Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht 9783504387662

Die Überwachung wirtschaftlicher Vorgänge zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus erfordert Grundrechtseingriffe.

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Geldwäschegesetzgebung und  Steuerrecht
 9783504387662

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Schindler Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Rechtsordnung und Steuerwesen Band 57 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Rainer Hüttemann

Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht von

Dr. jur. Jonathan Schindler

2021

.

Für Johanna und Leopold und für Anna Engl

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64256-3 ©2021 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

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Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 40 Bände er­ schienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Ver­ hältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den ge­ wählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschafts­ recht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Euro­ parechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhän­ ge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfah­ rensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristi­ schen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellun­ gen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentref­ fen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Ge­ staltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Veran­ kerung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuer­ rechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatauto­ nomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben wer­ den. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Bonn, im Oktober 2011 Wolfgang Schön

Rainer Hüttemann

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Geleitwort

Zu dieser Schrift Die Verfolgung von Geldwäsche und die Verfolgung von Steuerstraftaten sind in den vergangenen Jahrzehnten immer näher aneinandergerückt. Ursprünglich war die (internationale) Verfolgung von Geldwäsche darauf gerichtet, schwersten Straftaten (Drogenhandel, Korruption, Terrorismus­ finanzierung, organisierte Kriminalität) den Zugang zu legalen Märkten und damit einen wesentlichen Anreiz zu entziehen; parallel ausgeführte Steuerdelikte wurden eher als Beiwerk angesehen. Mit der Ausweitung der Geldwäschetatbestände einerseits und der Steigerung der internatio­ nalen Wahrnehmung und Verfolgung von Steuerhinterziehung anderer­ seits hat sich dies massiv geändert. Nachdem sich die Hoffnungen, mit­ hilfe von Maßnahmen gegen die Geldwäsche zugleich den „Krieg gegen die Drogen“ u. ä. zu gewinnen, weitgehend als Illusionen herausgestellt haben, haben sich die Zugriffsmöglichkeiten des Geldwäscherechts im­ mer stärker als probates und breitflächig einsetzbares Mittel des Fiskus etabliert. Dass auf diese Weise ein parallel zum bestehenden Besteue­ rungsverfahren laufendes eigenständiges Ermittlungsinstrumentarium etabliert worden ist, blieb lange Zeit unbeachtet. Vor diesem Hintergrund behandelt Jonathan Schindler in der vorliegen­ den Arbeit die Verflechtungen zwischen der Geldwäschebekämpfung und dem Besteuerungsverfahren. Ihre zentrale Frage lautet: Ist der Ein­ satz des Geldwäscherechts für steuerliche Zwecke mit den Grundrech­ ten der Betroffenen vereinbar? Um sie zu beantworten, analysiert der Verfasser in eindrucksvoller Dichte und Präzision die Entwicklung, die Zielsetzungen, aber auch die Schwächen und Inkonsistenzen des gelten­ den nationalen und internationalen Regelungswerks. Die Arbeit beeindruckt durch die Breite des rechtspolitischen und rechtstatsächlichen Fundaments, die Vielfalt der vertieft analysierten Rechtsbereiche und schließlich die Stringenz der – stark grundrechtlich geprägten – Argumentation. Vom nationalen und internationalen Geld­ wäscherecht und Steuerverfahrensrecht bis hinein ins materielle Straf­ recht und hinauf zum Verfassungs- und Europarecht reicht die Bandbreite der stets sachkundig aufbereiteten Themen und Streitfragen. Rechtspre­ chung und Literatur werden in überbordender Breite herangezogen. Die Schlussthese ist herausfordernd und wird zu Diskussion Anlass geben – aber das ist auch gut so, denn die schleichende Überformung der steuer­ verfahrensrechtlichen Schutzregeln durch ein breit und undifferenziert ausgestaltetes Geldwäscherecht bedarf einer grundlegenden rechtspoliti­ schen, wenn nicht sogar verfassungsrechtlichen Kritik. München und Bonn, im Oktober 2021 Wolfgang Schön VIII

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Vorwort und Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ludwig-­ Maximilians-Universität München im Sommersemester 2021 als Disser­ tation angenommen. Sie wurde am 31. Oktober 2020 fertiggestellt. Soweit sich nach diesem Datum noch Änderungen der Rechtslage er­ geben haben oder neue Rechtsprechung und Literatur hinzugekommen sind, wird dies – soweit relevant – in einem Nachtrag am Schluss der Arbeit berücksichtigt.1 Das gilt insbesondere für die Umgestaltung des § 261 StGB durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Be­ kämpfung der Geldwäsche. Von einer Einarbeitung in den Haupttext wurde abgesehen, weil keines dieser nachfolgenden Ereignisse etwas an den aufgezeigten Entwicklungstendenzen und Kernthesen der Arbeit ge­ ändert, sondern – im Gegenteil – diese noch einmal unterstrichen hat. Überdies ist das Geldwäscherecht in jüngster Zeit derart schnellebig, dass selbst eine aktualisierte Fassung wohl nur für kurze Zeit in allen Details aktuell geblieben wäre. Zu besonderem Dank bin ich zuvörderst Professor Dr. Dr. h. c. Wolfgang Schön verpflichtet. Er hat den thematischen Rahmen gesetzt und hatte stets ein offenes Ohr für meine Anliegen, ließ mir aber gleichzeitig alle Freiräume zur eigenständigen Entfaltung des Themas. Professor Schön hat die Arbeit auf vielfältige Art gefördert, von der Finanzierung von For­ schungsreisen über die Gelegenheit zur Vorstellung meines Projekts und die Stipendienbewerbung bis hin zur Vermittlung wertvoller Kontakte. Besonders dankbar bin ich ihm dafür, dass er mich in der Phase der Fami­ liengründung mit großer Flexibilität, und viel Vertrauen begleitet und unterstützt hat. Herzlich bedanken möchte ich mich ferner bei Prof. Dr. Helmut Satzger für die Übernahme und Erstellung des Zweitgutachtens. Professor Dr. Stephan Lorenz danke ich für die Mitwirkung an der mündlichen Dok­ torpüfung als Mitglied der Prüfungskommission. Dank schulde ich darüber hinaus den vielen Menschen, die zum Gelin­ gen meines Projektes beigetragen haben. An erster Stelle bedanke ich mich bei meiner Frau Johanna, die mich im Auf und Ab des Schreibpro­ zesses mit großem Einfühlungsvermögen, Verständnis, Opferbereitschaft und Optimismus begleitet hat und ohne die ich die Arbeit nicht in ange­ messener Zeit hätte bewältigen können. Meinem Sohn Leopold danke ich für das schönste Abwechslungsprogramm vom wissenschaftlichen Alltag, das ich mir vorstellen kann! 1 Siehe unten S. 401 ff.

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Vorwort und Danksagung 

Ich bedanke mich ferner bei all jenen, die mich durch Gespräche, die Vermittlung von Kontakten und auf andere Art unterstützt haben. Alle können hier nicht aufgezählt werden, manche möchten aus Bescheiden­ heit nicht genannt werden. Hervorheben möchte ich jedoch insbesonde­ re Dorthe Wust, Michael Lorenz und Melanie Kühn, deren Hilfe von un­ schätzbarem Wert war; die Beamtinnen und Beamten verschiedener Behörden, deren Unterstützung außerordentlich wertvoll, aber keines­ wegs selbstverständlich war; Professor Dr. Dr. h. c. mult. Ulrich Sieber und Dr. Benjamin Vogel, die sich während meines Aufenthalts am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht viel Zeit für Gespräche nahmen; Professor Dr. Gregor Kirchhof für wert­ volle Anregungen; Dr. Laura Neumann und Juliane Abel, die mir bei der Navigation durch die Untiefen des Wirtschaftsstrafrechts halfen; Profes­ sor Dr. Peter Alldridge, mit dem ich während meines Forschungsaufent­ halts an der Queen Mary University of London sprechen konnte; Dr. Isa­ bella Zimmerl, Brigitte Keppeler, Gustavo Weiss de Resende, S ­ avvas Kostikkidis und Artur Tim, ohne deren Hilfe eine Erschließung des ita­ lienischen, brasilianischen, griechischen und polnischen Rechts unmög­ lich gewesen wäre. Große Unterstützung erfahren habe ich außerdem durch die Studienstif­ tung des deutschen Volkes, die mich schon im Studium und dann auch in der Promotion durch ein Stipendium gefördert hat. Dank der Unter­ stützung durch die Studienstiftung konnte ich mich auf mein Vorhaben voll und ganz konzentrieren. Ferner danke ich der Streck Mack Schwed­ helm Zehnt-Akademie für die Unterstützung durch ein Promotionssti­ pendium, dem Max-Planck-Institut für Steuerrecht für den großzügigen Druckkostenzuschuss sowie der Esche Schümann Commichau Stiftung für die Zuerkennung eines Förderpreises. Ebenfalls hervorzuheben sind David Rüll und Brigitte Keppeler, die mei­ ne Arbeit einer strengen und gründlichen Korrektur unterzogen haben. Ihre Aufmerksamkeit, ihr Sprachgefühl, ihr Scharfsinn und ihre kon­ struktive Kritik sind der Arbeit sehr gut bekommen. Nicht vergessen möchte ich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen – von der Verwaltung über die Hausmeisterei und die IT bis zur Bibliothek –, welche die Rahmenbedingungen für das Gelingen der Arbeit geschaffen haben. Stellvertretend für alle anderen danke ich insbesondere Gabriele Auer, Zdenko Caganic, Petra Golombek, Klaus Herfurtner, Christa Man­ ta und Anja Weidmann. München im September 2021

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Jonathan Schindler

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Inhaltsübersicht

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Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort und Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXII Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXII

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Literaturüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 B. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 C. Aufbau und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Kapitel 1: Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung 13 A. Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

Kapitel 2:  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht . . . . . . . 207 A. Internationale Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 B. Entwicklungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 C. Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 D. Zusammenfassung und Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 XI

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Inhaltsübersicht

Kapitel 3: G  renzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 A. Einordnung in die Befugnisse des steuerlichen Ermittlungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 B. Vereinbarkeit der Datenübermittlung mit höherrangigem Recht 308 C. Folgefragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 D. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Nachtrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 A. Reform des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 B. Entwicklungen im Bereich des GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 C. Änderungen in anderen Rechtsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477

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Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort und Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXII Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXII

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Literaturüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 B. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 C. Aufbau und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Kapitel 1: Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung 13 A. Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 II. Funktionsweise der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Platzierungsphase (placement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Verschleierungsphase (layering) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Integrationsphase (integration) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Gefährlichkeit der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Umfang der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 IV. Zusammenfassung und Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Anfänge in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Die Rolle der Financial Action Task Force (FATF) . . . . . . . 47 3. FATF – „Club-Regeln“ mit globalem Anspruch . . . . . . . . 54 XIII

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Inhaltsverzeichnis

II. Kriminalisierung der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Völker- und unionsrechtliche Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Vereinte Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Europarat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 aa) Erste Geldwäscherichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 bb) Richtlinie (EU) 2018/1673 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Empfehlungen der FATF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3. Der deutsche Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) 75 a) Genese des § 261 StGB und kriminalpolitischer ­Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Ziel und Rechtsgut des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . 80 c) Tatbestand des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Vortat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Gegenstand, der aus einer Vortat herrührt . . . . . . . 93 (1) Der Weg des unmittelbar aus der Vortat ­Herrührenden (vertikal) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (2) Der Weg der Surrogate (horizontal) . . . . . . . . . . 100 (3) Vermischung und Mischfinanzierung . . . . . . . . 103 (a) Vermischungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (b) Mischfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (4) Herrühren als „gesetzgeberischer Sündenfall“ . 107 cc) Tathandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 dd) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 ee) Ausnahmen von der Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 118 d) Rechtsfolgen des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4. Zusammenfassung und Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . 120 III. Verwaltungsrechtliche Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . 123 1. Internationale Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Europarat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Veröffentlichungen des Basler Ausschusses . . . . . . . . . 132 c) Empfehlungen der FATF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 d) Vereinte Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 e) Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) GwRL I – Sorgfalts-, Melde- und Aufzeichnungs­ pflichten für den ­Finanzsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) GwRL II – Ausweitung des Anwendungsbereichs . 142 cc) GwRL III – Risikobasierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . 144 dd) GwRL IV – Steuerdelikte und Transparenzregister . 146 ee) GwRL V – Weitere Verschärfungen . . . . . . . . . . . . . 148 2. Geldwäschegesetz (GwG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Hintergrund und Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . 151 b) Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 c) Verpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 XIV

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d) Die Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Identifizierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 bb) Sonstige Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 cc) Umfang der Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (1) Vereinfachte Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . 168 (2) Verstärkte Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . 168 e) Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 f) Die Kooperationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 aa) Meldepflicht (§ 43 Abs. 1 GwG) . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (1) Adressaten der Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (2) Meldeschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (3) Erstattung der Meldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (4) Stillhalteverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (5) Indemnität und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (6) Verhältnis zu § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Auskunftspflicht (§ 30 Abs. 3 GwG) . . . . . . . . . . . . 177 cc) Verbot der Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . 180 g) Transparenzregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 aa) Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten . . . . . . . 182 (1) Juristische Personen und Personengesellschaften 183 (2) Rechtsfähige Stiftungen und weitere Rechts­ gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 bb) Mitteilungspflicht, Angabepflicht, Meldepflicht . . 187 (1) Mitteilungspflichtige Vereinigungen . . . . . . . . . 188 (2) Inhalt und Umfang der Mitteilungs- und ­Angabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (a) (Partielle) Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (b) Generalfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG 192 cc) Beispielfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 dd) Einsichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

Kapitel 2:  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht . . . . . . . 207 A. Internationale Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Initative der G7/G8 und Arbeiten der OECD . . . . . . . . . . . . . 208 1. Doppelstrategie der G7/G8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Fortentwicklung durch die OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Der globale Informationsaustausch in Steuersachen . . . . . 213

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II. FATF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Schließung des „tax loophole“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Erweiterung des Vortatenkatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3. Einbeziehung der Finanzbehörden in die Geldwäsche­ bekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Steuerhinterziehung als Vortat in den GwRL . . . . . . . . . . 224 2. Verwendung von Geldwäsche-Informationen für steuerliche Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Geldwäscherichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Änderungsrichtlinie zur 2. Amtshilferichtlinie . . . . . . 228 IV. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Entwicklungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 I. Finanzbehörden an der Schnittstelle zwischen Legalität und ­Illegalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Wertneutralität des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Offenbarungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 II. Datenübermittlung an die Strafverfolgungsbehörden . . . . . . 243 III. Datenübermittlung zum Zwecke der Verhütung und ­ Verfolgung von Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Der „Al Capone“-Ansatz im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . 248 2. Gewinnabschöpfung durch Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . 251 C. Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 I. Übermittlung und Verwertung von Daten im Besteuerungsund Steuerstrafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren ­Straftaten (1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Einschränkung der Übermittlungs- und Verwertungs­ befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Diskussion im Gesetzgebungsverfahren 1992/1993 . . . 256 c) Das „Steuermodell“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 2. Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten ­Kriminalität (1998) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 3. Geldwäschebekämpfungsgesetz (2002) und weitere ­Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 4. Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (2017) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 5. Übermittlungswege und Verwendungszwecke in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 a) Relevante Daten und Informationswege . . . . . . . . . . . . 266 XVI

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b) Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 c) Beispielfall (fiktiv) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 II. Einbeziehung der Finanzbehörden in die Geldwäsche­ bekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Mitteilungspflicht aus § 31b Abs. 2 AO . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. Zugang der FIU zu dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) § 31 Abs. 5 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) § 42 Abs. 2 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 III. Aufnahme von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog . . . . 280 1. 2001–2008: Steuerhinterziehung als Verbrechen . . . . . . . . 281 2. Seit 2008: Qualifizierte Steuerhinterziehung als Katalogtat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 3. § 261 StGB: Bett des Prokrustes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) Die Erfindung des „gegenständlichen Nichts“ . . . . . . . 286 b) Unverhältnismäßige Strafschärfung . . . . . . . . . . . . . . . 289 D. Zusammenfassung und Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

Kapitel 3: G  renzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 A. Einordnung in die Befugnisse des steuerlichen Ermittlungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 I. Auskunftsersuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 1. Erforderlichkeit der Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Auskunftsersuchen an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 a) Sammelauskunftsersuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Rasterfahndung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Auskunftsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4. Umfang und Grenzen der Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . . 303 II. Automatisierter Kontenabruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 1. Voraussetzungen des automatisierten Kontenabrufs . . . . 304 2. Umfang und Gegenstand des Kontenabrufs . . . . . . . . . . . . 305 3. Abrufverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 B. Vereinbarkeit der Datenübermittlung mit höherrangigem Recht 308 I. Festlegung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . 309 II. Prüfungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 1. Verhältnis der GRCh zur EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 XVII

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2. Verhältnis von Art. 8 GRCh zur DSGVO . . . . . . . . . . . . . . 312 3. Verhältnis der GRCh zum nationalen Recht . . . . . . . . . . . 312 4. Verhältnis der DSGVO zum nationalen Recht . . . . . . . . . 315 III. Datenschutzgrundverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 1. Anwendungsbereich der DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 a) Sachlicher Anwendungsbereich der DSGVO . . . . . . . . 316 b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 aa) Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . 317 bb) Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . 319 (1) Anwendungsbereich und Unionskompetenzen . 321 (2) Anwendungsbereich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 (3) § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG nicht im Anwendungsbereich des ­Unionsrechts . . . . . . . 324 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 2. Grundsätze der Verarbeitung personenbezogener Daten . . 326 a) Verbot mit Erlaubnisvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 b) Zweckbindung und Zweckänderung . . . . . . . . . . . . . . . 327 c) Datenminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 d) Grundsatz der Speicherbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . 328 e) Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 3. Prüfung am Maßstab der DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 a) In Betracht kommende Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . 329 b) Vereinbarkeit von § 32 Abs. 3 GwG mit der DSGVO . . 331 aa) Verarbeitungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 bb) Erforderlichkeit zur Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 cc) Rechtsgrundlage für Zweckänderungen . . . . . . . . . 334 (1) Vorliegen einer Zweckänderung . . . . . . . . . . . . . 334 (2) Vergleichspunkte bei der Bündelung verschiedener Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 (4) Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 DSGVO . . . . . 338 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 IV. Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes im Lichte der GRCh und der EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 1. Grundrechtsrelevanz der Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 a) Schutz des privaten Lebensbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . 341 aa) Schutz finanzieller Informationen im deutschen Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 bb) Schutz finanzieller Informationen auf unions- und völkerrechtlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 XVIII

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(1) Rechtsprechung des EGMR . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (2) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 cc) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 b) Recht auf informationelle Selbstbestimmung . . . . . . . . 349 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 2. Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 3. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 a) Gesetzesvorbehalt und Zitiergebot . . . . . . . . . . . . . . . . 352 b) Normenklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 aa) Bestimmung des Übermittlungsempfängers . . . . . . 354 bb) Zweck der Datenübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . 355 cc) Voraussetzungen, Art und Umfang der Datenüber­ mittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 c) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 aa) Legitimer Zweck und Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . 359 bb) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 cc) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne . . . . . . . . . . 361 (1) Grundsatz der hypothetischen Daten­neuerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 (a) Grundrechtseingriffe im Rahmen des Kontroll­regimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 (b) Intensität der Grundrechtseingriffe . . . . . . 368 i) Anlasslosigkeit und Streubreite . . . . . . . . . 369 ii) Heimlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 iii) Intransparenz der Datenverarbeitung . . . . . 374 iv) Persönlichkeitsbezug der Daten . . . . . . . . . 375 v) Weiterverarbeitungsmöglichkeiten und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 vi) Datensicherheit und Missbrauchsgefahr . . 378 vii) Minderung des Eingriffsgewichts . . . . . . . . 379 viii) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 (c) Anforderungen an eine Rechtfertigung . . . 380 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 (2) Weitere Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 (a) Folgen des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 (b) Heimlichkeit des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . 385 (c) Schutz vor Zweckentfremdung und Weitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

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Inhaltsverzeichnis

C. Folgefragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 I. Datenübermittlung und -verwendung für steuerstrafrechtliche Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 II. Eckpunkte einer verfassungskonformen Neuregelung . . . . . 391 D. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Nachtrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 A. Reform des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 I. Streichung des Vortatenkatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 II. Tatobjekt der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 III. Privilegierung, Sonderdelikt und Selbstgeldwäsche . . . . . . . . 406 IV. Umgestaltung der Tathandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 V. Festhalten am Leichtfertigkeitstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 409 VI. Steuerhinterziehung als Vortat der Geldwäsche . . . . . . . . . . 410 B. Entwicklungen im Bereich des GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 I. Begriff des wirtschaftlich Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 II. Änderungen im Bereich des Transparenzregisters . . . . . . . . . 412 III. Zugriff der FIU auf Steuerdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 C. Änderungen in anderen Rechtsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477

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Abkürzungsverzeichnis ABl. AML AML/CFT

Amtsblatt der Europäischen Union Anti-Money Laundering Anti-Money Laundering/Countering Financing of Terrorism AS Amtliche Sammlung des Bundesrechts (Schweiz) BBl. Bundesblatt (Schweiz) BSA Bank Secrecy Act of 1970 BStBl. Bundessteuerblatt BStGer Bundestrafgericht (Schweiz) CFR Criminal Referral Form C.F.R. Code of Federal Regulations CRM Customer Relationship Management EBK Eidgenössische Bankenkommission FINMA Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FIU Financial Intelligence Unit GwRL Geldwäscherichtlinie GwStrafRL Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche JORF Journal officiel de la République française PEP Politically Exposed Person Rats-Dok. Ratsdokument reg. regulation s. section SAR Suspicious Transaction Report schwStGB Schweizerisches Strafgesetzbuch SI Statutory Instrument SR Systematische Sammlung des Bundesrechts (Schweiz) Stat. United States Statutes at Large UNODC United Nations Office on Drug and Crime UNTS United Nations Treaty Series U.S. United States Reports U.S.C. United States Code USD US-Dollar VN Vereinte Nationen VSB Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfalts­ pflicht der Banken WSÜ Wiener Suchtstoffübereinkommen Im Übrigen werden die üblichen Abkürzungen verwendet. Abgekürzt zi­ tierte Zeitschriften werden im Literaturverzeichnis ausgeschrieben, so­ weit die Abkürzungen nicht gebräuchlich sind. XXI

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Transaktionskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Abbildung 2 Überblick über die Pflichten nach dem GwG . . . . . . 159 Abbildung 3 Transparenzpflichten in Beteiligungsstrukturen . . . . 193 Abbildung 4 Informationswege bei der Übermittlung von Meldungen an die F ­ inanzbehörden . . . . . . . . . . . . . . 211 Abbildung 5 Zugang der Finanzbehörden zu GwG-Daten . . . . . . . 265 Abbildung 6 Mitteilungen nach § 31b AO (2003–2019) . . . . . . . . . 276 Abbildung 7 Wirtschaftliche Berechtigung bei Beteiligungsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Tabellenverzeichnis Tabelle 1

Verurteilungen nach § 261 StGB (1993-2017) . . . . . . 79

Tabelle 2

Überblick über die Identifizierungspflicht (§§ 11–13 GwG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

Tabelle 3

Synopse zu § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Transaktionskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Abbildung 2 Überblick über die Pflichten nach dem GwG . . . . . . 159 Abbildung 3 Transparenzpflichten in Beteiligungsstrukturen . . . . 193 Abbildung 4 Informationswege bei der Übermittlung von Meldungen an die F ­ inanzbehörden . . . . . . . . . . . . . . 211 Abbildung 5 Zugang der Finanzbehörden zu GwG-Daten . . . . . . . 265 Abbildung 6 Mitteilungen nach § 31b AO (2003–2019) . . . . . . . . . 276 Abbildung 7 Wirtschaftliche Berechtigung bei Beteiligungsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Tabellenverzeichnis Tabelle 1

Verurteilungen nach § 261 StGB (1993-2017) . . . . . . 79

Tabelle 2

Überblick über die Identifizierungspflicht (§§ 11–13 GwG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

Tabelle 3

Synopse zu § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422

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Einführung1 In wenig anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung besteht seitens des Staates ein Informationsbedarf, der mit dem der Finanzbehörden ver­ gleichbar ist. Je genauer ein materieller Steuertatbestand den Einzelfall erfassen soll, desto mehr muss die Verwaltung über den Steuerpflichti­ gen wissen. Dabei darf sie sich nicht allein auf dessen Erklärungen ver­ lassen. Der Staat darf und soll dem Bürger zwar grundsätzlich vertrauen.2 Ein Mindestmaß an Kontrolle ist aber unabdingbar, um zu verhindern, „daß das Steuerzahlen ein Privileg der Gutwilligen oder Dummen ist.“3 Nach § 85 Satz 2 AO haben die Finanzbehörden sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden. Da­raus folgt aber nicht, dass die Finanzbehörden verpflichtet oder auch nur berechtigt sind, die gleichmäßige und gesetzmäßige Steuerfestset­ zung und ‑erhebung in jedem Einzelfall um jeden Preis sicherzustellen. Vielmehr bewegt sich das steuerliche Ermittlungsverfahren in einem „verfassungsrechtlichen Dreieck zwischen Gesetzmäßigkeit, Rechtsan­ wendungsgleichheit und den betroffenen Freiheitsgrundrechten.“4 Ver­ fassungsrechtlich zu beanstanden ist es nur, wenn der Staat diese Kri­ terien nicht angemessen zueinander ins Verhältnis setzt, also z. B. das Beweismaß so niedrig ansetzt, dass es zu einer „Besteuerung auf bloßen Verdacht“5 kommt, einem Vollzug der materiellen Steuernorm entgegen­ wirkende Erhebungsregeln schafft6 oder jeden Winkel des Privatlebens der Steuerbürger ausleuchtet. Über viele Jahre stand dabei eher die Ver­ letzung des Untermaßverbotes im Vordergrund: Lange nahm es der Staat nicht nur hin, dass zahlreiche Steuerpflichtige Steuern auf Kapitalerträge zu Unrecht nicht entrichteten – er begünstigte dies sogar, indem er durch den sog. Bankenerlass7 und später den nun mit Wirkung vom 25.06.2017 aufgehobenen § 30a AO8 Ermittlungen der Finanzverwaltung im Bereich 2 So die st. Rspr. des BFH, wonach die Finanzbehörde eindeutigen Steuererklärungen und Jahresabschlüssen nicht mit Misstrauen begegnen muss, sondern von deren Vollständigkeit und Richtigkeit ausgehen darf, siehe nur BFH, Urt. v. 18.03.1988 – V R 206/83, juris, Rn. 21; Urt. v. 14.12.1994 – XI R 80/92, BFHE 176, 308 (312); Urt. v. 05.08.2004 – VI R 90/02, juris, Rn. 18; für weitere Nachweise siehe Tipke/Kruse/ Loose, § 173 AO Rn. 65. 3 Tipke, AöR 1969, 224 (243). 4 Seer, DStJG 31 (2008), S. 7 (14) (ohne Hervorh. im Orig.). 5 Tipke/Kruse/Seer, § 162 AO Rn. 3. 6 Vgl. BVerfG, Urt. v. 27.06.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239; Urt. v. 09.03.2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94. 7 BMF, Schreiben v. 31.08.1979 – BStBl. I 1979, 590; Erlass des Direktors der Verwal­ tung für Finanzen v. 24.06.1949, DStZ/E 1949, 242. 8 Aufgehoben durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a des G. v. 23.06.2017, BGBl. I 2017, 1682.

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der Banken erheblich erschwerte. Erst nachdem das Bundesverfassungs­ gericht 1991 das maßgeblich durch § 30a AO ausgelöste „strukturelle Vollzugsdefizit“ als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) rügte und den Gesetzgeber aufforderte, es zu beseiti­ gen, begann sich dies langsam zu ändern. Inzwischen scheint die Entwicklung in eine andere Richtung zu gehen: Medial intensiv aufbereitete Steuerskandale haben in den letzten Jahren Politik und Öffentlichkeit für steuerliche Themen erheblich sensibili­ siert.9 Die Einführung des Kontenabrufverfahrens, der Ankauf von sog. „Steuer-CDs“, die Meldepflicht für Steuergestaltungen oder die Abschaf­ fung des eben erwähnten steuerlichen Bankgeheimnisses (§ 30a AO) künden von einer härteren Gangart des Staates. Manche sprechen sogar vom „gläsernen Steuerbürger“.10 Dazu kommen Entwicklungen auf in­ ternationaler Ebene. Neben anderen bemühen sich vor allem die OECD und die EU darum, die internationale Amtshilfe in Steuersachen zu ver­ bessern. Mit der Einführung eines globalen Standards für den automati­ schen Informationsaustausch in Steuersachen wurden neue Maßstäbe gesetzt. Gegenstand dieser Arbeit ist eine Entwicklung, die über viele Jahre weit­ gehend unbeachtet verlief und erst in den letzten Jahren langsam in den Blick der Fachöffentlichkeit gelangt: Die Verquickung von Geldwäsche­ bekämpfung und Besteuerung. Zur Bekämpfung der Geldwäsche – und später der Terrorismusfinanzierung – wurde in den vergangenen dreißig Jahren ein weltumspannendes Regelungsregime geschaffen. Es verpflich­ tet bestimmte private Stellen – Banken, Versicherungen, Rechtsanwälte, Güterhändler und viele andere – insbesondere dazu, die Identität ihrer Vertragspartner festzustellen und weitere Informationen über sie einzu­ holen, sämtliche Geschäftsbeziehungen laufend zu überwachen und die dabei erhobenen oder erfassten Daten für mehrere Jahre zu speichern. Ungewöhnliche, nicht zu den über den Kunden bekannten Informatio­ nen passende oder sonstwie auffällige Verhaltensweisen sind staatlichen Stellen zu melden. Betroffen sind von diesen Maßnahmen praktisch alle Bürger, denn schon das Innehaben eines Kontos ist ausreichend, um der fortlaufenden Überwachung durch die privaten Stellen zu unterliegen. Auf diese Art und Weise können staatliche Stellen in großem Umfang Informationen über persönliche, wirtschaftliche und finanzielle Verhält­ 9 Z. B. jüngst die sog. „Paradise Papers“ (siehe z. B. Gamperl/Langhans/Much u.a., SZ v. 06.11.2017, S. 11–22) und die „Panama Papers“ (siehe z. B. Langhans/Leyendecker/Munzinger u.a., SZ v. 04.04.2016, S. 9–16). Analyse und kritische Betrach­ tung des „leak-driven law“ bei Oei/Ring, UCLA L. Rev. 65 (2018), 532–618. 10 So z. B. Schmidt/Ruckes, IStR 2014, 652 (655); Best, DStR 2004, 1819 (1820); Kleinert/Göres, NJW 2009, 2713-2715 (2713); Bernasconi, NZZ v. 23.10.2012, S. 29.

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nisse ihrer Bürger erlangen, und zwar auch und insbesondere in Fällen, in denen die Behörden von sich aus keinen (hinreichenden) Anlass für Er­ mittlungen gesehen hätten. Es ist deshalb nicht überraschend, dass die Nutzung dieses Regimes für steuerliche Zwecke von Anfang an im Raum stand. Zunächst entwickelten sich die Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Steuerumgehung bzw. Steuervermeidung unabhän­ gig voneinander. Seit Ende der 1990er Jahre lässt sich jedoch – in Deutsch­ land und teils auch auf internationaler Ebene – beobachten, wie immer mehr Berührungspunkte zwischen beiden Regelungsbereichen entstan­ den: Während es anfangs nur um die „Wäsche“ von Einkünften aus Straftaten ging, die der Schwerstkriminalität zuzuordnen waren, geht es heute auch um die Vorteile aus Steuerstraftaten (§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b StGB). Der Kreis derer, die geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen, wurde sukzessive auch auf Personen, Unternehmen und Vereinigungen ausgeweitet, die rechts- und steuerberatend tätig sind. Das 2017 einge­ führte Transparenzregister soll explizit auch steuerlichen Zwecken die­ nen.11 Während die in Erfüllung geldwäscherechtlicher Pflichten an staatliche Stellen übermittelten Daten anfangs nur oder fast nur zur Ver­ hütung und Verfolgung der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung und anderer schwerer und schwerster Straftaten genutzt und zwischen öffentlichen Stellen ausgetauscht werden durften, dürfen sie heute ohne nennenswerte Beschränkungen für eine Vielzahl von Zwecken – darun­ ter auch Besteuerungsverfahren – verwendet und übermittelt werden (§ 32 Abs. 2, 3, 3a und 6 GwG). Auch die privaten Stellen, die in Erfüllung geldwäscherechtlicher Pflichten Informationen über ihre Vertragspartner und bestimmte andere Personen erheben, erfassen, speichern und auf an­ dere Art verarbeiten, dürfen dies nunmehr nicht ausschließlich im Rah­ men der Zwecke des Anti-Geldwäsche-Regimes (auch wenn § 11a Abs. 1 GwG das Gegenteil zu bestimmen scheint), sondern explizit auch zur Erfüllung bestimmter steuerlicher Pflichten im Zusammenhang mit steuerlichen Auslandsbeziehungen ihrer Kunden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c, § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 Buchst. b und c, § 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a FKAustG); an anderer Stelle wiederum gibt es einen partiellen Gleichlauf steuerlicher und geldwäscherechtli­ cher Pflichten (§ 154 AO). Dadurch kommt es zu einem „Import“ von Daten in die Sphäre des Steuervollzugs, und zwar sowohl durch private Verpflichtete als auch durch staatliche Stellen. Nicht vergessen werden 11 Siehe z. B. Europäisches Parlament, Neue Geldwäsche-Richtlinie: Gegen Steuerver­ gehen und Terrorfinanzierung, Pressemitteilung Nr. 20150513IPR55319 v. 20.05.2015, https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20150513IPR55319/neue-geld​ wasche-richtlinie-gegen-steuervergehen-und-terrorfinanzierung (zuletzt geprüft am 04.08.2021).

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darf auch, dass die Datei nach § 24c KWG, auf die von den Finanzbehör­ den seit 2005 im Rahmen des automatisierten Abrufs von Konteninfor­ mationen zugegriffen werden kann (§§ 93 Abs. 7, 93b AO),12 bereits im Jahr 2002 vor allem zur Bekämpfung der Geldwäsche und des Terroris­ mus geschaffen worden war.13 Auch in der Gegenrichtung – dem „Export“ – wurde der Informations­ fluss in den vergangenen Jahren erheblich erleichtert. Finanzbehörden sind inzwischen fest in die Bekämpfung der Geldwäsche eingebunden: Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial In­ telligence Unit – FIU), die sämtliche Meldungen von privaten Stellen und Behörden über Sachverhalte mit möglichem Geldwäschebezug ent­ gegennimmt, analysiert und ggf. weiterleitet, über jüngst erweiterte eige­ ne Ermittlungsbefugnisse verfügt und die internationale Zusammenar­ beit im Bereich der Geldwäschebekämpfung koordiniert, ist seit 2017 nicht mehr im Bundeskriminalamt angesiedelt, das zum Geschäftsbe­ reich des Bundesministeriums des Innern gehört, sondern im Zollkrimi­ nalamt und damit im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Fi­ nanzen. Die FIU hat in begrenztem Umfang Zugriff auf Daten, die dem Schutz des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) unterliegen. Daneben werden die Finanzämter durch § 31b AO verpflichtet, der FIU Sachverhalte mit möglichem Geldwäschebezug zu melden.

A. Literaturüberblick In der Literatur wurden das „Zusammenwachsen“ der Regelungen zur Geldwäschebekämpfung und zum Vollzug des Steuerrechts und die sich daraus ergebenden Fragen bislang nur vereinzelt untersucht. In der nicht mehr überschaubaren geldwäscherechtlichen Literatur spielen steuerli­ che Fragen vor allem im Zusammenhang mit der Einbeziehung von Steu­ erstraftaten in den Kreis der Geldwäschevortaten eine Rolle. Ausführlich diskutiert wird, ob Steuerstraftaten strukturell überhaupt Geldwäsche­ vortaten sein können, oder ob sie sich von anderen Vortaten insbeson­ dere dadurch unterscheiden, dass die Vermögenswerte, auf die sich die Tat bezieht, meist legal erworben wurden, und Steuerstraftaten nicht immer einen im Vermögen des Täters abgrenzbaren Vermögensvorteil hervorbringen; eng damit verknüpft sind dogmatische Fragen, die sich vor allem wegen der Gegenstandsbezogenheit der Geldwäschestraf­ tatbestände stellen, sowie die Auswirkungen einer Einbeziehung von Steuerstraftaten auf das System zur Meldung geldwäscheverdächtiger 12 Geschaffen durch Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2928. 13 Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutsch­ land (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drs. 14/8017, S. 122–124.

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A. Literaturüberblick

Transaktionen.14 Teilweise wird das Geldwäscherecht auch als Mittel zur Erreichung fiskalischer Ziele angesehen: Fisher bezeichnet es als „­revenue-gathering tool“ und stellt die Verbindung zwischen Geldwä­ schebekämpfung und internationalen Initiativen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung her.15 In diese Richtung geht auch ein Teil der Veröffentlichungen, die sich mit den Zusammenhängen zwischen Geldwäsche und Steuerhinterziehung in sog. Offshore Financial Centres befassen, wobei die Verbindung meist über die Ähnlichkeit der Unterstützungsfaktoren bzw. Begehungsweisen hergestellt wird.16 Vor allem Ende der 1990er Jahre wurde diskutiert, ob das Steuerrecht zur Abschöpfung illegaler Einkünfte insbesondere aus dem Bereich der or­ ganisierten Kriminalität eingesetzt werden könnte, wobei speziell in Deutschland der Schwerpunkt der Diskussion auf dem Informationsaus­ 14 Zu all diesen Aspekten aus der deutschen Literatur z. B. Hetzer, NJW 1993, 3298 (3299); Hund, ZRP 1996, 163 (165); Hetzer, JR 1999, 141–148; Hetzer, WM 1999, 1306–1318; Hetzer, Kriminalistik 1999, 218–224; Hetzer, ZRP 1999, 245 (250–253); Spatscheck/Wulf, DB 2001, 2572 (2573–2574); Salditt, StV 2002, 214 (215–216); Schiffer, BB 2002, 1174 (1175–1176); Seer, BB 2002, 1677 (1677, 1678–1679); Spatscheck/Wulf, DB 2002, 392 (395–396); Bittmann, wistra 2003, 161 (165–168); Oberloskamp, StV 2002, 611–617; Joecks, sam 2013, 170 (172); Spiske, Pecunia olet?, 1997, S. 102; Remmers, Die Entwicklung der Gesetzgebung zur Geldwäsche, 1998, S. 131–134; Bongard, Wirtschaftsfaktor Geldwäsche, 2001, S. 75–78; Graf/Jäger/ Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 15; ferner Geurts, ZRP 1997, 250 (251); sehr ausführlich zu § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB Voß, Die Tatobjekte der Geldwäsche, 2007, S. 54–144; Winkler, Aushöhlung der Individualrechte für fiskalische Zwecke, 2007, S. 25–46. Aus der schweizerischen Literatur z. B. grundlegend Cassani, in: Thé­ venoz/Bovet (Hrsg.), Journée 2004 de droit bancaire et financier, 2005, S. 13 (16–18); Molo, AJP 2009, 191 (193–194); Arzt, ST 2011, 268 (271–274); Balmat, ST 2011, 287 (288–289); Schwob, ST 2011, 281 (283–284); Naef/Clerici, Jusletter v. 07.04.2014; Taube, Entstehung, Bedeutung und Umfang der Sorgfaltspflichten der Schweizer Banken bei der Geldwäschereiprävention im Bankenalltag, 2013, S. 67–75; Bourquin, Steuergeldwäscherei in Bezug auf direkte Steuern, 2016, S. 110–141; Fuchs, Die Steuergeldwäscherei im Schweizer Recht, 2017, S. 105–169 (schweizspezfische Fragen ab S. 127); Baumann, in: Ackermann (Hrsg.), Geldwäscherei – Asset Re­ covery, 2012, S. 105–132; Livschitz, in: Ackermann (Hrsg.), Geldwäscherei – Asset Recovery, 2012, S. 65–104. Aus der österreichischen Literatur z. B.: Zeder, RdW 2005, 328–330; Plückhahn, RdW 2005, 448; Birklbauer, JSt 2010, 157; Birklbauer, JSt 2006, 67; Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 8. Aus der britischen Lite­ ratur z. B. Bridges, JFC 4 (1996), 161 (164–167); Barry, JMLC 2 (1999), 326–330; ­Bridges/Atkinson/Rhodes u.a., JMLC 2 (1999), 197 (203–204); Bridges/Green, JMLC 2 (1999), 51–56; Willis, JMLC 2 (1999), 279–286; Bridges/Green, JMLC 3 (2000), 371–372; Fisher/Bewsey, JIBL 15 (2000), 11 (15–21); Alldridge, JMLC 4 (2001), 350 (352–354); Bell, JMLC 6 (2003), 137 (139–140). 15 Fisher, BTR 2010, 235–266; siehe auch Burrell, JMLC 3 (2000), 304–308; Spreutels/ Grijseels, EC Tax Review 2001, 3–12; Beare, JFC 9 (2002), 259–267; Mitsilegas, in: Edwards/Gill (Hrsg.), Transnational Organised Crime, 2003, S. 195 (204–205). 16 Hampton/Levi, Third World Quarterly 1999, 645–656; Hartman, BC Int’l & Comp. L. Rev. 2001, 253–290; Dwyer, JMLC 5 (2002), 302–317; Edwards, Comp. Law 24 (2003), 290–292.

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tausch zwischen Strafverfolgungs-, Polizei- und Finanzbehörden lag.17 Eine länger anhaltende wissenschaftliche Diskussion hat dies jedoch nicht ausgelöst. Das Kontenabrufverfahren hat zwar auch in der Litera­ tur zu erheblichen Diskussionen geführt;18 speziell der Umstand, dass eine zur Bekämpfung schwerster Straftaten geschaffene Regelung für steuerliche Zwecke genutzt werden soll, erregte jedoch wenig Aufse­ hen.19 Größere Aufmerksamkeit erhielten die Meldungen der Finanzbe­ hörden über Sachverhalte mit Geldwäschebezug. Noch vor Einführung des § 31b AO hat sich Bülte ausführlich mit dem Austausch und der Nutzung von Daten zu verschiedenen Zwecken – namentlich Besteue­ rungsverfahren, Steuerstrafverfahren und Geldwäschebekämpfung – aus­ einandergesetzt, wobei er das Steuerstrafverfahren ins Zentrum gestellt hat. Er hat bereits herausgearbeitet, dass die Erleichterung des intra- und interbehördlichen Datenflusses durch die Geldwäschegesetzgebung die Gefahr der Umgehung grundrechtlicher Schutzmechanismen birgt.20

17 So z. B. Meyer, in: Meyer/Dessecker/Smettan (Hrsg.), Gewinnabschöpfung bei Be­ täubungsmitteldelikten, 1989, S. 463 (490); Hetzer, NJW 1993, 3298 (3301); Hetzer, wistra 1994, 176 (179); Carl/Klos, DStZ 1994, 68–74; Hund, ZRP 1996, 163 (166); Herzog, der kriminalist 1997, 338 (341–343); Hund, ZRP 1997, 180 (182); Meyer/ Hetzer, Kriminalistik 1997, 31 (33–34); Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13–21; Meyer/ Hetzer, NJW 1998, 1017 (1021–1022); Hetzer, ZRP 1999, 471 (474–475); Hetzer, Kri­ minalistik 1999, 218–224; Hetzer, ZRP 1999, 245 (250–253); Thiele, Kriminalistik 1999, 506–511; Kaiser, ZRP 1999, 144 (147, 150); Kaiser, wistra 2000, 121 (125– 126); Marx, DStR 2000, 2045–2049; Hund/Johnigk/Wollburg, DStR 2008, 879–884. Zur Diskussion in Großbritannien siehe z. B. Bridges, JMLC 1 (1997), 26–32; Glover, JMLC 1 (1997), 117–124; Alldridge, JMLC, 4 (2001) 350 (354–355). In den USA setzte die Diskussion deutlich früher ein, siehe Baker, Chi.-Kent L. Rev. 1951, 197–227; Baker, Wash. U. L. Q. 1953, 121–149; Johnson, J. Crim. L. Criminology & Police Sc. 54 (1963) 1 (25–26). Siehe auch Naylor, Crim. L. Soc. Change 32 (1999) 1 (46–50). 18 Siehe z. B. Herzog/Christmann, WM 2003, 6 (10); Kokemoor, BKR 2004, 135–145; Göres, NJW 2005, 253–257; Göres, NJW 2005, 1902–1905; Roller, VuR 2005, 366– 370; Sell, DStR 2005, 717–722; Neuling, HRRS 2007, 319–328; Brender, ZRP 2009, 198–201; Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012; Winkler, Aushöhlung der Indi­ vidualrechte für fiskalische Zwecke, 2007, S. 47–82. Zum Rechtsschutz gegen den Kontostammdatenabruf Cöster/Intemann, DStR 2005, 1249–1253; Maidorn, NJW 2006, 3752–3757. 19 Eine Ausnahme bildet z. B. Winkler, Aushöhlung der Individualrechte für fiskali­ sche Zwecke, 2007, S. 66–67; Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenab­ rufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 184– 187; Göres, NJW 2005, 253 (254–255) sprechen zwar an, dass der Abruf für steuerliche Zwecke ein anderer als der ursprüngliche Zweck der Datenbank nach § 24c KWG ist, doch bleibt unklar, ob und ggf. was sie für die verfassungsrechtliche Prüfung daraus ableiten. 20 Bülte, Die Geldwäschegesetzgebung als Ermächtigungsgrundlage für den Informati­ onsaustausch zwischen den Steuerbehörden und den Strafverfolgungsorganen, 2007.

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A. Literaturüberblick

Erst in jüngster Zeit hat sich Seer mit der Verschränkung von Geldwä­ schebekämpfung und Besteuerung im Bereich der Identifizierung von Kontoeigentümern und wirtschaftlich Berechtigten auseinandergesetzt. Er hat die Geldwäschegesetzgebung mit dem automatischen Informati­ onsaustausch in Steuersachen (Automatic Exchange of Information – AEOI) auf Grundlage des Gemeinsamen Meldestandards (Common Re­ porting Standard – CRS) verglichen und meint, eine Verwendung der „im Zuge der Geldwäscherichtlinie erhobenen Daten […] wäre aus dem Blickwinkel des Steuervollzugs von hohem Nutzen“. Gleichzeitig stellt er erste datenschutzrechtliche Erwägungen an, wobei nicht immer klar wird, inwieweit diese den Zugriff der Finanzbehörden auf das Transpa­ renzregister betreffen oder darüber hinaus gehen. Er scheint einer Nut­ zung der aufgrund der Geldwäschegesetzgebung erhobenen, erfassten, übermittelten oder gespeicherten Daten für steuerliche Zwecke jeden­ falls im Steuerstrafrecht positiv gegenüberzustehen. Er legt jedoch nur eine erste Skizze vor, die zahlreiche Aspekte des einfachen Rechts und des Grundrechtsschutzes noch offenlässt.21 Müller-Dragovits und Somare haben sich ebenfalls mit dem Zusammenspiel zwischen dem AEOI und der Geldwäschegesetzgebung beschäftigt und dabei insbesondere be­ leuchtet, in welchem Umfang die Verschränkung beider Regime auf Ebe­ ne der Verpflichteten Synergieeffekte zu generieren vermag. Sie gehen davon aus, dass es diese Effekte gibt und sie künftig stärker genutzt wer­ den.22 In größerem Umfang diskutiert wurde ferner die – nicht zuletzt steuer­ lich motivierte – Schaffung eines Transparenzregisters, in dem die wirt­ schaftlich Berechtigten an bestimmten Vereinigungen verzeichnet sind. Dabei ging es vor allem um den Zugang der Öffentlichkeit zu diesem Register,23 nur vereinzelt speziell um den Zugriff der Finanzbehörden24. 21 Seer, in: Marino (Hrsg.), New exchange of information versus tax solutions of equi­ valent effect, 2015, S. 57–87; Seer/Wilms, StuW 2015, 118–133 (gekürzte und über­ setzte Fassung des vorgenannten Beitrags von Seer). 22 Müller-Dragovits/Somare, in: Lang/Haunold (Hrsg.), Transparenz – Eine neue Ära im Steuerrecht, 2016, S. 81–130; s. a. Somare, in: Owens/McDonell/Franzsen u.a. (Hrsg.), Inter-agency Cooperation and Good Tax Governance in Africa, 2017, S. 162–176. 23 Kirchhof, Ein öffentlicher Zugang zum Transparenzregister verletzt das Grund­ gesetz, 22.04.2017; Kirchhof, ZRP 2017, 127; Kirchhof, DB 2017, M4–M5; Kirchhof, Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur vierten EU-Geldwäscherichtlinie, 06.11.2019; Reuter, NZG 2020, 178 (180–181); Teichmann, ZGR 2020, 450– 463. Siehe dazu auch European Data Protection Supervisor, Opinion 1/2017: EDPS Opinion on a Commission Proposal amending Directive (EU) 2015/849 and Di­ rective 2009/101/EC, 02.02.2017, S. 13–14; Council of the European Union, Opinion of the Legal Service on the compatibility of the provisions on public access to be­ neficial ownership information with the applicable data protection guarantees, Ratsdok. 15655/16 v. 16.12.2016. 24 Seer/Wilms, StuW 2015, 118–133.

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Einführung 

B. Fragestellung Die rechtswissenschaftliche Forschung zu den nicht in erster Linie straf­ rechtlichen, sondern informationellen Berührungspunkten von Geldwä­ schegesetzgebung und Steuerrecht steht somit noch am Anfang. Diesem Aspekt wird daher im Rahmen der vorliegenden Arbeit nachgegangen. Dabei wird eine dreiteilige Fragestellung gewählt: Zunächst sollen die informationellen Verflechtungen von Geldwäsche­ recht und Steuerrecht  – also möglichst alle Kanäle für den Informations­ fluss zwischen beiden Bereichen – umfassend und systematisch unter­ sucht werden. Aus diesen Informationskanälen soll sodann ein bestimmter Kanal her­ ausgegriffen und näher beleuchtet werden, nämlich die Weiterverarbei­ tung personenbezogener Daten, die ursprünglich zum Zweck der Geld­ wäschebekämpfung erfasst wurden, durch die Finanzbehörden vor allem für Zwecke des Besteuerungsverfahrens. Dabei soll insbesondere nach Hinweisen darauf gesucht werden, dass das Geldwäscherecht gezielt für steuerliche Zwecke fruchtbar gemacht wird. Daran anschließend soll die Frage aufgeworfen werden, ob der Einsatz des Geldwäscherechts für steuerliche Zwecke mit den Grundrechten des Betroffenen vereinbar ist. Soweit in der steuerrechtlichen Literatur bis­ lang überhaupt untersucht wurde, inwieweit die Geldwäschegesetzge­ bung als Informationsquelle der Finanzbehörden dienen kann, wurden die datenschutzrechtlichen Fragen höchstens angerissen. Auch die Ver­ einbarkeit der Geldwäschegesetzgebung selbst mit den grundrechtlichen Datenschutzvorgaben ist bislang kaum erforscht worden; in der deutsch­ sprachigen Literatur haben sich dieser Frage soweit ersichtlich vor allem Herzog und Degen gewidmet, in der englischsprachigen Literatur erst jüngst Kaiser und Milaj.25 Das ist erstaunlich, führt man sich vor Augen, dass die Geldwäschegesetzgebung zu massenhaften und oftmals heimli­ chen Eingriffen in die durch Art. 8 EMRK, Art. 7 und 8 GRCh und Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechte praktisch aller (!) Bürger führt. Mögen Maßnahmen mit vergleichbar hoher Ein­ 25 Siehe z. B. Herzog, WM 1996, 1753 (1756–1763); Herzog, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 427 (448– 449); Herzog, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinsti­ tute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 47 (72-73, 76); Herzog/Christmann, WM 2003, 6 (10–14); Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 157–161; Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 196–272; Rüpke, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und ­Gewinnabschöpfung, 2006, S. 632–671; Fülbier/Aepfelbach, GwG, 2. Aufl. 1994, S. 128–131; Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 415–528; Milaj/Kaiser, IDPL 7 (2017), 115–125.

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C.  Aufbau und Methodik

griffsintensität zur Bekämpfung schwerster Straftaten und des internati­ onalen Terrorismus vielleicht noch zu rechtfertigen sein,26 stellen sich spätestens bei der Weiterverarbeitung personenbezogener Daten für steu­ erliche Zwecke drängende Fragen des Grundrechtsschutzes. Werden Da­ ten zu einem bestimmten Zweck in einer Weise erhoben und verarbeitet, die mit Grundrechtseingriffen von erheblichem Gewicht einhergeht, dann ist deren Weiterverarbeitung zu einem anderen Zweck – zumal durch eine andere Behörde mit anderen Aufgaben – alles andere als un­ problematisch.27 Es droht eine „systematische Zweckentfremdung von Daten“28. In der Fragestellung dieser Arbeit kreuzen sich letztlich zwei Grundkon­ flikte, die angesichts der modernen Informationstechnologie, der sich stetig verbessernden Fähigkeiten zur Auswertung sehr großer Daten­ mengen und der fortschreitenden Digitalisierung des täglichen Lebens besondere Brisanz gewinnen: Die Geldwäschegesetzgebung spricht das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit an – wie weit darf der Staat seine Bürger überwachen, um die Begehung von Straftaten zu verhindern? Aus steuerrechtlicher Perspektive geht es hingegen um den Ausgleich zwischen Freiheit und Gleichheit. Inwieweit rechtfertigt das Ziel, alle Steuerpflichtigen nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig zu besteuern, die Ausforschung des Einzelnen? Durch den doppel- oder mul­ tifunktionalen Einsatz von Ermittlungsinstrumenten drohen diese Kon­ fliktlinien zu verschwimmen. Die Überlegungen, die zur Beantwortung dieser Frage angestellt werden, lassen sich dann – freilich mit Anpassungen – auch zur Beurteilung ande­ rer Fälle der zweckändernden Übermittlung und Weiterverarbeitung per­ sonenbezogener Daten für steuerliche Zwecke fruchtbar machen.

C. Aufbau und Methodik Die Arbeit gliedert sich in drei Kapitel. Im ersten Kapitel wird in die Geldwäschebekämpfung eingeführt. Es geht darum, was Geldwäsche ist und warum und mithilfe welcher gesetzlicher Maßnahmen versucht wird, ihr Einhalt zu gebieten. Da es sich bei der Geldwäschegesetzgebung um ein komplexes, mehrschichtiges Regelungsregime handelt, sollen auch seine Genese und die wesentlichen Akteure betrachtet werden. Nur dadurch lassen sich der derzeitige Stand und die historische Ent­ 26 Verneinend Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 196–272. 27 Erste Gedanken zu dieser Problematik finden sich bei Fülbier/Aepfelbach, GwG, 2. Aufl. 1994, S. 128–131. 28 Bülte, NJW-aktuell 14/2017, 3.

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Einführung 

wicklung der Geldwäschegesetzgebung in Deutschland verstehen und zutreffend einordnen. In diesem Rahmen werden die deutsche und inter­ nationale Literatur, Rechtsprechung und Gesetzesmaterialien, Protokol­ le, Berichte und ähnliche Quellen ausgewertet und miteinander ver­ knüpft. Dabei werden neben rechtswissenschaftlichen an geeigneter Stelle auch kriminologische, politikwissenschaftliche und ökonomische Aspekte in die Untersuchung einbezogen. Mit dem ersten Kapitel wer­ den zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll die Leserin bzw. der Leser nicht zuletzt durch Darstellung der historischen Entwicklung erkennen, wie weitreichend das geldwäscherechtliche Instrumentarium heute ist. Die­ ser Befund ist für die verfassungsrechtliche Würdigung im dritten Kapitel bedeutsam. Zum anderen wird gezeigt, wie die stetige Expansion des Geldwäscherechts und die Erweiterung der damit verfolgten Ziele der Heranziehung des Regimes für steuerliche Zwecke den Boden bereitet hat. Der letztgenannte Aspekt wird im zweiten Kapitel aufgegriffen und ver­ tieft, indem die Bezüge zwischen der Geldwäschegesetzgebung und dem Steuerrecht untersucht werden. Beleuchtet werden dabei insbesondere die verschiedenen Entwicklungsstränge auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, die zu einer zunehmenden Verflechtung des Steu­ errechts mit dem Geldwäscherecht führten. In diesem Rahmen erfolgt eine Analyse öffentlich zugänglicher Quellen. Zum anderen werden hier aber auch – freilich in begrenztem Umfang – Rechtstatsachen erforscht, und zwar durch leitfadengestützte Experteninterviews und durch Anfra­ gen an öffentliche Stellen. Es wird nachgewiesen, dass sich die zunächst weitgehend voneinander unabhängigen Regelungsmaterien Steuerrecht und Geldwäscherecht im Verlauf der vergangenen 25 Jahre immer stär­ ker angenähert haben, wobei der Informationsaustausch zwischen den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden und den Finanz­ behörden die zentrale Rolle spielt. Die Leserinnen und Leser sollen sich ein Bild von den wesentlichen internationalen Initiativen für den Infor­ mationsaustausch zwischen den Finanzbehörden und den mit der Geld­ wäschebekämpfung beauftragten Behörden, der Entwicklung und dem Stand des diesem Zweck dienenden deutschen Rechtsrahmens und in groben Zügen auch vom Ablauf und der Bedeutung des Informationsaus­ tauschs in der Praxis machen können. Daran knüpft schließlich das dritte Kapitel an, in dem die Vereinbarkeit des Informationsaustauschs zwischen den Finanzbehörden und den mit der Geldwäschebekämpfung beauftragten Behörden am Maßstab höher­ rangigen Rechts geprüft wird. Aus den verschiedenen Möglichkeiten des Informationsaustauschs wird dabei der Zugang der Finanzbehörden zu personenbezogenen Daten aus Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG ge­ wählt, die private Stellen bei möglichen Geldwäschefällen gegenüber der 10

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C.  Aufbau und Methodik

Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen zu erstatten haben. Daran lassen sich die spezifischen grundrechtlichen Probleme besonders gut verdeutlichen, denn in einer Meldung können sämtliche personenbe­ zogene Daten, die von den Verpflichteten in Erfüllung ihrer Sorgfalts­ pflichten verarbeitet werden, enthalten oder eingeflossen sein – und das geht weit über die Daten hinaus, deren Erhebung das Geldwäschegesetz ausdrücklich verlangt. Die mögliche Persönlichkeitsrelevanz dieser Da­ ten ist deutlich höher als die von Informationen über das Vorhandensein und die Identität eines wirtschaftlich Berechtigten und Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses. Aus Meldungen – Erst- und Folgemel­ dungen – kann im Lauf der Zeit ein immer höher aufgelöstes Bild der persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Einzel­ nen entstehen, entweder unmittelbar oder durch die in der Folge ausge­ lösten Ermittlungsmaßnahmen. Dabei wird zunächst durch einen Vergleich mit den vorhandenen ab­ gabenrechtlichen Ermittlungsinstrumenten verdeutlicht, dass die Be­ sonderheit und die besondere Attraktivität dieser Form der Behörden­ zusammenarbeit in einer nicht unerheblichen Erweiterung der fi­ nanzbehördlichen Ermittlungsmöglichkeiten besteht. Im Anschluss wird herausgearbeitet, dass die Grundrechte des Grundgesetzes trotz der star­ ken europarechtlichen Beeinflussung des Geldwäscherechts den richti­ gen Prüfungsmaßstab darstellen. Sodann erfolgt eine Prüfung anhand des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Diese führt zu dem Ergebnis, dass die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten aus dem Bereich der Geldwäschebekämpfung für steuerliche und steuerstrafrecht­ liche Zwecke, wie sie im geltenden Recht geregelt ist, mit der Verfassung unvereinbar ist. Abgerundet wird das dritte Kapitel mit Vorschlägen für eine restriktive verfassungskonforme Neuregelung des Rechtsrahmens für die Datenübermittlung an die Finanzbehörden.

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Kapitel 1 Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung Das erste Kapitel ist den Grundlagen gewidmet. Es ist in drei Unterkapi­ tel aufgeteilt: Im ersten Unterkapitel (A.) geht es darum, was unter Geld­ wäsche zu verstehen ist, wie sie funktioniert, welches Ausmaß sie hat und welche Gefahren mit ihr verbunden sind. Im zweiten Unterkapitel werden die zwei wesentlichen Säulen der Geldwäschegesetzgebung mit­ samt ihren historischen und internationalen Bezügen vorgestellt – zum einen die Strafvorschriften, durch die Geldwäschehandlungen kriminali­ siert werden, zum anderen die Vorschriften, die vor allem durch Statu­ ierung von Sorgfalts-, Dokumentations- und Meldepflichten Geldwäsche verhindern und die Verfolgung von Geldwäschetaten erleichtern sollen (B.). Den Schluss des ersten Kapitels bilden eine Zusammenfassung und kritische Diskussion der Maßnahmen, die zur Verhütung und Verfolgung der Geldwäsche ergriffen worden sind (C.). Wichtig ist es, das erste Kapitel nicht als bloße Darstellung zu sehen, sondern als eine Art „Allgemeinen Teil“ zu den folgenden Kapiteln, auf den immer wieder zurückgegriffen werden kann und soll. Die im zwei­ ten Kapitel dargestellte Entwicklung – die Verqickung von Geldwäscheund Steuerrecht –, aber auch die verfassungsrechtlichen Spannungslagen, um die es im dritten Kapitel geht, lassen sich nur dann erklären, ein­ ordnen und verstehen, wenn man sich das erhebliche Ermittlungspoten­ tial des Geldwäscherechts, seine Offenheit für verschiedene Zweckset­ zungen sowie die Besonderheiten des Regelsetzungsprozesses vor Augen führt. Nicht gesondert besprochen, sondern allenfalls im Zusammenhang er­ wähnt werden in diesem Kapitel die Maßnahmen zur Barmittelüberwa­ chung.29 Ihr Anwendungsbereich ist auf den physischen Transport von Barmitteln i. S. v. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) 1889/2005 beschränkt und ihre Grundrechtsrelevanz ist deutlich geringer als die der übrigen Maßnahmen der Geldwäschegesetzgebung. Die im Zuge der Barmittel­ überwachung verarbeiteten Daten können zwar ebenfalls für steuer(straf)-­

29 Diese werden unionsrechtlich geregelt durch die Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 v. 26.10.2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, ABl. L 309 v. 25.11.2005, 9, die zum 03.06.2021 vollständig abgelöst wurde durch die Verordnung (EU) 2018/1672 v. 23.10.2018 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Union oder aus der Union verbracht werden, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005, ABl. L 284 v. 12.11.2018, 6. Im deutschen Recht maßgeblich sind §§ 1 Abs. 4, 12a ZollVG.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

rechtliche Zwecke genutzt werden;30 die grundrechtlichen Spannungsla­ gen, um die es in dieser Arbeit geht, lassen sich dabei jedoch wegen der geringeren Eingriffsintensität der Maßnahmen weniger klar beobachten. Ebenfalls nur am Rande behandelt wird die Terrorismusfinanzierung i. S. v. § 1 Abs. 2 GwG.31 Sie wird zwar immer wieder hervorgehoben, insbesondere wenn es um eine weitere Verschärfung der Geldwäsche­ gesetzgebung geht.32 Im Gesamtaufkommen von Geldwäschemeldungen ist ihre Bedeutung jedoch marginal.33 Darüber hinaus ist sie konzep­ tionell grundverschieden von der Geldwäsche und deshalb schwer in den Aufbau der Arbeit zu integrieren.34 Im übrigen drängt sich der Ein­ druck auf, dass die Beschwörung der terroristischen Gefahr in Geset­ zesbegründungen und ähnlichen Verlautbarungen – vor allem durch 30 Rechtsgrundlage ist § 12a Abs. 8 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, Satz 3 ZollVG. Die Vorschrift geht zurück auf § 12a FVG i. d. F. d. G. v. 04.05.1998, BGBl. I 1998, 845, der eine Datenübermittlung an die Finanzbehörden zu steuer(straf)lichen Zwecken nur er­ laubte, wenn „Grund zu der Annahme [bestand], daß Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel zum Zwecke der Geldwäsche verbracht werden.“ Als § 12a FVG durch Art. 7 des G. v. 14.12.2001, BGBl. I 2001, 3714, in § 12a ZollVG überführt wurde, fiel diese Beschränkung ohne Begründung weg. Es ist fraglich, ob § 12a Abs. 8 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, Satz 2 ZollVG in seiner aktuellen Fassung im Einklang steht mit Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2018/1672. Die Verordnung (EG) 1889/2005 ist insoweit nicht eindeutig, was in den Mitgliedstaaten zu unterschied­ lichen Auffassungen über die Zulässigkeit der Übermittlung und Verarbeitung der im Rahmen der Barmittelüberwachung gewonnenen Daten für steuerliche Zwecke geführt hat, vgl. Europäische Kommission, Commission Staff Working Document: Impact ­Assessment, 21.12.2016, S. 18. Die Kommission ging davon aus, dass die Rechtsgrundlage der VO (EU) 2018/1672 es nicht erlaubt, diese Frage dort zu regeln und nahm die dahingehenden Anregungen aus dem Konsultationsverfahren nicht auf, siehe Europäische Kommission, Commission Staff Working Document: Impact ­Assessment, 21.12.2016, S. 19. Nachdem bislang keine entsprechende Regelung auf der von der Komission für zutreffend gehaltenen Rechtsgrundlage erlassen wurde, spricht viel dafür, dass die zweckändernde Weiterverarbeitung – wie sie § 12a Abs. 8 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, Satz 3 ZollVG vorsieht – unzulässig wäre. Seit dem Ab­ lauf der Übergangsfrist der VO (EG) 2018/1672 am 03.06.2021 besteht somit Anpas­ sungsbedarf. Die Zulässigkeit der Verwertung der nach § 12a FVG in der im Jahr 2000 geltenden Fassung übermittelten Informationen im Besteuerungsverfahren bejaht das FG Nürnberg, Urt. v. 12.05.2009 – 2 K 277/2008, BeckRS 2009, 26027931; siehe auch FG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.03.2007 – 11 K 297/02, DStRE 2007, 1575 zu den Grenzen der Befugnisse aus § 12a ZVG. 31 Eine kurze Übersicht und Analyse der Maßnahmen gegen Terrorismusfinanzierung bietet etwa Levi, BJC 50 (2010), 650–669. 32 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. vii. 33 Pointiert dazu Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 449–450; aus schweizerischer Perspektive Killias, Jusletter 23.02.2015, Rn. 9. Sie­ he auch Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 130–133. 34 So verfahren deshalb auch Van Duyne/Harvey/Gelemerova (Hrsg.), The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. vii. Zu den konzeptionellen Unterschie­ den siehe Kapitel 1 A. I.

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A. Geldwäsche

mantraartige Wiederholung der Worte „Geldwäsche und Terrorismusfi­ nanzierung“ – dazu dient, Zweifel an der Legitimität der Geldwäschege­ setzgebung von vornherein zu zerstreuen. Darüber hinaus fördert die bloße Bezugnahme auf die Geldwäsche die Lesbarkeit; sofern von Maß­ nahmen zur Geldwäschebekämpfung die Rede ist, ist die Terrorismusfi­ nanzierung in aller Regel mitgemeint.

A. Geldwäsche Geldwäsche ist heute ein alltäglicher Begriff. In der Presse ist er beinahe jeden Tag zu lesen.35 Blickt man in Vertragssammlungen, Amts- bzw. Ge­ setzblätter und andere offizielle Verlautbarungen, so kann man ebenfalls große Geschäftigkeit im Bereich der Geldwäsche feststellen – eine er­ staunliche Entwicklung, führt man sich vor Augen, dass Geldwäsche erst vor etwa drei Jahrzehnten eine größere öffentliche Aufmerksamkeit erhielt. In diesem Unterkapitel geht es darum, was Geldwäsche ist (I.), wie sie funktioniert (II.) und welche Auswirkungen sie hat oder zumin­ dest haben kann (III.).

I. Begriff Ein einheitliches Verständnis des Begriffs der Geldwäsche36 gibt es trotz seiner Verbreitung nicht.37 Über die Etymologie des Begriffs kann nur spekuliert werden.38 In der deutschen Presse jedenfalls ist der Begriff ab 35 Vgl. kritisch Arzt, in: Diederichsen (Hrsg.), Das mißglückte Gesetz, 1997, S. 17 (26): „Geldwäsche ist geradezu explosionsartig zu einem Modethema erblüht.“ (Hervorh. i. Orig.); Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 15: „erstaunliche ‚Kar­ riere‘“. 36 Gebräuchlich ist neben Geldwäsche und Geldwaschen noch der Begriff Geldwä­ scherei, der vor allem – aber nicht nur – in der Literatur aus der Schweiz und Öster­ reich zu finden ist. Es handelt sich dabei um diatopische Variationen der deutschen Sprache (vgl. Nussbaumer, in: Brambilla/Messina/Gerdes (Hrsg.), Diatopische Vari­ ation in der deutschen Rechtssprache, 2013, S. 117 (120, 137)), nicht um eine unge­ naue, schiefe oder gar falsche Sprachverwendung (so aber Bongard, Wirtschaftsfak­ tor Geldwäsche, 2001, S. 3; Häde, EuZW 1991, 553 (553)). In dieser Arbeit wird einheitlich der Begriff Geldwäsche verwendet. 37 Vgl. Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnab­ schöpfung, 2006, S. 1 (1–2); Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 196. 38 Verbreitet ist die Erklärung, der Begriff gehe auf Al Capone zurück, der die Einnah­ men aus dem illegalen Alkoholhandel mithilfe von Wäschereien (launderettes) als legale Einkünfte ausgegeben habe, siehe z. B. Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinan­ zierung?, 2009, S. 195–196; Unger/Siegel/Ferwerda u.a., The Amounts and Effects of Money Laun­ dering, 2006, S. 20; van Duyne, in: van Duyne/Lampe/Newell

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

den 1970er Jahren vor allem im Zusammenhang mit illegaler Wahl­ kampffinanzierung in den USA, später auch illegalen Parteispenden in Deutschland verwendet worden.39 So machte etwa die Wochenzeitschrift DER SPIEGEL im Jahr 1986 „Die Geldwäsche der Genossen“ zum Ti­ telthema einer Ausgabe.40 Diese Bedeutung findet sich noch im Wörter­ buch Duden, wonach Geldwäsche auch „das Weiterleiten unbeschränkt steuerbegünstigter Spendengelder an eine Institution [ist], besonders an eine politische Partei, für deren Spenden nur eine teilweise Steuerver­ günstigung besteht“.41 Diese Form der „Geldwäsche“ kann den Tatbe­ stand des 2002 geschaffenen § 31d PartG erfüllen.42 Für das juristische und kriminologische Begriffsverständnis spielt sie hingegen nur eine un­ tergeordnete Rolle. Heute steht die andere im Duden verzeichnete Wortbedeutung im Vor­ dergrund, nämlich „das Umwandeln von Geldern illegaler Herkunft (…) in offiziell registrierte Zahlungsmittel“.43 Das ist – jedenfalls in Aus­ schnitten – was in Deutschland der 1992 in Kraft getretene § 261 StGB unter Strafe stellt.44 In den 1980er und 1990er Jahren wurde über Geldwä­ sche in der Öffentlichkeit weit überwiegend im Zusammenhang mit der sog. organisierten Kriminalität, insbesondere der Rauschgiftkriminalität, gesprochen.45 In diesem Kontext wird Geldwäsche vor allem im älteren, aber auch noch im jüngeren Schrifttum häufig erörtert.46 Auch die ersten (Hrsg.), Criminal finances and organising crime in Europe, 2003, S. 67 (69); Graf/­ Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 2. Ähnlich auch Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 6: „The most popular choices were clothes-laundries and car-washes – hence, it seems, the origin of the term.“ Dagegen spricht jedoch, dass Al Capone seine Einkünfte wohl nicht getarnt hat und auch keine Veranlassung dazu sah: Er ging davon aus, Einkünfte aus Straftaten seien nicht steuerbar („They can’t collect legal taxes from illegal in­ come.“ – Philipps Erb, Forbes v. 17.10.2017) und so war es ihm genug, keiner kon­ kreten Straftat überführt werden zu können, vgl. Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 63–64. 39 Siehe z. B. o. V., FAZ v. 16.10.1976, S. 5.; Wieland, FAZ v. 29.11.1986, S. 1. Vgl. zur Begriffsgeschichte auch Diepenmaat, De Nederlandse strafbaarstelling van witwas­ sen, 2016, S. 8–13. 40 DER SPIEGEL, Heft 28/1986. Siehe z. B. auch o. V., FAZ v. 23.09.1988, S. 2.  41 Duden online, Stichwort „Geldwäsche“, https://www.duden.de/node/731151/revi­ sions/1786433/view (zuletzt geprüft am 31.03.2020). 42 Dazu siehe z. B. Erbs/Kohlhaas/Lampe, § 31d PartG. 43 Duden online, Stichwort „Geldwäsche“, https://www.duden.de/node/731151/revi­ sions/1786433/view (zuletzt geprüft am 31.03.2020). 44 Dazu siehe unten, Kapitel 1 B. II. 3. 45 So z. B. die Geldwäsche-Serie in der DER SPIEGEL, Heft 9/1992, S.130–144, 10/1992, S. 146–160, 11/1992, S. 160–170, oder auch Piller, FAZ v. 07.10.1989, S. 11–12. Siehe auch Ziegler, Die Schweiz wäscht weißer, 1990. 46 Vgl. Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 4–5; Schwander-Auckenthaler, Missbrauch von Bankgeschäften zu Zwecken der Geldwäscherei, 1995, S. 11–15; Werner, Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, 1996, S. 9; Oswald,

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A. Geldwäsche

internationalen und nationalen Aktivitäten im Bereich der Geldwäsche­ bekämpfung standen überwiegend im Zeichen des Vorgehens gegen den weltweiten Rauschgifthandel.47 Heute hat die Geldwäschebekämpfung diesen ursprünglichen Anwendungsbereich hinter sich gelassen und er­ streckt sich über ein breites Spektrum an Bekämpfungszielen, das von organisierter Kriminalität und Terrorismus über Korruption bis zur Steu­ erhinterziehung reicht.48 Sie ist omnipräsent in der Presse und steht – zu­ sammen mit der Terrorismusfinanzierung – weit oben auf der kriminalund sicherheitspolitischen Agenda. Angesichts dessen ist erstaunlich, dass eine einheitliche Definition bis­ lang nicht gefunden werden konnte. Das ist im Bereich juristischer Defi­ nitionen (in Gestalt von Tatbeständen) nicht weiter überraschend,49 im Bereich kriminologischer Definitionen (die Grundlage der Tatbestands­ bildung sind, indem sie das zu erfassende Phänomen beschreiben) dage­ gen schon. Hier scheint sich der Begriff der Geldwäsche zur sog. organi­ sierten Kriminalität zu gesellen, die ebenfalls als großes Übel gilt und den Gesetzgeber zu weitreichenden Gesetzesverschärfungen bewogen hat, während über ihr Wesen, Ausmaß und Gefährlichkeit verblüffende Unklarheit herrscht.50 Kriminologische Definitionen finden sich in nicht mehr zu überschauen­ der Anzahl vor allem im wissenschaftlichen Schrifttum, aber auch in Veröffentlichungen staatlicher und nichtstaatlicher Stellen, Gesetzesbe­

Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutschland, 1997, S. 8. 47 Siehe dazu ausführlich Kapitel 1 B. 48 Siehe dazu ausführlich Kapitel 1 B und für die steuerlichen Bezugspunkte Kapitel 2. 49 Vgl. Pieth, in: ders. (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (8); Werner, Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, 1996, S. 12; van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 95. Eine Übersicht über Geldwäschetatbestände in völker- und europarechtlichen Rechtsak­ ten und verschiedenen Ländern findet sich bei Ambos, ZStW 2002, 236 (249–256). Eine rechtsvergleichende Untersuchung des Geldwäscherechts in Deutschland, Frankreich, Belgien und Österreich findet sich bei Koslowski, Harmonisierung der Geldwäschestrafbarkeit in der Europäischen Union, 2016. Rechtsvergleichend zum schweizerischen und zum amerikanischen Recht etwas älter, aber ausgesprochen aufschlussreich z. B.: Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992. Zum schweizerischen Recht: Schauwecker, Steuerdelikte als Vortaten zur Geldwäsche­ rei und deren Konsequenzen für Finanzintermediäre, 2016, S. 33–70. Zum nieder­ ländischen Recht z. B.: Diepenmaat, De Nederlandse strafbaarstelling van witwas­ sen, 2016. Zum norwegischen Recht: Rui, Hvitvasking, 2012. 50 Albrecht, Revista da Faculdade de Direito da Universidade de São Paulo 2010, 259– 280; Paul/Schwalb, Leviathan 2011, 125–140; Paoli, Crim. L. & Soc. Change 2002, 51–97; Kinzig, Die rechtliche Bewältigung von Erscheinungsformen organisierter Kriminalität, 2004, S. 48–76.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

gründungen und ähnlichen Quellen.51 Das Begriffsverständnis geprägt hat vor allem die Definition, die 1984 von der President’s Commission on Organized Crime formuliert wurde.52 Sie lautet: „‚Money Laun­dering‘ is the process by which one conceals the existence, illegal source, or illegal application of income, and then disguises that income to make it appear legitimate.“53

Im Einzelnen ist aber vieles unsicher: Als Gegenstand der Geldwäsche werden heute überwiegend Vermögenswerte aller Art angesehen, d. h. nicht bloß Bargeld, sondern z. B. auch Edelmetalle, Edelsteine, wertvolle Briefmarken, Kunstgegenstände, Antiquitäten, Giralgeld und E-Geld.54 Diese Gegenstände müssen nach allgemeiner Ansicht mit einer rechtlich 51 Vgl. z. B. Unger/Siegel/Ferwerda u.a., The Amounts and Effects of Money Laun­ dering, 2006, S. 30–37, die allein 18 verschiedene Definitionen vor allem internatio­ naler Organisationen, Einrichtungen, Arbeitsgruppen, aber auch aus der Literatur aufführen und vergleichen. 52 Zitiert z. B. von Bernasconi, Die Geldwäscherei im schweizerischen Strafrecht, 1986, S. 20; Arzt, ZStR 1989, 160 (167); Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 2; Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 19; Werner, Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, 1996, S. 12; Werner, Wachstumsbranche Geldwäsche, 1996, S. 13; Leip, Der Straftatbestand der Geldwä­ sche, 1999, S. 6; Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 17; Fischer, Die Strafbarkeit von Mitarbeitern der Kreditinstitute wegen Geldwäsche, 2011, S. 18; Taube, Entstehung, Bedeutung und Umfang der Sorgfaltspflichten der Schweizer Banken bei der Geldwäschereiprävention im Bankenalltag, 2013, S. 9; Schau­ wecker, Steuerdelikte als Vortaten zur Geldwäscherei und deren Konsequenzen für Finanzintermediäre, 2016, S. 6; Fuchs, Die Steuergeldwäscherei im Schweizer Recht, 2017, S. 18; Ambos, ZStW 2002, 236 (240); AWHH/Heinrich, § 29 Geldwä­ sche, § 261 StGB Rn. 1; Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 2 (Fn. 7); Flatten, Zur Strafbarkeit von Bankangestellten bei der Geldwäsche, 1996, S. 2; Höreth, Die Bekämpfung der Geldwäsche, 1996, S. 9; Oswald, Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutschland, 1997, S. 9; Spiske, Pecunia olet?, 1997, S. 29; Dionyssopoulou, Der Tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 3; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 45; Pieth, in: ders. (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (8); Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 (353); Bülte, Die Geldwäschegesetzgebung als Ermächtigungsgrundlage für den Informati­ onsaustausch zwischen den Steuerbehörden und den Strafverfolgungsorganen, 2007, S. 164; Barreto da Rosa, in: Diergarten/Barreto da Rosa (Hrsg.), Praxiswissen Geldwäscheprävention, 2015, S. 1 (1). 53 President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. 7. 54 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 44: „Erlöse“; Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 3–4; Höreth, Die Bekämpfung der Geldwäsche, 1996, S. 9; Knorz, Der Un­ rechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 31; van Duyne/Harvey/Gelemerova, The ­Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 93–94: „asset“; Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 (353): „Vermögenswerte beliebiger Art“. Fuchs, Die Steuergeldwäsche­ rei im Schweizer Recht, 2017, S. 18–19 spricht hingegen nur von „Geldern“ und bildet seine Beispiele überwiegend mit Bargeld; virtuelle Währungen wie „Bit­ coins“ erwähnt er ebenfalls (S. 22). Anders noch Carl/Klos, Regelungen zur Be­ kämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1994, S. 30: „Bei al­ len diesen Delikten ist es Bargeld, das es ‚weißzuwaschen‘ gilt.“; Burr, Geldwäsche,

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A. Geldwäsche

missbilligten Handlung in Zusammenhang stehen; auch wenn „illegal“ und „criminal“ bzw. „verboten“ und „strafbar“ nicht gleichbedeutend sind, herrscht Konsens, dass die rechtlich missbilligte Handlung eine Straftat darstellen muss.55 Von allen Definitionen erfasst sind Gegenstän­ de, die durch Straftaten erlangt wurden (z. B. ertrogenes oder gestohlenes Geld, Erlöse aus dem Rauschgifthandel). Teils sollen zudem Gegenstände einbezogen werden, auf die sich die Straftat bezieht (z. B. Schmuggel­ ware) oder – ungeachtet ihrer Herkunft – die Gegenstände, die für eine missbilligte Handlung verwendet werden sollen (z. B. Bestechungsgeld, Geld für Erwerb von Tatwerkzeugen etc.).56 Innerhalb der ersten Gruppe von Gegenständen (Herkunft aus einer rechtlich missbilligten Handlung) wird meist nicht zwischen Umsatz und Gewinn differenziert.57 Uneinig­ keit herrscht über die Frage, ob auch der Vermögensvorteil einbezogen sein soll, der durch die Hinterziehung von Steuern auf rechtmäßige Ein­ künfte entsteht, wobei nicht immer klar wird, ob es nur um diesen Ver­ mögensvorteil geht oder den zu Unrecht nicht ordnungsgemäß erklärten Teil der Einkünfte insgesamt.58 Auch über das Ziel der Geldwäsche besteht keine Einigkeit: Nach einer verbreiteten Ansicht besteht es darin, den Gegenstand nicht nur von sei­ nem Zusammenhang mit einer rechtlich missbilligten Handlung zu be­ freien („waschen“), sondern ihn als Gegenstand allein rechtmäßiger Handlungen darzustellen (z. B. geschenktes statt gestohlenes Geld, Spen­ de an gemeinnützige Organisation statt Zuwendung an terroristische 1995, S. 8: „nahezu ausschließlich […] Bargeld“; Schneider/Dreer/Riegler, Geld­ wäsche, 2006, S. 16: „Hauptsächlich […] Bargeld.“ 55 Siehe nur Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 44: „Herkunft […] aus Straftaten“; ­Höreth, Die Bekämpfung der Geldwäsche, 1996, S. 9: „aus Straftaten“; vgl. auch Carlos de Oliveira, in: Vogel/Maillart (Hrsg.), National and International Anti-­ Money Laun­dering Law, 2020, S. 399 (413). 56 So z. B. Pieth, in: ders. (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (8); Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 17; Höreth, Die Bekämpfung der Geldwäsche, 1996, S. 9 in Anknüpfung an die Definition der President’s Commission (siehe Fn. 53); Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 198. 57 Anders z. B. Rebscher/Vahlenkamp, Organisierte Kriminalität in der Bundesre­ publik Deutschland, 1998, S. 110, die ausschließlich von „illegal erlangten Gewin­ nen“ sprechen. 58 So z. B. van Duyne/Miranda, Crim. L. & Soc. Change 31 (1999), 245 (262): „money from legitimate labour, trade and industry may need some laundering if it has been kept out of sight of the taxman’s prying eyes.“ Siehe auch Bajo, in: Schünemann/ Suárez González (Hrsg.), Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, 1994, S. 3 (9–10), der Geldwäsche vor allem auf „Schwarzgeld“ (unversteuerte Einkünfte) bezieht; ferner Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 5; Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 19; Wöß, Geldwä­ scherei und Banken, 1994, S. 8–10. Anders hingegen z. B. Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 19–20.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Gruppierung).59 Andere hingegen lassen schon das Verschleiern des Zu­ sammenhangs mit einer Straftat (z. B. schlichter Umtausch als Lösegeld erhaltener, registrierter Banknoten in nichtregistrierte Banknoten),60 das bloße Verbergen (z. B. Vergraben, Verstecken) oder jede Form der Einbrin­ gung in die legale Wirtschaft (z. B. Erwerb von Gegenständen des tägli­ chen Bedarfs)61 ausreichen. Ferner werden mitunter weitere Definitionsmerkmale vorgeschlagen: Gerade (aber nicht nur) die frühen Definitionsversuche stellen eine defi­ nitorische Verknüpfung mit der organisierten Kriminalität her,62 wobei 59 Chaikin, in: Eser/Lagodny (Hrsg.), Principles and Procedures for a New Transnatio­ nal Criminal Law, 1992, S. 415 (415): „Creating a justification for controlling or possessing assets is the essence of laundering.“; Pieth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämp­ fung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (8): „dem Geld einen legalen Stammbaum ver­ schaffen“; Pieth, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 11 (14): „legale[n] raison d’être“. Siehe auch Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 3; ­ Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöp­ fung, 2006, S. 1 (3); Bongard, Wirtschaftsfaktor Geldwäsche, 2001, S. 81; Carl/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1994, S. 29–30; wohl auch Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 3; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetat­ bestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 1; Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 31; van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 94; Oswald, Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutschland, 1997, S. 9; Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und engli­ schen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 28; Alldridge, Money Laun­dering Law, 2003, S. 2; Löwe-Krahl, in: Achenbach/Ransiek (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 22008, S. 1167 (1168) (Rn. 1); Barreto da Rosa, in: Diergarten/Barreto da Rosa (Hrsg.), Praxiswissen Geldwäscheprävention, 2015, S. 1 (1); Koslowski, Harmonisie­ rung der Geldwäschestrafbarkeit in der Europäischen Union, 2016, S. 47–48; Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 54. 60 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 44; Fülbier, in: Fülbier/Apfelbach/Langweg (Hrsg.), GwG, 2006, Einleitung Rn. 14; nicht ganz eindeutig Kern, Geldwäsche und organi­ sierte Kriminalität, 1993, S. 17–18; wohl auch Schwander-Auckenthaler, Miss­ brauch von Bankgeschäften zu Zwecken der Geldwäscherei, 1995, S. 10; Flatten, Zur Strafbarkeit von Bankangestellten bei der Geldwäsche, 1996, S. 2–3; Höreth, Die Bekämpfung der Geldwäsche, 1996, S. 9; Dionyssopoulou, Der Tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 3; Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 16–17; Find­ eisen, in: Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und euro­ päischen Bankrecht, 2009, S. 2121 (2123, Rn. 2); Burr, Geldwäsche, 1995, S. 8–9. 61 So z. B. die sehr umfassenden Umschreibungen bei Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 4a; Körner/Patzak/Volkmer/Volkmer, § 29 BtMG Teil 23 Rn. 32. Ebenfalls recht weit z. B. Delrue, Witwassen en financiering van terrorisme, 2014, S. 17; Wahl, in: Müller-Gugenberger (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, 2015, 1895 (1896). 62 Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 4–5; Körner/Dach, Geld­ wäsche, 1994, S. 14; Dreher/Tröndle, StGB, § 261 Rn. 3; Bülte, Die Geldwäschege­ setzgebung als Ermächtigungsgrundlage für den Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden und den Strafverfolgungsorganen, 2007, S. 165; Stratenwerth/ Bommer, Schweizerisches Strafrecht, 2013, S. 406 (Rn. 21); Schauwecker, Steuerde­ likte als Vortaten zur Geldwäscherei und deren Konsequenzen für Finanzinterme­

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A. Geldwäsche

damit sowohl ein Zusammenschluss von Kriminellen (kriminelle Orga­ nisation) gemeint sein kann, denen der Geldwäschegegenstand zuzuord­ nen ist, als auch eine bestimmte, nämlich organisierte Form kriminellen Verhaltens, das allein als rechtlich missbilligtes Verhalten in Betracht kommt, mit dem der Gegenstand in Zusammenhang stehen muss.63 Auch der (systema­tische) Missbrauch des Banken- und Finanzsystems64 sowie die Interna­tionalität des Prozesses65 werden gelegentlich als Defi­ nitionsmerkmal genannt. Insgesamt ist auffällig, dass die Ausführungen zum Begriff der Geldwä­ sche in vielen Arbeiten ungenau und teils sogar widersprüchlich sind. So geben z. B. einige Autoren die Definition der President’s Commission on Organized Crime wieder, lassen bei der Übersetzung oder Erläuterung jedoch ohne Begründung Teile davon weg. Auch der oft verwendete Be­ griff „Verschleiern“ ist – für sich genommen – unklar, denn damit kann sowohl die bloße Verwischung der Spur zwischen Gegenstand und Vortat als auch die Legendierung gemeint sein. Auch kommt es – gerade in ju­ ristischen Arbeiten – häufig zu einer Vermengung juristischer und krimi­ nologischer Begriffsbestimmungen.66 Das ist schon deshalb problema­ tisch, weil dann, wenn ein gesetzlicher Tatbestand darauf abzielt, ein

diäre, 2016, S. 6; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Strafrecht Besonderer Teil 2, 2018, S. 519. So auch der deutsche Gesetzgeber in der Begründung zum OrgKG, BT-Drs. 12/989, S. 26, und der Schweizerische Bundesrat in seiner Botschaft über die Ände­ rung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Gesetzgebung über Geldwäscherei und mangelnde Sorgfalt bei Geldgeschäften) v. 12.06.1989, BBl. 1989 II, S. 1061 (1066), der von einer „Verbrechensorganisation“ spricht, wohl aber das „organisier­ te Verbrechen“ meint. Dem folgend z. B. Otto, Jura 1993, 329 (329). Die Vertreter der Gegenansicht halten das für zu eng, siehe z. B. Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 4–6; Oswald, Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutschland, 1997, S. 10; Spiske, Pecunia olet?, 1997, S. 34; Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutsch­ land – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 197; Barreto da Rosa, in: Diergarten/Barreto da Rosa (Hrsg.), Praxiswissen Geldwäscheprävention, 2015, S. 1 (2). 63 Zur Unterscheidung der Begriffe „kriminelle Organisation“ und „organsierte Kri­ minalität“ siehe Paul/Schwalb, Leviathan 2011, 125 (126–127); Paul/Schwalb, in: Apelt/Tacke (Hrsg.), Handbuch Organisationstypen, 2012, S. 327 (327–328). 64 So z. B. Schweizerischer Bundesrat, BBl. 1989 II, 1061 (1066); Graber, Geldwäsche­ rei, 1990, S. 56; Schauwecker, Steuerdelikte als Vortaten zur Geldwäscherei und deren Konsequenzen für Finanzintermediäre, 2016, S. 6; Schwander-Auckenthaler, Missbrauch von Bankgeschäften zu Zwecken der Geldwäscherei, 1995, S. 10. 65 So z. B. Zünd, in: Seicht (Hrsg.), Der neue Jahresabschluss, moderne Technologien und Rechnungswesen, Controlling-Philosophie, Risikokapital, Banken und Finan­ zierung, 1991, S. 251 (253). 66 Vgl. van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. 93.

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bestimmtes Phänomen zu erfassen, er dieses Phänomen nicht erst kon­ struieren kann.67 Dass schon über die Definition des Phänomens Geldwäsche keine Klar­ heit herrscht, ist problematisch: Geldwäsche lässt sich in der erfahrbaren Wirklichkeit nicht beobachten; sie ist ein Konstrukt. Beobachten lassen sich nur bestimmte Sachverhalte, z. B. das Vergraben eines Goldbarrens, die Einzahlung von Banknoten, die Durchführung von Überweisungen etc. Van Duyne/Harvey/Gelemerova sprechen von „asset management“.68 Um das Konstrukt Geldwäsche zu operationalisieren, müssen Indikato­ ren – also empirisch beobachtbare Sachverhalte – so bestimmt werden, dass sie auch tatsächlich Schlussfolgerungen über das Konstrukt zulas­ sen. Bei der Geldwäsche bereitet – wie gezeigt – sowohl die Definition des Konstrukts erhebliche Probleme als auch die Auswahl geeigneter In­ dikatoren. Dadurch wird es erheblich erschwert, empirische Aussagen über Geldwäsche richtig zu interpretieren oder miteinander zu verglei­ chen.69 Das ist nicht nur ein kriminologisches, sondern auch ein krimi­ nalpolitisches Problem: Ähnlich wie eine empirische Untersuchung, bei der das zu Messende und das Gemessene möglichst übereinstimmen sol­ len, sollten bei kriminalpolitischen Maßnahmen das zu Bekämpfende und das Bekämpfte im Wesentlichen deckungsgleich sein – jedenfalls sollen die Maßnahmen weder zu eng noch zu weit sein oder gar etwas Anderes erfassen. Unklarheit und mangelnde Präzision bei der Definiti­ on des in den Blick genommenen Phänomens bergen die Gefahr, dass kriminalpolitische Prioritäten verzerrt werden, was zu einer nicht opti­ malen Verteilung von Personal-, Sach- und Finanzmitteln führen kann. Im Rahmen dieser Arbeit soll unter Geldwäsche die Gesamtheit der Handlungen verstanden werden, die darauf gerichtet sind, durch die Begehung von Straftaten erlangte Einkünfte möglichst uneingeschränkt im legalen Wirtschafts- und Finanzkreislauf verwenden zu können, indem sie als Einkünfte aus legalen Quellen dargestellt werden. Hauptziel der Geldwäsche ist es nicht, Vermögen ungeklärter Herkunft zu erzeugen, sondern einen rechtmäßigen Ursprung vorzutäuschen.70 67 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. 93: „mortal sin”. Eine Trennung zwischen kriminologischer Begriffsbil­ dung und kriminalpolitischen Erwägungen fordern auch Oswald, Die Implementa­ tion gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesre­ publik Deutschland, 1997, S. 9; Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 4; Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 5. 68 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. 93. 69 Vgl. Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. 92. 70 Siehe schon Fn. 59.

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A. Geldwäsche

Wer nur die Spuren verwischt, die ihn, den Vermögenswert und die Straf­ tat miteinander verbinden, bleibt aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden „verdächtig“, wenn auch nicht im technischen Sinne; solche Täter ris­ kieren, ähnlich wie Al Capone zu enden. Das gilt umso mehr in der heu­ tigen Zeit, in der die sog. Non-conviction based confiscation – etwa in Form der Unexplained Wealth Order (UWO) oder des Verfahrens nach § 76a Abs. 4 StGB (insb. i. V. m. § 437 Satz 1 StPO) – auf dem Vormarsch ist. Nicht als Geldwäsche wird hier deshalb das bloße Verbergen oder Verwenden (z. B. für Konsum oder Sach- und Finanzanlagen) verstanden. Im Übrigen kann jedoch jede Handlung der Geldwäsche dienen, wenn sie auf die Vortäuschung legaler Einkünfteerzielung gerichtet ist. Einkünfte sind alle Vermögensmehrungen, also auch die Verringerung von Verbindlichkeiten; es macht keinen Unterschied, ob man einen an­ deren durch Drohung mit Gewalt zur Herausgabe eines Bargeldbetrages oder zum Erlass einer Forderung nötigt. In beiden Fällen muss ein lega­ ler Rechtsgrund für die Vermögensmehrung fingiert werden (z. B. Schen­ kung), soll sie Bestand haben. Nur Einkünfte, die durch eine Straftat erzielt wurden, sollen nach hiesi­ gem Verständnis Gegenstand der Geldwäsche sein können. Bezieht man jegliches widerrechtliches Verhalten mit ein, gerät die Definition sehr weit; strafbares Verhalten wird durch gesetzliche Tatbestände verhältnis­ mäßig klar und erkennbar beschrieben. Zuzugeben ist, dass es sich hier­ bei um eine dynamische Verweisung handelt, d. h. die Geldwäsche-De­ finition hat in verschiedenen Rechtsordnungen und zu verschiedenen Zeiten eine unterschiedliche Reichweite. Dieses Problem lässt sich aber nicht vermeiden, will man an einem akzessorischen Geldwäschebegriff festhalten. Die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Straftat und Einnahme ist das Hauptproblem des Geldwäschekonzepts. Das hier gewählte Wort „erlangt“ ist deshalb wenig präzise, ebenso alternative Formulierungen wie „herrührt“ oder „stammt“. Es soll aber verdeutlichen, dass die Ein­ künfte Folge einer Straftat sind. Eingeschlossen sind deshalb insbesonde­ re Einnahmen aus einer an sich strafbaren Tätigkeit, also das, was der Täter durch oder für die Begehung einer Straftat erlangt. Heraus fallen dadurch Vermögensgegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (z. B. Schmuggelware); diese werden für die Geldwäsche erst bedeutsam, wenn sie durch (ihrerseits strafbare) Veräußerungsakte in Einkünfte umgewan­ delt werden. Ebenfalls nicht erfasst sind Vermögenswerte, die zur Bege­ hung von Straftaten verwendet werden sollen, sofern sie nicht bereits durch eine Straftat erlangt worden sind. Zwar mögen auch in diesen Fäl­ len für die Geldwäsche in Betracht kommende Kanäle genutzt werden, hinsichtlich der Herkunft der Mittel und des Ziels der Vermögensbewe­ 23

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gungen in diesen Zusammenhängen bestehen jedoch erhebliche Unter­ schiede.71 Darüber hinaus soll nach dem dieser Arbeit zugrundegelegten Verständ­ nis Geldwäsche nur dann vorliegen, wenn sie bei natürlicher Betrach­ tung äußerlich von der Begehung der Straftat unterscheidbar ist. Van Duyne spricht von „canned laundering“, wenn die durch die Tat erzielten Einkünfte schon wegen der Art der Tatbegehung nicht mehr „bemän­ telt“72 werden müssen.73 Diese Fälle sollen hier aus dem Geldwäsche­ begriff ausgeschlossen werden, denn Hauptzweck der „Geldwäschehand­ lung“ ist in diesen Fällen nicht die äußerliche Legalisierung von Ein­ künften, sondern überhaupt erst deren Erzielung. Es bringt keinen analytischen Mehrwert, einen einheitlichen Sachverhalt künstlich in zwei Phänomene aufzuspalten. Keine Geldwäsche im Sinne obiger Definition liegt also z. B. vor, wenn ein Räuber das bei einem Überfall erbeutete Bargeld zu Hause versteckt und über Jahre in kleinen, unauffälligen Beträgen dafür verwendet, sei­ nen Lebensunterhalt zu bestreiten oder damit verbotene Waren (z. B. Rauschgift) erwirbt. Auch die eher spärlich vorliegenden empirischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass Geldwäscheaktivitäten im ei­ gentlichen Sinne nur von wenigen Tätern entfaltet werden, denn nur grö­ ßere Summen fallen im Wirtschaftsleben überhaupt auf und bedürfen der Tarnung.74 Sieber/Bögel haben in einer empirischen Untersuchung (Ex­ perteninterviews) gezeigt, dass jedenfalls in den von ihnen betrachteten Deliktsbereichen (Kfz-Verschiebung, Prostitution, Menschenhandel, ille­ gales Glücksspiel) Geldwäsche eine wichtige Rolle spiele, jedoch nur für kriminelle „Großverdiener“. Der Großteil der Taterlöse werde hingegen „schlicht ‚verjubelt‘, etwa für Kleidung, Nahrung, Autos, Luxushotel­ übernachtungen, Schmuck, Spielleidenschaft etc.“75 Dabei besteht meist keine Veranlassung, die Herkunft der Mittel zu verschleiern. Van Duyne/ Miranda untersuchten die im Zeitraum Februar 1994 bis Januar 1996 bei der zuständigen niederländischen Stelle eingegangenen Geldwäschever­ 71 Vgl. mit Blick auf die Terrorismusfinanzierung Kersten, in: Pieth (Hrsg.), Financing Terrorism, 2002, S. 49–56.; Kersten, EJLR 2002, 299–306; Unger/Siegel/Ferwerda u.a., The Amounts and Effects of Money Laun­dering, 2006, S. 28–29; Pieth, in: Her­ zog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 36 (56) spricht von einem „linguistischen Trick“; Mitsilegas, in: Edwards/Gill (Hrsg.), Transnational Organised Crime, 2003, S. 195 (205–207); Levi, BJC 50 (2010), 650 (653). 72 Vgl. für diesen Begriff die Geldwäsche-Definition bei Arzt, ZStR 1989, 160 (167). 73 Van Duyne, in: van Duyne/Lampe/Newell (Hrsg.), Criminal finances and organi­ sing crime in Europe, 2003, S. 67 (72). 74 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 45–46. 75 Sieber/Bögel, Logistik der Organisierten Kriminalität, 1993, S. 111; siehe auch Suen­dorf, Geldwäsche, 2001, S. 161.

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A. Geldwäsche

dachtsmeldungen und kamen zu dem Schluss: „many move few and few move very much“.76 Das betrifft freilich nur die Transaktionen, die in Form von Meldungen beobachtet wurden. Größtenteils lagen hier aber keine belastbaren Hinweise auf Geldwäsche vor.77 Im Übrigen können die Daten deshalb verzerrt sein, weil das Verdachtsmeldesystem mögli­ cherweise vor allem größere oder häufige Transaktionen zu Tage fördert. Gleichwohl ist auch dies ein vorsichtiger Hinweis darauf, dass Geldwä­ sche für die meisten Straftäter mit kleinen und mittleren Einkommen keine große Bedeutung hat.

II. Funktionsweise der Geldwäsche Geldwäsche ist ein komplexer und vielschichtiger Prozess, zu dessen Be­ schreibung eine Reihe von Modellen entwickelt wurde.78 Auch in der deutschen Literatur vorherrschend ist das sog. Drei-Phasen-Modell, das auf die US-Zollbehörde zurückgehen soll79 und Geldwäsche als Abfolge der Phasen Platzierung (placement), Verschleierung (layering) und Ein­ schleusung (integration) beschreibt.80 Es wird auch vom Bundeskrimi­ 76 Van Duyne/Miranda, Crime, Law & Social Change 31 (1999), 245 (257, 265): 8 % der Personen, auf die sich eine Meldung bezog, waren für 89 % des Transaktionsvo­ lumens verantwortlich. 77 Van Duyne/Miranda, Crim. L. & Soc. Change 31 (1999), 245 (264): Die Autoren ordnen die Verdachtsmeldungen anhand des Verdachtsgrades in drei Kategorien (doubtful, indeterminate, laundering) ein und kommen zu dem Ergebnis, dass nur für 33 % des gemeldeten Transaktionsvolumens „reasonable grounds or explicit in­ dications“ vorliegen, dass es sich um Einkünfte aus Straftaten handelt oder Geld­ wäsche durchgeführt wird. 78 Siehe z. B. Bernasconi, in: Bundeskriminalamt (Hrsg.), Macht sich Kriminalität be­ zahlt?, 1987, S. 165 (170) (Zwei-Phasen-Modell); Ackermann, Geldwäscherei – Mo­ ney Laun­dering, 1992, S. 9–10 (Zyklusmodell); Zünd, in: Seicht (Hrsg.), Der neue Jahresabschluss, moderne Technologien und Rechnungswesen, Controlling-Philo­ sophie, Risikokapital, Banken und Finanzierung, 1991, S. 251 (253–257) (Kreislauf­ modell); Müller, Geldwäscherei: Motive, Formen, Abwehr, 1992, S. 104–107 (Vier-Sektoren-Modell); Bongard, Wirtschaftsfaktor Geldwäsche, 2001, S. 87–88 (Transaktionssystemmodell und sog. Franklin-Jurado-Modell); van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­ dering, 2013, S. 435– 451 (Vier-Phasen-Modell). Kritische Zusammenschau der Modelle bei Schneider/ Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 41–43. 79 Pieth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (13); Carl/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1994, S. 30 (Fn. 26). 80 Verwendet z. B. von Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 7–10; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, S. 385–386; Koslowski, Harmonisierung der Geldwäschestrafbarkeit in der Europäischen Union, 2016, S. 48–50; Bülte, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance, 2015, S. 972 (977–978); Warius, Das Hawala-­ Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 200–203; Bülte, Die Geldwäschegesetzgebung als Ermächtigungsgrundlage für den Informationsaustausch zwischen den Steuer­

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nalamt (BKA)81, dem Europäischen Polizeiamt (Europol)82, den Vereinten Nationen (UN)83 und der Financial Action Task Force (FATF)84 verwen­ det. Vorauszuschicken ist, dass in der Praxis eine saubere Trennung oder ein zeitliches Nacheinander der einzelnen Phasen nicht immer zu beobach­ ten ist.85 Stattdessen können einzelne Phasen vor- oder nachgeschaltet, wiederholt oder übersprungen werden oder ineinanderfließen. Die Aus­ wahl der Methode hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der Unter­ nehmenslandschaft einer bestimmten Region, der Größenordnung und Häufigkeit des Anfalls von Einkünften, ob der Geldwäschekanal einma­ lig oder über längere Zeit genutzt werden soll, dem Vorhandensein von Unterstützungsfaktoren, der Effektivität der Strafverfolgung oder dem endgültigen Verwendungszweck.86 Geldwäsche kann sehr einfach und in wenigen Schritten erfolgen, aber auch durch komplexe, weltumspannen­ de Prozesse, die von allen Mitteln des modernen Wirtschafts- und Fi­ nanzsystems Gebrauch machen,87 auch wenn Verurteilungen sich meist auf einfache Fälle beziehen.88 Dem Erfindungsreichtum derer, die „Geld waschen“, ist keine Grenze gesetzt.89 Auf die vielfältigen Erscheinungs­ behörden und den Strafverfolgungsorganen, 2007, S. 166–168; Niermann, „e-Geld­ wäsche“, 2004, S. 119; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 145; Hoyer/Klos, Regelun­ gen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1998, S. 11–14; Oswald, Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutschland, 1997, S. 10–12; Werner, Be­ kämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, 1996, S. 13–15; Wöß, Geldwä­ scherei und Banken, 1994, S. 17–20; AWHH/Heinrich, § 29 Geldwäsche, § 261 StGB Rn. 1; Fuchs, Die Steuergeldwäscherei im Schweizer Recht, 2017, S. 19–21. 81 BKA, Geldwäsche, https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/Geld​ waesche/geldwaesche_node.html (zuletzt geprüft am 01.05.2019). 82 Europol, Why is cash still king?, 2015, S. 9. 83 Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 4 (leicht anderes Verständnis der einzelnen Phasen). 84 FATF, How is money laundered?, https://www.fatf-gafi.org/faq/moneylaundering/ (zuletzt geprüft am 31.03.2020). Zur FATF siehe Kapitel 1 B. I. 2 und 3. 85 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 145; Diergarten/Barreto da Rosa (Hrsg.), Praxiswis­ sen Geldwäscheprävention, 2015, S. 4. Wahl, in: Müller-Gugenberger (Hrsg.), Wirt­ schaftsstrafrecht, 2015, 1895 (1897) weist darauf hin, dass „die bisherige Praxis der Strafverfolgung die beschriebenen Strukturen nicht zu verifizieren vermochte“. 86 Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 13. 87 Vgl. Alldridge, What Went Wrong With Money Laun­dering Law?, 2016, S. 3–4; Cox, Handbook of Anti-Money Laun­dering, 2014, S. 6–7; Levi, Eur. J. Crim. Policy Res. 2015, 275 (283). Anschaulich zu letzterer Form der Geldwäsche Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 7–11. 88 Levi, Eur. J. Crim. Policy Res. 2015, 275 (287), der aber auch zu bedenken gibt: „the absence of evidence is not the evidence of absence.” 89 Zünd, ST 1990, 403 (404): „Phantasie und Erfindungsgabe des ‚Organisierten Ver­ brechens‘ sind derart üppig, dass die Verbrechensbekämpfung immer dem Ge­ schehen nachhinkt.“; Alldridge, Money Laun­dering Law, 2003, S. 3: „There are

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formen soll deshalb hier nur am Rande und zu Illustrationszwecken ein­ gegangen werden.90 1. Platzierungsphase (placement) Ziel der ersten Phase ist es, Vermögenswerte in den Finanz- oder Wirt­ schaftskreislauf einzuspeisen.91 Je nach Ausgangsprodukt umfasst die erste Phase verschiedene Handlungen: Traditionell wird als Ausgangs­ produkt der Geldwäsche Bargeld angesehen.92 Auch das Drei-Phasen-Mo­ dell ist darauf zugeschnitten.93 Als typische Eintrittspforte kriminell er­ langten Bargelds in das legale Finanzsystem gelten Banken, wo Bargeld in Buchgeld umgewandelt und anschließend schnell und mühelos transfe­ riert werden kann, weshalb Banken von Anfang an im Fokus der An­ ti-Geldwäschegesetzgebung standen.94 Das Entdeckungsrisiko in dieser Phase gilt als hoch.95 Um es zu verrin­ gern, können verschiedene Techniken angewendet werden: Bargeld kann von einem Land in ein anderes Land verbracht und bei dort ansässigen Banken eingezahlt werden.96 Gerade für den leichteren Transport kann es consequently an infinite number of mechanisms whereby money, commonly, is laundered.“ 90 Ausführliche Darstellungen verschiedener Erscheinungsformen der Geldwäsche finden sich den Typologie-Berichten der Financial Action Task Force (FATF), die unter www.fatf.com abrufbar sind, sowie in der Literatur, z. B. bei Graber, Geldwä­ scherei, 1990, S. 50–73; Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 13–70; Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Be­ kämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 204–231; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 145–208; interessant auch die empirische Untersuchung von Teichmann, Umgehungsmöglichkeiten der Geldwäschereipräventionsmass­ nahmen, 2016 (Kurzfassung: Teichmann, JMLC 2017, 130–137). Eine gute Über­ sicht zur empirischen Forschung findet sich bei Levi, Eur. J. Crim. Policy Res. 2015, 275 (285–291). 91 Cox, Handbook of Anti-Money Laun­dering, 2014, S. 15–16; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 162; Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 54; Pieth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (13–14). 92 Vgl. Pieth, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 11 (14); Pieth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (13). Siehe auch Nachweise in Fn. 54.  93 Pieth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (13); Pieth, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 11 (14). 94 Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöp­ fung, 2006, S. 1 (14); Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 162–170; Bernasconi, Finanz­ unterwelt, 1988, S. 32; Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 49; Find­ eisen, in: Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2009, S. 2121 (2130). Ausführlich zu den Gegenmaßnah­ men unten Kapitel 1 B. 95 Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 8; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 162; Europol, Why is cash still king?, 2015, S. 9. 96 Ausführlich zu den verschiedenen Transportmethoden FATF/MENAFATF, Money Laun­dering Through the Physical Transportation of Cash, 2015, S. 49–79.

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sinnvoll sein, größere Mengen kleiner Scheine in Banknoten mit höhe­ rem Nennwert umzutauschen, wobei der Umtausch seinerseits mit dem Risiko der Entdeckung verbunden ist.97 Denkbar ist auch der Erwerb von Sorten, der nicht nur bei Banken, sondern auch bei Finanzdienstleistern wie Wechselstuben möglich ist.98 Daneben kommt eine Zerlegung gro­ ßer Bargeldbeträge in kleinere Summen in Betracht, die dann bei ver­ schiedenen Banken bzw. Filialen unauffällig eingezahlt werden können (sog. smurfing).99 Zur Tarnung kann auch auf Rechtsanwälte oder Notare als Treuhänder zurückgegriffen werden, die Gelder auf Anderkonten ein­ zahlen.100 Auch die Anwerbung (bestenfalls) polizeilich bislang nicht in Erscheinung getretener Personen, die gegen Honorar fremdes Geld im eigenen Namen einzahlen und sich dabei gegenüber der Bank identifizie­ ren (sog. „money mules“ bzw. Finanzagenten), kommt vor.101 Gegebenenfalls kann schon für den Bargeldanfall eine Legende präsen­ tiert werden. Beispiele hierfür sind die Vermischung und gemeinsame Einzahlung illegal erlangten Geldes mit Bareinnahmen aus bargeldinten­ siven Betrieben wie Restaurants oder Kinos, die Vortäuschung eines Kfz-Geschäfts, eines Spielgewinns, einer Erbschaft etc.102 Auch Wechsel­ stuben und Bargeldtransfer-Dienstleister (z. B. Western Union) können zu diesem Zweck verwendet werden.103 Der Geldwäschevorgang kann an dieser Stelle bereits beendet sein, sofern die Einzahlungslegende ausrei­ chend ist. Das ist vor allem bei den „einfacheren“ Erscheinungsformen der Geldwäsche der Fall: So ist gerade bei der Vermischung von Einkünf­ ten aus legaler und illegaler Tätigkeit mitunter nichts weiter erforder­

97 FATF/MENAFATF, Money Laun­ dering Through the Physical Transportation of Cash, 2015, S. 54–57. 98 FATF/MONEYVAL, Money laundering through money remittance and currency exchange providers, 2010, S. 21; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 170–173. 99 Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 8; Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 1 (2, 16). 100 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 164–165. 101 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 168; Bernasconi, Finanzunterwelt, 1988, S. 35– 37. Vgl. auch FATF/MONEYVAL, Money laundering through money remittance and currency exchange providers, 2010, S. 23. Levi, Eur. J. Crim. Policy Res. 2015, 275 (284–285) berichtet von einer Umfrage, wonach insbesondere Arbeitslose, Stu­ denten und Neuankömmlinge im Vereinigten Königreich besonders empfänglich für Angebote sind, als „money mules“ tätig zu werden (1–3 % der Population, was z. B. 47 000 Studenten im Vereinigten Königreich entspreche). 102 Zu Methoden, die der Platzierungsphase zugeordnet werden können, siehe z. B. Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 201; Suendorf, Geldwä­ sche, 2001, S. 162–182; Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 5–6; Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 49–52. 103 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 170–175; FATF/MONEYVAL, Money laundering through money remittance and currency exchange providers, 2010.

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lich, um die Vermögenswerte weitgehend gefahrlos verwenden zu kön­ nen.104 Schließlich können die Taterlöse auch zum Erwerb von Wertpapieren, Edelmetallen und anderen Kostbarkeiten (Schmuck, Edelsteine, wertvol­ le Briefmarken) oder hochwertigen Fahrzeugen verwendet werden.105 Sofern die Tatvorteile bereits in Gestalt von Giralgeld, E-Geld106 und ähn­ lichen Formen anfallen, müssen sie meist nicht erst in den legalen Wirt­ schafts- und Finanzkreislauf eingebracht werden. Stattdessen können erste und zweite Phase verschwimmen, wenn bereits vor einer mit einer Straftat in Verbindung stehenden Transaktion Scheinfirmen gegründet oder Konten auf den Namen von Strohleuten eingerichtet werden. Denk­ bar ist aber auch, dass Bankguthaben ausgezahlt werden, um sie im Rah­ men der zweiten Phase transferieren zu können, ohne Spuren zu hinter­ lassen.107 In welchem Umfang Bargeld heute noch eine Rolle spielt, ist unklar. Eu­ ropol geht in einer Studie von 2015 davon aus, dass Bargeld auch weiter­ hin vor allem in der Platzierungsphase von erheblicher Bedeutung sei.108 Die Behörde weist jedoch selbst darauf hin, dass über die legitime Bar­ geldnutzung wenig, über die illegitime noch weniger bekannt ist und ein statistischer Zusammenhang zwischen der Bargeldnachfrage insgesamt, der Nachfrage nach Banknoten hoher Denomination und Kriminalität bislang nicht gesichert werden konnte.109 Stattdessen stützt Europol sich auf eher anekdotische Evidenz der Strafverfolgungsbehörden bzw. Geld­

104 Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­ dering, 1998, S. 12: „In so doing, all three stages of a classic money-laundering cycle [are] combined in essentially one step.” 105 Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnab­ schöpfung, 2006, S. 1 (28–32); Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 175; Blum/Levi/ Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 7. 106 Zu den (denkbaren) Missbrauchsmöglichkeiten elektronischer Zahlungsverkehrs­ systeme im Rahmen von Geldwäschehandlungen siehe Niermann, „e-Geldwä­ sche“, 2004, S. 119–144. 107 FATF/MENAFATF, Money Laun­ dering Through the Physical Transportation of Cash, 2015, S. 35–36. 108 Europol, Why is cash still king?, 2015. 109 Europol, Why is cash still king?, 2015, S. 15–16. Die Deutsche Bundesbank hat jüngst mittels einer panelökonometrischen Analyse von Bareinzahlungen bei ih­ ren Filialen und einer Schätzung der inländischen Banknotennachfrage mittels ei­ nes Regressionsmodells untersucht, in welchem Ausmaß die Schattenwirtschaft die inländische Nachfrage nach Banknoten beeinflusst (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 2019, 43–59). Von den neun gewählten Indikatoren der illegalen Bargeldverwendung hatten nur drei – Steuer- und Sozialabgabenquote, Selbststän­ digenquote und Rauschgiftkriminalität – einen statistisch signifikanten positiven Einfluss auf den Banknotenumlauf. Die Bundesbank mahnt jedoch zur Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse.

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wäscheverdachtsmeldestellen,110 die jedoch angesichts der besonders ­hohen Sensibilität des Geldwäscherechts und seiner Adressaten für Bar­ geldtransaktionen verzerrt sein könnte.111 In der Literatur wird verschie­ dentlich angenommen, dass Bargeld für die illegale Wirtschaft an Bedeu­ tung verliere.112 Der Internationale Währungsfonds (IWF) kam 1996 sogar zu dem Ergebnis, dass ein Anstieg der Kriminalität nicht mehr zu einem Anstieg der Bargeldnachfrage führe, sondern zu einem Rückgang.113 Fest­ zuhalten bleibt jedenfalls: Die Bedeutung des Bargelds für die illegale Wirtschaft und die Geldwäsche ist unklar. Zu Recht begegnet deshalb die Deutsche Bundesbank der Entscheidung der Europäischen Zentralbank, keine 500 €-Banknoten mehr auszugeben,114 mit Zurückhaltung.115 2. Verschleierungsphase (layering) Im zweiten Schritt (layering) wird die Herkunft des Vermögenswertes verschleiert, d. h. die Spuren, die eine Verbindung von Tat, Täter und Taterlös ermöglichen, werden verwischt.116 Erforderlich ist dies, weil beim Kontakt von Vermögenswerten aus Straftaten mit der legalen Wirt­ schaft, insbesondere dem Bankensektor, eine sog. Papierspur („paper trail“117 oder „accounting trail“118) in Form von Quittungen, Rechnun­ gen, Belegen und anderen geschäftlichen Aufzeichnungen entsteht, die als Beweismittel Bedeutung erlangen können. Die zweite Phase umfasst 110 Europol, Why is cash still king?, 2015, S. 16. 111 Ursprünglich richtete sich die Geldwäschegesetzgebung primär gegen Erlöse aus dem Rauschgifthandel, die weitgehend in Form von Bargeld anfielen; das prägt das Verständnis von Geldwäsche bis heute, vgl. van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 435 (437–438) und Ka­ pitel 1 B. 112 So z. B. Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 120–123; Findeisen, in: Derleder/ Knops/Bamberger (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2009, S. 2121 (2130). 113 Quirk, Finance & Development 1997, 7 (8). 114 Europäische Zentralbank, EZB stellt Produktion und Ausgabe der 500-€-Banknote ein, 04.05.2016, https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2016/html/pr160504. de.html (zuletzt geprüft am 08.05.2019). Siehe auch o. V., SZ v. 06.05.2016, S. 18. 115 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 2019, 43–59. 116 Europol, Why is cash still king?, 2015, S. 9; Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Ha­ vens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 9; Pieth, in: Pieth. (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (14); Herzog/Achtelik/Herzog/Ach­ telik, Einleitung Rn. 10; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 145; van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­ dering, 2013, S. 435 (438–439); Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Ge­ winnabschöpfung, 2006, S. 1 (12). 117 Siehe schon President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. 9; Arzt, ZStR 1989, 160 (166–167, Fn. 13). 118 Van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­ dering, 2013, S. 435 (438).

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typischerweise eine Vielzahl von meist unbaren Transaktionen. Hier können Tarnidentitäten, Scheinfirmen, Strohmänner, Treuhandgestal­ tungen, Stiftungen oder anonyme Konstrukte zum Einsatz kommen.119 Häufig werden dabei Summen ins Ausland transferiert, sei es durch Überweisungen, Kreditvergaben oder besondere Methoden der Zahlungs­ abwicklung (z. B. Instrumente der Außenhandelsfinanzierung).120 Eine besondere Rolle wird vielfach sog. Offshore-Finanzplätzen121 zuge­ schrieben.122 Das Bank- und Gesellschaftsrecht dieser Länder und Gebie­ te, ein Mangel an staatlicher Aufsicht und die fehlende Bereitschaft zur Teilnahme am internationalen Amts- und Rechtshilfeverkehr gelten als Unterstützungsfaktoren zahlreicher Wirtschafts- und Finanzdelikte, von Geldwäsche über Steuerhinterziehung bis Korruption.123 Obwohl der Konnex Geldwäsche-Offshore häufig als Binsenweisheit präsentiert wird, liegt vieles im Dunklen. Es ist nicht bekannt und lässt sich auch nur schwer schätzen, wieviel Geld tatsächlich in Offshore-Finanzplätzen „gewaschen“ wird. Die (theoretischen) Arbeiten von Unger124 und Walker125 deuten eher darauf hin, dass Geld überwiegend in großen Industrie­ 119 Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­ dering, 1998, S. 8–10; Pieth, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 11 (14– 19); Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 153–157. 120 Ausführlich zu den Zahlungsströmen (insb. mit Auslandsbezug) Suendorf, Geld­ wäsche, 2001, S. 184–196. Siehe auch Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 9–10. Zu Erscheinungsformen der sog. handelsbasierten Geldwäsche siehe FATF, Trade based money laundering, 2006; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 197–198. 121 Zum Begriff des Offshore Financial Center (OFC) und für einen Literaturüberblick siehe z. B. Zoromé, Concept of Offshore Financial Centers: In Search of an Opera­ tional Definition, April 2007, S. 4–7, wonach unter OFC zu verstehen ist: „a coun­ try or jurisdiciton that provides financial services to nonresidents on a scale that is incommensurate with the size and the financing of its domestic ecnomy“ (ibid., S. 7, ohne Hervorh. i. Orig.). Siehe auch IWF, Offshore Financial Centers, 23.06.2000, II. A.: „[A]n OFC is a center where the bulk of financial sector activity is offshore on both sides of the balance sheet, (that is the counterparties of the majority of financial institutions liabilities and assets are non-residents), where the transactions are initiated elsewhere, and where the majority of the institu­ tions involved are controlled by non-residents.“ 122 OECD, Behind the Corporate Veil, 2001, S. 21–40; Pieth, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 11 (17–19); Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 8–10; Young, Banking Secrecy and Offshore Financial Centers, 2013, S. 12; Young JMLC, 16 (2013), 198 (201– 204); Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 110; Herzog/Achtelik, in: Herzog/Warius (Hrsg.), Geldwäschegesetz, 22014, Einleitung Rn. 24–27. 123 Siehe z. B. jüngst Stiglitz/Pieth, Overcoming the Shadow Economy, November 2016. 124 Unger/Siegel/Ferwerda, in: Unger (Hrsg.), The Scale and Impacts of Money Laun­ dering, 2007, S. 57–88. 125 Walker, JMLC 3 (1999), 25–37. Hier ist allerdings Vorsicht angebracht, denn Wal­ ker selbst schreibt, „that the scores are based on a very simple formula derived

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staaten „gewaschen“ wird: „The majority of countries that attract money-­ laundering flows are economic giants, not dwarfs. Giants seem to wash more.”126 Mitchell127 und Blum et al.128 weisen zudem darauf hin, dass es für Kriminelle gute Gründe gibt, nicht auf Offshore-Finanzplätze zurück­ zugreifen. Auch ist es zweifelhaft, undifferenziert alle als Offshore-Fi­ nanzplatz eingeordneten Länder sowohl mit Geldwäsche als auch mit Steuerhinterziehung/-vermeidung in Zusammenhang zu bringen, da es zwischen ihnen – auch mit Blick auf ihre Geldwäsche-Anfälligkeit – er­ hebliche Unterschiede gibt.129 Ebenfalls – aber nicht nur – im Rahmen der zweiten Phase wird immer wieder auf informelle Finanzsysteme verwiesen, allen voran das sog. ­Hawala-Banking .130 Während es als sicher gelten kann, dass auch das from publicly availbale information and the researchers’s own intuition [Hervorh. d. Verf.] as to the relative importance factors” (ibid., S. 32). Kritisch deshalb van Duyne, Justitiële verkenningen 2006, 34 (35), der den Begriff „Methode“ in Bezug auf Walker nur in Anführungszeichen verwendet. 126 Unger/Siegel/Ferwerda, in: Unger (Hrsg.), The Scale and Impacts of Money Laun­ dering, 2007, S. 57 (81). Auf dem Financial Secrecy Index 2020, der vom Tax ­Justice Network zusammengestellt wird, befinden sich die USA nach den Cayman-Inseln auf Platz 2, die Niederlande auf Platz 8, das Vereinigte Königreich auf Platz 12 und Deutschland auf Platz 14, gefolgt von Panama, siehe Tax Justice Network, Finan­ cial Secrecy Index – 2020 Results, https://fsi.taxjustice.net/en/introduction/fsi-­ results (zuletzt geprüft am 02.06.2020). 127 Mitchell, JFC 11 (2004), 127 (128). 128 Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­ dering, 1998, S. 17. 129 So argumentiert Schwarz, Int. Rev. Law. & Econ. 2011, 37–47, dass vor allem är­ mere Offshore-Finanzplätze (BIP pro Kopf < 10.000 USD) ein Klima böten, das ne­ ben Steuervermeidung auch Geldwäsche begünstige, weil sie nicht viel zu verlie­ ren hätten, während reichere Offshore-Finanzplätze, die ihren Wohlstand den von ihnen gewährten günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen verdankten, auf ih­ ren „guten Ruf“ angewiesen seien, um weiterhin als Steuerstandort funktionieren zu können. Ob es den „Stigma-Effekt“ gibt, ist hingegen offen. Unklar ist insbe­ sondere, ob das sog. „blacklisting“ (zu dieser Praxis siehe Kapitel 1 B. I. 2) relevan­ te Auswirkungen auf internationale Finanzströme hat (siehe z. B. Kudrle, JMLC 12 (2009), 33–49; Balakina/D’Andrea/Masciandaro, Rev. Fin. Econ. 2017, 30–57; Sharman, Rev. Int. Pol. Econ. 16 (2009), 537–596; ferner IWF, Anti-Money Laun­ dering and Combating the Financing of Terrorism (AML/CFT), S. 82–84). Im Übri­ gen weisen auch andere Arbeiten darauf hin, dass es zwar gewisse Überschneidun­ gen zwischen „Steueroasen“ und „Geldwäscheparadiesen“ gibt, deren Entstehung aber jeweils von anderen Faktoren beeinflusst wird, vgl. Dharma­pala/Hines, J. Pub. Econ. 2009, 1058 (1061, 1063); Slemrod, J. Emp. L. Stud. 2008, 683–712. In methodischer Hinsicht ist zu bemerken, dass die vorgenannten Untersuchungen in der Regel auf die von der FATF erstellten „schwarzen Listen“ zurückgreifen, die nach Ansicht mancher durch politische Einflüsse verzerrt werden (siehe dazu Ka­ pitel 1 B. I. 2). 130 Herzog/Achtelik, in: Herzog/Warius (Hrsg.), Geldwäschegesetz, 22014, Einleitung Rn. 27–37; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 181–182; Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 25: Geldwäsche sei das „eigentliche Hauptgeschäft“ der Un­ tergrundbanken (differenzierter auf S. 47­­ –48); siehe auch FATF, Money Laun­

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Hawala-System und verwandte Finanzsysteme zur Geldwäsche miss­ braucht werden – wie auch das traditionelle, formelle Bankwesen –, ist zweifelhaft, ob informelle Finanzsysteme tatsächlich besonders miss­ brauchsanfällig sind.131 3. Integrationsphase (integration) In der dritten Phase geht es darum, die Vermögenswerte endgültig in die legale Wirtschaft einzubetten.132 In der Literatur werden der dritten Pha­ se jedoch eine ganze Reihe verschiedener Vorgänge zugeordnet, die im Kern dazu dienen, eine Legende zu erzeugen und die Vermögenswerte insb. zur Anlage nutzen zu können. Deshalb erscheint es sinnvoll, die dritte Phase in zwei weitere Phasen zu unterteilen: Dies haben die FATF und die OECD gelegentlich getan, indem sie statt von „integration“ von „justification“ und „investment“ sprachen.133 In der Literatur greift Van Koningsveld dies auf und schlägt ein Vier-Phasen-Modell vor, bei dem Rechtfertigung und Investition eigene, auf Einschleusung und Verschlei­ erung folgende Phasen darstellen.134 Die Rechtfertigung erfolgt z. B. da­ durch, dass im Ausland belegene Vermögenswerte als Darlehen getarnt zurückgeführt werden (sog. loan-back-Methode) oder überhöhte oder gänzlich fingierte Rechnungen ausgestellt werden.135 Im Anschluss wer­ den sie dann langfristig, wertbeständig und idealerweise gewinnbringend angelegt (z. B. Erwerb von Immobilien, die Durchführung von Bauprojek­ dering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, 2005; FATF, The Role of ­Hawala and Other Similar Service Providers In Money Laun­dering and Terrorist Financing, Oktober 2013. 131 Ausführlich Warius, Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?, 2009, S. 287–308; siehe auch Viles, JMLC 11 (2008), 25–33; Naylor, Counterfeit Crime, 2014, S. 104; Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 164–165. 132 Pieth, in: ders. (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 1 (15); Vogt, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 1 (12); Suendorf, Geldwäsche, 2001, 145, 198–204; Europol, Why is cash still king?, 2015, S. 9; Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 10–11. 133 FATF, The Misuse of Corporate Vehicles, Including Trusts and Company Service Providers, 2006, S. 9; OECD, Handbuch „Geldwäsche“ für den Innen- und Außen­ dienst der Steuerverwaltung, 2009, S. 11. 134 Van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­ dering, 2013, S. 435 (439–441). In diese Richtung auch Schauwecker, Steuerdelikte als Vortaten zur Geldwäscherei und deren Konsequenzen für Finanzintermediäre, 2016, S. 12–13; Hafner/Trepp, Geldwäscherei mit Derivaten, 1999, S. 23–24. 135 Dazu und zu weiteren Methoden siehe z. B. Blum/Levi/Naylor u.a., Financial ­Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 10–11; Suendorf, Geld­ wäsche, 2001, S. 198–204; Pieth, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 11 (19); van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 435 (439–441); OECD, Handbuch „Geldwäsche“ für den In­ nen- und Außendienst der Steuerverwaltung, 2009, S. 13–14.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ten, der Erwerb von Wertpapieren etc.) oder für hochwertige Güter (z. B. Yachten) ausgegeben.136

III. Gefährlichkeit der Geldwäsche Geldwäsche wird überwiegend als außerordentlich gefährliches Phäno­ men beschrieben, das Wirtschaft, Staat und Gesellschaft existenziell be­ drohe und deshalb entschieden bekämpft werden müsse. Wie belastbar die in offiziellen Verlautbarungen und der Literatur aufgestellten Thesen über Umfang und Gefährlichkeit der Geldwäsche tatäschlich sind, soll in diesem Abschnitt untersucht werden. 1. Umfang der Geldwäsche Der Umfang der Geldwäsche ist schwer anzugeben, da sie sich in aller Regel im Dunkelfeld abspielt.137 Tanzi, damals Direktor der Abteilung für Steuerfragen (Fiscal Affairs Department) beim IWF, scheint im Be­ zugsjahr 1996 von einer Größenordnung unter 500 Milliarden USD aus­ zugehen, was knapp 1,6 % des weltweiten BIP entsprach.138 Grundlage dieser Schätzung ist eine Schätzung des Umfangs illegaler Gewinne, die ihrerseits wenig verlässlich ist.139 1998 schätzte der damalige geschäfts­ führende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, dass 2–5 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) ge­ waschen werden.140 Er legt nicht offen, wie diese „consensus range“141 136 Van Koningsveld, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­ dering, 2013, S. 435 (441); Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 198–204; OECD, Hand­ buch „Geldwäsche“ für den Innen- und Außendienst der Steuerverwaltung, 2009, S. 14. 137 Siehe nur Unger, in: dies. (Hrsg.), The Scale and Impacts of Money Laun­dering, 2007, S. 29 (29). 138 Tanzi, Money Laun­dering and the International Financial System, 1996, S. 3, wo­ bei es sich um eine Schätzung der Einkünfte aus illegalen Tätigkeiten handle und unklar sei, wieviel davon „gewaschen“ werden müsse. 139 Tanzi, Money Laun­ dering and the International Financial System, 1996, S. 3 spricht deshalb auch von „guesstimates“. 140 Camdessus, Money Laun­dering: the Importance of International Countermeasures, 10.02.1998, https://www.imf.org/en/News/Articles/2015/09/28/04/53/sp021098 (zuletzt geprüft am 02.05.2019). 141 Er äußert sich insgesamt sehr vorsichtig: “While we cannot guarantee the ac­ curacy of our figures – and you have certainly a better evaluation than us – the estimates of the present scale of money laundering transactions are almost beyond imagination – 2 to 5 percent of global GDP would probably be a consensus range.” (Fn. 140). Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 123 wissen zu berichten, dass Camdessus „derart von Journalisten und Politikern nach Aussagen zum Um­ fang der Geldwäsche bedrängt“ wurde, dass er sich zur eben zitierten Aussage „verleiten“ ließ; sie stützen sich dabei auf „informelle Informationen“, wohl aus Kreisen des IWF (siehe S. 204, Anm. 304 und 303).

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zustande gekommen ist.142 Dennoch werden diese Zahlen vielfach unkri­ tisch übernommen, z. B. von der Münchner Sicherheitskonferenz.143 Die FATF kam Anfang der 1990er Jahre ausgehend vom Umfang der illegalen Wirtschaft wohl auf einen Wert um 2 % des weltweiten BIP,144 der mit­ hilfe verschiedener Annahmen unter anderem aus der Menge der von den Behörden entdeckten geschmuggelten Drogen hochgerechnet wurde.145 Inzwischen veröffentlicht die FATF wegen des Fehlens einer allgemein akzeptierten Methode und der unzureichenden Datenlage keine eigenen Schätzungen mehr.146 Das United Nations Office on Drug and Crime (UNODC) gibt aufgrund einer Literaturanalyse den Umfang der Geldwä­ sche im Jahr 2009 mit 2,7 % des weltweiten BIP an, d. h. rund 1,6 Billio­

142 UNODC, Estimating Illicit Financial Flows Resulting From Drug Trafficking and other Transnational Organized Crimes, 2011, S. 19. Ausführlich zur mangelhaften Fundierung dieser Zahlen Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 122– 123, die zu dem Ergebnis kommen: “Die am häufigsten publizierte Zahl für den Geldwäscheumfang […] hat […] keine – zumindest keine schriftlich veröffentlich­ te – wissenschaftliche Fundierung und taucht trotzdem in überaus unterschiedli­ chen Interpretationsformen immer wieder auf.“ 143 Munich Security Conference, Transnational Security Report, S. 40. Zu Recht kri­ tisch van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. 113: „Notwithstanding, the ‚2-5 % consensus range‘ went into the ‚quotation mill‘ […]. This became subsequently a standard article of faith within the mainstream laundering expert community.“ 144 IWF, Financial System Abuse, Financial Crime and Money Laun­dering, 12.02.2001, S. 10 (ohne Angabe einer FATF-Quelle). In einigen Jahresberichten der FATF ist zumindest von „hundreds of billions“ die Rede, siehe FATF, Annual Report 1994– 1995, S. 16; FATF, Annual Report 1995–1996, S. 47; FATF, Annual Report 1996– 1997, S. 41. Im ersten FATF-Bericht heißt es, „as much as $ 85 billion per year could be available for laundering and investment”, FATF, Annual Report 1990– 1991, S. 6. Das entspräche einem Anteil von 0,4 % des globalen BIP für das Be­ zugsjahr 1989. Thoumi, Journal of Drug Issues 2005, 185 (191) berichtet, Peter Reuter habe im Auftrag der FATF die Größe des internationalen Rauschgiftmark­ tes auf 45–280 Milliarden USD geschätzt, was von der FATF nicht publiziert wor­ den sei, da diese Schätzung einigen Mitgliedern zu niedrig erschienen sei. 145 Dazu und zur berechtigten Kritik an diesem Ansatz van Duyne, Kriminologisches Bulletin 1994, 28 (34–35); van Duyne, JFC 2 (1994), 58 (68–70); Schneider/Dreer/ Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 115–117; Dessecker, Gewinnabschöpfung im Straf­ recht und in der Strafrechtspraxis, 1992, S. 138–139. 146 FATF, FAQs Money Laun­dering, https://www.fatf-gafi.org/faq/moneylaundering/ (zuletzt geprüft am 02.05.2019). Vgl. noch FATF, Annual Report 1996–1997 (insb. Annex A, S. 29-30) und FATF, Annual Report 1998–1999, S. 32–33, in denen über die Arbeiten der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Schätzung des Umfangs der Geldwä­ sche berichtet wird. In FATF, Annual Report 1999–2000, S. 26–27 heißt es dann: „before estimates which are defensible and useful can be developed, there is no alternative but to gather more drug-related data. […] Due to data and analytical constraints, the FATF decided to end this work at this stage“. Siehe auch Reuter/ Truman, Chasing dirty money, 2004, S. 9 und Levi, AAPSS 582 (2002), 181 (184), der von „fundamental disagreement“ innerhalb der Arbeitsgruppe berichtet.

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nen USD.147 Ausgenommen ist dabei Geldwäsche im Zusammenhang mit Steuer- und Zolldelikten; würde diese mit einbezogen, könne ein Wert um 5 % des weltweiten BIP erreicht werden.148 Aber auch diese Zahlen sollten mit Vorsicht behandelt werden – die grundlegenden me­ thodischen Probleme mit den mitunter ganz erheblichen Schätzkorrido­ ren und der Vielzahl an Annahmen löst auch das UNODC nicht. Daneben finden sich in der wissenschaftlichen Literatur verschiedene Schätzungen und Schätzmethoden.149 Hervorzuheben sind die Arbeiten von Walker, der auch Aussagen über den Umfang der Geldwäsche welt­ weit und in bestimmten Staaten trifft.150 Das Walker-Modell basiert auf verschiedenen Annahmen über die Häufigkeit und Profitabilität ver­ schiedener Straftaten und die Einkommensverwendung auf Seiten der Täter.151 Es handelt sich also um eine indirekte Schätzmethode. Daraus ergibt sich für jedes Land eine Schätzung der Gesamtsumme illegaler Gewinne, die potentiell gewaschen werden. 1999 schätzt Walker die Summe des weltweit gewaschenen Geldes auf 2,85 Billionen USD, was einem Anteil von 8,75 % am weltweiten BIP von 1999 entspricht und damit die Schätzungen des IWF und des UNDOC weit übertrifft.152 Prob­ lematisch an Walkers Modell ist, dass es auf kaum überprüfbaren Annah­ men insbesondere über die Profitabilität bestimmter Taten und die Ein­ kommensverwendung auf Täterseite beruht sowie länderspezifische Besonderheiten nicht ausreichend berücksichtigt.153 Ferner gelang es an­ deren Autoren nicht, Walkers Ergebnisse zu reproduzieren, weshalb sie

147 UNODC, Estimating Illicit Financial Flows Resulting From Drug Trafficking and other Transnational Organized Crimes, 2011, S. 41–42. 148 UNODC, Estimating Illicit Financial Flows Resulting From Drug Trafficking and other Transnational Organized Crimes, 2011, S. 42. 149 Vgl. die reichhaltige Literaturübersicht bei UNODC, Estimating Illicit Financial Flows Resulting From Drug Trafficking and other Transnational Organized Cri­ mes, 2011, S. 15–45. Eine gute Übersicht über die verschiedenen Schätzmethoden sowie ihre Stärken und Schwächen bieten Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 61–85 150 Walker, JMLC 3 (1999), 25–37. 151 Walker, JMLC 3 (1999), 25 (26–27). Anschaulich formuliert bei Walker/Unger, Rev. L. & Econ. 5 (2009), 821 (836): „To measure money laundering, one must start from ‚how much crime is there?‘ and ‚how much profit is there in the crime?,‘ and then ask ‚hat proportions of the profits are laundered.‘“ 152 Walker, JMLC 3 (1999), 25 (33). Es ist jedoch nicht ganz klar, auf welches Jahr sich Walkers Schätzungen beziehen. 153 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 213–217; Reuter, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 224 (227–231); Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 133–134. Insgesamt kritisch zu mikroökonomischen Schätzmethoden über den Umfang der Gewinne aus Straftaten Reuter/Truman, Chasing dirty money, 2004, S. 19–23; Reuter/Greenfield, World Economics 2001, 159–173.

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annahmen, er habe sein Modell mit Hilfe von „tacit knowledge“ und „feeling“ kalibriert.154 Festzuhalten ist, dass die Schwankungsbreite der Schätzungen außeror­ dentlich groß ist. Jede der vorgeschlagenen Schätzmethoden weist nicht unerhebliche Schwächen auf, die Modelle basieren auf teils nicht nach­ vollziehbaren oder nachprüfbaren Annahmen (vor allem über die Profita­ bilität von Straftaten und den Anteil der Taterlöse, die gewaschen wer­ den), grundlegende Begriffe (allen voran der der Geldwäsche) werden unterschiedlich oder in schwer zu operationalisierender Art und Weise verwendet, die Datengrundlage ist lückenhaft und oft von zweifelhafter Qualität. Van Duyne spricht deshalb provokativ vom „Herumtasten im Halbdunkel“155. Sogar die Bundesregierung scheint dies zwischenzeitlich erkannt zu haben. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE aus dem Jahr 2014 führt sie aus: „Unabhängig von der Bezifferung des Schadens der rechtlich verfolgten Fälle, exis­ tiert – auch auf internationaler Ebene – keine belastbare Berechnungsgrundlage zur Errechnung oder Schätzung der insgesamt durch Geldwäsche generierten Vermögenswerte bzw. des dadurch verursachten ökonomischen Schadens. Die insbesondere von einigen Interessenverbänden und Nichtregierungsorganisatio­ nen veröffentlichten Zahlen basieren auf Schätzungen, die nicht belastbar sind. Diese Aussagen sind nicht durch eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Dunkelfeldstudie abgesichert.“156

Eine Lösung für diese Probleme ist nicht in Sicht. Reuter meint deshalb: „[T]here is no prospect, either in surveys of experts or in studies of crimes them­ selves as reflected in criminal justice statistics, for developing persuasive estimates.“157

Von der Schätzproblematik jedenfalls im Grundsatz unabhängig ist die Frage, welche Gefahren von der Geldwäsche ausgehen. Zwar werden Umfang und Gefährlichkeit der Geldwäsche häufig miteinander in Ver­ bindung gebracht und es ist denkbar, dass bestimmte Gefahren sich erst ab einer bestimmten Größenordnung bemerkbar machen. Es ist dennoch wichtig, die Frage nach dem „Wie viel?“ und die Frage nach dem „Wie schlimm?“ auseinanderzuhalten,158 auch wenn Umfang und Schaden bei 154 Unger, in: dies. (Hrsg.), The Scale and Impacts of Money Laun­dering, 2007, S. 29 (43); Unger/Siegel/Ferwerda u.a., The Amounts and Effects of Money Laun­dering, 2006, S. 38–39; s. a. Fn. 125. 155 Van Duyne, Justitiële verkenningen 2006, 34 (37): „pseudo-wetenschapelijk rond­ tasten in schemerduister“. 156 Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE v. 17.06.2014, BT-Drs. 18/1763, S. 6. 157 Reuter, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 224 (224). 158 Vgl. van Duyne, Justitiële verkenningen 2006, 34 (34).

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der Geldwäsche mitunter gleichgesetzt werden.159 Der Frage nach dem „Wie schlimm?“ wird im folgenden Abschnitt nachgegangen. 2. Gefahren Viele Vortaten der Geldwäsche haben Opfer, Geldwäsche aber ist eine Tat ohne unmittelbar erkennbares Opfer (victimless crime).160 Die Be­ kämpfung der Geldwäsche wird deshalb mit einem Verweis auf eine Viel­ zahl von Gefahren und Problemen für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft gerechtfertigt. So bedroht die Geldwäsche nach Angaben der FATF die Integrität des Banken- und Finanzsektors. Die Reputation und Stabilität einzelner Institute oder des gesamten Sektors könne leiden. Ferner kön­ ne es zu Schwankungen bei der Geldnachfrage, internationalen Zah­ lungsströmen und Wechselkursen kommen. Sei der „gute Ruf“ eines Landes erst beeinträchtigt, könne es zu einem Rückgang ausländischer Direktinvestitionen kommen. Geldwäsche bedrohe die Gesellschaft als Ganzes. Sie sei das Nährmedium für organisierte Kriminalität und Kor­ ruption. Erfolgreiche Geldwäsche sende die Botschaft, dass Kriminalität sich lohne, schwäche das Rechtsbewusstsein und die Werteordnung ei­ ner Gesellschaft. Sie bedrohe dadurch die Grundwerte der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.161 Das UNODC meint, Geldwäsche sei für Kri­ minelle wie Sauerstoff für Lebewesen – sie ermögliche und fördere die Begehung von Straftaten.162 Der Vorsitzende der President’s Commis­ sion on Organized Crime, Kaufman, schrieb 1984 an Präsident Reagan: „[M] oney laundering is the lifeblood of organized crime.“163

159 So z. B. erst jüngst durch die Parlamentarische Staatssekretärin beim BMF, Sarah Ryglewski, in der Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, Stenografischer Be­ richt, 119. Sitzung des 19. Deutschen Bundestages am 18.10.2019, S. 14763(A): „100 Milliarden Euro jährlich beträgt der geschätzte Schaden durch Geldwäsche.“ Tatsächlich liegt der Umfang der Geldwäsche in Deutschland nach manchen Schätzungen bei 100 Milliarden Euro. In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE v. 17.06.2014, BT-Drs. 18/1763 heißt es auf S. 6 hingegen zutreffend: „Vermögensrechtliche Schäden werden durch die Vortaten der Geldwäsche verursacht, nicht durch die Geldwäschehandlung selbst. Eine Bezifferung der Schäden durch Geldwäsche ist daher nicht möglich.“ 160 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 250, 400; Findeisen, in: Derleder/Knops/Bamber­ ger (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2009, S. 2121 (2131). 161 FATF, FAQs Money Laun­dering, https://www.fatf-gafi.org/faq/moneylaundering/ (zuletzt geprüft am 02.05.2019). 162 UNODC, Estimating Illicit Financial Flows Resulting From Drug Trafficking and other Transnational Organized Crimes, 2011, S. 99. 163 President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. iii.

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In einer Analyse vornehmlich englischsprachiger wirtschaftswissen­ schaftlicher Veröffentlichungen haben Unger et al. festgestellt, dass 25 verschiedene wirtschaftliche, politische und soziale Auswirkungen der Geldwäsche genannt werden.164 Darunter sind die negativen ökono­ mischen Auswirkungen auf die Opfer bestimmter Vortaten (z. B. Betrug), die Verzerrung von Konsum- und Anlageentscheidungen, der Anstieg von Preisen (z. B. im Immobilienbereich), die Verzerrung des Wettbe­ werbs, die Beeinflussung von Handelsbilanzen und ökonomischen Sta­ tistiken, die Verringerung des Wirtschaftswachstums, Produktivitätsver­ luste, Verringerung des Steueraufkommens und Erhöhung staatlicher Ausgaben (v. a. für die Rechtspflege), Beeinträchtigung von Privatisie­ rungsbemühungen, Schwankungen bei Geldnachfrage, Zinssätzen, Wech­ selkursen und Inflationsraten, negative Effekte auf ausländische Direkt­ investitionen, Gefährdung des Rufs und der Stabilität einzelner Banken oder gar des gesamten Finanzsystems, sog. Kontaminationseffekte, ein Anstieg von Korruption, Bestechung, Kriminalität insgesamt und sogar des Terrorismus, die Bedrohung staatlicher Institutionen und Konterka­ rierung entwicklungspolitischer Ziele.165 Ein Großteil der in der Litera­ tur kursierenden Annahmen über mögliche ökonomische Effekte geht auf frühe Arbeiten des Internationalen Währungsfonds zurück.166 Dies fasst im Wesentlichen auch die in der deutschsprachigen Literatur erwähnten Auswirkungen der Geldwäsche zusammen.167 Dort wird Geld­ wäsche jedoch häufig vor allem als Triebfeder der organisierten Kriminali­ tät verstanden und die damit in Verbindung gebrachten Gefahren werden der Geldwäsche als (indirekte) Effekte zugeschrieben.168 Auch das Gefähr­ dungspotential organisierter Kriminalität ist jedoch hoch umstritten.169 Sofern mögliche positive Auswirkungen der Geldwäsche nicht gänzlich negiert werden,170 werden z. B. die positive Beeinflussung des Wirt­ 164 Unger/Siegel/Ferwerda u.a., The Amounts and Effects of Money Laun­ dering, 2006, S. 82. Siehe auch Unger (Hrsg.), The Scale and Impacts of Money Laun­ dering, 2007, S. 109–181. 165 Unger (Hrsg.), The Amounts and Effects of Money Laun­dering, 2006, S. 82–98. 166 Quirk, Macroeconomic Implications of Money Laun­dering, 1996. 167 Siehe nur Koslowski, Harmonisierung der Geldwäschestrafbarkeit in der Euro­ päischen Union, 2016, S. 51–60; Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 29–36; Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 113–118; Findeisen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinstitute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 95 (96). 168 Siehe z. B. Koslowski, Harmonisierung der Geldwäschestrafbarkeit in der Euro­ päischen Union, 2016, S. 51–57; Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 104. 169 Siehe nur Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 58–59. 170 Vgl. Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 205, bezogen auf das „wirtschaftliche[n] En­ gagement organisierter Straftätergruppen.“

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schaftswachstums durch Kapitalzufluss bzw. -rückfluss171 oder ein An­ stieg des Steueraufkommens172 genannt. Auch hier besteht jedoch eine ganze Reihe von Unklarheiten: Es wird meist nicht deutlich, wovon die Gefahren ausgehen sollen – von illegal erlangtem, aber „ungewaschenem“ Geld oder nur von erfolgreich „gewa­ schenem“ Geld oder vom Prozess der Geldwäsche an sich. In den Erwä­ gungsgründen zur Vierten Geldwäsche-Richtlinie ist z. B. von „Strömen von illegalem Geld“ die Rede – ein schwammiger, völlig konturloser Be­ griff, der mehr verschleiert als erklärt, sich aber leider zunehmend zu einem Schlagwort auch in der wissenschaftlichen Literatur entwickelt.173 Unterscheidungen sind aber durchaus angebracht, wie etwa van Duyne/ Harvey/Gelemerova anmerken: So seien durch die Angst vor Entdeckung verzerrte, ineffiziente Anlageentscheidungen bei „ungewaschenem“ Geld plausibel, nicht aber bei (erfolgreich) „gewaschenem“, bei dem die Angst vor Entdeckung ja gerade nicht mehr bestehe.174 Teils sind die Ge­ fahrenbeschreibungen auch paradox, etwa wenn es heißt, Geldwäsche diene der Finanzierung künftiger Straftaten. Levi stellt diesbezüglich treffend fest: „[I]f crime syndicates are financing future crimes, they are definitely not thereby legitimising the proceeds of past crimes: rather the reverse, since planning future crimes involves de-legitimising [Hervorh. i. Orig.] any previously laundered funds.” 175

Abgesehen von methodisch-konzeptionellen Problemen dieser Art176 werden die Thesen über die Gefährlichkeit der Geldwäsche nicht durch empirische Untersuchungen gestützt. Gelegentlich werden Belege prä­ sentiert, deren Aussagekraft jedoch sehr zweifelhaft ist. So behaupten Schneider/Dreer/Riegler, die massive Entwertung der italienischen Lira 171 Bajo, in: Schünemann/Suárez González (Hrsg.), Bausteine des europäischen Wirt­ schaftsstrafrechts, 1994, S. 3 (10) (Rückführung nur in der Untergrundwirtschaft verwendbarer Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf); gegen diese Argumenta­ tion Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, Rn. 938. 172 Vgl. Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­ dering, 1998, S. 5. A. A. hingegen President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­ dering, Oktober 1984, S. 7. 173 Siehe z. B. jüngst Owens/Schlenther, What Is the Link Between COVID-19 and ­Illicit Financial Flows?, 08.05.2020, https://www.taxnotes.com/featured-analysis/ what-link-between-covid-19-and-illicit-financial-flows/2020/05/08/2ch6s#2ch6s-​ 0000003 (zuletzt geprüft am 11.05.2020). 174 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 115. 175 Levi, Eur. J. Crim. Policy Res. 2015, 275 (276). 176 Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit den mutmaßlichen Gefahren der Geldwäsche und den daraus zu ziehenden Folgerungen siehe auch Alldridge, ­Buffalo Crim. L. Rev. 5 (2001), 279 (303–317).

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im September 1992 sei auf den Abzug krimineller Gelder aus Italien in­ folge der Geldwäschegesetzgebung zurückzuführen.177 Außer dem zeitli­ chen Nacheinander von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen und Ab­ wertung der Lira sowie einem Zitat, das dem damaligen italienischen Finanzminister zugeschrieben wird, stützt nichts diese These. Zumin­ dest nicht weniger plausibel erscheint, dass die italienische Lira im Zuge der sog. Septemberkrise des Europäischen Währungssystems (EWS) und aufgrund der hohen Staatsverschuldung abgestürzt ist. Ebenfalls verbrei­ tet ist das Beispiel der Bank of Credit and Commerce International (BCCI), die infolge eines Skandals um kriminelle Verwicklungen 1991 geschlos­ sen wurde. Auch hier wird immer wieder behauptet, Ursache des Nieder­ gangs der Bank sei die Geldwäsche gewesen.178 Auch dies kann bezweifelt werden, wie Alldridge zeigt.179 Der Internationale Währungsfonds stellt einen Zusammenhang zwischen Geldwäsche und den Bankenkrisen in der Dominikanischen Republik im Jahr 2003 und in Lettland im Jahr 1995 her.180 Reuter wendet hiergegen jedoch ein, dass die Ursache in die­ sen Fällen möglicherweise nicht die Geldwäsche war, sondern die ihr vo­ rausgehenden Straftaten.181 Ferwerda kommt in einer Literaturanalyse zu dem Ergebnis, „that the empirical back-up of these effects is still largely missing”.182 Reuter stellt fest: „It is striking how little evidence there is that money laundering has been a major problem in any country, even small ones.“183 Barone/Masciandaro fassen zusammen: „[M]ost literature on ML [Money Laun­ dering, Anm. d. Verf.] effects is pure speculation, or it is based on figures that are either wrongly cited, misinterpreted or just invented.”184 Natürlich ist das Nichtvorhandensein von Belegen kein Beleg für das Nichtvorhandensein der in der Literatur genannten Gefahren. Gleich­ wohl deutet es darauf hin, dass die von der Geldwäsche ausgehenden Gefahren überschätzt werden.185 Van Duyne bemerkt dazu pointiert: 177 Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 143. 178 Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 138–139. 179 Alldridge, Money Laun­dering Law, 2003, S. 38–39. 180 IWF, Anti-Money Laun­dering and Combating the Financing of Terrorism (AML/ CFT), 2011, S. 86–88. 181 Reuter, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 224 (224–225). 182 Ferwerda, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­ dering, 2013, S. 35 (42). 183 Reuter, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 224 (224–225). 184 Barone/Masciandaro Eur. J. Law & Econ. 32 (2010–2011), 115 (116). 185 Vorsichtig in diese Richtung z. B. Pieth, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwä­ schebekämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 36 (39); Arzt, in: Diederichsen (Hrsg.), Das mißglückte Gesetz, 1997, S. 17 (28–29): „[…] dürften die bescheidenen Erfolge [der Geldwäschebekämpfung] damit zu erklären sein, daß die […] des Wa­

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung „[L]et us face the simple fact that the proceeds of crime are not exported to the moon, but have to surface finally in the upperworld to be transformed into produc­ tion relations, assets or services which are the components of the legitimate economy.“186

Die Auswirkungen der Geldwäsche hätten sich – jedenfalls bei einem ungeheuren Umfang von 2–5 % des weltweiten BIP – empirisch beobach­ ten lassen müssen.187 Gut belegt ist jedenfalls, dass Geldwäsche dann, wenn sie bekannt wird, den Ruf einzelner Finanzinstitute beschädigen kann – sogar, wenn sie wahrscheinlich nicht stattgefunden hat.188 Es ist indes kein Fall bekannt, indem der Niedergang einer Bank mit erst im Nachhinein entdeckter Geldwäsche erklärt werden kann.189

IV. Zusammenfassung und Bemerkungen 1. Über den Begriff der Geldwäsche herrscht bis heute nicht in allen Punkten Einigkeit. Nach hier vertretener Ansicht ist Kern der Geld­ wäsche die Bemäntelung von Einkünften aus Straftaten, sodass sie Einkünfte aus rechtmäßigen Quellen darzustellen scheinen. 2. Die Schätzungen über den Umfang der Geldwäsche stehen auf töner­ nen Füßen und vermitteln angesichts ihrer schwachen Basis und der enormen Schwankungsbreite nicht einmal einen brauchbaren Eindruck der Größenordnung. Reuter mag sie für bloße „Zierde“ („adornment“190) halten – in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion sind sie geeignet, den Eindruck größter Gefahr heraufzu­ beschwören.191 schens bedürftigen Einnahmen (auch die der Organisierten Kriminalität) weit überschätzt worden sind und weit überschätzt werden.“ 186 Van Duyne, Howard J. 37 (1998), 359 (360). 187 So auch Alldridge, Money Laun­dering Law, 2003, S. 5. 188 Dies wird durch die Kursschwankungen bei der Aktie der Ströer SE & Co. KGaA (Kanning, FAZ v. 22.04.2016, S. 27) sowie der Grenke AG illustriert (Wischmeyer, FAZ v. 19./20.09.2020, S. 30). Erhärten ließen sich diese Anschuldigungen nicht. 189 Siehe dazu auch Hetzer, NJW 1993, 3298 (3299): „[…] steht fest, daß für die Kredit­ wirtschaft nicht jeder Geldwäschefall ein Verlustgeschäft ist. Nur Fälle, die be­ kannt werden, können schädlich sein.“ Ähnlich Levi, BJC 31 (1991), 109 (112): „Undetected money launderers are good business for bankers“. 190 Reuter, in: Unger/Linde (Hrsg.), Research Handbook on Money Laun­dering, 2013, S. 224 (224). Beizupflichten ist ihm aber darin, dass Umfangschätzungen als Maß­ stab zur Evaluation der Geldwäschebekämpfung problematisch sein können: Ist Gradmesser der Effektivität die Verringerung des Umfangs der Geldwäsche, ist es möglich, dass die kriminalpolitischen Prioritäten verzerrt werden („low-hanging fruit“), also vor allem die Straftaten bekämpft werden, bei denen die größte Re­ duktion des Geldwäscheumfangs zu erwarten ist, und nicht die, deren soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen am größten sind (vgl. dazu De La Feria, J. Law & Soc. 47 (2020), 240 (266–267). 191 Vgl. Naylor, Crim. L. & Soc. Change 32 (1999), 1 (6): „Their objective was not really to illuminate the shadowry world of crime so much as to enlighten politicians

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A. Geldwäsche

3. Wendet man sich der Frage zu, weshalb „schmutziges“ Geld – in wel­ cher Menge es auch vorkommen mag – überhaupt gefährlich ist, so stößt man ebenfalls auf wenig Belastbares. In der deutschen Literatur findet sich diese Kritik nur bei genauem Hinsehen. In der Mehrzahl der Veröffentlichungen wird das tatsächliche Fundament der Geld­ wäschebekämpfung nicht erörtert. Falls dies doch der Fall ist, über­ nehmen die Autoren unkritisch Zahlen, Vermutungen und Behaup­ tungen, die dadurch im Lauf der Zeit zu scheinbaren Gewissheiten erstarkt sind.192 4. Gleichwohl soll hier nicht vertreten werden, Geldwäsche sei uner­ heblich oder ohne Nachteile – auch das wäre pure Spekulation. Eine seriöse Einschätzung der tatsächlichen Bedeutung des Phänomens ist jedoch dringend erforderlich und nach mehr als drei Jahrzehnten globaler Geldwäschebekämpfung überfällig: Zuvörderst, weil zum ­ Zwecke der Geldwäschebekämpfung tief in grundrechtlich geschütz­ te Positionen einer Vielzahl von Bürgern eingegriffen wird, der Grund­ rechtsschutz aber wegen der erheblichen Ungewissheiten im Tat­ sächlichen leerzulaufen droht. Sie ist aber auch nötig, weil die knap­ pen Ressourcen von Polizei und Justiz sinnvoll genutzt werden müssen; anhand lückenhafter Daten, spekulativer Annahmen und grober Vermutungen lassen sich jedoch weder tragfähige Strategien entwickeln noch getroffene Maßnahmen evaluieren. Es besteht die Gefahr, dass zu viel Aufmerksamkeit durch die letztlich ineffektive Bekämpfung eines Nachtatverhaltens gebunden wird, obwohl es doch die Vortat ist, durch die Menschen im günstigsten Fall nur ei­ nen überschaubaren Teil ihres Vermögens, im schlimmsten Fall ihr Leben verlieren. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass die berührten Diszi­ plinen (Kriminologie, Rechtswissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie) den Kampf gegen Geldwäsche künftig intensiver und kritischer begleiten – und die Politik innehält, statt in blindem Aktionismus Maßnahme an Maßnahme zu reihen.

about the need for larger law enforcement budgets and more arbitrary police ­powers. Therefore those magic numbers assumed the status of religious cant […].” Das gilt vor allem bei Straftaten, deren Auswirkungen man nicht ohne Weiteres beobachten kann, vgl. van Duyne, Justitiële verkenningen 2006, 34 (34). Zur Rolle und Macht von Zahlen im Kontext der Anti-Drogen-Politik siehe z. B. Hess, KJ 1992, 315 (324). 192 Vgl. van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, S. 117: „Reality shaping by legend quotation.” Siehe auch die in der deutschen Literatur seltene Kritik bei Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 69–72.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung Der Bestand an Normen, deren Zweck die Bekämpfung der Geldwäsche ist, lässt sich auf verschiedene Arten systematisieren und in verschiede­ ner Reihenfolge darstellen. Mit Blick auf das deutsche Recht, das den Bezugspunkt dieser Arbeit bildet, erscheint es sinnvoll, das Geldwäsche­ recht in einen strafrechtlichen und einen verwaltungsrechtlichen Teil zu untergliedern. Dies trägt der im deutschen Recht etablierten Unterschei­ dung zwischen Strafrecht, Privatrecht und öffentlichem Recht Rech­ nung. Im Hinblick auf die Reihenfolge, in der die beiden Teile erörtert werden, ist es mit Blick auf die Entstehungsgeschichte und die Verwei­ sungssystematik von § 261 StGB und dem Geldwäschegesetz (GwG) an­ gezeigt, den strafrechtlichen dem verwaltungsrechtlichen Teil voranzu­ stellen, denn: Anders als in den USA wurde Geldwäsche in Deutschland und auf internationaler Ebene kriminalisiert, bevor die Vorschriften ge­ schaffen waren, um Einkünfte aus Straftaten aufzuspüren; diese wieder­ um beziehen sich auf den Straftatbestand. Bevor jedoch die einzelnen Komponenten des Geldwäscherechts vorge­ stellt werden, soll ein kurzer Blick auf die Ursprünge und die Entwick­ lung des globalen Anti-Geldwäsche-Regimes geworfen werden. Dies zeigt zum einen, dass sich das Geldwäscherecht in seinen Anfängen nicht einheitlich entwickelt hat und nicht auf einen bestimmten Zweck hingeordnet war. Dadurch hatte das Anti-Geldwäsche-Regime von vorn­ herein eine hohe teleologische Flexibilität, die es ihm erlaubte, sich nach einer Konzentration auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und der Rauschgiftkriminalität wieder für andere Zielsetzungen zu öff­ nen. Zum anderen schärft diese Betrachtung auch den verfassungsrecht­ lichen Blick: Externe Regelungsakteure unterliegen nicht den Bindungen an die EU-Grundrechtecharta, die EMRK oder das Grundgesetz. Deshalb ist besondere Vorsicht angesagt, wenn ihr Einfluss so weit reicht, dass Staaten ihre Regelungen – und seien es nur Empfehlungen – möglichst vollständig umzusetzen suchen. Mit Blick auf die Fragestellung ist es dabei weder möglich noch nötig, die Genese des weltweiten Anti-Geld­ wäsche-Regimes in allen Einzelheiten darzustellen.193 Hier kann und soll vielmehr der Fokus auf die zwei – zumindest anfangs – zentralen Akteu­ re der weltweiten Geldwäschebekämpfung gelegt werden, die USA und die FATF. Dabei soll nicht übersehen werden, dass auch die EU inzwi­ schen eine immer stärkere und selbstbewusstere Rolle einnimmt. Diese kann jedoch am besten im Zusammenhang mit den konkreten Maßnah­ men verdeutlicht werden.

