrauen. Die Vorsorgevollmacht kann eine gesetzliche Betreuung überflüssig machen. Sie ist grundsätzlich formfrei möglich, muss aber unbedingt schriftlich erfolgen, wenn sie auf Bereiche der Gesundheitssorge bezieht.

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ANHANG Stichwortverzeichnis A

B

Abhängigkeit 86 Abnormität 81 Absolute Alterung  19 Adoleszenz 37 Akzeptanz 83 Alkohol 86 Alkoholabhängigkeit 87 Alltagsgestaltung 66 Altenquotient 19 Alter(n) 48 Alternsbilder 48 Alterseinteilung 37 Alterskriminalität 93 Alterskriminalität, Arten  93 Alterspyramide 13 Altersrollen 83 Alterung 19 Anti-Aging 38 Arbeitsmarkt 26 Assimilation 29 Auditives System  63 Ausdrucksdeutung 71 Außenseiter 84 Äußere Wahrnehmung  63

Baby-Boomer 13 Basale Stimulation  66 Basis-Emotionen 63 Bedürfnisse Sterbender  107 Beobachtung 63 Bestattungsarten 102 Betreuungsverfügung 110 Bevölkerungspyramide 13 Bevölkerungszahl 19 Biologischer Tod  104 Biologisches Alter  38 Bohnenstangenfamilie 19

C Centenarians 39 Chancen 29 Chronologisches Alter  39

D Demografie 13 Denken 66 Depression 104 Deprivation, sensorisch  67 Devianz 77 Devianz, primär  81 Devianz, sekundär  81

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Anhang

Generation X  15 Generation Y  16 Generation Z  16 Generationenvertrag 16 Genuss 88 Gesundheitswesen 26 Gewalt 94 Gewalt, Ausdrucksformen  94 Gewaltprävention 94 Gewaltspirale 95 Gewöhnung 88 Gleichgewicht 68 Gruppierung 60 Gustatorisches System  64

Devianz, Ursachen  82 Drittes Lebensalter  38, 45 Droge 87

E Einflüsse, individuell  67 Einflüsse, sozial  67 Einflussgrößen 15 Einwanderungsland 30 Emigration 15 Empathie 64 Entberuflichung 20 Erdbestattung 102 Ersatzversorgung 67 Erster Eindruck  71 Etikettierung 82 Euthanasie 108

H Halo-Effekt 71 Herausforderndes Verhalten  95 Herausforderungen 31 Hirntoddiagnostik 104 Hirntod 104 Hochaltrigkeit 21 Hof-Effekt 71 Hören 68 Hospiz und Palliativgesetz  108 Hospizbewegung 108

F Fachkräftemangel 30 Feminisierung 20 Fertilität 15 Feuerbestattung 102 Figur-Grund-Differenzierung 59 Fremdbild  49, 71 Fühlen 68 Funktionales Alter  40

I

G

Identität 49 Illegale Drogen  88 Immigration 16 Inklusion 31 Innere Wahrnehmung  64

Ganzheitlichkeit 60 Geburtenrate  13, 15 Gefühlswahrnehmung 64 Generalvollmacht 110 Generation 15

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Gerontologie – das Altern verstehen

M

Integration 31 Intervention 68

Medien 49 Medikamente 88 Medikamentenabhängigkeit 89 Merkmale des Wandels  23 Migration 16 Mikrozensus 17 Missbrauch 89 Mortalität 17 Mütter, Durchschnittsalter  24

J Jugend 40 Jugendquotient 22 Jungbrunnen 40

K Kalendarisches Alter  41 Kinästhetik 68 Kinästhetisches System  64 Kindheit 41 Klinischer Tod  105 Kohorte 16 Kontextabhängigkeit 60 Krisenintervention 91 Kulturelle Gewalt  96 Kultursensible Pflege  31

N Normalität 82

O Olfaktorisches System  64 Organisationsprinzipien 60

P Palliativmedizin 109 Palliativversorgung 109 Patientenverfügung 111 Personelle Gewalt  96 Pflege 59 Pflegebedürftigkeit 46 Pillenknick 17 Präsuizidales Syndrom  91 Prävention 43 Prognosen 24 Psychologisch-geistiges Alter  43 Pubertät 43

L Labeling 82 Langlebigkeit 41 Lastenquotient 22 Lebensabschnitte 41 Lebensbaum 13 Lebenserwartung 22 Lebensformen 84 Lebensstil 41 Lebenstreppe 41 Lebenszyklus 42 Legale Drogen  88 Lifetime persisters  84 Logische Fehler  72