193 Ein Zeitstrahl der Entwicklungen findet sich bei Turner/Bainbridge, J. Crim. L. 82 (2018), 215 (217).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

I. Vorgeschichte Wiege des globalen Geldwäschebekämpfungsregimes sind die USA. Dort finden sowohl die bankrechtlichen Meldepflichten als auch die straf­ rechtliche Erfassung der Geldwäsche ihr historisches Vorbild. Um auch gegen grenzüberschreitende Kriminalität effektiver vorgehen zu können, ergriffen die USA unilaterale Maßnahmen (wie z. B. extraterritorial an­ wendbare Strafgesetze), bilaterale Maßnahmen (wie z. B. Rechtshilfeab­ kommen194) und trieben multilaterale Maßnahmen voran (wie z. B. Über­ einkommen der Vereinten Nationen). Auch die Gründung der FATF ist das Ergebnis amerikanischer Bemühungen.195 Die historisch-politische Dimension darf nicht außer Acht gelassen werden, wenn man verstehen möchte, weshalb die Geldwäsche in Deutschland und Europa zunächst gar nicht, dann aber ungeachtet aller tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten umso entschiedener und ausgreifender bekämpft wur­ de.196 1. Anfänge in den USA Den Auftakt bildete der 1970 erlassene Bank Secrecy Act (BSA).197 Durch den BSA sollten vor allem Banken, aber auch jedermann, der bestimmte Transaktionen durchführte, zur Anfertigung von Aufzeichnungen und Abgabe von Meldungen verpflichtet werden, „where such records have a high degree of usefulness in criminal, tax, or regulatory investigations or proceedings.“198 Dem BSA gingen Anhörungen sowohl vor Ausschüssen des Repräsentantenhauses als auch des Senats voraus.199 Dabei ging es durchaus um die Verwendung geheimer Auslandskonten durch Akteure

194 Sog. Mutual Legal Assistance Treaties (MLAT). Den Anfang bildete der Staatsver­ trag über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den USA und der Schweiz v. 25. Mai 1973 (AS 1977, 42), in dem auch der Begriff des organisierten Verbrechens erstmals legaldefiniert wurde (Art. 6 Abs. 3 des Staatsvertrages). 195 Dazu siehe Kapitel 1 B. I. 3. 196 Vgl. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 2: „Es ist […] zu kurz gegriffen, wie derzeit die Betrachtung erst mit der europäischen Rechtsentwicklung begon­ nen […] wird.“ 197 Pub. L. 91–508 v. 26.10.1970, 84 Stat. 1114. Dazu z. B. Blaut, Syracuse J. of Int. L. & Com. 3 (1975), 271–296; Eldridge, NC J. Int. L. & Com. Reg. 11 (1986), 667– 697; Nadelmann, Miami Int.-Am. L. Rev. 18 (1986), 33 (35–42). Ausführlicher zum BSA unter Kapitel 1 B. III. 1. 198 § 202 BSA; siehe auch § 21(a)(1)(A) Federal Deposit Insurance Act. 199 U.S. House of Representatives, Committee on Banking and Currency, Hearings on Legal and Economic Impact of Foreign Banking Procedures on the United ­States, held on December 9, 1968, 1968; U. S. Senate, Committee on Banking and Currency, Subcommittee on Financial Institutions, Hearings on S. 3678 and H.R. 15073 held on June 8–11, 1970, 1970.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

des sog. „organized crime“ und auch Geldwäsche wurde angesprochen.200 Der Schwerpunkt der Stellungnahmen lag darauf jedoch nicht. Stattdes­ sen wurden geheime Auslandskonten mit einer ganzen Reihe von Geset­ zesverstößen aus dem Spektrum des sog. „white-collar crime“201 in Ver­ bindung gebracht, von Steuerhinterziehung über Marktmanipulation bis Insiderhandel.202 Der Vollzug des BSA lief in den 1970er Jahren schlep­ pend.203 Erst zu Beginn der 1980er Jahre wurde das Gesetz neu bekannt gemacht204 und der Vollzug kam in Gang. 1984 unterstrich die President’s Commission on Organized Crime205 in ihrem Zwischenbericht über Geldwäsche die Bedeutung des BSA für die Bekämpfung der Geldwäsche und gab Empfehlungen zur Verbesserung des Vollzugs ab.206 Seit seiner Verabschiedung wurde der BSA mehrfach geändert.207 Hervorzuheben ist dabei vor allem die Einführung der Verdachtsmeldepflichten (Suspicious Transaction Reporting).208 Seit 2018 wird über eine tiefgreifende Reform des BSA diskutiert.209 Ebenfalls aufgrund der Empfehlungen der President’s Commission on Organized Crime210 schuf der amerikanische Gesetzgeber 1986 im Bun­ desstrafrecht den ersten allgemeinen Geldwäschestraftatbestand.211 Die 200 Siehe die Stellungnahme von Will Wilson, Assistant Attorney General, U.S. De­ partment of Justice, in: U.S. House of Representatives, Committee on Banking and Currency, Hearings on Legal and Economic Impact of Foreign Banking Proce­ dures on the United States, held on December 9, 1968, 1968, S. 57–58.  201 Der Begriff geht zurück auf Sutherland, Am. Soc. Rev. 5 (1940), 1–12. 202 U.S. House of Representatives, Committee on Banking and Currency, Hearings on Legal and Economic Impact of Foreign Banking Procedures on the United ­States, held on December 9, 1968, 1968. 203 U.S. General Accounting Office, Bank Secrecy Act Reporting Requirements Have Not Yet Met Expectations, Suggesting Need For Amendment, 1981. Siehe auch Gerth, New York Times v. 23.01.1978, D1–D2. 204 Pub. L. 97–258 v. 13.09.1982, 96 Stat. 877 (993). 205 Nadelmann, Miami Int.-Am. L. Rev. 18 (1986), 33 (36–37); Ackermann, Geld­ wäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 82–83. 206 President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. 51–61. 207 Vgl. die (nicht vollständige) Übersicht bei FinCEN, History of Anti-Money Laun­ dering Laws, https://www.fincen.gov/history-anti-money-laundering-laws (zuletzt geprüft am 02.06.2020). 208 Siehe dazu unten Kapitel 1 B. III. 1. 209 Im Oktober 2019 wurde der COUNTER (Coordinating, Oversight, Upgrading and Innovating Technology, and Examiner Reform) Act of 2019, H. R. 2514, 116th Congress, vom Repräsentantenhaus beschlossen, an den Senat übermittelt und von diesem an das Committee on Banking, Housing, and Urban Affairs überwie­ sen. Zu dem Gesetzgebungsverfahren siehe https://www.congress.gov/bill/116th-​ congress/house-bill/2514 (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 210 President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. 61–82. 211 18 U.S.C. §§ 1956, 1957. Enger ist die schon 1984 geschaffene Vorschrift 21 U.S.C. § 854, wonach sich strafbar macht, wer Vermögen, das aus qualifizierten Drogen­

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Aufzeichnungs- und Meldepflichten waren als unzureichend empfunden worden, weil sie die Geldwäsche nur indirekt in Gestalt von Verstößen gegen den BSA erfassten.212 Die Einführung des Geldwäschestraftatbe­ standes war Teil eines in den USA ab den 1970er Jahren entwickelten neuen Ansatzes zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, vor al­ lem der Drogenkriminalität, der den Taterlös in den Mittelpunkt stell­ te.213 Davon versprach man sich dreierlei: Erstens entfalle durch die Aus­ sicht, die Taterlöse nicht behalten zu können, der Tatanreiz. Zweitens ermögliche es die Verfolgung des „paper trail“, den Geldbewegungen hinterließen, an die von der unmittelbaren Tatausführung häufig weit entfernte Führungsebene krimineller Gruppierungen heranzukommen. Drittens könne durch Einziehung ein Teil der Kosten der Strafverfolgung wieder hereingeholt werden.214 2. Die Rolle der Financial Action Task Force (FATF) Abgesehen von den auf den Drogenhandel begrenzten Anti-Geldwäsche-­ Initiativen einiger weniger Staaten wie z. B. dem Vereinigten Königreich standen die USA zunächst weitgehend allein. Amerikanische Versuche, auf bilateralem Wege und notfalls durch Drohungen zu erreichen, dass andere Staaten Programme zur Geldwäschebekämpfung auflegen,215 wa­ ren wenig erfolgreich.216 Nachdem uni- und bilaterale Strategien nicht delikten herrührt, in ein Unternehmen investiert, das sich betätigt im oder dessen Aktivitäten sich auswirken auf den innerstaatlichen oder ausländischen Handel. 212 President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. 61–62; Greenberg, Comm. L. Bull. 19 (1993), 1866 (1868). 213 Die Einziehung (forfeiture) war in den USA 1790 abgeschafft worden, siehe Taylor, American Criminal Law Review 1979, 379 (382). Die strafrechtliche Einziehung wurde erst 1970 durch Titel IX des Organized Crime Control Act v. 15.10.1970, Pub. L. 91-452, 84 Stat. 922 (insb. 18 USC § 1963) und Titel III des Comprehensive Drug Abuse Prevention and Control Act v. 27.10.1970, Pub. L. 91-513 (insb. §§ 408(2), 511) wieder eingeführt. 214 Nadelmann, Miami Int.-Am. L. Rev. 18 (1986), 33 (34). Der ursprüngliche Fokus des Organized Crime Control Act – die kriminelle Unterwanderung der legalen Wirtschaft – wurde freilich schnell aufgegeben, vgl. Taylor, Am. Crim. L. Rev. 17 (1979–1980), 379 (380–381, 383–385). Mit Recht kritisch zum „policing for profit“ z. B. Blumenson/Nilsen, U. Chi. L. Rev. 65 (1998), 35–114. 215 Vgl. dazu §§ 4701­–4703 Anti-Drug Abuse Act of 1988, Pub.-L. v. 18.11.1988, 102 Stat. 4181 (sog. „Kerry Amendment“), speziell § 4702(c)(1): „The secretary of the Treasury (…) shall enter into negotiations with the appropriate financial super­ visory agencies and other officials of any foreign country the financial institutions of which do business in United States currency.“ Siehe dazu Crocker Int‘l. Fin. L. Rev. (1990) 10 (11). Einen Überblick über die nationalen und internationalen Be­ mühungen der USA im Kampf gegen die Geldwäsche bis Anfang der 1990er Jahre gibt Greenberg, Comm. L. Bull. 1993, 1866–1893. 216 Simmons, in: Shelton (Hrsg.), Commitment and compliance, 2000, S. 244 (249). Sie­ he auch U.S. General Accounting Office, Money Laun­dering, 16.03.1991, S. 52–58.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ausreichend schienen, wählten die USA den multilateralen Ansatz.217 Dabei beschränkten sie sich nicht auf den bestehenden institutionellen Rahmen und völkerrechtlich verbindliche Akte wie etwa die Vereinten Nationen und das Wiener Suchtstoffübereinkommen von 1989 (dazu s. u. II.1.a)), sondern schufen andere Fora und forcierten niederschwelli­ gere Handlungsformen.218 Besonders hervorzuheben ist dabei die FATF. Diese Arbeitsgruppe wurde im Juli 1989 beim Gipfel der sieben führen­ den Wirtschaftsnationen (G7) in Paris – formal auf Antrag Frankreichs, tatsächlich aber unter erheblichem Einfluss der USA219 – gegründet.220 Hintergrund war der Eindruck der G7, dass das Drogenproblem verhee­ rende Ausmaße erreicht habe, weshalb „the fight against drug trafficking itself and the laundering of its proceeds” fortgesetzt werden müsse.221 Das Mandat der Arbeitsgruppe wurde wie folgt beschrieben: „to assess the results of cooperation already undertaken in order to prevent the utilization of the banking system and financial institutions for the purpose of money laundering, and to consider additional preventive efforts in this field, in­ cluding the adaptation of the legal and regulatory systems so as to enhance multi­ lateral judicial assistance. The first meeting of this task force will be called by France and its report will be completed by April 1990.”222

Der erste Bericht der FATF wurde termingerecht im Frühjahr 1990 vorge­ legt und enthielt 40 an die Mitgliedstaaten gerichtete, aber unverbindli­ 217 Vgl. § 4701(a)(2) Anti-Drug-Abuse Act of 1988: „The Congress finds that […] the United States should play a leadership role in the development of an international [cash transaction and money laundering control] system of a similar kind [as the US regime].” Vgl. Jakobi, in: Koch (Hrsg.), Weltorganisationen, 2012, S. 177 (185), die darin eine Ausprägung „instrumentellen Multilateralismus“ sieht; dazu wie­ derum Foot/MacFarlane/Mastanduno, in: dies. (Hrsg.), US hegemony and interna­ tional organizations, 2003, S. 265–272. 218 Ein Grund könnte auch gewesen sein, dass es den USA gerade im Rahmen der Vereinten Nationen schwer gefallen wäre, amerikanische Interessen in diesem Be­ reich durchzusetzen; vgl. Wechsler, Foreign Affairs 2001, 40 (49), der im Zusam­ menhang mit der Intensivierung der Bemühungen gegen den Missbrauch des in­ ternationalen Finanzsystems schreibt: „Yet Washington could not afford to take the ‚bottom-up‘ approach of seeking global consensus before taking action; if the debate were brought to the U.N. General Assembly, for example, nations with underregulated financial regimes would easily outvote those with a commitment to strong international standards.“ Kritisch zu „policy laundering“ durch „forum shifting“ Hayes, INJPL 14 (2012), 5 (6). 219 Jakobi, in: Koch (Hrsg.), Weltorganisationen, 2012, S. 177 (185). Allgemeiner zum großen amerikanischen Einfluss auf die Entstehung des internationalen An­ ti-Geldwäsche-Regimes Roberge, Global Society 2009, 177 (177–180). 220 Zu den Motiven der beteiligten Staaten Pieth, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 36 (43, Rn. 9). 221 G7, Economic Declaration, 16.07.1989, http://www.g8.utoronto.ca/summit/1989​ paris/​communique/ (zuletzt geprüft am 09.11.2017), Rn. 52. 222 G7, Economic Declaration, 16.07.1989, http://www.g8.utoronto.ca/summit/​1989​ paris/communique/ (zuletzt geprüft am 09.11.2017), Rn. 53.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

che223 Empfehlungen zur Geldwäschebekämpfung, die sich – mit zahlrei­ chen Änderungen und Ergänzungen – zum globalen Standard und Impulsgeber der Geldwäschebekämpfung entwickelt haben.224 Ihr Um­ fang ist inzwischen von sechs Seiten (1990) auf 116 Seiten (2012) ange­ wachsen, von denen 20 Seiten auf die Empfehlungen, 81 Seiten auf Aus­ legungshinweise (sog. Interpretive Notes) und 15 Seiten auf ein Glossar entfallen. Die Ziele der FATF gehen dabei inzwischen weit über das ur­ sprüngliche Mandat – die Bekämpfung des Rauschgifthandels – hinaus, wobei die Erstreckung auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung im Gefolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 besonders weit­ reichend war.225 Auf die Arbeiten der FATF und die immer stärkere Aus­ dehnung ihres Mandats wird im Rahmen dieser Arbeit mehrfach zurück­ zukommen sein. Hier sollen zunächst einige Worte zur bemerkenswerten Stellung der FATF unter den globalen Regelungsakteuren und dem durch­ aus erstaunlichen Erfolg ihrer Regulierungsbemühungen gesagt werden. Die FATF war ursprünglich als temporäre Arbeitsgruppe gedacht. Dilwyn Griffiths, seinerzeit Generalsekretär der FATF, bemerkte 1993: „[W]e cer­ tainly want to avoid institutionalising ourselves.“226 Inzwischen besteht die FATF seit über drei Jahrzehnten und angesichts des auf Korruptionsund Terrorismusbekämpfung ausgedehnten Mandats erscheint ihre Auf­ lösung in absehbarer Zeit unwahrscheinlich. Ganz im Gegenteil: Seit 2020 verfügt die FATF über ein zeitlich unbegrenztes Mandat.227 Gleich­ wohl handelt es sich auch weiterhin nicht um eine formale Organisation wie die Vereinten Nationen oder die Organisation für wirtschaftliche Zu­ sammenarbeit und Entwicklung (OECD).228 Gründungsstatuten, die Auf­ bau, Zusammensetzung und Entscheidungsprozesse festschreiben, sind nicht ersichtlich.229 Die FATF lässt zwar verlauten, man entscheide „in

223 Ausführlich zu Rechtsnatur, Entwicklung und Inhalt der 40 Empfehlungen Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2008, S. 51– 214. 224 FATF, Annual Report 1990, 1990, S. 30–35. Die Empfehlungen wurden 1996, 2001, 2003, 2004 und zuletzt 2012 überarbeitet bzw. ergänzt und neu aufgelegt. Alle Versionen sind online abrufbar unter https://www.fatf-gafi.org/publications/fat​ ­ ­frecommendations/documents/review-and-history-of-fatf-standards.html#histori­ cal (zuletzt geprüft am 16.05.2020). 225 Dies geschah erstmals in Form der FATF, IX Special Recommendations on Terro­ rist Financing, 2001. 226 Griffiths, Comm. L. Bull. 19 (1993), 1824 (1829). 227 FATF, Mandate, 12.04.2019, S. 3 (Ziff. 16). 228 Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 60. 229 Kritisch zu diesem Mangel an Transparenz z. B. Peter Alldridge in einer Ausschuss­ anhörung, House of Lords, Money Laun­dering and the financing of terrorism. 19th Report of Session 2008-09, 22.06.2009, 150, 155–157 (Q 326–Q 342); van Duyne/ Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 60.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

consensus“230 – was das genau heißt, ist jedoch unklar.231 Die FATF unter­ hält lediglich ein kleines Sekretariat am Sitz der OECD in Paris. Sie ist jedoch eine von der OECD formal unabhängige Einrichtung.232 Das Se­ kretariat wird von einem Präsidenten und einem Generalsekretär gelei­ tet und zählte im Juni 2020 51 Mitarbeiter.233 Das Budget von 11,8 Milli­ onen € im Haushaltsjahr 2020 wird im Wesentlichen von den Mitgliedern der FATF bereitgestellt.234 Zentrales Entscheidungsgremium der FATF ist das sog. Plenum, das sich aus Regierungsvertretern sowie Vertretern von Strafverfolgungs‑, Bankaufsichts- und sonstigen Aufsichtsbehörden zu­ sammensetzt und mindestens dreimal jährlich zusammentritt.235 Den Vorsitz führt der Präsident der FATF, der durch das Plenum bestimmt wird.236 Die Amtszeit des Präsidenten dauerte bis 2020 ein Jahr, seitdem zwei Jahre.237 Daneben gibt es in der FATF fünf Arbeitsgruppen.238 Die FATF hat derzeit 39 Mitglieder, davon 37 Staaten und zwei überstaat­ liche Einrichtungen (Europäische Kommission und Golfkooperations­ rat).239 Anders als z. B. die Vereinten Nationen folgt sie dem Club-Modell, 230 Siehe nur FATF, Mandate, 12.04.2019, S. 7 (Ziff. 19). 231 Einstimmigkeit dürfte damit wohl nicht gemeint sein, jedenfalls würde die schnelle und unkomplizierte Entscheidungsfindung in der FATF dadurch erheb­ lich beeinträchtigt. Denkbar ist eher, dass ab einem bestimmten kritischen Quorum von Gegenstimmen kein „consenus“ mehr angenommen wird. Offen ist, wer darüber entscheidet, ob „consenus“ vorliegt. Verifizieren lässt sich all das nicht. Wiederholte Anfragen an die FATF blieben unbeantwortet. 232 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 56; Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinan­ zierung, 2008, S. 33–34. In der Literatur kommt es darüber gelegentlich zu Miss­ verständnissen, siehe z. B. Fischer, StGB, § 261 Rn. 4a; Bernasconi, NZZ v. 23.10.2012, S. 29. 233 FATF, Annual Report 2019–2020, S. 50. 234 FATF, Annual Report 2019–2020, S. 50. Im Annual Report 2017–2018, Annex 1, S. 66 unter der dort abgebildeten Tabelle findet sich jedoch der Hinweis, dass sich das Budget für 2018 aus „member’s fees“ und „other sources of income“ zusam­ mensetze. Es ist nicht ganz klar, welche Mittel damit gemeint sind. Die Entwick­ lung des FATF-Budgets im Zeitraum 2004–2017 ist tabellarisch dargestellt bei van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 73. 235 Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2008, S. 36–37. Unzutreffend ist es jedoch, die FATF als „informelles Behördennetz­ werk“ zu beschreiben (so aber Groth, Globales Finanzmarktrecht gegen Terroris­ musfinanzierung, 2016, S. 43), denn in der FATF sind Staaten vertreten; ein Behör­ dennetzwerk ist hingegen z.B. die Egmont-Gruppe. 236 FATF, Mandate, 12.04.2019, S. 7 (Ziff. 20 Buchst. a). Zum Verfahren Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2008, S. 33. 237 FATF, Mandate, 12.04.2019, S. 3 (Ziff. 15), S. 8 (Ziff. 31). 238 Siehe das Organigramm, online abrufbar unter https://www.fatf-gafi.org/about/ fatfsecretariat/ (zuletzt abgerufen am 31.10.2020). 239 Für eine aktuelle Liste der Mitglieder und Beobachter siehe http://www.fatf-gafi. org/about/membersandobservers/ (zuletzt abgerufen am 16.06.2020). Seit 2017/​ 2018 wird die Aufnahme Indonesiens in den Kreis der FATF-Mitglieder geprüft,

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d. h. die Mitgliedschaft steht nur ausgewählten Staaten offen.240 Eine ho­ mogene Mitgliederstruktur und eher informelle Strukturen erleichterten und beschleunigten gerade zu Beginn die Entscheidungsprozesse.241 Um Mitglied zu werden, muss ein Land nicht nur die FATF-Empfehlungen vollständig umsetzen und positiv evaluiert werden, sondern auch von strategischer Bedeutung sein und die geographische Ausgewogenheit der FATF erhöhen.242 Neben Vollmitgliedern gibt es Beobachter (typischer­ weise Beitrittskandidaten und internationale Organisationen wie z. B. die EZB, den IWF243 und die OECD) und in Gestalt der sog. FATF-Style Re­ gional Bodies (FSRB)244 assoziierte Mitglieder. Diese wiederum sind aus der von der FATF seit den frühen 1990er Jahren verfolgten Regionalisie­ rungsstrategie hervorgegangen.245 Sie erhalten technische und finanzielle ­Unterstützung durch die FATF, geben aber keine eigenen Empfehlungen FATF, Annual Report 2017–2018, S. 59. Zur Erweiterung der FATF s. Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2008, S. 24 ff. 240 Vgl. Griffiths, Comm. L. Bull. 19 (1993), 1824 (1827): „The FATF is not and has no pretensions to become the United Nations of the anti-money laundering world.“ Anders womöglich Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, Einleitung Rn. 60, die mei­ nen, die FATF sei „auf eine ständige Erweiterung angelegt” gewesen. Dagegen spricht aber z. B. FATF, Annual Report 1990–1991, S. 19: „The FATF membership should not be further widened […].” 241 Vgl. Hierzu FATF, Annual Report 1990–1991, S. 18–19: „For an organisation that prides itself on its informality of procedure and ready ability to achieve consenus, this [28 members] is clearly approaching the maximum membership possible.“ 242 Ausführlich zu den Kriterien FATF, Annual Report 2007–2008, S. 29–30; FATF, Annual Report 2014–2015, S. 29. Die Schilderungen bei van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 64–68 werfen al­ lerdings die Frage auf, wie genau es die FATF mit diesen Kriterien tatsächlich nimmt bzw. wie diese gewichtet werden. So bemerken die Autoren denn auch pointiert: „One may wonder to what degree the new accession criteria form just a dead-weight bureaucracy, dressing up decisions which had politically already been made. As the decision process is not public, this question cannot be answered.” (ibid., S. 68). Anders hingegen Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Ter­ rorismusfinanzierung, 2008, S. 31 („unabdingbare Voraussetzungen“), der sich je­ doch allein auf Jahresberichte der FATF beruft. 243 Siehe hierzu Levi, BJC 50 (2010), 650 (655): „There was a widespread dissent ­within the International Monetary Fund (IMF) at the idea of the Fund having a role in either AML or CTF and though, after the [9/11] attacks, a political decision was taken by the IMF Board to enhance IMF involvement rather than to close it down, internal debates continued about the ‚macro-economic relevance‘ of money laundering and terrorist financing.“ 244 Diese sind: Asia/Pacific Group on Money Laun­dering (APG); Caribbean Financial Task Force (CFTAF); Council of Europe Committee of Experts on the Evaluation of Anti-Money Laun­dering Measures and the Financing of Terrorism (MONEYVAL); Eurasian Group (EAG); Eastern and Southern Africa Anti-Money Laun­ dering Group (ESAAMLG); Financial Action Task Force of Latin America (GAFILAT); Inter Governmental Action Group against Money Laun­ ­ dering in West Africa (­GIABA); Middle East and North Africa Financial Action Task Force (MENAFATF); Task Force on Money Laun­dering in Central Africa (GABAC). 245 Siehe schon FATF, Annual Report 1990–1991, S. 15.

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ab.246 Ihre Aufgabe besteht vielmehr in der regionalen Implementierung der FATF-Empfehlungen.247 Die FATF überprüft die Umsetzung ihrer Empfehlungen durch ein Ver­ fahren der gegenseitigen Begutachtung (mutual evaluation). Bei der ge­ genseitigen Begutachtung wird üblicherweise eine Gruppe aus vier bis sechs Experten aus anderen FATF-Mitgliedstaaten und zwei Mitgliedern des FATF-Sekretariats in den zu begutachtenden Staat entsendet. Nach zehn bis zwölf Monaten legen die Gutachter einen ausführlichen Bericht vor, der von der FATF angenommen wird. Gelegentlich werden die Begutachtungen auch durch den IWF durchgeführt.248 Zwischen zwei ­ mutual evaluations werden Folgeberichte (follow-up reports) angefertigt, die die bis 2003 durchgeführten Selbstbegutachtungen (self-assessments) ersetzen.249 Daneben beobachtete die FATF von Anfang an auch Nichtmitglieder. Während sich die FATF anfangs gegenüber diesen noch zurückhielt und die Ergebnisse der Beobachtung nur intern diskutiert wurden,250 ver­ schärfte sie ab 1998 ihre Gangart.251 Im Jahr 2000 wurde eine Liste von Non-Cooperative Countries and Territories (NCCT) veröffentlicht, die sog. schwarze Liste. Diese wurde im Verlauf der folgenden Jahre aktuali­ 246 FATF, High-Level Principles and Objectives for FATF and FATF-style regional bo­ dies, 2019, S. 1: „The FATF is the only standard-setting body and the guardian and arbiter of the application of its standard and should therefore, have the opportuni­ ty to identify, communicate and table consistency issues with the FATF Recom­ mendations.” Eine Ausnahme bildet die CFATF, die eigene ergänzende Empfeh­ lungen (sog. „19 Aruba Recommendations“) erarbeitete, siehe dazu die sog. Kingston Declaration on Money Laun­ dering v. 05./06.11.1992, https://www. cfatf-gafic.org/documents/cfatf-resources/24-kingston-declaration-on-money-laun​ dering/file (zuletzt geprüft am 04.08.2021) und FATF, Annual Report 1992–1993, S. 38. 247 Das Verhältnis zwischen FATF und FSRBs ist nicht ganz klar: Während die FATF die FSRBs als „free-standing organisations“ bezeichnet und erklärt: „There is no organisational hierarchy between the FATF and the FSRBs“ (FATF, High-Level Principles and Objectives for FATF and FATF-style regional bodies, 2019, S. 1), be­ steht faktisch durchaus ein Über-Unterordnungsverhältnis, wie van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018 an mehreren Stellen zeigen (insb. S. 63–64, 137). 248 Zum Ganzen FATF, Annual Report 2007–2008, S. 7 (Rn. 23–25); sehr ausführlich und anschaulich Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfi­ nanzierung, 2008, S. 327–365. 249 Siehe dazu FATF, Annual Report 2003–2004, S. 10 (Rn. 45–46). Ebenfalls nicht mehr durchgeführt werden Ländervergleiche (cross-country reviews). Ausführlich zu beiden Verfahren Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus­ finanzierung, 2008, S. 302–325. 250 FATF, Annual Report 1990–1991, S. 16: „it was agreed that no ‚black list‘ of non co-operative [sic!] countries or jurisdictions would be established”. 251 Pieth, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnab­ schöpfung, 2006, S. 36 (49).

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siert. 2006 wurde der letzte Staat von der Liste gestrichen und die „black list“ für kurze Zeit aufgegeben.252 Seit 2007 führt die International Co-operation Review Group (ICRG) der FATF den sog. Review-Prozess gegenüber Nicht-Mitgliedern durch.253 Die Ergebnisse werden auf der Webseite der FATF veröffentlicht und kommen einer Neuauflage der schwarzen Liste gleich.254 2009 wurde der Prozess verschärft: Seitdem fordert die FATF ihre Mitgliedstaaten, aber auch Nichtmitglieder nicht nur zu erhöhter Sorgfalt auf, sondern auch dazu, angemessene Gegen­ maßnahmen gegen die Gefährdung ihrer Finanzsysteme durch nicht-ko­ operative Staaten zu ergreifen.255 Derzeit sind 14 Staaten „under review“, in zwei Fällen (Iran und Nordkorea) gilt ein „call for action“.256 Auch die FSRBs begutachten ihre Mitglieder, die nicht notwendig FATF-Mitglie­ der sind, im Rahmen eines mutual evaluation-Prozesses, dessen Ergeb­ nisse veröffentlicht werden.257 Während die FATF betont, dass die Begutachtungsverfahren nach objek­ tiven Kriterien von Experten durchgeführt werden, bemängeln Kritiker, dass die Arbeitsgruppe innerhalb ihrer Mitglieder und zwischen Mitglie­ dern und Nichtmitgliedern bei der Begutachtung und den daraus zu zie­ henden Folgerungen einen „doppelten Standard“ anwende und sich ins­ besondere gegenüber großen Mitgliedstaaten sehr konziliant zeige.258

252 Zu den Gründen für die (vorübergehende) Aufgabe des NCCT-Prozesses Hülsse, Regulation & Governance 2 (2008) 459 (462–464): Für wesentlich hält er die Ab­ lehnung der Praxis durch den IWF und die Weltbank, noch mehr aber die Kritik an ihrer Legitimität (S. 464–469). 253 Kritisch zur Intransparenz der ICRG und des NCCT-Prozesses insgesamt sowie mit weiteren Informationen über dessen Ablauf van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, 136–141, 143–146. 254 Kerwer/Hülsse, International Organization Studies 2011, 50 (61–62). 255 Vgl. FATF, Annual Report 2009–2010, S. 28–29. 256 FATF, High-risk and other monitored jurisdictions, http://www.fatf-gafi.org/coun​ tries/#high-risk (zuletzt geprüft am 19.06.2020); FATF, Public Statement – Fe­ bruary 2019, http://www.fatf-gafi.org/publications/high-risk-and-other-monitored-​ juris​dic​tions/documents/public-statement-february-2019.html (zuletzt geprüft am 19.06.2020). 257 Dabei sind die Vorgaben der FATF für mutual evaluations zu Grunde zu legen, siehe FATF, High-Level Principles and Objectives for FATF and FATF-style regio­ nal bodies, 2019, S. 7: „The body should conduct mutual evaluations of its mem­ bers for compliance with the FATF Recommendations, in accordance with the Universal Procedures for AML/CFT Assessments, and endorse the Key Prin­ciples for Mutual Evaluations and Assessments, and the principle that all mutual evalua­ tions of FATF and FSRBs must be consistent and based on a common interpreta­ tion of the FATF Recommendations to protect the FATF brand.” Siehe dazu auch Fn. 246 und 247. 258 Pieth, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnab­ schöpfung, 2006, S. 36 (48–50); o. V., The Economist v. 23.06.2001, S. 100, 101; Hülsse, Regulation & Governance 2 (2008) 459 (465) m. w. N.; Levi, AAPSS 582 (2002), 181 (186–187); Mitsilegas, in: Edwards/Gill (Hrsg.), Transnational Organised

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Zweifel gibt es aber auch an der Effektivität des Blacklisting-Ansatzes.259 Daneben wird die FATF wegen ihrer intransparenten Entscheidungspro­ zesse, der mangelnden demokratischen Legitimation und fehlender Be­ achtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben der Länder, von denen sie die Umsetzung ihrer Empfehlungen verlangt, kritisiert.260 Auch die Son­ derberichterstatterin der Vereinten Nationen zum Schutz von Men­ schenrechten in der Terrorbekämpfung äußerte sich 2019 kritisch zur wachsenden Bedeutung von soft law und der Etablierung neuer, infor­ meller Akteure mit begrenzter Mitgliederzahl und wachsendem Rege­ lungsanspruch. Sie bezog sich dabei ausdrücklich auf die FATF, über die sie schreibt: „The Task Force is an exclusive, non-transparent, State-created forum to which civil society and United Nations human rights entities have little or no consistent access.“261

3. FATF – „Club-Regeln“ mit globalem Anspruch In einem gewissen Spannungsverhältnis zur Exklusivität der Mitglied­ schaft steht der Anspruch der FATF, globale, für alle Staaten der Erde verbindliche Standards zu entwickeln. Daraus erwachsen für die FATF zwei miteinander verquickte Probleme: Ein Legitimitätsproblem262 und ein Durchsetzungsproblem. Wenn die FATF möchte, dass die von ihr ent­ wickelten Empfehlungen weltweit umgesetzt werden, hat sie zwei Mög­ lichkeiten: Die eine besteht darin, direkten Druck auf Staaten auszu­ üben, die sich widersetzen. Diese Form der Durchsetzung von Regeln ist

Crime, 2003, S. 195 (205) („evidently a one-sided process“; „double standards“); Levi/Gilmore, EJLR 4 (2002), 337 (353–354). 259 Zu den ökonomischen Untersuchungen siehe schon Fn. 129. Daneben wird vorge­ bracht, der NCCT-Prozess bewirke vor allem bloß formale, nicht aber tatsächliche Compliance, s. Hülsse, Regulation & Governance 2 (2008), 459 (467) m. w. N. 260 Vgl. Mitsilegas/Gilmore, ICLQ 56 (2007), 119 (139–140); Bollag, ST 2011, 275–280; Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 521–523; Hayes, IJNFPL 14 (2012), 5–48; s. a. Nachweise in Fn. 229 und 262; ausführlich Groth, Globales Finanzmarktrecht gegen Terrorismusfinanzierung, 2016, S. 415 ff. 261 United Nations, Report of the Special Rapporteur on the promotion and pro­ tection of human rights and fundamental freedoms while countering terrorism, 29.08.2019, A/74/335, S. 12, Rn. 26 (siehe ferner S. 12–17). 262 Kritisch z. B. Bollag, ST 2011, 275–280; Balmat, ST 2011, 287 (289): „un groupe de travail sans aucune légitimité démocratique“; Sommer, StraFo, 327 (328): „fern jeder weitergehenden demokratischen Legitimation“; Bülte, NJW-aktuell 2017, 3: „demokratisch allenfalls höchst mittelbar legitimierte[n] internationale[n] Exper­ tengruppe“; Mitsilegas, in: Edwards/Gill (Hrsg.), Transnational Organised Crime, 2003, S. 195 (208–209); United Nations, Report of the Special Rapporteur on the promotion and protection of human rights and fundamental freedoms while coun­ tering terrorism, 29.08.2019, A/74/335, S. 17.

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kostspielig, aufwändig und völkerrechtlich bedenklich.263 Die FATF hat dies in der Vergangenheit gelegentlich – durchaus mit Erfolg264 – ver­ sucht, sei es durch Empfehlung Nr. 19 (früher Empfehlung Nr. 21)265 oder durch eine public-shaming-Strategie („black list“). Gleichwohl darf man die Bedeutung von Sanktionen für die Durchsetzung der Empfeh­ lungen auch nicht überschätzen; die FATF hat Sanktionen bislang nur in Fällen offener und fundamentaler Opposition gegen ihre Empfehlungen angedroht und verhängt.266 Die andere Möglichkeit ist, Staaten zur frei­ willigen Befolgung von Regeln zu motivieren. Das ist nicht nur kosten­ günstiger, sondern auch effektiver, da es typischerweise mit einem Be­ wusstseinswandel einhergeht und nicht bloß eine widerwillige Reaktion auf äußeren Druck darstellt.267 Hierbei spielt Legitimität eine entschei­ dende Rolle.

263 Hartman, BC Int’l & Comp. L. Rev. 2001, 253–290 (zur „black list“); van Duyne/ Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 141– 143 (auch zur Empfehlung Nr. 19). 264 So jedenfalls die Bewertung von Wechsler, Foreign Affairs 2001, 40 (52–53); IWF, Anti-Money Laun­dering and Combating the Financing of Terrorism (AML/CFT), 2011, https://www.imf.org/external/np/pp/eng/2011/051111.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020), S. 82–83. Für eine Übersicht über die Fälle, in denen die FATF Druckmittel einsetzte, sowie über die Reaktion der betroffenen Staaten s. Drezner, All Politics Is Global, 2008, S. 144. Zum fünfstufigen Maßnahmenkatalog der FATF und den Fällen, in denen er zur Anwendung kam, siehe auch Krämer, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2008, S. 366–371. 265 Empfehlung Nr. 19 (ex.-Nr. 21) verpflichtet die FATF-Mitglieder, ihre Finanzinsti­ tute zu erhöhter Sorgfalt im Geschäftsverkehr mit Finanzinstituten bestimmter Staaten anzuhalten, wodurch deren Zugang zu den Finanzmärkten erheblich er­ schwert wird (van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 134). Eingesetzt wurde die Drohung mit einer Aktivierung dieser Empfehlung gegen die Türkei 1996 (die die FATF-Empfehlungen anfangs überhaupt nicht umsetzte, siehe van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 134) und gegen Österreich 2000. Öster­ reich weigerte sich trotz erheblichen Drucks von mehreren Seiten standhaft, anonyme Sparbücher abzuschaffen. Erst nach Einleitung eines Vertragsverlet­ ­ zungsverfahrens durch die Europäische Kommission und Klage vor dem EuGH (s. Europäische Kommission, ABl. C 250 v. 10.08.1998, 1 (29); ausführlich zu dem Streit Magliveras, ILSA J. Int. & Comp. L. 5 (1998–1999), 93 (111–113)), nach Akti­ vierung von Empfehlung Nr. 21 und der Drohung mit dem Ausschluss Österreichs aus der FATF, gab der österreichische Gesetzgeber nach (s. FATF, Annual Report 1999–2000, S. 20–22). Zum Ganzen siehe auch Findeisen, in: Hadding/Hopt/Schi­ mansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinstitute und ihre Kunden. Bankge­ heimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 95 (110–111); Seiser, FAZ v. 26.01.2000, S. 31. 266 Kerwer/Hülsse, International Organization Studies 2011, 50 (63). 267 Vgl. Hülsse, Regulation & Governance, 2 (2008) 459 (466–467), der in diesem Zu­ sammenhang von formal compliance (bloße Anpassung des Rechts an äußere Vor­ gaben) und actual compliance (Bewusstseinswandel, der zu einem wirksamen Vollzug führt) spricht. Dazu passend Drezner, All Politics Is Global, 2008, S. 143– 145, der zeigt, dass äußerer Druck die betroffenen Staaten zwar beeinflusste, aber

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Hülsse hat schlüssig argumentiert, dass dies zunächst ontologische Über­ zeugungsarbeit voraussetzt: Geldwäsche als empirisches Phänomen war nicht neu. Neu war es aber Mitte der 1980er Jahre, sie als globales und internationales Problem zu begreifen. Um ihre Empfehlungen weltweit zu verbreiten, musste die FATF andere Staaten – vor allem Nichtmitglie­ der – davon überzeugen, dass Geldwäsche für jeden von ihnen ein Pro­ blem darstellt, das nur durch eine konzertierte Aktion gelöst werden kann.268 Geldwäsche als Problem zu definieren, das jeden angeht und nur von allen gelöst werden kann, ist der FATF binnen weniger Jahre durch verschiedene diskursive Strategien gelungen.269 In einem zweiten Schritt kam es darauf an, die Empfehlungen als sachdienliche und effektive Lö­ sung dieses Problems und sich selbst als legitimen Regelungsakteur zu positionieren, mit anderen Worten: zu erklären, weshalb eine Vielzahl von Staaten die Regeln eines exklusiven Gremiums befolgen soll, an de­ ren Entstehung diese Staaten nicht beteiligt waren. Hier haben Kerwer und Hülsse zwei Strategien beschrieben: Zum einen betont die FATF, dass die Empfehlungen auf der überlegenen Sachkenntnis von Experten beruhen.270 Dadurch werden sie einerseits als politisch neutral empfun­ den, andererseits genießen sie eine nur schwer zu erschütternde Vermu­ tung der Sachdienlichkeit und Effektivität, was sie insbesondere von bin­ denden Regeln unterscheidet, die häufig als kleinster gemeinsamer Nenner am Ende eines politischen Aushandelns stehen.271 Daneben kann die Einbeziehung betroffener Akteure in Entscheidungsprozesse in ei­ nur vier von 15 Staaten die geldwäscherechtlichen Vorgaben vollständig und zügig umsetzten. 268 Daneben ist die Internationalisierung auch im wirtschaftlichen Interesse der Fi­ nanzplätze, die Vorschriften gegen Geldwäsche erlassen, vgl. Jakobi, in: Koch (Hrsg.), Weltorganisationen, 2012, S. 177 (180–181); Herzog/Achtelik/Nestler/ El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 2. 269 Zum Ganzen Hülsse, Global Society 2007, 155 (170–174): Als Strategien identi­ fiziert Hülsse aufgrund einer Analyse der FATF-Jahresberichte „declamation“ (die schlichte Behauptung, Geldwäsche sei ein Problem), „explanation“ (die Erklärung, aufgrund welcher Risiken und Gefahren Geldwäsche ein Problem sei) und „objec­ tivation“ (Aussagen, die die Problemhaftigkeit der Geldwäsche voraussetzen). ­Roberge, Global Society 2009, 177 (180–181) bringt dagegen vor, Hülsse ziehe in Zweifel, dass Geldwäsche ein objektives Problem sei; dies sei jedoch evident, da wichtige politische Akteure davon überzeugt seien. Hülsse, Global Society 2009, 183–190 entgegnet folgerichtig, dass es aus konstruktivistischer Sicht keine objek­ tiven Probleme gebe. Vielmehr sei der Prozess, durch den aus einem empirischen Phänomen ein Problem werde („problematisation“), ein sozialer Prozess, an des­ sen Ende die Überzeugung bestimmter Akteure bzw. Gruppen stehe, dass ein be­ stimmtes Phänomen zu einer bestimmten Zeit und unter bestimmten Umstän­ den für einen bestimmten Akteur bzw. eine Gruppe von Akteuren ein Problem darstelle. 270 Kerwer/Hülsse, International Organization Studies 2011, 50 (59) sprechen in die­ sem Zusammenhang von „output legitimacy“ (zur Unterscheidung zwischen „in­ put“ und „output legitimacy siehe den Nachweis dort auf S. 59, Fn. 16). 271 Kerwer/Hülsse, International Organization Studies 2011, 50 (55–56, 59).

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nem bestimmten institutionellen Umfeld ebenfalls zu erhöhter Legiti­ mität führen.272 Während die FATF anfangs exklusiv und verschlossen war, öffnete sie später den Kreis der Mitglieder vorsichtig, förderte die Gründung der FSRBs und trat in Dialog mit den betroffenen Wirtschafts­ kreisen.273 Hülsse hat die plausible These aufgestellt, dass auch die Auf­ gabe der „schwarzen Liste“ letztlich dazu diente, die Legitimität der FATF zu steigern.274 Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass die Prägekraft der FATF nicht zuletzt auf der wirtschaftlichen und politischen Macht der USA beruht. Die Vereinigten Staaten waren nicht nur Initiator der weltweiten Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung, sondern haben auch immer wieder ihren Einfluss auf die FATF geltend gemacht.275 Dabei konnten sie ihre zentrale Stellung trotz der Erweiterung der FATF erhalten.276 Ihre beispielgebende Rolle bei der Geldwäschebekämpfung haben sie freilich verloren: Fielen außenpolitische Forderungen und innenpolitische Wirk­ lichkeit bei der Geldwäschebekämpfung schon in den 1990er Jahren aus­ einander,277 haben die USA inzwischen auch aus Sicht der Europäischen Union den Anschluss verloren.278 Festzuhalten bleibt: Die FATF wird dominiert von einer kleinen Gruppe von Industrie- und Schwellenländern. Dennoch erhebt sie den Anspruch, 272 Kerwer/Hülsse, International Organization Studies 2011, 50 (59–60) sprechen in diesem Zusammenhang von „input legitimacy“ (siehe dazu schon Fn. 270). 273 Kerwer/Hülsse , International Organization Studies 2011, 50 (56–59). 274 Hülsse, Regulation & Governance 2 (2008), 459 (464–469). 275 Zur Rolle der USA siehe insb. Roberge, Global Society 2009, 177 (177–180); van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 51–54; Pieth, in: Pieth/Aiolfi (Hrsg.), A comparative guide to anti-money laun­ dering, 2004, S. 3 (8–9). 276 Jakobi, in: Koch (Hrsg.), Weltorganisationen, 2012, S. 177–203. 277 Roberge, Global Society 2009, 177 (178–179); Wechsler, Foreign Affairs 2001, 40 (55–57). 278 So enthielt die 2019 von der Europäischen Kommission veröffentlichte Liste der Drittländer, deren System zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinan­ zierung strategische Mängel aufweist, mehrere US-Gebiete, namentlich Amerika­ nisch-Samoa, Guam, Puerto Rico und die U. S. Virgin Islands, s. Europäische Kommission, Europäische Kommission verabschiedet neue Liste von Drittländern mit Schwächen in ihrem System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfi­ nanzierung, 13.02.2019, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ IP_19_781 (zuletzt geprüft am 31.10.2020). Die USA übten scharfen Protest, U. S. Department of the Treasury, Treasury Statement on European Commission List of Jurisdictions with Strategic AML/CFT Deficiencies, 13.02.2019, https://home. treasury.gov/news/press-releases/sm610 (zuletzt geprüft am 31.10.2020): „signifi­ cant concerns about the substance of the list and the flawed process by which it was developed.“ Am Ende gelang es den USA, von der „schwarzen Liste“ genom­ men zu werden, siehe Delegierte Verordnung (EU) 2020/855 der Kommission v. 07.05.2020, ABl. L 195 v. 10.06.2020, 1; zu den Hintergründen Becker, DER SPIEGEL v. 10.10.2019.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Empfehlungen für alle Staaten der Welt auszusprechen, deren Implemen­ tierung sie mit einer Mischung aus weichen und harten Maßnahmen vorantreibt. Dadurch ist sie binnen kurzer Zeit zum internationalen ­ Standardsetzer aufgestiegen. Die FATF war deshalb auch ein geeignetes Forum, um die Verknüpfung der Geldwäschebekämpfung mit dem Voll­ zug des Steuerrechts voranzutreiben.279

II. Kriminalisierung der Geldwäsche Die Kriminalisierung der Geldwäsche gilt heute als Kernstück der An­ ti-Geldwäsche-Bemühungen, wenngleich sie sich historisch erst nach der verwaltungsrechtlichen Geldwäschegesetzgebung entwickelt hat und kaum getrennt von dieser betrachtet werden kann. Im Lauf der Zeit sind im Wesentlichen zwei Grundformen von Geldwäschestraftatbestän­ den entstanden: Die einen sind darauf gerichtet, Geldwäsche durch Strafdrohung zu un­ terdrücken, sodass die Täter auf ihren Taterlösen buchstäblich sitzen bleiben, da eine gefahrlose Verwendung nicht möglich ist. Ihr Aufbau ist stets ähnlich: Der objektive Tatbestand sieht als Tatobjekte Vermögens­ gegenstände aller Art vor, die aus einer Vortat herrühren. Der Kreis der Vortaten kann alle Straftaten umfassen (sog. all-crimes-Ansatz), eine Gruppe von Straftaten, nur Taten einer bestimmten Schwere oder bloß enumerativ aufgezählte Taten. Die Regelungstechniken können kombi­ niert werden. Tathandlungen sind typischerweise das Verbergen oder Verschleiern des Vorhandenseins, des Ursprungs oder der Berechtigung an einem Vermögensgegenstand, aber auch der bloße Besitz, Erwerb oder die Verwendung eines solchen Gegenstandes. Auf subjektiver Ebene ist erforderlich, dass der Täter vorsätzlich handelt; manche Tatbestände las­ sen jedoch hinsichtlich des Herrührens aus einer Vortat auch verschiede­ ne Grade der Fahrlässigkeit genügen. Der deutsche Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) ist ein typischer Vertreter dieser Gruppe von Tatbeständen, aber auch Art. 305bis schwStGB, Art. 324-1 Code pénal oder 18 U.S.C. § 1956 können hierzu gerechnet werden. Die anderen Straftatbestände sollen hingegen primär den Vorschriften über die Aufzeichnung und Anzeige bestimmter geschäftlicher Vorgänge durch Strafdrohung Geltung verschaffen und sind deshalb als Sonder­ delikte ausgestaltet. Ihr Anknüpfungspunkt ist die Verletzung von ­Sorgfalts- und Meldepflichten. Ein Beispiel dafür ist Art. 305ter Abs. 1 schwStGB, der lautet:

279 Dazu ausführlicher unten Kapitel 2 A.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung „Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorg­ falt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheits­ strafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.“

In eine ähnliche Richtung gehen §§ 330–332 Proceeds of Crime Act (POCA) 2002, wonach bestimmte Personen sich strafbar machen, wenn sie ihren gesetzlichen Meldepflichten nicht nachkommen, obwohl sie aufgrund ihnen im Rahmen ihrer beruflichen oder geschäftlichen Tätig­ keit bekannt gewordener Umstände wissen, den Verdacht (suspicion) he­ gen oder wissen bzw. den Verdacht hegen müssten, dass ein anderer Geld wäscht. Durch Tatbestände dieser Gruppe kann es auch dann zur Straf­ barkeit kommen, wenn tatsächlich gar kein Fall der Geldwäsche vor­ liegt. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Regelung. In der Litera­ tur hat jedoch in jüngster Zeit Benjamin Vogel vorgeschlagen, § 261 StGB dahingehend zu erweitern, dass auch die Täuschung über sorgfalts­ pflichtrelevante Umstände zu bestrafen ist.280 Bevor auf § 261 StGB näher eingegangen wird, soll kurz gezeigt werden, wie sehr die Vorschrift von internationalen Vorgaben überwölbt wird. Der Straftatbestand der Geldwäsche ist ein hervorragendes Beispiel für die Internationalisierung des Strafrechts281 – und die damit verbundenen Herausforderungen. 1. Völker- und unionsrechtliche Einflüsse Auf völkerrechtlicher Ebene wird das deutsche Recht von Rechtsakten der Vereinten Nationen (UN) und des Europarates beeinflusst. Die Ver­ einten Nationen haben eine Vielzahl verschiedener Rechtsakte verab­ schiedet, die sich mit im weitesten Sinne „schmutzigem“ Geld befassen, von Erlösen aus Straftaten bis hin zu Geldern, die zur Terrorismusfinan­ zierung und Korruption verwendet werden.282 Dasselbe gilt für den Euro­ parat, der sich der Geldwäsche schon 1980 angenommen hatte und sich im Verlauf der 1990er Jahre zu einem wichtigen Regelungsakteur im Be­ reich der Kriminalitätsbekämpfung entwickelte. Hier sollen nur die Rechtsakte vorgestellt werden, bei denen es im Kern um Geldwäsche im Sinne der dieser Arbeit zugrunde gelegten Definition geht. Auf Terroris­ musfinanzierung, Korruption und Diktatorengelder wird nur eingegan­ gen, soweit dies erforderlich ist.

280 Vogel, ZRP 2020, 111 (113–115); dagegen Schindler, NZWiSt 2020, 457 (469). 281 Vgl. Ambos, ZStW 2002, 236–256. 282 Siehe dazu die übersichtliche Darstellung bei Png, in: Blair/Brent/Grant (Hrsg.), Banks and Financial Crime, 2017, S. 15–32.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

a) Vereinte Nationen Um dem Problem des internationalen Drogenhandels Herr zu werden, begannen die Vereinten Nationen 1984 mit der Ausarbeitung eines Ab­ kommens, das die vorherigen Betäubungsmittel-Abkommen von 1961 und 1971 ergänzen sollte.283 Nach längeren Beratungen und zahlrei­ chen Änderungen des Abkommensentwurfs wurde das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen ­Substanzen284 am 19. Dezember 1988 in Wien beschlossen und vom 20. Dezember 1988 bis zum 20. Dezember 1989 zur Unterzeichnung auf­ gelegt.285 Die Bundesrepublik Deutschland hat das Wiener Suchtstoff­ übereinkommen (WSÜ) am 19. Januar 1989 unterzeichnet, das Vertrags­ gesetz wurde am 22. Juli 1993 beschlossen und trat am 31. Juli 1993 in Kraft.286 Am 30. November 1993 wurde das Abkommen ratifiziert.287 Das WSÜ kann mit Ambos als die „Mutterkonvention“288 des Geldwäsche­ strafrechts bezeichnet werden. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a WSÜ sind alle Vertragsstaaten verpflichtet, insbesondere Handlungen wie z. B. Gewinnung, Herstellung, Verarbei­ tung, Abgabe, Erwerb oder Besitz von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen unter Strafe zu stellen. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b WSÜ ist als Straftat zu umschreiben: „i) das Umwandeln oder Übertragen von Vermögensgegenständen in der Kennt­ nis, daß diese Vermögensgegenstände aus einer oder mehreren in Überein­ stimmung mit Buchst. a umschriebenen Straftaten […] stammen, zu dem Zweck, den unerlaubten Ursprung der Vermögensgegenstände zu verbergen oder zu verschleiern oder einer an der Begehung […] solcher Straftaten betei­ ligten Person behilflich zu sein, sich den rechtlichen Folgen ihres Handelns zu entziehen; ii) das Verbergen oder Verschleiern der wahren Beschaffenheit, des Ursprungs, des Ortes oder der Bewegung der Vermögensgegenstände, der Verfügung da­ rüber oder der Rechte oder des Eigentums daran in der Kenntnis, daß diese Vermögensgegenstände [aus einer Straftat nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a WSÜ stammen];“*

*

Sämtliche wörtlichen Zitate aus dem WSÜ werden zitiert nach der amtlichen deutschen Übersetzung, veröffentlicht im BGBl. I 1993, 1137 ff. 283 Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen v. 14.12.1984, A/ RES/39/141. Dazu ausführlich Stewart, Denv. J. Int‘l L. & Pol. 18 (1990), 387–404. 284 UNTS Vol. 1582 Nr. 27627. 285 UNODC, The International Drug Control Conventions, 2013, S. 117. 286 Gesetz v. 22.06.1993, BGBl. I 1993, 1136. 287 Bekanntmachung v. 28.02.1994, BGBl. II 1994, 496. 288 Ambos, ZStW 2002, 236 (237).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Daneben sollen bemakelte Vermögensgegenstände „isoliert“, d. h. unbe­ rührbar werden.289 Deshalb soll nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i WSÜ pönalisiert werden: „de[r] Erwerb, de[r] Besitz oder die Verwendung von Vermögensgegenständen, wenn der Betroffene bei Erhalt weiß, daß diese Vermögensgegenstände [aus einer Straftat nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a WSÜ stammen];“

Das WSÜ sieht also im Sinne eines Mindeststandards vor, dass das vor­ sätzliche Waschen von Erträgen aus Betäubungsmitteldelikten unter Strafe gestellt wird.290 In persönlicher Hinsicht enthält das Übereinkom­ men keine Einschränkungen, d. h. auch die sog. Selbstgeldwäsche soll bestraft werden.291 Ergänzt wird Art. 3 Abs. 1 WSÜ durch Art. 5 Abs. 1 Buchst. a WSÜ, wo­ nach die Vertragsstaaten die notwendigen Maßnahmen zu treffen haben, um die Einziehung „der aus den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Ab­ satz 1 umschriebenen Straftaten stammenden Erträge oder von Vermö­ gensgegenständen, deren Wert demjenigen solcher Erträge entspricht“, zu ermöglichen.292 Das heißt, dass auch die Tatobjekte der Geldwäsche der Einziehung unterworfen werden sollen. Die weiteren Vorschriften zur Einziehung sind detailliert und reichen von Maßnahmen, um Erträge aus Straftaten aufzuspüren, über Vorgaben für die Rechts- und Amtshilfe im Einziehungsverfahren bis zu Regelungen über die Einziehung von Er­ satzgegenständen. Bemerkenswert ist Art. 5 Abs. 7 WSÜ, der es den Ver­ tragsstaaten anheimstellt, „die Umkehr der Beweislast im Hinblick auf den rechtmäßigen Ursprung mutmaßlicher Erträge oder anderer einzieh­ barer Vermögensgegenstände vorzuschreiben“, freilich „vorbehaltlich ihrer Verfassungsgrundsätze und der Grundzüge ihrer Rechtsordnung“. Das WSÜ stellt einen Wendepunkt in der internationalen Drogenpolitik dar: Statt wie in der Zeit davor Herstellung, Handel und Konsum zu be­ kämpfen, nimmt das Wiener Suchtstoffübereinkommen die „aus dem unerlaubten Verkehr [mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen] stammenden ungeheuren Gewinne“293 ins Visier.294 Erklärtes Ziel des 289 Vogel, ZStW 1997, 335 (341). 290 Vgl. Vogel, ZStW 1997, 335 (337). 291 Vgl. Vogel, ZStW 1997, 335 (339). Zur Problematik der Selbstgeldwäsche siehe un­ ten Kapitel 1 B. II. 3. c) ee). 292 Pieth, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebekämpfung und Gewinnab­ schöpfung, 2006, S. 36 (41); Pieth, in: Pieth/Aiolfi (Hrsg.), A comparative guide to anti-money laundering, 2004, S. 3 (6) meint sogar, dass es primär um die Ver­ mögensabschöpfung gegangen sei, während die Strafbarkeit der Geldwäsche „erst in letzter Minute als zusätzliches Hilfsinstrument“ bzw. „‚ancillary‘ step“ einge­ fügt worden sei. 293 Erwägung Nr. 7 des Wiener Suchtstoffübereinkommens. 294 Png, in: Blair/Brent/Grant (Hrsg.), Banks and Financial Crime, 2017, S. 15 (17); s. a. Pieth, in: Pieth/Aiolfi (Hrsg.), A comparative guide to anti-money laundering, 2004, S. 3 (4–5).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

WSÜ ist es, „diejenigen, die sich mit unerlaubtem Verkehr [mit Sucht­ stoffen und psychotropen Substanzen] befassen, um den Ertrag ihrer kri­ minellen Tätigkeit zu bringen und ihnen dadurch den Hauptanreiz für ihr Tun zu nehmen“.295 Der amerikanische Einfluss ist dabei unverkenn­ bar: Die Strafbestimmungen in Art. 3 WSÜ sind größtenteils dem ameri­ kanischen Strafrecht entlehnt,296 und auch die Gewinnabschöpfung als Element der Kriminalitätsbekämpfung wurde maßgeblich in den USA entwickelt.297 Der Straftatbestand der Geldwäsche soll nach der Konzep­ tion des WSÜ vor allem die Gewinnabschöpfung effektivieren.298 Erheblich erweitert wurden die Vorgaben für den Geldwäschestraftatbe­ stand durch das Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organi­ sierte Kriminalität;299 es wurde von der Generalversammlung der Verein­ ten Nationen am 15. November 2000 angenommen und während einer Konferenz in Palermo vom 12.­–15. Dezember 2000 zur Unterschrift auf­ gelegt (weshalb es – so auch hier im Folgenden – als Palermo-Konvention bezeichnet wird).300 Deutschland hat die Palermo-Konvention (PK) am 12. Dezember 2000 unterzeichnet und nach Verabschiedung des Ver­ tragsgesetzes301 am 14. Juni 2006 ratifiziert.302 Es ist stark beeinflusst vom WSÜ, aber auch von der Straßburg-Konvention des Europarates.303 Art. 6 Abs. 1 Buchst. a und b PK sind fast wortgleich mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. b Ziffer i WSÜ. Statt von Vermögensgegenständen, die aus be­ stimmten Betäubungsmitteldelikten stammen, ist dort jedoch nur noch von „Erträgen aus Straftaten“ die Rede. Nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und b PK sollen die Vertragsstaaten Absatz 1 „auf einen möglichst breit gefä­ cherten Katalog von Haupttaten [anwenden]“, insbesondere auf alle schweren Straftaten (das sind Straftaten, die im Höchstmaß mit Frei­ heitsstrafe bis zu vier Jahren oder schwerer Strafe bedroht sind, Art. 2 Buchst. b PK) sowie auf Straftaten nach Art. 5 (Beteiligung an einer orga­ nisierten kriminellen Gruppe), Art. 8 (Korruption) und Art. 23 (Behinde­ rung der Justiz) PK. Nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. c PK soll ein beschränktes Universalitätsprinzip gelten, indem auch reine Auslandstaten als Vorta­ ten erfasst werden können (z. B. Drogenhandel im Ausland, Geldwäsche 295 Erwägung Nr. 6 des WSÜ. 296 Stewart, Denv. J. Int‘l L. & Pol. 18 (1990), 387 (392). 297 Zur Entwicklung der strafrechtlichen Bekämpfung des Drogenhandels in den USA bis Ende der 1980er Jahre siehe Walther, in: Meyer/Dessecker/Smettan (Hrsg.), Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, 1989, S. 413–462. 298 Vogel, ZStW 1997, 335 (337–338). 299 UNTS Vol. 2225 Nr. 39574. 300 Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen v. 15.11.2000, A/ RES/55/25. 301 Gesetz v. 01.09.2005, BGBl. II 2005, 954. 302 Bekanntmachung v. 28.06.2007, BGBl. II 2007, 1311. 303 Dazu unten Kapitel 1 B. II. 1. b).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

im Inland).304 Art. 6 Abs. 2 Buchst. e PK ermöglicht es, die Selbstgeldwä­ sche jedenfalls hinsichtlich des Täters der Vortat von der Strafbarkeit auszunehmen. Art. 12 PK verpflichtet die Vertragsstaaten, die Einzie­ hung und Beschlagnahme von Erträgen aus Straftaten „im größtmögli­ chen Umfang, den ihre innerstaatliche Rechtsordnung zulässt“ zu er­ möglichen. Die PK führt zu einer erheblichen Ausweitung der weltweiten Geldwä­ schebekämpfung. Die Vereinten Nationen nehmen damit nicht mehr nur die Drogenkriminalität, sondern die gesamte grenzüberschreitende Kriminalität ins Visier. Dabei schießen sie allerdings über das Ziel hin­ aus, indem sie den Vortatenkatalog prinzipiell auf sämtliche Straftatbe­ stände ausweiten. Die Erfassung von Straftaten im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität ist lediglich Minimalvoraussetzung. Den vorerst letzten Schritt zur Ausweitung des Anwendungsbereichs des Straftatbestandes der Geldwäsche auf Ebene der Vereinten Nationen stellt das Übereinkommen gegen Korruption dar.305 Es wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 31. Oktober 2003 ­ ­beschlossen und vom 9.–11. Dezember 2003 in Mérida (Mexiko) zur Un­ terschrift aufgelegt (weshalb es – so auch hier im Folgenden – als Mérida-­ Konvention bezeichnet wird).306 Deutschland hat die Mérida-Konvention (MK) bereits am 9. Dezember 2003 unterzeichnet. Das Vertragsgesetz wurde jedoch erst 2014 verabschiedet.307 Die Ratifikation erfolgte am 12. November 2014.308 Der Wortlaut des Art. 23 MK ist fast wortgleich mit Art. 6 Abs. 1 und 2 PK und sieht ebenfalls einen „möglichst breit gefächerten Katalog von Haupttaten“ vor. Dieser soll insbesondere die in der MK umschriebenen Straftaten wie Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern und im privaten Sektor, Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Behinderung der Justiz umfassen. Daneben ziehen die Vertragsstaaten nach Art. 24 MK in Erwägung, „die Verheimlichung oder das andauernde Zurückbehalten“ von Taterlösen, die aus der Vortat eines anderen stammen, als Straftat zu umschreiben. Damit würde auch das bloße Vergraben von Taterlösen für einen anderen kriminalisiert.

304 Das sah die Straßburger Konvention bereits 1990 vor, vgl. Nilsson, in: Eser/Lagod­ ny (Hrsg.), Principles and Procedures for a New Transnational Criminal Law, 1992, S. 457 (469). Zur Straßburger Konvention siehe unten Kapitel 1 B. II. 1. b). 305 UNTS Vol. 2349 Nr. 42146. 306 Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen v. 31.10.2003, A/58/4. 307 Gesetz v. 27.10.2014, BGBl. II 2014, 762. 308 Bekanntmachung v. 08.01.2015, BGBl. II 2015, 140.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Die MK bereichert die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche um einen weiteren Aspekt: Zusätzlich zu Drogenhandel und organisierter Kriminalität soll mithilfe des Anti-Geldwäscheregimes fortan auch ge­ gen Korruption vorgegangen werden. Neben den verschiedenen Übereinkommen haben die Vereinten Natio­ nen 1997 das „Global Programme against Money-Laun­dering, Proceeds of Crime and Financing of Terrorism“ (GPML) aufgelegt, das vom ­UNODC verantwortet wird. In diesem Rahmen werden Modellgesetze entwickelt und Staaten bei der Umsetzung der Verpflichtungen aus den Übereinkommen der Vereinten Nationen unterstützt.309 Augenfällig ist, wie viel Zeit sich Deutschland mit der Umsetzung der VN-Rechtsakte oftmals gelassen hat – gerade im Vergleich zur Geschwin­ digkeit, mit der die FATF-Empfehlungen nachvollzogen wurden. Dieser Umstand unterstreicht noch einmal die besondere Rolle und Durchset­ zungkraft der FATF. b) Europarat Der Europarat war einer der frühesten Akteure im Bereich der Geldwä­ schebekämpfung auf internationaler Ebene. Bereits 1980 richtete er eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten, die eine Reihe bankrechtlicher Maß­ nahmen vorsah, um den Transfer und das Verbergen von Vermögen kri­ minellen Ursprungs zu erschweren.310 Die Kriminalisierung der Geldwä­ sche sah die Empfehlung noch nicht vor. Dies änderte sich durch das Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, das am 12. September 1990 vom Ministerkomitee beschlossen und ab 8. November 1990 in Straß­ burg zur Unterschrift aufgelegt wurde (Straßburg-Konvention).311 Deutschland hat das Übereinkommen am 8. November 1990 unterzeich­ net und nach Verabschiedung des Vertragsgesetzes312 am 16. September 1998 ratifiziert.313 309 Für Einzelheiten s. UNODC, Technical assistance against money-laundering (­https://www.unodc.org/unodc/en/money-laundering/technical-assistance.html) (zuletzt geprüft am 20.06.2020). 310 Recommendation No. R (80)10 on measures against the transfer and safekeeping of funds of criminal origin v. 27.06.1980. Dabei ging es jedoch weniger um Geld­ wäsche als um terroristische Bedrohungen (vor allem in Italien während der „anni di piombo“, aber auch durch die Rote Armee Fraktion) und das Problem der sog. Entführungsindustrie und zahlreiche Raubüberfälle (der Schwerpunkt lag hierbei ebenfalls in Italien), vgl. Pieth, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebe­ kämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 36 (40); Levi, BJC 50 (2010), 650 (651– 652). Ausführlicher zu dieser Empfehlung des Europarates Kapitel 1 B. III. 1. a). 311 Nilsson, in: Eser/Lagodny (Hrsg.), Principles and Procedures for a New Transnatio­ nal Criminal Law, 1992, S. 457 (465). 312 Gesetz v. 08.04.1998, BGBl. II 1998, 519. 313 Bekanntmachung v. 20.01.1999, BGBl. II 1999, 200.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Die Straßburg-Konvention ist eng an das WSÜ angelehnt, geht jedoch teilweise darüber hinaus.314 Primäres Ziel des Übereinkommens ist es, die Straftäter um ihre kriminell erzielten Gewinne zu bringen, indem das Straf- und Strafverfahrensrecht der Vertragsstaaten angeglichen wird.315 Geldwäsche steht also auch dabei in engem Zusammenhang mit Gewinn­ abschöpfung. Art. 6 Abs. 1 Straßburg-Konvention umschreibt Geld­ wäsche im Wesentlichen wortgleich wie Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c Ziffer i WSÜ, beschränkt den Vortatenkatalog aber nicht, sondern sieht den „all crimes“-Ansatz vor, wobei die Vorbehaltsklausel des Art. 6 Abs. 4 Straßburg-Konvention Vorbehalte (i. S. v. Art. 19 WVK316) davon zulässt. Diese sollten sich nach der Vorstellung der Kommission, die das Übereinkommen entwarf, jedoch auf ein Minimum beschränken und im Lauf der Zeit gänzlich wegfallen.317 Damit setzte der Europarat einen Trend, der sich fortsetzen und es ermöglichen sollte, das Anti-Geldwä­ sche-Recht zu einem multifunktionellen Instrument umzubauen. Durch das Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Er­ mittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus, das am 16. Mai 2005 in War­ schau zur Unterschrift aufgelegt wurde (Warschauer Übereinkommen), wurde die Geldwäschebekämpfung mit der Bekämpfung der Terroris­ musfinanzierung zusammengeführt. Das Vertragsgesetz318 wurde am 19. Dezember 2016 verabschiedet und am 20. Juni 2017 ratifiziert.319 Auch dabei ist der Tatbestand der Geldwäsche im Wesentlichen unange­ tastet geblieben. Änderungen bringt das Warschauer Übereinkommen vor allem im Bereich der Vortaten: Es bleibt beim „all crimes“-Ansatz (Art. 9 Abs. 1 Warschauer Übereinkommen), während die Vorbehalts­ klausel eingeschränkt wird. Nach Art. 9 Abs. 4 Warschauer Übereinkom­ men sind als Vortaten entweder alle Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (bzw. in Systemen mit Strafrahmenuntergrenze einer Freiheitsstrafe von mindesten sechs Mo­ naten) bedroht sind, bestimmte enumerativ aufgezählte Straftaten oder eine Kategorie schwerer Straftaten vorzusehen. Gleichzeitig soll eine 314 Nilsson, in: Eser/Lagodny (Hrsg.), Principles and Procedures for a New Transnatio­ nal Criminal Law, 1992, S. 457 (464). 315 Vgl. Erwägung Nr. 4 der Straßburg-Konvention. 316 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (Wiener Vertragsrechtskon­ vention – WVK), UNTS Vol. 1155 Nr. 18232. 317 Council of Europe, Explanatory Report to the Convention on Laun­dering, Search, Seizure and Confiscation of the Proceeds from Crime, 08.11.1990, Ziff. 26–28; Nilsson, in: Eser/Lagodny (Hrsg.), Principles and Procedures for a New Transnatio­ nal Criminal Law, 1992, S. 457 (467–468); Tzanakopoulos, in: Blair/Brent/Grant (Hrsg.), Banks and Financial Crime, 22017, S. 73 (111). 318 Gesetz v. 19.12.2016, BGBl. II 2016, S. 1370. 319 Bekanntmachung v. 18.08.2017, BGBl. II 2017, 1244.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Verurteilung wegen Geldwäsche möglich sein, sobald nachgewiesen ist, dass der Vermögensgegenstand aus irgendeiner Vortat stammt; der Nach­ weis des Herrührens aus einer bestimmten Tat soll entbehrlich sein (Art. 9 Abs. 6 Warschauer Übereinkommen). c) Europäische Union Die Europäische Union hat sich im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte zu einem der wichtigsten Akteure der Geldwäschebekämpfung entwickelt und – jedenfalls soweit ihre Mitgliedstaaten betroffen sind – den Europa­ rat weitgehend verdrängt.320 Dabei konzentrierte sich die EU von Anfang an auf einen anderen Aspekt bei der Geldwäschebekämpfung als die Ver­ einten Nationen oder der Europarat: den Schutz der Solidität, Stabilität und Integrität des Finanzsystems. Diese „Akzentverschiebung“321 hängt damit zusammen, dass die europäische Geldwäschegesetzgebung im Kontext des Binnenmarktziels entstanden ist, das sowohl (mittelbarer) Anlass als auch Grenze der Regelungsbefugnis war.322 Aus diesem Grund erwies sich die Strafrechtsharmonisierung anfangs als schwierig und die EG (später EU) zeigte Zurückhaltung. Erst viele Jahre nachdem der Ver­ trag von Lissabon mit Art. 83 Abs. 1 UAbs. 2 Alt. 6 AEUV eine klare Kompetenz zur Strafrechtsharmonisierung insbesondere im Bereich der Geldwäsche geschaffen hatte, erließ der Unionsgesetzgeber eine Richtli­ nie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche. aa) Erste Geldwäscherichtlinie 1990, als Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs weiter zusammen­ wuchs, wurde der Kapitalverkehr in zahlreichen Mitgliedstaaten der Eu­ ropäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) liberalisiert, wobei auch ge­ genüber Drittländern ein Höchstmaß an Liberalisierung angestrebt wurde.323 Das war eine wichtige Voraussetzung für die Vollendung des Binnenmarktes und die Einführung einer gemeinsamen Währung. Gleichzeitig wurden auch Risiken für die Haushalts- und Währungssta­ bilität und die Gefahr eines Missbrauchs der neuen Freiheiten in Gestalt der Geldwäsche gesehen.324 Um dieser Gefahr zu begegnen, verabschiede­

320 Tzanakopoulos, in: Blair/Brent/Grant (Hrsg.), Banks and Financial Crime, 22017, S. 73 (107–108). 321 Vogel, ZStW 1997, 335 (338). 322 Vogel, ZStW 1997, 335 (338); Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und eng­ lischen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 47–48. 323 Vgl. Richtlinie 88/361/EWG des Rates v. 24.06.1988 zur Durchführung von Arti­ kel 67 des Vertrages. 324 Vgl. Magliveras, ILSA J. Int. & Comp. L. 5 (1998–1999), 93 (95–96); Rehm, FAZ v. 28.08.1990, B 7.

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te der Rat am 10. Juni 1992 eine Richtlinie zur Verhinderung der Nut­ zung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (GwRL I).325 Rechtsgrundlage waren Art. 57 Abs. 2 Satz 1 und 3 und Art. 100a EWGV, also die Harmonisierungskompetenz der EWG für den Bereich der ­selbständigen Tätigkeit (heute Art. 53 Abs. 1, 59 Abs. 1, 62 AEUV) sowie die allgemeine Binnenmarkt-Harmonisierungskompetenz (vgl. heute Art. 114 AEUV). Der Zusammenhang zwischen der Geldwäschebekämp­ fung und dem Binnenmarktziel ist nicht auf den ersten Blick erkenn­ bar.326 Der Richtliniengeber argumentiert, Geldwäsche könne das Ver­ trauen in das Finanzsystem erschüttern und so die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes stören.327 Gleichzeitig drohe in Abwesenheit einer gemeinschaftsweiten Harmonisierung ein regulatorischer Flickentep­ pich, der gerade die Freiheit des Kapitalverkehrs beeinträchtigen kön­ ne.328 Ob Geldwäsche die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes wirk­ lich stören kann, ist unklar. Dass ein regulatorischer Flickenteppich den freien Kapitalverkehr beeinträchtigt, überzeugt jedoch. Wie weit die an sich bestehende Gemeinschaftskompetenz aus Art. 57 Abs. 2 Satz 1 und 3 und Art. 100a EWGV materiell trägt, ist jedoch umstritten und wird an späterer Stelle zu erörtern sein. Die GwRL I übernahm im Wesentlichen die Definition der Geldwäsche aus dem Straßburger Übereinkommen und konzentrierte sich auf bankund aufsichtsrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche.329 Bereits an dieser Stelle interessant ist Art. 2 GwRL I, der vorsieht: „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß Geldwäsche im Sinne dieser Richtlinie untersagt wird.“ Daraus haben manche den Schluss gezogen, Art. 2 GwRL I verpflichte die Mitgliedstaaten, einen Straftatbestand der Geld­ wäsche einzuführen.330 Andere wiederum meinen, diese Frage offen las­ sen zu können, da jedenfalls der Effektivitätsgrundsatz eine Erfassung als bloße Ordnungswidrigkeit nicht zulasse.331 Diese Auffassung hat jeden­ 325 Richtlinie 91/308/EWG, ABl. L 166 v. 28.06.1991, 77. 326 So Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestraf­ rechts, 2002, S. 46. 327 1. Erwägungsgrund GwRL I. 328 2. Erwägungsgrund GwRL I. 329 Dazu ausführlich Kapitel 1B.III. 330 So wohl Stellpflug, wistra 1994, 257 (258); Löwe-Krahl, wistra 1993, 123 (125, Fn. 31); wohl auch Parlour, JIBL 8 (1993), 435 (436); Alexander, JMLC 2 (1998), 68 (69); Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 95; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, Rn. 937. 331 In diese Richtung äußerte sich der Vertreter des Juristischen Dienstes vor dem Ausschuss der Stellvertreter der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitglied­ staaten (AStV I), siehe Anhang zu dem Bericht des AStV I v. 28.09.1990, Rats-Dok. 8827/90 ADD 1, S. 3. Zurückhaltend bezüglich des Effektivitätsgrundsatzes hin­ gegen Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäsche­ strafrechts, 2002, S. 48–49; Hetzer, wistra 1993, 286 (288). Grundlegend zu diesem

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falls für sich, dass alle Mitgliedstaaten – also auch die, die eine Gemein­ schaftskompetenz verneinten – die Kriminalisierung der Geldwäsche für „the only effective way of dealing with it“332 hielten. Wie man es jedoch dreht und wendet: Ein im Wege des Vertragsverlet­ zungsverfahrens (Art. 169 EWGV, heute Art. 258 AEUV) durchsetzbares, unmittelbares oder mittelbares Kriminalisierungsgebot war Art. 2 GwRL I nicht zu entnehmen.333 Der Wortlaut ist zwar nicht eindeutig, aufschluss­ reich ist aber die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Im Kommissi­ onsvorschlag hieß es noch, die Mitgliedstaaten „sorgen dafür, daß das Waschen der Erlöse aus schweren Straftaten nach ihren nationalen Rechtsvorschriften als strafbare Handlung gilt.“334 Die Kommission wollte dadurch vor allem das Bankgeheimnis durchbrechen und so eine wirkungsvolle Zusammenarbeit zwischen Banken, Aufsichtsbehörden und Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, was nach einer verbreiteten Lesart des Bankgeheimnisses nur bei Straftaten möglich war.335 Das Strafrecht war aus Sicht der Kommission also weniger Gegenstand der Harmonisierung als vielmehr ein Mittel zur Erreichung des Richtlinien­ ziels.336 Die meisten Mitgliedstaaten verneinten jedoch – entgegen der Rechtsauffassung des Juristischen Dienstes des Rates337 und verschie­ dener Literaturstimmen338 – die Gemeinschaftskompetenz zum Erlass

Gedanken EuGH, Urt. v. 21.09.1989 – Rs. 68/88 (Kommission/Griechenland), NJW 1990, 2245. 332 Bericht des AStV I v. 28.09.1990, Rats-Dok. 8827/90, S. 3 333 So auch Häde, EuZW 1991, 553 (555); Fülbier, EuZW 1994, 52 (55); Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 50– 51; Carl, wistra 1991, 288 (289–290); Carl, EWS 1991, 341 (342–343); Alford, N.C. J. Int‘l L. & Com. Reg. 19 (1994), 437 (451); Rizkalla, Tulane Europ. & Civ. L. Fo­ rum 1998, 111 (116); Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1998, S. 65–66; Sommer, StraFo, 327 (328); Hetzer, wistra 1993, 286 (288). 334 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Fi­ nanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche v. 23.03.1990, KOM(90) 106 endg., ABl. C 106 v. 28.04.1990, 6. 335 Bericht des AStV I v. 21.09.1990, Rats-Dok. 8710/90, S. 6; Bericht des AStV I v. 28.09.1990, Rats-Dok. 8827/90, S. 5. 336 Vgl. zur sog. „strafrechtlichen Anweisungskompetenz“ der EU Kubiciel, NStZ 2007, 136 (136–137). 337 Council of the European Communities, Opinion of the Legal Service on the Pro­ posal for a Council Directive on prevention of use of the financial system for the purpose of money laundering, 11.06.1990, S. 10–14. Dem schloss sich Belgien an, siehe Bericht des AStV I v. 28.09.1990, Rats-Dok. 8827/90, S. 4. 338 Siehe z. B. Vogel, ZStW 1997, 335 (337, Fn. 11) mit Blick auf die GwRL I; allge­ mein auch Vogel, JZ 1995, 331 (335). Tiedemann, NJW 1993, 23 (26) verneint eine Kompetenz der EG, auch die Sanktionen durch Richtlinie zu regeln, bejaht aber eine Kompetenz der EG, die Mitgliedstaaten zur Schaffung bestimmter Tatbestän­ de anzuweisen; siehe schon früh recht weitgehend Johannes, EuR 1968, 63–126.

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von Strafnormen.339 Am Ende stand ein kontrovers beurteilter Kompro­ miss:340 Art. 2 GwRL I erhielt einen sehr offenen Wortlaut, dafür ver­ pflichteten sich die Mitgliedstaaten in den Erwägungsgründen341 und ei­ ner der Richtlinie beigegebenen Erklärung342, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem WSÜ und dem Straßburger Übereinkommen bis Ende 1992 nachzukommen – bis auf den konkreten Termin war das nichts Neues.343 Gleichwohl ist zu bemerken, dass die Mitgliedstaaten der Kriminalisie­ rung der Geldwäsche wohl nicht per se ablehnend gegenüberstanden; es ging ihnen vielmehr darum, einen „Präzedenzfall“ zum Nachteil ihrer Souveränität im Bereich der Strafgesetzgebung zu vermeiden.344 Es ist deshalb auch nicht überraschend, dass schon bis Ende 1995 alle zwölf Staaten, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie Mitglied der EWG waren, zumindest das Waschen von Erträgen aus dem Drogenhandel un­ ter Strafe gestellt hatten.345 bb) Richtlinie (EU) 2018/1673 Bereits 1998 stellte die Kommission angesichts dieser Diskrepanz zwi­ schen dem zurückhaltenden Wortlaut von Art. 2 GwRL I und den in al­ 339 Namentlich waren dies Deutschland, Spanien, Frankreich, Griechenland, Italien, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal und das Vereinigte Königreich, siehe Bericht des AStV I v. 28.09.1990, Rats-Dok. 8827/90, S. 3; Bericht des AStV I v. 21.09.1990, Rats-Dok. 8710/90, S. 5. Zur Position Deutschlands siehe auch Be­ schluss des Bundesrates v. 06.07.1990, BR-Drs. 288/90 (Beschluß), Ziffer 1. In der Literatur wird diese Auffassung geteilt z. B. von Häde, EuZW 1991, 553 (555); Stellpflug, wistra 1994, 257 (258); Bottermann, Untersuchung zu den grundlegen­ den Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 91–93; Alford, N.C. J. Int‘l L. & Com. Reg. 19 (1994), 437 (451). 340 Deutlich ablehnend Carl, wistra 1991, 288 (290): „Armutszeugnis“; zurückhalten­ der Hetzer, wistra 1993, 286 (287–288): „zu schwach“. Eher positiv Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 51; Quillen, Duke J. Comp. & Int‘l L. 1 (1991), 213 (219). 341 Erwägungsgrund Nr. 4 GwRL I. 342 ABl. L 166 v. 28.06.1992, 83. 343 Vgl. Häde, EuZW 1991, 553 (555). France, European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice 1994, 324 (342) weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass die Erwägungsgründe für die Auslegung der Richtlinie Bedeutung haben. 344 Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestraf­ rechts, 2002, S. 50. 345 Europäische Kommission, Erster Bericht der Kommission an das Europäische Par­ lament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie (91/308/EWG), 03.03.1995, S. 5. Zu diesem Zeitpunkt war das griechische Umsetzungsgesetz noch nicht beschlossen. Die Kriminalisierung erfolgte später durch Gesetz Nr. 2331 v. 24. August 1995, Staatsanzeiger (Εφημερίς της Κυβερνήσεως) 173 (1995), Teil A, S. 5231.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

len Mitgliedstaaten in Kraft gesetzten Geldwäsche-Strafvorschriften die Frage, „ob es akzeptabel ist, daß die Richtlinie, bei der es sich um einen der grundlegenden internationalen Rechtstexte auf diesem Gebiet han­ delt, derzeit so eindeutig nicht die aktuelle Rechtslage widerspiegelt.“346 1999 rief der Europäische Rat von Tampere erneut dazu auf, das Straß­ burger Übereinkommen und die Empfehlung der FATF umzusetzen347 und „die materiellen und formellen Strafrechtsbestimmungen zur Geld­ wäsche […] einander anzunähern.“348 Während dies im Recht der Euro­ päischen Gemeinschaften jedoch auch nach 1992 an Kompetenzbeden­ ken scheiterte, entwickelten sich im Rahmen der durch den Vertrag von Maastricht geschaffenen und durch den Vertrag von Amsterdam gestärk­ ten dritten Säule „Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Straf­ sachen“ die Konturen eines europarechtlichen Geldwäschestraftatbe­ standes in Gestalt von gemeinsamen Maßnahmen (Art. K.3 EUV i. d. F. d. Vertrages von Maastricht) bzw. ab 1999 Rahmenbeschlüssen (Art. K.6 Abs. 2 Buchst. b EUV i. d. F. d.Vertrages von Amsterdam).349 Durch die Gemeinsame Maßnahme vom 3. Dezember 1998 verpflichteten sich die Mitgliedstaaten, Art. 6 der Straßburg-Konvention dergestalt umzuset­ zen, dass alle schweren Straftaten erfasst sind.350 Der Rahmenbeschluss vom 26. Juni 2001 aktualisierte diese Verpflichtung und verlangte von Mitgliedstaaten überdies, für die Verschleierungstatbestände des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a und b Straßburg-Konvention eine Höchstfreiheitsstrafe von nicht unter vier Jahren anzudrohen.351 Dennoch brachten die zahlreichen Änderungen und Neufassungen der Geldwäsche-Richtlinie(n) keine europarechtlichen Vorgaben für einen Straftatbestand der Geldwäsche hervor. Erst Ende 2018 – also über ein Vierteljahrhundert nach der ersten Geldwäscherichtlinie – wurde schließlich die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geld­ wäsche beschlossen (GwStrafRL).352 Sie ist am 2. Dezember 2018 in Kraft 346 Europäische Kommission, Zweiter Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie, 01.07.1998, S. 8. 347 Europäischer Rat, Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere, 15./16. Oktober 1999, https://www.consilium.europa.eu/media/21051/tampere-​ europ%C3%A4ischer-rat-schlussfolgerungen-des-vorsitzes.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 52. 348 Europäischer Rat, Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere, 15./16. Oktober 1999, https://www.consilium.europa.eu/media/21051/tampere-​ europ%C3%A4ischer-rat-schlussfolgerungen-des-vorsitzes.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 37. 349 Zu den primärrechtlichen Problemen, die sich aus dieser Mehr-Säulen-Strategie ergaben, siehe Mitsilegas/Gilmore, ICLQ 56 (2007), 119 (135–137). 350 Gemeinsame Maßnahme 98/699/JI v. 03.12.1998, ABl. L 333 v. 09.12.1998, 1. 351 Art. 1 und 2 des Rahmenbeschlusses des Rates 2001/500/JI v. 26.06.2001, ABl. L 182 v. 05.07.2001, 1. 352 Richtlinie (EU) 2018/1673 v. 23. 10.2018, ABl. L 284 v. 12.11.2018, 22.

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getreten und muss bis zum 3. Dezember 2020 in nationales Recht umge­ setzt werden. Das Bundesministerium der Justiz hat am 11. August 2020 einen Referentenentwurf353 vorgelegt und am 16. Oktober 2020 den Re­ gierungsentwurf für ein „Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche“354 in den Bundesrat eingebracht. Der Ent­ wurf sieht im Zuge der Richtlinienum­setzung eine grundlegende Umge­ staltung des § 261 StGB vor.355 Rechtsgrundlage ist Art. 83 AEUV, der die Strafrechtsangleichung durch Richtlinien in Form einer Mindestharmonisierung in bestimmten Berei­ chen ermöglicht, die in UAbs. 2 abschließend356 aufgezählt sind. Voraus­ setzung für ein Tätigwerden des Unionsgesetzgebers ist freilich, dass das mit der Richtlinie verfolgte Ziel effektiv nur durch eine unionsweite Re­ gelung erreicht werden kann.357 Ob dies der Fall ist, kann man mit Blick auf die starke völkerrechtliche Determinierung und die von der FATF vorangetriebene Rechtsangleichung bezweifeln.358 Der Tatbestand der Geldwäsche fußt auf den kategorialen Geldwä­ sche-Definitionen der für das Strafrecht nicht unmittelbar bedeutsamen Geldwäsche-Richtlinien I–V, geht jedoch darüber hinaus. Anders als bis­ her verzichtet die GwRL-Straf auf den Begriff der „schweren Straftaten“ (vgl. Art. 3 Nr. 4 GwRL IV) und umschreibt den Vortatenkatalog stattdes­ sen – ähnlich wie die PK und das WSÜ – durch Rückgriff auf die Sankti­ onsdrohung359 und ergänzt dies durch eine Auflistung verschiedener Ka­ tegorien von Straftaten, die „[i]n jedem Fall“ als „kriminelle Tätigkeit“ und damit als Vortat gelten sollen (Art. 2 Nr. 1 GwStrafRL); es handelt sich also um eine Mischung aus Schwellenwert- und kategorialer Enu­ merationsmethode.360 Explizit genannt werden dabei auch „Steuerstraf­ 353 Online abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/​ Dokumente/RefE_Geldwaesche_Bekaempfung.pdf?__blob=publicationFile&v​=2 (zu­ letzt geprüft am 12.10.2020). 354 BR-Drs. 620/20. 355 Dazu ausführlich Schindler, NZWiSt 2020, 457–469. 356 Calliess/Ruffert/Suhr, Art. 83 AEUV Rn. 9–10. 357 Grabitz/Hilf/Nettesheim/Vogel/Eisele, Art. 83 AEUV Rn. 45. 358 Siehe auch Schröder/Blaue, NZWiSt 2019, 161 (162), die ebenfalls die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bezweifeln, wenn auch mit Verweis auf die vorangegangenen fünf Geldwäscherichtlinien (die zum Strafrecht jedoch nichts sagen, siehe Kapitel 1 B. II. 1. c) aa)). 359 Zu den Auslegungsproblemen und den Friktionen bei der Einpassung in das deut­ sche Strafrechtssystem siehe Schröder/Blaue, NZWiSt 2019, 161 (162–163); Böse/ Jansen, JZ 2019, 591–598. 360 Bemerkenswert ist dabei die Einbeziehung auch von Auslandsvortaten, wobei künftig auf das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit hinsichtlich der Auslands­ vortat verzichtet werden soll (Art. 3 Abs. 4 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a–e und h GwStrafRL); siehe dazu kritisch Schröder/Blaue, NZWiSt 2019, 161 (163–164); Böse/Jansen, JZ 2019, 591 (595–598).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

taten im Zusammenhang mit direkten und indirekten Steuern gemäß dem nationalen Recht“361 (Art. 2 Nr. 1 Buchst. q GwStrafRL).362 Wie auch in der GwRL IV (siehe dort Art. 3 Nr. 6 Buchst. f) gibt es eine Beschrän­ kung auf Fälle, in denen die Mindeststrafdrohung bei mehr als sechs Mo­ naten bzw. die Höchststrafdrohung über einem Jahr liegt. Während § 370 Abs. 1 AO keine Mindestfreiheitsstrafe vorgibt, sondern nur eine Höchst­ strafe, legt § 370 Abs. 3 AO Unter- und Obergrenzen fest. Es ist nicht ganz klar, was das für den Umsetzungsbedarf bedeutet: Da die Mindest­ strafdrohung nicht bei „mehr als sechs Monaten“ Freiheitsstrafe liegt, sondern bei genau sechs Monaten, müssen schwere Fälle der Steuerhin­ terziehung nach § 370 Abs. 3 AO nicht zu Geldwäsche-Vortaten gemacht werden. Dann wäre es auch wertungswidersprüchlich, bei § 370 Abs. 1 AO auf die über einem Jahr liegende Höchststrafdrohung abzustellen. Will man sich insgesamt nur am Höchstmaß orientieren, dann wäre auch die einfache Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO als Vortat zu er­ fassen (aber z. B. auch der einfache Diebstahl, § 242 Abs. 1 StGB). Da aber auch die GwRL-Straf der Bekämpfung des Terrorismus und der Organi­ sierten Kriminalität dienen soll, würden die Auswirkungen eines sol­ chen Verständnisses vom Zweck der Regelung nicht getragen. Hinsichtlich des Begriffs des Vermögensgegenstandes und der Tathand­ lung ergibt sich für Deutschland kein Anpassungsbedarf.363 In subjektiver Hinsicht verlangt die Richtlinie Vorsatz (Art. 3 Abs. 1 GwStrafRL), er­ laubt den Mitgliedstaaten jedoch auch – was angesichts des mindesthar­ monisierenden Charakters der Richtlinie überflüssig ist –, die fahrlässige Begehungsweise unter Strafe zu stellen. Das hat Deutschland in gewis­ sem Umfang freilich längst getan.364 Nach Art. 3 Abs. 5 GwStrafRL soll auch die Selbstgeldwäsche strafbar sein, wenn der Täter oder Teilnehmer der Vortat den inkriminierten Vermögensgegenstand nicht nur erwirbt, besitzt oder verwendet, sondern seine Herkunft verheimlicht oder ver­ schleiert (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b GwStrafRL).365

361 In Erwägungsgrund 8 Satz 3 wird klargestellt, dass „keine Harmonisierung der De­ finitionen von Steuerstraftaten im nationalen Recht angestrebt“ wird. 362 Schon 1999 stellte der Europäische Rat von Tampere fest: „Die schwere Wirt­ schaftskriminalität weist in zunehmendem Maße steuerliche und zollrechtliche Bezüge auf.“ – Europäischer Rat, Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere, 15./16. Oktober 1999, https://www.consilium.europa.eu/media/21051/ tampere-europ%C3%A4ischer-rat-schlussfolgerungen-des-vorsitzes.pdf (zuletzt ge­ prüft am 31.10.2020), Rn. 49. 363 Schröder/Blaue, NZWiSt 2019, 161 (164). 364 Siehe unten Kapitel 1 B. II. 3. c) dd). 365 Diese Einschränkung befürworten mit Recht Schröder/Blaue, NZWiSt 2019, 161 (165). Zur Problematik der Selbstgeldwäsche siehe unten Kapitel 1 B. II. 3. c) ee).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

2. Empfehlungen der FATF Die Kriminalisierung der Geldwäsche gehörte von Anfang an zum Kern­ bestand der 40 Empfehlungen (FATF-40). Die erste Version der FATF-40 von 1990 legte den Mitgliedstaaten die Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c WSÜ nahe. In der 4. Empfehlung hieß es: „Each country should take such measures as may be necessary […] to enable it to crimi­ nalize drug money laundering as set forth in the Vienna convention.” Die 5. Empfehlung ging aber ein Stück darüber hinaus: „Each country should consider extending the offense of drug money laundering to any other crimes for which there is a link to narcotics; an alternative approach is to criminalize money laundering based on all serious offenses, and/or on all offen­ ses that generate a significant amount of proceeds, or on certain serious offenses.”366

Damit wurden zum einen verschiedene Regelungstechniken vorgeschla­ gen, zum anderen bereits eine Loslösung des Geldwäschetatbestandes von den Betäubungsmittelstraftaten angestoßen, die sich in der Straß­ burg-Konvention fortsetzte.367 In der Version der FATF-40 von 1996 war dann im ersten Satz der 4. Empfehlung das Wort „drug“ vor „money laundering“ gestrichen worden und statt: „should consider extending the offense“, hieß es nun: „should extend the offence […] to one based on serious offences.“ Die Bestimmung der „serious offences“ wurde den Mitgliedstaaten überlassen. In der Interpretive Note zur 4. Empfehlung heißt es, alternativ könne man auch alle Straftaten als Vortaten wählen, die einen „significant amount of proceeds“ hervorbringen.368 2003 überarbeitete die FATF ihre Empfehlungen grundlegend. Die Krimi­ nalisierung der Geldwäsche wurde dabei in der 1. Empfehlung und damit am Anfang ausgesprochen; vorher befand sich dort die Aufforderung, das WSÜ umzusetzen. Gleichzeitig wurde neben dem WSÜ auch auf die PK verwiesen. Ähnlich wie in Art. 6 Abs. 2 Buchst. a PK heißt es dann auch: „Countries should apply the crime of money laundering to all serious offences, with a view to including the widest range of predicate offences.“ Gleichzeitig wurden die regelungstechnischen Vorschläge verfeinert und konkretisiert: Vortaten könnten entweder alle Straftaten, nur Straftaten einer bestimmten Schwere oder einer bestimmten Kategorie sein; sie könnten aber auch enumerativ aufgezählt oder durch eine Kombination verschiedener Regelungstechniken festgelegt werden. Gleichzeitig sollte 366 FATF, Annual Report 1990, S. 30. 367 Im Explanatory Report zur Straßburg-Konvention findet sich kein Verweis auf die Arbeiten der FATF. Der Text der Konvention wurde jedoch erst im Juni 1990 von dem zuständigen Ausschuss finalisiert (Council of Europe, Explanatory Report to the Convention on Laun­dering, Search, Seizure and Confiscation of the Proceeds from Crime, 08.11.1990, S. 2), d. h. nach Veröffentlichung der ersten Version der FATF-Empfehlungen. 368 FATF, The Forty Recommendations, 1996, S. 10.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ein gewisser Mindestbestand an Straftaten erfasst sein, nämlich alle schweren Straftaten innerhalb einer bestimmten Deliktskategorie („de­ signated categories of offences“). Die Deliktskategorien sind zahlreich und erstrecken sich vom Drogenhandel über Waffenhandel, Korruption, Geldfälschung, Produktpiraterie, Umweltdelikte, Delikte gegen das Le­ ben, die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit bis zu Raub, Diebstahl, Erpressung usw.369 Als schwere Straftaten sollten dabei alle Taten gelten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder – bei Mindeststrafdrohung – mit Freiheitsstrafe nicht un­ ter sechs Monaten bedroht sind. Auch Terrorismusfinanzierung war ent­ sprechend der II. Empfehlung der FATF IX Special Recommendations on Terrorist Financing in den Vortatenkatalog aufzunehmen.370 Mit Schmug­ gel war auch erstmals eine zoll- und damit im weiteren Sinne steuer­ rechtliche Straftat erfasst. Explizit wurde den Mitgliedstaaten zugestan­ den, die Selbstgeldwäsche straffrei zu belassen (1. Empfehlung, Abs. 5). Schon 2004 legte die FATF eine revidierte Fassung der FATF-40 vor, die jedoch keine Änderungen bei den Empfehlungen zur Kriminalisierung der Geldwäsche enthielt. Wesentliche Änderungen brachte die vorerst letzte Revision der FATF-40 im Jahr 2012: Während es bei der Aufforderung blieb, den Vortatenkata­ log so breit wie möglich zu fassen, stellt die Interpretive Note zur 4. Emp­ fehlung klar, dass als Tatobjekt „property“371 jeder Art und unabhängig von seinem Wert gelten soll, das direkt oder indirekt den Ertrag einer Straftat darstellt. Daneben heißt es dort: „When proving that property is the proceeds of crime, it should not be necessary that a person be con­ victed of a predicate offence.”372 Korrespondierend dazu soll auch die Ein­ ziehung von einer vorherigen Verurteilung wegen der Vortat unabhängig sein (4. Empfehlung, 3. Absatz). Im Hinblick auf die hiesige Fragestellung besonders spannend ist jedoch eine Änderung außerhalb des Kernbe­ reichs der Empfehlungen, nämlich im Glossar bei dem Stichwort „desig­ nated categories of offences“: Dort wurde zum einen klar gestellt, dass auch Schmuggel im Zusammenhang mit Zöllen und Verbrauchsteuern erfasst sein soll.373 Zum anderen sollten schwere „tax crimes (related to 369 FATF, The Forty Recommendations, 2003, S. 12 (Glossary, Stichwort: „designated categories of offences“). 370 Zum Verhältnis von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierunge siehe bereits oben Fn. 71. 371 Auch dieser Begriff ist sehr weit gefasst: „Property means assets of every kind, whether corporeal or incorporeal, moveable or immoveable, tangible or intangible, and legal documents or instruments evidencing title to, or interest in such as­ sets.“ –  FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, S. 123 (Glossary, Stich­ wort: “property”). 372 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, S. 34. 373 Es handelt sich nur um eine Klarstellung, denn schon bei der Aufnahme von Schmuggel in den Vortatenkatalog im Jahr 2003 hatte die FATF die Hinterziehung

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

direct taxes and indirect taxes)“ künftig Teil des Vortatenkatalogs sein. Darauf wird an späterer Stelle noch vertieft einzugehen sein.374 Beim Blick auf die Genese der FATF-40 wird eine Entwicklungslinie deutlich, die auch das Geldwäscherecht insgesamt auszeichnet: Wie auch bei den Vereinten Nationen und in verschiedenen Staaten stand am Anfang der Bemühungen der FATF der Kampf gegen den internationalen Rauschgifthandel. Gleichwohl ging die FATF schon in der ersten Version ihrer Empfehlungen darüber hinaus. Heute empfiehlt die FATF, den Ka­ talog der Vortaten auf eine breite Palette schwerer Straftaten aus ver­ schiedensten Deliktskategorien zu erstrecken. Ein klar abgrenzbares Ziel des Geldwäschetatbestandes wie die Bekämpfung des Drogenhandels oder der organisierten Kriminalität ist nicht mehr erkennbar. Statt spezi­ fische Formen der Kriminalität zu bekämpfen, scheint die FATF mittler­ weile gegen jegliche Form strafbaren Verhaltens vorzugehen. Parallel dazu betont die FATF die originären Gefahren der Geldwäsche: Wurde die Rechtfertigung der Geldwäschebekämpfung anfangs aus der besonde­ ren Gefährlichkeit der ihr vorangehenden Delikte abgeleitet (derivative Gefahren), ist im Lauf der Zeit die Gefährlichkeit der Geldwäsche an sich immer stärker betont worden. Ein Vortatbegriff, der nicht sämtliche Straftaten erfasst, die Erträge generieren, wird sich vor diesem Hinter­ grund nicht mehr lange halten können. 3. Der deutsche Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) Der Straftatbestand der Geldwäsche ist die zentrale Vorschrift des deut­ schen Geldwäscherechts. § 261 StGB bestimmt nicht nur die Grenzen der Strafbarkeit, sondern über § 1 Abs. 1 GwG auch den Anwendungsbe­ reich des Geldwäschegesetzes und der daran anknüpfenden Vorschriften des Abgabenverfahrens- und Verwaltungsrechts (insb. § 30b AO, §§ 25i, 25 m KWG, § 55 VAG, § 39 ZAG, § 27 PrüfbV). Eine detaillierte Ausein­ andersetzung mit den zahlreichen Problemen, die § 261 StGB aufwirft, ist mit Blick auf die Fragestellung dieser Arbeit nicht angezeigt. Ein ver­ tiefter Überblick über Entstehungsgeschichte und Tatbestand des § 261 StGB ist gleichwohl unentbehrlich, denn die Auslegungs- und Anwen­ dungsprobleme des Geldwäschestraftatbestandes strahlen auf das Geld­ wäschegesetz aus. Dort tragen sie zu dessen erheblicher Streubreite bei der Erhebung und weiteren Verarbeitung personenbezogener Daten bei, die wiederum für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte verfas­ sungsrechtliche Untersuchung eine wichtige Rolle spielt.375 von Zöllen und Verbrauchsteuern im Blick, vgl. IWF, Revisions to the Financial Action Task Force (FATF) – Information Note to the Executive Board, 17.07.2012, S. 10 (Box 2); siehe auch Schweizerischer Bundesrat, BBl. 2013, 605 (623). 374 Siehe Kapitel 2 A. II. 2. 375 Siehe Kapitel 3.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

a) Genese des § 261 StGB und kriminalpolitischer Hintergrund Die Kriminalisierung der Geldwäsche steht auch in Deutschland in en­ gem Zusammenhang mit einer vermögensbasierten Strategie zur Be­ kämpfung der sog. organisierten Kriminalität, insbesondere des verbote­ nen Betäubungsmittelhandels.376 Die organisierte Kriminalität wird in Deutschland vor allem seit Anfang der 1970er Jahre diskutiert.377 Nach­ dem der Terrorismus der RAF einige Jahre die innenpolitische Diskussi­ on beherrscht hatte, geriet die organisierte Kriminalität ab den frühen 1980er Jahren wieder in den Blick der deutschen Strafverfolgungsbehör­ den, der Politik und der Wissenschaft.378 Etwa zu dieser Zeit wurde nach den USA auch in Großbritannien379, Frankreich380 und der Schweiz381 die Geldwäsche pönalisiert, wobei teils nur Betäubungsmitteldelikte als Vortaten galten (Großbritannien und Frankreich), teils auch andere Straftaten (Schweiz).382 Dies und das WSÜ im Blick wurde auch in Deutschland darüber diskutiert, ob sich die §§ 257–259 StGB für eine strafrechtliche Erfassung der Geldwäsche eig­ neten, oder ob zur Schließung von Strafbarkeitslücken und zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen ein neuer Straftatbestand erforderlich sei.383 Ende 1988 setzte die Bundesregierung eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe zum Thema Geldwäsche ein, die „die Einführung eines Straftatbestandes des ‚Waschens‘ von Gewinnen aus illegalem Betäu­ bungsmittelverkehr im Betäubungsmittelgesetz“384 empfahl. Vorausge­ gangen war dem erheblicher Druck seitens der USA außerhalb des Proto­

376 Vgl. Gesetzesantrag des Freistaates Bayern, BR-Drs. 74/90; Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 11/5525 (insb. Anlage 2); Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, BT-Drs. 12/989. 377 Kinzig, Die rechtliche Bewältigung von Erscheinungsformen organisierter Krimi­ nalität, 2004, S. 50–51. 378 Kinzig, Die rechtliche Bewältigung von Erscheinungsformen organisierter Krimi­ nalität, 2004, S. 54–55. 379 Section 24 Drug Trafficking Offences Act 1986 (c. 24). Heute finden sich die Geld­ wäsche-Straftatbestände in Part 7 (Sections 327 ff.) Proceeds of Crime Act 2002 (c. 29). 380 Art. L627 Abs. 3 Code de la santé publique, eingefügt durch Gesetz n° 87-1157 v. 31.12.1987. Heute finden sich die Geldwäsche-Straftatbestände in Art. 324-1 bis 324-9 Code pénal. 381 Art. 305bis (Geldwäscherei) und Art. 305ter schwStGB. 382 Ein Überblick über die Rechtslage in den USA, Kanada, UK, Frankreich, der Schweiz und Italien Ende 1989 findet sich in der Unterrichtung durch die Bundes­ regierung, BT-Drs. 11/5525, S. 18–27. 383 Vgl. bereits der Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes der SPD-Fraktion v. 04.10.1989, BT-Drs. 11/5313, der die Kriminalisierung der Geldwäsche vorsah (Art. 1 Nr. 2 des Entwurfs). 384 Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 11/5525, S. 12.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

kolls.385 Dabei könnten mit dem Erfordernis der doppelten Strafbarkeit zusammenhängende Schwierigkeiten bei der deutsch-amerikanischen Rechtshilfe im Zusammenhang mit Geldwäsche-Ermittlungen das star­ ke Interesse der USA an der Pönalisierung der Geldwäsche erklären.386 Im Winter 1990 brachte der Freistaat Bayern einen dementsprechenden Ge­ setzesentwurf ein, der – entsprechend den Vorgaben des WSÜ – vorsah, das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) um eine Strafnorm gegen Drogen­ geldwäsche zu ergänzen.387 Diese Beschränkung wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben. Nach zähen Beratungen wurde § 261 StGB mit Wirkung zum 22. September 1992 als Teil eines Gesetzes­ pakets zur Bekämpfung der sog. Organisierten Kriminalität eingefügt und seitdem neunundzwanzigmal geändert.388 § 261 StGB gehört nicht 385 Bundesminister der Justiz, Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Wa­ schen von Gewinnen aus dem illegalen Betäubungsmittelhandel – Abschöpfung der Gewinne aus Straftaten“, 1989, S. 9: „Bereits anläßlich einer Besprechung über eine Intensivierung der Rauschgiftbekämpfung Anfang November 1988 […] hat der Leiter der US-Zollverwaltung jedoch mit großem Nachdruck von der Bundes­ republik Deutschland die Einführung von Maßnahmen auf dem angesprochenen Gebiet gefordert. In einem Schreiben vom 2. Dezember 1988 hat er sich nach den inzwischen veranlaßten Maßnahmen erkundigt.“ Dazu spitz Arzt, NStZ 1990, 1 (1–2): „völlig indiskutable Frist […], kann man nur hoffen, daß er [der Leiter der US-Zollverwaltung] mit diplomatischer Höflichkeit auf die Unverschämtheit ­hingewiesen worden ist, die in einer solchen Mahnung liegt.“ Siehe auch Scherp, wistra 1998, 81 (84), der von Sanktionsdrohungen gegenüber „Ländern, die sich eines zu laxen Umgangs mit der Geldwäschebekämpfung schuldig machen“, be­ richtet. 386 Bundesminister der Justiz, Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Wa­ schen von Gewinnen aus dem illegalen Betäubungsmittelhandel – Abschöpfung der Gewinne aus Straftaten“, 1989, S. 9–11: „[S. 9] [D]ie Bundesrepublik [gilt] aus amerikanischer Sicht zur Zeit nicht als Staat […], in dem in größerem Umfang US-Dollar gewaschen werden. […] [S. 11] Nicht in Betracht kommt danach […] bislang allerdings die Rechtshilfe in den Fällen, die den Vorwurf des ‚Waschens‘ von Gewinnen aus Betäubungsmittelgeschäften zum Gegenstand haben. Insoweit fehlt es an der beiderseitigen Strafbarkeit“ (Hervorh. i. Orig.). 387 Gesetzesantrag des Freistaates Bayern, BR-Drs. 74/90. 388 Geschaffen durch Art. 1 Nr. 19 des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rausch­ gifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (Org­ KG) v. 15.07.1992, BGBl. I 1992, 1302. Geändert durch Art. 1 G. v. 02.08.1993, BGBl. I 1993, 1407; § 35 G. v. 07.10.1994, BGBl. I 1994, 2835; Art. 1 Nr. 17 G. v. 28.10.1994, BGBl. I 1994, 3186; Art. 1 G. v. 04.05.1998, BGBl. I 1998, 845; Art. 4 G. v. 19.12.2001, BGBl. I 2001, 3922; Art. 8 G. v. 23.07.2002, BGBl. I 2002, 2715; Art. 1 G. v. 22.08.2002, BGBl. I 2002, 3390; Art. 1 Nr. 2 G. v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2836; Art. 1 Nr. 9 G. v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2838; Art. 6 Abs. 2 G. v. 21.07.2004, BGBl. I 2004, 1763; Art. 11 Nr. 14 Ziff. 1 G. v. 30.07.2004, BGBl. I 2004, 1950; Art. 1 Nr. 13 G. v. 11.02.2005, BGBl. I 2005, 239; Art. 4 G. v. 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3198; Art. 3 G. v. 11.03.2008, BGBl. I 2008, 306; Art. 1 G. v. 13.08.2008, BGBl. I 2008, 1690; Art. 1 G. v. 29.07.2009, BGBl. I 2009, 2288; Art. 1 Nr. 7 G. v. 30.07.2009, BGBl. I 2009, 2437; Art. 1 G. v. 28.04.2011, BGBl. I 2011, 676; Art. 5 Nr. 18 G. v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3799; Art. 1 Nr. 5 G. v. 23.04.2014, BGBl. I 2014, 410; Art. 1 Nr. 4 G. v. 12.06.2015, BGBl. I 2015, 926;

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

nur zu den umstrittensten,389 sondern mit etwa 700 Wörtern auch zu den längsten Vorschriften des StGB. Die erste Verurteilung erfolgte im Januar 1994 durch das AG Essen.390 Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist für das Jahr 2019 9.764 Ermitt­ lungsverfahren (2018: 8.652, 2017: 10.015391) gegen 5.951 Tatverdächtige aus, die Aufklärungsquote lag bei 93,1 %.392 Aus der Strafverfolgungssta­ tistik ergeben sich für 2019 1.055 Verurteilungen, davon 348 nach § 261 Abs. 1 StGB, 41 nach § 261 Abs. 2 StGB, 64 nach § 261 Abs. 4 StGB (be­ sonders schwerer Fall) und 502 nach § 261 Abs. 5 StGB (leichtfertige Geldwäsche).393 Der Blick in die Strafverfolgungsstatistik dokumentiert einen stetigen Anstieg der Verurteiltenzahlen bis 2011. Seitdem hat sich die Zahl der jährlichen Verurteilungen bei etwa 1000 pro Jahr eingepen­ delt. Bemerkenswert ist der Anstieg des Anteils der Verurteilungen aus § 261 Abs. 5 StGB, dem Tatbestand der leichtfertigen Geldwäsche, an der Gesamtzahl. Auf diese Vorschrift wird an späterer Stelle noch einmal zurückzukommen sein.394

Art. 14 Nr. 10 G. v. 20.10.2015, BGBl. I 2015, 1722; Art. 1 Nr. 6 G. v. 20.11.2015, BGBl. I 2015, 2015; Art. 16 Abs. 8 G. v. 30.06.2016, BGBl. I 2016, 1514; Art. 1 Nr. G. v. 11.10.2016, BGBl. I 2016, 2226; Art. 24 Abs. 22 G. v. 23.07.2017, BGBl. I 2017, 1693; Art. 1 Nr. 3 G. v. 11.04.2017, BGBl. I 2017, 815; Art. 1 Nr. 33 G. v. 13.04.2017, BGBl. I 2017, 872; Art. 24 Abs. 22 G. v. 23.06.2017, BGBl. I 2017, 1693. 389 Vgl. nur Zöller, in: Heinrich/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als scientia universa­ lis, 2011, S. 1033 (1033): „zählt seit seiner Einführung […] zu den rechtsstaatlich besonders problematischen Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuchs.“ 390 AG Essen, Urteil v. 12.01.1994 – 37 Ls 122/93, ZIP 1994, 699 (m. Anm. Fülbier). 391 BKA, Polizeiliche Kriminalstatistik 2019, T01 Grundtabelle – Fälle ab 1987, er­ stellt am 04.02.2020, Zeilen 8106–8107. 392 BKA, Polizeiliche Kriminalstatistik 2019, Tabelle 01, Zeile 641 und Tabelle 20, Zeile 1906. Zur hohen Aufklärungsquote siehe Zöller, in: Heinrich/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als scientia universalis, 2011, S. 1033 (1033–1034): „Allerdings ist gerade im Zusammenhang mit Geldwäschefällen von einem enormen Dunkel­ feld auszugehen, so dass die Zahl der erfassten Verdachtsfälle faktisch nahezu de­ ckungsgleich mit den ohnehin aufgeklärten Fällen sein dürfte.“ 393 Statistisches Bundesamt, Fachserie 10 (Rechtspflege), Reihe 3 (Strafverfolgung), 2020, S. 36–37. 394 Siehe unten Kapitel 1 B. II. 3. c) dd).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung Tabelle 1:  Verurteilungen nach § 261 StGB (1993-2017)

Jahr

Verurteilungen § 261 StGB (gesamt)

davon nach § 261 Abs. 5 StGB

Anteil der Verurteilungen nach § 261 Abs. 5 StGB an der Gesamtzahl (in %)

1993

4

0

0,00%

1994

17

0

0,00%

1995

16

0

0,00%

1996

30

0

0,00%

1997

26

0

0,00%

1998

28

1

3,57%

1999

61

6

9,84%

2000

98

15

15,31%

2001

136

9

6,62%

2002

189

16

8,47%

2003

171

11

6,43%

2004

144

14

9,72%

2005

129

21

16,28%

2006

259

100

38,61%

2007

708

321

45,34%

2008

766

358

46,74%

2009

518

224

43,24%

2010

804

442

54,98%

2011

1070

558

52,15%

2012

1080

577

53,43%

2013

992

562

56,65%

2014

958

542

56,58%

2015

900

523

58,11%

2016

1045

596

57,03%

2017

955

541

56,65%

2018

940

477

50,74 %

2019

1055

502

47,48 %

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10 (Rechtspflege), Reihe 3 (Strafverfolgung), 1993 bis 2019 (online abrufbar ab 2002 unter https:// www.destatis.de/GPStatistik/receive/DE‌Serie‌__00000107?list=all; frühere Jahre als CD-ROM beziehbar). 79

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

b) Ziel und Rechtsgut des § 261 StGB Geldwäsche ist in den Gesetzesmaterialien definiert als „die Einschleu­ sung von Vermögensgegenständen aus organisierter Kriminalität in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zum Zwecke der Tarnung“395. Ihr Ziel sei es, die Vermögensgegenstände dem Zugriff der Strafver­ folgungsbehörden zu entziehen.396 Durch die Kriminalisierung der Geld­ wäsche wollte der historische Gesetzgeber zum einen die völkerrechtli­ chen Verpflichtungen aus dem WSÜ erfüllen. Zum anderen bestehe „ein erhebliches praktisches Bedürfnis für die Strafbarkeit von Geldwäsche­ vorgängen“397, das im Gesetzentwurf mit Verweis auf die internationalen und ausländischen Entwicklungen begründet wird. Letztlich versprach man sich von der Kriminalisierung der Geldwäsche eine wirksamere Be­ kämpfung der organisierten Kriminalität, deren „Triebfeder […] das Ge­ winnstreben“398 sei. In der Gesetzesbegründung heißt es: „Geldwaschen stellt den Schnittpunkt von illegalen Erlösen aus Straftaten und legalem Finanzkreislauf dar. Illegales Geld wird in diesem Moment ‚sichtbar‘. Das Geldwaschen bietet für die Strafverfolgungsbehörden deshalb einen überaus taug­ lichen Ansatz, in die Strukturen organisierter Kriminalität einzudringen und von diesem Schnittpunkt aus Transaktionen zurückzuverfolgen. Daneben trifft die Entziehung der finanziellen Grundlagen den Nerv der organisierten Kriminalität (…).“399

Dahinter steht die – ursprünglich amerikanische – Idee, dem „paper trail“ zu folgen (auch: „follow the money“-Strategie); diese „Papierspur“ soll ins Herz krimineller Organisationen führen und die Ermittlung der Hin­ termänner ermöglichen.400 Dieser Gedanke erscheint auf den ersten Blick plausibel, allerdings eher als Begründung für die Einführung von Auf­ zeichnungs-, Sorgfalts- und Meldepflichten im Finanzbereich, durch die 395 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und an­ derer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG), BT-Drs. 12/989, S. 26. So schon der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rausch­ gifthandels, BR-Drs. 74/90, S. 37. Später allgemeiner, siehe BT-Drs. 13/8651, S. 9: „Unter Geldwäsche ist die Einschleusung von illegal erworbenen Vermögenswer­ ten in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zu verstehen.“ 396 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 26. 397 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 26. 398 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 1. 399 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 26. So nun auch der Entwurf eines Gesetezs zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche, BT-Drs. 19/24180, S. 16: „… stellt die Geldwäsche einen tauglichen Ermittlungsansatz dar, weil kriminell erlangtes Geld in diesem Moment ‚sichtbar‘ wird“. 400 Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Übereinkommens der Vereinten Na­ tionen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (Ausführungsgesetz Suchtstoffübereinkommen), BTDrs. 12/3533, S. 11; Entwurf eines Gesetezs zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche, BT-Drs. 19/24180, S. 16.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Taterlöse erst entdeckt und Transaktionen nachvollzogen werden kön­ nen. In der Begründung zum Entwurf des § 261 StGB heißt es dazu ­jedoch, solche Regelungen „hängen mit dem Straftatbestand des Geld­ waschens nicht unmittelbar zusammen.“401 Als Begründung für die ­Kriminalisierung der Geldwäsche könnte der Gedanke der Papierspur ­jedoch nur dann überzeugen, wenn der Straftatbestand an die Umgehung der Melde-, Sorgfalts- und Aufzeichungspflichten anknüpfte,402 was § 261 StGB aber gerade nicht tut.403 Wenn § 261 StGB indes tut, was er nach dem Willen der Entwurfsverfasser soll, nämlich die Einbringung „schmutziger“ Vermögenswerte in die legale Wirtschaft durch Strafdro­ hung unterbinden, dann wird man schwerlich eine Papierspur finden, der man nachgehen kann. Das zeigt auch die in der Literatur aufgeworfene, beinahe kurios anmutende Frage, ob der Bankangestellte, der eine ihm verdächtig erscheinende Transaktion aus Angst vor Strafe ablehnt, we­ gen Geldwäsche durch Unterlassen bestraft werden sollte, weil er keine Papierspur angelegt und den Kunden so möglicherweise dazu veranlasst hat, den Vermögensgegenstand dort abzusetzen, wo er schwerer zu ent­ decken ist.404 Forthauser bringt die Problematik auf den Punkt, wenn er schreibt: „[E]s macht keinen Sinn, ein Verhalten zu bestrafen, m. a. W. eine Gebotsnorm der Form ‚Wasche kein Geld!‘ aufzustellen, wenn man auf der anderen Seite dieses Verhalten als erwünscht ansieht, um damit eine zusätzliche Ermittlungsmöglich­ keit im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität in der Hand zu haben.“405

Aufschlussreicher ist hingegen, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, der „organisierten Kriminalität“ die finanziellen Grundlagen zu entzie­ hen,406 oder – wie in der Literatur etwas plastischer formuliert – ihre

401 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 26. Kritik z. B. bei Hetzer, NJW 1993, 3298 (3299): „Irritierend“; Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 (360): „kriminalpolitisch völ­ lig unbefriedigend“, „auf halbem Wege stehen geblieben“. Zum Verhältnis zwi­ schen verwaltungs- und strafrechtlicher Säule der Geldwäschegesetzgebung siehe noch unten Kapitel 1 B. III. 2. a) und 3. 402 Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 108–109. 403 In diese Richtung geht der jüngste Vorschlag von Vogel, ZRP 2020, 111 (113–114). 404 Verneinend NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 93. Siehe ferner Zuberbühler, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 28 (57–59). 405 Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 108. 406 Siehe dazu auch die Erklärung von Staatssekretär Sauter (Bayern), Stenografisches Protokoll der 609. Sitzung des Bundesrates am 16.02.1990, S. 60(B): „Der Motor des organisierten, bandenmäßigen Rauschgifthandels ist die Aussicht auf hohe Profite. […] müssen dem organisierten Drogenhandel seine finanziellen Ressour­ cen entzogen werden. Der Gesetzentwurf sieht daher die Einführung eines Straf­ tatbestandes nicht nur der vorsätzlichen, sondern auch der leichtfertigen ‚Geldwä­ sche‘ vor.“

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

„Achillesferse“407, ihren „Lebensnerv“408 zu durchschneiden. Dahinter verbirgt sich auch eine präventive Zielsetzung: Die organisierte Krimina­ lität wird wegen ihrer Fähigkeit, Kapital anzuhäufen, als besonders ge­ fährlich angesehen. Gelinge es, die Kapitalakkumulation zu unterbin­ den, würden Anwachsen und Ausbreitung organisierter Kriminalität gehemmt.409 Es ist freilich offen, ob die dahinterstehende Vorstellung von der organisierten Kriminalität als einer Art Unternehmen, das eine Kapi­ talkonzentration an der Spitze vornimmt, in der Praxis in allen Delikts­ bereichen zutrifft.410 Darüber hinaus ist unklar, weshalb es für die Ge­ winnabschöpfung eines neuen Straftatbestandes bedarf. Naheliegender wäre es, dies über die einschlägigen Vorschriften (§§ 73 ff. StGB) zu er­ möglichen.411 Diesen Weg ist der Gesetzgeber erst 2017 mit Schaffung des § 76a Abs. 4 StGB gegangen412 und manche sehen darin – zusammen

407 So z. B. 3. Arzt, in: Diederichsen (Hrsg.), Das mißglückte Gesetz, 1997, S. 17 (27); Find­eisen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinsti­ tute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 95 (97). 408 Siehe z. B. OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 26; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 3: „finanzielle[r] Nerv“. Ferner schon President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and ­Money Laun­dering, Oktober 1984, S. iii: „[…] money laundering is the lifeblood of organi­ zed crime.“ 409 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 1. 410 Vgl. für den Drogenhandel z. B. Hess, KJ 1992, 315 (321–323). Insgesamt auf­ schlussreich zur Bildung wirtschaftlicher Organisationen unter den Bedingungen der Illegalität Paul/Schwalb, Leviathan 2011, 125–140; Paoli, Crim. L. & Soc. ­Change 37 (2002), 51 (64–71); grundlegend Reuter, Disorganized Crime, 1983. 411 Vgl. Alldridge, Money Laun­dering Law, 2003, S. 64–65. 412 Diese neue Form des selbständigen Einziehungsverfahrens hat sofort eine lebhafte Diskussion über ihre Verfassungsmäßigkeit in Gang gesetzt, siehe z. B.: Mar­ staller/Zimmermann, Non-conviction-based confiscation in Deutschland?, 2018; Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (423); Schumann, NZWiSt 2018, 441–452; Schilling/Hübner, StV 2018, 49–57. Dazu Köhler, in: Jahn/Radtke (Hrsg.), Der Bundesgerichtshof im Spiegel der Öffentlichkeit, 2017, S. 49 (55): „Dass das Bun­ desverfassungsgericht Gelegenheit bekommen wird, die Instrumente auf ihre Ver­ einbarkeit mit dem Grundgesetz zu überprüfen, scheint mir […] keine allzu ge­ wagte Prognose zu sein.“ Zu den Voraussetzungen der nicht verurteilungsbasierten selbständigen Einziehung s. BGH, Urt. v. 18.09.2019 – 1 StR 320/18, NStZ 2020, 149, wonach im Zeitpunkt der Sicherstellung bereits der Verdacht einer Katalog­ tat (§ 76a Abs. 4 Satz 3 StGB) bestanden haben und die Sicherstellung deswegen erfolgt sein müsse. § 261 StGB ist eine solche Katalogtat (§ 76a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 Buchst. f StGB) und der bei Vermögen unklarer Herkunft leicht konstruierbare Anfangsverdacht der Geldwäsche kann leicht als „Türöffner“ missbraucht wer­ den, vgl. Bittmann, NStZ 2020, 152 (154–155) (der von einer „entsprechende[n] Praxis mancher Ermittlungsbehörden“ spricht, den BGH aber dahingehend ver­ steht, dass der Verdacht der Katalogtat zu Recht angenommen worden sein muss, was bei der Geldwäsche wiederum den sog. „doppelten Anfangsverdacht“ voraus­ setze).

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mit einer Reform der verwaltungsrechtlichen Geldwäschebekämpfung – bereits die Zukunft der Geldwäschebekämpfung.413 Die Kriminalisierung soll auch geboten sein, um die Taterlöse „unbe­ rührbar“ zu machen und den Täter so gegenüber der Umwelt isolieren.414 Auch davon verspricht man sich vor allem eine Verminderung des Tatan­ reizes. Dieser Rechtfertigungsversuch passt zum einen nur auf § 261 Abs. 2 StGB. Zum anderen werden mit der Vortat oft nur schwach ver­ bundene Personen dazu angehalten, an der Missbilligung dieser Tat mit­ zuwirken, indem sie selbst mit Strafe bedroht werden.415 Ihre Bestrafung ist jedoch nur ein Mittel zu dem Zweck, den Vortäter zu treffen. Legitim ist sie deshalb noch lange nicht.416 Schließlich soll § 261 StGB neue Ermittlungsansätze schaffen: Statt wie bisher bei der ertragbringenden Straftat anzusetzen, eröffnet eine ver­ dächtige Transaktion über § 261 StGB das strafprozessuale Ermittlungs­ instrumentarium,417 obwohl überhaupt keine Vortat festgestellt ist.418 Die Geldwäschestrafbarkeit kehrt die traditionelle Ermittlungsrichtung (von der Tat zum Erlös) gewissermaßen um und schlägt so zwei Fliegen mit einer Klappe.419 Wie bereits gesagt, bringt dies jedoch nur dann etwas, wenn es ein leistungsfähiges System zur Entdeckung verdächtiger Trans­ aktionen und zur Feststellung der Transaktionshistorie gibt. Der Straf­ tatbestand allein vermag dies nicht zu leisten.420 In Abwesenheit eines solchen Systems bleibt nichts weiter übrig, als eine Person aus der Trans­ aktionskette zu bestrafen, wenn es der Anklagebehörde gelingt, den Tat­ richter vom Herrühren eines Vermögensgegenstands aus irgendeiner Ka­ talogtat zu überzeugen (§ 261 StPO) und dem Angeklagten zumindest Leichtfertigkeit (§ 261 Abs. 5 StGB) nachzuweisen. Gelingt dies, kann 413 Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (424–425). 414 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27; jüngst bekräftigt im Entwurf eines Ge­ setzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche, BT-Drs. 19/24180, S. 16. 415 Vgl. zur „responsibilization“ als Paradigma moderner Kriminalpolitik Garland, BJC 36 (1996), 445 (452–455). 416 Vgl. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 1: „Zweckstrafrecht“. 417 In Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche können weitgehende strafprozessuale Befugnisse genutzt werden, insb. die Telekommunikationsüberwachung (§ 100a StPO), die sog. Online-Durchsuchung (§ 100b StPO), die akustische Wohnraum­ überwachung (§ 100c StPO) und die Erhebung von Verkehrsdaten (§ 100g Abs. 1 und 2 StPO). 418 Vgl. kritisch Bernsmann, StV 2000, 40 (42); Barton, NStZ 1993, 159 (159–160). 419 Vgl. Arzt, ZStR 1989, 160 (166–167). 420 Vgl. dazu Stenographisches Protokoll der 31. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, 22.01.992, S. 62–63 (Zachert): „Wenn wir die Strafbarkeit der Geldwäsche haben, aber das Korrelat dazu nicht, die illega­ len Finanzströme also nicht nachverfolgen können, ist die Strafbarkeit der Geld­ wäsche praktisch ohne Wert.“

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ggf. die Einziehung der „gewaschenen“ Vermögensgegenstände angeord­ net werden (§ 261 Abs. 7 i.V.m. § 74 Abs. 2 StGB). Eng verbunden mit der Frage nach den Zwecken ist die Frage nach dem Rechtsgut. Es handelt sich dabei um zwei verschiedene Fragen – Rechts­ gut und ratio legis sind nicht notwendig ein und dasselbe.421 Das Bundes­ verfassungsgericht hat aus der Rechtsgutslehre bislang keine verfas­ sungsrechtlichen Maßstäbe ableiten wollen und beschränkt sich auf eine bloße Verhältnismäßigkeitsprüfung, die sich in der Praxis als zahnloser Tiger erweist.422 Soweit ersichtlich ist bislang erst eine einzige Strafnorm für verfassungswidrig befunden worden.423 Nichtsdestoweniger scheint es seitens des Gesetzgebers ein Bedürfnis zu geben, Strafnormen durch Beigabe eines Rechtsgutes – und nicht nur ei­ ner Ziel- oder Zweckbeschreibung – ein erhöhtes Maß an Legitimität zu verleihen und die Auslegung vorzuprägen. So heißt es im OrgKG-Ent­ wurf: „[…] wird man davon ausgehen können, daß Rechtsgut sowohl das durch die Vortat verletzte als auch die Rechtspflege ist.“424 Noch unergie­ biger äußerten sich bislang die Gerichte: In einer frühen Entscheidung spricht der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs der Geldwäsche einen „eigenständigen Unrechtsgehalt“425 zu, führt dies aber nicht näher aus. In einer späteren Entscheidung heißt es, § 261 StGB schütze den staatli­ chen Einziehungsanspruch – sprich: einen Aspekt der inländischen Rechtspflege – und die „Volkswirtschaft und damit den Staat“ 426 – was wegen seiner Abstraktheit als Schutzgutsbestimmung nicht taugt. Der 5. Strafsenat scheint jedenfalls auch die „Integrität des Wirtschafts- und Finanzkreislaufs“ als Schutzgut des § 261 StGB anzusehen.427 Der 8. Zi­ vilsenat des Bundesgerichtshofs sieht bei § 261 Abs. 1 StGB neben der Rechtspflege als Kollektivrechtsgut auch das von der Vortat geschützte 421 Die Debatte über die Rechtsgutslehre kann hier nicht fortgeführt werden; siehe stattdessen das leidenschaftliche Plädoyer bei NK-StGB/Hassemer/Neumann, Vorbem. zu § 1 Rn. 108 ff. sowie der Sammelband Hefendehl/Hirsch/Wohlers (Hrsg.), Die Rechtsgutstheorie, 2003. 422 BVerfG, Beschl. v. 26.02.2008 – 2 BvR 392/07, BVerfGE 120, 224 (241–242); beach­ te aber das Sondervotum von Hassemer (S. 255–273), der die Rechtsgutslehre im Rahmen der Prüfung des legitimen Zwecks einflechtet. 423 Siehe die Entscheidung zu § 217 StGB (geschäftsmäßige Förderung der Selbsttö­ tung), BVerfGE, Urt. v. 26.02.2020 – 2 BvR 2347/15 u. a., NJW 2020, 905. 424 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27 (zu § 261 Abs. 2 StGB). Kritisch hierzu Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 120: „Man vermutet also nur, welches Rechtsgut durch § 261 StGB geschützt werden soll, ganz sicher ist man sich nicht – eine [sic!] in Anbetracht der zentralen Bedeutung des Rechtsguts für die Entstehung und Ausgestaltung einer jeden Strafnorm kaum nachvollziehbarer Vorgang.“ 425 BGH, Urteil v. 17.07.1997 – 1 StR 791/96, NStZ 1998, 42 (3325). 426 BGH, Urteil v. 24.01.2006 – 1 StR 357/05, NJW 2006, 1297 (1300). 427 BGH, Beschluss v. 27.11.2018 – 5 StR 234/18, NJW 2019, 533 (534).

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Rechtsgut als Schutzgut an; wegen dieser (auch) individuellen Schutz­ richtung kann er die Norm dann auch als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB einordnen.428 § 261 Abs. 2 StGB hielt der BGH wegen der ihm vom Gesetzgeber zugeschriebenen auch individuellen Schutzrichtung über die Verknüpfung mit dem durch die Vortat verletzten Rechtsgut schon früher für ein Schutzgesetz.429 Das Bundesverfassungsgericht, das bislang erstaunlich wenig Gelegenheit hatte, sich mit § 261 StGB zu be­ schäftigen, konstatiert aber immerhin eine „Weite und Vagheit der durch die Strafvorschrift möglicherweise geschützten Rechtsgüter“430. Die Diskussion über das Rechtsgut des § 261 StGB im Schrifttum ist ungleich vielstimmiger und die Menge an sich mitunter nur in Details unterscheidenden Auffassungen ist kaum zu überschauen. Häufig wird die jüngst bekräftigte431 Ansicht des Gesetzgebers geteilt und in der in­ ländischen Rechtspflege das alleinige432 oder jedenfalls ein Schutzgut des § 261 StGB insgesamt und in dem durch die Vortat verletzten Rechtsgut das zusätzliche Schutzgut des § 261 Abs. 2 StGB gesehen.433 Rechtspflege als Schutzgut ist jedoch schon prinzipiell nicht unproblematisch; der Be­ griff ist recht unbestimmt und es besteht die Gefahr, Strafnormen mit anderen Strafnormen zu rechtfertigen.434 Gleichzeitig geht es bei § 261 428 BGH, Urteil v. 19.12.2012 – VIII ZR 302/11, NJW 2013, 1158 (1158–1159); so auch schon AG Bensheim, Urt. v. 26.04.2007 – 6 C 68/07, juris, Rn. 14. A.A. AG Berlin-­ Mitte, Urt. v. 20.04.2016 – 15 C 20/15, juris, Rn. 79; KG Berlin, Urt. v. 15.10.2009 – 8 U 26/09, juris, Rn. 30; zweifelnd LG Ellwangen, Urt. v. 30.03.2007 – 1 S 184/06, juris, Rn. 4. 429 So wohl schon BGH, Urt. v. 06.05.2008 – XI ZR 56/07, NJW 2008, 2245 (2250); ausdrücklich nun BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 302/11, NJW 2013, 1158 (1159). Siehe auch KG, Urt. v. 15.10.2009 – 8 U 26/09, MMR 2010, 128 (129); OLG Zweibrücken, Urt. v. 28.01.2010 – 4 U 133/08, MMR 346 (347). 430 BVerfG, Urteil v. 30.03.2004 – 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01, BVerfGE 110, 226 (251). 431 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche, BT-Drs. 19/24180, S. 16: „Der Tatbestand schützt insbesondere die Aufgabe der staatlichen Rechtspflege, die Wirkungen von Straftaten zu beseitigen (…) und ähnelt insoweit den Straftatbeständen der Begünstigung (…) und der Straf­ vereitelung (…).“ 432 So Otto, Jura 1993, 329 (331): Die Einbeziehung des durch die Vortat verletzten Rechtsgutes führe zu einer „‘Rechtsschutzverdoppelung‘, die kriminalpolitisch überflüssig ist.“ 433 Fischer, StGB, § 261 Rn. 3; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 1; BeckOK StGB/ Ruhmannseder, § 261 StGB Rn. 6; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 2; Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 56; Hetzer, NJW 1993, 3298 (3299); Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, 155, 169; Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, 2000, S. 167. A. A. Salditt, StraFo 1992, 121 (122), der nur die Rechtsgüter der Vortat als Schutzgüter ansieht. 434 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 8; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 12; Salditt, StraFo 1992, 121 (122): „(Super-)Rechtsgut, das beliebig konstru­ iert werden könnte“.

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StGB nach den Gesetzesmaterialien weniger um den Schutz laufender Ermittlungen wegen der Vortat, sondern eher um die Gewinnung von Umständen, die einen Anfangsverdacht überhaupt erst begründen.435 Es ist überdies nicht erkennbar, inwieweit es bei Vortaten, die keine Vermö­ gensdelikte sind – und die ursprünglich ins Auge gefassten Betäubungs­ mitteldelikte sind hier geradezu ein klassisches Beispiel –, durch die Geldwäsche zu einer Unrechtsvertiefung und damit einer Perpetuierung der Rechtsgutsverletzung kommen soll.436 Das kann man auch nicht überwinden, indem man § 261 StGB eine präventive Schutzrichtung zu­ spricht, d. h. die Rechtsgüter der Vortat werden vor einer künftigen Ver­ letzung geschützt, deren Begehung durch die Nutzung des Vortaterlang­ ten erleichtert wird;437 es wäre mit dem Schuldprinzip schlechterdings unvereinbar, die Strafbarkeit nicht auf bereits verwirklichtes, sondern möglicherweise künftig noch zu verwirklichendes Unrecht zu stützen.438 Daneben schlägt z. B. Lampe als Schutzgut den legalen Wirtschafts- und Finanzkreislauf vor, „der vor der Durchmischung mit illegalem Geld be­ wahrt werden muß“ 439, wobei offen bleibt, warum. Das überzeugt zum einen deshalb nicht, weil § 261 StGB für sich und erst recht zusammen mit dem GwG zu einer Belastung der Leichtigkeit und Schnelligkeit des Wirtschaftsverkehrs führt, indem er manchen extensive Pflichten aufer­ legt und allen auch bei nur leichtfertigem Handeln mit Strafe droht. Zum anderen ist aber auch völlig offen, in welcher Weise der legale Wirt­ schafts- und Finanzkreislauf durch „schmutziges“ Geld beeinträchtigt wird.440 Versteht man als Schutzgut speziell das Vertrauen in bestimmte 435 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 13. 436 Hefendehl, in: Schünemann/Achenbach/Bottke u.a. (Hrsg.), Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag am 15. Mai 2001, 2001, S. 145 (150). 437 Salditt, StraFo 1992, 121 (122). 438 Zu anderen Einwänden gegen diesen Standpunkt siehe Voß, Die Tatobjekte der Geldwäsche, 2007, S. 9–10. 439 Lampe, JZ 1994, 123 (126); so auch Findeisen, wistra 1997, 121 (121); dieser As­ pekt wird nun wieder hervorgehoben von B. Vogel, ZRP 2020, 111 (113–114). Nachweise zu Vertretern dieser Auffassung in der österreichischen, italienischen und spanischen Literatur bei Vogel, ZStW 1997, 335 (350, Fn. 67). Während Leip dies für § 261 Abs. 1 und 2 StGB mangels Anhaltspunkten im Wortlaut ablehnt, geht seine Meinung zum Schutzgut des § 261 Abs. 8 StGB („die völkerrechtliche Reputation der Bundesrepublik – speziell des Vertrauen in den inländischen Fi­ nanzmarkt“) in eine ähnliche Richtung, s. Leip, Der Straftatbestand der Geldwä­ sche, 1999, S. 63–64. Schittenhelm, in: Eser/Schittenhelm/Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 519 (528–529) hält solche Universalrechtsgüter zwar für problematisch, erblickt im legalen Wirt­ schafts- und Finanzkreislauf bzw. der inneren Sicherheit aber die eigentlichen Rechtsgüter des § 261 StGB, mit denen man sich kritisch auseinanderzusetzen habe, statt sich auf das „kriminalpolitisch ‚neutrale‘ Rechtsgut der Rechtspflege“ zurückzuziehen. 440 Zu dem völlig unklaren Gefährdungspotential s. o. Kapitel 1 A. III. 2. Ebenso z. B. Vogel, ZStW 1997, 335 (351); Hefendehl, in: Schünemann/Achenbach/Bottke u.a.

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Wirtschaftsbereiche wie z. B. den Finanzsektor, dann wäre § 261 StGB wiederum – wie z. B. Art. 305ter schwStGB – als Sonderdelikt auszugestal­ ten gewesen.441 Darüber hinaus ist umstritten, ob „Vertrauen“442 und die „Funktionsfähigkeit“443 bestimmter Wirtschaftszweige überhaupt als Rechtsgüter taugen.444 In eine ähnliche Richtung wie Lampe geht Bottke, indem er „die Funktionsvoraussetzungen eines legalen marktwirtschaft­ lichen Leistungswettbewerbs“445 als von § 261 Abs. 2 StGB geschützt ansieht. Hiergegen muss man einwenden, dass die Geldwäsche-Compli­ ance eher zu Wettbewerbsverzerrungen führt, da sie „den Großen“ leich­ ter fallen dürfte als „den Kleinen“. Diese Bedenken lassen sich auch ge­ gen Forthauser in Stellung bringen, der mit ähnlichen Argumenten wie Lampe und Bottke sogar die Volkswirtschaft als Ganzes geschützt sehen will.446 Noch abstrakter ist der Vorschlag von Barton, der auch die „inne­ re Sicherheit“ der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten als Schutzgut ansieht, wobei es „nicht um eine ‚Sicherheit um jeden Preis‘ geht, sondern nur um eine solche, die Rechtsfrieden stiftet.“447 Die Schwächen dieses Vorschlages sind offenkundig und er hat zu Recht kaum Gefolgschaft, sondern überwiegend Kritik erhalten.448 Burr gibt die (Hrsg.), Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag am 15. Mai 2001, 2001, S. 145 (151). 441 Vgl. Vogel, ZStW 1997, 335 (351–352). 442 Ausführlich zum „Rechtsgut“ Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte ­Beckemper, ZIS 2011, 318–323. 443 Vogel, ZStW 1997, 335 (351). Vgl. zur ähnlichen Diskussion bei § 265b StGB z. B. MüKo-StGB/Kasiske, § 265b StGB Rn. 2 m. w. N. 444 Vgl. Arzt, in: Trechsel (Hrsg.), Geldwäscherei, 1997, S. 25 (34): „Banalisierung des Rechtsguts“. Mit Blick auf die Erfindung ständig neuer „luftige[r], universelle[r], schwer greifbare[r], aber umso leichter angreifbare[r] Rechts[güter]“ im Betäu­ bungsmittel-, Wirtschafts- und Umweltstrafrecht spricht Weigend, in: Schmoller (Hrsg.), Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag, 1996, S. 695 (699, 700) von „Tendenzen zu einer Verdünnung und Ent-Individualisierung des Rechtsguts­ begriffs“. 445 Bottke, wistra 1995, 121 (125). Zu Vertretern dieser Auffassung in der italieni­ schen und spanischen Literatur siehe Vogel, ZStW 1997, 335 (350, Fn. 68). 446 Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 148–149; zurückhalten­ der Vogel, ZStW 1997, 335 (351). Hassemer, WM 1995, Sonderbeilage Nr. 3 zu Heft 14, 3 (14) und Voß, Die Tatobjekte der Geldwäsche, 2007, S. 8–9 halten das Rechtsgut „Volkswirtschaft“ für konturlos. 447 Barton, StV 1993, 156 (160); dem zuneigend LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 4. Enger Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 132–133, der nur die innere Sicherheit Deutschlands für das Schutzgut hält und wegen des­ sen Abstraktheit die „Aufhebung der Kategorie des Rechtsguts selbst“ beklagt. Das wird von manchen auch für die Hehlerei vertreten, siehe die Nachweise bei Schittenhelm, in: Eser/Schittenhelm/Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 519 (522, Fn. 14). 448 Kritisch BeckOK StGB/Ruhmannseder, § 261 StGB 6.1: „konturlos und verfas­ sungsrechtlich fragwürdig“; Bottke, wistra 1995, 121 (124); Kargl, NJ 2001, 57 (60), der zurecht betont, dass Barton von einem Zusammenhang zwischen Geldwäsche und organisierter Kriminalität ausgeht, der sich in § 261 StGB nicht wiederfindet;

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Suche nach dem Rechtsgut gleich ganz auf: § 261 StGB diene lediglich der Intensivierung des durch die Katalogtatbestände angestrebten Rechts­ güterschutzes.449 Andere wiederum sprechen § 261 StGB eine mehrfache Schutzrichtung zu.450 Angesichts dieses Bildes kann man Tiedemann nur beipflichten: „Die Frage, welches Rechtsgut von § 261 StGB […] geschützt werden soll, kann […] insgesamt nur als völlig umstritten bezeichnet werden.“451 Auf­ fallend ist, wie wenig § 261 StGB als Teil einer globalen Entwicklung gesehen und in diesen Kontext eingeordnet wird.452 Die Debatte streift stattdessen ähnliche Topoi wie die Rechtsgüterdiskussion bei §§ 257 ff. StGB, in die § 261 StGB wie in ein Prokrustesbett hineingezwängt wird. Ein Blick über die Grenzen ist aber dringend nötig, denn „[i]m Tatbestand der Geldwäsche verkörpern sich die Prämissen einer transstaatlichen Kriminalpolitik […] besonders deutlich.“453 Der amerikanische Gesetzge­ ber, der den Geldwäschetatbestand in die Welt gesetzt hat, hat sich nicht mit Überlegungen zum Rechtsgut aufgehalten.454 Eine weit ausgreifende Strafbarkeit wirkt sich im amerikanischen Strafrecht, in dem das Oppor­ tunitätsprinzip gilt und Strafverfahren überwiegend im Wege der Ver­ ständigung erledigt werden, anders aus.455 In den völkerrechtlichen Rechtsakten erfüllt der Geldwäsche-Straftatbestand nicht zuletzt die Funktion, grenzüberschreitende Ermittlungen (Rechtshilfe) und die Ein­

Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 155–157: „zu hoch ge­ griffen“; Burr, Geldwäsche, 1995, S. 20–22; Krüger, Die Entmaterialisierungsten­ denz beim Rechtsgutsbegriff, 2000, S. 166–167. 449 Burr, Geldwäsche, 1995, S. 27. 450 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB 31–32: Rechtsgut der Vortat, Rechtspflege, Wirtschafts- und Finanzkreislauf; Voß, Die Tatobjekte der Geldwä­ sche, 2007, S. 16: Einziehungs- und Verfallsansprüche, verfahrensrechtliche Auf­ gaben der Strafverfolgungsbehörden hinsichtlich begangener Taten, Verhinderung künftiger Taten. 451 Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, S. 387. 452 Vgl. Vogel, ZStW 1997, 335 (336, 348). 453 Braum, Europäische Strafgesetzlichkeit, 2003, S. 536. 454 Kritisch zum Einfluss amerikanischen Rechtsdenkens auf das deutsche und schweizerische Strafrecht Arzt, in: Schmoller (Hrsg.), Festschrift für Otto Triff­ terer zum 65. Geburtstag, 1996, S. 527–549, der u. a. kritisiert, das amerikanische Rechtssystem sei „nicht mehr an der Realisation des materiellen Rechts orien­ tiert“, sondern auf das Verfahrensrecht fixiert; das führe auch in Deutschland zu „Desinteresse […] an rechtsstaatlichen Abstrichen im materiellen Recht“ (beide Zitate auf S. 547). Für mehr „Weltoffenheit“ im Sinne eines „Minimum[s] von rechtsvergleichender Umschau“ und gegen die Neigung, „derartige Neulandtat­ bestände […] vorschnell in das Prokrustesbett der herkömmlichen Systematik und Dogmatik des Strafrechts hineinzupressen“ plädiert hingegen Schubarth, in: Schulz/Vormbaum (Hrsg.), Festschrift für Günter Bemmann zum 70. Geburtstag am 15. Dezember 1997, 1997, S. 430–442. 455 Vgl. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 3.

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ziehung zu erleichtern.456 Der deutsche Gesetzgeber hat Überlegungen zum Rechtsgut halbherzig „nachgeschoben“, um der ohnehin schon an anderer Stelle gefallenen Entscheidung für ein kriminalpolitisches Kon­ zept den Anschein erhöhter Legitimität beizugeben, oder in den bildhaf­ ten Worten Arzts: „Man braucht § 261 StGB (Gelwäsche) nicht zu lesen, man muß sich diesen Para­ graphen nur ansehen, um zu erkennen, daß dieses sich durch Breite auszeichnende Kind nicht unser Kind sein kann. Es ist ohne Herz und ohne Hirn, nämlich ohne Rechtsgut zur Welt gekommen.“457

Soweit in der Literatur Aufwand getrieben wird, um die von § 261 StGB geschützten Rechtsgüter zu identifizieren, kann dies durchaus verdienst­ voll sein. Es führt jedoch nicht weiter, nur irgendein begrifflich greifbares (Pseudo-)Rechtsgut zu suchen. Vielmehr fordert § 261 StGB dazu heraus, die Diskussion um die Grenzen legitimer Strafgesetzgebung intensiv fortzuführen. Unbefriedigend ist es hingegen, sich mit dem Verweis auf völkerrechtliche Verpflichtungen davonzustehlen, wie es der Bundesge­ richtshof458 und das Bundesverfassungsgericht459 zu tun pflegen.460 c) Tatbestand des § 261 StGB Im Folgenden soll § 261 StGB im Überblick vorgestellt werden. Ziel des Abschnitts ist nicht eine erschöpfende, gar kommentarmäßige Darstel­ lung aller Einzelprobleme der Norm. Stattdessen wird der Schwerpunkt auf besonders umstrittene Einzelfragen gelegt. Dabei wird sich zeigen, dass § 261 StGB in ganz erheblichem Maße Rechtsunsicherheit mit sich bringt. Das ist für diese Arbeit vor allem deshalb bedeutsam, weil die Auslegung des § 261 StGB – insb. über § 1 Abs. 1 GwG – die Reichweite der Pflichten nach dem GwG maßgeblich beeinflusst. Ausgespart wer­ den an dieser Stelle noch die Besonderheiten, die sich aus der Einbezie­ hung von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog ergeben. Ihnen wird später ein eigener Abschnitt gewidmet sein.461

456 Vgl. Pieth, in: Pieth/Aiolfi (Hrsg.), A comparative guide to anti-money laundering, 2004, S. 3–42. 457 Arzt, ZStW 111 (1999), 757 (758). 458 BGH, Urt. v. 17.07.1997 – 1 StR 791/96, NJW 1997, 3323 (3325); Urt. v. 24.01.2006 – 1 StR 357/05, NJW 2006, 1297 (1299); Beschl. v. 18.02.2009 – 1 StR 4/09, NJW 2009, 328 (329). 459 BVerfG, Urt. v. 30.03.2004 – 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01, BVerfGE 110, 226 (263). 460 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 8. 461 Kapitel 2 A. IV Ziff. 3–7 und Kapitel 2 C. III.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

aa) Vortat Chronologischer und gedanklicher Ansatzpunkt der Geldwäsche ist die Vortat, aus welcher der Gegenstand herrührt. Es muss sich lediglich um eine rechtswidrige Vortat handeln. Nach deutschem Recht sind (noch)462 nicht alle, sondern nur bestimmte, in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB abschlie­ ßend aufgezählte Straftaten Vortaten der Geldwäsche. In der Praxis spie­ len nach der empirischen Erhebung von Bussmann/Veljovic vor allem Betrugstaten die Hauptrolle (92,5 %), gefolgt von häufig mit Betrugstaten zusammenhängenden Urkundendelikten (3,1 %), während insb. Rausch­ giftdelikte keine nennenswerte Rolle spielen.463 Die gewählte Regelungs­ technik stellt eine Kombination aus Schwellenwert- und Enumerations­ methode dar.464 Ein Eingehen auf die einzelnen Vortatengruppen ist hier entbehrlich. Stattdessen soll lediglich auf einige Charakteristika der ge­ wählten Regelungstechnik eingegangen werden. Vortaten der Geldwäsche sind seit Inkrafttreten des § 261 StGB alle Ver­ brechen (§ 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 StGB) sowie be­ stimmte, in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2–5 StGB, enumerativ aufgezählte Vergehen. Die in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StGB aufgezählten Vergehen sind nur dann taugliche Vortaten, wenn sie gewerbsmäßig oder von ei­ nem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind. Nach dem Wortlaut ist es nicht erforderlich, dass das Vergehen bandenmäßig begangen wird; aus­ reichend soll auch die Tatbegehung durch ein Bandenmitglied im aus­ schließlich eigenen Interesse sein.465 Dahinter steckt die Absicht, dem 462 Zur Abschaffung des Vortatenkataloges durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche siehe unten Nachtrag, S. 402 ff. 463 Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (418). 464 Zu den denkbaren Regelungstechniken s. o., Kapitel 1 B. II. Kritisch z. B. Hund, ZRP 1996, 163 (165), der für den all-crimes-Ansatz plädiert, denn „illegales Ver­ mögen verschiedener ‚Qualitäten‘ (geldwäschegeeignet und geldwäscheungeeig­ net) kann und darf es nicht geben.“ Zur Begrenzung der Strafbarkeit schlägt er eine Bagatellgrenze „nicht unter 2000 DM und nicht über 20 000 DM“ vor (ibid., S. 166), an anderer Stelle i. H. v. 20.000 DM (ZRP 1997, 180 (181)). Ebenso Remmers, Die Entwicklung der Gesetzgebung zur Geldwäsche, 1998, S. 64–75, der die Bagatellgrenze bei 10.000 DM ziehen will, unterhalb derer eine Strafverfolgung nur „bei einem besonderen öffentlichen Interesse“ erfolgen solle (ibid., S. 75). Ne­ ben dem von Hund vorgetragenen moralischen Argument wird ausgeführt, der all-crimes-Ansatz erleichtere die Geldwäschebekämpfung durch Private in der Praxis (so z. B. Blum/Levi/Naylor u.a., Financial Havens, Banking Secrecy and Money Laun­dering, 1998, S. 66) sowie die grenzüberschreitende Strafverfolgung (so z. B. Unger/Siegel/Ferwerda u.a., The Amounts and Effects of Money Laun­ dering, 2006, S. 27–28). 465 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 43a; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 34; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 9; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 5; a. A. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 28 (ver­ fassungskonforme Auslegung); Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Täter die schwer zu widerlegende Behauptung, er habe nicht für die Ban­ de, sondern nur für sich gehandelt, aus der Hand zu schlagen; es geht also um eine Beweiserleichterung.466 Dasselbe gilt für § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StGB, der alle Vergehen, die von einem Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung begangen worden sind, zu tauglichen Vortaten erhebt.467 Ob dies mit dem Schuldprinzip und der Unschulds­ vermutung im Einklang steht, ist zweifelhaft.468 Während es sich anfangs grundsätzlich469 noch – parallel zu §§ 257–259 StGB – um die Vortat „eines anderen“ handeln musste, werden die Fälle der sog. „Selbstgeldwäsche“ seit 1998 nicht mehr auf Tatbestandsebene ausgeschieden, sondern – und dies inzwischen auch nur noch teilwei­ se470 – durch den persönlichen Strafausschließungsgrund in § 261 Abs. 9 Sätze 2 und 3 StGB.471 Mit erfasst sind gem. § 261 Abs. 8 StGB auch Aus­ Rn. 46; Bernsmann, StV 1998, 46 (47); wohl auch Lampe, JZ 1994, 123 (127); MüKo-­StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 39: „im Fall einer bandenmäßigen Begehung“; Burr, Geldwäsche, 1995, S. 65. 466 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 43a; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 41; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 5; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 4a; a. A. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 30; Herzog/Achtelik/ Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 49. 467 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 41; a. A. Zöller, in: Heinrich/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als scientia universalis, 2011, S. 1033 (1036) (verfassungskonfor­ me Auslegung). 468 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 28, 30; ebenfalls kritisch mit teleo­ logischen Argumenten Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 49; Zöller, in: Heinrich/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als scientia universalis, 2011, S. 1033 (1049), der überdies noch die Unvereinbarkeit mit dem Wortlaut des § 261 StGB und dem Anklagegrundsatz rügt. 469 § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB ließ sich durchaus auch so verstehen, als sei bei Mitglie­ dern einer kriminellen Vereinigung auch die Selbstgeldwäsche strafbar; das wurde jedoch – soweit ersichtlich – nicht vertreten und dürfte vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein (vgl. OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27). 470 Dazu siehe unten Kapitel 1 B. II. 3. c) ee). 471 Art. 1 Nr. 2 (zu Abs. 1) und Nr. 7 Buchst. b (zu Abs. 9) des Gesetzes zur Verbesse­ rung der Bekämpfung organisierter Kriminalität v. 04.05.1998, BGBl. I 1998, 845. Dadurch sollte bei Unklarheiten über die Beteiligung des Geldwäschetäters an der Vortat eine Postpendenzfeststellung auch dann möglich werden, wenn die Al­ leintäterschaft des Geldwäschetäters hinsichtlich der Vortat nicht ausgeschlossen werden konnte (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Or­ ganisierten Kriminalität, BT-Drs. 13/8651, S. 10–11; s. auch Schittenhelm, in: Eser/Schittenhelm/Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 519 (538)). Eine Postpendenzfeststellung kam nach der früheren Tatbestandsfassung deshalb nicht in Betracht, weil bei möglicher Allein­ vortäterschaft nicht feststand, dass der Angeklagte alle Tatbestandsmerkmale des § 261 StGB – „Gegenstand […] aus einer […] Tat eines anderen“ – erfüllte, vgl. zur parallelen Problematik bei der Hehlerei BGH, Urt. v 29.03.1990 – 4 StR 681/89, NJW 1990, 2476 (2477); daran anknüpfend BGH, Urt. v. 21.06.1995 – 2 StR 157/95, NStZ 1995, 500 (500), wo ungewiss war, ob der wegen Geldwäsche eindeutig Ver­ urteilte als Mittäter oder Gehilfe am erpresserischen Menschenraub beteiligt war

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

landstaten, sofern es sich ihrer Art nach um Katalogtaten i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB handelt und diese am Tatort mit Strafe bedroht sind.472 Im Fall der Steuerhinterziehung gilt § 370 Abs. 7 AO.473 Um den Anwendungsbereich des § 261 StGB zu erweitern, kann der Vortatenkatalog um weitere Vergehen erweitert werden.474 Alternativ ­ können neue Verbrechenstatbestände geschaffen werden, entweder als gänzliche Neuschöpfung oder durch Anhebung des Strafrahmens bei Ver­ gehen. Erstere Möglichkeit hat der Gesetzgeber – beeinflusst von den be­ reits beschriebenen internationalen Entwicklungen – ausgiebig genutzt. Seit 1992 wurde der Vortatenkatalog über ein Dutzend Mal erweitert.475 Ursprünglich waren neben „Verbrechen eines anderen“ nur „Vergehen eines anderen nach § 29 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes“ sowie alle „von einem Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 129) begangenen Vergehen“ taugliche Vortaten. Besonders stark erweitert wurde der Vor­ tatenkatalog 1994476, 1998477 und 2011478. Herausgekommen ist ein Vorta­ (der BGH beanstandete die eindeutige Verurteilung im Wege der Postpendenzfest­ stellung nicht). 472 Ursprünglich lautete § 261 Abs. 8: „Den in den Absätzen 1, 2 und 5 bezeichneten Gegenständen stehen solche gleich, die aus außerhalb des räumlichen Geltungs­ bereichs dieses Gesetzes begangenen Taten herrühren, wenn die Taten auch am Tatort mit Strafe bedroht sind.“ Das wurde von manchen dahingehend verstan­ den, dass sämtliche Auslandstaten Vortaten der Geldwäsche sein können (so z. B. LG Stuttgart, Beschl. v. 07.04.1994 – 14 Qs 10/94, NJW 1995, 670 (671); Carl/Klos, NStZ 1995, 167–168; Löwe-Krahl, wistra 1993, 123 (124–125); Fülbier, DStR 1994, 827 (827–828); a. A. Burr, wistra 1995, 255–256). Der Gesetzgeber hat in Art. 1 Nr. 6 des G. v. 04.05.1998 klargestellt, dass auch die Auslandsvortat einer Katalog­ tat entsprechen muss (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämp­ fung der organisierten Kriminalität, BT-Drs. 13/8651, S. 12). 473 In der Regel wird es sich aber auch dann, wenn die Tathandlung im Ausland be­ gangen worden ist, um eine Inlandstat handeln, weil der Taterfolg regelmäßig im Inland eintritt (§§ 9 Abs. 1, 3 StGB), vgl. Klein/Jäger, § 370 AO Rn. 161. Auslands­ taten sind vor allem in Bezug auf das von § 370 Abs. 6 AO geschützte ausländi­ sche Steueraufkommen denkbar. 474 Kritisch Maiwald, in: Weigend/Küpper (Hrsg.), Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag am 11. April 1999, S. 631 (634): „jeder in dieser Form abgefass­ te Tatbestand trägt den Keim der Erweiterung in sich.“ Für eine parallele Entwick­ lung bei § 138 StGB siehe Lenk, JR 2020, 103 (107). 475 Für die Änderungshistorie siehe oben Fn. 388. 476 Durch Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Straf­ prozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) v. 28.10.1994 (BGBl. I 1994, 3186) wurden u. a. die §§ 246, 263, 264, 266, 267 und 332 StGB ein­ gefügt. 477 Durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität v. 4. Mai 1998 (BGBl. I 1998, 845) wurden u. a. §§ 242, 253, 259, 269, 284, 326 StGB und Zollstraftaten (§§ 373, 374 AO) eingfügt. 478 Durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) v. 28.04.2011 (BGBl. I 2011, 676) wurden u. a. Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Marktmanipulation (§ 119 WpHG) sowie Strafvorschriften zum Schutz geistigen Eigentums (z. B.

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tenkatalog von „verwirrender Systematik“479 – wenn man überhaupt noch von Systematik sprechen möchte.480 Aber auch die zweite Möglich­ keit – die Einführung neuer Verbrechenstatbestände bzw. die Aufwer­ tung von Vergehen zu Verbrechen – hat der Gesetzgeber genutzt: So wur­ de 2001 die gewerbs- und bandenmäßige Steuerhinterziehung durch § 370a AO zum Verbrechen erhoben.481 Nach heftiger Kritik in der Lite­ ratur482 und erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken des BGH483 ist der Gesetzgeber 2007 zurückgerudert.484 Seit 2011 wird die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung in § 261 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b StGB explizit als Vortat genannt. Der Vortatenkatalog wurde im Schrifttum von Anfang an kritisiert. Den einen geht er zu weit: Wenn der Gesetzgeber die Einführung des § 261 StGB vor allem mit den Gefahren durch die sog. organisierte Kriminali­ tät begründe, müsse er den Vortatenkatalog auch auf diesen Bereich be­ schränken.485 Anderen wiederum geht er nicht weit genug, da er die Hauptbetätigungsfelder der organisierten Kriminalität nicht ausreichend abdecke.486 Es wird sogar gefordert, den Katalog ganz abzuschaffen und sämtliche Vergehen und Verbrechen zu Geldwäschevortaten zu ma­ chen.487 bb) Gegenstand, der aus einer Vortat herrührt Tatobjekt kann grundsätzlich jeder „Gegenstand“ sein, wobei es sich nach allgemeiner Ansicht um einen Gegenstand mit Vermögenswert

§§ 143, 143a und 144 MarkenG, §§ 106 bis 108b UrhG) eingefügt. Kritisch Satzger/​ Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 32: „was […] die bereits zuvor kaum noch zu steigernde Maßstabslosigkeit der Vorschrift auf die Spitze treibt“. 479 Kaiser, wistra 2000, 121 (122). 480 Vgl. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 21. 481 Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der Um­ satzsteuer und zur Änderung Steuergesetze (Steuerverkürzungsbekämpfungsge­ setz – StVBG) v. 19.12.2001, BGBl. I 2001, 3922. 482 Siehe z. B. Harms, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohl­ mann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 413–426. 483 BGH, Beschl. v. 20.04.2004 – 5 StR 11/04, NJW 2004, 1885 (1886 a. E.); BGH, Be­ schl. v. 22.07.2004 – 5 StR 85/04, NJW 2004, 2990. 484 Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richt­ linie 2006/24/EG v. 21.12.2007 (BGBl. I 2007, 3198). 485 So z. B. Schittenhelm, in: Eser/Schittenhelm/Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 519 (520–521); Satzger/Schlucke­ bier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 22, 27. 486 So z. B. Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 158–161; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbe­ standes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 38–41. 487 Siehe die Nachweise in Fn. 464.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

– einen Vermögensgegenstand – handeln muss.488 Darunter fallen alle be­ weglichen und unbeweglichen Sachen, Beteiligungen, Forderungen und Rechte.489 Es soll nicht darauf ankommen, ob die Rechtsordnung ein Recht an dem Gegenstand oder eine daran anknüpfende Rechtsposition anerkennt, sodass z. B. auch verbotene Gegenstände wie Betäubungsmit­ tel in Betracht kommen.490 Damit ist praktisch alles, was schon rein tat­ sächlich Vermögenswert haben kann, potentiell Gegenstand der Geldwä­ sche.491 § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB fingiert492 als Gegenstand, der aus einer Steuerhinterziehung herrühren kann, auch ersparte Aufwendungen, un­ rechtmäßig erlangte Steuererstattungen und -vergütungen sowie die Ge­ genstände, hinsichtlich derer Abgaben hinterzogen worden sind.493 Im 488 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 12; Herzog/Achtelik/Nestler/ El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 34; Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 6; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 5; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 18; Voß, Die Tatobjekte der Geldwäsche, 2007, S. 17–18; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 31. Der Begriff „Vermögensgegenstand“ war im OrgKG-Entwurf des Bundesra­ tes noch vorgesehen (BT-Drs. 12/989, S. 7), wurde aber auf Anregung der Bundesre­ gierung durch den Begriff „Gegenstand“ ersetzt, weil dieser „dem üblichen Sprachgebrauch sowohl des Strafgesetzbuches (vgl. §§ 73 ff.) als auch der Strafpro­ zessordnung (vgl. §§ 94 ff.) entspricht und ein sachlicher Unterschied nicht fest­ stellbar ist“ (BT-Drs. 12/989, S. 53). Kritisch Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezü­ gen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 14–15, der den Begriff „Vermögenswert“ für vorzugswürdig hält. Die Lesart von Lampe, JZ 1994, 123 (126), der „Gegenstand“ weit auslegt und darunter z. B. auch Leichen und Leichenteile subsumiert, lässt der Wortlaut zu, nicht aber der Zweck der Vorschrift; sie hat sich zu Recht nicht durchgesetzt (vgl. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 18; Graf/ Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 12). Im Entwurf des Gesetzes zur Verbes­ serung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche ist vorgesehen, den Be­ griff „Gegenstand“ durch den Begriff „Vermögensgegenstand“ zu ersetzen (BTDrs. 19/24180, S. 7–8, 20, 27). 489 Fischer, StGB, § 216 StGB Rn. 6; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 34; Voß, Die Tatobjekte der Geldwäsche, 2007, S. 16–20. 490 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 20; Voß, Die Tatobjekte der Geldwäsche, 2007, S. 18–19; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 27; LK-StGB/ Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 10. Ob auch nichtige Forderungen taugliches Tat­objekt sein können, ist umstritten – dafür etwa Otto, wistra 1995, 323 (326); Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 3; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 26; BeckOK StGB/Ruhmannseder, § 261 StGB Rn. 8; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 10; a. A. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 21; ­MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 29; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 5; Graf/Jä­ ger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 13. 491 Mit Aufkommen von Kryptowährungen wie „Bitcoin“ ist die Frage aufgekom­ men, ob auch diese „Gegenstand“ i. S. v. § 261 StGB sind. Das wird allgemein be­ jaht, siehe m. w. N. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 18; Herzog/Hoch, StV 2019, 412 (413–414). 492 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 4. 493 Dabei ist vor allem die Tauglichkeit von ersparten Aufwendungen problematisch. Bittmann, wistra 2003, 161 (167–168) bejaht in verfassungskonformer Auslegung die Strafbarkeit nur dann, wenn der Steuerhinterzieher entweder über sein Vermö­ gen insgesamt verfüge (in dem dann immer auch die ersparten Aufwendungen ent­

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Umkehrschluss heißt dies aber, dass ersparte Aufwendungen im Übrigen nicht Tatobjekt sein können.494 Erforderlich ist, dass der Gegenstand aus einer der in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten Vortaten „herrührt“. Das „Herrühren“ ist das „Kardi­ nalproblem“495 des § 261 StGB und gleichzeitig eine der wesentlichen Ursachen für die Beweisprobleme in Geldwäschefällen.496 Der Gesetzge­ ber des OrgKG suchte nach einem Begriff, um die für die Geldwäsche typische „Kette von Verwertungshandlungen“ zu erfassen, wollte gleich­ zeitig aber vermeiden, dass „der legale Wirtschaftsverkehr in kürzester Zeit mit einer Vielzahl inkriminierter Gegenstände belastet wird.“497 Abgesehen davon hat der Gesetzgeber jedoch praktisch keine Ausle­ gungskriterien formuliert. Da es zudem schwerfällt, aus dem gesetzgebe­ rischen Ziel oder dem geschützten Rechtsgut allgemein akzeptierte Aus­ legungsmerkmale zu gewinnen, ist in die Kritik an der rechtsstaatlich bedenklichen Unbestimmtheit des Herrührensbegriffs einzustimmen.498 Um die nachfolgend geschilderten Problematiken zu verstehen, muss man sich folgendes vor Augen führen: Durchläuft der unmittelbar aus der Vortat erlangte Gegenstand eine Kette von Verwertungsvorgängen, zieht er eine Kette von Surrogaten hinter sich her (vertikale Kette). Diese Surrogate können wiederum entlang einer neuen Verwertungskette ver­ schoben werden (horizontale Kette), die sich bei jedem Zwischenerwer­

halten seien) oder jedenfalls über einen Teil, dessen Wert größer ist als der, der bei Entrichtung der Steuer noch vorhanden wäre. Streng genommen geht es dabei um die Vermischungsproblematik (dazu s. u. Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (3) (a)); das Pro­ blem, den Gegenstand zu bestimmen, ist dem vorgelagert und wird auch durch den Kunstgriff, in Missachtung der Wortlautgrenze ein „gegenständliches Nichts“ zu erfinden, nicht gelöst (zu Recht ablehnend deshalb Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 11; siehe auch Spatscheck/Wulf, DB 2001, 2572 (2573). Zutreffend ist es viel­ mehr, mit Dierlamm, in: Hiebl/Kassebohm/Lilie (Hrsg.), Festschrift für Volkmar Mehle, 2009, S. 177 (178) und Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 16 von einem „Nullum“ zu sprechen. Verfassungsrechtliche Bedenken äußern im Hinblick auf den Schuldgrundsatz, das Grundrecht auf Eigentum bzw. das Über­ maßverbot Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 31; Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 12; Dierlamm, in: Hiebl/Kassebohm/Lilie (Hrsg.), Fest­ schrift für Volkmar Mehle, 2009, S. 177 (178–179); Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 16. Keine Bedenken sehen hingegen LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 13. 494 So zutreffend Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 21. 495 Vgl. Maiwald, in: Weigend/Küpper (Hrsg.), Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag am 11. April 1999, S. 631 (636): „eines der Kardinalprobleme“. 496 Siehe auch Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (4). 497 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27. 498 Vgl. dazu z. B. Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, 21–32, 98-107; Stratenwerth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäsche­ rei, 1992, S. 97 (104–106).

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Kapitel 1 Geldwäsche und (Anti­)Geldwäschegesetzgebung

ber in eine oder mehrere vertikale Ketten verzweigen kann.499 Bei jedem Erwerbsvorgang muss man drei Fragen stellen: Erstens, ob sich der tat­ nächste Veräußerer wegen Geldwäsche strafbar macht; zweitens, ob sich der Erwerber wegen Geldwäsche strafbar macht; drittens, ob das, was der Veräußerer als Gegenleistung erwirbt, Gegenstand einer (neuen) Geldwä­ schetat sein kann.

T

S1

S11

S12

S1

S1

S21

S22

S2

S2

G

Za

S2

G

S31 S3

Zb

S3

G

Zc

Abbildung 1

Transaktionskette

499 Die anschauliche Differenzierung zwischen horizontaler und vertikaler Ebene geht zurück auf Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 98–102; Leip/ Hardtke, wistra 1998, 281 (282).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

(1) Der Weg des unmittelbar aus der Vortat Herrührenden (vertikal) Zunächst soll die beim Vortäter (T) und dem unmittelbar aus der Vortat herrührenden Gegenstand (G) entspringende vertikale Verwertungskette betrachtet werden. Unter die unmittelbar aus der Vortat herrührenden Gegenstände fallen das für und aus der Tat Erlangte (scelere quaesita) ebenso wie das durch die Tat Hervorgebrachte (productum sceleris).500 Insoweit besteht ein weitgehender Gleichlauf mit den Einziehungstatbe­ ständen in § 73 Abs. 1 StGB und § 74 Abs. 1 Alt. 1 StGB. Nach abzuleh­ nender Auffassung des 1. Strafsenats des BGH sollen auch Tatmittel (§ 74 Abs. 1 Alt. 2 StGB – instrumenta sceleris) aus der Vortat herrühren.501 Umstritten ist, ob Beziehungsgegenstände (die nach § 74 Abs. 2 StGB nur nach Maßgabe besonderer Vorschriften der Einziehung unterliegen) – über die Sonderregel für Schmuggel und Steuerhehlerei in § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB hinaus – zu den unmittelbar aus der Vortat herrührenden Gegenständen gehören.502 Wird das unmittelbar aus der Vortat Herrührende G im Rahmen eines Austauschvertrages als Leistung hingegeben, tritt etwas – ein Ersatz bzw. Surrogat (S1) – an seine Stelle im Tätervermögen. Das kann eine Sache, 500 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 48; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 33; Fahl, JZ 2009, 747 (747–748); Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 100–101; Burr, Geldwäsche, 1995, S. 68; Schönke/ Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 9; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 62; a. A. Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 95–97, der producta sceleris aufgrund einer phänomenologischen Betrachtungsweise („Falsch­ geld ist kein schmutziges Geld, sondern – falsches.“, Hervorh. i. Orig.) sowie aus „pragmatischen Erwägungen“ nicht als Tatobjekte ansieht. 501 BGH, Beschl. v. 18.02.2009 – 1 StR 4/09, NJW 2009, 1617–1618; im Ergebnis zu­ stimmend, aber mit anderer Begründung Kuhlen, JR 2010, 271 (272–273); Schön­ ke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 9 will für Bestechungsgelder eine Ausnahme machen, denn: „andernfalls liefe die Aufnahme des § 334 in den Vortatenkatalog ins Leere“; s. a. Körner/Dach, Geldwäsche, 1994, S. 19: „[Gegenstand] kann In­ strumentum oder Productum Sceleris oder auch Beziehungsgegenstand sein“, al­ lerdings ohne nähere Begründung. Das entspricht der Rechtslage in den USA, sie­ he Arzt, ZStR 1989, 160 (164–165). Diese Auslegung des Begriffs „Herrühren“ wird völlig zurecht überwiegend abgelehnt, siehe nur Rettenmaier, NJW 2009, 1619; Fahl, JZ 2009, 747 (747–748); Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 37; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 64; NK-StGB/ Altenhain, § 261 StGB Rn. 63; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 48; Graf/Jäger/ Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 34; Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 94–95; Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 100–101; Burr, Geldwäsche, 1995, S. 68. 502 Bejahend z. B. Körner/Dach, Geldwäsche, 1994, S. 19; Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 97–98; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 5; ablehnend Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 100–101; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 34; Satzger/Schluckebier/Wid­ maier/Jahn, § 261 StGB Rn. 37; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 48; Burr, Geld­ wäsche, 1995, S. 68; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 64; Herzog/Achtelik/ Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 65.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ein Recht oder ein sonstiger tatsächlicher oder rechtlicher Vorteil sein. Einigkeit besteht, dass der Ersatz nur dann ein Gegenstand i. S. v. § 261 StGB sein kann, wenn er in irgendeinem Vermögensgegenstand enthal­ ten und nicht nur durch einen Vermögensvergleich auffindbar ist.503 Es kommt nicht darauf an, ob die Gegenleistung ihrem Wert nach der Leis­ tung entspricht.504 Der unmittelbar aus der Vortat herrührende Gegen­ stand wiederum verlässt das Tätervermögen und geht in das Vermögen des Zwischenerwerbers (Za) über. Beim zweiten Verwertungsvorgang ver­ lässt er dessen Vermögen zugunsten des nächsten Zwischenerwerbers (Zb) und an seine Stelle tritt ein Ersatz (S2). Dasselbe kann sich beliebig oft wiederholen. Sofern T die rechtswidrige Herkunft des Gegenstandes verschleiert, macht er sich gem. § 261 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB strafbar; § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB kommt ihm wegen dessen Satz 3 nicht zugute. Der Zwischen­ erwerber Za macht sich jedenfalls gem. § 261 Abs. 2 StGB („sich […] ver­ schafft“) strafbar, wobei ihn subjektiv mindestens der Leichtfertigkeits­ vorwurf treffen muss (§ 261 Abs. 5 SGB). Das Surrogat S1 tritt im Vermögen des T an die Stelle von G. Als Ersatzgegenstand ist es nach allgemeiner Ansicht weiterhin bemakelt, d. h. S1 rührt aus der Katalogtat (mittelbar) her und kann Gegenstand einer neuerlichen Geldwäschetat sein. Andernfalls brächte § 261 StGB gegenüber §§ 257, 259 StGB keinen wesentlichen Mehrwert. Der Gegenstand G, der sich nun im Vermögen von Za befindet, soll nach allgemeiner Ansicht auch dort seinen Makel behalten.505 Auch das leuchtet aus zwei Gründen ein: Zum einen wird dies von § 261 Abs. 6 StGB vorausgesetzt, der die Entmakelung durch gutgläubigen Zwischenerwerb in bestimmten Fällen möglich macht. Zum anderen soll § 261 StGB sicherstellen, dass die vertikale Kette re­ 503 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 50; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 38; ferner Vest, in: Ackermann/Donatsch/Rehberg (Hrsg.), Wirt­ schaft und Strafrecht, 2001, S. 417 (431, Fn. 45). Dabei betont NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 68 zu Recht, dass dies nichts weiter ist als die Konsequenz daraus, dass auch das mittelbar aus der Vortat Herrührende Gegenstandsqualität haben muss. 504 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 69; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 69; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 9; Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 115; Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 111–113; a. A. unter Berufung auf den (missverständlichen) OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27 („der ursprüngliche Gegenstand unter Beibehaltung seines Wertes durch einen anderen ersetzt wird“) Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB 5; Bottke, wistra 1995, 87 (90–91). 505 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 37; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 65; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 48; Graf/Jäger/Wittig/ Eschelbach, § 261 StGB Rn. 33; Vest, in: Ackermann/Donatsch/Rehberg (Hrsg.), Wirtschaft und Strafrecht, 2001, S. 417 (428–429); Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 98–100.

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konstruiert (Stichwort „paper trail“) werden kann, um zur Vortat und den Tatbeteiligten zu gelangen – auch wenn die Norm nur den strafpro­ zessualen „Einstieg“ ermöglicht und noch nicht zur Anlage einer Be­ weiskette führt. Diese Überlegungen treffen für die gesamte vertikale Kette zu, d. h. es ist richtig, das unmittelbar aus der Vortat Herrührende grundsätzlich als stets bemakelt anzusehen.506 Schon in den Gesetzesmaterialien wird allerdings angesprochen, dass die vertikale Makelkette abreißen kann. Dort ist nur der Fall erwähnt, dass der „Wert des […] Gegenstandes durch Weiterverarbeitung im wesentli­ chen auf eine selbständige spätere Leistung Dritter zurückzuführen ist.“507 Ob auch § 261 Abs. 6 StGB einen Fall der Entmakelung regelt, ist umstritten. Nach dieser Vorschrift ist eine Tat „nicht nach [§ 261] Abs. 2 strafbar, wenn zuvor ein Dritter den Gegenstand erlangt hat, ohne hier­ durch eine Straftat zu begehen“, wobei mit „Straftat“ hier nur eine Tat nach § 261 StGB gemeint ist.508 Während in der Norm vereinzelt ein per­ sönlicher Strafausschließungsgrund für den gutgläubigen Zwischener­ werber gesehen wird,509 erblickt die h. M. darin eine Tatbestandsein­ schränkung510. Letztgenannte Ansicht hat zur Folge, dass die Bemakelung auch dann nicht wieder auflebt, wenn auf einen gutgläubigen Zwischen­ erwerber später ein bösgläubiger (Zwischen-)Erwerber folgt. Dies gilt je­ 506 Im Übrigen ist der Makel-Gedanke aber mit Vorsicht zu genießen, siehe Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, 1969, S. 123–129. 507 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27. Kritik an der Unschärfe dieser Formulie­ rung bei Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 27–28. 508 Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 21; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 78; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 6; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 88; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 121; Maiwald, in: Wei­ gend/Küpper (Hrsg.), Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag am 11. April 1999, S. 631 (645–646); AnwK StGB/Sommer, § 261 StGB Rn. 65; Graf/ Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 42; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 23; BeckOK StGB/Ruhmannseder, § 261 StGB Rn. 36; a. A. Satzger/ Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 58; Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 43. Für SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 37 ist entscheidend, „ob das straflose Erlangen des Gegenstandes durch den Dritten immerhin auf einem kollusives Zu­ sammenwirken mit dem Vortäter beruhte.“ 509 Hombrecher, JA 2005, 67 (69–70); Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, 73–74, 98–99; Leip/Hardtke, wistra 1998, 281 (282), die Absatz 6 lediglich für ei­ nen persönlichen Strafausschließungsgrund halten, mit der Folge, dass der Makel bei einem bösgläubigen Folgeerwerber wieder auflebt. 510 Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 21; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 85–87; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 120; BeckOK StGB/ Ruhmannseder, § 261 StGB Rn. 35; Spiske, Pecunia olet?, 1997, S. 159; Maiwald, in: Weigend/Küpper (Hrsg.), Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburts­ tag am 11. April 1999, S. 631 (640–641); Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 58; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 24; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 36.

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doch nur in den Fällen des § 261 Abs. 2 StGB, d. h. dem Täter, der den Tatbestand des § 261 Abs. 1 StGB erfüllt, kommt § 261 Abs. 6 StGB selbst dann nicht zugute, wenn er den Gegenstand von einem straflosen Zwischenerwerber erlangt. Infolgedessen läuft § 261 Abs. 6 StGB weitge­ hend leer, denn die Tathandlungen nach § 261 Abs. 1 und Abs. 2 StGB überschneiden sich häufig: Wer sich einen Gegenstand verschafft oder ihn verwahrt, wird fast immer auch die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicherstellung desselben vereiteln oder gefährden (§ 261 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB).511 Die Makelkette reißt überdies ab, wenn der Gegenstand rechtskräftig eingezogen wird.512 Im Falle hinterzogener Steuern sollen Selbstanzeige und Nachentrichtung zur Entmakelung führen.513 Wie sich die Verjährung der Vortat auswirkt, ist umstritten.514 (2) Der Weg der Surrogate (horizontal) Nachdem nun geklärt ist, wie sich der Makel des unmittelbar aus der Vortat Herrührenden entwickelt, ist der Blick auf die Surrogate (S1, S2, …, Sn) zu richten, die im Vermögen des Vortäters und der verschiedenen Er­ werber an seine Stelle treten. Der Gegenstand515, den der Vortäter als Er­ satz für den Ursprungsgegenstand erlangt (S1), wird allgemein grundsätz­

511 Zum Ganzen BGH, Urt. v. 27.07.2016 – 2 StR 451/15, NStZ 2017, 28 (29); Urt. v. 04.07.2001 – 2 StR 513/00, NJW 2001, 2891 (2894); AnwK StGB/Sommer, § 261 StGB Rn. 67; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 57; Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 44; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 80. Die Schnittmen­ ge zwischen Abs. 1 und Abs. 2 wird jedoch kleiner, wenn man mit Leip, Der Straf­ tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 126–129 bei Abs. 1 dolus eventualis nicht ausreichen lässt, sondern final auf Verbergen/Verschleiern gerichtetes Handeln fordert (zu den subjektiven Anfordernungen unten Kapitel 1 B. II. 3. c) dd)). Maiwald, in: Weigend/Küpper (Hrsg.), Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag am 11. April 1999, S. 631 (644–645) meint hingegen, das Unrechts­ gefälle zwischen Abs. 1 (Vereitlen und Gefährden) und Abs. 2 sei nicht so groß, dass es angemessen wäre, die Straflosigkeit nach Abs. 6 nicht eintreten zu lassen. Ebenfalls für eine Erstreckung des Abs. 6 auch auf Tathandlungen nach Abs. 1 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 124; dagegen Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 44. 512 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 81. 513 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 81; eingehend Bülte, ZStW 2010, 550 (597– 603). 514 Gegen eine Entmakelung sprechen sich aus MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 63; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 9; Voß, Die Tatobjekte der Geld­wäsche, 2007, S. 28–30; dafür hingegen NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 33; SK-StGB/ Hoyer, § 261 StGB Rn. 6; Barton, NStZ 1993, 159 (164–165); Höreth, Die Bekämp­ fung der Geldwäsche, 1996, S. 114. 515 Es muss sich um einen Gegenstand handeln, d. h. eine Dienstleistung ist kein Surrogat, sehr wohl aber der Anspruch (= Recht) darauf, s. NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 68.

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lich als bemakelt angesehen, ebenso jeder als Ersatz für dieses Surrogat erlangte Gegenstand.516 Im Einzelnen ist aber manches umstritten: Es besteht im Grunde Einigkeit, dass Minimalbedingung des Herrührens Kausalität im Sinne des Äquivalenzprinzips ist, dieses aber zur Konkreti­ sierung und Begrenzung des Geldwäschetatbestandes nicht ausreicht.517 Wann ein mittelbar auf die Vortat zurückgehender Gegenstand nicht mehr aus der Vortat „herrühren“ soll, ist jedoch umstritten: Barton schlägt hier vor, die Grundsätze der Äquivalenztheorie und der Ad­ äquanztheorie – beschränkt durch normative Erwägungen – anzuwen­ den.518 Arzt will Surrogate nur als geldwäschetauglich ansehen, wenn sie nach §§ 73 ff. StGB eingezogen werden könnten.519 Beides wird überwie­ gend abgelehnt und eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ vorgezo­ gen.520 Auch dort scheinen aber normative Zurechnungsüberlegungen – ähnlich denen Bartons – durch. So soll der Lottogewinn, der mit einem mit bemakeltem Geld bezahlten Lottoschein erzielt wird, selbst nicht bemakelt sein, da er nicht aus der Vortat herrühre, sondern dem Zufall zu

516 So die h. M., siehe nur BGH, Urt. v. 27.07.2016 – 2 StR 451/15, NStZ 2017, 28 (29); SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 12; Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 100–102; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 70; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 52; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 9–10; Herzog/Achte­ lik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 67. Die Gesetzesmaterialien sind hier nicht ganz eindeutig: Die in einem frühen Entwurfsstadium enthaltene Formulierung „unmittelbar oder mittelbar … herrühren“ (BR-Drs. 11/7663, Anlage 1, S. 7) fiel später auf Vorschlag der Bundesregierung weg, ohne dass damit eine inhaltliche Einbuße verbunden sein sollte (BT-Drs. 11/7663, Anlage 2, S. 50). Kritik dazu bei Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwä­ schetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 31, der überhaupt nur unmittelbar aus der Tat Herrührendes als Tatobjekt ansehen will – wenn schon bei der „relativ übersichtlich[en]“ Hehlerei aus Gründen der Rechts­ sicherheit die Ersatzhehlerei straflos zu stellen sei, müsse dies erst recht für Fälle der Geldwäsche gelten, die „unvergleichbar unübersichtlicher und damit schwie­ riger“ seien (S. 22–23). Er konstatiert einen Effizienzverlust, der aber im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen sei (S. 30). 517 Jeweils m. w. N. Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 57; NK-StGB/ Altenhain, § 261 StGB Rn. 52; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 10. 518 Barton, NStZ 1993, 159 (163–165); den Adäquanzgedanken stärker betonend Hetzer, WM 1999, 1306 (1314). Dazu Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 36: „Eine Kumulation der beiden […] Ansätze könnte […] den richtigen Weg weisen.“ 519 Arzt, JZ 1993, 913 (914); ebenso Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 118–124; Vogel, ZStW 1997, 335 (354–355); modifizierend SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 13, der darauf abstellt, ob sich auf die Surrogate oder Nutzungen entweder ein Anspruch des Verletzten oder ein staatlicher Einziehungsanspruch erstreckt. 520 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 67; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 61; BeckOK StGB/Ruhmannseder, § 261 StGB Rn. 17; Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäschestrafrechts, 2002, S. 106–111.

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verdanken sei.521 Auch die Produkte eines Unternehmens, an dem mit bemakeltem Vermögen Anteile erworben wurden, sollen nicht bemakelt sein, weil deren Wert in erster Linie auf dem Arbeits- und Materialein­ satz und nicht auf der Vortat beruhe.522 Veräußert der Vortäter das Surrogat S1, so ist fraglich, ob sich dessen Be­ makelung beim Erwerber nach den oben genannten Grundsätzen fort­ setzt oder ob der Makel weniger an dem Gegenstand als an einer „Posi­ tion“ im Vermögen des Vortäters haftet. Geht man davon aus, dass auch das Surrogat stets bemakelt bleibt, begründet seine Veräußerung eine neue horizontale Makelkette. Dabei wäre wieder zu fragen, ob die Surro­ gate der Surrogate (S11, S12, …, S1n) bemakelt sind. Das wird von manchen befürwortet, weil es der Schutz des „paper trail“ erfordere und § 261 Abs. 6 StGB auch für Surrogate gelte.523 Andere hingegen sehen darin die Gefahr einer prinzipiell uferlosen Bemakelung neuer Vermögensgegen­ stände, die den Rechtsverkehr belaste und plädieren dafür, nur solche Surrogate als bemakelt anzusehen, die sich dem Vermögen des Vortäters zumindest wirtschaftlich zuordnen lassen.524 Fraglich ist, was für die Surrogate gilt, die bei den Zwischenerwerbern entstehen (S2, S3, …, Sn). Kauft Za z. B. ein gestohlenes Auto von T an und tauscht es anschließend mit Zb gegen ein gebrauchtes Motorrad, ist frag­ lich, ob das Motorrad bemakelt ist. Treibt man den Gedanken der Papier­ spur ins Extrem, dann könnte man auch in diesen Fällen von einer sich grundsätzlich fortsetzenden Bemakelung des Motorrads ausgehen; so könnte der „Einstieg“ in die vertikale Kette prinzipiell über jede von ei­ nem Zwischenerwerber ausgehende horizontale Kette erfolgen – und da­ mit (theoretisch) über praktisch jeden umlaufenden Vermögensgegen­ stand. Die Konsequenz wäre allerdings eine (theoretisch) unbegrenzte Vervielfachung von Geldwäschegegenständen, die ein „Perpetuum mobi­ le eines Verfalls und möglicher Anschlussdelikte in Gang setzt[e]“525. Da­ mit würde die Strafverfolgung ad absurdum geführt – um den Vortäter 521 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 53; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 10; Gentzik, Die Europäisierung des deutschen und englischen Geldwäsche­ strafrechts, 2002, S. 108. 522 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 72; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 53; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 73; a. A. Leip, Der Straftatbe­ stand der Geldwäsche, 1999, S. 113–114; Dionyssopoulou, Der Tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 108. 523 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 61; Burr, Geldwäsche, 1995, S. 71; Dionyssopoulou, Der Tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 108–109; Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 117. 524 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 79; Leip, Der Straftatbestand der Geld­ wäsche, 1999, S. 114–116; Vest, in: Ackermann/Donatsch/Rehberg (Hrsg.), Wirt­ schaft und Strafrecht, 2001, S. 417 (429–431). 525 Schittenhelm, in: Eser/Schittenhelm/Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 519 (527).

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um seinen Erlös zu bringen und zu bestrafen, würde eine Vielzahl von Menschen in den objektiven Tatbestand gedrängt. Hier erscheint die Strafe nur noch als Mittel zum Zweck, der Einzelne wird zum Objekt der Strafverfolgung degradiert. (3) Vermischung und Mischfinanzierung Besondere Probleme entstehen, wenn ein bemakelter Gegenstand mit unbemakelten Gegenständen vermengt oder vermischt wird oder bema­ kelte und unbemakelte Vermögenswerte zum Erwerb eines neuen Ge­ genstandes eingesetzt werden. Denkbar sind solche Fälle sowohl beim Ursprungsgegenstand als auch bei Surrogaten. Dabei werden im Wesent­ lichen zwei Ansichten vertreten, innerhalb derer es jedoch wieder unter­ schiedliche Auffassungen zu einzelnen Fragen gibt: Nach der Lehre von der Teilkontamination ist nur ein Teil des Gesamt­ gegenstandes kontaminiert. Nur, wenn dieser Teil in eine Transaktion einbezogen ist, setzt sich dessen Makel an dem aus der Transaktion her­ vorgehenden Ersatzgegenstand (teilweise) fort und nur dann erfüllt derje­ nige, der sich diesen Teil verschafft, den objektiven Tatbestand der Geld­ wäsche.526 Nach der Lehre von der Totalkontamination rührt hingegen der gesamte Gegenstand aus der Vortat her, selbst wenn in ihm makel­ freie und bemakelte Teile vereinigt sind; der bemakelte Teil „infiziere“ den makelfreien Teil.527 Jedes Surrogat, das für den Gegenstand oder ei­ nen Teil davon erlangt wird, ist dann ebenfalls insgesamt bemakelt. Be­ gründet wird dies mit dem Zweck des § 261 StGB. Nach beiden Auffassungen erscheint es denkbar, eine teilweise oder voll­ ständige Bemakelung davon abhängig zu machen, ob der Wert des einge­ flossenen bemakelten Anteils im Verhältnis zum Wert des durch Vermi­ schung hervorgebrachten oder durch Erwerb erlangten neuen Gegenstands eine gewisse Schwelle (sog. Makelquote) überschreitet. Naturgemäß fällt es schwer, sich auf einen konkreten Schwellenwert zu einigen. So ver­ 526 So schon der Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen, BT-Drs. 12/3533, S. 12 (durch Art. 1 dieses Gesetzes sollte ebenfalls ein Geldwäsche-Straftatbestand in § 261 StGB geschaffen werden; parallel dazu wurde über das OrgKG beraten, das schneller verabschiedet wurde, sodass Art. 1 des Entwurfs größtenteils hinfällig wurde, vgl. Beschluss­ empfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 12/4901, S. 19). In der Literatur sprechen sich für die Teilkontaminationslehre aus Schönke/Schrö­ der/Hecker, § 261 StGB Rn. 11; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 40: „unbefriedigend, muss aber angesichts eines der Verfassung sonst noch ferneren Zustandes hingenommen werden“. 527 BGH, Beschl. v. 20.05.2015 – 1 StR 33/15, NZWiSt 5, 2016, 157; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.01.2005 – 3 Ws 108/04, NJW 2005, 767 (769); NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 74–76; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 56; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 5; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 12.

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langt z. B. Salditt, dass ein gemischtfinanzierter Gegenstand „weit über­ wiegend ‚illegal‘ finanziert“ worden sein muss, d. h. jedenfalls zu über 50 %.528 Barton will sich an empirischen Methoden orientieren und bringt den Begriff des „Signifikanzniveaus“ ins Spiel, für das je nach Ein­ zelfall in Abhängigkeit von der Art des Gegenstandes (z. B. Luxusgut oder Gebrauchsgegenstand) und absolutem Wert des bemakelten Anteils ver­ schiedene Werte (er nennt 0,1 %, 1,0 % und 5,0 %) angesetzt werden sollen.529 Die Werte selbst entsprechen dem juristischen Bauchgefühl; sehr viel mehr Autorität genießen sie aber auch trotz der nicht passen wollenden Anleihe aus der mathematischen Statistik nicht.530 Leip schlägt eine Orientierung am Begriff der „wesentlichen Beteiligung“ in § 74 Abs. 1 AO und § 17 Abs. 1 EstG (a.F.) vor, die ab 25 % anzunehmen sei.531 Dass es auch im Steuerrecht um Haftungsbegründung geht, recht­ fertigt die Übertragbarkeit aber noch nicht. Die Wertungen, die hinter § 74 Abs. 1 AO und vor allem § 17 Abs. 1 EstG stehen – dessen Beteili­ gungsschwelle inzwischen auf 1 % gesenkt worden ist – lassen sich für die Frage nach einer Makelquote nicht fruchtbar machen. Bei § 74 Abs. 1 AO geht es darum, die Vollstreckbarkeit von Betriebssteuern zu sichern. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt, den „eigentlichen Grund der Haftung bildet […] nicht die rechtliche Beteiligung am Unter­ nehmen, sondern der objektive Beitrag, den der Gesellschafter […] für die Weiterführung des Gewerbebetriebes“532 und damit für die weitere Ver­ wirklichung der Steuertatbestände leiste. Es geht bei der Schwelle von 25 % also nicht um die Beteiligungshöhe an sich, sondern um die damit verbundenen Einflussmöglichkeiten auf die Betriebsführung.533 Bei § 17 EstG ging es – jedenfalls ursprünglich – um die Annäherung der Besteue­ rung von Mitunternehmern an die von Eignern von Anteilen an Kapi­ talgesellschaften, wenn die Einflussmöglichkeiten des Gesellschafters ähnlich ausgeprägt sind wie die des Mitunternehmers („Mitunterneh­ merinitiative“).534 Eva Fischer schlägt eine degressive Quote zwischen 528 Salditt, StraFo 1992, 121 (124); Löwe-Krahl, in: Achenbach/Ransiek (Hrsg.), Hand­ buch Wirtschaftsstrafrecht, 2008, S. 1167 (1171–1172, Rn. 24); dem zuneigend Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 39. 529 Barton, NStZ 1993, 159 (163). 530 Eher abwegig ist die Kritik daran bei Leip/Hardtke, wistra 1998, 281 (283), die aus einem statistischen Konzept eine „soziologische Erkenntnis“ werden lassen, die „aus soziologischer Sicht nicht angreifbar“ sei; auf diesen Gedanken kommen sie wohl, weil Barton zur Erläuterung des Begriffs „Signifikanzniveau“ auf ein Be­ griffslexikon der Soziologie verweist (Barton, NStZ 1993, 159 (163, Fn. 43)), was jedoch schlicht daran liegt, dass auch Soziologie als empirische Wissenschaft be­ trieben werden kann. Übernommen wird die Kritik von Petropoulos, wistra 2007, 241 (245). 531 Leip/Hardtke, wistra 1998, 281 (283). 532 BVerfG, Beschl. v. 14.12.1966 – 1 BvR 496/65, BVerfGE 21, 6 (10). 533 BVerfG, Beschl. v. 14.12.1966 – 1 BvR 496/65, BVerfGE 21, 6 (11). 534 Vgl. BFH, Urt. v. 08.10.1985 – VIII R 234/84, juris, Rn. 17.

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3,5 % und 30 % vor, wobei sie die „Degressionsstufen“ verschiedenen gesetzlichen Vorschriften entnimmt, die heranzuziehen aber ebenfalls wie der Versuch daherkommt, intuitiv gefundene Werte zu „verrechtli­ chen“.535 Andere wiederum lehnen Makelquoten insgesamt ab, aus Sorge, der Täter könne durch Verdünnung die Taterlöse legalisieren und § 261 StGB unterlaufen.536 Die Streitfrage kann als offen bezeichnet werden.537 (a) Vermischungsfälle Paradigmatisch für Vermischungsfälle sind Transaktionen in Geld, ins­ besondere die Einzahlung von Bargeld auf ein Bankkonto oder die Über­ weisung.538 Denkbar ist aber z. B. auch die Verschmelzung gestohlenen und legal erworbenen Goldes.539 535 Fischer, Die Strafbarkeit von Mitarbeitern der Kreditinstitute wegen Geldwäsche, 2011, S. 80–81. 536 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 77; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 58; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 12; Hombrecher, JA 2005, 67 (68). Da­ gegen Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 39:„formelhafte Ar­ gumentation“, „geht am Sachproblem vorbei“. 537 Vgl. auch Krug, NZWiSt 2016, 159 (159). 538 Es ist umstritten, wie die Einzahlung und Überweisung von bemakeltem Geld nach § 261 StGB zu bewerten sind: Nach der h. M. (vgl. BGH, Urt. v. 04.02.2010 – 1 StR 95/09, NJW 2010, 3730 (3735) zur Durchleitung von Geldern durch ein RA-Anderkonto; aus der Lit. z. B. Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 45; Lackner/ Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 6 a. E.; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 21; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 79; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 89; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 122; Hombrecher, JA 2005, 67 (69); Katholnigg, NJW 2001, 2041 (2045); LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 24; sehr ausführlich Bussenius, Geldwäsche und Strafverteidiger­ honorar, 2004, S. 23–33) erwirbt die Bank – bei i. d. R. bestehender Gutgläubig­ keit – makelfrei (§ 261 Abs. 6 StGB) das Bargeld. Dessen Bemakelung setze sich an dem Bankguthaben fort, das weiterhin Anknüpfungspunkt einer Geldwäsche sein könne. Überweise der Täter einen Teil des Guthabens an einen Dritten, verwirkli­ che dieser in aller Regel jedenfalls den objektiven Tatbestand des § 261 Abs. 2 StGB. Die Gegenansicht (Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 60; Maiwald, in: Weigend/Küpper (Hrsg.), Festschrift für Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag am 11. April 1999, S. 631 (640–641); Bernsmann, StV 2000, 40 (43); Sauer, wistra 2004, 89 (90)) stellt hingegen auf die zivilrechtliche Lage ab: Das Bargeld verliere seinen Makel gem. § 261 Abs. 6 StGB mit der Einzahlung; dieser gehe aber auf das Guthaben über. Da es sich bei dem Guthaben jedoch um eine Forderung gegen die Bank handle, die bei der Überweisung jedoch nicht im Wege der Zession übertragen werde, erhalte der Überweisungsempfänger keinen bema­ kelten Gegenstand. Das überzeugt nicht: Richtig ist zwar, dass die Forderung selbst nicht übertragen wird und ein Teil der Vertreter der h. M. deshalb zivil­ rechtlich falsch liegt (zur Funktionsweise der Überweisung siehe z. B. MüKo BGB/ Casper, § 675f BGB Rn. 66–71). Ob ein Surrogat aus der Vortat herrührt, ist aber nicht allein zivilrechtsakzessorisch zu bestimmen. Dem Zivilrecht können im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtung oder anderer Ansätze Wertungen ent­ nommen werden, mehr aber auch nicht. 539 Beachte hier auch § 148b GewO („Goldhehlerei“).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung Beispiel 1: T zahlt 2.500 €, die er durch eine Katalogtat erlangt hat, auf sein Bankkonto ein. Das dort bereits vorhandene Guthaben von 7.500 € setzt sich aus Arbeitslohn zusammen, den T für eine erlaubte Tätigkeit erhalten hat.

Nach der Lehre von der Teilkontamination wären in diesem Fall 2.500 € des nach der Einzahlung vorhandenen Gesamtguthabens von 10.000 € bemakelt, nach der Lehre von der Totalkontamination hingegen die vol­ len 10.000 €. Verfügt T über das Gesamtguthaben, erfüllen er selbst und der Empfänger nach beiden Ansichten den objektiven Tatbestand des § 261 StGB. Auf Ebene des Surrogats stellt sich dann das Problem der Mischfinanzierung (dazu sogleich unten). Unterschiede zwischen den Ansichten ergeben sich, wenn T nur über einen Teil des Guthabens ver­ fügt: Nach der Lehre von der Totalkontamination rührt jeder Teil des Guthabens aus der Vortat her, d. h. Verfügender und Erwerber erfüllen den objektiven Tatbestand des § 261 StGB. Die Vertreter der Lehre von der Teilkontamination müssen in solchen Fällen hingegen die Gretchen­ frage beantworten, ob gerade der Teil des Gesamtgegenstandes, über den verfügt wird, bemakelt ist. Durch Heranziehen der Wertungen der §§ 947 ff. BGB, wonach der bemakelte Anteil dem Verhältnis des Wertes entspreche, in dem der bemakelte und nicht bemakelte Teil zum Zeit­ punkt des Erwerbs standen,540 ist nicht viel gewonnen, wenn es um die Vermischung von Bargeld geht. So liegt dieses Verhältnis im Beispiel bei 25 %. Dabei wird aber nicht klar, ob dieser Wert relativ ist und sich auf den Gegenstand in seiner aktuellen Zusammensetzung bezieht (d. h. im­ mer 25 % eines veränderlichen Guthabenteils), oder es eigentlich nur um den absoluten Wert des bemakelten Anteils geht (d. h. immer 2.500 € ei­ nes veränderlichen Guthabens).541 Andere wiederum gehen davon aus, dass erst die gesamten legalen Vermögenseingänge aufgebraucht sein müssen (d. h. hier die vollen 7.500 €) und nur der Rest Gegenstand der Geldwäsche sein könne.542 Statt sich auf eine Zerlegung in makelbehaf­ tete und makelfreie Teile einzulassen, kann man auch jeden Teil des durch Vermischung hervorgebrachten Gegenstandes teilweise als bema­ kelt ansehen (im Beispiel wäre also jeder Euro zu 25 % bemakelt), womit man sich der Lehre von der Totalkontamination jedenfalls mit Blick auf die Frage der Strafbarkeit annähert.543 540 Jahn/Ebner, JuS 2009, 597 (599). 541 Bei relativem Verständnis könnte man also gefahrlos immer maximal 25 % abzüg­ lich 0,01 € des aktuellen Guthabens abheben, d. h. – ceteris paribus – würde der Täter im Beispiel beim ersten Mal 2.499,99 € abheben, beim zweiten Mal 1874,99 € usw. Bei absolutem Verständnis könnte der Täter hingegen viermal 2.500 € abhe­ ben und man könnte von keinem dieser Teilbeträge sagen, er rühre aus der Vortat her. 542 Salditt, StraFo 1992, 121 (124). 543 Unterschiede gibt es dann jedoch weiterhin bei der Einziehung, vgl. nur Kindhäu­ ser/Neumann/Päffgen/Altenhain, § 261 StGB Rn. 146.

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(b) Mischfinanzierung Ähnlich, im Detail aber anders gelagert sind die Fälle der Mischfinanzierung. Dabei werden bemakelte und makelfreie Vermögenswerte nicht einfach vermischt, sondern zum Erwerb eines anderen Gegenstandes verwendet. Beispiel 2: Der Täter T erlangt durch eine Katalogtat 2.500 € in bar. Diese verwendet er als Anzahlung für ein gebrauchtes Kfz, das er zum Preis von 10.000 € von einem gutgläubigen Händler erwirbt. Die restlichen 7.500 € zahlt er einige Tage später aus seinen legal erworbenen Ersparnissen und erhält im Gegenzug das Kfz. Nach einiger Zeit verkauft T das Kfz zum Preis von 8.000 € an einen Dritten.

Die Lösung nach der Lehre von der Teilkontamination fällt hier wieder leicht: Sowohl das gesamte Kfz als auch der später für dieses erlangte Veräußerungserlös von 8.000 € rühren insgesamt aus der Vortat her. Nach der Lehre von der Teilkontamination sind hingegen – entsprechend den §§ 947 ff. BGB – zunächst das Kfz und später der Veräußerungserlös nur zu 25 % bemakelt, d. h. von dem Veräußerungserlös sind nur 2.000 € bemakelt; in der Folge stellen sich die bereits oben aufgeworfenen Folge­ fragen. (4) Herrühren als „gesetzgeberischer Sündenfall“ Michalke hat das Merkmal Herrühren als „gesetzgeberische[n] Sünden­ fall“ bezeichnet.544 Will man die Misere des § 261 StGB auf einen Begriff bringen, dann ist es der des Herrührens. Der Begriff ist durch Auslegung nicht zu retten und man kann mit guten Gründen fragen, ob er über­ haupt noch mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar ist.545 Es zeugt von bemerkenswerter Ignoranz des Gesetzgebers, dass er den Begriff des Herrührens nicht reformiert, sondern in § 76a Abs. 4 Satz 1 StGB wieder­ holt. Thomas Fischer bemerkt, dass die Probleme bei der Konkretisie­ rung des Herrührensbegriffs „dadurch verhüllt [werden], dass sich in der Wirklichkeit die Verfolgung auf wenige evidente Fälle im Grenzbereich der Hehlerei beschränkt.“546 Die Lehre von der Totalkontamination setzt dem unklaren Herrührensbegriff dabei die Krone auf: Weder im Wortlaut noch in den Gesetzesmaterialien findet sich irgendein Anhalt für diese Auslegung.547 Ganz im Gegenteil: Aus den Materialien ergibt sich, dass man eine Durchsetzung der Wirtschaft mit bemakelten Vermögenswer­ ten gerade vermeiden wollte. Das aber ist die Folge der Lehre von der 544 Michalke, in: Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (Hrsg.), Strafverteidigung im Rechtsstaat, 2009, S. 346 (347). 545 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 35. 546 Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 7 (Hervorh. i. Orig.). 547 Krug, NZWiSt 2016, 159 (160): „mit den juristischen Auslegungsmethoden nicht zu begründen“.

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Totalkontamination – mit geradezu grotesken Konsequenzen.548 Legt man § 261 StGB so aus, verstößt die Vorschrift jedenfalls insoweit gegen Art. 103 Abs. 2 GG und das Übermaßverbot.549 Die Lehre von der Total­ kontamination kann zwar für sich in Anspruch nehmen, den Tatbestand zu zäumen. Sie versagt jedoch in den äußerst praxisrelevanten Fällen der Vermischung und der Mischfinanzierung, sofern nicht über den teilbe­ makelten Gegenstand als Ganzes verfügt wird. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wurde sogar überlegt, auf das Herrüh­ rensprinzip gänzlich zu verzichten und die Unterstützung einer krimi­ nellen Organisation zum Anknüpfungspunkt zu machen.550 Man darf je­ doch bezweifeln, dass die Zuordnung eines Vermögensgegenstandes zu einer kriminellen Organisation mit all ihren Folgeproblemen (schließ­ lich hat eine kriminelle Organisation keine Rechtsfähigkeit, sodass die Zurechnung auf andere Art erfolgen muss) einfacher ist.551 Neben dem Auslegungsproblem besteht überdies ein Nachweispro­ blem.552 In der Praxis ist der Nachweis des Herrührens aus einer Katalog­ tat schwer zu führen, genauer: Die größten Schwierigkeiten bereitet es, den Gegenstand einem bestimmten Tatgeschehen zuzuordnen.553 Erst, wenn dieses mit der nötigen Konkretheit festgestellt ist, kommt es da­ rauf an, ob das Tatgeschehen unter den Tatbestand einer Katalogtat sub­ sumiert werden kann. Es ist vorgeschlagen worden, den Vortatenkatalog

548 Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 4b; Krug, NZWiSt 2016, 159 (159). 549 Krug, NZWiSt 2016, 159 (160); Geurts, ZRP 1997, 250 (252–253); Satzger/Schlucke­ bier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 40; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 16.  550 Stratenwerth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 97 (104– 107); Otto, Jura 1993, 329 (332); weitere Nachweise bei Möhrenschlager, wistra 1992, 281 (286, Fn. 47). Körner, NJW 1993, 233 (235) meint, indem Vergehen er­ fasst werden, die von einem Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangen worden sind, setze § 261 StGB auch das Zuordnungsprinzip um; das ist allenfalls teilweise richtig, wenn man der Ansicht folgt, wonach es gerade nicht darauf an­ kommt, dass der Täter als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gehandelt hat, siehe nur LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 6; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 9. 551 Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 145–146; Kern, Geld­ wäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 164; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 60–64; Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 14–15. 552 Stratenwerth, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 97 (106– 107); Kaiser, wistra 2000, 121 (122): „Kernproblem der Strafverfolgung“; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbe­ standes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 44. 553 Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (419–420); Kreß, wistra 1998, 121 (124); Schindler, NZWiSt 2020, 457 (463).

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zu streichen und stattdessen den „all crimes“-Ansatz zu verfolgen.554 Da­ bei wird jedoch übersehen, dass dies konkrete Feststellungen zum Vor­ tatgeschehen nicht wesentlich erleichtert.555 Darum setzen verschiedene Vorschläge zur Verbesserung der Geldwäschebekämpfung am Vortat­ nachweis an. Der aus rechtsstaatlicher Sicht anstößigste Vorschlag ist die Beweislastumkehr oder zumindest eine „Beweiserleichterung“, wie sie z. B. in § 73a Abs. 1 und § 76a Abs. 4 StGB vorgesehen ist.556 Der deut­ sche Gesetzgeber hat sich dieser Versuchung – jedenfalls in § 261 StGB – nicht hingegeben.557 Die mildere Alternative ist es, die an die Feststel­ lung der Vortat zu stellenden Anforderungen nicht zu überspannen, indem man die Feststellung genügen lässt, dass der Gegenstand aus ir­ gendeiner Katalogtat herrührt, die nicht im Einzelnen, sondern nur „in groben Zügen“ festgestellt sein muss. 558 Dabei ist das Gericht grundsätz­ lich nicht an die Urteile anderer Gerichte gebunden, die sich auf die Vor­ tat beziehen.559 Auch hiergegen sind Bedenken angebracht.560 cc) Tathandlungen Nach verbreiteter Lesart enthält § 261 StGB im Kern drei Tatbestände: den Verschleierungstatbestand (§ 261 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB), den Ver­ eitelungs- und Gefährdungstatbestand (§ 261 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StGB) sowie den Isolierungstatbestand (§ 261 Abs. 2 StGB).561 554 So der „Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Abschöpfung von Gewin­ nen, Geldwäsche – (StrÄndG) der SPD-Fraktion, BT-Drs. 12/731, S. 3. Zustim­ mend Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geld­ wäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 56–58. Siehe bereits die Nachw. in Fn. 464.  555 So zutreffend Kreß, wistra 1998, 121 (124). 556 Vgl. für die Einziehung Gasser, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 157 (171–173); ablehnend Kreß, wistra 1998, 121 (124). Die Beweislastum­ kehr wurde jüngst wieder in den Medien aufgegriffen, Zydra, SZ v. 11.–13.04.2020, S. 21. 557 Eine Beweislastumkehr wäre verfassungswidrig, vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.02.1959 – 1 BvR 197/53, BVerfGE 9, 167. 558 BGH, Beschl. v. 21.01.2016 – 4 StR 384/15, NStZ 2016, 538 (538); Urt. v. 28.01.2003 – 1 StR 393/02, BeckRS 2003, 1885; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 49 m. w. N. 559 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 20; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 6; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 48. 560 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 20; Zöller, in: Heinrich/Schüne­ mann (Hrsg.), Strafrecht als scientia universalis, 2011, S. 1033 (1046–1051). 561 So z. BVerfG, Beschl. v. 28.07.2015 – 2 BvR 2558/14, 2 BvR 2571/14, 2 BvR 2573/14, NJW 2015, 2949 (2952–2953); Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 91–92; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 65–71; wohl auch Schönke/ Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 13–15; Salditt, StraFo 1992, 121 (125); ähnlich Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 33–36. Anders LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 15; Löwe-Krahl, wistra 1993, 123 (125): Abs. 1 als einheitlicher Tat­ bestand; wieder anders Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993,

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Der Verschleierungstatbestand ist wie folgt formuliert: „Wer einen Ge­ genstand, der [aus einer rechtswidrigen Katalogtat] herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert […], wird […] bestraft.“ Der Vereitelungstatbestand wird umschrieben mit: „Wer […] die Ermittlung der Her­ kunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicherstellung eines [aus einer rechtswidrigen Katalogtat herrührenden] Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird […] bestraft.“ Nimmt man die Differenzierung so vor, kann man die Frage aufwerfen, ob der Verschleierungstatbestand als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet ist, die Beeinträchtigung des staatlichen Zugriffs auf die Gegenstände aus bestimmten Straftaten also lediglich Motiv, nicht aber Tatbestandsmerkmal ist.562 Wenn man aller­ dings als Gefährdungserfolg ausreichen lässt, dass Ermittlungen zwar tatsächlich möglich, aber noch nicht aufgenommen sein müssen,563 dann ist die Einordnung als konkretes oder abstraktes Gefährdungsdelikt kaum noch relevant und kann offen bleiben.564 Einigkeit besteht, dass der Vereitelungstatbestand ein konkretes Gefähr­ dungsdelikt („gefährdet“) und ein Erfolgsdelikt („vereitelt“) enthält.565 Letzteres ist überflüssig, denn jedem Erfolg geht die (konkrete) Gefähr­ dung voraus.566 Einziehung meint das Verfahren nach §§ 73 ff. StGB, Si­ S. 167–168: Abs. 1 als vier Tatbestände. Siehe ferner NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 98 ff., der nach Ermittlungsinteressen differenziert und die Ermittlung der Herkunft und das Auffinden zum Bezugspunkt des Verschleierungstatbestan­ des macht, während es nach seinem Verständnis beim Vereitelungstatbestand um Einziehung und Sicherstellung geht. „Vereiteln“ und „Gefährden“ sieht er als Va­ rianten beider Alternativen. „Verbergen“ und „Vereiteln“ behandelt er folgerich­ tig als Beispiele für Gefährdungshandlungen (in eine ähnliche Richtung Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 140). Dagegen spricht, dass der Ge­ setzgeber in ähnlichen Fällen Formulierungen wie „oder in sonstiger Weise“ (z. B. §§ 108, 164 Abs. 2, 306f Abs. 1, § 316c StGB) oder „auf andere Weise“ (z. B. §§ 109 Abs. 1, 233a Abs. 1, 239 Abs. 1 StGB) verwendet. Im Kern sachgemäß ist jedoch die Differenzierung nach Ermittlungsinteressen, denn nicht alles, was die Ermitt­ lung der Herkunft oder das Auffinden erschwert, behindert die Einziehung (man denke nur an die Einziehung von Ersatzgegenständen – § 73 Abs. 3 StGB – und von Wertersatz – § 73c StGB), vgl. Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 167–168. 562 So z. B. MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 14; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 7; a. A. NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 94–95; LK-StGB/Schmidt/ Krause, § 261 StGB Rn. 17; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 4. 563 SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 17; wohl auch NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 94. 564 So auch Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 35a. 565 So schon OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 69, 14. 566 Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 7; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 100, 106; Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 140. Umgekehrt Salditt, StraFo 1992, 121 (125), der ausgehend vom Vereitelungsbegriff in § 258 StGB, der auch die bloße Ahndungsverzögerung auf geraume Zeit erfasst, die Gefährdungs­ variante für überflüssig hält; dagegen aber MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 StGB

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cherstellung das Verfahren nach §§ 111b ff. StPO. Dabei ist zu beachten, dass die Sicherstellung lediglich den einfachen Tatverdacht voraussetzt, dass der Gegenstand der Einziehung unterliegt,567 und es für § 261 Abs. 1 StGB nicht darauf ankommen soll, ob die Voraussetzungen der Einzie­ hung letztlich tatsächlich vorlagen.568 Der Isolationstatbestand (§ 261 Abs. 2 StGB) wird als Auffangtatbestand verstanden.569 Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. 570 Durch die Norm wird ein Bann über das Vermögen des Vortäters ver­ hängt. Ihm soll die Möglichkeit genommen werden, irgendeinen Nutzen aus der Tat zu ziehen; er soll gegenüber der Umwelt „isoliert“ werden. Folgt man der Totalkontaminationslehre, so kann der Täter im Hinblick auf sein Vermögen jedenfalls theoretisch zum Unberührbaren werden. Die Tathandlungen sind „Inbegriff der Weite des § 261 StGB“571. Die Pönalisierung reicht weit über das kriminologische Phänomen der Geld­ wäsche – also dem Vorspiegeln legalen Erwerbs von Vermögenswerten – hinaus.572 Wer eine geraubte Handtasche im Garten vergräbt, ist – auch wenn er den Tatbestand des § 261 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB erfüllt – kein Geldwäscher.573 Das gilt auch für die von § 261 Abs. 2 StGB erfassten Fälle der Hehlerei: Wer sich Schmuck verschafft, der, wie er weiß, aus einem Raubüberfall stammt, mag Hehler sein, aber Geldwäscher im kri­ minologischen Sinne ist er deshalb noch nicht.574 Ebenso wenig ist der bloße Gebrauch eines Vermögenswertes (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB) eine Rn. 70; Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 7; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 110; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 16, die den Begriff des Verei­ telns in § 261 StGB enger auslegen als in § 258 StGB). Zum Vergleich: Art. 305bis schwStGB ist hingegen insgesamt als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (Absatz 1: „Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qua­ lifizierten Steuervergehen herrühren, wird […] bestraft.“), siehe dazu Schweizerischer Bundesrat, BBl. 1989 II, 1061–1100 (1083). Dies befürwortend z. B. Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 135–136. 567 MüKo StPO/Bittmann, § 111b StPO Rn. 7. 568 NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 107. Das ändert aber nichts daran, dass der Gegenstand aus einer Vortat herrühren muss! 569 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 60. 570 LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 20; SK-StGB/Hoyer, § 261 StGB Rn. 4; Kargl, NJ 2001, 57 (59). 571 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 59. 572 Kargl, NJ 2001, 57 (59); Schittenhelm, in: Eser/Schittenhelm/Schumann (Hrsg.), Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, 1998, S. 519 (520); Lampe, JZ 1994, 123 (128); Lackner/Kühl/Kühl, § 261 StGB Rn. 2; Burr, Geldwäsche, 1995, S. 32. 573 Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 126–127; Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 34–35. 574 Vgl. Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 141–142.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Form der Geldwäsche – diese soll den gefahrlosen Gebrauch erst ermög­ lichen, ist dem Gebrauch also vorgelagert. § 261 StGB – vor allem der Abs. 2 – erstreckt sich zudem in großem Umfang auf sozial­adäquate Ver­ haltensweisen wie z. B. den Verkauf von Lebensmitteln, die Vermietung von Wohnraum, die Erbringung ärztlicher oder anwaltlicher Leistungen etc., was zu zahlreichen Einschränkungsversuchen bereits auf Ebene des Tatbestandes geführt hat.575 Der Tatbestand führt zur massenhaften Strafbarkeit in Bagatellfällen, die nichts mit professioneller Schwerstkri­ minalität zu tun haben, mit deren Gefährlichkeit das robuste Vorgehen gegen Geldwäsche gerade begründet wird.576 Der Kritik Lampes, „ein kla­ res kriminalpolitisches Konzept [lässt] sich nicht erkennen“ 577, ist des­ halb beizutreten. Dazu kommt eine zu weit gehende Versuchsstrafbarkeit, die § 261 Abs. 3 StGB anordnet. Dies führt im Rahmen des Vereitelungs- und Gefähr­ dungstatbestandes zu einer „doppelten Vorverlagerung“ der Strafbarkeit, die eine Grenzziehung zwischen straflosem Vorfeld und Versuchsbeginn so sehr erschwert, dass mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz Beden­ ken angebracht sind.578 Daneben setzt der BGH die Schwelle zum Ver­ suchsbeginn im Rahmen des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB sehr niedrig an und lässt es bereits genügen, wenn sich der Täter an einen vereinbarten Treff­ punkt begeben hat, um dort die Gelder entgegenzunehmen, die er ins Ausland verbringen soll. 579 Darüber hinaus überschneiden sich die verschiedenen Tatvarianten, eine klare Abgrenzung ist häufig nicht möglich.580 Arzt spricht deshalb von ei­ nem „Wirrwarr“581, der 5. Strafsenat des BGH immerhin von einem Straf­ tatbestand, der sich „an der Grenze der Verständlichkeit“582 bewege.583 575 Siehe dazu die übersichtlichen Darstellungen des Streitstandes etwa bei MüKo-­ StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 81–83; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB 119130c. 576 Vgl. Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 126–127; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbe­ standes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 110–112. 577 Lampe, JZ 1994, 123 (128). 578 Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 136–138; Lampe, JZ 1994, 123 (130); Kargl, NJ 2001, 57 (59); Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 162. 579 BGH, Urt. v. 07.02.2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; zustimmend Weber, NStZ 2008, 467 (470); a. A. NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 135. 580 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 43; Satzger/Schluckebier/Wid­ maier/Jahn, § 261 StGB Rn. 42; Lampe, JZ 1994, 123 (128); Salditt, StraFo 1992, 121 (126). 581 Arzt, JZ 1993, 913 (913). 582 BGH, Urt. v. 24.06.2008 – 5 StR 89/08, NJW 2008, 2516 (2517). 583 Zustimmend NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 91; Herzog/Achtelik/Nestler/ El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 90.

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Verschärft wird diese Problematik zum einen durch den subjektiven Tat­ bestand, der anders als §§ 257–259 StGB nicht nur auf Absichtsmerkma­ le verzichtet, sondern sich sogar mit Leichtfertigkeit begnügt, zum ande­ ren durch die (partielle) Tatbestandseinschränkung in § 261 Abs. 6 StGB, deren Reichweite wegen der Schnittmengen zwischen Absatz 1 und Ab­ satz 2 unklar ist.584 Schließlich verlangen die Obergerichte, dass der Tat­ richter sich auf eine Handlungsalternative festlegt,585 was für diesen kein einfaches Unterfangen sein dürfte. dd) Subjektiver Tatbestand Im subjektiven Tatbestand des § 261 Abs. 1 StGB ist Vorsatz erforderlich, wobei nach allgemeiner Ansicht Eventualvorsatz grundsätzlich aus­ reicht.586 Der Vorsatz muss sich sowohl auf das Herrühren des Gegen­ standes aus einer Vortat als auch auf die Tathandlung und ggf. den Erfolg beziehen.587 Zwar ist nicht erforderlich, dass der Täter die konkreten Tat­ umstände der Vortat kennt und dass er diese rechtlich zutreffend als Tat i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB einordnet. Nicht ausreichend aber ist, dass der Täter eine legale Quelle ausschließt; er muss sich vielmehr zu­ mindest in groben Zügen ein Geschehen vorstellen, das bei richtiger rechtlicher Würdigung den Tatbestand einer Geldwäsche-Vortat er­ füllt.588 Stellt er sich hingegen irrig Umstände vor, die nicht den Tatbe­ stand einer Katalogtat erfüllen, so liegt ein Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 StGB) vor.589 Auf darüber hinausgehende Absichtselemente ist im 584 Siehe dazu schon Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (1). 585 OLG Hamburg, Beschl. v. 08.03.2011 – 2 – 39/10 (REV), 2 – 39/10 (REV) – 1 Ss 104/10, juris, Rn. 21–23; KG, Beschl. v. 13.06.2012 – (4) 121 Ss 79/12 (138/12), ­juris, 14. 586 Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 61; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 75; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 26; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 94; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 63; direkten Vorsatz verlangen im Verschleierungstatbestand hingegen Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB; Goeckenjan, wistra 2008, 128 (134), während Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 127 ein „final-personales Moment“ for­ dert. 587 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 96. 588 BGH, Urt. v. 17.07.1997 – 1 StR 791/96, NJW 1997, 3323 (3325); BGH, Urt. v. 28.01.2003 – 1 StR 393/02, juris; KG Berlin, Urt. v. 15.10.2009 – 8 U 26/09, ZIP 2009, 2331 (2334); KG Berlin, Beschl. v. 13.06.2012 – (4) 121 Ss 79/12 (138/12), ju­ ris, Rn. 16; Fischer, StGB, 662019, § 261 StGB Rn. 50; Schönke/Schröder/Hecker, § 261 StGB Rn. 26; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 64; Goeckenjan, wistra 2008, 128 (135). 589 MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 95; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 132. Die falsche Subsumtion ist hingegen unschädlich, solange der Täter im Rahmen der „Parallelwertung in der Laiensphäre“ das verwirklichte Unrecht er­ kennt. Unbeachtlich soll es hingegen sein, wenn der Täter sich Umstände vor­ stellt, die den Tatbestand einer anderen als der tatsächlich begangenen Katalogtat erfüllen, siehe NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 132; a. A. Bülte, ZWH 2016,

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Gesetzgebungsverfahren bewusst verzichtet worden, um Beweisschwie­ rigkeiten zu vermeiden. Auch im Fall des § 261 Abs. 2 Nr. 2 wird – trotz des Wortlauts („wenn er die Herkunft des Gegenstandes […] gekannt hat“) – bedingter Vorsatz für ausreichend gehalten.590 Daneben wird gem. § 261 Abs. 5 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer Katalogtat herrührt. Leichtfertigkeit liegt dann vor, wenn der Täter die sich ihm aufgrund konkreter Umstände geradezu aufdrängende Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung aus besonde­ rem Leichtsinn oder völliger Gleichgültigkeit außer Acht lässt.591 Da es sich um keinen Fall des § 11 Abs. 2 StGB handelt, ist § 261 Abs. 3 StGB (Versuchsstrafbarkeit) nicht auf § 261 Ab. 5 StGB anwendbar.592 Die Be­ strafung der leichtfertigen Geldwäsche ist weder durch das Völker- noch das Unionsrecht vorgegeben und wird auch von der FATF nicht verlangt. Auch die Richtlinie (EU) 2018/167 überlässt es (noch) den Mitgliedstaa­ ten, ob sie die fahrlässige Geldwäsche bestrafen (vgl. Erwägungsgrund 13 Satz 6 der Richtlinie: „sollten“). In den Gesetzesmaterialien heißt es, eine Leichtfertigkeitsstrafbarkeit sei unabdingbar, „[u]m auftretende Be­ weisschwierigkeiten zu vermeiden und eine wirksame Strafverfolgung der Geldwäscher sicherzustellen.“593 Im Schrifttum werden gegen § 261 Abs. 5 StGB berechtigte Bedenken vorgebracht: § 261 Abs. 5 StGB betrifft keinesfalls nur „extreme Ausnahmefälle[n]“, wie Körner meint.594 Ein Blick in die Strafverfolgungsstatistik (s. o. Tabelle 1, S. 79) offenbart, dass § 261 Abs. 5 StGB inzwischen beinahe der Regeltatbestand ist.595 Es ist nachvollziehbar, dass sich die Strafverfolgungsbehörden dem Charme 377 (380); noch differenzierter Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 157–159. 590 So die h. M. Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 61; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 101; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 115; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 76; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 21, wonach der Gesetzgeber nur habe klarstellen wollen, dass der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen sowohl in Nr. 1 wie in Nr. 2 der­ selbe ist, nämlich der, in dem der Täter den Gegenstand erlangt. A. A. Bottke, wistra 1995, 121 (123); Ambos, JZ 2002, 70 (72); Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 133. 591 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 28. Zu den Indizien, die den Schluss auf Leichtfertigkeit gestatten z. B. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 81–82. Ausführlicher zum Leichtfertigkeitsbegriff im Strafrecht Dionyssopoulou, Der Tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 142–148. 592 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.01.2009 – III-5 Ss 265/08-178/08 IV, juris, Rn. 7–8. Anders noch die Vorinstanz LG Krefeld, Urt. v. 03.09.2009 – 26 Ns 173/07 (nicht veröffentlicht). 593 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 27. 594 Körner/Dach, Geldwäsche, 1994, 36 (Rn. 37). 595 Dionyssopoulou, Der Tatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 151–152 sah dies vor­ aus.

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dieser Vorschrift nicht entziehen können. Die Effizienzüberlegungen des Gesetzgebers vermögen eine Kriminalisierung aber keinesfalls zu legiti­ mieren.596 Ob es dem Gesetzgeber tatsächlich nur darum ging, die straf­ prozessualen Anforderungen an den Vorsatzbeweis zu umgehen, ist un­ klar;597 die Gesetzesmaterialien, in denen der Leichtfertigkeitstatbestand kein einziges Mal als eigenständiges Unrecht beschrieben wird, legen dies jedoch nahe.598 Dazu passt auch die erhebliche Strafrahmenverschie­ bung zwischen bedingtem Vorsatz (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) und Leichtfertigkeit (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe), die durch das minimale Unrechtsgefälle zwischen den

596 Burr, Geldwäsche, 1995, S. 83; Salditt, StraFo 1992, 121 (130–131): „Griff in die Trickkiste“, „legislativer Formenmißbrauch“; Satzger/Schluckebier/Widmaier/ Jahn, § 261 StGB Rn. 80; Bülte, JZ 2014, 603 (608): „Umgehungsvorschrift“. 597 Zweifelnd Salditt, StraFo 1992, 121 (131); Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezü­ gen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 130–137: „sehr fader Beigeschmack“. 598 In BR-Drs. 74/90 (Beschluß), S. 12 taucht der Leichtfertigkeitstatbestand erstmals auf, wird dort aber nicht weiter begründet (vgl. ibid., S. 90). In Übernahme der ­Begründung aus den Empfehlungen des Rechts- und Innenausschusses zum Org­ KG-Entwurf (BR-Drs. 219/91, S. 11) ergänzte der Bundesrat die dem OrgKG-Ent­ wurf beigefügte Begründung: „Um auftretende Beweisschwierigkeiten zu vermei­ den und eine wirksame Strafverfolgung der Geldwäscher sicherzustellen, ist eine Ausdehnung des Straftatbestandes in den Bereich der Leichtfertigkeit unabding­ bar.“ – BR-Drs. 219/91 (Beschluß), S. 90. Sie wurde ohne Änderungen oder Hinzu­ fügungen auch vom Bundestag übernommen (BT-Drs. 12/989, S. 27–28). Auch in dem parallel laufenden, vom Erlass des OrgK überholten Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung des WSÜ heißt es in der (ausführlicheren) Entwurfsbegründung, BT-Drs. 12/3533, S. 14: „Den [an der Geldwäsche] beteiligten Personen würde es leicht gemacht, sich unter Berufung auf Unkenntnis von der Herkunft der erlang­ ten Gegenstände der Bestrafung zu entziehen. Gegenüber solchen Behauptungen wäre ein Beweis der Kenntnis als Voraussetzung für den Vorwurf einer vorsätzli­ chen Begehung vielfach kaum zu führen. Um auftretende Beweisschwierigkeiten dieser Art zu vermeiden und eine wirksame Strafverfolgung der Geldwäsche si­ cherzustellen, ist eine Ausdehnung des Straftatbestandes unabdingbar.“ Später heißt es aber immerhin: „Mit dieser Regelung werden die strafwürdigen Fälle von Geld­wäsche hinreichend erfaßt […]“, wobei unklar bleibt, ob sich dies auf „echte“ Fälle der Leichtfertigkeit bezieht oder auf solche, in denen Vorsatz bloß nicht be­ wiesen werden kann. BGH, Urteil v. 17.07.1997 – 1 StR 791/96, NStZ 1998, 42 (44) bemerkt sophistisch, dem sei „nicht zu entnehmen, daß deshalb umgekehrt ein eigenständiges Strafbedürfnis gegenüber leichtfertig handelnden Geldwä­ schern nicht bestehe. Vielmehr ist das Bedürfnis nach Bestrafung der Geldwä­ sche – auch international – im Grundsatz allgemein anerkannt und durch die staatsvertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik […] vorausgesetzt worden (…).“ Das ist schlicht unzutreffend: Von einer internationalen Anerkennung ist die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit weit entfernt (siehe m. w. N. Tiedemann, Wirt­ schaftsstrafrecht, 2017, Rn. 941) und den „staatsvertraglichen Verpflichtungen“ ist in dieser Hinsicht nichts zu entnehmen. In der Literatur wird nur selten und eher oberflächlich begründet, weshalb leichtfertige Geldwäsche strafwürdiges Un­ recht sein soll, z. B. von Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 (359), die vor allem auf die angebliche Sozialschädlichkeit der Geldwäsche abstellen.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

beiden Schuldformen nicht erklärlich ist.599 Das verstärkt den Eindruck, dass § 261 Abs. 5 StGB der Verdachtsstrafe600 nahesteht.601 Die Vorschrift ist deshalb insoweit dogmatisch, kriminalpolitisch und verfassungs­ rechtlich mit Blick auf die Unschuldsvermutung in höchstem Maße be­ denklich.602 Aber selbst wenn der Gesetzgeber ein originäres Strafbedürfnis gesehen hätte, bestünden Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Strafdrohung: Der objektive Tatbestand ist extrem weit und erfasst eine Vielzahl von Handlungen mit allenfalls sehr geringem Unwertgehalt, deren Bestra­ fung man sogar bei vorsätzlicher Begehung für weitgehend halten kann; bei Leichtfertigkeit kann man die Strafbarkeit durchaus als übermäßig betrachten.603 Das gilt vor allem im Zusammenhang mit § 261 Abs. 2 StGB, bei dem es gerade darum geht, den Vortäter zu treffen, ihn (nicht im technischen Sinne) zu „bestrafen“. Daran ändert auch der Vortaten­ katalog nichts, der zur Einschränkung des Tatbestandes nicht (mehr) viel beiträgt.604 Auch der Einwand Tiedemanns, der ultima-ratio-Grundsatz, wonach Strafrecht nur das letzte Mittel sein dürfe, sei im Wirtschafts­ recht deshalb abzuschwächen, weil ein umfassendes verwaltungsrecht­ liches Kontrollnetz keine wirklich mildere Alternative sei,605 greift 599 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 66; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20.05.2010 – 5 StR 138/10, NStZ-RR 2010, 311 (312) zu § 264 Abs. 4 StGB: „vor­ satznahe Schuldform“. 600 Dazu Schaffstein, ZStW 1989, 493–515. 601 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 66; ferner Michalke, in: Barton/ Eschelbach/Hettinger u.a. (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fischer, 2018, S. 449 (459). 602 Salditt, StraFo 1992, 121 (131, insb. Fn. 42); Bülte, JZ 2014, 603 (607), der auf die mit einem Verstoß gegen die Unschuldsvermutung begründete Streichung der Worte „oder annehmen mußte“ aus dem Hehlereitatbestand verweist und auch einen Verstoß gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz bejaht; ferner Kargl, NJ 2001, 57 (59). Allgemein auch Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, § 6 Rn. 29: „Rege­ lungstechnik […] dogmatisch und kriminalpolitisch zurecht umstritten“. Anders hingegen Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, Rn. 225–226, der der Leichtfer­ tigkeitsstrafbarkeit im Wirtschaftsstrafrecht einen „legitimen Platz“ zuspricht. 603 Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 92; Bülte, JZ 2014, 603 (608); ferner Kargl, NJ 2001, 57 (59); Bottermann, Untersuchung zu den grundle­ genden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 130–137; Flatten, Zur Strafbarkeit von Bankange­ stellten bei der Geldwäsche, 1996, S. 111–118; Knorz, Der Unrechtsgehalt des § 261 StGB, 1996, S. 189–193; Leip, Der Straftatbestand der Geldwäsche, 1999, S. 146–150. A. A. hingegen Burr, Geldwäsche, 1995, S. 83; Satzger/Schluckebier/ Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 80; Höreth, Die Bekämpfung der Geldwäsche, 1996, S. 154–155; Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 171; Lampe, JZ 1994, 123 (129). 604 Darauf stellt aber z. B. Burr, Geldwäsche, 1995, S. 83 ab. Ackermann, Geld­ wäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 92 sieht im Vortatenkatalog lediglich ein Argument dafür, von der Systematik der Anschlussdelikte abzuweichen. 605 Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, Rn. 228–299.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

bei § 261 StGB nicht, wenn man die Norm in Zusammenhang mit dem GwG setzt.606 Darüber hinaus steht die Vereinbarkeit mit dem Bestimmt­ heitsgrundsatz in Frage, da es an hinreichend klaren Verhaltensregeln fehlt.607 Ferner passt § 261 Abs. 5 StGB nicht ins System der Anschlussdelikte: Wer die Aburteilung des Täters verzögert, muss dies zumindest wissent­ lich tun; gefährdet er die Einziehung der Taterlöse, soll hingegen Leicht­ fertigkeit ausreichen.608 Auch ergeben sich Wertungswidersprüche, weil für die Vortat regelmäßig Vorsatz erforderlich ist, für die Geldwäsche aber leichtfertiges Handeln ausreichen soll.609 Für berufsmäßige Strafverteidiger hat das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen im subjektiven Tatbestand erhöht: In Fällen des § 261 Abs. 2 StGB bedürfe es sicheren Wissens (dolus directus 2. Grades) über die Herkunft der Vermögenswerte. Andernfalls schränke § 261 StGB die Berufsfreiheit des Strafverteidigers unverhältnismäßig ein.610 Die Vor­ satzlösung ist – nicht zuletzt aufgrund ihrer praktischen Auswirkun­ gen – auf Widerspruch in der Literatur gestoßen.611 In einer späteren Ent­ scheidung zu § 261 Abs. 1 StGB, der wegen der sich überlappenden Tat­ handlungen meist neben § 261 Abs. 2 StGB erfüllt ist, hat das Bundesver­ fassungsgericht lediglich auf einer verfassungskonformen Auslegung bestanden, die den Strafverteidiger privilegiert; diese müsse jedoch nicht zwingend durch erhöhte Anforderungen an den Vorsatz erfolgen.612 Fest steht, dass § 261 Abs. 5 StGB für berufsmäßige Strafverteidiger geringe Bedeutung hat. Vorschläge, die Privilegierung für berufsmäßige Strafver­ teidiger auch auf andere Berufsgruppen auszuweiten,613 konnten sich bis­ lang nicht durchsetzen; aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich gerade, dass sie nicht gewollt waren – was im Übrigen und entgegen den Ausfüh­ rungen des Bundesverfassungsgerichts auch für Strafverteidiger gilt!614

606 Dazu Kapitel 1 B. III. 2. 607 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 61–62; a. A. LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 39. 608 Salditt, StraFo 1992, 121 (125–126). 609 Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwä­ schetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz, 1995, S. 130– 131; Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 104; Arzt, NZZ v. 29./30.04.1989, S. 33. 610 BVerfG, Urteil v. 30.03.2004 – 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01, BVerfGE 110, 226. 611 Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 53–56; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 7; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 70–71. 612 BVerfG, Beschl. v. 28.07.2015 – 2 BvR 2558/14, 2 BvR 2571/14, 2 BvR 2573/14, NJW 2015, 2949. 613 Z. B. auf Steuerberater Joecks, sam 2013, 170 (174); Funk/Henselek/Peter, Steu+Stud 2005, 350 (353). 614 Fischer, StGB, § 261 StGB Rn. 53; NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 128.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ee) Ausnahmen von der Strafbarkeit § 261 Abs. 9 StGB enthält verschiedene persönliche Strafaufhebungs­ gründe. Die früher in § 261 Abs. 10 StGB vorgesehene „kleine Kronzeugenregelung“, wonach das Gericht die Strafe mildern oder von ihr abse­ hen konnte, wenn der Täter die Aufdeckung der Geldwäsche oder der Vortat ermöglicht hat, indem er sein Wissen freiwillig offenbarte, wurde 2009 gestrichen.615 Die Regelung zur strafbefreienden Selbstanzeige in § 261 Abs. 9 Satz 1 StGB ist § 371 AO nachempfunden.616 Voraussetzung ist hier wie dort, dass der Täter alle ihm bekannten tatsächlichen Umstände hinsichtlich der Tat, auf die sich die Anzeige bezieht, freiwillig offenlegt, bevor die Tat entdeckt war und der Täter dies wusste oder annehmen musste.617 § 43 Abs. 4 Satz 2 GwG stellt klar, dass die Freiwilligkeit durch die Mel­ depflicht nach den Vorschriften des GwG nicht ausgeschlossen wird. § 261 Abs. 9 Satz 2 und 3 StGB betreffen die sog. „Selbstgeldwäsche“, also Fälle, in denen der Täter der Geldwäsche zugleich als Täter oder Teilnehmer an der Vortat beteiligt ist. § 261 Abs. 1 StGB beschränkte sich zunächst auf Vortaten „eines anderen“. 1998 wurde diese tatbe­ standliche Einschränkung gestrichen und stattdessen § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB angefügt. Begründet wurde dies mit Strafbarkeitslücken in Fällen, in denen die Alleinvortäterschaft des Geldwäschers nicht ausgeschlos­ sen werden könne.618 Wie schon der Tatbestandsausschluss wurde auch der persönliche Strafaufhebungsgrund mit dem Prinzip der Selbstbelas­ tungsfreiheit und dem Gedanken der mitbestraften Nachtat begründet.619 Die Straflosigkeit der Selbstgeldwäsche wurde durch Art. 1 Nr. 6 des Ge­ setzes zur Bekämpfung der Korruption v. 20.11.2015620 weiter einge­ schränkt, der § 261 Abs. 9 den noch heute geltenden Satz 3 hinzufügte.621 Damit wollte man den Vorgaben der FATF nachkommen. In deren Emp­ fehlungen heißt es zwar, Staaten könnten die Selbstgeldwäsche straflos stellen, sofern dies durch die Grundsätze („fundamental principles“) ih­ 615 Art. 1 des Dreiundvierzigstens Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafzumessung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe (43. StrÄndG) v. 29.07.2009 (BGBl. I 2009, 2288). Stattdessen gilt nun die sog. „große Kronzeugenregelung“ in § 46b StGB; zu den Einzelheiten siehe Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 107–109. 616 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 88; MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 Rn. 104. 617 Zu den Einzelheiten siehe Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 88–93. 618 Siehe schon Fn. 471. 619 OrgKG-Entwurf, BR-Drs. 74/90 (Beschluß), S. 86 (zum Tatbestandsausschluss); E-Ausführungsgesetz Suchtstoffübereinkommen, BT-Drs. 12/3533, S. 12. 620 BGBl. I 2015, 2015. 621 Siehe dazu z. B. Neuheuser, NZWiSt 2016, 265–267.

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rer Rechtsordnung geboten sei.622 Bei der Begutachtung Deutschlands 2010 konnten sich die Gutachter jedoch nicht davon überzeugen, dass die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung, der Gedanke der mitbestraften Nachtat und das Doppelbestrafungsverbot „fundamental principles“ im Sinne der Empfehlungen sind; sie forderten deshalb zur Nachbesserung auf.623 In Widerspruch zu früheren Materialien (s. o.) heißt es in der Be­ gründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf des o. g. Gesetzes: „Soweit Selbstgeldwäschehandlungen einen eigenen spezifischen Unrechtsgehalt aufweisen, sollen sie deshalb auch neben der Vortat bestraft werden können.“624 Begründet wird dies – neben den FATF-Empfehlungen – damit, dass in diesen Fällen „die Integrität des Fi­ nanz- und Wirtschaftskreislaufs und der wirtschaftliche Wettbewerb […] beeinträchtigt werden können.“ In der Literatur werden mit guten Argu­ menten Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB mit dem Doppelbestrafungsverbot (Art. 103 Abs. 3 GG) erhoben.625 Der BGH teilt diese nicht.626 d) Rechtsfolgen des § 261 StGB Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Die Mindeststrafe wurde 1998 ein­ geführt.627 In der Praxis hat sich dadurch freilich wenig verändert, denn § 47 Abs. 2 StGB ermöglicht auch weiterhin die Verhängung einer Geld­ strafe statt einer Freiheitsstrafe.628 In einem besonders schweren Fall be­ trägt der Strafrahmen sechs Monate bis zu zehn Jahre. Die leichtfertige Geldwäsche wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre oder mit Geldstra­ fe bestraft. Daneben kann gem. § 261 Abs. 7 StGB die Einziehung von Beziehungsge­ genständen angeordnet werden (§ 74 Abs. 2 StGB). Für die Geldwäsche heißt dies, dass die Einziehung der „gewaschenen“ Vermögenswerte an­ geordnet werden kann. Dadurch war es bereits vor Einführung des § 76a Abs. 4 StGB möglich, Taterlöse einzuziehen, obwohl wegen der Tat, aus der diese herrühren, niemand bestraft werden kann. 622 Interpretive Note zur 3. Empfehlung. 623 FATF, Mutual Evaluation Report of Germany, 2010, S. 53–54, 113; FATF, Mutual Evaluation of Germany – 3rd Follow-up Report, 2014, S. 7. 624 BT-Drs. 18/6839, S. 12. 625 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 97; Teixeira, NStZ 2018, 634–639; Schröder/Bergmann, Warum die Selbstgeldwäsche straffrei bleiben muss, 2013; Bergmann, NZWiSt 2014, 448–454. 626 BGH, Beschluss v. 27.11.2018 – 5 StR 234/18, NJW 2019, 533; kritisch Jahn, NJW 2019, 536. 627 Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten Kriminali­ tät v. 04.05.1998, BGBl. I 1998, 845. 628 Kilchling wistra 2000, 241 (243–244).

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§ 76a Abs. 4 StGB treibt dies noch weiter, indem er auf ein subjektives Verfahren gänzlich verzichtet.629 4. Zusammenfassung und Schlussbemerkung 1. § 261 StGB wurde in Umsetzung internationaler Vorgaben geschaf­ fen, die einem ursprünglich aus den USA stammenden kriminalpoli­ tischen Konzept folgen. Die Norm soll die Aussicht auf finanzielle Vorteile als Tatanreiz zunichtemachen, indem sie das in strafbarer Weise erlangte Vermögen „unberührbar“ macht. Dies geschieht, in­ dem praktisch jeder Umgang mit dem Gegenstand kriminalisiert wird. § 261 StGB ist ein „universelles Kontaktdelikt“630. Daneben soll § 261 StGB die über lange Zeit weitgehend bedeutungslosen Vorschrif­ ten zur strafrechtlichen Gewinnabschöpfung effektiver machen: Ei­ nerseits, indem die Erschwerung des Nachweises der Einziehungs­ voraussetzungen und der Durchführung des Einziehungsverfahrens hinsichtlich aus der Vortat erlangter Gegenstände pönalisiert wird. Andererseits, indem die Abschöpfung der Tatobjekte der Geldwäsche, d. h. der aus der Vortat erlangten Gegenstände, ausdrücklich zugelas­ sen wird (§ 261 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 74 Abs. 2 StGB) und die Anfor­ derungen an die Feststellungen zur Vortat im Strafverfahren gegen den Geldwäschetäter abgesenkt werden. Dahinter steckt die Idee, die Vorteile für den Täter nicht nur wertlos zu machen, sondern sie ihm auch zu nehmen, damit der Tatanreiz entfällt und die Entstehung wirtschaftlich mächtiger Täterstrukturen, die weitere Straftaten be­ gehen, verhindert wird. Um diese Täterstrukturen geht es auch bei einer weiteren Zielsetzung des § 261 StGB: Er soll gerade diese Täter­ strukturen dadurch erhellen, dass er Geldflüsse anhand der „Papier­ spur“, die diese hinterlassen, sichtbar macht; es geht dabei darum, auch den im Hintergrund agierenden Führungsstrukturen beizukom­ men. Aber auch außerhalb des Bereichs organisierter Kriminalität er­ leichtert § 261 StGB die Ermittlungen; die Norm ist der Türöffner zu den Eingriffsbefugnissen der StPO.631 2. Diese Zielbeschreibungen sind jedoch nicht identisch mit dem Rechtsgut des § 261 StGB. Über dieses wird in der Literatur bis heute ausgiebig diskutiert, während die Rechtsprechung sich entweder nicht festlegt (BVerfG) oder die Ausführungen in den Gesetzesmateri­ alien im Wesentlichen übernimmt (BGH). Keine der vorgeschlagenen Lösungen ist unbestritten und keine überzeugt vollständig. Da das durch § 261 StGB pönalisierte materielle Unrecht nicht feststeht, do­ miniert in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und Teilen der 629 Zur non-conviction based confiscation siehe schon Fn. 412. 630 Bülte, ZWH 2016, 377–388. 631 Zu Recht kritisch Hefendehl, StV 2005, 156 (161).

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Literatur eine zweckorientierte und damit extensive Auslegung, die sich in Teilen von den verfassungsrechtlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafrechts und liberaler Kriminalpolitik sowie der überkommenen Strafrechtsdogmatik bedenklich weit entfernt hat. 3. Die Rechtsunterworfenen werden durch die Unbestimmtheit der Norm belastet. Diese Rechtsunsicherheit reicht wegen § 1 Abs. 1 GwG über das Strafrecht hinaus. Zentrales Auslegungsproblem des § 261 StGB ist der Begriff des Herrührens. Er ist hinsichtlich des un­ mittelbar aus der Vortat Erlangten und der Surrogate, die im Vermö­ gen des Vortäters an dessen Stelle treten, noch handhabbar. Sobald jedoch der unmittelbar aus der Vortat stammende Gegenstand oder ein bemakeltes Surrogat mit legalen Vermögenswerten vermischt oder zusammen mit diesen zur Finanzierung eines anderen Gegen­ standes verwendet wird, versagt er: Die Annahme einer nur teil­ weisen Bemakelung des hervorgebrachten oder erworbenen Gegen­ standes wirft kaum lösbare Folgeprobleme auf, die Annahme einer vollständigen Kontamination führt – insbesondere, wenn man Ma­ kelquoten ablehnt oder niedrig ansetzt – zu einer völlig unverhält­ nismäßigen Ausdehnung der Strafbarkeit. Zusammen mit dem ex­ pandierenden Vortatenkatalog, den sehr weit gefassten, nicht klar voneinander abgrenzbaren Tathandlungen, der Ausgestaltung der Norm als (beinahe) abstraktes Gefährdungsdelikt, der die Strafbarkeit noch weiter vorverlagernden Versuchsstrafbarkeit und dem auf Ab­ sichtsmerkmale verzichtenden subjektiven Tatbestand, der sogar Leichtfertigkeit ausreichen lässt, entstehen so kaum noch zu über­ schauende Risiken der Strafbarkeit und der Einziehung. 4. Daneben steckt bei § 261 StGB der Teufel nicht im Detail, sondern im System: Obwohl die Vorschrift dem materiellen Strafrecht zuzu­ ordnen ist, hat sie eine ganz erhebliche strafprozessuale Dimension. § 261 StGB vereinigt in sich in nahezu beispielloser Art und Weise alle Methoden, durch die der Gesetzgeber das materielle Recht mit Blick auf das Strafprozessrecht „zurechtschneidet“632, namentlich die Berufung auf schwammige Universalrechtsgüter, die Ausgestaltung als (gar abstraktes?) Gefährdungsdelikt und die Bestrafung bloß leicht­ fertigen Handelns.633 Daneben verlagert die Geldwäschestrafbarkeit zusammen mit dem GwG die Aufgabe der Strafverfolgung vom Staat ein Stück weit auf den Bürger. 632 Weigend, in: Schmoller (Hrsg.), Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag, 1996, S. 695 (699). 633 Weigend, in: Schmoller (Hrsg.), Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag, 1996, S. 695 (695); Arzt, in: Vereinigung der Österreichischen Richter (Hrsg.), Strafrechtliche Probleme der Gegenwart, 1981, S. 77 (77); in eine ähnliche Rich­ tung auch Zöller, in: Heinrich/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als scientia univer­ salis, 2011, S. 1033 (1033).

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5. § 261 StGB ist mithin das „enfant terrible“634 des StGB und auch die Charakterisierung als „Monstrum“635 erscheint nicht übertrieben. Man mag die verfassungsrechtlichen, dogmatischen und kriminalpo­ litischen Bedenken mit dem Argument beiseitewischen, im „Kampf“ gegen die sog. organisierte Kriminalität und den Terrorismus müsse der Staat zu drastischen Mitteln greifen. Wer so argumentiert, muss sich aber den Vorwurf gefallen lassen, einem mit der Rechtsordnung des Grundgesetzes unvereinbaren „Feindstrafrecht“636 das Wort zu reden. Und noch mehr: Diese Zielrichtung ist in § 261 StGB nicht mehr zu erkennen, wenn sie es überhaupt jemals war.637 Selbst wenn dies der Zweck des § 261 StGB wäre, so ist die Norm zu seiner Verfol­ gung ungeeignet. Das Bundesverfassungsgericht lässt es insoweit zwar genügen, wenn eine Maßnahme den erstrebten Zweck auch nur zu fördern vermag,638 doch bei der Geldwäschestrafbarkeit ist selbst das fraglich.639 Abgesehen davon ist die Streubreite des § 261 StGB deutlich breiter – sie macht letztlich auch Kleinkriminelle wie ge­ werbsmäßige Diebe zum „Feind“, gegen den fast alle Register des Straf(prozess)rechts gezogen werden können. Die Defizite der Norm ließen sich zwar durch angestrengte Auslegung vielleicht in den Griff bekommen; übrig bliebe aber eine Norm, die neben §§ 257 ff. StGB keinem relevanten Kriminalisierungsbedürfnis mehr entspräche. Deshalb sollte § 261 StGB gestrichen werden.640 Dem Geldwäschege­ setz müsste spätestens dann eine eigene Definition zugrunde gelegt werden.641 Das ist in gewissem Umfang bereits heute der Fall: Im Be­ reich der Geldwäschedefinition machen die Geldwäscherichtlinien 634 Satzger/Schluckebier/Widmaier/Jahn, § 261 StGB Rn. 6. 635 Michalke, in: Barton/Eschelbach/Hettinger u.a. (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fi­ scher, 2018, S. 449 (451): „nicht nur ein dogmatisches, sondern […] auch ein sprachliches Monstrum.“ 636 Grundlegend Jakobs, ZStW 1985, 751–785; mit Recht ablehnend Hefendehl, StV 2005, 156–161. 637 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 55–56 meint, der Gesetzgeber habe eine sol­ che Festlegung vermeiden wollen, um „eine den (vermeintlichen) tagespolitischen Notwendigkeiten entsprechende ‚bedarfsgerechte‘ Anpassung des Tatbestandes“ (S. 55) vornehmen zu können. 638 Vgl. nur BVerfG, Urt. v. 26.02.2020 – 2 BvR 2347/15 u. a., NJW 2020, 905 (913). 639 Siehe nur Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (422): „Das Konzept der Be­ kämpfung der Geldwäsche mit Mitteln des Strafrechts kann man […] als geschei­ tert ansehen.“ Zur Kritik an der Effektivität und Effizienz der Geldwäschebe­ kämpfung siehe unten Kapitel 1 C, Ziffern 3 und 4. 640 In diese Richtung auch Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (424–425); Schindler, NZWiSt 2020, 457 (469). 641 Vgl. für die Schweiz Taube, Entstehung, Bedeutung und Umfang der Sorgfalts­ pflichten der Schweizer Banken bei der Geldwäschereiprävention im Bankenall­ tag, 2013, S. 97: „Fraglich ist an dieser Stelle, ob ein Gerüst zur Geldwäscherei­ abwehr, welches auf einem scheinbar nicht bis zu Ende durchdachten ‚Sockel‘ aufbaut, dennoch bestehen und den gewünschen Zweck erfüllen kann.“

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Mindestvorgaben, die den Gesetzgeber über Art. 288 Abs. 2 AEUV binden. Das führt dazu, dass der EuGH § 261 StGB schon vor Inkraft­ treten der Richtlinie (EU) 2018/1673 auf seine Vereinbarkeit mit Uni­ onsrecht hätte prüfen können, allerdings nur mittelbar über die Ver­ weisung in § 1 Abs. 1 GwG. Solange § 261 StGB den unionsrechtlichen Vorgaben genügt, wird diese „Normenspaltung“642 jedoch nicht sicht­ bar.

III. Verwaltungsrechtliche Geldwäschebekämpfung Älter als die Straftatbestände der Geldwäsche sind die zunächst vor al­ lem Banken, später auch anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben aufer­ legten Identifikations-, Melde-, Sorgfalts- und Organisationspflichten. Kernanliegen dieser Spur der Geldwäschegesetzgebung war ursprünglich und ist bis heute die Relativierung des Bankgeheimnisses; später gerieten auch das Berufsgeheimnis und das Steuergeheimnis in den Fokus. Seit einigen Jahren geht es zunehmend um die Transparenz bestimmter rechtlicher Gestaltungen. Die Banken wurden von Anfang an als Schlüs­ selstelle der Geldwäschebekämpfung gesehen, denn: „dort verknoten sich die Fäden, die erstmals sichtbar aus der in sich geschlosse­ nen, organisierten Unterwelt hervortreten, mit denen aus der sauberen Finanz­ wirtschaft. […] Am Knotenpunkt lassen sich die Fäden leicht aufnehmen und Spu­ ren zurückverfolgen.“643

Die Ursprünge liegen auch hier in den USA und reichen bis in die späten 1960er Jahre zurück. Auf internationaler Ebene lässt sich bereits seit den 1980er Jahren Aktivität erkennen. In Deutschland hat sich diese zweite Spur der Geldwäschegesetzgebung ab 1992 entwickelt. Die relevanten Vorschriften finden sich hauptsächlich im Geldwäschegesetz (GwG), das überwiegend dem Wirtschaftsverwaltungsrecht (speziell in seiner ge­ fahrenabwehrrechtlichen Dimension) zugeordnet wird.644 Es ist in sei­ ner Entstehung und Entwicklung stark von unionsrechtlichen Vorgaben und – mittelbar – den Empfehlungen der FATF beeinflusst. Daneben gibt 642 Dazu Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, Rn. 268. 643 Fülbier, WM 1990, 2025 (2026). 644 Vgl. BT-Drs. 17/10745, S. 1: „Das Geldwäschegesetz verfolgt […] einen präven­ tiv-gewerberechtlichen Ansatz.“ So auch Europäische Kommission, Erster Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie (91/308/EWG), 03.03.1995, S. 13; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 276; Findeisen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinstitute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geld­ wäsche, 2004, S. 95 (97); Jekewitz, in: Herzog/Mülhausen (Hrsg.), Geldwäschebe­ kämpfung und Gewinnabschöpfung, 2006, S. 59 (73); Hartmann, KJ 2007, 2 (8); Findeisen, in: Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2009, S. 2121 (2128).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

es eine Reihe weiterer nicht-strafrechtlicher Vorschriften, die der Verhü­ tung der Geldwäsche dienen sollen, namentlich im allgemeinen Steuer­ recht (§ 31b AO) und im Bankaufsichtsrecht (KWG). Im nachfolgenden Abschnitt wird gezeigt, von welchen äußeren Einflüs­ sen das GwG geprägt und beeinflusst worden ist. Anschließend werden die wichtigsten Regelungen des 2017 grundlegend reformierten Geld­ wäschegesetzes vorgestellt. Dabei wird deutlich, dass die Finanzprivat­ sphäre der Bürger heute in ganz erheblichem Ausmaß der Überwachung unterliegt. Vor diesem Hintergrund erscheint die im zweiten Kapitel nä­ her betrachtete Fruchtbarmachung des Anti-Geldwäsche-Instrumentari­ ums für steuerliche Zwecke naheliegend. Gleichzeitig weist bereits die hohe Eingriffsintensität der verwaltungsrechtlichen Spur der Geldwäsche­ bekämpfung darauf hin, dass eine Zweckentfremdung der in diesem Rah­ men erhobenen personenbezogenen Daten verfassungsrechtlich keines­ wegs unproblematisch ist, wie im dritten Kapitel zu vertiefen sein wird. 1. Internationale Einflüsse Die Ausgangspunkte der internationalen Entwicklungen befinden sich in den USA und der Schweiz. Es lohnt sich, darauf mehr als einen nur flüchtigen Blick zu werfen, denn: Zum einen lässt sich so wunderbar ­illustrieren, dass zentrale Bestandteile des heutigen Geldwäscherechts ein Amalgam ursprünglich zu anderen Zwecken geschaffener Regelun­ gen sind. Zum anderen kann man entdecken, dass Bezüge zum Steuer­ recht von Anfang an vorhanden waren. Sie wurden zunächst überlagert, um später wiederentdeckt zu werden.645 Zunächst zu den USA: Der erste Titel des Bank Secrecy Act 1970 (dazu schon oben, Kapitel 1 B. I. 1) verpflichtete die am Einlagensicherungssys­ tem (Federal Deposit Insurance Corporation – FDIC) beteiligten Banken, insbesondere Aufzeichnungen über die Identität der Kontoinhaber und ‑bevollmächtigten sowie Schecks und ähnliche Instrumente anzuferti­ gen und aufzubewahren. Der zweite Titel – der Currency and Foreign Transactions Reporting Act – sah eine Reihe von Aufzeichnungs- und Meldepflichten vor, sowohl für Finanzinstitute (financial institutions) als auch für jeden, der den entsprechenden Tatbestand verwirklichte. Nach der auf Grund des Gesetzes erlassenen Verordnung (regulation), mussten drei Arten von Meldungen abgegeben werden: Alle in den USA niedergelassenen oder tätigen Finanzinstitute mussten Bartransaktionen (Einzahlungen, Abhebungen, Umtausch u. ä.) im Volumen von über 10.000 USD an den Internal Revenue Service (IRS) mithilfe eines Formu­ lars melden (Cash Transaction Report – CTR).646 Darüber hinaus musste 645 Dazu ausführlich Kapitel 2. 646 § 221 Bank Secrecy Act, 31 CFR §§ 103.22, 103.25(a).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

das Finanzinstitut die Identität der Person, für die die Transaktion aus­ geführt werden sollte, überprüfen und darüber Aufzeichnungen anfer­ tigen.647 Daneben musste jeder, der currency (Bargeld) und monetary ­instruments (z. B. Reiseschecks, Inhaberpapiere u. ä.) im Gesamtwert von mehr als 5.000 USD in die USA einführte oder aus den USA ausführ­ te, dies gegenüber der Zollbehörde bei Grenzübertritt anzeigen (Currency and Monetary Instruments Report – CMIR).648 Bei Verletzung dieser Pflicht konnten die Zahlungsmittel eingezogen (forfeiture) und ein Buß­ geld bis zur Höhe des Wertes der nicht ordnungsgemäß deklarierten Zah­ lungsmittel (civil penalty) verhängt werden.649 Schließlich musste jeder, der Inhaber eines Auslandskontos (Girokonto, Depot oder anderes Kon­ to) war, dies in seiner Jahressteuererklärung offenlegen und weitere An­ gaben dazu machen (Foreign Bank Accounts Report – FBAR).650 Die Pflicht zur Abgabe von Geldwäscheverdachtsmeldungen – heute das Herzstück der nicht-strafrechtlichen Geldwäschegesetzgebung – wurde erst 1992 eingeführt.651 Der Bank Secrecy Act 1970 ist bis heute in Kraft, bleibt mittlerweile jedoch hinter den Empfehlungen der FATF und den Geldwäscherichtlinien der EU zurück.652 Gleichwohl sind darin bereits die Kernelemente nicht-strafrechtlicher Geldwäschegesetzgebung zu er­ blicken: Identifizierung der Kunden („Know your Customer“ – KYC), Anfertigung von Aufzeichnungen über geschäftliche Vorgänge, Meldeund Anzeigepflichten in bestimmten Fällen, Barverkehrskontrolle. Gleichzeitig lassen sich schon Überschneidungen mit Belangen des Steu­ ervollzugs erkennen, auf die später noch genauer einzugehen sein wird, 647 § 222 Bank Secrecy Act, 31 CFR § 103.26. Ein Standard, wie die Identifikation zu erfolgen hatte, wurde aber erst auf Grundlage des durch den USA PATRIOT Act (Pub. L. 107-56) geänderten BSA erlassen (67 FR 21114 v. 29.04.2002), nachdem ein Verordnungsvorschlag von 1998 aufgrund erheblichen Widerstands mit Blick auf den Datenschutz zurückgezogen worden war – dazu s. Byrne, JMLC 2000, 345–349. 648 § 231 Bank Secrecy Act, 31 CFR §§ 103.23, 103.25(b). Bei Versendung der Zah­ lungsmittel war die Anmeldung postalisch durchzuführen. 649 §§ 232, 233 Bank Secrecy Act, 31 CFR §§ 103.47(b), 103.48. 650 § 241 Bank Secrecy Act, 31 CFR § 103.24. 651 § 1517 Annunzio-Wylie Anti-Money Laun­dering Act v. 28.10.1992, Pub. L. 102550, 106 Stat. 3672. Dadurch wurde 31 USC § 5314 (g) geschaffen (heute: 31 USC § 5318 (g)), der den Finanzminister zur Schaffung einer dezidiert geldwäscherecht­ lichen Meldepflicht per Verordnung ermächtigte (heute: 31 CFR § 1020.320). Die Verordnung selbst wurde erst 1996 erlassen (siehe 12 CFR Part 353, 61 FR 6095) und brachte den Suspicious Acitivity Report (SAR) mit sich. Dessen Vorgänger war das sog. Criminal Referral Form der Bankaufsichtsbehörden (12 C.F.R. § 21.11 i. d. F. 01.01.1990: „A national bank shall file Criminal Referral Form […] in case of […] (4) Any known or suspected criminal violation, or any pattern of criminal violation, of any section of the United States Code, or regulation promulgated thereunder.”). Daneben verlangte auch das Department of the Treasury eine ­ ­Meldung, siehe Administrative Ruling 88-1 v. 22.06.1988, abgedruckt in 31 CFR Part 103 Appendix I (7-1-89 Edition). 652 Dazu siehe bereits Fn. 278.

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weshalb diese hier nur stichpunktartig aufgeführt werden: Zuständigkeit der Finanzbehörden, Kontenwahrheit, Anzeige von Auslandskonten. Aus der Schweiz stammt der zweite Keimling, aus dem sich die nicht-­ strafrechtliche Geldwäschebekämpfung entwickelt hat: 1977 kam ans Licht, dass die Direktoren einer Filiale der Schweizerischen Kreditan­ stalt (SKA, heute: Credit Suisse) über zwei Milliarden Franken an Kun­ dengeldern veruntreut hatten. Ausländern war damals in der Schweiz die Anlage in Schweizer Franken verboten. Gleichzeitig bestand im wirt­ schaftlich schwächelnden Italien eine hohe Nachfrage nach einer stabi­ len Währung wie dem Schweizer Franken. Statt Anlagen am Euromarkt zu vermitteln, gründeten die Direktoren der Chiasso-Filiale eine liech­ tensteinische (und damit im Ausland gelegene) Briefkastengesellschaft („Texon“), auf deren Konten sie – außerhalb der Bücher der Bank – bis April 1977 über zwei Milliarden Franken treuhänderisch verwalteter Kundengelder transferierten. Diese Gelder wurden wiederum in hun­ derte italienische Unternehmen investiert. Aus den Erträgen sollte den Kunden ein attraktiver Zins gezahlt werden. Im Zuge der sich verschlech­ ternden wirtschaftlichen Lage in Italien erwirtschaftete die „Texon“ im­ mer größere Verluste und konnte die Kundengelder nicht mehr zurück­ zahlen.653 Am Ende entstand ein Verlust von über einer Milliarde Franken, für den die SKA, in deren Namen Garantien auf die Einlagen gewährt worden waren, einstehen musste.654 Immer wieder ist zu lesen, dass es sich bei den Kundengeldern um „Fluchtgelder“ gehandelt habe, also Ein­ künfte, die dem italienischen Fiskus verschwiegen oder den Devisenver­ kehrsbeschränkungen entzogen worden waren.655 Im Juni 1977 – nur zwei Monate nach Aufdeckung der Vorgänge in ­Chiasso – einigten sich die in der Schweiz ansässigen Banken, die Schwei­ zer Bankiervereinigung und die Schweizerische Nationalbank auf die „Vereinbarung über die Sorgfaltspflichten bei der Entgegennahme von Geldern und die Handhabung des Bankgeheimnisses“ (VSB)656.657 Durch 653 Zum Ganzen ausführlich Mabillard/de Weck, Der Fall Chiasso, 1977; Brestel, FAZ v. 05.05.1977, S. 12; DER SPIEGEL 24/1979, S. 150–153. 654 Jung, Von der Schweizerischen Kreditanstalt zur Credit Suisse Group, 2000, S. 246. 655 Jung, Von der Schweizerischen Kreditanstalt zur Credit Suisse Group, 2000, S. 248. 656 Die VSB sind in den Jahren 1982, 1987, 1992, 1998, 2003, 2008 und 2016 überar­ beitet worden; die letzte Änderung wurde 2020 wirksam. Die VSB 2016 und 2020 sind online abrufbar unter: https://www.swissbanking.org/de/themen/regulierung/ geldwaeschereibekaempfung/geldwaeschereibekaempfung (zuletzt geprüft am 04.08.2020). Die Schweizerische Nationalbank gehört seit 1987 nicht mehr zu den Unterzeichnern der Vereinbarung, die daraufhin umbenannt wurde in: Vereinba­ rung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken. 657 Weniger bekannt ist, dass die Schweizerische Bankiervereinigung im Nachgang der Chiasso-Affäre auch die sog. „Richtlinien betreffend Treuhandanlagen“ erlas­

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die VSB verpflichteten sich die Banken, den „wahren Berechtigten“ zu identifizieren, „verpönte Handlungen“ zu unterlassen und erforderli­ chenfalls die Geschäftsbeziehungen zu Kunden abzubrechen. Als ver­ pönt galten neben der Verletzung der Identifikationspflicht die „Entge­ gennahme von Geldern, die für die Bank erkennbar durch Handlungen erlangt worden sind, die nach schweizerischem Recht strafbar oder aus­ lieferungsfähig sind“ sowie die „Beihilfe zur Kapitalflucht, zur Steuer­ hinterziehung u.dgl.“ (Art. 2 VSB 1977). Bei der Beihilfe zur „Steuerhin­ terziehung u.dgl.“ untersagte Art. 9 VSB 1977 den Banken jedoch nur das Ausstellen „unvollständiger [oder] auf andere Weise irreführender Be­ scheinigungen“. Die bloße Annahme nicht ordnungsgemäß versteuerter Gelder war also von den VSB 1977 nicht erfasst und ist es bis heute nicht.658 Das dürfte damit zusammenhängen, dass die „einfache“ Steuer­ hinterziehung (Art. 175 DBG659, Art. 56 StHG660) in der Schweiz durch das Verwaltungsstrafrecht geahndet wird,661 während der sog. Steuerbe­ trug (Art. 186 DBG, Art. 59 StHG), bei dem durch falsche, verfälschte oder unrichtige Urkunden getäuscht wird, ein Vergehen darstellt, das von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt wird. Das Verbot zur Annah­ me von Geldern, die durch strafbare Handlungen erlangt wurden, fiel bereits nach der ersten Revision der VSB 1982 wieder weg.662 Die VSB sen hat, die noch heute in Kraft sind; die aktuelle Version ist abrufbar unter htt­ ps://www.swissbanking.org/library/richtlinien/richtlinien-betreffend-treuhandan­ lagen-2016 (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 658 Vgl. Art. 53–57 VSB 2018. 659 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer v. 14.12.1990, AS 1991, 1184, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz über die Berechnung des Beteiligungsabzugs bei systemrelevanten Banken v. 14.12.2018, AS 2019, 1207. 660 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Ge­ meinden v. 14.12.1990, AS 1991, 1256, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung v. 28.09.2018, AS 2019, 2395. 661 Auch in Deutschland wurde die Steuerhinterziehung früher im Verwaltungsstraf­ verfahren behandelt (§§ 421 Abs. 2, 445 und 447 Abs. 1 AO a.F.). Dem bereitete BVerfG, Urt. v. 06.06.1967 – 2 BvR 375/60, 2 BvR 53/60, 2 BvR 18/65, BVerfGE 22, 49 ein Ende: „Kriminalstrafen können nach Art. 92 Halbs. 1 GG nur durch den Richter verhängt werden. Sie dürfen deshalb auch bei minder gewichtigen straf­ rechtlichen Unrechtstatbeständen nicht in einem Verwaltungsverfahren ausge­ sprochen werden“ (1. Leitsatz). 662 Dies kann jedoch Zweifel daran wecken, dass die mit der Verwaltung und Ge­ schäftsführung der Bank betrauten Personen die „Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten“ (Art. 3 Abs. 2 Buchst. c BankG – Bankengesetz v. 08.11.1934, AS 51, 117), was aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Eidgenössi­ schen Finanzmarktaufsicht (FINMA) nach sich ziehen kann. Gleichartige Vor­ schriften finden sich z. B. für Finanzgruppen und -konglomerate in Art. 3f BankG, für die sog. Finanzmarktinfrastruktur (Börsen, multilaterale Handelssysteme, zen­ trale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister, Zahlungssysteme) in Art. 9 Abs. 1 FinfraG (Finanzmarktinfrastrukturgesetz v. 19.06.2015, AS 2015, 5339), für Effektenhändler in Art. 10 Abs. 2 Buchst. d BEHG (Börsengesetz v. 24.03.1995, AS 1997, 68), für Kollektivanlagen in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a KAG

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inkorporiert teilweise die schon vorher bestehende aufsichtsbehördliche Praxis der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), etwa zur Ab­ klärung des wirtschaftlichen Hintergrundes eines Geschäfts, wo Anlass dazu besteht.663 Die Regeln zur Kundenidentifikation waren bereits recht detailliert. Wann immer ein Kunde ein Konto oder ein Wertschriftendepot eröffnen, Treuhandanlagen vornehmen oder ein Schrankfach mieten wollte, muss­ te sich die Bank versichern, wer der „wahre Berechtigte“ an den Geldern bzw. dem Inhalt des Schließfachs ist (Art. 3 VSB 1977). Der Begriff des „wahren Berechtigten“ ist der Vorläufer des an das angelsächsische Kon­ zept des „beneficial ownership/interest“ anknüpfenden „wirtschaftlich Berechtigten“,664 heute ein Zentralbegriff nicht nur des Geldwäsche­ rechts, sondern auch des Steuerrechts. Konnte die Bank bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt erkennen, dass der Vorgang verpönten Zwecken dient, so durfte sie das Geschäft nicht tätigen (Art. 4 VSB 1977). Handelte der Kunde im eigenen Namen, so musste er – im Falle einer natürlichen Person – mittels eines Formulars erklären, ob er auf eigene oder auf frem­ de und ggf. auf wessen Rechnung er handelt (Art. 6 VSB 1977). Sog. Sitz­ gesellschaften665 hatten grundsätzlich einen Handelsregisterauszug vor­ zulegen, eine schriftliche Erklärung der zuständigen Organe über die Beherrschungsverhältnisse abzugeben sowie auch sonst bei natürlichen Personen erforderlichen Angaben über die beherrschenden natürlichen Personen zu machen (Art. 7 VSB 1977). Sofern für den Kunden ein Berufs­ geheimnisträger, z. B. ein Rechtsanwalt oder ein Treuhänder handelte, musste dieser im sog. Formular B erklären, dass der Kunde ihm bekannt sei und kein verpöntes Geschäft vorliege.666 Ausnahmen waren in be­ (Kollektivanlagengesetz v. 23.06.2006, AS 2006, 5379) und in Art. 14 VAG (Versi­ cherungsaufsichtgesetz v. 17.12.2004, AS 2005, 5269). 663 Vgl. BG, Urt. v. 25.06.1982 – X-Bank ./. Eidgenössische Bankenkommission, BGE 108 Ib 186 (190–192). 664 Vgl. Schweizerischer Bundesrat, BBl. 1989 II, 1061–1100 (1098, Fn. 118); Hirsch, Journal of Comparative Business and Capital Markets Law 8 (1986), 373 (374); Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 189; Taube, Entstehung, Bedeutung und Umfang der Sorgfaltspflichten der Schweizer Banken bei der Geldwäschereiprävention im Bankenalltag, 2013, S. 104 (Fn. 461). 665 Dazu Art. 7 Abs. 2 Satz 2 VSB 1977:„Als Sitzgesellschaften gelten im Sinne dieser Vereinbarung alle Gesellschaften, Anstalten, Stiftungen, Treuunternehmungen usw., die in der Schweiz nicht einen Betrieb des Handels, der Fabrikation oder ei­ nes andern nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes führen.“ 666 Das eröffnete erhebliches Missbrauchspotential, siehe z. B. EBK, Jahrsbericht 1986, S. 23–24; Fülbier, WM 1990, 2025 (2028). Auf Druck der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK, Jahrsbericht 1986, S. 23) wurde die Lockerung der Iden­ tifizierungspflicht bei der Revision 1987 eingeschränkt. Dies ging jedoch nicht weit genug, sodass die EBK mit Rundschreiben Nr. 91/1 v. 25. April 1991 die Ver­ wendung des Formulars B verbot und Ausnahmen für Berufsgeheimnisträger nur für den Kernbereich anwaltlicher bzw. notarieller Tätigkeit zuließ, nicht aber z. B.

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stimmten Fällen möglich (Art. 5 Abs. 2, 7 Abs. 2 VSB 1977). Nummern­ konten waren nach der VSB 1977 weiterhin möglich (und sind es bis heu­ te); die Bank muss jedoch die o. g. Sorgfaltspflichten anwenden (Art. 10 VSB 1977).667 Sofern sich in einer laufenden Geschäftsbeziehung der Ver­ dacht aufdrängte, dass die Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten nicht zutreffen oder ein verpöntes Geschäft vorliegt, musste die Bank die Geschäftsbeziehung zu dem Kunden abbrechen (Art. 12 VSB 1977). Die Revisionsstellen der Banken überwachten die Einhaltung der Pflichten und meldeten Verstöße und Verdachtsfälle der Eidgenössischen Ban­ kenkommission sowie einer eigens eingerichteten Schiedskommis­ sion (Art. 13 VSB 1977). Diese Kommission konnte Vertragsstrafen bis zu 10 Millionen Franken verhängen (Art. 14 VSB 1977).668 Die VSB ist seit 1977 ungefähr alle fünf Jahre neu aufgelegt worden, seit 1987 ohne die Schweizerische Nationalbank als Partnerin. Die VSB ist privatrechtlicher Natur669 und stellt einen Akt der Selbstregulierung dar, strahlt jedoch auch ins Strafrecht aus, indem sie als Auslegungshilfe für Art. 305ter schwStGB dient.670 Die anfangs vorhandene stärkere aufsichts­ rechtliche Komponente ist im Lauf der Zeit weggefallen,671 sodass sich die VSB heute auf die Umsetzung des „Know your customer“-Prinzips, d. h. die Identifikation des Kunden und ggf. des wirtschaftlich Berechtig­ für die bloße Vermögensverwaltung. Bei der VSB-Revision 1992 wurde das Formu­ lar B durch das Formular R ersetzt, das den Vorgaben der EBK entsprach (vgl. EBK, Jahresbericht 1992, S. 34). Zum Stand heute siehe Art. 36 VSB 2018. 667 Bei Nummernkonten in der Schweiz ist zu beachten, dass es sich nicht um anony­ me Konten handelt. Der Name des Kunden ist einem engeren Kreis von Bankange­ stellten bekannt, erscheint aber nicht in den Bankunterlagen. Deshalb sind Num­ mernkonten und Sorgfaltspflichten kein Widerspruch. Siehe hierzu z. B. Klauser, SNB-Quartalsheft 1995, 361 (362). Anders war die Lage bis 2002 in Österreich, wo sich der Kunde bei der Eröffnung eines Sparbuchs nicht ausweisen musste (siehe dazu Fn. 265). 668 Diese Strafzahlungen wurden zumindest teilweise für gemeinnützige Zwecke ver­ wendet, z. B. als Spende an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, vgl. o. V., Aufsichtskommission mit mehr Biss, NZZ v. 05.03.2002, https://www.nzz.ch/­ article80CT2-1.375574 (zuletzt geprüft am 24.06.2020). 669 Das war anfangs wegen der Beteiligung der Schweizerischen Nationalbank um­ stritten, wurde aber durch BG, Urt. v. 03.06.1983 – Schweizerischer Treuhän­ der-Verband ./. Schweizerische Nationalbank, BGE 109 Ib 146 (152–154) entschie­ den (gleicher Ansicht z. B. Zuberbühler, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 28 (34); Klauser, SNB-Quartalsheft 1995, 361 (366); a. A. Müller, SJZ 1984, 349–355). Eine andere Frage war, ob eine privatrechtliche Ver­ einbarung der richtige Regelungsstandort sei, oder ob es einer gesetzlichen Rege­ lung bedürfe, siehe dazu etwa Nobel, WuR 1988, 149-166 (155). Diese Frage hat sich seit Inkrafttreten des GwG-CH weitgehend erledigt. 670 BG, Urt. v. 30.04.1999 – B ./. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, BGE 125 IV 139 (144–145): „Den VSB kommt daher […] die Funktion einer Auslegungshilfe zu.“; Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 277– 279. 671 Schweizerischer Bundesrat, BBl. 1989 II, 1061 (1068).

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ten konzentriert.672 Parallel zu der VSB besteht seit 1997 das schweize­ rische Geldwäschereigesetz (GwG-CH)673, das sich an dieser orien­ tiert, aber auch den Nicht-Banken-Sektor erfasst, in dem vergleichbare Standesregeln nicht bestehen.674 Flankiert werden VSB, schwStGB und GwG-CH durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen, zunächst Rundschrei­ ben der EBK,675 später durch Verordnungen der Eidgenössischen Finanz­ marktaufsicht (FINMA)676. Letzteren kommt – wie auch der VSB – als Sorgfaltsregeln Bedeutung bei der Auslegung von Art. 305ter schwStGB zu.677 Die VSB, aber auch die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, standen immer wieder Modell für internationale Vorgaben.678 Auf internationaler Ebene haben sich als Selbstregulierungswerk die von der sog. Wolfsberg-Gruppe erarbeiteten Wolfsberg Standards entwi­ ckelt.679 Die Wolfsberg-Gruppe wurde im Jahr 2000 auf Schloss Wolfsberg in der Schweiz gegründet. Sie besteht aus 13 Großbanken und entwickelt Leitlinien zum Umgang mit strafrechtlichen Risiken im Bankbereich.680 Hier kann auf weitere Ausführungen zu diesem Regelwerk verzichtet und stattdessen auf die einschlägige Literatur verwiesen werden.681 a) Europarat 1980 empfahl der Europarat die Einführung von Kundenidentifikations­ pflichten, besonderen Sorgfaltspflichten bei der Vermietung von Schließ­ fächern, Maßnahmen zur Rückverfolgbarkeit von Banknoten sowie die 672 Vgl. Art. 4–42 VSB 2020. 673 Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinan­ zierung v. 10.10.1997, AS 1998, 892, SR 955.0. Auf Grundlage des GeldwäschereiG wurden zudem verschiedene Verordnungen erlassen, siehe SR 955.01, 955.021, 955.022, 955.033.0, 955.23. 674 Vgl. Egger Tanner, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, 1999, S. 279. 675 EBK-RS 91/3 (aufgehoben durch EBK-RS 98/1) – abgedruckt bei Pieth (Hrsg.), Be­ kämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 213–231; EBK-RS 98/1 (aufgehoben zum 01.12.2006); zur Rechtsnatur der EBK-Rundschreiben siehe Zuberbühler, in: Pieth (Hrsg.), Bekämpfung der Geldwäscherei, 1992, S. 28 (43). 676 GwV-FINMA (2002), AS 2003, 554; GwV-FINMA (2006), AS 2006, 4413; GwV-FIN­ MA (2008), AS 2008, 5313; allesamt aufgehoben durch GwV-FINMA (2010), AS 2010, 6295, die wiederum aufgehoben wurde durch GwV-FINMA (2015), AS 2015, 2083, zuletzt geändert durch Verordnung v. 20.06.2018, AS 2018, 2691. 677 Grüninger, Die Strafbarkeit der Verletzung von Sorgfaltspflichten bei Finanzge­ schäften, 2005, S. 90–92. 678 Jung, Von der Schweizerischen Kreditanstalt zur Credit Suisse Group, 2000, S. 291. 679 Diese sind online abrufbar unter https://www.wolfsberg-principles.com/wolfs­ berg-group-standards (zuletzt abgerufen am 31.10.2020). 680 Mitglieder der Gruppe sind Banco Santander, Bank of America, Barclays, Citi­ group, Credit Suisse, Deutsche Bank, Goldman Sachs, HSBC, J.P. Morgan Chase, MUFG Bank, Société Générale, Standard Chartered Bank und die UBS. 681 Siehe dazu Cox, Handbook of Anti-Money Laun­dering, 2014, S. 111–126.

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Schulung des Bankpersonals in der Kundenidentifizierung und der Er­ kennung kriminellen Verhaltens.682 Dabei stand ihm die VSB 1977 Mo­ dell.683 Die Empfehlung sah Identifikationspflichten vor, wann immer ein Konto oder Wertpapierdepot eröffnet oder ein Schrankfach gemietet werden sollte sowie bei Bargeldtransaktionen und Überweisungen gewissen Um­ fangs. Wenn möglich sollten zur Identifikation offizielle Dokumente wie Ausweispapiere verwendet werden. Schrankfächer sollten nur an Kun­ den vermietet werden, für die ein guter Leumund spricht oder mit denen bereits ausreichend lange Geschäftsbeziehungen bestanden. Daneben sollten die Banken einen Vorrat an Banknoten mit registrierten Serien­ nummern anlegen, ein System entwickeln, um solche Banknoten bei der Einzahlung zu entdecken, die im Zusammenhang mit Straftaten verwen­ det worden waren, und sich mit anderen Banken über den Umlauf sol­ cher Banknoten austauschen. Im Vergleich zu der VSB fällt eine stärkere Konzentration auf Bargeld, insb. Banknoten und ihre Seriennummern auf. Das liegt daran, dass die Empfehlungen einen ganz anderen Hintergrund hatten als die VSB: Vor allem im Italien der 1970er Jahre kam es häufiger zu Fällen von erpresse­ rischem Menschenraub, es war gar von einer „Entführungsindustrie“ die Rede.684 Die Empfehlung des Europarates nehmen denn auch ausdrück­ lich Bezug auf diese „hold-ups and kidnappings which are becoming more and more frequent in many European countries”. Damit beginnt die stärkere kriminalpolitische Überlagerung der frühen Anti-Geldwä­ sche-Regulierung. In der Straßburg-Konvention hat sich der Europarat nicht ausführlicher mit Sorgfalts- und Aufzeichnungspflichten beschäftigt. In Art. 3 heißt es: „Each party shall adopt measures as may be necessary to enable it to identify and trace property which is liable to confiscation [..] and to prevent any dealing in, transfer or disposal of such property.”

Kein Vertragsstaat soll sich dieser Verpflichtung unter Berufung auf das Bankgeheimnis entziehen können (Art. 4 Straßburg-Konvention). Vor­ läufer dieser Vorschrift war Art. 5 Abs. 2 WSÜ. Gemeint sind damit aber

682 Recommendation No. R (80) 10 of the Committee of Ministers to the Member States on Measures Against the Transfer and the Safekeeping of Funds of Criminal Origin v. 27.06.1980. 683 Schweizerischer Bundesrat, BBl. 1989 II, 1061 (1094, Rn. 34); Bernasconi, ZSR 1985, 339 (343). 684 Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 88; ferner AP, FAZ v. 05.01.1978, S. 5.; AP, FAZ v. 09.03.1978, S. 8. Siehe auch bereits Fn. 310.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

weniger Sorgfalts- und Aufzeichnungspflichten, sondern Pflichten im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen.685 Weiter geht die Warschauer Konvention: Art. 13 verpflichtet die Ver­ tragsstaaten, ein System zur Verhinderung von Geldwäsche einzuführen und insbesondere den Empfehlungen der FATF Rechnung zu tragen. Per­ sonen und Gesellschaften, die in geldwäschegeneigten Bereichen tätig sind, sollen die Identität ihrer Kunden und des ggf. tatsächlich wirt­ schaftlich Berechtigten ermitteln, einen Geldwäscheverdacht anzeigen, Kundenidentifikations- und Transaktionsdaten aufbewahren, Mitarbei­ ter schulen und risikoangepasste Präventionsstrategien entwickeln. Zur Kontrolle der Einhaltung dieser Pflichten soll ein Überwachungs- und Aufsichtssystem geschaffen werden. Art. 12 WK sieht die Einrichtung einer „Financial Intelligence Unit“ (FIU) vor, die insbesondere Verdachts­ meldungen entgegennehmen, verdächtige Transaktionen aussetzen oder aufschieben und Informationen mit den FIUs anderer Länder austau­ schen soll (Art. 46–47 WK). b) Veröffentlichungen des Basler Ausschusses Im Dezember 1988 verabschiedete der Basler Ausschuss für Bankenauf­ sicht eine Grundsatzerklärung zur „Verhütung des Missbrauchs des Ban­ kensystems für die Geldwäsche“. Sie soll unter dem Druck der USA zu­ stande gekommen sein.686 Bei ihrer Ausarbeitung stand die VSB Modell.687 Es handelt sich um rechtlich unverbindliche Empfehlungen, Sanktionen sind nicht vorgesehen.688 Zentrales Anliegen der Grundsatzerklärung ist es, den guten Ruf des Finanzsektors und das Vertrauen der Öffentlichkeit in denselben zu schützen.689 Zu diesem Zweck sieht die Grundsatzerklärung erstmals auf internatio­ naler Ebene die Einführung von Kundenidentifikationspflichten – sog. Know Your Customer-Regeln – vor.690 Bei Personen, die Schrankfächer anmieten, solle die Bank besondere Sorgfalt walten lassen. Mit Kunden, deren Identität sich nicht feststellen lasse, sollten keine „bedeutenden Geschäfte“ getätigt werden.691 Ferner sollten Banken keine Dienstleis­ 685 Explanatory Report to the Convention on Laun­dering, Search, Seizure and Con­ fiscation of the Proceeds from Crime, Strasbourg, 08.11.990, Ziffer 28. In eine ähn­ liche Richtung gehen Art. 5 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 5 WSÜ für Einziehung und Rechtshilfe. 686 Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 51. 687 Schweizerischer Bundesrat, BBl. 1989 II, 1061 (1094, Fn. 34). 688 Wöß, Geldwäscherei und Banken, 1994, S. 52. 689 Vgl. Ziffer I der Grundsatzerklärung. 690 Nach van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­ dering, 2018, 44, 75 gab es schon davor im Anlegerschutzrecht KYC-Regelungen (es fehlen jedoch Belege). 691 Ziffer II der Grundsatzerklärung.

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tungen anbieten, wenn sie Grund zu der Annahme haben, dass sie zur Geldwäsche missbraucht werden sollen.692 Staatliche Ermittlungsinteressen spielen in der Grundsatzerklärung nur eine untergeordnete Rolle. Zwar sollen die Banken mit nationalen Behör­ den „uneingeschränkt zusammenarbeiten“, aber eben nur „soweit ihnen dies durch die jeweilige nationale Regelung des Kundengeheimnisses ge­ stattet ist.“ Wie auch in der VSB wird besonders hervorgehoben, dass Banken Kunden nicht dabei behilflich sein dürfen, staatliche Vollzugsor­ gane mit „abgeänderten, unvollständigen oder irreführenden Angaben“ zu täuschen. Bei Geldwäscheverdacht sollen die Banken nicht etwa eine Meldung abgeben, sondern „angemessene, dem Gesetz entsprechende Massnahmen ergreifen, z. B. den Kunden abweisen oder die Verbindung zu ihm abbrechen, Konten schließen oder einfrieren.“693 2001 veröffentlichte der Basler Ausschuss ausführliche Empfehlungen zum „Know your customer“-Verfahren, also zu Kundenidentifizierungs­ pflichten.694 c) Empfehlungen der FATF In den FATF-40 ist der Einfluss der Schweiz (insb. der VSB), die an der Ausarbeitung der Empfehlungen von Anfang an beteiligt war, deutlich zu erkennen.695 Der Grundton ist dennoch ein anderer: Während es noch in Art. 1 Ziffer 1 VSB 1987 heißt: „Die Standesregeln ändern an der Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses nichts“, und auch die Grundsatzer­ klärung des Basler Ausschusses das Bankgeheimnis kaum relativiert, stellt die FATF gleich in ihrer zweiten Empfehlung klar: „Financial insti­ tution secrecy laws should not be conceived so as to inhibit implementa­ tion of the recommendations of this group.“ Die Empfehlungen sahen damit eine gegenüber den vorherigen Regelungen deutlichere Relativie­ rung des Bankgeheimnisses vor. Im Vordergrund standen von Anfang an nicht das Ansehen und die Stabilität der Banken, sondern staatliche Er­ mittlungsinteressen.696 Auch der Anwendungsbereich der FATF-40 ist weiter als derjenige der VSB: Sie sollten nicht nur auf Banken, sondern auf sämtliche Finanzinstitute Anwendung finden (E-9 FATF-40 1990). Seit 2003 zielen die Empfehlungen (jedenfalls in Teilen) nicht nur noch auf „financial institutions“, sondern auch auf sog. „designated non-fi­ 692 Ziffer III der Grundsatzerklärung. 693 Zum Ganzen Ziffer IV der Grundsatzerklärung. 694 Basel Committee on Banking Supervision, Customer due dilligence for banks, 2001. 695 Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 93; Zulauf, FINMA Sonderbulletin 2013/2, 8 (25); Matthey, SZW 2016, 123 (124); Klauser, SNB-Quar­ talsheft 1995, 361 (366). 696 Zur Gründungsgeschichte der FATF siehe bereits oben Kapitel 1 B. I. 2.

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nancial businesses and professions“ – DNFBP – (heute E-22 und E-23 FATF-40 2012), darunter Spielcasinos, Immobilienmakler, Edelmetallund Edelsteinhändler, Rechtsanwälte, Notare, Buchhalter und Steuerbe­ rater sowie Rechtsdienstleister, die als sog. Trust and Company Service Provider tätig sind.697 Die FATF-40 (2012) enthalten sieben Abschnitte (A bis G), in denen auch die FATF-IX zur Terrorismusfinanzierung aufgegangen sind. Für den Be­ reich der präventiven Geldwäschebekämpfung sind vor allem Abschnitte D, E und F relevant. Abschnitt D (E-9 bis E-23) enthält das Herzstück der Geldwäscheprävention, die sog. Customer Due Diligence und das Ver­ dachtsmeldewesen. Abschnitt E (E-24 bis E-25) betrifft die Transparenz juristischer Personen und bestimmter rechtlicher Konstrukte wie Trusts. Abschnitt D (E-26 bis E-35) betrifft die Verwaltungsorganisation zur Überwachung geldwäscherechtlicher Pflichten. Schon die FATF-40 (1990) enthielten eine Empfehlung zur sog. Customer Due Diligence (CDD). Im Zentrum stehen die sog. KYC-Regeln, die ihre Ursprünge – wie oben ausgeführt – im BSA 1970, der VSB, der Empfeh­ lung des Europarates von 1980 und der Basler Grundsatzerklärung von 1988 finden. Heute umfassen sie folgende Pflichten: Finanzinstitute müssen eine CDD-Prüfung durchführen bei der Begründung einer Ge­ schäftsbeziehung zu einem neuen Kunden, bei jeder Transaktion ober­ halb des Schwellenwertes von EUR/USD 15.000698 und in den meisten Fällen von Überweisungen699, bei jedem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung sowie bei Zweifeln an der Richtigkeit und Voll­ ständigkeit der Angaben des Kunden. Die Sorgfaltspflichten umfassen die Identifizierung des Kunden und ggf. des wirtschaftlich Berechtigten, was bei juristischen Personen und Rechtsgestaltungen auch die Eigen­ tums- und Beherrschungsverhältnisse umfasst, sowie die Aufklärung der wirtschaftlichen Hintergründe (E-10 Abs. 2 Buchst. a bis c). Die Erfüllung dieser Pflichten darf auch auf Dritte übertragen werden, wobei die Ver­ antwortung beim Verpflichteten verbleiben muss (E-17). Innerhalb einer laufenden Geschäftsbeziehung muss immer fortlaufend geprüft werden (monitoring), ob das Verhalten des Kunden mit den dem Verpflichteten 697 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, S. 116–117, Glossary, Stichwort: Designated non-financial businesses and professions. Erstmals erfasst wurden DNFBP durch die E-16 der FATF, The Forty Recommendations, 2003 (Definition im Glossary zu den Empfehlungen). 698 Der Schwellenwert wurde eingeführt durch FATF, The Forty Recommendations, 2003, Interpretive Note zu E-5; vorher war von „large transactions“ die Rede. 699 Empfehlungen zu (internationalen) Überweisungen waren in FATF, Annual Re­ port 1990 noch ausgespart, vgl. Crocker, Int‘l. Fin. L. Rev. 9 (1990), 10 (10): „contro­versial issue“. Sie wurden erst im Zusammenhang mit der Terrorismus­ finanzierung formuliert, siehe FATF, IX Special Recommendations on Terrorist Financing, 2001, E-7.

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bekannten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden im Einklang steht (E-10 Abs. 4 Buchst. d). Waren die Empfehlungen anfangs noch eher regelhaft ausgestaltet, ver­ folgt die FATF seit 2003 den sog. risikobasierten Ansatz (risk-based approach – RBA), d. h. der Umfang der Sorgfaltspflichten richtet sich nach dem Risiko im konkreten Fall (E-10 Abs. 5). Ein hohes Risiko können z. B. kundenbezogene Umstände (Auslandskunden, bargeldintensiver Be­ trieb, auffallend komplexe Beteiligungsstrukturen u. ä.), geographische Faktoren (Beteiligung von Ländern ohne ausreichende Anti-Geldwäsche­ gesetzgebung, mit Sanktionen belegte Staaten, verrufene Staaten u. ä.) sowie Art und Umstände der Finanzdienstleistung (Private Banking, anonyme Transaktionen u. ä.) indizieren.700 In diesen Fällen sollen ­ die Verpflichteten, soweit dies vernünftigerweise möglich ist („as far as reasonably possible“), zusätzliche Informationen über den Kunden, den wirtschaftlich Berechtigten und die Hintergründe der Geschäftsbezie­ hung einholen und diese in der laufenden Geschäftsbeziehung engma­ schiger überprüfen.701 Die Indikatoren für niedriges Risiko und die ver­ einfachten Sorgfaltspflichten verhalten sich spiegelbildlich. Alle Unterlagen, die der Verpflichtete im Zusammenhang mit der CDD erhält (z. B. Ausweiskopien, Registerauszüge u. ä.) oder erstellt (z. B. Do­ kumentation über den wirtschaftlichen Hintergrund u. ä.) sowie alle Aufzeichnungen über Transaktionen müssen für die Dauer von fünf Jah­ ren aufbewahrt werden; die Mitgliedstaaten sollen Ermächtigungsgrund­ lagen schaffen, um Einsicht in diese Unterlagen nehmen zu können. Erweiterte Sorgfaltspflichten gelten im Zusammenhang mit politisch ­exponierten Personen, sog. PEPs (E-12),702 im Korrespondenzbankenge­ 700 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, Interpretive Note zu E-10 Rn. 15. 701 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, Interpretive Note zu E-10 Rn. 20. 702 Vorausgegangen war dem das EBK-Rundschreiben Nr. 98/1 v. 26.03.1998, das vor dem Hintergrund von „Despotengeld“-Skandalen in der Schweiz erstmals Vorga­ ben für den Umgang mit „Personen mit bedeutenden öffentlichen Funktionen für einen ausländischen Staat“ vorsah (siehe auch Zulauf, FINMA Sonderbulletin 2013/2, 8 (26)). In der GwV-EBK v. 18.12.2002 war bereits von „politisch exponier­ ten Personen“ die Rede und der Begriff wurde ausführlich definiert. Angestoßen durch die Schweiz fand 2001 in Lausanne eine Tagung von Vertretern der Justizund Bankenaufsichtsorgane der G7 statt, die sich der PEP-Problematik widmete (EBK, Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission zu ihrer Geldwäschereiver­ ordnung vom 18. Dezember 2002, 2003, S. 21). Dabei wurde ein umfassendes Ar­ beitspapier über den Umgang mit PEPs veröffentlicht (Commission Bancaire/ EBK/BAKred u.a., Working Paper of Financial Institutions Supervisory Authori­ ties on the Handling of Accounts Linked to Politically Exposed Persons – PEPs, 29.11.2001). Bei der Revision 2003 nahm die FATF Regelungen über PEPs auf und fügte gleichzeitig Korruptionsdelikte dem Vortatenkatalog zu, siehe FATF, The Forty Recommendations, 2003, E-6 und Glossary, Stichwort „Designated cate­ gories of offences“. Ausführlich und durchaus kritisch zu den PEP-Regelungen

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schäft (E-13), bei Zahlungsdienstleistern im weitesten Sinne (E-14), im Zusammenhang mit neuen Technologien (E-15) und im Zahlungsverkehr mit Risikostaaten (E-19). Bei Überweisungen muss sichergestellt wer­ den, dass Informationen über den wahren Auftraggeber und den wahren Zahlungsempfänger über die gesamte Zahlungskette weitergegeben wer­ den (E-16); unterhalb eines niedrig anzusetzenden Schwellenwertes kön­ nen diese Pflichten vereinfacht werden.703 Bei Verdacht auf Gelder illegaler Herkunft müssen die Verpflichteten eine Meldung an die zuständigen Behörden abgeben (E-20). Tun sie dies „in good faith“, sollen sie von jeglicher Haftung befreit sein. Erforderlich ist eine solche „safe harbour“-Klausel, weil die Verletzung des Bank­ geheimnisses in manchen Rechtsordnungen (z. B. der Schweiz, siehe Art. 47 BankG) eine Straftat darstellt oder zivilrechtliche Schadenersatzund Unterlassungsansprüche begründet.704 Zum Schutz der Ermittlun­ gen ist es den Verpflichteten und ihren Mitarbeitern verboten, die betrof­ fenen Kunden über die Meldung zu informieren (E-21). Ursprünglich enthielten die FATF-40 keine Meldepflicht, sondern lediglich ein Melde­ recht. Das Bankgeheimnis wurde dadurch zwar bereits stärker angetastet als in der VSB und der Basler Grundsatzerklärung, blieb aber im Kern intakt. Über eine Meldepflicht war bei den Beratungen zu den FATF-40 (1990) zwar diskutiert worden, eine Mehrheit fand sich dafür aber nicht.705 Doch schon in der Version von 1996 hieß es in E-15: „If financial institutions suspect that funds stem from a criminal activity, they should be required to report promptly their suspicions to the competent authori­ ties.”

Die FATF begründete dies mit Bedenken, einzelne Verpflichtete könnten mit Verweis auf die Freiwilligkeit beide Augen zudrücken; ein gleich­ mäßiges und stimmiges Vorgehen gegen Geldwäsche sei jedoch nicht zu­ letzt mit Blick auf den Wettbewerb zwischen den Verpflichteten erfor­

Achtelik, Politisch exponierte Personen in der Geldwäschebekämpfung, 2009; für eine kurze und bündige Übersicht Herzog/Achtelik/Herzog/Achtelik, GwG, Ein­ leitung Rn. 115–122. 703 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, Interpretive Note zu E-16. 704 Ein Vorläufer findet sich z. B. in Section 24 (3) (a) Drug Trafficking Offences Act 1984. In den USA wurde eine entsprechende Vorschrift erst 1992 im Zusammen­ hang mit der Einführung der Meldepflicht geschaffen, beachte die Nachw. in Fn. 651. 705 Crocker, Int’l. Fin. L. Rev. 9 (1990), 10 (10–11); FATF, Annual Report 1990, S. 20: „There is a divergence of opinion within the Task Force on whether suspicious activity reporting should be mandatory or permissive. A few countries strongly believe that this reporting should be mandatory, possibly restricted to suspicions on serious criminal activites, and with administrative sanctions available for ­failure to report.“

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derlich.706 Zu dieser Zeit hatten bereits die USA eine Meldepflicht eingeführt und die EU verlangte dies von den Mitgliedstaaten. Die Mel­ depflicht wurde 2003 verschärft, indem die Verpflichteten nicht nur dann eine Anzeige erstatten mussten, wenn sie einen Verdacht hatten, sondern auch wenn „reasonable grounds to suspect“ vorlagen (E-13 FATF-40 2003). Dies wurde 2004 noch um Terrorismusfinanzierung er­ gänzt (E-13 FATF-40 2004) und gilt bis heute. Nicht durchsetzen konnte sich ein allein verdachtsunabhängiges An­ zeigesystem nach amerikanischem Vorbild (CTR, dazu schon Kapitel 1 B. III. 1), das Meldepflichten bei sämtlichen Transaktionen oberhalb ei­ nes Schwellenwertes vorsieht. Während anfangs den FATF-Mitglied­ staaten noch empfohlen wurde, dies zu prüfen (z. B. E-19 FATF-40 2004), ist dieses Konzept bei der Revision 2012 ans Ende der Interpretive Note zu E-29 verschoben worden. Das überrascht nicht, denn Schwellenwert­ meldungen sind sehr unspezifisch und können bei niedrigen Schwellen­ werten in ungeheurer Zahl anfallen.707 Der Nutzen der CTRs ist dabei schwer zu ermitteln.708 Die Revision 2012 brachte auch detailliertere Empfehlungen zur Trans­ parenz von Gesellschaften, juristischen Personen, Trusts und ähnlichen Strukturen (E-24 und E-25). d) Vereinte Nationen Nach dem knappen Art. 5 Abs. 2 WSÜ finden sich in Rechtsakten der Vereinten Nationen Regelungen zur Geldwäscheprävention erstmals in 706 FATF, Annual Report 1995–1996, S. 7 (Rn. 21). 707 Laut dem letzten online verfügbaren Jahresbericht des Financial Crimes Enforce­ ment Network (FinCEN), der amerikanischen FIU, standen im Jahr 2011 den ca. 1,4 Millionen Verdachtsmeldungen (SAR) etwa 14,8 Millionen Schwellenwert­ meldungen (CTR) gegenüber, siehe FinCEN, Annual Report, 2012, S. 7. Im Rah­ men der Reform des BSA wird überlegt, die Schwellenwerte anzuheben (siehe der Gesetzesentwurf H. R. 6068 v. 12.06.2018, in dessen § 2 vorgesehen ist, den CTR-Schwellenwert von USD 10.0000 auf USD 30.000 sowie weitere Schwellen­ werte anzuheben; ähnlich schon § 3 des Entwurfs H. R. 1447 v. 09.03.2007). Dage­ gen sperrte sich in der Anhörung vor dem Bankenausschuss des Senats jedoch nicht nur die demokratische Opposition (Stellungnahme von Sherrod Brown v. 29.11.2018, online abrufbar unter: https://www.banking.senate.gov/imo/media/ doc/Brown%20Sta​tement%2011-29-181.pdf, S. 1), sondern auch der Vertreter des FBI mit dem Argument: „Today’s terrorists only need a couple thousand dollars to join terrorist networks abroad or just a few hundred dollars to conduct an attack here in the homeland.“ (Stellungnahme von Steven M. d’Antuono, FBI, 29.11.2018, online abrufbar unter: ‌‌https://www.banking.senate.gov/imo/media/D’Antuono‌‌​%​ 20Testimony%2011-29-18.pdf, S. 10–11). 708 U.S. Government Accountability Office, Bank Secrecy Act: Increased Use of Exemption Provisions Could Reduce Currency Transaction Reporting While ­ Maintaining Usefulness to Law Enforcement Efforts, Februar 2008, S. 24; s. auch schon Fülbier, WM 1990, 2025 (2028).

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der Palermo-Konvention aus dem Jahr 2000.709 Dort heißt es in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a PK, jeder Vertragsstaat „schafft ein umfassendes innerstaatliches Regulierungs- und Aufsichtssystem für Banken und Finanzinstitute des Nichtbankensektors sowie nach Bedarf […] für an­ dere besonders geldwäschegefährdete Einrichtungen […], wobei besonderes Ge­ wicht auf die Erfordernisse der Identifizierung der Kundinnen und Kunden, der Führung der Unterlagen und der Meldung verdächtiger Transaktionen gelegt wird;“

Daneben verpflichtet Art. 7 Abs. 2 PK zur Einführung von Barverkehrs­ kontrollen, insb. zur Einführung einer Meldepflicht bei der Verbringung von Bargeld oder Wertpapieren in erheblichem Umfang über die Grenze. Zur Erleichterung der Koordination und zum Informationsaustausch auf nationaler und internationaler Ebene wird die Schaffung eines „Finanz­ nachrichtendienstes“ (im verbindlichen englischen Originaltext wird be­ reits der Begriff „financial intelligence unit“ verwendet) erwogen (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b PK). Darüber hinaus sollten sich die Vertragsstaaten bei ihren Bemühungen von den „Initiativen der regionalen, interregionalen und multilateralen Organisationen gegen die Geldwäsche leiten […] las­ sen.“ (Art. 7 Abs. 3 PK), womit vor allem die FATF-40 (1996) und die Richtlinien der Europäischen Union gemeint sind.710 Anzumerken ist, dass es in den Beratungen durchaus Kritik daran gab, die unverbindlichen Empfehlungen einer exklusiven Arbeitsgruppe wie der FATF in einem verbindlichen Rechtsakt in Bezug zu nehmen.711 Anders als in den FATF40 wurde eine anfangs diskutierte Formulierung, die den Rücktritt des Bankgeheimnisses hinter die Anti-Geldwäschegesetzgebung vorsah, im Verlauf der Beratungen verworfen.712 In weiten Teilen wortgleich oder dem Sinn nach identisch sind die Vor­ schriften in Art. 14 der 2003 verabschiedeten Mérida-Konvention, der auf Art. 7 PK basiert und mit diesem abgestimmt ist.713 Hinzugekommen sind dort lediglich das Erfordernis der Identifizierung des wirtschaftlich 709 Pieth, in: Pieth/Aiolfi (Hrsg.), A comparative guide to anti-money laundering, 2004, S. 3 (5–6) zur Frage, weshalb das WSÜ noch keine verwaltungsrechtlichen Vorgaben enthielt: „relative simplicty with which countries in general agree to criminalize behaviour as opposed to engaging in the creation of complex and cost­ ly administrative or supervisory structures.“ 710 Travaux Préparatoires of the negotiations for the elaboration of the United ­Nations Convention against Transnational Organized Crime and the Protocols thereto, S. 74 (zu Paragraph 3). 711 Travaux Préparatoires of the negotiations for the elaboration of the United ­Nations Convention against Transnational Organized Crime and the Protocols thereto, S. 67 (Fn. 9). 712 Vgl. Travaux Préparatoires of the negotiations for the elaboration of the United Nations Convention against Transnational Organized Crime and the Protocols thereto, S. 63–65. 713 Travaux Préparatoires of the negotiations for the elaboration of the United ­Nations Convention against Corruption, S. 148 (Fn. 2), 149 (Fn. 4), 152 (Notes by the Secretariat, Ziffer 3).

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Berechtigten (Art. 14 Abs. 1 Buchst. a MK) und Vorschriften für Überwei­ sungen (Art. 14 Abs. 3 MK), die den FATF-IX folgen. Insgesamt bringt keine der Konventionen sehr viel Neues; sie lassen sich eher als Versuch verstehen, bisherigen Bemühungen mehr Nachdruck zu verleihen. e) Europäische Union Die Europäische Union (und ihre Vorläufer) widmete sich bereits früh der Geldwäschebekämpfung.714 Während das Unionsrecht anfangs vor allem internationale Vorgaben spiegelte, hat sich die Union in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem Akteur aus eigenem Recht entwickelt, der sich der Anti-Geldwäschegesetzgebung mit bemerkenswertem Eifer wid­ met. Der Umfang der inzwischen fünf Geldwäscherichtlinien ist von an­ fangs 18 Artikeln auf heute über 70 Artikel angewachsen, die zusammen mit den ebenfalls stark expandierten Erwägungsgründen statt fünf Seiten im Amtsblatt mittlerweile über 40 Seiten (ohne Anhänge) beanspruchen. Neben den Geldwäscherichtlinien und der bereits erwähnten, jüngst er­ lassenen Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche besteht die Geldwäschegesetzgebung der EU im Wesentlichen aus der Barmittelüberwachungs-Verordnung VO (EU) 2018/1672, die ab dem 3. Juni 2021 gilt, und der Geldtransfer-Verordnung VO (EU) 2015/847. Da­ neben ist vor allem noch der aus der Zeit vor dem Lissabon-Vertrag fort­ geltende715 Rahmenbeschluss über Geldwäsche716 relevant. Der Schwer­ punkt soll hier auf den über Art. 288 Abs. 3 AEUV für die Ausgestaltung des deutschen Rechts maßgeblichen Geldwäscherichtlinien liegen; auf die übrigen Rechtsakte wird nur soweit nötig eingegangen. aa) GwRL I – Sorgfalts-, Melde- und Aufzeichnungspflichten für den ­Finanzsektor Der Entwurf der ersten Geldwäscherichtlinie (GwRL I) wurde von der Kommission am 23. März 1990 – vor Veröffentlichung des ersten Be­ richts und der ersten Empfehlungen der FATF – vorgelegt und vom Rat am 10. Juni 1991 erlassen.717 Der Entwurf orientierte sich neben den Empfehlungen des Europarats v. 27.06.1980 und der Grundsatzerklärung 714 Zu den Ereignissen vor dem Gesetzgebungsverfahren zur GwRL I siehe: Magli­ veras, ILSA J. Int. & Comp. L. 5 (1998–1999), 93 (93–97). 715 Art. 9, 10 Protokoll (Nr. 36) über die Übergangsbestimmungen, ABl. C 115 v. 09.05.2008, 322. 716 Rahmenbeschluss des Rates v. 26. Juni 2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (2001/500/JI), ABl. L 182 v. 05.07.2001, 1. 717 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanz­ systems zum Zwecke der Geldwäsche v. 23.03.1990, KOM(90) 106 endg., ABl. C 106 v. 28.04.1990, 6; Richtlinie 91/308/EWG des Rates v. 10.06.1991 zur Verhinde­ rung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. L 166

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des Basler Ausschusses auch bereits an den Vorarbeiten der FATF, an de­ nen die Kommission sich beteiligt hatte.718 Das Hauptziel dieser Richtli­ nie und auch aller folgenden Geldwäscherichtlinien ist der Schutz der Solidität, Stabilität und des Ansehens des Finanzsektors.719 Das ist inso­ weit erstaunlich, als es bis Mitte der 1990er Jahre praktisch keine ökono­ mische Literatur gab, die eine Gefährdung der Solidität und Stabilität des Finanzsektors untersucht hätte.720 Dass ein Vorgehen gegen Geldwäsche zur Wahrung des Ansehens des Finanzsektors erforderlich ist, war hinge­ gen seit der VSB 1977 Konsens. Der Begriff der Geldwäsche entspricht im Grundsatz dem des Art. 3 WSÜ, beschränkt sich aber nicht auf Drogendelikte, sondern lässt als Vortaten neben diesen „alle kriminellen Tätigkeiten“ zu (Art. 1 Spiegel­ strich 3 und 5 GwRL I), wobei die Mitgliedstaaten entscheiden durften, welche Taten sie in den Vortatenkatalog aufnehmen wollen.721 Die Pflichten, die von den Mitgliedstaaten gesetzlich zu regeln waren, soll­ ten sich an Kredit- und Finanzinstitute richten, zu denen auch bestimm­ te Versicherungsunternehmen gehörten. Darüber hinaus verlangte Art. 12 GwRL bereits eine Ausdehnung der Pflichten auf besonders geldwäsche­ geneigte Berufe und Unternehmenskategorien. Interessant ist ferner Art. 10 GwRL, wonach auch alle Behörden verpflichtet werden sollten, Hinweise auf Geldwäscheaktivitäten, auf die sie im Rahmen der Aus­ übung ihrer Aufgaben stoßen, den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden zur Kenntnis zu bringen.722 Die Verpflichteten sollten grundsätzlich – Besonderheiten waren für die Versicherer und im Geschäftsverkehr zwischen Banken vorgesehen – je­ den Kunden bei Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung, bei Trans­ aktionen über 15 000 ECU723 oder bei Geldwäscheverdacht durch ein v. 28.06.1991, 77. Zum Gesetzgebungsverfahren ausführlich Magliveras, ILSA J. Int. & Comp. L. 5 (1998–1999), 93 (97–107); Carl, EWS 1991, 341–345. 718 Vgl. Erwägungsgrund 5 und 7 des Entwurfs, KOM(90) 106 endg. In Erwägungs­ grund 7 der Richtlinie konnte dann schon auf den im April 1990 veröffentlichten Bericht der FATF und die erste Version ihrer Empfehlungen Bezug genommen wer­ den. Siehe auch Garcia, JMLC 3 (1999), 39 (42): „the Directive is heavily influen­ ced by the FATF’s countermeasures and 1990 Recommendations”. 719 Erwägungsgrund 1 GwRL I. 720 Soweit ersichtlich stammen die ersten veröffentlichten Untersuchungen über die (möglichen) ökonomischen Auswirkungen der Geldwäsche aus dem Jahr 1996, siehe Tanzi, Money Laun­ dering and the International Financial System, IMF ­Working Paper WP/96/55, 1996; Quirk, Macroeconomic Implications of Money Laun­dering, IMF Working Paper WP/1996/66, 1996. 721 Kritisch Magliveras, ILSA J. Int. & Comp. L. 5 (1998–1999), 93 (99). 722 Dieser Aspekt wird mit Blick auf die Finanzbehörden unten vertieft, s. Kapitel 2 C. II. 723 European Currency Unit = Europäische Währungseinheit, die von 1979 bis 1998 als Rechnungseinheit verwendet wurde, siehe https://ec.europa.eu/eurostat/stati​ stics-explained/index.php/Glossary:European_currency_unit_%28ECU%29 (zu­

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beweiskräftiges Dokument identifizieren (Art. 3 GwRL I).724 Bei Zweifeln daran, ob der Kunde „im eigenen Namen“ handelt, sollten die Verpflich­ teten Informationen über die Identität der Person einholen, „in deren Namen“ der Kunde handelt. Gemeint waren damit Fälle wirtschaftlicher Berechtigung.725 Die Vorschrift ist insofern missverständlich, denn in diesen Fällen handelt der Kunde ja wirklich im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung.726 In Art. 4 GwRL I waren Aufbewahrungspflichten vorgesehen; die Aufbewahrungsmindestfrist betrug für die kundenbezo­ genen Unterlagen fünf Jahre ab Ende der Geschäftsbeziehung, für die transaktionsbezogenen Unterlagen fünf Jahre ab Abschluss der Transak­ tion. Besondere Sorgfalt bei der Prüfung von Transaktionen verlangte Art. 5 GwRL von den Verpflichteten, wenn ein Zusammenhang mit Geldwäsche aus ihrer Sicht besonders nahelag.727 Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 GwRL I sah eine Meldepflicht bezüglich al­ ler „Tatsachen [vor], die ein Indiz für eine Geldwäsche sein könnten“728, Spiegelstrich 2 eine umfassende Kooperationspflicht mit den Behörden. Verdächtige Transaktionen durften grundsätzlich erst nach Benachrichti­ gung der zuständigen Behörde und im Einklang mit den von dieser ggf. erteilten Weisungen durchgeführt werden (Art. 7 GwRL I).729 Kriterien, letzt abgerufen am 31.10.2020). 15 000 ECU entsprachen 1991 etwa 30 000 DM. Zur politischen Festlegung dieser Schwelle s. Carl, EWS 1991, 341 (343) und kriti­ scher Carl, wistra 1991, 288 (290). 724 Kritisch Carl, EWS 1991, 341 (343); Carl, wistra 1991, 288 (290), weil dies sog. Ta­ felgeschäfte unterhalb des Schwellenwertes gerade nicht erfasse und ferner be­ zweifelt werden könne, dass die Banken die Verdachtsmeldepflicht ernst nehmen. 725 Erwägungsgrund 11 GwRL I; so auch Weber, WBl. 1990, 294 (299); Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1998, S. 69–70; Rizkalla, Tulane Europ. & Civ. L. Forum 13 (1998), 111 (117). Die Norm beim Wortlaut zu nehmen scheinen jedoch Carl, wistra 1991, 288 (290) und Hasse, WM 1995, 1941 (1945). 726 So zutreffend Carl, EWS 1991, 341 (343). 727 Kritisch Carl, wistra 1991, 288 (291): „Etikettenschwindel“, da „ein Bankmitar­ beiter, dem der Kauf von Wertpapieren über die Tafel angesonnen wird“, nicht er­ kennen könne, „ob der Kunde Drogengelder waschen oder schlicht Steuerhinterziehung begehen will“ (Hervorh. i. Orig.). 728 Im Kommissionsvorschlag hieß es noch weitergehend: „Tatsachen, […] die mögli­ cherweise auf eine strafbare Geldwäsche schließen lassen“. Kritisch hierzu Weber, WBl. 1990, 294 (300): „müßten die Kredit- und Finanzinstitute quasi als Spit­ zel im Dienste der Strafjustiz tätig sein.“ Parlour, JIBL 8 (1993), 435 (438) merkt an, dass die Richtlinie keine Vorgaben zu den subjektiven Voraussetzungen der Meldepflicht macht. 729 Ausnahmen waren nach Art. 7 Satz 3 GwRL I zulässig, wenn der Verzicht auf die Transaktion „nicht möglich“ ist oder die Ermittlungen hinsichtlich der Geldwä­ sche erschweren würde. In diesem Fall musste der Verpflichtete nicht Meldung machen und dann stillhalten, sondern durfte die Transaktion durchführen und nachträglich melden. Das gilt bis heute in Art. 35 Abs. 2 GwRL V. Kritisch zu Art. 7 Satz 3 GwRL I Carl, wistra 1991, 288 (291): „äußerst merkwürdige Bestim­ mung […], die ob ihrer Obskurität wert ist, wörtlich zitiert zu werden“.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

die einen Verdacht indizieren, enthielt die Richtlinie jedoch nicht. Der Kunde durfte über all das nicht informiert werden (Art. 8 GwRL I). Art. 9 GwRL enthielt eine safe-harbour-Klausel. Damit verlangte die Europäi­ sche Union als erster supranationaler Regelungsakteur erstmals die Ein­ führung einer Meldepflicht und ging sogar über die Empfehlungen der FATF hinaus.730 Schließlich sollten die Verpflichteten interne Verfahren und Schulungs­ maßnahmen zur Geldwäscheprävention aufsetzen (Art. 11 GwRL). Für Verstöße gegen die in Umsetzung der Richtlinie erlassenen Vorschriften sollten die Mitgliedstaaten Sanktionen vorsehen (Art. 14 GwRL). bb) GwRL II – Ausweitung des Anwendungsbereichs Die GwRL I wurde von den Mitgliedstaaten überwiegend gut, wenn auch nicht immer fristgerecht umgesetzt.731 Kritik auf sich zog die GwRL I aber – neben der fehlenden Kriminalisierung der Geldwäsche732 – vor al­ lem wegen ihres auf den Finanzsektor beschränkten Anwendungsbe­ reichs, des großen Umsetzungsspielraums, der den Mitgliedstaaten be­ lassen worden war, und fehlender Regelungen über die Zuständigkeit und Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in grenzüberschreitenden Fäl­ len.733 Im Juni 1996 legte die Kommission den Entwurf einer Änderungs­ richtlinie vor (GwRL II), der vom Parlament und dem Rat der Euro­ päischen Union am 4. Dezember 2001 gebilligt wurde.734 Der Schwerpunkt lag dabei auf einer Erweiterung des sachlichen und per­ sönlichen Anwendungsbereichs: Der Kreis der zwingend in die Geld­ wäschedefinition aufzunehmenden Vortaten wurde über Straftaten nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a WSÜ hinaus auf alle „schweren Straftaten“ i. S. v. 730 Es gab jedoch bereits verdachtsabhängige Meldepflichten – wenn auch teils in­ direkt – z. B. in Großbritannien, wo eine Meldung zwar in § 24(3)(b) Drug ­Trafficking Offences Act 1986 (c. 32) a.F. nicht vorgeschrieben war, aber straf­ befreiend wirkte. In Frankreich gab es hingegen eine explizite Meldepflicht inkl. Anhalteverpflichtung und Freistellungsklausel, siehe insb. Art. 3, 5 und 8 loi n° 90-614 v. 12.07.1990 (JORF Nr. 162 v. 14.07.1990, S. 8329); zur französischen Rechtslage vor und nach Umsetzung der GwRL Fülbier, EuZW 1994, 52–55. 731 Europäische Kommission, Erster Bericht der Kommission an das Europäische Par­ lament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie (91/308/EWG), 03.03.1995; Europäische Kommission, Zweiter Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtli­ nie, 01.07.1998. Lediglich im Falle Österreichs beschloss die Kommission 1997 die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens (dazu siehe bereits Fn. 265). 732 Siehe Kapitel 1 B. II. 1. c) aa). 733 Parlour, JIBL 8 (1993), 435 (436–437); sehr kritisch Carl, wistra 1991, 288 (292): „Kapitulation vor der Lobby der Kreditwirtschaft“. 734 ABl. L 344 v. 28.12.2001, 76. Ausführlich zum Hintergrund und dem Gesetzge­ bungsverfahren Stefanou, JMLC 3 (2000), 325–335; Clarotti, JMLC 2 (1998), 163– 173.  Hofmann/Reich, EuGRZ 2001, 371–382 sehen in der Ungleichbehandlung von Rechtsanwälten und Steuerberatern einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

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Art. 1 Abs. 1 Buchst. E GwRL II erweitert. Der persönliche Anwendungs­ bereich wurde ausgedehnt: Unter den Begriff des Finanzinstitutes fielen fortan auch Wertpapierfirmen und Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapieren (OGAW), die ihre Anteilsscheine oder Anteile vertrei­ ben (Art. 1 Buchst. B Nr. 3 und 4). Klargestellt wurde außerdem, dass auch Wechselstuben Finanzinstitute im Sinne der Richtlinie sind.735 Da­ rüber hinaus sollten auch Abschlussprüfer, externe Buchprüfer und Steu­ erberater, Immobilienmakler, Notare und andere Angehörige rechtsbera­ tender Berufe außerhalb ihres „klassischen“ Tätigkeitsbereichs (z. B. im Bereich der Vermögensverwaltung), bestimmte gewerbliche Güter­ händler (Edelsteine, Edelmetalle, Kunstwerke) bei Zahlungen über 15.000 EUR sowie Kasinos (Art. 2a Nr. 3–7) dem Pflichtenprogramm der Richtlinie unterliegen.736 Im Bereich der Identifizierungspflichten wurden neue Vorgaben für Kasi­ nos (Art. 3 Abs. 5, 6) eingeführt. Art. 3 Abs. 7 GwRL II stellte im Gegen­ satz zu Art. 3 Abs. 5 GwRL I unmissverständlich klar, dass es nicht um Fälle der offenen Stellvertretung, sondern solche der wirtschaftlichen Berechtigung gehen soll. Darüber hinaus wurde in Art. 3 Abs. 11 GwRL II eine Regelung für Ferngeschäfte eingefügt, die dem aufkommenden Electronic Banking Rechnung tragen sollte. Die Meldepflicht blieb im Wesentlichen unverändert; für die neu erfassten Anwälte und selbständi­ gen Angehörigen von Rechtsberufen wurden zwei Besonderheiten vorge­ sehen: Als Adressat der Meldung konnte auch die Selbstverwaltungsein­ richtung der betroffenen Berufsgruppe fungieren. Daneben durfte die „klassische“ anwaltliche Tätigkeit (Rechtsberatung, Strafverteidigung, Prozessvertretung) von der Verdachtsmeldepflicht ausgenommen werden. Nicht geregelt wurde die Organisation der zur Entgegennahme der Mel­ dungen nach Art. 6 GwRL I/II bestimmten Behörden, obwohl es aufgrund deren unterschiedlicher Einrichtung als unabhängige Behörde, Verwal­ tungs-, Polizei- oder Justizbehörde vor allem bei der internationalen Zu­ sammenarbeit zu Schwierigkeiten gekommen war.737 Um dem abzuhel­ fen, hatte sich jedoch bereits 1995 die sog. Egmont-Gruppe konstituiert, ein informeller Zusammenschluss der FIUs verschiedener Länder, der bis heute besteht.738 735 Vgl. Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage E-2375/93 des Abgeord­ neten Dury v. 14.12.1993, ABl. C 234 v. 22.08.1994, 60. 736 Diese Liste wurde von dem nach Art. 13 GwRL eingesetzten Kontaktausschuss erarbeitet, siehe dazu Europäische Kommission, Zweiter Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäsche­ richtlinie, 01.07.1998, S. 9–12. 737 Europäische Kommission, Zweiter Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie, 01.07.1998, S. 13–15. 738 Siehe Europäische Kommission Zweiter Bericht der Kommission an das Europäi­ sche Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie,

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cc) GwRL III – Risikobasierter Ansatz Die Richtlinie 91/308/EWG wurde durch die dritte Geldwäscherichtlinie (GwRL III), die am 26. Oktober 2005 von Parlament und Rat beschlossen wurde,739 aufgehoben. Die GwRL III brachte grundlegende Neuerungen, die sich stark an den FATF-40 und den FATF-IX orientierten. Seit der GwRL III ist die Terrorismusfinanzierung in den Regelungsbereich des europäischen Geldwäscherechts einbezogen. Zum Kreis der Verpflichteten gehörten nun grundsätzlich auch nicht der Gruppe der Notare oder den selbständigen Rechtsberufen angehörende Dienstleister für Trusts und Gesellschaften sowie Versicherungsvermitt­ ler (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 3 Nr. 2 Buchst. e; Art 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c GwRL III). Die grundsätzlich (Art. 9) vor Begründung einer Ge­ schäftsbeziehung oder Abwicklung einer Transaktion durchzuführenden Sorgfaltspflichten wurden ausgedehnt und umfassten fortan neben der Feststellung und Prüfung der Identität des Kunden und ggf. des wirt­ schaftlichen Eigentümers auch die Einholung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung sowie die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung im Hinblick dar­ auf, ob das Verhalten des Kunden mit seinem Kundenprofil (Person des Kunden, Art und Umfang der Geschäftstätigkeit und der Einkunftsquel­ len, Risikoprofil etc.) übereinstimmt (Art. 8). Kredit- und Finanzinstitu­ ten sollte darüber hinaus das Führen anonymer Konten und Sparbücher untersagt und eine nachträgliche Identifizierung der Kunden vorgeschrie­ ben werden (Art. 6). Von besonderer Bedeutung war die Übernahme des risikobasierten An­ satzes aus den FATF-40 (2003) in europäisches Recht. Von nun an durften die Verpflichteten den Umfang der Sorgfaltspflichten auf „risikoorien­ tierter Grundlage“ anpassen (Art. 8 Abs. 2). In Fällen mit niedrigem Risi­ ko galten die sog. vereinfachten Sorgfaltspflichten (Art. 11), d. h. die Ver­ pflichteten durften bei Anknüpfung einer Geschäftsbeziehung, bei Durchführung einer Transaktion über dem Schwellenwert und sogar bei Zweifeln an der Echtheit oder Angemessenheit zuvor erhaltener Kunden­ identifikationsdaten auf die Durchführung der Sorgfaltspflichten ver­ zichten. Voraussetzung dafür war, dass der Kunde in eine der Kategorien des Art. 11 Abs. 2 Buchst. a bis c fiel (börsennotierte Unternehmen, die den unionsrechtlichen oder vergleichbaren Publizitätsanforderungen für die Zulassung zum geregelten Markt unterlagen; wirtschaftliche Eigen­ tümer der von Rechtsanwälten und Notaren geführten Sammelkonten; 01.07.1998, S. 14. Für mehr Informationen zur Egmont-Gruppe siehe z. B. van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 158–159. 739 ABl. L 309 v. 25.11.2005, 15.

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inländische Behörden) oder bei dem Kunden ein geringes Risiko der Geldwäsche (oder Terrorismusfinanzierung) bestand (Art. 11 Abs. 2 a. E.). Ausnahmen waren ferner zulässig für bestimmte Versicherungsverträge und für E-Geld-Produkte bis zu einem bestimmten Schwellenwert. Bei hohem Risiko waren hingegen zusätzliche („verstärkte“) Sorgfaltspflich­ ten zu beachten, namentlich bei Ferngeschäften (Art. 13 Abs. 2), im Kor­ respondenzbankengeschäft (Art. 13 Abs. 3), im Zusammenhang mit PEP (Art. 13 Abs. 4) sowie in allen anderen Fällen mit einem hohen Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung (Art. 13 Abs. 1). Neu im Richtlinienrecht war die Normierung der Möglichkeit, die Erfüllung der Sorgfaltspflichten (mit Ausnahme der kontinuierlichen Überwachung) auf qualifizierte Dritte zu übertragen (Art. 14–19). Kunden- und Ge­ schäftsdaten mussten auch weiterhin für die Dauer von fünf Jahren auf­ bewahrt werden (Art. 30 GwRL III). Die Meldepflicht blieb im Wesentlichen unverändert: Bei Verdacht oder berechtigtem Grund zu der Annahme, dass eine Geldwäsche oder Terro­ rismusfinanzierung begangen oder versucht worden ist oder wird, muss­ ten die Verpflichteten eine Meldung abgeben (Art. 22 Abs. 1 Buchst. a GwRL III) und bis zur Erteilung von Weisungen durch die zuständige Behörde stillhalten (Art. 24 GwRL III). Der betroffene Kunde (und nun auch Dritte) durfte weiterhin grundsätzlich nicht über eine Meldung in­ formiert werden (Art. 28 Abs. 1 GwRL III). Das Anwaltsprivileg blieb er­ halten (Art. 23 Abs. 2 GwRL III). Erstmals gab es jedoch europarechtliche Vorgaben hinsichtlich der Auf­ gaben, Befugnisse und Einrichtung der sog. „zentralen Meldestelle“: Die­ se sollte als nationale Zentralstelle alle Meldungen und Informationen entgegennehmen, analysieren und ggf. weitergeben; sie war angemessen auszustatten und sollte Zugriff auf alle erforderlichen Finanz-, Verwal­ tungs- und Strafverfolgungsinformationen erhalten (Art. 21 GwRL III). Darüber hinaus weitete die Richtlinie die Compliance-Pflichten weiter aus (Art. 32, 34 GwRL III). Neben der GwRL III zu beachten ist die erste Geldtransfer-VO740, die die Empfehlungen der FATF gegen Terrorismusfinanzierung aufgreift. Sie verpflichtet Zahlungsverkehrsdienstleister, bei Geldtransfers bestimmte Angaben über den Auftraggeber zu erheben, zu überprüfen, aufzubewah­ ren und an den Zahlungsverkehrsdienstleister des Begünstigten zu über­ mitteln, im Falle von Überweisungen jedoch nur ab einem Betrag von 1.000 € oder mehr.741 740 Verordnung (EG) 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.11.2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldt­ ransfers, ABl. L 345 v. 08.12.2006, 1. 741 Zur neuen Geldtransfer-VO siehe Kunz, CB 2016, 54–57.

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dd) GwRL IV – Steuerdelikte und Transparenzregister Erneut grundlegend novelliert wurde die europäische Geldwäschegesetz­ gebung durch die vierte Geldwäscherichtlinie vom 20. Mai 2015 (GwRL IV).742 Sie steht unter dem Eindruck der 2012 revidierten Fassung der FATF-40.743 Dementsprechend sind Kernelemente der Novellierung die Aufnahme der Steuerdelikte in den Vortatenkatalog (Art. 1 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 Nr. 4 Buchst. f GwRL IV),744 die Ausweitung und Verschärfung der Sorgfaltspflichten, der erhebliche Ausbau des risikobasierten Ansatzes, die Einführung eines zentralen Registers über die wirtschaftlichen Eigen­ tümer von Gesellschaften, juristischen Personen, Trusts und ähnlichen Rechtsvereinbarungen (sog. Transparenzregister) und die Verschärfung von Sanktionen bzw. die Einführung neuer Sanktionen. Bei den Sorgfaltspflichten neu hinzugekommen ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von Inhaberaktien und Bezugsrechten an Inhaberaktien zu treffen (Art. 10 Abs. 2 GwRL IV). Sorgfaltspflichten sind nach Art. 11 Buchst. b Ziff. ii GwRL IV nun auch bei Geldtransfers i. S. v. Art. 3 Nr. 9 der Geld­ transfer- VO745 – darunter fallen z. B. Überweisungen und Lastschriften – von mehr als 1.000 EUR anzuwenden. Zudem wurde der Schwellenwert für Bartransaktionen gewerblicher Güterhändler von 15.000 EUR auf 10.000 EUR abgesenkt. Ausnahmen gibt es wiederum im E-Geld-Bereich in bestimmten Fällen, wenn der Transaktionswert unter 250 EUR liegt (Art. 12 GwRL IV) bzw. beim Rücktausch von E-Geld in Bargeld bis 100 EUR. Neu ist die Pflicht, auch eine als Stellvertreter eines Kunden auftretende Person zu identifizieren und ihre Identität zu überprüfen (Art. 14 Abs. 1 UAbs. 2 GwRL IV).746 Im Bereich der verstärkten Sorgfalts­ pflichten wurden die Regelungen für geschäftliche Kontakte mit PEPs erweitert (Art. 21 GwRL IV betrifft Lebensversicherung u. ä., Art. 22 GwRL IV sieht eine Cooling-off-Periode vor) und detaillierte Definitio­ nen für die Begriffe „politisch exponierte Person“, „Familienangehörige“ und „[einer PEP] bekanntermaßen nahestehende Person“ formuliert (Art. 3 Nr. 9­­–11 GwRL IV). 742 ABl. L 141 v. 05.06.2015, 73. 743 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 4 GwRL IV. 744 Dazu ausführlicher unten Kapitel 2 A. III. 745 VO (EU) 2015/847 v. 20.05.2015, ABl. L 141 v. 05.06.2015, 1. 746 Allerdings wird diese Pflicht nicht in Art. 14 GwRL IV genannt, der den Zeitpunkt bestimmt, zu dem die Identifizierung und Prüfung durchgeführt werden muss. Ob es sich dabei um ein Redaktionsversehen handelt (so der Entwurf UmsetzungG GwRL IV, BT-Drs. 18/11555, S. 118), ist unklar. Frey, CCZ 2018, 170 (175) ver­ neint dies mit dem Argument, ein solches Redaktionsversehen hätte der Richtli­ niengeber spätestens mit der AMLD V korrigiert. Es ist aber nicht so recht ein­ leuchtend, weshalb der Richtliniengeber bewusst darauf verzichtet haben sollte, einen Zeitpunkt für die Pflichten hinsichtlich des Stellvertreters zu normieren; ein fortbestehendes Redaktionsversehen erscheint jedenfalls nicht undenkbar.

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Im Rahmen des nun erweiterten risikobasierten Ansatzes wurde auf mehreren Ebenen die Pflicht formuliert, Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu ermitteln und zu bewerten. Diese trifft ins­ besondere die Kommission im Hinblick auf grenzüberschreitende Tä­ tigkeiten im Binnenmarkt (Art. 6 GwRL IV)747, die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (Art. 7 GwRL IV)748 sowie die Verpflich­ teten (Art. 8 GwRL). Daneben hat sich die EU entschlossen, eine Liste von „Drittländern mit hohem Risiko“ zu erstellen und damit den „black listing“-Ansatz der FATF wieder aufgegriffen (Art. 9 GwRL IV).749 Neu eingeführt wurden umfassende, risikounabhängige, voraussetzungs­ lose Pflichten für Gesellschaften und sonstige juristische Personen mit Sitz in einem Mitgliedstaat sowie für Trusts, die dem Recht eines Mit­ gliedstaates unterfallen. Erstere müssen „angemessene, präzise und ak­ tuelle Angaben zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, einholen und aufbe­ wahren“ (Art. 30 Abs. 1 GwRL IV). Diese Daten müssen in einem zent­ ralen Register gespeichert werden (Art. 30 Abs. 3 GwRL), zu dem alle zuständigen Behörden und FIUs, alle Verpflichteten im Rahmen der Er­ füllung ihrer Sorgfaltspflichten – wobei diese sich nicht blind darauf ver­ lassen dürfen, Art. 30 Abs. 8 GwRL – sowie alle Personen oder Organisa­ tionen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können (Art. 30 Abs. 5 GwRL), Zugriff haben.750 Im Hinblick auf Trusts (und mit ihnen verwandte Rechtsvereinbarungen, Art. 31 Abs. 8 GwRL IV) müssen Angaben über die Identität des Settlors, des/der Trustees, ggf. des Protektors, der Begünstigten bzw. der Kategorie von Begünstigten und jeder anderen Person, unter deren effektiver Kon­ trolle der Trust steht, von den Trustees eingeholt, aufbewahrt und in ei­ nem zentralen Register gespeichert werden – dies erstaunlicherweise aber 747 Siehe Europäische Kommission, Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die Bewertung der mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Zusam­ menhang stehenden Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung für den Binnenmarkt v. 24.07.2019, COM(2019) 370 final. 748 Für Deutschland BMF, Erste Nationale Risikoanalyse 2018/2019, 2019.  749 Siehe dazu Fn. 278. 750 Zu enstprechenden Bemühungen in den USA siehe den Entwurf eines Corporate Transparency Act of 2019 v. 23.20.2019, H. R. 2513, 116th Congress, der vom Re­ präsentantenhaus am 22.10.2019 angenommen wurde und nun dem Senat zur Ab­ stimmung vorliegt. Der Entwurf ist umstritten und wird insbesondere von der American Bar Association (siehe Brief v. 19.06.2019, https://www.americanbar. org/content/dam/aba/administrative/government_affairs_office/aba-letter-to-sbcjune19-2019.pdf?logActivity=true (zuletzt geprüft am 31.10.2020)) und, der Natio­ nal Association of Criminal Defense Lawyers und der American Civil Liberties Union (siehe Brief v. 11.06.2019, https://www.nacdl.org/getattachment/f3f9fce36331-42b4-8ebc-17be55fe559c/nacdl-aclu-letter-to-house-financial-services-leader​ ship-on-corporate-beneficial-ownership-rules-june-2019-.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020) abgelehnt.

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nur, „wenn mit dem Trust steuerliche Folgen verbunden sind“ (Art. 31 Abs. 4 GwRL IV). Ein Zugang der Öffentlichkeit zu diesem Register war nicht vorgesehen. ee) GwRL V – Weitere Verschärfungen Die vorerst letzte Änderung bringt die Richtlinie zu Änderung der GwRL IV vom 30. Mai 2018 (Änderungsrichtlinie; die geänderte Richtlinie GwRL IV wird im Folgenden als GwRL V bezeichnet), die bis zum 10.01.2020 umzusetzen war.751 Den Richtlinienentwurf hatte die Kom­ mission bereits im Juli 2016, also nur gut ein Jahr nach Verabschiedung der GwRL IV vorgelegt.752 Die Änderungsrichtlinie ist mit Blick auf die Geschichte der unionsrechtlichen Geldwäschegesetzgebung bemerkens­ wert, weil sie sich erstmals deulich von internationalen Vorgaben eman­ zipiert. Sie beschränkt sich nicht darauf, Änderungen der FATF-40 nach­ zuvollziehen, sondern setzt eigene Akzente, vor allem was die Vorgaben zur Transparenz wirtschaftlicher Eigentümer angeht. Anlass war neben den Terroranschlägen von Paris und Brüssel auch die durch neue Enthül­ lungen angefachte Diskussion über sog. Steuerparadiese.753 Die schon bei der GwRL IV vorhandenen Bezüge zum Steuerrecht wer­ den in der GwRL V noch deutlicher: Zu den Verpflichteten gehört nun „jede […] Person, die – unmittelbar oder über Dritte, mit denen diese andere Person verbunden ist, – als wesentliche geschäftliche oder ge­ werbliche Tätigkeit materielle Hilfe, Unterstützung oder Beratung im Hinblick auf Steuerangelegenheiten leistet“ (Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a GwRL V). Über diese Personen hinaus wird der Kreis der Verpflichteten auf Immobilienmakler „in ihrer Tätigkeit bei der Vermietung von Immo­ bilien“ ausgedehnt, sofern die monatliche Miete 10.000 EUR erreicht oder übersteigt (Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d GwRL V), ebenso auf Dienst­ leister, die virtuelle Währungen754 in Fiatgeld und umgekehrt tauschen 751 Richlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.05.2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Fi­ nanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. L 156 v. 19.06.2018, 43. 752 COM(2016) 450 final v. 05.07.2016. 753 Vgl. Frey, CCZ 2018, 170 (170–171); Stellungnahme des Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschusses (EWSA) v. 19.10.2016, ABl. C 34 v. 02.02.2017, 121 (123). Besondere legislatorische Aktivität haben insbesondere die „Panama Papers“ aus­ gelöst: Dabei handelt es sich um eine große Menge Daten der panamaischen Kanz­ lei Mossack Fonseca, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt und von dieser zu­ sammen mit anderen Medien ausgewertet wurden. Die Ergebnisse der Recherche wurden von der SZ in mehreren Artikeln erstmals am 3. April 2016 auf www.su­ eddeutsche.de veröffentlicht, am 4. April 2016 dann auch in der Print-Ausgabe und einer Sonderbeilage („Das Leak“). 754 Kritisch zur Verwendung des Begriffs „Währung“ in diesem Zusammenhang EZB, Stellungahme v. 12.10.2016, ABl. C 459 v. 09.12.2016, 3 (4–5).