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Anhang

R

Sprachliche Etiketten  50 Sterbehilfe 109 Sterben 106 Sterbeorte 103 Sterbephasen 105 Sterberate 17 Stereotyp 51 Stigma 51 Stigmatisierung 52 Stoffgebundene Abhängigkeit  89 Stoffungebundene  Abhängigkeit  89 Störung 86 Straftäter 96 Strukturelle Gewalt  96 Stufenalter 45 Subjektives Alter  45 Subjektivität 61 Sucht 90 Suchtberatung 90 Suchtrehabilitation 90 Suizid 92 Suizidhäufigkeit 92 Suizidhinweise 92 Suizidursachen und -motive  93 Sympathiefehler 73

Reaktionen 84 Rehabilitation 44 Reifung 44 Reizkreislauf 61 Reiz-volle Umgebung  68 Relative Alterung  24 Renteneintrittsalter 27 Rentenversicherung 27 Riechen 69 Rituale 102 Rohe Geburtenrate  17

S Sandwich-Generation 17 Sanktion 85 Schmecken 69 Schock und Verleugnung  105 Sehen 69 Selbstbild  50, 72 Selbstbild – Fremdbild  72 Selbstwertgefühl 50 Selektive Wahrnehmung  73 Singularisierung 25 Sinnessysteme 65 Snoezelen 69 Soziale Kontrolle  85 Soziale Sicherung  28 Soziale Wahrnehmung  65 Sozialer Tod  103 Soziales Alter  44 Sozialverhalten 69 Späteinsteiger 86

T Taktiles System  65 Tasten 70 Täuschung 62 Tempo-Effekt 24 Thanatologie 103

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Z

Training 70 Transkulturelle Pflege  31 Trauerarbeit 103 Trauerfeier 104

Zensus 18 Zustimmung und Annahme  107 Zuwanderung 32

V Vereinfachung 62 Verhandeln 106 Verjüngung 25 Verwahrlosung 96 Verwahrlosung, Umgang  97 Verwahrlosung, Ursachen  97 Vestibulärsystem 65 Viertes Lebensalter  48 Visuelles System  66 Vorsorgevollmacht 111 Vorurteile  53, 74

W Wahrnehmung 62 Wahrnehmung,  Einflussfaktoren  71 Wahrnehmungsarten 66 Wahrnehmungsfehler 74 Wahrnehmungskonstanz 63 Wahrnehmungsstörung 74 Wahrnehmungstäuschung 74 Wanderungsbewegung 18 Weltbevölkerung 26 Wohnungsbau 28 Wut und Auflehnung  106