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(„Kryptobörsen“ wie z. B. Coinbase)755, Anbieter elektronischer Geld­ börsen (womit nicht E-Geld-Systeme wie die Geldkarte gemeint sind, sondern „Wallets“ für Kryptowährungen, siehe Art. 3 Nr. 18 und 19 GwRL V756) und auf bestimmte im Kunsthandel Tätige bei Transaktio­ nen ab 10.000 EUR757 (Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. g bis j GwRL V). Daneben werden die Vorgaben, die von der Kommission bei der Erstel­ lung der Liste der Drittländer mit hohem Risiko zu beachten sind, dahin­ gehend erweitert, dass auch die Verfügbarkeit korrekter und aktueller Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer von juristischen Personen und Rechtsvereinbarungen für die zuständigen Behörden ein­ fließen muss. Im geschäftlichen Verkehr mit Partnern aus diesen Dritt­ ländern gelten fortan verstärkte Sorgfaltspflichten (Art. 18a GwRL V). Erhebliche Änderungen nimmt die Änderungsrichtlinie an den Vor­ schriften über das Transparenzregister vor. Dieses soll „allen Mitgliedern der Öffentlichkeit“ voraussetzungslos zugänglich sein, allerdings be­ schränkt auf folgende Daten: Name, Monat und Jahr der Geburt, Wohn­ sitzland und Staatsangehörigkeit sowie Art und Umfang des wirtschaft­ lichen Interesses. Zu den Behörden, die ohne Einschränkung auf das Register zugreifen können, gehören nicht länger nur diejenigen Behör­ den, die für die Umsetzung und Überwachung der Richtlinie zuständig sind (die „zuständigen Behörden“), sondern nach Art. 30 Abs. 6 UAbs. 2 GwRL V ausdrücklich auch die Steuerbehörden.758 Daneben regelt die Änderungsrichtlinie nun auch den Zugriff auf das Register für Trusts und ähnliche Rechtsgestaltungen, der hinsichtlich der Öffentlichkeit restrik­ tiver ausfällt, indem der Nachweis eines „berechtigten Interesses“ ver­ langt wird (Art. 31 Abs. 4 Satz 1 Buchst. c GwRL V).759 Daneben stärkt die Richtlinie die Stellung der Zentralen Meldestellen insbesondere dadurch, dass sie künftig nicht nur passiv Meldungen ent­ 755 Zu Geldwäschegefahren im Zusammenhang mit Kryptowährungen siehe FATF, Virtual Currencies, 2014. Ein Überblick über die Rechtsentwicklung in diesem Bereich findet sich bei Firth-Butterfield/Brent/Grant, in: Blair/Brent/Grant (Hrsg.), Banks and Financial Crime, 22017, S. 527–558. 756 So auch EZB, Stellungahme v. 12.10.2016, ABl. C 459 v. 09.12.2016, 3 (3). 757 Der Kunsthandel gilt als geldwäschegefährdeter Bereich, ausführlich dazu Sanctis, Money Laun­dering Through Art, 2013. 758 Unklar ist, ob sich der Halbsatz: „die für Ermittlungen oder Strafverfolgungsmaß­ nahmen in Fällen von Geldwäsche und damit zusammenhängenden Vortaten und von Terrorismusfinanzierung sowie für die Ermittlung und Beschlagnahme, das Einfrieren und die Einziehung von Vermögenswerten aus Straftaten zuständig sind“, auch auf das Wort „Steuerbehörden“ oder nur im Sinne eines Auffangtatbe­ standes auf das Wort „Behörden“ bezieht. In diesem Fall wären in Deutschland nur die Steuerfahndung und die Bußgeld- und Strafsachenstelle einsichtsberech­ tigt. 759 Zum Begriff des berechtigten Interesses und den Richtlinienvorgaben für Trusts siehe ausführlicher Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (590–591, 598–601).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

gegennehmen und dazu erforderlichenfalls weitere Auskünfte verlangen, sondern auch aktiv und unabhängig vom Vorliegen einer Meldung Infor­ mationen bei den Verpflichteten nachfragen können.760 Ferner wird den Mitgliedstaaten die Einrichtung eines zentralen Kontenregisters bzw. ei­ nes zentralen elektronischen Datenabrufsystems aufgegeben (Art. 32a GwRL V). In Deutschland dürfte das Kontenabrufverfahren nach § 24c KWG diesen Anforderungen im Wesentlichen genügen.761 Schließlich soll auch ein Register der Immobilieneigentümer eingeführt werden (Art. 32b GwRL V). Unklar ist, ob dafür das 2013 beschlossene Daten­ bankgrundbuch – d. h. die Digitalisierung der dezentral geführten Grund­ bücher – ausreicht. Das Grundbuch enthält grundsätzlich nur Angaben über den zivilrechtlichen Eigentümer. Angaben zum wirtschaftlich Be­ rechtigten sind mit Blick auf die Funktion des Grundbuchs auch nicht erforderlich. Die Aufnahme solcher Angaben in das Grundbuch wäre mit zahlreichen Problemen verbunden.762 Da ein Immobilienregister für die Zwecke der Geldwäschebekämpfung jedoch grundsätzlich nur dann ­geeignet ist, wenn es auch den wirtschaftlich Berechtigten zu erfassen versucht, scheint auch das Datenbankgrundbuch unzureichend.763 Denk­ bar erscheint hingegen die Aufnahme von Angaben über den wirtschaft­ lich Berechtigten in die Liegenschafts- und Grundstücksdatenbank (LANGUSTE), die von der Finanzverwaltung geführt wird. Nicht zugäng­ lich sein dürften hingegen die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungs­ zählung im Rahmen des Zensus (§§ 9, 10 ZensG764), da deren Einbezie­ hung in die Geldwäschebekämpfung nur sinnvoll ist, wenn die Daten nicht anonymisiert werden – eine Übermittlung für Zwecke der amtli­ chen Statistik erhobener und noch personenbezogener Daten für Voll­ zugszwecke ist jedoch unzulässig.765 2. Geldwäschegesetz (GwG) Die Pflichten Privater im Bereich der Geldwäschebekämpfung regeln in Deutschland die Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GwG), die für be­ stimmte Verpflichtete um Sonderregeln im KWG und VAG ergänzt wer­ den. Die Barverkehrsüberwachung ist im ZollVG geregelt. 760 Vgl. Vogel/Maillart, eucrim 2016, 179 (177). 761 Änderungsbedarf kann sich allenfalls bei der Vernetzung der Kontenregister erge­ ben, Frey, CCZ 2018, 170 (175). 762 Vgl. Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 19/2449, S. 11. 763 Gleichwohl scheint man sich bereits von der Einführung eines Datenbankgrund­ buchs Fortschritte bei der Geldwäschebekämpfung zu versprechen, vgl. Drost, Handelsblatt v. 05.02.2020. 764 Gesetz zur Durchführung des Zensus im Jahr 2021 v. 26.11.2019, BGBl. I 2019, 1851. 765 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BverfGE 65, 1 (51–52); Urt. v. 19.09.2018 – 2 BvF 1/15, 2 BvF 2/15, BVerfGE 150, 1 (109–110).

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Zentraler staatlicher Akteur der Geldwäschebekämpfung ist die Zentral­ stelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, früher: Zentralstelle für Verdachtsmeldungen. Sie ist die deutsche Financial Intelligence Unit (­FIU).766 Sie war bis 2017 beim Bundeskriminalamt (und damit im Ge­ schäftsbereich des Bundesministeriums des Innern) angesiedelt. Es han­ delte sich um eine Zentralstelle i. S. v. § 2 Abs. 1 BKAG. Inzwischen ist die FIU eine Untergliederung des Zollkriminalamtes (ZKA), das wieder­ um eine Untergliederung der Generalzolldirektion ist; diese ist eine Bun­ desoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finan­ zen. Wegen der funktionalen Eigenständigkeit des ZKA spricht man deshalb auch von der FIU als einer „Behörde in der Behörde in der Behör­ de“.767 Die Reorganisation der FIU stieß auf erhebliche Kritik und auch der Bundesrechnungshof kam 2018 zu dem Ergebnis: „Die FIU wird ihrer Aufgabe noch nicht voll gerecht.“768 Mehrere zehntausend Meldungen blieben unbearbeitet und die Meldungen, die weitergeleitet wurden, wie­ sen eine ungenügende Qualität auf.769 Als Ursachen macht der Bundes­ rechnungshof IT-Probleme sowie eine nicht ausreichende Personalaus­ stattung aus.770 Die Generalzolldirektion erhöhte den Personalbedarf in der Folge von 165 auf 475 Planstellen.771 Gleichwohl erscheint die FIU – wenn man den Medienberichten Glauben schenken darf – auch den Strafverfolgungsbehörden als weitgehend dysfunktionale Einheit.772 Im­ mer drängender stellt sich die Frage, ob die nebulös formulierten Vortei­ le, die man sich von der Reorganisation erhoffte, in einem tragbaren Ver­ hältnis zu den nachteiligen Folgen dieses Schrittes stehen. Im Bereich der Kredit- und Finanzinstitute spielt außerdem die BaFin eine herausgehobene Rolle, die hier nicht weiter vertieft werden muss. a) Hintergrund und Gesetzgebungsverfahren Vor Verabschiedung des Geldwäschegesetzes gab es in gewissem Umfang bereits Identifizierungspflichten (insb. § 154 AO, § 10 BeurkG) und Aufbe­ wahrungspflichten für bestimmte Unterlagen (insb. §§ 141 ff. AO, § 257 766 Ausführlich zu Aufgaben, Struktur und Befugnissen der FIU Hütwohl, ZIS 2017, 680–687. 767 Hütwohl, ZIS 2017, 680 (681–682). 768 Bundesrechnungshof, Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes­ tages nach § 88 Abs. 2 BHO, 21.09.2018, S. 13. 769 Bundesrechnungshof, Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes­ tages nach § 88 Abs. 2 BHO, 21.09.2018, S. 13. 770 Bundesrechnungshof, Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes­ tages nach § 88 Abs. 2 BHO, 21.09.2018, S. 13. 771 Bundesrechnungshof, Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes­ tages nach § 88 Abs. 2 BHO, 21.09.2018, S. 13. 772 Vgl. Strozyk/Strunz, Gefahr der Strafvereitelung im Amt, 09.06.2020, https:// www.tagesschau.de/investigativ/ndr/geldwaesche-139.html (zuletzt geprüft am 31.10.2020).

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i. V. m. § 238 HGB). Die Kooperationspflichten Privater mit den Strafver­ folgungsbehörden regelten im Wesentlichen §§ 161, 161a StPO, mit den Finanzbehörden § 93 AO. Eine Pflicht zur Anzeige geplanter Straftaten existierte grundsätzlich nur in den engen Grenzen des § 138 StGB. Die Bundesrepublik verhielt sich anfangs eher zurückhaltend, als es um die Einführung eines verwaltungsrechtlichen Instrumentariums zur Ver­ folgung und Verhinderung der Geldwäsche ging. Der Bundesrat hatte die Bundesregierung bereits am 11. Mai 1990 in einer Entschließung aufge­ fordert, Identifizierungs-, Aufzeichnungs- und Verdachtsmeldepflichten einzuführen und sich dafür auch auf internationaler Ebene einzuset­ zen.773 In seiner Stellungnahme zur GwRL I lehnte der Bundesrat dann jedoch die Einführung einer Verdachtsmeldepflicht ab, bevor die Geldwä­ sche nicht gemeinschaftsweit kriminalisiert worden sei; darüber hinaus müssten „Verdachtskriterien“ entwickelt werden.774 Ferner dürften die den Kreditinstituten aufzuerlegenden Pflichten „nicht zu unzumutba­ rem Arbeitsaufwand und vermeidbaren Störungen des Vertrauensver­ hältnisses zwischen Bankinstitut und Kunden führen.“775 Als Schwellen­ betrag für die Identifizierungspflicht wurden 50.000 DM vorgeschlagen.776 Die Bundesregierung setzte sich auf europäischer Ebene für eine Ab­ schwächung des Kommissionsentwurfs zur GwRL I ein.777 Im Org­ KG-Entwurf des Bundesrates heißt es noch: „Regelungen zur Mitteilung bei größeren Geldbewegungen und zur Identifikation, vor allem im Bankbereich, sind gegebenenfalls in anderem Zusammenhang zu regeln. Sie hängen mit dem Straftatbestand des Geldwaschens nicht unmittelbar zusammen.“778

Am 08.04.1992 legte die Bundesregierung dann den ersten Entwurf eines Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Ge­ winnaufspürungsgesetz – GewAufspG) vor.779 Durch das Gesetz sollte ne­ ben der GwRL I auch Art. 5 Abs. 2 WSÜ (der jedoch eigentlich eine andere Zielrichtung hatte, vgl. o. Fn. 685) umgesetzt und den FATF-40 (1990) 773 Entschließung des Bundesrates zum Aufspüren von Vermögenswerten aus illega­ lem Drogenhandel v. 11.05.1990, BR-Drs. 75/90 (Beschluß). 774 Beschluss zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verhinderung der ­Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (GwRL-Beschluss), BRDrs. 288/90 (Beschluß), S. 1–2 Ziff. 2 und S. 3 Ziff. 7. 775 GwRL-Beschluss, BR-Drs. 288/90 (Beschluß), S. 3 Ziff. 5. 776 GwRL-Beschluss, BR-Drs. 288/90 (Beschluß), S. 3 Ziff. 6. Der Wirtschaftsausschuss hatte für Bareinzahlungen noch einen Schwellenbetrag von 100.000 DM vorge­ schlagen, siehe BR-Drs. 288/1/90, S. 4 Ziff. 8. 777 Kritisch (und überspitzt) Carl, wistra 1991, 288 (288–292). 778 OrgKG-Entwurf, BT-Drs. 12/989, S. 26. 779 Entwurf eines Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straf­ taten (Gewinnaufspürungsgesetz – GewAufspG) (GewAufspG-Entwurf), BR-Drs. 220/92 v. 08.04.1992.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Rechnung getragen werden.780 Ziel des Gesetzes sollte es sein, dass die Strafverfolgungsbehörden durch Inpflichtnahme vor allem – aber nicht nur – der Finanzwirtschaft Anhaltspunkte für Geldwäsche und Informati­ onen über mögliche Beteiligte erhalten und Unternehmen bzw. Berufs­ gruppen vor dem Missbrauch zum Zwecke der Geldwäsche schützen.781 Ursprünglich vorgesehen war eine Pflicht zur Kundenidentifizierung grundsätzlich bei Transaktionen ab 30.000 DM (nur für Kredit- und Fi­ nanzinstitute), bei der Annahme von Bargeld ab 50.000 DM (auch für Gewerbetreibende und Spielkasinos), beim Abschluss von Lebensversi­ cherungsverträgen (nur für Versicherungsunternehmen) bei Überschrei­ ten gewisser Schwellenwerte sowie ungeachtet der Höhe der Transakti­ on bei Verdacht, d. h. bei Vorliegen eines „konkreten Bezugspunktes“, nicht aber bei „bloße[n] Vermutungen ohne jeden realen Hintergrund.“782 Eine Identifizierungspflicht bei Kontoeröffnung wurde wegen § 154 AO für entbehrlich gehalten.783 Zu identifizieren war grundsätzlich nur, wer als Kunde auftrat. Bejahte der Kunde auf Nachfrage, auf Rechnung eines Dritten zu handeln, so musste auch dieser identifiziert werden. Die im Zusammenhang mit der Identifizierung erstellten Unterlagen sowie Auf­ zeichnungen über verdachtsbegründende Umstände waren in Anlehnung an § 254 Abs. 4 HGB für sechs Jahre aufzubewahren. Eine Verdachtsmel­ depflicht mit Stillhalteverpflichtung, Mitteilungsverbot und Indemni­ tätsklausel war ebenfalls vorgesehen; das Unterlassen der Abgabe einer Verdachtsmeldung war jedoch nicht bußgeldbewehrt. Zudem erlosch die Stillhalteverpflichtung, wenn die zuständige Behörde nicht bis zum Ab­ lauf des auf die Meldung folgenden Tages Weisungen erteilte oder die Vornahme der Transaktion verbot. Von diesen Pflichten gab es verschie­ dene Ausnahmen, Erleichterungen und Sonderregeln, insbesondere für Angehörige rechts- und steuerberatender Berufe: Für Rechtsanwälte und Strafverteidiger entfiel die Identifizierungspflicht bei Bargeldannahme. Verdachtsmeldungen sollten sie – anders als Kredit- und Finanzinstitute sowie Spielkasinos – nicht abgeben müssen. Eröffnete ein Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ein Anderkonto oder ein Konto für einen Drit­ ten, so musste er dessen Identität gegenüber dem Verpflichteten nicht offenlegen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde vor allem über folgende Punkte gestrit­ ten: Die von manchen als viel zu hoch empfundenen Schwellenbeträge, die Sonderregelungen für die rechts- und steuerberatenden Berufe, die als 780 GewAufspG-Entwurf, BR-Drs. 220/92, S. 20–21. 781 GewAufspG-Entwurf, BR-Drs. 220/92, S. 21. 782 GewAufspG-Entwurf, BR-Drs. 220/92, S. 21. 783 GewAufspG-Entwurf, BR-Drs. 220/92, S 25. Zum Verhältnis der Identifizierungs­ pflichten nach dem GwG zu § 154 AO ausführlich Hasse, WM 1995, 1941–1947.

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zu kurz empfundene Frist zur Bearbeitung von Verdachtsmeldungen, der Umfang der Inpflichtnahme der Kreditwirtschaft – kritisiert wurde dies überwiegend von ihren Vertretern – sowie der Verzicht auf Sanktionen.784 Nach zähen Ausschussdiskussionen und der Anrufung des Vermittlungs­ ausschusses wurde ein einheitlicher Grenzwert für Barvorgänge und un­ bare Transaktionen in Höhe von 20.000 DM festgelegt,785 die Sonderrege­ lungen für rechts- und steuerberatende Berufe wurden gestrichen. Am 02.07.1993 wurde das Gesetz vom Bundestag und am 24.09.1993 vom Bun­ desrat beschlossen. Am 29. November 1993 trat es in Kraft. Es wurde seit­ dem zweimal neu gefasst und darüber hinaus über dreißigmal geändert.786 Bereits 1998 wurden die im Gesetzgebungsverfahren 1992/1993 heftig umstrittenen Schwellenbeträge, die eine Identifizierungspflicht auslö­ sen, von 20.000 DM auf 30.000 DM – die Minimalvorgabe der GwRL I – erhöht. In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es, dass niedrigere

784 Übersichtlich zu den Streitpunkten m. w. N. Hetzer, wistra 1993, 286 (290–293); siehe auch Steuer, Die Bank 1991, 138–150; Fülbier, WM 1990, 2025–2034; Fülbier, ZBB 1992, 124–128; Fülbier, DStR 1994, 827–831. Den Verzicht auf Sanktio­ nen kritisierte der Abgeordnete Jürgen Meyer (SPD), Stenografischer Bericht der 95. Sitzung des 12. Deutschen Bundestages am 05.06.1992, S. 7824 (B). 785 Das lag immer noch unter den Forderungen der SPD, einen Schwellenwert von 15.000 DM festzuschreiben, siehe z. B. der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, BT-Drs. 12/5328, S. 1–2; wiederholt in Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Be­ kämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (2. OrgKG) (2. OrgKG-Entwurf), BT-Drs. 12/6784, S. 9. 786 Das Geldwäschegesetz v. 25.10.1993, BGBl. I 1993, 1770, wurde geändert durch Art. 9 des G. v. 22.10.1997, BGBl. I 1997, 2567; Art. 2 Abs. 22 des G. v. 17.12.1997, BGBl. I 1997, 3108; Art. 3 des G. v. 04.05.1998, BGBl. I 1998, 845; Art. 165 der Verordnung v. 29.10.2001, BGBl. I 2001, 2785; Art. 22 des G. 03.12.2001, BGBl. I 2001, 3306; Art. 18 des G. v. 22.04.2002, BGBl. I 2002, 1310; Art. 1 des G. v. 08.08.2002, BGBl. I 2002, 3105; Art. 138 der Verordnung v. 25.11.2003, BGBl. I 2003, 2304; Art. 11 des G. v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2676; Art. 5 des G. v. 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3089 und ersetzt durch das Geldwäschegesetz v. 13.08.2008, BGBl. I 2008, 1690. Dieses wurde geändert durch Art. 5 des G. v. 18.06.2009, BGBl. I 2009, 1346; Art. 5 des G. v. 25.06.2009, BGBl. I 2009, 1506; Art. 4 Abs. 9 des G v. 30.07.2009, BGBl. I 2009, 2437; Art. 7 des G. v. 01.03.2011, BGBl. I 2011, 288; Art. 5 des G. v. 22.06.2011, BGBl. I 2011, 1126; Art. 9 des G. v. 04.12.2011, BGBl. I 2011, 2427; Art. 1 des G. v. 22.12.2011, BGBl. I 2011, 2959; Art. 1 des G. v. 18.02.2013, BGBl. I 2013, 268; Art. 4 des G. v. 27.06.2013, BGBl. I 2013, 1862; Art. 2 des G. v. 04.07.2013, BGBl. I 2013, 2178; Art. 6 Abs. 12 des G. v. 28.08.2013, BGBl. I 2013, 3395; Art. 9 des G. v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318; Art. 8 des G. v. 15.06.2014, BGBl. I 2014, 934; Art. 2 Abs. 44 des G. v. 01.04.2015, BGBl. I 2015, 434; Art. 2 Abs. 6 des G. v. 12.06.2015, BGBl. I 2015, 926; Art. 346 der Verordnung v. 31.08.2015, BGBl. I 2015, 1474; Art. 7 des G. v. 11.04.2016, BGBl. I 2016, 720; Art. 24 Abs. 37 des G. v. 23.06.2017, BGBl. I 2017, 1693 und er­ setzt durch das Geldwäschegesetz v. 23.07.2017, BGBl. I 2017, 1822. Dieses wurde geändert durch Art. 23 des G. v. 23.07.2017, BGBl. I 2017, 1822; Art. 1 des G. v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2602; Art. 269 der Verordnung v. 19.06.2020, BGBl. I 2020, 1328.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Schwellenwerte in anderen Ländern keine größeren Erfolge gebracht hät­ ten, während eine Erhöhung die Verpflichteten erheblich entlaste.787 2002 wurden die Identifizierungspflichten deutlich detaillierter gere­ gelt.788 Fortan existierte eine eigenständige Identifizierungspflicht bei Begründung einer auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung, also insb. bei Kontoeröffnung, wo bisher nur § 154 Abs. 2 AO galt. Ferner wurde die Identifizierungspflicht insbesondere auf rechts- und steuerberatende Be­ rufe unter bestimmten Voraussetzungen ausgedehnt. § 14 Abs. 2 Nr. 1 GwG verpflichtete im Rahmen der internen Sicherungsmaßnahmen zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten. Ferner wurde mit der Ansied­ lung einer Zentralstelle für Verdachtsanzeigen beim Bundeskriminalamt (vgl. § 2 BKAG) eine deutsche FIU geschaffen. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwä­ sche und der Terrorismusfinanzierung789 wurde das Geldwäschegesetz mit Wirkung zum 21.08.2008 neu gefasst, übersichtlicher gestaltet und grundlegend geändert. Dies diente auch der Umsetzung der GwRL III.790 Kern der Reform war neben der Erweiterung der Zielrichtung des Ge­ setzes auf Terrorismusfinanzierung die Übernahme des risikobasierten Ansatzes der GwRL III mit verstärkten Sorgfaltspflichten insbesondere bei auslandsansässigen PEP (jedoch nur, wenn sie selbst Vertragspartner des Verpflichteten waren) und Ferngeschäften.791 Die vorher eigens ge­ regelten Identifizierungspflichten gingen in den sog. allgemeinen Sorg­ faltspflichten auf, die neben der Identifizierung auch die Abklärung des wirtschaftlichen Hintergrundes einer Geschäftsbeziehung und des wirt­ schaftlich Berechtigten sowie fortlaufende Überwachungspflichten um­ fassten und grundsätzlich immer zu beachten waren, wenn ein pflichtaus­ lösender Tatbestand erfüllt war. Die pflichtauslösenden Tatbestände wurden in zwei Hinsichten erweitert: War eine verdachtsunabhängige Identifizierung außerhalb einer auf Dauer angelegten Geschäftsbezie­ hung vorher grundsätzlich nur bei bestimmten Vorgängen (Annahme oder Abgabe von Bargeld und bei Instituten i. S. v. § 1 Abs. 4 GwG i. d. F. des G. v. 25.10.1993 zusätzlich von Wertpapieren oder Edelmetallen) 787 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kri­ minalität v. 01.10.1997, BT-Drs. 13/8651, S. 16. 788 Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (Geldwäschebekämpfungsgesetz) v. 08.08.2002, BGBl. I 2002, 3105. 789 Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz (GwBekErgG) v. 13.08.2008, BGBl. I 2008, 1690. 790 Diese war bis 15.12.2007 umzusetzen. Am 05.06.2008 teilte die Kommission mit, gegen 15 säumige Mitgliedstaaten ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten zu wollen (Pressemitteilung IP/08/860 v. 05.06.2008). 791 Die Regelungen zu PEP bewegen sich nach Ansicht von Hetzer, EuZW 2008, 560 (563) „jedenfalls sprachlich an [den] Grenzen der Verständlichkeit“.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

oberhalb des Schwellenwertes von 15.000 €792 durchzuführen, mussten die Verpflichteten ab 2008 bei jeder Transaktion oberhalb dieses Schwel­ lenwertes, d. h. jeder Handlung, die eine Geldbewegung oder sonstige Vermögensverschiebung bewirkt, Sorgfaltspflichten einhalten. Ebenfalls Sorgfaltspflichten wurden ausgelöst, wenn bei dem Verpflichteten Zwei­ fel darüber aufkamen, ob die Angaben zur Identität des Kunden oder wirtschaftlichen Eigentümers zutreffend sind. Verschärft wurden auch die Pflichten im Hinblick auf wirtschaftlich Berechtigte: Durften sich die Verpflichteten hier i. d. R. auf Nachfragen beim Vertragspartner be­ schränken und sich auf dessen Angaben verlassen, mussten sie nun erfor­ derlichenfalls – d. h. bei entsprechendem Risiko – auch eigene Prüfungen durchführen.793 Daneben wurde der Begriff des wirtschaftlich Berechtig­ ten selbst erweitert, sodass er nicht nur Handeln auf fremde Rechnung erfasste, sondern auf Kriterien wie Eigentum, Kontrolle und Veranlas­ sung abstellte. Ferner stellt die Verletzung der Meldepflicht erst seit 2008 eine Ordnungswidrigkeit dar, die zunächst mit einem Bußgeld bis 100.000 € geahndet werden konnte.794 Weitere Neuerungen brachte das Gesetz zur Optimierung der Geld­ wäscheprävention v. 22.12.2011. Damit reagierte Deutschland vor allem auf die Beanstandungen, die von der FATF anlässlich der Mutual Evalua­ tion 2010 festgestellt worden waren. Präzisiert wurden die Regelungen über den wirtschaftlichen Eigentümer vor allem mit Blick auf Stiftun­ gen, Trusts, Treuhand- und ähnliche Rechtsgestaltungen; die Sorgfalts­ pflichten im Hinblick auf wirtschaftliche Eigentümer wurden verschärft. Insbesondere musste der Vertragspartner des Verpflichteten von sich aus offenlegen, ob er für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt und des­ sen Identität nachweisen. Der Kreis der Verpflichteten im Zusammen­ hang mit E-Geld wurde ausgeweitet und der Schwellenwert für die Akti­ vierung ihrer Sorgfaltspflichten für manche Verpflichtete im E-Geld Bereich auf null gesenkt. Gleichzeitig wurde die Privilegierung für Rechtsberufe eingeschränkt und die Durchführung von Sorgfaltspflich­ ten auch für die Fälle angeordnet, in denen sich eine Identifizierungs­ pflicht aus der Geldtransfer-VO ergab.795 Verschärft wurden überdies die 792 Die Umstellung der Schwellenbeträge auf Euro erfolgte durch Art. 22 des 6. Euro-­ Einführungsgesetzes v. 03.12.2001, BGBl. I 2001, 3306. 793 GwBekErgG-Entwurf, BT-Drs. 16/9038, S. 33­–34.  794 Zu den Einzelheiten siehe Hetzer, EuZW 2008, 560–565; Kallert, DStR 2008, 1661–1664. 795 Nach der Entwurfsbegründung (BR-Drs. 317/11 bzw. BT-Drs. 17/6804, S. 26) habe dies nur „deklaratorischen Charakter“ (S. 34). Tatsächlich gingen jedoch die Sorg­ faltspflichten des GwG in der damals geltenden Fassung über das Pflichtenpro­ gramm der ersten Geldtransfer-VO hinaus. Das gilt bereits für die Identifizierung: So verlangte die Geldtransfer-VO lediglich die Identifizierung des formalen Auf­ traggebers, nicht aber – wie das GwG – die des wirtschaftlich Berechtigten (vgl. die Definition in Art. 2 Nr. 3 Erste Geldtransfer-VO). So auch der Bundesrat in seiner

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Regelungen über die Sorgfaltspflichten der Spielbanken, die vereinfach­ ten Sorgfaltspflichten (sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch des Umfangs) sowie die Regelungen über den Umgang mit PEP (fortan waren auch inlandsansässige PEP erfasst und die verstärkten Sorgfalts­ pflichten galten auch dann, wenn eine PEP nicht Vertragspartner, son­ dern nur wirtschaftlich Berechtigter war796). Darüber hinaus wurde eine Ermächtigungsgrundlage zur Anordnung verschärfter Sorgfaltspflichten insbesondere bei Geschäften mit Kunden aus „nicht kooperativen Juris­ diktionen“ eingefügt.797 Außerdem wurden die Pflicht zur Bestellung ei­ nes Geldwäschebeauftragten ausgeweitet und weitere interne Sorgfalts­ pflichten erweitert bzw. detaillierter ausgestaltet.798 Relevant ist überdies die „Klarstellung“, dass die Verdachtsmeldeschwelle unterhalb des straf­ prozessualen Anfangsverdachts liegen soll;799 um Missverständnisse zu vermeiden, wurde auch die Terminologie angepasst, sodass seitdem nicht mehr von einer „Anzeige“, sondern von einer „Meldung“ die Rede ist.800 Eine solche Meldung muss seitdem auch erfolgen, wenn der Verpflichtete Zweifel hegt, ob der Vertragspartner einen wirtschaftlich Berechtigten offengelegt und dessen Identität ordnungsgemäß nachge­ wiesen hat. Bemerkenswert ist schließlich, dass bestimmten Aufsichts­

Stellungnahme, BT-Drs. 17/6804, S. 44, der den – letztlich verabschiedeten – Re­ gierungsentwurf insoweit für unpraktikabel hält und ablehnt. Siehe auch Herzog/ Achtelik/Figura, § 10 GwG Rn. 64; Höche/Rößler, WM 2012, 1505 (1507). 796 Zu Recht weist der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf darauf hin, dass die Erfassung auch inlandsansässiger PEP sowie die Prüfung, ob ein wirtschaftlich Berechtigter als PEP zu qualifzieren ist, über die Anforderungen des Art. 13 Abs. 4 GwRL III hinausgeht (BT-Drs. 17/7804, S. 45). 797 Gemeint sind damit die Staaten, die sich auf der „Schwarzen Liste“ der FATF wie­ derfinden, siehe Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Geldwäsche-Präven­ tion, BR-Drs. 317/11, S. 42. 798 Nach dem ursprünglichen Entwurf sollte die Pflicht zur Bestellung eines Geldwä­ schebeauftragen wieder für alle Verpflichteten eingeführt werden (BR-Drs. 317/11, S. 44), verbunden mit der Möglichkeit, einzelne Verpflichtete durch behördliche Erlaubnis davon auszunehmen. Dies hielt der Bundesrat für „nicht erforderlich“, ebenso seien die damit verbundenen Grundrechtseingriffe und der Verwaltungs­ aufwand nicht zu rechtfertigen (BT-Drs. 17/6804, S. 46). Durchgesetzt hat sich das umgekehrte Regelungsmodell: Grundsätzlich verpflichtet zur Bestellung eines Beauftragten waren nach dem GwG (beachte noch die Sonderregeln im KWG ­ und VAG) nur Finanzunternehmen und Spielbanken; die zuständige Behörde bzw. die zuständigen Selbstverwaltungsorgane (z. B. die Bundesrechtsanwaltskammer) konnten jedoch die Bestellung eines Beauftragten im Einzelfall auch gegenüber anderen Verpflichteten anordnen. 799 BR-Drs. 317/11, S. 49: „[E]ine Meldung ‚ins Blaue‘ ist auch nach der Neufassung unzulässig.“ 800 BR-Drs. 317/11, S. 48. In der Literatur war vorher eine Orientierung an § 152 Abs. 2 StPO („tatsächliche Anhaltspunkte“) vertreten worden, ausführlich hierzu m. w. N. zu dieser Ansicht Herzog/Warius/Herzog/Achtelik, GwG, 2. Aufl. 2014, § 11 Rn. 16.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

behörden das Recht eingeräumt wurde, die Kosten für Aufsichtsmaßnah­ men den Verpflichteten in Rechnung zu stellen.801 2013 wurde das Geldwäschegesetz im Anschluss an die Zulassung des Online-Glücksspiels im Jahr 2012 (1. Glücksspieländerungsstaatsver­ trag) um Vorschriften über das Glücksspiel im Internet ergänzt.802 2016 wurden die Identifizierungspflichten dahingehend ausgeweitet, dass auch derjenige zu identifizieren ist, der im Namen des Vertragspartners auftritt oder aufzutreten vorgibt.803 Die vorerst letzten großen Novellierungen des Geldwäschegesetzes er­ folgten 2017 und 2019 in Umsetzung der GwRL IV und V.804 Schwer­ punkt der Neuregelungen waren entsprechend den europarechtlichen Vorgaben die Stärkung des risikobasierten Ansatzes, die Schaffung eines sog. Transparenzregisters und die Neuorganisation und Stärkung der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Im Folgenden wird ein Überblick über das Geldwäschegesetz in seiner aktuellen Fassung gegeben, d. h. soweit nicht anders vermerkt, beziehen sich die Normzita­ te auf das GwG i. d. F. des G. v. 12.12.2019. Zum GwG wurden von der BaFin für die unter ihrer Aufsicht stehenden Verpflichteten Auslegungsund Anwendungshinweise (AuA) erlassen.805

801 BR-Drs. 317/11, S. 53: „Dies ist sachgerecht, da es den aufsichtführenden Körper­ schaften nicht zuzumuten ist, diese nicht nur im Allgemeininteresse, sondern auch im Interesse der Verpflichteten selbst liegende Aufsichtstätigkeit ohne ent­ sprechende Kostenerstattung zu erbringen. Das Interesse der Öffentlichkeit, dass geldwäschesensible Bereiche wirksam überwacht und die Gefahren des Miss­ brauchs durch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hierdurch minimiert werden, korrespondiert mit dem Integritätsinteresse der insoweit missbrauchsge­ fährdeten Berufszweige und Unternehmen.“ Ob allerdings wirklich ein individu­ eller Vorteil vorliegt, der die Gebührenerhebung rechtfertigt, ist sehr zweifelhaft. Mit einer ähnlichen Argumentation könnte man auch den Bewohnern eines Vil­ lenviertels Gebühren für die Bestreifung ihres Viertels durch die Polizei auferle­ gen. 802 Gesetz zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes v. 18.02.2013, BGBl. I 2013, 268. 803 Art. 7 des G. v. 11.04.2016, BGBl. I 2016, 720; siehe dazu die Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/7204, S. 99–100. Zu den Einzelfragen siehe Krais, CCZ 2016, 185–187. 804 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen v. 23.06.2017, BGBl. I 2017, 1822; Gesetz ­ zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2602. 805 BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020. Diese ersetzen die Auslegungs- und Anwendungshinweise der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) vom 01.12.2014, die noch unter https://bankenverband.de/ service/auslegungs-und-anwendungshinweise/ (zuletzt geprüft am 31.10.2020) einsehbar sind. Rechtsgrundlage ist § 51 Abs. 8 GwG.

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b) Zielsetzung Mit dem Geldwäschegesetz sollen sowohl Geldwäsche als auch Terroris­ musfinanzierung verhindert und die Verfolgung dieser Taten erleichtert werden. Für die Definition des Begriffs der Geldwäsche wird in § 1 Abs. 1 GwG in der aktuellen wie in allen früheren Fassungen auf § 261 StGB verwiesen. Gleichwohl ist daran zu erinnern, dass die GwRL wie auch die vorherigen Richtlinien eine eigenständige und im Anwendungsbe­ reich der Richtlinien auch verbindliche Legaldefinition vorgeben. Die Bezugnahme auf § 261 StGB barg die Gefahr einer Normenspaltung, d. h. einer unterschiedlichen Auslegung des § 261 StGB im Strafrecht – wo bis zur Richtlinie (EU) 2018/1673 keine europarechtliche Determinierung gegeben war – und im Verwaltungsrecht. Praktisch ausgewirkt hat sich dies jedoch nicht, da § 261 StGB deutlich weiter gefasst ist als es die GwRL I–V verlangten bzw. verlangen, was angesichts des mindest­ harmonisierenden Charakters keine Probleme aufwirft. Der Begriff der Terrorismusfinanzierung ist ausführlicher definiert (§ 1 Abs. 2 GwG), da er über den Straftatbestand des § 89c StGB hinausgeht. Das Geldwäschegesetz enthält im Wesentlichen drei Gruppen von Pflich­ ten: Grundsätzlich alle Verpflichteten i. S. v. § 2 GwG müssen die Vor­ schriften über das Risikomanagement (§§ 4–9), die Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden (§§ 10–17) und die Kooperationspflichten (§§ 43–49) beachten. Daneben gibt es seit der Novelle von 2017 die Pflichten im Zu­ sammenhang mit dem Transparenzregister, die unabhängig davon, ob es sich um einen Verpflichteten i. S. v. § 2 GwG handelt, grundsätzlich alle juristischen Personen des Privatrechts und alle eingetragenen Per­ sonengesellschaften sowie Treuhänder im Zusammenhang mit bestimm­ ten Rechtsgestaltungen wie Trusts oder nichtrechtsfähigen Stiftungen (§§ 18–26) treffen.

Compliance-Pflichten (§§ 4–9 GwG)

Verpflichtete i.S.v. § 2 Abs. 1 GwG

Vereinigungen i.S.v. § 20 Abs. 1 und Rechtsgestaltungen nach § 21

Sorgfaltspflichten (§§ 10–17 GwG)

Einholung, Aufbewahrung, Aktualisierung und Übermittlung von Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten (§§ 20, 21 GwG)

Kooperationspflichten (§§ 43–49 GwG)

Abbildung 2  Überblick über die Pflichten nach dem GwG

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

c) Verpflichtete Der Kreis der Verpflichteten war bereits vor der Neufassung 2017 denk­ bar weit. Er erfasst traditionell die klassischen und neuen Akteure aus dem Finanzbereich (§ 2 Abs. 1 Nr. 1–6 GwG), bestimmte Versicherungs­ unternehmen und Versicherungsvermittler (§ 2 Abs. 1 Nr. 7–8 GwG) und Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 GwG). Ebenfalls er­ fasst werden Rechtsanwälte806, Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte und Notare, allerdings nur, soweit sie für ihren Mandanten an den in § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a GwG genannten Geschäften mitwirken oder – § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b GwG – im Namen und auf Rechnung ihrer Mandanten Finanz- und Immobilientransaktionen durchführen. Durch das Gesetz zur Umsetzung der GwRL V wurden weitere Tätigkeiten hin­ zugefügt, bei deren Ausführung die genannten Berufsgruppen den Pflich­ ten des GwG unterliegen, namentlich: – die Beratung des Mandanten im Hinblick auf dessen Kapitalstruktur, dessen industrielle Strategie oder damit verbundene Fragen, – die Beratung im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen sowie – die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen. Im Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit – insb. Rechtsberatung, Prozess­ vertretung, Strafverteidigung – unterliegen sie hingegen nicht den Pflich­ ten nach dem GwG. Den Tatbestand des § 261 StGB können sie gleich­ wohl verwirklichen. Bis auf den Bereich der geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen gilt dies auch für Rechtsbeistände, die nicht Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind und für registrierte Personen nach § 10 RDG. Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevoll­ mächtigte sind hingegen grundsätzlich in allen Aspekten ihrer berufli­ chen Tätigkeit Verpflichtete im Sinne des Gesetzes. Durch das Gesetz zur Umsetzung der GwRL V wurden überdies Lohnsteuerhilfevereine i. S. v. § 4 Nr. 11 StBerG in den Kreis der Verpflichteten gezogen.807 806 Umstritten war dabei, ob dies auch Syndikusrechtsanwälte mit einschließt. Dies wird von den Anwaltskammern gestützt auf § 46c Abs. 1 BRAO vertreten (siehe z. B. Rechtsanwaltskammer München, Auslegungs- und Anwendungshinweise der Rechtsanwaltskammer München zum Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG), 2020, S. 5), wobei die Pflichten der Syndici sich im Wesentlichen auf das Erstellen einer Risikoanalyse beschrän­ ken sollen (treffend Krais, CCZ 2019, 96 (96): „Verpflichtete ohne Pflichten“). Das wurde in der Literatur überwiegend mit systematischen und teleologischen Argu­ menten abgelehnt, so z. B. von Krais, CCZ 2019, 96–97; Pelz/Schorn, NJW 2018, 1351–1355. Der Gesetzgeber wollte hierzu im Rahmen der Umsetzung der GwRL V eine „Klarstellung“ in Gestalt des § 10 Abs. 8a GwG schaffen, die jedoch nicht alle Fragen beantwortet, s. Rodatz/Judis/Bergschneider, CCZ 2020, 93–96. 807 Die Bundesregierung geht davon aus, dass Lohnsteuerhilfevereine vom Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a GwRL V („jede andere Person, die […] als wesent­

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

d) Die Sorgfaltspflichten Sorgfaltspflichten sind grundsätzlich anzuwenden, wenn eine natürliche oder juristische Person Verpflichteter i. S. v. § 2 Abs. 1 GwG ist und der Sachverhalt einen die Pflichten auslösenden Tatbestand (§ 10 Abs. 3–8 GwG) erfüllt. Ist dies der Fall, ist je nach Risiko ein bestimmtes Pflich­ tenprogramm einzuhalten. Dem Geldwäschegesetz liegen – nach dem Vorbild der Geldwäschericht­ linien – drei Risikokategorien zugrunde: Das geringe, das normale/mitt­ lere und das erhöhte Risiko. Ausgangspunkt ist das mittlere Risiko, das von den Verpflichteten die Einhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflichten i. S. v. § 10 GwG verlangt („Kernsorgfaltspflichten“). Diese sind: 1. Identifizierung des Vertragspartners und ggf. der für ihn auftretenden Personen; 2. Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtig­ ten handelt und ggf. dessen Identifizierung; 3. Einholung und Bewertung von Informationen über den Zweck und über die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung; 4. Abklärung, ob es sich bei dem Vertragspartner oder dem wirtschaft­ lich Berechtigten um eine PEP handelt; 5. Kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung einschließ­ lich der Transaktionen, die in ihrem Verlauf durchgeführt werden, mit Blick darauf, ob diese zu dem Vertragspartner „passen“, d. h. mit dem in Einklang zu bringen sind, was dem Verpflichteten über den Vertragspartner und ggf. den wirtschaftlich Berechtigten, dessen Tä­ tigkeit und dessen Einkunftsquellen bekannt ist. Die Pflichten sind im Gesetz abstrakt umschrieben. Über ihren Umfang im konkreten Einzelfall müssen die Verpflichteten selbst entscheiden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 bis 3 GwG), wobei sie in der Lage sein müssen, ihre liche geschäftliche oder gewerbliche Tätigkeit materielle Hilfe, Unterstützung oder Beratung im Hinblick auf Steuerangelegenheiten leistet“) erfasst sind und deshalb zwingend in den Kreis der Verpflichteten aufgenommen werden müssen. Der Bundesrat meint hingegen, eine „wesentliche Hilfeleistung“ i. S. d. Richtlinie sei wegen des begrenzten Beratungsumfangs der Lohnsteuerhilfevereine (§ 4 Nr. 11 StBerG) zu verneinen; überdies sei auch der Kreis der Beratenen auf Mit­ glieder beschränkt, das Geldwäsche-Risiko gering und die mit der Verpflichteten­ stellung verbundenen Belastungen stünden dazu in keinem Verhältnis (Stellung­ nahme des Bundesrates, BT-Drs. 19/13827, Anlage 3, S. 125–126; Gegenäußerung der Bundesregierung ebd., S. 147). Eine Rolle gespielt haben könnte dabei aber auch, dass ebenfalls zum 01.01.2020 der Schwellenbetrag des § 4 Nr. 11 Buchst. c StBerG von 13.000 € auf 18.000 € bzw. 26.000 € auf 36.000 € bei Zusammenveran­ lagung angehoben wurde (Art. 5 Nr. 2 Buchst. b des Dritten Bürokratieentlas­ tungsgesetzes v. 22.11.2019, BGBl. I 2019, 1746), wodurch das Potential für Steuer­ hinterziehung mithilfe von Lohnsteuerhilfevereinen zumindest theoretisch größer geworden ist.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Entscheidung gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde zu begründen (§ 10 Abs. 2 Satz 4 GwG). Ist das Risiko geringer, dann gelten die sog. vereinfachten Sorgfaltspflichten (§ 14 GwG). Dabei sind alle Sorgfalts­ pflichten anzuwenden, nur der Umfang der zur Erfüllung der Pflichten zu treffenden Maßnahmen kann reduziert werden. Ist das Risiko erhöht, dann gelten die sog. verstärkten Sorgfaltspflichten (§ 15 GwG). Dabei sind erhöhte Anforderungen an den Umfang der Maßnahmen zu stellen und zusätzliche Pflichten zu erfüllen. Die Grundtatbestände, die bei allen Verpflichteten Sorgfaltspflichten auslösen, sind in § 10 Abs. 3 GwG umschrieben. Dies sind: 1. Die Begründung einer Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 3 Nr. 1 GwG). Innerhalb bereits bestehender Geschäftsbeziehungen müssen die Ver­ pflichteten Maßnahmen nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 Satz 3 GwG „zu geeigneter Zeit“ nachholen. 2. Transaktionen – bar und unbar –, die außerhalb einer Geschäftsbezie­ hung durchgeführt werden, wenn es sich um einen Geldtransfer i. S. d. Geldtransfer-VO handelt oder der Schwellenwert von 15.000 € erreicht oder überschritten wird. Die Geldtransfer-VO erfasst natio­ nale und grenzüberschreitende Überweisungen, Lastschriften und Fi­ nanztransfers (z. B. Western Union) sowie Transfers, die mit einer Zahlungskarte, einem E-Geld-Instrument, einem Mobiltelefon oder einem anderen ähnlichen IT-Gerät durchgeführt werden (Art. 3 Abs. 9 Geldtransfer-VO). Es ist unerheblich, ob der Schwellenwert durch eine einzige Transaktion erreicht wird oder durch eine Mehrzahl an Transaktionen, die miteinander in Verbindung stehen (§ 1 Abs. 5 GwG). 3. Es liegen (objektiv) Tatsachen vor, die darauf hindeuten, dass es sich bei einem Vermögensgegenstand, der mit einer Transaktion oder Ge­ schäftsbeziehung in Zusammenhang steht, um den Gegenstand von Geldwäsche handelt oder dass dieser in Zusammenhang mit Terroris­ musfinanzierung steht. 4. Der Verpflichtete hegt Zweifel, ob die von ihm aufgrund des GwG erhobenen Angaben über die Identität des Vertragspartners, einer für ihn handelnden Person und/oder des wirtschaftlich Berechtigten zu­ treffend sind. Solche Zweifel können sich z. B. aus dem Verpflich­ teten vorliegenden gegenteiligen Informationen oder behördlichen Hinweisen ergeben.808 Für bestimmte Verpflichtete sind in § 10 Abs. 4–8 GwG Sonderregeln vorgesehen. Hervorzuheben ist hier nur die Privilegierung für gewerbli­ che Güterhändler, die Sorgfaltspflichten nur bei auf Geldwäsche oder 808 BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 4. 4. Abs. 3.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Terrorismusfinanzierung hinweisenden Tatsachen sowie bei Barzahlun­ gen ab 10.000 € vornehmen müssen. Ist der Verpflichtete nicht in der Lage, die Sorgfaltspflichten mit Ausnah­ me der laufenden Überwachungspflichten zu erfüllen, so darf er eine Ge­ schäftsbeziehung nicht begründen oder fortführen und eine Transaktion nicht durchführen (§ 10 Abs. 9 Satz 1 und 2 GwG). Trotz des Gesetzes­ wortlautes gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d. h. im Einzel­ fall kann unter Abwägung aller relevanten Umstände und Interessen mit guter Begründung von einer Nichtbegründung, Nichtfortführung bzw. Nichtdurchführung abgesehen werden.809 Eine Ausnahme gilt für die in § 2 Abs. 1 Nr. 10 und 12 GwG genannten rechts- und steuerberatend tä­ tigen Verpflichteten bei Begründung und innerhalb eines Mandatsver­ hältnisses, das Rechtsberatung oder Prozessvertretung zum Gegenstand hat. Eine Rückausnahme gilt, wenn der Verpflichtete positive Kenntnis davon hat, dass der Mandant die Rechtsberatung bewusst für den Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbrauchen will (§ 10 Abs. 9 Satz 3 GwG). Mit Ausnahme der Pflicht zur kontinuierlichen Überwachung der Kun­ denbeziehung kann sich der Verpflichtete zur Erfüllung der Sorgfalts­ pflichten nach Maßgabe des § 17 GwG eines Dritten bedienen. Der Ver­ pflichtete bleibt aber (letzt)verantwortlich (§ 17 Abs. 1 Satz 3 GwG). aa) Identifizierungspflicht Die älteste und nach wie vor wichtigste unter den Sorgfaltspflichten ist die Pflicht zur Feststellung und Überprüfung der Identität des Kunden, oder in der Diktion des Gesetzes: des Vertragspartners.810 Daneben muss inzwischen auch eine Identifizierung einer für den Vertragspartner auf­ tretenden Person (insb. Stellvertreter oder Bote) sowie eines ggf. vorhan­ denen wirtschaftlich Berechtigten erfolgen (§ 11 Abs. 1 GwG). Zu erhe­

809 BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.8.2; Herzog/Achtelik/Figura, § 10 GwG Rn. 125. 810 Umstritten ist, ob der Begriff „Vertragspartner“ zivilrechtsakzessorisch zu verste­ hen ist, d. h. nur die Partei(en) eines vertraglichen Schuldverhältnisses erfasst (so wohl BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.1.1 Abs. 1; Zentes/Glaab/Sonnenberg, § 10 GwG Rn. 15), oder ob unab­ hängig von schuldrechtlichen Bindungen jede Person Vertragspartner ist, mit der eine Geschäftsbeziehung eingegangen wird oder mit der außerhalb einer solchen eine Transaktion durchgeführt wird (so BeckOK GwG/Krais, § 10 GwG Rn. 8; nicht ganz klar Herzog/Achtelik/Figura, § 10 GwG Rn. 8, wonach einerseits jede Person Vertragspartner sein soll, mit der eine Geschäftsbeziehung eingegangen wird oder außerhalb einer solchen eine Transaktion durchgeführt wird, anderer­ seits aber „das schuldrechtliche Verständnis“ für die Beurteilung maßgeblich sein soll).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

ben sind bei Vertragspartnern und für sie auftretenden Personen,811 soweit es sich um eine natürliche Person handelt, grundsätzlich Vor­name und Nachname, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohn­ anschrift (§ 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG);812 bei juristischen Personen oder Perso­ nengesellschaften sind Firma, Name oder Bezeichnung, Rechtsform, ggf. Registernummer, Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung und die Namen der gesetzlichen (organschaftlichen) Vertreter (§ 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG) zu erheben.813 Dabei ist anzumerken, dass diese Pflichten in Bezug auf organschaftliche Vertreter weniger umfangreich sind als in Be­ zug auf andere Personen, die für den Vertragspartner auftreten. Umstrit­ ten ist deshalb, ob der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person oder Personengesellschaft, der gegenüber einem Verpflichteten in seiner Ei­ genschaft als Vertreter auftritt, neben § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG auch nach § 11 Abs. 1 GwG zu identifizieren ist.814 Bei für den Vertragspartner auf­ tretenden Personen ist auch deren Berechtigung zum Handeln für einen anderen zu prüfen, wobei das Gesetz hierzu keine Vorgaben macht.815 Die Identifizierungspflicht besteht aus zwei Elementen (vgl. § 1 Abs. 3 GwG): der Feststellung der Identität durch Erhebung der vom Gesetz ver­ langten Angaben wie auch der Überprüfung dieser Angaben. Die Erhe­ bung erfolgt in der Regel durch Befragung.816 Die Überprüfung der Anga­ ben erfolgt anhand der in § 12 GwG genannten Dokumente; bei Über­ 811 Welcher Personenkreis unter die für den Vertragspartner auftretenden Personen fallen soll, ist Gegenstand der Diskussion. So wird vertreten, dass die Pflichten zur Identifizierungs- und Berechtigungsprüfung für den Vertragspartner auftreten­ der Personen innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung nicht gelten (dafür BeckOK GwG/Krais, § 10 GwG Rn. 13; Scherp, CB 2017, 275 (277)). So nun auch BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.1.2 Abs. 2. 812 Statt der Wohnanschrift genügt in bestimmten Fällen die postalische Anschrift; Hintergrund ist die Richtlinie 2014/92/EU, durch die auch Personen ohne festen Wohnsitz, Asylsuchende und Personen ohne Aufenthaltstitel, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, Zugang zu einem sog. Basiskonto ermöglicht wird. Siehe dazu der Entwurf des entsprechenden Um­ setzungsgesetzes, BT-Drs. 18/7204, S. 45. 813 So BeckOK GwG/Krais, § 11 GwG Rn. 57. 814 Nach der Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/7204, S. 99, sollen die gesetzlichen Vertreter oder Verfügungsberechtigten einer Personengesellschaft oder einer juris­ tischen Person nicht nach § 11 Abs. 1 GwG zu identifizieren sein, weil eine Iden­ tifizierung bereits nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 und ggf. § 154 Abs. 2 AO erfolge; so auch Zentes/Glaab/Sonnenberg, § 10 GwG Rn. 29. A.A. hingegen mit Verweis auf den unterschiedlichen Anwendungsbereich und Regelungsgehalt der genannten Vor­ schriften, den Wortlaut des § 11 Abs. 1 GwG und unionsrechtliche Vorgaben Krais, CCZ 2016, 185 (185–186); BeckOK GwG/Krais, § 10 GwG Rn. 14. 815 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.1.5 Abs. 1. 816 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.1.3.1 Abs. 1.

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nahme der Angaben aus diesen Dokumenten fallen Erhebung und Überprüfung zusammen. Diese Dokumente müssen von dem Verpflich­ teten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 einer angemessenen Prüfung unterzogen werden.817 Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG sind auch sonstige Verfahren mit einem vergleichbaren Sicherheitsniveau zulässig.818 Der Vertragspartner ist gem. § 11 Abs. 6 GwG verpflichtet, alle vom Verpflichteten zu erhe­ benden Angaben zu machen und die zur Überprüfung erforderlichen Do­ kumente zur Verfügung zu stellen. Über das Identifikationsverfahren muss eine Dokumentation gefertigt werden, die mitsamt der Kopien der vorgelegten Dokumente für fünf Jahre aufzubewahren ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. Abs. 2 GwG). Tabelle 2:  Überblick über die Identifizierungspflicht (§§ 11–13 GwG)

Wer ist zu identifizieren?

Welche Angaben sind zu erheben?

Wie erfolgt die Überprüfung?

Vertragspartner

für den Vertrags­ partner auftre­ tende Personen

Nat. P.

Jur. P./Personen­ ges.

§ 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG

§ 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG

§ 12 Abs. 1 GwG und § 13 Abs. 1 GwG

§ 12 Abs. 2 GwG

falls vorhanden: wirtschaftlich Berechtigter

§ 11 Abs. 5 GwG

§ 11 Abs. 5 Satz 3 GwG

bb) Sonstige Sorgfaltspflichten Der Verpflichtete hat gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG zu überprüfen, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt und diesen ggf. zu identifizieren (dazu schon oben). Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten ist in § 3 GwG legaldefiniert und liegt auch den Vorschrif­ ten über das Transparenzregister zugrunde; er soll in diesem Zusammen­ hang näher erläutert werden.819 Der Vertragspartner muss offenlegen, ob er für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt und ggf. dessen Identität 817 Dazu Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 119: „Inaugenscheinnahme und gegebenenfalls haptische Prüfung“. 818 Zu nennen ist die Videoidentifizierung nach Maßgabe von BaFin, Rundschreiben 3/2017 (GW) – Videoidentifizierungsverfahren v. 10.04.2017, Geschäftszeichen GZ: GW 1-GW 2002-2009/0002. Weitere Verfahren können durch Rechtsver­ ordnung zugelassen werden (§ 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GwG), was bis zum Schluss der Bearbeitung jedoch noch nicht geschehen ist. 819 Kapitel 1 B. III. 2. g) aa).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

nachweisen (§ 11 Abs. 6 Satz 3 und 4 GwG). Ist der Vertragspartner eine natürliche Person, so wird er regelmäßig gefragt, ob er für einen wirt­ schaftlich Berechtigten handelt; sofern keine offensichtlichen Auffällig­ keiten oder gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen und das Risiko nicht erhöht ist, kann es damit sein Bewenden haben.820 Ist der Vertragspartner eine juristische Person, so muss der Verpflichtete regelmäßig annehmen, dass einer oder mehrere wirtschaftlich Berechtigte existieren.821 Er muss deshalb mit angemessenen Mitteln Informationen über die Eigentumsund Kontrollstrukturen des Vertragspartners einholen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2 GwG). Im Rahmen der Überprüfung müssen die Verpflichteten ne­ ben öffentlichen Registern wie dem Handels- und Genossenschaftsregis­ ter und den Gründungsdokumenten der juristischen Person oder Perso­ nengesellschaft auf das Transparenzregister zurückgreifen (§§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 23 Abs. 1 Nr. 2 GwG); sie dürfen sich jedoch nicht allein auf die in letzterem enthaltenen Angaben verlassen (§ 11 Abs. 5 Satz 3 HS. 2 GwG). Verletzt der Vertragspartner seine Mitwirkungspflicht nach § 11 Abs. 6 Satz 3 und 4 GwG, muss dies gem. § 43 Abs. 1 Nr. 3 GwG der Zentral­ stelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gemeldet werden. Darüber hinaus muss der Verpflichtete den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung ermitteln, soweit sich diese Informationen nicht im Einzelfall zweifelsfrei bereits aus der Geschäftsbeziehung erge­ ben (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG).822 Die nötigen Informationen werden primär durch Befragung des Kunden erhoben.823 Nach § 10 Abs. 4 GwG muss stets abgeklärt werden, ob der Vertragspart­ ner oder ein wirtschaftlich Berechtigter eine PEP, ein Familienmitglied einer PEP oder eine einer PEP bekanntermaßen nahestehende Person ist.824 Ist dies der Fall, gelten ohne Weiteres die verstärkten Sorgfalts­ pflichten nach § 15 GwG. Die Abklärung kann insb. durch Befragung des Kunden oder durch einen Abgleich mit PEP-Datenbanken erfolgen.825 820 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.2.3.1 und 5.2.3.2 Abs. 5. Die Überprüfungspflichten des § 11 Abs. 5 Satz 3 GwG beziehen sich jedenfalls nur auf die Identifizierung (das „Wer“) – diese kann jedoch erst erfolgen, wenn festgestellt ist, dass der Vertragspartner für einen wirt­ schaftlich Berechtigten handelt (das „Ob“). 821 BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.2.3.1 a. E. 822 Beispiele finden sich in BaFin , Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geld­ wäschegesetz, Mai 2020, 5.3 Abs. 1. 823 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.3 Abs. 2; Herzog/Achtelik/Figura, § 10 GwG Rn. 22–25. 824 Bis 2017 war dies Teil der verstärkten Sorgfaltspflichten; da aber die PEP-Eigen­ schaft verstärkte Sorgfaltspflichten erst auslöst, war dieser Regelungsstandort „systematisch falsch“ (BeckOK GwG/Krais, § 10 GwG Rn. 25). 825 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, 5.4.2; BeckOK GwG/Krais, § 10 GwG Rn. 26.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Schließlich muss der Verpflichtete die Geschäftsbeziehung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG kontinuierlich überwachen und die bei ihm vorhande­ nen Dokumente und Informationen regelmäßig aktualisieren. Bei der Überwachungspflicht geht es vor allem darum, ein Verhalten des Ver­ tragspartners bzw. des wirtschaftlich Berechtigten zu entdecken, das nicht zu den beruflichen, wirtschaftlichen und persönlichen Umständen des Kunden zu passen scheint; hier können insb. die Informationen über Zweck und Art der Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG) heran­ gezogen werden. Hierzu können Datenverarbeitungssysteme eingesetzt werden, die anhand verschiedener Kriterien nach Auffälligkeiten im Kundenverhalten suchen, die vom Verpflichteten dann manuell unter­ sucht werden. Für Kreditinstitute ist die Verwendung solcher Systeme vorgeschrieben (§ 25h Abs. 2 KWG). Die Aktualisierung soll in risikoan­ gemessenen Zeitabständen periodisch sowie anlassbezogen erfolgen.826 § 8 GwG flankiert die Sorgfaltspflichten durch umfassende Aufzeich­ nungs- und Aufbewahrungspflichten. Die Aufsichtsbehörden können diese Aufzeichnungen gem. § 52 Abs. 1 Nr. 2 GwG einsehen; entdecken sie dabei Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, müssen sie dies gem. § 44 Abs. 1 GwG der FIU melden. Auch ein unmit­ telbarer Zugriff der FIU ist über § 30 Abs. 3 GwG möglich. Ferner beste­ hen Auskunftsansprüche nach § 6 Ab. 6 GwG. Identifizierungs-, Monitoring,- Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht begründen zusammen mit der Meldepflicht (dazu sogleich) die erhebli­ che Potenz des Geldwäschegesetzes als Überwachungsregime für den Wirtschaftsverkehr.827 Sie prädestenieren es somit auch als Instrument zur Verbesserung des Steuervollzugs.828 cc) Umfang der Sorgfaltspflichten Der Umfang der zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten ergriffenen Maßnah­ men muss allgemein dem jeweiligen Risiko der Geldwäsche oder Terro­ rismusfinanzierung angepasst werden (§ 10 Abs. 2 GwG). Bei der Risiko­ bewertung müssen die Verpflichteten verschiedene Risikovariablen beachten, die in Anlage 1 und 2 zum GwG nicht abschließend aufgelistet sind.829 Daneben gibt es Sonderregeln für risikoarme und risikoträchtige­ re Fallkonstellationen. Für Verpflichtete aus dem Finanzbereich werden von den Europäischen Aufsichtsbehörden Leitlinien herausgegeben, in 826 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, De­ zember 2018, 5.5.2. 827 Vgl. dazu aus verfassungsrechtlicher Sicht Kapitel 3 B. IV. 828 Siehe dazu Kapitel 2 C. 829 Näher zur Umsetzung des risikobasierten Ansatzes auf Ebene der Verpflichteten z. B. Herzog/Achtelik/Figura, § 10 GwG Rn. 38–57.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

denen die zu berücksichtigenden Risikofaktoren und Maßnahmen in Fäl­ len vereinfachter bzw. verstärkter Sorgfaltspflichten beschrieben werden (Art. 17 und 18 Abs. 4 GwRL V).830 (1) Vereinfachte Sorgfaltspflichten Nach § 14 GwG müssen Verpflichtete nur vereinfachte Sorgfaltspflich­ ten erfüllen, wenn das Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzie­ rung in einem bestimmten Bereich und auch im konkreten Einzelfall niedrig ist. Anders als bis 2017 gilt die Vereinfachung nur hinsichtlich des Umfanges (vgl. § 12 Abs. 2 GwG); eine gänzliche Ausnahme von ein­ zelnen Sorgfaltspflichten gibt es nicht mehr. Es sind also alle Sorgfalts­ pflichten nach § 10 GwG zu erfüllen, allein der Umfang der Maßnahmen darf jedoch risikoangemessen reduziert werden. Das bedeutet auch, dass insbesondere Bankkunden dem durch die Überwachungspflichten aufge­ spannten Raster nicht mehr entgehen können. Auch typisierte Fälle mit geringem Risiko, wie sie in § 5 Abs. 2 GwG in der bis zum 25.06.2017 gültigen Fassung vorgesehen waren, enthält das Gesetz nicht mehr.831 § 14 Abs. 4 GwG ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen, in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern durch Rechtsver­ ordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Fallkonstellationen festzu­ legen, in denen typischerweise ein geringeres Risiko der Geldwäsche be­ steht. Sollte eine solche Rechtsverordnung erlassen werden, müssten die Verpflichteten aber auch weiterhin prüfen, ob im konkreten Einzelfall ein geringeres Risiko besteht. (2) Verstärkte Sorgfaltspflichten Nach § 15 GwG müssen Verpflichtete über § 10 GwG hinaus verstärkte Sorgfaltspflichten erfüllen. Sie werden ausgelöst, wenn in einem be­ stimmten Geschäftsbereich entweder allgemein oder in einem konkre­ ten Einzelfall ein höheres Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinan­ zierung besteht (§ 15 Abs. 2 GwG). In dem nicht abschließenden („insbesondere“) § 15 Abs. 3 GwG sind drei typische Konstellationen genannt, in denen ein höheres Risiko vorliegt: 1. Der Vertragspartner oder der wirtschaftlich Berechtigte ist • eine PEP, Familienmitglied einer PEP oder eine einer PEP bekann­ termaßen nahestehende Person; 830 Joint Committee of the European Supervisory Authorities, Final Guidelines, 26.06.2017. 831 In BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Dezem­ ber 2018, 6.2 Abs. 4 werden jedoch verschiedene Fälle aufgezählt, in denen „aus aufsichtlicher Sicht keine Bedenken [bestehen], wenn die Verpflichteten […] grundsätzlich von einem geringen Risiko ausgehen.“

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

• eine natürliche oder juristische Person, die in einem Drittstaat mit hohem Risiko ansässig ist, sofern es sich nicht um eine Zweigstelle eines Verpflichteten handelt, der im Anwendungsbe­ reich der GwRL V liegt, oder um ein Tochterunternehmen, das den gruppenweiten Sorgfaltspflichten unterliegt (§ 9 GwG; Art. 45 Abs. 1 GwRL V). In diesen Fällen müssen die verstärkten Pflichten nach § 15 Abs. 4 GwG beachtet werden, namentlich: Ein Mitglied der Führungse­ bene (§ 1 Abs. 15 GwG) muss der Begründung oder Fortführung der Geschäftsbeziehung zustimmen, die Herkunft der Vermögens­ werte, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder einer Trans­ aktion eingesetzt werden, muss mithilfe angemessener Maßnah­ men aufgeklärt und die Geschäftsbeziehung einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung unterzogen werden.832 2. Die Transaktion ist im Verhältnis zu vergleichbaren Fällen besonders komplex oder groß, läuft ungewöhnlich ab oder hat keinen offen­ sichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck. In diesen Fäl­ len muss die Transaktion genauer untersucht und die ggf. zugrunde­ liegende Geschäftsbeziehung stärker überwacht werden (§ 15 Abs. 5 GwG). Die Ergebnisse der Untersuchung müssen aufgezeichnet und aufbewahrt werden (§ 8 Ab. 1 Nr. 3 GwG). 3. Es liegt eine Korrespondenzbeziehung vor, bei der der Respondent sei­ nen Sitz in einem Drittstaat oder – sofern der Verpflichtete das Risiko als erhöht beurteilt – einem EWR-Mitgliedstaat hat. In diesen Fällen müssen die Verpflichteten besondere Sorgfalt bei Geschäftsbeziehun­ gen mit Respondenten erfüllen (§ 15 Abs. 6 GwG).833 Über diese Fälle hinaus kann die zuständige Aufsichtsbehörde gem. § 15 Abs. 8 GwG weitere Fälle benennen, in denen verstärkte Sorgfaltspflich­ ten einzuhalten sind.834

832 Kritisch zu den PEP-Vorschriften Herzog/Achtelik/Achtelik, § 15 GwG Rn. 27– 30: Diese seien „in vielerlei Hinsicht misslungen“. Kritikpunkte sind, dass PEP „pauschal als korruptionsnah gelten“, die Einbeziehung von Familienmitgliedern das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, Art. 7 GRCh) beschneide sowie praktische Probleme aufwerfe und ein weiter PEP-Begriff nicht nur empirisch keine messbaren Erfolge bringe, sondern eine effektive Geld­ wäschebekämpfung gerade behindere. Darüber hinaus sei das PEP-Konzept an sich „kein Produkt empirischer Forschungen“, sondern „Erscheinung eines am grünen Tisch entstandenen politischen und regulatorischen Aktionismus.“ Siehe auch Herzog/Hoch, WM 2007, 1997 (2000–2002); Höche, WM 2005, 8 (12) sowie Fn. 702. 833 Dazu ausführlich Herzog/Achtelik/Achtelik, § 15 GwG Rn. 35–44. 834 Dabei sollen sie grundsätzlich die verwaltungsgerichtlich überprüfbare Hand­ lungsform des Verwaltungsaktes wählen (BT-Drs. 17/6804, S. 31 zur Vorgängervor­ schrift in § 6 Abs. 2 Nr. 4 GwG i. d. F. des G. v. 22.12.2011, BGBl. I 2011, 2959). Herzog/Achtelik/Achtelik, § 15 GwG Rn. 46 verweist jedoch darauf, dass die Be­

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

e) Risikomanagement Gemäß § 4 Abs. 1 GwG müssen die Verpflichteten über ein wirksames und im Hinblick auf Art und Umfang ihrer Geschäftstätigkeit angemes­ senes Risikomanagement verfügen. Dieses besteht aus der Risikoanalyse (§ 5 GwG) und den internen Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG). Diese Vorschriften sind Teil der Verwirklichung des risikobasierten Ansatzes auf Ebene der Verpflichteten und stehen in einem engen Zusammenhang mit den Vorschriften des GwG, die den Verpflichteten bei Erfüllung ihrer Pflichten Ermessensspielräume zugestehen (z. B. § 10 Abs. 2, § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 und 3, § 12, § 14, § 15). Ziel dieser Vorschriften ist es, die Geldwäschebekämpfung möglichst effizient und effektiv zu gestalten.835 Im Rahmen der Risikoanalyse (§ 5 GwG) müssen die Verpflichteten fort­ laufend ermitteln, ob und ggf. welche Risiken der Geldwäsche und ­Terrorismusfinanzierung in Bezug auf ihre Geschäftstätigkeit bestehen. Es geht darum, ein Kriterienraster zu schaffen, das eine Erkennung rele­ vanter Geschäftsvorfälle ermöglicht.836 Dabei müssen sich die Verpflich­ teten an den Risikofaktoren aus Anl. 1 und Anl. 2 zum GwG sowie der durch die GwRL IV neu eingeführten nationalen Risikoanalyse (vgl. Art. 7 GwRL V) orientieren.837 Daneben müssen die Verpflichteten interne Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG) ergreifen. Während dies bis zur GwG-Novelle 2017 nur für be­ stimmte Verpflichtete galt, müssen nun grundsätzlich ausnahmslos alle Verpflichteten solche Maßnahmen ergreifen; nach § 6 Abs. 9 GwG kann die zuständige Aufsichtsbehörde jedoch im Einzelfall unter der Berück­ sichtigung der Art der betriebenen Geschäfte, der Größe des Geschäfts­ betriebs und des Ausmaßes des Risikos einzelne Verpflichtete oder Grup­ pen von Verpflichteten von den Pflichten aus § 6 Abs. 1 bis 6 GwG befreien. Zu den internen Sicherungsmaßnahmen gehören nach § 6 Abs. 2 GwG: − Ausarbeitung von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen im Bezug auf den Umgang mit Risiken, die Kundensorgfaltspflichten, die Erfüllung der Meldepflicht und die Aufzeichnungs- und Aufbe­ wahrungspflichten;

hörden weiterhin in der Regel auf rechtlich unverbindliche Handlungsformen wie Rundschreiben zurückgreifen. 835 Vgl. Herzog/Achtelik/Herzog, § 4 GwG Rn. 2. 836 In anderen Worten Herzog/Achtelik/Herzog, § 5 GwG Rn. 1: „Die Risikoanalyse kann so in einem Bild als das Knüpfen eines Netzes beschrieben werden, in denen [sic!] sich verdächtige Transaktionen dann verfangen sollen.“ 837 Siehe BMF, Erste Nationale Risikoanalyse 2018/2019, 2019.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

− Bestellung eines Geldwäschebeauftragten und seines Stellvertreters nach Maßgabe von § 7 GwG; − Schaffung gruppenweiter Verfahren nach Maßgabe von § 9 GwG, wenn der Verpflichtete Mutterunternehmen einer Gruppe (§ 1 Abs. 16 GwG) ist; − Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs neuer Produkte und Technologien; − Zuverlässigkeitsüberprüfungen der Mitarbeiter; − Unterrichtung der Mitarbeiter über die Erscheinungsformen der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie über die einschlägi­ gen Rechtsvorschriften; − Externe Evaluation der Grundsätze und Verfahren, soweit dies ange­ sichts der Art und des Umfangs des Geschäftsbetriebs angemessen ist; − Einrichtung eines anonymen Hinweisgebersystems (§ 6 Abs. 6 GwG). Von besonderer Bedeutung ist die Bestellung eines Geldwäschebeauftrag­ ten, der für die Einhaltung aller Vorschriften zur Bekämpfung der Geld­ wäsche und Terrorismusfinanzierung – also auch derer außerhalb des GwG – verantwortlich ist. Er ist der inner- und außerbetriebliche An­ sprechpartner in allen Fragen, die damit in Zusammenhang stehen. Schafft der Verpflichtete keine ausreichenden internen Sicherungsmaß­ nahmen, kann ihn die Aufsichtsbehörde zu konkreten Maßnahmen ver­ pflichten (§ 6 Abs. 8 GwG). Verstöße gegen die Pflichten aus § 6 Abs. 1 und 4 und § 7 Abs. 1 sowie aufsichtliche Einzelmaßnahmen nach § 6 Abs. 9 GwG838 und § 7 Abs. 3 GwG können gem. § 56 Abs. 1 Nr. 4 bis 8 GwG als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden. f) Die Kooperationspflichten Im GwG sind an verschiedenen Stellen Mitwirkungspflichten Privater und Amtshilfepflichten von Behörden vorgesehen. Die wesentliche Mit­ wirkungspflicht Privater ist die Pflicht zur Meldung geldwäschever­ dächtiger Sachverhalte (§ 43 Abs. 1 GwG). Neu hinzugekommen ist durch die Novelle 2017 eine vom Vorliegen einer Meldung unabhängige Auskunftspflicht der Verpflichteten gegenüber der Zentralstelle für Fi­ nanztransaktionsuntersuchungen, geregelt in § 30 Abs. 3 GwG.

838 Weil ein Bußgeld auch dann verhängt werden kann, wenn der Verpflichtete entge­ gen einer Anordnung der Aufsichtsbehörde strengere Sicherungsmaßnahmen er­ greift, hält Erbs/Kohlhaas/Häberle, § 56 GwG Rn. 12 insoweit für „sinnwidrig“ und bemerkt zu Recht, eine Bußgeldbewehrung des § 6 Abs. 8 GwG wäre nahelie­ gender gewesen.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

aa) Meldepflicht (§ 43 Abs. 1 GwG) Das GwG enthielt von Anfang an eine Meldepflicht, die anfangs noch als „Anzeigepflicht“ firmierte. Da es sich jedoch nicht um Strafanzeigen i. S. v. § 158 Abs. 1 StPO handeln soll, erfolgte eine begriffliche Klarstel­ lung.839 Die Vorschrift über die Meldepflicht gilt als „zentrale Vorschrift der Geldwäschegesetzgebung“ 840, als „Kernvorschrift“841. Sie steht in en­ gem Zusammenhang mit der Überwachungspflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG bzw. – im Bereich der Banken – § 25h Abs. 1 und 2 KWG.842 (1) Adressaten der Meldepflicht Der Meldepflicht unterliegen grundsätzlich alle Verpflichteten. Eine Ausnahme gilt gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 GwG lediglich für die Angehöri­ gen rechts- und steuerberatender Berufe, die in § 2 Abs. 1 Nr. 10 und 12 GwG genannt sind, soweit es sich um Informationen handelt, die sie im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses erhalten haben. Eine Rückausnahme sieht § 43 Abs. 2 Satz 1 GwG vor, wenn dem Verpflichteten positiv bekannt ist, dass der Mandant das Man­ datsverhältnis zur Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder für eine andere Straftat genutzt hat oder nutzt. Die früher vorhandene Besonder­ heit, wonach diese Berufsgruppen die Meldung gegenüber der zuständi­ gen Kammer zu erstatten hatten, ist weggefallen. 839 Näher zur Rechtsnatur der Meldung Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 43 GwG Rn. 5; siehe auch Fn. 799. 840 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 97; Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflich­ ten der Kreditwirtschaft bei der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 119. 841 BeckOK GwG/Pelz, § 43 GwG Rn. 2. 842 Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geldwä­ sche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 119. Wenig überzeugend ist es, wenn Findeisen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinsti­ tute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 95 (114) behauptet, die internen Sicherungsmaßnahmen seien „Selbstschutz­ maßnahmen“ der Bank zur Vermeidung von Rechts- und Reputationsrisiken, hät­ ten aber nicht das Ziel, „hoheitliche Aufgaben im Vorfeld der Strafverfolgung auf die Institute zu verlagern und verdachtsrelevante Sachverhalte aus dem Datenbe­ stand einer Bank für die Ermittlungsbehörden herauszudestillieren“ (zustimmend Scherp, WM 2003, 1254 (1258)). Das wäre nur dann überzeugend, wenn es allein darum ginge, dass die Banken sich gegen Missbrauchsrisiken absichern, wofür es regelmäßig ausreicht, wenn die Bank die Geschäftsbeziehung abbricht oder einzel­ ne Aufträge nicht ausführt; die Bankkundendaten müssen dann nicht nach außen gegeben werden. Durch die Verknüpfung der Überwachungspflichten mit der Mel­ depflicht geht es jedoch letztlich darum, Ermittlungen gegen konkrete Personen zu ermöglichen, sodass von einem reinen Eigeninteresse der Banken nicht gespro­ chen werden kann (so zutreffend Herzog, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinstitute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämp­ fung von Geldwäsche, 2004, S. 47 (73, 76)).

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Daneben regelt § 44 GwG eine Meldepflicht von Aufsichtsbehörden nach § 50 GwG. Ob zum Schutz des Berufsgeheimnisses der Rechtsan­ wälte, Notare, Wirtschafts- und Steuerberater eine Ausnahme für die je­ weiligen Kammern bzw. den Präsidenten des Landgerichts (der gem. § 50 Nr. 5 GwG zuständige Aufsichtsbehörde für die Notare im Bezirk ist) gilt, ist unklar. Die in der Vorgängervorschrift enthaltene dahingehende Regelung ist im GwG 2017 ohne Begründung weggefallen. Dies könnte ein Redaktionsversehen darstellen.843 (2) Meldeschwelle Zur Auslösung der Meldepflicht muss grundsätzlich einer der drei in § 43 Abs. 1 Nr. 1–3 GwG aufgeführten Tatbestände erfüllt sein, sofern nicht eine Konstellation vorliegt, die von der FIU nach § 43 Abs. 5 GwG bestimmt oder in einer auf § 43 Abs. 6 GwG gestützten Rechtsverord­ nung benannt worden ist.844 Es kommt darauf an, ob Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass – ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte, – ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht oder – der Vertragspartner seine Pflicht zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten (§ 11 Abs. 6 Satz 3 GwG) verletzt hat. Unklar ist die Schwelle, ab der die Tatsachengrundlage eine Meldung gebietet.845 Da seitens der Verpflichteten kein Verdacht im technischen Sinne bestehen muss, sondern nur (objektiv) Tatsachen vorliegen müs­ sen, ist der Begriff Verdachtsschwelle irreführend; besser ist es, von einer Meldeschwelle zu sprechen. In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu lediglich, dass die Meldeschwelle des § 43 Abs. 1 unterhalb der Ver­ dachtsschwelle des § 152 Abs. 2 StPO (Anfangsverdacht) liegen soll.846 843 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 44 GwG Rn. 4. 844 Gestützt auf § 43 Abs. 6 GwG hat das Bundesministerium der Finanzen eine Ver­ ordnung zu den nach dem Geldwäschegesetz meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich v. 20.08.2020, BGBl. I 2020, 1965 erlassen. Siehe hierzu Krais, CCZ 2020, 311–322. 845 Treffend Lenk, JR 2020, 103 (108): „Die Wortlaute der Normen [§ 138 StGB, § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG, Art. 16 Abs. 2 MAR] […] sind dabei wenig aussagekräftig und in concreto beliebig auslegbar.“ (Hervorh. i. Orig.) 846 Über die Rechtsnatur der Meldung herrschte Streit, s. Nachweise in Fn. 800. Scherp, WM 2003, 1254 (1256) weist zutreffend darauf hin, dass auch die Einord­ nung als Strafanzeige i. S. v. § 152 StPO nicht dazu führt, dass es eines Anfangs­ verdachts bedarf, schließlich kann jedermann eine Strafanzeige stellen; diese sei

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Für den Anfangsverdacht soll schon eine nach kriminalistischer Erfah­ rung geringe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Straftat ausrei­ chen.847 Die negativ formulierte Meldeschwelle ist damit bei Verpflichte­ ten, die nicht über eine kriminalistische Erfahrung verfügen, die mit der von Polizei und Staatsanwaltschaft vergleichbar wäre, denkbar niedrig.848 In anderen Worten: „Zwischen dem Verdachtsgrad, der gerade noch eine Meldepflicht auslöst, und einer unzulässigen Meldung ‚ins Blaue‘ hinein, sind nahezu keine Zwischennuan­ cen mehr denkbar.“849

Noch weiter gehen die von verschiedenen Aufsichtsbehörden erlassenen Auslegungs- und Anwendungshinweise, die im Wesentlichen jede „Un­ gewöhnlichkeit oder Auffälligkeit“ genügen lassen, die irgendeine illega­ le Herkunft der Gelder möglich erscheinen lässt.850 Die Prüfung, ob ein Bezug zu einer Tat nach § 261 StGB bzw. einer der Vortaten nach § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB besteht, wird gerade nicht verlangt.851 Diese Ausle­ gung des § 43 Abs. 1 GwG ist jedoch mit dessen Wortlaut nicht in Ein­ klang zu bringen und dient ersichtlich nur dazu, die Verpflichteten von einer ihnen regelmäßig nicht möglichen juristischen Bewertung zu ent­ binden und so das Verdachtsmeldewesen handhabbar zu halten.852 In der Praxis führt sie im Bereich des GwG zu einer faktischen Abschaffung der ohnehin begrenzten Restriktionswirkung des Vortatenkatalogs in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB. Ob damit wirklich ein Gewinn an Rechtssicherheit erreicht worden ist, wie von manchen behauptet wird,853 dürfte aus Sicht der Verpflichteten sehr fraglich sein.854 Im Bereich der Kreditinstitute wird dies begünstigt durch § 25h KWG: Nach dieser Vorschrift müssen interne Sicherungsmaßnahmen auch zur eine bloße Anregung zu prüfen, ob Anlass zur Einleitung eines Ermittlungsverfah­ rens bestehe. 847 Siehe nur MüKo StPO/Peters, § 152 StPO Rn. 35. 848 Kritisch deshalb Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 43 GwG Rn. 26; Bülte, NZWiSt 2017, 276 (280): „Überforderung der Pflichtigen“. 849 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 30 GwG Rn. 28–31. 850 BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, S. 72–74. 851 BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, S. 72–74. 852 So Findeisen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kredit­ institute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 95 (113). Für die Rechtswidrigkeit der Auslegungs- und Anwendungshin­ weise des BMF und des AEAO Nr. 2 zu 31b AO weitgehend Bülte, NZWiSt 2017, 276 (280); BeckOK GwG/Pelz, § 43 GwG Rn. 8; Erbs/Kohlhaas/Häberle, Oktober 2017, § 43 GwG 3; siehe auch Park, NZWiSt 2015, 59–62. 853 So Zentes/Glaab/Greite, § 43 GwG Rn. 11. 854 Plausibel erscheint eher ein Verstoß gegen den Grundsatz der Normenklarheit, vgl. Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geld­ wäsche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 211, 216.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Verhinderung sonstiger Straftaten, die das Vermögen des Institutes schä­ digen können, ergriffen werden. Die Analyse wird so noch einmal breiter, da eine Fokussierung auf Geldwäsche, ihre Vortaten und auf Terroris­ musfinanzierung von vornherein nicht stattfindet. Werden dann Auffäl­ ligkeiten entdeckt, wird es den zuständigen Mitarbeitern schwerfallen, diese daraufhin zu prüfen, ob es sich um eine der in § 43 Abs. 1 GwG in Bezug genommenen Taten handelt. Zur Vermeidung hoher Bußgelder und erheblicher Reputationsschäden wird der vorsichtige Mitarbeiter in solchen Fällen eine Meldung erstatten. (3) Erstattung der Meldung Seit der Novelle 2017 ist die Zentralstelle allein richtiger Adressat der Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG. Die Meldung muss unverzüglich i. S. v. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgen, sobald die Meldeschwelle er­ reicht ist. Sie ist grundsätzlich elektronisch zu übermitteln (§ 45 Abs. 1 GwG);855 die postalische Übermittlung ist nur in Ausnahmefällen mög­ lich (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GwG). Die Aufsichtsbehörden legen großen Wert auf eine möglichst schnelle Meldung. Daraus ergibt sich ein Zielkonflikt für die Verpflichteten, aber auch für die FIU: Eine gründli­ che Abklärung des Falles erhöht die Qualität der Meldungen und schont die Grundrechte des Betroffenen, kann spätere Ermittlungen jedoch ver­ zögern und erschweren.856 Zusammen mit der niedrigen Meldeschwelle führt dies zu einer Zunahme letztlich substanzloser Meldungen.857 (4) Stillhalteverpflichtung Nach Abgabe einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG muss die Transakti­ on, auf die sie sich bezieht, angehalten werden. Die FIU bzw. die Staats­ anwaltschaft haben dann bis zum dritten Tag nach dem Abgangstag der Meldung Zeit, um zu prüfen, ob weitere Ermittlungen einzuleiten und Maßnahmen (z. B. durch die FIU nach § 40 GwG oder die StA nach §§ 111b ff. StPO) zu treffen sind oder ob der Durchführung der Transak­ tion zugestimmt werden kann (§ 46 Abs. 1 GwG). Übermitteln sie ihre Zustimmung nicht vor Ablauf der Frist, gilt sie als erteilt (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 GwG). In sog. Eilfällen ist es zulässig, die Meldung erst nach Durch­ führung der Transaktion abzugeben (§ 43 Abs. 2 GwG). Voraussetzung ist, dass ein Aufschub nicht möglich ist oder die Strafverfolgung behin­ dern würde, z. B. indem sie den Vertragspartner misstrauisch macht. Ty­ 855 Zu diesem Zweck betreibt die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchun­ gen das Portal „goAML web“, https://goaml.fiu.bund.de/Home (zuletzt geprüft am 31.10.2020), das vom UNODC entwickelt worden ist und von FIUs weltweit ge­ nutzt wird. 856 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 45 GwG Rn. 56. 857 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 43 GwG Rn. 28.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

pischerweise ist das bei Bargeldtransaktionen unter Anwesenden der Fall, z. B. beim Geldwechseln, Bareinzahlungen oder -abhebungen oder dem Umtausch von Bargeld in Spielmarken in Kasinos.858 (5) Indemnität und Sanktionen Wer vorsätzlich oder leichtfertig eine Meldung gem. § 43 Abs. 1 GwG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgibt, muss grundsätzlich mit einem Bußgeld bis 150.000 € rechnen (§ 56 Abs. 1 Nr. 59 Satz 1 i. V. m. Satz 2 GwG). In bestimmten Fällen kann der Buß­ geldrahmen deutlich höher liegen, im äußersten Fall bei fünf Millionen Euro oder 10 % des Gesamtumsatzes des Vorjahres (§ 56 Abs. 3 Satz 3 GwG). § 48 Abs. 1 GwG stellt jeden, der eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG abgibt oder eine Strafanzeige erstattet, von der Verantwortlichkeit frei, wenn nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahre Angaben gemacht wurden. Dasselbe gilt gem. § 48 Abs. 2 GwG für unternehmensinterne Hinweisgeber und den Verpflichteten sowie seine Beschäftigten, wenn er einem Auskunftsverlangen nach § 30 Abs. 3 GwG nachkommt. Eine Strafbefreiung nach § 261 Abs. 9 StGB bewirkt § 48 GwG jedoch nicht.859 (6) Verhältnis zu § 261 StGB Eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG stellt i. d. R. eine Anzeige i. S. v. § 261 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 StGB dar, wobei § 43 Abs. 4 GwG fingiert, dass es sich trotz der Meldepflicht aus dem GwG um eine für die Zwecke des § 261 StGB freiwillige Anzeige handelt. Bei Verletzung der Meldepflicht kommt eine Teilnehmerstrafbarkeit nach §§ 261, 13, 27 Abs. 1 StGB wegen Beihilfe durch Unterlassen oder sogar eine täterschaftliche Verwirklichung des Vereitelungs- und Gefähr­ dungstatbestandes durch Unterlassen in Betracht.860 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass eine natürliche Person als Garant für die Erfüllung der Meldepflicht einzustehen hat (§ 13 StGB). Da der Pflicht aus § 43 Abs. 1 GwG die Verpflichteten – also natürliche und juristische Personen – un­ terliegen, ist umstritten, wer als Garant haftet. Eine allgemeine Garan­ tenstellung jedes Angestellten eines Verpflichteten wird überwiegend abgelehnt.861 Eine Unterlassungsstrafbarkeit jedenfalls bei Geldwäsche­ beauftragten wird jedoch überwiegend bejaht, wobei streitig ist, woraus 858 Herzog/Achtelik/ Barreto da Rosa, § 46 GwG 15. 859 Kritisch Höche/Rößler, WM 2012, 1505–1512. 860 Bülte, NZWiSt 2017, 276 (282). 861 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 117–118; MK-StGB/Neu­ heuser, § 261 StGB Rn. 106; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geld­

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(Grundsätze der Geschäftsherrenhaftung862, Gesetz und Arbeitsvertrag863) sich diese ergibt. bb) Auskunftspflicht (§ 30 Abs. 3 GwG) Neu ist die Auskunftspflicht nach § 30 Abs. 3 GwG. Demnach kann die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen unabhängig vom Vorliegen einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG Informationen von den Verpflichteten einholen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erfor­ derlich ist. Für Angehörige rechts-, steuer- und wirtschaftsberatender Be­ rufe enthält § 30 Abs. 3 Satz 3 GwG eine an § 43 Abs. 2 GwG angelehnte Ausnahmeregelung mit Rückausnahme bei positiver Kenntnis.864 Eine Verletzung der Auskunftspflicht ist mit Bußgeld bedroht (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 67 GwG). Bis zur Novelle 2017 konnten die Zentralstelle und die Strafverfolgungs­ behörden nach Erstattung einer Meldung erforderlichenfalls zusätzliche Informationen bei den Verpflichteten anfordern. Indem § 30 Abs. 3 GwG keine Meldung mehr als Anknüpfungspunkt verlangt, ging der deutsche Gesetzgeber über die damals umzusetzenden Richtlinienvorgaben (Art. 32 Abs. 3 GwRL IV) hinaus;865 durch die Änderungsrichtlinie wurde nun jedoch auch auf europäischer Ebene eine entsprechende Regelung geschaffen (Art. 32 Abs. 9 GwRL V).866 Die Kommission schreibt in der Begründung zum Entwurf der Änderungsrichtlinie, dies diene der Im­ plementierung internationaler Standards.867 Offen bleibt, welche ge­ meint sind. Die FATF-40 (2012) können es jedenfalls nicht sein, denn

wäschegesetz, 1995, S. 164; LK-StGB/Schmidt/Krause, § 261 StGB Rn. 15; für die Schweiz siehe Arzt, ZStR 1989, 160 (192); Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 137. 862 Wybitul, BB 2009, 2590 (2592); Werner, Bekämpfung der Geldwäsche in der Kre­ ditwirtschaft, 1996, S. 234–237; wohl auch NK-StGB/Altenhain, § 261 StGB Rn. 93. 863 MK-StGB/Neuheuser, § 261 StGB Rn. 105; Neuheuser, NZWiSt 2015, 241 (242– 243); BeckOK GwG/Pelz, § 43 GwG Rn. 3; Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 118; Bottermann, Untersuchung zu den grundlegenden Problema­ tiken des Geldwäschetatbestandes, auch in seinen Bezügen zum Geldwäschege­ setz, 1995, S. 167–171; allgemein gegen nach außen gerichtete Handlungspflichten eines Compliance Officers bei delegierter Garantenpflicht nach den Grundsätzen der Geschäftsherrenhaftung Mosbacher, NStZ 2010, 268 (269–270). 864 Diese fällt allerdings enger aus als die Regelung in § 43 Abs. 2 GwG: Dort bezieht sich die Kenntnis auf Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und andere Strafta­ ten, während letztere bei § 30 Abs. 3 Satz 3 GwG keine Rolle spielen. Die Gründe dafür liegen im Dunklen. 865 Gleichwohl heißt es im Gesetzesentwurf (BT-Drs. 18/1155, S. 141), die Vorschrift diene der Umsetzung von Art. 32 Abs. 3 Satz 4 GwRL IV. 866 Zur Begründung siehe Richtlinienentwurf, COM(2016) 450 fin., S. 15–16. 867 Richtlinienentwurf, COM(2016) 450 fin., S. 16.

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dort ist nur von „additional information“ (Hervorhebung d. Verf.) die Rede.868 Was unter „Informationen“ zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher beschrieben. Barreto da Rosa nennt beispielhaft: „Kontoumsätze, Kon­ toumsatzlisten, Kontosalden, Pfändungen, Abtretungen, Zahlungen, die über Zwischenkonten oder CPD-Konten abgewickelt wurden, die Ab­ schlusssalden aufgelöster Konten, Umsatzlisten bei Aktien oder Wertpa­ pieran- und -verkäufen, Bankschließfach-Besucherlisten/Schrankfachbe­ nutzerkarten etc.“869 Es sticht ins Auge, dass die Auskunftspflicht einerseits sehr weit geht, gleichzeitig aber praktisch voraussetzungslos ist; die Informationen müssen lediglich zur Erfüllung der Aufgaben der Zentralstelle erforder­ lich sein. Darüber hinaus lässt sich dem Gesetzestext nichts entnehmen. So wird letztlich aus der Aufgabe eine Befugnis. Dies führt zu systemati­ schen Friktionen, da die Vorschrift eine Sonderbefugnis der FIU schafft, die über Auskunftspflichten Dritter im Strafverfahren (z. B. §§ 94 Abs. 2, 95, 103, 161, 161a StPO870), im Besteuerungsverfahren (insb. §§ 93 Abs. 1 Satz 1 und 3, 97 AO) und im Verwaltungsverfahren, aber auch über poli­ zei- und sicherheitsrechtliche Ermächtigungen hinausgeht. § 30 Abs. 3 GwG greift in die Berufsfreiheit der Auskunftsverpflichteten und in das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten ein. Ob die­ se Eingriffe – zumal gegenüber Unverdächtigen und Nicht-Störern – auf solch schmaler Grundlage möglich sind, erscheint zweifelhaft. Der Sa­ che nach handelt es sich um eine Gefahrerforschungsmaßnahme, die im Polizei- und Sicherheitsrecht grundsätzlich nur einen Gefahrenverdacht voraussetzt, d. h. es muss möglich erscheinen, dass ein polizeilich ge­ schütztes Rechtsgut verletzt wird, eine Wahrscheinlichkeitsprognose kann aber nicht gestellt werden.871 Grundrechtseingriffe sind auf dieser Grundlage nach h. M. nur in sehr engen Grenzen zulässig.872 § 30 Abs. 3 GwG enthält jedoch keinerlei Sicherungen gegen unverhältnismäßige Auskunftsersuchen. Allein der Umstand, dass die Stellung von Aus­ kunftsersuchen im Ermessen der FIU steht und diese – wie jede Behör­ de – an das Rechtsstaats- und somit an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden ist, kann jedenfalls nicht genügen. Der Europäische Daten­ schutzbeauftragte hat seine Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßig­ keit des Art. 32 Abs. 9 GwRL V, die sich auf § 30 Abs. 3 GwG übertra­ 868 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, E-29 und und Interpretive Note zu E-29 Rn. 5. Das bemerken auch Vogel/Maillart eucrim (2016) 179 (181). 869 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 30 GwG Rn. 19. 870 Einen guten Überblick zu strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen bei Kredit­ instituten gibt Reichling, JR 2011, 12–17. 871 Weiß, NVwZ 1997, 737 (737). 872 Weiß, NVwZ 1997, 737 (737–738).

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gen lassen, treffend formuliert: „[This] approach is [more] similar to data min­ing than to a targeted investigation, with obvious consequences in terms of personal data protection.“ 873 Das Bundesverfassungsgericht hat in der BKA-Entscheidung Eingriffe zwar auch unterhalb der Schwelle zur konkreten Gefahr zugelassen, al­ lerdings nur Überwachungsmaßnahmen (und keine Pflichten zu aktiver Mitwirkung eines Nicht-Störers) und dies auch nur in „bestimmten Be­ reichen“, wie der Abwehr terroristischer Gefahren.874 Die Bekämpfung des Terrorismus ist zwar auch ein Zweck des GwG und damit auch eine Aufgabe der FIU; § 30 Abs. 3 GwG beschränkt sich aber nicht darauf. Denkbar wäre, dass auch die Bekämpfung der sog. „organisierten Krimi­ nalität“ einer der Bereiche ist, in denen das Bundesverfassungsgericht eine Absenkung der Eingriffsschwelle für zulässig hält. Bei der Geldwä­ schebekämpfung soll es zwar auch um die Bekämpfung der OK gehen, aber eben bei weitem nicht nur. Es ist deshalb zweifelhaft, ob § 30 Abs. 3 GwG mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Richtiger Prüfungsmaß­ stab sind dabei angesichts der inzwischen eingetretenen europarechtli­ chen Determinierung des § 30 Abs. 3 GwG die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta.875 Dazu kommt, dass § 30 Abs. 3 GwG kein Auskunftsverweigerungsrecht in Fällen zulässt, in denen sich der Verpflichtete durch die Auskunft selbst belasten würde. So könnte eine Auskunft nach § 30 Abs. 3 GwG auch Hinweise auf Ordnungswidrigkeiten des Verpflichteten enthalten, die zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens durch die zuständige Auf­ sichtsbehörde führen können. Abhilfe könnte hier eine analoge Anwen­ dung des § 52 Abs. 4 GwG bringen.876 Darüber hinaus ist problematisch, dass nicht nur die Voraussetzungen vergleichbarer Eingriffsbefugnisse umgangen werden, sondern auch eine Entschädigungsregelung fehlt. So erhalten Zeugen und Dritte eine Ent­ schädigung nach Maßgabe des JVEG, wenn sie von den Strafverfolgungs­ behörden bzw. den Finanzbehörden als Ermittlungsbehörden (§§ 386 Abs. 2, 399 Abs. 1 AO) herangezogen werden. Gegenüber den Finanzbe­ hörden Auskunfts- und Vorlagepflichtige sind gem. § 107 AO ebenfalls nach Maßgabe des JVEG zu entschädigen.877 Auch die polizei- und sicher­ 873 European Data Protection Supervisor, Opinion 1/2017: EDPS Opinion on a Com­ mission Proposal amending Directive (EU) 2015/849 and Directive 2009/101/EC, 02.02.2017, S. 12 (Rn. 52). 874 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (290– 291). 875 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 30 GwG Rn. 21. 876 Zum Ganzen Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 30 GwG Rn. 21, der jedoch eine analoge Anwendung des § 52 Abs. 4 GwG nicht ausdrücklich vorschlägt. 877 Vorlagepflichtige sind erst seit Inkrafttreten des durch Art. 11 Nr. 11 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vor­

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heitsrechtlichen Vorschriften sehen entsprechend dem Aufopferungs­ grundsatz Entschädigungsansprüche bei rechtmäßiger Inanspruchnahme als Nicht-Störer vor.878 Theoretisch vorstellbar erscheint eine analoge Anwendung der Vorschriften des JVEG über die Entschädigung von Zeu­ gen und Dritten, wie sie Barreto da Rosa vorschlägt.879 Gleichwohl deu­ tet nichts darauf hin, dass eine solche Entschädigungsregelung – aus­ drücklich oder in der Verwaltungspraxis – kommen wird. Sie würde auch nicht in die gesetzgeberische Grundvorstellung passen, dass den zur Geldwäschebekämpfung in Anspruch Genommenen insgesamt keine Entschädigung zusteht. Inzwischen stellt die FIU auf ihrer Website unter „Fragen und Antworten“ klar: „Ein Anspruch auf Entschädigung für die Beantwortung eines Auskunftsersu­ chens besteht nach § 23 Abs. 2 JVEG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 JVEG lediglich gegen­ über Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörden. Bei der FIU handelt es sich seit dem 26. Juni 2017 um eine rein administrativ auf Grundlage des Geldwäschege­ setzes – und nicht als Strafverfolgungsbehörde auf Grundlage der Strafprozessord­ nung – handelnde Behörde. Die FIU ist auch keine Verfolgungsbehörde i.S.d. § 23 JVEG, da sie keine Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten führt. Ebenfalls besteht kein Entschädigungsanspruch für die Beantwortung eines Aus­ kunftsersuchens nach § 107 AO i. V. m. §§ 22, 7 JVEG. § 107 AO greift nur, wenn Personen entweder als Auskunftspflichtige nach § 93 AO oder – seit 30.06.2013 – als Vorlagepflichtige gem. § 97 AO oder als Sachverständige gem. § 96 AO in An­ spruch genommen worden sind. Die gegenüber der FIU bestehende Auskunfts­ pflicht beruht weder auf § 93 AO noch auf §§ 96 f. AO, sondern auf der Vorschrift des § 30 Abs. 3 S. 1 GwG, wonach die FIU unabhängig vom Vorliegen einer Ver­ dachtsmeldung Informationen von Verpflichteten einholen kann, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.“880

cc) Verbot der Informationsweitergabe § 47 Abs. 1 GwG verbietet es dem Verpflichteten, einen Dritten von ei­ ner beabsichtigten oder erstatteten Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG, ei­ nem aufgrund einer solchen Meldung eingeleiteten Ermittlungsverfah­ ren oder einem Auskunftsverlangen nach § 30 Abs. 3 Satz 1 GwG zu schriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 26.06.2013, BGBl. I 2013, 1809, von § 107 AO erfasst. Davor waren Betroffene nur bei einem kombinierten Auskunfts- und Vorlageverlangen zu entschädigen (BFH, Urt. v. 30.03.2011 – I R 75/10, BFH/NV 2011, 1287), wobei die Anforderungen an reine Vorlageverfah­ ren relativ hoch waren (BFH, Urt. v. 24.02.2010 – II R 57/08, BFHE 228, 145: Vor­ rang des Auskunftsverlangens; BFH, Urt. v. 08.08.2006 – VII R 29/05, BStBl. II 2007, 80: reines Vorlageverfahren nur anzunehmen, wenn sich Tätigwerden des Vorlageverpflichteten auf „rein mechanische Hilfstätigkeiten“ beschränkt). 878 So z. B. § 51 Abs. 1 BPolG, Art. 87 Abs. 1 PAG (Bayern). 879 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 30 GwG Rn. 23. 880 Generalzolldirektion, Fragen und Antworten, https://www.zoll.de/DE/FIU/Fragen-­ Antworten/fragen-antworten_node.html (zuletzt geprüft am 31.10.2020).

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informieren. Zweck dieses „tipping off“-Verbotes ist es, den Behörden einen Informationsvorsprung zu verschaffen und Verdunkelungshand­ lungen seitens des Betroffenen zu vereiteln. Das Verbot der Informations­ weitergabe ist ebenfalls klassischer Bestandteil der Geldwäschegesetzge­ bung. Neu ist hingegen, dass eine Informationsweitergabe auch bei Auskunfts­ verlangen nach § 30 Abs. 3 Satz 1 GwG verboten sein soll. Da ein Aus­ kunftsverlangen keinerlei Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terroris­ musfinanzierung voraussetzt, ist der Gesetzgeber erheblich über das Ziel hinausgeschossen. Es leuchtet nicht ein, weshalb generalisierend eine Verdunklungsgefahr angenommen wird, wenn es schon keinerlei An­ haltspunkte für einen Sachverhalt gibt, der verdunkelt werden könnte. Der Betroffene erfährt in aller Regel von der Verarbeitung seiner perso­ nenbezogenen Daten nur dann etwas, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wird. § 49 Abs. 1 GwG sieht zwar unter diversen Einschränkungen ein Recht des Betroffenen auf Zugang zu den über ihn bei der FIU vorliegenden Informationen vor, allerdings nur „auf Antrag“. Bürger müssten also ins Blaue hinein Anträge stellen, um von dem Ein­ griff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu erfah­ ren. Auch darauf wird an späterer Stelle zurückzukommen sein.881 g) Transparenzregister Zur Erfassung und Zugänglichmachung von Angaben über den wirt­ schaftlich Berechtigten wurde 2017 den Vorgaben der FATF und der EU folgend auch in Deutschland das sog. Transparenzregister eingeführt. Dies soll dazu dienen, den Missbrauch von Gesellschaftsstrukturen für verbotene Handlungen zu erschweren.882 In Umsetzung der GwRL V wurden die Vorschriften über das GwG teils verschärft, teils hatte der deutsche Gesetzgeber der Richtlinie bereits vorgegriffen. Das Transparenzregister wird von der Bundesanzeiger Verlag GmbH als Beliehene geführt.883 Die Rechts- und Fachaufsicht übt das Bundesver­ waltungsamt aus (§ 25 Abs. 6 GwG). Die Eintragungspflichtigen müssen für die Führung des Transparenzregisters eine jährliche Gebühr i. H. v. jeweils 2,50 € entrichten.884 Für jede (elektronische) Einsichtnahme wird eine Gebühr von 4,50 € pro aufgerufenem Dokument erhoben.885 Zur Handhabung der Vorschriften über das Transparenzregister hat das Bun­ 881 Kapitel 3 B. IV. 3. c) cc) (1) (b) ii). 882 Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 89. 883 Transparenzregisterbeleihungsverordnung v. 27.06.2017, BGBl. I 2017, S. 1938. 884 § 24 Abs. 1 und 3 GwG i. V. m. § 1 und Anl. 1 Nr. 1 Transparenzregistergebühren­ verordnung (TrGebV) v. 19.12.2017, BGBl. I 2017, 3982. 885 § 24 Abs. 2 und 3 GwG i. V. m. § 1 und Anl. 1 Nr. 2 TrGebV.

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desverwaltungsamt sog. FAQ herausgegeben, deren rechtliche Qualität unklar ist.886 aa) Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten Wirtschaftlich Berechtigter ist gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 GwG die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspart­ ner letztlich steht, oder auf deren Veranlassung (dazu siehe § 3 Abs. 4 GwG) eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbezie­ hung letztlich begründet wird. Der wirtschaftlich Berechtigte ist stets eine natürliche Person. Jeder Vertragspartner, der keine natürliche Per­ son ist, hat in der Regel mindestens einen wirtschaftlich Berechtigten; § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG stellt dies dadurch sicher, dass der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführender Gesellschafter oder – bei Partnerschafts­ gesellschaften – der Partner als „fiktiver“ wirtschaftlich Berechtigter an­ gesehen wird, wenn der wahre wirtschaftlich Berechtigte nicht ermittelt werden kann.887 Aus § 3 Abs. 2–4 GwG folgt, dass ein Vertragspartner, der keine natürliche Person ist, auch mehr als einen wirtschaftlich Berech­ tigten haben kann.888 Der Begriff ist also grundsätzlich auf die Sorgfaltspflichten im Zusam­ menhang mit konkreten Geschäftsbeziehungen und konkreten Transak­ tionen zugeschnitten.889 Bezugspunkt der wirtschaftlichen Berechtigung ist dabei „der Vertragspartner“ (§ 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 GwG). Über das Transparenzregister hingegen sollen gemäß § 19 Absatz 1 GwG Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten im Hinblick auf Vereinigungen nach § 20 Absatz 1 Satz 1 GwG und Rechtsgestaltungen nach § 21 GwG zu­ 886 Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geld­ wäschegesetz, 19.08.2020. 887 Nach den BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Dezember 2018, 5.2.1 Abs. 5–6 sollen hingegen bei WEG, nichtrechtsfähigen Ver­ einen und privatrechtlichen Unternehmen, die zu 100 % der öffentlichen Hand gehören, sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts „regelmäßig […] die Voraussetzungen für die Annahme eines wirtschaftlich Berechtigten nicht gege­ ben sein.“ Zustimmend BeckOK GwG/Frey, § 3 GwG Rn. 38. 888 Vgl. sehr ausführlich BeckOK GwG/Frey, § 3 GwG Rn. 27–37, der jedoch einwirft, die Erfassung einer Vielzahl von Personen als wirtschaftlich Berechtigte konterka­ riere den Zweck der Norm, Transparenz zu schaffen; für den wirtschaftlich Be­ rechtigten sei deshalb nur Raum, wo die Eigentums- und Kontrollstruktur nicht hinreichend transparent sei. Diese Auffassung passt zum Zweck des § 3 GwG, macht die ohnehin schon an unbestimmten Rechtsbegriffen nicht arme Vorschrift aber noch schwerer handhabbar; überdies ist sie schwer mit dem Wortlaut in Ein­ klang zu bringen. Im Zusammenhang mit Treuhandverhältnissen leiten Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2435) und Bochmann, DB 2017, 1310 (1317) aus dem im Singular formulierten § 19 Abs. 1 GwG ab, dass es nur einen wirtschaft­ lich Berechtigten geben kann; dagegen zutreffend Tebben, ZGR 2020, 430 (437– 438). 889 Vgl. Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (454).

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gänglich sein. Der Bezugspunkt der wirtschaftlichen Berechtigung ist also ausschließlich eine der im Gesetz genannten Vereinigungen oder Rechtsgestaltungen. Deshalb ist § 3 GwG gemäß § 19 Abs. 2 GwG hin­ sichtlich des Transparenzregisters auch nur entsprechend anwendbar.890 Wirtschaftlich Berechtigter i. S. d. §§ 19 ff. GwG ist demnach die (1) na­ türliche Person, (2) in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine (3) Vereinigung im Sinne des § 20 Absatz 1 GwG oder eine Rechtsgestaltung nach § 21 GwG letztlich steht (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG).891 Festzuhalten ist: Nicht eingetragene Personengesellschaften wie die ­Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Wohnungseigentümergemein­ schaften (WEG) oder Erbengemeinschaften unterfallen zwar § 3 GwG, unterliegen aber nicht den Pflichten im Zusammenhang mit dem Trans­ parenzregister (§§ 20, 21 GwG). (1) Juristische Personen und Personengesellschaften § 3 Abs. 2 GwG bestimmt für bestimmte Konstellationen, wer bei einer juristischen Person892 und bei „sonstigen Gesellschaften“ als wirtschaft­ lich Berechtigter anzusehen ist. Die Vorschrift gilt nicht für rechtsfähige Stiftungen; für diese sind in § 3 Abs. 3 GwG Sonderregeln vorgesehen. Sie gilt ferner nicht für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind oder893 für Gesellschaften, die zwar nicht an einem organisierten Markt notiert sind, aber entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen.894 Gemeint sind damit grundsätzlich börsennotierte Gesellschaften.895 Die Stellung des 890 Vgl. Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 126. 891 Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (454). 892 Nach BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, S. 39 sind nur juristische Personen des Privatrechts gemeint. Das ergibt sich nicht aus dem Wortlaut, ist aber mit Blick auf die Regelbeispiele in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 GwG einleuchtend. 893 BeckOK GwG/Frey, § 3 GwG Rn. 48: Das „und“ ist als „oder“ zu verstehen. Dem ist zu folgen, weil die zweite Voraussetzung (Erfüllung gleichwertiger Transparenz­ anforderungen) andernfalls tautologisch wäre. Ohne Begründung so auch Herzog/ Achtelik/Figura, § 3 GwG Rn. 13. 894 Ob damit jedoch eine Einschränkung der Reichweite der Rechtsfigur des wirt­ schaftlich Berechtigten verbunden ist, wie BeckOK GwG/Frey, § 3 GwG Rn. 48 meint (ebenso wohl auch Kunz/Schirmer, BB 2015, 2435 (2438)), ist zweifelhaft. Dagegen spricht schon § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG, aus dem sich ergibt, dass auch die von § 3 Abs. 2 GwG genannten Gesellschaften grundsätzlich gem. § 20 Abs. 1 GwG Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten zu übermitteln haben; sie werden von dieser Pflicht lediglich durch die Generalfiktion in § 20 Abs. 2 GwG befreit. Dieser Regelung bedürfte es nicht, wenn börsennotierte Gesellschaften von vornherein außerhalb des Anwendungsbereichs von § 20 GwG lägen. 895 Vgl. BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, S. 40.

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wirtschaftlich Berechtigten wird gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1–3 GwG in­ diziert durch − Halten von mehr als 25 % der Kapitalanteile, − Kontrolle von mehr als 25 % der Stimmrechte oder − Ausübung von Kontrolle „auf vergleichbare Weise“. Dabei ist es unerheblich, ob die Beteiligung oder die Kontrolle unmittel­ bar oder mittelbar gehalten bzw. ausgeübt wird. Diskutiert wird, ob für „Kontrolle auf vergleichbare Weise“ – wie in Nr. 1 und 2 – nur auf gesell­ schaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten abzustellen ist.896 Dafür spricht jedenfalls der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GwG („auf vergleich­ bare Weise“). Der Zweck der Vorschrift (vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG) spricht jedoch für ein weites Verständnis, wonach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GwG alle Fälle erfasst, in denen eine Person im Ergebnis wie ein Gesellschafter nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 GwG auf die Vereini­ gung Einfluss nehmen kann. In Betracht kommen vier Arten, auf die – unmittelbar oder mittelbar – Kontrolle ausgeübt werden kann: 1. Gesellschaftsrechtliche Kontrolle, z. B. die mit dem Kapitalanteil ein­ hergehende Stimmrechtsmacht, gesellschaftsvertraglich vereinbarte Mehrstimmrechte, Vetorechte oder Benennungsrechte. 2. Schuldrechtliche Kontrolle kann z. B. durch Beherrschungsverträge (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AktG),897 verbindliche Verträge über die Ausübung des Stimmrechts zwischen den Gesellschaftern oder Drit­ ten (Stimmbindungsverträge)898 oder durch Treuhandabreden899 aus­ geübt werden, bei denen der Treugeber zwar im Außenverhältnis un­ eingeschränkte Rechtsmacht hat, im Innenverhältnis jedoch mit Blick auf das Treugut an die Weisungen des Treugebers gebunden ist.900

896 Für eine Beschränkung auf (ggf. schuldrechtlich vermittelten) gesellschaftsrechtli­ chen Einfluss Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325 (1330); Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (454); Bochmann, DB 2017, 1310 (1314). 897 Diese werden anders als hier von Herzog/Achtelik/Figura, § 3 GwG Rn. 10 nicht als Form der schuldrechtlichen, sondern der faktischen Kontrolle eingeordnet. 898 Zu Einzelfragen im Zusammenhang mit Stimmbindungsverträgen siehe Omlor/ Meier, ZGR 2020, 586 (613–617); Schaub, DStR 2018, 871–877. 899 Pelka/Hettler/Weinhausen, DStR 2018, 1303 (1304–1305) erblicken in § 3 Abs. 3 GwG eine abschließende spezielle Regelung für alle Treuhandverhältnisse und folgern, dass Treuhandverhältnisse in anderen als den in der Norm genannten Zu­ sammenhängen keine wirtschaftliche Berechtigung vermitteln können, insb. der Treugeber bei treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen in der Regel nicht wirt­ schaftlich Berechtiger sein kann; a. A. Tebben, ZGR 2020, 430 (437). 900 Insbesondere, aber nicht nur im Zusammenhang mit Treuhandabreden ist um­ stritten, ob bloß schuldrechtliche Kontrolle im Rahmen des § 3 Abs. 2 GwG aus­ reicht oder ob es gesellschaftsrechtlicher Kontrollmöglichkeiten bedarf.

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3. Sachenrechtlich eröffnet zum Beispiel der Nießbrauch an Beteiligun­ gen Kontrollmöglichkeiten. 4. Schließlich kann Kontrolle schlicht faktisch ausgeübt werden, z. B. durch informelle Beziehungen zwischen dem Gesellschafter und ei­ nem Dritten, derentwegen der Gesellschafter sich dem Willen des Dritten unterordnet, oder durch Verhaltensabstimmung zwischen verschiedenen Gesellschaftern ohne bindende Vereinbarung, wie dies beim sog. Acting in Concert der Fall sein kann.901 Einen Sonderfall der mittelbaren Kontrolle enthält § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 GwG: Wirtschaftlich Berechtigter ist auch, wer auf eine juristische Per­ son des Privatrechts oder eine eingetragene Personengesellschaft, die 25 % der Kapitalanteile hält oder 25 % der Stimmrechte kontrolliert (1. Ebene), beherrschenden Einfluss ausübt (2. Ebene). Für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses gelten § 290 Abs. 2–4 HGB entspre­ chend.902 Unklar ist, ob bei Überschreitung eines Schwellenwerts aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 GwG unwiderleglich vermutet wird, dass der Anteils­ eigener die Kontrolle über die Vereinigung ausübt, oder ob es sich ledig­ lich um Indikatoren handelt, die in der Gesamtschau betrachtet werden müssen.903 Auch wenn der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG eher für eine Auslegung als unwiderlegliche Vermutung spricht, streiten die bes­ seren Gründe dafür, die Schwellenwerte als bloße Indizien anzusehen: Zum einen dient die Vorschrift der Umsetzung des Art. 3 Nr. 6 Buchst. a Ziffer i GwRL IV, dem auch die Schwellenwerte entnommen sind. Nach Erwägungsgrund 12 zur GwRL IV soll eine bestimmte Beteiligungs­ 901 Ob rein faktische Kontrolle ausreicht, ist umstritten; dafür etwa Fisch, NZG 2017, 408 (409, Fn. 8); Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413 (415). A. A. Schaub, DStR 2017, 1438 (1439); Tebben, ZGR 2020, 403 (446–447). 902 Teilweise wird davon ausgegangen, dass schuldrechtliche Kontrolle keine wirt­ schaftliche Berechtigung vermitteln könne, sondern nur gesellschaftsrechtliche. Daraus folge insbesondere in Treuhandverhältnissen, dass der Treugeber nicht wirtschaftlich Berechtigter sei, weil er regelmäßig nur mithilfe von Weisungen an den Treuhänder Einfluss nehmen könne. Dafür z. B. Pelka/Hettler/Weinhausen, DStR 2018, 1303 (1304); Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (455); Kotzenberg/­ Lorenz, NZG 2017, 1325 (1330). Hier muss man jedoch genauer hinsehen, wie Tebben, ZGR 2020, 430 (438–441) zutreffend herausgearbeitet hat: Bei Treu­ handabreden liegt keine Kontrolle „auf vergleichbare Weise“ i. S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GwG vor, sondern ein Fall der mittelbaren Kontrolle nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 GwG. § 3 Abs. 2 Satz 2–4 GwG regeln dabei nur einen be­ stimmten Fall mittelbarer Kontrolle („insbesondere“) und lassen nicht den Schluss zu, für die mittelbare Kontrolle komme es stets auf die dort genannten Maßstäbe an. Ebenso Bochmann, DB 2017, 1310 (1315–1316); Schaub, DStR 2017, 1438 (1439); Friese/Brehm, GWR 2017, 271 (273); vgl. auch Rieg, BB 2017, 2310 (2319). 903 Für die Unwiderleglichkeit der Vermutung Herzog/Achtelik/Figura, § 3 GwG Rn. 9; DK, AuA 2014, Rn. 27.

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schwelle oder Stimmrechtsmacht nur „einen der zu berücksichtigenden Beweisfaktoren“ darstellen.904 Zum anderen erlaubt die Höhe einer Kapi­ talbeteiligung oder eine bestimmte Stimmrechtsmacht zwar in der Re­ gel, keineswegs aber immer den Schluss auf die Kontrollmacht des An­ teilseigners.905 Können die in § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG genannten Vereinigungen auch nach umfassender Prüfung keine natürliche Person als wirtschaftlich Be­ rechtigten ermitteln oder bestehen Zweifel an der Berechtigtenstellung der Person, dann „gilt als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Ver­ treter, geschäftsführende Gesellschafter oder Partner des Vertragspart­ ners“ (§ 3 Abs. 2 Satz 5 GwG).906 Man spricht in diesen Fällen von einem „fiktiven“ wirtschaftlich Berechtigten. Dadurch wird sichergestellt, dass jedenfalls die genannten Vereinigungen immer über einen wirtschaftlich Berechtigten verfügen.907 Unklar ist, ob es in Fällen, in denen die im Ge­ setz aufgezählten Mitglieder der Leitungsebene keine natürlichen Perso­ nen sind (z. B. im Falle einer GmbH & Co. KG), auf die Leitungsebene der geschäftsführenden Vereinigung oder auf deren Gesellschafter an­ kommt.908 (2) Rechtsfähige Stiftungen und weitere Rechtsgestaltungen § 3 Abs. 3 GwG regelt, wer bei rechtsfähigen Stiftungen (§§ 80 ff. BGB) und Rechtsgestaltungen, mit denen treuhänderisch Vermögen verwaltet oder verteilt oder die Verwaltung oder Verteilung durch Dritte beauftragt wird (z. B. nichtrechtsfähige Stiftungen), oder bei vergleichbaren Rechts­ gestaltungen als wirtschaftlich Berechtigter anzusehen ist. Davon erfasst werden auch Trusts.909 Es handelt sich dabei nicht um Regelbeispiele, 904 So auch Fisch, NZG 2017, 408 (409). 905 So z. B. bei vom Kapitalanteil abweichender Stimmrechtsmacht oder dem Vorlie­ gen eines Entherrschungsvertrages. 906 In Art. 3 Nr. 6 Buchst. a Ziff. ii GwRL V ist von Personen die Rede, die der „Füh­ rungsebene“ angehören; der Begriff ist in Art. 3 Nr. 12 GwG legaldefiniert als: „Führungskräfte oder Mitarbeiter mit ausreichendem Wissen über die Risiken, die für das Institut in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bestehen, und ausreichendem Dienstalter, um Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Risikolage treffen zu können, wobei es sich nicht in jedem Fall um ein Mitglied eines Leitungsorgans handeln muss“. Es ist zweifelhaft, ob die deutsche Um­ setzung, die einen deutlich engeren Personenkreis erfasst, diesen Vorgaben ent­ spricht. 907 Rößler, WM 2015, 1406 (1408–1409): „Dahinter steckt die teilweise im internatio­ nalen Raum vorgefundene Vorstellung, dass es eine juristische Person ohne kon­ trollierende natürliche Person nicht geben dürfe.“ 908 Weiske/Mocker, GWR 2017, 445 (447) tendieren zu Ersterem, d. h. zum Abstellen auf die Leitungsebene der geschäftsführenden Vereinigung. 909 Zum Wesen und zur (Un-)Vereinbarkeit des Rechtsinstituts des Trusts mit dem deutschen Recht siehe BGH, Urteil v. 13.06.1984 – IV ZR 196/82, juris = ZIP 1984, 1405–1410 = IPRax 1985, 221–224 m. Anm. Kötz [Rn. 45–46]. Guter Überblick

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sondern um unwiderlegliche Vermutungen.910 Hier gehören zu den wirt­ schaftlich Berechtigten: − jede natürliche Person, die als Treugeber, Trustee oder (sofern vorhan­ den) Protektor handelt,911 − jede natürliche Person, die Mitglied des Stiftungsvorstandes ist, − jede natürliche Person, die als Begünstigte bestimmt worden ist,912 − die Gruppe natürlicher Personen, zu deren Gunsten das Vermögen verwaltet oder verteilt werden soll, sofern der Begünstigte noch nicht bestimmt ist, sowie − jede natürliche Person, die auf sonstige Weise unmittelbar oder mit­ telbar beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder Ertragsverteilung ausübt. bb) Mitteilungspflicht, Angabepflicht, Meldepflicht Juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesell­ schaften müssen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben über den oder die wirtschaftlich Berechtigten ein­ holen, aufbewahren, auf dem aktuellen Stand halten und der registerfüh­ renden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitteilen (Mitteilungspflicht). Die Angaben nach § 19 Abs. 1 GwG sind: 1. Vor- und Nachname, 2. Geburtsdatum, 3. Wohnort, 4. Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses (dazu siehe § 19 Abs. 3 GwG) und 5. Staatsangehörigkeit Die Anteilseigener, die wirtschaftlich Berechtigte sind oder von einem wirtschaftlich Berechtigten unmittelbar kontrolliert werden, sind wie­ derum gegenüber den Vereinigungen i. S. v. § 20 Abs. 1 GwG gem. § 20 Abs. 3 GwG verpflichtet, alle Angaben zu machen, damit diese ihrer Mit­ teilungspflicht nachkommen können (Angabepflicht). Dies gilt jedoch nur innerhalb der ersten zwei Ebenen der Kontrolle. Sobald zwischen dem wirtschaftlich Berechtigten und der mitteilungspflichtigen Vereini­ zum Wesen des Trusts und seiner Vergleichbarkeit mit Rechtsinstituten des deut­ schen Rechts Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (592–598). 910 BeckOK GwG/Frey, § 3 GwG Rn. 66. 911 Darunter fallen bei Treuhandstiftungen in der Regel der Stifter und der Stiftungs­ träger, die dem settlor bzw. trustee eines Trusts ähneln; dazu Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (607). 912 Ausführlich zu den damit verbundenen Problemen Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (609–612).

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gung mehr als eine Ebene liegt, ist der wirtschaftlich Berechtigte selbst angabepflichtig (§ 20 Abs. 3 Satz 5 GwG). Durch das Gesetz zur Umsetzung der GwRL V neu eingeführt wurde in § 20 Abs. 3a GwG eine Angabepflicht (ggü. der mitteilungspflichtigen Vereinigung) auch der Anteilseigener, die keine wirtschaftlich Berechtig­ ten sind, wenn sie zu der Erkenntnis gelangen, dass sich der wirtschaft­ lich Berechtigte der Vereinigung geändert hat und sich dies weder aus dem Transparenzregister ergibt noch dem Anteilseigener positiv bekannt ist, dass die mitteilungspflichtige Vereinigung davon Kenntnis hat. Nachforschungspflichten sind damit nicht verbunden.913 Bezüglich der Mitteilungspflicht gilt gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GwG im Wesentlichen dasselbe für Trustees und Treuhänder, sofern de­ ren Wohnsitz oder Sitz in Deutschland liegt.914 Eine Angabepflicht ist hier jedoch nicht vorgesehen.915 Die Angabe- und Mitteilungspflichten (sowie in diesem Zusammenhang bestehende Dokumentationspflichten) sind gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 55–63 GwG bußgeldbewehrt.916 Ebenfalls im Zuge der Umsetzung der GwRL V neu eingeführt wurde in § 23a GwG eine Verpflichtung der geldwäscherechtlich Verpflichteten i. S. v. § 2 Abs. 1 GwG, die registerführenden Stellen über von ihnen festgestellte Unstimmigkeiten zwischen den Angaben im Transparenz­ register und ihren eigenen Erkenntnissen zu unterrichten. Auch diese ist gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 65 bußgeldbewehrt. (1) Mitteilungspflichtige Vereinigungen Als juristische Personen des Privatrechts sind auf jeden Fall deutsche Kapitalgesellschaften mit Satzungs- und Verwaltungssitz im Inland er­ fasst, die in einem deutschen Register eingetragen sind.917 Vereinigungen mit Sitz im Ausland sind dann mitteilungspflichtig, wenn sie sich ver­ pflichten, Eigentum an einer im Inland gelegenen Immobilie zu erwer­ ben und sie keine Mitteilung gegenüber dem Transparenzregister eines 913 Reuter, NZG 2020, 178 (180). 914 Die GwRL V macht keine Angaben über den Umfang der Angaben; der deutsche Gesetzgeber hat sich hier für einen Gleichlauf mit den juristischen Personen des Privatrechts und den eingetragenen Personengesellschaften entschieden, der unionsrechtskonform sein dürfte, vgl. Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (601). 915 Vgl. Herzog/Achtelik/Figura, § 21 GwG Rn. 3; Zentes/Glaab/Schweinitz/Pichler, § 21 GwG Rn. 5. 916 Berechtigte Zweifel, ob die §§ 20, 21 GwG den für Bußgeldtatbestände geltenden Bestimmtheitsanforderungen genügen, hegen Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325 (1329–1330). 917 Herzog/Achtelik/Figura, § 20 GwG 5; Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (453); Kieninger, ZfPW 2018, 121–128.

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anderen EU-Mitgliedstaats abgegeben haben (§ 20 Abs. 1 Satz 2 und 3 GwG). Ebenfalls erfasst werden rechtsfähige Vereine, rechtsfähige Stif­ tungen918 und eingetragene Genossenschaften. Personengesellschaften sind mitteilungspflichtig, wenn sie „eingetra­ gen“ sind. Das trifft ohne Weiteres auf OHG , KG und PartG zu. Gesell­ schaften bürgerlichen Rechts sind nach richtiger Ansicht nicht zur Mit­ teilung verpflichtet, obwohl jedenfalls die Außen-GbR durchaus im weitesten Sinne „eingetragen“ ist, z. B. im Grundbuch (§ 47 Abs. 2 Satz 1 GBO), oder als Gesellschafterin in der Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, die gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 HGB in das Handelsre­ gister aufgenommen wird (freilich ohne selbst Teil des Eintrags zu sein, § 10 Abs. 1 HGB).919 Eine stille Gesellschaft kann zwar ebenfalls gem. § 292 Abs. 1 Nr. 2, 294 AktG im Handelsregister eingetragen sein, ist aber ebenfalls nicht mitteilungspflichtig.920 Trusts sind dann mitteilungspflichtig, wenn sich der Wohnsitz oder Sitz des Trustees in Deutschland befindet (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GwG). Unklar ist, welchen Anwendungsbereich diese Vorschrift in Deutschland haben wird.921 Besonders umstritten ist die Mitteilungspflicht nichtrechtsfähiger Stif­ tungen und vergleichbarer Rechtsgestaltungen (§ 21 Abs. 2 GwG). Nicht­ rechtsfähige Stiftungen (Treuhandstiftungen) sollen gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 GwG nur dann mitteilungspflichtig sein, wenn der Stiftungszweck aus Sicht des Stifters eigennützig ist. Dies soll der Umsetzung von Art. 31 Abs. 8 GwRL IV dienen, wonach Mitteilungspflichten auch für andere Arten von Rechtsvereinbarungen statuiert werden sollen, die in ihrer Struktur und Funktion Trusts ähneln.922 Unklar ist, warum nur „eigen­ 918 Das gilt nach Ansicht des Bundesverwaltungsamtes, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geldwäschegesetz, 19.08.2020, S. 5 auch dann, wenn die rechtsfähige Stiftung gemeinnützig i. S. v. § 52 Abs. 1 AO ist. Kritiker argumentie­ ren, bei einer Stiftung, die der Förderung der Allgemeinheit diene, komme eine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter nicht in Betracht. Siehe dazu Schiffer/Schürmann, BB 2017, 2626 (2626–2627); Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2436). 919 Bochmann, DB 2017, 1310 (1312); Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (453); Herzog/ Achtelik/Figura, § 20 GwG Rn. 4. 920 Bochmann, DB 2017, 1310 (1312–1313); Herzog/Achtelik/Figura, § 20 GwG Rn. 4. 921 In den Gesetzesmaterialien heißt es, die Vorschrift führe nicht zur Anerkennung des Rechtsinstituts des Trusts in Deutschland, sondern diene lediglich der pflicht­ gemäßen Umsetzung der Richtlinie (BT-Drs. 18/11555, S. 131). Kieninger, ZfPW 2018, 121 (124) geht davon aus, dass die Vorschrift in Bezug auf Trusts in Deutsch­ land keinen Anwendungsbereich haben werde; in diese Richtung auch Zentes/ Glaab/Schweinitz/Pichler, § 21 GwG Rn. 12, wonach Abs. 1 nur deshalb nicht überflüssig sei, weil Abs. 2 darauf verweise. A.A. wohl Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (454). 922 BT-Drs. 18/11555, S. 131.

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nützige“ Stiftungen Trusts ähnlich sein sollen. Kritisiert wird, dass der Begriff der Eigennützigkeit dem deutschen Stiftungsrecht fremd sei923, die Eintragungspflicht von der Willensrichtung des Stifters abhängen sol­ le924 und gemeinnützige nichtrechtsfähige Stiftungen dadurch von der Mitteilungspflicht befreit seien, während gemeinnützige rechtsfähige Stiftungen ihr unterliegen, ohne dass ein Grund für die Differenzierung erkennbar sei925. (2) Inhalt und Umfang der Mitteilungs- und Angabepflicht Im Zusammenhang mit dem Transparenzregister sind also zwei neue Gruppen von Pflichtigen entstanden, die neben den Verpflichteten nach § 2 GwG stehen. Ob die mitteilungspflichtigen Vereinigungen eine Nachforschungs- und Verschaffungspflicht trifft, war zunächst umstrit­ ten.926 In der Begründung zum Entwurf des GwRL IV-Umsetzungsgeset­ zes hieß es: „Die Vereinigungen fungieren also […] im Wesentlichen als Mittler der für das Transparenzregister relevanten Angaben […].“927 Die Frage hat sich durch den im Zuge der Umsetzung der GwRL V neu ge­ schaffenen § 20 Abs. 3a GwG weitgehend erledigt: Demnach muss der Mitteilungspflichtige bei den ihm bekannten Anteilseigenern (und nur bei diesen) Auskünfte einholen, wenn diese keine Angaben nach § 20 Abs. 3 GwG gemacht haben und die nötigen Informationen dem Mittei­

923 Das Stiftungsrecht kannte bislang nur die Begriffe „fremdnützig“/„öffentlich“ und „privatnützig“, wobei beide Stiftungszwecke anerkannt werden können, nicht aber eine Stiftung für den Stifter selbst oder gar eine Selbstzweckstiftung. Im Sinne von § 52 AO gemeinnützige Stiftungen sind immer fremdnützig, aber nicht jede fremdnützige Stiftung ist gemeinnützig; zum Ganzen siehe MüKo BGB/Weitemeyer, § 80 BGB Rn. 116–119; Staudinger/Hüttemann/Rawert, Vor §§ 80 ff. Rn. 176–180. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen, Update Transparenzre­ gister, 07.11.2018, S. 2 versteht „eigennützig“ nicht i. S. v. „privatnützig“, son­ dern als Gegenbegriff zu „gemeinnützig“ i. S. d. § 52 AO, so offenbar auch Omlor/ Meier, ZGR 2020, 586 (603–605); a.A. Schiffer/Schürmann, BB 2017, 2626 (2627), die meinen, das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht könne nicht zur Auslegung des GwG herangezogen werden. 924 Schiffer/Schürmann, BB 2017, 2626 (2627); MüKo/Weitemeyer, § 80 BGB Rn. 98.; Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (605) weisen darauf hin, dass der Stiftungszweck durch Vertrag – also zwei übereinstimmende Willenserklärungen – festgelegt wird und es deshalb zweifelhaft ist, auf die subjektive Sicht des Stifters abzustellen; auch zur Missbrauchsvermeidung müsse der obj. Empfängerhorizont maßgeblich sein. 925 MüKo BGB/Weitemeyer, § 80 BGB Rn. 98; Schiffer/Pruns, NWB 2017, 3211 (3216); Schiffer/Schürmann, BB 2017, 2626 (2627–2628). 926 BT-Drs. 18/11555, S. 127; Rieg, BB 2017, 2310 (2311); Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (458); Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081 (1082); Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2434); a. A. Bochmann, DB 2017, 1310 (1313); Zillmer, DB 2016, 2509 (2511–2512); Friese/Brehm, GWR 2017, 271 (272). 927 BT-Drs. 18/11555, S. 127.

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lungspflichtigen auch nicht anderweitig bekannt sind. Zu weiteren Nachforschungen ist der Mitteilungspflichtige nicht verpflichtet.928 § 19 Abs. 2 GwG ordnet auch die entsprechende Geltung des § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG an, d. h. meldepflichtige Vereinigungen, die keine natürliche Person zweifelsfrei als wirtschaftlich Berechtigten ermitteln können, müssen die Angaben nach § 19 Abs. 1 GwG hinsichtlich des fiktiven wirtschaftlich Berechtigten einholen, aufbewahren, auf dem aktuellen Stand halten und zur Eintragung in das Transparenzregister übermit­ teln. 929 (a) (Partielle) Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG enthält eine Mitteilungsfiktion für den Fall, dass sich die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten (mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit930) bereits aus den in § 22 Abs. 1 GwG aufgeführten elektronisch abrufbaren Dokumenten und Eintragungen in öffentlichen Registern ergeben, namentlich dem Handelsregister, dem Partnerschafts­ register, dem Genossenschaftsregister, dem Vereinsregister oder dem Un­ ternehmensregister. Darunter fallen neben den Registereintragungen insb. die GmbH-Gesellschafterlisten (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 GwG).931 Stif­ tungen profitieren nie von der Meldefiktion, da es kein öffentliches ­Stiftungsregister gibt.932 Die von den zuständigen Aufsichtsbehörden ge­ führten Stiftungsverzeichnisse sollen nach Auffassung des Bundesver­ waltungsamtes nicht genügen.933 Das Aktienregister, das Namensaktien ausgebende Aktiengesellschaften gem. § 67 Abs. 1 AktG zu führen ha­ ben, ist ebenfalls kein öffentliches Register und löst die Meldefiktion nicht aus.934 Problematisch ist, dass die in Bezug genommenen Register anderen Zwe­ cken dienen und deshalb die Reichweite der Mitteilungsfiktion nicht 928 Vgl. Reuter, NZG 2020, 178 (179–180). 929 Vgl. Weiske/Mocker, GWR 2017, 445 (447). 930 Andernfalls wäre die Meldefiktion leergelaufen, dazu und zu weiteren Details Reuter, NZG 2020, 178 (178–179). 931 Kritisch hinsichtlich der Unionsrechtskonformität Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (627). Ausführlich zur Rolle des Geschäftsführers in diesem Zusammenhang Teichmann, in: Dreher/Drescher/Mülbert/Verse, Festschrift für Albrecht Berg­ mann, 2018, S. 743–764. Grundsatzkritik an der Verknüpfung von Gesellschafter­ liste und Transparenzregister bei Wachter, GmbHR 2017, 1177 (1188–1189). 932 Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (602); Schiffer/Schürmann, BB 2017, 2626 (2626). Zur Publizität der Stiftungen siehe z. B. MüKo BGB/Weitemeyer, § 80 BGB Rn. 82–84. 933 Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geld­ wäschegesetz, 19.08.2020, S. 30. 934 Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 129; Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081 (1083).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

leicht zu bestimmen ist.935 So soll die Gesellschaft ausweislich der Ge­ setzesmaterialien hinsichtlich des Komplementärs von der Mitteilungs­ pflicht kraft Meldefiktion befreit sein.936 Hinsichtlich des Kommandi­ tisten besteht hingegen Uneinigkeit: Nach einer Ansicht soll eine Mitteilung dann nicht erforderlich sein, wenn sich die „Einlage“ aus dem Handelsregister ergebe. Das gelte aber nicht, wenn sich die „Einla­ ge“ und der gesellschaftlich vereinbarte Kapitalanteil nicht decken und diese Abweichung für die Frage der wirtschaftlichen Berechtigung von Belang sei.937 Gemeint sind also Fälle, in denen die Haftsumme (= „Einla­ ge“ i. S. d. § 162 HGB, die dem Handelsregister entnommen werden kann) und die allein im Innenverhältnis geschuldete Pflichteinlage dem Gegenstand oder der Höhe nach verschieden sind. Nach anderer Ansicht soll die Meldefiktion des § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG hinsichtlich des Kom­ manditisten nie eingreifen, da stets die Möglichkeit bestehe, dass Haftsumme und Pflichteinlage sich nicht decken.938 Soweit die Mitteilungspflicht durch eine Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG entfällt, erlischt auch die Angabepflicht (§ 20 Abs. 4 GwG). (b) Generalfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG gilt bei börsennotierten Unternehmen die Mitteilungspflicht stets als erfüllt (sog. Generalfiktion939). Das erscheint aufgrund der ohnehin erhöhten Transparenzanforderungen an diese Gruppe von Mitteilungspflichtigen sinnvoll. Die relevanten Angaben lassen sich dem Unternehmensregister entnehmen. Das Transparenzre­ gister bündelt diese Informationen und schafft so einen zentralen Zugang zu Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten.940 Inwieweit auch

935 Vgl. auch BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Mai 2020, S. 41: „Eine Reduzierung auf die ausschließliche Betrachtung von Kapi­ talanteilen erfüllt nicht die gesetzlichen Pflichten. Insofern kann ein alleiniges Abstellen auf die Angaben im Handelsregister, das allenfalls die Kapitalanteile ei­ nes Unternehmens wiedergibt, nicht jedoch eventuell vorliegende abweichende Stimmrechtsverteilungen oder außerhalb des Registers geschlossene Beherr­ schungsverträge, kein ausreichendes Bild über das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GwG liefern.“ 936 Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 92; so auch Rieg, BB 2017, 2310 (2315). 937 Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 92; Rieg, BB 2017, 2310 (2315); Weiske/Mocker, GWR 2017, 445 (448). 938 So neuerdings auch Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geldwäschegesetz, 19.08.2020, S. 23; ebenso Fisch, NZG 2017, 408 (410); Bochmann, DB 2017, 1310 (1317); Schaub, DStR 2017, 1438 (1440– 1441). 939 Vgl. Schaub, DStR 2018, 871 (874). 940 Vgl. Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/11555, S. 128.

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Tochtergesellschaften börsennotierter Unternehmen von der Meldefikti­ on profitieren, ist umstritten.941 cc) Beispielfall Zum Verständnis der komplizierten Vorschriften über das Transparenz­ register folgender einfacher Fall: Registerführende Stelle

40 %

15 %

X-GmbH

15 %

100 %

B-GmbH

30 %

100 %

A-AG

NP1

NP2

C-GmbH

100 %

NP3

Abbildung 3  Transparenzpflichten in Beteiligungsstrukturen

Vorausgesetzt, bei den Prozentangaben handelt es sich um die Kapitalan­ teile, die zugleich der Stimmrechtsmacht entsprechen, dann gilt in Ab­ wesenheit sonstiger Besonderheiten, die auf die Eigentums- und Kon­ trollstruktur Einfluss haben, hinsichtlich des Transparenzregisters das Folgende: Mitteilungspflichtig ist die X-GmbH. Angabepflichtig gegen­ über der X-GmbH ist NP2, weil er selbst Anteilseigner und wirtschaftlich Berechtigter ist (§ 20 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GwG). Angabepflichtig gegen­ über der X-GmbH ist ferner NP3 kraft seiner Stellung als Anteilseigner und wirtschaftlich Berechtigter (§ 20 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GwG); da er die 941 Siehe dazu Reuter, NZG 2020, 178 (184) m. w. N.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

C-GmbH kontrolliert, sind seine 15%igen Beteiligungen zusammenzu­ rechnen, sodass er die Schwellenwerte aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 GwG überschreitet. Da die C-GmbH somit durch einen wirtschaftlich Berechtigten unmittelbar kontrolliert wird, ist auch sie gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 GwG gegenüber der Vereinigung angabepflichtig. NP1 ist hingegen über zwei Ebenen an der X-GmbH beteiligt. Die A-AG wäre ohne Zwischenschaltung der B-GmbH angabepflichtig gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 GwG; wegen der Zwischenschaltung gilt jedoch § 20 Abs. 3 Satz 5 GwG, sodass NP1 selbst gegenüber der X-GmbH angabepflichtig ist. Die X-GmbH muss also grundsätzlich von NP1, NP2, der C-GmbH und NP3 Angaben einholen, diese aufbewahren, auf dem aktuellen Stand halten und der registerführenden Stelle mitteilen. Die Anwendung der Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG kommt nur im Fall von NP2 in Betracht: Sofern die X-GmbH eine Gesellschafter­ liste eingereicht hat, ergibt sich die Beteiligung des NP2 hieraus. Das ist gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 4 GwG grundsätzlich ausreichend. Hinsichtlich NP1 greift § 20 Abs. 2 GwG schon deshalb nicht ein, weil es sich um eine Beteiligungskette handelt, die von den Registerblättern und Registerordnern der X-GmbH, der A-AG und der B-GmbH nur in der Zusammenschau abgebildet wird, was nicht ausrei­ chend ist. Ähnliches gilt im Fall von NP3, dessen Stellung als wirtschaft­ lich Berechtigter sich erst aus der Zusammenschau des Registerblattes und Registerordners der X-GmbH und des Registerblattes und Register­ ordners der C-GmbH ergibt. dd) Einsichtnahme Wer unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Einsicht in das Transparenzregister nehmen darf, regelt § 23 GwG. Bestimmte Be­ hörden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG) können Einsicht in das Register nehmen, „soweit [dies] zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erfor­ derlich ist“. Die Verpflichteten dürfen Einsicht nehmen, wenn sie gegen­ über der registerführenden Stelle darlegen, dass die Einsichtnahme zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten erforderlich oder durch § 10 Abs. 3 GwG vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG). Schließlich ha­ ben gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG „alle[n] Mitglieder der Öffent­ lichkeit“ ein Recht auf beschränkte Einsichtnahme; ihnen sind nur die Angaben nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 und 4 (Vor- und Nachname, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses), Monat und Jahr der Geburt, Wohnsitzland und die Staatsangehörigkeit des wirtschaftlich Berechtig­ ten zugänglich, sofern sich nicht auch die Angaben nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GwG aus öffentlich zugänglichen Registern ergeben (und eine Einschränkung folglich sinnlos wäre). Der wirtschaftlich Berechtig­ te kann gem. § 23 Abs. 2 GwG bei der registerführenden Stelle eine voll­ 194

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ständige oder teilweise Beschränkung der Einsichtnahme beantragen, wenn er darlegt, dass die Einsichtnahme seine schutzwürdigen Interes­ sen beeinträchtigen würde. Schutzwürdige Interessen sind bei Gefahr942, Opfer einer der in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a bis g GwG genannten Straftaten (insb. Betrug, Erpressung, Geiselnahme, Nötigung, Bedrohung, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte) zu werden sowie bei Minderjäh­ rigkeit des Berechtigten (§ 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GwG) gegeben.943 Besondere Aufmerksamkeit ist dem öffentlichen Registerzugang zuteil geworden: Art. 30 Abs. 5 GwRL IV verlangte in seiner ursprünglichen Fassung lediglich, dass die Angaben im Transparenzregister den zustän­ digen Behörden und zentralen Meldestellen, den Verpflichteten im Rah­ men der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden sowie Per­ sonen und Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können, zugänglich sind. Gemäß Art. 5 GwRL IV sind die Mitgliedstaa­ ten jedoch nicht daran gehindert, strengere Vorschriften zu erlassen (Mindestharmonisierung). In Deutschland wurde ein Einsichtnahme­ recht für Jedermann im Nachgang der Veröffentlichung der Panama-­ Papers gefordert944 und war zunächst auch in § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG-E des Referentenentwurfs des Bundesministeriums der Finanzen vom 15.12.2016 vorgesehen. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde jedoch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken davon Abstand ge­ nommen und die Darlegung eines berechtigten Interesses als Vorausset­ zung für die Einsichtnahme verlangt. Durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. c GwRL V wurden in Art. 30 Abs. 5 GwRL IV die Worte „Personen und Organisationen, die ein berechtigtes Interes­ se nachweisen können“ durch „alle Mitglieder der Öffentlichkeit“ er­ setzt. Damit wurde ein Zugriffsrecht für Jedermann unionsrechtlich ver­ ankert. Hinsichtlich dessen Umfang schreibt die GwRL V vor, dass dieser Personenkreis mindestens Zugang zu Namen, Monat und Jahr der Geburt, Wohnsitzland und Staatsangehörigkeit des wirtschaftlichen Ei­ gentümers haben soll, sowie zu Art und Umfang des wirtschaftlichen 942 In der Praxis ist die Erfolgsquote von Anträgen auf Beschränkung der Einsichtnah­ me gering, s. Bochmann, GmbHR 2019, 640 (641). Auch in der Literatur wird da­ von ausgegangen, dass die Gefahr im Einzelfall sehr konkret sein muss, so z. B. Rieg, BB 2017, 2310 (2314); Müller, NZWiSt 2017, 87 (90–91); Reuter, NZG 2020, 178 (181); Tebben, ZGR 2020, 430 (444); nach a. A. Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433 (2437) soll hingegen schon eine abstrakte Gefahr, Opfer einer Straftat zu wer­ den, ausreichen. 943 Streitig ist, ob die Aufzählung schutzwürdiger Interesse in § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 2 GwG abschließend ist, wie z. B. vertreten von Friese/Brehm, GWR 2017, 271 (273); Müller, NZWiSt 2017, 87 (96–97); kritisch und für eine Erweiterung insb. um ein Schikaneverbot Omlor/Meier, ZGR 2020, 586 (618–619). A. A. hingegen Assmann/Hütten, AG 2017, 449 (452–453). 944 Z. B. Antrag der Fraktion DIE LINKE v. 14.04.2016, BT-Drs. 18/8133, S. 1.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

Interesses. Nachdem damit ein voraussetzungsloser Registerzugang eu­ roparechtlich vorgegeben war, blieb dem deutschen Gesetzgeber keine andere Möglichkeit, als § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG entsprechend zu ändern. 3. Zusammenfassung und Diskussion 1. Die strafrechtlichen Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche werden in Deutschland durch Vorschriften ergänzt, die dem Verwal­ tungsrecht zuzuordnen sind. Diese finden sich vor allem im GwG, aber auch im KWG, VAG, ZAG, der AO und dem ZollVG. Diese zweite Säule der deutschen Geldwäschegesetzgebung ist seit jeher noch stärker von äußeren Vorgaben geprägt als die erste Säule (das Strafrecht): Die Geldwäscherichtlinien der Europäischen Union ha­ ben seit 1991 zu einer immer weiter gehenden Bindung des deutschen Gesetzgebers an die darin enthaltenen Mindestvorgaben geführt. Das Vorgehen der EU wird wiederum stark von den Empfehlungen der FATF beeinflusst. Gleichwohl setzt der europäische Richtliniengeber seit einigen Jahren zunehmend eigene Akzente. 2. Kern dieser zweiten Säule der Geldwäschebekämpfung ist die starke Einbindung eines weiten Kreises privater Akteure in die Geldwäsche­ bekämpfung: Sie müssen das sie treffende Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Blick haben, umfangreiche Sorgfaltsund Aufbewahrungspflichten im Hinblick auf die von ihnen betriebe­ nen Geschäfte beachten und bei auffälligem Kundenverhalten von sich aus die Behörden informieren. Dabei unterliegen sie einer zuneh­ mend strenger werdenden Aufsicht; bei Verstößen gegen die Pflichten drohen aufsichtliche Maßnahmen und Bußgelder. Sanktionsentschei­ dungen werden überdies veröffentlicht (§ 57 GwG), was das im Geld­ wäschebereich ohnehin hohe Reputationsrisiko weiter erhöht. Der „risikobasierte Ansatz“ hat dabei nicht etwa zu einer Entlastung ge­ führt: Die Verpflichtung, Risikoanalyse um Risikoanalyse zu erstel­ len und sämtliche Schritte zu dokumentieren, hat eine „Bürokratisie­ rung der Bekämpfung der Geldwäsche“945 bewirkt. Auch wenn all diese Vorschriften häufig unter dem Stichwort „Geldwäschepräventi­ on“ diskutiert werden, lassen sie sich nicht ohne Wei­teres in die Ka­ tegorien „Prävention“ und „Repression“ einordnen, sondern liegen jeweils an verschiedenen Punkten eines Kontinuums.946

945 Herzog/Achtelik/Achtelik, § 15 GwG Rn. 28. 946 Vgl. auch Scherp, WM 2003, 1254 (1259): „Der Staat […] kann sich nicht recht entscheiden, ob die Schwerpunkte in der Prävention oder in der Repression ge­ setzt werden sollen.“

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B. (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

3. Neben den Privaten werden aber auch Behörden in die Geldwäsche­ bekämpfung eingebunden. Schon der Kreis der Aufsichtsbehörden ist groß und unübersichtlich (siehe § 50 GwG). Es ist für die Verpflichte­ ten oft nicht leicht, die für sie zuständige Aufsichtsbehörde zu ermit­ teln. Die Anforderungen, die an diese Behörden gestellt werden, sind erheblich: Sie sollen nicht nur die Einhaltung des GwG durch die unter ihrer Aufsicht stehenden Unternehmen und Personen überwa­ chen und ggf. Anordnungen treffen, sondern auch regelmäßig aktuali­ sierte Auslegungs- und Anwendungshinweise zur Handhabung der Sorgfaltspflichten und des Risikomanagements zur Verfügung stellen (§ 51 Abs. 8 Satz 1 GwG). All das verlangt erhebliche Kenntnisse über Rechts- und Tatsachenwelten, die den meisten Behörden fremd sind. Eine effektive Aufsichtstätigkeit erfordert erheblichen Personal- und Kostenaufwand. Während eine hochspezialisierte Behörde wie die Ba­ Fin diesen Anforderungen (vielleicht) noch gerecht werden kann, ist in vielen anderen Fällen äußerst fraglich, ob eine wirksame Aufsicht gewährleistet ist.947 4. Der Kreis der Privaten und der Behörden sowie Art und Umfang der Pflichten unterstreichen die bereits beim strafrechtlichen Dispositiv angesprochene Gefahr der Uferlosigkeit der Geldwäschegesetzge­ bung. Die vergangenen 30 Jahre waren geprägt von einer beständigen Ausweitung des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche. Das überrascht nicht: Die Bekämpfungsmaßnahmen haben das zu Bekämpfende teils erst erschaffen und verändern es. Geldwäsche ist nicht natürliche Folge gewinnbringender Straftaten – sie ist Ausweichverhalten. Je en­ ger das Überwachungsnetz gezogen wird, desto eher entsteht über­ haupt ein Bedürfnis nach Geldwäsche. In einer Welt, die einen abs­ trakten Wertträger wie Geld bereitstellt, aber keine Buchführungs-, Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und ähnliche Pflichten kennt und in der ein starker Schutz kundenbezogener Geheimnisse sowie ein weitreichendes Steuergeheimnis gewährleistet sind, ist praktisch kein Bedürfnis nach Geldwäsche erkennbar. Je kleiner diese Welt wird, desto größer wird das Bedürfnis nach Geldwäsche und desto stärker der Druck zur Ausweitung des Bekämpfungsdispositivs. Diese sich selbst verstärkende Entwicklung kann ihrer Logik nach erst enden, wenn sämtliche vermögensbezogenen Verhältnisse und Vorgänge staatlicher Überwachung unterliegen. 5. Das führt in den „finance-police state“948 und erzeugt erhebliche ver­ fassungsrechtliche Spannungslagen. Diese sind nicht neu, sondern in den vergangenen Jahren vor allem in Gestalt von Vorratsdatenspei­ 947 Zum Ganzen siehe Lukat, GewArch 2012, 20–23. 948 Levi, BJC 31 (1991), 109 (122).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

cherung, Kennzeichenerfassung, Rasterfahndung, Videoüberwachung und Gesichtserkennung diskutiert worden. Gleichwohl ist die Geld­ wäschegesetzgebung von diesen teils mit großer Intensität geführten Debatten seltsam unberührt geblieben.949 Anlass gäbe es dabei genug: Die Vorschriften über die Sorgfaltspflichten führen zur massenhaften Verarbeitung persönlicher Daten. Sofern das Gesetz überhaupt Vor­ aussetzungen aufstellt, sind diese von großer Unbestimmtheit ge­ prägt. Die grundrechtliche Problematik wird dabei nicht dadurch ent­ schärft, dass die Datenverarbeitung auf dieser Stufe durch Private und nicht durch Träger öffentlicher Gewalt erfolgt; sie führt vielmehr dazu, dass für den Bürger schwerer erkennbar ist, dass es letztlich der Staat ist, auf dessen Veranlassung und in dessen Interesse die Daten­ verarbeitung erfolgt. Weiter erschwert wird die Transparenz der Da­ tenverarbeitungsvorgänge durch eine „kafkaesk ausgefeilte[n] Ver­ weisungstechnik“ in den gesetzlichen Grundlagen.950 Die Parallelen zu Vorratsdatenspeicherung und Rasterfahndung sind nicht zu über­ sehen. In der Begründung zum Entwurf des Gewinnaufspürungsgeset­ zes vom 29.05.1992 heißt es schon: „Mit den in diesem Gesetz vorgesehenen Identifizierungspflichten und der daran anknüpfenden Aufzeichnungspflicht erfolgt eine Vorverlagerung staatli­ cher Strafverfolgungstätigkeit in den privaten Bereich. Durch die Fertigung von Aufzeichnungen werden vorsorgliche Spuren geschaffen, auf die durch die Strafverfolgungsbehörden im Bedarfsfall zugegriffen werden kann.“951



All diese Fragen wurden bislang kaum erörtert.952 Lediglich beim Transparenzregister wird debattiert, ob der voraussetzungslose (wenn auch im Umfang beschränkte) Zugang der Öffentlichkeit mit den Grundrechtsgarantien aus Art. 7, 8 und 16 EU-GRCh bzw. – vor der GwRL V – mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestim­ mung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar ist.953 Hier

949 Eine mögliche Erklärung findet sich bei Levi, BJC 31 (1991), 109 (111): „Indeed, the need for increased police powers to combat money laundering serves as the nexus for a curious coalition between those on the political left who support in­ roads into bank account secrecy to ‘get at’ the suspected misconduct of powerful corporations, corrupt dictators, etc., and those on the political right who support increased access to accounts as a necessary prelude to eliminating drug use and terrorism.“ 950 Herzog, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 427 (450). 951 GewAufspG-Entwurf, BT-Drs. 12/2704, S. 16. 952 Siehe die Nachweise in Fn. 25. 953 Verneinend insb. Kirchhof, Ein öffentlicher Zugang zum Transparenzregister ver­ letzt das Grundgesetz, 22.04.2017; Kirchhof, ZRP 2017, 127; Kirchhof, Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur vierten EU-Geldwäscherichtlinie, 06.11.2019; Teichmann, ZGR 2020, 450–463.

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hegten der Juristische Dienst des Rates954 und auch der europäische Datenschutzbeauftragte Bedenken,955 über die sich der Unionsgesetz­ geber und der deutsche Gesetzgeber unter dem öffentlichen Druck nach Bekanntwerden der „Panamapa Papers“ hinweggesetzt haben.956 Diese Bedenken haben gleichwohl Gewicht, wie auch die Entschei­ dung des französischen Conseil constitutionnel zum französischen Register für Trusts unterstreicht. Dort heißt es: „La mention, dans un registre accessible au public, des noms du constituant, des bénéficiaires et de l’administrateur d’un trust fournit des informations sur la manière dont une personne entend disposer de son patrimoine. Il en résulte une atteinte au droit au respect de la vie privée. Or, le législateur, qui n’a pas précisé la qualité ni les motifs justifiant la consultation du registre, n’a pas li­ mité le cercle des personnes ayant accès aux données de ce registre, placé sous la responsabilité de l’administration fiscale. Dès lors, les dispositions conte­ stées portent au droit au respect de la vie privée une atteinte manifestement disproportionnée au regard de l’objectif poursuivi. Par conséquent, sans qu’il soit besoin d’examiner les autres griefs, le deuxième alinéa de l’article 1649 AB du code général des impôts doit être déclaré contraire à la Constitution.”957



Ob sich auch das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Ge­ richtshof mit dem Transparenzregister beschäftigen wird, bleibt ab­ zuwarten. 6. Ebenfalls weitgehend im Dunkeln liegen die Verfassungsfragen im Zusammenhang mit der Indienstnahme Privater.958 Erörtert worden sind sie bislang vor allem mit Blick auf Rechtsanwälte, insbesondere Strafverteidiger.959 Bei der Geldwäschebekämpfung handelt es sich nicht – wie etwa Findeisen meint – um eine „vordringlich eigenen 954 Council of the European Union, Opinion of the Legal Service on the compatibility of the provisions on public access to beneficial ownership information with the applicable data protection guarantees, Ratsdok. 15655/16 v. 16.12.2016. 955 European Data Protection Supervisor, Opinion 1/2017: EDPS Opinion on a Com­ mission Proposal amending Directive (EU) 2015/849 and Directive 2009/101/EC, 02.02.2017, Rn. 53–64. 956 Vgl. BMF, Vermerk v. 05.07.2016 – VII A 3a – WK 5024/16/10003:002, S. 3, online einsehbar unter: https://fragdenstaat.de/anfrage/akte-zum-transparenzregister/​ 96372/anhang/dok-19-vii-a-3a-050716-2016-0632744_geschwarzt.pdf (zuletzt ge­ prüft am 25.06.2020). Aus den weiteren dort veröffentlichen Aktenauszügen er­ gibt sich auch, dass sich die zuständigen Abteilungen der verschiedenen Minis­ terien (Justiz und Inneres) in der verfassungsrechtlichen Beurteilung nicht einig waren. 957 Conseil constitutionnel, Décision v. 21.10.2016 – n° 2016-591 QPC, Legifrance. 958 Nach Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 95: „Bei der Indienstnahme Privater wird einem ‚nicht-staatlichen Sub­ jekt‘ ohne dessen Willen einseitig durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes im öffentlichen Interesse ein Pflichtenstatus auferlegt, der Naturalleistungspflichten (einschließlich Verfahrensleistungen) zum Inhalt hat und dessen Erfüllung nicht allein eigene Angelegenheiten des Pflichtenträgers betrifft.“ 959 Z. B. von Zuck, NJW 2002, 1397-1398.

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Zwecken der Institute dienende Aufgabe“, die „mit staatlicher Kri­ minalitätsbekämpfung nur mittelbar etwas zu tun hat.“960 Das Re­ putationsrisiko begründet zwar ein gewisses Eigeninteresse, wird durch die Geldwäschegesetzgebung aber teils erst hervorgerufen, teils verstärkt. Das Eigeninteresse der Banken ist ein bloßer Reflex.961 Was aber deutlich überwiegt – und das genügt – sind öffentliche Interes­ sen, allen voran die Effektivierung von Strafverfolgung und Vermö­ gensabschöpfung. Ob diese öffentliche Aufgabe überhaupt legitimer­ weise Privaten übertragen werden kann, ist zweifelhaft.962 Darüber hinaus ist der Kreis der Verpflichteten stetig angewachsen; da Geld­ wäsche theoretisch überall und von jedem vorgenommen werden kann, zieht das Kriterium der Sach- und Verantwortungsnähe dem Kreis der Pflichtenträger kaum Grenzen. Es droht eine „hemmungs­ lose ‚Sozialisierung‘ privater Fähigkeiten und Potentiale.“963 Die den Verpflichteten auferlegten Pflichten wurden in drei Jahrzehnten ste­ tig erweitert. Sie binden in ganz erheblichem Umfang Personal und verursachen immense Kosten. LexisNexis Risk Solutions beziffert die Compliance-Kosten im Bereich „financial crime“ auf 180,9 Milli­ arden USD im Jahr 2019, wovon allein 47,5 Milliarden USD auf Deutschland entfallen964 Im Vergleich dazu wirken die Kosten, die den Unternehmen für das Lohnsteuerabzugsverfahren entstehen, ge­ radezu lächerlich.965 Eine Entschädigung sieht das Geldwäscherecht nicht vor – ganz im Gegenteil: Die Verpflichteten müssen Einsicht in das Transparenzregister nehmen (§ 10 Abs. 3 GwG), dafür Gebühren entrichten (§ 24 Abs. 2 GwG) und Unstimmigkeiten melden (§ 23a 960 Findeisen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinsti­ tute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 95 (117); so wohl auch Findeisen, WM 1998, 2410 (2419). 961 Vgl. Herzog, WM 1996, 1753 (1758) bezogen auf das EDV-Monitoring. 962 Capitani, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinstitu­ te und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 125 (133): „Im Interesse der Bekämpfung des organisierten Verbrechens wurden also gleich zwei heilige Kühe geschlachtet.“ Gemeint sind das Bankgeheimnis und die klare Zuordnung der Aufgabe der Strafverfolgung an den Staat, weshalb der Bürger grundsätzlich keine Taten anzeigen muss. 963 So in anderem Zusammenhang Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Voll­ zug von Steuergesetzen, 2012, S. 201. 964 LexisNexis Risk Solutions, True Cost of Financial Crime Compliance Study. ­Global Report, 2020, S. 8–9. Zu den Compliance-Kosten siehe auch van Duyne/ Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 73– 88. 965 Siehe dazu die Zahlen, von denen Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Voll­ zug von Steuergesetzen, 2012, S. 380–381 berichtet (1,9 Milliarden DM in 1995 bzw. 0,7 % des Lohnsteueraufkommens), wobei in Rechnung zu stellen ist, dass diese Zahlen veraltet sein dürften. Geht man jedoch davon aus, dass das Verhält­ nis der Vollzugskosten zum Lohnsteueraufkommen bei 1 % liegt, so wird man heute Vollzugkosten von rund 2 Milliarden EUR ansetzen dürfen.

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C. Fazit

GwG). Die Mitteilungspflichtigen wiederum tragen die Kosten der Registerführung (§ 24 Abs. 1 GwG). Bestimmte Aufsichtsbehörden dürfen für aufsichtliche Maßnahmen und Anordnungen Kosten erhe­ ben (§ 51 Abs. 4 GwG). Angesichts der Intensität des Eingriffs in die Berufsfreiheit ist das Fehlen einer Entschädigungsregelung nicht mehr hinnehmbar.966 7. Damit ergibt sich für die verwaltungsrechtliche Säule der Geldwä­ schegesetzgebung ein ähnlicher Befund wie für die strafrechtliche: weit ausgreifende Tatbestände, die von unbestimmten Rechtsbegrif­ fen durchzogen und ständiger Erweiterung unterworfen sind, wäh­ rend immer unklarer wird, welche Zwecke überhaupt verfolgt wer­ den.

C. Fazit 1. Die Geldwäschegesetzgebung schlicht als System von Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche zu verstehen, greift zu kurz. Sie ist vielmehr ein komplexes regulatorisches Arsenal, das sich für eine Vielzahl ganz verschiedener Zwecke einsetzen lässt, bei denen es da­ rauf ankommt, die Akteure, Strukturen und Abläufe verschiedenster Aspekte des Wirtschaftslebens fein aufgelöst betrachten zu können. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sich die Expansion der Geld­ wäschegesetzgebung parallel zu dem wachsenden staatlichen Infor­ mationsbedürfnis und den sich verbessernden Möglichkeiten der In­ formationsverarbeitung ereignet hat. 2. Die Geldwäschegesetzgebung ist demnach wie ein Chamäleon.967 Die Entwicklung hat gezeigt, dass immer wieder „Farbwechsel“ stattge­ funden haben: In den 1980er Jahren war die maßgebliche politische Priorität die Bekämpfung des internationalen Drogenhandels – „the one crime on whose seriousness most nations – at least publicly – agree.“968 In diesem Zusammenhang wurde die internationale Geld­ wäschebekämpfung geboren. Vor allem ab Anfang der 1990er Jahre erreichte die beinahe hysterische Debatte über organisierte Krimina­ lität, die in den USA bereits in den 1950er Jahren begonnen hatte, die europäische Politik und Öffentlichkeit. Ende der 1990er Jahre gerie­ ten klepto­kratische Regime in Afrika und dem ehemaligen Ostblock 966 Zur Figur der ausgleichspflichtigen Indienstnahme siehe Burgi/Krönke, VerwArch 2012, 423–453. 967 Vgl. Mitsilegas, in: Edwards/Gill (Hrsg.), Transnational Organised Crime, 2003, S. 195 (208): „The concept of ‚dirty money‘ […] has assumed chameleon quali­ ties“. 968 Levi, British Journal of Criminology 31 (1991), 109 (123); Levi, AAPS 582 (2002), 181 (182).

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

in den Blickpunkt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 bestimmte der Terrorismus die sicherheitspolitische Agenda. All diese Entwicklungen haben Spuren im Geldwäscherecht hinter­ lassen. 3. Festzuhalten bleibt aber auch, dass es sich bislang bei keinem der verfolgten Zwecke bewährt hat: Die anfängliche Hoffnung, der Betäu­ bungsmittelkriminalität Herr zu werden, dürfte heute niemand mehr hegen – im Gegenteil: Viele Drogen sind in besserer Qualität erhält­ lich als vor einigen Jahren, während die Preise überwiegend stabil ge­ blieben oder sogar leicht gesunken sind.969 Der „war on drugs“ gilt als gescheitert.970 Auch die Bedrohung durch die sog. organisierte Krimi­ nalität scheint nicht weniger geworden zu sein.971 Bei der politischen Korruption scheint ein messbarer Erfolg bislang ebenfalls ausgeblie­ ben zu sein – ob die Verschärfung der PEP-Regeln daran etwas ändern wird, ist fraglich. Einzig beim Terrorismus ist seit 2014 eine gewisse Entspannung zu beobachten;972 inwieweit diese eine Folge des Vorge­ hens gegen Terrorismusfinanzierung ist, ist unklar. Betrachtet man die Geldwäschegesetzgebung im Kontext der Vermögensabschöp­ fung, sieht es kaum besser aus: In den Jahren 2010 bis 2014 stieg zwar nach Daten von Europol der Wert sichergestellter/eingefrorener Ver­ mögenswerte; davon wurde jedoch nur ein Bruchteil schließlich ein­ gezogen, dessen Wert überdies sank. In den 16 Staaten, die an der Europol-Erhebung teilnahmen, wurden im Schnitt 0,009 % des EUBIP eingezogen. Das stellt 1,1 % der geschätzten Gewinne aus Straf­ taten in der EU dar.973 In Deutschland wurden 2017 – also nach der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Vermögensge­ genstände im Wert von ca. 650 Millionen € sichergestellt, weniger als 969 Siehe nur Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, Europäi­ scher Drogenbericht 2019, 2019, etwa auf S. 12: „Die Menge des sichergestellten Heroins hat zugenommen, die Reinheit der Droge ist weiterhin relativ hoch und der Preis relativ niedrig, was auf eine hohe Verfügbarkeit in vielen Teilen Europas hindeutet.“, oder auf S. 14: „Aktuelle Daten zu Kokain zeigen, dass sich sowohl die Zahl der Sicherstellungen als auch die sichergestellten Mengen auf einem Re­ kordhoch befinden. […] . Auch der seit zehn Jahren am höchsten eingeschätzte Reinheitsgrad von Kokain deutet auf eine größere Verfügbarkeit der Droge auf Ebene der Endkonsumenten hin.“ 970 Pointiert Fischer, DIE ZEIT v. 13.10.2015, online abrufbar unter: https://www. zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/geldwaesche-fischer-im-recht (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 971 Vgl. Europol, Serious and Organised Crime Threat Assessment 2017, 2017. 972 Institute for Economics & Peace, Global Terrorism Index 2019, 2019, S. 35. 973 Europol, Does Crime Still Pay?, 2016, S. 11; UNODC, Estimating Illicit Financial Flows Resulting From Drug Trafficking and other Transnational Organized ­Crimes, 2011, S. 7: „much less than 1 % (propably around 0,2 % of the proceeds for crime are seized and frozen“. Siehe auch Royal United Services Institute, The Role of Financial Information-Sharing Partnerships in the Disruption of Crime, 2017, S. 3–4.

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C. Fazit

ein Drittel davon (ca. 200 Millionen €) wurden eingezogen.974 Bezogen auf den Deliktsbereich „organisierte Kriminalität“ rechnet das BKA vor, 2017 habe man 145 Millionen Euro an Gewinnen bei OK-Grup­ pierungen „nachvollziehen“ können, von denen 24 Millionen Euro vorläufig gesichert worden seien.975 Das BKA versteigt sich zu der Schlussfolgerung, „[d]er Anteil der vorläufig gesicherten Vermögens­ werte an den kriminell erwirtschafteten Erträgen betrug 16,6 %“ 976– der Wert, der sich ergibt, wenn man 24 Millionen Euro zu 145 Millio­ nen Euro ins Verhältnis setzt. Das ist irreführend: Die Bezugsgröße sind nur die von der Polizei nachvollziehbaren Erträge und die Siche­ rung ist eben nur vorläufig – es ist zu erwarten, dass am Ende nur ein Bruchteil eingezogen wurde. Bussmann/Veljovic haben basierend auf einer Auswertung von 669 Verfahrensakten aus dem Zeitraum 2014– 2016 mit rechtskräftigem Abschluss wegen Geld­wäsche (23 % der Gerichtsverfahren) hochgerechnet, dass nicht einmal 0,1 % des ge­ schätzten Dunkelfeldvolumens der Geldwäsche ans Licht kommen.977 In weniger als 7 % der Verfahren sei eine Sicherung der inkriminier­ ten Vermögenswerte erfolgt und nur in 2 % die Einziehung.978 Nimmt man die Schätzungen über den Umfang der Geldwäsche – die wiede­ rum nur einen Teil krimineller Gewinne erfasst – ernst, die global betrachtet bei 2–5 % des BIP liegen, sehen diese Zahlen nicht nach einem Erfolg aus. 4. Die Zweifel an der Effizienz des Systems verstärkt ein Blick auf das Verhältnis zwischen Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG und der in der Strafverfolgungsstatistik ausgewiesenen Zahl der Verurteilungen: Den rund 1.000 Verurteilungen wegen Geldwäsche stehen 2018 über 77.000 Meldungen gegenüber.979 Auf Verdachtsmeldungen hin haben die Staatsanwaltschaften 2018 sogar nur 72 Urteile und 73 Strafbefeh­ le zurückgemeldet.980 Das Meldeaufkommen hat sich seit 2008 verelf­ facht.981 Das ist schon für sich genommen ein Problem, weil die Funk­ tionsfähigkeit der FIU beeinträchtigt wird (Stichwort: „drowning in data“). Hier stellen sich Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden selbst ein Bein: Eine niedrige Meldeschwelle, gepaart mit dem Unverzüg­ lichkeitsgebot, erheblichen Bußgeldern und persönlichen arbeits- und strafrechtlichen Risiken für die Meldenden (insb. die Geldwäschebe­ 974 BKA, Organisierte Kriminalität, 2018, S. 11–12. 975 BKA, Organisierte Kriminalität, 2018, S. 11–12. 976 BKA, Organisierte Kriminalität, 2018, S. 12. 977 Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (418). 978 Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (418). 979 FIU, Jahresbericht 2018, S. 13. 980 FIU, Jahresbericht 2018, S. 18. Offen ist freilich, ob das Rückmeldeverfahren schlecht funktioniert oder ob Verdachtsmeldungen tatsächlich so selten kausal für Urteile und Strafbefehle werden. 981 FIU, Jahresbericht 2018, S. 13.

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

auftragten) begünstigen die massenhafte Erstattung nicht ausreichend fundierter Meldungen.982 Im Jahr 2018 wurden 52 % der Meldungen an die Strafverfolgungsbehörden weitergereicht; bei deren Rückmel­ dungen (§ 42 Abs. 1 GwG i. V. m. Ziffer 52 MiStra983) handelte es sich in 98 % der Fälle um Einstellungsentscheidungen wegen des Tatver­ dachts der Geldwäsche (nicht unbedingt jedoch wegen anderer, nicht notwendig in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB genannter Straftaten – darüber sind aber keine Daten erhältlich). Mit anderen Worten: In etwa einem (!) Prozent der Verdachtsfälle wurden eine Anklageschrift, ein Strafbe­ fehl oder eine Verurteilung gemeldet.984 Bussmann/Veljovic kommen gar zu dem Ergebnis, dass in dem von ihnen untersuchten Zeitraum 2014–2016 nur 0,6 % der Verdachtsmeldungen allein bzw. 1,6 % der Verdachtsmeldungen zusammen mit zusätzlichen Anzeigen und Er­ mittlungen zu einer Aburteilung wegen Geldwäsche beitrugen.985 Ein ganz erheblicher Teil der Meldungen und Verurteilungen bezieht sich dabei auf „kleine Fische“, allen voran Finanzagenten.986 Blickt man zurück zu den Anfängen der zweiten Säule der Geldwäschebekämp­ fung – den amerikanischen BSA –, dann kann man nicht behaupten, der vernachlässigbare ermittlungspraktische Wert des Verdachtsmel­ dewesens sei ein neues Problem. Schon 1970 mahnte Will Wilson, der damalige Assistant Attorney General: „Our purpose […] should be to detect and prosecute crime, not build a moun­ tain of paper.“987



Natürlich kann man behaupten, die Effektivität sei schwer messbar, weil Zweck der Geldwäschegesetzgebung die Prävention sei; ohne Geldwäschegesetzgebung, so das Argument, wäre alles (vielleicht) viel schlimmer. Dadurch immunisiert man Präventionsgesetzgebung gegenüber jedweder Kritik an ihrer Wirksamkeit und unterminiert ihre verfassungsrechtliche Überprüfung. Mit rationaler, empirisch

982 Siehe hierzu insb. Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (420); Lenk, JR 2020, 103 (108); Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 43 GwG Rn. 28–31. Siehe dazu auch Braun/Kasper/Majdanska u.a., Journal of Tax Administration 2 (2016), 95– 125. 983 Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen v. 27.03.2019, BAnz. AT v. 08.04.2019, B1. 984 FIU, Jahresbericht 2018, 2019, S. 17–19. 985 Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (420). 986 Vgl. Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (418); Michalke, in: Barton/Eschel­ bach/Hettinger u.a. (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fischer, 2018, S. 449 (458) m. w. N. 987 U. S. Senate, Committee on Banking and Currency, Subcommittee on Financial Institutions, Hearings on S. 3678 and H.R. 15073 held on June 8-11, 1970, 1970, S. 57.

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C. Fazit

fundierter Gesetzgebung, die am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemessen werden kann, hat dies nichts mehr zu tun.988 5. Die Gründe für dieses Scheitern sind vielfältiger Natur: Die Zielvor­ stellungen der Regelungsakteure sind teilweise unrealistisch.989 Die Regelungen sind leicht zu umgehen oder schon aufgrund ihrer Struk­ tur wirkungslos – teilweise wirken sie geradezu naiv.990 Das Transpa­ renzregister, bei dem es die faktisch wirtschaftlich Berechtigten weit­ gehend in der Hand haben, ob sie eingetragen werden oder nicht, markiert den vorläufigen Höhepunkt.991 Wer Stimmrechtsverträge gerade mit dem Ziel der Publizitätsvermeidung schließt oder eine lange Kette von Gesellschaften vorschaltet, um im Hintergrund zu bleiben, wird sich kaum in das Register eintragen lassen. Auch das scheint jedoch zu den immer noch nicht auskurierten Kinderkrank­ heiten der Geldwäschebekämpfung zu gehören, wie folgender Aus­ tausch zwischen Senator Proxmire und Will Wilson illustriert: „Senator Proxmire: If a person is already violating the law, wouldn’t he also violate this statute as well? Mr. Wilson: Yes, sir. Senator Proxmire: But you feel you would be in a stronger position to prosecute? Mr. Wilson: Yes.“992

988 Vgl. Hartmann, KJ 2007, 2 (13): „Das Rechtsstaatsprinzip der Verhältnismäßigkeit […] versagt vor der Logik der Prävention.“ 989 So z. B. die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere am 15. und 16. Oktober 1999, https://www.consilium.europa.eu/media/21051/tampere-eu­ rop%C3%A4ischer-rat-schlussfolgerungen-des-vorsitzes.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 51:„Geldwäsche […] sollte […] ausgemerzt werden.“ 990 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 103–105, der die fehlende Relevanz der Ver­ dachtsanzeigen mit der Komplexität der Geldwäsche (Internationalität, Wandel­ barkeit, Mehrstufigkeit, Beteiligung vieler Personen, Vielzahl kombinierbarer ­Methoden) und den Besonderheiten des modernen Bankgeschäfts („technology-­ banking“, automatisierter Massenzahlungsverkehr, unzureichende Schulung der Mitarbeiter) erklärt; so zur Vorstellung, der Strohmann werde den Hintermann offenbaren, nur weil es das GwG verlangt Johnigk, BRAK-Mitteilungen 1994, 58 (60); Hasse, WM 1995, 1941 (1944); Fülbier, ZBB 1992, 124 (126). 991 Vgl. Tebben, ZGR 2020, 403 (448); Krais, CCZ 2017, 98 (107); Schaub, DStR 2017, 1438 (1443–1444). Aufschlussreich insofern auch die E-Mail von Michael Findeisen (BMF) an Markus Busch (BMJV) v. 18.03.2016, 13:15 Uhr, die Arne Semsrott duch einen Antrag nach § 1 Abs. 1 IFG erlangt und öffentlich gemacht hat, online abrufbar unter: https://fragdenstaat.de/anfrage/akte-zum-transparenzregister/963​72/​ anhang/dok-37-vii-a-3-200316-2016-0288686_geschwarzt.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020). Darin schreibt Findeisen: „Sie [die NGOs] werden dann bald feststel­ len, dass das WB-Register nicht mehr als eine in anderen Register [sic] bereits vor­ handene Datensammlung enthält und für die interessanten Fälle des faktischen WB [= wirtschaftlich Berechtigten] keine Erkenntnisse liefert.“ 992 U. S. Senate, Committee on Banking and Currency, Subcommittee on Financial Institutions, Hearings on S. 3678 and H.R. 15073 held on June 8-11, 1970, 1970,

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Kapitel 1  Geldwäsche und (Anti-)Geldwäschegesetzgebung

6. Es ist deshalb nicht als bloße Polemik abzutun,993 wenn Fischer die Bilanz der Geldwäschebekämpfung als „jämmerlich“994 bezeichnet – ein Befund, der nicht nur für Deutschland und Europa, sondern für die ganze Welt gelten dürfte.995 Kontrastiert man all dies schließlich mit den ganz erheblichen, massenhaften und teils sehr einschneidenden Grundrechtseingriffen, die in diesem Kapitel an verschiedenen Stel­ len nur angerissen werden konnten, dann erscheinen ganz erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen angebracht. Hier ist nur bedingt der Ort, um diesen Zweifeln nachzugehen. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die rechtswissenschaftliche Forschung sich dieses Themas künftig verstärkt annehmen wird.

S. 66. Ähnlich auch der Austausch zwischen Proxmire und Morgenthau, ebd. S. 250. 993 So aber Hetzer, EuZW 2008, 560 (565). 994 Fischer, FAZ v. 16.10.2002, S. 19. 995 Royal United Services Institute, The Role of Financial Information-Sharing Part­ nerships in the Disruption of Crime, 2017, S. ix: „The current system for reporting suspicions of money laundering, terrorist financing and other serious crimes ­through the international financial system is not working effectively.“

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Kapitel 2 Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht Im ersten Kapitel ging es um das Instrumentarium, mit dem personenbe­ zogene Daten zum Zwecke der Geldwäschebekämpfung erhoben, erfasst, verknüpft, abgeglichen und auf andere Arten verarbeitet werden. Im Mit­ telpunkt des zweiten Kapitels steht nun die Übermittlung personenbezo­ gener Daten zwischen den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden und den Finanzbehörden. Im ersten Unterkapitel wird unter­ sucht, welche Bestrebungen es auf internationaler Ebene gab und gibt, den Zugang der Finanzbehörden zu den Datenbeständen der mit der Geldwäschebekämpfung befassten Behörden zu erleichtern (A.). Im zwei­ ten Unterkapitel werden die Datenübermittlungsmöglichkeiten zwi­ schen den Strafverfolgungsbehörden und den Finanzbehörden außerhalb der Geldwäschegesetzgebung näher beleuchtet (B.). Vor diesem Hinter­ grund lässt sich zeigen, dass die Geldwäschegesetzgebung zu einer grund­ legenden Veränderung und Erweiterung des Informationsaustausches zwischen Strafverfolgungs- bzw. Sicherheitsbehörden und Finanzbehör­ den geführt hat; besonderes Augen­merk liegt dabei auf den Möglichkei­ ten, von der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen verar­ beitete Daten an die Finanzbehörden zu übermitteln. Hier nicht weiter vertieft werden die Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Zugang der Finanzbehörden zu den im Transparenzregister ent­ haltenen Daten stellen. Dieser ist nicht völlig unproblematisch, hat aber nur eine äußerst geringe praktische Bedeutung.996 Ebensowenig soll hier auf die FATCA-Gesetzgebung und die Umsetzung des CRS eingegangen werden, die die nach diesen Vorschriften Verpflichteten zu einer zweckän­ dernden Weiterverarbeitung der ursprünglich zur Erfüllung geldwäsche­ rechtlicher Pflichten erhobenen personenbezogenen Daten ermächti­ gen.997 Die wesentlichen Grundrechtsfragen lassen sich daran weniger klar illustrieren als an der Weiterverarbeitung der in Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG enthaltenen personenbezogenen Daten.

A. Internationale Initiativen In diesem Unterkapitel wird untersucht, ob nicht nur die Geldwäschebe­ kämpfung, sondern auch der Informationsaustausch zwischen den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden und den Finanzbe­ hörden durch internationale Vorgaben, Maßnahmen und Initiativen be­ 996 Dazu siehe Kapitel 2 C. I. 5. a). 997 Siehe dazu bereits die Nachw. in Fn. 21 und Fn. 22.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

einflusst wird. Es handelt sich dabei um einen Aspekt, der in der Litera­ tur bislang nur wenig behandelt wurde und mit Blick auf die Fragestellung einer gründlichen Untersuchung wert ist. Diese ergibt, dass sich auf in­ ternationaler Ebene tatsächlich Bestrebungen nachweisen lassen, das Anti-Geldwäsche-Instrumentarium für die Verbesserung des Steuervoll­ zugs einzusetzen.

I. Initative der G7/G8 und Arbeiten der OECD Auf internationaler Ebene wird bereits seit Ende der 1990er Jahre über eine stärkere Verzahnung von Maßnahmen im Steuer- und im Geld­ wäschebereich diskutiert. Die relevanten Akteure sind hier neben den G7 und der FATF vor allem die OECD, die ab 1996 mit ihrem „Harmful Tax Competition“-Projekt die Agenda setzte und sich inzwischen zu ei­ ner der Triebkräfte des international konzertierten Vorgehens gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung entwickelt hat.998 1. Doppelstrategie der G7/G8 Im April 1998 legte die OECD den Bericht „Harmful Tax Competition: An Emerging Global Issue“ vor. Dieser befasste sich mit Steueroasen (tax havens) und schädlichen Steuerpraktiken (harmful preferential tax regi­ mes). Als Definitionsmerkmale einer Steueroase nennt der Bericht neben niedriger oder nicht vorhandener Besteuerung bestimmter Einkünfte, dem Verzicht auf die Entfaltung einer realen Tätigkeit vor Ort und in­ transparentem Gesetzesvollzug vor allem einen eingeschränkten Zugang der Finanzbehörden zu relevanten Informationen, insb. aufgrund des Bankgeheimnisses.999 Im Bericht heißt es: „Because non-transparent administrative practices as well as an inability or un­ willingness to provide information not only allow investors to avoid their taxes but also facilitate illegal activities, such as tax evasion and money laundering, these factors are particularly troublesome.“1000

In dem Bericht wird das Bankgeheimnis mit einem negativen Unterton unterlegt; es erscheint der OECD primär als Hindernis beim effektiven Vollzug der Steuergesetze,1001 aber auch als Begünstigungsfaktor anderer strafbarer Handlungen wie der Geldwäsche. Sind das Bankgeheimnis und „tax havens“ somit als Berührungspunkt zwischen Geldwäsche, Steuer­ hinterziehung und Steuervermeidung definiert, drängt es sich förmlich auf, Synergien zwischen den zur Bekämpfung der genannten Phänomene 998 Siehe hierzu z. B. Fisher/Bewsey, JIBL 15 (2000), 11 (12–14). 999 OECD, Harmful Tax Competition, 1998, S. 23. 1000 OECD, Harmful Tax Competition, 1998, S. 23–24. 1001 Siehe hierzu bereits OECD, Taxation and the Abuse of Bank Secrecy, 1985.

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A.  Internationale Initiativen

aufgelegten Maßnahmen zu nutzen. Die Finanzminister der G7, die das „Harmful Tax Competition“-Projekt von Anfang an unterstützt hatten, erklärten deshalb bereits im Mai 1998, wohlgemerkt unter der Über­ schrift „Tax Competition“: „In addition we encourage international action to enhance the capacity of antimoney laundering systems to deal effectively with tax related crimes. Action here would both strengthen anti-money laundering systems and would also be an ­essential component of a coherent programme to increase the effectiveness of tax information exchange arrangements. Action could be based on furthering the fol­ lowing objectives: a) Effective anti money laundering systems must ensure that obligations to ­report transactions relating to suspected criminal offences continue to apply even where such transactions are thought to involve tax offences. b) Money laundering authorities should be permitted to the greatest extent pos­ sible to pass information to their tax authorities to support the investigation of tax related crimes, and such information should be communicated to other jurisdictions in ways which would allow its use by their tax authorities. Such information should be used in a way which does not undermine the effec­ tiveness of anti-money laundering systems.“1002

Die G7 verfolgen also eine Doppelstrategie: Indem sichergestellt wird, dass Verpflichtete auch dann eine Meldung abgeben, wenn sie statt Geld­ wäsche und ihren Vortaten eine Steuerstraftat vermuten („fiscal ex­ cuse“1003 bzw. „tax loophole“1004), soll die Effektivität der Geldwäsche­ gesetzgebung gesteigert werden. Gleichzeitg wird freilich auch ihr Potential als vom Bankgeheimnis weitgehend unbeschwertes steuerli­ ches Ermittlungsinstrument gehoben. Die so gesammelten Daten sollen in größtmöglichem Ausmaß an die inländischen Finanzbehörden weiter­ gegeben und mit ausländischen Finanzbehörden geteilt werden können, um diese vor allem bei der Untersuchung von Steuerstraftaten zu unter­ stützen. Nach der Erklärung ist aber auch eine Verwendung im Besteue­ rungsverfahren möglich, solange sie die Effektivität der Geldwäschebe­ kämpfung nicht berührt.1005 1002 Conclusions of G7 Finance Ministers, 09.05.1998, http://www.g8.utoronto.ca/­ finance/fm980509.htm (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 16. 1003 OECD, Analysis of the replies to the questionnaire on access to information gathered by anti-money laundering authorities, DAFFE/CFA/WD(2000)5 ­ v. 21.12.1999, S. 3. 1004 OECD, Improving Access to Bank Information for Tax Purposes, 2000, S. 27 (Rn. 53). 1005 Vgl. G7 Statement, 18.06.1999, http://www.g8.utoronto.ca/summit/1999koln/ g7statement_june18.htm (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 23: „We welcome the progress made by the OECD‘s Fiscal Committee and the FATF to explore further the links between tax evasion and avoidance and money-laundering, and in particular to ensure the effective flow of information to tax authorities […].” In dieselbe Richtung Statement of G7 Finance Ministers and Central Bank

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

2. Fortentwicklung durch die OECD Um Durchbrechungen vor allem – aber nicht nur – des Bankgeheimnis­ ses geht es bei der Übermittlung von Daten anderer Behörden an die Fi­ nanzbehörden: Im Anschluss an die G7-Initiative hatte die OECD hier­ bei vor allem die Erkenntnisse der mit der Verhütung und Verfolgung der Geldwäsche betrauten Behörden in den Blick genommen. Der Gedan­ kengang war denkbar einfach: Die Bresche, die das Geldwäscherecht in das Bankgeheimnis geschlagen hat, soll auch den Finanzbehörden zugu­ tekommen. Dieser Ansatz hat einen besonderen Charme: Die Ermitt­ lungsmöglichkeiten der Finanzbehörden werden erweitert, ohne – jeden­ falls vordergründig – das Bankgeheimnis antasten zu müssen. Ab 1999 arbeitete das Committee on Fiscal Affairs der OECD mit der FATF zu­ sammen.1006 Man einigte sich darauf, dass die FATF die „fiscal excuse“ beseitigt, während die OECD sich mit dem Zugang der Finanzbehörden zum Datenbestand der Anti-Geldwäsche-Behörden befasst.1007 Ab 1999 befragte die OECD ihre Mitgliedstaaten insbesondere dazu, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sie Zugriff auf die zum Zweck der Geldwäschebekämpfung erhobenen Daten haben und wie sie deren praktischen Nutzen beurteilen.1008 Die Ergebnisse wur­ den 2002 veröffentlicht und 2007 aktualisiert.1009 In beinahe allen Staa­ ten waren zumindest manche Steuerstraftaten (ggf. abhängig von der Schwere der Tat) unmittelbar oder mittelbar in die Geldwäschegesetzge­ bung einbezogen. In fünf der 30 teilnehmenden Staaten hatten die Fi­ ­ overnors, 25.09.1999, http://www.g7.utoronto.ca/finance/fm992509state.htm G (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 25. 1006 Das war anfangs nicht ganz ohne Vorbehalte: Auf Seiten der mit der Geldwäsche­ bekämpfung betrauten Behörden gab es Sorgen, dass ihre Arbeit durch un­ sachgemäße Behandlung übermittelter Daten gefährdet werden könnte, siehe OECD, Draft Summary Record of the 59th Session. Held at Château de la Muette on 24-25 May 2000, DAFFE/CFA/M(2002)2 v. 11.01.2001, S. 10. Siehe auch die zurückhaltende Äußerung des damaligen FATF-Generalsekretärs Moulette: „We are aware that focusing on tax evasion could undermine the effectiveness of anti-­ money laundering systems” (zitiert in o. V., The Economist v. 23.06.2001, S. 100, 101). 1007 OECD, Analysis of the replies to the questionnaire on access to informa­ tion ­ gathered by anti-money laundering authorities, DAFFE/CFA/WD(2000)5 v. 21.12.1999, S. 3; Statement of G7 Finance Ministers and Central Bank Gover­ nors, 25.09.1999, http://www.g7.utoronto.ca/finance/fm992509state.htm (zu­ letzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 25. 1008 OECD, Analysis of the replies to the questionnaire on access to information gathered by anti-money laundering authorities, DAFFE/CFA/WD(2000)5 ­ v. 21.12.1999, S. 3. 1009 OECD, Access for tax authorities to information gathered by anti-money launde­ ring authorities, 2007. Dies ist die aktualisierte Fassung des Berichts (Stand: 01.09.2007). Von den damals 30 Mitgliedstaaten der OECD nahmen abgesehen von Island alle teil, ferner der OECD-CFA-Beobachter Argentinien.

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A.  Internationale Initiativen

nanzbehörden überhaupt keinen Zugriff auf Geldwäscheverdachtsmel­ dungen. In den übrigen Staaten hatten die Finanzbehörden unter mehr oder weniger engen Voraussetzungen direkten oder indirekten Zugriff. Dabei zeigten sich – trotz Unterschieden im Detail – bereits drei typische Informationswege: (1) Die Finanzbehörden haben uneingeschränkten und unmittelbaren Zugriff; (2) Mitarbeiter der zur Entgegennahme von Verdachtsmeldungen zuständigen Stelle und der Finanzverwaltung prü­ fen gemeinsam, ob eine Weiterleitung an die Finanzbehörden sinnvoll und zulässig ist; (3) die zur Entgegennahme von Verdachtsmeldungen zu­ ständige Stelle entscheidet allein, ob die Übermittlung sinnvoll und zu­ lässig ist.1010 Waren die Voraussetzungen für die Übermittlung erfüllt, durften die Finanzbehörden die Daten ohne weitere Einschränkung für steuerliche Zwecke verwenden. Die so erhaltenen Informationen durften in der Mehrzahl der Staaten im Rahmen des Informationsaustausches auf der Grundlage von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit ande­ ren Finanzbehörden geteilt werden. Soweit die Teilnehmer der Befragung Zugriff auf die bei den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Be­ hörden gespeicherten Daten hatten, schätzten sie deren Nutzen als hoch („very useful“) ein.

Verpflichteter

Verpflichteter

FIU

Finanzbehörde

+

Finanzbehörde

Finanzbehörde

Verpflichteter

Strafverfolgungsbehörde

FIU

Finanzbehörde

Abbildung 4 Informationswege bei der Übermittlung von Meldungen an die ­Finanzbehörden

1010 An dieser Typologie scheint sich nichts geändert zu haben, siehe OECD, Impro­ ving Co-operation Between Tax and Anti-Money Laun­dering Authorities, 2015, S. 5–6.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Im Jahr 2015 führte die OECD erneut eine Befragung ihrer Mitglieder durch. Schon der Titel bringt zum Ausdruck, dass es um mehr geht als zu Beginn: So ist nicht mehr von „access to information gathered by ­anti-­money laundering authorities“ die Rede, sondern von „co-operation between tax and anti-money laundering authorities“ und es geht auch nicht mehr bloß um den Informationszugriff für die Bekämpfung von Steuerstraftaten, sondern um „access by tax administrations to informa­ tion held by financial intelligence units for criminal and civil [Hervorh. d. Verf.] purposes“. Die Umfrage erbrachte, dass in ca. 80 % der teilneh­ menden Staaten die Verwendung von Verdachtsmeldungen in Steuer­ strafverfahren zulässig ist, in immerhin ca. 70 % der Staaten auch im regulären Besteuerungsverfahren.1011 57 % der Teilnehmer beabsichtig­ ten, die innerstaatlichen Vorschriften zu ändern, um Finanzbehörden eine weitergehende Verwendung der Daten in verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Steuerverfahren zu ermöglichen.1012 Die Berichte über den praktischen Nutzen lesen sich beeindruckend: So sollen in Aus­ tralien, wo der Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden und der australischen FIU (AUSTRAC) seit langem etabliert ist, durch Nutzung der Geldwäsche-­Daten in Besteuerungsverfahren in den Jahren 2008 bis 2013 jährliche Mehreinnahmen von 131 bis 572 Millionen AUD (etwa 81 bis 355 Millionen EUR) erzielt worden sein. Aus der Republik Korea wird berichtet, die erweiterte Datennutzung habe allein im ers­ ten Halbjahr zu Mehreinnahmen in Höhe von 943 Milliarden KRW (etwa 732 Millionen Euro) geführt.1013 Die OECD empfiehlt deshalb u. a., den Finanzbehörden möglichst weitgehenden Zugriff zu den Geldwäschever­ dachtsmeldungen ihrer nationalen FIUs zu gewähren und regt überdies an, die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Austauschs von Geld­ wäscheverdachtsmeldungen für steuerliche Zwecke zu eruieren.1014 Die OECD selbst fasst die soeben nachgezeichnete Entwicklung treffend zusammen: 1011 OECD, Improving Co-operation Between Tax and Anti-Money Laun­ dering ­Authorities, 2015, S. 12. 1012 OECD, Improving Co-operation Between Tax and Anti-Money Laun­ dering ­Authorities, 2015, S. 27. 1013 OECD, Improving Co-operation Between Tax and Anti-Money Laun­ dering ­Authorities, 2015, S. 14. Das entspricht 0,04 bis 0,2 % des durchschnittlichen Gesamtsteueraufkommens Australiens in den Jahren 2008 bis 2013. Im Jahr 2014 betrug das südkoreanische Gesamtsteueraufkommen 365 Billionen KWR; geht man davon aus, dass auch im zweiten Halbjahr derselbe Mehrertrag erzielt wurde, beläuft sich der Anteil des durch die Nutzung von Geldwäsche-Daten er­ zielten Mehraufkommens am Gesamtaufkommen auf 0,5 %. Dabei ist jedoch nicht nachvollziehbar, wie die Länder die Zahlen ermittelt haben und es dürfte schwierig sein, eine seriöse Berechnungsmethode zu entwickeln. 1014 OECD, Improving Co-operation Between Tax and Anti-Money Laun­ dering ­Authorities, 2015, S. 32.

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A.  Internationale Initiativen „Historically the worlds of the FIUs tasked with combatting financial crime such as money laundering and terrorism financing and the tax administrations in char­ ge of ensuring tax compliance were quite distinct. Each authority had its own in­ formation sources and used that information independently from the other. Over recent years, however, there has been an increasing recognition of the interaction between the objectives of FIUs and tax administrations and how they each hold information that might be used by the other authority in the pursuit of shared objectives, and their worlds have therefore been brought much closer together. This in no way alters the fact that the FIUs’ primary function is to tackle money laundering and terrorist financing and that of the tax administration is to ensure tax compliance, but it acknowledges that by working more closely together each authority can better achieve their objectives.”1015

3. Der globale Informationsaustausch in Steuersachen In ihrem Bericht „Behind the Corporate Veil“ aus dem Jahr 2001 be­ schreibt die OECD die Missbrauchsgefahren im Hinblick auf juristische Personen und andere Rechtsgestaltungen wie Trusts und Stiftungen („corporate vehicles“). Unter gewissen Voraussetzungen ermöglichten sie es Tätern, ihre Identität zu verschleiern und Straftaten wie Geldwä­ sche, Bestechung oder Steuerhinterziehung zu begehen. Um dies zu un­ terbinden, müssten Instrumente und Verfahren entwickelt werden, um den wahren Berechtigten (beneficial owner) zu ermitteln und diese Infor­ mationen allen zuständigen Behörden zugänglich zu machen.1016 Dabei wurde auch die Geldwäschegesetzgebung als ein Instrument zur Erhe­ bung von „beneficial ownership“-Informationen erwähnt.1017 Zentral sei aber nicht nur die Erhebung, sondern vor allem der Austausch dieser In­ formationen auf nationaler und internationaler Ebene. Dieser beruhte um die Jahrtausendwende maßgeblich auf Abkommen über die Rechts­ hilfe in Strafsachen (Mutual Legal Assistance Treaties – MLATs), Rechts­ hilfeersuchen (letters rogatory), Absichtserklärungen (Memoranda of Un­ derstanding) und informellen Kanälen. Im Steuerbereich erfolgte der Informationsaustausch auf Grundlage von Doppelbesteuerungsabkom­ men, Amtshilfeübereinkommen (z. B. der 1. EU-Amtshilferichtlinie1018 oder dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersa­ chen der OECD1019) und Abkommen über den steuerlichen Informations­ austausch (Tax Information Exchange Agreement – TIEA).

1015 OECD, Improving Co-operation Between Tax and Anti-Money Laun­ dering ­Authorities, 2015, S. 7. 1016 OECD, Behind the Corporate Veil, 2001. 1017 OECD, Behind the Corporate Veil, 2001, S. 46–47. 1018 Dazu siehe noch Kapitel 2 A. III. 1019 OECD, The Multilateral Convention on Mutual Administrative Assistance in Tax Matters, 2011.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Schon seit Ende der 1990er Jahre gab es auf Ebene der G7 Initiativen, zur Stärkung der Finanzaufsicht und Bekämpfung der Wirtschaftskrimina­ lität den internationalen Informationsaustausch zu verbessern.1020 Im Jahr 2000 wurde das bei der OECD angesiedelte Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (i. F. Global ­Forum) gegründet, das sich insbesondere mit der Verbesserung des Infor­ mationsaustausches in Steuersachen befasst, aber auch eine „schwarze Liste“ der Steueroasen veröffentlicht.1021 In der Zeit danach verlangsamte sich die Entwicklung hin zu mehr Transparenz und steuerlichem Infor­ mationsaustausch, bis vor allem die Finanzkrise 2008 neuen Anschub brachte. Auf ihrem Gipfel in Washington 2008 forderten die Staats- und Regierungschefs der G20 dazu auf, den steuerlichen Informationsaus­ tausch weiter voranzutreiben.1022 Schon binnen weniger Monate wurden erhebliche Fortschritte erzielt.1023 Auf ihrem Gipfel in London 2009 er­ klärten die Staats- und Regierungsschefs der G20: „The era of banking secrecy is over.“1024 Im Jahr 2010 verabschiedeten die USA den Foreign Accounts Tax Compliance Act (FATCA), der in erster Linie ausländische Finanzinstitute verpflichtet, bei Meidung einer Strafquellensteuer ihre Kunden auf mög­ liche Verbindungen zu den USA zu überprüfen (im Sinne des KYC-­ Prinzips) und bestimmte Informationen an den Internal Revenue Service (IRS) zu übermitteln. Ziel der Regelung ist es, die weitgehende Um­ gehung der Quellenbesteuerung auf Erträge aus US-Quellen durch Ver­ lagerung von Vermögen ins Ausland bzw. Zwischenschaltung von ­Körperschaften zu unterbinden. „Herzstück“ des FATCA sind die Identi­ fizierungspflichten. Durch sie soll letztlich festgestellt werden, ob der wahre wirtschaftlich Berechtigte („beneficial owner“) eine in den USA steuerpflichtige natürliche oder juristische Person ist. Im Rahmen der Erfüllung dieser Pflichten müssen die Finanzinstitute ihre elektroni­ 1020 G7, Ten Key Prinicples For International Financial Information Exchange (1998) und G7, Ten Key Principles for the Improvement of International Cooperation Regarding Financial Crime and Regulatory Abuse (1999), beides abgedruckt in: OECD, Behind the Corporate Veil, 2001, S. 101–102. 1021 Für einen interessanten Vergleich zwischen den blacklisting-Prozessen der OECD und der FATF siehe Stessens, LJIL 14 (2001), 199–207. 1022 G20, Declaration of the Summit on Financial Markets and the World Economy, http://www.g20.utoronto.ca/2008/2008declaration1115.html (zuletzt geprüft am 31.10.2020): „Tax authorities, drawing upon the work of relevant bodies such as the Organization for Economic Cooperation and Development (OECD), should continue efforts to promote tax information exchange. Lack of transparency and a failure to exchange tax information should be vigorously addressed.” 1023 Global Forum on Transparency and Exchange of Information, Moving Forward on the Global Standards of Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes, 2009. 1024 G20, Global Plan for Recovery and Reform, http://www.g20.utoronto.ca/2009/ 2009communique0402.html (zuletzt geprüft am 31.10.2020), Rn. 15.

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schen und schriftlichen Aufzeichnungen durchsehen; dazu gehören – na­ heliegenderweise – in bestimmten Fällen auch die Aufzeichungen, die aufgrund geldwäscherechtlicher Pflichten erstellt wurden.1025 Das durch FATCA erzeugte Momentum wurde von den Staats- und Re­ gierungschefs der G7 und der G20 aufgenommen. Sie forderten die OECD auf, einen neuen globalen Standard für den automatischen Informations­ austausch (AEOI) in Steuersachen zu entwickeln.1026 Im Jahr 2014 wurde der Common Reporting Standard (CRS) vorgestellt, den inzwischen mehr als 130 Staaten implementiert haben.1027 Dieser ist stark an den FATCA und die damit in Zusammenhang stehenden Regelungen ange­ lehnt und enthält ebenfalls die Verpflichtung, in bestimmten Fällen im Rahmen der Kundenidentifizierung auch Unterlagen zu prüfen, die im Rahmen geldwäscherechtlicher Pflichten erstellt wurden.1028 Noch weiter verschmelzen sollen Geldwäschebekämpfung und Steuer­ recht in den Vorschlägen zum Aufbau eines Systems für den Austausch von Informationen zum wirtschaftlich Berechtigten. 2014 einigten sich die G20-Mitglieder auf die „High-Level Principles on Beneficial Owner­ ship Transparency“, die u. a. vorsehen, dass juristische Personen und die Verwalter von Trusts und ähnlichen Rechtsgestaltungen ausreichende, korrekte und aktuelle Informationen zum wirtschaftlichen Eigentümer erheben und vorhalten, die sämtlichen zuständigen Behörden (Strafver­ folgungs-, Aufsichts- und Steuerbehörden) zugänglich sind und mit aus­ ländischen Behörden geteilt werden können; hierzu könne z. B. ein zent­ rales Register eingerichtet werden.1029 Dabei nehmen sie ausdrücklich Bezug auf die Empfehlungen der FATF, die 2003 erstmals weltweite Stan­ dards setzte, was den Zugriff staatlicher Stellen auf Informationen zum 1025 Zum Ganzen ausführlich Hartrott/Heinemann, BB 2012, 671–681. 1026 G8, Lough Erne Declaration, G8 Summit Lough Erne, 17–18.06.2013, 18.06.2013, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/ attachment_data/file/207543/180613_LOUGH_ERNE_DECLARATION.pdf (zu­ letzt geprüft am 31.10.2020); G20, Tax Annex to the Saint Petersburg G20 ­Leaders Declaration, G20 Summit, St. Petersburg, 05.–06.09.2013, 05.09.2013, http://www.g20.utoronto.ca/2013/2013-0905-tax.html (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 1027 OECD, Jurisdictions Participating in the Convention on Mutual Administrative Assistance in Tax Matters, 03.06.2020, https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-­ tax-information/Status_of_convention.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 1028 Dazu siehe ausführlich Seer, in: Marino (Hrsg.), New exchange of information versus tax solutions of equivalent effect, 2015, S. 57–87; Seer/Wilms, StuW 2015, 118–133; Somare, in: Owens/McDonell/Franzsen u.a. (Hrsg.), Inter-agency Co­ operation and Good Tax Governance in Africa, 2017, S. 162–176; Müller-Dragovits/Somare, in: Lang/Haunold (Hrsg.), Transparenz – Eine neue Ära im Steuer­ recht, 2016, S. 81–130. 1029 Online abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/EN/G20/ G20%20High-Level%20Principles%20on%20Beneficial%20Ownership%20Trans​ parency.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt geprüft am 31.10.2020).

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

wirtschaftlichen Eigentümer anbelangt.1030 Ziel dieser neuen Einrichtun­ gen und Verfahren ist jedoch nicht mehr nur die Bekämpfung von Geld­ wäsche und Terrorismus, sondern mindestens gleichberechtigt – wenn nicht vorrangig – die Zurückdrängung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. 2016 beauftragten die G20 die FATF und das Global Forum – auf Anregung von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien1031 – u. a. damit, Wege zur Implementierung von Standards für den Austausch von Informationen zum wirtschaftlichen Eigentümer vorzuschlagen.1032 Auf den G20-Gipfeln in Hamburg (2017) und Buenos Aires (2018) bekräftigten die Staats- und Regierungschefs ihr Bemühen um steuerliche Transparenz.1033

II. FATF Entsprechend der mit der OECD vereinbarten „Arbeitsteilung“ beschäf­ tigte sich die FATF mit dem ersten Aspekt der G7-Initiative, der Schlie­ ßung des „tax loophole“. In den Jahren davor hatte sich die FATF mit steuerlichen Aspekten kaum beschäftigt. Zwar gab es von Anfang an FATF-Mitglieder, die den Kreis der Vortaten weit fassten und auch Steu­ erhinterziehung einbezogen; die FATF selbst legte ihr Augenmerk an­ fangs jedoch vor allem auf nicht-steuerliche Straftaten, allen voran die Rauschgiftdelikte. So heißt es im Jahresbericht 1993-1994 noch: „As regards the scope of work, while the laundering of drugs money will remain a principal focus for the FATF, its work will continue to cover money laundering of

1030 Siehe FATF, The Forty Recommendations, 2003, E-33 und E-34, inzwischen FATF, The FATF Recommendations (Version 2012), 2016, E-24 und E-25. Ergänzt werden diese Empfehlungen durch FATF, Guidance on Transparency and Benefi­ cial Ownership, 2014; FATF/Egmont Group, Concealment of Beneficial Owners­ hip, Juli 2018. 1031 Brief der Finanzminister des Vereinigten Königreichs, Deutschlands, Frank­ reichs, Italiens und Spaniens an die G20-Finanzminister v. 14.05.2016, https:// assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment​ _data/file/516868/G5_letter_DOC140416-14042016124229.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 1032 Kommuniqué der Staats- und Regierungschefs der G20, Gipfeltreffen von Hang­ zhou, 04.–05.09.2016, https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975254/​47​ 4​586/​608e5854090bce3d1a641fdcf541e535/2016-09-04-g20-kommunique-de-data.​ pdf?download=1) (zuletzt geprüft am 31.10.2020). 1033 Erklärung der Staats- und Regierungschefs: Eine vernetzte Welt gestalten, htt­ ps://www.g20germany.de/Content/DE/_Anlagen/G7_G20/G20-Abschlusserklae­ rung___blob=publicationFile&v=7.pdf (zuletzt geprüft am 31.10.2020), S. 9; Er­ klärung der G20-Staats- und Regierungschefs: Einen Konsens über eine faire und nachhaltige Entwicklung herbeiführen, G20-Gipfel in Buenos Aires, 30.11– 01.12.2018, https://www.bundesregierung.de/resource/blob/656734/1556456/​91​ ec3759248c4d3070485f2ca6f0c1b6/2018-12-01-g20-abschlusserklaerung-deu-data.​ pdf?download=1) (zuletzt geprüft am 31.10.2020).

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A.  Internationale Initiativen the proceeds of serious crime and/or of offences which generate significant funds. However, as in the past, the FATF will not deal with tax issues.”1034

Berührungspunkte gab es allenfalls im Bereich der Offshore-Rechtsord­ nungen, die sich nach Überzeugung der FATF nicht nur für Geldwäsche, sondern auch für Steuerhinterziehung eigneten.1035 Im Gegenzug galten Hochsteuerländer (mit meist strengen Steuerkontrollsystemen) tenden­ ziell als unattraktiv für Geldwäsche.1036 Die „fiscal excuse“ wurde in den FATF-Jahresberichten bis 1998 nicht erwähnt. 1. Schließung des „tax loophole“ Gleichwohl beschloss die FATF schon am 02.07.1999 einen neuen Ausle­ gungshinweis zu E-15, die sich mit dem Verdachtsmeldewesen befasste. Er lautete: „In implementing Recommendation 15, suspicious transactions should be repor­ ted by financial institutions regardless of whether they are also thought to involve tax matters. Countries should take into account that, in order to deter financial institutions from reporting a suspicious transaction, money launderers may seek to state inter alia that their transactions relate to tax matters.“1037

Aus den Jahresberichten und den zugänglichen Typologiepapieren ist nicht ersichtlich, ob und ggf. welche Vorarbeiten der FATF dem voraus­ gegangen waren.1038 Typischerweise jedoch ändert die FATF ihre Empfeh­ lungen und Auslegungshinweise auf Grundlage neuer Erkenntnisse über Typologien und Methoden der Geldwäsche. In ihrem Jahresbericht 1998– 1999 spricht die FATF nur von einer „potential weakness in the money laundering reporting system“1039 (Hervorhebung d. Verf.) – eine sehr vor­ sichtige Formulierung. In den Jahresberichten und Typologieberichten der folgenden Jahre wird zwar noch von der Zusammenarbeit mit der OECD und möglichen Vor­ teilen verstärkter Zusammenarbeit berichtet, steuerliche Fragen spielen aber im Übrigen praktisch keine Rolle mehr. Im Jahr 2003 wurde mit dem Schmuggel ein Steuerdelikt in den Vortatenkatalog aufgenommen, 1034 FATF, Annual Report 1993–1994, S. 6. 1035 So z. B. schon FATF, Annual Report 1991-1992, S. 31; FATF, Annual Report 1999–2000, S. 17. 1036 Siehe z. B. FATF, Annual Report 1992–1993, S. 8: „However, the requirement for Danish banks to report accounts to the taxation authorities and the high level of income and capital taxation in Denmark act as powerful deterrents to resident criminals using the financial system for money laundering.“ 1037 FATF, The Forty Recommendations, 1996, Interpretive Note zu E-15. 1038 Van Duyne/Harvey/Gelemerova, The Critical Handbook of Money Laun­dering, 2018, S. 55: Das Problem bei der FATF ist, dass sie nur eine Auswahl ihrer Ergeb­ nisse publiziert, sodass es größere „documentary evidence gaps“ gibt. 1039 FATF, Annual Report 1998–1999, S. 33.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

ein Konsens hinsichtlich weiterer Steuerdelikte konnte jedoch nicht er­ zielt werden.1040 In den Folgejahren setzte sich die FATF mehrfach mit Umsatzsteuerkarussellen auseinander, bei denen ebenfalls ein Bedürfnis nach Geldwäsche bestehe und die auch von kriminellen Organisationen betrieben würden, um andere Straftaten zu finanzieren oder Erlöse aus andere Straftaten zu waschen.1041 Bemerkenswert ist, dass die FATF dabei immer wieder betont: „[VAT carousel fraud] should be recognised as theft on a grand scale, not tax evasion, and therefore treated as a ­serious crime.”1042

Im Jahr 2010 beschäftigte sich die FATF mit den Geldwäsche-Risiken im Rahmen von Steueramnestien, bei denen Einkünfte aus Straftaten im Rahmen der Rückflüsse unversteuerter Gelder aus dem Ausland getarnt werden können.1043 2. Erweiterung des Vortatenkatalogs Ab 2009 diskutierte die FATF in Vorbereitung der Überarbeitung der Empfehlungen über die Aufnahme von Steuerstraftaten („tax crimes“) in den Katalog der Vortaten. Nach Durchführung eines öffentlichen Kon­ sultationsverfahrens änderte die FATF 2012 den Vortatenkatalog entspre­ chend.1044 Der in E-3 (Straftatbestand der Geldwäsche) enthaltene Begriff „designated categories of offences“ enthält seitdem „tax crimes (related to direct or indirect taxes)“.1045 Wesentliche Folge dieser Änderung für die Verpflichteten sei, so die FATF, eine entsprechende Erweiterung der Mel­ depflichten.1046 Darüber hinaus verspricht sich die FATF davon eine Ver­ besserung der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs-, Grenz- und Steuerbehörden und einen Abbau von Hemmnissen für die internationa­ le Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Steuerstraftaten.1047

1040 IWF, Revisions to the Financial Action Task Force (FATF) – Information Note to the Executive Board, 17.07.2012, S. 10 (Box 2). 1041 FATF, Laun­dering the Proceeds of VAT Carousel Fraud, 2007; siehe auch schon FATF, Money Laun­dering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, S. 25. 1042 FATF, Laun­dering the Proceeds of VAT Carousel Fraud, 2007, S. 19, in dieselbe Richtung S. 2 („not a form of tax evasion, but a deliberate, systematic attack on Government revenues“) und S. 18 („not a form of tax evasion, but theft on a mas­ sive scale“). 1043 FATF, Managing the Anti-Money Laun­dering and Counter-Terrorist Financing Policy Implications of Voluntary Tax Compliance Programs, 2012. 1044 FATF, The Review of the Standards – Preparation for the 4th Round of Mutual Evaluations, 2011, Rn. 2. 1045 FATF, The FATF Recommendations, 2012/2016, Glossary, „designated categories of offences“, S. 115–116. 1046 FATF, The Review of the Standards – Preparation for the 4th Round of Mutual Evaluations, 2011, Rn. 39–40. 1047 FATF, Annual Report 2011-2012, S. 18.

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Die Aufnahme von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog war im Kon­ sultationsverfahren von fast allen Vereinigungen, die dazu Stellung nah­ men, kritisiert worden. Fast alle – auch diejenigen, die diesen Schritt grundsätzlich befürworteten – wünschten sich eine klarere Definition des Begriffs „tax crimes“. Die Finanz- und Versicherungswirtschaft trug vor, die Identifizierung sämtlicher Steuerstraftaten sei in der Praxis nicht möglich, da Banken und Versicherer nur einen kleinen Einblick in die Verhältnisse des Kunden hätten, nicht über die nötigen Kenntnisse des nationalen, internationalen und ggf. sogar ausländischen Steuerrechts verfügten und eine Abgrenzung zwischen Steuerstraftaten und legaler Steuerplanung sehr schwierig sei. Daneben fallen der Zeitpunkt der Transaktion und der Zeitpunkt der Steuerstraftat häufig deutlich ausein­ ander, sodass eine Beurteilung im Transaktionszeitpunkt häufig ausschei­ de. Allenfalls denkbar sei eine Beschränkung auf schwere Steuerstrafta­ ten. Verschiedentlich wurde auch darauf hingewiesen, dass ein Vorgehen gegen Steuerdelikte nicht zum eigentlichen Zweck der FATF-40 passe und die Banken zum „extended arm of the tax investigation authorities“ mache. Wenn es um den Austausch von Informationen in Steuersachen gehe, seien entsprechende Abkommen der richtige Weg.1048 Diese Kritik hat die FATF nur teilweise aufgenommen, indem sie die Aufnahme von Steuerdelikten nur insoweit empfiehlt, als diese ein „serious crime“ dar­ stellen, d. h. mit einer Höchststrafe von mehr als einem Jahr bzw. einer Mindeststrafe von mehr als sechs Monaten bestraft werden können.1049 Ungehört verhallte hingegen die Kritik der anwaltlichen Berufsvereini­ gungen, insbesondere der britischen Law Society.1050 Gerade diese verfüg­ te über einen reichen Erfahrungsschatz hinsichtlich der Folgeprobleme, die eine Änderung der Empfehlungen mit sich bringen würde: Der briti­ sche Gesetzgeber hatte schon 1993 Straftatbestände eingeführt, nach de­ nen Vortat der Geldwäsche alle „indictable offences“ sein konnten, zu denen prinzipiell auch Steuerstraftaten gehören.1051 Bestand anfangs noch 1048 Siehe zum Ganzen insb. FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from the Financial Sector, Part One, 2011, 16, 21, 29–30, 43, 47, 56, 65, 67, 74–75, 79, 100–101, 112; FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from the Financial Sector, Part Two, 2011, S. 187 1049 FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from the Financial Sector, Part Two, 2011, S. 3. 1050 FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from non-financial business and professions (DNFBP’s), 2011, 38– 39, 63–64 und 118–122. 1051 Einen allgemeinen Straftatbestand der Steuerhinterziehung gibt es im britischen Recht nicht, sondern mehrere verschiedene Tatbestände, darunter common law offences wie z. B. „cheating the public revenue“ oder „conspiracy to defraud“ und statutory offences wie z. B. „false accounting“ [s. 17 Theft Act 1968, ], „frau­ dulent evasion of income tax“ [s. 106A Taxes Management Act 1970, der durch

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Unsicherheit, ob „all crimes“ auch „tax crimes“ mit einschließt, setzte sich im Lauf der Zeit die Ansicht durch, dass Steuerstraftaten Vortaten der Geldwäsche sein können.1052 Auch dort stellte sich schnell das Prob­ lem, dass Steuerstraftaten und Steuervermeidung schwer zu unterschei­ den sind,1053 zumal es im britischen Recht zu einer starken Verschleifung der Grenzlinie kam.1054 Deshalb und aufgrund der Rechtsunterschiede zwischen den Staaten legte die Law Society der FATF eine begriffliche Klarstellung nahe.1055 Der zweite Kritikpunkt betrifft eines der Kern­ probleme im Verhältnis zwischen Steuerhinterziehung und Geldwäsche: das Tatobjekt. Die FATF knüpft hinsichtlich des Straftatbestandes der Geldwäsche an das WSÜ und die PK an, wonach Tatobjekt nur ein „Ver­ mögensgegenstand“ („property“) sein kann, was „Gegenstände jeder Art“ („assets of all kind“) meint, nicht aber bloße Vermögensvorteile.1056 Bei Steuerstraftaten werde jedoch häufig bloß die Zahlung der Steuer aus dem Gesamtvermögen vermieden. Die bloße Aufnahme von „tax ­crimes“ in den Vortatenkatalog könne also zu ihrer nur teilweisen Erfas­ sung führen.1057 Formuliere man den Tatbestand so – und das ist der drit­ te Einwand der Law Society – könne es zu erheblichen Folgeproblemen kommen, allen voran zur Kontaminierung weiter Teile des Vermögens einer Person, die es ihr faktisch unmöglich machten, jemals wieder straffrei zu leben. Dass die FATF die Erweiterung der Verdachtsmelde­ den Taxation (International and other Provisions) Act 2010 (c. 9) eingefügt wur­ de], Umsatzsteuerdelikte nach s. 72 Value Added Tax Act 1994 (c. 23). Der Cri­ minal Finance Act (CFA) 2017 (c. 22) fasst einen Teil dieser und vergleichbare Delikte unter dem Oberbegriff „UK tax evasion offences“ zusammen (vgl. s. 45(4) CFA 2017). 1052 Bridges, JFC 4 (1996), 161 (164–165). Auch danach wurde vor dem Hintergrund der sog. „revenue rule“ – wonach britische Gerichte keine ausländischen Steuer­ gesetze vollziehen – diskutiert, ob Steuerstraftaten zum Nachteil eines ausländi­ schen Fiskus Vortaten sein können, Barry, JMLC 2 (1999), 326 (329); Bridges/ Green, JMLC 3 (1999), 51 (52–53); Fisher/Bewsey, JIBL 15 (2000), 11 (12, 16). Zur „revenue rule“ siehe aus jüngerer Zeit Briggs, Singapore Journal of Legal Studies 2001, 280–299. 1053 Bridges, JFC 4 (1996), 161 (166). 1054 Dazu Bridges/Atkinson/Rhodes u.a., JMLC 1999, 197–208; Barry, JMLC 2 (1999), 326 (327–328); Ormerod, Crim. L. R. (1998), 627 (636–637) speziell zum Problem, dass die Geschworenen im Rahmen eines Strafverfahrens wegen „cheating the public revenue“ über das Merkmal „dishonesty“ zu entscheiden haben, was bei komplexen Steuergestaltungen größte Schwierigkeiten mit sich bringe. Zu je­ denfalls im Ergebnis ähnlichen Entwicklungen in Australien Sawyer, BTR 1996, 483–504. 1055 FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from non-financial business and professions (DNFBP’s), 2011, S. 118. 1056 Zum WSÜ und der PK siehe schon oben Kapitel 1 B. II. 1. a). 1057 FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from non-financial business and professions (DNFBP’s), 2011, S. 119–120.

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pflichten als wesentliche Folge der Änderung des Vortatenkatalogs anse­ he, greife deshalb zu kurz.1058 Am Ende fragt die Law Society, ob eine doppelte Kriminalisierung der Steuerhinterziehung der effektivste Weg zur Bekämpfung von Steuerstraftaten sei, oder ob der Steuerschaden nicht besser durch Steueramnestien verringert werden könnte.1059 3. Einbeziehung der Finanzbehörden in die Geldwäschebekämpfung Während die G7 in ihrer Initiative allein die Übermittlung von Informa­ tionen durch die Anti-Geldwäsche-Behörden an die Finanzbehörden ad­ ressierten, brachte die FATF in den Gesprächen mit der OECD die Idee eines „reziproken“ Informationsaustausches auf, also einer Datenüber­ mittlung durch die Finanzbehörden.1060 Denn während die Ermittlungen der Finanzbehörden häufig am Bankgeheimnis scheiterten, bissen sich die Anti-Geldwäsche-Behörden oftmals am Steuergeheimnis die Zähne aus.1061 Heute vertritt auch die OECD die Auffassung, dass eine enge Ko­ operation zwischen den Finanzbehörden, den Strafverfolgungsbehörden und den mit der Verhütung und Verfolgung der Geldwäsche betrauten Behörden – im Sinne eines „one government“-Ansatzes – für alle Partner Vorteile bringe. So könnten die Finanzbehörden aufgrund ihres tiefen Einblicks in die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Steu­ erpflichtigen eine wichtige Rolle bei der Entdeckung von Straftaten ­spielen; deshalb sollten die Mitgliedstaaten die rechtlichen und verwal­ tungsmäßigen Voraussetzungen schaffen, damit Finanzbehörden die zu­ ständigen Behörden über den Verdacht schwerer Straftaten in Kenntnis setzen können.1062 1058 FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from non-financial business and professions (DNFBP’s), 2011, S. 120–122. 1059 FATF, Consultation on Proposed Changes to the FATF Standards – Compilation of Responses from non-financial business and professions (DNFBP’s), 2011, 122 und S. 64 (Stellungnahme d. International Bar Association). Siehe dazu auch Moosburger, ZfZ 2005, 68–70, der die Verwendungsbeschränkungen in § 13 ­StraBEG (v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2928) dahingehend deutet, dass dem Ge­ setzgeber die (erwarteten) Mehreinnahmen durch die Steueramnestie wichtiger gewesen seien als die Geldwäschebekämpfung. 1060 FATF, Annual Report 1999–2000, S. 27 (Rn. 118). 1061 Das wurde in den Jahresberichten der FATF vor allem im Bereich der internatio­ nalen Amts- und Rechtshilfe problematisiert, siehe FATF, Annual Report 1999– 2000, S. 16, 20–22. Dabei bekommt auch der Begriff der „fiscal excuse“ eine et­ was andere Bedeutung: Während es noch im Jahresbericht 1998–1999 heißt, dies sei die Behauptung des Geldwäschers, die Transaktion oder Geschäftsbeziehung diene rein steuerlichen Zwecken, ist FATF, Annual Report 1999–2000, S. 21–22 so zu verstehen, dass die „fiscal excuse“ von kooperationsunwilligen Staaten verwendet wird, um Amts- und Rechtshilfe verweigern zu können. 1062 Vgl. OECD Council Resolution v. 14.10.2010, C(2010)119, https://www.oecd. org/tax/crime/2010-recommendation.pdf (zuletzt geprüft am 30.10.2020). Für die

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

III. EU Um die Annäherung von Geldwäsche- und Steuerrecht im europäischen Recht verstehen und einordnen zu können, bedarf es eines kurzen Exkur­ ses zu Aspekten der Unionsrechtsentwicklung im Steuerrecht und im Strafrecht sowie zu den Maßnahmen, die auf Unionsebene gegen Steuer­ hinterziehung und Steuervermeidung ergriffen worden sind. Der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) fasste bereits 1975 eine erste Entschließung über Maßnahmen zur Bekämpfung der in­ ternationalen Steuerflucht und Steuerumgehung1063, 1977 folgte die erste Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Be­ hörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (1. Amtshil­ ferichtlinie)1064. 1979 wurde die 1. Amtshilferichtlinie auf die Mehrwert­ steuer ausgeweitet1065, 1992 auf sämtliche Verbrauchsteuern1066. 2003 wurde die Amtshilfe im Bereich der Mehrwertsteuer wieder eigenständig geregelt1067, 2004 im Bereich der Verbrauchsteuern1068. 2011 wurde die 1. Amtshilferichtlinie durch die 2. Amtshilferichtlinie ersetzt.1069 2014 implementierte der Unionsgesetzgeber den CRS durch Änderung der 2. Amtshilferichtlinie.1070 Die Mehrwertsteuer als weitgehend harmonisierte Steuer schlägt die Brücke zu den Maßnahmen zum Schutz der finanziellen Interessen der EU und ihrer Vorläufer, denn ein Teil des nationalen Mehrwertsteuerauf­ kommens gehört seit der Umstellung vom Beitrags- auf das Eigenmittel­

Nutzung auf Grundlage von DBA übermittelten Daten für Zwecke der Strafver­ folgung siehe OECD, Model tax convention on income and on capital, 2017, Art. 26 Rn. 12.3–12.4. 1063 Entschließung des Rates v. 10.02.1975, ABl. C 35 v. 14.02.1975, 1. 1064 Richtlinie 77/799/EWG des Rates v. 19.12.1977, ABl. L 336 v. 27.12.1977, 15. 1065 Richtlinie 79/1070/EWG des Rates v. 06.12.1979, ABl. L 331 v. 27.12.1979, 8. 1066 VO (EWG) 218/92 des Rates v. 27.01.1992, ABl. L 24 v. 01.02.1992, 1; Richtlinie (EWG) 92/12 des Rates v. 25.02.1992, ABl. L 76 v. 23.03.1992, 1. 1067 Richtlinie 2003/93/EG des Rates v. 07.10.2003, ABl. L 264 v. 15.10.2003, 23; VO (EG) 1798/2003 des Rates v. 07.10.2003, ABl. L 264 v. 15.10.2003, 1; VO (EG) 1925/2004 der Kommission v. 29.10.2004, ABl. L 331 v. 05.11.2004, 13. 1068 Richtlinie 2004/106/EG des Rates v. 16.11.2004, ABl. L. 359 v. 04.12.2004, 30. 1069 Richtlinie 2011/16/EU des Rates v. 15.02.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richt­ linie 77/799/EWG, ABl. L 64 v. 11.03.2011, 1; zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/ EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Be­ reich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABl. L 139 v. 05.06.2018, 1. 1070 Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Aus­ tausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABl. L 359 v. 16.12.2014, 1.

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system im Jahr 1970 zu den Eigenmitteln.1071 Der Schutz kann sowohl durch strafrechtliche als auch durch verwaltungsrechtliche Maßnahmen erfolgen;1072 er ist der Motor der europäischen Strafrechtsharmoni­ sierung.1073 Auf Einnahmenseite sind dabei vor allem Steuer- und Zollde­ likte einschlägig, auf Ausgabenseite Betrugstatbestände.1074 Besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die Verordnung über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft1075 und die Konven­ tion über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft (PIF-Konvention – protection des intérêts financiers)1076 aus dem Jahr 1995. Während die Verordnung aus kompetenzrechtlichen Gründen nur verwaltungsrechtliche Sanktionen und Maßnahmen zum Gegenstand hat, verlangt die PIF-Konvention, die als völkerrechtlicher Vertrag der Kompetenzordnung enthoben ist, von den Mitgliedstaaten insbesondere, Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften auch strafrechtlich zu ahnden. Sie wurde 2017 durch die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug ersetzt.1077 Während im Hinblick auf die PIF-Konvention nicht ganz klar war, ob sie auch für den Bereich der Mehrwertsteuer gilt,1078 lässt die vorgenannte Richtlinie keinen Zweifel daran, dass auch Mehrwerststeuerbetrug einbezogen ist (Art. 3 Abs. 2 Buchst. d RL (EU) 2017/1371).

1071 Beschluss 70/243/EGKS, EWG, Euratom des Rates v. 21.04.1970 über die Erset­ zung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemein­ schaften, ABl. L 94 v. 28.04.1970, 19; aufgehoben und ersetzt durch Beschluss 94/728/EG, Euratom des Rates v. 31.10.1994, ABl. L 293 v. 12.11.1994, 9; aufgeho­ ben und ersetzt durch Beschluss 2000/597/EG, Euratom des Rates v. 29.09.2000, ABl. L 253 v. 07.10.2000, 42; aufgehoben und ersetzt durch Beschluss 2007/436/ EG des Rates v. 07.06.2007, ABl. L 163 v. 23.06.2007, 17; aufgehoben und ersetzt durch Beschluss 2014/335/EU, Euratom des Rates v. 26.05.2014, ABl. L 168 v. 07.06.2014, 105. 1072 Grundlegend EuGH, Urt. v. 21.09.1989 – Rs. 68/88 (Kommission/Griechenland), NJW 1990, 2245. 1073 Vgl. kurz und bündig Rosenau, ZIS 2008, 9–19. 1074 Vgl. Dannecker, ZStW 1996, 577 (583–584). 1075 VO (EG, Euratom) 2988/95 v. 18.12.1995, ABl. L 312 v. 23.12.1995, 1. Dazu näher Kuhl/Spitzer, EuZW 1998, 37–44. 1076 ABl. C 316 v. 27.11.1995, 49; siehe dazu das Protokoll v. 27.09.1996, ABl. C 313 v. 23.10.1996, 2 (Bekämpfung von Bestechungshandlungen) und das Protokoll v. 19.07.1997, ABl. C 221 v. 19.07.1997, 12 (Verantwortlichkeit juristischer Per­ sonen, Einziehung, Geldwäsche, Zusammenarbeit). 1077 RL (EU) 2017/1371 v. 05.07.2017, ABl. L 198 v. 28.07.2017, 29. Ein entsprechen­ des Richtlinienvorhaben wurde von der Kommission seit den 90er Jahren ver­ folgt, da die PIF-Konvention zunächst nur sehr langsam ratifiziert wurde; dazu kritisch mit Blick auf die Harmonisierungskompetenz im Bereich des Strafrechts Satzger, ZRP 2001, 549–554. 1078 Vgl. Dannecker, ZStW 1996, 577 (600–601).

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

1. Steuerhinterziehung als Vortat in den GwRL Der GwRL I verwies in Art. 1 Gedankenstr. 5 mit Blick auf die Vortaten auf das WSÜ, überließ es den Mitgliedstaaten jedoch, weitere Taten ein­ zubeziehen. Erwägungsgrund Nr. 9 ermutigte die Mitgliedstaaten, dies auch tatsächlich zu tun: „es [ist] wichtig, dass die Mitgliedstaaten die Wirkungen der Richtlinie auf die Erlöse aus diesen Tätigkeiten [anderen kriminellen Tätigkeiten (wie dem organi­ sierten Verbrechen und dem Terrorismus)] im Sinne ihrer Rechtsvorschriften aus­ weiten, insofern als diese Erlöse Anlaß zu Geldwäschegeschäften geben können, die eine entsprechende Ahndung rechtfertigen.“

Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten führte entsprechend erweiterte Vorta­ tenkataloge ein.1079 Ab Ende der 1990er Jahre kam auch der Gedanke auf, Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union zu Vorta­ ten der Geldwäsche zu erklären.1080 2001 wurde Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union i. S. d. PIF-Konvention (s. o.) in den Vortatenkatalog aufgenommen,1081 der Mehrwertsteuerbetrug gelangte damit jedoch noch nicht in den Anwendungsbereich der Geldwäsche-­ Richtlinie (s. o.). Aufgenommen wurden daneben auch Straftaten, die be­ trächtliche Erträge hervorbringen und nach dem Strafrecht der Mitglied­ staaten mit einer langen Freiheitsstrafe bestraft werden können. Die GwRL III griff auf die Schwellenwertmethode zurück und verlangte, dass u. a. alle Straftaten einzubeziehen seien, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens über einem Jahr bzw. in Rechtssystemen mit Mindeststrafdrohung einer Mindestfreiheitsstrafe von über sechs Monaten bestraft werden können. In ihrem „Aktionsplan zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbe­ trug und Steuerhinterziehung“ aus dem Jahr 2012 sprach sich die Kom­ mission für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Finanzbehör­ den und den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden aus. Die Kommission erwog zu diesem Zweck, Steuerstraftaten in den Kreis der Vortaten aufzunehmen, durch Ausweitung der Verfahren zur Erfül­ lung der Sorgfaltspflichten und verstärkte Transparenz hinsichlich der Informationen über den wirtschaftlich Berechtigten die Verwendung 1079 Europäische Kommission, Erster Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie (91/308/ EWG), 03.03.1995, S. 5; Europäische Kommission, Zweiter Bericht der Kommis­ sion an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwä­ scherichtlinie, 01.07.1998, S. 7–8 . 1080 Art. 2 i. V. m. Art. 1 Buchst. e des Protokolls v. 19.07.1997, ABl. C 221 v. 19.07.1997, S. 12; siehe auch Europäische Kommission, Zweiter Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie, 01.07.1998, S. 8. 1081 Art. 1 Buchst. E Gedankenstr. 3 RL 91/308/EWG i. d. F. der RL 2001/97/EG.

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„einschlägiger Daten“ für steuerliche Zwecke zu vereinfachen und den Straftatbestand der Geldwäsche unionsweit zu harmonisieren.1082 Seit der GwRL IV – die auf die Revision der FATF-40 von 2012 Bezug nimmt – ist nun klar, dass mit „alle Straftaten“ i. S. v. Art. 3 Nr. 5 Buchst. f GwRL III bzw. Art. 3 Nr. 4 Buchst. f GwRL IV auch wirklich alle Straftaten gemeint sind, einschließlich Steuerstraftaten in Bezug auf direkte und indirekte Steuern nach dem Recht der Mitgliedstaaten, die mit der entsprechenden Mindest- oder Höchststrafdrohung versehen sind.1083 Das gilt gem. Art. 2 Nr. 1 Buchst. q RL (EU) 2018/1673 auch für den Bereich der strafrechtlichen Geldwäschebekämpfung. Wie dargelegt, ergibt sich daraus für Deutschland kein europarechtlicher Zwang, § 370 Abs. 1 oder Abs. 3 AO als Vortaten zu erfassen.1084 Die GwRL IV nimmt in Art. 3 Nr. 4 Buchst. d noch Bezug auf den Be­ trugstatbestand der PIF-Konvention, die jedoch inzwischen durch die Richtlinie (EU) 2017/1371 ersetzt worden ist; dies wurde auch durch die GwRL V nicht korrigiert. Deshalb ist auf den ersten Blick fraglich, ob der von der PIF-Konvention nicht erfasste Mehrwertsteuerbetrug unabhän­ gig von den Mindest-/Höchststrafen aus Art. 3 Nr. 4 Buchst. f GwRL V einbezogen ist. Da gemäß Art. 16 RL (EU) 2017/1371 Verweise auf die PIF-Konvention als Verweise auf diese Richtlinie gelten, ist diese Frage zu bejahen. Dadurch kommt es zu Unterschieden, wenn das Recht der Mitgliedstaaten so ausgestaltet ist, dass Steuerstraftaten zwar grund­ sätzlich nicht nach Art. 3 Nr. 4 Buchst. f GwRL V einbezogen werden müssen, im Bereich der Mehrwertsteuer aber nach Art. 3 Nr. 4 Buchst. d GwRL V. Man könnte annehmen, Art. 3 Nr. 4 Buchst. f GwRL V solle auch den nicht von der PIF-Konvention erfassten Mehrwertsteuerbetrug erfassen; dafür spricht, dass sich die Vorschrift auch auf „indirekte Steuern“ be­ zieht. In der Folge wäre Mehrwertsteuerbetrug nur bei entsprechender nationaler Strafdrohung erfasst. Dagegen spricht jedoch die Richtlinie (EU) 2018/​1673, durch die die strafrechtliche Geldwäschebekämpfung erstmals teilharmonisiert werden soll: Auch dort gelten alle Steuerstraf­ taten als Vortaten, die in den bereits erwähnten Höchst-/Mindeststraf­ rahmen fallen. Davon nicht erfasst sein solle aber nach Erwägungsgrund Nr. 10 gerade die Geldwäsche im Zusammenhang mit Erträgen aus Straf­ taten i. S. v. Richtlinie (EU) 2017/1371. Für diese trifft Art. 4 Abs. 1 RL (EU) 2017/1371 eine spezielle Regelung. Geht man davon aus, dass Art. 3 1082 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat v. 06.12.2012, COM(2012) 722 fin., S. 11–12. 1083 Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 3. 1084 Bülte, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance, 2015, S. 972 (29). Siehe schon Kapitel 1 B. II. 1. c) bb).

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Nr. 4 Buchst. f GwRL V und Art. 2 Nr. 1 Buchst. q RL (EU) 2018/1673 gleich auszulegen sind, dann folgt daraus tatsächlich, dass die GwRL auf Mehrwertsteuerbetrug immer Anwendung findet, nicht aber auf andere Steuerstraftaten. Ein derart herausgehobener Schutz des Mehrwertsteu­ eraufkommens erscheint nicht ohne Weiteres angemessen. 2. Verwendung von Geldwäsche-Informationen für steuerliche Zwecke Im Bereich des Informationsaustauschs zwischen den Zentralen Melde­ stellen und den Finanzbehörden fehlt es hingegen weitgehend an unions­ rechtlichen Vorgaben. a) Geldwäscherichtlinien Art. 6 Abs. 3 Satz 1 GwRL bestimmte noch, dass die aufgrund von Art. 6 GwRL I an die zuständigen Behörden übermittelten Informationen, insb. Verdachtsmeldungen, nur zur Bekämpfung der Geldwäsche benutzt wer­ den dürfen. Davon ließ Satz 2 eine Ausnahme zu, indem den Mitglied­ staaten dort gestattet wird, andere Verwendungszwecke vorzusehen.1085 Die OECD schreibt in einem Bericht aus dem Jahr 2000, dass keiner ihrer Mitgliedstaaten, der zugleich EU-Mitgliedstaat ist, von dieser Ermächti­ gung Gebrauch gemacht habe.1086 Im Zuge der GwRL II fielen Vorgaben zu den zulässigen Verwendungs­ zwecken weg. Stattdessen wurden ab der GwRL II praktisch ausschließ­ lich die Verpflichteten treffende Datenschutzvorschriften in die Richtli­ nie aufgenommen. So schreibt Art. 41 Abs. 2 GwRL IV/V vor: „Personenbezogene Daten dürfen von Verpflichteten [Hervorheb. d. Verf.] auf der Grundlage dieser Richtlinie ausschließlich für die Zwecke der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gemäß Artikel 1 verarbeitet werden und dürfen nicht in einer Weise weiterverarbeitet werden, die mit diesen Zwecken unvereinbar ist. Es ist untersagt, personenbezogene Daten auf der Grundlage die­ ser Richtlinie für andere Zwecke wie beispielsweise für kommerzielle Zwecke zu verarbeiten.“1087 1085 Carl, EWS 1991, 341 (344) berichtet, der Rat sei davon ausgegangen, dass damit nur bereits bestehende Vorschriften gemeint gewesen seien und verweist in Fn. 29 auf „Ratsdok. 4282/91 vom 15. Februar 1991, S. 8“. Tatsächlich ist Rats­ dok. 4282/91 jedoch auf den 14. Februar 1991 datiert und enthält – weder auf S. 8 noch an anderer Stelle – einen Hinweis auf eine solche Sichtweise des Rates. 1086 OECD, Improving Access to Bank Information for Tax Purposes, 2000, S. 42 (Rn. 97). Über die Ursachen spekuliert Carl, wistra 1991, 288 (291). 1087 Seer/Wilms, StuW 2015, 118 (130–132) befassen sich mit der Frage, ob dies einer zweckändernden Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Vor­ schriften zur Implementierung des CRS entgegensteht; es wird nicht ganz klar, ob sie dies für zulässig halten oder nicht (rechtspolitisch sinnvoll erscheint es ihnen jedenfalls), auch weil sie nicht immer klar zwischen den verschiedenen Verfahren der geldwäscherechtlichen Datenerhebung (Kundensorgfaltspflichten,

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Hinsichtlich der Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen wird auf allgemeine unionsrechtliche Datenschutzvorschriften verwiesen (Art. 41 Abs. 1 GwRL IV/V), namentlich auf die DSGVO.1088 Aus Erwägungsgrund Nr. 19 der DSGVO geht jedoch hervor, dass statt der DSGVO die Richtli­ nie über den Datenschutz im strafrechtlichen Bereich1089 Anwendung finden soll, wenn die Datenverarbeitung zu dem Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten erfolgt, was „beispielsweise im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäsche [von Be­ deutung]“ sei. Nach beiden Rechtsakten ist ein interbehördlicher Infor­ mationsaustausch grundsätzlich zulässig; an dieser Stelle noch nicht nä­ her zu erörternde Besonderheiten gelten jedoch, wenn Erhebungs- und Verwendungszweck auseinanderfallen. Hinsichtlich des Informationsaustauschs zwischen den öffentlichen Stellen enthält die GwRL V spezielle Vorschriften vor allem für das Ver­ hältnis zwischen den FIUs der Mitgliedstaaten (Art. 53 GwRL V). In Er­ wägungsgrund Nr. 56 der GwRL IV heißt es überdies, der Informations­ austausch zwischen den FIUs über Sachverhalte, bei denen eine Steuerstraftat im Raum steht, solle die Zusammenarbeit der Verwal­ tungsbehörden in Steuersachen insbesondere nach Maßgabe der 2. Amts­ hilferichtlinie und internationaler Standards nicht berühren. Eine uni­ onsrechtliche Verpflichtung, wonach die zentralen Meldestellen auch den Finanzbehörden Informationen übermitteln müssen, könnte sich allenfalls aus Art. 32 Abs. 4 Satz 2 GwRL V ergeben, sofern Steuerstrafta­ ten nach dem Recht eines Mitgliedstaates als Vortaten der Geldwäsche gelten. Eine unionsrechtliche Verpflichtung zur Datenübermittlung für Zwecke des Besteuerungsverfahrens lässt sich daraus aber nicht ableiten. Die Geldwäscherichtlinien stehen dem nationalen Gesetzgeber also nicht im Wege, wenn er die Übermittlung von Geldwäsche-Informatio­ nen an die Finanzbehörden regeln möchte, sie verlangen eine solche Re­ gelung aber auch nicht (mit Ausnahme von Art. 30 Abs. 6 und Art. 31 Abs. 4 GwRL V). Transparenzregister) differenzieren; unklar ist auch, welche Folgerungen sie aus der Änderungsrichtlinie zur Amtshilferichtlinie Nr. 2014/107/EU v. 09.12.2014, ABl. L 359 v. 16.12.2014, 1 ziehen, die sie in diesem Kontext nicht ansprechen. 1088 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Da­ ten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Da­ tenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 v. 04.05.2016, 1. 1089 Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe­ zogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Er­ mittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates, ABl. L 119 v. 04.05.2016, 89.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

b) Änderungsrichtlinie zur 2. Amtshilferichtlinie Eine Regelung über den Zugang von Steuerbehörden zu Informationen zur Bekämpfung der Geldwäsche findet sich jedoch an unerwarteter Stel­ le, nämlich in der 2. Amtshilferichtlinie. In deren Art. 22 wurde durch die Richtlinie (EU) 2016/2258 des Rates v. 06.12.20161090 folgender Ab­ satz 1a eingefügt: „Für die Zwecke der Anwendung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Richtlinie und zur Gewährleistung des Funktionierens der mit ihr eingerichteten Zusammenarbeit der Verwaltungsbe­ hörden gewähren die Mitgliedstaaten den Steuerbehörden durch Rechtsvorschrif­ ten Zugang zu den Mechanismen, Verfahren, Dokumenten und Informationen gemäß den Artikeln 13, 30, 31 und 40 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europä­ ischen Parlaments und des Rates.“

Nach der Begründung des Richtlinienentwurfs der Kommission soll dadurch den Finanzbehörden vor allem die Überwachung ermöglicht ­ werden, ob die Finanzinstitute die im Zusammenhang mit der Im­ plementierung des CRS statuierte Pflicht ordnungsgemäß erfüllen, bei zwischengeschalteten Strukturen deren wirtschaftlichen Eigentümer zu ermitteln und zu melden.1091 Gleichwohl wurde die neue Vorschrift nicht bei den Vorschriften über den verpflichtenden automatischen Informati­ onsaustausch (Art. 8 ff.) platziert, sondern in Art. 22 der 2. Amtshilfe­ richtlinie, der für alle Formen der Zusammenarbeit und des Informations­ austausches auf Grundlage der Richtline gilt. In der Entwurfsbegründung heißt es, dass so der Austausch dieser Informationen auch dann möglich sein soll, wenn es zu weiteren Untersuchungen kommt, die sich auf Kon­ ten oder Vermögenswerte beziehen, die nicht Gegenstand des ver­ pflichtenden automatischen Informationsaustauschs waren.1092 Die Mitgliedstaaten werden dadurch jedoch nicht verpflichtet, den Fi­ nanzbehörden auch Verdachtsmeldungen zugänglich zu machen. Art. 22 Abs. 1 1. Amtshilferichtlinie nimmt nur Bezug auf die Mechanismen und Verfahren nach Art. 13 GwRL V (allgemeine Sorgfaltspflichten), die In­ formationen nach Art. 30 und 31 GwRL V (Register für Gesellschaften, Trusts und ähnliche Rechtsgestaltungen) und die Dokumente nach Art. 40 GwRL V (Kopien der im Rahmen der Sorgfaltspflichten erhalte­ nen Dokumente und Transaktionsbelege). Unklar ist dabei, wie genau

1090 ABl. Nr. L 342 v. 16.12.2016, 1. 1091 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlnie 2011/16/EU bezüglich des Zugangs der Steuerbehörden zu Informationen zur Bekämpfung der Geldwäsche v. 05.07.2016, COM(2016) 452 final, S. 3. 1092 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlnie 2011/16/EU bezüglich des Zugangs der Steuerbehörden zu Informationen zur Bekämpfung der Geldwäsche v. 05.07.2016, COM(2016) 452 final, S. 5.

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man sich „Zugang“ der Finanzbhörden zu den genannten Mechanismen und Verfahren vorzustellen hat.1093

IV. Zusammenfassung und Diskussion 1. Die maßgebliche Initiative zur Inanspruchnahme des Anti-Geldwä­ sche-Systems ging von den G7/G8, den G20 und der OECD aus. Sie war beinahe von Anfang an Teil der Maßnahmen gegen Steuerhinter­ ziehung und Steuervermeidung im Besonderen und den Missbrauch des internationalen Finanzsystems im Allgemeinen. Während es an­ fangs vor allem darum ging, das Bankgeheimnis zu schwächen, ste­ hen heute Erhebung und Austausch von Informationen zum wirt­ schaftlich Berechtigten im Vordergrund. Bemerkenswert ist, wie sich die Zielbeschreibungen verändert haben: Zunächst stand mit der Steuerhinterziehung eine Straftat im Vordergrund. Im Laufe der Zeit gerieten aber auch die sog. aggressive Steuerplanung und die Steuer­ vermeidung in den Fokus. Dementsprechend veränderten sich auch die Instrumente: Zu Beginn ging es primär darum, die mithilfe des zum Zweck der Geldwäschebekämpfung eingerichteten Instrumen­ tariums erhobenen Daten den Finanzbehörden zugänglich zu ma­ chen. Inzwischen geht es hingegen nicht mehr bloß noch darum, Vor­ handenes für andere Zwecke zu nutzen; gerade die Einführung eines Registers der wirtschaftlich Berechtigten stellt eine neue, von vorn­ herein mehreren Zwecken dienende Maßnahme dar. 2. Die FATF verhielt sich anfangs hingegen eher zurückhaltend und be­ wertete den Nutzen einer verstärkten Zusammenarbeit vor allem mit Blick auf ihre ursprünglichen Aufgaben – die Bekämpfung des Drogen­ handels und vergleichbarer schwerer Straftaten. Dieser Umstand wur­ de in der deutschen Literatur – anders als in der englischen1094 – bislang weitgehend übersehen, wo vor allem die FATF im Zentrum der Kritik steht und ihr eine „hidden agenda“ bzw. eine „second agenda“ vorge­ worfen wird.1095 Richtiger erscheint es demnach, die FATF in den Kon­ text der globalen Initiativen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und schädlichen Steuerpraktiken zu stellen. Unter diesen Umständen bedarf es keines Zynismus um festzustellen, dass: „[T]he underlying purpose of the money-laundering legislation is to flush out the ‚black‘ rather than the criminal economy with a view to reducing losses due to tax evasion.”1096 1093 §§ 154, 93 AO, § 24c KWG. 1094 Vgl. etwa Fisher/Bewsey, JIBL 15 (2000), 11 (12). 1095 Hülsse, Regulation & Governance 2 (2008), 459 (465). 1096 Bridges, JFC 4 (1996), 161 (167). Ähnlich auch Burrell, JMLC 3 (2000), 304 (308): „It is apparent that the money-laundering legislation is to be used as a tool to combat tax evasion.”

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht



Mit der Zeit fand sich die FATF zunehmend in die ihr von den G7 und der OECD zugedachte (Neben-)Rolle ein und baute das Anti-Geldwä­ sche-Instrumentarium im Hinblick auf sein fiskalisches Potential aus. Ansatzpunkt war das Verdachtsmeldewesen, durch das fortan vermehrt Sachverhalte mit einem rein steuerlichen Hintergrund zu Tage gefördert werden sollten. Bemerkenswert ist dabei, dass die FATF keinen dieser Schritte empirisch untermauert hat. Das gilt vor allem für das „tax loophole“, das auch in der Literatur an verschiede­ nen Stellen auftaucht.1097 Soweit ersichtlich gibt es kaum Untersu­ chungen zu der Frage, ob es sich dabei um ein echtes Hemmnis für das Verdachtsmeldewesen gehandelt haben könnte.1098 Es ist durch­ aus denkbar, dass insoweit eine „psychische Hemmschwelle“ auf Seiten mancher Bankangestellten bestand. Aus rechtlicher Sicht exis­ tierte das „tax loophole“ jedoch wohl nur in den wenigsten Rechts­ ordnungen, denn: Die Verpflichteten müssen ja gerade nicht wissen, woher ein Vermögensgegenstand stammt; ausreichend ist in den meisten Rechtsordnungen vielmehr ein reichlich vager Verdacht.1099 So wenig wie der Bankangestellte treuherzig glauben darf, der Kunde habe geerbt, Glück im Spiel gehabt oder ein Bardarlehen erhalten, so wenig durfte er sich mit der Versicherung zufrieden geben, der auffäl­ lige Vorgang habe bloß „steuerliche Hintergründe“. Solange Geldwä­ sche nicht ausgeschlossen werden kann, war und ist eine Meldung abzugeben. Als wesentlich problematischer erweist sich vor diesem Hintergrund die Aufnahme von Steuerstraftaten in den Vortatenkata­ log. Mit Blick auf die Verlautbarungen der FATF drängt sich der Ver­ dacht auf, dass dieser Schritt vor allem dazu dienen sollte, das Ver­ dachtsmeldewesen für die Finanzbehörden ertragreicher zu gestalten. Das wäre mit einer Vorstellung vom Strafrecht als „ultima ratio“ un­ vereinbar, denn dann ginge es nicht darum, ein eigenständiges Un­ recht zu bestrafen; die Strafbarkeit würde nur deshalb erweitert, weil das Verwaltungsrecht an den Straftatbestand anknüpft. 3. Schon die President’s Commission on Organized Crime meinte, „vio­ lations of tax laws are an inevitable byproduct of laundering sche­

1097 Bridges/Green, JMLC 3 (1999), 51 (53–54); Barry, JMLC 2 (1999), 326 (330); Fisher/​ Bewsey, JIBL 15 (2000), 11 (12); Alldridge, JMLC 4 (2001), 350 (350). 1098 Siehe aber Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 348–349. Dort heißt es einerseits, die Banken würden „sehr bewusst“ zwischen Geldwäsche und Steuerhinterziehung abgrenzen und teils sogar schon dann eine Meldung unterlassen, „wenn hinter einer dubiosen Transaktion auch steuerliche Erwägungen stehen könnten. Nur äußerst selten verzichtet eine Bank bei der Verdachtsgewinnung völlig auf Ab­ grenzungsüberlegungen und meldet alle Transaktionen, die dem Mitarbeiter du­ bios erscheinen. Das Meldeverhalten der Banken […] ist deshalb als eher restrik­ tiv zu werten.“ 1099 Bridges/Green, JMLC 3 (1999), 51 (54); Fisher/Bewsey, JIBL 15 (2000), 11 (19).

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mes“.1100 Auch in der Literatur wird ein solches Miteinander häufig behauptet.1101 Die Behauptung, Steuerstraftaten und Geldwäsche bil­ deten eine Einheit, ist in dieser Allgemeinheit hingegen falsch. Das Verhältnis zwischen Steuerstraftaten und Geldwäsche erweist sich bei näherem Hinsehen als komplexer: Geldwäsche und Steuerhinter­ ziehung gehen gerade nicht zwingend Hand in Hand. Allgemeine Geltung kann diese Behauptung schon aus rechtlichen Gründen nicht beanspruchen, weil zwar viele, aber nicht alle Staaten der Welt Ein­ künfte aus Straftaten besteuern.1102 Viel gewichtiger ist die Tatsache, dass in gewissem Umfang ein Zielkonflikt zwischen Geldwäsche und Besteuerung besteht: Die Steuerhinterziehung steht dem Primärziel der Geldwäsche, nämlich der möglichst vollständigen Bemäntelung illegaler Einkünfte, entgegen, wie schon Al Capone erfahren muss­ te.1103 Hund bringt dies auf den Punkt: „Zwingende Voraussetzung [für die risikolose und unauffällige Verwendung der Vermögenswerte im legalen Wirtschaftsleben] ist, daß es sich nicht um ‚Schwarzgeld‘ handeln darf. Die Vermögenswerte müssen zur Vermeidung je­ der Aufmerksamkeit z. B. der Finanzbehörde korrekt deklariert und gegebe­ nenfalls versteuert werden. Andernfalls geht der – unter erheblichem Auf­ 1100 President’s Commission on Organized Crime, The Cash Connection: Organized Crime, Financial Institutions and Money Laun­dering, Oktober 1984, S. 7. 1101 So z. B. Spreutels/Grijseels, EC Tax Review 2001, 3 (3); Arzt, ZStR 1989, 160 (166). 1102 Siehe z. B. das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht in Polen: Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 des polnischen Einkommensteuergesetzes (Gesetz v. 26. Juli 1991, k. F. Dziennik Ustaw [Polnisches Gesetzblatt] 2018 Poz. 1509) und Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 des polnischen Körperschaftsteuergesetzes (Gesetz v. 15. Februar 1992, k. F. ­Dziennik Ustaw 2018 Poz. 1036) nehmen von ihrem Anwendungsbereich expli­ zit aus: „Einkünfte aus Handlungen, die nicht Gegenstand eines rechtswirksa­ men Vertrags sein können“ [„przychodów wynikających z czynności, które nie mogą być przedmiotem prawnie skutecznej umowy“]. Nach Art. 58 §§ 1, 2 des polnischen Zivilgesetzbuchs (Gesetz v. 16. April 1964, k. F. Dziennik Ustaw 2018 Poz. 1025) sind alle Rechtsgeschäfte nichtig, die „gegen ein gesetzliches Verbot [verstoßen] oder die Umgehung eines Gesetzes zum Ziel [haben]“ oder „gegen die Grundsät­ ze des gesellschaftlichen Zusammenlebens [verstoßen]“. Nach der Rspr. ist dies jedoch nicht rein zivilrechtsakzessorisch zu bestimmen; für die steuerrechtliche Beurteilung kommt es darauf an, ob der Gegenstand des Vertrages „in seinem Kern“ gegen ein gesetzliches Verbot oder die Grundsätze des gesellschaftlichen Zusammenlebens verstößt (Woiwodschaftsverwaltungsgericht – WVG – War­ schau, Urt. v. 15.2.2008 – III SA/Wa 927/07; WVG Lodsch, Urt. v. 26.1.2010 – I SA/Łd 655/09, Oberstes Verwaltungsgericht – ObVG –, Urt. v. 15.1.2008 – II FSK 1578/06). Das wurde z. B. bei Tätigkeiten, die ohne Genehmigung oder Konzes­ sion durchgeführt werden verneint (ObVG, Urt. v. 6.9.2002 – I SA/Ka 1234/01), bei Drogenhandel hingegen bejaht (Marciniuk, Podatek dochodowy od osob ­fizycznych, 182017, S. 16). – Für den Hinweis auf das polnische Recht, die Über­ setzungen polnischer Rechtstexte (die hier mit leichten Anpassungen übernom­ men wurden), die Literaturhinweise und seine wertvollen Erläuterungen dankt der Verf. Herrn Artur Tim. 1103 Zum sog. „Al Capone“-Ansatz siehe Kapitel 2 B. III.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht wand und beachtlichem Risiko erarbeitete – Vorteil uneingeschränkter, ungefährlicher Verwendungsmöglichkeit wieder verloren. Im übrigen ergibt sich aus der Versteuerung eine interessante Tatsache, die bislang kaum beach­ tet wurde: Der Staat ist einer der größten Profiteure der Geldwäsche!“1104

Graber bezeichnet die Offenlegung der Einkünfte gar als „Krönung der Geldwäscherei“1105. Der Steuerbescheid kann eine Art „Persil­ schein“ darstellen.1106 Das heißt freilich nicht, dass zwingend die kompletten Einkünfte aus Straftaten versteuert werden. Die Steuer­ last kann entweder durch nur teilweise Erklärung (z. B. überhöhte Gewinne aus einem erlaubten Gewerbebetrieb) oder durch Zuord­ nung der Einkünfte zu nicht steuerbaren Einkünften (z. B. Spielge­ winne, Geschenke oder Erbschaften bis zu einer gewissen Größenord­ nung, Darlehen etc.) verringert werden. Es muss nur sichergestellt sein, dass: „Steuererklärung und Lebenshaltung […] zueinander pas­ sen.“1107 Bei nur teilweiser Versteuerung sind große Ausgaben – etwa für Immobilien – jedoch u.U. nicht ohne Weiteres möglich und es droht die Gefahr, dass verstecktes Vermögen entdeckt bzw. dem wah­ ren wirtschaftlich Berechtigten zugeordnet wird. Das kurios an­ mutende Ergebnis ist, dass die Besteuerung somit sogar Teil des Geld­ wäscheprozesses sein kann; dass dabei ein Teil des Vermögens abgeschöpft wird, steht dem nicht entgegen, ist doch anerkannt, dass Straftäter sich die Geldwäsche durchaus etwas kosten lassen.1108 In diese Richtung deutet auch, was Sondern schreibt: „The mafiosi had […] learned four principles from the Capone era […] 1. Al­ ways have a good lawyer. 2. Never plot or carry out violence against a federal officer. 3. Pay federal income taxes. 4. Never trust anyone except a Sicilian mafioso.“1109

1104 Hund, ZRP 1996, 163 (165); so oder ähnlich auch Forthauser, Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992, S. 71; Zünd, ST 1990, 403–408; Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 58; Bongard, Wirtschaftsfaktor Geldwäsche, 2001, S. 58–59; Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 271; Oswald, Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutsch­ land, 1997, S. 43. Aus der amerikanischen Literatur siehe z. B. Johnson, J. Crim. L. Criminology & Police Sc. 1963, 1–29; Clarke/Tigue, Schmutziges Geld und wie man es reinwäscht, 1976, S. 136; Abadinsky, Organized Crime, 1981, S. 226. 1105 Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 58. 1106 Bongard, Wirtschaftsfaktor Geldwäsche, 2001, S. 59, spricht vom „Nimbus der Legalität“. 1107 Hund, ZRP 1996, 163 (165); so auch Naylor, Crim. L. & Soc. Change 32 (1999), 1 (14). 1108 Graber, Geldwäscherei, 1990, S. 57; Spiske, Pecunia olet?, 1997, S. 38; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 160–161 (allein 5–10 % für die Platzierung). 1109 Sondern, Brotherhood of Evil, 1959, S. 82. Sondern wurde in seiner Arbeit erheb­ lich beeinflusst vom Bureau of Narcotics, vgl. Pembleton, J. Am. Cult. 2015, 113–129 („The Voice of the Bureau”) und darf deshalb als gut informiert gelten.

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Weil eine wahrheitsgemäße Deklaration jedoch nicht immer in Be­ tracht kommt, etwa wegen eines zu den Strafverfolgungsbehörden hin durchlässigen Steuergeheimnisses oder mangelnden Vertrauens in die Wahrung desselben, müssen Straftäter für die Einkünfte eine unverdächtige Erklärung finden, indem sie ihnen ein legales Gewand überwerfen. Mit anderen Worten: ”To avoid prosecution for evasion of taxes on illegally earned income, or­ ganized crime (as well es non-organized criminals) has devised schemes to ‚launder‘ its ‚dirty money.”1110



Das soll nicht heißen, dass Geldwäsche und Steuerhinterziehung nie Hand in Hand gehen können. So schreibt etwa die Deutsche Steuer­ gewerkschaft in einer Stellungnahme, im Jahr 2008 sei es zu 279 Steuerstrafverfahren „mit Bezug zu Geldwäschesachverhalten“ ge­ kommen (wobei unklar ist, wie dieser Bezug aussieht), weist aber gleichzeitig darauf hin, „dass sich die organisiert-kriminellen Täter­ kreise in steuerlicher Hinsicht meist eher unauffällig verhalten.“1111 Die Wirklichkeit ist also komplexer, als es bei einem Blick in häufig holzschnittartig argumentierende Berichte, Materialien und die Lite­ ratur scheinen mag. 4. Darüber hinaus wirft die Einbeziehung von Steuerstraftaten – insb. der Steuerhinterziehung – die Grundfrage nach dem Wesen des Phä­ nomens Geldwäsche auf: Nach überkommenem Verständnis bezieht sich Geldwäsche ausschließlich auf Vermögensgegenstände, denen deshalb ein Makel anhaftet, weil sie aus einer Straftat herrühren.1112 Keine Probleme bereitet insoweit der Fall, dass Erlöse aus Straftaten nicht versteuert werden. Sofern sie nach dem einschlägigen Steuer­ recht zu versteuern gewesen wären, können sie Gegenstand einer Steuerstraftat und – völlig unabhängig davon – der Geldwäsche sein. Hier kann man lediglich fragen, ob es neben der Strafbarkeit wegen der Ausgangstat und wegen Geldwäsche überhaupt noch ein steuer­ strafrechtliches Strafbedürfnis gibt. Etwas anderes gilt für zu Unrecht erlangte Steuererstattungen oder Steuervergütungen, etwa im Rah­ men von Umsatzsteuerkarussellen oder den sog. Cum-ex-Geschäf­ ten. Diese sind ab ovo bemakelt und das Unrecht der Tat wird vom Tatbestand der Steuerhinterziehung zutreffend abgebildet; da hier je­ 1110 So auch Abadinsky, Organized Crime, 1981, S. 225; ebenfalls in diese Richtung Clarke/Tigue, Schmutziges Geld und wie man es reinwäscht, 1976, S. 8–9. 1111 Deutsche Steuergewerkschaft, Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesre­ gierung „Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Geldwäscheprävention“ – Drucksache 17/6804 v. 17.10.2011, online abrufbar unter: http://webarchiv.bun​ destag.de/cgi/show.php?fileToLoad=2943&id=1223 (zuletzt geprüft am 30.10.2020), S. 2. 1112 Dazu ausführlich oben Kapitel 1 A. I.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

doch Vortat (Steuerhinterziehung) und Nachtat (Geldwäsche) inein­ ander fallen können (weil z. B. fingierte Rechnungen und Steuerbe­ scheide bereits zur „Tarnung“ ausreichen), ist wiederum fraglich, ob es überhaupt stets ein eigenständiges, in den Tatbestand der Steuer­ hinterziehung nicht bereits „eingepreistes“ Unrecht gibt, das durch eine Verurteilung wegen Geldwäsche geahndet werden müsste. Er­ hebliche konzeptionelle Probleme entstehen jedoch, wenn Steuern auf Einkünfte aus an sich erlaubten Tätigkeiten verkürzt werden und sich der Vorteil der Tat allein in der ersparten Steuerzahlung er­ schöpft. Während die einen vertreten, durch die Nichtabführung der Steuer auf legale Einkünfte würden diese nicht bemakelt,1113 bejahen andere eine Bemakelung in diesen Fällen, schließlich liege ja in Ge­ stalt der Steuerersparnis ein Vorteil vor1114. Das ändert jedoch nichts daran, dass sich die „Steuergeldwäsche“ insoweit von der „klassi­ schen Geldwäsche“ unterscheidet, als nicht nur der Tatvorteil gewa­ schen werden muss, sondern die gesamte nicht erklärte Summe, denn: Wer 100.000 € in seiner Steuererklärung nicht angibt und so 25.000 € Steuern verkürzt, kann auch die übrigen 75.000 € nicht frei verwenden, denn auch dieser Betrag ist den Finanzbehörden unbe­ kannt und kann den Täter verraten, d. h. auch insoweit besteht an sich ein Bedürfnis nach Geldwäsche. Diese besteht dann jedoch nicht darin, statt einer illegalen eine legale Quelle, sondern statt einer lega­ len steuerpflichtigen Quelle eine legale nicht steuerpflichtige Quelle oder bereits versteuertes Vermögen zu fingieren. Das ist mit dem tra­ ditionellen Verständnis der Geldwäsche nicht in Einklang zu brin­ gen.1115 1113 Taube, Entstehung, Bedeutung und Umfang der Sorgfaltspflichten der Schweizer Banken bei der Geldwäschereiprävention im Bankenalltag, 2013, S. 69–70; Ackermann, Geldwäscherei – Money Laun­dering, 1992, S. 71–72. Ausführlich zu dieser Diskussion Fuchs, Die Steuergeldwäscherei im Schweizer Recht, 2017, S. 112–115. Siehe auch aus der englischen Judikatur R v. Gabriel [2006] EWCA Crim 229 per Gage LJ (para. 20): „However, we do not agree with his submission that profits made from trading in legitimate goods, without declaring the profits to the Inland Revenue or the Department of Work and Pensions, could in any circumstances convert the profits into criminal property.” So auch R v. I K [2007] EWCA Crim 491 (para. 25). 1114 Bridges/Green, JMLC 3 (2000), 371 (371); Bourquin, Steuergeldwäscherei in Be­ zug auf direkte Steuern, 2016, S. 84–86. 1115 Fuchs, Die Steuergeldwäscherei im Schweizer Recht, 2017, S. 113–114 weist da­ rauf hin, dass auch bei anderen Vortaten legal erworbene Vermögenswerte im Spiel sein können (z. B. Bestechungsgelder oder der „Kaufpreis“ für „gestohlene“ Bankkundendaten), und meint deshalb, die Steuerdelikte seien jedenfalls nicht deshalb einzigartig. Damit hat er Recht, aber das heißt nicht unbedingt, dass Steuerhinterziehung sich deshalb in die Geldwäschesystematik einfügt – man könnte auch sagen, Steuerhinterziehung und andere Delikte, bei denen sich ver­ gleichbare Probleme stellen (z. B. Forderungsbetrug, der besser passt als die Bei­ spiele, die Fuchs wählt), passen allesamt nicht zum Wesen der Geldwäsche.

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A.  Internationale Initiativen

5. Zu diesen konzeptionellen Schwierigkeiten gesellen sich dogmati­ sche Schwierigkeiten, die im Völkerrecht, Europarecht und auch im nationalen Recht auftreten. Soweit Vorschriften das Tatobjekt als „Vermögensgegenstand“, „property“, „asset“ o. ä. beschreiben, das aus einer bestimmten Straftat herrührt, ist damit bei natürlichem Sprachverständnis ein irgendwie bestimmbarer, abgrenzbarer Teil des Gesamtvermögens erforderlich; ein Tatobjekt liegt also grundsätzlich nicht vor, wenn sich der Tatvorteil nur daraus ergibt, dass das Ge­ samtvermögen des Täters geringer wäre, wenn man die Straftat weg­ denkt. Diese Klippe lässt sich noch umschiffen, entweder durch eine sehr weitgehende Auslegung (sofern man dies überhaupt für möglich hält) oder dadurch, dass man – wie der britische Gesetzgeber – statt eines Vermögensgegenstandes einen Vermögensvorteil ausreichen lässt. Das zieht jedoch wiederum erhebliche, nach hier vertretener Ansicht nicht zufriedenstellend lösbare Folgeprobleme nach sich, die bereits bei den Ausführungen zum Herkunftsprinzip in § 261 StGB angesprochen wurden und sich so oder ähnlich auch in anderen Rechtsordnungen stellen. Sie stellen sich bei Steuerstraftaten als Vor­ taten in erheblicher Weise dar, denn sie führen fast immer zu einer Bemakelung eines Vermögensteils, der – nach Ansicht mancher – das Gesamtvermögen „infiziert“, wenn er nicht ganz unerheblich ist. Bei der Vermögensabschöpfung setzen sich diese Probleme fort.1116 6. Schließlich erscheint es aus weiteren Gründen problematisch, die Geldwäschegesetzgebung in den Dienst des Steuer- und Steuerstraf­ rechts zu stellen: (i) Ursprünglich wurden die mit dem Anti-Geldwä­ sche-Instrumentarium verbundenen Eingriffe in die Grundrechte der Verpflichteten und der Betroffenen damit gerechtfertigt, sie seien not­ wendig, um schwerster, potentiell staats- und gesellschaftszersetzen­ der Kriminalität Einhalt zu gebieten. Dazu steht die Schwere der Steuerhinterziehung in einem erheblichen Missverhältnis. Steuer­ hinterziehung ist nach wie vor Massenkriminalität und wird es aller Voraussicht nach auch bleiben. (ii) Das gilt umso mehr, als die Gren­ zen zwischen strafbarem und höchstens moralisch vorwerfbarem Verhalten in der Diskussion weitgehend geschleift worden sind. ­Während Steuerhinterziehung von manchen Staaten zumindest noch als strafbares Unrecht verstanden wird (wobei hier die Rechtsunter­ schiede teils erheblich sind), was Eingriffe von höherer Intensität ­vorbehaltlich ihrer Verhältnismäßigkeit zumindest prinzipiell recht­ fertigen kann, ist das bei Steuervermeidung – verstanden als steuer­ minderndes Verhalten, das keinen Steuerstraftatbestand erfüllt – nicht der Fall – auch dann nicht, wenn man sie als „aggressiv“ geißelt. Das gilt grundsätzlich auch, wenn die steuerrechtliche Beurteilung 1116 Siehe dazu für Deutschland Kapitel 2 C. III. 3.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

eines Sachverhalts durch den Steuerpflichtigen nicht im Einklang mit der Rechtsauffassung der Finanzbehörden steht, selbst wenn hier im Einzelfall die Schwelle zur Strafbarkeit (ggf. wegen fahrlässiger Begehung) überschritten sein kann. Angesichts der Komplexität des Steuerrechts und der Art und Weise, wie Außenprüfungen durchge­ führt werden, erscheint jedoch das Label „nicht legal“ etwa für im Rahmen einer Außenprüfung angegriffene Subsumtionen unter steuerliche Vorschriften deplatziert.1117 Wenn also der Einsatz ei­ nes grundrechtsintensiven Überwachungssystems wie der Geldwä­ schegesetzgebung zur Bekämpfung von Steuerstraftaten schon sehr zweifelhaft erscheint, so gilt dies erst recht für strafrechtlich irrele­ vantes, lediglich unerwünschtes Verhalten. (iii) Zu den begrifflichen Unschärfen in der politischen Diskussion kommen rechtliche Ab­ grenzungsprobleme zwischen Steuerhinterziehung und Steuerver­ meidung, die vor allem im Bereich der geldwäscherechtlichen Ver­ dachtsmeldepflichten besondere Bedeutung erlangen: Verpflichtete können in vielen Fällen überhaupt nicht einschätzen, wie eine von ihrem Vertragspartner gewählte Gestaltung aus steuerlicher Sicht zu würdigen ist. Darüber hinaus ist im laufenden Veranlagungszeitraum noch gar nicht klar, ob der Vertragspartner am Ende seine steuerli­ chen Pflichten sorgfältig erfüllen wird.1118 Solange die Verpflichteten nicht ausschließen können, dass die Gestaltung der Geldwäsche oder der Steuerhinterziehung dient, führt für vorsichtige Verpflichtete an einer Meldung bzw. einer Abweisung des Vertragspartners kein Weg vorbei. Daran ändern auch Vortatenkataloge nichts, die nur schwere Steuerdelikte einbeziehen, denn die Verpflichteten verfügen weder über die Rechts- noch die Tatsachenkenntnis und oft auch nicht ein­ mal über die Zeit, um zu derart feinen juristischen Differenzierungen vorzudringen; dazu kommt das Reputationsrisiko, das die Verpflich­ teten zusätzlich motivieren kann, alle möglicherweise steuerlich be­ deutsamen Sachverhalte zu melden.1119 Das Ergebnis bringt Fisher auf den Punkt, indem er zur G7-Initative aus dem Mai 1998 (s. o.) schreibt: „The phrase ‚tax related‘ is used in this context as a euphemism for tax ­avoidance which, in contrast to the malign activities of tax evaders, is a per­ 1117 So aber die überzogene Argumentation des Tax Justice Network, https://www. taxjustice.net/2019/05/16/no-corporate-tax-avoidance-is-not-legal/ (zuletzt ge­ prüft am 31.10.2020). Gegen eine solche Argumentation siehe z. B. Drüen, DStJG 39 (2015), S. 219 (223). 1118 Vgl. Taube, Entstehung, Bedeutung und Umfang der Sorgfaltspflichten der Schweizer Banken bei der Geldwäschereiprävention im Bankenalltag, 2013, S. 71. 1119 Vgl. Häuptli, NZZ v. 30.12.2012: „Er [Bundesanwalt Michael Lauber] rechnet damit, dass Banken aus Reputationsgründen künftig jeden Fall, in dem ein Ver­ dacht auf Steuerhinterziehung vorliegt, der Meldestelle für Geldwäscherei anzei­ gen.“

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B.  Entwicklungen in Deutschland fectly legitimate activiy in which businessmen and high net worth individuals frequently indulge. Stripped of linguistic niceties, the agreed action point ­carries with it the connotation that AML legislation requires financial dis­ closure to be made where tax avoidance arrangements have been put in place because the possibility of money laundering cannot be excluded.”1120

7. Steuerstraftaten kommen deshalb allenfalls nur in engen Grenzen als Vortaten der Geldwäsche in Betracht. Sofern der Tatvorteil in einer Steuerersparnis besteht, ist eine dogmatisch überzeugende und recht­ staatlich gangbare Einbeziehung der zugrundeliegenden Steuerstraf­ tat in den Kreis der Geldwäschevortaten generell nicht möglich.1121

B. Entwicklungen in Deutschland In diesem Unterkapitel wird gezeigt, dass auch das deutsche Geldwä­ schegesetz seit jeher Vorschriften enthält, die eine Übermittlung der zum Zweck der Bekämpfung von Geldwäsche (und Terrorismusfinanzie­ rung) erhobenen Daten an die Finanzbehörden und ihre Verarbeitung für Zwecke des Steuer- und Steuerstrafverfahrens regeln. Eine Analyse der Rechtsentwicklung ergibt, dass die Voraussetzungen und Grenzen der Datenübermittlung und -verwendung im Lauf der Zeit abgeschwächt worden sind. Internationale Vorgaben haben zwar auch in Deutschland Einfluss entfaltet, wurden aber teils von nationalen Entwicklungen über­ lagert.

I. Finanzbehörden an der Schnittstelle zwischen Legalität und Illegalität Um die Zusammenarbeit zwischen Finanzbehörden, Strafverfolgungsbe­ hörden und den mit der Geldwäschebekämpfung betrauten Behörden verstehen und einordnen zu können, sollen in diesem Abschnitt zu­ nächst einmal knapp die Vorschriften erörtert werden, die grundsätzlich das Verhältnis und den Informationsaustausch zwischen Finanzbehör­ den und vor allem den Strafverfolgungsbehörden regeln. Als Ausgangs­ punkt wird dabei der Grundsatz der Wertneutralität des Steuerrechts (§ 40 AO) gewählt.1122 Dieser ist Voraussetzung für die Einbeziehung der Finanzbehörden in die Kriminalitätsbekämpfung, die gerade in den ers­ ten Jahren der Geldwäschebekämpfung im Vordergrund stand und die 1120 Fisher, BTR 2010, 235 (248). 1121 Vgl. Fuchs, Die Steuergeldwäscherei im Schweizer Recht, 2017, S. 168–169. 1122 Einen Überblick über die Besteuerung von Taterlösen in verschiedenen Rechts­ ordnungen bietet Antón, Taxation of illegal activities – Part 1: The case of in­ come taxes, IFA Research Paper 2014/2015; Antón, Taxation of illegal activities – Part 2: The case of consumption taxes, IFA Research Paper 2014/2015.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Grundlage für die „reziproke“ Entwicklung – die Inanspruchnahme vor allem der Geldwäschebekämpfung für fiskalische Zwecke – darstellt. 1. Wertneutralität des Steuerrechts Nach § 5 Abs. 2 des StAnpG von 19341123 wird „[d]ie Besteuerung […] nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Verhalten (ein Tun oder Unterlassen), das den steuerpflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil ei­ nes steuerpflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Ver­ bot oder gegen die guten Sitten verstößt.“

Die Regelung wurde – sprachlich leicht vereinfacht – in § 40 AO 19771124 übernommen und gilt bis heute unverändert. Einkünfte aus illegalen Quellen unterliegen somit grundsätzlich denselben steuerlichen Vor­ schriften wie Einkünfte aus legalen Quellen. Damit gilt im deutschen Steuerrecht bis heute das Vespasian zugeschriebene Motto: pecunia non olet.1125 Erforderlich ist insbesondere, dass der Tatbestand eines Steuerge­ setzes verwirklicht ist. So gilt z. B. im Rahmen der Einkommensteuer § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach nur solche Einkünfte, die einer der sieben Einkunftsarten zugeordnet werden können, der Besteuerung unterlie­ gen.1126 In Betracht kommen dabei insbesondere Einkünfte aus Gewerbe­ 1123 Steueranpassungsgesetz v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 925. 1124 Abgabenordnung v. 16.03.1976, BGBl. I 1976, 613. 1125 Tatsächlich heißt es bei Suet. Vesp. 23, 3 (zitiert nach Suetonius Tranquillus, Die Kaiserviten, 2014): „reprehendenti filio Tito, quod etiam urinae vectigal commentus esset, pecuni­ am ex prima pensione admovit ad nares, sciscitans num odore offenderetur; et illo ­negante: ‚atquin‘, inquit, ‚e lotio est.‘“ In der Übersetzung von Hans Martinet (ibid.): „Als ihm einmal sein Sohn Titus vorhielt, daß er auch noch eine Pissoir-Steuer plane, hielt er ihm das Geld aus der ersten Zahlung unter die Nase und wollte wissen, ob er am Geruch Anstoß nehme. Als jener das verneinte, sagte er: ‚Und doch kommt es vom Urin.‘“. Verschiedentlich wird diese Anekdote mit der Ausschmückung versehen, Vespa­ sian habe die Einnahmen aus der Latrinensteuer im Tiber reinigen lassen, um Titus zu täuschen. Dies ist weder quellengerecht noch einleuchtend, schließlich ­wurde die Latrinenabgabe nicht in die Latrine geworfen. So zu finden aber z. B. bei Kern, Geldwäsche und organisierte Kriminalität, 1993, S. 1; Bongard, Wirt­ schaftsfaktor Geldwäsche, 2001, S. 9 (der erstaunlicherweise sogar die Original­ quelle zitiert). 1126 So hat die Rspr. z. B. bei der Veruntreuung von Fremdgeldern für private Zwecke steuerbare Einkünfte verneint: Es handele sich weder um Einkünfte aus selbstän­ diger Tätigkeit (BFH, Urt. v. 16.12.2014 – VIII R 19/12, juris, Rn. 28; Beschl. v. 17.10.2012 – VIII S 16/125 [AdV-Beschluss]: fehlende betriebliche Veranlas­ sung; dasselbe dürfte auch für gewerbliche Einkünfte gelten), noch um Arbeits­ lohn (BFH, Urt. v. 13.11.2012 – VI R 38/11, juris, Rn. 15), noch um sonstige Ein­ künfte (BGH, Beschl. v. 20.02.1990 – 3 StR 10/90, juris, Rn. 4: keine Leistung i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG). Zu unberechtigten Entnahmen durch einen ungetreuen Gesellschafter siehe BFH, Urt. v. 14.12.2000 – IV R 16/00, juris, Rn. 31. Über­

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betrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), sofern die Tätigkeit auf Dauer angelegt ist, sowie sonstige Ein­ künfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 i. V. m. § 22 Nr. 3 EStG), wenn der Täter nur gelegentlich tätig wird.1127 Eine Sonderregelung, die sämt­ liche Einkünfte aus einer illegalen oder auch nur unbekannten Quelle einer Einkunftsart unabhängig davon zuordnet, ob die Tatbestandsmerk­ male des Steuertatbestandes im Übrigen erfüllt sind (Qualifikations­ fiktion), kennt das deutsche Steuerrecht – anders als z. B. das griechi­ sche1128 – nicht. Maßstab des Steuerzugriffs ist grundsätzlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Insbesondere unterliegen Einkünfte aus illegaler Quelle keinem höheren Sondertarif und Aufwendungen, die durch die verbotene Tätigkeit veranlasst sind, können als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten geltend gemacht werden. Zu beachten sind jedoch Abzugsverbote wie z. B. § 4 Abs. 5 Nr. 8

sichtlich zu steuerlichen Fragen bei der Untreue Madauß, NZWiSt 2015, 341– 344. Bemerkenswert ist die Rechtslage in Italien: Zwar regelt Art. 14 Abs. 4 legge del 24.12.1993 (n. 537) ähnlich wie § 40 AO, dass der Umstand, dass die Einkünfte unter Verstoß gegen zivil-, verwaltungs- oder strafrechtliche Vorschriften erzielt wurden, für die Besteuerung unerheblich ist, dies aber nur, wenn sich die Ein­ künfte einer der sechs Einkunftsarten nach Art. 6 Abs. 1 des italienischen Ein­ kommensteuergesetzes (Testo unico delle imposte sui redditi – TUIR) zuordnen lassen. Allerdings bestimmt Art. 34bis des decreto-legge del 04.06.2006 (n. 223), GU serie generale n. 153 del 04.06.2006, 4, der durch legge del 04.08.2006 (n. 248), GU serie generale n. 186 del 11.08.2006, 5 eingefügt wurde, dass alle in Art. 14(4) legge del 24.12.1993 (n. 537) genannten Einkünfte, die sich keiner der sechs Einkunftsarten zuordnen lassen, als sonstige Einkünfte [redditi diversi] i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Nr. 6 TUIR gelten. Für Hilfestellung beim italienischen Recht dankt der Verf. Frau Dr. Isabella Zimmerl und Frau Brigitte Keppeler. 1127 Zu beachten ist allerdings, dass der BFH wie auch schon der RFH durchaus auch bei nachhaltiger Tätigkeit nicht gewerbliche, sondern sonstige Einkünfte i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG angenommen hat, namentlich im Fall der „gewerbsmäßigen ­Unzucht“ (Prostitution); diese stelle, so die eher dürre Begründung, „das Zerrbild eines Gewerbes“ dar – BFH GrS, Urt. v. 23.06.1964 – GrS 1/64 S, BFHE 80, 73; nachgehend BFH, Urt. v. 17.04.1970 – VI R 164/68, BFHE 99, 200; so schon RFH, Urt. v. 04.03.1931 – VI A 16/31, RStBl. 1931, 528. Diese Rspr. wurde zwar bereits durch BFH, Urt. v. 23.02.2000 – X R 142/95, BFHE 191, 498 im Hinblick auf Tele­ fonsex eingeschränkt, aber erst durch BFH GrS, Urt. v. 20.02.2013 – GrS 1/12, BFHE 140, 282 aufgegeben; zur Begründung siehe BFH, Vorlagebeschl. v. 14.03.2012 – III R 30/10, BFHE 237, 421, in dem vor allem auf den rechtlichen und gesellschaftlichen Anschauungswandel abgestellt wird. 1128 Nach Art. 21 Abs. 4 des griechischen Einkommensteuergesetzes (Nr. 4172/2013) werden alle Einkünfte, die aus einer rechtswidrigen oder ungerechtfertigten oder unbekannten Quelle stammen, als Gewinne aus Geschäftstätigkeit betrachtet. Art. 29 Abs. 4 des griechischen Einkommensteuergesetzes unterwirft sie einem pauschalen Steuersatz von 33 % (das entspricht in etwa dem Durchschnittssteu­ ersatz auf ein zu versteuerndes Einkommen i. H. v. 58.000 €). Für Hilfestellung beim griechischen Recht dankt der Verf. Herrn Savvas Kostikkidis.

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(Geldbußen), Nr. 10 (Bestechungsgelder)1129 oder § 12 Nr. 4 EStG (Geld­ strafen u. ä.). Somit können z. B. Einnahmen aus dem Verkauf von Drogen als Einkünf­ te aus Gewerbebetrieb der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer unterliegen.1130 Der Gewinn wird dabei regelmäßig nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschuss-Rechnung zu ermitteln sein.1131 Schätzt das Finanzamt gem. § 162 AO, so soll dies nach Auffassung des BFH grundsätzlich auf Grundlage eines Betriebsvermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 EStG) geschehen.1132 Abzugsfähig sind dabei nicht nur die Anschaffungs- und Herstellungskosten der gehandelten Drogen, sondern auch allgemeine Betriebskosten (z. B. Telefonkosten, Reisekosten usw.) und die Kosten für die Strafverteidigung, soweit sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist.1133 Auch Aufwendungen im Zusammenhang mit Einziehungsanordnungen (früher: Einziehung und Verfall) können in Abzug gebracht werden, so­ fern die Anordnung keinen überwiegenden Strafcharakter aufweist; tut

1129 Das Abzugsverbot für Bestechungsgelder erstreckt sich auch auf „damit zusam­ menhängende Aufwendungen“; das umfasst nach BFH, Urt. v. 14.05.2014 – X R 23/12, BFHE 245, 536 auch die Kosten eines wegen der Zahlung der Bestechungs­ gelder eingeleiteten Strafverfahrens und Aufwendungen durch eine strafrechtli­ che Verfallsanordnung. 1130 Auf den ersten Blick mag man bezweifeln, ob der notwendig im Verborgenen stattfindende Drogenhandel eine „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ (zur Definition des Gewerbebetriebs siehe z. B. Blümich/Bode, § 15 EStG Rn. 18–60, speziell zum hier interessierenden Merkmal Rn. 51–55) dar­ stellt, was das Anbieten von Gütern oder Leistungen gegen Entgelt in einer für Dritte äußerlich erkennbaren Art und Weise erfordert. Speziell der Drogenhan­ del ist ein eher heimliches Geschäft. Beim Merkmal der äußerlichen Erkennbar­ keit geht es jedoch darum, ob der Wille des Steuerpflichtigen, ein Gewerbe zu betreiben, äußerlich erkennbar ist; das „ist schon dann gegeben, wenn ein Steu­ erpflichtiger mit Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig am Leistungs- oder Güter­ austausch teilnimmt. […] Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichti­ ge seine Leistungen oder Waren einer Mehrzahl von Interessenten anbietet bzw. Angebote derselben annimmt.“ (BFH, Urt. v. 09.07.1986 – I R 85/83, BFHE 147, 245 (246)). Nicht infrage gestellt wurde diese Einordnung der Einkünfte auch in FG Hessen, Urt. v. 23.04.1990 – 10 K 5057/88, juris; für eine Einordnung als Ein­ künfte aus Gewerbebetrieb auch Meyer/Hetzer, Kriminalistik 1997, 31 (35). 1131 Trinks, NStZ 2016, 263 (265). Ob ein Gewerbe i. S. v. § 1 Abs. 1 HGB vorliegt, wenn die ausgeübte Tätigkeit gesetz- oder sittenwidrig ist, ist umstritten (zum Streitstand siehe z. B. BeckOK HGB/Schwartze, § 1 HGB Rn. 22). Nur, wenn man diese Frage bejaht, besteht eine handelsrechtliche Buchführungspflicht (§ 238 Abs. 1 Satz 1 HGB), die über § 140 AO auch für das Steuerrecht gilt; in diesen Fällen scheidet die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-­ Rechnung aus (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG) und der Gewinn ist nach Maßgabe der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG zu ermitteln. 1132 Vgl. BFH, Urt. v. 06.04.2000 – IV R 31/99, DStR 2000, 843 (844). 1133 Klein/Ratschow, § 40 AO Rn. 9.

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sie es doch, scheitert der Abzug an § 12 Nr. 4 EStG.1134 Ein überwiegender Strafcharakter wurde bei der Einziehung nach altem Recht (§§ 74 ff. StGB a. F.), die nur die Tatmittel (instrumenta sceleris) und das durch die Tat Hervorgebrachte (producta sceleris), nicht aber die bloßen Früchte des Verbrechens (scelere quaesita) erfasste, bejaht.1135 Letztere unterlagen nach altem Recht nur dem Verfall (§§ 73 ff. StGB a. F.), der nach h. M. eine quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme ohne Strafcharakter darstell­ te.1136 Deshalb war § 12 Nr. 4 EStG nach h. M. nicht einschlägig, und zwar auch nicht ab 1992, als beim Verfall vom Netto- auf das Brutto-Prin­ zip umgestellt wurde.1137 Ob sich dies für die seit 2017 geltende Rechtsla­ ge halten lässt, darf bezweifelt werden.1138 Wird der Taterlös jedoch durch eine Einziehungsanordnung bereits vollständig abgeschöpft, darf er nicht erneut der Besteuerung unterworfen werden.1139 Um eine Doppelbelas­ tung zu vermeiden, gibt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bzw. den Gerichten zwei Möglichkeiten: Entweder, bei der Bemessung des abzuschöpfenden Betrages wird bereits die steuerliche Belastung be­ rücksichtigt (strafrechtliche Lösung), oder der abgeschöpfte Betrag wird von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen (steuerrechtliche Lösung).1140 Sofern ein steuerliches Abzugsverbot gilt (z. B. § 12 Nr. 4 1134 Ausführlich zu diesem Problemkreis Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, 2010. 1135 EStR (2012) R 12.3 (zu § 12). 1136 Siehe z. B. BeckOK StGB/Heuchemer, § 73 StGB Rn. 1; NK-StGB/Saliger, Vor­ bem. zu §§ 73 ff. Rn. 5. 1137 EStR (2012) R 12.3 (zu § 12); für die Zeit bis 1992 (Netto-Prinzip) siehe BFH, Urt. v. 06.04.2000 – IV R 31/99, DStR 2000, 843. Für die Zeiträume von 1992 bis 2017 (Brutto-Prinzip) siehe BFH, Urt. 14.05.2014 – X R 23/12, DStRE 2014, 1156 (1163); siehe auch BVerfG, Beschl. v. 14.01.2004 – 2 BvR 564/94, BVerfGE 110, 1 (20–22). In der Lit. hingegen wird überwiegend vom Strafcharakter des Verfalls ausgegangen, siehe nur die Nachw. zum Streitstand bei NK-StGB/Saliger, Vor­ bem. zu §§ 73 ff. Rn. 5; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, Vorbemerkungen zu §§ 73 ff. StGB Rn. 12–23. 1138 Siehe nur Schönke/Schröder/Eser/Schuster, Vorbemerkungen zu §§ 73 ff. StGB Rn. 18; BeckOK StGB/Heuchemer, § 73 StGB Rn. 1; Schäuble/Pananis, NStZ 2019, 65 (66–67) mit zahlreichen weiteren Nachw. in Fn. 14. 1139 So im Hinblick auf Geldbußen, die auch der Abschöpfung des Taterlöses dienen sollen BVerfG, Beschl. v. 23.01.1990 – 1 BvL 4/87 u.a., BVerfGE 81, 228 (238): „Mit dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftli­ chen Leistungsfähigkeit ist weder eine Regelung vereinbar, die dem Täter seinen Gewinn sowohl unter ordnungswidrigkeitsrechtlichen als auch unter steuer­ rechtlichen Gesichtspunkten voll beläßt, noch eine Regelung, welche die voll­ ständige Abschöpfung nach ordnungswidrigkeitsrechtlichen Grundsätzen mit einer zusätzlichen steuerrechtlichen Belastung verbindet.“ (Rn. 32) 1140 BVerfG, Beschl. v. 23.01.1990 – 1 BvL 4/87 u.a., BVerfGE 81, 228 (238–239). Keine der Lösungen ist jedoch perfekt: Während der Strafrichter bei der strafrechtlichen Lösung mitunter komplexe steuerlichen Berechnungen durchführen muss und es zu Überkompensationen kommen kann (jedenfalls dann, wenn der Verfallsbetrag unbeschränkt als Betriebsausgabe abgezogen werden kann), können die unter­ schiedlichen Berechnungsmethoden im Strafrecht (Bruttoprinzip und Erfassung

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EStG), ist für die steuerrechtliche Lösung nur dann Raum, wenn das Strafgericht die Ertragsteuerbelastung nicht berücksichtigt hat.1141 Im Übrigen wurde bis zur Reform der Vermögensabschöpfung darauf abge­ stellt, ob eine bestandskräftige Steuerfestsetzung bereits erfolgt und eine Berücksichtigung der Abschöpfungsmaßnahme in demselben Veranla­ gungszeitraum noch möglich war;1142 falls dies nicht der Fall war, wähl­ ten die Gerichte die steuerrechtliche Lösung, falls doch die strafrecht­ liche.1143 Ob der Gesetzgeber sich mit der Neufassung des § 73d Abs. 1 StGB nun generell für die steuerrechtliche Lösung entschieden hat, ist noch nicht ganz klar.1144 Im Bereich der Umsatzsteuer hat der EuGH den Grundsatz der steuerli­ chen Neutralität entwickelt, der zur Gleichbehandlung miteinander im Wettbewerb stehender Anbieter von Waren und Dienstleistungen ver­ pflichtet.1145 Daran anknüpfend hat der EuGH entschieden, dass auch un­ erlaubte Tätigkeiten der Umsatzsteuer unterliegen, soweit legaler und illegaler Wirtschaftssektor miteinander im Wettbewerb stehen (z. B. im Bereich des Glücksspiels).1146 Folgerichtig unterliegen die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen, für die es keinen lega­ len Markt gibt (z. B. Drogen, Falschgeld), nicht der Umsatzsteuer.1147 2. Offenbarungspflichten Sowohl im Strafverfahren (mit Ausnahme der Privatklage, § 374 StPO) als auch im Besteuerungsverfahren (§ 88 AO) gilt der Amtsermittlungs­ grundsatz. Während der Beschuldigte im Strafverfahren jedoch nicht zur Sache aussagen muss (vgl. §§ 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 3 und 4 StPO), mittelbarer Vorteile) und im Steuerrecht (objektives Nettoprinzip) ebenfalls zur Überkompensation führen; dazu und zu Lösungsvorschlägen siehe Maciejewski/ Schumacher, DStR 2016, 2553 (2556–2557); Maciejewski/Schumacher, DStR 2017, 2021 (2022). Für die strafrechtliche Lösung z. B. BGH, Urt. v. 20.02.1981 – 2 StR 644/80, juris, Rn. 43, für die steuerrechtliche Lösung hingegen BGH, Urt. v. 10.04.1980 – 3 StR 236/80, juris, Rn. 14; Urt. v. 18.12.1981 – 2 StR 121/81, juris, Rn. 7 ff. 1141 BFH, Urt. v. 14.05.2014 – X R 23/12, DStRE 2014, 1156 (1164): „Ob diese Rechts­ folge rechtsmethodisch auf eine analoge Anwendung des § 4 Abs  5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG oder aber eine teleologische Reduktion des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 1 EStG zu stützen ist, kann im Streitfall offenbleiben […].“ 1142 Zur Möglichkeit der Bildung einer Rückstellung bei drohendem Verfall BFH, Urt. v. 06.04.2000 – IV R 31/99, DStRE 2000, 843–848. 1143 BGH, Urt. v. 21.03.2002 – 5 StR 138/01, NJW 2002, 2257 (2258–2259). 1144 Vgl. Maciejewski/Schumacher, DStR 2017, 2021–2025. 1145 Ausführlich und rechtsvergleichend zur umsatzsteuerlichen Behandlung ver­ botener Tätigkeiten Antón, Taxation of illegal activities – Part 2: The case of consumption taxes, IFA Research Paper 2014/2015. 1146 EuGH, Urt. v. 11.06.1998 – Rs. C-283/95, juris, Rn. 21. 1147 EuGH, Urt. v. 02.08.1993 – Rs. C-111/92, juris, Rn. 11–12 m. w. N.

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treffen ihn im Besteuerungsverfahren Mitwirkungspflichten (§§ 90, 93 ff., 200 AO), die erforderlichenfalls auch mithilfe von Zwangsmitteln (§§ 328 ff. AO) durchgesetzt werden können und deren Verletzung straf­ rechtlich geahndet werden kann (§ 370 AO). Kommt der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, kann das Finanzamt die Be­ steuerungsgrundlagen nach Maßgabe des § 162 AO schätzen, wobei mit der Schätzung kein Sanktionszweck verfolgt werden darf.1148 Wegen § 40 AO kann sich die Mitwirkungspflicht auch auf Tatsachen beziehen, die auf die Begehung einer (nicht-steuerlichen) Straftat durch den Steuer­ pflichtigen hindeuten. Um den Steuerpflichtigen zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten zu bewegen, unterliegen seine Angaben dem Steu­ ergeheimnis (§ 30 AO). Zur Mitwirkung verpflichtet ist der Steuerpflich­ tige auch dann, wenn er sich dadurch der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Steuerstraftat verfolgt zu werden; das (Steuer-)Strafverfahren und das Besteuerungsverfahren stehen gleichberechtigt nebeneinander (§ 393 Abs. 1 AO). In diesem Sinne können auch die Finanzbehörden an der Schnittstelle zwischen Legalität und Illegalität liegen, ähnlich den Ban­ ken, auf die man zu Beginn der Geldwäschebekämpfung mit eben diesem Argument den Blick richtete.

II. Datenübermittlung an die Strafverfolgungsbehörden Der Straftäter unterliegt damit in steuerlicher Hinsicht grundsätzlich denselben Pflichten wie der rechtstreue Bürger. Der Gedanke, die vom Steuerpflichtigen offenbarten oder von den Finanzbehörden ermittelten Daten, die Aufschluss über mögliche Straftaten des Steuerpflichtigen ge­ ben können, zum Zwecke der Strafverfolgung zu nutzen, liegt nicht fern. Dem steht zum Schutz des Steuerpflichtigen vor dem Zwang zur Selbst­ belastung das Steuergeheimnis (§ 30 AO) entgegen – doch dieser Schutz ist nicht ohne Lücken. Nichtsdestoweniger sind Gesetzgeber und Verwaltung unmittelbar den Grundrechten unterworfen, die einen Zwang zur Selbstbelastung verbie­ ten.1149 Zwischen dieser Verbürgung einerseits und den Mitwirkungs­ pflichten der AO besteht ein Spannungsfeld, das einfachgesetzlich vor allem durch §§ 30, 393 AO aufgelöst wird. Einen Ausschnitt aus den Fragen, die die Mitwirkungspflicht mit Blick auf den nemo-tenetur-­ Grundsatz aufwirft, adressiert § 393 Abs. 1 Satz 2 AO, indem er den Ein­ satz von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren (und damit die Gefahr der Umgehung des über § 393 Abs. 1 Satz 1 AO auch im Steuerstrafverfahren anzuwendenden 1148 Hübschmann/Hepp/Spitaler/Hellmann, § 393 AO Rn. 76. 1149 Zur verfassungsrechtlichen Herleitung siehe Böse, GA 2002, 98–128.

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§ 136 StPO durch die „doppelfunktionale“ Steuerfahndung) verbietet. Durch diese Konstruktion bleibt es im Besteuerungsverfahren möglich, an das Schweigen des einer Straftat beschuldigten Steuerpflichtigen nachteilige Folgen zu knüpfen.1150 Besteht nicht der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat und wird deshalb kein Steuerstrafverfahren eingeleitet, so können durch das Steuerge­ heimnis geschützte Daten gegenüber den Strafverfolgungsbehörden nur in engen Grenzen offenbart werden: Wenn der Steuerpflichtige zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) – was bei Straftätern praktisch nicht vorkommen dürfte –, wenn die Offenbarung der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer nicht-steuerlichen Straftat dient und der Steuerpflichtige hinsichtlich der Daten entweder keiner steuerlichen Mitwirkungspflicht unterlag oder auf sein Auskunftsverweigerungsrecht verzichtet hat (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. b AO) oder wenn die Offenbarung der Verfolgung einer Straftat dient, für deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches In­ teresse besteht (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a und b AO). Ist hingegen ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden, dann deckt § 30 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b AO die Offenlegung von Daten, die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens erlangt worden sind, gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten. Allerdings ver­ bietet es § 393 Abs. 2 Satz 1 AO diesen, Tatsachen und Beweismittel aus Steuerakten in Ermittlungsverfahren wegen nicht-steuerlicher Straftaten zu verwenden, sofern der Steuerpflichtige diese nicht in dem Wissen of­ fenbart hat, dass das Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist.1151 Es handelt sich um ein umfassendes Beweisverwendungsverbot, d. h. die Tatsachen und Beweismittel dürfen auch nicht als Spurenansatz verwen­ det werden.1152 Ob das Beweisverbot jedoch auch Fernwirkung entfalten kann,1153 ist umstritten.1154 Verneint man eine Fernwirkung, dann sind nur die unmittelbar unter Verstoß gegen § 393 Abs. 2 Satz 1 AO erlang­ 1150 So Klein/Jäger, § 393 AO Rn. 1; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Hellmann, § 393 AO Rn. 76. A.A. Streck/Spatscheck, wistra 1998, 339–342 für Schätzungen. 1151 Eine andere Frage ist, ob § 393 Abs. 2 Satz 1 AO nur gilt, wenn die Tatschen den Strafverfolgungsbehörden im Rahmen eines Strafverfahrens wegen einer Steuer­ straftat bekannt geworden sind, oder ob das Verwendungsverbot unabhängig da­ von besteht, auf welche Art und Weise die Strafverfolgungsbehörden Kenntnis erlangt haben; zum Streitstand und für letztere Ansicht Rütters, wistra 2014, 378 (382). 1152 BGH, Urt. v. 05.05.2004 – 5 StR 548/03, NJW 2005, 2720; LG Göttingen, Vorlage­ beschl. v. 11.12.2007 – 8 KLs 1/07, juris; Rogall, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 465 (478 ff.); Klein/Jäger, § 393 AO Rn. 45; Kohlmann/Hilgers-Klautzsch, § 393 Rn. 185. 1153 „Kann“, weil die Frage der Fernwirkung nach h. M. grundsätlich nur im Einzel­ fall beantwortet werden kann, MüKo StPO/Pflaum, § 393 AO Rn. 62. 1154 Bejahend Klein/Jäger, § 393 AO Rn. 51; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/Senge § 393 AO Rn 9; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Hellmann § 393 AO Rn 178; LG Göttin­

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ten Beweismittel im Strengbeweisverfahren unverwertbar; waren sie hingegen (alleiniger) Auslöser eines rechtlich im Übrigen nicht zu bean­ standenden Ermittlungsverfahrens, bleiben dessen Ergebnisse verwert­ bar. Darüber hinaus regelt § 393 Abs. 2 Satz 2 AO eine Ausnahme von dem Beweisverwendungsverbot, wenn eine Straftat i. S. v. § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a und b AO im Raum steht, an deren Verfolgung ein zwin­ gendes öffentliches Interesse besteht. Damit ist der Steuerpflichtige, der in Erfüllung steuerlicher Pflichten schwere Straftaten gegenüber dem ­Finanzamt offenlegt – zugegeben ein eher theoretischer Fall1155 –, nicht davor geschützt, dass diese Angaben in einem Strafverfahren wegen die­ ser Taten als Beweis zu seinen Ungunsten verwertet werden. Dies wird teilweise für verfassungswidrig gehalten.1156 Soweit die Daten überhaupt erst im Rahmen eines Steuerstraf- oder Steu­ erordnungswidrigkeitenverfahrens erlangt worden sind, gestattet § 30 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a AO die Offenlegung auch zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer nicht-steuerlichen Straftat, allerdings nur, wenn der Steuerpflichtige Kenntnis davon hatte, dass ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden war.

III. Datenübermittlung zum Zwecke der Verhütung und ­Verfolgung von Straftaten Die Datenbestände der Finanzbehörde können somit in gewissem Um­ fang den Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht werden. Gleich­ wohl bleibt das Steuergeheimnis in vielen Fällen ein Hindernis. In eine ganz andere Richtung geht es, die Finanzbehörden unmittelbar in die Verhütung und Verfolgung nicht-steuerlicher Straftaten einzubeziehen. Das ist auf zwei Arten denkbar: Zum einen kann das Steuerstrafrecht zum Einsatz kommen, wo der Nachweis nicht-steuerlicher Straftaten nicht geführt werden kann. Zum anderen kann das Steuerrecht, dessen wesentlicher Zweck die Abschöpfung von Vermögenszuwächsen ist, grundsätzlich auch zum Einsatz kommen, wo die strafrechtliche Vermö­ gensabschöpfung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen scheitert. Beide Ansätze wurden in Deutschland erst in den 1990er Jahren ernsthaft diskutiert, haben jedoch Vorbilder in der amerikanischen Rechtsge­ schichte:

gen, Vorlagebeschl. v. 11.12.2007 – 8 KLs 1/07, juris. Offen gelassen in BVerfG, Beschl. v. 27.04.2010 – 2 BvL 13/07, juris, Rn. 51–56. 1155 Klein/Jäger, § 393 AO Rn. 58. 1156 Klein/Häger, § 393 AO Rn. 57–58.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Al Capone soll behauptet haben: „They can’t collect legal taxes from ­illegal income.“1157 Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten (­Supreme Court of the United States) belehrte ihn 1927 freilich eines Besseren, als er in der Rechtssache US v. Sullivan entschied: „Wee see no […] reason why the fact that a business is unlawful should exempt it from paying the taxes that if lawful it would have to pay. […] It would be an extreme if not extravagant application of the Fifth Amendment to say that it authorized a man to refuse to state the amount of his income because it had been made in crime.“1158

1931 verurteilte ihn das zuständige Bundesbezirksgericht nicht wegen der ihm nachgesagten Verstöße gegen den Volstead Act – das Prohibiti­ onsgesetz – und Gewaltdelikte, sondern wegen Steuerhinterziehung.1159 Der Einsatz des Steuerrechts als Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung wird in Anlehnung daran bis heute als „Al-Capone-Prinzip“ bezeich­ net.1160 Das Steuerstrafrecht fungiert dabei als eine Art materiell-rechtli­ che Brücke für strafprozessuale Beweisschwierigkeiten, mithin als „Re­ servestrafrecht“. Das unterstreicht die von Arzt1161 gezogene Parallele zum Geldwäscherecht, das später einem ähnlichen Zweck dienen soll­ te.1162 Einen ganz anderen Schwerpunkt setzt der vermögensbezogene Ansatz der Verbrechensbekämpfung. Dabei tritt die Bestrafung einzelner in den Hintergrund, die Entziehung illegal erlangten Vermögens in den Vorder­ grund. Die Idee war, den mutmaßlichen Tätern den mutmaßlichen Ta­ terlös soweit wie möglich zu nehmen, wenn man sie der Taten nicht überführen konnte. Kriminalität, so die Losung, darf sich nicht lohnen. Besonders populär wurde dieser Ansatz mit Aufkommen der sog. organi­ sierten Kriminalität. Zeitlich sogar noch vor der Entstehung des moder­ nen Rechts der Einziehung von Taterlösen in den USA wurde dabei die Idee geboren, das bei der (teilweisen) Abschöpfung legaler Gewinne be­ währte Steuerrecht auch zur Abschöpfung illegaler Gewinne einzuset­ zen. So forderte 1951 das Kefauver Committee, der erste Senatsaus­ schuss, der sich des organized crime-Problems annahm:

1157 Philipps Erb, Despite Guns, Booze And Bribes, Capone Sentenced On This Day In 1931 For Tax Evasion, Forbes v. 17.10.2017. 1158 United States v. Sullivan, 274 U.S. 259 (1927), S. 263 per Justice Holmes. Zur weiteren, durchaus verworrenen Rechtsentwicklung siehe Bittker, Case Western Reserve Law Review 1974-1975, 130 (131–137). 1159 Vgl. die Berufungsentscheidung Capone v. United States, 51 F.2d 609 (7th Cir. 1931). Siehe auch Sondern, Brotherhood of Evil, 1959, S. 79–81. 1160 So z. B. von Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006. 1161 Arzt, ZStR 1989, 160 (166). 1162 Siehe dazu Kapitel 2 A. IV (Ziff. 3) und Kapitel 1 B. II. 4 (Ziff. 4. ).

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B.  Entwicklungen in Deutschland „[G]angsters, racketeers, gamblers, and other persons engaged in illegitimate enter­ prises shall be compelled to turn over as much of their ill-gotten gains as possible to the Government in the form of income taxes.“1163

Dieser Gedanke wurde von Baker aufgegriffen, der vorschlug, Einkünfte aus verbotenen Tätigkeiten einer konfiskatorischen Brutto-Besteuerung zu unterwerfen.1164 Anders als bei der Besteuerung legaler Tätigkeit, die primär der staatlichen Einnahmenerzielung dient, soll die Besteuerung dabei primär Lenkungseffekte entfalten. Bakers Ansatz wurde zunächst kaum beachtet. Es sollte bis Ende der 1960er Jahre dauern, bis das Steu­ errecht erstmals systematisch als Instrument zur Abschöpfung von Tat­ erlösen eingesetzt wurde. Dies fällt zeitlich in etwa mit dem Aufkom­ men der strafrechtlichen und der verwaltungsrechtlichen Einziehung (criminal forfeiture und civil forfeiture) zusammen. Besonders hervorzu­ heben ist hierbei das 1971 im Zuge des „War on Drug Abuse“ auf Veran­ lassung von Präsident Nixon1165 vom Internal Revenue Service (IRS) auf­ gesetzte Narcotics Traffickers Tax Program (NTTP). Dabei wurden gezielt Personen für Steuerprüfungen ausgewählt, deren Verstrickung in den Drogenhandel zwar vermutet wurde, aber nicht bewiesen wer­ den konnte. In einer Anhörung vor dem Repräsentantenhaus beschrieb der frühere Staatssekretär (Assistant Secretary) im Department of the Treasury, Eugene T. Rossides, den Ansatz des NTTP wie folgt: „It was our position that the illegal profits must be taxed and should be attacked either by civil enforcement or criminal enforcement. If a criminal case could be made, fine. If not, then the decision should be made as soon as possible and appro­ priate civil action pursued vigorously. […] In the past too often the Government would only be after a criminal case. But if you hurt them in the pocketbook, you have hurt organized crime and you have hurt the drug trafficker at all levels.“1166

1163 U.S. Senate Special Committee to Investigate Organized Crime in Interstate Commerce, The Kefauver Committee Report on Organized Crime, 1951, S. 182. 1164 Baker, Chi.-Kent L. Rev. 1951, 197–227; Baker, Wash. U. L. Q. 1953, 121– 149. Dass ein Steuertatbestand, der den Nachweis voraussetzt, dass Einkünfte aus illegaler Quelle stammen, praktisch kaum vollziehbar ist, bemerkt zu Recht kritisch Johnson, J. Crim. L. Criminology & Police Sc. 54 (1963), 1 (25–26). 1165 Vgl. das Memorandum zur Umsetzung der Nixon-Strategie v. 07.07.1971: „dis­ rupt the narcotics distribution system by employing the tool of intensive tax in­ vestigation of these key figures (middle and upper echelon traffickers). By uti­ lizing tax laws, both civil and criminal, our objective is to drastically reduce the profits of this criminal activity by attacking the illegal revenue of the narcotics trade.” Zitiert nach U.S. House of Representatives, Oversight Hearings Into The Operation Of The IRS (Operation Tradewinds, Project Haven, and Narcotics Traffickers Tax Program), 1976, S. 578. 1166 U.S. House of Representatives, Oversight Hearings Into The Operation Of The IRS (Operation Tradewinds, Project Haven, and Narcotics Traffickers Tax Pro­ gram), 1976, S. 263.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Auch wenn das NTTP nur wenige Jahre existierte und der IRS sich in den 1970er Jahren aus dem Bereich der Strafverfolgung eher zurück­ zog,1167 war damit einer der Grundsteine der in den 1980er Jahren ergrif­ fenen Maßnahmen gegen den Drogenhandel und die organisierte Krimi­ nalität gelegt: die ökonomische Verbrechensbekämpfung, die inzwischen neben Prävention und Repression zu einer eigenen Säule der Kriminali­ tätsbekämpfung geworden ist. 1. Der „Al Capone“-Ansatz im engeren Sinne Damit die Finanzbehörden – in ihrer Funktion als Ermittlungsbehörden (§§ 399, 386 Abs. 2 AO) – auf die eben beschriebene Art und Weise in die Verhütung und Verfolgung von Straftaten eingebunden werden können, müssen die Strafverfolgungsbehörden Daten aus Strafverfahren an sie übermitteln können. Gegen die Verwertung eines im Strafverfahren er­ mittelten Sachverhalts im Besteuerungsverfahren bestehen keine grund­ sätzlichen Bedenken.1168 §§ 474 Abs. 1, 477 Abs. 1 StPO lassen die Übermittlung (auf Anfrage oder von Amts wegen) von Daten aus Strafverfahren in diesen Fällen grund­ sätzlich zu.1169 Auch das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen: Zwar unterliegen ihm grundsätzlich alle Amtsträger, also insbesonde­ re auch die Beamten der Staatsanwaltschaft und Richter, aber nur im Hinblick auf personenbezogene Daten oder Betriebs- oder Geschäftsge­ heimnisse, die ihnen im Rahmen eines der in § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO ge­ nannten Verfahren (insb. eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens in Steuersachen oder eines Steuerstraf- bzw. Steuerordnungswidrigkeiten­ verfahrens) bekannt geworden sind. Der Anwendungsbereich des Steuer­ geheimnisses ist somit im Hinblick auf Amtsträger außerhalb der Fi­ nanzverwaltung und -gerichtsbarkeit eher klein. Die praktische Herausforderung besteht darin, dass die Finanzbehörden von Mitarbeitern anderer staatlicher Stellen auch tatsächlich informiert 1167 Dafür gibt es mehrere Ursachen: Zum einen lehnte es der IRS Commissioner von 1973–1977, Donald Alexander, offen ab, mithilfe des IRS Lücken bei der Straf­ verfolgung zu schließen, siehe dazu etwa die Anhörung von Commissioner ­Alexander, abgedruckt in: U.S. House of Representatives, Oversight Hearings Into The Operation Of The IRS (Operation Tradewinds, Project Haven, and Nar­ cotics Traffickers Tax Program), 1976, 2 ff.; siehe auch Block, in: McCoy/Block (Hrsg.), War on Drugs, 1992, S. 39 (45–54). Zum anderen wurde das Steuerge­ heimnis durch den Tax Reform Act of 1976 (Pub. L. 94-455, 90 Stat. 1520) so verstärkt, dass die Steuerbehörden fortan praktisch keine Informationen mehr an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben konnten. Dazu und zu den politischen Hintergründen siehe Benedict/Lupert, Cornell L. Rev. 64 (1979), 940 (950–985). 1168 Tipke/Kruse/Seer, § 88 AO Rn. 34. 1169 Soweit die Finanzbehörden das Ermittlungsverfahren selbständig durchführen, sind sie als Justizbehörden i. S. v. § 474 Abs. 1 StPO anzusehen, siehe BeckOK StPO/Wittig, § 474 StPO Rn. 5.1; MüKo StPO/Singelnstein, § 474 StPO Rn. 9.

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B.  Entwicklungen in Deutschland

werden. Um dies sicherzustellen, enthalten die Steuergesetze an ver­ schiedenen Stellen nicht nur Ermächtigungen, sondern auch Pflichten zur Datenübermittlung. Im Hinblick auf die Datenübermittlung durch die Strafverfolgungsbehörden an die Finanzbehörden enthalten die Steu­ ergesetze teilweise spezielle Vorschriften mit beschränktem Anwen­ dungsbereich, z. B. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 2 EStG (für den Verdacht eines Korruptionsdelikts) oder § 6 Abs. 1 SchwarzArbG1170. Eine allge­ meine Anzeigepflicht statuiert seit 1977 § 116 Abs. 1 AO;1171 dessen Vor­ läufer war § 189 Satz 1 RAO.1172 In ihrer ursprünglichen Fassung ver­ pflichtete die Vorschrift alle Gerichte und Behörden von Bund, Ländern und Kommunen, Tatsachen, die sie dienstlich erfahren haben und die den Verdacht einer Steuerstraftat begründen, dem Finanzamt mitzutei­ len. Damit war und ist auch in Deutschland eine Umsetzung des „Al Capone“-­Modells durchaus denkbar.1173 Gleichwohl hat das Steuerstrafrecht in Deutschland nicht einmal ansatz­ weise die Bedeutung für die Bekämpfung nicht-steuerlicher Kriminalität erlangt wie in den USA. § 116 AO war und ist in der Praxis weitgehend bedeutungslos. 2003 bemerkte der Bundesrechnungshof, dass Straftaten im Bereich der Prostitution zwar verfolgt würden, Anklagen wegen Steu­ erdelikten und auch die Besteuerung jedoch in der Regel unterblieben.1174 1170 Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung v. 23.07.2004, BGBl. I 2004, 1812, zuletzt geändert durch Art. 49 des G. v. 15.08.2019, BGBl. I 2019, 1307. 1171 Das ist kein deutsches Unikum, siehe z. B. der allerdings enger gefasste Art. 14(4) legge del 24.12.1993 (n. 537), dem durch Art. 1(141) legge del 28.12.2015 (n. 208) folgender Satz 3 hinzugefügt wurde: „In caso di violazione che comporta obbligo di denuncia ai sensi dell‘articolo 331 del codice di procedura penale per qualsiasi reato da cui possa derivare un provento o vantaggio illecito, anche indiretto, le competenti autorità inquirenti ne danno immediatamente notizia all‘Agenzia delle entrate, affinchè proceda al conseguente accertamento.“ [nicht amtliche Übersetzung: „Im Fall einer Straftat, die eine Meldepflicht nach Art. 331 Straf­ prozessordnung auslöst, und direkt oder indirekt zu rechtswidrigen Einkünften oder Vorteilen führen kann, unterrichten die zuständigen Ermittlungsbehörden unverzüglich das Finanzamt, damit es das entsprechende Besteuerungsverfahren einleitet.“]. Art. 331 der italienischen Strafprozessordnung bestimmt eine Anzei­ gepflicht bei allen Offizialdelikten [reati perseguibili d‘ufficio]. Für Hilfe bei der Übersetzung dankt der Verf. Frau Brigitte Keppeler. 1172 Die Vorschrift lautete: „Sämtliche Behörden und Beamten haben Steuerzuwider­ handlungen, die sie dienstlich erfahren, den Finanzämtern mitzuteilen.“ Zu den Vorläufern dieser Vorschrift siehe wiederum Verhandlungen der verfassungsge­ benden deutschen Nationalversammlung Bd. 338, Aktenstück Nr. 759 (Entwurf einer Reichsabgabenordnung), S. 535 (592, unter V.). 1173 Madauß, NZWiSt 2013, 100 (102). 1174 Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsfüh­ rung des Bundes, 2003, S. 185–188. Die Frage des Vollzugsdefizits im Bereich der Prostitution beschäftigt die Rechtsprechung im Übrigen ebenfalls seit langer Zeit, siehe nur BFH GrS, Urt. v. 23.06.1964 – GrS 1/64 S, juris, Rn. 10 und später BFH, Urt. v. 16.06.2011 – XI B 120/10, juris, Rn. 7–9. Das Problem besteht indes

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Dasselbe Bild ergab sich bei einer Ausweitung der Untersuchung auf ille­ gale Umsätze und Einkünfte: Die Zusammenarbeit zwischen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden wurde auch insoweit als unzureichend beur­ teilt; eine Besteuerung von Straftätern erfolge nur in Einzelfällen auf­ grund guter persönlicher Beziehungen zwischen den zuständigen Beam­ ten.1175 Unter den Faktoren, die der Bundesrechnungshof als Ursachen dieses Defizits ausmacht, stechen zwei heraus. Deren erster ist rechts­ kultureller Art: Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter betrachteten Steuerstraftaten häufig als Nebensächlichkeiten; ihr Augenmerk liege auf Sachverhalten allgemeinstrafrechtlicher Art. Der zweite Faktor ist hinge­ gen struktureller Natur: Die Bediensteten der Strafverfolgungsbehörden verfügten weder über die für eine steuerrechtliche Würdigung eines Sach­ verhalts erforderlichen Rechtskenntnisse noch über Kenntnis vom Inhalt der Steuerakten; deshalb fühlten sie sich nicht in der Lage zu entscheiden, ob der „Verdacht einer Steuerstraftat“ gegeben war oder nicht. Es ist be­ merkenswert, dass sich offenbar nicht einmal Staatsanwälte in der Lage sahen, die Beurteilung vorzunehmen, die § 43 Abs. 1 GwG den juristisch nicht durchgängig versierten Verpflichteten i. S. v. § 2 GwG abverlangt. Der Gesetzgeber hat versucht, dem abzuhelfen, indem er die Vorschrift 2006 änderte. Mitzuteilen waren fortan nicht „Tatsachen, die den Ver­ dacht einer Steuerstraftat begründen“, sondern „Tatsachen, die auf eine Steuerstraftat schließen lassen“.1176 Dadurch sollte „verdeutlicht werden, dass mit der bisherigen Formulierung ‚Verdacht einer Steu­ erstraftat‘ kein strafrechtlicher Anfangsverdacht gemeint war. Für eine Mittei­ lungspflicht soll es vielmehr ausreichen, dass Tatsachen mit einer gewissen Wahr­ scheinlichkeit für eine Steuerstraftat sprechen.“1177

An der Tatsache, dass Mitteilungen nach § 116 AO bis heute kaum eine Rolle spielen, vermochte dies nichts zu ändern.1178 Dass dies nur daran liegt, dass die Vorschrift schlichtweg nicht bekannt ist oder ignoriert wird,1179 erscheint zu einfach. Gerade die oftmals geringen Steuerrechts­ fort, siehe Bundesrechnungshof, Bericht über die Besteuerung der Prostitution, 24.01.2014, S. 4: „Die Besteuerung der Prostituierten ist nach wie vor völlig un­ zureichend.“ 1175 Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2005 zur Haushalts- und Wirtschaftsfüh­ rung des Bundes, 2005, S. 157–158. 1176 Art. 17 Nr. 2 des Föderalismusreform-Begleitgesetzes v. 05.09.2006, BGBl. I 2006, 2098. Daneben wurde das Bundeszentralamt für Steuern als zentraler Adressat der Mitteilungen benannt, während die Finanzämter hinausfielen. Das wur­ de korrigiert durch Art. 14 Nr. 3 des Jahressteuergesetzes 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150, der § 116 AO seine heutige Gestalt gab. 1177 Entwurf eines Föderalismusreform-Begleitgesetzes, BT-Drs. 16/814, S. 24. 1178 Bülte, NStZ 2009, 57 (57) m. w. N.; Bock, NJW 1992, 101 (101) mit Blick auf die Gerichte; Löwe-Krahl, PStR 2005, 235 ff. 1179 Madauß, NZWiSt 2013, 100 (102).

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kenntnisse und der nicht vorhandene oder unzureichende Einblick in die steuerlichen Verhältnisse einer Person dürften durchaus eine Rolle spie­ len. Darüber hinaus ist § 116 AO nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenspiel mit den Ermächtigungen zur Datenübermittlung an die Finanzbehörden, die das GwG enthält (dazu unten Kapitel 2 C) und ande­ ren Mitteilungspflichten (z. B. denen der Notare aus § 18 GrEStG, § 34 ErbStG, § 54 EStDV). 2. Gewinnabschöpfung durch Besteuerung Populär wurde die Idee der „Gewinnabschöpfung durch Besteuerung“ in Deutschland – wie schon in den USA – im Zuge der Debatte über die sog. organisierte Kriminalität. Insbesondere die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, der SPD-Abgeordnete Meyer und der Fraktionsmitarbeiter Hetzer warben intensiv für diesen Ansatz.1180 Sie versuchten, die „Ge­ winnabschöpfung durch Besteuerung“ als Ansatz zur Bekämpfung der sog. organisierten Kriminalität zu etablieren und forderten einen „Inter­ ventionsverbund zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Finanzbehör­ den“1181. Davon versprach man sich vor allem eine von den Fesseln straf­ prozessualer Garantien befreite Möglichkeit der Gewinnabschöpfung. Die Gewinnabschöpfung war zwar 1992 reformiert und teils bis über die Gren­ zen der Verfassung hinaus ausgedehnt worden (Stichwort Vermögensstra­ fe), ein durchschlagender Erfolg ließ jedoch auf sich warten. Gedanklicher Ausgangspunkt der „Gewinnabschöpfung durch Besteuerung“ war die be­ reits angesprochene (und als zu allgemein verworfene)1182 These, „daß jeder Fall der Geldwäsche auch einen steuerlichen (strafrechtlichen) Hinter­ grund hat und die Kenntnis hierüber sowohl die Einleitung eines Besteuerungsver­ fahrens als auch eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens rechtfer­ tigt.“1183

1996 oder 1997 – genau lässt sich dies nich mehr feststellen – legte die SPD-Fraktion einen Diskussionsentwurf für Maßnahmen zur Verbesse­ rung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität vor, der eine Ände­ rung des § 116 AO vorsah. Danach sollten die Polizeibehörden des Bun­ des und der Länder die Finanzbehörden unverzüglich über die Anordnung einer Sicherstellung und die ihr zugrundeliegenden Tatsachen informie­

1180 Vorbild war offenbar eine niederländische Regelung, siehe Meyer, in: Meyer/­ Dessecker/Smettan (Hrsg.), Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, 1989, S. 483 (490); zur Rechtslage dort Waling, in: Meyer/Dessecker/Smettan (Hrsg.), Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, 1989, S. 263–300. 1181 Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 (18); Meyer/Hetzer, Kriminalistik 1997, 31 (35). 1182 Siehe oben Kapitel 2 A. IV. 1183 Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 (17, 20).

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ren, wenn diese für die Einleitung eines Besteuerungsverfahrens (und nicht nur eines Steuerstrafverfahrens) von Bedeutung sein könnten.1184 Nach frühzeitiger Information durch die Polizei sollten die Finanzbehör­ den vor allem einen dinglichen Arrest (§ 324 AO) anordnen und so Ver­ mögenswerte vorläufig sichern, freilich nicht wie bei § 111b StPO zur Sicherung der Einziehung, sondern zur Sicherung der (möglichen) Steuer­ forderung – wirtschaftlich komme dies einer Gewinnabschöpfung gleich. Im Anschluss solle die Steuer festgesetzt und beigetrieben werden. Dabei komme der Schätzung (§ 162 AO) eine entscheidende Rolle zu.1185 Meyer illustriert dies in einem Rechenbeispiel: „Auf einem beschlagnahmten Bankkonto sind zehn Millionen DM. […] Im Be­ steuerungsverfahren stellt man fest: Zehn Millionen sind auf einem Bankkonto, in den letzten paar Jahren ist keine oder keine plausible Steuererklärung abgege­ ben worden, der Kontoinhaber hat hervorragend gelebt, er hat möglicherweise auch Firmen gegründet, die der Geldwäsche dienen, wir können das aber nicht beweisen. Er hat also sehr viel wieder ausgegeben. Sein Einkommen wird auf­ grund der erforderlichen Indizien im Besteuerungsverfahren auf 20 Millionen DM geschätzt. Wenn wir das Steuerrecht anwenden, ich muß Ihnen das nicht im ein­ zelnen ausführen, ergibt sich eine Steuerschuld aufgrund der Schätzung der Be­ steuerungsgrundlagen in Höhe von etwa 14 Millionen, […].“1186

Dabei bleibt offen, wie Meyer auf eine Durchschnittssteuerbelastung von etwa 70 % kommt. Fest steht, dass Meyer und Hetzer mit ihrem Vorschlag große Erwartungen weckten: „[S]chon durch Festsetzung und Beitreibung von Steuern [könnte] der Organisier­ ten Kriminalität der weit überwiegende Teil des (geschätzten) Gewinns und damit in der Praxis die Gesamtheit des beschlagnahmten Vermögens dauerhaft […] ent­ zogen werden. Damit wäre die Schlagader der Organisierten Kriminalität mit fast lähmender Wirkung getroffen.“1187

Noch weiter gehen die Vorschläge von Hund, der ebenfalls auf die Mög­ lichkeiten hinweist, die Vermögensarrest und Schätzung bieten, und da­ rüber hinaus die Schaffung einer eigenen Einkunftsart für Einkünfte aus illegalen Quellen und einen Pauschaltarif von 50 % vorsieht – eine Idee, die in den USA bereits in den 1950er Jahren von Baker entwickelt wur­ de.1188 Keiner dieser Vorschläge fand jedoch seinen Weg in das Bundesge­ setzblatt.1189 1184 Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 (19–20); Meyer/Hetzer, Kriminalistik 1997, 31 (36); Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1998, S. 192. 1185 Zum Ganzen Meyer/Hetzer, Kriminalistik 1997, 31 (35). 1186 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Organisierte Kriminalität, 1997, S. 314–315 (Dis­ kussionsbeitrag). 1187 Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 (20). 1188 Siehe schon Fn. 1164. 1189 Näher zu den Gründen Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geld­wäsche und ihre Anwendung in der Praxis, 1998, S. 194–195.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

C. Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung Im Unterkapitel B wurden im Kern drei Anknüpfungspunkte für die ver­ stärkte Zusammenarbeit zwischen den für die Verhütung und Ver­folgung von Straftaten zuständigen Behörden und den Finanzbehörden identifi­ ziert. Diese sind: Die Verquickung von Steuerrecht und Strafrecht (B. I.); die Einbeziehung der Finanzbehörden in die Verhütung und Verfolgung von Straftaten (B. II.); die Einbeziehung der Strafverfolgungsbehörden in den Vollzug des Steuerrechts (B. III.). In diesem Unterkapitel geht es nun darum zu zeigen, wie und mit welchen Auswirkungen die Geldwäsche­ gesetzgebung an diesen Stellen ansetzt, um das Geldwäscherecht für fis­ kalische Zwecke nutzbar zu machen: Die Ver­quickung von Strafrecht und Steuerrecht setzt sich fort in der Aufnahme von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog des § 261 StGB (C. III.). Die Einbeziehung der Fi­ nanzbehörden in die Verhütung und Verfolgung von S ­ traftaten setzt sich fort in § 31b AO, wonach die Finanzbehörden Geldwäscheverdachtsfälle zu melden haben (C. II.). Kernstück des Einsatzes des Geldwäscherechts als „Verlängerung“ des steuerlichen Ermittlungsverfahrens ist jedoch der Ausbau des Zugangs der Finanzbe­hörden zu den zum Zwecke der Geld­ wäschebekämpfung erhobenen Daten (C. I.). Die Darstellung erfolgt da­ bei in umgekehrter Reihenfolge dieser Aufzählung, denn: Die letztge­ nannte Entwicklung ging den anderen zeitlich voraus. Die beiden erstgenannten lassen sich dabei in gewissem Umfang wiederum als Re­ aktion auf die Probleme und Hindernisse bei der Heranziehung des Geld­ wäscherechts für steuerliche Zwecke begreifen.

I. Übermittlung und Verwertung von Daten im Besteuerungsund Steuerstrafverfahren Vor dem Hintergrund des § 116 AO hatte sich bereits im Gesetzgebungs­ verfahren 1992/1993 die Frage gestellt, ob und unter welchen Voraus­ setzungen die von den Verpflichteten erstellten Aufzeichnungen und Meldungen von den zuständigen Behörden an die Finanzbehörden wei­ tergegeben werden können. Dass letztere daran ein Interesse haben könnten, war bekannt: Hauptziele der Geldwäschegesetzgebung waren (und sind teils noch heute) die Zurückdrängung des Bankgeheimnisses und die Verbesserung des internationalen Amts- und Rechtshilfever­ kehrs in Strafsachen. Beides wurde aber auch als notwendig angesehen, um einen gleichheitsgerechten Steuervollzug sicherzustellen (und wird es noch heute). Gerade die frühen Vorläufer der Geldwäschegesetzge­ bung – namentlich der BSA 1970 und die VSB 1977 – verfolgten nicht

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

primär das Ziel der Geldwäschebekämpfung; ihr Fokus lag vielmehr auf der Bekämpfung von Steuer- und Wirtschaftsdelikten.1190 Während die Bekämpfung der sog. organisierten Kriminalität das nötige politisch-moralische Gewicht trug, um auch eher „verschwiegene“ Staa­ ten zu mehr Transparenz und Zusammenarbeit zu bewegen, konnte man dies von der Besteuerungsgleichheit bis in jüngste Zeit kaum behaupten. Nicht zuletzt deshalb traten steuerliche Aspekte im Zusammenhang mit der Internationalisierung der Geldwäschegesetzgebung zunächst in den Hintergrund – ihre Einbeziehung hätte erheblichen Widerstand ausge­ löst. Es ist gleichwohl sehr plausibel anzunehmen, dass die Geldwäsche­ gesetzgebung in verschiedenen Ländern als eine Art Eisbrecher gedient hat, dessen Fahrrinne nicht nur von Strafverfolgungsbehörden, sondern auch von den Finanzbehörden befahren werden kann und soll. Als die Bundesregierung im April 1992 den Entwurf eines Gewinnauf­ spürungsgesetzes erstmals vorlegte, beschäftigte auch die massenhafte Hinterziehung von Einkommensteuer die deutsche Politik und Öffent­ lichkeit: Erst 1988 war der Bankenerlass, der die finanzbehördlichen Er­ mittlungen bei Banken erschwerte, in § 30a AO überführt worden. Im Juni 1991 rügte das Bundesverfassungsgericht im Bereich der Zinsbesteu­ erung ein den Grundsatz der Gleichheit im Belastungserfolg verletzendes Vollzugsdefizit, das seine „wesentliche Ursache in dem Bankenerlaß 1979 [hat]“1191. Die Bundesregierung hielt das steuerliche Bankgeheimnis jedoch seinerzeit für notwendig, um eine Kapitalflucht aus Deutschland zu verhindern. Als der Gesetzgeber 1992 die Folgerungen aus dem Zins-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zog und die sog. Zinsab­ schlagsteuer einführte, ließ er – entgegen heftiger Kritik der Opposition, insb. der SPD – § 30a AO unangetastet. Der 8. Senat des Bundesfinanz­ hofs hielt dies – anders als sein damaliger Präsident Offerhaus1192 und viele andere – für verfassungsgemäß.1193 1. Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren ­Straftaten (1993) In diese steuerpolitische Gemengelage fiel mit dem Geldwäschegesetz nun ein Regelungsvorhaben, dessen Ziel gerade die bereichsspezifische Beschränkung des Bankgeheimnisses war. Die Bundesregierung muss er­ kannt haben, dass das Geldwäschegesetz zu einer Umgehung des § 30a 1190 Dazu bereits Kapitel 1 B. III. 1. 1191 BVerfG, Urt. v. 27.06.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (278). 1192 Siehe Huff, FAZ v. 24.10.1995, S. 18, unten rechts. So auch verschiedene Finanz­ beamte (Huff, FAZ v. 21.03.1994, S. 15, oben mittig) und Teile der Literatur wie z. B. Schumacher, FR 1997, 1–7. 1193 BFH, Urt. v. 18.02.1997 – VIII R 33/95, NJW 1997, 2067.

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AO führen konnte, wenn die Strafverfolgungsbehörden bei Anhaltspunk­ ten für Steuerstraftaten eine Mitteilung nach § 116 AO machten.1194 Wohl deshalb schränkte sie in ihrem Entwurf – der insoweit auch Gesetz wurde – die Möglichkeit erheblich ein, Aufzeichnungen und Anzeigen nach dem GwG im Besteuerungsverfahren zu verwenden. Die Verwen­ dung im Steuerstrafverfahren war bei Aufzeichnungen vollständig ausge­ schlossen und bei Meldungen jedenfalls beschränkt.1195 a) Einschränkung der Übermittlungs- und Verwertungsbefugnisse Die einschlägigen Vorschriften lauteten i. d. F. des G. v. 25.10.19931196: „§ 10 Heranziehung und Verwendung von Aufzeichnungen (1) Die nach § 9 Abs. 1 gefertigten Aufzeichnungen dürfen nur zur Verfolgung einer Straftat nach § 261 des Strafgesetzbuches und der in § 261 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches genannten Straftaten für Zwecke eines Strafver­ fahrens herangezogen und verwendet werden. (2) Soweit in einem Strafverfahren nach Absatz 1 eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer dort bezeichneten Straftat erfolgt ist, ist § 116 der Abgabenord­ nung mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Mitteilung allein im Besteue­ rungsverfahren verwendet wird. § 11 Anzeige von Verdachtsfällen durch Institute (5) Der Inhalt der Anzeige nach Absatz 1 darf für andere Zwecke als für die in § 10 Abs. 1 bezeichneten Strafverfahren nicht verwendet werden, wenn der Straf­ richter nach § 25 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig wäre. § 10 Abs. 2 gilt für den Inhalt einer Anzeige nach Absatz 1 entsprechend.“

Nach § 10 Abs. 2 GwG a. F. war es den Behörden und Gerichten, die im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Geldwäsche oder einer ihrer Vorta­ ten Kenntnis vom Inhalt der Aufzeichnungen nach § 9 Abs. 1 GwG er­ langten, gestattet, nach Rechtskraft der Verurteilung wegen Geldwäsche oder einer ihrer Vortaten eine Mitteilung nach § 116 AO zu machen, die ihrerseits den Verdacht einer Steuerstraftat voraussetzte. Der letzte Halbsatz stellt jedoch klar, dass nur eine Verwendung „allein im Besteu­ erungsverfahren“, also gerade nicht im Steuerstrafverfahren gestattet war. Deshalb war auch eine Beschlagnahme der nach § 9 GwG gefertig­

1194 Diese Möglichkeit sah jedenfalls schon Fülbier, WM 1990, 2025 (2027). 1195 Darauf vertrauten jedoch offenbar nicht alle, die Steuern hinterzogen hatten, vgl. o. V., DER SPIEGEL v. 50/1993, S. 101–102: „Zwar heißt es im Gesetz ausdrück­ lich, daß die Aufzeichnungen der Bank nur im Kampf gegen die Organisierte Kri­ minalität eingesetzt werden dürfen. Aber sicher ist sicher, dachten offensichtlich viele Anleger und räumten ihre Schließfächer.“ 1196 Siehe Fn. 786.