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Anhang

Zum Weiterlesen Behrendt, Klaus; Backmund, Markus; Reimer, Jens (2015): Drogenabhängigkeit. Hg. v. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Suchtmedizinische Reihe, Band 4). Online verfügbar unter https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Suchtmed_Reihe_4_Drogen.pdf, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.) (2014): Eine neue Kultur des Alterns. Altersbilder in der Gesellschaft (Sechster Altenbericht). Online verfügbar unter https://www.bmfsfj.de/blob/77898/a96affa352d60790033ff9bbeb5b0 e24/bt-drucksache-sechster-altenbericht-data.pdf, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Dasch, Burkhard: Aus der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizinder Ludwig-Maximilians-Universität MünchenKlinikum der Universität MünchenDirektorin: Prof. Dr. med. Claudia Bausewein Deskription undAnalyse des Sterbeortes in ausgewählten Regionen Deutschlands auf Grundlage epidemiologischer Querschnittserhebungen im ambulanten und stationären Setting. Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität MünchenKlinikum der Universität München. München. Online verfügbar unter https://edoc.ub.uni-muenchen.de/22393/7/Dasch_Burkhard. pdf, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Destatis (2016): Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. Online verfügbar unter https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_ derivate_00021684/Datenreport2016.pdf;jsessionid=E5C94A0A9F27899774E66A2BE5 0E59FF, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Destatis (2019): Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Online verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressekonferenzen/2019/Bevoelkerung/presse broschuere-bevoelkerung.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt geprüft am 18.01.2020 Destatis: Bevölkerung, Familien, Lebensformen. Statistisches Jahrbuch 2019. Statistisches Bundesamt. Online verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/ Querschnitt/Jahrbuch/statistisches-jahrbuch-2019-dl.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Eggert, Simon; Lux, Katharina et al. (2017): Gewaltprävention in der Pflege. ZQP-Report. Hg. v. Zentrum für Qualität in der Pflege. Berlin. Online verfügbar unter https:// www.zqp.de/wp-content/uploads/Report_Gewalt_Praevention_Pflege_Alte_Menschen.pdf, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Erdmann, Elena | Fischer, Linda (2018): Wieso kommen gerade so viele Babys zur Welt? In: Zeit Online (06.07.2018). Online verfügbar unter https://www.zeit.de/wissen/ 2018-07/geburten-deutschland-anstieg-2018, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Feil, Naomi | De Klerk-Rubin, Vicky (2017): Validation. Ein Weg zum Verständnis verwirrter alter Menschen. 2. Aufl. München.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Friese, Andrea: Bildungsressourcen hochaltriger Menschen im Alten- und Pflegeheim. Eine qualitative Studie zu vorhandenen Ressourcen und faktischer Bildungsbeteiligung von Menschen im hohen Lebensalter durchgeführt in einer stationären Senioreneinrichtung; Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. @Köln, Univ., Diss., 2014. Gaßmann, Raphael; Mader, Petra (Hg.) (2016): Suchtprobleme im Alter. Informationen und Praxishilfen für Fachkräfte und Ehrenamtliche im Sozial-, Gesundheitsund Bildungswesen. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen. 8. Auflage, Januar 2016. Hamm: DHS. Herwig, Henriette (Hg.) (2014): Merkwürdige Alte. Zu einer literarischen und bildlichen Kultur des Alter(n)s. Bielefeld: transcript Verlag (Alter(n)skulturen, 2). Herwig, Henriette; Hülsen-Esch, Andrea von (Hg.) (2016): Alte im Film und auf der Bühne. Neue Altersbilder und Altersrollen in den darstellenden Künsten. Bielefeld: transcript (Alter(n)skulturen, Band 3). Online verfügbar unter http://dx.doi. org/10.14361/9783839429365. Hulsegge, Jan; Verheul, Ad (2005): Snoezelen. Eine andere Welt. 10. Aufl. Marburg/ Lahn: Lebenshilfe-Verl. Jopp, Daniela (Hg.) (2013): Zweite Heidelberger Hundertjährigen-Studie: Herausforderungen und Stärken des Lebens mit 100 Jahren. Studie in der Reihe „Alter und Demographie“. Robert Bosch Stiftung. 1. Aufl. Stuttgart: Robert Bosch Stiftung (Alter und Demographie). Online verfügbar unter https://www.bosch-stiftung.de/sites/default/ files/publications/pdf_import/Studie_Hundertjaehrige_Online_Einzelseiten.pdf, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Mertens, Krista (2004): Snoezelen. Eine Einführung in die Praxis. 2., durchges. Aufl. Dortmund: Verl. Modernes Lernen. Petersen-Ewert, Corinna; Gaidys, Uta; Buchcik, Johanna; Kern, Katrin; Westenhöfer, Joachim (2018): Transkulturell pflegen. Handbuch zur Schulung von Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen mit Migrationshintergrund. [1. Auflage]. Berlin, Germany: Springer. Pötzsch, Olga: Aktueller Geburtenanstieg und seine Potenziale. In: WISTA : Wirtschaft und Statistik. Pötzsch, Olga; Weinmann, Julia; Haustein, Thomas: Geburtentrends und Familiensituation in Deutschland 2012. Deutschland, Wiesbaden. Online verfügbar unter https:// www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/HaushalteMikrozensus/ Geburtentrends5122203129004.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Tenberken, Sabriye (2012): Mein Weg führt nach Tibet. Die blinden Kinder von Lhasa. 1. Aufl. Köln: Kiepenheuer & Witsch (KiWi, 1302: Paperback).

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Anhang

Theunissen, Georg; Wullenweber, Ernst (Hg.) (2009): Zwischen Tradition und Innovation. Methoden und Handlungskonzepte in der Heilpädagogik und Behindertenhilfe. Online verfügbar unter https://www.lebenshilfe.de/fileadmin/Redaktion/PDF/Shop/ Buecher/Zwischen_Tradition_und_Innovation.pdf, zuletzt geprüft am 17.01.2020. World Health Organization (WHO) (2002): Aktiv altern. Rahmenbedingungen und Vorschläge für politisches Handeln. Hg. v. Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz,Kompetenzzentrum für Senioren- und Bevölkerungspolitik. Wien. Online verfügbar unter https://apps.who.int/iris/bitstream/ handle/10665/67215/WHO_NMH_NPH_02.8_ger.pdf;jsessionid=8623642A6C6302D9 D9E5019E06DB03FC?sequence=2, zuletzt geprüft am 17.01.2020. Zimmer, Renate (2012): Handbuch der Sinneswahrnehmung. Grundlagen einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung. 1. Ausg. der überarb. Neuausg., 22. Gesamtaufl. Freiburg i.Br., Basel etc.: Herder.