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ten Aufzeichnungen im Rahmen eines Strafverfahrens wegen einer Steu­ erstraftat unzulässig.1197 Die Verwendung der Verdachtsanzeigen war in weiterem Umfang zuläs­ sig: Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 GwG a. F. durfte der Inhalt einer Verdachts­ anzeige grundsätzlich auch in einem Strafverfahren wegen einer anderen Tat als der Geldwäsche oder einer ihrer Vortraten verwendet werden. Ausgeschlossen war dies lediglich bei leichten Straftaten, hinsichtlich derer der Strafrichter (§ 25 GVG) zuständig war (Privatklagedelikte und Vergehen, wenn die Straferwartung zwei Jahre Freiheitsstrafe nicht über­ steigt). Hinsichtlich der Verwendung im Steuer- und Steuerstrafverfahren erklärte § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG a. F. die Vorschrift des § 10 Abs. 2 GwG a. F. für „entsprechend“ anwendbar, d. h. eine Verwendung war erstens allein im Besteuerungsverfahren gestattet und setzte zweitens eine rechts­ kräftige Verurteilung voraus – unklar war allerdings, wegen welcher Straftat(en): Verstand man § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG im Sinne einer umfas­ senden Rechtsgrundverweisung, so bedurfte es einer rechtskräftigen Ver­ urteilung wegen Geldwäsche oder einer ihrer Vortaten; dann hätte hin­ sichtlich der Verwendung zu fiskalischen Zwecken ein Gleichlauf zwischen Aufzeichnungen und Meldungen bestanden. Hielt man die Norm hingegen für eine partielle Rechtsgrundverweisung, so war auch eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer anderen Tat i. S. v. § 11 Abs. 5 Satz 1 GwG ausreichend.1198 Nach beiden Ansichten war eine Ver­ wendung jedenfalls in Strafverfahren und damit korrespondierend wegen leichterer Formen der Steuerhinterziehung mit einer Straferwartung bis höchstens zwei Jahre Freiheitsstrafe unzulässig.1199 Unterschiede ergaben sich in Fällen schwerer Steuerstraftaten, für die in erster ­Instanz das Schöffengericht beim Amtsgericht (§§ 28, 25 GVG) oder die große Straf­ kammer als Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht zuständig ist (§§ 74 Abs. 1, 74c Abs. 1 Nr. 3 GVG): Nach beiden Ansichten wäre hier eine Verwendung im Strafverfahren zulässig gewesen, jedoch nur nach der zweiten Ansicht auch eine Verwendung im Besteuerungsverfahren.1200 b) Diskussion im Gesetzgebungsverfahren 1992/1993 Der Bundesrat hatte diese weitgehenden Beschränkungen im Gesetzge­ bungsverfahren 1992/1993 kritisiert: Könne der Täter aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht verurteilt werden, so verhinderten §§ 10, 1197 LG Koblenz, Beschl. v. 29.07.1996 – 10 Qs 14/96, NJW 1997, 2613 (2613–2614). 1198 So Carl/Klos, DStZ 1994, 68 (73). 1199 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 374 fand jedoch Hinweise, „dass das Verwer­ tungsverbot in der Praxis nicht strikt eingehalten wird.“ 1200 Deshalb Carl/Klos, DStZ 1994, 68 (73): „Es wäre widersinnig, jemanden wegen Steuerhinterziehung zu verurteilen, daraus aber nicht die Nachversteuerungsfol­ gen zu ziehen […] also sozusagen dem Steuerstraftäter die ‚Beute‘ zu belassen.“

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11 GwG a. F., dass die Aufzeichnungen und Anzeigen nach dem GwG wenigstens im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Gelinge eine Verurteilung und erfolge im Anschluss eine Datenübermittlung, sei es wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährungsfrist häufig zu spät, um aus dem Sachverhalt noch steuerliche Folgerungen zu ziehen. Darüber hin­ aus verhindere § 10 Abs. 2 Halbsatz 3 GwG a. F. auch steuerstrafrechtli­ che Konsequenzen.1201 Deshalb regte der Bundesrat an, in § 10 Abs. 1 das Wort „nur“ zu streichen und statt eines Absatz 2 dem Absatz 1 folgenden Satz hinzuzufügen: „§ 116 AO bleibt unberührt.“1202 Die Bundesregierung teilte diese Bedenken nicht: Schon in der Begrün­ dung zum Gesetzentwurf hatte sie betont, dass man mit dem GwG keine „allgemeine, bereichsunspezifische Verbesserung der Erkennt­nisquellen der Strafverfolgungsbehörden“ erreichen wolle.1203 Die In­anspruchnahme Privater sei allein im Interesse einer effektiven Be­kämpfung der Geldwä­ sche gerechtfertigt. Wegen der zehnjährigen Festsetzungsfrist für hinter­ zogene Steuern bestehe auch nicht die Gefahr, dass aus dem Sachverhalt keine steuerlichen Folgerungen mehr gezogen werden könnten.1204 Schließlich bestehe nach einer Verurteilung wegen Geldwäsche oder ei­ ner ihrer Vortaten für eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kein „strafrechtliches Bedürfnis“.1205 c) Das „Steuermodell“ Damit war das letzte Wort freilich nicht gesprochen. Die Kritik war scharf: Das „Legalitätsprinzip wird faktisch suspendiert“, es werde gar eine Amtspflicht zur Strafvereitelung statuiert und überdies verzichte der Staat auf erhebliche Einnahmen.1206 Bereits 1994 brachte die Fraktion der SPD einen Gesetzentwurf ein, der – soweit § 10 GwG a. F. betroffen war – lediglich die Forderungen des Bundesrates aus dem Gesetzgebungs­ verfahren zum GwG wiederholte.1207 Dabei machten sich die Entwurfs­ verfasser in der Einzelbegründung auch die Argumente des Bundesrates zu eigen: „Es ist nicht einzusehen, wieso Personen, die im illegalen Rauschgifthandel und anderen Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität tätig sind, begünstigt

1201 Zum Ganzen GewAufspG-Entwurf, BT-Drs. 12/2704, S. 26–27. 1202 GewAufspG-Entwurf, BT-Drs. 12/2704, S. 26. 1203 GewAufspG-Entwurf, BT-Drs. 12/2704, S. 17. 1204 Darüber hinaus ist auch auf das strafprozessuale Beschleunigungsgebot hinzu­ weisen, das einer sehr langen Verfahrensdauer prinzipiell entgegenwirkt. 1205 GewAufspG-Entwurf, BT-Drs. 12/2704, S. 3. 1206 Hund, ZRP 1997, 180 (182); Hetzer, Kriminalistik 1999, 218 (221). 1207 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthan­ dels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (2. OrgKG), BT-Drs. 12/6784.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht werden. […] Es ist bekannt, daß die Mafia in den Vereinigten Staaten von Amerika und in den Niederlanden besonders durch Steuerfestsetzungen und Steuerstrafver­ fahren getroffen wurde.“1208

Die Entwurfsverfasser schienen also primär Einkünfte aus (schweren) Straftaten im Auge zu haben und verfolgten dabei die bereits aus der so­ gar ausdrücklich in Bezug genommenen amerikanischen Rechtsgeschich­ te bekannte Doppelstrategie. In der allgemeinen Begründung zu dem Ent­ wurf insgesamt klingt jedoch bereits eine andere Stoßrichtung an: „Die Bestimmung [§ 10 GwG, Anm. d. Verf.] führt also in ihrer jetzigen Fassung dazu, daß gegen Steuerhinterzieher größten Kalibers Steueransprüche wegen Fest­ setzungsverjährung in vielen Fällen nicht mehr geltend gemacht und nach Maßga­ be des GwG erstellte Aufzeichnungen in Steuerstrafverfahren nicht verwendet werden können.“

Dass dieser Vorschlag angesichts unveränderter Mehrheiten im Bundes­ tag keinen Erfolg hatte, ist nicht überraschend. Er findet sich auch in dem oben erwähnten Diskussionsentwurf der SPD wieder. 2. Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten ­Kriminalität (1998) Während dem „Steuermodell“ anfangs der Erfolg versagt blieb, drehte sich die Stimmung zum Ende der 13. Legislaturperiode. Im Oktober 1997 brachten die Fraktionen der Regierungskoalition (CDU/CSU und FDP) den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Orga­ nisierten Kriminalität ein.1209 Unter den Vorschlägen fand sich auch eine abgeschwächte Variante des „Steuermodells“, die schließlich Gesetz wurde. Dass hier bereits Vorläufer der oben beschriebenen internatio­ nalen Entwicklungen Einfluss entfalteten, belegen die Materialien und die Parlamentsprotokolle nicht. Fülbier/Aepfelbach erklären den „plötz­ lichen Sinneswandel“ der Bundesregierung vielmehr damit, dass so die Zustimmung der Oppostion zur Einführung des sog. großen Lauschan­ griffs erreicht werden sollte.1210 § 10 GwG lautete in der Fassung des G. v. 04.05.19981211 (Änderungen vom Verf. hervorgehoben): „§ 10 Heranziehung und Verwendung von Aufzeichnungen (1) Die nach § 9 Abs. 1 gefertigten Aufzeichnungen dürfen nur zur Verfolgung einer Straftat nach § 261 des Strafgesetzbuches und der in § 261 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches genannten Straftaten für Zwecke eines Strafver­ fahrens herangezogen und verwendet werden. 1208 Entwurf eines 2. OrgKG, BT-Drs. 12/6784, S. 21. 1209 BT-Drs. 13/8651. 1210 Fülbier/Aepfelbach, GwG, 1999, § 10 GwG Rn. 2. 1211 Siehe Fn. 786.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung (2) Soweit ein Strafverfahren wegen einer in Absatz 1 bezeichneten Straftat eingeleitet wird, ist dieser Umstand zusammen mit den zugrundeliegenden Tatsachen der Finanzbehörde mitzuteilen. Zieht die Strafverfolgungsbehörde Aufzeichnungen nach § 9 Abs. 1 heran, dürfen diese der Finanzbehörde übermittelt werden. Die Mitteilungen und Aufzeichnungen dürfen für Besteuerungsverfahren und für Strafverfahren wegen Steuerstraftaten verwendet werden.“

Hinsichtlich der Verwendung von Verdachtsanzeigen bestimmte § 11 GwG: „§ 11 Anzeige von Verdachtsfällen durch Institute (6) Der Inhalt der Anzeige nach Absatz 1 darf nur für die in § 10 Abs. 1 und 2 Satz 3 bezeichneten Strafverfahren und für Strafverfahren wegen einer Straftat, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht ist, sowie für Besteuerungsverfahren verwendet werden.“

Der Zeitpunkt, zu dem die Strafverfolgungsbehörden die Finanzbehörden nach § 10 Abs. 2 Satz 1 GwG a. F. zu informieren hatten, wurde vorver­ lagert. Gleichzeitig wurde die Übermittlung von Aufzeichnungen an die Finanzbehörde und die Verwendung für Besteuerungs- und Steuerstraf­ verfahren erlaubt, allerdings nur, wenn die Aufzeichnungen von der Strafverfolgungsbehörde im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Geld­ wäsche oder einer ihrer Vortaten herangezogen worden waren (§ 10 Abs. 2 Satz 2 GwG a. F.). Da die Steuerhinterziehung – weder die einfache noch die qualifizierte – nicht zu den Vortaten der Geldwäsche zählte, musste das Ermittlungsverfahren auf dem Anfangsverdacht zumindest auch einer nicht-steuerlichen Straftat gründen. Begründet wurde diese Änderung im Entwurf der Bundesregierung im Wesentlichen mit densel­ ben Argumenten, die eine von derselben Regierungskoalition getragene Bundesregierung in der 12. Legislaturperiode noch verworfen hatte. Diese Änderung hatte weitreichende Folgen: Verdachtsmeldungen führ­ ten (und führen) fast immer zur Bejahung eines Anfangsverdachts und damit (§ 152 Abs. 2 StPO) zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermitt­ lungsverfahrens (Registerzeichen „Js“) zumindest wegen Geldwäsche.1212 Dabei können die gemäß den Vorschriften des Geldwäschegesetzes ange­ fertigten Aufzeichnungen der Verpflichteten nach § 10 Abs. 1 GwG ohne Weiteres „herangezogen“ und in der Folge an die Finanzbehörden über­ mittelt werden. Konnte der Anfangsverdacht nicht erhärtet werden, so änderte dies nach dem Wortlaut des Gesetzes nichts an der Zulässigkeit der Datenverwendung für Zwecke des Besteuerungs- und Steuerstrafver­ fahrens – nach der Entwurfsbegründung war dies explizit so gewollt.1213 Fülbier/Aepfelbach schätzen, dass von der Weitergabemöglichkeit auf­ 1212 Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 374 („Regelfall“). 1213 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kri­ minalität, BT-Drs. 13/8651, S. 17.

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grund der Altfassung des § 10 GwG nur 4 % der angezeigten Fälle betrof­ fen waren, nach der neuen Fassung hingegen 95 %.1214 Die Begründung, dies sei für eine „Gewinnabschöpfung durch Besteue­ rung“ erforderlich, trug die erhebliche Ausweitung der Übermittlungsund Verwendungsermächtigungen nicht mehr: Kerngedanke dieses An­ satzes war ja, dass das Steuerrecht eingreifen soll, wenn Vermögenswerte wahrscheinlich, aber eben nicht mit der für die Einziehung erforderlichen Gewissheit aus für die sog. organisierte Kriminalität als typisch angese­ henen Straftaten herrühren; es ging – jedenfalls vordergründig – darum, Einkünfte aus Straftaten der Besteuerung zu unterwerfen. Da die über­ wältigende Mehrzahl der (Vor-)Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche eingestellt wurden (und werden), hatten die allermeisten Vermögensbe­ wegungen, die von den Verpflichteten gemeldet wurden, keinen oder nur einen schwachen strafrechtlichen Hintergrund und standen schon gar nicht in Zusammenhang mit der sog. organisierten Kriminalität, deren Bekämpfung das GwG ursprünglich dienen sollte. Vor diesem Hinter­ grund schlicht unzutreffend ist die Entwurfsbegründung, wo es heißt: „Mit der Regelung des § 10 Abs. 2 wird die Mitteilungspflicht auf den Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens vorverlegt, also auf den frühestmöglichen Zeitpunkt im Zusammenhang mit dem Verdacht einer in § 10 Abs. 2 GwG be­ zeichneten Straftat. Der Zweck des Geldwäschegesetzes bleibt gewahrt, da die Mitteilungspflicht auf die in § 10 Abs. 1 GwG bezeichneten Straftaten, also auf die Fälle der Organisierten Kriminalität beschränkt ist.“1215

Es ist bezeichnend, dass der Vorschlag des Bundesverbandes deutscher Banken, wonach eine Datenübermittlung erst nach der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) und damit erst bei hinreichendem Tat­ verdacht möglich sein sollte, von Meyer als „schamlose[r] Versuch der Unterstützung von Steuerhinterziehung“1216 geziehen wurde.1217 Darin klingt bereits an, dass es bei den Übermittlungsermächtigungen nicht mehr nur um die „Gewinnabschöpfung durch Besteuerung“, d. h. um die Besteuerung von Einkünften aus Straftaten ging, sondern um die Heran­ ziehung des Anti-Geldwäsche-Instrumentariums zur Verfolgung von Steuerkriminalität im Allgemeinen.1218 Für Fülbier/Aepfelbach „liegt der Verdacht nahe, das Geldwäschegesetz sei zum Instrument der Steuer­ fahndung umfunktioniert worden.“1219 1214 Fülbier/Aepfelbach, GwG, 1999, § 10 GwG Rn. 2. 1215 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kri­ minalität, BT-Drs. 13/8651, S. 17. 1216 Jürgen Meyer (SPD), Stenographischer Bericht der 214. Sitzung des 13. Deutschen Bundestages am 16.01.1998, S. 19523(D)–19524(A). 1217 Ebenfalls für eine Weiterleitung erst ab Anklageerhebung bzw. Eröffnungsbe­ schluss Fülbier/Aepfelbach, GwG, 1999, § 10 GwG Rn. 33. 1218 Niermann, „e-Geldwäsche“, 2004, S. 102. 1219 Fülbier, in: Fülbier/Apfelbach/Langweg u. a., GwG, 2006, § 10 GwG Rn. 29.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

3. Geldwäschebekämpfungsgesetz (2002) und weitere Änderungen Durch das Geldwäschebekämpfungsgesetz v. 08.08.20021220 wurde § 10 Abs. 2 GwG wie folgt geändert: „§ 10 Heranziehung und Verwendung von Aufzeichnungen (2) Soweit ein Strafverfahren wegen einer in Absatz 1 bezeichneten Straftat einge­ leitet wird, ist dieser Umstand zusammen mit den zugrundeliegenden Tatsachen der Finanzbehörde mitzuteilen, sobald eine Transaktion festgestellt wird, die für die Finanzverwaltung für die Einleitung oder Durchführung von Besteuerungsund Steuerstrafverfahren Bedeutung haben könnte. Zieht die Strafverfolgungsbe­ hörde Aufzeichnungen nach § 9 Abs. 1 heran, dürfen diese der Finanzbehörde übermittelt werden. Die Mitteilungen und Aufzeichnungen dürfen für Besteue­ rungsverfahren und für Strafverfahren wegen Steuerstraftaten verwendet wer­ den.“

Dadurch sollte nach Vorstellung der Bundesregierung der Umfang der Mitteilungspflicht auf die Fälle beschränkt werden, die für die Finanzver­ waltung von Interesse sein könnten.1221 § 11 GwG blieb mit Blick auf die Übermittlung von Meldungen an die Finanzbehörden unverändert.1222 Offenbar sollte dadurch der massenhaften Weiterleitung insbesondere von Verdachtsmeldungen Einhalt geboten werden. Ob dieses Ziel ange­ sichts der sehr unbestimmten, konjunktivischen Formulierung tatsäch­ lich erreicht wurde, darf mit Recht bezweifelt werden, ist doch dem OECD-Bericht über den Zugang der Finanzbehörden zu Geldwäsche-Da­ ten von 2002/2007 zu entnehmen: “In Germany in general, almost any money-laundering related information collec­ ted by law enforcement authorities is of interest to tax authorities. Of particular importance are bank statements over a certain period of time.”1223

Für die hier gewählte Fragestellung nicht weiter relevante Änderungen der Vorschriften über den Zugang der Finanzbehörden zu Aufzeichnun­ gen und Meldungen erfolgten 2008 und 2011.1224 Zu bemerken ist ledig­ lich, dass die Übermittlung und Verwendung von Verdachtsmeldungen ab 2008 in § 11 Abs. 6 GwG a. F. geregelt war, die Heranziehung und Verwertung von Aufzeichnungen in § 15 GwG a. F. 1220 Siehe Fn. 786. 1221 Entwurf eines Geldwäschebekämpfungsgesetzes, BT-Drs. 14/8739, S. 7; siehe fer­ ner Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 14/9043, S. 4 und S. 10. 1222 Eingefügt wurde lediglich eine Übermittlungs- und Verwendungsbefugnis der Aufsichtsbehörden. 1223 OECD, Access for tax authorities to information gathered by anti-money laun­ dering authorities, 2007, Rn. 497. 1224 Art. 2 des Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Ter­ rorismusfinanzierung (Geldwäschebekämpfunsergänzungsgesetz – GwBekErgG) v. 13.08.2008, BGBl. I 2008, 1690; Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Optimierung der Geldwäscheprävention v. 22.12.2011, BGBl. I 2011, 2959.

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4. Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (2017) Eine grundlegende Erneuerung der Übermittlungs- und Verwendungser­ mächtigungen brachte die Neufassung des Geldwäschegesetzes in Um­ setzung der GwRL IV. Dabei sind sämtliche Verwertungsbeschränkun­ gen für Verdachtsmeldungen weggefallen. Während der Referentenentwurf noch die Verwertungsbeschränkungen aus § 11 Abs. 6 GwG a. F. über­ nahm, waren sie im Regierungsentwurf nicht mehr enthalten.1225 Die Übermittlung von Daten, die aufgrund des Geldwäschegesetzes er­ hoben wurden, ist im Geldwäschegesetz in seiner aktuellen Fassung an verschiedenen Stellen geregelt: Nach § 28 Abs. 4 GwG soll die FIU die zuständigen Behörden informieren, soweit dies für das Besteuerungsver­ fahren (oder den Schutz der sozialen Sicherungssysteme) erforderlich ist. Da § 28 GwG Aufgabenzuweisungen enthält, ist auch § 28 Abs. 4 GwG als ebensolche und nicht als Ermächtigungsgrundlage anzusehen.1226 Die­ se ist für die FIU hingegen in § 32 Abs. 2 und 3 GwG enthalten, der fol­ genden Inhalt hat (Hervorh. d. Verf.): „(2) Stellt die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen fest, dass ein Vermögensgegenstand mit Geldwäsche, mit Terrorismusfinanzierung oder einer sonstigen Straftat im Zusammenhang steht, übermittelt sie das Ergebnis ihrer Analyse sowie alle sachdienlichen Informationen unverzüglich an die zuständi­ gen Strafverfolgungsbehörden. […] (3) Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen übermittelt auf Ersuchen personenbezogene Daten an die Strafverfolgungsbehörden, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst oder den Militärischen Ab­ schirmdienst des Bundesministeriums der Verteidigung, soweit dies erforderlich ist für  1. die Aufklärung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung oder die Durch­ führung von diesbezüglichen Strafverfahren oder 2. die Aufklärung sonstiger Gefahren und die Durchführung von anderen, nicht von Nummer 1 erfassten Strafverfahren. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen übermittelt von Amts wegen oder auf Ersuchen personenbezogene Daten an andere als in Satz 1 benann­ te, zuständige inländische öffentliche Stellen, soweit dies erforderlich ist für  1. Besteuerungsverfahren, 2. Verfahren zum Schutz der sozialen Sicherungssysteme oder 3. die Aufgabenwahrnehmung der Aufsichtsbehörden.“

1225 BMF, Referententwurf v. 15.12.2016, 13:37 Uhr, https://www.bundesgerichtshof. de/SharedDocs/Downloads/DE/Bibliothek/Gesetzesmaterialien/18_wp/EU_Geld​ waescheRL_4/refe.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt geprüft am 30.10.2020), S. 38–39. 1226 So auch Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 21.

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Die Vorschrift geht deutlich über ihre Vorläufer hinaus: Während Auf­ zeichnungen vorher nur in Strafverfahren wegen Geldwäsche oder einer ihrer Vortaten und Meldungen darüber hinaus nur in Strafverfahren we­ gen schwerer Straftaten (Höchststrafe mehr als drei Jahre) und Besteue­ rungsverfahren verwendet (und übermittelt) werden durften, erlaubt § 32 Abs. 2 GwG die Übermittlung und Verwendung in jeglichen Strafverfah­ ren, also auch Steuerstrafverfahren aller Art.1227 Strafverfolgungsbehörde kann dabei auch die Finanzbehörde sein.1228 Die erforderliche Verdachts­ schwelle (Feststellung eines Zusammenhangs) soll – wie nicht anders zu erwarten – gerade oberhalb der bloßen Vermutung, aber unterhalb des Anfangsverdachts i. S. v. § 152 Abs. 2 StPO liegen,1229 was „kaum mehr an Abstraktheit zu überbieten ist“ und die Frage aufwirft, ob der FIU überhaupt eine Filterfunktion zukommen kann.1230 § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1–3 GwG sind die mit § 28 Abs. 4 GwG korrespon­ dierenden Befugnisnormen. In der Entwurfsbegründung wird der Zweck der Vorschrift mit einer den Vorschriften selbst abgehenden Klarheit be­ schrieben (Hervorh. d. Verf.): „Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen kann zur Weiterbear­ beitung von Sachverhalten, die ihr im Rahmen ihrer Tätigkeiten bekannt wurden, aber keinen Bezug zu Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung aufweisen, die für das Besteuerungsverfahren oder den Schutz der sozialen Sicherungssysteme zuständigen Behörden hierüber informieren, sofern der Sachverhalt nicht von ei­ ner anderen staatlichen Stelle weiterverfolgt wird. Dazu gehören insbesondere die Finanzämter, wenn auffällige Sachverhalte im Zusammenhang mit Steuern der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bekannt werden.“1231

Damit sind alle wesentlichen Hindernisse für einen Informationsaus­ tausch zwischen der Zentralstelle und den Finanzbehörden sowohl im Bereich von Steuerstrafverfahren als auch von Besteuerungsverfahren ausgeräumt. Zwar heißt es in der Entwurfsbegründung, dies diene der Umsetzung von Art. 32 Abs. 4 Satz 2 GwRL IV1232 – tatsächlich gehen die Vorschriften aber weit über die unionsrechtliche Vorgabe hinaus.1233 Ein­ geschränkt wird die Übermittlungsverpflichtung nach § 32 Abs. 3 GwG lediglich durch § 32 Abs. 5 GwG, wonach sie zu unterbleiben hat, wenn 1227 Tipke/Kruse/Drüen, § 31b AO Rn. 10; Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 14. Deshalb „verwundert“ es auch nicht, dass § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG nur das Besteuerungsverfahren anspricht (so aber Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 22). 1228 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 14. 1229 Entwurf, BT-Drs. 18/11555, S. 144. 1230 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 9 und Vor Abschnitt 5 Rn. 8–9. 1231 Entwurf, BT-Drs. 18/11555, S. 139 (zu § 28 Abs. 4). 1232 Entwurf, BT-Drs. 18/11555, S. 145; undifferenziert übernimmt dies Zentes/ Glaab/Zentes, § 32 GwG Rn. 16. 1233 Siehe schon oben Kapitel 2 A. III. 2. a).

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sie sich negativ auf laufende Ermittlungen der zuständigen inländischen öffentlichen Stellen auswirken würde oder die Weitergabe der Daten un­ verhältnismäßig wäre. Nach der Entwurfsbegründung soll dies „nur in sehr engen Ausnahmefällen einschlägig sein“, etwa bei erkennbarer Na­ mensverwechslung.1234 Außerhalb solch klarer Fälle dürfte die Beurtei­ lung, ob der Nutzen der Datenübermittlung in einem angemessenen Ver­ hältnis zum Gewicht des Grundrechtseingriffs steht, der FIU nicht leicht möglich sein.1235 Das gilt besonders bei Übermittlungen für Zwecke des Besteuerungsverfahrens: Die FIU hat zwar in gewissem Umfang Zugang zu Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen; vollen Zugriff auf die Steuerakte gewährt die Vorschrift aber regelmäßig nicht.1236 Darüber hin­ aus dürfte es der FIU an steuerrechtlichen Kenntnissen fehlen, die für eine zutreffende Einordnung des möglichen Nutzens der Übermittlung unerlässlich sind. Darüber hinaus enthält § 32 Abs. 6 GwG eine engere Vorschrift für die Datenübermittlung durch Strafverfolgungsbehörden. Die Vorschrift ent­ spricht weitgehend § 15 Abs. 2 GwG a. F. und ist – wie diese Norm – lex specialis zu § 116 AO. Sie lautet: „(6) Falls die Strafverfolgungsbehörde ein Strafverfahren aufgrund eines nach Ab­ satz 2 übermittelten Sachverhalts eingeleitet hat, teilt sie den Sachverhalt zusam­ men mit den zugrunde liegenden Tatsachen der zuständigen Finanzbehörde mit, wenn eine Transaktion festgestellt wird, die für die Finanzverwaltung für die Ein­ leitung oder Durchführung von Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahren Bedeu­ tung haben könnte. Zieht die Strafverfolgungsbehörde im Strafverfahren Auf­ zeichnungen nach § 11 Absatz 1 [Aufzeichnungen, die im Zuge der Identifizierung erstellt wurden] heran, dürfen auch diese der Finanzbehörde übermittelt werden. Die Mitteilungen und Aufzeichnungen dürfen für Besteuerungsverfahren und für Strafverfahren wegen Steuerstraftaten verwendet werden.“

Daraus ergibt sich insgesamt ein Nebeneinander unterschiedlicher Über­ mittlungs- und Verwendungsbefugnisse mit unterschiedlicher Reichwei­ te: Die Zentralstelle darf Daten an die Finanzbehörden übermitteln, wenn sie den (vagen) Verdacht einer Steuerstraftat hegt (§ 32 Abs. 2 GwG) oder – sofern dies nicht der Fall ist – wenn sie dem Sachverhalt eine wie auch immer geartete zumindest potentielle Bedeutung für ein Besteue­ rungsverfahren zumisst (§ 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG). Daten, die von der Zentralstelle wegen des (vagen) Verdachts irgendeiner Straftat an die Strafverfolgungs-/Polizeibehörden übermittelt wurden (insbesondere Verdachtsmeldungen), können von diesen ebenfalls sowohl für Zwecke des Besteuerungs- als auch des Steuerstrafverfahrens an die Finanzbehör­ 1234 BT-Drs. 18/11555, S. 146. Ob sich die Bundesregierung hier nicht irrt, wird in Kapitel 3 untersucht. 1235 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 30–31. 1236 Kapitel 2 C. II. 2.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

den übermittelt werden; für Aufzeichnungen nach § 11 GwG gilt dies jedoch nur dann, wenn sie von den genannten Behörden im Rahmen ir­ gendeines Strafverfahrens herangezogen worden sind.

Verpflichteter i. S. d. GwG §§ 94 ff., §§ 160 ff. StPO

§§ 93 ff. AO

§ 32 II GwG

FIU

StA/LKA

§§ 93 ff. AO §§ 94 ff., §§ 160 ff. StPO (über §§ 208, 404 AO)

§ 32 VI AO § 32 III 2 GwG

FA (Besteuerungsverfahren)

§§ 29b, 29c AO

FA (Steuerstrafverfahren)

Abbildung 5  Zugang der Finanzbehörden zu GwG-Daten

Schließlich räumt § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e GwG den Finanzbe­ hörden unbeschränkten Zugriff auf das Transparenzregister ein. 5. Übermittlungswege und Verwendungszwecke in der Praxis Gesichert scheint, dass seit den 1990er Jahren zum Zwecke der Geldwä­ schebekämpfung erhobene Daten an die Finanzbehörden weitergeleitet und für Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren verwendet werden.1237 Deutschland teilte der OECD im Rahmen ihrer Befragung über den Zu­ gang der Finanzbehörden zu Geldwäscheinformationen mit, dass es auf­ grund von Verdachtsmeldungen zu mehreren hundert steuerstrafrecht­ lichen Ermittlungsverfahren gekommen sei.1238 Auch in dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der GwRL IV heißt es, durch die verstärk­ te Zusammenarbeit der FIU mit den Finanzbehörden „können voraus­ sichtlich steuerliche Mehreinnahmen bei Bund und Ländern befördert werden, die jedoch nicht quantifizierbar sind.“1239

1237 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 37. 1238 OECD, Access for tax authorities to information gathered by anti-money laun­ dering authorities, 2007, Rn. 467. 1239 BT-Drs. 18/11555, S. 2, 91.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Welche Bedeutung der Datenfluss zwischen den Finanzbehörden in der Praxis hat, ist jedoch schwer zu ermitteln. Den Jahresberichten der FIU kann hierzu nichts entnommen werden; sie enthalten lediglich ­Informationen über Mitteilungen nach § 31b AO. Im Rahmen dieser ­Untersuchungen wurden Anfragen beim Bundesfinanzministerium, den mittleren Finanzbehörden aller Bundesländer, der Zentralstelle für Fi­ nanztransaktionsuntersuchungen, dem Bundesverwaltungsamt (als Auf­ sichtsbehörde der registerführenden Stelle) und der Bundesanzeiger ­Verlag GmbH (registerführende Stelle) gestellt. Diese blieben teils unbe­ antwortet, teils wurde die Antwort mit verschiedenen Begründungen verweigert. Einige Behörden beantworteten Anfragen, jeweils in unter­ schiedlicher Form (Telefonate, per E-Mail, persönliche Interviews). Aus den so erlangten Informationen und weiteren Interviews mit Experten der Privatwirtschaft sowie der Literatur- und Rechtsprechungsanalyse lässt sich zumindest ein grobes Bild des tatsächlichen Informationsflus­ ses von der FIU und den Strafverfolgungs- und Polizeibehörden zu den Finanzbehörden zeichnen.1240 Zu bemerken ist, dass die Nutzung des Anti-Geldwäsche-Instrumenta­ riums für steuerliche Zwecke in Deutschland noch weitgehend am An­ fang zu stehen scheint, was mit dem Selbstverständnis der betroffenen Behörden und Amtsträger, den gewachsenen Strukturen, rechtskulturel­ len Fragen (insb. der Bedeutung des Steuergeheimnisses) und Rechtsunsi­ cherheiten hinsichtlich des Zusammenspiels des Geldwäschestraftatbe­ standes mit dem Steuerstrafrecht zusammenhängen könnte.1241 a) Relevante Daten und Informationswege Von wesentlicher Bedeutung sind die Informationen aus Verdachts­ meldungen, wobei es hinsichtlich ihrer Bedeutung als Ansatzpunkt für ein Steuerstraf- oder (Nach-)Besteuerungsverfahren größere Unterschie­ de zwischen den Bundesländern zu geben scheint. Die Finanzbehör­ den erhalten die Verdachtsmeldungen entweder unmittelbar von der Zentralstelle oder – häufiger – von den Landesbehörden, die Adressat für die weitergeleiteten Verdachtsmeldungen sind; diese sind in manchen Bundesländern die Landeskriminalämter, insb. die dort angesiedelten Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppen, in anderen dagegen die Staats­ anwaltschaften (siehe auch Abbildung 5). Es handelt sich praktisch aus­ schließlich um Meldungen von Verpflichteten aus dem Bereich der ­Kredit- und Finanzinstitute. Die Befragten aus dem Bereich der Finanz­ 1240 Nicht alle befragten Behörden und Personen haben zugestimmt, dass sie in dieser Arbeit überhaupt genannt oder mit konkreten Aussagen in Verbindung gebracht werden. Um jeglichen Rückschluss auf einzelne Befragte auszuschließen, hat sich der Verfasser für eine vollständige Anonymisierung entschieden. 1241 In diese Richtung Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (422).

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

verwaltung wussten in der Regel nicht, auf welcher Grundlage von den vorgelagerten Stellen über die Weiterleitung entschieden wird. Sie glaub­ ten jedoch, dass eine direkte Weiterleitung von der Zentralstelle an die Finanzbehörden dann erfolge, wenn es keine Hinweise auf nicht-steuer­ liche Straftaten gebe. Sofern die Weiterleitung durch die Staatsanwalt­ schaft erfolge, gehe dem typischerweise eine Einstellungsverfügung nach § 170 Abs. 2 StPO voraus.1242 Adressat der Meldungen innerhalb der Fi­ nanzbehörden sind in der Regel die Steuerfahndung bzw. speziell ein­ gerichtete Fahndungsfinanzämter. Die befragten Finanzbehörden selbst ersuchten hingegen andere Stellen kaum um Übermittlung von Ver­ dachtsmeldungen, da es reiner Zufall sei, ob Meldungen in Bezug auf ei­ nen bestimmten Steuerpflichtigen vorhanden seien; etwas anderes kön­ ne gelten, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass eine im konkreten Fall bedeutsame Meldung vorliege. Keiner der Befragten aus dem Bereich der Finanzverwaltung schrieb dem Zugriff auf Aufzeichnungen praktische Bedeutung zu. Diese sind den ­Finanzbehörden nicht ohne Weiteres zugänglich. In Betracht kommen theoretisch vor allem Auskunfts- und Vorlageersuchen nach §§ 93, 97 AO, Außenprüfungen (§ 200 AO) sowie im Rahmen steuerstrafrecht­ licher Ermittlungen Sicherstellung und Beschlagnahme nach § 94 StPO. Hierzu konnten durch Interviews keine Rechtstatsachen erhoben wer­ den. Soweit ersichtlich beschränkt sich die dazu ergangene Rechtspre­ chung auf einen Beschluss des LG Koblenz vom 29.07.1996,1243 indem aus § 10 Abs. 1 GwG a. F. ein Beschlagnahmeverbot im Steuerstrafver­ fahren hinsichtlich der Aufzeichnungen über die Kundenidentifizerung abgeleitet wurde; ob auch ein Beweisverbot bestand, konnte das Land­ gericht offenlassen. Dieser Beschluss hat sich mit Wegfall der Verwen­ dungsbeschränkungen, wie sie § 15 GwG a. F. vorsah, weitgehend erle­ digt. Die meisten auskunftsbereiten Landesfinanzverwaltungen hatten einen elektronischen Zugang zum Transparenzregister eingerichtet, insbeson­ dere für die Steuerfahndungsstellen, Finanzämter für Fahndung und Strafsachen und die Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung. Die Einträge im Register wurden jedoch – wie von den Praktikern aus der Wirtschaft – als inhaltlich weitgehend irrelevant angesehen. Das wird gestützt durch die Statistik über den Registerzugriff, die für den Zeit­ raum vom 01.10.2017–11.10.2018 der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen1244 entnommen 1242 So z. B. in dem OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.12.2012 – 19 U 210/12, juris, zu­ grundeliegenden Sachverhalt. 1243 LG Koblenz, Beschl. v. 29.07.1996 – 10 Qs 14/96, NJW 1997, 2613 (2613–2614). 1244 BT-Drs. 19/5354, S. 6–8.

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und für den Zeitraum 12.10.2018–26.02.2020 aufgrund eines Antrags nach § 1 Abs. 1 IFG von der Bundesanzeiger-Verlag GmbH mitgeteilt wurde1245. Demnach wurden von Behörden in den genannten Zeiträumen insgesamt 16.112 Anträge auf Einsichtnahme gestellt – davon nur 223 von Finanzämtern, Fahndungsfinanzämtern bzw. Fahndungsstellen und Zollämtern. Das Gros der Registerabrufe (15.566) erfolgte durch das Bun­ desverwaltungsamt. b) Verwertung Die Informationen werden im Steuerstrafverfahren, im Veranlagungs­ verfahren und im Vollstreckungsverfahren verwendet. In aller Regel füh­ ren die Steuerfahndungsstellen eine Vorprüfung durch, da die übermittel­ ten Daten erst durch Hinzuziehung weiterer Informationsquellen (insb. Steuerakten) auf ihre steuerliche Relevanz überprüft werden können. Er­ geben sich dabei Unstimmigkeiten, Auffälligkeiten oder anderer Abklä­ rungsbedarf, wird in der Regel der Steuerpflichtige um Auskunft ersucht (§ 93 Abs. 1 AO) oder – in geeigneten Fällen – gleich ein Steuerstrafver­ fahren eingeleitet. Besteht kein Anfangsverdacht einer Steuerstraftat, werden die übermittelten Daten in geeigneten Fällen als Kontrollmateri­ al an die Veranlagungsstellen weitergegeben. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Sachverhalte den laufenden Veranlagungszeitraum be­ treffen und deshalb noch nicht festgestellt werden kann, ob es zu einer Straftat kommen wird. Darüber hinaus werden die Daten auch im Voll­ streckungsverfahren herangezogen, um unbekanntes Vermögen des Steu­ erschuldners zu entdecken. c) Beispielfall (fiktiv) Abschließend soll anhand eines an zwei reale Fälle1246 angelehnten Bei­ spielfalls gezeigt werden, wie Geldwäsche-Daten von den Finanzbehör­ den verwertet werden können. Beispielfall: Die Steuerpflichtige betrieb eine Gastwirtschaft. Als Gewinn erklärte sie in den Jahren 01, 02 und 03 je ca. 5.000 €. Ende 03 gab sie den Betrieb wegen Unwirtschaftlichkeit auf. Die Einkommensteuer wurde im Juli 04 festgesetzt. Im August 04 tätigte sie in kurzer Folge drei Bareinzahlungen zu 10.000 €, 15.000 € und 25.000 € auf ihr privates Girokonto. Da diese Einzahlungen aus Sicht der Bank nicht mit dem Kundenprofil vereinbar waren und die Kundin auf Nachfrage keine plausible Erklärung geben konnte, erstattete die Bank eine Verdachtsmeldung, die

1245 Schreiben der Bundesanzeiger Verlag GmbH v. 28.02.2020 an den Verfasser (nicht öffentlich zugänglich). 1246 Modell stand neben dem Sachverhalt von FG Hessen, Beschl. v. 15.06.2005 – 3 V 668/05, juris, ein laufendes Ermittlungsverfahren im Zuständigkeitsbereich ei­ nes deutschen Fahndungsfinanzamts.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung an das zuständige Finanzamt weitergeleitet wurde. Welche Handlungsmöglich­ keiten hat das Finanzamt?

Der Fall dürfte auch typisch für die Fälle sein, die den Befürwortern des „Steuermodells“ vor Augen standen. So einfach, wie dessen Vertreter sich die Lösung unter Verweis auf Mitwirkungspflicht und Schätzung vorstellen, ist er jedoch nicht abzuhandeln: Richtig ist, dass von den Fi­ nanzbehörden entdeckte ungeklärte Vermögenszuflüsse Anlass zu einer Schätzung geben können. Doch weder die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen noch die Möglichkeit der Schätzung suspendieren den Untersuchungsgrundsatz, d. h. die Finanzbehörde muss innerhalb gewis­ ser Grenzen den Sachverhalt ermitteln.1247 Dabei trägt die Finanzbehörde grundsätzlich die objektive Beweislast für steuerbegründende und steuer­ erhöhende Umstände, d. h. die Unaufklärbarkeit geht zu ihren Lasten.1248 Als Regelbeweismaß gilt, dass die Finanzbehörde den Sachverhalt mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen muss, auch wenn dies im steuerlichen Massenverfahren nicht im Hinblick auf jede steuerlich erhebliche Tatsache durchgehalten werden kann.1249 Um einer Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zu entgehen, kommt ein Absenkung des erforderlichen Gewissheitsgrades in Betracht, und zwar vor allem dann, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungs­ pflichten verletzt.1250 Der Umfang der Beweismaßreduzierung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.1251 Hier kann auch § 162 AO zumindest teilweise1252 eingeordnet werden, der zu einer Absenkung des

1247 Zu den Grenzen der Ermittlungspflicht siehe Hübschmann/Hepp/Spitaler/Söhn, § 88 Rn. 149–204. 1248 So st. Rspr. seit BFH, Urt. v. 05.11.1970 – V R 71/67, BFHE 101, 156 (165). Aus­ führlich zur Beweislast im Steuerrecht m. w. N. Martens, StuW 1981, 322–332. Kurz und bündig zu Beweiswürdigung, Beweislast und Beweismaß im steuerli­ chen Verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren Krüger, DStZ 2017, 761 (762) m. w. N. 1249 Hübschmann/Hepp/Spitaler/Söhn, § 88 AO Rn. 222–223. A.A. Tipke/Kruse/Seer, § 88 AO Rn. 41–43 m. w. N., der ein solches Beweismaß für „wirklichkeits­ fremd“ und im steuerlichen Massenverfahren gar für verfassungswidrig hält. Die Ansichten unterscheiden sich im Ergebnis kaum, denn auch Söhn meint, dass sich die Finanzverwaltung nicht hinsichtlich sämtlicher steuererheblicher Tatsa­ chen diesen Grad der Überzeugung verschaffen kann und muss, sondern nur im Hinblick auf besondere Fälle, in denen ein erhöhtes Kontrollbedürfnis besteht. 1250 Ausführlich dazu im Fall von Mitteln ungeklärter Herkunft BFH, Urt. v. 15.02.1989 – X R 16/86, BFHE 156, 38 (41–43). So auch Tipke/Kruse/Seer, § 162 Rn. 4–6 (der aus § 162 Abs. 2 eine „sphärenorientierte Beweisrisikovertei­ lung“ herleitet); Hübschmann/Hepp/Spitaler/Söhn, § 88 AO Rn. 235 (der als Rechtsgrundlage § 162 Abs. 2 AO analog heranzieht). 1251 Hübschmann/Hepp/Spitaler/Söhn, § 88 Rn. 232. 1252 Bedenken gegen eine Rechtfertigung der Schätzung vor allem mit einer Verlet­ zung der Mitwirkungspflicht erhebt Hübschmann/Hepp/Spitaler/Trzaskalik, § 162 Rn. 25–26.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Beweismaßes und einer Begrenzung der Sachaufklärungspflicht führt.1253 Legt man § 162 AO dergestalt aus, dass er eine Schätzung des Grundsach­ verhalts nicht deckt, so muss zunächst festgestellt werden, ob überhaupt ein steuerlich bedeutsamer Sachverhalt vorliegt (insb. also steuerbare Einkünfte).1254 Insbesondere bei Verletzung von Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen kann es dazu ausreichen, wenn das Vorliegen eines steuerlich relevanten Sachverhalts mit einer gewissen Wahrscheinlich­ keit festgestellt wird.1255 Für den Beispielfall heißt das nun: Die Steuerpflichtige muss an der Auf­ klärung mitwirken (§§ 90, 93, 200 AO). Deshalb wird das Finanzamt die Steuerpflichtige auffordern, Auskunft über die Quelle der Mittel zu er­ teilen. Die allgemeine Mitwirkungspflicht kommt hier jedoch an ihre Grenzen, denn ein Steuerpflichtiger muss keinen „in sich geschlossenen Nachweis über die Herkunft seines Privatvermögens“ führen.1256 Insbe­ sondere ist von dem Steuerpflichtigen in seinem Privatbereich grund­ sätzlich weder eine Buchführung einzurichten noch ein Nämlichkeits­ nachweis zu führen.1257 Deshalb darf die Finanzbehörde an dieser Stelle noch keine Folgerungen zu Ungunsten der Steuerpflichtigen ziehen, sondern muss weiter ermit­ teln.1258 Um auszuschließen, dass die eingezahlten Mittel aus bislang un­ berücksichtigten oder anderen als den vermuteten Einkunftsquellen stammen, ist grundsätzlich eine Verprobung durchzuführen, namentlich eine Vermögenszuwachs-, Gesamtgeldverkehrs-, Teilgeldverkehrs- oder private Geldverkehrsrechnung zu fertigen.1259 Denn es gibt weder einen Rechts- noch einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach „hohe und im 1253 BFH, Urt. v. 15.02.1989 – X R 16/86, BFHE 156, 38 (41); Urt. v. 13.03.1985 – I R 7/81, BFHE 145, 502 (504–505). Umstritten ist, ob § 162 AO nur quantitative Schätzungen erlaubt oder auch die Schätzung qualitativer Besteuerungsmerkma­ le, siehe zum Streitstand BFH, Urt. v. 19.01.2017 – III R 28/14, BFHE 256, 403 (406). 1254 Hübschmann/Hepp/Spitaler/Söhn, § 88 Rn. 227; Hübschmann/Hepp/Spitaler/ Trzaskalik, § 162 AO Rn. 15, der zu Recht darauf hinweist, dass die Differenzie­ rung zwischen Schätzung der Höhe und dem Grunde nach nicht weiterführt. Zum selben Ergebnis kommt man aber letztlich ebenfalls, wenn man auch die Schätzung des Grundsachverhalts als von § 162 AO gedeckt ansieht, nur dass die Feststellung des Grundsachverhalts dabei nicht als Voraussetzung der Schät­ zung, sondern als Teil derselben zu betrachten ist, so die Einschätzung von Tip­ ke/Kruse/Seer, § 162 AO Rn. 5 und 20; Martens, StuW 1981, 321 (327–328). 1255 BFH, Beschl. v. 10.02.2015 – V B 87/14, juris, Rn. 11; Urt. v. 19.01.2017 – III R 28/14, BFHE 256, 403 (406). 1256 BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE 147, 105 (109). Insofern unklar BFH, Urt. v. 13.11.1969 – IV R 22/67, BFHE 97, 409 (409–410). 1257 BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE 147, 105 (108). 1258 BFH, Urt. v. 03.08.1966 – IV R 75/66, IV R 152/66, BFHE 86, 736 (738). 1259 Ob das hier der Fall wäre, ist angesichts der überschaubaren wirtschaftlichen Verhältnisse eher zu verneinen (vgl. BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

einzelnen [sic!] nicht aufgeklärte Einzahlungen auf private Sparkonten nur aus nicht gebuchten betrieblichen Einnahmen stammen könn­ ten.“1260 In Betracht kommen vielmehr andere Einkunftsquellen, die vom Finanzamt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Hier kommt noch hinzu, dass die Steuerpflichtige als Gastwirtin Bücher zu führen hatte. Tat sie dies in formell ordnungsgemäßer Weise, streitet für sie die Rich­ tigkeitsvermutung des § 158 AO. Um diese zu erschüttern genügen ein­ zelne (auch hohe) Einzahlungen für sich genommen (wohl aber zusam­ men mit weiteren Umständen) nicht.1261 Ergibt diese Rechnung einen Vermögenszuwachs oder einen Ausgaben­ überhang, so rechtfertigt dies regelmäßig die Unterstellung, dass es sich bei den Mitteln um steuerpflichtige, aber unversteuerte Einkünfte han­ delt.1262 Das gilt auch dann, wenn die Buchführung formell ordnungsge­ mäß ist.1263 Erklärt die Steuerpflichtige den Zuwachs bzw. Überhang mit Einkünften aus steuerfreien Quellen oder versteuerten Rücklagen aus früheren Zeiträumen (z. B. zu Hause angesammeltes Bargeld, zurückge­ zahlte Darlehen, Spielgewinne, Verkauf von Gegenständen aus dem Pri­ vatvermögen etc.),1264 so muss sie dies beweisen. Dabei wird aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht ganz klar, ob dies auf einer Absenkung des Beweismaßes oder auf einer Beweislastumkehr beruht.1265 147, 105 (108–109)), soll aber angenommen werden, um auf alle relevanten Ge­ sichtspunkte eingehen zu können. 1260 BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE 147, 105 (109). 1261 BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE 147, 105 (109): „Es besteht kein Er­ fahrungssatz dahingehend, daß hohe und im einzelnen nicht aufgeklärte Einzah­ lungen auf private Sparkonten nur aus nicht gebuchten betrieblichen Einnahmen stammen könnten, weil nach der Lebenserfahrung niemand so große Geldbeträ­ ge aus früheren Entnahmen im ‚Sparstrumpf‘ ansammelt, um sie auf einmal auf einem Sparkonto einzuzahlen.“ 1262 BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE 147, 105 (108); Urt. v. 13.11.1969 – IV R 22/67, BFHE 97, 409 (409–410). Zuzuordnen sind sie der Einkunftsart, die am wahrscheinlichsten erscheint, s. Berger, BB 1990, 325 (331). 1263 BFH, Urt. v. 21.02.1974 – I R 65/72, BFHE 112, 213; Urt. v. 03.08.1966 – IV R 75/66, IV R 152/66, BFHE 86, 736. 1264 Vgl. zu Einwänden dieser Art Berger, BB 1990, 325 (330–331). 1265 Siehe z. B. BFH, Urt. v. 13.11.1969 – IV R 22/67, BFHE 97, 409 (409–410): „Stellt sich heraus, daß ein Steuerpflichtiger ein Vermögen erworben hat, das (unter ­Berücksichtigung seiner Ausgaben) nicht aus dem von ihm in seinen Steuerer­ klärungen gegebenen Einkünften stammen kann, so gehört es zu den ihm […] obliegenden Mitwirkungspflichten, darzulegen, auf Grund welcher Ausnah­ mesachverhalte er das Mehr an Vermögen erworben hat.“ So auch auch BFH, Urt. v. 13.06.2013 – X B 132/12, X B 133/12, juris, Rn. 11; Beschl. v. 30.03.2006 – III B 56/05, juris, Rn. 10; Urt. v. 28.01.2009 – R 20/05, juris, Rn. 25. Andererseits BFH, Urt. v. 28.05.1986 – I R 265/83, BFHE 147, 105 (108): „Bleibt die Herkunft eines bestimmten Vermögens trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismittel unge­ klärt, so ist nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast (Feststellungslast) darüber zu befinden […]. In den Fällen der hier interessierenden Art trägt der Steuerpflichtige die objektive Beweislast (Feststellungslast) in der Regel nur

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Hat die Steuerpflichtige demnach einen Besteuerungstatbestand ver­ wirklicht, darf die Finanzbehörde gem. § 162 Abs. 2 Satz 1 AO bzw. im Fall zu verwerfender Buchführung gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 AO die Höhe der Einkünfte schätzen. Etwas anderes gilt, wenn ein Steuerpflichtiger Einlagen in das Betriebs­ vermögen tätigt und nicht erkennbar ist, aus welchen Mitteln diese stammen. Hier unterliegt der Steuerpflichtige nach ständiger Rechtspre­ chung des Bundesfinanzhofs insoweit erhöhten Mitwirkungspflichten, als bei unterlassener oder unzureichender Mitwirkung auch ohne Erstel­ lung einer Vermögenszuwachs- oder Geldverkehrsrechnung der Schluss gezogen werden darf, dass die Einlage aus steuerbaren, aber nicht ver­ steuerten Einkünften bestritten worden ist.1266 Dass dies zu einer „weit­ reichenden Dokumentation über die Quellen des privaten Vermögens führen kann“, sei deshalb gerechtfertigt, weil der Steuerpflichtige selbst den Bezug zwischen privater und betrieblicher Sphäre herstelle.1267 Auf diese Fälle werden die Finanzbehörden wohl jedoch eher im Rahmen von Außenprüfungen als durch Hinweise der Strafverfolgungsbehörden bzw. der FIU aufmerksam – denkbar sind sie jedoch, z. B. bei Einzahlungen auf betriebliche Konten, die aus Sicht der Bank ungewöhnlich erscheinen. Das „Steuermodell“ ist also zwar durchaus durchführbar, verlangt von den Finanzbehörden jedoch im Einzelfall ganz erheblichen Aufwand. Ge­ rade die Vermögenszuwachs- und Geldverkehrsrechnungen sind fehler­ anfällig und müssen strengen Anforderungen gerecht werden.1268 Ebenso wenig wie eine Einziehung auf Verdacht ist eine „Besteuerung auf Ver­ dacht“1269 zulässig. Darüber hinaus ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Schätzung nach § 162 AO für kriminalpolitische Ziele keinen Raum lässt. Sie lässt keine Ausnahme vom Gebot der Tatbestandsmäßig­ keit der Besteuerung zu (§ 85 AO) und muss der Wirklichkeit so gut wie dann, wenn mit einer dem Einzelfall angepaßten Vermögenszuwachs- und Geld­ verkehrsrechnung ein ungeklärter Vermögenszuwachs oder Ausgabenüberschuß aufgedeckt wird.“ Im Sinne einer Beweislastumkehr auch BVerfG, Beschl. v. 25.04.1988 – 1 BvR 7/88, HFR 1989, 443 (443). Eine Beweislastumkehr bejaht Geiger, FR 1991, 412 (413). In der Literatur wird bei Verletzungen der Mitwir­ kungspflicht überwiegend eine Absenkung des Beweismaßes bejaht, nicht aber eine Beweislastumkehr, siehe z. B. Hübschmann/Hepp/Spitaler/Söhn, § 90 AO Rn. 130. 1266 BFH, Beschl. v. 30.07.2002 – X B 40/02, juris, Rn. 14; Beschl. v. 03.04.2013 – X B 8/12, juris, Rn. 19– 20; Beschl. v. 13.06.2013 – X B 132/12 und X B 133/12, juris, Rn. 11; Beschl. v. 30.03.2006 – III B 56/05, juris, Rn. 8; Urt. v. 28.01.2009 – X R 20/05, juris, Rn. 25. 1267 BFH, Beschl. v. 03.04.2013 – X B 8/12, juris, Rn. 22; Beschl. v. 13.06.2013 – X B 132/12 und X B 133/12, juris, Rn. 12. 1268 Zu den Schätzmethoden und den damit verbundenen Problemen siehe z. B. Berger, BB 1990, 325–331. 1269 Tipke, VerwArch 1969, 136 (143–144).

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

möglich entsprechen; eine stark zu Ungunsten des Steuerpflichtigen aus­ schlagende Strafschätzung darf es nicht geben.1270 Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung wie im Fall Al Capone ist ebenfalls nur eingeschränkt möglich.1271 In einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ist auch die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nicht prinzipiell ausgeschlossen. Sie beruht allerdings nicht auf § 162 AO, sondern auf § 261 StPO, sodass hinsichtlich der Wirklichkeitsnähe der Schätzung im Steuerstrafverfahren eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit zu fordern ist, während im Besteuerungsverfahren die „größtmögliche Wahrscheinlichkeit“ ausreicht.1272 Schätzungen des Finanzamtes darf der Tatrichter dabei übernehmen, aber nur, wenn er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.1273 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss indes feststehen, „dass der Steuerpflichtige ei­ nen Besteuerungstatbestand erfüllt hat“ und lediglich „das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen […] ungewiss ist.“1274 Dabei darf sich das Gericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung selbst bei einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen nicht mit einem reduzierten Beweismaß zufriedengeben; nicht behebbare tat­ sächliche Zweifel dürfen sich nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken.1275

II. Einbeziehung der Finanzbehörden in die Geldwäsche­ bekämpfung Es kommt durch die Geldwäschegesetzgebung jedoch nicht nur zu einem „Import“ von Daten in die Finanzverwaltung, sondern auch zu einem „Export“. Zur Verbesserung des „Interventionsverbundes zwischen Poli­ zei, Staatsanwaltschaft und Finanzbehörden“1276 schuf der Gesetzgeber durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz1277 die Vorschrift des § 31b 1270 Hübschmann/Hepp/Spitaler/Trzaskalik, § 162 AO Rn. 39. 1271 Vgl. Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 54. 1272 Tipke/Kruse/Seer, § 162 AO Rn. 2 und 16. 1273 BGH, Beschl. v. 10.09.1985 – 4 StR 487/85, HFR 1987, 270; Beschl. v. 25.04.2007 – 5 StR 58/07 Rn. 14; Beschl. v. 19.07.2007 – 5 StR 251/07, juris, Rn. 9; Beschl. v. 29.01.2014 – 1 StR 561/13, juris, Rn. 19; Beschl. v. 06.05.2016 – 1 StR 523/15, juris, Rn. 15; Beschl. v. 20.12.2016 – 1 StR 505/16, juris, Rn. 14; Urt. v. 08.08.2017 – 1 StR 519/16, juris, Rn. 19; Urt. v. 10.07.2019 – 1 StR 265/18, ­juris, Rn. 37. 1274 BGH, Urt. v. 28.07.2010 – 1 StR 643/09, juris, Rn. 40. 1275 Vgl. BFH, Urt, v. 14.08.1991 – X R 86/88, BFHE 165, 458; Urt. v. 12.05.1992 – VIII R 33/88, BFH/NV 1992, 793; Beschl. v. 29.01.2002 – VIII B 91/01, juris, Rn. 57. 1276 Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 (18); Meyer/Hetzer, Kriminalistik 1997, 31 (35). 1277 Art. 18 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutsch­ land (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) v. 21.06.2002, BGBl. I 2002, 2316.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

AO. Nach § 31b Abs. 1 AO dürfen dem Steuergeheimnis unterliegende Daten gegenüber der zuständigen Stelle offenbart werden, wenn dies der Durchführung eines Strafverfahrens wegen Geldwäsche oder Terroris­ musfinanzierung nach § 1 Abs. 1 und 2 GwG oder zur Verhinderung, Aufdeckung oder Bekämpfung dieser Taten, der Durchführung von Buß­ geldverfahren und Aufsichtsmaßnahmen nach bestimmten Vorschriften des GwG sowie der Aufgabenwahrnehmung der Zentralstelle für Fi­ nanztransaktionsuntersuchungen dient. Auf ein begründetes Ersuchen hin müssen sie die Daten offenbaren.1278 Es handelt sich um einen eigenständigen Offenbarungstatbestand i. S. v. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Im Bereich der Barverkehrsüberwachung durch die Zollbehörden gilt § 12a Abs. 8 Satz 3 ZollVG als speziellere Vorschrift. Daneben ermöglichen §§ 31 Abs. 5, 42 Abs. 2 GwG der Zentralstelle ei­ nen Zugriff auf nach § 30 AO geschützte Daten, der auf der Offenba­ rungsbefugnis aus § 31b Abs. 1 Nr. 5 AO fußt. 1. Mitteilungspflicht aus § 31b Abs. 2 AO Absatz 2 statuiert beinahe wortgleich wie der an die Verpflichteten ge­ richtete § 43 Abs. 1 GwG eine Anzeigepflicht der Finanzbehörden (nicht jedoch anderer dem Steuergeheimnis Verpflichteter1279), wenn „Tatsa­ chen vorliegen, die darauf hindeuten, dass […] es sich bei Vermögens­ gegenständen, die mit dem mitzuteilenden Sachverhalt im Zusam­ menhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 des Strafgesetzbuchs handelt oder […] die Vermögensgegenstände im Zusam­ menhang mit Terrorismusfinanzierung stehen.“ Vor Einführung des § 31b AO ging die Finanzverwaltung bei Ersuchen um Mitteilung von einer Offenbarungsbefugnis gem. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO aus; durch Ver­ waltungsanweisungen wurde schon damals eine Offenbarungspflicht statuiert.1280 Absatz 2 ist im Hinblick auf den Umfang zu offenbarender Daten inso­ fern enger als Absatz 1, als er nur zur Offenbarung solcher Daten ver­ pflichtet, aus denen der Verdacht einer der genannten Straftaten ge­ schöpft werden kann.1281 Absatz 3 verpflichtet die Finanzbehörden zur 1278 AEAO zu § 31b Rn. 11. 1279 Kritisch deshalb Hübschmann/Hepp/Spitaler/Alber, § 31b AO Rn. 15. 1280 AEAO Zu § 30 Rn. 8.7 i. d. F. des BMF-Schreibens v. 14.01.2002 – IV A 4 – S 0062 – 1/02, BStBl. I 2002, 64: „Die Finanzbehörden sind verpflichtet, den für die Bekämpfung der Geldwäsche und terroristischer Aktivitäten zuständigen Stellen die nach § 30 geschützten Verhältnisse auf deren Ersuchen mitzuteilen. Für die Mitteilungen an die genannten Stellen besteht in diesen Fällen ein zwin­ gendes öffentliches Interesse im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 5.“ 1281 Tipke/Kruse/Drüen, § 31b AO Rn. 5; ebenso noch zu § 31b AO a. F. Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler/Alber, § 31b AO Rn. 14.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

Mitteilung an die zuständigen Behörden, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Verpflichteter eine bestimmte Ordnungswid­ rigkeit begangen hat oder dass die Voraussetzungen für bestimmte auf­ sichtliche Maßnahmen vorliegen.1282 Die Meldeschwelle in Absätzen 2 und 3 entspricht der des § 43 Abs. 1 GwG, d. h. sie liegt unterhalb des Anfangsverdachts (§ 152 Abs. 2 StPO), aber oberhalb der bloßen Vermu­ tung.1283 Hinter der Mitteilungspflicht der Finanzbehörden steht die – grundsätz­ lich sehr plausible1284 – Annahme, auf Geldwäsche hinweisende Umstän­ de könnten den Finanzbehörden „im normalen Veranlagungsverfahren, häufiger jedoch bei Außen- und Fahndungsprüfungen bekannt wer­ den.“1285 Die Ausweisung überhöhter Gewinne, die durch die Geschäfts­ tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht plausibel erklärbar sind, wird in den Materialien als Beispielfall genannt.1286 In der Praxis dürfte es den Finanz­ behörden (abgesehen vom Zoll und der SteuFa/BuStra) mangels Zugriffs auf polizeiliche Datenbanken und Register wie das Zentrale Staatsan­ waltliche Verfahrensregister (ZStV) oder das Bundeszentralregister (BZR) kaum möglich sein, über bloße Auffälligkeiten und Unplausibilitäten hinaus Hinweise auf Geldwäsche zu erkennen (also z. B. zu ermitteln, dass der Betreiber einer Gaststätte mit unplausibel hohen Umsätzen we­ gen BtM-Delikten vorbestraft ist). Dass ein Steuerpflichtiger wahrheits­ gemäß offenlegt, dass er Einkünfte aus Straftaten erzielt hat, dürfte nicht zuletzt wegen § 31b AO ausgeschlossen sein. Das macht das Dilemma deutlich, das durch Einbeziehung der Finanzbehörden in die Geldwäsche­ bkämpfung entsteht.1287 Die Finanzbehörden erstatten seit Jahren relativ stabil ca. 250–350 Meldungen pro Jahr, wie Abbildung 6 zeigt.

1282 Zu Recht für „fragwürdig“ hält dies Tipke/Kruse/Drüen, § 31b AO Rn. 2a. 1283 Tipke/Kruse/Drüen, § 31b AO Rn. 3 AO. Dafür spricht neben dem gleichlauten­ den Wortlaut auch die Entwurfsbegründung, wonach § 31b AO § 13 GwG a. F. nachgebildet sei (Entwurf 4. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14/8017, S. 144); so auch Klein/Rüsken, § 31b AO Rn. 9. A. A. (allerdings noch zur Rechts­ lage vor 2017) Hübschmann/Hepp/Spitaler/Alber, § 31b AO Rn. 14; Bülte, Die Geldwäschegesetzgebung als Ermächtigungsgrundlage für den Informationsaus­ tausch zwischen den Steuerbehörden und den Strafverfolgungsorganen, 2007, S. 108. Ebenfalls für eine Schwelle unterhalb der des § 152 Abs. 2 StPO mit Blick auf die verwandte Vorschrift des § 31a AO BFH, Beschl. v. 04.10.2007 – VII B 110/07, juris, Rn. 12–14. Strenger hingegen bei § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG, wo der BFH mit Verweis auf den Wortlaut („Tatsachen, die den Verdacht […] begrün­ den“) einen strafprozessualen Anfangsverdacht verlangt (Beschl. v. 14.07.2008 – VII B 92/08, juris, Rn. 7–8). 1284 Siehe oben Kapitel 2 B. I. 1285 Entwurf 4. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14/8017, S. 144–145. Für mög­ liche Beispielfälle siehe Löwe-Krahl, PStR 2004, 262 (262–263). 1286 Entwurf 4. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14/8017, S. 144–145. 1287 Vgl. Tipke/Kruse/Drüen, Vor §§ 31–31b AO Rn. 1 („Zielkonflikt“).

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

450 400 350 300 250 200 150 100 50 2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

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Abbildung 6  Mitteilungen nach § 31b AO (2003–2019)1288

§ 31b Abs. 1 AO führt zu Wertungswidersprüchen mit § 30 Abs. 4 Nr. 4 und 5 AO. Schutzvorschriften zugunsten des Betroffenen, wie sie in § 30 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a und b AO vorgesehen sind, enthält § 31b AO nicht. Diese waren – jedenfalls wenn man der Verwaltungsauffassung folgt – auch nicht nötig, weil § 31b Abs. 1 AO nur einen Spezialfall der Offen­ barungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO regelt. Aber auch diese Auf­ fassung krankt daran, dass zwischen Geldwäsche und ihren Vortaten ein erhebliches Unrechtsgefälle bestehen kann, das der Gesetzeswortlaut überspielt, indem er bloß an die Nachtat anknüpft. Mit anderen Worten: Nicht jede Geldwäsche-Vortat i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB ist eine Straftat, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse be­ steht. So ist z. B. auch der gewerbsmäßige Betrug nicht automatisch eine „Wirtschaftsstraftat […], die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet ist, die wirt­ schaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allge­ meinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtun­ gen erheblich zu erschüttern“ (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b AO). Auch bei

1288 Die Daten sind den online zugänglichen Jahresberichten der FIU der angegebe­ nen Jahre entnommen. Für die Jahre 2003–2016 online abrufbar unter https:// www.bka.de/DE/Aktuelle/Statistiken//FinancialIntelligenceUnitDeutschland/ financialintelligenceunitdeutschland_node.html (zuletzt geprüft am 30.10.2020) und für die Jahre ab 2017 – weniger übersichtlich – unter https://www.zoll.de/DE/​ FIU/Fachliche-Informationen/Jahresberichte/jahresberichte_node.html (zuletzt geprüft am 31.10.2020).

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

der Geldwäsche an sich ist dies – entgegen der Verwaltungsauffassung – keineswegs unzweifelhaft. § 31b AO führt insbesondere wegen der unter sehr niedrigen Vorausset­ zungen stehenden Mitteilungspflicht, die auf den wiederum ausufernden Tatbestand des § 261 StGB verweist, potenziell zu einer erheblichen Be­ schränkung des Steuergeheimnisses. Die Vorschrift ist insoweit bedenk­ lich, als sie in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift und den nemo-tenetur-Grundsatz beeinträchtigt.1289 Argumen­ tiert man im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbe­ stimmung, die Eingriffe dienten mit der Bekämpfung der Schwerstkrimi­ nalität und des Terrorismus einem wichtigen Interesse der Allgemeinheit und seien deshalb gerechtfertigt,1290 verkennt man die Funktionsweise des Norm: Soll für eine Meldung nur wenig mehr als eine Vermutung einer tatbestandlich schwer zu umreißenden Straftat ausreichen, dann lässt sich im Moment der Datenübermittlung überhaupt nicht beurtei­ len, ob überhaupt ein Bezug zu den genannten Straftaten besteht. Viel­ mehr „gilt der Grundsatz, im Zweifel eher eine Meldung zu erstatten, als sie zu unterlassen.“1291 In der überwiegenden Mehrheit der Fälle dürfte dies – wie auch bei den Meldungen der Verpflichteten nach dem GwG – nicht der Fall sein; jedenfalls ergibt sich aus den Jahresberichten der FIU nicht, dass die Meldungen der Finanzbehörden eine höhere Qualität hät­ ten. Man kann sich hier auch nicht damit herausreden, es sei nicht Auf­ gabe des Finanzamtes, konkretere Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu ermitteln, denn zur Wahrung des Steuerge­ heimnisses ist die Finanzbehörde unzweifelhaft verpflichtet – und das eine geht nicht ohne das andere.1292 Es gibt auch einen deutlichen Unter­ schied zur Offenbarungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a und b AO: Während die Offenbarung dabei in der Regel auf Ersuchen der Straf­ verfolgungsbehörden im Rahmen eines Strafverfahrens und damit jen­ seits der Schwelle des § 152 Abs. 2 StPO erfolgt, müssen im Fall des § 31b AO die meist nicht über vergleichbare (nicht-steuerstrafrechtliche) Strafrechts- und Tatsachenkenntnis verfügenden Finanzbehörden beur­ teilen, ob Tatsachen vorliegen, die auf Geldwäsche oder Terrorismusfi­ nanzierung hinweisen.1293 Schließlich ist problematisch, dass § 31b AO 1289 Marx, DStR 2002, 1467–1470. 1290 So Hübschmann/Hepp/Spitaler/Alber, § 31b AO Rn. 36 (die allerdings einen An­ fangsverdacht verlangt). 1291 Löwe-Krahl, PStR 2004, 262 (263). 1292 So zu § 31a AO Rütters, wistra 2014, 378 (380). 1293 Frank, StBp 2012, 61 (64) spricht insoweit von „unbeschlagene[n] Steuerbeam­ ten“. Dies erkennt im Hinblick auf § 31a AO auch BFH, Beschl. v. 04.10.2007 – VII B 110/07, juris, Rn. 13. Dazu passt es, wenn Tipke/Kruse/Drüen, Vor §§ 3131b AO Rn. 3 berichtet, die Bildung einer Sonderprüfgruppe für Geldwäsche-/ Terrorismusfinanzierungsverdachtsfälle habe zu einer deutlichen Reduktion der

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

nur Anlass und Umfang der Übermittlungsbefugnis regelt, aber zu der Frage schweigt, ob und ggf. wofür die Daten aus den Mitteilungen weiter­ verarbeitet werden dürfen. Damit erweist sich § 31b AO, der zu massen­ haften und heimlichen (§ 31b Abs. 4 AO i. V. m. § 47 Abs. 3 GwG) Über­ mittlung von Daten mit erheblicher Persönlichkeitsrelevanz führen kann und deshalb eine nicht erhebliche Eingriffsintensität aufweist, als insgesamt unangemessen, insbesondere als unbestimmt. Wie § 31b AO mit Blick auf den nemo-tenetur-Grundsatz zu beurteilen ist, hängt von der Reichweite der §§ 30, 393 AO ab. Grundsätzlich muss der Steuerpflichtige Einkünfte aus Straftaten erklären und kann dazu auch gezwungen werden, solange er sich dadurch keiner Steuerstraftat bezichtigen muss (§ 393 Abs. 1 Satz 2 AO). Gleichzeitig besteht wegen §§ 30 Abs. 4 Nr. 5, 31b AO die Gefahr, dass er sich durch seine (ggf. er­ zwungene) Erklärung der Verfolgung wegen einer nicht-steuerlichen Straftat aussetzt. Ob § 393 Abs. 2 Satz 2 AO dem Steuerpflichtigen hier weiterhilft, ist unklar: § 393 Abs. 2 Satz 2 AO verweist nur auf § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO, nicht aber auf § 31b AO, d. h. eine Verwertung im Straf­ verfahren wegen einer nicht-steuerlichen Straftat ist nur insoweit zuläs­ sig, wie Geldwäsche und ihre Vortaten unter § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO subsu­ miert werden können.1294 Geht man mit der Finanzverwaltung davon aus, dass Geldwäsche (und ihre Vortaten) stets unter § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO fällt,1295 kommt es am Ende wieder darauf an, ob man § 393 Abs. 2 Satz 2 AO für verfassungsgemäß hält.1296 Nach der zutreffenden Gegenansicht, wonach Geldwäsche und ihre Vortaten nicht stets Straftaten sind, an de­ ren Verfolgung ein „zwingendes öffentlichtes Interesse“ besteht,1297 folgt hingegen insoweit, als § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO nicht eingreift, aus § 393 Abs. 2 Satz 2 AO ein Beweisverbot (und wohl auch ein Übermittlungs­ verbot).1298

Mitteilungen geführt (die sich allerdings nicht im Gesamtmitteilungsaufkom­ men bemerkbar gemacht hat, siehe Abbildung 6). 1294 Bülte, Die Geldwäschegesetzgebung als Ermächtigungsgrundlage für den Infor­ mationsaustausch zwischen den Steuerbehörden und den Strafverfolgungsorga­ nen, 2007, S. 108; Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 251. 1295 AEAO Zu § 30 Rn. 8.7 i. d. F. des BMF-Schreibens v. 14.01.2002 – IV A 4 – S 0062 – 1/02, BStBl. I 2002, 64. 1296 Im Schrifttum wird § 393 Abs. 2 Satz 2 AO überwiegend für verfassungswidrig gehalten, siehe m. w. N. Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, 253, Fn. 693; Rütters, wistra 2014, 378 (382, Fn. 59). 1297 Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 245–249. 1298 Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 250–251, der hier auch eine Fernwir­ kung bejaht (S. 256–261). Vgl. zur weitgehend parallelen Diskussion bei § 31a AO Rütters, wistra 2014, 378 (382–384).

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

Daneben wird § 31b AO aus rechtspolitischen Gründen kritisert (wie auch §§ 31, 31a AO). Marx etwa spricht von einer „Instrumentalisierung des Steuerrechts für nichtfiskalische Zwecke“1299, Drüen beklagt eben­ falls, dass Finanzbehörden zunehmend als „administrative[n] Informati­ onsquelle für außersteuerliche Zwecke“ 1300 herangezogen würden.1301 Die Erweiterung der Offenbarungs- und Mitteilungspflichten (§ 31b Abs. 1 Nr. 3–5 und Abs. 3 AO) ist gleichwohl ein weiterer Schritt in diese Richtung.1302 2. Zugang der FIU zu dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten An die Offenbarungsbefugnis in § 31b Abs. 1 Nr. 5 AO knüpfen § 31 Abs. 5 und § 42 Abs. 2 GwG an, die der FIU weitere Möglichkeiten des Zugangs zu nach § 30 AO geschützten Daten einräumen. a) § 31 Abs. 5 GwG § 31 Abs. 5 GwG sieht einen im Regelfall zweistufigen Prozess vor: Zu­ nächst ermittelt die FIU die Identifikationsnummer (§ 139a Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 AO) des Betroffenen; zu diesem Zweck darf sie gem. § 31 Abs. 5 Satz 2 GwG automatisiert auf die Datei nach § 139b AO zugreifen. Nach § 139b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO ist die Verarbeitung der Identifikations­ nummer durch andere öffentliche Stellen als die Finanzbehörden ohne Einwilligung des Betroffenen u. a. insoweit zulässig, wie dies durch eine Rechtsvorschrift ausdrücklich erlaubt oder angeordnet wird.1303 31 Abs. 5 GwG ist eine solche ausdrückliche Erlaubnisnorm. Anhand der Steuer-ID kann die FIU feststellen, welche Finanzbehörde örtlich zuständig ist und im zweiten Schritt gem. § 31 Abs. 5 Satz 1 GwG ein Auskunftsersuchen an diese richten. Gemäß § 31 Abs. 5 Satz 3 GwG richten sich die Offenbarungsbefugnisse im Rahmen von Auskunftsersu­ chen nach § 31b Abs. 1 Nr. 5 AO, der wiederum jede Offenbarung er­ laubt, die dem Zweck „der Wahrnehmung von Aufgaben nach § 28 Abs. 1 des Geldwäschegesetzes“ durch die FIU dient. Gegenüber der FIU ist das Steuergeheimnis also in bedenklichem Umfang aufgehoben. Ein gewisser 1299 Marx, DStR 2002, 1467 (1468–1470). 1300 Tipke/Kruse/Drüen, Vor §§ 31–31b AO Rn. 3. 1301 Für unbegründet hält diese Kritik hingegen Hübschmann/Hepp/Spitaler/Alber, § 31b AO Rn. 40. 1302 So Löwe-Krahl, PStR 2011, 63 (65), der es für rechtspolitisch fragwürdig hält, die Finanzbehörden zu „Geldwäschekontrolleuren“ zu machen, während er die Mit­ teilungspflicht bei Geldwäscheverdacht befürwortet. 1303 Das hat der Bundesfinanzhof für grundsätzlich verfassungskonform gehalten, sie­ he BFH, Urt. v. 18.01.2012 – II R 49/10, DStR 2012, 283 (292). Zur Abfrage der Steuer-ID im Rahmen der zollrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung siehe jüngst EuGH, Urt. v. 16.01.2019 – Rs. C-496/17, EuZW 2019, 746–750.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

Schutz gegen Zweckentfremdung und Weitergabe durch die FIU wird noch dadurch gewährleistet, dass auch die Mitarbeiter der FIU gem. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c, Nr. 2 AO das Steuergeheimnis zu wahren haben, d. h. auch sie geschützte Daten nur nach Maßgabe des § 30 Abs. 4 AO offenbaren dürfen. b) § 42 Abs. 2 GwG Nach § 42 Abs. 2 GwG sind auch die Finanzbehörden verpflichtet, die FIU über die „abschließende Verwendung der bereitgestellten Informati­ onen und über die Ergebnisse der auf Grundlage der bereitgestellten In­ formationen durchgeführten Maßnahmen“ zu benachrichtigen. Von Be­ deutung ist diese Rückmeldeverpflichtung nur, wenn es entweder zu keinem Steuerstrafverfahren kommt oder dieses nicht von der Staatsan­ waltschaft geführt wird (siehe dazu § 386 Abs. 2–4 AO); die Rückmelde­ verpflichtung der Staatsanwaltschaft folgt aus § 42 Abs. 1 GwG. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO sieht für diese Fälle explizit eine Ausnahme von § 30 Abs. 1 AO vor. Es handelt sich dabei um eine bundesgesetzlich geregelte Offenbarungsbefugnis i. S. v. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Angesichts der Tatsa­ che, dass eine Datenübermittlung durch die FIU in aller Regel weitere Ermittlungen (Auskunftsersuchen, Außenprüfung etc.) nach sich zieht, die wieder neue Informationen zutage fördern, ist nicht klar, wie weit die Rückmeldeverpflichtung reicht.1304

III. Aufnahme von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog Steuerstraftaten sind seit 1998 im Vortatenkatalog des § 261 StGB ent­ halten. Zunächst handelte es sich nur um Schmuggel (§ 373 AO) und gewerbsmäßige Steuerhehlerei (§ 374 AO).1305 Die Aufnahme der Steuer­ hinterziehung in den Vortatenkatalog wurde schon in den 1990er Jahren gefordert und ist inzwischen teilweise Wirklichkeit geworden. Die Ent­ wicklung verlief in zwei Phasen: Der erste Versuch war der 2001 geschaf­ fene Verbrechenstatbestand des § 370a AO, durch den die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung über § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB zur Vortat wurde. Nach Aufhebung des § 370a AO im Jahr 2008 wurde § 370 AO in die Liste der Vergehen aufgenommen (§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a AO), die bei gewerbs- oder bandenmäßiger Begehung Vor­ taten der Geldwäsche sein können. 1304 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 42 GwG Rn. 16 meint z. B., dass auch die im Nachgang einer Übermittlung und weiterer Maßnahmen festgestellten Steuer­ nachforderungen gemeldet werden sollten; siehe dort auch zu den weiteren Schwierigkeiten des Rückmeldeverfahrens im Bereich der Finanzbehörden. 1305 Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Krimi­ nalität v. 05.04.1998, BGBl. I 1998, 845.

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1. 2001–2008: Steuerhinterziehung als Verbrechen Durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) v. 19.12.20011306 wurde mit § 370a AO ein Verbrechenstatbestand der gewerbs- oder ban­ denmäßigen Steuerhinterziehung eingeführt. Die Vorschrift trat – an­ ders als das StVBG im Übrigen – am Tag nach der Verkündung, d. h. am 28.12.2001 in Kraft. Sie lautetete in der Ursprungsfassung: „Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer gewerbs­ mäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht ge­ rechtfertigte Steuervorteile erlangt.“

Hintergrund des Gesetzesvorhabens war die Gefährdung des Umsatz­ steueraufkommens vor allem durch den sog. Karussellbetrug.1307 Im ­ursprünglichen Entwurf wurden als Mittel dagegen zunächst nur ver­ stärkte umsatzsteuerliche Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen vorge­ schlagen, z. B. Steuererstattung nur gegen Sicherheitsleistung (§ 18f UStG), Haftung für schuldhaft nicht abgeführte Steuer (§ 25d UStG a. F.1308), Nachschau (vorgeschlagen als allgemeine Nachschau, dann auf die Umsatzsteuer beschränkt und statt in § 88a AO-E in § 27b UStG ver­ ankert) oder verbesserter Informationsaustausch zwischen den Finanzbe­ hörden. Der Bundesrat regte die Schaffung eines Straftatbestandes für das vorsätzliche Nichtentrichten der in einer Rechnung ausgewiesenen Um­ satzsteuer an und die Bundesregierung versprach dies zu prüfen;1309 auf die Einführung eines Verbrechenstatbestandes der Steuerhinterziehung wies zu diesem Zeitpunkt aber noch nichts hin.1310 § 370a AO tauchte zum ersten Mal in einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf.1311 Die Begründung der Vorschrift fällt „auffällig wortkarg“1312 aus und lohnt, hier wiedergegeben zu werden: „Die vorgesehene Neuregelung berücksichtigt, dass nicht jede Form der Steuer­ hinterziehung Teil Organisierter Kriminalität ist. Die Ergänzung der AO um eine neue Vorschrift des § 370a AO trägt jedoch der Tatsache Rechnung, dass Verdäch­ 1306 BGBl. I 2001, 3922. 1307 StVBG-Entwurf, BT-Drs. 14/6883, S. 7. Siehe dazu schon Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2000 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, 2000, S. 216–222. Kurz und eingängig zur Funktionsweise eines sog. Umsatzsteuerka­ russells Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 43–46. 1308 Aufgehoben durch Art. 12 Nr. 18 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förde­ rung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2451; zur Begründung siehe BT-Drs. 19/13436, S. 160. Gegen Umsatzsteuerbetrug richtet sich der durch dieses Gesetz neu ge­ schaffene § 25f UStG (dazu BT-Drs. 19/13436, S. 160–161). 1309 Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 14/7085, S. 3 und 4. 1310 Fahl, ZStW 2002, 794 (796). 1311 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drs. 14/7470, S. 9. 1312 Salditt, StV 2002, 214 (219).

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht tige und Täter, die der Organisierten Kriminaltitä zuzurechnen sind, in der Regel ihre steuerlichen Verpflichtungen in nicht ordnungsgemäßer Weise erfüllen. Systematisch, d. h. gewerbsmäßig oder bandenmäßig betriebene Steuerhinterzie­ hung gehört schon wegen des Entdeckungsrisikos bei kriminellen Aktivitäten zum Funktionsmodus der Organisierten Kriminalität. Steuerhinterziehung ist auch Konsequenz des besonders hemmungslosen Bereicherungsstrebens im Be­ reich der Organisierten Kriminalität. Die hinterzogenen Steuern erhöhen die Fi­ nanzmacht der Organisierten Kriminalität und vergrößern damit ihre ohnehin schon bestehende außerordentliche Gefährlichkeit. Durch die vorgesehene Mindeststrafe von einem Jahr wird die Tat als Verbrechen eingestuft und unterfällt gemäß § 261 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 StGB ohne Weiteres dem Vortatenkatalog der Geldwäsche.“1313

Gleichzeitig wurde § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB geändert, sodass „im Falle des § 370a AO der Abgabenordnung […] Satz 1 auch für unrechtmäßig erlangte Steuervergütungen sowie für Vermögensbestandteile, hinsicht­ lich derer Abgaben hinterzogen worden sind [gilt].“ Dadurch wird die im Fall unrechtmäßiger Steuerverkürzungen erzielte „Ersparnis“ als „Ge­ genstand“ i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 1 AO fingiert. Damit werde „sicherge­ stellt, dass auch Vermögensbestandteile erfasst werden, die zwar nicht aus der Steuerstraftat selbst hervorgegangen sind, jedoch in klarem Zu­ sammenhang mit dieser stehen.“1314 Die Kritik an § 370a AO ließ nicht lange auf sich warten und entfaltete große Intensität.1315 Sie setzte sich auch an der durch den Gesetzgeber schon bald nach dem Inkrafttreten geänderten Fassung des § 370a AO fort, die u. a. als zusätzliches Tatbestandsmerkmal eine „Steuerverkür­ zung in großem Ausmaß“ einführte.1316 Sie kann und muss hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden.1317 Anzumerken ist jedoch, dass der Bezug zur Organisierten Kriminalität, der in den Materialien hergestellt wird, nur vorgeschoben war, ebenso die Einbettung in den Kontext des Umsatzsteuerbetrugs.1318 Ob und inwieweit der behauptete Zusammen­ hang mit der sog. Organisierten Kriminalität oder Kriminalität überhaupt besteht, ist zweifelhaft;1319 jedenfalls sind die Merkmale „gewerbsmäßig“ 1313 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 14/7471, S. 9. Bemerkenswert ist, dass die Entwurfsbegründung hier streckenweise wortwörtlich mit den Ausführun­ gen von Hetzer, ZRP 2001, 266 (270–271) übereinstimmt. 1314 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 14/7471, S. 9. 1315 Siehe dazu ausführlich m. w. N. Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006. 1316 Art. 7 Nr. 4 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungs­ gesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.07.2002, BGBl. I 2002, 2715. 1317 Ein knapper Überblick findet sich bei Rüping/Ende, DStR 2008, 13 (14–15). 1318 Vgl. auch sehr kritisch Seer, BB 2002, 1677 (1679). 1319 Zum Versuch, § 370a AO auf OK-Fälle zu reduzieren Hentschel, NJW 2002, 1703 (1704); Spatscheck/Wulf, NJW 2002, 2983 (2985); zu Recht ablehnend Bittmann, wistra 2003, 161 (162).

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und „bandenmäßig“ nicht nur keine brauchbaren Indikatoren Organi­ sierter Kiminalität – was auch immer das sein soll –,1320 es ist überhaupt fraglich, welche Aussagekraft sie als Indikatoren für einen erhöhten Un­ rechtsgehalt von Steuerstraftaten haben. Legt man die Definition des Bundesgerichtshofs zugrunde, wäre Gewerbsmäßigkeit z. B. bereits dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige einmal eine falsche Entfernung von der Wohnung zum Arbeitsort angibt und dies in späteren Steuerer­ klärungen nicht mehr korrigieren kann, ohne sich selbst zu belasten.1321 Schon dieses kleine Beispiel zeigt, dass die gewerbsmäßige Steuerhinter­ ziehung ebenso wie die Steuerhinterziehung insgesamt ein Massenphä­ nomen ist. Versuche, das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit im Rahmen des § 370a AO einzuschränken, überzeugen nicht.1322 Die Gewerbsmäßig­ keit ist und bleibt als Indikator für ein erhöhtes Unrecht der Steuerhin­ terziehung ohne Differenzierung zwischen den Steuerarten aufgrund des Periodizitätsprinzips unbrauchbar. Auch das Merkmal der „Bandenmä­ ßigkeit“ bewertet durchaus deliktstypisches Verhalten ohne Not als un­ rechtserhöhend, selbst wenn man mit dem Bundesgerichtshof erst ab drei Personen von einer Bande sprechen kann;1323 erfasst wäre z. B. der Fall, dass Ehegatten zusammen mit ihrem Steuerberater in der gemeinsamen Steuererklärung falsche Angaben machen.1324 Ein echter Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerbetrug bestand schon deshalb nicht, weil § 370a AO auf alle Steuerarten anwendbar war.1325 Darüber hinaus wurden eben­ 1320 Wirtz, Das „Al Capone-Prinzip“, 2006, S. 64–67, hebt auf die begriffliche Un­ schärfe des OK-Begriffs ab. 1321 Wegen der Möglichkeit der Selbstanzeige (§ 371 AO) geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass die steuerlichen Erklärungspflichten auch in solchen Fällen nicht wegen des nemo-tenetur-Grundsatzes suspendiert seien, vgl. BGH, Beschl. v. 10.01.2002 – 5 StR 452/01, juris, Rn. 4–8; Beschl. v. 26.04.2001 – 5 StR 587/00, juris, Rn. 30–31. 1322 Burger, wistra 2002, 1 (2–6) und Joecks, DStR 2001, 2184 (2187–2188) meinen, die alljährliche Abgabe unrichtiger Steuererklärungen unterfalle nicht dem Be­ griff der Gewersbmäßigkeit; a. A. Hillmann-Stadtfeld, DStR 2002, 434 (436). Schiffer, BB 2002, 1174 (1176) meint, das bloße Ersparen von Aufwendungen könne man nicht als Sich-Verschaffen einer Einnahmequelle i. S. eines Zuflusses verstehen und verneint deshalb die Gewerbsmäßigkeit. Gegen jeglichen Ein­ schränkungsversuch zutreffend BGH, Beschl. v. 22.07.2004 – 5 StR 85/04, juris, Rn. 11. 1323 Siehe grundlegend BGH, Beschluss v. 22.03.2001 – GSSt 1/00, NJW 2001, 2266 (insb. 2267). 1324 Fahl, ZStW 114 (2002), 794 (801). Gegen jeglichen Einschränkungsversuch auch hier wieder zutreffend BGH, Beschl. v. 22.07.2004 – 5 StR 85/04, juris, Rn. 11. Zu Gewerbs- und Bandenmäßigkeit sehr ausführlich Wirtz, Das „Al Capone-Prin­ zip“, 2006, S. 108–142, der im Ergebnis überzeugend ebenfalls eine spezifisch steuerstrafrechtliche Auslegung der Begriffe ablehnt. 1325 Vgl BGH, Urt. v. 28.10.2004 – 5 StR 276/04, juris, Rn. 22. In der Literatur wurde eine Reduktion auf die Umsatzsteuerhinterziehung vorgeschlagen bzw. ange­ nommen, z. B. von Wegner, wistra 2002, 205–208; Hentschel, NJW 2002, 1703 (1704); tendenziell auch Schiffer, BB 2002, 1174 (1176–1177). A. A. Fahl, ZStW

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falls durch das StVBG, wiederum auf Initiative des Finanzausschusses,1326 §§ 26b, 26c UStG geschaffen, wonach die vorsätzliche Nichtentrichtung von Umsatzsteuer eine Ordnungswidrigkeit und bei banden- oder ge­ wersbmäßiger Begehung ein Vergehen darstellt. Gerade diese Vorschrif­ ten finden sich jedoch bis heute nicht im Vortatenkatalog des § 261 StGB. § 370a AO als Maßnahme gegen Umsatzsteuerbetrug oder die Organisier­ te Kriminalität zu sehen, greift deshalb zu kurz. Die Einbeziehung von Steuerstraftaten verlangten 2001 auch weder europa- noch völkerrechtli­ che Verpflichtungen, genausowenig die Standards der FATF.1327 Die Ein­ führung des § 370a AO stellt vielmehr den Schlussstein des bereits ange­ sprochenen „Steuermodells“ dar.1328 Meyer, der als „spiritus rector“ auch des § 370a AO gelten kann,1329 benennt drei gesetzgeberische Motive für die Einführung des § 370a AO: Es solle klargemacht werden, dass Steuer­ hinterziehung kein Kavaliersdelikt sei und in ihrer banden- oder gewerbs­ mäßigen Form nicht mit „besonderer Milde“ bedacht werden dürfe;1330 Kreditinstitute sollten davon abgeschreckt werden, „geradezu für die An­ lage von Schwarzgeld zu werben“;1331 schließlich, und für Meyer ent­ scheidend (!), sei über die Kette § 370a AO – § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB – § 10 Abs. 2, 11 Abs. 6 GwG (a. F.) der Weg zur „Gewinnabschöp­ fung durch Besteuerung“ eröffnet.1332 Für Meyer und auch Hetzer war § 370a AO Teil eines Gesamtpaketes, nicht etwa zur Bekämpfung der Schwerkriminalität, sondern der Steuerhinterziehung und damit eines Phänomens der Massenkriminalität.1333 Zutreffend fasst Seer zusammen: 114 (2002), 794 (800); Müller, DStR 2002, 1641 (1642) ; Salditt, StV 2002, 214 (215); Wirtz, Das Al-Capone-Prinzip (2006), S. 50; Bittmann, wistra 2003, 161 (162). 1326 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drs. 14/7470, S. 7; Bericht des Finanzausschusses, 14/7471 v. 23.11.2001, S. 7–8. 1327 Dazu siehe Kapitel 2 A. So auch Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 57–63. 1328 Meyer im Interview mit Hund/Johnigk/Wollburg, DStR 2008, 879 (879). Siehe auch Salditt, StV 2002, 214 (216). 1329 So Franzen/Gast-deHaan/Joecks, § 370a AO Rn. 3; ähnlich Seer, BB 2002, 1677 (1678); Bittmann, wistra 2003, 161 (164); Rüping, DStR 2002, 1417 (1417, 1418) nennt Meyer gar den „personifizierten historischen Gesetzgeber“. Siehe auch Fn. 1313 zur Wortgleichheit von Veröffentlichungen Hetzers und der Begründung zu § 370a AO. 1330 So auch in markigen Worten Lydia Westrich (SPD), Stenographischer Bericht der 203. Sitzung des 14. Deutschen Bundestages am 27.11.2001, S. 19960 (D): „Steu­ erhinterziehung ist keine Ordnungswidrigkeit. Sie ist ein Verbrechen.“ 1331 So auch Meyer in Jahn, Steuerhinterziehung auch Geldwäsche, FAZ v. 23.11.2001, S. 17: „Meyer […] nannte als ‚Zielgruppe‘ ausdrücklich Kreditinstitute, ‚die wis­ sentlich oder leichtfertig Schwarzgelder anlegen oder transferieren‘.“ 1332 Meyer im Interview mit Hund/Wollburg, NJW 2002, 879 (879–880). Siehe auch Salditt, StV 2002, 214 (218); Hübschmann/Hepp/Spitaler/Alber, § 31b AO Rn. 3. 1333 Rüping/Ende, DStR 2008, 13 (14). Meyer freilich argumentierte, mit § 370a AO sei eine „sozialethische Neubewertung“ der Steuerhinterziehung erfolgt, siehe Jahn, Steuerstrafrecht wird etwas entschärft, FAZ v. 11.05.2002, S. 13.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung „Der Gesetzgeber bedient sich mit dieser sog. Steuerstrategie eines rechtsstaats­ widrigen Formenmissbrauchs: Er schraubt das strafrechtliche Sanktionsniveau auf Verbrechensstärke, um zu einem deutlich erweiterten Arsenal grundrechtsbe­ schränkender Eingriffsmittel zu gelangen und mittelbar Erkenntnisse für das Be­ steuerungsverfahren zu gewinnen.“1334

2. Seit 2008: Qualifizierte Steuerhinterziehung als Katalogtat Nachdem auch der BGH die Verfassungsmäßigkeit des § 370a AO be­ zweifelt hatte,1335 wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 01.01.2008 auf­ gehoben1336 und teilweise in § 370 Abs. 3 AO überführt.1337 Gleichzeitig wurden § 370 Abs. 3 Satz 2 AO und § 261 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB ge­ ändert. Nach § 261 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b StGB ist seitdem ein Vergehen nach § 370 AO Vortat der Geldwäsche, wenn es gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Bege­ hung solcher Taten verbunden hat, begangen worden ist. § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB fingiert weiterhin u. a. die durch Steuerhinterziehung erspar­ ten Aufwendungen als „Gegenstand“ i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB. Abgesehen davon, dass Steuerstraftaten, bei denen der Erfolg in ersparten Aufwendungen besteht, sich nicht zwanglos in das ursprüngliche Ver­ ständnis der Geldwäsche einbeziehen lassen, ist dies vor allem deshalb kritikwürdig, weil die Wertungen in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b StGB und § 370 Abs. 3 AO (besonders schwerer Fall der Steuerhinter­ ziehung) auseinanderlaufen. Während die Gewerbsmäßigkeit in den Re­ gelbeispielen des § 370 Abs. 3 AO gar nicht mehr vorkommt und die ­Bandenmäßigkeit nur im Hinblick auf Umsatz- und Verbrauchssteuer­ hinterziehung Bedeutung hat (§ 370 Abs. 3 Nr. 5 AO), konserviert der Vortatenkatalog den gescheiterten § 370a AO in seiner ursprünglichen Fassung.1338 Die vollkommen zu Recht gegen diese Vorschrift vorgebrach­ te Kritik blieb ungehört. Insbesondere das Merkmal der Gewerbsmäßig­ keit hat bei der Steuerhinterziehung praktisch keine Filterfunktion.1339 1334 Seer, BB 2002, 1677 (1679). Ähnliche Argumentation bei Schiffer, BB 2002, 1174 (1177). 1335 BGH, Beschl. v. 22.07.2004 – 5 StR 85/04, juris, Rn. 8–13; Beschl. v. 29.10.2004 – 5 StR 276/04, juris, Rn. 20–22; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 26.10.2006 – 1 Ws 87/06, 1 Ws 88/06, juris, Rn. 43. Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 191, ging gleichwohl nicht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht § 370a AO mangels Bestimmtheit für verfassungswidrig halten würde. 1336 Art. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen v. 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3198. Zur Begründung siehe BT-Drs. 16/5846, S. 74. 1337 Zu den Auswirkungen Rüping/Ende, DStR 2008, 13 (15–18). 1338 Auf diesen Wertungswiderspruch ebenfalls hinweisend AG Tiergarten, Beschl. v. 06.05.2013 – (249) 241 Js 757/12 (38/13), juris, Rn. 9. 1339 Vgl. dazu im Kontext des § 261 StGB AG Tiergarten, Beschl. v. 06.05.2013 – (249) 241 Js 757/12 (38/13), juris, Rn. 9.

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3. § 261 StGB: Bett des Prokrustes Die Einbeziehung von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB bringt erhebliche Probleme mit sich: Zum einen führt § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB, wonach auch ersparte Aufwendungen als Tat­ objekt des § 261 StGB gelten, zu unlösbaren Auslegungsschwierigkeiten. Zum anderen ergeben sich auf Sanktionsseite Unstimmigkeiten. a) Die Erfindung des „gegenständlichen Nichts“ Kernproblem der Einbeziehung von Steuerstraftaten, die zu ersparten Aufwendungen führen, ist der Gegenstandsbegriff in § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB. Zwar ordnet Satz 3 an, dass auch die durch eine Steuerhinterzie­ hung ersparten Aufwendungen als „Gegenstand“ anzusehen seien. Dass das nicht zur Grundkonzeption des Geldwäschetatbestandes passt, ist bereits dargelegt worden. Satz 3 hebt auch das Herrührensprinzip auf, erkennt doch der Gesetzgeber selbst an, dass die ersparten Aufwendun­ gen nicht aus der Tat hervorgegangen sind, sondern mit ihr lediglich in Zusammenhang stehen.1340 Die Auswirkungen der Fiktion von ersparten Aufwendungen als „Gegenstände“ beschränken sich dabei nicht auf ein konzeptionelles Knirschen, sondern erreichen geradezu grosteke Aus­ maße: Da für Steuern das Gesamtvermögen des Steuerpflichtigen haftet, lassen sich die ersparten Aufwendungen durch eine Tat nach § 370 AO nicht konkretisieren. Für die Tathandlungen des § 261 StGB bedarf es je­ doch ­eines Anknüpfungspunktes, eines Gegenstandes. Zu diesem Zweck wird durch § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB ein „gegenständliches Nichts“1341 konstruiert. Eine andere Möglichkeit wäre es gewesen, wie z. B. der bri­ tische Gesetzgeber an den Begriff des Vorteils anzuknüpfen. Gewonnen wäre damit freilich nichts, weil es nach der Logik des § 261 Abs. 1 und 2 StGB irgendetwas geben muss, das man verbergen oder dessen Herkunft man verschleiern kann, das aufgefunden, eingezogen oder sichergestellt, verschafft, verwahrt oder verwendet werden kann. Wie das bei einem Vermögensvorteil funktionieren soll, der lediglich rechnerisch durch ei­ nen Vergleich der tatsächlichen Vermögenslage mit der Vermögenslage, die bestünde, wenn man die ordnungsgemäße Besteuerung hinzudäch­ te1342 (was mit Unsicherheiten behaftet ist, weil der einzig richtige, von 1340 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 14/7471, S. 9; Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 29. 1341 Bittmann, wistra 2003, 161 (167); Samson, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 263 (270). 1342 Samson, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 263 (272) weist zutreffend darauf hin, dass schon die einfache Kausalbeziehung „durch die Steuerhinterziehung“ nur unter Rückgriff auf hypothetische, mithin spekulative Kausalverläufe herzustellen sei.

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

allen Rechtsanwendern sicher zu ermittelnde Steuerbetrag meist nicht existiert), festgestellt werden kann, ist rätselhaft.1343 Die Konstellation, dass im Gesamtvermögen ein Vorteil in Gestalt er­ sparter Aufwendungen entsteht,1344 ist mit den Vermischungsfällen ver­ gleichbar.1345 Dass die Lehre von der Teilkontamination hier nichts zur Lösung beiträgt, ist offenkundig: Sofern der Täter nicht über sein Ge­ samtvermögen oder jedenfalls einen so großen Teil verfügt, dass er auch auf das durch die Steuerhinterziehung Ersparte zurückgreifen muss,1346 lässt sich eine Tathandlung in Bezug auf einen Gegenstand i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 3 StGB nicht begründen. Nicht nur wenig hilf­ reich, sondern vollkommen absurd sind hingegen die Ergebnisse, die die Lehre von der Totalkontamination produziert: Verlangt man überhaupt eine „Makelquote“ – was in der Literatur nicht alle tun, zumindest aber der BGH – dann kommt es bei deren Überschreiten zur Kontamination des Gesamtvermögens! Das AG Tiergarten beschreibt anschaulich, wel­ che Folgen das hätte: „Auf die Spitze getrieben würde dies bedeuten, dass ein Familienvater, der einmal im Jahr – also damit bereits gewerbsmäßig – in seiner Steuererklärung ‚ein paar Euro‘ bei seinen Reise-Werbungskosten zuviel angibt, seinen Kindern nicht ein­ mal einen Zuschuss zum Führerschein geben könnte, ohne diese in die Gefahr einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche zu bringen. Gleichzeitig dürfte die Staatsan­ waltschaft zur Aufklärung des Delikts eine Telefonüberwachung der Kinder gem. § 100a Abs. 2 Nr. 1 m StPO anordnen, die demgegenüber gegen den Vater mangels Katalogtat bezeichnenderweise nicht zulässig wäre (…).“1347

Dieses Ergebnis ist in dem Sinne willkürlich, dass es durch keinen sach­ lichen Grund gerechtfertigt werden kann; es ist unverhältnismäßig und mit dem Schuldgrundsatz unvereinbar.1348 Dass § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB in der Praxis weitgehend bedeutungslos ist,1349 macht es nicht besser. Darüber hinaus entstehen Wertungwidersprüche zum Recht der Ver­ mögensabschöpfung: Nach Ansicht des BGH ist auch die durch eine Steuerhinterziehung erzielte Steuerersparnis ein erlangtes Etwas i. S. v. 1343 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB 83; Samson, in: Hirsch/Wolter/ Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 263 (271): „Satire auf den Beruf unserer Zeit zur Gesetzgebung“. 1344 Unklar ist dabei z. B. auch schon, wann es überhaupt zur Kontamination kommt, vgl. Samson, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 263 (273–274). 1345 Dazu ausführlich oben Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (3). 1346 Vgl. Bittmann, wistra 2003, 161 (168). 1347 AG Tiergarten, Beschl. v. 06.05.2013 – (249) 241 Js 757/12 (38/13), juris, Rn. 9. 1348 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 83; Bittmann, wistra 2003, 161 (168), der jedoch eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung für möglich hält. 1349 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 80.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

§ 73 Abs. 1 StGB, das der Einziehung unterliegt, allerdings von vornhe­ rein nur der Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB.1350 Verwendet der ­Täter seine durch eine legale Tätigkeit erzielten, aber nicht ordnungsge­ mäß versteuerten Einkünfte etwa zum Erwerb einer Immobilie, dann stellt diese Immobilie kein Surrogat i. S. v. § 73 Abs. 3 StGBb dar, eben­ sowenig eine etwaiger Veräußerungsgewinn. Sie kann nicht eingezogen werden.1351 Wertungsmäßig ist das einleuchtend, denn der Täter hat legal erworbenes Vermögen eingesetzt, nur eben zum Erwerb einer Immobilie statt – wie er sollte – zur Steuerzahlung.1352 Indem § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB auch ersparte Aufwendungen als Tatobjekte der Geldwäsche fin­ giert, kann es bei der Investition von Teilen eines Vermögens, das rech­ nerisch auch ersparte Steuerzahlungen umfasst, zur Bemakelung auch des erworbenen Investitionsobjekts kommen, hier also z. B. der Immobi­ lie und eines aus ihrer Veräußerung erzielten Erlöses. Ob, wann und in welchem Umfang dies der Fäll ist, hängt freilich davon ab, welcher Spiel­ art der Teil- oder Totalkontaminationslehre man folgen will. Folgt man der Totalkontaminationslehre, wäre etwa eine vom Täter einer Steuer­ hinterziehung erworbene Immobilie unter Umständen als Beziehungsge­ genstand (§ 74 Abs. 2 i. V. m. § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB) einzuziehen. Man kann natürlich argumentieren, dass die Immobilie Gegenstand einer an­ deren Straftat – nämlich der Geldwäsche – sei und die Einziehung des­ halb keinen Wertungswiderspruch darstelle.1353 Das ist aber nicht über­ zeugend, denn im Fall der Einziehung geht das Gesetz davon aus, dass zum Erwerb keine Erlöse einer Straftat eingesetzt wurden, im Fall der Geldwäsche hingegen schon. Dieser Wertungswiderspruch wird durch § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB nicht etwa behoben, sondern erst hervorge­ bracht. Unklar ist ferner, was für die anderen Steuerstraftaten gilt, die § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB in Bezug nimmt, namentlich § 373 AO (Schmuggel) und 374 Abs. 2 AO (gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhehlerei): § 261 Abs. 1 Satz 3 ordnet für diese an, dass Satz 1 „auch für einen Gegenstand [gilt], hinsichtlich dessen Abgaben hinterzogen worden sind.“ Das „auch“ kann man so lesen, als ob es neben der geschmuggelten Sache bei diesen Taten noch einen anderen Gegenstand gebe, nämlich den durch Steuer­ hinterziehung erzielten Vorteil in Gestalt ersparter Aufwendungen.1354 1350 BGH, Urt. v. 23.05.2019 – 1 StR 479/18, juris, Rn. 9; Urt. v. 18.12.2018 – 1 StR 36/17, NStZ 2019, 465 (466); Beschl. v. 27.01.2015 – 1 StR 613/14, NStZ 2015, 469 (470); ferner Köhler, NStZ 2017, 497 (503–504). 1351 Vgl. zur alten Rechtslage, aber ohne Weiteres übertragbar auf die neue Rechtsla­ ge BGH, Urt. v. 18.12.2018 – 1 StR 36/17, NStZ 2019, 465 (466–467). 1352 Heine, NZWiSt 2019, 467 (467). 1353 So offenbar Heine, NZWiSt 2019, 467 (468). 1354 Samson, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 263 (265–266).

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C.  Behördenzusammenarbeit im Rahmen der Geldwäschebekämpfung

Die Fiktion des § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB gilt aber ausweislich des Wort­ lauts nur „in den Fällen der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steu­ erhinterziehung nach § 370 der Abgabenordnung für die durch die Steu­ erhinterziehung ersparten Aufwendungen“. Die kuriose Folge ist, dass ersparte Einfuhr- und Ausfuhrabgaben keinen Gegenstand der Geldwä­ sche darstellen.1355 Gleichzeitig führt die Beschränkung des „auch“ auf §§ 373, 374 Abs. 2 AO zu dem beruhigenden Ergebnis, dass ein Grund­ stück, hinsichtlich dessen Grundsteuer hinterzogen worden ist, nicht insgesamt als Gegenstand des § 261 StGB anzusehen ist. b) Unverhältnismäßige Strafschärfung In Fällen der Steuerhinterziehung ist Geldwäsche kaum vermeidbar. Der Steuerhinterzieher darf dabei nicht immer hoffen, wenigstens von der Strafbarkeit der Selbstgeldwäsche ausgenommen zu sein: Der Strafaufhe­ bungsgrund in § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB gilt nicht, wenn der Vortäter ei­ nen Tatgegenstand „in den Verkehr bringt und dabei die rechtswidrige Herkunft verschleiert“ (§ 261 Abs. 9 Satz 3 StGB). Dadurch rutscht der Strafrahmen nach oben: Die einfache Steuerhinterziehung wird gem. § 370 AO mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe be­ straft, bei der (vorsätzlichen) Geldwäsche ist auf eine Freiheitsstrafe von min­destens drei Monaten zu erkennen, was sich bei der Bildung einer Gesamststrafe auswirkt. Mit dieser Verschärfung der Sanktion geht aber kein Unrechtssprung einher. Wenn der BGH schreibt, das „Inverkehr­ bringen von ‚Schwarzgeld‘ ist – jedenfalls abstrakt – geeignet, die Solidi­ tät, Integrität und Stabilität der Kredit- und Finanzinstitute sowie das Vertrauen in das Finanzsystem zu gefährden“1356, dann ist das schlicht falsch. Die Rückführung hinterzogener Einkünfte ist nicht nur eine de­ liktstypische, sondern – wie Steueramnestien zeigen – durchaus auch erwünschte Verhaltensweise. Abgesehen davon steht die gesamte Argu­ mentation mit dem Schutz des Finanzsystems und des Vertrauens der Bürger in dasselbe auf sandigem Grund,1357 ganz besonders im Fall der Steuerhinterziehung, die über Jahrzehnte auch mithilfe der Banken prak­ tiziert wurde und – soweit ersichtlich – zu keiner ernstlichen systemi­ schen Gefährdung des Finanzsektors geführt hat.

1355 Zum Verhältnis der §§ 370, 372, 373 AO siehe jedoch z. B. Klein/Jäger, § 373 AO Rn. 9. 1356 BGH, Beschluss v. 27.11.2018 – 5 StR 234/18, NJW 2019, 533 (534). 1357 Siehe oben Kapitel 1 A. III. 2.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

D. Zusammenfassung und Bemerkungen 1. Geldwäschebekämpfung und Steuervollzug lagen – trotz aller Unter­ schiede – von Anfang an nah beisammen, denn: Für beide Zwecke ist es hilfreich, möglichst genau über Bestand und Transfer von Ver­ mögen Bescheid zu wissen. Es überrascht deshalb nicht, dass der ame­ rikanische Bank Secrecy Act (1970) und die Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken (1977) – gewissermaßen die Eltern der verwaltungsrechtlichen Spur der Geldwäschebekämpfung – eine deut­ lich weitere Zwecksetzung hatten als die bloße Geldwäschebekämp­ fung. Da gerade die Verknüpfung mit steuerlichen Fragen lange Zeit wenig dazu angetan war, internationale Kompromisse zu befördern, trat das steuerliche Potential der Geldwäschegesetzgebung jedoch im Zuge der Internationalisierung der Geldwäschebekämpfung ab Ende der 1980er Jahre zunächst in den Hintergrund. 2. Als die OECD ab Mitte der 1990er Jahre jedoch begann, gegen „harm­ ful tax practices“ vorzugehen, wurde auch die Geldwäschegesetzge­ bung für diese Zwecke mobilisiert. Wesentlicher Impulsgeber waren dabei die G7/G8, deren Anstöße von der OECD und der FATF umge­ setzt wurden. Während sich die OECD mit dem Informationsaus­ tausch zwischen den Steuerbehörden und den für die Geldwäsche­ bekämpfung zuständigen Behörden befasste, empfahl die FATF die Aufnahme von Steuerstraftaten in den Vortatenkatalog – dies wohl primär, um über das Verdachtsmeldesystem verstärkt Informationen über steuerlich erhebliche Sachverhalte zu sammeln. 3. Die Verfolgung steuerlicher Zwecke erfolgte dabei gewissermaßen unter dem Deckmantel der Geldwäschebekämpfung: Unter Hinweis auf Organisierte Kriminalität und Terrorismus ließ sich ein extensi­ ves Kontrollregime deutlich leichter öffentlich rechtfertigen als dies bei Offenlegung der zumindest auch verfolgten steuerlichen Zwecke möglich gewesen wäre.1358 Durch die Wahl internationaler Foren wie der OECD, der FATF und der G7/G8 und den von ihnen ausgehen­ den (politischen) Druck, wurde zudem die verfassungsrechtliche und rechtspolitische Diskussion auf nationaler Ebene weitgehend ver­ hindert. Vor diesem Hintergrund kann man durchaus von „policy laundering“ sprechen.1359 4. Die Rechtsentwicklung in Deutschland verlief hingegen zunächst weitgehend in eigenen Bahnen: Vor Beginn der Geldwäschegesetzge­ bung wurde das Verhältnis zwischen den Finanzbehörden und den Strafverfolgungs-/Polizeibehörden vor allem durch die Vorschriften über das Steuerstrafverfahren (§§ 385 ff. AO), das Steuergeheimnis 1358 Vgl. Beare, JFC 9 (2002), 259 (259–260). 1359 Vgl. zum Begriff Hayes, IJNPL 14 (2012), 5 (6–7).

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D.  Zusammenfassung und Bemerkungen

(§ 30 AO) und die Mitteilungspflicht bezüglich Steuerstraftaten (§ 116 AO) geprägt. Dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durften nur in besonderen Fällen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offen­ bart werden; eine Offenbarungspflicht gab es nicht. Die Strafverfol­ gungs- und Polizeibehörden wiederum waren grundsätzlich nicht ver­ pflichtet, für ein Besteuerungsverfahren möglicherweise relevante Daten an die Finanzbehörden zu übermitteln; eine Ausnahme bildete § 116 AO in Fällen, in denen Hinweise auf eine Steuerstraftat vorla­ gen. Die Geldwäschegesetzgebung hat dieses System von Grund auf verändert, indem sie eine weitreichende „ermittlungstechnische Ver­ knüpfung von Steuererhebung und ‚Verbrechensbekämpfung‘“1360 be­ wirkte. 5. Zum einen wurden die Finanzbehörden als Hinweisgeber der Straf­ verfolgungsbehörden verpflichtet und zu diesem Zweck das Steuerge­ heimnis durchbrochen (§ 31b AO). Die Weite dieser Durchbrechung wird dabei durch den Vortatenkatalog des § 261 StGB moduliert – wann immer eine Vortat i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB im Raum steht, kann auch Geldwäsche kaum ausgeschlossen werden. Auch in Deutschland finden sich im Vortatenkatalog des Geldwäschestraftat­ bestandes verschiedene Steuerdelikte. 1998 wurden gewerbsmäßiger Schmuggel (§ 373 Abs. 1 AO) und Steuerhehlerei (§ 374) in den Vor­ tatenkatalog aufgenommen. 2001 folgte dann – ohne Änderung des § 261 Abs. 1 Satz 2 AO – die Steuerhinterziehung nach § 370a AO (a. F.), 2008 dann die gewerbs- und bandenmäßge Steuerhinterziehung (§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b StGB i. V. m. § 370 AO). Diese Entwicklung scheint weitgehend unberührt von internationalen Ein­ flüssen verlaufen zu sein. Maßgeblicher Impulsgeber war hierzulande vielmehr der vor allem Ende der 1990er Jahre diskutierte Gedanke, die Organisierte Kriminalität durch den Steuerzugriff zu schwächen („Steuermodell“). Angesichts der Tatsache, dass legale wirtschaftli­ che Betätigung trotz Besteuerung rentabel möglich ist und eine „Strafsteuer“ für mutmaßlich kriminelle Steuerpflichtige auch im Wege der Schätzung nicht erhoben werden kann, ist dies eine eher fernliegende Annahme.1361 Dazu kommt: Versagt man dem Steuer­ pflichtigen den Schutz des § 393 Abs. 2 Satz 1 AO, indem man Geld­ wäsche und ihre Vortaten unter § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO subsumiert, entstehen uner­trägliche Spannungen mit dem nemo-tenetur-Grund­ 1360 Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 86. 1361 Wirtz, Das „Al Capone“-Prinzip, 2006, S. 271–272; siehe auch OECD, Handbuch „Geldwäsche“ für den Innen- und Außendienst der Steuerverwaltung, 2009, S. 12: „Allein eine Besteuerung der Einkünfte von Straftätern nach steuerlichen Vorschriften wird nicht zur Identifizierung möglicher Geldwäscheaktivitäten führen. Sie verhindert weder, dass Straftaten begangen werden noch dass sie Ge­ winne abwerfen.“

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

satz – ganz davon abgesehen, dass man dem Steuervollzug auch im Bereich illegaler Einkünfte einen Bärendienst erweist. Die Erklärung illegaler Einkünfte (auch unter Verschleierung der wahren Quelle) er­ scheint nur noch nach sorgfältiger Geldwäsche denkbar, was wiede­ rum nicht zu den Zielen der Geldwäschebekämpfung passt. Durch Aufnahme der gewerbs- und bandenmäßigen Steuerhinter­ ziehung in den Vortatenkatalog hat also ein erheblicher Teil der Er­ mittlungstätigkeit der Steuerfahndungs- bzw. Bußgeld- und Straf­ sachenstellen Geldwäscherelevanz. Die Folge ist eine dramatische Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse, steht doch bei Geldwäscheer­ mittlungen fast das gesamte Arsenal der StPO zur Verfügung, inklusi­ ve Telekommunikationsüberwachung (§ 100a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. m StPO, wobei hier ein Wertungswiderspruch zu § 100a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a StPO vorliegt) und in bestimmten Fällen sogar der akustischen Wohnraumüberwachung (§ 100c Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 100b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. l StPO). Das gilt dabei nicht nur für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 AO), sondern für die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterzie­ hung, die gerade deshalb nicht als besonders schwerer Fall definiert ist, weil die Gewerbs- oder Bandenmäßigkeit zum typischen Erschei­ nungsbild der „gewöhnlichen Steuerhinterziehung“ gehören kann. Verschärft hat sich diese Problematik durch die Strafbarkeit der Selbstgeldwäsche (§ 261 Abs. 9 Satz 2 und 3 StGB). 6. Zum anderen verlängern die Ermächtigungen zur Datenübermittlung im GwG das steuerliche Ermittlungsverfahren bei den Strafverfol­ gungs- und Polizeibehörden bis in das Strafermittlungsverfahren we­ gen Geldwäsche und bei den Verpflichteten nach dem GwG sogar weiter als bis in das Vorfeld einer Straftat. Sie bewirken im Ergebnis eine steuerliche Rasterfahndung.1362 Hier spielt der Vortatenkatalog keine so große Rolle mehr, entscheidend sind stattdessen zwei Dinge: (1) Die Meldeschwelle nach § 43 Abs. 1 GwG, die auf das absolute gedankliche Minimum zurückgeschraubt worden ist und die unter dem Eindruck des behördlichen Verfolgungsdrucks, der von den Ge­ richten gestützt wird, in der Praxis auch noch darunter abzusinken droht (Stichwort: „Übercompliance“). Der Vortatenkatalog hat fak­ tisch keine das Meldeverhalten irgendwie begrenzende Funktion, weil die Verpflichteten in aller Regel weder die Zeit (Stichwort: Un­ mittelbarkeitserfordernis), noch die Möglichkeit (da sie nur über In­ formationsfragmente verfügen), noch die Kenntnisse (das dürfte mit Blick auf die Komplexität des § 261 StGB in gewissem Umfang sogar für Juristen gelten) haben, um das Kundenverhalten sinnvoll zu be­ 1362 Siehe dazu Kapitel 3 A.

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D.  Zusammenfassung und Bemerkungen

werten.1363 Die Aufnahme immer weiterer Delikte – so auch der Steu­ erhinterziehung – ist nur insoweit bedeutsam, als sie eine Zeit lang noch die Übermittlung und Verwendung für andere Zwecke als die Geldwäschebekämpfung erleichterte, Hemmungen bei den Verpflich­ teten abbaut(e) und der Inanspruchnahme des Anti-Geldwäsche-In­ strumentariums für immer neue Ziele scheinbar Legitimität vermit­ telt. Gleichzeitig aber führt sie zur zunehmenden Obsoleszenz der originären Rechtfertigung der deutschen Geldwäschegesetzgebung.1364 (2) Die Rechtsgrundlagen, um die unspezifischen Informationen aus Meldungen an die Finanzbehörden übermitteln zu können. Hier wur­ den im Lauf der Zeit praktisch sämtliche Voraussetzungen für die Übermittlung und sämtliche Beschränkungen möglicher Verwen­ dungszwecke auf Seiten der Finanzbehörden abgebaut. Das geltende Geldwäschegesetz erlaubt eine praktisch ungefilterte Übermittlung der Informationen aus Meldungen an die Finanzbehörden und führt damit – mittelbar – ein weitreichendes System zur Generierung von Kontrollmaterial ein. 7. Die Möglichkeit, dass dieser „Interventionsverbund“ auch positive Auswirkungen auf die Arbeit der Finanz-, Polizei- und Strafverfol­ gungsbehörden hatte, soll hier nicht ausgeschlossen werden. Es ist schließlich nicht falsch, dass Steuerhinterziehung und Geldwäsche Überschneidungen aufweisen können (z. B. Bargeldtransaktionen, Bargeldtransfer, Verschleierung des wirtschaftlich Berechtigten durch Zwischenschaltung juristischer Personen etc.) und ein „Interven­ tionsverbund“ Synergieeffekte haben kann. Es fehlt jedoch an empiri­ schen Erkenntnissen darüber, in welchem Umfang der „Interventi­ onsverbund“ wirklich einen Mehrwert gebracht hat, z. B. indem er vermehrt zur Meldung von Sachverhalten mit allgemein-strafrechtli­ chem Bezug geführt hat, die früher als von bloß steuer(straf)rechtli­ cher Bedeutung abgetan worden wären, oder zu einer effektiveren Durchsetzung des Steuerrechts im Bereich illegaler Einkünfte beige­ tragen hat. Die qualitativen Erhebungen, die im Rahmen dieses For­ schungsprojekts durchgeführt wurden, erlauben zumindest die Aus­ sage, dass es in gewissem Umfang infolge der von den zuständigen Behörden an die Finanzbehörden übermittelten, auf Grundlage des GwG erhobenen Daten zu Steuerstraf- und Besteuerungsverfahren kommt, bei denen es meist nicht um Einkünfte aus Straftaten geht. 8. Diese rein praktischen, vom Zweck bestimmten Erwägungen stehen gleichwohl in keinem angemessenen Verhältnis zu den bereits skiz­ zierten Auswirkungen. Geldwäsche und Steuerhinterziehung mögen Berührungspunkte haben, was ihre Erscheinungsformen anbelangt. In 1363 Vgl. auch Scherp, WM 2003, 1254 (1256). 1364 Vgl. Herzog/Achtelik/Nestler/El-Ghazi, § 261 StGB Rn. 87.

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Kapitel 2  Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht

rechtlicher Hinsicht passen sie hingegen nicht zusammen.1365 Die Aufnahme der (gewerbs- oder bandenmäßigen) Steuerhinterziehung in den Vortatenkatalog führt zu Auslegungsproblemen, die man nur überwinden kann, wenn man den Tatbestand des § 261 StGB entwe­ der so stark einschränkt, dass er nichts mehr taugt, oder so weit aus­ dehnt, dass er zu völlig unverhältnismäßigen, willkürlichen Ergeb­ nissen führt. Sie hat auch keinen legitimen Zweck: Sieht man sie als bloßen Türöffner, um das Meldewesen des GwG auch für das Steuer­ straf- und Besteuerungsverfahren nutzbar zu machen – worauf auch die Argumentation mit Synergieffekten/Effzienzüberlegungen hin­ ausläuft – und Anknüpfungspunkte für intensive strafprozessuale Er­ mittlungsmaßnahmen zu schaffen, ist die Verfolgung und Verurtei­ lung des Geldwäschers – der, daran soll erinnert werden, ein Mensch ist – nichts als eine Nebenwirkung. Mit den Grundsätzen legitimen Strafens ist das schlechterdings unvereinbar.1366

1365 Vgl. auch Herzog, WM 1996, 1753 (1754). 1366 Vgl. Graf/Jäger/Wittig/Eschelbach, § 261 StGB Rn. 3.

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Kapitel 3 Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden Nachdem nun der rechtliche Rahmen für den Informationsaustausch zwischen den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden und den Finanzbehörden feststeht, soll in diesem Kapitel – entsprechend dem zweiten Teil der Fragestellung – ein bestimmter Informationsweg näher betrachtet werden: Die Übermittlung und Verwendung der in Meldun­ gen nach § 43 Abs. 1 GwG enthaltenen personenbezogenen Daten für Zwecke des Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens, wie sie § 32 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 6 und 7 Satz 1 GwG ermöglichen. Die Beschrän­ kung auf Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG erscheint gerechtfertigt, weil die darin enthaltenen Informationen in der Praxis die Hauptrolle spielen und speziell der Zugriff auf Meldungen im Mittelpunkt der internationa­ len Initiativen steht. Das Kapitel besteht aus drei Unterkapiteln: Im ersten Unterkapitel wer­ den die Befugnisse der Abgabenordnung vorgestellt, mittels derer die Fi­ nanzbehörden ähnliche Informationen über die persönlichen, wirtschaft­ lichen oder finanziellen Verhältnisse gewinnen könnten, wie sie auch Gegenstand einer Übermittlung nach den eben genannten Vorschriften des GwG sein können (A.). Dabei wird gezeigt, dass der Zugang der Fi­ nanzbehörden zu den von der Zentralstelle für Finanztransaktionsunter­ suchungen verarbeiteten Daten zu einer erheblichen Erweiterung finanz­ behördlicher Ermittlungsmöglichkeiten führt. Im Anschluss werden die Datenübermittlung und -verwendung nach § 32 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 6 und 7 Satz 1 GwG am Maßstab höherrangigen Rechts – hier: Grundrechte des Grundgesetzes – geprüft (B.). Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Zusammenspiel und der Abgrenzung des Völker­ rechts, des primären und sekundären Unionsrechts und des innerstaatli­ chen Rechts; beides spielt für die Festlegung des Prüfungsmaßstabes eine große Rolle. Dabei erfolgt zunächst eine auf § 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GwG beschränkte Prüfung. Es wird argumentiert, dass die Vorschrift das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, indem sie die Weiterverarbeitung durch intensive, einem Zweck von erheblichem Gewicht dienende (Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terroris­ mus) Grundrechtseingriffe erhobener personenbezogener Daten zu ei­ nem anderen, nicht gleichgewichtigen Zweck (Besteuerung) zulässt. Im dritten Unterkapitel werden diese Überlegungen auf § 32 Abs. 2 und Abs. 6 GwG übertragen (C.). Soweit im Rahmen dieser Prüfung Grundrechte aus der EMRK, der GRCh oder dem GG einschlägig sind, werden nur die Grundrechte der 295

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Person behandelt, die von der informationsbezogenen Maßnahme be­ troffen ist. Ausgeklammert werden hingegen die Grundrechtsfragen auf Ebene der Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz, die hier – anders als bei den Sorgfalts- und Meldepflichten – ohnehin keine große Rolle spielen.

A. Einordnung in die Befugnisse des steuerlichen Ermittlungsverfahrens Das steuerliche Ermittlungsverfahren ist geprägt durch den Untersu­ chungsgrundsatz (§ 88 AO) auf der einen, die Kooperationsmaxime (§§ 90 ff., 200 AO) auf der anderen Seite. Zur Erfüllung ihrer Amtsermitt­ lungspflicht stattet die AO die Finanzbehörden mit einer Reihe von Be­ fugnissen aus. Nach § 93 AO kann die Finanzbehörde von den Beteiligten (§ 78 AO) oder anderen Personen (Dritten) schriftliche oder mündliche Auskünfte verlangen und sie ggf. eidlich vernehmen (§ 94 AO) oder zur Versicherung an Eides statt auffordern (§ 95 AO); nach § 93 Abs. 7 i. V. m. § 93b AO kann die Finanzbehörde einen automatisierten Abruf von Kon­ toinformationen durchführen. Sie kann die Vorlage von Urkunden ver­ langen (§ 97 AO), einen Augenschein durchführen (§ 98 AO), Grund­ stücke und Räume betreten (§ 99 AO) und die Vorlage von Wertsachen (§ 100 AO) verlangen. Beteiligte können die Mitwirkung grundsätzlich nicht verweigern.1367 Mitwirkungsverweigerungsrechte stehen nur Drit­ ten zu und sind in §§ 101–106 AO abschließend geregelt.1368 In diesem Unterkapitel wird die Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG mit dem Auskunftsersuchen (§ 93 AO), insb. in Gestalt des Sammelauskunftser­ suchens, und dem automatisierten Kontenabruf verglichen, mit denen das Verdachtsmeldewesen noch am ehesten vergleichbar ist – jedenfalls insofern, als personenbezogene Daten, die Rückschlüsse über die persön­ lichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse erlauben und die von privaten Stellen verarbeitet werden, öffentlichen Stellen gegenüber offen gelegt werden. Dadurch wird gezeigt, dass die Verwertung von Ver­ dachtsmeldungen zu einer echten Erweiterung finanzbehördlicher Er­ mittlungsmöglichkeiten führt, d. h. ein gleichwertiger „Ersatzeingriff“ auf Grundlage der AO nicht möglich wäre.

I. Auskunftsersuchen Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO haben neben den Beteiligten auch andere Personen (Dritte) der Finanzbehörde Auskünfte zu erteilen, die zur Fest­ 1367 Tipke/Lang/Seer, § 21 Rn. 195. 1368 Tipke/Lang/Seer, § 21 Rn. 198.

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A.  Einordnung in die Befugnisse des steuerlichen Ermittlungsverfahrens

stellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlich sind. Darin liegt nach einhelliger Auffassung keine Verletzung des Grund­ rechts auf informationelle Selbstbestimmung.1369 Die Vorschrift gilt für alle steuerrechtlichen Verfahrensarten,1370 also insbesondere auch für das Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren1371. Sie gilt jedoch nicht im Steuerstrafverfahren (§ 385 Abs. 1 AO),1372 wo Dritte vor allem aufgrund von § 160 Abs. 1 StPO „informell“ und aufgrund von § 161a Abs. 1 Satz 1 StPO förmlich als Auskunftspersonen herangezogen werden können; der Beschuldigte selbst hingegen unterliegt keinen Mitwirkungspflichten. Besonderheiten gelten ferner in der Außenprüfung (§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO), bei der Steueraufsicht (§ 211 AO) und im Bereich der Steuerfahn­ dung (§ 208 Abs. 1 Satz 3 AO). 1. Erforderlichkeit der Auskunft Die Auskunft muss zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlich sein. Daraus folgt, dass ein Auskunfts­ ersuchen einen „hinreichenden Anlass“ voraussetzt.1373 Diese Schwelle ist niedrig angesetzt und soll allein – aber immerhin – Ermittlungen „ins Blaue hinein“ verhindern und dem Grundsatz der Verhältnismä­ ßigkeit Rechnung tragen.1374 Ein hinreichender Anlass setzt keinen tech­ nischen Anfangsverdacht einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit voraus.1375 Ausreichend ist es, wenn die Finanzbehörde aufgrund der Um­ stände des Einzelfalles oder allgemeiner Erfahrungen im Wege einer Prognoseentscheidung (vorweggenommene Beweiswürdigung) zu dem ­ Ergebnis gelangt, dass die Auskunft zu steuerlich erheblichen Tatsachen zu führen vermag.1376 Steuerlich erheblich ist dabei alles, was die finanz­ behördliche Entscheidung in einem steuerrechtlichen Verwaltungsver­ fahren beeinflussen kann.1377 Rechtswidrig ist ein Auskunftsersuchen 1369 BVerfG (Kammer), Beschl. v. 05.12.1995 – 1 BvR 1493/89, juris, Rn. 15; BFH, Urt. v. 16.05.2013 – II R 15/12, juris, Rn. 36; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 12 und 22; Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 1; Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 3. 1370 Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 2; Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 2; Hübschmann/ Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 3. 1371 BVerfG, Beschl. v. 15.11.2000 – 1 BvR 1213/00; BFH, Urt. v. 30.03.1989 – VII R 89/88, juris; Urt. v. 22.02.2000 – VII R 73/98, juris. 1372 Vgl. AEAO (i. d. F. v. 31.01.2019) zu § 93 Rz. 1. 1373 Siehe nur Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 6. 1374 Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 7. 1375 BFH, Urt. v. 12.05.2016 – II R 17/14, juris, Rn. 27. 1376 BFH, Urt. v. 12.05.2016 – II R 17/14, juris, Rn. 27; Urt. v. 16.05.2013 – II R 15/12. Siehe auch BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (193). 1377 BFH, Urt. v. 29.06.2015 – X R 4/14, juris, Rn. 40; Hübschmann/Hepp/Spitaler/ Schuster, § 93 AO Rn. 10; Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 6.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

nicht schon, weil unklar ist, ob der Vorgang steuerbar ist oder ob er im Ergebnis zu einer Steuerpflicht führt, sondern erst dann, wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt für eine Steuererheblichkeit fehlt.1378 Für die Vorfeldermittlungen der Steuer- und Zollfahndung folgt aus § 208 AO nichts anderes: § 208 AO enthält eine Aufgabenzuweisung für die Zollfahndungsämter und die für die Steuerfahndung zuständigen Dienst­ stellen, die – je nach Bundesland – als Sachgebiet bei einem Finanzamt angesiedelt oder als selbständige Finanzämter (für Fahndung und Strafsa­ chen) organisiert sind. Nach § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO ist es Aufgabe der Zoll- und Steuer­ fahndung, Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten zu erfor­ schen und in diesen Fällen gleichzeitig die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln. Trotz der Trennung von Besteuerungs- und Steuerstrafver­ fahren (§ 393 Abs. 1 AO) ist deshalb von einer „Doppelfunktion der Steu­ erfahndung“ die Rede.1379 Dabei ist jedoch auf eine strikte Trennung zwischen den strafprozessualen Befugnissen im Steuerstrafverfahren ­ und den abgabenrechtlichen Befugnissen im Besteuerungsverfahren zu achten; die Steuer-/Zollfahndung darf nicht den Weg des geringsten ­Widerstandes gehen.1380 Gleichwohl ist die Aufgabe, auch die Besteu­ erungsgrundlagen zu ermitteln, nicht bloß deklaratorisch (weil es für den objektiven Tatbestand immer auf die Besteuerungsgrundlagen an­ kommt).1381 Daneben ist es gem. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auch Aufgabe der Steu­ erfahndung, unbekannte Steuerfälle aufzudecken und zu ermitteln. Es handelt sich dabei nicht um eine Rechtsgrundlage lediglich für Vorer­ mittlungen1382 im Hinblick auf eine Steuerstraftat, sondern um eine Aus­ prägung des allgemeinen Steuersicherungsauftrags.1383 Deshalb sind zur Ausfüllung der Aufgabe nicht die Befugnisse aus der StPO (die ohnehin meist zumindest einen Anfangsverdacht voraussetzen), sondern die der AO einschlägig.1384 Das ändert sich erst, wenn sich die Hinweise auf die Begehung einer Steuerstraftat bis zur Schwelle des Anfangsverdachts ver­ dichtet haben.1385 Nach allgemeiner Ansicht bedeutet jedoch auch dies nicht, dass die Steuerfahndung „ins Blaue hinein“ ermitteln kann; ein 1378 BFH, Urt. v. 29.06.2015 – X R 4/14, juris, Rn. 41; Hübschmann/Hepp/Spitaler/ Schuster, § 93 AO Rn. 10; Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 7. 1379 Siehe nur Herrmann, DStJG 39 (2015), S. 249 (251). 1380 Vgl. für die Außenprüfung Drüen, DStJG 39 (2015), S. 219 (229–230). 1381 Tipke/Kruse/Seer, § 208 AO Rn. 24; Herrmann, DStJG 39 (2015), S. 249 (254– 255). 1382 Dazu siehe Herrmann, DStJG 39 (2015), S. 249 (256–257). 1383 Tipke/Kruse/Seer, § 208 AO Rn. 26; Herrmann, DStJG 39 (2015), S. 249 (256). 1384 Tipke/Kruse/Seer, § 208 Rn. 26–27. 1385 Tipke/Kruse/Seer, § 208 Rn. 28.

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hinreichender Anlass ist auch hier erforderlich.1386 Somit gilt auch für die Vorfeldermittlungen, dass die gezielte Suche nach einem hinreichenden Anlass weder zu den Aufgaben noch zu den Befugnissen der Steuerfahn­ dung zählt. An dem Erfordernis eines hinreichenden Anlasses ändert auch der Weg­ fall des § 30a AO nichts. § 30a Abs. 2 AO in der vor dem 25.06.2017 gel­ tenden Fassung (a. F.) sah vor, dass Finanzbehörden von den Kreditinsti­ tuten zum Zweck der allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe nicht verlangen durften. Nach § 30a Abs. 5 Satz 1 AO a. F. behin­ derte dies Auskunftsersuchen nach § 93 AO jedoch in keiner Weise. Umso befremdlicher ist es, wenn in der Begründung des Entwurfs des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes 2017 zur Streichung des § 30a AO ausgeführt wird: „Die Aufhebung des § 30a AO ermöglicht es, dass die Finanzbehörden künftig ohne die bislang geltenden Einschränkungen in § 30a AO bei hinreichendem An­ lass nach Maßgabe des § 93 AO Auskunftsersuchen – auch Sammelauskunftsersu­ chen nach dem neuen Absatz 1a des § 93 AO – an inländische Kreditinstitute rich­ ten dürfen, um Informationen über deren Kunden und deren Geschäftsbeziehungen zu Dritten erlangen zu können. In einem zweiten Schritt ist dann zu ermitteln, wie diese Geschäftsbeziehung steuerlich zu bewerten ist, insbesondere ob eine Steuerumgehung z. B. mithilfe einer Domizilgesellschaft vorliegt.“1387

Diese Ausführungen sind widersinnig, denn nach der Streichung des § 30a Abs. 2 AO soll offenbar auch nach Auffassung der Bundesregierung, aus deren Feder der Entwurf stammt, nichts anderes gelten als davor – nämlich, dass Auskunftsersuchen stets eines „hinreichenden Anlasses“ bedürfen.1388 Etwas anderes könnte der Gesetzgeber durch Streichung des § 30a Abs. 2 AO auch nicht bewirken, denn die Vorschrift verdeutlicht letztlich nur, was schon aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt. In den Worten des BFH: „Die Vorschrift verbietet nur, was auch ohne diese Regelung nicht erlaubt wäre.“1389 2. Auskunftsersuchen an Dritte Aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AO folgt jedoch, dass Auskunftsersuchen vorran­ gig an Beteiligte zu richten sind (Subsidiaritätsprinzip). Dadurch sollen Dritte einerseits von Auskunftsersuchen möglichst verschont bleiben 1386 St. Rspr., siehe BFH, Urt. v. 29.10.1986 – VII R 82/85, BFHE 148, 108; Urt. v. 05.10.2006 – VII R 63/05, juris, Rn. 13; Klein/Rüsken, § 208 Rn. 41; Tipke/ Kruse/Seer, § 208 Rn. 31. 1387 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BT-Drs. 18/11132, S. 23. 1388 So auch El Mourabit, BB 2017, 91 (93). 1389 BFH, Urt. v. 18.02.1997 – VIII R 33/95, juris, Rn. 51.

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und dem Interesse des Betroffenen, dass andere nichts von seinen steuer­ lichen Verhältnissen erfahren, Rechnung getragen werden.1390 Die Vor­ schrift dient mithin der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei den mit der Auskunft verbundenen Eingriffen insb. in die Grundrechte der Berufsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung.1391 Der Grundsatz der Direkterhebung war auch im allgemeinen Datenschutz­ recht (§ 4 Abs. 2 BDSG a. F.) verankert und lässt sich aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ableiten.1392 Deshalb soll von § 93 Abs. 1 Satz 3 AO nur in atypischen Fällen abgewichen werden.1393 a) Sammelauskunftsersuchen Zulässig sind gem. § 93 Abs. 1a Satz 1 AO auch sog. Sammelauskunfts­ ersuchen über eine der Finanzbehörde noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr aber noch nicht bekannten Personen.1394 Voraussetzung ist neben einem hinreichenden Anlass, dass andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen (§ 93 Abs. 1a Satz 2 AO). Der Subsidiaritäts­ grundsatz aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AO gilt nicht (§ 93 Abs. 1a Satz 3 AO), da ja gerade ungewiss ist, wer die Beteiligten sind.1395 Die Grenze zu Ermittlungen „ins Blaue hinein“ ist hier besonders ­schmal. Ein „hinreichender Anlass“ liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn das Aus­ kunftsersuchen allein auf der Vermutung gründet, dass Steuern nicht sel­ ten verkürzt bzw. Einnahmen und Umsätze nicht erklärt werden,1396 denn: 1390 Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 17; Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 15; Hübschmann/ Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 79. Vgl. auch BFH, Urt. v. 27.10.1981 – VII R 2/80, juris, Rn. 20. 1391 BFH, Urt. v. 24.02.2010 – II R 57/08, juris, Rn. 12. 1392 Wolff/Brink/Wolff, Syst. A. Prinzipien des Datenschutzrechts Rn. 8. Die DSGVO enthält keine eindeutige Festschreibung des Direkterhebungsgrundsatzes und es ist umstritten, ob sich dieser aus anderen Vorgaben der Verordnung ergibt (insb. Transparenz und Treu und Glauben), siehe nur Ziegenhorn/Heckel, NVwZ 2016, 1585 (1588–1589); a. A. Buchner, DuD 2016, 155 (156); Schantz/Wolff, Das neue Datenschutzrecht, 2017, Rn. 465. 1393 BFH, Urt. v. 24.02.2010 – II R 57/08, juris, Rn. 13; Urt. v. 24.10.1989 – VII R 1/87, Rn. 16; Urt. v. 27.10.1981 – VII R 2/80, juris, Rn. 20; Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 18; Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 19; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 84. 1394 § 93 Abs. 1a AO wurde durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz v. 23.06.2017, BGBl. I 2017, 1682 eingefügt. Schon vorher waren Sammel­ auskunftsersuchen in der Rechtsprechung anerkannt, siehe z. B. BFH, Urt. v. 12.05.2016 – II R 17/14, juris, Rn. 25–28 m. w. N. Eine Erweiterung der Ermitt­ lungsmöglichkeiten soll § 93 Abs. 1a AO nicht bewirken, vgl. StUmgBG-Ent­ wurf, BT-Drs. 18/11132, S. 24. 1395 Vgl. BFH, Urt. v. 27.10.1981 – VII R 2/80, juris, Rn. 20: „Ein für § 93 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 atypischer Fall liegt vor, wenn der Beteiligte unbekannt ist […].“ 1396 BFH, Urt. v. 16.05.2013 – II R 15/12, juris, Rn. 54; Urt. v. 16.01.2009 – VII R 25/08, juris, Rn. 30.

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A.  Einordnung in die Befugnisse des steuerlichen Ermittlungsverfahrens „mit der Begründung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Kunden eines Bankinstituts Einkünfte aus Kapitalvermögen dem FA mit Hinterziehungsvorsatz verschwiegen haben, ließe sich jedwedes Auskunftsersuchen über Einkünfte aus bankseitig verwahrtem Kapitalvermögen rechtfertigen.“1397

b) Rasterfahndung Der Bundesfinanzhof verweist dabei immer wieder auf die Unzulässig­ keit einer steuerlichen Rasterfahndung,1398 also des maschinellen Fil­ terns von Daten nach bestimmten Merkmalen mit anschließendem ­Abgleich1399. Eine solche liege nicht nur dann vor, wenn jegliche Anhalts­ punkte für steuererhebliche Umstände fehlen, sondern auch dann, wenn im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in einem Kreditinstitut damit nicht in Zusammenhang stehende Verhaltenswei­ sen von Kunden dieses Kreditinstituts möglichst vollständig erfasst wer­ den sollen.1400 Anhaltspunkte seien neben einer sehr hohen Zahl an be­ troffenen Sachverhalten und Personen ein hohes Maß an Unspezifität des Auskunftsersuchens, durch das bestimmte Vorgänge möglichst in ihrer Totalität erfasst werden sollen.1401 Der Bundesfinanzhof drückt sich dabei missverständlich aus. Er sagt nicht, dass die Rasterfahndung im Steuerrecht schlechterdings unzuläs­ sig sei – er äußert sich vielmehr nur zu den Voraussetzungen. Es muss also genau zwischen Tatbestand und Rechtsfolge differenziert werden. „Hinreichender Anlass“ und „Rasterfahndung“ sind keine Gegensatz­ paare.1402 Wenn der Bundesfinanzhof erklärt, die steuerliche Rasterfahn­ dung sei unzulässig, dann meint er, dass Auskunftsersuchen nicht dazu verwendet werden dürfen, um überhaupt erst einen hinreichenden An­ lass zu gewinnen, m. a. W.: Der Eingriff darf nicht dazu dienen, seine ei­ 1397 BFH, Urt. v. 16.01.2009 – VII R 25/08, juris, Rn. 30. Dem folgen auch die Ent­ wurfsbegründung zu § 93 Abs. 1a AO (BT-Drs. 18/11132, S. 24) und Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 105; Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 35. 1398 BFH, Urt. v. 16.05.2013 – II R 15/12, juris, Rn. 53; Urt. v. 16.01.2009 – VII R 25/08, juris, Rn. 25; Beschl v. 21.03.2002 – VII B 152/01, juris, Rn. 22; Beschl. v. 25.07.2000 – VII B 28/99, juris, Rn. 23; Urt. v. 29.10.1986 – VII R 82/85, juris; Urt. v. 24.03.1987 – VII R 30/86, juris; Urt. v. 17.03.1992 – VII R 122/91, juris, Rn. XX. 1399 So die Definition von Tipke/Kruse/Seer, § 208 Rn. 30. Zu eng hingegen Steinberg, DStR 2008, 1718 (1722). 1400 BFH, Beschl. v. 25.07.2000 VII B 28/99, juris, Rn. 25. 1401 BFH, Beschl. v. 25.07.2000 VII B 28/99, juris, Rn. 26–29 zur Erfassung aller Inha­ ber von Tafelpapieren bei Gelegenheit einer Durchsuchung wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Mitarbeiter einer Sparkasse, gleich­ gültig, ob die Tafelgeschäfte über die Sparkasse abgewickelt worden waren und ungeachtet des Nennwerts der Tafelpapiere. 1402 Auf dieses „gravierende[s] dogmatische[s] Defizit“ hat – soweit ersichtlich – erst­ mals Steinberg, DStR 2008, 1718 (1722) aufmerksam gemacht.

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genen Voraussetzungen zu schaffen. Er erteilt damit einer voraussetz­ ungslosen Rasterfahndung eine Absage, nicht aber der Rasterfahndung an sich. Das ist aus rechtsstaatlicher Sicht unmittelbar einleuchtend und entspricht auch den Regelungen zur Rasterfahndung im Strafprozessund Polizeirecht, wo ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer Tat nach § 98a Abs. 1 Satz 1 StPO bzw. eine konkrete Gefahr (siehe z. B. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 des bayerischen PAG) erforderlich ist. Eine Frage der Rechtsfolge ist es hingegen, ob eine Rasterfahndung zuläs­ sig ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind.1403 Eine explizite Ermächtigung hierfür sieht die AO nicht vor. Auch § 88a AO hilft nicht weiter: Mithilfe der Risikomanagementsysteme dürfen ledig­ lich bereits bei den Finanzbehörden vorhandene Daten mithilfe be­ stimmter Risikoindikatoren analysiert werden;1404 die Vorschrift erlaubt es aber gerade und im Unterschied zu etwa § 98a StPO nicht, Dritte zur Filterung, Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten zu verpflichten. Auch der automatisierte Kontenabruf (§§ 93 Abs. 8, 93b AO) stellt keine Rasterfahndung dar, da er lediglich zum automatisierten Abruf von Kontostammdaten ohne Filterung durch die speichernde Stel­ le (vgl. § 24c KwG) ermächtigt. Als mögliche Rechtsgrundlage bleibt also nur § 93 Abs. 1, 1a AO, und der Bundesfinanzhof scheint darin – entgegen seiner apodiktischen Aussagen – tatsächlich eine ausreichende Basis für steuerliche Ermittlungsmethoden zu sehen, die der Rasterfahndung ent­ sprechen oder ihr zumindest stark ähneln: So hat der 7. Senat des Bun­ desfinanzhofs ein an eine Sparkasse adressiertes Sammelauskunftsersu­ chen der Steuerfahndung für zulässig gehalten, das darauf gerichtet war, Informationen über sämtliche Kunden der Sparkasse zu erlangen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Aktien oder Fondsanteile eines bestimmten Börsensegments („Neuer Markt“) erworben hatten, die nach einem bestimmten Stichtag neu emittiert worden waren (Prüfungs­ merkmale). Der so erzeugte Grunddatensatz sollte dann durch Übersen­ dung von Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter mit den fi­ nanzamtsbekannten Daten (insb. Steuererklärungen – Abgleichsdatensatz) abgeglichen werden, um diejenigen Kunden zu ermitteln, die ihre Ak­ tien/Anteile binnen Jahresfrist verkauft und die dabei erzielten steuer­ pflichtigen Spekulationsgewinne nicht erklärt hatten (Schnittmenge). Das kommt einer Rasterfahndung zumindest sehr, sehr nahe. Der Senat erörtert, dass ein „hinreichender Anlass“ gegeben sei und deshalb keine Rasterfahndung vorliege, vermengt also Tatbestand und Rechtsfolge. Auf Rechtsfolgenseite kontrolliert der Senat dann allein die Grenzen der Auskunftspflicht, ob dem Adressaten also die Auskunft möglich und zu­ mutbar ist und ob das Ersuchen ein verhältnismäßiges Mittel zur Sach­ 1403 So zutreffend Steinberg, DStR 2008, 1718 (1722). 1404 Klein/Rätke, § 88a AO Rn. 5.

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verhaltsaufklärung darstellt, was er unter Verweis auf das Vorliegen ei­ nes hinreichenden Anlasses und die Bedeutung des gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze bejaht.1405 Als Ergebnis ist damit festzuhahlten: Nach der Rechtsprechung des Bun­ desfinanzhofs können auf § 93 Abs. 1, 1a AO Ermittlungsmethoden ­gestützt werden, die man als Rasterfahndung klassifizieren kann. Vor­ aussetzung dafür ist, dass ein hinreichender Anlass besteht; eine voraus­ setzungslose Rasterfahndung zur Verdachtsgewinnung, die sich allein auf die allgemein bekannte Erfahrung stützt, dass Steuern verkürzt oder steuerpflichtige Einnahmen bzw. Umsätze nicht erklärt werden, darf es hingegen nicht geben. 3. Auskunftsverfahren Das Auskunftsersuchen ist ein Verwaltungsakt, gegen den Einspruch (§ 347 AO) bzw. Anfechtungsklage (§ 40 FGO) statthaft ist.1406 Gegen ein an einen Dritten gerichtetes Auskunftsersuchen kann sowohl der Adres­ sat als auch der Betroffene Einspruch/Klage erheben, sodass das Aus­ kunftsersuchen auch dem Betroffenen gegenüber bekanntzugeben ist (§ 122 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO).1407 Einen heimlichen Grundrechtseingriff gibt es somit auch bei Auskunftsersuchen gegenüber Dritten nicht. 4. Umfang und Grenzen der Auskunftspflicht Der Adressat des Auskunftsersuchens muss diesem nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen.1408 Er muss ihm zur Verfügung stehende Urkunden, Dateien und andere Quellen einsehen und ggf. beschaffen; unter den Voraussetzungen des § 97 AO sind diese auch vorzulegen (sog. kombiniertes Auskunfts- und Vorlageersuchen1409).1410 Der Adressat kann sich nicht auf einer Auskunft entgegenstehende zivilrechtliche Vereinba­ rungen mit Dritten berufen.1411 Spezielle Auskunftsverweigerungsrechte sind in §§ 101–106 AO abschließend geregelt und stehen vor allem Drit­

1405 BFH, Beschl. v. 21.03.2002 – VII B 152/01, juris. Ähnlich auch BFH, Urt. v. 05.10.2006 – VII R 63/05, BFHE 215, 40 (wo überdies auch an den hinreichen­ den Anlass sehr geringe Anforderungen gestellt werden); FG Niedersachsen, Urt. v. 30.06.2015 – 9 K 343/14, juris. 1406 AEAO (i. d. F. v. 31.01.2019) zu § 93 Rn. 1.1.5; Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 38. 1407 Vgl. Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 38; Tipke/Kruse/Seer, § 122 AO Rn. 24. 1408 Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 30. 1409 Dazu BFH, Urt. v. 08.08.2006 – VII R 29/05, BFHE 214, 97. 1410 Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 52–57. 1411 BFH, Urt. v. 16.05.2013 – II R 15/12, BFHE 241, 211; Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 53; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 55.

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ten zu, den Beteiligten selbst hingegen größtenteils nicht.1412 Für Beteilig­ te kann in diesem Zusammenhang das Zwangsmittelverbot aus § 393 Abs. 1 AO bedeutsam werden. Aus dem – inzwischen aufgehobenen – § 30a AO (steuerliches Bankgeheimnis) folgte kein Auskunftsverwei­ gerungsrecht.1413 Darüber hinaus gelten die allgemeinen Grenzen: Das Auskunftsverlangen muss verhältnismäßig, tatsächlich erfüllbar und zu­ mutbar sein.1414

II. Automatisierter Kontenabruf Nach § 93 Abs. 7–10 i. V. m. § 93b AO darf das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf Ersuchen der Finanzbehörden oder der Gemeinde in den Fällen des § 1 Abs. 2 AO (§ 93 Abs. 7 AO) oder anderer Behörden (§ 93 Abs. 8 AO) in einem automatisierten Verfahren Kontoinformationen ab­ rufen und an die Ersuchenden übermitteln (§ 93b Abs. 2 AO). Das Bun­ desverfassungsgericht hält den automatisierten Kontenabruf für steuerli­ che Zwecke für verfassungsgemäß.1415 Der automatisierte Kontenabruf betrifft allein den Abruf von auf inländische Konten bezogenen Daten durch inländische öffentliche Stellen. Der automatisierte Abruf von Kontodaten durch ausländische öffentliche Stellen ist im Finanzkon­ ten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG)1416 geregelt und geht deut­ lich weiter, sowohl was den Umfang als auch die Voraussetzungen des Abrufs anbelangt.1417 1. Voraussetzungen des automatisierten Kontenabrufs Für den hier allein interessierenden automatisierten Kontenabruf zu steuerlichen Zwecken zählt § 93 Abs. 7 AO abschließend sechs Abrufan­ lässe auf.1418 Dazu gehören insbesondere: – die Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückfor­ derungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen oder Steuervergütungen (§ 93 Abs. 7 Nr. 4 AO), wobei der Begriff der „Erhebung“ sich hier nicht auf das Erhebungsverfahren bezieht, son­

1412 Dazu und zu den Ausnahmen Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 78. 1413 Koenig/Intemann, 3. Aufl. 2014, § 30a AO Rn. 2. 1414 Dazu ausführlich Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, § 93 AO Rn. 59–77. 1415 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168. 1416 Gesetz v. 21.12.2015, BGBl. I 2015, 2531. 1417 Zu den Datenschutzfragen in diesem Zusammenhang Hamacher, IStR 2016, 171–177. 1418 Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 48.

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dern das gesamte Besteuerungsverfahren einschließlich des Vollstre­ ckungsverfahrens meint;1419 – zur Ermittlung, ob ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsbe­ rechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter i. S. d. § 3 GwG eines Kon­ tos oder Depots einer ausländischen natürlichen oder juristischen Person, Personengesellschaft, Personenvereinigung oder Vermögens­ masse ist (§ 93 Abs. 7 Nr. 4a AO);1420 – zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 (§ 93 Abs. 7 Nr. 4b AO). Der Kontenabruf muss in diesen Fällen stets „erforderlich“ sein, d. h. es bedarf eines „hinreichenden Anlasses“.1421 Darüber hinaus ist der Kon­ tenabruf nach § 93 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 AO subsidiär gegenüber dem Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen. 2. Umfang und Gegenstand des Kontenabrufs Anknüpfungspunkt des Kontenabrufs ist das „nach § 24c Absatz 1 des Kreditwesengesetzes“ zu führende Dateisystem, das „auch für Abrufe nach § 93 Absatz 7 und 8“ zu führen ist (§ 93b Abs. 1 AO). Von den Kre­ ditinstituten nach § 24c Abs. 1 KWG zu speichern sind: – die Nummer eines Kontos, das der Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2, 2a AO unterliegt,1422 eines Depots oder eines Schließfachs; – der Tag der Eröffnung und der Tag der Beendigung oder Auflösung; – folgende Informationen zum Inhaber und Verfügungsberechtigten: • Name, • bei natürlichen Personen: Geburtstag; – folgende Informationen zu jedem wirtschaftlich Berechtigten (i. S. v. § 3 GwG): • Name, • Adresse; Darüber hinaus sind seit dem 01.01.2020 gem. § 93b Abs. 1a AO zu spei­ chern: – die Adresse, – Steueridentifikationsnummer (§ 139b AO), – Wirtschaftsidentifikationsnummer (§ 139c AO). 1419 Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 49. 1420 Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 50 fragt zu Recht, ob die Abfrage von Konto­ stammdaten von Inlandskonten überhaupt für die Ermittlung von Auslandssach­ verhalten geeignet ist. 1421 Klein/Rätke, § 93 AO Rn. 87; Tipke/Kruse/Seer, § 93 Rn.  1422 Das ist jedes „reguläre“ Bankkonto, siehe nur Klein/Rätke, § 93b AO Rn. 3.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Inhalt der Auskunft können somit allein die genannten Kontenstammund Steuerdaten sein, nicht Kontostände oder Kontobewegungen.1423 Durch den automatisierten Kontenabruf kann somit nur festgestellt wer­ den, wer wo ein Konto unterhält. Weitergehende Informationen können erst in einem zweiten Ermittlungsschritt gewonnen werden. 3. Abrufverfahren Der Abruf erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern auf Ersuchen einer Finanzbehörde (§ 93b Abs. 2 AO). Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Kontenabfrage liegt aber beim Ersuchenden (§ 93b Abs. 3 AO). Der automatisierte Kontenabruf ist dabei im Verhältnis zum Betrof­ fenen keine heimliche Maßnahme; er ist nach Maßgabe des § 93 Abs. 9 Satz 1 AO vom Ersuchenden schon vor der Maßnahme auf die Möglich­ keit eines Kontenabrufs hinzweisen, wobei ein ausdrücklicher Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern genügt.1424 Nach dem Abruf muss der Ersuchende den Betroffenen benachrichtigen (§ 93 Abs. 9 Satz 2 AO).1425 Ausnahmen sind gem. § 93 Abs. 9 Satz 3 AO zulässig, insb. wenn der Hinweis die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die zuständi­ ge Stelle gefährden würde.

III. Vergleich 1. Die Auskunft und der automatisierte Kontenabruf erfolgen nur auf Ersuchen der Finanzbehörden. Die Verdachtsmeldepflicht des GwG verlangt hingegen, dass die Verpflichteten die Behörden spontan in­ formieren. 2. Auskunftsersuchen sind vorrangig an den Beteiligten selbst zu rich­ ten (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AO). Ein an Dritte gerichtetes Ersuchen ist in bestimmten Fällen zulässig, so z. B. wenn der Beteiligte noch unbe­ kannt ist, ein Ersuchen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht. Im Fall von Sammelauskunftsersuchen ist es jedoch erfor­ derlich, dass andere zumutbare Mittel zur Sachverhaltsermittlung keinen Erfolg versprechen (§ 93 Abs. 1a Satz 2 AO). Die Pflicht zum Risikomanagement und die Meldepflicht richten sich von vornherein nur an Dritte; der Betroffene wird in der Regel vollständig umgangen (vgl. auch § 47 Abs. 1 GwG). 3. Voraussetzungen für Auskunftsersuchen und die automatisierte Kon­ tenabfrage ist stets ein „hinreichender Anlass“. Die Maßnahme 1423 Klein/Rätke, § 93b AO Rn. 3. 1424 Kritisch Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 61 m. w. N. 1425 Umstritten ist, wann und wie dies geschehen soll, siehe nur Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 62.

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A.  Einordnung in die Befugnisse des steuerlichen Ermittlungsverfahrens

darf nicht dazu dienen, einen hinreichenden Anlass erst zu finden. Die bank- und geldwäscherechtliche Pflicht zum Risikomanagement besteht hingegen anlasslos;1426 das Verhalten jedes Vertragspartners ist nach bestimmten Kriterien zu analysieren. Die Verdachtsmel­ depflicht hängt nicht davon ab, ob ein „hinreichender Anlass“ im steuerlichen Sinne gegeben ist, ebensowenig die weiteren Übermitt­ lungsschritte. Zwar spricht § 32 Abs. 3 GwG davon, dass die Daten­ übermittlung für Besteuerungsverfahren erforderlich sein soll. Es ist allerdings unklar, ob sich aus den von der FIU als solche identifizier­ ten „auffälligen Sachverhalten im Zusammenhang mit Steuern“, an die der Gesetzgeber dachte, stets ein „hinreichender Anlass“ im Sin­ ne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergibt. Dasselbe gilt für den weiter formulierten und in der Praxis bedeutsameren § 32 Abs. 6 GwG, für den es ausreicht, dass Tatsachen „für die Einleitung oder Durchführung von Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahren Bedeu­ tung haben könnten“ (Hervorh. d. Verf). 4. Ein Auskunftsersuchen muss als Verwaltungsakt inhaltlich hinrei­ chend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO), woran bei Sammelauskunfts­ ersuchen besonders hohe Anforderungen zu stellen sind.1427 Ein ­Sammelauskunftsersuchen, das den Adressaten zur Auskunft über „auffällige Sachverhalte im Zusammenhang mit Steuern“ verpflich­ tet, wäre unzulässig. Risikomanagement und Verdachtsmeldepflicht nach dem GwG operieren hingegen mit in hohem Maße unbestimm­ ten und unspezifischen Risikoindikatoren. 5. Mittels eines Auskunftsverlangens nach § 93 Abs. 1 und 1a AO kön­ nen grundsätzlich alle Informationen (insb. Kontobewegungen, Kon­ tensalden und ggf. weitere persönliche und wirtschaftliche Verhält­ nisse des Betroffenen) ermittelt werden, die sich auch in einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG finden könnten. Deutlich beschränk­ ter sind die über den automatisierten Kontenabruf zu erlangenden Daten. 6. Unterschiede bestehen zudem im Hinblick auf die Information des Betroffenen: Von einem Auskunftsersuchen nach § 93 AO ist der Be­ troffene zu informieren; als Drittbetroffener (§ 122 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO) ist ihm das in Form eines Verwaltungsakts ergehende Ersuchen bekanntzugeben. Über einen automatisierten Kontenabruf soll der Betroffene vorher oder nachher informiert werden; Einschränkungen sind zulässig (§ 93 Abs. 9 i. V. m. §§ 32b Abs. 1, 32c AO). Der Betrof­ fene ist dabei von Amts wegen zu informieren. Deutlich zurückhal­ tender sind die Vorschriften des GwG: Nach § 47 Abs. 1 GwG darf der Verpflichtete den Betroffenen über eine beabsichtigte oder erstattete 1426 Ausführlicher dazu unten Kapitel 3 B. IV. 3. c) cc) (1) (c). 1427 Vgl. Tipke/Kruse/Seer, § 93 AO Rn. 35.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Meldung, ein aufgrund einer Meldung eingeleitetes Ermittlungsver­ fahren oder ein Auskunftsverlangen nach § 30 Abs. 3 Satz 1 GwG nicht in Kenntnis setzen; eine Ausnahmeregelung hierzu gibt es nicht. Die Zentralstelle muss dem Betroffenen nach Maßgabe des § 49 GwG Auskunft erteilen. Vor Abschluss der Analyse ist dies nur zulässig, wenn dadurch der Analysezweck nicht beeinträchtigt wird (§ 49 Abs. 1 Satz 1 GwG). Nach Abschluss der Analyse, aber vor Über­ mittlung des Ergebnisses an die Strafverfolgungs-/Polizeibehörden, kann die Zentralstelle dem Betroffenen Auskunft geben, sofern dies keine negativen Auswirkungen auf internationale Beziehungen, Be­ lange der inneren oder äußeren Sicherheit oder die Durchführung ei­ nes anderen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines laufenden Gerichtsverfahrens hat (§ 49 Abs. 2 GwG). Nach Übermittlung an die Strafverfolgungs-/Polizeibehörden ist die Zentralstelle bis zum Abschluss des Verfahrens nicht befugt, dem Betroffenen Auskunft zu gewähren (§ 49 Abs. 3 GwG). In der Zwischenzeit richtet sich der In­ formationszugang des Betroffenen nach den Vorschriften der StPO.1428 Damit ist als Ergebnis festzuhalten: Würden die Überwachungs- und Meldepflichten nach dem GwG unmittelbar steuerlichen Zwecken die­ nen, würden sie es Privaten auferlegen, einen „hinreichenden Anlass“ zu gewinnen und den Sachverhalt (der Informationen über einzelne Konto­ bewegungen, Kontensalden und ggf. weitere persönliche und wirtschaft­ liche Verhältnisse des Betroffenen enthält) den Finanzbehörden mitzu­ teilen. Das gilt für alle Verpflichteten des GwG, unabhängig davon, ob sie im Rahmen ihrer Pflicht zu internen Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG) EDV-gestützte Systeme einsetzen (wie z. B. die Banken, § 25 Abs. 2 Satz 1 KWG) oder nicht. Eine solche Regelung ginge weit über die bishe­ rigen Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörden nach der AO hin­ aus.

B. Vereinbarkeit der Datenübermittlung mit höherrangigem Recht Die Übermittlung von Informationen aus Geldwäscheverdachtsmeldun­ gen führt somit mittelbar zu einer erheblichen Ausweitung finanzbe­ hördlicher Ermittlungsmöglichkeiten. Die Meldepflicht führt im Zu­ sammenhang mit den Sorgfaltspflichten zu einer Erhebung, Speicherung, Rasterung, Übermittlung und Verwendung personenbezogener Daten für eine Vielzahl von Zwecken. Jeder einzelne dieser Schritte stellt einen selbständigen Grundrechtseingriff dar. Diese Eingriffe betreffen eine 1428 Vgl. Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 49 GwG Rn. 24, der z. B. das Aktenein­ sichtsrecht des Verteidigers nach § 147 StPO erwähnt.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

a­ ußerordentlich große Zahl von weit überwiegend unverdächtigen oder zumindest unschuldigen Personen und finden teilweise heimlich statt, sodass vor oder nach dem Eingriff umfassender Rechtsschutz nicht ohne Weiteres zu erlangen ist. Darüber hinaus findet die Erhebung von Daten über den Betroffenen nicht bei demselben, sondern regelmäßig bei Drit­ ten statt. Die Frage, ob Übermittlung und Verwendung dieser Daten für Zwecke des Besteuerungs- und Steuerstrafverfahrens mit den Grundrech­ ten des Betroffenen vereinbar sind, drängt sich demnach förmlich auf.

I. Festlegung des Untersuchungsgegenstandes Ausgangspunkt der nachfolgenden Untersuchung sind § 32 Abs. 2, 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 6 GwG. Nach diesen Vorschriften dürfen die Zent­ ralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen oder die Strafverfol­ gungsbehörden i. S. v. § 32 Abs. 6 GwG personenbezogene Daten an die Finanzbehörden übermitteln, dies jeweils zu verschiedenen Zwecken unter unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Finanzbehörden wieder­ um verarbeiten diese Daten weiter. Aus Sicht des Datenschutzrechts beinhaltet dieser Prozess eine Vielzahl einzelner Datenverarbeitungs­ ­ schritte, deren jeder an den einschlägigen Vorgaben des primären und sekundären Unionsrechts sowie des innerstaatlichen einfachen Rechts und der Verfassung zu messen ist.1429 Löst man die Datenverarbeitung rund um § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG auf, dann ergibt sich grob folgendes Bild: 1. Datenverarbeitung durch die Verpflichteten: Die Verpflichteten i. S. d. GwG erheben Daten i. d. R. bei den Betroffenen und verarbeiten diese, vor allem auf Grundlage ihrer Vertragsbeziehung zu dem Ver­ tragspartner und in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem GwG.1430 Sie übermitteln diese Daten ggf. im Meldeverfahren nach § 43 Abs. 1 GwG an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. 2. Datenverarbeitung durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsun­ tersuchungen: Die Zentralstelle erlangt die Daten in aller Regel auf elektronischem Wege (§ 45 Abs. 1 GwG), liest sie aus bzw. fragt sie ab und verwendet sie zur Durchführung von sog. Finanzanalysen. Dabei kommt es regelmäßig zu einem Abgleich mit Daten aus Registern/ Datenbanken und zu einer Verknüpfung (§ 31 Abs. 4–7 GwG). Nach Abschluss der Analysen übermittelt sie jedenfalls das Ergebnis – und damit auch einen Teil der erlangten Daten – ggf. an die zuständigen öffentlichen Stellen (§ 32 Abs. 2 und 3 GwG). 1429 Vgl. Härting, NJW 2015, 3284 (3284). 1430 Dabei haben sie die DSGVO zu beachten, siehe EuGH, Urt. v. 06.10.2020 – Rs. C-623/17 (Vorratsdatenspeicherung), Rn. 47.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

3. Datenverarbeitung durch die Behörden i. S. v. § 32 Abs. 6 GwG, d. h. die Strafverfolgungsbehörden und die Polizeibehörden: Die Behörden erlangen die Daten in aller Regel auf elektronischem Wege, entweder durch Übermittlung oder durch automatisierten Abruf (§ 32 Abs. 4 GwG).1431 Sie werden dort insb. durch Abgleich und Verknüpfung wei­ terverarbeitet. Ggf. erfolgt eine Übermittlung an die Finanzbehörden (§ 32 Abs. 6 GwG). 4. Datenverarbeitung durch die Finanzbehörden, die sowohl im Verwal­ tungs- wie auch im Strafverfahren tätig sein können: Haben die Fi­ nanzbehörden die Daten erlangt, kommt es in der Regel zu einem Abgleich mit den gespeicherten Steuerdaten. Sofern dieser zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, werden die Daten zunächst gespeichert, um sie ggf. zu einem späteren Zeitpunkt weiter zu verarbeiten. Im Sinne der Fragestellung dieses Kapitels soll nur ein Ausschnitt aus diesem groben Bild näher betrachtet werden, nämlich die Übermittlung nach Ziffern 2 und 3 und die Datenverarbeitungen nach Ziffer 4. Im Hin­ blick auf die Übermittlung nach Ziffer 2 soll hier in erster Linie die Rechtsgrundlage in § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG geprüft werden. Das zu § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG Gesagte ist im Wesentlichen auch auf § 32 Abs. 6 GwG (in der Variante „für ein Besteuerungs[verfahren]“) und § 32 Abs. 2 GwG (soweit es um Steuerstrafverfahren geht) übertragbar.

II. Prüfungsmaßstäbe Den Prüfungsmaßstab für die hier interessierenden Datenverarbeitungs­ vorgänge festzulegen ist nicht völlig trivial. Das liegt an der Vielfalt in Betracht kommender Maßstäbe: Mit Blick auf die Person, deren per­ sonenbezogene Daten verarbeitet werden, kommen im Wesentlichen auf Ebene des Völkerrechts Art. 8 EMRK, auf der primären Ebene des Unionsrechts Art. 8 GRCh (ggf. zusammen mit Art. 7 GRCh)1432 und Art. 16 Abs. 1 EUV sowie auf der nationalen verfassungsrechtlichen Ebe­ ne Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG (Grundrecht auf informationel­ le Selbstbestimmung) in Betracht. Dazu kommen noch die Datenschutz­ regelungen des sekundären Unionsrechts, insbesondere aus der DSGVO und der Richtlinie über den Datenschutz im Bereich des Strafrechts, die zwar keine Grundrechtsgewährleistungen enthalten, aber den Grund­ rechtsschutz durch das Primärrecht konkretisieren und gegenüber dem nationalen Recht Anwendungsvorrang genießen. Dabei muss genau zwi­ schen den einzelnen Verarbeitungsschritten getrennt werden: Auf jeder 1431 Vgl. zur Form der Übermittlung in diesen Fällen Herzog/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 4. 1432 Ausführlich zum Verhältnis von Art. 7 und 8 GRCh Michl, DuD 2017, 349–353.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Ebene (Verpflichtete, Zentralstelle, Staatsanwaltschaften, Polizeibehör­ den und Finanzbehörden) finden Datenverarbeitungen statt, die sich nach jeweils unterschiedlichen Vorgaben richten können. 1. Verhältnis der GRCh zur EMRK Die EMRK hat erheblichen Einfluss auf die Grundrechtsgewährleistun­ gen der Europäischen Union. Da die Europäische Union der EMRK je­ doch noch nicht beigetreten ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 EUV),1433 ist die EMRK weiterhin keine Rechtsquelle des Unionsrechts. Als Rechtser­ kenntnisquelle, d. h. als „Medium der Auslegung“1434 ist die EMRK je­ doch von überragender Bedeutung: Zusammen mit den Verfassungsüber­ lieferungen der Mitgliedstaaten diente sie dem EuGH vor Inkrafttreten der Charta zur Herleitung von Grundrechten als allgemeinen Grundsät­ zen des Gemeinschaftsrechts, wovon heute noch Art. 6 Abs. 3 EUV zeugt.1435 Nach Art. 52 Abs. 3 GRCh kommt insbesondere der EMRK nach wie vor eine wichtige Rolle für die Auslegung der Charta zu. Soweit sich die Grundrechtsgewährleistungen der Charta und der EMRK ent­ sprechen,1436 sollen sie nach der dynamischen Verweisung1437 in Art. 52 Abs. 3 GRCh kohärent ausgelegt und angewendet werden. Das gilt be­ sonders für die Einschränkungsmöglichkeiten, die in der EMRK deutlich differenzierter geregelt sind als in Art. 52 Abs. 1 GRCh.1438 So lässt Art. 8 EMRK, der das Recht auf Achtung des Privat- und Famili­ enlebens, der Wohnung und der Korrespondenz schützt, einen Eingriff nur dann zu, soweit er „gesetzlich vorgesehen und in einer demokrati­ schen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Si­ cherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“ Die auf Art. 8 EMRK gründenden Charta-Grundrechte aus Art. 7 und 8 GRCh 1433 Ein mühsam ausgehandeltes Beitrittsabkommen (dazu Obwexer, EuR 2012, 115– 148) wurde vom EuGH in seinem Gutachten 2/13 v. 18.12.2014 als unionsrechts­ widrig abgelehnt; die Auffassung des EuGH hat erhebliche Kritik auf sich gezo­ gen, siehe z. B. Wendel, NJW 2015, 921–926; Breuer, EuR 2015, 330–350. 1434 Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 52 GRCh Rn. 19. 1435 Zum Verhältnis von Art. 6 Abs. 1 zu Abs. 3 EUV siehe Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 6 EUV Rn.15–18. 1436 Siehe dazu die Auflistung in den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, ABl. C 303 v. 14.12.2007, 17 (33–34); zu ihrer Bedeutung siehe Streinz/Streinz/Michl, Art. 52 GRCh Rn. 29: „quasi-obligatorische Wirkung“. 1437 Jarass, GRCh, 2016, Art. 52 Rn. 66. 1438 Vgl. die Erläuterungen zu Art. 52 in den Erläuterungen zur Charta der Grund­ rechte, ABl. C 303 v. 14.12.2007, 17 (33, zweiter Absatz). Streinz/Streinz/Michl, Art. 52 GRCh Rn. 30 merken aber kritisch an, der EuGH lasse „bisher keinerlei Neigung erkennen, sich mit den spezifischen Schranken der parallelen EMRK-­ Rechte zu beschäftigen.“

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

wiederum lassen Einschränkungen unter anderen und tendenziell weite­ ren Voraussetzungen zu.1439 Art. 8 EMRK fällt nach h. M. jedoch nicht unter die Entsprechungsklausel des Art. 52 Abs. 3 GRCh.1440 2. Verhältnis von Art. 8 GRCh zur DSGVO Art. 8 GRCh ist sehr offen formuliert und bedarf der Auslegung durch den EuGH und der Ausgestaltung durch einfaches (Sekundär-)Recht. Es handelt sich um ein normgeprägtes Grundrecht, dessen Inhalt mit dem Sekundärrecht in Wechselwirkung steht.1441 Der EuGH hat sich bislang in einer überschaubaren Zahl an Entscheidungen mit dem Grundrecht auf Datenschutz beschäftigt und dabei nur bestimmte Aspekte hervorge­ hoben.1442 Die Wechselwirkungen zwischen primärrechtlichen und se­ kundärrechtlichen Vorgaben sind an anderer Stelle bereits erörtert wor­ den.1443 Für Zwecke dieser Arbeit ist eine nähere Befassung mit dieser Frage nicht erforderlich. 3. Verhältnis der GRCh zum nationalen Recht Das Verhältnis zwischen den unionsrechtlichen Grundrechtsgewährleis­ tungen und den Grundrechten des Grundgesetzes wird seit der Entschei­ dung des EuGH in der Rs. Internationale Handelsgesellschaft1444 und der darauf folgenden Solange I-Entscheidung des Bundesverfassungsge­ richts1445 kontrovers diskutiert. In ständiger Rechtsprechung prüft der EuGH Akte der öffentlichen Ge­ walt der Mitgliedstaaten am Maßstab unionsrechtlicher Grundrechts­ gewährleistungen, wenn diese in den „Anwendungsbereich“ des Unions­ rechts fallen. Daran hat auch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh nichts geändert, der von „Durchführung“ des Unionsrechtsrechts spricht; der EuGH ­verwendet die Begriffe „Anwendungsbereich“, „Geltungsbereich“ und „Durchführung“ synonym.1446 Einigkeit besteht, dass Akte der öffentli­ chen Gewalt der Mitgliedstaaten in den Anwendungsbereich des Uni­ 1439 Speziell zur Herleitung des Datenschutz-Grundrechts aus Art. 8 EMRK grundle­ gend EuGH, Urt. v. 05.10.1994 – Rs. C-404/92 (X ./. Kommission), NJW 1994, 3005 (3006, Rn. 17). 1440 Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 8 GRCh Rn. 4. 1441 Meyer/Hölscheidt/Bernsdorff, Art. 8 GRCh Rn. 16; Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 8 GRCh Rn. 5. 1442 Zur EuGH-Rechtsprechung im Bereich des Datenschutzes seit Inkrafttreten der GRCh siehe Skouris, NVwZ 2016, 1359–1364. 1443 Siehe z. B. Meyer/Hölscheidt/Bernsdorff, Art. 8 GRCh Rn. 17 und 32–33 m. w. N. 1444 EuGH, Urt. v. 17.12.1970 – Rs. 11/70 (Internationale Handelsgesellschaft), Slg. 1970, S. 1125. 1445 BVerfG, Beschl. v. 29.05.1974 – 2 BvL 52/71, BVerfGE 37, 271. 1446 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19–21; Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 33; Urt. v. 30.04.2014 –

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onsrechts fallen, soweit sie vom Unionsrecht vollständig bestimmt („de­ terminiert“) sind, d. h. den Mitgliedstaaten kein Entscheidungsspielraum zukommt.1447 Außerhalb dieses Bereiches gibt es unterschiedliche Po­ sitionen: Der EuGH bejaht eine Bindung der Mitgliedstaaten in allen „unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen“1448. Dazu zählen Fälle, in denen das mitgliedstaatliche Handeln zu einer Beschränkung der Grund­ freiheiten führt.1449 Diese sog. ERT-Doktrin ist – zumal unter Geltung des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh – nicht unumstritten.1450 Im Übrigen kann auch ein hinreichender Zusammenhang mit dem Unionsrecht genügen, wobei der EuGH die noch in der Rs. Åkerberg Fransson sehr niedrig an­ gesetzte Schwelle in seiner Folgerechtsprechung konkretisiert hat.1451 Der EuGH geht dabei i. S. d. sog. Kumulationsthese1452 davon aus, dass es Überschneidungen zwischen dem Anwendungsbereich der unionsrecht­ lichen und der nationalen Grundrechtsgewährleistungen geben kann; kommt es dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen, setzt sich der höhere Schutzstandard durch, sofern dadurch der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigt werden.1453 Das führt jedenfalls in mehrpoligen Konstellationen, in denen die Freiheitsräume mindestens zweier Grundrechtsträger voneinander abgegrenzt werden müssen, immer zu einer Verdrängung der nationalen Grundrechte,1454 nicht aber in der klassischen bipolaren Bürger-Staat-Konstellation. Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Abgrenzung hingegen primär danach vor, inwieweit das mitgliedstaatliche Handeln unionsrechtlich determiniert ist. Soweit das Unionsrecht zwingende Vorgaben macht, werden die Umsetzung durch innerstaatliches Recht und die Anwen­ dung des Unionsrechts vom Bundesverfassungsgericht nicht am Maß­ stab der Grundrechte gemessen.1455 Während Verfassungsbeschwerden in solchen Konstellationen bislang als unzulässig zurückgewiesen wurden, sieht sich das Bundesverfassungsgericht nun auch in der Lage, selbst eine Rs. C-390/12 (Pfleger), Rn. 32; kritisch Huber, NJW 2011, 2385 (2386–2387); ­Huber, EuR 2008, 190–200. 1447 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-399/11 (Melloni), Rn. 59–61. 1448 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19. 1449 EuGH, Urt. v. 18.06.1991 – Rs. C-260/89 (ERT), Rn. 43. 1450 Siehe z. B. Huber, NJW 2011, 2385 (2386–2387). 1451 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19–21; Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 33–37. 1452 Kingreen, JZ 2013, 801 (803–804); Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 51 GRCh Rn. 10. 1453 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 29. 1454 Bäcker, EuR 2015, 389 (397–398); Buchholtz, DÖV 2017, 837 (839). 1455 Grundlegend zu Verordnungen BVerfG, Urt. v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, ­BVerfGE 73, 339; zu Richtlinien BVerfG, Beschl. v. 13.03.2007 – 1 BvF 1/05, ­BVerfGE 118, 79; BVerfG (Kammer), Beschl. v. 12.05.1989 – 2 BvA 3/89, NJW 1990, 974. Siehe jüngst BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 276/17 (Recht auf Vergessen II), juris, Rn. 43–46.

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Prüfung am Maßstab der GRCh vorzunehmen.1456 Im gestaltungsoffenen, also nicht vollständig vereinheitlichten Bereich des Unionsrechts schien das Bundesverfassungsgericht lange Zeit davon auszugehen, dass sich die Anwendungsbereiche der GRCh und des GG mithilfe des Art. 51 GRCh trennscharf abgrenzen lassen (sog. Alternativitätsthese).1457 Entsprechend deutlich fiel deshalb auch die initiale Kritik an der sehr weiten Ausle­ gung des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh durch den EuGH in der Åkerberg-Entscheidung aus.1458 Inzwischen bejaht aber auch das Bundesver­ fassungsgericht, dass es im gestaltungsoffenen Bereich Überschneidungen zwischen den Anwendungsbereichen des Unionsrechts (und damit nach der Lesart des EuGH auch der Grundrechtecharta) und den Grundrech­ ten des Grundgesetzes geben kann, auch wenn es sich weiter gegen eine „übermäßig weite Auslegung des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh“ ver­ wahrt.1459 Es scheint davon auszugehen, dass es zu Überschneidungen kommt, wenn das Unionsrecht den Mitgliedstaaten zwar Gestaltungs­ spielräume belässt, „dieser Gestaltung aber einen hinreichend gehalt­ vollen Rahmen setzt, der erkennbar auch unter Beachtung der Unions­ grundrechte konkretisiert werden soll.“1460 In diesen Fällen treten die Unionsgrundrechte zu denen des Grundgesetzes hinzu.1461 Das Bundes­ verfassungsgericht geht damit einen Schritt auf den EuGH zu.1462 Primä­ rer Prüfungsmaßstab für das Bundesverfassungsgericht bleiben indes die Grundrechte des Grundgesetzes, die im Lichte der Charta auszulegen sind.1463 Eine Prüfung allein am Maßstab der Grundrechte soll jedoch ausscheiden, wo das an sich gestaltungsoffene Fachrecht der Union enge­ re grundrechtliche Maßgaben enthält oder wenn die Grundrechtsgewähr­ leistungen im GG hinter dem Schutzniveau der Charta zurückbleiben.1464 Für ersteres müssen Anhaltspunkte im Wortlaut und Regelungszusam­ menhang des Fachrechts vorliegen,1465 für zweiteres konkrete und hinrei­ chende Anhaltspunkte, die sich insbesondere aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben können.1466 Daraus folgt: Sofern ein Verstoß gegen die Grundrechte des Grundgesetzes vorliegt, kann eine genauere Prüfung, inwieweit sich die Grundrechtsgewährleistungen im Grundgesetz und 1456 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 276/17 (Recht auf Vergessen II), juris, Rn. 50 ff. 1457 Kingreen, JZ 2013, 801 (803); Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 51 GRCh Rn. 10; Timmermann, DÖV 2019, 249 (259); Buchholtz, DÖV 2017, 837 (839). 1458 BVerfG, Urt. v. 24.05.2013 – 1 BvR 1215/07, juris, Rn. 91. 1459 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 43. 1460 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 44. 1461 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 44. 1462 Vgl. Hoeren, MMR 2020, 105. 1463 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 45 und 62. 1464 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 67. 1465 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 68. 1466 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 69.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

der Charta decken, regelmäßig dahinstehen. Etwas anderes gilt bei enge­ ren grundrechtlichen Maßgaben im Fachrecht, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu einer Verdrängung nationaler Grundrechte zugunsten der GRCh führen können. In diesen Fällen kommt es mögli­ cherweise nicht nur darauf an, ob der Schutzstandard der Charta unterschritten wird, sondern auch darauf, ob er überschritten wird.1467 4. Verhältnis der DSGVO zum nationalen Recht Die DSGVO trat am 25. Mai 2016 in Kraft und ist seit dem 25. Mai 2018 anwendbar. Sie löst die Datenschutzrichtlinie (DSRL) vom 24. Oktober 1995 ab.1468 Als Verordnung gilt die DSGVO allgemein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Sie ist grundsätzlich ab­ schließend. Mit dutzenden Öffnungsklauseln und Verweisen in das nati­ onale Recht lässt die Verordnung den Mitgliedstaaten jedoch so weite Gestaltungsspielräume offen, dass sie sich eher als „Hybrid“1469 zwischen Verordnung und Richtlinie darstellt.1470 Diese Spielräume bestehen gleichwohl nur innerhalb der Grenzen, die die Öffnungsklauseln ziehen. Kühling et al. haben eine Typologie der Öffnungsklauseln entwickelt. Sie unterscheiden dabei insbesondere nach der Reichweite (allgemein oder spezifisch), dem Anpassungstypus (Konkretisierung, Ergänzung oder Mo­ difikation sowie fakultative oder obligatorische Regelungsbefugnis), nach ihrem systematischen Zusammenhang (echte oder unechte Öff­ nungsklauseln) und der Art der Verarbeitung (öffentliche oder private Da­ tenverarbeitung).1471 In dem durch die Öffnungsklauseln eröffneten Ge­ staltungsspielraum ist grundsätzlich Raum für die Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes.1472 Zu prüfen ist dabei zunächst, ob sich die Vorschrift des innerstaatlichen Rechts auf eine Öffnungsklausel stützt und deren Begrenzungen beachtet. Soweit dies nicht der Fall ist, 1467 Vgl. zur damit angesprochenen komplexen Eingriffslage Timmermann, DÖV 2019, 249 (258–259). 1468 Richtlinie 94/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung per­ sonenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. L 281 v. 23.11.1995, 31. 1469 Kühling/Martini, EuZW 2016, 448 (449). 1470 Ausführlich zu den Öffnungsklauseln und Anpassungsbedarf im nationalen Recht Kühling/Martini/Heberlein u. a., Die Datenschutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016. 1471 Kühling/Martini/Heberlein u. a., Die Datenschutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016, S. 9–14. 1472 Vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 41 DSGVO: „Wenn in dieser Verordnung auf eine Rechtsgrundlage oder eine Gesetzgebungsmaßnahme Bezug genommen wird, er­ fordert dies nicht notwendigerweise einen von einem Parlament angenommenen Gesetzgebungsakt; davon unberührt bleiben Anforderungen gemäß der Verfas­ sungsordnung des betreffenden Mitgliedstaats.“ Siehe auch Timmermann, DÖV 2019, 249 (259).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

ist die Vorschrift des innerstaatlichen Rechts aufgrund des Anwendungs­ vorrangs des Unionsrechts insoweit nicht anzuwenden.1473 Hat der natio­ nale Gesetzgeber hingegen die Vorgaben der Öffnungsklausel beachtet, fällt die innerstaatliche Vorschrift zwar immer noch in den Anwen­ dungsbereich des Unionsrechts i. S. v. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh, kann aber jedenfalls nach der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG (auch) an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen werden.1474

III. Datenschutzgrundverordnung Die DSGVO stellt demnach für sich genommen einen Maßstab für die Prüfung innerstaatlicher Vorschriften über die Verarbeitung personenbe­ zogener Daten dar, soweit die davon erfassten Verarbeitungsvorgänge in ihren Anwendungsbereich fallen. Sofern sich die Vorschrift des inner­ staatlichen Rechts auf eine Öffnungsklausel berufen kann, beschränkt sich die Prüfung am Maßstab der DSGVO auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Öffnungsklausel. Für die weitere grundrechtliche Prüfung kommt es dann auf die GRCh und das innerstaatliche Recht an. 1. Anwendungsbereich der DSGVO Somit ist zunächst zu prüfen, ob die Datenverarbeitung in den hier inte­ ressierenden Fällen in den Anwendungsbereich der DSGVO fällt. Bejaht man dies, ist zu überprüfen, ob die für die einzelnen Vorgänge erforderli­ chen Rechtsgrundlagen den Vorgaben der DSGVO genügen. a) Sachlicher Anwendungsbereich der DSGVO Gegenstand der Übermittlung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG sind re­ gelmäßig personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Die ­Übermittlung ist eine Verarbeitung i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Die über­ mittelnde Stelle – also die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersu­ chungen oder die zuständige Strafverfolgungs- bzw. Polizeibehörde – ist „Verantwortlicher“ i. S. v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO. Die Finanzbehörde, ge­ 1473 Vgl. Kühling/Martini/Heberlein u. a., Die Datenschutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016, S. 3–4. 1474 Nichts anderes dürfte sich in weiten Teilen des öffentlichen Datenschutzes aus der EuGH-Rspr. ergeben, da sich in bipolaren Konstellationen der höhere Schutz­ standard in der Regel durchsetzt. Zur Anwendbarkeit der GRCh und des GG in der „Spielraumkonstellation“ siehe auch Buchholtz, DÖV 2017, 837 (839–841), die im Datenschutzrecht stets von mehrpoligen Grundrechtsverhältnissen aus­ zugehen scheint (was jedenfalls im Bereich des öffentlichen Datenschutzrechts in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft) und deshalb von einer umfassenden Ver­ drängung nationaler Grundrechte ausgeht; Timmermann, DÖV 2019, 249 (257– 259), der der EuGH-Rspr. zum Anwendungsbereich der GRCh und der Kumulati­ onsthese kritisch gegenübersteht, entscheidet sich nicht klar für eine Lösung.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

genüber der die Daten offen gelegt werden, ist jedoch kein Empfänger i. S. v. Art. 4 Nr. 9 DSGVO; insoweit greift die Ausnahmeregelung für Behörden in Art. 4 Nr. 9 Satz 2 DSGVO,1475 sodass die Informations- und Mitteilungspflichten (z. B. Art. 13 Abs. 1 Buchst. e, Art. 14 Abs. 1 Buchst. e, Art. 15 Abs. 1 Buchst. c DSGVO) insoweit entfallen. Im Übri­ gen sind die Vorschriften der DSGVO jedoch einzuhalten. Diese Verar­ beitung personenbezogener Daten wird regelmäßig auch automatisiert oder teilautomatisiert, jedenfalls aber dateimäßig erfolgen,1476 sodass die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 DSGVO erfüllt sind und der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet ist, soweit keine Ausnah­ me nach Art. 2 Abs. 2 DSGVO vorliegt. b) Ausnahmen Im Hinblick auf die Datenverarbeitung durch Behörden sind die Ausnah­ men nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, b und d DSGVO in Betracht zu ziehen. Nach diesen Vorschriften gilt die DSGVO nur bei Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO). Ausgenommen ist der Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b DSGVO) sowie die Datenver­ arbeitung durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Straf­ vollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Ge­ fahren für die öffentliche Sicherheit (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO). Die Datenverarbeitung im letztgenannten Bereich ist durch eine Richtlinie geregelt.1477 aa) Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO Nach § 29 Abs. 1 GwG darf die Zentralstelle personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 28 Abs. 1 GwG ist Aufgabe der Zentralstelle die Erhebung oder 1475 Siehe Erwägungsgrund Nr. 31: „Behörden, gegenüber denen personenbezogene Daten aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung für die Ausübung ihres offiziel­ len Auftrags offengelegt werden, wie Steuer- und Zollbehörden, […], sollten nicht als Empfänger gelten, wenn sie personenbezogene Daten erhalten, die für die Durchführung – gemäß dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaa­ ten – eines einzelnen Untersuchungsauftrags im Interesse der Allgemeinheit er­ forderlich sind.“ 1476 Zur Auslegung dieser Begriffe siehe Auernhammer/Lewinski, Art. 2 DSGVO 6–9. 1477 Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe­ zogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Er­ mittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates, ABl. L 119 v. 04.05.2016, 89.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Analyse von Informationen in Zusammenhang mit Geldwäsche und Ter­ rorismusfinanzierung und die Weitergabe dieser Informationen an die zuständigen inländischen öffentlichen Stellen zum Zwecke der Auf­ klärung, Verhinderung oder Verfolgung solcher Taten. Auch die Daten­ übermittlung an die Finanzbehörden kann hierunter fallen, wenn diese im Ermittlungsverfahren wegen Steuerstraftaten tätig wird (vgl. §§ 386, 399 AO). Die Datenverarbeitung in diesem Bereich unterfällt somit der Ausnahme des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO, sodass nicht die DSGVO, sondern die innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2016/680 über den Datenschutz im strafrechtlichen Bereich anwendbar sind. Nach § 28 Abs. 4 GwG informiert die Zentralstelle auch die für das Be­ steuerungsverfahren zuständigen Behörden. Aus dem Umkehrschluss zu § 28 Abs. 1 GwG und mit Blick auf die Befugnisse in § 32 Abs. 2 und 3 GwG ist davon auszugehen, dass es sich hier um Informationen handelt, die keinen wesentlichen (steuer-)strafrechtlichen Bezug haben. In diesen Fällen dient die Übermittlung (= Verarbeitung) der Durchführung eines Besteuerungsverfahrens; mithin gilt die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO nicht. Dasselbe gilt auch in Fällen des § 32 Abs. 6 GwG: Soweit die Strafverfol­ gungsbehörden personenbezogene Daten im Rahmen ihrer Kerntätigkeit verarbeiten, gilt die DSGVO nicht. Sofern sie aber personenbezogene Da­ ten zum Zwecke der Einleitung oder Durchführung eines Besteuerungs­ verfahrens übermitteln, greift Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO nicht ein, sodass insoweit die DSGVO anzuwenden ist. Bei der Verarbeitung der übermittelten Daten durch die Finanzbehörden ist wiederum zu unterscheiden: Im Verwaltungsverfahren in Steuersa­ chen soll die DSGVO nach der Verwaltungsauffassung wohl unmittelbar anwendbar sein.1478 § 2a Abs. 3 AO betont noch einmal ausdrücklich den Anwendungsvorrang der Verordnung.1479 Die Verarbeitung zum Zweck 1478 BMF, Schreiben v. 12.01.2018 – Gz. IV A 3 - S 0030/16/10004-07, Rn. 2. Das er­ gibt sich nicht aus der DSGVO selbst (a. A. offenbar Haupt, DStR 2019, 2115– 2118, der die Frage des Anwendungsbereichs gar nicht thematisiert, sondern wie selbstverständliche von ihrer Anwendbarkeit ausgeht), denn außerhalb des Be­ reichs harmonisierter Steuern fällt das Besteuerungsverfahren nach hier vertrete­ ner Auffassung nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts i. S. v. Art. 2 Abs. 2 DSGVO. Man kann zwar einen entsprechenden Normanwendungsbefehl möglicherweise aus § 2a AO herauslesen, wie etwa Krumm, DB 2017, 2182 (2186–2187); die Norm bringt dies jedoch nicht hinreichend klar zum Ausdruck und ein BMF-Schreiben ändert daran nichts (so zutreffend FG Niedersachsen, Urt. v. 28.01.2020 – 12 K 213/19, DStRE 2020, 881 (882); a. A. FG Saarland, Be­ schl. v. 03.04.2019 – 2 K 1002/16, DStRE 2019, 1226 (1228); wohl auch FG Sach­ sen, Urt. v. 08.05.2019 – 5 K 337/19, ZD 2020, 166). 1479 BMF, Schreiben v. 12.01.2018 – Gz. IV A 3 - S 0030/16/10004-07, Rn. 2.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung oder Ahndung von Steuerstraftaten oder Steuerordnungswidrigkeiten richtet sich hingegen nicht nach der DSGVO (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DSGVO), sondern gem. § 2a Abs. 4 AO grundsätzlich nach den Vorschriften des BDSG. Sowohl bei der übermittelnden Stelle als auch innerhalb der Finanzbe­ hörden bereitet dabei die Zweckbestimmung jedoch größere Schwierig­ keiten. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen und die Staatsanwaltschaften bzw. Polizeibehörden haben in der Regel keine Kenntnis vom Inhalt der Steuerakten des Betroffenen und können des­ halb meist nicht erkennen, ob die Daten allein für Besteuerungsverfah­ ren oder auch für Steuerstrafverfahren Bedeutung haben. Dazu kommt, dass zum Zeitpunkt der Übermittlung häufig noch gar nicht feststellbar ist, ob der Tatbestand einer Steuerstraftat überhaupt verwirklicht werden wird. Die Steuerfahndung ist sowohl für das Besteuerungs- als auch das Steuerstrafverfahren zuständig. Auch wenn beide Verfahren an sich selb­ ständig nebeneinanderstehen, lässt sich das Steuerstrafverfahren nicht von der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen trennen; dasselbe gilt auch für die in diesem Zusammenhang verarbeiteten Daten. Darüber hi­ naus steht auch die Steuerfahndung vor dem Problem, dass im Zeitpunkt der Datenübermittlung noch nicht klar ist, ob es überhaupt zu einem Besteuerungs- oder gar Steuerstrafverfahren kommen wird. bb) Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO Darüber hinaus ist fraglich, ob die Datenverarbeitung für Zwecke ei­ nes Verwaltungsverfahrens in Steuersachen – ganz gleich durch wen – überhaupt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a AO fällt. Der Begriff „Anwendungsbereich des Unions­ rechts“ entstammt Art. 16 AEUV, der Rechtsgrundlage für den Erlass der DSGVO. Art. 16 Abs. 1 AEUV wiederholt die Gewährleistung des Art. 8 GRCh, schafft aber kein neues, schrankenloses Grundrecht auf Daten­ schutz.1480 Daraus folgt, dass neben den Schranken aus Art. 8 Abs. 2 GRCh auch die Vorschrift des Art. 51 Abs. 1 GRCh über den Anwen­ 1480 Streinz/Schröder, Art. 16 AEUV Rn. 5; Klement, JZ 2017, 161 (164): „Programm­ satz“; Ronellenfitsch, DuD 2012, 561 (562): „Kompetenznorm, die durch Art. 16 II AEUV konkretisiert wird“. A. A. Grabitz/Hilf/Nettesheim/Sobotta, Art. 16 AEUV Rn. 8; Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 16 AEUV Rn. 3; von der Groeben/ Schwarze/Hatje/Brühann, Art. 16 AEUV Rn. 31, die Art. 16 Abs. 1 AEUV zwar als Grundrecht ansehen, Art. 52 Abs. 2 GRC aber nicht anwenden oder für nicht einschlägig halten und somit letztlich zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Pech­ stein/Nowak/Häde/Wolff, Art. 16 AEUV Rn. 11–12 erblickt in Art. 16 Abs. 1 AEUV ein eigenständiges Grundrecht und meint auch, dass dieses nicht schran­ kenlos sein kann; allerdings enthalte Art. 16 Abs. 1 AEUV nunmal keine Schran­ kenregelung („Redaktionsversehen“) und keiner der Versuche, Schrankenrege­ lungen dogmatisch herzuleiten, sei überzeugend.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

dungsbereich der Charta anzuwenden ist.1481 Nach Art. 16 Abs. 2 AEUV können Parlament und Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonsti­ gen Stellen der Union (Alt. 1), sowie durch die Mitgliedstaaten im Rah­ men der Ausübung von Tätigkeiten (Alt 2), die in den Anwendungsbe­ reich des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr (Alt. 3) erlassen. Die Kompetenz zur Regelung des Datenschutzes zwischen Pri­ vaten folgt demnach aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 AEUV, während für die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AEUV einschlägig ist.1482 Während sich daraus eine umfassende Rege­ lungskompetenz für den Datenschutz zwischen Privaten ergibt (privater Datenschutz),1483 darf die Union in der klassischen grundrechtlichen Staat-Bürger-Konstellation (öffentlicher Datenschutz) nur insoweit Rege­ lungen treffen, als die öffentliche Datenverarbeitung „in den Anwen­ dungsbereich des Unionsrechts“ fällt.1484 Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO wiederholt diese Beschränkungen des Anwendungsbereichs lediglich. Unklar ist jedoch, was unter dem „An­ wendungsbereich“ i. S. v. Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AEUV und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO zu verstehen ist. Auffallend ist die Nähe zu Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh, der den Anwendungsbereich der Grund­ rechtecharta beschreibt. Dort ist zwar von „Durchführung des Rechts der Union“ die Rede, aber jedenfalls in der Rechtsprechung des Euro­ päischen Gerichtshofs werden die Begriffe „Durchführung“, „Anwen­ dungsbereich“ und „Geltungsbereich“ synonym gebraucht.1485 Daran knüpfen auch die Erläuterungen zu Art. 51 GRCh an und es ist nicht von „Durchführung“, sondern von „Anwendungsbereich“ die Rede,1486 was

1481 Streinz/Schröder, Art. 16 AEUV Rn. 6. 1482 Streinz/Schröder, Art. 16 AEUV Rn. 9; Klement, JZ 2017, 161 (164). 1483 Nicht erforderlich ist insbesondere ein grenzüberschreitender Bezug, s. von der Groben/Schwarze/Hajte/Brühann, Art. 16 AEUV Rn. 67; a. A. offenbar Roßnagel/Barlag (Hrsg.), Europäische Datenschutz-Grundverordnung, 2017, § 2 Rn. 29 mit Verweis auf den Binnenmarktbezug; dieser wurde allerdings in Art. 16 AEUV gerade aufgegeben (siehe z. B. Pechstein/Nowak/Häde/Wolff, Art. 16 AEUV Rn. 14; Grimm, JZ 2013, 585 (589)) und hatte nach der Rspr. des EuGH auch ­vorher schon nur eingeschränkte Bedeutung, vgl. EuGH, Urt. v. 20.05.2003 – Rs. C-465/00, C-138/01, C-139/01 (Rechnungshof/ORF), Rn. 41–42; Urt. v. 06.11.2003 – Rs. C-101/01 (Lindqvist), Rn. 40–42; dazu Grimm, JZ 2013, 585 (590). 1484 Zur Differenzierung zwischen öffentlichem und privatem Datenschutz Masing, NJW 2012, 2305 (2306). 1485 EuGH, Urt. v. 10.06.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 33; Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19–21; siehe auch Herdegen, in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. X, § 211 Rn. 29. 1486 Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, ABl. C 303 v. 14.12.2007, 17.

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den Gerichtshof in seiner Auffassung stützt, „Durchführung“ und „An­ wendungsbereich“ bedeuteten dasselbe.1487 (1) Anwendungsbereich und Unionskompetenzen Der Anwendungsbereich des Unionsrechts i. S. v. Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO wird teilweise sehr weit ver­ standen.1488 Die Formulierung erscheint jedenfalls weiter als Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh, wo von der „Durchführung des Unionsrechts“ die Rede ist, wobei im Hinblick auf die EuGH-Rechtsprechung diese „se­ mantischen Unterschiede […] nicht übergewichtet werden [sollten].“1489 Deshalb könnte man zu dem Schluss kommen, dass der Umfang der Ge­ setzgebungskompetenz nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AEUV sich vom Anwendungsbereich der Charta und des Art. 16 Abs. 1 AEUV (wenn man dessen Anwendungsbereich – wie hier – mit der Charta synchronisiert) unterscheidet.1490 Nach dieser Auffassung liegt eine mitgliedstaatliche Datenverarbeitung nur dann nicht im „Anwendungsbereich“, wenn die Datenverarbeitung in einem Bereich stattfindet, in dem die Union über keinerlei Kompetenzen verfügt; es genügt also, dass die Union eine Rechtsnorm erlassen könnte.1491 In diese Richtung deutet auch Erwä­ gungsgrund Nr. 16 der DSGVO, wo die nationale Sicherheit als einziges Beispiel für eine außerhalb des Anwendungsbereichs des Unionsrechts liegende Materie genannt wird. Die Frage, ob die DSGVO auch auf Ver­ waltungsverfahren in Steuersachen anwendbar ist, wäre nach dieser An­ sicht dahingehend zu beantworten, dass jedenfalls Verwaltungsverfahren im Bereich harmonisierter Steuern – namentlich der Umsatzsteuer – nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO fallen. (2) Anwendungsbereich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH In seiner Grundrechtsrechtsprechung versteht der Europäische Gerichts­ hof den Begriff des Anwendungsbereichs des Unionsrechts – und damit den der GRCh – zwar bedenklich weit, aber nicht so weit wie die Vertre­ ter der oben genannten Auffassung. Neben Fällen, in denen das Handeln 1487 Vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19–20; kritisch Calliess/Ruffert/Kingreen, Art. 51 GRC Rn. 8 und 14; Kingreen, JZ 2013, 801 (804); Huber, NJW 2011, 2385 (2387). 1488 Ausnahmen bilden insb. Klement, JZ 2017, 161 (165–166); Streinz/Schröder, Art. 16 AEUV Rn. 9; von der Groben/Schwarze/Hajte/Brühann, Art. 16 AEUV Rn. 65; sehr knapp geht auch Lewinski, DuD 2012, 564 (565) darauf ein. 1489 Herdegen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. X, § 211 Rn. 29. 1490 So von der Groben/Schwarze/Hajte/Brühann, Art. 16 AEUV Rn. 65. 1491 Für Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DSGVO von Lewinski, DuD 2012, 564 (565); Auernhammer/von Lewinski, Art. 2 DSGVO Rn. 16.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

der Mitgliedstaaten vollständig unionsrechtlich determiniert ist,1492 sol­ len die Unionsgrundrechte auch anwendbar sein, wenn das mitglied­ staatliche Handeln geeignet ist, die Ausübung der Grundfreiheiten zu beschränken,1493 sowie in in allen sonstigen „unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen“ 1494. Von dieser Linie ist der Gerichtshof auch mit Blick auf Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh, wonach die Charta für die Mitglied­ staaten ausschließlich bei der „Durchführung des Rechts der Union“ gilt, nicht abgerückt.1495 In der Rs. Åkerberg Fransson, in der es um die Sanktionierung von Einkommen- und Umsatzsteuerdelikten ging, bejah­ te der Gerichtshof die Anwendbarkeit der GRCh auf Regelungen des schwedischen Steuerstrafrechts, weil das Steuerstrafverfahren „im Zu­ sammenhang“ mit der unionsrechtlich geregelten Umsatzsteuer stehe und Umsatzsteuerbetrug die finanziellen Interessen der Union berüh­ re.1496 Später präzisierte der Gerichtshof in der Hernández-Entschei­ dung1497 den Begriff der „unionsrechtlich geregelten Fallgestaltung“ und erklärte, dass der Zusammenhang zwischen der mitgliedstaatlichen Handlung und einem Unionsrechtsakt darüber hinausgehen müsse, „dass die fraglichen Sachbereiche benachbart sind oder der eine von ­ihnen mittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann“1498; die Charta sei insbesondere dann nicht anzuwenden, „wenn die unions­ rechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine be­ stimmten Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den […] Sachverhalt schaffen“1499; „allein der Umstand, dass eine nationale Maß­ nahme in einen Bereich fällt, in dem die Union über Zuständigkeiten verfügt, [kann] diese Maßnahme nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts bringen und somit zur Anwendung der Charta führen (…).“1500 Damit erteilt der EuGH dem Vorschlag der Generalanwältin Sharpston, den Anwendungsbereich der Charta mit den Kompetenznor­

1492 Hier ist absolut unstreitig, dass die Charta und nicht die nationalen Grundrechte zu beachten sind, vgl. Grimm, JZ 2013, 585 (589). 1493 EuGH, Urt. v. 18.06.1991 – Rs. C-260/89 (ERT), Rn. 43; hierzu kritisch Huber, NJW 2011, 2385 (2386–2387). 1494 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19–21. 1495 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 19–21; Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 33; Urt. v. 30.04.2014 – Rs. C-390/12 (Pfleger), Rn. 32; kritisch hierzu Huber, NJW 2011, 2385 (2386–2387). 1496 EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – Rs. C-617/10 (Åkerberg Fransson), Rn. 25–26; kritisch Gooren, NVwZ 2013, 564. 1497 EuGH, Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández). 1498 EuGH, Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 34; Urt. v. 06.03.2014 – C-206/13 (Siragusa), Rn. 24. 1499 EuGH, Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 35; Urt. v. 06.03.2014 – C-206/13 (Siragusa), Rn. 26. 1500 EuGH, Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 36.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

men zu harmonisieren,1501 eine klare Absage.1502 Zu prüfen sei, „ob mit der fraglichen nationalen Regelung die Durchführung einer Bestimmung des Unionsrechts bezweckt wird, welchen Charakter diese Regelung hat und ob mit ihr andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele ver­ folgt werden, selbst wenn sie das Unionsrecht mittelbar beeinflussen kann, sowie ferner, ob es eine Regelung des Unionsrechts gibt, die für diesen Bereich spezifisch ist oder ihn beeinflussen kann.“1503 Vor diesem Hintergrund kann eine weitgehende, auf abstrakte Konkur­ renzbereiche rekurrierende Auslegung von Art. 16 Abs. 2 AEUV und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO nicht überzeugen. Schon wegen des sys­ tematischen Zusammenhangs von Absatz 1 und Absatz 2 und der Paral­ lelität zu Art. 8 GRCh (und damit auch zu Art. 51 Abs. 1 GRCh) er­ scheint die Annahme, der Anwendungsbereich sei eröffnet, wenn die Union eine Rechtsnorm nur erlassen könnte, dies aber nicht getan hat, zu weitgehend. Andernfalls könnte die Union einen verbindlichen Grundrechtsmindeststandard auch in den Fällen konkretisieren, in de­ nen die Gesetzgebungskompetenz der Mitgliedstaaten unionsrechtlich (noch) nicht (vollständig) beschränkt wird.1504 Das passt nicht zu dem in Art. 51 Abs. 1 Satz 1 AEUV und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Ausdruck kommenden Gedanken, dass für die Anwendung der ­Unionsgrundrechte ein hinreichend starker Bezug zum Unionsrecht ge­ geben sein muss. Fasst man den Anwendungsbereich der DSGVO weiter, wird Art. 51 Abs. 1 Satz 1 AEUV im Rahmen von Art. 8 GRCh – soweit er mit anderen Gewährleistungen der Charta in Idealkonkurrenz steht1505 – bedeutungslos, denn alles, was in den Anwendungsbereich der DSGVO fällt, wäre nach der Lesart des Europäischen Gerichtshofs vom Begriff der „Durchführung“ in Art. 51 Abs. 1 Satz 1 CRCh erfasst. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass dies beabsichtigt war. Deshalb spricht viel dafür, den Begriff „Anwendungsbereich des Unionsrechts“ i. S. v. Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AEUV nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO so zu verstehen wie der EuGH in seiner Rechtsprechung zum Anwendungsbe­ reich der Unionsgrundrechte.1506 1501 GA Sharpston, Schlussanträge in der Rs. C-34/09 (Ruiz Zambrano), Slg. 2011, I-1177 Rn. 163. 1502 Zustimmend Streinz/Streinz/Michl, Art. 51 GRCh Rn. 23. 1503 EuGH, Urt. v. 10.07.2014 – Rs. C-198/13 (Hernández), Rn. 37; ähnlich Urt. v. 06.03.2014 – C-206/13 (Siragusa), Rn. 25; Urt. v. 08.05.2013 – Rs. C-87/12 (Ymerga), Rn. 41; grundlegend EuGH, Urt. v. 18.12.1997 – Rs. C-309/96 (Anniba­ ldi), Rn. 21–24. Kritisch Streinz/Streinz/Michl, Art. 51 GRCh Rn. 14: „Formel des EuGH ist nicht dazu angetan, in der Praxis für Rechtssicherheit zu sorgen“. 1504 Klement, JZ 2017, 161 (165). 1505 Siehe zum Verhältnis von Art. 8 GRCh zu anderen Charta-Grundrechten Cal­ liess/Ruffert/Kingreen, Art. 8 GRCh Rn. 1–1a; Jarass, Art. 8 GRCh Rn. 4. 1506 Klement, JZ 2017, 161 (166); Pechstein/Nowak/Häde/Wolff, Art. 16 AEUV Rn. 19 und 13; enger möglicherweise Grimm, JZ 2013, 585 (590): „Da die euro­päische

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

(3) § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG nicht im Anwendungsbereich des ­Unionsrechts Nach diesen Grundsätzen ist nun zu prüfen, ob die Datenverarbeitung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG in den Anwendungsbereich von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AEUV, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DSGVO und zugleich – nach hier vertretener Ansicht – Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh fällt. Mit dem Argument, die DSGVO gelte für die Datenverarbeitung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG, lässt sich die Eröffnung des „Anwendungsbereichs“ jedenfalls nicht bejahen, denn das wäre zirkelschlüssig.1507 Zur Prüfung sind vielmehr die vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien heranzuziehen. Vorab ist dabei zu betonen, dass es allein um die Daten­ verarbeitung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG geht, d. h. die Übermittlung und Weiterverarbeitung zum Zwecke der Durchführung eines Besteue­ rungs- und Steuerstrafverfahrens. Die Übermittlung der Daten an eine ausländische Finanzbehörde, etwa auf Grundlage der 2. Amtshilfericht­ linie oder im Rahmen des Informationsaustausches aufgrund bi- oder multilateraler Abkommen stellt hingegen eine eigenständige Daten­ verarbeitung dar, die grundsätzlich auf einer gesonderten Rechtsgrundla­ ge erfolgen muss. Dies ist nicht Gegenstand der vorliegenen Untersu­ chung. Die Datenverarbeitung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG ist nicht vollstän­ dig unionsrechtlich determiniert. Wie schon im zweiten Kapitel gezeigt, gibt es keine allgemeine aus dem Unionsrecht, insb. den Geldwäsche­ richtlinien oder der 2. Amtshilferichtlinie fließende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine Rechtsgrundlage zu schaffen für die Weiterver­ arbeitung der von einer FIU zum Zweck des Vollzugs der Geldwäsche­ richtlinien verarbeiteten personenbezogenen Daten durch die Finanzbe­ hörden im Rahmen eines Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens. Eine Ausnahme bildet Art. 22 Abs. 1a der 2. Amtshilferichtlinie, wonach die Steuerbehörden Zugriff auf bestimmte Informationen bekommen müs­ sen.1508 Ob die Finanzbehörden auch Zugang zu weiteren Informationen erhalten, insbesondere zu den praxisrelevanten Informationen aus Mel­ dungen nach § 43 Abs. 1 GwG, liegt hingegen vollkommen in der Frei­ heit der Mitgliedstaaten.

Datenschutzrechtsetzung […] nicht mehr von einem Binnenmarktbezug ab­ hängt, kommt es für die Abgrenzung der Grundrechtssphären jetzt allein auf Art. 51 Abs. 1 Satz 1 ChGrEU an. Ausschlaggebend ist mithin, ob die Mitglied­ staaten Unionsrecht durchführen oder anderes Recht, namentlich ihr eigenes.“ 1507 Vgl. Klement, JZ 2017, 161 (165). 1508 Siehe dazu oben Kapitel 2 A. III. 2. b).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Auch ein Bezug zu den Grundfreiheiten besteht regelmäßig nicht, da die Datenverarbeitung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG durch inländische Stellen im Inland vorgenommen wird. Ihr Zweck ist die Einleitung oder Durchführung eines Besteuerungsverfahrens oder Steuerstrafverfahrens durch eine inländische Finanzbehörde. Eine Berührung mit grenzüber­ schreitenden Sachverhalten – etwa Überweisungen aus dem oder in das Ausland – ist denkbar. Je nach Zweck der Überweisung könnte dadurch insbesondere die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs.1 und Abs. 2 AEUV) berührt sein. Nach der ERT-Rechtsprechung des EuGH besteht eine Grundrechtsbindung der Mitgliedstaaten in dieser Konstel­ lation jedoch nur, wenn sie Grundfreiheiten einschränken, nicht schon, wenn deren Anwendungsbereich eröffnet ist.1509 Eine Beschränkung des Kapital- bzw. Zahlungsverkehrs erscheint denkbar, wenn allein der Um­ stand, dass die Überweisung Auslandsbezug aufweist, zur Übermittlung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG führt.1510 In der Praxis dürften jedoch meist noch weitere Faktoren hinzutreten, wie z. B. die Höhe des Betrags und weitere Umstände des Einzelfalles; allein der Auslandsbezug be­ gründet in aller Regel selbst bei sehr niedrigen Voraussetzungen keinen „auffälligen Sachverhalt im Zusammenhang mit Steuern“1511. Auch im Übrigen sind die Bezüge zum Anwendungsbereich des Unions­ rechts schwach. Man könnte argumentieren, ein möglicher Zusammen­ hang des Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens mit der Umsatzsteuer genüge. Das würde aber dazu führen, dass die Datenübermittlung für Zwecke eines Steuerstrafverfahrens oder Besteuerungsverfahrens nur bei Fällen mit Bezug zur Umsatzsteuer in den Anwendungsbereich der DSGVO fiele. Im Bereich nicht harmonisierter Steuern gilt die DSGVO hingegen nur, weil sich dies aus § 2a AO (indirekt) ergibt.1512 § 2a AO wiederum gilt aber nicht für die FIU, die zwar bei einer Finanzbehör­ de angesiedelt ist, aber nicht die Aufgaben einer Finanzbehörde wahr­ nimmt. c) Ergebnis Demnach ist festzustellen, dass die Datenverarbeitung nach § 32 Abs. 2, 3 und 6 GwG zwar im Kontext des Unionsrechts erfolgt, aber nicht in dessen Anwendungsbereich i. S. v. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh, Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AEUV und Art. 2 Abs. 2a DSGVO. Die DSGVO ist demnach insoweit nicht anwendbar. Das steht nicht im Widerspruch 1509 Jarass, Art. 51 GRCh Rn. 24. 1510 Vgl. Calliess/Ruffer/Bröhmer, Art. 63 AEUV Rn. 73. 1511 Dazu siehe schon Kapitel 2 C. I. 4. 1512 FG Niedersachsen, Urt. v. 28.01.2020 – 12 K 213/19, DStRE 2020, 881 (882); in diese Richtung auch FG Saarland, Beschl. v. 03.04.2019 – 2 K 1002/16, DStRE 2016, 1226 (1228).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 6. Oktober 2020, wonach die DSGVO – und damit auch die GRCh – auch auf die Datenverarbeitung durch Private inklusive die Datenübermittlung an staatliche Stellen insbesondere zum Zwecke der Strafverfolgung und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit Anwendung fin­ den soll,1513 denn die gennanten Vorschriften des GwG betreffen die Da­ tenverarbeitung durch öffentliche Stellen zu steuer(straf)rechtlichen Zwecken. 2. Grundsätze der Verarbeitung personenbezogener Daten Sofern man diese Frage jedoch anders beurteilt, ist am Maßstab der ­DSGVO zu prüfen. Ausgangspunkt der Prüfung ist Art. 5 DSGVO, der die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten enthält. Für Zwecke dieser Untersuchung von Bedeutung sind dabei vor allem die Grundsätze der Rechtmäßigkeit (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO), der Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO), der Grundsatz der Da­ tenminimierung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO) und der Grundsatz der Speicherbegrenzung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. e DSGVO). a) Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Die DSGVO statuiert für die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a Alt. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO). Rechtmäßig und damit erlaubt ist u. a. die Verar­ beitung, die zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt (Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DSGVO) und die Verarbeitung, die für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforder­ lich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (Art. 6 Abs. 1 Buchst. e DSGVO). Voraussetzung ist – das ist mit Blick auf die grundrechtliche Verankerung des Datenschutzes eine verfassungsrechtli­ che Selbstverständlichkeit – in beiden Fällen eine Rechtsgrundlage im Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten, die den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 DSGVO genügt: – Der Zweck der Verarbeitung muss entweder in der Rechtsgrundlage festgelegt sein oder sich aus der Aufgabe ergeben, zu deren Erfüllung die Datenverarbeitung erfolgt. – Die Rechtsgrundlage muss einem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel dienen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolg­ ten legitimen Zweck stehen (Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Satz 4 DSGVO).

1513 EuGH, Urt. v. 06.10.2020 – Rs. C-6123/17 u. a. (La Quadrature du Net u. a.), Rn. 47.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Für die Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO enhalten Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO Öffnungsklauseln zugunsten der Mitgliedstaaten, um die Vorschriften der DSGVO zu konkretisieren. b) Zweckbindung und Zweckänderung Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO schreibt vor, dass personenbezogene Da­ ten nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. Der Zweck der Verarbeitung ist zentral für die Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit – nur so kann z. B. entschieden werden, ob die Datenverarbeitung für den Zweck erheblich und angemesen ist und sich auf das notwendige Maß beschränkt und wie lange der Zweck ihre Speicherung rechtfertigt (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO).1514 ­Deshalb gehört der Grundsatz der Zweckbindung seit jeher zum Kern des Datenschutzrechts.1515 Die bereits erwähnten Art. 6 Abs. 1 Buchst. b–f DSGVO nennen fünf sehr breit umschriebene „Rahmenzwecke“, zu de­ nen Daten verarbeitet werden dürfen. Legt die Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 DSGVO den Zweck der Datenverarbeitung fest, genügt eine bloße Wiederholung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e D ­ SGVO nicht. Vielmehr muss der Zweck auch in diesen Fällen mit der erforder­ lichen Bestimmtheit festgelegt sein. Die Weiterverarbeitung zu einem Zweck, der mit dem Erhebungszweck vereinbar ist, bedarf nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO keiner geson­ derten Grundlage.1516 Die Zweckkompatibilität muss dabei gem. Art. 6 Abs. 4 DSGVO grundsätzlich von dem Verantwortlichen anhand der dort genannten Kriterien überprüft werden.1517 Die Mitgliedstaaten können aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 6 Abs. 2 DSGVO die Kriterien für die Kompatibilitätsprüfung im Bereich der öffentlichen Verwaltung wei­ ter präzisieren.1518 Sind der Zweck der Datenerhebung und der Zweck der Weiterverarbeitung hingegen unvereinbar, ist eine Weiterverarbeitung grundsätzlich verboten. Eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO kann eine Weiterverarbeitung zu inkompatiblen Zwecken nicht legiti­ 1514 Wolff/Brink/Schantz, Art. 5 DSGVO Rn. 13: „Fixpunkt“; Paal/Pauly/Frenzel, Art. 5 DSGVO Rn. 23: „Dreh- und Angelpunkt“; siehe auch Breyer, DuD 2018, 311 (313). 1515 Wolff/Brink/Schantz, Art. 5 DSGVO Rn. 12: „Grundstein des Datenschutz­ rechts“. Siehe schon BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (46). 1516 Siehe auch Erwägungsgrund Nr. 50 Satz 2 DSGVO; Simitis/Hornung/Spiecker/ Roßnagel, Art. 6 DSGVO Rn. 12; Culik/Döpke, ZD 2017, 226 (230); Monreal, ZD 2016, 507 (510); Kühling/Martini, EuZW 2016, 448 (451); a. A. Schantz, NJW 2016, 1841 (1844). 1517 Siehe auch Richter, DuD 2015, 735 (736–737, 739–740). 1518 Erwägungsgrund Nr. 50 Satz 3 DSGVO.

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mieren.1519 Ausnahmen gelten nur bei der Weiterverarbeitung für im öf­ fentlichen Interesse liegende Archivzwecke, wissenschaftliche oder his­ torische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b Halbsatz 2 DSGVO),1520 sowie nach Art. 6 Abs. 4 DSGVO wenn der Betroffene einwilligt oder eine Rechtsgrundlage im Recht der Union oder der Mitgliedstaaten dies zulässt, die eine erforderliche und verhält­ nismäßige Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der in Art. 23 Abs. 1 Buchst. a–j DSGVO aufgeführten Ziele darstellt. Fehlt es an einer diesen Maßstäben genügenden Rechtsgrundlage, ist eine Weiterverarbeitung zu inkompatiblen Zwecken verboten. Möglich bleibt gleichwohl die Neuerhebung aufgrund einer Rechtsgrundlage, die Art. 6 Abs. 1 DSGVO genügt. c) Datenminimierung Der Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO) verlangt, dass die Datenverarbeitung dem Zweck angemessen und dafür erheblich ist und sich auf das notwendige Maß beschränkt. Der Grund­ satz der Datenminimierung entspricht im Wesentlichen einer Verhält­ nismäßigkeitsprüfung, d. h. die Datenverarbeitung muss geeignet („er­ heblich“) und erforderlich („das notwendige Maß“) sein, um ein legitimes Ziel zu erreichen und dem Zweck angemessen sein.1521 d) Grundsatz der Speicherbegrenzung Personenbezogene Daten dürfen in einer Form, die die Identifizierung der betroffenen Person ermöglicht, nur so lange gespeichert werden, wie es für den Verarbeitungszweck erforderlich ist. Ausnahmen gelten für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke oder für Forschungszwe­ cke sowie für statistische Zwecke (Art. 5 Abs. 1 Buchst. e DSGVO). Ver­ boten ist deshalb die Speicherung „auf Vorrat“ für den Fall, dass die Da­ ten irgendwann von Nutzen sein könnten.1522 e) Informationspflicht Anders als das BDSG-alt kennt die DSGVO keinen Grundsatz, wonach die Daten direkt beim Betroffenen zu erheben sind. Stattdessen folgt aus

1519 Wolff/Brink/Schantz, Art. 5 DSGVO Rn. 23; Kühling/Buchner/Herbst, Art. 5 ­DSGVO Rn. 47; Albrecht, CR 2016, 88 (92); a. A. Simitis/Hornung/Spiecker/ Roß­nagel, Art. 5 DSGVO Rn. 96. 1520 Zur Kritik an der Reichweite diese Vorschrift siehe Wolff/Brink/Schantz, Art. 5 DSGVO Rn. 22. 1521 Wolff/Brink/Schantz, Art. 5 DSGVO Rn. 24. 1522 Breyer, DuD 2018, 311 (314).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Art. 14 Abs. 1 DSGVO nur die Pflicht des Verantwortlichen, den Betrof­ fenen über die Datenverarbeitung zu informieren.1523 3. Prüfung am Maßstab der DSGVO Hier soll nun in einem ersten Schritt geprüft werden, ob sich die Rechts­ grundlagen für die Datenübermittlung durch die Zentralstelle für Fi­ nanztransaktionsuntersuchungen (§ 32 Abs. 3 GwG) und die Strafverfol­ gungs- bzw. Polizeibehörden (§ 32 Abs. 6 GwG) auf eine Öffnungsklausel der DSGVO berufen können und – falls ja – sich innerhalb der durch die Öffnungsklausel gezogenen Grenzen bewegen. a) In Betracht kommende Öffnungsklauseln In Betracht kommen hier die Öffnungsklauseln in Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 DSGVO. Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO gelten dabei nur für die Datenver­ arbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO. Nach Art. 6 Abs. 2 DSGVO können die Mitgliedstaaten spezifischere Bestimmungen zur Anpassung und Anwendung der Vorschriften der ­DSGVO in Bezug auf die Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO einführen, indem sie spezifische Anforderungen für die Verarbeitung sowie sonstige Maßnahmen präziser bestimmen, um eine rechtmäßig nach Treu und Glauben erfolgende Verarbeitung zu gewähr­ leisten.1524 Es handelt sich dabei um eine weitgehende Öffnungsklausel zur Regelung des Datenschutzes im Bereich der öffentlichen Verwal­ tung.1525 Art. 6 Abs. 3 DSGVO formuliert Anforderungen an die Rechts­ grundlage der Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e ­DSGVO. In welchem Verhältnis Absatz 2 und Absatz 3 zueinander ste­ hen, ist Gegenstand der Diskussion und bedarf hier nicht der Erörte­ rung.1526 Hier soll der Ansicht gefolgt werden, dass die innerstaatliche Rechtsgrundlage den Voraussetzungen beider Absätze genügen muss.1527 Art. 6 Abs. 4 DSGVO eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Datenverarbeitung zu inkompatiblen Zwecken durch eine Vorschrift des innerstaatlichen Rechts zuzulassen. Es handelt sich um eine echte Öff­ nungsklausel, von der die Mitgliedstaaten freilich nur dann Gebrauch machen können, wenn sie die Ersterhebung hätten regeln dürfen (d. h.

1523 Martini/Wenzel, DVBl. 2017, 749 (752). 1524 Zur Abgrenzung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO siehe Reimer, DÖV 2018, 881 (887). 1525 Buchholtz, DÖV 2017, 837 (838). 1526 Zum Streitstand m. w. N. Wolff/Brink/Albers/Veit, Art. 6 DSGVO Rn. 60. 1527 Vertreten z. B. von Ehmann/Selmayr/Heberlein, Art. 6 DSGVO Rn. 39.

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praktisch nur in den Fällen des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO).1528 Art. 6 Abs. 4 DSGVO baut auf Art. 6 Abs. 1–3 DSGVO auf und stellt weitere Anforderungen an eine Rechtsgrundlage, die eine Weiterverar­ beitung zu inkompatiblen Zwecken ermöglichen soll.1529 Demnach muss die Weiterverarbeitung zu einem inkompatiblen Zweck eine „in einer demokratischen Gesellschaft notwendige und verhältnismäßige Maß­ nahme“ zum Schutz eines der in Art. 23 Abs. 1 DSGVO genannten Ziele darstellen. Dazu zählt neben der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließ­ lich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Art. 23 Abs. 1 Buchst. d DSGVO) auch der Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats, insbesondere eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats, etwa im Währungs-, Haushalts- und Steuerbereich sowie im Bereich der öffentli­ chen Gesundheit und der sozialen Sicherheit (Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO). Sofern die Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung diesen Maßstäben genügt, kann sie zugleich Rechtsgrundlage der Weiterverar­ beitung sein.1530 Mit der Formulierung „in einer demokratischen Gesell­ schaft notwendige und verhältnismäßige Maßnahme“ nimmt der Ver­ ordnungsgeber Bezug auf Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 52 Abs. 1 GRCh. Dadurch macht er deutlich, dass eine mit den unionsrechtlichen Grund­ rechtsgewährleistungen unvereinbare Auslegung der Vorschrift ausge­ schlossen ist; diese bilden eine Schutzuntergrenze.1531 Er setzt damit dem Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten einen „hinreichend gehaltvol­ len Rahmen […], der erkennbar auch unter Beachtung der Unionsgrund­ rechte konkretisiert werden soll.“1532 Es handelt sich jedoch nicht um Voraussetzungen, die bereits auf Ebene der Prüfung der Vereinbarkeit von innerstaatlichem Recht mit Sekundärrecht zu prüfen sind. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht angezeigt, sämtliche Prüfungspunk­ te schematisch abzuarbeiten. Stattdessen soll der Schwerpunkt auf po­ tentiell problematische Punkte gelegt werden. Das sind die Zweckbe­ stimmung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Satz 1 DSGVO) und die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung zur Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse (Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 Satz 1 DSGVO). Sofern die Datenverarbeitung nach 1528 Martini/Wenzel, DVBl. 2017, 749 (754); Simitis/Hornung/Spiecker/Roßnagel, Art. 6 DSGVO Rn. 18–19; a. A. Kühling/Buchner/Buchner/Petri, Art. 6 DSGVO Rn. 200 („keine Öffnungsklausel“). 1529 Ehmann/Selmayr/Heberlein, Art. 6 DSGVO Rn. 51. 1530 Erwägungsgrund Nr. 50 Satz 5 DSGVO. 1531 Vgl. noch zu Art. 6 und 7 DSRL EuGH, Urt. v. 20.05.2003 – Rs. C-465/00, C-138/01, C-139/01 (Rechnungshof/ORF), Rn. 91. 1532 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 44.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

§ 32 Abs. 3 und 6 GwG, soweit sie der Einleitung oder Durchführung eines Besteuerungsverfahrens dient, eine Zweckänderung darstellt, ist auch zu prüfen, ob die Rechtsgrundlage den Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 DSGVO genügt. b) Vereinbarkeit von § 32 Abs. 3 GwG mit der DSGVO Rechtsgrundlage der Datenübermittlung von Amts wegen oder auf Er­ suchen durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen an die Finanzbehörden für die Zwecke des Besteuerungsverfahrens ist § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG. Als speziellere Vorschrift verdrängt sie § 29 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 4 GwG und §§ 25, 23 BDSG. aa) Verarbeitungszweck Als Zweck der Datenverarbeitung gibt die Vorschrift die Einleitung oder Durchführung eines Besteuerungsverfahrens an. Damit ist der Zweck eindeutig festgelegt: Der Begriff des Besteuerungsverfahrens ist zwar weit und umfasst alle Stadien von den dem Besteuerungsverfahren zuzu­ rechnenden Vorfeldermittlungen gem. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO über das Veranlagungs-, Festsetzungs- und Erhebungsverfahren bis zum Voll­ streckungsverfahren. Er ist gleichwohl bestimmbar. Sinnvoll erscheint es, als Besteuerungsverfahren i. S. v. § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG jedes Verwaltungsverfahren, Rechnungsprüfungsverfahren oder gerichtliche Verfahren in Steuersachen (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO) anzusehen. bb) Erforderlichkeit zur Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse Aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 3 UAbs. 2 Satz 1 DSGVO folgt, dass dieser Zweck für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sein muss, die im öffentlichen Interesse liegt. Der Ver­ antwortliche muss für deren Erfüllung auch zuständig sein („informatio­ nelle Gewaltenteilung“).1533 Nach § 28 Abs. 4 GwG muss die FIU, „so­ weit erforderlich“, u. a. die für das Besteuerungsverfahren zuständigen Behörden informieren. Die Datenübermittlung dient der Steigerung der Effizienz des Verdachtsmeldewesens, der Entlastung des Betroffenen und Dritter (z. B. der Banken) von zusätzlichen Datenerhebungsmaßnahmen (insb. Auskunftsersuchen nach § 93 AO) und dem Vollzug der Steuerge­ setze. Der gleichmäßige Vollzug der Steuergesetze und die Sicherung des Steueraufkommens, das für die staatliche Aufgabenerfüllung unerläss­ lich ist, stellen ein im innnerstaatlichen Recht und sogar im Unionsrecht (vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 3 UAbs. 2 Satz 1 DSGVO) anerkann­ 1533 Paal/Pauly/Frenzel, Art. 6 DSGVO Rn. 25; Wolff/Brink/Albers/Veit, Art. 6 ­DSGVO Rn. 41.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

tes öffentliches Interesse dar.1534 Die Zentralstelle ist für die Datenüber­ mittlung zu diesem Zweck nach § 28 Abs. 4 GwG zuständig, § 32 Abs. 3 GwG ist die korrespondierende Befugnisnorm; die Zuständigkeit der Fi­ nanzbehörden für Besteuerungverfahren ergibt sich aus der AO. Die Datenübermittlung müsste auch erforderlich für die Erfüllung dieser im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe sein. Das Kriterium der Er­ forderlichkeit in Art. 6 Abs. 1 Buchst. e DSGVO ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts.1535 Der EuGH hat ihn bislang wenig konkretisiert und auch in der Literatur sind kaum verallgemeinerbare Kriterien entwickelt worden.1536 Einigkeit besteht jedenfalls, dass die Datenverarbeitung ei­ nem legitimen Zweck dienen und sich auf das absolut Notwendige be­ schränken muss.1537 Inwieweit die Beurteilung der Erforderlichkeit Ele­ mente einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (insb. eine Interessenabwä­ gung) enthält, ist dabei umstritten.1538 Im Falle einer Offenbarung – die hier interessierende Übermittlung ist ein Unterfall der Offenbarung – sei zumindest zu verlangen, dass sie gegenüber einer Stelle erfolgt, für wel­ che die Daten im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bedeutsam sein kön­ nen.1539 § 32 Abs. 3 GwG erlaubt die Übermittlung personenbezogener Daten, „soweit dies erforderlich ist […] für Besteuerungsverfahren“ an die „zu­ ständige inländische öffentliche Stelle“, womit insb. die Finanzbehörden i. S. v. § 6 Abs. 2 AO gemeint sind, aber ggf. auch andere inländische öf­ fentliche Stellen der Länder i. S. v. § 6 Abs. 1b AO (insb. die Gemeinden

1534 Vgl. Wolff/Brink/Albers/Veit, § 23 BDSG Rn. 27. 1535 Vgl. zur Vorgängervorschrift des Art. 7 Buchst. e DSRL EuGH, Urt. v. – Rs. C-524/06 (Huber), EuZW 2009, 183 (185, Rn. 52). 1536 EuGH, Urt. v. 16.12.2008 – Rs. C-524/06 (Huber), EuZW 2009, 183 (185–186). Aus der Kommentarliteratur zur DSGVO siehe Ehmann/Selmayr/Heberlein, Art. 6 DSGVO Rn. 23; Simitis/Hornung/Spiecker/Roßnagel, Art. 6 DSGVO Rn. 77; Kühling/Buchner/Buchner/Petri, Art. 6 DSGVO Rn. 118–119; Paal/Pau­ ly/Frenzel, Art. 6 DSGVO Rn. 23; Sydow/Reimer, Art. 6 DSGVO Rn. 47–49; Tae­ ger/Gabel/Taeger, Art. 6 DSGVO Rn. 79. 1537 Ehmann/Selmayr/Heberlein, Art. 6 DSGVO Rn. 23; Taeger/Gabel/Taeger, Art. 6 DSGVO Rn. 79; Simitis/Hornung/Spiecker/Roßnagel, Art. 6 DSGVO Rn. 77; Kühling/Buchner/Buchner/Petri, Art. 6 DSGVO Rn. 119; Paal/Pauly/Frenzel, Art. 6 DSGVO Rn. 23; Wolff/Brink/Albers/Veit, Art. 6 DSGVO Rn. 44. 1538 Dafür Paal/Pauly/Frenzel, Art. 6 DSGVO Rn. 23 und Wolff/Brink/Albers/Veit, Art. 6 DSGVO Rn. 44, die verlangen, zumindest nach milderen, gleich geeigne­ ten Mitteln zu fragen; dagegen Sydow/Reimer, Art. 6 DSGVO Rn. 47, wonach zu fragen sei, ob dem Betroffenen die Aufgabenerfüllung ohne das Datum möglich sei, wobei sich der Verantwortliche nicht auf eine weniger effiziente Aufgaben­ wahrnehmung verweisen lassen müsse – m. a. W.: Erforderlichkeit ist gegeben, wenn der Verantwortliche die Aufgabe ohne die in Rede stehende Datenverarbei­ tung nicht in gleich effizienter Art und Weise wahrnehmen könnte. 1539 Sydow/Reimer, Art. 6 DSGVO Rn. 48.

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im Bereich der Grund- und Grunderwerbsteuer).1540 Sofern es sich um die in den Gesetzesmaterialien angesprochenen „auffälligen Sachverhalte im Zusammenhang mit Steuern“ handelt, liegt ein hinreichender Bezug zu den Aufgaben des Übermittlungsempfängers vor. Damit von vornher­ ein die sachlich und örtlich zuständige Finanzbehörde ausgewählt wird, kann die FIU nach § 31 Abs. 5 Satz 2 GwG auf die Datei nach § 139b AO (steuerliche Identifikationsnummer) automatisiert zugreifen. § 32 Abs. 3 GwG spezifiziert nicht näher, welche Daten im Einzelfall übermittelt werden dürfen. Das ist jedoch auch nicht ohne Weiteres möglich, da Mel­ dungen nach § 43 Abs. 1 GwG eine Vielzahl unterschiedlicher personen­ bezogener Daten enthalten können, deren erschöpfende Aufzählung nicht sachgerecht wäre. Ferner steht die Datenübermittlung auch nach innerstaatlichem Recht unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit, d. h. die FIU muss als im Regelfall der spontanen Übermittlung verantwortli­ cher Datenverarbeiter in jedem Einzelfall prüfen, inwieweit die übermit­ telten Daten für das Besteuerungsverfahren Bedeutung haben können. Daten, die erkennbar keine Bedeutung für die Finanzbehörden haben können, dürfen nicht übermittelt werden. Darüber hinaus verlangt § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GwG auch, dass die Übermittlung verhältnismäßig ist.1541 Problematisch ist dabei, dass die FIU die Erforderlichkeit und Ver­ hältnismäßigkeit nur unzureichend prüfen kann.1542 Die Alternative – stärkere steuerliche Analysefähigkeiten der FIU – wäre jedoch aus daten­ schutzrechtlicher Sicht nicht vorteilhafter, da sie in größerem Umfang eine Übermittlung dem Steuergeheimnis unterliegender Daten durch die Finanzbehörden an die FIU voraussetzen würde. Darüber hinaus ist die FIU lediglich als mehr oder weniger grober Filter gedacht, während die genaue Prüfung des Einzelfalles den fachlich dafür eingerichteten und sachlich zuständigen Behörden obliegt; von der FIU eine genauere Prü­ fung zu verlangen würde diese effiziente Aufgabenteilung beeinträchti­ gen. Auch im Übrigen sind mildere, gleich wirksame Alternativen nicht ersichtlich. Insbesondere eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Daten kommt nicht in Betracht. Demnach ist die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 GwG erforderlich, damit die FIU und die Finanzbehörden ihre jeweilige im öffentlichen In­ teresse liegende Aufgabe wahrnehmen können.

1540 Wohl deshalb ist von „inländischen öffentlichen Stellen“ die Rede und nicht von „Finanzbehörden“, vgl. aber Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 22: „Warum die Finanzbehörden hier nicht ausdrücklich als solche bezeich­ net werden […] erschließt sich nicht.“ 1541 Siehe aber oben Kapitel 2 C. I. 4 zu dem beschränkten Anwendungsbereich des § 31 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GwG. 1542 Siehe schon oben Kapitel 2 C. I. 4.

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cc) Rechtsgrundlage für Zweckänderungen Darüber hinaus müsste § 32 Abs. 3 GwG die zusätzlichen Anforderun­ gen erfüllen, die Art. 6 Abs. 4 DSGVO aufstellt. Dabei ist im ersten Schritt zu prüfen, ob überhaupt eine Zweckänderung vorliegt. Ist dies der Fall, bedarf es für die Weiterverarbeitung der Einwilligung des Betroffe­ nen (hier nicht relevant) oder einer Rechtsgrundlage im innerstaatlichen Recht, die dem Schutz der in Art. 23 Abs. 1 DSGVO genannten Ziele dient. (1) Vorliegen einer Zweckänderung Eine Zweckänderung liegt vor, wenn der Zweck der Verarbeitung mit dem Zweck, zu dem die personenbezogenen Daten erhoben wurden, un­ vereinbar (inkompatibel) ist. Die Mitgliedstaaten können zwar in gewis­ sem Umfang abstrakt miteinander kompatible Zwecke festlegen; die Kri­ terien in Art. 6 Abs. 4 DSGVO geben dafür jedoch einen Rahmen vor, der eine Aushöhlung des Zweckbindungsgrundsatzes verhindern soll.1543 Für den Kompatibilitätstest kommt es nicht auf einen strengen, schemati­ schen Vergleich von Erhebungs- und Verwendungszweck an, sondern auf eine wertende Gesamtbetrachtung, wie die Kriterien in Art. 6 Abs. 4 Buchst. a–e DSGVO deutlich machen. (2) Vergleichspunkte bei der Bündelung verschiedener Daten In mehrschrittigen Datenverarbeitungsketten ist fraglich, im Hinblick auf welchen Datenverarbeitungszweck der Weiterverarbeitungszweck zu prüfen ist. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und Art. 6 Abs. 4 DSGVO stellen auf den Erhebungszweck ab. Erwägungsgrund Nr. 50 spricht von der Verar­ beitung „für andere Zwecke als die, für die die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden“ (Hervorh. d. Verf.). Maßgeblich ist also der Zweck der erstmaligen Datenerhebung bei dem Betroffenen. Letzt­ lich geht es darum, ob der Betroffene die Verarbeitung zu dem neuen Zweck im Erhebungszeitpunkt abschätzen konnte.1544 Der Kompatibilitätstest ist im hier interessierenden Fall nicht leicht durchzuführen: Die Daten, die nach § 32 Abs. 3 GwG übermittelt wer­ den, wurden nicht von der übermittelnden Stelle (FIU) selbst beim Be­ troffenen erhoben. Soweit die Daten in einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG enthalten sind, wurden sie größtenteils durch einen Verpflichteten i. S. v. § 2 GwG erhoben (z. B. im Rahmen der Begründung einer Ge­ 1543 Vgl. Kühling/Martini/Heberlein u. a., Die Datenschutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016, S. 43. 1544 Kühling/Martini/Heberlein u. a., Die Datenschutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016, S. 40–41.

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schäftsbeziehung). Ein Teil der personenbezogenen Daten wird dabei in Erfüllung geldwäscherechtlicher Pflichten erhoben, insb. im Rahmen der Sorgfaltspflichten (§ 10 Abs. 1 GwG). Andere personenbezogene Daten werden wiederum zumindest auch zu anderen Zwecken erhoben, insbeson­ dere zur Erfüllung vertraglicher Pflichten, aufgrund anderer rechtlicher Verpflichtungen (z. B. handelsrechtlicher oder steuerlicher Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten) oder im Rahmen der Füh­ rung von Customer Relationship Management-Systemen (CRM). Zur Erfüllung der Überwachungspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG muss in aller Regel auch auf diese, ursprünglich zu anderen Zwecken erhobe­ nen oder erfassten Daten zurückgegriffen werden.1545 So fließen in die nach § 25h Abs. 2 KWG zu unterhaltenden EDV-Monitoring-Systeme neben den Kundenstammdaten und den Transaktionsdaten (z. B. kom­ plette SWIFT-­Datensätze, Kreditkartendaten wie Transaktionshöhe, Ter­ minalnummer, ISO-Alpha-Code etc.) oft auch Legitimationsdaten und die Daten aus dem CRM-System ein; bereits hier kommt es häufig schon zu zweckändernden Weiterverarbeitungen,1546 die einer gesonderten Rechtsgrundlage bedürfen, wenn die Erhebungszwecke mit dem Verar­ beitungszweck in diesen Fällen, den § 11a Abs. 1 GwG mit der Bekämp­ fung von Geld­ wäsche und Terrorismusfinanzierung eng umschreibt, nicht kompatibel sind. Rechtsgrundlage für die zweckändernde Weiter­ verarbeitung sind in diesen Fällen die Vorschriften des GwG, aus denen sich die Verarbeitungspflichten ergeben. Aus dem zum 01.01.2020 in Kraft getretenen § 11a Abs. 2 GwG, durch den Art. 41 Abs. 4 GwRL V umgesetzt werden soll,1547 geht hervor, dass auch der Gesetzgeber von Zweckänderungen auf Ebene der Verpflichteten ausgeht, weil darin In­ formationsansprüche bei Weiterverarbeitung zu anderen Zwecken nach Art. 13 Abs. 3 DSGVO ausgeschlossen werden.1548 Bei der Datenübermittlung durch die Verpflichteten an die FIU nach § 43 Abs. 1 GwG werden diese zu verschiedenen Zwecken erhobenen perso­ nenbezogenen Daten in einer Meldung gebündelt. Nach Eingang der Meldung werden die Daten bei der FIU elektronisch erfasst und im Rah­ men der Analyse weiterverarbeitet, insbesondere abgeglichen und mit anderen Daten verknüpft, die häufig wiederum von anderen Stellen of­ fengelegt wurden, die diese Daten wiederum zu bestimmten Zecken er­ 1545 Vgl. Scherp, WM 2003, 1254 (1258). 1546 Scherp, WM 2003, 1254 (1258). 1547 Siehe dazu auch Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drs. 19/13827, S. 80. Dies dient der Umsetzung von Art. 41 Abs. 4 GwRL V, der wiederum eng an Art. 13 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 1 RL (EU) 2016/680 angelehnt ist. 1548 Zu beachten ist jedoch, dass Art. 13 Abs. 3 DSGVO unabhängig von der Kom­ patibilität der Zwecke anzuwenden ist, siehe Simitis/Hornung/Spiecker/Dix, Art. 13 DSGVO Rn. 20.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

hoben haben (z. B. mit Daten der Staatsanwaltschaft, die im Rahmen ­eines bestimmten Strafverfahrens erhoben wurden, mit Daten der Mel­ debhörden usw.). Durch jede neue Verarbeitung kann sich die Bedeutung des einzelnen Datums ändern. So können z. B. Name und Anschrift durch Verknüpfung mit Melderegisterdaten auf eine Lebenspartnerschaft mit einer anderen Person schließen lassen (unterschiedliche Namen, aber gleiche Meldeadresse und gleiches Einzugsdatum), die zunächst nicht erkennbar war. Das kann wiederum andere Daten in neuem Licht erscheinen lassen (so z. B., wenn ein Frührentner Überweisungen ent­ hält, deren Betreff auf Entgelte für Handwerkerdienste hinweist – z. B. „Weißeln des Wohnzimmers“, und seine Lebenspartnerin als Malermeis­ terin tätig ist). Dadurch entsteht ein Datenbündel, in das von verschiedenen Verant­ wortlichen zu verschiedenen Zwecken erhobene personenbezogene Da­ ten einfließen. Während der über mehrere Schritte erfolgenden Bünde­ lung kann es bereits zu Zweckänderungen gekommen sein. Da es für die Prüfung der Vereinbarkeit des Zwecks der Verarbeitung nach § 32 Abs. 3 GwG mit dem Erhebungszweck auf den ursprünglichen Erhebungszweck jedes Datums ankommt, würde es nicht weiterhelfen, wenn man in der Entgegennahme von Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG durch die FIU eine Erhebung i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO erblickte.1549 Streng genommen müsste man ein Datenbündel somit bei der Prüfung, ob eine Weiterver­ arbeitung rechtmäßig ist, vollständig aufschnüren und die Verarbeitungs­ geschichte rekonstruieren. Das ist in vielen Fällen – so auch hier – nicht mehr praktikabel und auch nicht sachgerecht, weil das Datenbün­ del mehr ist als die „Summe“ der enthaltenen Daten; es handelt sich vielmehr um eine einzigartige, zweckgerichtete Informationssammlung mit eigener, sich erst in der Zusammenschau ergebender Bedeutung. Sinnvoller erscheint es, bei der Weiterverarbeitung von Datenbündeln auf den Bündelungszweck abzustellen, d. h. vor die ursprünglichen Er­ hebungszwecke den Zweck einer späteren Verarbeitung zu setzen, der dem Datenbündel ein eigenständiges Gepräge gibt (hypothetischer Erst­ erhebungszweck). Dadurch wird der Zweckbindungsgrundsatz nicht ein­ geschränkt, sondern in komplexen Verarbeitungssituationen leichter handhabbar gemacht. Das nützt gerade auch den Interessen des Betroffe­ 1549 Dabei ist umstritten, ob der Begriff der Erhebung in der DSGVO nur die Direkter­ hebung beim Betroffenen selbst meint (so Wolff/Brink/Schild, Art. 4 DSGVO Rn. 35) oder ob jedes aktive Tun des Verantwortlichen genügt, durch das Daten erstmals in seinen Verfügungsbereich gelangen (so z. B. Kühling/Buchner/Herbst, Art. 4 DSGVO Rn. 21). Nach keiner Ansicht liegt eine Erhebung vor, wenn dem Verantwortlichen Daten lediglich übermittelt werden; ein Erheben soll dann aber dadurch stattfinden, dass der Verantwortliche die Daten nicht sofort löscht, sondern in einen eigenen Datenverarbeitungsvorgang übernimmt (so Simitis/ Hornung/Spiecker/Roßnagel, Art. 4 DSGVO Rn. 15).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

nen, der sich nur an einer bestimmten Verarbeitung stößt; ihm bleibt auf diese Weise eine kleinschrittige Prüfung erspart. Besonders an der Schnitt­ stelle der Datenverarbeitung durch private und öffentliche Stellen ist so eine Konzentration auf die Datenverarbeitung im jeweiligen Bereich möglich, die auch aus grundrechtlicher Sicht sinnvoll erscheint, sind doch öffentliche Stellen unmittelbar grundrechtsverpflichtet. Darüber hinaus ist es aus Sicht des Bürgers nicht nur bedeutsam, ob seine gegen­ über Privaten offenbarten Daten staatlichen Stellen zur Kenntnis gelan­ gen, sondern auch, ob diese nach Überschreiten der Schwelle zum öffent­ lichen Bereich „weiterwandern“. Die Zuordnung jedes einzelnen Datums zu dem Bündel muss dabei weiterhin überprüfbar bleiben. Der Betroffene kann somit geltend machen, die Weiterverarbeitung des Bündels zu ei­ nem bestimmten Zweck sei mit dem Zweck der Bündelung nicht ver­ einbar. Der Verantwortliche kann dann darlegen, dass der Bündelungs­ zweck und der Zweck der Weiterverarbeitung vereinbar sind oder – falls dies nicht der Fall ist – sich auf eine die Weiterverarbeitung erlauben­ de Rechtsgrundlage berufen. Dem Betroffenen steht es dann offen, die Rechtmäßigkeit einzelner Datenverarbeitungen im Vorfeld der Bünde­ lung oder die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlage anzugreifen. Das nach § 32 Abs. 3 GwG übermittelte Datenbündel erhält sein spezifi­ sches Gepräge vor allem durch die Analyse auf Ebene der Verpflichteten (z. B. die Durchführung automatisierter Risikoprüfungen und die Einzel­ fallprüfung der durch die Risikomanagement-Systeme ausgeworfenen Treffer bzw. anderer auffälliger Fälle), die erste Bündelung verschiedener Daten im Rahmen der Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG und die Analyse­ tätigkeit der FIU (insb. Abgleich und Verknüpfung mit Daten aus Regis­ tern). Alle diese Vorgänge dienen allein oder überwiegend der Bekämp­ fung von Geldwäsche und Terorrismusfinanzierung (wobei speziell die Research-Pflicht aus § 25h Abs. 2 KWG sich auch auf andere Straftaten erstreckt). Zu diesem Zweck gelangen die Daten in den Verantwortungs­ bereich der FIU – d. h. den öffentlichen Bereich – und dieser Zweck soll hier den Vergleichspunkt (hypothetischer Ersterhebungszweck) der wei­ teren Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen bilden. Auf der ande­ ren Seite steht der Zweck der Verarbeitung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG, der letztlich im gleichmäßigen Vollzug des Steuerrechts liegt. Diese Zwecke stehen nicht in unmittelbarer Verbindung zueinander. Die Bekämpfung von Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung und die Si­ cherung des Steuervollzugs haben verschiedene Berührungspunkte; es erscheint aber keineswegs logisch oder gar zwingend, die zum Zweck der Geldwäschebekämpfung erhobenen Daten auch für steuerliche Zwecke zu verwenden. Die durch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung un­ mittelbar oder mittelbar bedrohten Rechtsgüter unterscheiden sich nach Art und Gewicht deutlich von der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und 337

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens. Da­ rüber hinaus sind jeweils unterschiedliche Behörden bzw. Dienststellen mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung so­ wie der Besteuerung betraut, die personell, organisatorisch und informa­ tionell weitestgehend getrennt sind. Das gilt trotz ihrer Ansiedlung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auch für die als „Behörde in der Behörde in der Behörde“ konzipierte FIU. (3) Zwischenergebnis Lehnt man die oben vorgebrachte Argumentation zur Handhabung des Zweckbindungsgrundsatzes bei Datenbündeln (Geprägegedanke) ab, dann wird man jedenfalls hinsichtlich der Daten, die nicht in erster Linie in Erfüllung steuerlicher Pflichten erhoben wurden, ebenfalls zu dem Er­ gebnis kommen, dass deren spätere Verarbeitung zu steuerlichen Zwe­ cken mit dem Erhebungszweck inkompatibel ist (so z. B. im Bereich der Banken Daten über Kontenumsätze und Salden, die primär aus betriebs­ wirtschaftlichen sowie zivil- und handelsrechtlichen Gründen erfasst werden und den Finanzbehörden nicht ohne Weiteres zugänglich sind). Somit ist in jedem Fall eine den Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 DSGVO genügende Rechtsgrundlage erforderlich. (4) Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 DSGVO Demnach muss § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG den Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 DSGVO genügen, d. h. eine Maßnahme zum Schutz der in Art. 23 Abs. 1 DSGVO genannten Ziele darstellen. Ob diese „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig[e] und verhältnismäßig[e]“ ist, ist hingegen noch nicht hier, sondern erst auf grundrechtlicher Ebene zu prüfen (s. o.). In Betracht kommen hier „sonstige wichtige Ziele des all­ gemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates, insbesondere eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interes­ ses der Union oder eines Mitgliedstaats, etwa im Währungs-, Haushaltsund Steuerbereich […]“ (Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO). Es muss sich um ein wichtiges Ziel handeln, also um eines mit besonderem Ge­ wicht.1550 Richtigerweise ist hierin aber nur ein Hinweis darauf zu sehen, den Interessen des Betroffenen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens einen hohen Stellenwert einzuräumen; kontrolliert wird dies am Ende jedoch erst im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung.1551 1550 Paal/Pauly/Paal, Art. 23 DSGVO Rn. 31a; Wolff/Brink/Stender-Vorwachs, Art. 23 DSGVO Rn. 26; Simitis/Hornung/Spiecker/Dix, Art. 23 DSGVO Rn. 27; Auernhammer/Herbst, Art. 23 DSGVO Rn. 15. 1551 So wohl Sydow/Peuker, Art. 23 DSGVO Rn. 25; offen gelassen von Kühling/ Buchner/Bäcker, Art. 23 DSGVO Rn. 22; a. A. offenbar Taeger/Gabel/Koreng, Art. 23 DSGVO Rn. 33.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Während der Europäische Gerichtshof in seiner grundfreiheitlichen Recht­ sprechung rein fiskalische Erwägungen nicht als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkennt,1552 ist die Sicherung des Steueraufkom­ mens nach verbreiteter Ansicht ein sonstiges wichtiges Ziel des allge­ meinen öffentlichen Interesses, und zwar sowohl der Mitgliedstaaten als auch – jedenfalls im Bereich der Mehrwertsteuer – der Union.1553 dd) Ergebnis Demnach stellt § 32 Abs. 3 GwG eine mit den Vorgaben von Art. 6 Abs. 2–4 DSGVO vereinbare Vorschrift des innerstaatlichen Rechts dar.

IV. Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes im Lichte der GRCh und der EMRK Wie bereits erörtert, können Vorschriften des innerstaatlichen Rechts auch im Bereich des an sich durch die DSGVO determinierten Daten­ schutzes am Maßstab des Grundgesetzes überprüft werden, sofern sie sich auf eine Öffnungsklausel stützen können.1554 Zu beachten ist dabei, dass sich auch die Datenverarbeitung nach § 32 Abs. 3 GwG nach einer Auffassung im Anwendungsbereich des Unionsrechts bewegt (siehe Ka­ pitel 3 B. III. 1. b) bb)). Sie ist aber dem Grunde nach nicht (vollständig) unionsrechtlich determiniert, da eine zweckändernde Verarbeitung, wie sie § 32 Abs. 3 GwG regelt, unionsrechtlich nicht vorgegeben ist (siehe Kapitel 3 B. III. 1. b) bb) (3)). Gleichwohl setzt das Unionsrecht vor allem mit Art. 6 Abs. 4 DSGVO einen „hinreichend gehaltvollen Rahmen […], der erkennbar auch unter Beachtung der Unionsgrundrechte konkreti­ siert werden soll“ 1555, sodass die GRCh parallel anwendbar ist. Klare An­ haltspunkte für engere grundrechtliche Maßgaben als die des Grundge­ setzes enthält Art. 6 Abs. 4 DSGVO nicht und es deutet an dieser Stelle auch nichts darauf hin, dass der Grundrechtsschutz des GG hier hinter dem der Charta zurückbleiben könnte. Somit bleiben die Grundrechte des Grundgesetzes primärer Prüfungsmaßstab. Sie sind im Lichte der Charta und der EMRK auszulegen.

1552 Siehe z. B. EuGH, Urt. v. 11.09.2007 – Rs. C-318/05 (Kommission ./. Deutsch­ land), juris, Rn. 95; Urt. v. 06.11.2003 – Rs. C-243/01 (Gambelli), juris, Rn. 61; Urt. v. 16.07.1998 – Rs. C-264/96 (ICI), Rn. 28. 1553 Vgl. Paal/Pauly/Paal, Art. 23 DSGVO Rn. 31; siehe auch Wolff/Brink/Albers/ Veit, § 23 BDSG Rn. 27. 1554 Siehe Kapitel 3 B. II. 4 und Kapitel 3 B. III. 3. a). 1555 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13 (Recht auf Vergessen I), juris, Rn. 44.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

1. Grundrechtsrelevanz der Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 GwG Das Bundesverfassungsgericht hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht als selbständiges Grundrecht neben der allgemeinen Handlungsfreiheit entwickelt und aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet.1556 Dabei ist nicht jeder Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit ein – nicht rechtfertigungsfähiger – Eingriff in die Menschenwürde. Unter dem Einfluss von Art. 1 Abs. 1 GG entsteht vielmehr ein Spektrum auf Recht­ fertigungsebene, das – je nach Persönlichkeitsbezug – von den Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG zum absoluten, nicht beschränkbaren Schutz des Art. 1 Abs. 1 GG reicht.1557 Auch wenn immer wieder versucht worden ist, die allgemeine Handlungsfreiheit vom allgemeinen Persönlichkeits­ recht abzugrenzen – etwa durch die Unterscheidung zwischen Tun und Sein1558 – bleiben die beiden Schutzbereiche eng miteinander verfloch­ ten.1559 Beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht geht es jedoch schwer­ punktmäßig nicht um die Freiheit, zu tun und zu lassen, was man will, sondern darum, seine Persönlichkeit frei entfalten, selbst bestimmen zu können, welche Aspekte der Persönlichkeit man offenbaren und welche man lieber für sich behalten will, und darum, in seiner Individualität anerkannt zu werden; es geht im weiten Sinne um die Unverfügbarkeit der eigenen Persönlichkeit.1560 Es liegt auf der Hand, dass eine abschließende Umschreibung des Schutz­ bereichs nicht in Betracht kommt. Das Bundesverfassungsgericht hat die einzelnen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts deshalb von Fall zu Fall herausgearbeitet.1561 Hier sollen nur zwei Fallgruppen herausgegriffen werden, die für die hier untersuchte Frage von Bedeutung

1556 Angedeutet schon in BVerfGE 27, 1 (6); deutlicher in BVerfGE 27, 344 (350–351); weitere Fundstellen bei Maunz/Dürig/Di Fabio, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 128 (Fn. 1). 1557 Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Sphärentheorie führt nicht zu ­einer strengen Abstufung, denn auch hier sind die Übergänge – jedenfalls auf Ebene der Sphärenzuordnung – fließend, vgl. Maunz/Dürig/Di Fabio, Art. 2 GG Rn. 161. Zum Verhältnis von APR und Menschenwürde siehe auch Kube, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 148 Rn. 31– 33. 1558 In diese Richtung z. B. BVerfG, Urt. v. 03.06.1980 – 1 BvR 185/77, BVerfGE 54, 148 (153). 1559 Maunz/Dürig/Di Fabio, Art. 2 GG Rn. 128; zur Abgrenzung siehe z. B. auch Kube, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 148 Rn. 28. 1560 Vgl. Jarass, NJW 1989, 857 (859), der aus den vom BVerfG entwickelten Fallgrup­ pen zwei Zielrichtungen des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ab­ leitet: Beim Privat- und Intimsphäreschutz gehe es um die individuelle Identität, bei den anderen Fallgruppen (Darstellung in der Öffentlichkeit, Recht auf Re­ sozialisierung etc.) hingegen um die soziale Identität. 1561 Siehe z. B. die übersichtliche Darstellung bei Kube, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 148 Rn. 36–71.

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sein können – der Schutz des engeren persönlichen Lebensbereichs sowie der Schutz der informationellen Selbstbestimmung. a) Schutz des privaten Lebensbereichs Zu den Schutzgütern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zählt die Privatsphäre, die durch räumlich-sachliche Kriterien definiert wird.1562 Innerhalb der Privatsphäre besteht mit der sog. Intimsphäre ein „ein letz­ ter unantastbarer Bereich menschlicher Freiheit […], der der Einwirkung der gesamten öffentlichen Gewalt entzogen ist.“1563 In diesem Bereich sind sowohl die Menschenwürdegarantie als auch der Wesensgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berührt, sodass für Beschränkungen kein Raum ist.1564 Schon 1957 formulierte Wintrich: „Es gehört zum Wesen des Menschen, daß er sich selbst besitzt, daß er sich in ei­ nen Innenraum zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, daß er also über die eigene Intimssphäre ungestört verfügen kann. […] Über diesen inner­ sten Bezirk hinaus muß der Mensch aber auch die rechtlich geschützte Möglichkeit haben, ein Gespräch vertraulich zu führen, […] [s]chließlich ist es eine unerläßliche Bedingung der Persönlichkeitsentwicklung, daß der Mensch die Möglichkeit hat, sich unbefangen und unverbindlich auszusprechen, […].“1565

Ob der Kernbereich betroffen ist, bestimmt das Bundesverfassungsge­ richt anhand verschiedener Kriterien, z. B. dem Geheimhaltungsbedürf­ nis, der Höchstpersönlichkeit oder der Art und Intensität, in dem der Sachverhalt „aus sich heraus“ die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt.1566 Das „Patt“ innerhalb des 2. Senats, als er über die Verwertbarkeit bestimmter Tagebuchaufzeichnungen des Beschul­ digten im Strafverfahren zu befinden hatte, illustriert, wie schwer die Grenzziehung dabei sein kann.1567 In der Entscheidung zum sog. Großen Lauschangriff führt das Bundesverfassungsgericht aus, zur Intimsphäre gehörten „die Möglichkeit, innere Vorgänge wie Empfindungen und Ge­ fühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher 1562 BVerfG, Urt. v. 03.06.1980 – 1 BvR 185/77, BVerfGE 54, 148 (154); 1563 So schon BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (41); s. auch Beschl. v. 16.07.1969 – 1 BvL 19/63, BVerfGE 27, 1 (6); Beschl. v. 08.03.1972 – 2 BvR 28/71, BVerfGE 32, 373 (379); Beschl. v. 31.01.1973 – 2 BvR 454/71, BVerfGE 34, 238 (245). 1564 BVerfG, Beschl. v. 14.09.1989 – 2 BvR 1062/87, BVerfGE 80, 367 (373–374). Zur Bedeutung dieser „doppelten ‚Absicherung‘“ siehe Horn, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 149 Rn. 75. 1565 Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, 1957, S. 15. 1566 BVerfG, Beschl. v. 14.09.1989 – 2 BvR 1062/87, BVerfGE 80, 367 (374). Zu Recht kritisch zu dieser gemeinschaftsbezogenen Sichtweise Horn, in: Isensee/Kirch­ hof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 149 Rn. 73. 1567 BVerfG, Beschl. v. 14.09.1989 – 2 BvR 1062/87, BVerfGE 80, 367 (376–383); kri­ tisch zur – letztlich tragenden – Auffassung der Richter Träger, Klein, Kruis und Kirchhof äußert sich Störmer, NStZ 1989, 397 (398–399).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Art zum Ausdruck zu bringen“ und „Äußerungen unbewussten Erlebens sowie Ausdrucksformen der Sexualität.“1568 Entscheidungen, in denen das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung der Intimspähre bejaht hat, gibt es – soweit ersichtlich – derzeit nicht.1569 Außerhalb dieses Kernbereich der Privatsphäre sind Grundrechtsein­ schränkungen hingegen möglich, wobei die Rechtfertigungsanforderun­ gen mit zunehmender Entfernung vom Kernbereich absinken; dies folgt aus der Eingebundenheit des Einzelnen in die Gemeinschaft.1570 Zu den diesem „Abwägungsbereich“ zugeordneten Informationen zählen z. B. Gesundheitsdaten aus Krankenakten1571, der Inhalt eines medizi­ nisch-psychologischen Gutachtens zur Feststellung der Fahreignung1572, Tagebuchaufzeichnungen1573 und private Gespräche1574, soweit deren In­ halt nicht der Intimsphäre zuzuordnen ist. Eingriffe in die Privatsphäre sind grundsätzlich zulässig, doch es bedarf regelmäßig eines überwiegen­ den Interesses der Allgemeinheit und das Bundesverfassungsgericht ver­ langt eine „strikte“ Verhältnismäßigkeitsprüfung.1575 Den schwächsten Schutz genießt der sog. „Öffentlichkeitsbereich“, in dem ein Persönlich­ keitsbezug nur noch schwach vorhanden ist.1576 1568 BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (313). 1569 Kube, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 148 Rn. 87. In BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1283/05, BVerfGE 119, 1 (34) ging das Gericht immerhin davon aus, dass intimste Details einer ge­ schlechtlichen Beziehung zur Intimsphäre gehören; weil das die Fachgerichte je­ doch ebenso gesehen hatten, kam es in der Entscheidung nicht darauf an. 1570 BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969 – 1 BvL 19/63, BVerfGE 27, 1 (7); Beschl. v. 15.01.1970 – 1 BvR 13/68, BVerfGE 27, 344 (351); Beschl. v. 08.03.1972 – 2 BvR 28/71, BVerfGE 32, 373 (379); Beschl. v. 19.06.1972 – 2 BvL 7/71, BVerfGE 33, 367 (376–377). 1571 BVerfG, Beschl. v. 08.03.1972 – 2 BvR 28/71, BVerfGE 32, 373 (379–380). 1572 BVerfG, Beschl. v. 24.06.1993 – 1 BvR 689/92, BVerfGE 89, 69 (83–84). 1573 BVerfG, Beschl. v. 14.09.1989 – 2 BvR 1062/87, BVerfGE 80, 367 (376–380), jeden­ falls nach der Auffassung der einen Hälfte des Senats. 1574 BVerfG, Beschl. v. 31.01.1973 – 2 BvR 454/71, BVerfGE 34, 238 (248): Private ­Unterredung zwischen zwei Eheleuten und einem Kaufinteressenten über ein Grundstücksgeschäft. 1575 BVerfG, Beschl. v. 08.03.1972 – 2 BvR 28/71, BVerfGE 32, 373 (379); Beschl. v. 19.06.1972 – 2 BvL 7/71, BVerfGE 33, 367 (376–377). 1576 Kube, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 148 Rn. 86; Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, 1987, S. 44. Siehe auch BVerfG, Beschl. v. 31.01.1973 – 2 BvR 454/71, BVerfGE 34, 238 (248): „Soweit es z. B. im geschäftlichen Verkehr üblich geworden ist, fernmündliche Durchsagen, Bestellungen oder Börsennachrichten mittels eines Tonabnehmers festzuhalten, ist in aller Regel das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Sprechers noch nicht betroffen. Bei derartigen Mitteilungen steht der objektive Gehalt des Gesagten so sehr im Vordergrund, daß die Persön­ lichkeit des Sprechenden nahezu vollends dahinter zurücktritt und das gespro­ chene Wort damit seinen privaten Charakter einbüßt.“

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aa) Schutz finanzieller Informationen im deutschen Verfassungsrecht Inwieweit finanzielle Informationen – wie z. B. die hier interessierenden Kontoumsätze, Kontensalden, die Höhe von Einkünften, das Innehaben von Beteiligungen und anderer Vermögensgegenstände – vom allgemei­ nen Persönlichkeitsrecht geschützt sind bzw. in welche Sphäre sie fallen, ist kaum geklärt. Die Pflicht zur Offenlegung der Einkünfte, die Mitglie­ der des Deutschen Bundestages neben dem Mandat erzielen, prüfte das Bundesverfassungsgericht – der Natur des Organstreitverfahrens geschul­ det – nicht am Maßstab der Grundrechte, sondern allein an Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG.1577 Gleichwohl hielten die Richter Hassemer, Di Fabio, Mellinghoff und Landau in ihrem Sondervotum fest: „Der Gesetzgeber dringt […] in einen sensiblen Bereich ein, wenn er die wirt­ schaftlichen Lebensverhältnisse der Abgeordneten der Öffentlichkeit in weitem Umfang und ohne Auswahlentscheidung im Einzelfall zugänglich macht.“1578

In der Entscheidung zum automatisierten Kontenabruf hat das Bundes­ verfassungsgericht Kontostammdaten „keine besondere Persönlichkeits­ relevanz“1579 zugemessen, aber zugleich betont, dass die Erhebung wei­ terer Informationen über den Vermögensstand einer Person (z. B. ein negativer oder positiver Kontosaldo) weiterer Ermittlungsmaßnahmen (gemeint sind insb. Auskunftsersuchen nach der AO oder der StPO) be­ dürften, deren Intensität „meist deutlich erhöht[en]“ sei.1580 In der Entscheidung über die Verwertung der auf den sog. „Steuer-CDs“ gespeicherten Informationen (offenbar jedenfalls Kontostammdaten und Kontensalden) hielt das Bundesverfassunsgericht schlicht fest, der abso­ lute Kernbereich privater Lebensgestaltung sei nicht betroffen.1581 Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz sah auch den „engen persön­ lichen Lebensbereich“ nicht berührt.1582 Soweit wirtschaftliche und fi­ nanzielle Informationen im Rahmen steuerlicher Mitwirkungspflichten offenbart werden müssten, „unterliegen [sie] von vornherein einem ge­ ringeren Schutz“.1583 1577 BVerfG, Urt. v. 04.07.2007 – 2 BvE 1/06 u. a., NVwZ 2007, 916–937. 1578 BVerfG, Urt. v. 04.07.2007 – 2 BvE 1/06 u. a., NVwZ 2007, 916 (934). 1579 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03 u. a., BVerfGE 118, 168 (198). 1580 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03 u. a., BVerfGE 118, 168 (199). 1581 BVerfG (Kammer), Beschl. v. 09.11.2010 – 2 BvR 2101/09, NJW 2011, 2417 (2420). 1582 VerfGH Rh-Pf, Urt. v. 24.02.2014 – VGH B 26/13, juris, Rn. 49. An den Entschei­ dungen des VerfGH und des BVerfG in Sachen Steuer-CDs kritisiert Pfisterer, in: Baer/Lepsius/Schönberger u.a. (Hrsg.), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Ge­ genwart, 2017, S. 393 (418–420); Pfisterer, JR 2015, 314 (321) zu Recht, dass sie den Eindruck erwecken, als komme ein Beweisverwertungsverbot nur in Be­ tracht, wenn die Intimsphäre betroffen sei, und dass der VerfGH die Privatspähre zu eng fasse. 1583 VerfGH Rh-Pf, Urt. v. 24.02.2014 – VGH B 26/13, juris, Rn. 50.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Damit ist – auch wenn es in den Entscheidungen nicht beim Namen ­genannt wird – das Bankgeheimnis angesprochen. Wenngleich seine ver­ fassungsrechtliche Bedeutung noch nicht abschließend geklärt ist, so scheint sich doch die Auffassung durchgesetzt zu haben, dass das Bank­ geheimnis verfassungsrechtlich keine herausgehobene Stellung genießt, sondern in den anderen Freiheitsrechten – allen voran dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbe­ stimmung, aber auch der Berufsfreiheit – enthalten ist, nicht darüber ­hinausgeht und der Beschränkung zugänglich ist.1584 Zum später in § 30a AO a. F. kodifizierten Bankenerlass hielt das Bundesverfassungsgericht in seinem Zins-Urteil jedenfalls fest, die darin vorgesehenen Beschrän­ kungen von Steuerermittlungen seien verfassungsrechtlich nicht gebo­ ten.1585 Ähnlich verhält es sich mit dem Steuergeheimnis. Im Flick-Urteil stellte das Bundesverfassungsgericht fest: „Das Recht auf Wahrung des in § 30 AO umschriebenenen Steuergeheimnisses ist als solches kein Grundrecht.“1586 Die Geheimhaltung der Steuerdaten könne aber u. a. durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geboten sein.1587 Bemerkenswert sind schließlich noch die Ausführungen des Landge­ richts München I in einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Veröf­ fentlichung einer „Liste der 100 reichsten Deutschen“, in der sich der Kläger wiederfand.1588 Darin wurde auch der geschätzte Umfang des Ver­ mögens des Klägers angegeben. Grundlage der Schätzung waren dabei überwiegend öffentlich zugängliche Quellen. Die Zivilkammer ordnete diese Informationen der „Privatsphäre, innerhalb deren Spektrum jedoch eher zum Rand der Sozialsphäre hin“ ein.1589 Für die Zuordnung zur Pri­ vatsphäre spreche, dass die Höhe des Vermögens nicht ohne Weiteres zu ersehen ist. Ein Bezug zum Öffentlichkeitsbereich ergebe sich aber beim Kläger – anders als bei einem „zurückgezogen lebenden Privatmann“ – aus seiner Bekanntheit und zeitgeschichtlichen Bedeutung sowie daraus, dass die Schätzungsgrundlagen überwiegend öffentlich zugänglich seien. Im Ergebnis hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Abwägung mit der Pressefreiheit verneint.1590 1584 Siehe nur Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski u.a. (Hrsg.), Bankrechts-­ Handbuch, 2017, § 39 Rn. 5–6; Wonka, NJW 2017, 3334 (3335); Grabau/Hundt/ Hennecka, ZRP 2002, 430 (431–432); Fisahn, CR 1995, 632 (633–635). 1585 BVerfG, Urt v. 27.06.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (279). 1586 BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, BVerfGE 67, 100 (142). 1587 Bogs, JZ 1985, 112 (112–114) kritisiert die seiner Ansicht nach vom Gericht an­ genommene „überzogen weit interpretierte, fast tabuisierte Bindung parlamenta­ rischer Untersuchungsgewalt an den grundrechtlichen Kern des Steuerdatenge­ heimnisses“ (ibid., S. 114). 1588 LG München I, Urt. v. 06.04.2011 – 9 O 3039/11, ZUM 2011, 588–593. 1589 LG München I, Urt. v. 06.04.2011 – 9 O 3039/11, ZUM 2011, 588 (590). 1590 Insgesamt zustimmend Schmelz 2011, 593–594.

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bb) Schutz finanzieller Informationen auf unions- und völkerrechtlicher Ebene Zu berücksichtigen ist hier in besonderer Weise auch die GRCh sowie die EMRK, insbesondere in Gestalt der grundrechtlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). (1) Rechtsprechung des EGMR Bereits in dem Verfahren Leander ./. Schweden hielt der EGMR fest, dass die Speicherung und Offenbarung von „information relating to [some­ one‘s] private life“ – im Fall waren dies Einträge zur Person in einem ge­ heimen Polizeiregister – einen Eingriff in Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen kann.1591 In der Entscheidung Amann ./. Schweiz – Hintergrund war das Abhören eines geschäftlichen Telefonats, das zur Anlage einer sog. „Staatsschutzfiche“ führte1592 – führte der EGMR aus: „the term ‘private life’ must not be interpreted restrictively. In particular, respect for private life comprises the right to establish and develop relationships with other human beings; furthermore, there is no reason of principle to justify ex­ cluding activities of a professional or business nature from the notion of ‘private life’.“1593

Der Menschenrechtsgerichtshof führte weiter aus, dass jedes Datum mit Bezug zu dem – weit verstandenen – Privatleben einer Person unter dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK steht, unabhängig davon, ob es sich um besonders sensible Informationen handelt oder dem Betroffenen ein Nachteil entstanden ist. In dem Verfahren M. N. u. a. ./. San Marino ging es um die Beschlagnah­ me von Bankunterlagen (z. B. Kontenumsatzlisten, Schecks, E-Mails) im Zuge von Strafermittlungen, wobei die Betroffenen überwiegend nicht zu den Beschuldigten gehörten. Die Rechtsauffassung San Marinos, wonach diesen Unterlagen ein Persönlichkeitsbezug fehle, wies der EGMR deut­ lich zurück: „The Court considers that information retrieved from banking documents un­ doubtedly amounts to personal data concerning an individual, irrespective of it being sensitive information or not. Moreover, such information may also concern

1591 EGMR, Urt. v. 26.03.1987 – Nr. 9348/81 (Leander ./. Schweden), Rn. 48. 1592 Zum sog. „Fichenskandal“ siehe z. B. Bucheli, NZZ v. 13.07.2009. 1593 EGMR, Urt. v. 16.02.2000 – Nr. 27798/95 (Amann ./. Schweiz), Rn. 65; so auch EGMR, Urt. v. 04.05.2000 – Nr. 28341/95 (Rotaru ./. Rumänien). Siehe schon im Wesentlichen gleichlautend EGMR, Urt. v. 16.12.1992 – Nr. 13710/88 (Niemietz ./. Deutschland), Rn. 29 zur Durchsuchung der Büroräume eines Rechtsanwalts.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden professional dealings and there is no reason of principle to justify excluding activi­ ties of a professional or business nature from the notion of ‚private life‘.“1594

In seiner Entscheidung zum Informationsaustausch in Steuersachen zwi­ schen der Schweiz und den USA1595 bekräftigte der EGMR seine Recht­ sprechung,1596 betonte aber auch, dass die Rechtfertigungsanforderungen nicht überspannt werden sollten: „S’agissant de la situation du requérant, il échet d’observer que seules sont en question ses données bancaires, soit des informations purement financières ; il ne s’agissait donc nullement de données intimes ou liées étroitement à son identité qui auraient mérité une protection accrue. Il s’ensuit que la marge d’appréciation de la Suisse était ample.“1597

Inzwischen hat der EGMR – das ist nur konsequent – entschieden, dass auch Informationen über geschäftliche Banktransaktionen in den Schutz­ bereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK fallen.1598 Hinzuweisen ist gleichwohl darauf, dass der EGMR in der gegen das o. g. Urteil des Bundesverfassungs­ gerichts in Sachen „Steuer-CD“ gerichteten Beschwerde hinsichlich der Bankdaten nicht weiter auf Art. 8 Abs. 1 EMRK einging.1599 Welchen Schutz der EGMR steuerlichen Informationen beimisst, ist hin­ gegen unklar. In der Entscheidung Lundvall ./. Schweden wurde zwar der Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK als eröffnet angesehen, letztlich ging es aber nur um die Information, dass der Steuerpflichtige säumig ist; hier geht der EGMR von einem Eingriff geringer Intensität aus.1600 (2) Rechtsprechung des EuGH Der Europäische Gerichtshof hatte bereits verschiedentlich Gelegenheit, sich zum Schutz finanzieller und wirtschaftlicher Informationen zu ­äußern. In der Rs. Rechnungshof ./. Österreichischer Rundfunk (ORF) u. a. ging es um jährlich zu erstellende Berichte des Österreichischen Rechnungshofs, die Namen und Umfang der Bezüge oder Ruhebezüge 1594 EGMR, Urt. v. 07.07.2015 – Nr. 28005/12 (M. N. u. a. ./. San Marino). 1595 Siehe dazu Botschaft des Schweizerischen Bundesrates v. 27.11.2009, BBl. 2010, 235–244. 1596 EGMR, Urt. v. 22.12.2015 – Nr. 28601/11 (G. S. B. ./. Schweiz), Rn. 51. 1597 EGMR, Urt. v. 22.12.2015 – Nr. 28601/11 (G. S. B. ./. Schweiz), Rn. 93. 1598 EGMR, Urt. v. 27.04.2017 – Nr. 73607/13 (Sommer ./. Deutschland), Rn. 48 (die Entscheidung ist in nicht-amtlicher Übersetzung abgedruckt in NJOZ 2019, 455– 458); Urt. v. 01.12.2015 – Nr. 69436/10 (Brito Ferrinho Bexiga Villa-Nova ./. Por­ tugal), Rn. 42–43. Siehe auch EGMR, Urt. v. 16.12.2012 – Nr. 12323/11 (Michaud ./. Frankreich), NJW 2013, 3423 (nicht-amtliche Übersetzung) zum Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses gegenüber der geldwäscherechtlichen Verdachts­ meldepflicht. 1599 EGMR, Urt. v. 06.10.2016 – Nr. 33696/11. 1600 EGMR, Urt. v. 11.12.1985 – Nr. 10473/83, Rn. 131.

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von Angestellten bestimmter Rechtsträger – darunter des ORF – enthiel­ ten. Durch Veröffentlichung des Berichts sollten die Rechtsträger zur sparsamen und sachgerechten Verwendung öffentlicher Mittel angehal­ ten werden. Der Gerichtshof prüfte dies am Maßstab der DSRL. Diese legte er im Lichte der Grundrechte aus, die er mangels Kodifikation noch den allgemeinen Rechtsgrundsätzen entnehmen und insbesondere aus der EMRK ableiten musste. Er rekurrierte auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK, der den Begriff der „Privatsphäre“ weit auslegt und insbesondere auch berufliche Tätigkeiten als erfasst ansieht und be­ jahte einen Eingriff.1601 Diesen hielt der Gerichtshof auch nicht für völlig unerheblich, schließlich seien „negative Auswirkungen der Veröffent­ lichung […] insbesondere im Hinblick auf […] Einstellungsmöglichkei­ ten bei anderen Unternehmen“ nicht ausgeschlossen.1602 Der vorlegende Österreichische Verfassungsgerichtshof hielt die Veröffentlichung des Berichts unter Nennung von Namen und Bezügen schließlich für mit Art. 8 EMRK unvereinbar.1603 In der Rs. Schecke ./. Hessen hat der EuGH den Schutz dem wirtschaftli­ chen Bereich zuzurechnender personenbezogener Daten sogar gegenüber erheblichen wirtschaftlichen Interessen gestärkt. In diesem Fall ging es darum, ob es zulässig ist, die Namen der Empfänger von Agrarsubventio­ nen und deren Höhe im Internet zu veröffentlichen (dies forderte eine Verordnung). Auch hier sollte durch Transparenz die ordnungsgemäße, sparsame und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel verbessert werden. Erstmals1604 wandte der EuGH die GRCh an und prüfte am Maß­ stab von Art. 7 und Art. 8 GRCh, wobei er nicht weiter zwischen den Vorschriften differenzierte.1605 Der Gerichtshof erinnerte hier daran, dass sich der Eingriff in diese Grundrechte auf das absolut Notwendige be­ schränken müsse. Die Veröffentlichung sei zwar nicht schlechterdings unzulässig, müsse aber so schonend wie möglich gestaltet werden. Eine weniger belastende Regelung sei möglich gewesen, doch der Verord­ nungsgeber habe schon keinen „ausgewogenen Ausgleich“ zwischen den mit der Regelung verfolgten Zielen und den betroffenen Grundrechten

1601 EuGH, Urt. v. 20.05.2003 – Rs. C-465/00, C-138/01, C-139/01 (Rechnungshof/ ORF), Rn. 73–75. 1602 EuGH, Urt. v. 20.05.2003 – Rs. C-465/00, C-138/01, C-139/01 (Rechnungshof/ ORF), Rn. 89. 1603 ÖVerfGH, Erkenntnis v. 28.11.2003 – Gz. KR1/00, VfSlg. 17065/2003. 1604 Pfisterer, EuR 2016, 553 (559). 1605 EuGH, Urt. v. 09.11.2010 – Rs. C-92/09, C-93/09, EuZW 2010, 939 (941). Guckelberger, EuZW 2010, 946 (946) stellt sich dabei die Frage, „wie es dazu kommt, dass die zu einem früheren Zeitpunkt erlassene Verordnungsbestimmung an dem erst später in Kraft getretenen, erstmals ausformulierten Grundrechtskatalog ge­ messen wird.“

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durchgeführt; deshalb sei die Vorschrift unverhältnismäßig und ungül­ tig.1606 In der Rs. Coty ./. Stadtsparkasse Marburg ging es hingegen um den grundrechtlichen Schutz des Bankgeheimnisses. In dem Ausgangsrechts­ streit versuchte die Klägerin von der Beklagten Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers zu erhalten, um eine Markenrechts­ verletzung verfolgen zu können. Sie stützte sich dabei auf eine Vorschrift des deutschen Markengesetzes, die einen entsprechenden Auskunftsan­ spruch vorsah und der Umsetzung einer Richtlinie zum Schutz des geis­ tigen Eigentums diente. Diese Vorschrift schränkte den Auskunftsan­ spruch durch Verweisung auf § 383 ZPO ein, aus dem die Sparkasse wiederum ein Zeugnisverweigerungsrecht ableitete. Der Europäische Gerichtshof erwähnte in seinem Urteil lediglich Art. 8 GRCh und ent­ schied, dass das Bankgeheimnis dem Auskunftsersuchen nicht grund­ sätzlich entgegenstehe, aber mit anderen Grundrechten – hier vor allem dem Grundrecht auf Rechtsschutz und Schutz des geistigen Eigentums – in Einklang zu bringen sei.1607 Die Möglichkeit einer „unbegrenzt und bedingungslos zulässige[n] Berufung auf das Bankgeheimnis“ trage dem nicht Rechnung.1608 cc) Schlussfolgerungen Die wirtschaftliche und finanzielle Sphäre des Einzelnen ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch der des Eu­ ropäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Men­ schenrechte geschützt. Das gilt insbesondere auch für die von Banken erfassten Daten. Einigkeit besteht aber auch, dass dieser Schutz nicht absolut ist, die wirtschaftliche und finanzielle Sphäre mithin nicht gene­ rell zum Kernbereich der Grundrechtsgewährleistungen gehört, die im deutschen Verfassungsrecht, dem Unionsrecht und dem Völkerrecht ein­ schlägig sind. Wie weit der Schutz reicht, lässt sich freilich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist – wie so oft – eine Frage des Einzelfalles. In der Literatur plädiert Valentin Pfisterer für einen stärkeren Schutz der „Finanzprivatsphäre“ und hat in diesem Rahmen bereits einen Teil der hier vorgestellten Judikatur aufgearbeitet.1609 Die besondere Schutzwür­ digkeit der Finanzprivatsphäre begründet er damit, dass finanzielle und wirtschaftliche Informationen einen weitreichenden Einblick in das Le­

1606 EuGH, Urt. v. 09.11.2010 – Rs. C-92/09, C-93/09, EuZW 2010, 939 (943–944). 1607 EuGH, Urt. v. 16.07.2015 – Rs. C-580/13, EuZW 2015, 747 (748). 1608 EuGH, Urt. v. 16.07.2015 – Rs. C-580/13, EuZW 2015, 747 (749). 1609 Pfisterer, in: Baer/Lepsius/Schönberger u.a. (Hrsg.), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, 2017, S. 393–422.; Pfisterer, EuR 2016, 553–569.

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ben und Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Betroffenen zulassen.1610 Daneben führt Pfisterer Argumente an, die auch ganz allgemein für den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz sprechen, und beruft sich auf die Doppelrolle des Bankgeheimnisses, das einerseits dem Schutz des Kunden, gleichzeitig aber auch dem Schutz der Institution Bankwesen diene.1611 Unabhängig von der Frage, ob es des Konzepts einer „Finanzpri­ vatsphäre“ wirklich bedarf, ist Pfisterer jedenfalls darin zuzustimmen, dass wirtschaftliche und finanzielle Informationen keineswegs generell nur einen schwachen Persönlichkeitsbezug aufweisen. Allein die Zuord­ nung zu einer „Finanzprivatsphäre“ kann andererseits aber allgemein die besondere Schutzwürdigkeit solcher Informationen nicht begründen.1612 Carolin Kaisers Ansatz ist etwas differenzierter: Sie weist darauf hin, dass es in verschiedenen Staaten sehr unterschiedliche Auffassungen da­ rüber gebe, welchen Schutz finanzielle und wirtschaftliche Informatio­ nen genießen sollten. So sei es in manchen Staaten durchaus akzeptiert, bestimmte Informationen öffentlich zugänglich zu machen. Die Offenle­ gung sei aber stets beschränkt und beziehe sich in keinem Land auf de­ taillierte Daten zur Einkommensverwendung; diese seien vielmehr bis in jüngste Zeit in den meisten Staaten besonders geschützt gewesen, ins­ besondere durch das Bankgeheimnis oder bestimmte Verfahrensre­ geln.1613 Dafür sprechen auch gute Gründe, denn die Transaktionshistorie könne Aufschluss über politische, religiöse oder weltanschauliche An­ sichten, die Gesundheit oder Aspekte des Sexuallebens geben. b) Recht auf informationelle Selbstbestimmung Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Volkszählungs­ gesetz 1983 ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung erstmals anerkannt.1614 Der Einzelne soll grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten bestimmen können.1615 Wer nicht weiß, wer wann was über ihn weiß, der kann sich nicht unbeobach­ tet fühlen und sich nicht frei entfalten.1616 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird heute überwiegend als eigenständiges Grund­ 1610 Pfisterer, in: Baer/Lepsius/Schönberger u.a. (Hrsg.), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, 2017, S. 393 (400). 1611 Pfisterer, in: Baer/Lepsius/Schönberger u.a. (Hrsg.), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, 2017, S. 393 (397–400). 1612 Das gilt auch für andere grobe Kategorisierungen, siehe z. B. von Mangoldt/ Klein/Starck/Starck, Art. 2 GG Rn. 118, der drei Stufen bildet und Daten über wirtschaftliche Verhältnisse auf der zweiten Stufe einordnet. 1613 Kaiser, Privacy and Identity Issues in Financial Transactions, 2018, S. 428–432. 1614 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1. Zur Diskussion vor dem Volkszählungsurteil siehe Simitis, NJW 1984, 389 (399). 1615 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (43). 1616 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (42–43).

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recht anerkannt.1617 Soweit sich das Grundrecht auf Art. 2 Abs. 1 GG stützt, steht es auch juristischen Personen zu.1618 „Privatsphäre, Persönlichkeitsrecht und Menschenwürde sind […] Roh­ materialien des Schutzes personenbezogener Daten“1619. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung baut auf verschiedenen Aspekten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf. Vogelgesang beschreibt drei Ent­ wicklungsphasen auf dem Weg zum Recht auf informationelle Selbstbe­ stimmung: Die Entwicklung des Schutzes der Privat- und Intimsphäre, die Anerkennung eines Rechts auf selbstbestimmte Entscheidung über persönliche Güter innerhalb dieser Sphären und schließlich die Entwick­ lung eines Rechts auf Selbstdarstellung nach außen.1620 Dahinter steht letztlich der Schutz der autonomen und freien Entscheidung des Einzel­ nen.1621 In den Möglichkeiten moderner Datenverarbeitungsmethoden, die eine theoretisch unbegrenzte Speicherung, den sekundenschnellen Abruf und die Verknüpfung bis hin zur Erstellung von Persönlichkeits­ profilen erlauben, erblickte das Bundesverfassungsgericht eine neue Di­ mension der Gefährdung.1622 Anders als im Bereich des Privat- und In­ timsphärenschutzes könne „nicht allein [Hervorh. d. Verf.] auf die Art der Angaben abgestellt werden.“1623 Insbesondere wegen der Verknüp­ fungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten, die die moderne Informations­ technologie biete, „gibt es […] kein ‚belangloses‘ Datum mehr.“1624 Die persönlichkeitsrechtliche Bedeutung eines Datums könne vielmehr erst in Kenntnis seines Verwendungszusammenhangs beurteilt werden.1625 Gleichwohl beschränkt sich das Recht auf informationelle Selbstbestim­ mung nicht auf die automatisierte Datenverarbeitung, sondern umfasst jegliche, d. h. auch die nur manuelle Verarbeitung personenbezogener Daten.1626 1617 Siehe nur Bonner Kommentar/Lorenz, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 334 m. w. N. 1618 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (203–204); Bonner Kommentar/Lorenz, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 385; Buermeyer, Informationelle Selbstbestimmung und effektiver Rechts­ schutz im Strafvollzug, 2019, S. 116; Wilms/Roth, JuS 2004, 577–580. 1619 Mähring, EuR 1991, 369 (374). 1620 Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, 1987, S. 42– 49. 1621 Vgl. auch Albers, Informationelle Selbstbestimmung, 2005, S. 155. 1622 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (42). 1623 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (45). 1624 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (45). 1625 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (45). 1626 BVerfG, Beschl. v. 09.03.1988 – 1 BvL 49/86, NJW 1988, 2031 (2031); Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, 1987, S. 25–26; Albers, Informationelle Selbstbestimmung, 2005, S. 153; von Mangoldt/Klein/ Starck/Starck, Art. 2 GG Rn. 114; Sachs/Murswiek/Rixen, Art. 2 GG Rn. 73; Stern/Becker/Horn, Art. 2 Abs. 1 GG 50 (Fn. 175); Maunz/Dürig/Di Fabio, Art. 2 GG Rn. 76; a. A. offenbar noch Reimer, DÖV 2018, 881 (885).

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Das heißt aber nicht, dass die Persönlichkeitsrelevanz von Daten über­ haupt keine Rolle spielt; anders als im Bereich des Privat- und Intimsphä­ renschutzes kommt es auf den Persönlichkeitsbezug aber umso weniger an, je weniger Aussagekraft dieser hat, d. h. je umfassender die Speiche­ rungs-, Übermittlungs-, Verknüpfungs- und Verwendungsmöglichkeiten sind.1627 Damit korrespondieren die im Rahmen der Rechtfertigung ent­ wickelten Grundsätze etwa der Transparenz, der Zweckbindung, der Da­ tensicherheit etc. Je weniger diese Grundsätze beachtet werden, desto weniger kommt es auf die Persönlichkeitsrelevanz des einzelnen Da­ tums an. Anders gewendet: Je strenger diese Grundsätze beachtet wer­ den, desto weiter darf die Datenverarbeitung in den persönlichen Lebens­ bereich des Betroffenen vordringen.1628 Daraus folgt mit Blick auf die hier untersuchte Frage, dass sämtliche per­ sonenbezogenen Daten, die im Rahmen von § 32 Abs. 3 GwG übermit­ telt werden, vom Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbe­ stimmung erfasst sind. c) Zwischenergebnis Die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 GwG ist damit ohne Zweifel grundrechtsrelevant. Primärer Prüfungsmaßstab ist das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das ggf. durch das allgemeine Per­ sönlichkeitsrecht und andere Grundrechte verstärkt wird. Es ist im Lich­ te der einheitlichen Gewährleistung des Art. 8 EMRK und der eng mitei­ nander verbundenen Gewährleistungen in Art. 7 und 8 GRCh auszulegen. 2. Eingriff Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt nicht nur vor einem Zwang zur Offenlegung persönlicher Daten.1629 Vielmehr stellt grundsätzlich jede Form der Verarbeitung, insbesondere die Erhebung, Erfassung, Speicherung, Übermittlung, Verwendung und Löschung per­ sonenbezogener Daten sowie der Abgleich und die Verknüpfung, einen rechtfertigungsbedürftigen Grundrechtseingriff dar.1630 Das gilt auch für 1627 So schon Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, 1987, S. 63. 1628 Bonner Kommentar/Lorenz, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 333; siehe auch von Mangoldt/ Klein/Starck/Starck, Art. 2 GG Rn. 116. 1629 Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, 1987, S. 59– 60; Albers, Informationelle Selbstbestimmung, 2005, S. 163–164. 1630 Maunz/Dürig/Di Fabio, Art. 2 Abs. 1 Rn. 176 (39. EL Juli 2001); Stern/Becker/ Horn, Art. 2 Rn. 93; Sachs/Murswiek/Rixen, Art. 2 GG Rn. 88; BeckOK ­InfMedienR/​Gersdorf, Art. 2 GG Rn. 39 (und Rspr.-Nachweise dort); Buermeyer, Informationelle Selbstbestimmung und effektiver Rechtsschutz im Strafvollzug, 2019, S. 116.

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die Weiterverarbeitung zu einem anderen Zweck als dem Erhebungs­ zweck.1631 Inwieweit die Datenerhebung unmittelbar bei dem Betroffe­ nen durch private Dritte und deren Verarbeitung (insb. im Rahmen des Kontenscreenings) einen Eingriff darstellt, muss an dieser Stelle nicht geprüft werden. Hier geht es allein um die Eingriffsqualität der Daten­ übermittlung durch die FIU an die Finanzbehörden nach § 32 Abs. 3 GG (die hier mit einer Zweckänderung zusammenfällt). Dabei handelt es sich nach allgemeiner Meinung um einen eigenständigen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.1632 Nichts anderes gilt im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 EMRK. In der Rs. Weber und Saravia ./. Deutschland hat der EGMR die Rechtsprechung des Bundesverfassungs­ gerichts explizit aufgenommen: „[T]he Court, like the Federal Constitutional Court, takes the view that the trans­ mission of data to and their use by other authorities, which enlarges the group of persons with knowledge of the personal data intercepted and can lead to investi­ gations being instituted against the persons concerned, constitutes a further ­separate interference with the applicants’ rights under Article 8 (…).”1633

3. Rechtfertigung Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist – wie schon ange­ sprochen – nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe sind auf Grund eines formell rechtmäßigen Gesetzes, das Voraussetzungen und Umfang der Beschränkung klar und erkennbar („normenklar“) beschreibt, grund­ sätzlich zulässig. Dabei muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ge­ wahrt werden.1634 a) Gesetzesvorbehalt und Zitiergebot Es versteht sich von selbst, dass auch die Datenübermittlung nur auf verfassungskonformer gesetzlicher Grundlage erfolgen kann. Das gilt auch für die Übermittlung zwischen verschiedenen Behörden.1635 Rechts­ grundlage der Datenübermittlung ist mit § 32 Abs. 3 GwG ein formelles Gesetz, sodass der Gesetzesvorbehalt erfüllt ist.

1631 BeckOK InfMedienR/Gersdorf, Art. 2 GG Rn. 39 (und Rspr.-Nachweise dort). 1632 Vgl. BVerfG, Urt v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1803–1809); Wolff/Brink/Aßhoff, § 25 BDSG Rn. 5. 1633 EGMR, Urt. v. 29.06.2006 – Nr. 54934/00 (Weber u. Saravia ./. Deutschland), Rn. 79. 1634 Zum Ganzen BVerfG, URt. v. 19.09.2018 – 2 BvR 1/15, 2 BvF 2/15, BVerfGE 150, 1 (107); Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (44). 1635 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (324); Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (375– 376).

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Das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG), wonach ein grundrechtsbe­ schränkendes Gesetz das beschränkte Grundrecht unter Angabe des Ar­ tikels zu benennen hat, hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfas­ sungsgerichts einen sehr beschränkten Anwendungsbereich.1636 Teilt man diese Auffassung, so folgt ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 2 Satz 2 GG nicht daraus, dass nirgends im GwG auf das Grundrecht auf informa­ tionelle Selbstbestimmung hingewiesen wird.1637 b) Normenklarheit Die gesetzliche Grundlage für den Eingriff in das Recht auf informatio­ nelle Selbstbestimmung muss dem Grundsatz der Normenklarheit ent­ sprechen.1638 Mit Normenklarheit sind im Wesentlichen Bestimmtheit und Verständlichkeit gemeint – zwei tendenziell gegenläufige Prinzipien, zwischen denen erforderlichenfalls ein möglichst schonender Ausgleich gefunden werden muss.1639 Der Grundsatz der Normenklarheit soll es dem Bürger ermöglichen, Anlass, Umfang und Tragweite eines Grund­ rechtseingriffs vorherzusehen, die Befugnisse der Verwaltung wirksam begrenzen und eine effektive gerichtliche Kontrolle ermöglichen.1640 Für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erlangt er beson­ dere Bedeutung, denn die Normenklarheit vermittelt mit Transparenz und Einflussmöglichkeiten auf Datenverarbeitungsvorgänge gerade die Grundlagen der Gewährleistung.1641 Aus dem Gebot der Normenklarheit ergibt sich insbesondere das Erfordernis einer „hinreichend präzise[n] Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen“, das den Grundsatz der Zweckbindung verstärkt.1642 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind besondere Maßstäbe an die Normenklarheit anzulegen, wenn die informationsbe­ zogene Maßnahme der Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten dient. Dort bestehe das Risiko, 1636 Siehe nur BverfG, Beschl. v. 04.05.1983 – 1 BvL 46/90, 1 BvL 47/80, BVerfGE 64, 72 (79–80). Kritisch z. B. Sachs/Sachs, Art. 19 GG Rn. 27–30); v. Mangoldt/Klein/ Starck/Huber, Art. 19 GG Rn. 87–93. 1637 Vgl. auch Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 198–199. 1638 Siehe schon BVerfGE, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (44). 1639 Grefrath, JA 2008, 710 (711–712); Waldhoff, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Steuergesetzgebung im Vergleich Deutschland - Schweiz, 1997, S. 136. 1640 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1783); BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03 u. a., BVerfGE 118, 168 (187); BVerfG (Kammer), Beschl. v. 23.02.2007 – 1 BvR 2368/06, NVwZ 2007, 688 (690); Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (366-367). 1641 Bäumler, JR 1984, 361–366. 1642 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03 u. a., BVerfGE 118, 168 (187); Be­ schl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (366); Urt. v. 27.06.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (375–377).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden „dass der Eingriff an ein nur durch relativ diffuse Anhaltspunkte für mögliche Straftaten gekennzeichnetes, in der Bedeutung der beobachtbaren Einzelheiten noch schwer fassbares und unterschiedlich deutbares Geschehen anknüpft. […] Da der Eingriff sich auf mögliche künftige Aktivitäten bezieht, kann er sich häufig nur auf Tatsachen stützen, bei denen noch offen ist, ob sie sich zu einer Rechts­ gutsverletzung weiterentwickeln (…).“1643

Daraus folgt für den Gesetzgeber, dass er die Tatsachen, die auf eine künftige Begehung hindeuten, so bestimmt umschreiben muss, „dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprog­ nose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist.“1644 Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Überlegungen nicht auch auf die Über­ mittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG übertragbar sein sollten. Auch dort besteht grundsätzlich die Gefahr, dass es durch eine nicht aus­ reichend klar und bestimmt gefasste Rechtsnorm in erheblichem Aus­ maß zu Fehlprognosen kommt, die weitere, letztlich nicht zweckdienli­ che Grundrechtseingriffe (jedenfalls durch Übermittlungen) nach sich ziehen. Im Übrigen steigen die Anforderungen an die Normenklarheit, wenn die Grundrechtseingriffe von den Betroffenen weitgehend nicht wahrgenom­ men und angegriffen werden können, insb. wenn sie heimlich erfolgen, da eine Konkretisierung unpräziser oder unklarer Normen „im Wechsel­ spiel von Anwendungspraxis und gerichtlicher Kontrolle“ nur sehr ein­ geschränkt erfolgen kann.1645 Das Gewicht des Eingriffs beeinflusst da­ mit sowohl die Anforderungen, die der Grundsatz der Normenklarheit stellt, als auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung.1646 Aus dem Gebot der Normenklarheit folgt jedoch, dass die Rechtsgrundlage einer Datenüber­ mittlung mindestens angeben muss, (1) welche Stelle an welche Stelle Daten übermitteln darf; (2) zu welchem Zweck die Übermittlung zulässig ist; (3) die Voraussetzungen, sowie Art und Umfang der Datenübermittlung. aa) Bestimmung des Übermittlungsempfängers Als übermittelnde Stelle legt § 32 Abs. 3 Satz 2 GwG die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen fest. Als Empfänger der Übermitt­ lung benennt § 32 Abs. 3 Satz 2 GwG „andere […], zuständige inländi­ sche öffentliche Stellen“. Ein bloßer Verweis auf die abstrakte Zustän­

1643 BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (377). 1644 BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (378). 1645 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1783). 1646 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1783).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

digkeitsordnung genügt zur Bezeichnung des Empfängers noch nicht.1647 Ausreichend ist es aber, wenn die empfangende Behörde mithilfe der Zweckbeschreibung unter Rückgriff auf die Aufgabenbeschreibungen in anderen Gesetzen bestimmbar ist.1648 Zweck der Übermittlung ist hier u. a. das „Besteuerungsverfahren“ (§ 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG), das von den Finanzbehörden (§ 6 Abs. 2 AO) durchgeführt wird, deren Aufgaben sich im Einzelnen aus den Vorschriften des Gesetzes über die Finanzver­ waltung (FVG) ergeben. In der Regel wird es sich bei der zuständigen öf­ fentlichen Stelle in den Fällen des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG um ein Finanzamt handeln. Das genügt den Mindestanforderungen an die Be­ stimmtheit des Empfängers. bb) Zweck der Datenübermittlung Das Gebot der Normenklarheit verlangt insbesondere, dass der Zweck der Datenverarbeitung hinreichend präzise geregelt ist. Der Zweckbin­ dungsgrundsatz ist letztlich Ausfluss des Grundsatzes der Normenklar­ heit.1649 Hier ist auch noch einmal kurz die Frage aufzuwerfen, ob der Verwendungszweck mit „Besteuerungsverfahren“ hinreichend präzise umschrieben ist. Oben wurde bereits vorgeschlagen, darunter Verfahren i. S. v. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO anzusehen. Das ist zwar eher weit, aber noch hinreichend klar. cc) Voraussetzungen, Art und Umfang der Datenübermittlung Voraussetzung einer Übermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG ist, dass sie für ein Besteuerungsverfahren „erforderlich“ ist; § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GwG verlangt überdies, dass die Übermittlung verhältnis­ mäßig ist, wobei diese Voraussetzung nach dem in den Materialien zum Ausdruck kommenden Verständnis eher eine Art „Evidenzkontrolle“ als eine verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Verhältnismäßig­ keitsprüfung darstellen soll.1650 Die Übermittlung kann auf Ersuchen oder spontan erfolgen; ein automatisiertes Abrufverfahren darf gem. § 32 Abs. 4 GwG nur bei Übermittlungen nach § 32 Abs. 3 Satz 1 GwG (Straf­ verfolgung) eingerichtet werden. Fraglich ist, ob damit die Voraussetzun­ gen der Übermittlung bereits mit der nötigen Klarheit und Bestimmtheit umschrieben sind. In seiner Entscheidung zum automatisierten Konten­ abruf führt das Bundesverfassungsgericht aus: 1647 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (188); BVerfG (Kammer), Beschl. v. 23.02.2007 – 1 BvR 2368/06, NVwZ 2007, 688 (691). 1648 Vgl. BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, NJW 2016, 1781 (1803). 1649 Buermeyer, Informationelle Selbstbestimmung und effektiver Rechtsschutz im Strafvollzug, 2019, S. 120. 1650 Dazu s. o. Kapitel 2 C. I. 4.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden „Aus der Verwendung des Begriffs der Erforderlichkeit ergibt sich kein Bestimmt­ heitsmangel. Dieser Begriff hat für den Bereich der Steuerermittlung durch die Rechtsprechung zu § 93 Abs. 1 AO, wo er für die Begrenzung der steuerrechtlichen Auskunftspflicht verwendet wird, deutliche Konturen erhalten. Auskunftsverlan­ gen im Rahmen einer Rasterfahndung oder im Zuge von Ermittlungen „ins Blaue hinein“ sind danach unzulässig. Ein Anlass für steuerbehördliche Ermittlungen besteht nach der Auffassung der Fachgerichte nicht erst dann, wenn ein begründe­ ter Verdacht dafür vorliegt, dass steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten vorliegen. Es genügt, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist (…). Diese Rechtsprechung, die sich im Ansatz auf das besondere Ermittlungsinstrument des § 93 Abs. 7 AO über­ tragen lässt (…), begegnet unter Bestimmtheitsgesichtspunkten keinen verfas­ sungsrechtlichen Bedenken (…).“1651

Das spricht zunächst dafür, dass § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG die tatbe­ standlichen Voraussetzungen der Datenübermittlung hinreichend präzi­ se festlegt. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass die Ausfüh­ rungen zu § 93 Abs. 7 AO nicht ohne Weiteres darauf übertragbar sind: In den dort geregelten Fällen geht die Offenbarung der Daten aus der nach § 24c Abs. 1 KWG zu führenden Datei immer von der Finanzbehör­ de aus, erfolgt also auf Ersuchen. Das heißt gleichzeitig, dass die Beurtei­ lung, ob ein „hinreichender Anlass“ gegeben ist, von der Finanzbehörde vorgenommen wird. Ein „hinreichender Anlass“ für einen automatisier­ ten Kontenabruf ist nur dann gegeben, wenn die Finanzbehörde „im Rah­ men einer Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweis­ würdigung nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis gelangt, dass [der automatisierte Kontenabruf, Einfüg. d. Verf.] zu steuererhebli­ chen Tatsachen zu führen vermag.“1652 Nicht zulässig ist es hingegen, wenn die Finanzbehörde „einfach mal nachsieht“, ob der Steuerpflichti­ ge vielleicht ein Konto, Depot oder Schließfach verschwiegen hat. Dem­ nach wäre es auch unzulässig, wenn die Finanzbehörde im Rahmen des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG „einfach mal“ nachfragt, ob bei der FIU vielleicht relevante Daten über einen Steuerpflichtigen vorliegen. Ist hingegen ein „hinreichender Anlass“ mit Blick auf einen konkreten Steuerpflichtigen gegeben, dann wird sich das Finanzamt wohl kaum mit den fragmentarischen Daten der FIU (meist nur eine bis wenige Transak­ tionen) begnügen, sondern sich mit einem Auskunftsersuchen gem. § 93 Abs. 1 AO an die Bank des Steuerpflichtigen (oder ggf. einen anderen Dritten, etwa einen Luxusgüter-Händler1653) wenden. Abgesehen davon 1651 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (192–193). 1652 BFH, Urt. v. 16.05.2013 – II R 15/12, DStRE 2013, 1068 (1072); siehe auch oben Kapitel 3 A. I. 1. 1653 So z. B. in FG Hamburg, Urt. V. 30.11.1990 – VII 106/89, juris (Makler für Motorund Segelyachten).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

wissen die Finanzbehörden in der Praxis in aller Regel überhaupt nicht, ob bei der FIU überhaupt Daten zu dem Steuerpflichtigen vorhanden sind. Das Ersuchen nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG dürfte also in der Praxis fast keine Rolle spielen; die im Rahmen dieser Arbeit durchge­ führten nicht repräsentativen Interviews mit Beamten der Finanzverwal­ tung deuten ebenfalls in diese Richtung. Von besonderem Interesse sind deshalb die Fälle der spontanen Daten­ übermittlung. Hier muss die Erforderlichkeit von der FIU beurteilt wer­ den – und genau hier liegt das Problem: Die FIU steht vor ähnlichen Pro­ blemen bei der Beurteilung der Steuererheblichkeit eines wirtschaftlichen Vorgangs wie die Verpflichteten. Sie mag noch in der Lage sein, gewisse, für bestimmte Begehungsformen der Steuerhinterziehung typische Mus­ ter zu erkennen; in diesen Fällen wird sie Daten auf der Grundlage von § 32 Abs. 2 GwG übermitteln.1654 Für jede weitergehende Beurteilung der Steuererheblichkeit fehlt der FIU hingegen schlicht die Grundlage, da sie keinen ausreichenden Zugriff auf die Steuerakten des Betroffenen hat. Eine fundierte Entscheidung darüber, ob ein „hinreichender Anlass“ ge­ geben ist, kann die FIU – im Gegensatz zu den Finanzbehörden – nicht treffen. Das mag sich ändern, wenn die steuerlichen Analysekapazitäten der FIU eines Tages vielleicht erweitert werden, aber nach derzeitiger Rechtslage erscheint diese Annahme nicht nur plausibel, sondern sehr wahrscheinlich. Diese Argumente greifen auch im Hinblick auf die Festlegung des Um­ fangs der Datenübermittlung durch § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG („so­ weit dies erforderlich ist“). Dort kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Der automatisierte Kontenabruf ist von vornherein auf die in § 24c Abs. 1 Nr. 1 und 2 KWG (und nun auch § 93b Abs. 1a AO) konkret be­ nannten Daten beschränkt (Kontonummer, Tag der Eröffnung und der Beendigung/Auflösung, Name, ggf. Geburtstag, ggf. Anschrift des Inha­ bers, eines Verfügungsberechtigten und ggf. eines wirtschaftlich Berech­ tigten). Die FIU verfügt hingegen über eine ganze Reihe sehr unterschied­ licher Daten, die aus unterschiedlichen Quellen stammen und ganz erheblich über die in der Datei nach § 24c Abs. 1 KWG enthaltenen Da­ ten hinausgehen. Der FIU wird es kaum gelingen, mit der von Verfas­ sungs wegen gebotenen Genauigkeit zu beurteilen, welche Daten am Ende für die Finanzbehörden relevant sein werden. Letztlich liegt es da­ mit weitgehend in den Händen der Verwaltung, über die Tragweite des Grundrechtseingriffs zu bestimmen. Da hilft auch eine – ohnehin offen­ bar anders gedachte – Verhältnismäßigkeitsklausel (§ 32 Abs. 5 Nr. 2 GwG) nicht weiter; sie allein genügt nicht, um unzulässige Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu verhindern.1655 1654 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 32 GwG Rn. 22. 1655 BVerfG, Beschl. v. 12.04.2005 – 2 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29 (57).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

Deshalb genügt der Begriff der Erforderlichkeit unter den gegebenen Um­ ständen nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Der Wortlaut ist nicht geeignet, das Risiko von Fehlprognosen auf ein verfassungsrechtlich er­ trägliches Maß zu begrenzen.1656 Auch die in den Materialien bei § 28 Abs. 4 GwG verwendete, in höchstem Maße unbestimmte Formulierung von „auffälligen Sachverhalten im Zusammenhang mit Steuern“ bringt keine Klarheit, sondern verstärkt die Bedenken. Es ist nicht abzusehen, in welchen Fällen die FIU spontan nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG welche Daten an die Finanzbehörden übermittelt. Der Gesetzgeber darf sich hier nicht darauf verlassen, dass sich die FIU eigene, eingriffs­ beschränkende Maßstäbe zurechtlegt, sondern muss diese selbst schaf­ fen.1657 dd) Zwischenergebnis Damit liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit vor. c) Verhältnismäßigkeit Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet, dass ein in ein Grundrecht eingreifender Akt der öffentlichen Gewalt einem legitimen Zweck dient und zu dessen Erreichung das geeignete, erforderliche und angemessene Mittel darstellt.1658 Für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat das Bundesverfassungsgericht diesen allgemeinen Grundsatz weiter präzisiert: So muss sich die Erhebung, Verwendung und Speicherung auf das zur Zweckerreichung unbedingt Erforderliche beschränken.1659 Fer­ ner ist ein amtshilfefester Schutz gegen Zweckentfremdung durch Wei­ tergabe- und Verwendungsverbote vorzusehen. Schließlich ist auch das Übermaßverbot zu beachten, das besondere Anforderungen an Zweckän­ derungen stellt.1660 Diese Anforderungen können je nach der Art, dem Umfang, den denkbaren Verwendungsmöglichkeiten der erhobenen Da­ ten und der Gefahr des Missbrauchs strenger oder schwächer ausfal­ len.1661

1656 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (378–379), wo das Gericht die Formulierung „Tatsachen[, die] die Annahme rechfertigen, dass [Personen] Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden“ beanstandete, obwohl sogar ein Richtervorbehalt vorgesehen war. 1657 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (379). 1658 St. Rspr., siehe nur BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (193). 1659 Das folgt bereits aus dem Grundsatz der Zweckbindung, vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/3 u. a., BVerfGE 65, 1 (46); Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (323). 1660 BVerfG, Urt. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (368–369). 1661 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 (45–46).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

aa) Legitimer Zweck und Geeignetheit § 32 Abs. 3 Satz 2 GwG soll allgemein die Effizienz der Verwaltung stei­ gern. Andere Behörden müssen die von der FIU verarbeiteten Daten nicht erneut erheben. Speziell die Vorschrift des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG soll zudem die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern (ein­ schließlich der Vollstreckung) fördern. Verwaltungseffizienz und Besteu­ erungsgleichheit sind legitime Ziele.1662 § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG muss zur Erreichung dieser Zwecke auch ein geeignetes Mittel sein. Das ist bei einer abstrakt-generellen Regelung schon dann der Fall, wenn die bloß abstrakte Möglichkeit der Zwecker­ reichung besteht.1663 Für den Fall der Datenübermittlung bedeutet dies insbesondere, dass eine zweckentsprechende Datenverwendung durch die empfangende Stelle rechtlich möglich sein muss. Der Vollzug der Steuergesetze ist die zentrale Aufgabe der Finanzbehörden. Nach der all­ gemeinen Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung in § 29b AO dürfen die Finanzbehörden im Rahmen der Erfüllung dieser Aufgabe personen­ bezogene Daten verarbeiten. Die Befugnis, die für die Durchführung von Besteuerungsverfahren übermittelten Daten auch tatsächlich zu diesem Zweck zu verwenden, ergibt sich aus § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 7 Satz 1 GwG. Demnach ist die empfangende Stelle (nur) zur zweckent­ sprechenden Weiterverarbeitung der übermittelten Daten befugt. Ob die übermittelten Daten in vielen oder nur in eher wenigen Fällen tat­ sächlich von Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der empfangenden Stel­ le sind, spielt hingegen auf Ebene der Geeignetheit keine Rolle.1664 Hier ist im Übrigen zu bedenken, dass die durch die Verpflichteten, die FIU und ggf. die Strafverfolgungs-/Polizeibehörden vorgenommenen Verarbeitungs­ schritte im Sinne eines „Filters“ tendenziell dazu führen, dass die schließ­ lich übermittelten Daten für die Verarbeitung im Rahmen eines Besteu­ erungsverfahren besser geeignet sind („Erkenntnisverdichtung“1665). Demnach ist die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG ein geeignetes Mittel, um den erstrebten Zweck zu erreichen. 1662 BVerfG, Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (367); Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (196); vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.01.1974 – VI C 233.73/238.73, VerwRspr 1976, 126–128 (Gebot der Verwaltungseffizienz gehört zur verfassungsmäßigen Ord­ nung); Urt. v. 27.05.1983 – 4 C 40/81, 4 C 44/81, 4 C 45/81, juris, Rn. 19 (zum Spannungsverhältnis mit dem Postulat des Grundrechtsschutzes durch Verfah­ ren). 1663 BVerfG, Urt. v. 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95, BVer­ fGE 100, 313 (373); Beschl. v. 09.03.1994 – 2 BvL 43/92 u. a., BVerfGE 90, 145 (173). 1664 BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994 – 2 BvL 43/92 u. a., BVerfGE 90, 145 (173). 1665 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (357).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

bb) Erforderlichkeit Erforderlich ist ein Eingriff, wenn es kein milderes, gleich effektives Mit­ tel gibt.1666 Als milderes Mittel wäre zunächst die offene Erhebung direkt beim Betroffenen, entweder unter dessen aktiver Mitwirkung oder mit dessen Einverständnis denkbar. Der sog. Grundsatz der Direkterhebung wird aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitet und trägt dem Postulat Rechnung, dass der Betroffene selbst über die Offenbarung persönlicher Lebenssachverhalte entscheiden soll.1667 Ein­ fachrechtlich war er in § 4 Abs. 2 BDSG a. F. normiert; ob er auch aus unionsrechtlichen Grundsätzen, insb. dem Grundsatz, Daten nach Treu und Glauben zu verarbeiten (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO) abgeleitet werden kann, ist indes noch nicht geklärt.1668 § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG enthält – anders als § 93 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 7 Satz 2 HS. 2 AO – keine Subsidiaritätsklausel. Eine Direkterhebung kommt hier aber schon konzeptionell nicht in Betracht: Sinn und Zweck des geldwäscherechtli­ chen Instrumentariums, an das § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG anknüpft, ist es ja gerade, den Anlass und die Voraussetzungen für Ermittlungen erst zu schaffen. Denkbar wäre außerdem eine Beschränkung auf die Übermittlung auf Ersuchen. Milder wäre dies deshalb, weil in der Regel nur die Finanzbe­ hörden sinnvoll beurteilen können, ob ein „hinreichender Anlass“ gege­ ben ist. Der Charme der Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG liegt aber gerade darin, dass sie sich in der Regel auf Daten über nur mutmaßlich steuererhebliche Sachverhalte bezieht und erst die Finanz­ behörden prüfen, ob ein hinreichender Anlass für weitere Ermittlungen gegeben ist. Deshalb wäre es möglicherweise milder, keinesfalls aber gleich wirksam, die Datenübermittlung auf Fälle des Ersuchens zu be­ schränken. Aus dem Erforderlichkeitskriterium folgt schließlich, dass sich der Um­ fang der übermittelten Daten auf das absolut Notwendige beschränken muss. Wie bereits ausgeführt, stellt das Kriterium der Erforderlichkeit aus § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG dies nicht ausreichend sicher.

1666 BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994 – 2 BvL 43/92 u. a., BVerfGE 90, 145 (173). 1667 Wolff/Brink/Wolff, Syst. A. Prinzipien des Datenschutzrechts Rn. 8; Scholz/­ Sokol, in: Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 2014, § 4 BDSG Rn. 20; Gola/Schomerus, in: Gola/Klug/Körffer u.a. (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 12012, § 4 BDSG Rn. 21. 1668 Dafür z. B. Wolff/Brink/Schantz, Art. 5 DSGVO Rn. 9; tendenziell befürwortend auch Buchner, DuD 2016, 155 (156, Fn. 13); ablehnend Simitis/Hornung/ Spiecker/Roßnagel, Art. 5 DSGVO Rn. 51; Martini/Wenzel, DVBl. 2017, 749 (751).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

cc) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Ferner müsste die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG auch im engeren Sinne verhältnismäßig sein, d. h. die Intensität des Ein­ griffs muss in einem rechten Verhältnis zum Gewicht der Interessen Ein­ zelner bzw. der Allgemeinheit stehen, denen er dient. Zu beachten ist im hier interessierenden Fall, dass allein die Daten­ übermittlung geprüft werden soll. Für die Übermittlung und weitere Nutzung personenbezogener Daten durch staatliche Stellen gelten die Grundsätze der Zweckbindung und Zweckänderung.1669 Daraus folgt zunächst, dass für Übermittlung und weitere Nutzung eine eigene ­ Rechtsgrundlage nötig ist, die einer gesonderten verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Diese gelingt in der Regel dann, wenn keine Zweckänderung vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn die von einer be­ stimmten Behörde in Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zu einem be­ stimmten Zweck unter bestimmten Bedingungen erhobenen personen­ bezogenen Daten von derselben Behörde im Rahmen derselben Aufgabe zum Schutz derselben Rechtsgüter bzw. zur Verhütung oder Verfolgung derselben Straftaten weiterverarbeitet werden.1670 Die Voraussetzun­ gen der Datenerhebung – insb. das Vorliegen eines bestimmten Grades der Gefahr oder eines Tatverdachts – müssen dabei in der Regel für die Weiterverarbeitung nicht erfüllt sein, sofern nicht die Datenerhebung be­sonders grundrechtsintensiv war (z. B. Wohnraumüberwachung oder ­Online-Durchsuchung).1671 Sobald Daten an eine andere Behörde übermittelt werden, liegt demnach stets eine Zweckänderung vor, zumal dann, wenn nicht nur die Verar­ beiter, sondern auch die Verarbeitungszwecke i. e. S. voneinander ver­ schieden sind. Zweckänderungen sind nicht schlechterdings unzulässig, stehen aber unter bestimmten Voraussetzungen: Während das Bundes­ verfassungsgericht früher nach der „Vereinbarkeit“ des neuen Zwecks mit dem Erhebungszweck fragte, stellt es heute darauf ab, ob die Daten­ erhebung mit vergleichbar grundrechtsintensiven Mitteln auch zu dem neuen Zweck zulässig wäre.1672 Das Gericht überträgt damit den Gedan­ 1669 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (324). 1670 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (324–325). 1671 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (325–326). 1672 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (327–328); Urt. v. 24.05.2013 – 1 BvR 1215/07, BVerfGE 133, 277 (372–373); Be­ schl. v. 07.12.2011 – 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, BVerfGE 130, 1 (34); Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (333); Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (369); Beschl. v. 03.03.2004 – 1 BvF 3/92, BVerfGE 110, 33 (73–74); Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

ken des hypothetischen Ersatzeingriffs aus der Rechtsprechung zu den Beweisverwertungsverboten in Gestalt eines Kriteriums der „hypothe­ tischen Datenneuerhebung“ auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.1673 Dadurch soll sichergestellt werden, dass: „[g]rundrechtsgebotene Beschränkungen des Einsatzes bestimmter Erhebungs­ methoden […] nicht dadurch umgangen werden, daß Daten, die mit einer solchen Methode rechtmäßigerweise zu bestimmten Verwendungszwecken erhoben wor­ den sind, in gleicher Weise auch für Zwecke zugänglich gemacht werden, die ei­ nen derartigen Methodeneinsatz nicht rechtfertigen würden.“1674

Zwar muss die Weiterverarbeitung nicht in allen Einzelheiten den Anfor­ derungen an die Erhebung genügen; es darf aber kein Missverhältnis zwi­ schen dem Gewicht des Erhebungs- und dem Gewicht des Verwendungs­ zwecks geben. Erforderlich ist somit eine „Gleichgewichtigkeit der neuen Nutzung“1675. Das Kriterium der „hypothetischen Datenneuerhe­ bung“ ist für die Zulässigkeit der Datenübermittlung allerdings nicht allein entscheidend; vielmehr können auch weitere Gesichtspunkte be­ rücksichtigt werden.1676 Der Europäische Gerichtshof und der EGMR haben dieses Kriterium ­bislang nicht ausdrücklich verwendet und es ist unklar, ob es auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Zweckbindung übertragbar ist.1677 In einer Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung hat der EuGH gleich­ wohl in eine ähnliche Richtung weisende Überlegungen angestellt, in­ dem er bemängelte: „dass die RL 2006/24 kein objektives Kriterium vorsieht, das es ermöglicht, den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den Daten und deren spätere Nut­ zung zwecks Verhütung, Feststellung oder strafrechtlicher Verfolgung auf Strafta­ ten zu beschränken, die im Hinblick auf das Ausmaß und die Schwere des Eingriffs in die in Art. 7 und Art. 8 GRCh verankerten Grundrechte als ­hinreichend schwer angesehen werden können, um einen solchen Eingriff zu rechtfertigen.“1678 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (377–378); Urt. v. 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95, BVerfGE 100, 313 (390–391). 1673 In seinem Sondervotum zu BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 meint Schluckebier, dieser Grundsatz möge bei be­ sonders grundrechtsintensiven Erhebungsmaßnahmen seine Berechtigung ha­ ben; bei anderen Maßnahmen führe er jedoch zu „nicht verantwortbaren“ und „kaum erträglichen“ Ergebnissen (ebd., S. 373). 1674 BVerfG, Urt. v. 14.07.1999, 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/05, 1 BvR 2437/95, ­BVerfGE 100, 313 (389–390). 1675 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (328). 1676 BVerfG, Urt. v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, BVerfGE 141, 220 (328). 1677 Sydow/Reimer, Art. 5 DSGVO Rn. 26 (Fn. 46). 1678 EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – Rs. C-293/12, C-594/12 (Digital Rights Ireland ./. Mi­ nister for Communications), NJW 2014, 2169 (2172).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Aus diesen Maßstäben ergibt sich für § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG also folgendes Prüfprogramm: Grundvoraussetzung der Zulässigkeit der Da­ tenübermittlung ist, dass die empfangende Behörde (hier: die Finanzbe­ hörde) die Daten zu dem Verwendungszweck (hier: gleichmäßige Besteu­ erung) mit in ihrer Eingriffsintensität vergleichbaren Mitteln hätte erheben dürfen (dazu (1)). Daneben ist die Datenübermittlung wirksam auf das absolut Notwendige zu beschränken. Schließlich muss dem Transparenzprinzip Rechnung getragen werden. (1) Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung Durch die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG dürfen den Finanzbehörden keine Daten zugänglich gemacht werden, die für Zwecke des Besteuerungsverfahrens nicht auf dieselbe Art und Weise hätten erhoben werden dürfen. Dabei ist mit „Erhebung“ die erstmalige Erfassung der Daten durch die übermittelnde Stelle – im Fall des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG ist das die FIU – gemeint, die vor allem durch Entgegennahme von Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG sowie durch Aus­ kunftsersuchen nach § 30 Abs. 3 GwG erfolgt. Diese Datenerfassung setzt die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Verpflichteten voraus und kann davon nicht getrennt werden; es handelt sich um ein Kontrollregime, durch das Private auf staatliche Veranlassung hin sehr große Datenmengen – überwiegend au­ tomatisiert – erfassen, zusammenführen und filtern, um eine nach be­ stimmten Kriterien ausgewählte Teilmenge anschließend staatlichen Stellen verfügbar zu machen. Dieses Kontrollregime und alle Einzelein­ griffe, die in diesem Rahmen erfolgen, dienen dabei letztlich der Bekämp­ fung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Im Rahmen der nachfolgenden Prüfung kommt es darauf an, ob das Kontrollregime als solches auch dann gerechtfertigt, insb. verhältnismäßig wäre, wenn es der Gleichmäßigkeit der Besteuerung diente. Die relevanten Maßstäbe und Kriterien sind dabei dem Grundgesetz zu entnehmen: Die Vorschrif­ ten des Geldwäschegesetzes sind zwar in weitem Umfang europarecht­ lich überformt und häufig sogar determiniert, sodass sie am Maßstab der GRCh zu prüfen wären. Ein „steuerrechtlicher Zwilling“ des Geld­ wäschegesetzes – um die Prüfung von dessen Rechtmäßigkeit geht es hier ja letztlich – wäre hingegen mangels unionsrechtlicher Vorgaben al­ lein am Grundgesetz zu messen. (a) Grundrechtseingriffe im Rahmen des Kontrollregimes Das Regime zur Bekämpfung der Geldwäsche ist bereits ausführlich vor­ gestellt worden.1679 Hier sollen im Sinne der vom Bundesverfassungs­ 1679 Kapitel 1 B. III. 2.

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gericht bei informationsbezogenen Maßnahmen vorgenommenen „for­ malisierte[n] Abschichtung der Erhebungs- und Verarbeitungsschritte in detailliert zu erfassende Eingriffe“1680 noch einmal die wesentlichen Ein­ zelaspekte wiederholt und zueinander in Zusammenhang gesetzt wer­ den. Im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflichten müssen alle Verpflichte­ ten gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1–3 GwG personenbezogene Daten über den Vertragspartner, für ihn auftretende Personen und ggf. einen wirtschaft­ lich Berechtigten einholen und überprüfen. Im Rahmen der Überprüfung der Eigentums- und Kontrollstruktur einer nicht-natürlichen Person gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG werden regelmäßig auch personenbezogene Daten anderer Personen als der des Vertragspartners, einer für ihn auftre­ tenden Person oder eines wirtschaftlich Berechtigten erhoben. Darüber hinaus sind die Verpflichteten gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG grundsätzlich verpflichtet, Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung einzuholen. Außerdem folgt aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GwG, dass auch Informationen über Geschäftsbeziehungen und Transaktionen erfasst werden müssen, „soweit sie für die Untersu­ chung von Transaktionen erforderlich sein können“ (was ex ante kaum zu beurteilen ist und damit einer Erfassungspflicht für eine Vielzahl von Transaktionen gleichkommt). Die Anlässe für die Datenerhebung sind in § 10 Abs. 3–8a GwG geregelt. Voraussetzung für die Datenerhebung ist in der Regel ein neutraler Vorgang wie die Begründung einer Geschäftsbe­ ziehung (§ 10 Abs. 3 Nr. 1) oder die Durchführung berufstypischer Hand­ lungen (§ 10 Abs. 6 GwG); gelegentlich müssen weitere Voraussetzungen vorliegen, etwa die Überschreitung eines bestimmten Schwellenwertes (§ 10 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2, Abs. 6a, Abs. 8 GwG) oder die Verwen­ dung von Bargeld (§10 Abs. 4, Abs. 6a Nr. 1 Buchst. b, c GwG). Die Er­ fassung von Transaktionsdaten erfolgt standardmäßig und setzt nichts weiter voraus, als dass dem Verpflichteten Transaktionen zumindest an­ getragen werden. In all diesen Fällen geben regelmäßig weder die betrof­ fenen Personen selbst noch die Umstände im Einzelfall Anlass zur Daten­ erhebung. Anders ist dies in Fällen des § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG, wenn Tatsachen vorliegen, die auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten. In Fällen des § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG kommt es im Einzelfall darauf an, worauf die Zweifel gründen; verlangt eine Bank z. B. einen Handelsregisterauszug, der nicht älter ist als zwölf Monate und prüft die Eigentums- und Kontrollstruktur anhand des Transparenzregisters, das wiederum auf möglicherweise aktuellere Handelsregisterdaten zugreift, kann man schwerlich davon sprechen, dass der Betroffene Anlass zu der Datenerhebung gegeben hat. Tätigt der Betroffene hingegen widersprüch­ 1680 BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 16/13, juris, Rn. 86.

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liche Aussagen etwa darüber, ob er auf eigene oder fremde Rechnung handelt, verneint aber das Vorhandensein eines wirtschaftlich Berechtig­ ten, dann veranlasst er weitere Nachforschungen des Verpflichteten. § 8 Abs. 1 GwG verpflichtet zur Speicherung all dieser Informationen für die Dauer von mindestens fünf und höchstens zehn Jahren, unabhängig vom weiteren Vorgehen des Verpflichteten, staatlicher Stellen oder dem Risiko im konkreten Fall. Auch diese Speicherungspflicht greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein.1681 Dasselbe gilt für die im GwG nicht näher geregelte Speicherung der erlangten Daten durch die FIU.1682 Das GwG enthält auch zahlreiche Vorschriften über die Datenverarbei­ tung. Die wichtigste findet sich in § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG in Gestalt der Pflicht zur „kontinuierlichen Überwachung“, die von den Verpflichteten eine laufende Überprüfung erfordert, ob das Verhalten des Vertragspart­ ners auffällig oder ungewöhnlich ist oder mit den über seine Person vor­ handenen Informationen nicht übereinstimmt. Dies ist im Massenge­ schäft effektiv nur durch EDV-Systeme zu bewerkstelligen, wenngleich deren Einsatz nur für Kreditinstitute vorgeschrieben ist (§ 25h Abs. 2 KWG). Ferner müssen in diesem Zusammenhang Kundenprofile erstellt werden, was insbesondere die Verknüpfung von Daten verlangt. In den von Kreditinstituten eingesetzten EDV-Systemen werden z. B. in der Re­ gel die Kundenstammdaten und sämtliche Transaktionsdaten zusam­ mengeführt, insbesondere die SWIFT-Datensätze und Kreditkartenda­ tensätze. Ein SWIFT-Datensatz enthält z. B. in der Regel Angaben über Zahler und Zahlungsempfänger, beteiligte Kreditinstitute, Wertstellungs­ datum, Betrag, Währung und Verwendungszweck; ein Kredikartendaten­ satz enthält i. d. R. Angaben über den Zahlenden, den Zeitpunkt der Zah­ lung sowie mittelbar auch über den Zahlungsempfänger und den Ort der Zahlung (dies kann durch Abfrage der Terminalnummer ermittelt wer­ den; unmittelbar aus den Transaktionsdaten ersichtlich ist nur, ob die Zahlung im In- oder Ausland stattgefunden hat; dies offenbart der ISOAlpha-Code). Die verwendeten EDV-Systeme lassen es zu, diese Daten insbesondere mit Legitimationsdaten und dem Customer Relationship ­Management-System (CRM) zu verbinden, in dem sich eine Vielzahl weiterer Kundendaten befinden, insbesondere Aufzeichnungen über per­ sönliche Interaktionen zwischen Kunde und Bank (z. B. Gespräche mit dem Berater, Schriftwechsel etc.), bei denen die Bank auch Informatio­ nen über die persönlichen, familiären, beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Interessen, Ziele und bestimmte Eigen­ 1681 Vgl. BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (309–310). 1682 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (344).

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schaften (z. B. Risikoaffinität) erlangen kann. Auf dieser Grundlage wer­ den die Kunden in der Praxis in verschiedene, meist etwa zwei Dutzend Risikogruppen eingeteilt, deren „normales“ Verhalten parametrisch defi­ niert ist. Bewegt sich das Kundenverhalten außerhalb dieses Rasters, gibt das Monitoring-System eine Meldung aus, die dann von den Mitarbeitern der Geldwäsche-Abteilung überprüft wird. Eine weitere Pflicht zur Da­ tenverarbeitung enthält § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG, der in der Praxis einen Abgleich personenbezogener Daten mit Datenbanken über politisch ex­ ponierte Personen verlangt. Darüber hinaus sieht das GwG Übermittlungs- bzw. Offenbarungspflich­ ten vor. Für die Verpflichteten ergeben sich diese vor allem aus § 43 Abs. 1 und § 30 Abs. 3 GwG gegenüber der FIU und aus §§ 51 Abs. 2, 52 Abs. 1 GwG gegenüber den Aufsichtsbehörden; im Bereich der Kreditinstitute ist ferner § 44 Abs. 1 KWG zu beachten. Diese Übermittlungspflichten stellen einen selbständigen Eingriff in das Grundrecht auf informationel­ le Selbstbestimmung derer dar, auf die sich die übermittelten Daten be­ ziehen, selbst wenn die FIU die übermittelten Daten nach Abschluss der Analyse nicht an eine andere öffentliche Stelle weiterleitet.1683 Es macht dabei aus verfassungsrechtlicher Sicht auf Ebene des Eingriffs keinen Unterschied, ob der Staat die Daten selbst sammelt, speichert, abgleicht, verknüpft oder sonstwie verarbeitet und anhand des Ergebnis­ ses über die Durchführung weiterer Maßnahmen entscheidet, oder ob er die Erhebung, Erfassung, Verknüpfung, den Abgleich und andere Verar­ beitungsschritte auf Private überwälzt, die eine Teilmenge der verarbei­ teten Daten staatlichen Stellen zugänglich machen. Die einzelnen Verar­ beitungsvorgänge sind entweder explizit gesetzlich vorgeschrieben oder ergeben sich – wie bei der Überwachungspflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG – implizit aus gesetzlichen Zielvorgaben (z. B. „Sicherstellung, dass Transaktionen übereinstimmen mit …“). Sie erfolgen überwiegend oder ausschließlich nicht im eigenen Interesse der Verpflichteten, son­ dern im öffentlichen Interesse; das eigene Interesse der Verpflichteten, den durch Bekanntwerden von Verstößen gegen das Geldwäschegesetz drohenden Reputationsschaden abzuwenden, ist lediglich ein Reflex die­ ser Pflichten. Die Erhebungs- und Verarbeitungspflichten sind auf die Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG hingeordnet, die den Wesenskern des Geldwäschekontrollsystems darstellt, also auf die behördliche Kennt­ niserlangung über Vorgänge des Wirtschaftslebens. Damit liegt in den durch das Geldwäschekontrollsystem unmittelbar oder mittelbar vorge­ gebenen informationsbezogenen Maßnahmen eine jedenfalls finale, dem Staat zurechenbare Beeinträchtigung des grundrechtlichen Schutzes, den Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet, d. h. ein Grund­ 1683 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (343).