Institutionen im Internet Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) https://www.bib.bund.de Bundesministerium für Gesundheit https://www.bundesgesundheitsministerium.de Bundeszentrale für politische Bildung https://www.bpb.de Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen https://www.dhs.de Deutsche Snoezelen-Stiftung ttp://www.snoezelenstiftung.de Deutsche Stiftung Weltbevölkerung https://www.dsw.org Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e. V. https://www.dhpv.de GKV-Spitzenverband https://www.gkvspitzenverband.de Pro Retina Deutschland e. V. https://www.proretina.de Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) https://www.zqp.de

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Gerontologie – das Altern verstehen

Dank Es ist guter Brauch, sich am Ende eines Projekts zu bedanken bei allen, die auf unterschiedliche Weise zur Fertigstellung beigetragen haben. Das zu tun, ist mir ein wichtiges Anliegen, denn außer der Autorin haben eine Reihe weiterer Personen wesentlichen Anteil am Ergebnis einer umfangreichen Arbeit. So gilt mein Dank: –– Dr. Andrea Friese, meiner Autorenkollegin und Freundin. Danke Andrea, dass du so tief in mein Buchprojekt eingetaucht bist! Die vielen persönlichen Gespräche und langen Telefonate gaben mir wichtige Impulse und Motivation. Die Tipps und Materialien, die du mir zur Verfügung gestellt hast, waren echte Bereicherung. Die Gespräche bei unseren Wanderungen ergaben ebenfalls die eine oder andere Idee. –– Bettina Schäfer, meiner langjährigen Lektorin, die immer für alles Verständnis und stets ein offenes Ohr hat, so manche wichtige Anregung gibt und nicht nur mich als Autorin „pflegt“, sondern auch Highlights für meinen Hund Carlos im Blick hat. Geht es ihm gut, kann ich gut schreiben. Danke, dass Sie nie genervt sind, wenn ich so oft kurz vor Feierabend anrufe! –– Klaus Mencke, dem langjährigen Lektor, der alle Jahre wieder das Risiko eingeht, sich auf meine knappe Zeitplanung einzulassen. Danke, dass Sie immer wieder meinen Projekten und Ideen vertrauen und sie ins Programm aufnehmen. –– Schülerinnen und Schülern der Fachschule für Pflegeberufe „Sancta Maria“ in Bühl. In vielen Jahrgängen gab es immer wieder Schülerinnen, die bei der Arbeit mit den „grünen Büchern“ (das Lehrbuch von 2002) mich zum Verfassen einer Neuauflage ermunterten. Danke für die Beharrlichkeit. –– Rita Zottl, der Grafikerin im Haus Vincentz Network, die das Layout des Buches entwickelt hat.

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Gerontologie – das Altern verstehen

Autorin Bettina M. Jasper Dipl. Sozialpädagogin Seit 1991 unterrichtet sie an der staatlich anerkannten Fachschule für Altenpflege (seit 2020 Fachschule für Pflegeberufe) Sancta Maria in Bühl in den Schwerpunkten Gerontologie, Aktivierung und Rehabilitation sowie Psychiatrie und im Fach Deutsch. Als lizenzierte Gehirntrainerin leitet sie in ihrer Denk-Werkstatt® Kurse, Seminare, Workshops und Therapieeinheiten. Sie ist vielfache Buchund Spieleautorin, freiberuflich tätig als Dozentin für verschiedene Träger in Altenpflege und Sport.

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Unser Tipp

... weitere Bücher von Bettina M. Jasper und Andrea Friese

Denkkonfekt + Bewegungshäppchen Bettina M. Jasper und Andrea Friese Wie lässt sich die geistige und körperliche Beweglichkeit täglich trainieren? Ganz einfach mit Bewegungshäppchen und Denkkonfekt von Bettina M. Jasper und Andrea Friese! Trainieren Sie einfach 5 Minuten mit einem Bewohner. Dort, wo er gerade ist. Das, was er an Alltagsbewegungen und Denksportaufgaben braucht. Sie setzen mit diesen Arbeitsbüchern die Vorgaben des Präventionsgesetzes um. Denkkonfekt 2018, 128 Seiten, Spiralbindung, Format: 12 x 17,5 cm ISBN 978-3-86630-670-7, Best.-Nr. 20666 Bewegungshäppchen 2017, 98 Seiten, Spiralbindung, Format: 12 x 17,5 cm ISBN 978-3-86630-299-0, Best.-Nr. 20137

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