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rechtseingriff.1684 Soweit sich Datenverarbeitungspflichten nicht unmit­ telbar aus dem Gesetz ergeben, wohl aber aus gesetzlichen Zielvorgaben, der Prüfungspraxis der Aufsichtsbehörden und ggf. der Wirtschaftsprüfer sowie der Praxis der Umsetzung der Vorschriften (soweit dem Gesetzge­ ber bekannt), kann sich der Gesetzgeber nicht unter Berufung auf weite Vorgaben, die den Verpflichteten einen gewissen Handlungsspielraum belassen, von der Zurechnung befreien, zumal wenn die aufsichtsbehörd­ liche Kontrolle auch die richtige Ausfüllung der Handlungsspielräume erfasst und der Gesetzgeber die Vorgaben für bestimmt genug hält, um deren Nichteinhaltung mit einem Bußgeld zu bewehren. Anzumerken ist, dass insbesondere die Überwachungspflichten und die PEP-Prüfung in die Grundrechte auch der Kunden eingreifen, deren Ver­ halten nicht als auffällig, ungewöhnlich oder sonst relevant markiert wurde bzw. deren Name nicht auf einer PEP-Liste auftaucht. Das liegt zum einen schon daran, dass die Erfüllung dieser Pflichten gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. Satz 2 und Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 2 und 3 Nr. 1 GwG zu dokumentieren und die Dokumentation aufzubewahren ist, wobei diese Aufzeichnungen auch personenbezogene Daten der Betroffenen enthalten können. Zum anderen ist die Einbezie­ hung ihrer Daten in die Überwachungs- bzw. Prüfungspflichten keines­ wegs zufällig oder technisch unvermeidbar, sondern gewollt; erst durch Einbeziehung aller Personen, die in einer geschäftlichen Beziehung zu einem Verpflichteten stehen, erlangen die Überwachungs- und Abgleich­ pflichten ihren Sinn und ihre spezifische Eignung als Ermittlungsinstru­ ment. Die Anknüpfung und Fortführung einer Geschäftsbeziehung, die konkrete Art und Weise ihrer Durchführung und im Falle von Trans­ aktionen auch deren ungehinderter Ablauf (vgl. § 46 GwG) stehen un­ ter dem Vorbehalt der Ergebnisse des Überwachungs- und Überprüfungs­ mechanismus. Deshalb erscheint es gerechtfertigt, die Grundsätze, die das ­Bundesverfassungsgericht jüngst zur automatisierten Erfassung von Kfz-­Kennzeichen entwickelt hat, zu übertragen. Eine informationsbe­ zogene Maßnahme stellt einen Eingriff in die Grundrechte all jener ­Personen dar, an deren Daten ein spezifisch verdichtetes behördliches Interesse besteht;1685 das ist bereits dann der Fall, wenn die Einbeziehung personenbezogener Daten einer Vielzahl von Personen notwendiger und gewollter Teil der Kontrollmaßnahme ist und ihr erst ihren Sinn 1684 Vgl. zum EDV-Monitoring Herzog, WM 1996, 1753 (1757); Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geldwäsche- und Terroris­ musbekämpfung, 2009, S. 203–204; siehe auch BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (322) zur Vorratsda­ tenspeicherung durch private Dienstanbieter; anders für das EDV-Monitoring hingegen Scherp, WM 2003, 1254 (1258). 1685 BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (343); Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, BVerfGE 150, 244 (268).

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gibt.1686 Auch bei den Überwachungspflichten und der PEP-Prüfung wer­ den die Betroffenen nicht bloß technikbedingt und ungezielt miteinbezo­ gen, sondern notwendig und gewollt, sodass ein spezifisch verdichtetes behördliches Interesse besteht; die bloße Einbeziehung in Überwa­ chungs- und Abgleichsmaßnahmen weist mithin Eingriffsqualität auf. Dahinter steht der Gedanke, dass sich die Bürger in einem freiheitlichen Gemeinwesen „grundsätzlich fortbewegen können, ohne dabei beliebig staatlich registriert zu werden, hinsichtlich ihrer Rechtschaffenheit Re­ chenschaft ablegen zu müssen und dem Gefühl eines ständigen Über­ wachtwerdens ausgesetzt zu sein.“1687 Es ist kein Grund ersichtlich, wes­ halb dies auf die räumliche Fortbewegung beschränkt sein sollte. Zur Freiheit gehört es auch, sich grundsätzlich frei und unbefangen im Wirt­ schaftsleben zu bewegen. (b) Intensität der Grundrechtseingriffe Zur Beurteilung der Intensität eines Grundrechtseingriffs berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht eine Reihe von Kriterien, die überwiegend in polizeirechtlichen bzw. strafprozessrechtlichen Kontexten entwickelt worden sind: die Gestaltung der Eingriffsschwellen;1688 die Zahl der Betrof­fenen, und zwar auch derjenigen, bei denen die Maßnahme nicht das ­ Gewicht eines Grundrechtseingriffs erreicht (Streubreite);1689 Ver­ traulichkeitserwartungen der Betroffenen, insb. im Rahmen besonderer Vertrauensverhältnisse oder bei verdeckten Eingriffen;1690 die drohenden oder von den Betroffenen nicht ohne Grund befürchteten nachteiligen Folgen des Eingriffs,1691 insb. das Risiko, Gegenstand staatlicher Er­ mittlungen zu werden, das über das allgemeine Risiko hinausgeht, einem unberechtigten Verdacht ausgesetzt zu sein1692 oder das Risiko sozialer Stigmatisierung1693; die Veranlassung des Eingriffs durch den Betroffe­ 1686 BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, BVerfGE 150, 244 (268). 1687 BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, BVerfGE 150, 244 (268). 1688 BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (347). 1689 BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (347); Urt. v. 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99, BVerfGE 107, 299 (328). 1690 BVerfG, Urt. v. 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99, BVerfGE 107, 299 (328); Urt. v. 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/05, 1 BvR 2437/95, BVerfGE 100, 313 (376); Beschl. v. 12.04.2005 – 1 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29 (53). 1691 BVerfG, Urt. v. 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/05, 1 BvR 2437/95, BVer­ fGE 100, 313 (376); Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (197); Urt. v. 16.03.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (382); Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (347, 351). 1692 BVerfG, Urt. v. 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99, BVerfGE 107, 299 (Rn. 76); Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (351); Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (197); BVerfGE 120, 378 (403 ff.). 1693 BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (351); BVerfGE 78, 77 (87); BVerfGE 103, 21 (34).

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nen;1694 die Zuordenbarkeit der Daten zu einer bestimmten Person;1695 die Möglichkeit von Folgeeingriffen oder weiteren Verarbeitungsvorgängen (insb. Verknüpfung) sowie die Persönlichkeitsrelevanz der dadurch ge­ wonnenen weiteren Informationen.1696 Überwachungsmaßnahmen – hier das Geldwäsche-Kontrollsystem – sind einheitlich und unabhängig da­ von zu beurteilen, zu welchem Ergebnis sie im Einzelfall führen.1697 i) Anlasslosigkeit und Streubreite Das Geldwäsche-Kontrollsystem erfasst jedenfalls alle Kontoinhaber – diese auch wegen § 25h KWG stets in besonderer Weise – und damit praktisch alle Einwohner Deutschlands sowie alle Ausländer, die über Konten, Depots oder Schließfächer in Deutschland verfügen.1698 Dadurch, dass der Kreis der Verpflichteten durch § 2 GwG weit gespannt ist, kön­ nen auch weitere Personen und manche Personen mehrfach in verschie­ denen Kontexten betroffen sein. Die Betroffenheit beschränkt sich nicht auf einen einmaligen Vorgang, sondern dauert von der Anbahnung eines geschäftlichen Kontaktes mit einem Verpflichteten bis zur Löschung der nach § 8 GwG zu speichernden Daten. Die Kontrolle bezieht sich dabei auf eine Vielzahl täglich massenhaft vorkommender, in keiner Weise auffälliger, allenfalls nur sehr abstrakt gefährlicher Vorgänge des Wirt­ schaftslebens, von der Eröffnung eines Kontos über den Erwerb einer Im­ mobilie bis zur Inanspruchnahme der Dienste eines Lohnsteuerhilfever­ eins. Die Datenerhebung und -verarbeitung erfolgt dabei überwiegend allein schon deshalb, weil der Betroffene eine bestimmte Leistung in An­ spruch nimmt oder bestimmte Güter erwirbt; es bedarf in aller Regel keines weiteren Anlasses.1699 Auch für weitere Prüfungen der Verpflich­ teten und sogar für die Datenübermittlung im Rahmen einer Meldung 1694 BVerfG, Urt. v. 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/05, 1 BvR 2437/95, BVerfGE 100, 313 (380); Urt. v. 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99, ­ ­BVerfGE 107, 299 (320–321); Beschl. v. 12.04.2005 – 1 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29 (53); Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (347, 354); Urt. v. 11.03.2008 – 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07, BVerfGE 120, 378 (402). 1695 BVerfG, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (347); Urt. v. 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/05, 1 BvR 2437/95, BVerfGE 100, 313 (376); Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (353). 1696 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03 u. a., BVerfGE 118, 168 (185–186). 1697 BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15, BVerfGE 150, 244 (269). 1698 Nicht alle Einwohner verfügen über ein Girokonto, doch die Zahl der kontolosen Einwohner dürfte bei weniger als 1 % der erwachsenen Wohnbevölkerung liegen, vgl. Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlungen des Zentra­ len Kreditausschusses zum Girokonto für jedermann, BT-Drs. 17/8312, S. 8–14. 1699 Vgl. dazu Herzog, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohl­ mann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 427 (431): „Der Verkehr mit Geld ist nicht per se eine verdächtige Situation, nur weil es schmutziges Geld gibt, und von den Finanzdienstleistungsinstituten geht nicht per se eine Betriebsgefahr aus, weil dort auch schmutzige Gelder fließen können.“; ferner Degen, Gesetzliche Mit­

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nach § 43 Abs. 1 GwG ist grundsätzlich kaum mehr erforderlich als eine Abweichung von dem durch die Verpflichteten (!) als „normal“ definier­ ten Verhalten;1700 in der Folge kann der Betroffene unter Erklärungs- und Rechtfertigungsdruck geraten und Ziel weiterer, eingriffsintensiverer Maßnahmen werden. Allein das verleiht dem Eingriff erhebliches Ge­ wicht.1701 Betroffen sind dabei häufig Beziehungen, bei denen eine gewis­ se Vertraulichkeitserwartung besteht, so z. B. die zwischen Bank und Kunde oder zwischen rechts- und steuerberatend Tätigen und ihren Man­ danten, auch wenn diese Vertraulichkeitserwartungen etwa im Fall des Bankgeheimnisses keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz ge­ nießen, anders als z. B. bei der Telekommunikation, deren Vertraulich­ keit Art. 10 GG schützt. Das zur Verhütung und Verfolgung der Geldwä­ sche aufgesetzte System weist also eine „Streubreite [auf], wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt.“1702 Sogar der Bundesrat bewertete das Kontenscreening ausgesprochen kritisch. In dem Beschluss zur Anru­ fung des Vermittlungsausschusses vom 26. April 2002 heißt es mit Blick auf den damals neu geschaffenen § 25a KWG (Kontenscreening): „Dabei werden die Banken nicht nur zu sinnvollen anlassbezogenen Überprü­ fungsmaßnahmen verpflichtet, sondern gemäß der Gesetzbegründung zu einer bedenklichen permanenten und umfassenden ‚Rasterung‘ aller Kundendaten al­ lein auf Grund von einer Abweichung vom bisherigen Normalverhalten. Eine ­solche umfassende und permanente ‚Rasterung‘ würde das Grundrecht auf infor­ mationelle Selbstbestimmung in nicht vertretbarer Weise verletzen und wird zu­ dem nicht als zielführend für die Ermittlung von Geldwäscheverdachtsfällen bewertet.“1703

Weiter intensiviert wird dies durch die Speicherungspflicht nach § 8 GwG, die völlig unabhängig von der Art der Daten, dem Risiko im Ein­ zelfall, dem weiteren Vorgehen der Verpflichteten oder weiteren behörd­ lichen Maßnahmen ist und mit einem Zeitraum von mindestens fünf Jahren eine erhebliche Dauer aufweist, die weit über die Speicherdauer hinausgeht, die z. B. im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung vorgese­ wirkungspflichten der Kreditwirtschaft zur Geldwäsche- und Terrorismusbe­ kämpfung, 2009, S. 225–226. 1700 Anschaulich Herzog, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 427 (449): „effektive Sicherungssysteme, die man sich nur als einen engzahnigen Rechen vorstellen kann, der eine Viel­ zahl von Transaktionen in den Verdachtsbereich kehrt.“; Herzog, in: Hadding/ Hopt/Schimansky (Hrsg.), Basel II: Folgen für Kreditinstitute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, 2004, S. 47 (76): „‚Fishing-­ expeditions‘ auf dem (Welt-)Meer der Finanztransaktionen“. 1701 Vgl. Herzog, in: Hirsch/Wolter/Brauns (Hrsg.), Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag, 2003, S. 427 (431), der sogar den „unverfügbaren Bereich von Freiheit “angetastet sieht. 1702 So BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, ­BVerfGE 125, 260 (318) zur Vorratsdatenspeicherung. 1703 Unterrichtung durch den Bundesrat, BT-Drs. 14/8958, S. 2 Ziff. 3.

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hen war (dort waren es sechs Monate), wobei diese Frist nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 GwG im Falle der bei Begründung und im Laufe einer auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung erhobenen und erfassten Daten erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Geschäftsbeziehung beendet wird – im Ergebnis kann das zu einer Speicherung personenbezoge­ ner Daten bis zum Ablauf der erst zum 01.01.2020 in § 8 Abs. 4 Satz 2 GwG eingefügten Höchstspeicherdauer von zehn Jahren führen.1704 Mög­ lich ist somit eine beinahe totale Erfassung des gesamten bankenmäßig abgewickelten Zahlungsverkehrs einer Person. Es ist auch kaum be­ stimmt, zu welchen Zwecken die Speicherung erfolgt. Ein Zusammen­ hang besteht offenkundig mit der Pflicht aus § 6 Abs. 6 Satz 1 GwG, wo­ nach die Verpflichteten Vorkehrungen zu treffen haben, um auf Anfrage der FIU oder „anderer zuständiger Behörden“ Auskunft darüber zu geben, ob sie in den fünf bis höchstens zehn Jahren vor der Anfrage eine Ge­ schäftsbeziehung mit bestimmten Personen unterhalten haben und wel­ cher Art diese Geschäftsbeziehung war. Während bei der FIU unter Rück­ griff auf die Aufgaben­zuweisungsnorm des § 28 GwG der Zweck der den Zugriff erst ermöglichenden Datenspeicherung noch bestimmbar ist, ge­ lingt dies bei den „anderen zuständigen Behörden“ nicht. Es ist schon nicht klar, welche Behörden damit überhaupt gemeint sind.1705 Die lan­ gen Speicherfristen hängen offenkundig mit der bei Geldwäsche und Ter­ rorismusfinanzierung nach fünf Jahren bzw. zehn Jahren einsetzenden Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 und 4 StGB) zusammen.1706 § 8 Abs. 1 GwG ordnet damit eine anlasslose Datenspeicherung auf Vorrat zu einem nicht hinreichend bestimmten Zweck an. Das Eingriffsgewicht wird ferner dadurch erhöht, dass das GwG nicht bestimmt, wie lange die FIU die von ihr gespeicherten Daten aufbewah­ ren darf. § 29 Abs. 1 GwG bestimmt lediglich, dass die FIU personenbe­ zogene Daten verarbeiten darf, „soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist“. Auch § 37 Abs. 2 GwG, der eine Löschung vorschreibt, wenn die Kenntnis der Daten für die Aufgabenerfüllung nicht mehr er­ forderlich ist, führt zu keiner effektiven Begrenzung der Speicherdauer, da stets argumentiert werden kann, gerade bei Transaktionsdaten sei erst der Längsschnitt über längere Zeiträume aussagekräftig.

1704 Siehe hierzu die Kritik der Article 29 Data Protection Working Party, Opinion 14/2011 on data protection issues related to the prevention of money laundering and terrorist financing, 13.06.2011, 01008/2011/EN, S. 22–25; ebenso Milaj/Kaiser, IDPL 7 (2017), 115 (123–124). 1705 Berechtigte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit hegt deshalb Heinson, in: Specht-Riemenschneider/Mantz (Hrsg.), Handbuch europäisches und deutsches Datenschutzrecht, 2019, § 14 Rn. 91. 1706 Vgl. zur Rechtslage bis 31.12.2019 auch Milaj/Kaiser, IDPL 7 (2017), 115 (124).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

ii) Heimlichkeit Die Eingriffsintensität wird außerdem dadurch erhöht, dass die Einflussund Abwehrmöglichkeit des Betroffenen kaum durchschaubar und be­ grenzt sind.1707 Auch soweit ein Verpflichteter Daten auf Grundlage des Geldwäschegesetzes verarbeitet, stehen dem Betroffenen der Informa­ tionsanspruch aus Art. 13 Abs. 3 DSGVO und der Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO grundsätzlich zu. In den Informationen zum Daten­ schutz nach Art. 13, 14 und 21 DSGVO etwa der Kreditinstitute finden sich deshalb regelmäßig allgemein gehaltene Hinweise, dass die Kunden­ daten aufgrund geldwäscherechtlicher Pflichten verarbeitet werden.1708 Das ändert nichts daran, dass insbesondere die kontinuierliche, häufig automatisiert erfolgende Überwachung, der Abgleich und die Zusam­ menführung verschiedener personenbezogener Daten von dem Betroffe­ nen in aller Regel nicht unmittelbar bemerkt werden, ebensowenig die fortlaufende Erfassung der Transaktionsdaten. Dabei kommt erschwe­ rend hinzu, dass der Betroffene in der Regel nicht überschauen kann, welchen Informationsgehalt die Transaktionsdaten überhaupt haben können; so erlauben z. B. Kredikartendaten u. U. sogar die Erstellung von Bewegungsbildern, wenn sie die Terminalnummer enthalten. Noch heimlicher vollzieht sich die Offenbarung personenbezogener Da­ ten gegenüber staatlichen Stellen: Über die Datenübermittlung nach § 43 Abs. 1 GwG oder § 30 Abs. 3 GwG darf der Betroffene gem. § 47 Abs. 1 GwG nicht informiert werden. § 11a GwG sieht noch einmal ex­ plizit eine Ausnahme von den Informations- und Auskunftspflichten im Falle der Übermittlung an die Aufsichtsbehörden oder die FIU vor.1709 Dies setzt sich nach der Offenbarung in der Phase der Verarbeitung und weiteren Übermittlung durch staatliche Stellen fort: Der Informations­ zugang des Betroffenen im Rahmen der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die FIU wird ausschließlich und abschließend durch § 49 GwG geregelt.1710 Informationsansprüche nach anderen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts (etwa des IFG oder des BDSG, insb. §§ 56 ff. BDSG) bestehen nicht. Nach § 49 GwG bedarf es stets eines Antrags auf Auskunft des Betroffenen. Eine Regelung wie § 101 StPO oder § 93 Abs. 9 Satz 2 AO, wonach der Betroffene über heimliche Informationseingriffe grundsätzlich zumindest nachträglich zu benachrichtigen ist, fehlt. Aus­ 1707 Vgl. schon Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditinstitute bei der Geldwäsche- und Terrorbekämpfung, 2009, S. 231–232. 1708 Siehe z. B. Deutsche Kreditbank AG, Informationen nach Art. 13, 14 und 21 Eu­ ropäische Datenschutzgrundverordnung – DSGVO, Stand: 08.2019, https://dok. dkb.de/pdf/Information_nach_Art13.pdf (zuletzt geprüft am 30.10.2020), Zif­ fern 3.3, 8 und 10. 1709 Gestützt werden kann diese Beschränkung möglicherweise auf Art. 23 DSGVO. 1710 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 49 GwG Rn. 3.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

kunftsanträgen des Betroffenen muss die FIU während einer laufenden Analyse nicht stattgeben, wenn dadurch der Analysezweck beeinträch­ tigt würde (§ 49 Abs. 1 Satz 1 GwG). Nach Abschluss der Analyse aber vor Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden gibt die FIU dem Be­ troffenen Auskunft, sofern dies keine „negativen Auswirkungen“ auf die internationalen Beziehungen, Belange der inneren oder äußeren Sicher­ heit Deutschlands, die Durchführung eines anderen strafrechtlichen Er­ mittlungsverfahrens oder die Durchführung eines laufenden Gerichts­ verfahrens (§ 49 Abs. 2 Satz 2 GwG) hat. Die Vorschrift ist in mehrfacher Hinsicht unglücklich formuliert: Sie betrifft erstens nur Fälle, in denen die FIU von einer Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden endgül­ tig Abstand genommen hat. Zweitens ist nicht ersichtlich, weshalb sie nur Übermittlungen an die Strafverfolgungsbehörden erfassen sollte. Drittens ist unklar, weshalb sie nur Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG erfasst, nicht aber alle sonstigen Meldungen und Mitteilungen nach § 30 Abs. 1 Nr. 1–4 GwG.1711 Geht man mit Barreto da Rosa davon aus, dass § 49 Abs. 2 GwG auch auf die Datenübermittlung an die Finanzbehörden anwendbar ist, dann hat der Betroffene im Falle einer Übermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG keinerlei Informations- und Auskunfts­ rechte gegenüber der FIU. In Betracht kommen nur noch Informations- und Auskunftsansprüche gegenüber den Behörden, denen die personenbezogenen Daten offenbart wurden. Allerdings könnte dort schon § 47 Abs. 3 GwG einem Aus­ kunftsanspruch entgegenstehen. Diese Vorschrift erweitert das Verbot der Informationsweitergabe auf „andere staatliche Stellen als die Zen­ tralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, die Kennntnis von einer nach § 43 Absatz 1 abgegebenen Meldung erlangt haben“. Eine Ausnah­ me ist nur zulässig, „wenn die Zentralstelle für Finanztransaktionsun­ tersuchungen vorher ihr Einverständnis erklärt hat und durch die Weiter­ gabe dieser Informationen der ursprüngliche Zweck der Verdachtsmeldung nicht verändert wird.“ Der Wortlaut der Vorschrift ist unglücklich und passt nicht zu den Erläuterungen in den Materialien. Während dort da­ von ausgegangen wird, die Vorschrift gelte auch für Meldungen nach § 44 GwG und nach § 31b AO,1712 lässt sich dies dem Wortlaut in keiner Wei­ se entnehmen.1713 Sie gilt also nur für Informationen, die in Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG enthalten sind. Für diese normiert § 47 Abs. 3 eine 1711 Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 49 GwG Rn. 18–20. 1712 BT-Drs. 18/11555, S. 158. 1713 Deshalb zutreffend Erbs/Kohlhaas/Häberle, § 47 GwG Rn. 5. A. A. unter unkriti­ scher Übernahme der Entwurfsbegründung Frey/Pelz/Frey, § 47 GwG Rn. 30; noch weiter Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 47 GwG Rn. 26, wonach sogar Informationen nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GwG umfasst sein sollen. Beides mag durchaus sinnvoll sein, passt aber nicht zum eindeutigen und allein auf § 43 Abs. 1 GwG Bezug nehmenden Wortlaut als äußerster Grenze der Auslegung; ein

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

„Verschwiegenheitsverpflichtung auch für die Behörden, denen Meldun­ gen bekannt gegeben worden sind.“1714 Die Verschwiegenheitspflicht gilt allerdings nur, „soweit in diesem oder anderen Gesetzen nicht etwas an­ deres geregelt ist“. Damit ändert § 47 Abs. 3 GwG nichts an dem auch in § 49 Abs. 3 GwG zum Ausdruck kommenden Prinzip, dass die „Daten­ hoheit“ mit der Übermittlung an die empfangende Stelle übergeht, d. h. Auskunfts- und Informationsrechte sich nach den Vorschriften richten, denen diese Stellen unterliegen. Damit gelten im Ergebnis für übermit­ telte Informationen aus Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG dieselben Re­ geln wie für die anderen übermittelten Informationen, nämlich die, de­ nen die empfangende Stelle unterliegt.1715 Somit steht § 47 Abs. 3 GwG dem Informationszugang des Betroffenen nach einer Übermittlung an eine andere öffentliche Stelle nicht entgegen, wenn sich aus den Vor­ schriften, die für diese Behörde gelten, Informations- und Auskunfts­ ansprüche ergeben. Der Betroffene erfährt also – wenn überhaupt – erst spät von den Eingrif­ fen und dies auch nur dann, wenn er sich darum bemüht. Er hat davor praktisch keine Möglichkeit, sich gegen einzelne Verarbeitungen zu wehren oder die Richtigkeit der verarbeiteten personenbezogenen Daten zu überprüfen. Ob angesichts der Intensität des Eingriffs eine Benach­ richtigung des Betroffenenen geboten ist, kann hier dahinstehen.1716 Fest steht, dass das Fehlen bzw. der Ausschluss von Informations- und Aus­ kunftspflichten das Eingriffsgewicht erhöht. Daran ändert es nichts, dass es für Vorfeldmaßnahmen, wie sie das Geldwäschegesetz überwiegend enthält, typisch und ihrer Natur nach in der Regel kaum vermeidbar ist, dass zwischen Eingriff und der tatsächlichen Möglichkeit, dagegen Rechtsschutz zu suchen, längere Zeit vergeht.1717 iii) Intransparenz der Datenverarbeitung Erschwerend kommt hinzu, dass es weitgehend unmöglich ist zu erken­ nen, welche Daten im Einzelnen erhoben, verarbeitet und insbesondere derart (über)spezifischer Wortlaut des Gesetzgebers kann nicht durch – unver­ bindliche – Entwurfsbegründungen erweitert werden. 1714 BT-Drs. 18/11555, S. 158. 1715 So Erbs/Kohlhaas/Häberle, § 47 GwG Rn. 5 für das Akteneinsichtsrecht des Ver­ teidigers (§ 147 StPO). Zu eng die Kommentierung bei Herzog/Achtelik/Barreto da Rosa, § 47 GwG Rn. 28. 1716 Vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (363– 365): „Ist eine staatliche Stelle zu informationsbezogenen Eingriffen berechtigt, deren Vornahme oder Umfang der Betroffene nicht sicher abschätzen kann, da er in den Informationsverarbeitungsprozess nicht oder nicht stets einbezogen wird, und besteht zudem keine Pflicht dieser Stelle zur aktiven Benachrichtigung des Betroffenen, kommt einem Informationsrecht auf eigene Initiative zentrale Be­ deutung für den Grundrechtsschutz zu.“ (ibid., S. 364). 1717 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 – 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348 (384).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

übermittelt werden. So sind die Vorgaben für die Überwachungspflichten in § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG außerordentlich weit, indem sie sämtliche In­ formationen des Verpflichteten über den Vertragspartner und ggf. einen wirtschaftlich Berechtigten, seine Geschäftstätigkeit, sein Kundenprofil und ggf. vorhandene Informationen über die Herkunft der Vermögens­ werte in Bezug nehmen. In der Praxis kann dies zu einer Verknüpfung größerer Datenmengen führen, die in der Zusammenschau wiederum neue Informationen offenbaren. Auch der Umfang der nach § 43 Abs. 1 GwG zu übermit­teln­den Daten ist unklar und wird in der Praxis höchst unterschiedlich gehandhabt – von dürren, auf das absolute Minimum be­ schränkten Meldungen bis hin zu umfassenden Kundenprofilen. Dassel­ be gilt im Übrigen für die Meldepflicht der mit umfassendem Informati­ onszugang ausgestatteten Aufsichtsbehörden aus § 44 Abs. 1 GwG. § 30 Abs. 3 GwG wiederum eröffnet der FIU eine durch den Wortlaut des Ge­ setzes kaum begrenzte Möglichkeit, personenbezogene Daten abzufra­ gen. Zwar zieht dem im Einzelfall insbesondere das Verhältnismäßig­ keitsprinzip Grenzen; da der Betroffene aber meist überhaupt nichts von den Auskunftsersuchen erfährt, wird er eine gerichtliche Überprüfung, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind, nur selten initi­ ieren können. iv) Persönlichkeitsbezug der Daten Es kann nicht abschließend aufgelistet werden, welche Informationen auf Grundlage des § 32 Abs. 3 GwG übermittelt werden können; dazu sind der Kreis der Verpflichteten, die Vielfalt der Sachverhalte, die Anlass zu einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG geben können, und die Ver­ knüpfungsmöglichkeiten zu groß. Richtet man nur beispielhaft den Blick auf die Banken, kann eine Meldung Kontostammdaten (Name, Konto­ nummer), Kontensalden und Kontoumsätze sowie weitere Angaben zu wirtschaftlichen, finanziellen oder persönlichen Umständen enthalten. Schon eine simple Überweisung kann einen Rückschluss auf die Vermö­ gensverhältnisse einer Person, ihre persönlichen oder geschäftlichen Ver­ bindungen (Empfänger) und ihre Lebensführung (Zweck) zulassen. In Einzelfällen kann dies sogar Aufschluss über die politischen (z. B. Spende an eine politische Vereinigung) oder religiösen Ansichten (z. B. Spende an eine Kirche) einer Person, ihre Gewerkschaftszugehörigkeit (z. B. Mit­ gliedschaftsbeiträge), Aspekte der Sexualität (z. B. Entgelt für sexuelle Dienstleistungen und andere Angebote oder Güter1718) zulassen.1719 Anzu­ 1718 Dass das kein rein hypothetischer Fall ist zeigt etwa der Fall des ehemaligen Gouverneurs des Bundesstaates New York, Eliot Spitzer, der Bordellbesuche mit­ tels Überweisungen bezahlte, siehe dazu die Zusammenfassung bei Gordon, Wake Forest Law Review 2008, 699 (699–704). 1719 Milaj/Kaiser, IDPL 7 (2017), 115 (118–119).

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nehmen, es würde sich stets um Daten mit geringer Persönlichkeitsrele­ vanz handeln, wäre jedenfalls unzutreffend – ganz im Gegenteil: Im Ein­ zelfall kann eine erhebliche Persönlichkeitsrelevanz vorliegen, ja sogar die Intimsphäre berührt sein.1720 Beschränkungen sieht das Geldwäsche­ gesetz allein zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses vor (§ 30 Abs. 3 Satz 3 GwG, 43 Abs. 2 Satz 1 GwG); im Übrigen können nahezu sämtli­ che personenbezogenen Daten aufgrund der Offenbarungspflichten und -befugnisse des GwG übermittelt werden. Der bloße Hinweis auf den ohnehin geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen von § 32 Abs. 5 GwG – der in den Materialien unzulässig eng verstanden wird – und das Kriterium der Erforderlichkeit führen zu keiner effektiven Be­ grenzung des Umfangs der Daten, die verarbeitet werden dürfen. Schon allein deshalb, weil Beschränkungen des Umfangs der Daten, die verar­ beitet werden dürfen (insb. Vorschriften zum Schutz von Daten mit er­ höhtem Persönlichkeitsbezug), nicht vorhanden sind, weisen die Eingrif­ fe eine hohe Intensität auf.1721 Darüber hinaus bleibt die persönliche Zuordnung der Daten über alle Phasen der Datenverarbeitung erhalten. Sofern eine Anonymisierung überhaupt möglich ist, findet diese schon deshalb nicht statt, weil die Daten als Anknüpfungspunkt für weitere Ermittlungen genutzt werden sollen, wofür sich anonyme Daten nicht eignen. v) Weiterverarbeitungsmöglichkeiten und Folgen Das Geldwäschegesetz ermächtigt zu Weiterverarbeitungen durch die FIU und die Übermittlung und Weiterverarbeitung durch andere öffent­ liche Stellen in erheblichem Umfang. Schon die FIU selbst kann die von den Verpflichteten oder anderen Behörden erlangten Daten mit den Daten anderer öffentlicher Stellen abgleichen und verknüpfen (§ 31 GwG), wodurch die Daten einen neuen Aussagegehalt erlangen können. Nach § 6 Abs. 6 GwG kann ein nicht bestimmbarer Kreis von Behörden Auskunftsersuchen an die Verpflichteten zu nicht bestimmbaren Zwe­ cken richten, wobei die Befugnis hier schon aus der Aufgabeneröffnung folgen soll; nach § 32 Abs. 1–3 GwG darf die FIU Daten an das Bundes­ amt für Verfassungsschutz, die zuständigen Strafverfolgungs- und Poli­ zeibehörden, den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfas­ sungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Finanzbehörden, die Sozialbehörden und die Aufsichtsbehörden übermitteln, wobei die Straf­ verfolgungs- und Polizeibehörden sowie das Bundesamt für Verfassungs­ schutz gem. § 31 Abs. 4 GwG auch zum automatisierten Abruf berech­ 1720 So auch Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 228. 1721 Vgl. BVerfGE, Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (349).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

tigt sind. § 32 Abs. 6 GwG sieht eine Weiterleitung „übers Eck“ vor. Nach § 32 Abs. 7 GwG dürfen die so übermittelten Daten zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie übermittelt wurden, sowie zu Zwecken, für die sie hätten übermittelt werden dürfen. Die bei der FIU vorliegen­ den personenbezogenen Daten können mit den Datenbeständen anderer Behörden kombiniert werden und ergänzen diese; im Zusammenhang können die einzelnen Daten eine neue Bedeutung gewinnen, die tiefe Einblicke in die persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhält­ nisse einer Person und Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit ermögli­ chen. Desweiteren können die von den Verpflichteten erhobenen und übermit­ telten personenbezogenen Daten Ausgangspunkt weiterer informations­ bezogener Maßnahmen sein, z. B. eines Auskunftsersuchen nach § 30 Abs. 3 GwG, strafprozessualer Maßnahmen (insb. §§ 160, 161a StPO) und abgabenrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen (insb. § 93 AO), die zur Offenbarung weiterer Daten über den Betroffenen führen und es somit ermöglichen, ein zunächst unvollständiges Bild zu vervollständigen. Übermittelt eine verpflichtete Bank z. B. Informationen über einzelne Transaktionen einer natürlichen Person, führt die Strafverfolgungs- bzw. Polizeibehörde in der Regel standardmäßig einen umfangreichen Ab­ gleich mit allen relevanten Datenbanken und Registern durch; ferner verlangen die Strafverfolgungsbehörden in der Praxis mitunter die Über­ mittlung sämtlicher Transaktionsdaten aller künftigen Transaktionen sowie sämtlicher Transaktionsdaten für mehrere Jahre in der Vergangen­ heit. Die Erhebung und Übermittlung von Daten mit per se geringer Per­ sönlichkeitsrelevanz kann so zu weiteren Maßnahmen führen, durch die der Staat weitreichende Informationen über den Einzelnen erlangen kann.1722 Auch diese teils möglichen, teils gewollten Folgemaßnahmen erhöhen das Eingriffsgewicht, wenngleich sie jeweils eigenständige und gesondert auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfende Eingriffe dar­ stellen.1723 Das Risiko, staatlichen Ermittlungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein, liegt in diesen Fällen oberhalb des allgemeinen Risikos, ungerechtfertigten Er­ mittlungen ausgesetzt zu werden, denn das Geldwäschekontrollsystem erzeugt in übergroßem Umfang auch von den Strafverfolgungsbehörden als solche betrachtete Verdachtsfälle, die sich letztlich nicht erhärten lassen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich nicht nur um Unschul­ 1722 Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geld­ wäsche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 224 sieht indes nur eine geringe Gefahr der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen. 1723 Vgl. BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (319); Beschl. v. 04.04.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (343).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

dige, sondern gar um eigentlich Unverdächtige. Ähnliches gilt auch für Ermittlungsmaßnahmen anderer Behörden: So führen die Finanzbehör­ den in aller Regel zumindest eine Vorprüfung durch, wenn sie Daten von der FIU oder den Strafverfolgungs- oder Polizeibehörden übermittelt be­ kommen. Nicht selten schließen sich daran weitere Ermittlungsmaß­ nahmen bei dem Betroffenen selbst oder bei Dritten an. Schließlich besteht auch das Risiko sozialer Stigmatisierung, wenn be­ kannt wird, dass das Verhalten einer Person Anlass zu einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG gegeben hat. Darin wird von vielen Menschen bereits ein Hinweis darauf gesehen, dass der Betroffene in Straftaten ver­ strickt sein könnte, auch wenn dies in der Praxis nur in den allerwenigs­ ten Fällen zutrifft. Weiter verschärft wird dies dadurch, dass das Geldwäschegesetz keine wirksamen Sicherungen vorsieht, um an der Schnittstelle zwischen Pri­ vaten und Staat zu gewährleisten, dass die übermittelten Daten materiell richtig sind. § 10 Abs. 1 Nr. 5 HS. 2 GwG verlangt lediglich eine „Aktu­ alisierung“ in angemessenem zeitlichen Abstand. Einer Richtigkeitsprü­ fung im Einzelfall steht hingegen regelmäßig das Unmittelbarkeitsgebot entgegen, das jedenfalls alle mehr als nur trivialen Prüfungsschritte zu verhindern geeignet ist. vi) Datensicherheit und Missbrauchsgefahr Die belastende Wirkung der Maßnahmen wird weiter verschärft durch die Missbrauchsmöglichkeiten und die Gefahr unbefugten Zugriffs, die mit einer solchen Datensammlung verbunden sind.1724 Die enorme Zahl an Verpflichteten unterschiedlicher Größe und Leistungsfähigkeit – das Spektrum reicht vom Gebrauchtwagenhändler bis zur internationalen Großbank – führt zwangsläufig dazu, dass eine große Zahl an Personen Zugang zu den gespeicherten Daten hat. Darüber hinaus sind nicht alle Verpflichteten gleichermaßen in der Lage, die meist elektronisch gespei­ cherten Daten angemessen gegen unberechtigten Zugriff, Manipulation und Missbrauch zu sichern. Hier wirkt sich auch aus, dass die Verpflich­ teten keinerlei Entschädigung für die Indienstnahme im Rahmen der Geldwäschebekämpfung erhalten: Angemessene Maßnahmen zur Da­ tensicherheit verursachen Folgekosten, die nicht jeder Verpflichtete tra­ gen kann oder möchte. Diese Fehlanreize können das Niveau der Daten­ sicherheit beeinträchtigen. Angesichts der Tatsache, dass diese Daten im Einzelfall ganz erheblichen Persönlichkeitsbezug haben können, kommt diesem Umstand besonderes Gewicht zu.

1724 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (320).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

vii) Minderung des Eingriffsgewichts Das Eingriffsgewicht könnte dadurch gemindert werden, dass ein Groß­ teil der Datenverarbeitungsvorgänge nicht beim Staat, sondern bei Priva­ ten erfolgt. Der Staat erlangt Kenntnis von den Daten nur dann, wenn sie ihm gegenüber offenbart werden. In seiner Entscheidung zur Vorratsda­ tenspeicherung hat das Bundesverfassungsgericht dem Umstand, dass die Datenspeicherung bei vielen einzelnen privaten Einheiten erfolgt, deren Datenbestände getrennt sind und auf die der Staat keinen direkten Zugriff hat, eingriffsmildernde Bedeutung beigemessen.1725 Abgesehen davon, dass dieser Gedankengang bereits konzeptionell fragwürdig ist,1726 kann die Vorschaltung Privater das Gewicht des Eingriffs hier schon des­ halb nicht mildern, weil die Offenbarung der personenbezogenen Daten im GwG in deutlich weiterem Umfang zugelassen ist als in den Rechts­ grundlagen der Rasterfahndung, über die das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hatte.1727 Darüber hinaus ist ein direkter Zugriff auf die Daten auch gar nicht nötig: Anders als z. B. bei der Rasterfahndung nimmt der Staat die weitere Analyse der Daten i. d. R. nicht selbst vor, sondern lässt sich lediglich das Ergebnis übermitteln. Eine eigene Analy­ se wäre aufgrund der enormen Datenmengen mit vertretbarem Aufwand auch nicht möglich; schon die Analyse der Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG bringt die FIU an die Grenzen ihrer personellen und IT-Kapazitä­ ten. Die Effizienz des Kontrollsystems wird durch die Vorschaltung Pri­ vater nicht gemindert, sondern tendenziell gesteigert.1728 Ferner könnte der Eingriff dadurch abgemildert werden, dass die Daten mehrfach gefiltert werden, wodurch ihre Erfolgseignung – jedenfalls theo­retisch – zunimmt. In der Praxis sind diese Filter gleichwohl kaum tauglich; 99 % der von Meldungen an die FIU Betroffenen sind der Geld­ wäsche oder Terrorismusfinanzierung entweder unverdächtig oder zu­ mindest unschuldig bzw. müssen als unschuldig gelten.1729 Während die 1725 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (320). 1726 Vgl. Garland, BJC 36 (1996) 445 (454): „[Responsibilization] is a new form of go­ vernance-at-a-distance, which presents […] a new mode of exercising power. […] Where it works […] the responsibilization strategy leaves the centralized state machine more powerful than before, with an extended capacity for action and influence.“ 1727 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (326–327); Beschl. v. 05.07.1995 – 1 BvR 2226/94, BVerfGE 93, 181 (183– 185). 1728 Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditwirtschaft bei der Geldwä­ sche- und Terrorismusbekämpfung, 2009, S. 222; Kaiser, EU‐Geldwäscherichtli­ nie: Überwachen und jahrelang speichern, 16.01.2018, https://netzpolitik.org/​ 2018/eu-geldwaescherichtlinie-ueberwachen-und-jahrelang-speichern/ (zuletzt ge­ prüft am 31.10.2020). 1729 Kapitel 1 C Ziff. 4.

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FIU in der Vergangenheit wenig mehr tat als Meldungen zentral entge­ genzunehmen und an die zuständigen Stellen weiterzuleiten, soll sie nun aufgrund ihrer Analysen eine stärkere Vorauswahl treffen. Derzeit ge­ lingt dies nicht in ausreichendem Maße, d. h. den weitergeleiteten Mel­ dungen fehlt weiterhin oftmals die Aussagekraft.1730 viii) Zwischenergebnis Die zur Verhütung und Verfolgung der Geldwäsche ergriffenen informa­ tionsbezogenen Maßnahmen begründen somit einen schwerwiegenden Eingriff, der in der übrigen Rechtsordnung ohne Beispiel ist. Das Geldwä­ schekontrollsystem kombiniert Elemente der Vorratsdatenspeicherung und der Rasterfahndung miteinander, geht aber über den bloßen Daten­ abgleich hinaus und kann auch den Einsatz moderner Methoden der ­Datenverarbeitung (z. B. data mining) beinhalten; es gewinnt sein be­ sonderes Eingriffsgewicht ferner durch die außerordentlich hohe Zahl Betroffener, den Umfang und die Vielfältigkeit der verarbeiteten perso­ nenbezogenen Daten, die Datenspeicherung auf Vorrat zu noch nicht hinreichend bestimmten Zwecken und die weitreichenden Möglichkei­ ten zur weiteren, auch zweckändernden Verarbeitung der Daten. Es ist davon auszugehen, dass sich das Ausmaß der Erfassung des Einzelnen mit der weiteren Verbreitung elektronischer Zahlungsmittel noch erhö­ hen wird. (c) Anforderungen an eine Rechtfertigung Aus der ganz erheblichen Schwere des Eingriffs ergeben sich hohe Recht­ fertigungsanforderungen. Hier können durchaus die vom Bundesverfas­ sungsgericht an die Rechtfertigung von Maßnahmen der Vorratsdaten­ speicherung und Rasterfahndung angelegten Maßstäbe angelegt werden.1731 Das Geldwäsche-Kontrollsystem enthält – wie bereits an mehreren Stel­ len ausgeführt – Elemente beider Maßnahmen: Ähnlich der Vorratsda­ tenspeicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten werden in gro­ ßem Umfang Daten zum wirtschaftlichen und finanziellen Verhalten von Millionen Menschen erhoben und gespeichert, um sie in einem zweiten Schritt auf „vermutlich verdächtige“ Personen zu beschränken; erst aus dieser Personengruppe sollen dann im Wege weiterer Ermittlun­ gen die eigentlich und im technischen Sinne Verdächtigen identifiziert 1730 Vgl. Bundesrechnungshof, Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO, 21.09.2018, S. 13. 1731 Das gilt entsprechend auch für die EuGH-Rspr. zur Vorratsdatenspeicherung; so auch Schaar, Kurzugutachten zum Vorschlag der Europäischen Kommission für die Überarbeitung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (RL 2015/849) aus daten­ schutzrechtlicher Sicht, 05.09.2016, S. 3; Kaiser, Privacy and Identitiy Issues in Financial Transactions, 2018, S. 422–426.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

werden, und zwar mithilfe der üblichen strafprozessualen Ermittlungs­ methoden.1732 Das Geldwäsche-Kontrollsystem „überprüft keinen Ver­ dacht, sondern bringt ihn eigentlich erst hervor. Es ist demnach eine Verdachtsgewinnungseingriff.“1733 Es ist „geradezu darauf angelegt, in einem immer umfangreicheren Maße Verdächtigte zu generieren, wobei von vornherein feststeht, dass die zugrunde liegenden Anschuldigungen meistens ohne Substanz sind.“1734 Zudem wird in beiden Fällen auf Priva­ te zurückgegriffen: Bei der Vorratsdatenspeicherung zur Erfassung, Spei­ cherung und Übermittlung der Daten, bei der Rasterfahndung zur Erstel­ lung und Übermittlung eines nach bestimmten Kriterien erstellten Datensatzes zum weiteren Abgleich. Bei der Geldwäsche-Kontrolle sind lediglich die Kriterien, wie der zu übermittelnde Datensatz zu erstellen ist, deutlich offener; den Privaten verbleiben hier weite Spielräume, was das Geldwäsche-Kontrollsystem eingriffsintensiver macht als die Raster­ fahndung. In seiner Entscheidung zur Abfrage von Kreditkartendaten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entschied das Bundesverfassungs­ gericht zwar, eine Rasterfahndung – zumindest i. S. v. § 98a StPO – liege nicht vor, wenn die ersuchte Stelle den Datenabgleich selbst durchführe und/oder allein auf die Datenbestände einer Speicherstelle zugegriffen werde.1735 Das ist jedoch bloßer Formalismus, denn die Rasterung eines Datenbestandes ist auch dann staatlich veranlasst, wenn sie von Priva­ ten durchgeführt wird.1736 Darüber hinaus besteht das für die Rasterfahn­ dung typische grundrechtliche Gefährdungspotential auch dann, wenn allein die Datenbestände einer Speicherstelle nach bestimmten Prüfkri­ terien durchsucht werden.1737 Die Vorratsdatenspeicherung und weitere Nutzung der gespeicherten Daten hält das Bundesverfassungsgericht nur für verhältnismäßig, wenn diese Eingriffe „besonders hochrangigen Gemeinwohlbelangen“ dienen, also entweder der Ahndung von Straftaten, die überragend wichtige Rechtsgüter bedrohen oder zur Abwehr von Gefahren für solche Rechts­ güter.1738 In diesen Fällen ist sogar eine anlasslose Datenerhebung und

1732 Vgl. zu dieser Analyse der Rasterfahndung Gusy, KritVj 2002, 474 (481–483). Ähnlich auch Degen, Gesetzliche Mitwirkungspflichten der Kreditinstitute bei der Geldwäsche- und Terrorbekämpfung, 2009, S. 224–227. 1733 So Gusy, KritVj 2002, 474 (483) zur Rasterfahndung (Hervorh. i. Original). Siehe auch schon Kapitel 1 A. I. 1 a) aa). 1734 Michalke, in: Barton/Eschelbach/Hettinger u.a. (Hrsg.), Festschrift für Thomas Fischer, 2018, S. 449 (460). 1735 BVerfG (Kammer), Beschl. v. 17.02.2009 – 2 BvR 1372/07, 2 BvR 1745/07, NJW 2009, 1405 (1406). 1736 Schaefer, NJW-Spezial 2009, 280; Brodowski, JR 2010, 546 (548). 1737 Brodowski, JR 2010, 546 (548). 1738 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (328).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

-speicherung nicht von vornherein unzulässig.1739 Bei der anschließenden Nutzung zum Zwecke der Strafverfolgung bedarf es des durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdachts einer schweren Straftat, wobei diese Qualifizierung einen in der Strafnorm objektivierten Ausdruck finden muss (z. B. durch den Strafrahmen). Darüber hinaus muss der Gesetzge­ ber sicherstellen, dass die Straftat auch im Einzelfall schwer wiegt und die Verwendung der Daten verhältnismäßig ist.1740 Bei der Nutzung zum Zwecke der Gefahrenabwehr muss der Gesetzgeber die Rechtsgüter, de­ ren Schutz eine Verwendung der Daten rechtfertigen soll, unmittelbar in Bezug nehmen und die Intensität der Gefährdung, die für ein Einschrei­ ten erreicht sein muss, festlegen.1741 Die Speicherung auf Vorrat und spätere Nutzung von Telekommunika­ tionsverkehrsdaten hielt das Gericht nur für verhältnismäßig, wenn sie der Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder zur Abwehr einer gemeinen Gefahr – d. h. eine Gefahr für eine Vielzahl von Personen oder Sachen1742 – dient und die Schwelle zur konkreten Gefahr erreicht ist, d. h. im Einzelfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit be­ steht, dass es in absehbarer Zeit ohne Eingreifen des Staates zu einem Schaden für die Schutzgüter der Norm kommt. Die präventive Rasterfahndung ist nur zum Schutz hochrangiger Rechts­ güter wie Leib, Leben oder Freiheit der Person oder Bestand oder Sicher­ heit des Bundes oder eines Landes zulässig und dies auch nur jenseits der Schwelle zur konkreten Gefahr.1743 Im Falle des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG geht es weder um die Verfol­ gung von Straftaten noch um die Gefahrenabwehr im klassischen Sinne, sondern um den gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze, der letztlich der verfassungsrechtlich gebotenen Besteuerungsgleichheit dient. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum automatisier­ ten Kontenabruf festgehalten: „Die steuerliche Belastungsgleichheit […] ist […] ein Allgemeingut von herausge­ hobener Bedeutung. Zudem wird sie durch Art. 3 Abs. 1 GG auch grundrechtlich gewährleistet. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Ge­ staltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungs­ 1739 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (316). 1740 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (329). 1741 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BVerfGE 125, 260 (329–330). 1742 BeckOK GG/Kluckert, Art. 13 GG Rn. 19; Maunz/Dürig/Papier, Art. 13 GG Rn. 95. 1743 BVerfG, Beschl. v. 05.05.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (362).

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung widrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Der Gesetz­ geber muss daher das materielle Steuergesetz in ein verfahrensrechtliches Umfeld einbetten, das grundsätzlich geeignet ist, die tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen zu gewährleisten.“1744

Trotz seiner verfassungrechtlichen Bedeutung und Fundierung erscheint es überzogen, die steuerliche Belastungsgleichheit auf eine Stufe zu stel­ len mit hochrangigen Rechtsgütern wie Leib, Leben, Freiheit der Person oder dem Bestand oder der Sicherheit von Bund und Ländern. Von einer Gleichgewichtigkeit der steuerlichen Belastungsgleichheit und der ge­ nannten Rechtsgüter kann keine Rede sein.1745 Zudem tragen die Voraus­ setzungen für die Nutzung der Daten durch die Finanzbehörden der Schwere des Eingriffs selbst dann nicht Rechnung, wenn man einen „hinreichenden Anlass“ verlangt. Aber selbst dann, wenn man dies anders beurteilen mag, dürfte zum Zweck der Besteuerungsgleichheit kein dem Geldwäsche-Kontrollsys­ tem vergleichbares Ermittlungsregime geschaffen werden. Während die Verfassung im Straf- und Sicherheitsrecht vom Gesetzgeber fordert, „eine angemessene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit herzustel­ len“1746, muss der Steuergesetzgeber vor allem Freiheit und Gleichheit zueinander in einen angemessenen Ausgleich bringen. In den Worten Roman Seers: „Weder im Straf- noch im Steuerrecht ist eine Sachaufklä­ rung um jeden Preis zulässig.“1747 Der Gesetzgeber darf durchaus beson­ deren Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung Rechnung tragen und jedenfalls dann, wenn diese ein die Gleichheit im Belastungserfolg nicht unerheblich gefährdendes Ausmaß erreicht, auch stärker in die Grundrechte der Betroffenen eingreifende Maßnahmen wählen. So hat das Bundesverfassungsgericht den automatisierten Kontenabruf vor dem Hintergrund der durch § 30a AO hervorgerufenen Ermittlungsschwierig­ keiten und die Anlage einer behördlichen Datensammlung über steuerli­ che Auslandsbeziehungen von Steuerpflichtigen in einer Zeit vor dem effektiven Informationsaustausch in Steuersachen im Kern nicht bean­ standet.1748 In beiden Fällen ging es jedoch um Eingriffe, deren Intensität deutlich unter denen liegt, die im Rahmen des Geldwäsche-Kontrollregi­ mes erfolgen. 1744 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168 (196). 1745 So schon Fülbier/Aepfelbach, GwG, 2. Aufl. 1994, S. 128–129. Gleichwohl wer­ den Steuerhinterziehung, Drogenhandel und schwere Straftaten von manchen als gleichschwere Delikte angesehen, so z. B. Spreutels/Grijseels EC Tax Review (2001) 3 (3). 1746 BVerfG, Beschl. v. 05.05.2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 (358). 1747 Tipke/Kruse/Seer, § 88 AO Rn. 26. 1748 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007 – 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168; Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351.

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

§ 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG spricht jedoch nur ganz allgemein von „Be­ steuerungsverfahren“. Eine Beschränkung auf bestimmte typisierte Sachverhaltskonstellationen hat der Gesetzgeber nicht vorgenommen, obwohl dies durchaus denkbar wäre. Vorstellbar erschiene es z. B., die Datennutzung nur in den Fällen zuzulassen, in denen es um Besteue­ rungsverfahren im Zusammenhang mit Einkünften aus nicht-steuer­ lichen Straftaten oder kaum einer Prüfung zugänglichen Wirtschaftsbe­ reichen (z. B. der Prostitution) geht. Dort besteht zweifelsohne ein ganz erhebliches Vollzugsdefizit. Das liegt größtenteils in der Natur der Sa­ che – illegale Geschäfte werden im Verborgenen vollzogen. Jedenfalls nicht förderlich wirken sich indes die Durchbrechungen des Steuerge­ heimnisses nach §§ 30 Abs. 4, 31b AO und die Ausnahmen von dem Be­ weisverbot in § 393 Abs. 2 Satz 2 AO aus; selbst wenn ein Steuerpflichti­ ger, der Einkünfte aus Straftaten bezieht, diese erklären wollte, würde ihn die Unsicherheit, ob die Befolgung steuerlicher Pflichten ihn dem Risiko der Strafverfolgung aussetzt, von der ordnungsgemäßen Erklärung abhalten. Die Einbeziehung der Finanzbehörden in die Aufdeckung und Verfolgung nicht-steuerlicher Straftaten erweist sich hier als Hemmnis für die Wahrnehmung ihrer eigentlichen Aufgabe, den gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze. Man darf sich freilich nicht der Illusion hinge­ ben, die Mitwirkungsbereitschaft Krimineller im Besteuerungsverfahren werde sich sprunghaft verbessern, wenn das Steuergeheimnis imperme­ abel ausgestaltet wäre; soweit aber eine Besteuerung im Rahmen von Geldwäschevorgängen erfolgen würde, kann § 31b AO sich spürbar nega­ tiv auf den Vollzug auswirken. Die Erhebungsregeln sind hier also durch­ aus widersprüchlich ausgestaltet; für das Vollzugsdefizit dürfte das aller­ dings – anders als z. B. § 30a AO a. F. im Bereich der Besteuerung von Kapitalerträgen – keine entscheidende Rolle spielen. Dieses dürfte über­ wiegend auf die Wirkungslosigkeit steuerlicher Verifikationsinstrumen­ te im Bereich der informellen Wirtschaft zurückzuführen sein. Würde man einen Einsatz des Geldwäsche-Kontrollsystems zur steuerlichen Sachverhaltsermittlung im Bereich der illegalen Wirtschaft bejahen, würde § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG zu seinen Ursprüngen – dem Steuer­ modell von Meyer und Hetzer – zurückkehren. Diese Argumentation führt jedoch – abgesehen von ihrer kriminalpoliti­ schen Fragwürdigkeit und ihren Limitationen – in Wertungswidersprü­ che: Das Geldwäsche-Kontrollsystem kann nicht zur Verfolgung aller Straftaten eingesetzt werden, die zu steuerpflichtigen Erträgen führen; deshalb kann es erst recht nicht zur Besteuerung aller illegalen Tätigkei­ ten genutzt werden. Darüber hinaus kommt es in Fällen erwiesener ille­ galer Tätigkeit wegen der inzwischen obligatorischen Einziehung der Erträge praktisch nie – jedenfalls nicht im Ergebnis – zur Besteuerung. Kommt es hingegen nicht zur Einziehung, weil die Tat oder das Herrüh­ 384

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

ren der mutmaßlichen Erlöse aus der Tat nicht bewiesen werden kann, liegen nur mutmaßlich Einkünfte aus illegaler Tätigkeit vor, sodass un­ gewiss ist, ob ein durch ein erhebliches Vollzugsdefizit gekennzeichneter Bereich überhaupt betroffen ist. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gleichgewichtigkeit von Erhebungs- und Verwendungszweck ist deshalb in den Fällen des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG nicht gegeben. (d) Zwischenergebnis Der Verstoß gegen den Grundsatz der hypothetischen Neuerhebung indi­ ziert zugleich einen Verstoß gegen das Übermaßverbot. (2) Weitere Gesichtspunkte Neben dem Grundsatz der hypothetischen Neuerhebung sind weitere Gesichtspunkte in die Prüfung miteinzubeziehen. (a) Folgen des Eingriffs Auf die Datenübermittlung hin kommt es in der Regel mit Erfassung und Speicherung der Daten zu weiteren Eingriffen in die Grundrechte des Betroffenen. § 88a AO ermächtigt die Finanzbehörden insbesondere, per­ sonenbezogene Daten in nicht anonymisierter Form auch für künftige Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren zu speichern. Darüber hinaus bedarf es zur Erschließung des Informationsgehalts einer Meldung in al­ ler Regel weiterer informationsbezogener Maßnahmen, insb. des Daten­ abgleichs und in der Folge oftmals der Erhebung weiterer Daten (z. B. im Rahmen von Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO). Es kann ggf. auch zu an Dritte gerichteten Auskunftsersuchen kommen, etwa gegenüber der Bank des Betroffenen oder seinen Geschäftspartnern; da damit stets auch eine Offenbarung personenbezogener Daten verbunden ist und Aus­ kunftsersuchen bei Dritten geeignet sein können, den Betroffenen dem Verdacht auszusetzen, er erfülle seine steuerlichen Pflichten nicht ge­ wissenhaft, können die Folgen im Einzelfall mehr als nur ganz unerheb­ lich sein. (b) Heimlichkeit des Eingriffs Weiter auf einen Verstoß gegen das Übermaßverbot deutet hin, dass auch die Datenübermittlung an und die Weiterverarbeitung dieser Daten durch die Finanzbehörden vom Betroffenen unbemerkt erfolgen. In Betracht kommen zwar im Grunde durchaus Informations- und Aus­ kunftsansprüche gegenüber der Finanzverwaltung, die sich im verwal­ tungsrechtlichen Bereich aus Art. 13–15 DSGVO ergeben und durch 385

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

§§ 32a–32c AO modifiziert werden. Da die Finanzbehörde die Daten nicht selbst beim Betroffenen erhoben, sondern von einem anderen Ver­ antwortlichen übermittelt bekommen hat, sind für die Informations­ pflichten Art. 14 DSGVO und § 32b AO einschlägig. Demnach soll der Betroffene grundsätzlich so früh wie möglich von der empfangenden Stelle informiert werden, spätestens jedoch nach einem Monat.1749 § 32b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 i. V. m. § 32a Abs. 2 AO enthalten jedoch zahl­ reiche Ausnahmen von der Informationspflicht. Demnach besteht die Informationspflicht insbesondere insoweit nicht, wie die Erteilung der Information „die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörden […] liegenden Aufgaben im Sinne des Artikel 23 Absatz 1 Buchst. d bis h [DSGVO]“ gefährden würde und wenn „die Daten, ihre Herkunft, ihre Empfänger oder die Tatsache ihrer Verarbeitung nach § 30 [AO] oder einer anderen Rechtsvorschrift“ geheim gehalten werden müs­ sen (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 AO). Das Steuergeheim­ nis (§ 30 AO) kann dem Betroffenen insoweit nicht entgegengehalten werden, wie es um ausschließlich ihn betreffende personenbezogene Da­ ten geht.1750 Steht aber z. B. ein Vollstreckungsverfahren im Raum, wird die Informationspflicht gem. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO re­ gelmäßig nicht bestehen, da in diesem Fall die Gefahr besteht, dass der Betroffene Vermögenswerte der Vollstreckung entzieht (womit er sich jedoch gem. § 288 Abs. 1 StGB strafbar machen würde). Bezieht sich die Meldung auf einen laufenden Veranlagungszeitraum und ist ihre steu­ er(straf)rechtliche Bedeutung noch ungewiss, dürfte die Informations­ pflicht gem. § 32b Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 32a Abs. 2 Nr. 1 AO entfallen, weil der Betroffene dadurch in der Lage wäre, steuerlich bedeutsame Sachverhalte zu verschleiern, steuerlich bedeutsame Spuren zu verwi­ schen oder Art und Umfang der Erfüllung steuerlicher Mitwirkungs­ pflichten auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden einzustellen. Für die Ausnahmen von der Auskunftspflicht verweist § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO wiederum auf § 32b Abs. 1 und 2 AO, sodass die obigen Ausführungen entsprechend gelten.1751

1749 Simitis/Hornung/Spiecker/Dix, Art. 14 DSGVO Rn. 13; Ehmann/Selmayr/Knyrim, Art. 14 DSGVO Rn. 8. 1750 In dem FG Saarland, Urt. v. 03.04.2019 – 2 K 1002/16, juris zugrundeliegenden Sachverhalt hatte jedoch das Finanzamt unter Berufung auf das Steuergeheimnis (§ 32c Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) einen auf Art. 15 DSGVO gestützten Auskunftsantrag eines Gesellschafters, der sich auf Einsicht in die Akten des Verfahrens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung richtete, abgelehnt – zu Unrecht, wie das FG entschied (Rn. 14). 1751 Zu beachten ist jedoch, dass die §§ 32a ff. AO zum Zeitpunkt der Abfassung die­ ser Arbeit noch sehr jung waren und Rechtsprechung dazu weitgehend fehlte, sodass die Bedeutung und Tragweite dieser Normen noch nicht verlässlich vor­ hergesagt werden kann.

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B.  Vereinbarkeit der Datenübermittlung

Wenn überhaupt, dann erfährt der Betroffene u. U. erst lange nach der Datenübermittlung davon, z. B. im Rahmen eines finanzgerichtlichen Verfahrens (§ 78 FGO). Es ist ihm nicht möglich, sich gegen die Daten­ übermittlung zu wehren oder sie sonstwie zu beeinflussen; er kann ins­ besondere die Richtigkeit der übermittelten Daten nicht kontrollieren. Die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 GwG ist damit meist ein heimlicher Informationseingriff. (c) Schutz vor Zweckentfremdung und Weitergabe Durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO), das durch § 355 StGB auch straf­ rechtlich abgesichert ist, ist der Schutz der Daten vor Zweckentfrem­ dung und unbefugter Nutzung ausreichend gewährleistet. (d) Zwischenergebnis Auch die Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte führt nicht dazu, dass die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG doch noch als verhältnismäßig angesehen werden kann. 4. Ergebnis § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG führt zu einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Da die Übermittlung von Daten nicht von ihrem Erhebungskontext zu trennen ist, weist dieser Eingriff ein ganz erhebliches Gewicht auf. Eine Rechtfertigung kommt nur in Betracht, wenn der Eingriff der Verfolgung schwerer Straftaten, die über­ ragend wichtige Rechtsgüter bedrohen, oder der Abwendung von Gefah­ ren für solche Rechtsgüter dient. Der Grundsatz der Besteuerungsgleich­ heit hat zwar eine herausgehobene Bedeutung und über Art. 3 Abs. 1 GG auch eine verfassungsrechtliche Dimension; er rechtfertigt jedoch nicht die Nutzung von Daten, die durch ein praktisch die gesamte Bevölkerung anlasslos erfassendes Überwachungssystem gewonnen wurden. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG kommt dabei nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für die Übermitt­ lung und Verwendung wurden im Verlauf der Jahre schrittweise abge­ senkt. Ferner war Deutschland an internationalen Initiativen beteiligt, die eine Verbesserung des Zugangs der Finanzbehörden zu den Daten der für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden zum Ziel haben. Zwar enthält § 32 Abs. 5 GwG eine Verhältnismäßigkeitsklausel, die man als Ansatzpunkt für eine Beschränkung der Datenübermittlung se­ hen könnte. Diese sagt jedoch selbst bei weiter, über den in den Materia­ lien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers hinausgehender Auslegung nicht mehr als das, was ohnehin bereits aus dem Rechtsstaat­ 387

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

sprinzip folgt. Der Gesetzgeber kann dem Verdikt der Verfassungswidrig­ keit nicht durch Einfügung solcher „salvatorischer Klauseln“ entgehen. Die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG muss deshalb von vornherein unterbleiben. Findet sie doch statt, ist fraglich, ob bzw. in welchem Umfang die übermittelten Daten von den Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren verwendet werden dürfen. Beweisverwertungs­ verbote sind im Steuerrecht nur in Ausnahmefällen anerkannt.1752 Ein solcher ist insbesondere dann gegeben, wenn die Ermittlungsmaßnahme den Steuerpflichtigen in seinen Grundrechten verletzt.1753 Hier liegt je­ doch insofern eine besondere Konstellation vor, als die Finanzbehörde nicht selbst Ermittlungsmaßnahmen durchführt, sondern ihr ander­ weitig ermittelte Tatsachen übermittelt werden. Für Erkenntnisse aus Abhörmaßnahmen, die von den Strafverfolgungsbehörden an die Finanz­ behörden weitergeleitet werden, hat der Bundesfinanzhof ein Verwer­ tungsverbot bejaht und dies damit begründet, dass die AO nicht zu Ein­ griffen in Art. 10 GG ermächtige.1754 Er hat insbesondere in § 116 AO keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage gesehen, da dessen Absatz 2 auf § 105 Abs. 2 AO verweise, der wiederum zur Wahrung des Art. 10 GG verpflichte. Ob dies auch gilt, wenn die Ermittlungsmaßnahme in andere Grundrechte eingreift, die in § 105 Abs. 2 AO nicht erwähnt wer­ den, ist unklar. Möllenhoff scheint dies mit Blick auf Erkenntnisse aus Hausdurchsuchungen verneinen zu wollen, weil diese in Art. 13 GG ein­ greifen, der wiederum in § 105 Abs. 2 AO nicht erwähnt sei.1755 Er hält dies auch für richtig, weil die Voraussetzungen der Telefonüberwachung deutlich höher seien (nur in Verfahren wegen bestimmter schwerer Straf­ taten) als die für die Hausdurchsuchungen. Damit spricht er den eigent­ lich relevanten Punkt an, auch wenn er daraus nichts weiter ableitet: Es kommt nicht darauf an, ob das durch die Ermittlungsmaßnahmen betrof­ fene Grundrecht in § 105 Abs. 2 AO erwähnt ist oder nicht, sondern da­ rauf, ob der Verwendungszweck und der Erhebungszweck vergleichbares Gewicht haben. Ist das nicht der Fall – wie hier –, dann stellt die Weiter­ verarbeitung einen Grundrechtsverstoß dar, der umso schwerer wiegt, je größer die Diskrepanz zwischen Erhebungs- und Verwendungszweck ist. Deshalb ist es angezeigt, ein Beweisverwertungsverbot (mit Fortwirkung) auch dann anzunehmen, wenn die Finanzbehörde die Tatsachen in einer

1752 Zum Ganzen m. w. N. Klein/Rätke, § 90 AO Rn. 7–11. 1753 BFH, Urt. v. 29.08.2017 – VIII R 17/13, DStRE 2018, 324 (328); Urt. v. 04.12.2012 – VII R 5/10, NJW 2013, 1119 (1119). 1754 BFH, Beschl. v. 26.02.2001 – VII B 265/00, NJW 2001, 2118 (2119). 1755 Möllenhoff, DStR 2001, 706 (707) meint mit Blick auf in Art. 13 GG eingreifende Hausdurchsuchungen, dies sei nicht der Fall, da § 105 Abs. 2 AO eben nur Art. 10 GG anspreche und überdies die Voraussetzungen für eine Telefonüberwachung schärfer seien als für eine Hausdurchsuchung (nur bei Katalogtaten).

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C. Folgefragen

Art und Weise erlangt hat, die den Steuerpflichtigen in seinem Grund­ recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Daraus folgt: Die nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Satz 2 Nr. 1 GwG übermittelten personenbezogenen Daten sind im Besteuerungsverfahren nicht verwert­ bar. Dienen die übermittelten Daten als Ausgangspunkt für weitere Er­ mittlungen, so sind auch die in der Folge – rechtmäßig – ermittelten Tat­ sachen unverwertbar. Die Fernwirkung des Verwendungsverbotes zu verneinen hieße, das Wesensmerkmal des Geldwäsche-Kontrollsystems zu verkennen: Es zielt gerade darauf ab, durch massenhafte, anlasslose und nicht wirksam begrenzte Grundrechtseingriffe Ansatzpunkte für Er­ mittlungen zu schaffen. Indem der Gesetzgeber die Übermittlung nach § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG ermöglicht, versucht er selbst, planmäßig und systematisch grundrechtliche Sicherungen zu umgehen.

C. Folgefragen Ist demnach die Übermittlung und Verwendung personenbezogener Da­ ten, die im Rahmen des Meldeverfahrens nach § 43 Abs. 1 GwG staatli­ chen Stellen bekannt wurden, verfassungswidrig, müssen abschließend noch zwei Aspekte erörtert werden: Zum einen die Verfassungsmäßig­ keit von § 32 Abs. 2 und Abs. 6 GwG, soweit sie die Verwendung der Daten im Steuerstrafverfahren zulassen. Zum anderen soll darüber nach­ gedacht werden, wie eine verfassungskonforme Neuregelung der Daten­ übermittlung an bzw. der -verwendung durch die Finanzbehörden ausse­ hen könnte.

I. Datenübermittlung und -verwendung für steuerstrafrechtliche Zwecke Zunächst ist zu untersuchen, ob die Datenübermittlung und -verwen­ dung nach § 32 Abs. 2 GwG für Zwecke eines Steuerstrafverfahrens den verfassungsrechtlichen Vorgaben standhält. Tut sie es nicht, ist auch die Datenübermittlung „übers Eck“ nach § 32 Abs. 6 GwG verfassungswid­ rig. § 32 Abs. 2 GwG erlaubt die Übermittlung und Verwendung von bei der FIU gespeicherten Daten auch zum Zwecke der Durchführung eines Steuerstrafverfahrens, und zwar wegen jeder Steuerstraftat. Eine Be­ schränkung auf schwere Steuerstraftaten oder nur solche Steuerstrafta­ ten, die Katalogtat i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB sind, enthält die Vor­ schrift nicht. Das Geldwäsche-Kontrollsystem genügt indes nur als Mittel zur Verfolgung von schweren Straftaten, die auch im Einzelfall schwer wiegen, verfassungsrechtlichen Anforderungen. Allein schon 389

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

deshalb ist die pauschale Befugnis zur Übermittlung und Nutzung für alle Straftaten unabhängig von ihrer Schwere unverhältnismäßig. Die Er­ wägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung gelten entsprechend auch hier: „Zwar kann eine Verwendung dieser Daten gerade für die Verfolgung von mittels Telekommunikation begangenen Straftaten sehr nützlich sein, sodass ihre Ein­ schränkung die Aufklärung in manchen Fällen erschweren oder auch verhindern kann. Es liegt indes in der Natur der Garantie des Art. 10 Abs. 1 GG und der hier­ mit verbundenen Verhältnismäßigkeitsanforderungen, dass nicht jede Maßnah­ me, die für die Strafverfolgung nützlich und im Einzelfall erforderlich sein kann, verfassungsrechtlich zulässig ist.“1756

Zweifelhaft ist aber auch, ob eine Beschränkung auf qualifizierte Steuer­ straftaten i. S. v. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB, also gewerbs- oder bandenmä­ ßige Steuerhinterziehung, verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Al­ lein aus ihrer Zugehörigkeit zum Vortatenkatalog der Geldwäsche lässt sich nicht erschließen, dass es sich um schwere Straftaten handelt. Die Schwere der Tat muss vielmehr in der Strafnorm selbst einen objektivier­ ten Ausdruck finden, insb. in Gestalt des Strafrahmens. Wie das Entste­ hen und Vergehen des § 370a AO zeigt, musste selbst der Gesetzgeber erkennen, dass die Banden- und Gewerbsmäßigkeit als Indikatoren für eine besondere Schwere der Steuerhinterziehung nicht taugen. Die bloß banden- oder gewerbsmäßige Steuerhinterziehung ist denn auch kein Re­ gelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 2 AO). Es handelt sich vielmehr um eine Erscheinungs­ form des Grundtatbestandes des Steuerhinterziehung, die per se keinen Ausnahmecharakter besitzt. Der Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von unter fünf Jahren be­ droht sind, zählen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge­ richts nicht ohne Weiteres zum Bereich der mittleren Kriminalität, der – abstrakt und im Einzelfall – mindestens berührt sein muss, damit z. B. Maßnahmen wie die Rasterfahndung nach § 98a StPO gerechtfertigt sind.1757 Damit ist die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO mit ei­ nem Strafrahmen, der im Höchstmaß bei genau fünf Jahren liegt, allen­ falls und gerade noch der mittleren Kriminalität zuzurechnen, wobei das Bundesverfassungsgericht auch eine Bewertung des Unrechtsgehalts der konkreten Tat im Einzelfall verlangt. In der Praxis fehlt es bei den aller­ meisten Fällen der Steuerhinterziehung daran, wie ein Blick in die Straf­ 1756 BVerfGE, Urt. v. 02.03.2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08, BverfGE 125, 260 (352–353). 1757 In der Literatur ist umstritten, welche Höchststrafdrohung mindestens vorliegen muss; vertreten wird eine Strafrahmenobergrenze von zwei, drei oder fünf Jah­ ren; siehe nur Kretschmer, HRRS 2010, 551 (553) m. w. N.

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C. Folgefragen

verfolgungsstatistik für das Jahr 2018 zeigt: Bei 11.588 Verurteilungen wegen Zoll- und Steuerdelikten wurde nur in 1.236 Fällen eine Freiheits­ strafe verhängt. Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO war dabei in 10.829 Fällen die schwerste abgeurteilte Straftat; dabei wurde in 844 Fäl­ len eine Freiheitsstrafe verhängt, die in 493 Fällen ein Jahr, in weiteren 302 Fällen zwei Jahre nicht überschritt und in 783 dieser 795 Fälle aus­ gesetzt wurde; Freiheitsstrafen über zwei Jahre wurden nur in 49 Fällen (das entspricht ca. 6 %) verhängt.1758 Mit Blick auf die Schwere der Grund­ rechtsbeeinträchtigung erschiene es allenfalls angemessen, die Daten­ übermittlung und –verwendung nur in Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO zuzulassen, und dies auch nur dann, wenn die Tat im Einzelfall schwer wiegt. Daran ändert auch § 116 AO nichts, denn: Auch wenn die Vorschrift keine entsprechenden Sicherungen enthält, so bleibt es bei den vom Bun­ desverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen, d. h. Informationen, die von den meldepflichtigen Behörden durch besonders eingriffsintensi­ ve Maßnahmen erlangt wurden, dürfen auch nach § 116 AO nicht wei­ tergegeben werden. Damit scheidet auch eine finanzbehördeninterne Weitergabe der Daten zur Nutzung im Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahren aus, auch wenn die jeweiligen Verarbeitungszwecke grundsätzlich vereinbar sind.1759

II. Eckpunkte einer verfassungskonformen Neuregelung Eine verfassungskonforme Neuregelung sollte zunächst bei § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB ansetzen; aus dessen Vortatenkatalog sollte die Steuerhinter­ ziehung gestrichen werden. Belässt man die Meldeschwelle derart nied­ rig, dürfte dies kaum praktische Auswirkungen auf die Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG haben. Diese Bereinigung ist nötig, damit die nachfol­ gend skizzierte Regelung folgerichtig und widerspruchsfrei ist. Die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 2 GwG muss auf Fälle schwerer Straftaten beschränkt werden, die auch im Einzelfall schwer wiegen; nur zu deren Bekämpfung können die durch das Geldwäschegesetz hervorge­ rufenen Grundrechtseingriffe überhaupt gerechtfertigt werden. Ob es da­ mit getan ist, oder ob es noch weiterer Korrekturen im Geldwäschege­ setz bedarf (insb. einer Erhöhung der Meldeschwelle), ist offen, aber nicht Gegenstand dieser Arbeit. In den Kreis der schweren Straftaten können 1758 Statistisches Bundesamt, Fachserie 10 (Rechtspflege), Reihe 3 (Strafverfolgung), 2019, S. 192–193. Zur Sanktionspraxis siehe auch MüKo-StGB/Schmitz/Wulf, § 370 AO Rn. 39. 1759 Vgl. zur Vereinbarkeit der Zwecke des Besteuerungs- und Steuerstrafverfahrens BVerfG, Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351 (369­–370).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

schwere Steuerstraftaten durchaus einbezogen werden; die Merkmale „banden- oder gewerbsmäßig“ sind jedoch keine Indikatoren für eine be­ sonders schwere Steuerstraftat. In Betracht kommt vielmehr eine Orien­ tierung an § 370 Abs. 3 Satz 2 AO. Insbesondere die Fälle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO ordnet der Gesetzgeber als schwere Straftaten i. S. v. § 100a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Buchst. a StPO ein und eine Datenüber­ mittlung sollte in diesen Fällen erlaubt sein.1760 Auch in Fällen des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AO erscheint eine Datenübermittlung wegen des durch die fortgesetzte Verwendung nachgemachter oder gefälschter Bele­ ge erhöhten Unrechts noch vorstellbar, auch wenn hier besonderes Ge­ wicht auf der Frage liegen muss, ob auch der Einzelfall schwer wiegt. Nicht erlaubt werden sollte die Datenübermittlung hingegen in Fällen des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, und zwar aus zwei Gründen: Zum ei­ nen, weil das Merkmal der Steuerverkürzung bzw. ungerechtfertigten Erlangung von Steuervorteilen „in großem Ausmaß“ sehr unbestimmt und seine Auslegung durch den Bundesgerichtshof, der Parallelen zum Betrug zieht, fragwürdig ist.1761 Zum anderen, weil eine hinreichend ver­ lässliche Beurteilung, ob ein solcher Fall gegeben ist, der FIU aufgrund des fragmentarischen Meldebildes nur selten möglich sein wird. Ebensowenig erlaubt sein sollte die Datenübermittlung in Fällen des erst durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz 2017 eingefügten § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO. Demnach liegt ein besonders schwerer Fall in der Regel vor, wenn der Täter „eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außen­ steuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmen­ den Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.“

§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO zielt auf Domizilgesellschaften – d. h. Ge­ sellschaften ohne substantielle wirtschaftliche Tätigkeit oder Substanz – ab, geht aber darüber hinaus, denn Drittstaat-Gesellschaften i. S. v. § 138 Abs. 3 AO sind alle Personengesellschaften, Körperschaften, Personen­ vereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die weder der EU noch der EFTA angehören. Es 1760 Der Versuch der Bundesregierung, die Telekommunikationsüberwachung auf sämtliche Regelbeispiele in § 370 Abs. 3 Satz 2 AO auszuweiten (siehe Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BT-Drs. 18/11132, S. 56–57), ist im Gesetzgebungsver­ fahren gescheitert. Eine solche Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse wäre auch unverhältnismäßig (vgl. Seevers/Handel, DStR 2017, 522 (530–531)). 1761 Ausführlich zur Poblematik des „großen Ausmaßes“ MüKo-StGB/Schmitz/Wulf, § 370 AO Rn. 517–520.

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C. Folgefragen

ist schon im Ausgangspunkt nicht erkennbar, warum die Ansässigkeit der Gesellschaft außerhalb der EU/EFTA einen Sanktionssprung recht­ fertigt.1762 Auf ein Bild gebracht: Warum soll ein besonders schwerer Fall regelmäßig vorliegen, wenn die Drittstaat-Gesellschaft in Panama ansäs­ sig ist, aber nicht, wenn sie auf Zypern beheimatet ist? Der Gesetzgeber hat zudem argumentiert, die Steuerhinterziehung mithilfe von Dritt­ staat-Gesellschaften sei besonders aufwändig und erfordere ein erhöhtes Maß an krimineller Energie aufseiten des Steuerpflichtigen.1763 Tatsäch­ lich dürfte es häufig leichter sein, eine Domizilgesellschaft in einem Drittstaat zu gründen als eine GmbH in Deutschland.1764 Auch dass die Steuerhinterziehung „fortgesetzt“ begangen wird, sagt wenig aus – hier gilt entsprechend, was schon zur Gewerbsmäßigkeit gesagt wurde.1765 § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO weist also keineswegs einen mit den übrigen Regelbeispielen vergleichbaren Unrechtsgehalt auf. Das gilt besonders wenn man sich vor Augen führt, dass § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO kei­ nem gewichtigen Kriminalisierungsbedürfnis entspricht: Die „großen Fische“ erfüllen meist schon das Regelbeispiel nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, was wenig zur Abschreckung beigetragen hat. Dem erhöhten Strafrahmen erstmals ausgesetzt werden durch § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO nur diejenigen, die unter Zuhilfenahme von Drittstaat-Gesellschaf­ ten Steuern nicht in großem Ausmaß hinterziehen, d. h. die Steuerver­ kürzung beläuft sich – jedenfalls nach Rechtsprechung des BGH1766 – auf weniger als 50.000 € pro Tat.1767 Ist in einem besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 AO nach hier vertretener Ansicht eine Datenübermittlung erlaubt, dann sollten die übermittelten Daten auch dazu verwendet wer­ den dürfen, steuerliche Folgerungen aus dem Sachverhalt zu ziehen; da Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren die gleichen Rechtsgüter schüt­ zen bzw. verwirklichen und damit kompatiblen Zwecken dienen, er­ scheint dies verfassungsrechtlich zulässig.

1762 Verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG tragen deshalb Seevers/Handel, DStR 2017, 522 (531). 1763 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BT-Drs. 18/11132, S. 30–31. 1764 El Mourabit, BB 2017, 91 (97). Rechtsvergleichend interessant auch BStGer, Ent­ scheid v. 28.10.2008 – RR 2008.165, R. 5.8, wonach allein die Verwendung einer Sitzgesellschaft ohne Weiteres noch keine Arglist i. S. v. Art. 14 VStR darstellt, d. h. allein dadurch wird aus einer Abgabenhinterziehung noch kein (schwererer) Abgabenbetrug. 1765 Zum Ganzen siehe Beckschäfer, ZRP 2017, 41 (42–43); Seevers/Handel, DStR 2017, 522 (531). 1766 BGH, Urt. v. 27.10.2015 – 1 StR 373/15, NJW 2016, 965–967. 1767 Zum Ganzen Dürr, BB 2016, 2140 (2143).

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Kapitel 3  Grenzen des Informationszugriffs durch die ­Finanzbehörden

§ 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG ist zu streichen. Die Verwendungsbefugnis für Zwecke des Besteuerungsverfahrens bei Steuerstraftaten, die die Da­ tenübermittlung nach § 32 Abs. 2 GwG rechtfertigen, ist in § 32 Abs. 7 GwG zu regeln. § 32 Abs. 6 GwG ist entsprechend anzupassen.

D. Zusammenfassung und Diskussion 1. Die Ermittlungsbefugnisse, die die AO den Finanzbehörden im Ver­ waltungsverfahren einräumt, ermöglichen kein anlassloses Tätigwer­ den. Es gilt vielmehr das Vertrauensprinzip: Solange es keinen hin­ reichenden Anlass für Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfüllung steuerlicher Pflichten gibt, darf und muss die Finanzverwaltung – ­jedenfalls außerhalb der Steueraufsicht nach §§ 209 ff. AO – dem Steuerpflichtigen einen Vertrauensvorschuss gewähren. Darin ver­ wirklicht sich die freiheitsschützende Funktion des steuerlichen ­Verfahrensrechts. Eine allgemeine Steueraufsicht, die anlasslose Er­ mittlungen bei jedermann zu jeder Zeit vorsieht, wäre mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. 2. Die Geldwäschegesetzgebung verfolgt einen vollkommen anderen Ansatz. Sie stellt eine Kombination aus Vorratsdatenspeicherung und Rasterfahndung dar. Sie verpflichtet private Stellen, bestimmte Infor­ mationen über bestimmte Personen zu erheben, zu erfassen, zu spei­ chern und zum Abruf bereitzuhalten – in aller Regel anlasslos, mas­ senhaft und zu noch nicht hinreichend bestimmten Zwecken. Ferner müssen diese Stellen die ihnen vorliegenden Informationen analysie­ ren, um ungewöhnliche oder aus anderen Gründen auffällige Fälle zu entdecken. Im Unterschied zur Rasterfahdnung, bei welcher der Staat Private zur Übermittlung eines nach von ihm aufgestellten Kriterien erstellten Datensatzes verpflichtet, haben es bei der Geldwäschege­ setzgebung die Privaten weitgehend in der Hand, anhand welcher Kri­ terien sie die Daten analysieren und welche Fälle sie zur weiteren Prüfung und Übermittlung auswählen. Die Daten werden nicht auf Anfrage im Einzelfall, sondern spontan übermittelt. 3. Die Geldwäschegesetzgebung führ somit zu Eingriffen in die Grund­ rechtsgewährleistungen aus Art. 8 EMRK, Art. 7 und 8 GRCh und Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Die hohe Eingriffsintensität ergibt sich vor allem aus der Anlasslosigkeit und Streubreite, der Heimlichkeit und Intransparenz der Datenverarbeitung, die insbe­ sondere den Rechtsschutz erschwert, dem im Einzelfall hohen Per­ sönlichkeitsbezug der Daten, den sehr langen Speicherfristen, den weitreichenden Übermittlungs- und Weiterverarbeitungsmöglichkei­ ten sowie den vielfältigen Möglichkeiten für unberechtigten Zugriff 394

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D.  Zusammenfassung und Diskussion

auf die Daten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge­ richts und des Europäischen Gerichtshofs sind an die Rechtfertigung informationsbezogener Eingriffe von vergleichbarem Gewicht hohe Anforderungen zu stellen. 4. Die weitere Verwendung der durch diese Eingriffe von staatlichen Stellen erlangten Daten muss nach der Rechtsprechung des Bundes­ verfassungsgerichts dem Eingriffsgewicht hinreichend Rechnung tra­ gen. Der Zweck, zu dem die staatliche Stelle die Daten erlangt hat, darf nicht in einem erheblichen Missverhältnis zum Zweck der Wei­ terverarbeitung stehen. Erlangt werden die hier in den Fokus genom­ menen in Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG enthaltenen Daten zum Zweck der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzie­ rung – in beiden Fällen geht es um den Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter. Anders als das bloß fiskalische Interesse am Steuer­ aufkommen hat auch die Besteuerungsgleichheit erhebliches verfas­ sungsrechtliches Gewicht; sie ist jedoch nicht schon durch empiri­ sche Vollzugsdefizite berührt. Sie würde eine anlasslose Überwachung aller Bürger zur Aufdeckung auffälliger Sachverhalte mit möglicher­ weise steuerlichem Bezug nicht rechtfertigen und weicht auch vom System der Ermittlungsbefugnisse der Abgabenordnung ab. Deshalb fehlt es an der Gleichgewichtigkeit der Zwecke, die das Bundesverfas­ sungsgericht jedoch zur Voraussetzung einer zweckändernden Wei­ terverarbeitung personenbezogener Daten macht. 5. Daraus folgt, dass die Übermittlung und Verwendung personenbezo­ gener Daten aus Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG für Zwecke des Besteuerungs- und Steuerstrafverfahrens, wie sie § 32 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 6 und Abs. 7 GwG erlauben, die Betroffenen an ih­ rem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Zulässig ist jedoch eine Übermittlung und Verwendung von Daten aus Meldungen nach § 43 Abs. 1 GwG bei schweren Steuerstraftaten, jedenfalls in Fällen des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO.

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Zusammenfassung und Ausblick Im ersten Kapitel wurde ein vertiefter Überblick über die zentralen Vor­ schriften und Entwicklungen der hier sogenannten Geldwäschegesetz­ gebung gegeben. Diese ruht im Wesentlichen auf zwei Säulen: der ­strafrechtlichen Säule, bestehend aus dem Straftatbestand der Geldwä­ sche, und der verwaltungsrechtlichen Säule, bestehend aus Sorgfalts-, Aufzeichnungs- und Kooperationspflichten, insb. der Meldepflicht. Die Geldwäschegesetzgebung besteht dabei aus mehreren Rechtsschichten verschiedenen Alters, die von unterschiedlichen Akteuren mit unter­ schiedlicher Zielrichtung geschaffen wurden und sich wechselseitig be­ einflussten und weiter beeinflussen. Das Ergebnis ist ein Regelungskom­ plex, der für immer neue Zwecke in Anspruch genommen wird. Dabei wurde bereits angedeutet, dass Steuervollzug und Geldwäschebekämp­ fung bereits im Ursprung – dem amerikanischen Recht – nah beieinan­ derlagen und sich erst im Zusammenhang mit der Internationalisierung der Geldwäschegesetzgebung voneinander entfernten. Das zweite Kapitel widmete sich der „Wiederannäherung“ von Geldwä­ schebekämpfung und Steuervollzug. Auch hier verlief die Rechtsent­ wicklung in mehreren oft paralleln, sich gelegentlich kreuzenden Strän­ gen. Auf internationaler Ebene bemühten sich ab Ende der 1990er Jahre vor allem die G7 und ähnliche Formate um eine Stärkung des Informati­ onsaustausches zwischen den Steuerbehörden und den für die Geldwä­ schebekämpfung zuständigen Behörden. Dies geschah im Kontext des international abgestimmten Vorgehens gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Die praktische Umsetzung dieser Initiativen über­ nahmen vor allem die OECD und die FATF. Die Rechtsentwicklung in Deutschland scheint davon zunächst unbeeinflusst gewesen zu sein. In­ dem jedoch der Informationsfluss zwischen den Finanzebehörden und den für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden im Lauf der Jahre gezielt erleichtert wurde, ging sie in dieselbe Richtung. Inzwischen gibt es im deutschen Steuer- und Geldwäscherecht eine Vielzahl von In­ formationskanälen für personenbezogene Daten. Im dritten Kapitel wurde ein Teil dieser Informationskanäle – exempla­ risch § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG – auf seine Vereinbarkeit mit höher­ rangigem Recht, insb. den Grundrechten der betroffenen Person, geprüft. Als primärer Prüfungsmaßstab wurden die Grundrechte des Grundgeset­ zes gewählt, namentlich das Grundrecht auf informationelle Selbstbe­ stimmung. Im Ausgangspunkt wird zunächst festgestellt, dass auch In­ formationen über die wirtschaftlichen oder finanziellen Verhältnisse einer Person nicht von vornherein nur minderen Schutz verdienen. Da­ ran schließt sich eine klassische Grundrechtsprüfung an. Dabei wirft be­ 397

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Zusammenfassung und Ausblick

reits das Erfordernis der Normenklarheit erhebliche Probleme auf, denn Zweck, Voraussetzungen, Art und Umfang der Datenübermittlung sind in § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG nur unzureichend geregelt. Viel schwerer wiegt jedoch, dass die Vorschrift die Übermittlung und Verarbeitung per­ sonenbezogener Daten zu einem Zweck erlaubt, zu dem sie nicht mithil­ fe eines derart eingriffsintensiven Ermittlungsinstruments wie der Geld­ wäschegesetzgebung hätten erhoben werden dürfen. Dabei geht es auch nicht um die Verwertung von Zufallsfunden, sondern – so hat schon das zweite Kapitel gezeigt – die planmäßige Nutzung der Geldwäschegesetz­ gebung (auch) für steuerliche Zwecke. Deshalb wird § 32 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GwG für verfassungswidrig gehalten. Am Schluss werden Eck­ punkte einer möglichen verfassungskonformen Neuregelung kurz ange­ rissen. Naturgemäß konnten viele Aspekte nicht näher untersucht werden und bleiben der künftigen Forschung überlassen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei vier Fragen zukommen: Erstens, der Vereinbarkeit der Geld­ wäschegesetzgebung mit den Grundrechten auf Daten- und Privatsphäre­ schutz. Zweitens, ob sich die Indienstnahme Privater im Rahmen der Geldwäschebekämpfung in den verfassungsrechtlichen Grenzen hält. Drittens sollte dringend die Rolle des sog. soft law und der neuen, in­ formellen Regelungsarchitektur reflektiert werden, die den Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung prägt und auch im Steuerrecht weiter auf dem Vormarsch ist. Gerade hier drohen rechtsstaatliche Grundprinzipien und Menschenrechte ins Hintertreffen zu geraten.1768 Im Mai 2020 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan zur Geldwäschebekämpfung vorgelegt.1769 Nach der vierten und fünften Geldwäscherichtlinie und der Richtlinie über die strafrechtliche Be­ kämpfung der Geldwäsche ist es bereits das vierte größere Reformvorha­ ben im Bereich der europäischen Geldwäschegesetzgebung binnen weni­ ger Jahre. Es ist bemerkenswert, mit welcher Rastlosigkeit die Europäische Kommission auf ein höchst unscharfes Ziel – die „Verbesserung der Geldwäschebekämpfung“1770 – hinarbeitet. Im Rahmen des Aktionsplans beabsichtigt die Kommission auch, die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden (FIUs, Aufsichtsbehörden, Strafverfolgungs-, Zoll1768 Vgl. United Nations, Report of the Special Rapporteur on the promotion and pro­ tection of human rights and fundamental freedoms while countering terrorism, 29.08.2019, A/74/335. 1769 Communication from the Commission on an Action Plan for a comprehensive Union policy on preventing money laundering and terrorist financing, 07.05.2020, C(2020) 2800 final. 1770 Kritisch zu dieser Form der Gesetzgebung ohne Ziel und Halt z. B. Hefendehl, GA 2007, 1 (2–3).

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Zusammenfassung und Ausblick

und Finanzbehörden) zu stärken, wobei der Kommission insbesondere der Informationsaustausch zwischen diesen Behörden verbesserungs­ würdig erscheint.1771 Man darf gespannt sein, ob die Kommission im Zuge der Umsetzung des Aktionsplans die Nutzung der Geldwäschege­ setzgebung als Instrument zur Verhinderung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung vorantreiben wird.

1771 Communication from the Commission on an Action Plan for a comprehensive Union policy on preventing money laundering and terrorist financing, 07.05.2020, C(2020) 2800 final, S. 13.

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Nachtrag Ausgewählte Rechtsänderungen, Literatur und Rechtsprechung seit dem 31.10.2020

An dieser Stelle werden die wesentlichen Änderungen der Rechtslage seit dem 31. Oktober 2020 – dem Datum der Fertigstellung der Arbeit – sowie ausgewählte neu erschienene Literatur dargestellt und zu den The­ sen der Arbeit in Bezug gesetzt. Während ein Teil der Rechtsänderungen eher technischer Natur ist (insb. im Bereich GwG), haben andere grund­ sätzliche Bedeutung (insb. Reform des § 261 StGB). Es wird jedoch ge­ zeigt, dass keines der hier erläuterten Ereignisse die in der vorstehenden Arbeit herausgearbeiteten Entwicklungen und Thesen in Frage stellt, sondern diese vielmehr bestätigt. Rechts- und Sachstand dieses Nachtra­ ges ist der 31. August 2021.

A. Reform des § 261 StGB In Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (GwStrafRL)1772 hat der deutsche Gesetzgeber § 261 StGB durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 20211773 zum dreißigsten Mal geändert.1774 Eine Gegenüberstellung der alten und der neuen Fassung findet sich am Ende dieses Nachtrags.1775 Voraus­gegangen war der Neufassung ein Referen­ tenentwurf des Bundesjustizministeriums vom 11. August 2020, den der Verfasser bereits an anderer Stelle ausführlich besprochen hat und auf den deshalb hier nicht mehr eingegangen werden soll.1776 Dieser Referen­ tenentwurf ist im Gesetzgebungsverfahren – vor allem durch den Rechts­ ausschuss des Deutschen Bundestages – erheblich umgestaltet worden. Im Rahmen dieses Nachtrags sollen nur mit Blick auf die Fragestellung besonders relevante Änderungen angesprochen werden, nicht jedoch sämtliche Aspekte des neu gefassten § 261 StGB; insoweit wird auf die dazu erschienene und hier zitierte Literatur verwiesen. 1772 Dazu oben Kapitel 1 B. II. 1. c). 1773 BGBl. I 2021, 327. 1774 Siehe dazu bereits Fn. 388. Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (330) nennen sogar „34 Änderungsbefehle seit dem 15.07.1992“, denen sie nur jeweils vier (!) Ände­ rungen des Betrugs- und sogar des Computerbetrugs-Tatbestandes gegenüberstel­ len. 1775 Siehe unten Tabelle 3: Synopse zu § 261 StGB. 1776 Schindler, NZWiSt 2020, 457–469; zum Ref-E und der Reformdiskussion insge­ samt siehe ferner Schröder/Blaue, NZWiSt 2019, 161–168; Böse/Jansen, JZ 2020, 591–598; Vogel, ZRP 2020, 111–115; Spitzer, ZRP 2020, 216–218; Hiéramente, jurisPR-StrafR 21/2020 Anm. 1; Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045–1051; Hoch, StV 2020, Heft 11, S. I.

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Nachtrag 

I. Streichung des Vortatenkatalogs Die wohl gravierendste Änderung ist die Streichung des vormals in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB (a. F.) enthaltenen Vortatenkatalogs. Seit der Neufas­ sung kommt als Vortat jede „rechtswidrige Tat“ im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht. Damit ist der Gesetzgeber bewusst über die Vor­ gaben der FATF und der GwStrafRL hinausgegangen.1777 Die Möglichkeit, den Vortatenkatalog beizubehalten und lediglich im Einklang mit Art. 2 Nr. 1 GwStrafRL zu erweitern, verwarf der Gesetzgeber. In der Regie­ rungsbegründung heißt es: „Die gebotene Erweiterung des bisherigen Vortatenkatalogs kommt daher aus rechtssystematischen und auch aus kriminalpolitischen Gründen nicht ohne eine über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehende Ausdehnung aus.“1778

Angesichts der Tatsache, dass § 261 StGB schon jetzt nicht in die Syste­ matik der Anschlussdelikte passt,1779 in sich nicht schlüssig und in der Praxis kaum handhabbar ist, entbehrt diese Begründung nicht einer ge­ wissen Ironie – zumal die Neufassung ebenfalls nicht durch besondere Klarheit glänzt.1780 Tatsächlich aber wäre § 261 StGB durch eine punk­ tuelle Erweiterung des Vortatenkatalogs noch unübersichtlicher und in sich widersprüchlich geworden. Insoweit ist die Kritik eher an den euro­ päischen Richtliniengeber zu richten, der einen sehr umfassenden Vorta­ tenkatalog vorgegeben hat, dessen punktuelle Umsetzung zwar möglich, aber diffizil erscheint.1781 Wenig überzeugend ist das im Regierungsent­ wurf vorgebrachte Argument, „in einem immer stärker zusammenwachsenden Europa ist es naheliegend, dass Straftäter […] beispielsweise die Reise- und Kapitalverkehrsfreiheit dazu nutzen, strafbar erworbenes Vermögen über Umwege wieder in den Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.“1782

Zum einen gibt es die Reise- und Kapitalverkehrsfreiheit nicht erst seit gestern, zum anderen werden diese Ausführungen nicht mit wissen­ schaftlichen Untersuchungen oder wenigstens polizeilichen Erkenntnis­ sen unterfüttert.1783 Es ist gleichwohl nicht überraschend, dass der Erfor­ 1777 Vgl. Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24810, S. 12–13 und 16. 1778 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24810, S. 16. 1779 Dazu Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1046). 1780 So auch die Kritik von Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (126). 1781 So treffend Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1046). 1782 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24810, S. 16. 1783 So auch die Kritik von Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (333–334). Sie verweisen auch auf Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (418–419), wonach die der Geld­ wäsche unterzogenen Vermögenswerte zu 90 % aus Deutschland stammen. Das betrifft jedoch nur die Fälle, in denen es zu einer Aburteilung kam (Bussmann/ Veljovic, NZWiSt 2020, 417 (417)), was bei Fällen mit Auslandsbezug aufgrund der aufwändigen und häufig ergebnislosen Ermittlungen eher selten ist. Das

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A.  Reform des § 261 StGB

schung der Rechtstatsachen in einem wegen des drohenden Ablaufs der Umsetzungsfrist der GwStrafRL eilig zusammengezimmerten Gesetzes­ entwurf keine Priorität eingeräumt worden ist.1784 Letztlich geht es dar­ um auch nicht. Entscheidend ist vielmehr die Erwartung der Bundesre­ gierung, dass „[d]ie Geldwäschestrafbarkeit […] damit deutlich häufiger als bisher greifen [wird].“1785 Die Bundesregierung meint, „mit dem Ver­ zicht auf einen selektiven Vortatenkatalog […] wird […] die Beweisfüh­ rung erleichtert.“1786 Beide Erwartungen sind einerseits unbegründet, ja geradezu „naiv“1787, andererseits beunruhigend. Dass die Geldwäschestrafbarkeit deutlich häufiger als bisher greifen wird, ist insoweit richtig, als durch die Neufassung eine noch überwälti­ gendere Menge von Sachverhalten zumindest den objektiven Tatbestand erfüllen wird. Wenn man den Schätzungen über den Umfang der Geldwä­ sche in Deutschland glauben mag1788, erscheint die Annahme nicht un­ plausibel, dass praktisch das gesamte in Deutschland umlaufende Ver­ mögen nach dem extensiven Begriffsverständnis des Bundesgerichtshofs aus Straftaten herrührt. Bittmann spricht pointiert von „82 Millionen Straftätern“1789. Ob das aber der Geldwäschebekämpfung insgesamt zu­ träglich ist, darf man bezweifeln. Angesichts der weitgehenden Bedeu­ tungslosigkeit des Vortatenkatalogs für die Frage, ob eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG zu erstatten ist,1790 ist zwar fraglich, ob es allein wegen Wegfalls des Vortatenkatalogs zu einem weiteren Anstieg von Meldun­ gen nach § 43 Abs. 1 GwG kommen wird.1791 Richtig ist zwar, dass § 43 Abs. 1 GwG einen Vortatbezug verlangt.1792 Das ist für die Verpflichteten aber praktisch unmöglich durchzuhalten.1793 Mit Bülte kann man des­

spricht aufgrund des vermuteten Dunkelfeldes allerdings – entgegen Gercke/ Jahn/Paul, StV 2021, 330 (333–334) – nicht gegen die in der Regierungsbegrün­ dung anklingende (unfundierte) Vermutung, denn die Zahlen von Bussmann/Veljovic spiegeln die derzeitige Strafverfolgungspraxis wieder, während es in dem Regierungsentwurf ersichtlich gerade um solche Fälle geht, die derzeit nicht ver­ folgt werden (können). 1784 Die Umsetzungsfrist wurde von Deutschland schließlich sogar überschritten, was zu einer Mahnung der EU-Kommission führte, siehe Mahnschreiben der EU-Kommission vom 03.02.2021, INFR(2021)0026.  1785 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24810, S. 12. Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (331) vermuten dabei einen Zusammenhang mit der Mutual Evaluation Deutsch­ lands durch die FATF. 1786 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24810, S. 29. 1787 So Hoch, StV Heft 11/2020, S. I. 1788 Zur Belastbarkeit solcher Zahlen siehe bereits Kapitel 1 A. III. 1. 1789 Bittmann, ZWH 2021, 157 (157). 1790 Dazu siehe oben Kapitel 2 D Ziff. 6. 1791 So die Vermutung von Hoch, StV Heft 11/2020, S. I. 1792 Dies betont Hiéramente, jurisPR-StrafR 21/2020 Anm. 1 (unter I.) 1793 Dazu bereits ausführlich Kapitel 1 B. III. 2. f) aa) (2) und Kapitel 2 D.

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Nachtrag 

halb eher sagen, dass es durch Streichung des Vortatenkatalogs zu einer „Annäherung an die illegale Praxis“ kommt.1794 Doch die Verschärfung des § 261 StGB birgt durchaus die Gefahr, dass sich die Mitarbeiter der FIU im Zweifel für die Weiterleitung einer Ver­ dachtsmeldung entscheiden werden, um sich nicht dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt1795 auszusetzen – was wiederum zur Über­ schwemmung der Ermittlungsbehörden mit (in aller Regel wertlosen) Meldungen führen würde. Abgesehen davon wird die Flut an Ermitt­ lungsverfahren entweder zu massenhaften Einstellungen eines Großteils der Bagatellfälle führen, oder – das ist angesichts der ermittlungsbehörd­ lichen Ressourcen wahrscheinlicher – zur Einstellung aller komplizier­ ten Fälle und der verstärkten Konzentration auf ebenjene Bagatellen, die schon heute das Gros der Verurteilungen ausmachen.1796 Festzuhalten bleibt dabei, dass eine weit ausgreifende, unverhältnismäßig erscheinen­ de Strafdrohung, die sich nicht an einem Strafbarkeitsbedürfnis, sondern an Strafverfolgungsbedürfnissen orientiert, auch durch den Verweis auf die §§ 153 ff. StPO nicht verhältnismäßig werden kann.1797 Der im Regierungsentwurf formulierte Glaube, der all-crimes-Ansatz er­ leichtere die Beweisführung, ist ein Irrglaube. Das zentrale praktische Problem ist die Zuordnung eines Gegenstandes zu einem Vortatgesche­ hen, nicht die rechtliche Einordnung dieses Vortatgeschehens.1798 Dieses Problem wird bleiben,1799 zumal sich auch der Regierungsentwurf – beun­ ruhigenderweise – zur Betonung der rechtsstaatlichen Selbstverständ­ lichkeit veranlasst sieht, dass „[d]as Gericht […] von der strafrechtlichen Herkunft des Geldwäschegegenstands überzeugt sein [muss]“ und andere Maßstäbe gelten als für die selbständige Einziehung.1800 Im Übrigen gibt es bereits zahlreiche Rechtsordnungen, die dem all-crimes-Ansatz fol­ gen, ohne dass durchschlagende Erfolge offenbar geworden wären. Es ist nicht ersichtlich, warum dieses Regelungsmodell ausgerechnet in 1794 Bülte, Geldwäsche & Recht 2021, 8 (8). 1795 Zu einem entsprechenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Osna­ brück, das der Geldwäschebekämpfung voraussichtlich einen Bärendienst erwei­ sen wird, siehe u. a. Wilmroth, SZ v. 15.07.2020, S. 17. 1796 So auch die Vermutung von Spitzer, ZRP 2020, 216 (216–217). 1797 So zutreffend Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (334–335); Bittmann, ZWH 2021, 157 (158); Bülte, Geldwäsche & Recht 2021, 8 (8); ferner Hiéramente, jurisPR-­ StrafR 21/2020 Anm. 1 (unter I.). 1798 Dazu siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (4). 1799 So auch Bittmann, ZWH 2021, 157 (159); Schindler, NZWiSt 2020, 457 (463); Vogel, Warum die Reform des Geldwäscheparagraphen ihr Ziel verfehlt, ver­ fassungsblog v. 24.08.2020 (dritter Absatz). Anders wohl Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (126): „Die Gesetzesbegründung geht daher zutreffend von einer erheblichen Beweiserleichterung für Geldwäschestrafverfahren aus.“ 1800 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24810, S. 29–30. Nicht von der Hand zu weisen sind aber die Zweifel von El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, 210 (212), ob sich eine unterschiedliche Handhabung in der Praxis wird durchhalten lassen.

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A.  Reform des § 261 StGB

Deutschland einen Durchbruch bringen sollte.1801 Ein wenig erleichtert wird zwar die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Geldwä­ sche, doch: Auch ohne Vortatenkatalog bleibt es beim Erfordernis des doppelten Anfangsverdachts und für bestimmte, besonders intensive Er­ mittlungsmaßnahmen ist weiterhin eine Art „Vortatenkatalog“ vorgese­ hen (§§ 100a, 100b, 100g StPO).1802 Es wird auch weiterhin nicht für den Anfangsverdacht der Geldwäsche ausreichen, dass die Herkunft eines aufgefundenen Vermögensgegenstandes lediglich unklar oder irgendwie zweifelhaft ist.1803 Allerdings gibt die bisherige Verfolgungspraxis Anlass zu der Vermutung, dass sich die Strafverfolgungsbehörden durch den Wegfall des Vortatenkatalogs ermutigt fühlen werden, sehr geringe An­ forderungen an den Anfangsverdacht der Geldwäsche zu stellen.1804

II. Tatobjekt der Geldwäsche Tatobjekt der Geldwäsche ist auch weiterhin ein „Gegenstand“, der aus der Vortat „herrührt“. Eine andere Umschreibung der Tatobjekte unter Verzicht insbesondere auf den Herrührensbegriff, wie sie noch im Re­ gierungsentwurf enthalten war,1805 wurde vom Bundesrat1806 und vom Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages1807 abgelehnt. Damit bleibt es bei dem hochproblematischen Begriff des Herrührens.1808 Ebenfalls am Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages scheiterte die noch im Regierungsentwurf vorgesehene1809 Ausdehnung des § 261 Abs. 6 StGB a. F. auf den gesamten Tatbestand.1810 Damit ist die in dieser 1801 Schindler, NZWiSt 2020, 457 (463); Vogel, Warum die Reform des Geldwäsche­ paragraphen ihr Ziel verfehlt, verfassungsblog v. 24.08.2020 (dritter Absatz). 1802 Vgl. Bülte, Geldwäsche & Recht 2021, 8 (9–10); Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (129); Böhme/Busch, wistra 2021, 169 (171); ein weiteres Absinken der Anforderungen an den Anfangsverdacht in der Praxis befürchtem jedoch mit nachvollziehbaren Argumenten Hiéramente, jurisPR-StrafR 21/2020 Anm. 1 (un­ ter II.); El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, 210 (212). 1803 Bittmann, ZWH 2021, 157 (161). Siehe jüngst zu den Anforderungen an den An­ fangsverdacht einer Geldwäsche (nach altem Recht) BVerfG, Beschl. v. 03.03.2021 – 2 BvR 1746/18, NJW 2021, 1452; Beschl. v. 31.03.2020 – 2 BvR 2992/14, NStZ 2020, 557 (m. zust. Anm. Neuheuser). 1804 Gazeas, NJW 2021, 1041 (1043) sieht deshalb zu Recht ein „erheblich gestiege­ ne[s] Strafverfolgungsrisiko“. 1805 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 7, 28–30. 1806 Stellungnahme zum Regierungsentwurf, BR-Drs. 620/20, S. 4–6. 1807 Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 19/26602, S. 8. 1808 Dazu ausführlich bereits oben Kapitel 1 B. II. 3. bb) (4). Bittmann, ZWH 2021, 157 (160) und Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (336) plädieren vor diesem Hin­ tergrund für eine Makelquote von mindestens 50 %; zur Makelquote siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (3). 1809 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 31–32. 1810 Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 19/26602, S. 8; bedauernd Gazeas, NJW 2021, 1041 (1043).

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Nachtrag 

Arbeit geübte Kritik an § 261 Abs. 6 StGB a. F. auf § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB n. F. zu übertragen.1811 Mit Ersetzung des Wortes „Straftat“ durch die Worte „rechtswidrige Tat“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) hat sich indes die Streitfrage erledigt, ob mit „Straftat“ i. S. d. § 261 Abs. 6 bzw. nun Abs. 1 Satz 2 StGB jede Straftat gemeint ist, oder nur eine Geldwäschetat.1812 Ferner stellt der neue Wortlaut klar, dass – was bisher umstritten war1813 – der straflose Vorerwerb nicht lediglich einen persönlichen Strafausschlie­ ßungsgrund darstellt, sondern in seinem Anwendungsbereich den Tatbe­ stand einschränkt.1814

III. Privilegierung, Sonderdelikt und Selbstgeldwäsche Im Zuge der Reform wurde eine den Vorgaben des Bundesverfassungsge­ richts genügende Regelung zur Privilegierung des Strafverteidigers1815 – hier: die Vorsatzlösung – in § 261 StGB aufgenommen (§ 261 Abs. 1 Satz 3, Abs. 6 Satz 2 StGB). Damit wird lediglich umgesetzt, was auch ohne die Regelung von Verfassungs wegen gilt;1816 Fischers Kritik an der Begründung des Strafverteidigerprivilegs durch das Bundesverfassungsge­ richt ist damit der Boden entzogen1817. Der Gesetzgeber hat dabei nicht weniger, aber auch nicht mehr getan, als die Vorgaben des Bundesverfas­ sungsgerichts umzusetzen.1818 Rufe nach einer Ausweitung der Privile­ gierung auf andere Berufsgruppen bzw. Tätigkeiten blieben unerhört.1819 Gänzlich neu ist indes die Schaffung eines Sonderdelikts für Verpflichte­ te nach § 2 GwG in § 261 Abs. 4 StGB. Für diese gilt weiterhin der „alte“ Strafrahmen, d. h. Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, während im Übrigen auf die Mindestfreiheitsstrafe verzichtet wird und alternativ auch die Verhängung einer Geldstrafe in Betracht kommt (§ 261 Abs. 1 Satz 1 StGB).1820 Kurze Freiheitsstrafen sollten gemäß § 47 1811 Siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) dd). 1812 Siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (1). 1813 Siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) bb) (1). 1814 Böhme/Busch, wistra 2021, 169 (172–173); Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (336), auch zur Frage, ob eine extensive Auslegung, die den gesamten Tatbestand erfasst, in verfassungskonformer Auslegung geboten sein könnte. 1815 Kritisch zur Verwendung dieses unbestimmten Begriffs Hiéramente, jurisPR-­ StrafR 21/2020 Anm. 1 (unter V.) 1816 Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (128); El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, 210 (213). 1817 Fischer, StGB, § 261 Rn. 53. 1818 Deshalb kritisch Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1050); Gercke/Jahn/ Paul, StV 2021, 330 (338–339). 1819 Gazeas, NJW 2021, 1041 (1046); ferner Travers/Michaelis, NZWiST 2021, 125 (128). 1820 Zu den Auswirkungen, die dies auf die Anwendung der Kronzeugenregelung der § 46b StGB, § 153b StPO hat, siehe Hiéramente, jurisPR-StrafR 21/2020 Anm. 1 (unter IV.).

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A.  Reform des § 261 StGB

Abs. 2 Satz 1 StGB aber auch bei Verpflichteten i. S. d. § 2 GwG nur aus­ nahmsweise verhängt werden. Die Regelung ist aus zwei Gründen kritik­ würdig: Zum einen, weil die Verweisung auf § 2 GwG rechtstechnisch unsauber ist. Verpflichtete im Sinne des § 2 GwG sind nämlich nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen und Personenge­ sellschaften. Die merkwürdige Folge ist, dass der angestellte Compliance-­ Officer eines Unternehmens von § 261 Abs. 4 StGB nicht erfasst wird, ein Notar oder selbständiger Rechtsanwalt indes schon, da die Verpflich­ teteneigenschaft kein strafbegründendes, sondern ein strafschärfendes besonderes persönliches Merkmal ist, auf das § 14 StGB nicht anzuwen­ den ist.1821 Zum anderen erscheint es unangebracht, den Druck auf die Verpflichteten weiter zu erhöhen.1822 Anders als die Streichung des Vorta­ tenkatalogs, der die Verpflichteten ohnehin kaum von einer Meldung ab­ hält, vermag die gegenüber der Allgemeinheit erhöhte Strafdrohung die Verpflichteten dazu zu veranlassen, aus reiner Vorsicht noch mehr Sach­ verhalte als bisher zu melden.1823 Im Ergebnis müssten die FIU und ggf. die Ermittlungsbehörden zum einen noch mehr wertlose Meldungen abarbeiten, zum anderen käme es zu noch mehr Eingriffen in die Grund­ rechte Unverdächtiger. Die grundrechtlichen Spannungen werden durch die Reform des § 261 StGB somit intensiviert, während das Gewicht der Rechtfertigungsgründe durch Streichung des Vortatenkataloges abnimmt, was die Vereinbarkeit des GwG mit höherrangigem Recht weiter in Frage stellt. Im Kern beibehalten, aber sprachlich klarer gefasst worden ist die Rege­ lung über die Selbstgeldwäsche, die sich nun in § 261 Abs. 7 StGB fin­ det.1824

IV. Umgestaltung der Tathandlungen Durch die Reform wurden auch die Tathandlungen umgestaltet.1825 Der Isolierungstatbestand (§ 261 Abs. 2 StGB a. F.) findet sich nun ohne in­ haltliche Modifikation in § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 StGB. Der sog. Verschleierungstatbestand findet sich in § 261 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wobei 1821 Vgl. Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (128); Böhme/Busch, wistra 2021, 169 (171); zum Begriff des „besonderen persönlichen Merkmals“ in § 14 StGB siehe nur Schönke/Schröder/Perron/Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, § 14 Rn. 8. 1822 Zum Druck auf die Verpflichteten siehe bereits oben Kapitel 1 C Ziff. 4. 1823 So bereits Schindler, NZWiSt 2020, 457 (468). 1824 Zu Friktionen mit der Neufassung der Tathandlungen Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (339); Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1051). Zu Zweifeln an der Richtlinienkonformität der Regelung El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, 210 (214). 1825 Sehr lesenswert zur Neufassung der Tathandlungen insgesamt Altenhain/Flecken­ stein, JZ 2020, 1045 (1048–1050).

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Nachtrag 

nur noch die Tathandlung des „Verbergens“ übriggeblieben ist, also „jede zielgerichtete Tätigkeit, die mittels einer nicht üblichen örtlichen Un­ terbringung oder einer den Gegenstand verdeckenden Handlung den Zu­ gang zu dem Tatobjekt erschwert.“1826 Dabei soll schon die objektive Eig­ nung ausreichen; eines konkreten Gefahrerfolges soll es nicht mehr bedürfen.1827 Die Tathandlung des „Verschleierns der Herkunft“ ging hingegen zusam­ men mit dem Vereitelungstatbestand in § 261 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 StGB auf. § 261 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst den Umtausch, die Übertragung oder das Verbringen des Gegenstandes in der Absicht, das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft dieses Gegenstandes zu vereiteln, während § 261 Abs. 2 StGB das Verheimlichen oder Verschlei­ ern von Tatsachen erfasst, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstandes von Bedeutung sein kön­ nen.1828 Ob dies zum Erfolg geführt hat, soll unbeachtlich sein und auch einer Vereitelungsabsicht soll es im Rahmen § 261 Abs. 2 StGB nicht bedürfen.1829 Damit wird die Geldwäsche endgültig zu einem abstrakten Gefährdungsdelikt – wohlgemerkt einem mit Versuchsstrafbarkeit (§ 261 Abs. 3 StGB). Das kann zu systematisch nicht stimmigen Ergebnissen führen, die zu­ gleich die erhebliche Ausweitung der Strafbarkeit nach § 261 StGB ins Vorfeld unterstreichen: § 261 Abs. 2 StGB kann unter den Voraussetzun­ gen des § 13 StGB auch durch Unterlassen begangen werden, d. h. durch schlichtes Schweigen über Tatsachen, wenn eine Offenbarungspflicht besteht. Geht man davon aus, dass der gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 StPO aus­ sagepflichtige Zeuge Garant für die staatliche Strafrechtspflege ist, wie es bei der Strafvereitelung (§ 258 StGB) weitgehend anerkannt ist,1830 dann kann sich ein Zeuge allein durch eine unberechtigte Verweigerung des Zeugnisses wegen vollendeter Geldwäsche durch Unterlassen gem. §§ 261 Abs. 2, 13 Abs. 1 StGB strafbar machen.1831 Als erhebliches Pro­ blem erweist sich dabei auch die große Unbestimmtheit des § 261 Abs. 2 1826 Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl. 2019, § 261 Rn. 14. 1827 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 30. Zur Gefahr der Aushebelung des Strafverfolgerprivilegs siehe Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1048–1049). Zu dem Streit, ob der Verschleierungstatbestand als abstraktes oder als konkre­ tes Gefährdungsdelikt ausgestaltet ist, siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) cc). 1828 Treffend die Unterscheidung zwischen „objektbezogenen“ und „informationsbe­ zogenen“ Tathandlungen bei Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1049). 1829 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 33; a. A. Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (337). 1830 OLG Köln, Beschl. v. 11.12.2009 – 2 Ws 588/09, NStZ-RR 2010, 146; zum Streitstand Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, Rn. 11. 1831 So Bittmann, ZWH 2021, 157 (161); an der Unterlassungsstrafbarkeit zweifelnd Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (338–339) m. w. N. in Fn. 110.

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A.  Reform des § 261 StGB

Satz 1 StGB, denn für die meisten Zeugen wird nicht erkennbar sein, welche Tatsachen für die Strafverfolgungsbehörden hilfreich sein könn­ ten.1832 Für eine Strafbarkeit wegen vollendeter Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB) bedürfte es indes eines Vereitelungserfolges, während es für § 261 Abs. 2 StGB nach der Regierungsbegründung nicht darauf ankom­ men soll, ob das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Her­ kunft des Gegenstandes tatsächlich erschwert worden ist, ja noch nicht einmal darauf, ob die Kenntnis der Tatsachen, die verschwiegen worden sind, wirklich erforderlich gewesen wäre; es soll genügen, wenn ihre Kenntnis „hilfreich“ gewesen wäre.1833 Fraglich ist auch, ob es im subjektiven Tatbestand weitere Friktionen gibt: Während § 258 Abs. 1 StGB zumindest Wissentlichkeit verlangt, genügt bei § 261 StGB bedingter Vorsatz und hinsichtlich des Herrüh­ rens sogar Leichtfertigkeit. Zwar soll aus den Wörtern „verbirgt“ bzw. „verheimlicht oder verschleiert“ laut dem Regierungsentwurf gefolgert werden, es bedürfe auf subjektiver Ebene einer sog. manipulativen Ten­ denz,1834 was in Richtung eines Absichtserfordernisses deutet. Anderer­ seits heißt es im Regierungsentwurf auch, bedingter Vorsatz sei ausrei­ chend.1835 Es ist also durchaus fraglich, wie die Rechtsprechung diese Fälle künftig beurteilen wird.1836 Da eine § 258 Abs. 3 StGB entsprechende Regelung in § 261 StGB fehlt, könnte man sogar dazu kommen, dass der unberechtigt schweigende Zeuge schwerer bestraft wird als der Vortäter.

V. Festhalten am Leichtfertigkeitstatbestand § 261 StGB pönalisiert auch in der Neufassung die bloß leichtfertige Geldwäsche (§ 261 Abs. 6 Satz 1 StGB). Das ist einigermaßen erstaun­ lich, wenn man sich vor Augen führt, dass der Leichtfertigkeitstat­bestand dazu gedacht war, Beweisschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Vortatenkatalog zu überwinden.1837 Im Referentenentwurf war noch vor­ gesehen, den Leichtfertigkeitstatbestand zu streichen, weil er „andern­ falls […] eine nahezu uferlose Anwendungsbreite erhielte“, „das b ­ isher 1832 So Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1049), die darin einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG sehen. 1833 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 33. 1834 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 33 und S. 30: „bewusst gewählte finale Verbform“. 1835 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 33. 1836 Vgl. El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, 210 (213); Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1048) weisen zutreffend darauf hin, dass eine manipulative Tendenz auch im Schrifttum häufig als erforderlich angesehen werde, im subjektiven Tat­ bestand aber Absicht nicht gefordert werde. 1837 Siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) dd).

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Nachtrag 

angeführte Bedürfnis für den Leichtfertigkeitstatbestand weit­ gehend“ entfallen sei und wegen der „künftig sehr weitreichenden Vorsatzstraf­ barkeit … eine Kriminalisierung alltäglichen Verhaltens“ zu befürchten sei; schließlich sehe auch die GwStrafRL die Pönalisierung leichtfertiger Geldwäsche nicht vor.1838 Im Regierungsentwurf war der Leichtfertig­ keitstatbestand jedoch enthalten – ohne Begründung. Es wird lediglich anerkannt, dass dadurch „der Anwendungsbereich der leichtfertigen Geldwäsche […] erheblich ausgeweitet“1839 wird. Dies lässt die gebotene rechtsstaatliche Sensibilität vermissen1840 und ist auch mit Blick auf die Neufassung der Tathandlungen nicht stimmig1841. An der in der vorste­ henden Arbeit geübten Kritik an der Pönalisierung leichtfertiger Geldwä­ sche wird deshalb mit Nachdruck festgehalten.1842

VI. Steuerhinterziehung als Vortat der Geldwäsche Bemerkenswert und uneingeschränkt zu begrüßen ist die Streichung des § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB a. F., der auch „die durch die Steuerhinterzie­ hung ersparten Aufwendungen“ als Tatobjekte fingierte.1843 Soweit § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB auch Steuererstattungen und -vergütungen adressier­ te, hatte er lediglich klarstellende Funktion; wenn die Taterträge diese Gestalt annehmen, sind sie mithin weiterhin geldwäschetauglich.1844 Der Wegfall dieser Vorschrift stellt nicht in dem Sinne eine Trendwende dar, dass die in dieser Arbeit aufgezeigte Verknüpfung von Geldwäsche­ gesetzgebung und Steuerrecht aus konzeptionellen Gründen geschwächt worden wäre. Darin liegt vielmehr das Eingeständnis, dass § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB „praktisch nicht durchführbar“1845 und „in jeglicher Hin­

1838 Referentenentwurf vom 11.08.2020, S. 19–20; dies befürwortend Schindler, NZWiSt 2020, 457 (467). 1839 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 34. 1840 Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (128); Hiéramente, jurisPR-StrafR 21/2020 Anm. 1 (unter III.), der auch mutmaßt, damit habe die Bundesregierung „offen­ sichtlich [dem] Drängen der Ermittlungsbehörden“ – namentlich des Bundes Deutscher Kriminalbeamter – nachgegeben; ebenso El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, 210 (214). 1841 Darauf weisen Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1050) hin: „schwer vor­ stellbar, dass ein Täter die Herkunft des Tatobjekts leichtfertig verkennt und zu­ gleich den Vorsatz hat, es vor den Strafverfolgungsbehörden zu verbergen (…), die Ermittlung zu vereiteln (…) oder dafür bedeutsame Tatsachen zu verheimlichen oder zu verschleiern (…).“; treffend Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (339): „‚Leichtfertige Manipulativität‘ ist ein Oxymoron des Geldwäschestrafrechts.“ 1842 Siehe oben Kapitel 1 B. II. 3. c) dd); ferner Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (131). 1843 Siehe oben Kapitel 2 C. III. 1844 Gazeas, NJW 2021, 1041 (1042). 1845 Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/24180, S. 17.

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B.  Entwicklungen im Bereich des GwG

sicht missglückt“1846 war.1847 Die Rechtsprechung hat die Folgerungen aus dieser Änderung bereits gezogen.1848 Damit hat sich die in der vorste­ henden Arbeit geübte Kritik an § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB a. F. erledigt. Abgesehen davon ist die Steuerhinterziehung nun in weiterem Umfang als vorher Vortat der Geldwäsche. Während Steuerhinterziehung seit 2008 nur dann Vortat der Geldwäsche war, wenn sie gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande begangen wurde, ist nun auch die einfache Steuerhinterziehung Vortat, und zwar sowohl zum Nachteil des inländi­ schen wie eines ausländischen Fiskus.1849 Ein geldwäschetauglicher Ge­ genstand ergibt sich freilich nur, wenn der Steuerpflichtige durch die Tat zu Unrecht eine Steuererstattung oder -vergütung erhält. Es hängt bei der Vielzahl der Steuerpflichtigen vom Zufall ab, ob die Festsetzung am Ende des Veranlagungszeitraums die Summe der Vorauszahlungen übersteigt (dann Nachzahlung, bei deren Vermeidung nur ersparte Aufwendungen) oder unterschreitet (dann Erstattung, sodass eine Steuererstattung vor­ liegt).1850 Im Übrigen bleibt es bei der grundlegenden Kritik an der Einbe­ ziehung von Steuerstraftaten in den Kreis der Geldwäschevortaten.1851 Dass die Streichung des § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB a. F. zu einem Rückgang des Meldeaufkommens wegen „auffälliger Sachverhalte im Zusammen­ hang“ mit Steuern führen wird, ist unwahrscheinlich, denn das Melde­ verhalten (§ 43 Abs. 1 GwG) wird in der Praxis durch den Vortatenkata­ log nicht nennenswert restringiert.1852 Die Verpflichteten werden in aller Regel nicht wissen, ob es infolge des beobachteten Sachverhalts zu einer unberechtigten Steuererstattung/-vergütung oder nur zu ersparten Auf­ wendungen kommt – sofern sie überhaupt eine auch nur im Ansatz kon­ kretisierte Vorstellung davon entwickeln, was an dem beobachteten Ge­ schäftsvorgang „faul“ ist.

B. Entwicklungen im Bereich des GwG Das Geldwäschegesetz wurde seit Abschluss der Arbeit mehrfach geän­ dert.1853 Daneben hat das Bundesverwaltungsamt die „Fragen und Ant­ 1846 Altenhain/Fleckenstein, JZ 2020, 1045 (1047). 1847 Böhme/Busch, wistra 2021, 169 (172); Gazeas, NJW 2021, 1041 (1042). 1848 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.05.2021 – 4 Ws 53/21, DStR 2021, 1504 (Ls.): „Durch Steuerhinterziehung ersparte Aufwendungen sind kein taugliche Tatob­ jekt iSd § 261 Abs. 1 StGB idF des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche v. 9.3.2021.“ 1849 Böhme/Busch, wistra 2021, 169 (171). 1850 Schindler, NZWiSt 2020, 457 (464). 1851 Siehe insbesondere Kapitel 2 A. IV. 1852 Siehe dazu Kapitel 1 C Ziff. 4. 1853 Mit Wirkung zum 01.01.2021 in Kraft getreten ist Art. 1 Nr. 25 des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie

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Nachtrag 

worten zum Geldwäschegesetz“ mehrfach aktualisiert. Die Änderungen sind derart zahl- und detailreich, dass sie hier nicht im Einzelnen darge­ stellt werden können und müssen. Stattdessen erfolgt eine Konzentrati­ on auf wesentliche Neuerungen.

I. Begriff des wirtschaftlich Berechtigten Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten i. S. d. § 3 GwG wurde durch das Transparenz- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG) vom 25.06.20211854 mit Wirkung zum 01.08.2021 geändert. Bislang war wirt­ schaftlich Berechtigter i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG „die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspart­ ner letztlich steht“. Es ist bereits angemerkt worden, dass der Begriff „Vertragspartner“ im Kontext der Vorschriften über das Transparenzre­ gister, die ebenfalls an § 3 GwG anknüpfen, nicht passt.1855 Um diesen „Funktionswandel“1856 des Begriffs des wirtschaftlich Berechtigen nach­ zuvollziehen, ist nun in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG statt vom „Vertrags­ partner“ von „eine[r] juristische Person, sonstige[n] Gesellschaft oder ei­ ne[r] Rechtsgestaltung im Sinne des Absatzes 3“ die Rede. Die begriffliche Anpassung wurde allerdings nicht konsequent durchgeführt, sodass der Begriff des Vertragspartners auch weiterhin in § 3 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 GwG zu finden ist.1857

II. Änderungen im Bereich des Transparenzregisters Um den unionsrechtlichen Vorgaben über die Vernetzung der Transpa­ renzregister entsprechen zu können,1858 musste das bislang als Auffangre­ gister ausgestaltete Transparenzregister zum Vollregister ausgebaut wer­ v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2602, wodurch § 26a GwG neu eingefügt wurde. Weitere Änderungen erfolgten durch Art. 92 des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts v. 10.08.2021, BGBl. I 2021, 3436 (Inkrafttreten: 01.01.2024); Art. 24 Abs. 11 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 25.06.2021, BGBl. I ­ 2021, 2154; Art. 1 des Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetzes v. 25.06.2021, BGBl. I 2021, 2083; Art. 9 des Finanzmarktintegritätsstärkungsge­ setzes v. 03.06.2021; Art. 7 Abs. 16 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten v. 12.05.2021, BGBl. I 2021, 990; Art. 5 Abs. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtli­ chen Bekämpfung der Geldwäsche v. 09.03.2021, BGBl. I 2021, 327; Art. 6 Abs. 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesmeldegesetzes v. 15.01.2021, BGBl. I 2021, 530 (Inkrafttreten: 01.05.2022). 1854 Siehe Fn. 1853. 1855 Siehe bereits oben Kapitel 1 A. I. 1 a) aa). 1856 Regierungsentwurf zum TraFinG, BT-Drs. 19/28164, S. 42. 1857 Kritisch Bode/Gätsch, NZG 2021, 437 (438). 1858 Art. 67 Abs. 1 RL (EU) 2015/849 i. d. F. der RL (EU) 2018/843.

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B.  Entwicklungen im Bereich des GwG

den.1859 Dazu wurde die (partielle und generelle) Mitteilungsfiktion in § 20 Abs. 2 GwG durch das TraFinG ersatzlos gestrichen,1860 was auf er­ hebliche Kritik gestoßen ist.1861 Damit sind nunmehr sämtliche transpa­ renzpflichtige Einheiten i. S. d. §§ 20 Abs. 1, 21 GwG mit Sitz in Deutsch­ land mitteilungspflichtig. Dabei ist auf den Satzungssitz abzustellen.1862 Im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften können auch Vereinigun­ gen mit Sitz im Ausland nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Satz 2 und 3 GwG mitteilungspflichtig sein, wobei die Mitteilungspflicht durch das TraFinG auch auf Fälle des mittelbaren Erwerbs von Immobilien erweitert wor­ den ist. Für die Verpflichteten bringt das TraFinG eine Erleichterung. Sie müssen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG abklären, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt und diesen ggf. identifizieren, indem sie beim Vertragspartner oder den für diesen auftretenden Personen die gesetzlich geforderten Angaben erheben (§ 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 GwG). Eine Erhebung dieser Angaben aus dem Transparenzregister genügt zwar auch weiterhin nicht (§ 11 Abs. 5 Satz 3 HS. 2 GwG); das TraFinG er­ leichtert jedoch die Anforderungen an die Überprüfung dieser Angaben. Nach dem neu eingefügten § 12 Abs. 3 GwG darf sich der Verpflichtete im Regelfall darauf beschränken, Einsicht in das Transparenzregister zu nehmen, wenn der Vertragspartner eine juristische Person, sonstige Ge­ sellschaft oder eine Rechtsgestaltung ist und die Angaben des Verpflich­ teten mit dem Registereintrag übereinstimmen und keine Umstände vorliegen, die auf Risiken hinweisen (§ 12 Abs. 3 Satz 3 GwG). Daneben hat das Bundesverwaltungsamt seine FAQ zum Transparenzre­ gister mehrfach aktualisiert. Die Änderungen betreffen u. a. die Reich­ weite der nun weggefallenen Meldefiktion, aber auch die Auslegung des § 3 GwG, speziell den Begriff des wirtschaftlich Berechtigten in Beteili­ gungsketten. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1–3 GwG sechs Alternativen: Halten von > 25 % der Kapitalanteile (Nr. 1)

unmittelbar mittelbar

Kontrolle von > 25 % der Stimmrechte (Nr. 2) unmittelbar mittelbar Kontrolle auf vergleichbare Weise (Nr. 3)

unmittelbar mittelbar

Dabei ist umstritten, ob mit dem Wort „vergleichbar“ in Nr. 3 auf die Nr. 1 und 2 verwiesen wird, d. h. Kontrolle auf vergleichbare Weise der­ 1859 Vgl. Regierungsentwurf zum TraFinG, BT-Drs. 19/28164, S. 29. 1860 Zu den Mitteilungsfiktionen siehe oben Kapitel 1 B. III. 2. g) bb) (2) (a) und (b). 1861 Siehe z. B. Bode/Gätsch, NZG 2021, 437 (441–442). 1862 Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geld­ wäschegesetz, 01.08.2021, S. 3 (unter A. 2.).

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Nachtrag 

jenige ausübt, wer eine Stellung hat, die mit der eines Minderheitsgesell­ schafters mit Sperrminorität vergleichbar ist.1863 Während manche dies mit dem Bundesverwaltungsamt bejahen wollen,1864 wollen andere für Nr. 3 den Kontrollbegriff des § 3 Abs. 2 Satz 2 GwG zugrunde legen1865.

2. Ebene

Einen Fall der mittelbaren Kontrolle regelt § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 GwG: Hält eine Vereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 GwG mehr als 25 % der Kapi­ talanteile bzw. kontrolliert mehr als 25 % der Stimmrechte, so wird die Beteiligung/Stimmrechtsmacht einer natürliche Person zugerechnet, wenn diese einen beherrschenden Einfluss auf die Vereinigung ausübt, die unmittelbar am Vertragspartner beteiligt ist. Damit sind die Fälle der mittelbaren Beteiligung zwar nicht abschließend geregelt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 GwG: „Kontrolle liegt insbesondere vor, wenn …“), doch wird vertreten, dass die natürliche Person die unmittelbar beteiligte Vereini­ gung in einer Weise kontrollieren muss, die mit einem „beherrschenden Einfluss“ vergleichbar ist. Nicht ausreichen soll es hingegen, wenn auf der 2. Beteiligungsebene nur den Erfordernissen des § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG genügt wird.1866

Fall A

Fall B

natürliche Person

natürliche Person

27,5 %

1. Ebene

B-GmbH

50,1 % B-GmbH

27,5 % A-AG (Vertragspartner)

27,5 % A-AG (Vertragspartner)

Abbildung 7  Wirtschaftliche Berechtigung bei Beteiligungsketten

1863 Zur Frage, ob es sich dabei um gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten handeln muss (wie in Nr. 1 und Nr. 2), siehe oben Kapitel 1 B. III. 2. g) aa) (1) und jüngst John, NZG 2021, 323 (328); Koehler, ZIP 2020, 1399 (1400–1401). 1864 Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geld­ wäschegesetz, 01.08.2021, S. 1 (unter B. II. 3); zustimmend Koehler, ZIP 2020, 1399 (1401–1402); Figura, in: Herzog/Achtelik (Hrsg.), GwG, 4. Aufl. 2020, § 3 Rn. 8; Goette, DStR 2020, 453 (454); Heß/Laschewski, DStR 2019, 2151 (2154). 1865 Bochmann, GmbHR 2021, R32 (R33–R34); John, NZG 2021, 323 (326); Hütten/ Assmann, AG 2020, 849 (854–855); Tebben, ZGR 2020, 430 (439–440). 1866 Bochmann, GmbHR 2021, R32 (R33–R34); John, NZG 2021, 323 (328–329).

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B.  Entwicklungen im Bereich des GwG

Demnach wäre die natürliche Person im Fall A nicht als wirtschaftlich Berechtigter anzusehen, da sie auf die unmittelbar beteiligte B-GmbH nicht in einer Weise Einfluss nehmen kann, die einem beherrschenden Einfluss entspricht. Im Fall B kann die natürlich Person hingegen alle Mehrheitsentscheiden der B-GmbH selbst treffen, sodass ihr die Anteile der B-GmbH an der A-AG zugerechnet werden; sie ist dann als wirt­ schaftlich Berechtigter anzusehen. Anders beurteilt des Bundesverwaltungsamt diese Fälle, indem es auch auf der 2. Ebene bestehende Veto-/Widerspruchsrechte oder eine Sperr­ minorität ausreichen lässt, um die Beteiligung auf 1. Ebene der natürli­ chen Person zuzurechnen, sodass diese als (mittelbar) wirtschaftlich Be­ rechtigter anzusehen gewesen wäre. Das ist in der Literatur auf Kritik gestoßen.1867 In der jüngst veröffentlichten Fassung der FAQ hält das Bun­ desverwaltungsamt im Grundsatz daran fest, dass eine bloße Verhinde­ rungsbeherrschung ausreichen kann. Indes: Diese Auffassung „wird da­ hingehend konkretisiert, dass gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Veto- oder Verhinderungsrechte in bestimmten Fällen zu einem beherr­ schenden Einfluss i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 4 GwG i. V. m. § 290 Abs. 2 bis 4 HGB führen können. […] Maßgeblich sind hierbei die Umstände des Ein­ zelfalls.“1868 Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese „Konkre­ tisierung“ in der Verwaltungspraxis haben wird.

III. Zugriff der FIU auf Steuerdaten Durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) v. 03.06.20211869 wurde der Zugang der FIU zu den Steuergeheimnis un­ terliegenden personenbezogenen Daten erheblich erleichtert. Während die FIU nach § 31 Abs. 5 GwG a. F. automatisiert nur die Identifikations­ nummer (§ 139b AO) abrufen und weitere Auskünfte von den Finanzbe­ hörden nur auf Ersuchen erhielt,1870 sieht der neu gefasste § 31 Abs. 5 GwG erweiterte Zugriffsbefugnisse der FIU im automatisierten Verfah­ ren vor. Die Vorschrift lautet in der neuen Fassung: (5) 1Finanzbehörden erteilen der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchun­ gen nach Maßgabe des § 31b Absatz 1 Nummer 5 der Abgabenordnung Auskunft und teilen ihr nach § 31b Absatz 2 der Abgabenordnung die dort genannten Infor­ mationen mit. 2Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen darf zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 folgende, 1867 Siehe nur Bochmann, GmbHR 2021, R32–R34. Anders hingegen Koehler, ZIP 2020, 1399 (1403). 1868 Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geld­ wäschegesetz, 01.08.2021, S. 13–14 (unter B. III. 3). 1869 Sieh oben Fn. 1853. 1870 Dazu siehe oben Kapitel 2C.II.2.a).

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Nachtrag  nach § 30 der Abgabenordnung dem Steuergeheimnis unterliegende Daten im au­ tomatisierten Verfahren abrufen, soweit aufgrund der Analyse einer Meldung, Mitteilung oder Information nach § 30 Absatz 1 vorliegender Tatsachen diese Da­ ten für die weitere Analyse erforderlich sind: 1. beim Bundeszentralamt für Steuern die nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Finanzverwaltungsgesetzes vorgehaltenen Daten, 2. bei den Landesfinanzbehörden die zu einem Steuerpflichtigen gespeicherten Grundinformationen, die die Steuernummer, die Gewerbekennzahl, die Grundund Zusatzkennbuchstaben, die Bankverbindung, die vergebene Umsatzsteu­ er-Identifikationsnummer, sowie das zuständige Finanzamt umfassen. Bei Abrufen nach Satz 2 sind hinsichtlich natürlicher Personen der Vorname, der Nachname und die Anschrift oder das Geburtsdatum, hinsichtlich juristischer Personen und Personenvereinigungen der Name oder die Firma sowie der Ort der Geschäftsleitung oder des Sitzes anzugeben. 4Die Verantwortung für die Zulässig­ keit eines Datenabrufs nach Satz 2 trägt die Zentralstelle für Finanztransaktions­ untersuchungen. 5Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen prüft unverzüglich, inwieweit sie die als Antwort übermittelten Daten im konkreten Einzelfall benötigt; nicht benötigte Daten löscht sie unverzüglich. 6Wird das Er­ gebnis der Analyse nicht nach § 32 Absatz 2 Satz 1 an die zuständige Strafverfol­ gungsbehörde übermittelt, werden die nach den Sätzen 1 und 2 erhobenen Daten unverzüglich gelöscht. 7Im Übrigen gilt für die Verarbeitung der Daten, die die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen nach Satz 1 oder Satz 2 er­ hält, § 29 Absatz 1; eine Übermittlung der nach den Sätzen 1 oder 2 erhobenen Daten an die für Verfahren im Sinne des § 32 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und 3 zuständigen Stellen ist nicht zulässig. 8Soweit zu befürchten ist, dass ein Datenab­ ruf nach Satz 2 Nummer 1 den Untersuchungszweck eines Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b der Abgabenordnung gefähr­ det, so kann die für dieses Verfahren zuständige Finanzbehörde oder die zuständi­ ge Staatsanwaltschaft anordnen, dass kein Datenabruf nach Satz 2 erfolgen darf. 9 § 480 Absatz 1 Satz 1 und 2 der Strafprozessordnung findet Anwendung, soweit die Daten Verfahren betreffen, die zu einem Strafverfahren geführt haben. 10Weite­ re Einzelheiten des Abrufverfahrens nach Satz 2, insbesondere zu den technischen Formaten der abrufbaren Daten, zur Erteilung und zum Umfang der Abrufberech­ tigungen, zur Protokollierung und zur Prüfung der Abrufe und sonstiger daten­ schutzrechtlich erforderlicher technischer und organisatorischer Maßnahmen, regelt eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen im Einver­ nehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. 11Ein Abruf anderer als der in Satz 2 ge­ nannten Daten, die bei den Finanzbehörden gespeichert sind und die nach § 30 der Abgabenordnung dem Steuergeheimnis unterliegen, durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ist nur zulässig, soweit dies nach § 31b der Abgabenordnung oder sonst in den Steuergesetzen zugelassen ist. 12Abweichend von den Sätzen 2 bis 9 findet für den Abruf von Daten, die bei den Finanzbehörden der Zollverwaltung gespeichert sind und für deren Erhalt die Zentralstelle für Fi­ nanztransaktionsuntersuchungen die gesetzliche Berechtigung hat, Absatz 3 An­ wendung. 3

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C.  Änderungen in anderen Rechtsbereichen

Komplementiert wird § 31 Abs. 5 GwG n. F. durch den ebenfalls neu ge­ schaffenen § 31b Abs. 2a AO („Doppeltür“-Prinzip1871). Dieser lautet: (2a) Die Finanzbehörden übermitteln der Zentralstelle für Finanztransaktionsun­ tersuchungen folgende Daten nach Maßgabe des § 31 Absatz 5 des Geldwäschege­ setzes im automatisierten Verfahren, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Geldwäschegesetzes erforderlich ist: 1. beim Bundeszentralamt für Steuern die nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Finanzverwaltungsgesetzes vorgehaltenen Daten, 2. bei den Landesfinanzbehörden die zu einem Steuerpflichtigen gespeicherten Grundinformationen, die die Steuernummer, die Gewerbekennzahl, die Grund- und Zusatzkennbuchstaben, die Bankverbindung, die vergebene Um­ satzsteuer-Identifikationsnummer sowie das zuständige Finanzamt umfassen.

In der Regierungsbegründung zum FISG wird ausgeführt, nach § 31 Abs. 5 Satz 2 GwG bedürfe es eines hinreichenden Anlass‘. Dieser sei gegeben, soweit „aufgrund der Analyse einer Meldung, Mitteilung oder Information nach § 30 Absatz 1 GwG vorliegender Tatsachen diese Da­ ten für eine weitere Analyse erforderlich sind. Die neu gewonnenen Tat­ sachen müssen Hinweise enthalten, die im konkreten Einzelfall den Ab­ frageanlass stützen. Zudem muss der Abruf der steuerlichen Grunddaten für die weitere Analyse erforderlich sein.“1872 Diese Änderung – die Stärkung der steuerlichen Analysefähigkeiten der FIU – wurde in der vorstehenden Arbeit antizipiert; die insoweit vorge­ brachten Erwägungen sind ohne weiteres auf § 31 Abs. 5 GwG n. F. über­ tragbar.1873 Die Norm genügt im Übrigen auch nach Auffassung des Bun­ desbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), dessen trefflichen Ausführungen vollumfänglich zuzustimmen ist, nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht für Auskunftsverfah­ ren formuliert hat.1874

C. Änderungen in anderen Rechtsbereichen Auch in anderen Bereichen gab es Änderungen, die das Geldwäscherecht berühren, namentlich im Stiftungs- und Personengesellschaftsrecht. Durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts v. 16.07.2021 wurde das Stiftungsrecht grundlegend umgestaltet und ein Stiftungsre­ 1871 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.01.2012 – 1 BvR 1299/05, juris, Rn. 123. 1872 Regierungsentwurf FISG, BT-Drs. 19/26966, S. 97. 1873 Siehe oben Kapitel 3 B. III. 3. b) cc). 1874 BfDI, Schreiben vom 02.02.2021, Gz. 12-230/008#0156, online abrufbar unter: https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/DokumenteBfDI/Stellung​ nahmen/2021/StgN_FISG.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (zuletzt geprüft am 31.08.2021).

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Nachtrag 

gister geschaffen, das am 01.01.2026 seinen Betrieb aufnehmen wird und grundsätzlich für jedermann einsehbar sein soll (§ 15 Satz 1 Stiftungsre­ gistergesetz).1875 Mit Wegfall der Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG a. F. ergibt sich daraus für Stiftungen keine Erleichterung; sollte der Gesetzgeber nichts weiter regeln, werden Stiftungen vielmehr Meldun­ gen an das Transparenzregister, das nationale Stiftungsregister und die Stiftungsverzeichnisse der Länder vornehmen müssen.1876 Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts1877 ist ein Register für Gesellschaften bürgerlichen Rechts geschaffen wor­ den, sodass auch GbR „eingetragene Personengesellschaften“ i. S. d. § 20 Abs. 1 GwG sein können (vgl. § 707 Abs. 1 BGB i. d. F. des MoPeG). Art. 92 Nr. 4 MoPeG sollte dabei regeln, dass die eingetragene GbR an der Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG a. F. teilnimmt. Allerdings war diese Vorschrift bei Erlass des MoPeG bereits gestrichen worden, was offenbar übersehen worden ist. Deshalb werden künftig alle einge­ tragenen GbR nach § 20 Abs. 1 GwG mitteilungspflichtig sein.1878

D. Fazit 1. Die Aufgabe des Vortatenkatalogs ist zwar eine Umgestaltung des § 261 StGB, aber weder ohne Vorbild in anderen Rechtsordnungen noch der „Paradigmenwechsel“ 1879, als die sie teilweise bezeichnet wird. Auch ein grundlegender „Wandel des kriminalpolitischen Ziels“1880 ist nicht auszumachen, allenfalls ein Anerkenntnis des status quo, war ein Bezug zur organisierten Kriminalität doch bereits in der letzten geltenden Fassung des Vortatenkataloges nur mit viel Mühe noch erkennbar. Bei näherem Hinsehen handelt es sich jedoch um nichts anderes als die logische Fortschreibung des Geldwäschebe­ kämpfungskonzeptes. Die Frage war nie, ob der Vortatenkatalog abge­ schafft wird, sondern wann. Die strafrechtliche Geldwäschebekämp­ fung ist seit jeher auf Expansion angelegt; ein Zurück oder auch nur ein Innehalten ist in ihrer Binnenlogik nicht vorgesehen. Egal, wie unwirksam alle bisherigen Bemühungen waren, stets heißt die Ant­ wort: „more of the same!“1881 In den Worten Thomas Fischers:

1875 Zur Reform des Stiftungsrechts siehe Lorenz/Mehren, DStR 2021, 1774–1780; Markworth, NZG 2021, 100–110; speziell zum Stiftungsregister Orth, BB 2021, 268–271; Stolte, BB 2021, 1026–1031. 1876 Lorenz/Mehren, DStR 2021, 1774 (1779). 1877 Siehe oben Fn. 1853. 1878 Goette, DStR 2021, 1551 (1555). 1879 Böhme/Busch, wistra 2021, 169 (174). 1880 Travers/Michaelis, NZWiSt 2021, 125 (126). 1881 So auch Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (334).

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D. Fazit „[…]; stets fehlt zum Erfolg angeblich noch eine letzte Ausweitung des Tatbe­ stands oder der Ermittlungsmöglichkeiten. In paradoxer Logik speist sich die Legitimität so aus der Erfolglosigkeit. Je erfolgloser die ‚Bekämpfung‘, desto größer erscheint zwangsläufig die zu ‚bekämpfende‘ Gefahr.“1882

2. Die Folgen dieses Schritts sind dennoch dramatisch: Die Rechtferti­ gung des grundrechtsintensiven Anti-Geldwäsche-Instrumentariums mit der drohenden Gefahr durch die sog. organisierte Kriminalität und den Terrorismus wird sich nun endgültig nicht mehr halten las­ sen. Das führt zum einen zur politischen Delegitimierung der Rege­ lungen,1883 vor allem aber dazu, dass das GwG verfassungsrechtlich noch zweifelhafter wird.1884 Wenn man § 261 StGB nicht bislang schon für unverhältnismäßig hielt, so wird man es spätestens jetzt tun müssen.1885 Ob man hinsichtlich § 261 StGB auf das Bundesver­ fassungsgericht hoffen darf, ist jedoch eher zweifelhaft. 3. Zum anderen wird sich verstärken, worauf auch in der vorstehenden Arbeit schon hingewiesen worden ist: Die knappen polizeilichen und justiziellen Ressourcen werden durch die Masse an Verfahren, die das Legalitätsprinzip erzwingt, blockiert. Das Motto scheint zu sein: Lie­ ber 99 eingestellte Verfahren und eine Verurteilung wegen Geldwä­ sche, als eine Verurteilung wegen der Vortat. Dabei wird übersehen, dass die Bestrafung noch so vieler Finanzagenten das Unrecht keiner einzigen Vortat berichtigt und vermutlich auch kaum eine neue Tat verhindern wird. Zusammen mit den erleichterten Einziehungsmög­ lichkeiten droht jedoch eine sich selbstverstärkende Dynamik, die zu einer schwerwiegenden kriminalpolitischen Fehlentwicklung führen kann, namentlich: dem sog. policing for profit. Dabei konzentrieren die Ermittlungsbehörden ihren Ressourceneinsatz auf die Fälle, die ein großes Einziehungsvolumen versprechen – zum Nachteil mögli­ cherweise sogar schwerwiegender, aufwändiger Ermittlungsverfah­ ren mit schlechter „Kosten-Nutzen-Relation“. 4. Die Änderungen im GwG sind keineswegs unbedeutend, aber über­ wiegend technischer Natur. Weder wurde der Kreis der Verpflichteten eingeschränkt noch wurden die geldwäscherechtlichen Pflichten nach Art und Umfang reduziert – ganz im Gegenteil. Die Änderung des § 31b Abs. 5 GwG verdient hingegen besondere Aufmerksamkeit. Durch diesen Schritt verbessern sich die steuerlichen Analysefähig­ keiten der FIU erheblich. Sollte die FIU eines Tages tatsächlich effek­ tiv arbeitsfähig werden, könnte sie zu einer „Datendrehscheibe“ wer­ den, und zwar auch zum Vorteil der Finanzbehörden. Das bestätigt 1882 Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 261 Rn. 4d (Hervorhebungen im Original). 1883 Bülte, Geldwäsche & Recht 2021, 8 (8). 1884 Schindler, NZWiSt 2020, 457 (468). 1885 So z. B. Gercke/Jahn/Paul, StV 2021, 330 (334).

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Nachtrag 

die in dieser Arbeit ausführlich entwickelte und belegte These von einem zunehmend „doppelfunktionalen“ Einsatz des Anti-Geldwä­ sche-Instrumentariums sowohl zur Kriminalitätsbekämpfung als auch für steuerliche Zwecke. 5. Zwischenzeitlich sind jedoch die in dieser Arbeit herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Spannungslagen auch andernorts beschrieben worden, sodass mit einer Intensivierung der Diskussion zu rechnen ist. Im Dezember 2020 haben Vogel/Maillart eine umfassende Studie zum nationalen und internationalen Geldwäscherecht vorgelegt.1886 Darin argumentiert Vogel in dieselbe Richtung wie die vorstehende Arbeit und stellt sehr ähnliche Erwägungen an.1887 Es ist deshalb nicht überraschend, dass er die in dieser Arbeit aufgestellte These teilt, wo­ nach die Eingriffsintensität der Geldwäschegesetzgebung mit derjeni­ gen der Vorratsdatenspeicherung vergleichbar ist und deshalb im Kern dieselben grundrechtlichen Maßstäbe gelten müssen: „Insofar as the financial and CDD [Customer Due Diligence, Anm. d. Verf.] data retained and thereby made accessible to the competent authorities under the AML framework could effectively reach a level of intrusiveness of CDD similar to the retention of telecommunications traffic data, legislators must, in line with the above safeguards developed by the EU Court of Justice, ­notably limit the scope of retention by defining adequate guidance for obliged entities’ CDD data gathering, confine the ultimate purpose of CDD and reporting to the detection and prevention of serious crime, adequately specify the grounds that can give rise to a reportable suspicion, and provide for independent ­scrutiny of the sharing of sensitive personal data by obliged entities. “1888

Auch der BfDI scheint die Problematik inzwischen erkannt zu haben. Im 29. Tätigkeitsbericht der Behörde heißt es, wenn auch eher am Rande: „Bei der FIU kommt erschwerend hinzu, dass es sich um eine besonders ­eingriffsintensive Datenverarbeitung handelt. Zum einen ist die FIU keine Strafverfolgungsbehörde. Ihre Tätigkeit hat einen reinen Vorfeldcharakter. Da­ her liegt der Verdachtsgrad einer Geldwäscheverdachtsmeldung noch unter­ halb des strafprozessualen Anfangsverdachtes. Zum anderen führt sie die be­ schriebenen Grundrechtseingriffe heimlich durch, sodass die Betroffenen in der Regel keinerlei Kenntnis von der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten haben.“1889

1886 Vogel/Maillart (Hrsg.), National and International Anti-Money Laun­dering Law, 2020. 1887 Vogel, in: Vogel/Maillart (Hrsg.), National and International Anti-Money Laun­ dering Law, 2020, S. 881 (900–904). 1888 Vogel, in: Vogel/Maillart (Hrsg.), National and International Anti-Money Laun­ dering Law, 2020, S. 881 (901). 1889 BfDI, 29. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 2020, S. 64. 

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D. Fazit

In der Stellungnahme des BfDI zum FISG findet sich im Zusammen­ hang mit der Meldepflicht überdies folgende bemerkenswerte Fest­ stellung: „Dabei erfolgen die meisten Geldwäscheverdachtsmeldungen durch private Stellen; die Fehleranfälligkeit dieser Meldungen ist damit als besonders hoch zu qualifizieren. Der Gesetzgeber überlässt auf diese Weise letztlich privaten Stellen die Entscheidung, ob ein derart schwerwiegender Grundrechtseingriff erfolgt.“1890

Und schließlich heißt es in derselben Stellungnahme treffend: „Die FIU speichert und verarbeitet bereits jetzt eine erhebliche Datenmenge mit großer Streubreite. Die Sammlung der personenbezogenen Daten kon­ zentriert sich dabei in einer staatlichen Stelle und steht dem Staat mithin in ihrer Gesamtheit zur Verfügung. Auf diese Weise bestehen weitreichende Möglichkeiten der Erstellung von Verknüpfungen und der Sortierbarkeit. Ein­ griffsintensivierend wirkt zusätzlich die Tatsache, dass die FIU lediglich als präventiv administrativ ausgerichtete Behörde tätig wird (BT-Drs. 18/11555, S. 136). Selbst der Verdachtsgrad einer an die Strafverfolgungsbehörden weiter­ zuleitenden Meldung liegt dabei noch unterhalb der Schwelle des strafprozes­ sualen Anfangsverdachts. Folglich werden bereits in diesem Stadium perso­ nenbezogene Daten einer Vielzahl Betroffener erfasst, die keinerlei Anlass für einen derartigen Grundrechtseingriff gegeben haben. Zu einer Erhöhung der Eingriffsintensität trägt zudem die Tatsache bei, dass die FIU heimlich Daten verarbeitet und im Gesetz keinerlei Benachrichtigung der Betroffenen vorgese­ hen ist. Die Betroffenen werden somit der Möglichkeit beraubt, etwaige datenschutzrechtliche Rechte auf Löschung oder Berichtigung geltend zu machen bzw. Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.“

Dies bestätigt in vollem Umfang zentrale Aspekte der Argumentati­ on im 3. Kapitel der vorstehenden Arbeit.1891 6. Vor diesem Hintergrund ist zu hoffen, dass die vorstehende Arbeit einen weiteren Anstoß dafür gibt, bisher versäumte Debatten zu füh­ ren und die Geldwäschegesetzgebung einer stärkeren Beobachtung durch die Öffentlichkeit zu unterwerfen.

1890 BfDI, Schreiben vom 02.02.2021, Gz. 12-230/008#0156, online abrufbar unter: https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/DokumenteBfDI/Stellung​ nahmen/2021/StgN_FISG.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (zuletzt geprüft am 31.08.2021), S. 5. 1891 Siehe oben Kapitel 3 B. IV. 3. c) cc).

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Nachtrag  Tabelle 3:  Synopse zu § 261 StGB § 261 Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

§ 261 Geldwäsche

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat her­ rührt, verbirgt, dessen Herkunft verschlei­ ert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicher­ stellung eines solchen Gegenstandes verei­ telt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren be­ straft. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

1. Verbrechen 2. Vergehen nach a) §§ 108e, 332 Abs. 1 und Abs. 3 und § 334 jeweils auch in Verbindung mit § 335a, b) § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Betäu­ bungsmittelgesetzes und § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Grundstoffüberwachungs­ge­ setzes, 3. Vergehen nach § 373 und nach § 374 Abs. 2 der Abgabenordnung, jeweils auch in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemein­ samen Marktorganisation und der Di­ rektzahlungen, 4. Vergehen a) nach den §§ 152a, 181a, 232 Abs. 1 bis 3 Satz 1 und Absatz 4, § 232a Absatz 1 und 2, § 232b Absatz 1 und 2, § 233 Absatz 1 bis 3, § 233a Absatz 1 und 2, den §§ 242, 246, 253, 259, 263 bis 264, 265c, 266, 267, 269, 271, 284, 299, 326 Abs. 1, 2 und 4, § 328 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 348, b) nach § 96 des Aufenthaltsgesetzes, § 84 des Asylgesetzes, nach § 370 der Abgabenordnung, nach § 119 Ab­ satz 1 bis 4 des Wertpapierhandelsge­ setzes sowie nach §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, § 142 des Patentgesetzes, § 10 des Halbleiter­schutz­gesetzes und § 39 des Sortenschutzgesetzes,

1892 Vormals Absatz 2. 1893 Vormals Absatz 6.

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1. verbirgt, 2. in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von des­ sen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt, 3. sich oder einem Dritten verschafft oder 4. verwahrt oder für sich oder einen Drit­ ten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,[1892] wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 gilt dies nicht in Bezug auf einen Gegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hier­ durch eine rechtswidrige Tat zu begehen. [1893] Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeit­ punkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

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D. Fazit

§ 261 Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

§ 261 Geldwäsche

die gewerbsmäßig oder von einem Mit­ glied einer Bande, die sich zur fortgesetz­ ten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind, und 5. Vergehen nach den §§ 89a und 89c und nach den §§ 129 und 129a Abs. 3 und 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, sowie von einem Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Verei­ nigung (§§ 129, 129a, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1) begange­ nen Vergehen. Satz 1 gilt in den Fällen der gewerbsmäßi­ gen oder bandenmäßigen Steuerhinterzie­ hung nach § 370 der Abgabenordnung für die durch die Steuerhinterziehung erspar­ ten Aufwendungen und unrechtmäßig er­ langten Steuererstattungen und -vergütun­ gen sowie in den Fällen des Satzes 2 Nr. 3 auch für einen Gegenstand, hinsichtlich dessen Abgaben hinterzogen worden sind. (2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Ab­ satz 1 bezeichneten Gegenstand 1. sich oder einem Dritten verschafft oder 2. verwahrt oder für sich oder einen Drit­ ten verwendet, wenn er die Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt ge­ kannt hat, zu dem er ihn erlangt hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegen­ stands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Ban­ de handelt, die sich zur fortgesetzten Bege­ hung einer Geldwäsche verbunden hat.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Ab­ satz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geld­ wäschegesetzes begeht, wird mit Freiheits­ strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, daß der Gegen­ stand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, wird mit Frei­ heitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied ei­ ner Bande, die sich zur fortgesetzten Bege­ hung von Geldwäsche verbunden hat.[1894]

1894 Vormals Absatz 4.

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Nachtrag 

§ 261 Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

§ 261 Geldwäsche

(6) Die Tat ist nicht nach Absatz 2 strafbar, wenn ohne zuvor ein Dritter den Gegen­ stand erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.[1895] Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

(7) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.[1896]

(8) Den in den Absätzen 1, 2 und 5 bezeich­ neten Gegenständen stehen solche gleich, die aus einer im Ausland begangenen Tat der in Absatz 1 bezeichneten Art herrüh­ ren, wenn die Tat auch am Tatort mit Stra­ fe bedroht ist.

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

(9) Nach den Absätzen 1 bis 5 wird nicht bestraft, wer

(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absat­ zes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und

1. die Tat freiwillig bei der zuständigen Be­ hörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat in diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und 2. in den Fällen des Absatzes 1 oder des Ab­ satzes 2 unter den in Nummer 1 genann­ ten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt, auf den sich die Straftat bezieht. Nach den Absätzen 1 bis 5 wird außerdem nicht be­straft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Eine Straflosigkeit nach

1895 Vormals Absatz 5. 1896 Vormals Absatz 9 Satz 2. 1897 Vormals Absatz 9 Satz 1.

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1. wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine sol­ che Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Tä­ ter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und 2. in den Fällen des Absatzes 1 oder des Ab­ satzes 2 unter den in Nummer 1 genann­ ten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.[1897]

1. am Tatort mit Strafe bedroht ist oder 2. nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist: a) Artikel 2 oder Artikel 3 des Überein­ kommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Be­ stechung, an der Beamte der Europäi­ schen Gemeinschaften oder der Mit­ gliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),

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D. Fazit

§ 261 Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

§ 261 Geldwäsche

Satz 2 ist ausgeschlossen, wenn der Täter oder Teilnehmer einen Gegenstand, der aus einer in Absatz 1 Satz 2 genannten rechts­ widrigen Tat herrührt, in den Verkehr bringt und dabei die rechtswidrige Her­ kunft des Gegenstandes verschleiert.

b) Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/​ 946/JI des Rates vom 28. No­ vember 2002 betreffend die Verstär­ kung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1), c) Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmen­ beschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54), d) Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmen­ beschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tat­ bestandsmerkmale strafbarer Hand­ lungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist, e) Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbe­ schlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42), f) Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parla­ ments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1), g) den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parla­ ments und des Rates vom 13. Dezem­ ber 2011 zur Bekämpfung des sexuel­ len Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Erset­ zung des Rahmenbeschlusses 2004/​ 68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder h) den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/​ 475/JI des Rates und zur Änderung des Be­ schlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

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Nachtrag 

§ 261 Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

§ 261 Geldwäsche (10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.[1898] Die §§ 73 bis 73e blei­ ben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.

1898 Vormals Absatz 7.

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Sachregister A Åkerberg-Fransson-Entscheidung Siehe Charta der Grundrechte der Europäischen Union all-crimes-Ansatz   Siehe Geldwäschegesetzgebung allgemeines Persönlichkeitsrecht 340 – Finanzprivatsphäre   Siehe ­Finanzprivatsphäre – Intimsphäre 341 – Privatsphäre 341 – Schutz des privaten Lebens­ bereichs 341 Automatischer Informations­ austausch in Steuersachen 7 – Common Reporting Standard 7 – Verknüpfung mit der Geld­ wäschegesetzgebung 7 Automatisierter Kontenabruf 304 – Abrufverfahren 306 – Umfang und Gegenstand 305 – Voraussetzungen 304 B Bankgeheimnis 208 Bank Secrecy Act   Siehe Geldwäschegesetzgebung Barmittelüberwachung   Siehe Geldwäschegesetzgebung Besteuerung illegaler Einkünfte 240 Besteuerungsgleichheit 382 Besteuerungsverfahren – Auskunftsersuchen, §§ 93 ff. AO 296 – automatisierter Kontenabruf  Siehe Automatisierter Konten­ abruf

– Beweismaß und Beweislast 269 – hinreichender Anlass 297 – Mitwirkungspflichten 243 – Sammelauskunftsersuchen 300 – Schätzung, § 162 AO 270 – Steuerfahndung 298 – Untersuchungsgrundsatz 269 – Verprobung 270 C Charta der Grundrechte der Euro­ päischen Union – Alternativitätsthese 314 – Anwendungsbereich 312 – Kumulationsthese 313 – Verhältnis zum nationalen Recht 312 – Verhältnis zur DSGVO 312 – Verhältnis zur EMRK 311 Chiasso-Skandal 126 Customer Due Diligence 134 D Datenbündel   Siehe Zweck­ bindungsgrundsatz Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – Anwendungsbereich 316 – Anwendungsbereich des ­Unionsrechts 319 – Bereichsausnahmen 317 – Öffnungsklauseln 329 – Verarbeitungsgrundsätze 326 – Verhältnis zum nationalen Recht 315 – Verhältnis zur EU-GRCh 312 – Zweckbindungsgrundsatz 327 Datenschutzgrundverordung (DSGVO) 316

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Sachregister

Datenschutzrichtlinie 315 Datenübermittlung – § 31b AO 6 E EU-Amtshilferichtlinien 222 EU-Geldwäscherichtlinien 139 – 1. Geldwäscherichtlinie 66, 139 – 2. Geldwäscherichtlinie 142 – 3. Geldwäscherichtlinie 144 – 4. Geldwäscherichtlinie 146 – 5. Geldwäscherichtlinie 148 Europäische Menschenrechts­ konvention – Verhältnis zur EU-GRCh 311 F Financial Action Task Force 47 – Club-Modell 50 – Durchsetzungsstrategien 54 – FATF-Style Regional Bodies 51 – Finanzierung 50 – Gründung 48 – Legitimierungsstrategien 54 – Mitglieder 50 – Mutual Evaluation 52 – Rolle der USA 57 – Verhältnis zur OECD 50 Finanzprivatsphäre 348 Foreign Accounts Tax Compliance Act 214 G Geldwäsche – Begriff 15 – Definition 22 – Drei-Phasen-Modell 25 – Funktionsweise 25 – Gefährlichkeit 38 – Gegenstand 18 – paper trail 30 – Rolle der Offshore-Finanzplätze 31 – Rolle des Bargelds 29 478

– Rolle des Hawala-Banking 32 – Umfang 34 – Verhältnis zu Steuerstraftaten 231 – Vermögensvorteil als Gegen­ stand 19 – Vier-Phasen-Modell 33 – Ziel 19 Geldwäsche (§ 261 StGB) – Ermittlungsverfahren und ­Verurteilungen 78 – gegenständliches Nichts 286 – Genese 76 – Rechtsgut 85 – Surrogation 100 – Tathandlungen 109 – Tatobjekt 93 – Totalkontaminationslehre 103 – Vermischung und Mischfinan­ zierung 103 – Vortaten 90 – Zweck 80 Geldwäschegesetz 150 – Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten 166 – Abklärung des wirtschaftlichen Hintergrundes 166 – Aufzeichnungs- und Aufbewah­ rungspflichten 167 – Auskunftspflicht 177 – Entschädigungsregelung 179 – Geschichte 151 – Grundrechtsrelevanz 363 – Identifizierungspflichten 163 – Kooperationspflichten 171 – Meldeschwelle 173 – PEP 166 – Risikomanagement 170 – Sorgfaltspflichten 161 – Stillhalteverpflichtung 175 – Transparenzregister   Siehe Transparenzregister – Überwachungspflichten 167

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Sachregister

– Umfang der Sorgfaltspflichten 167 – Verbot der Informationsweiter­ gabe 180 – Verdachtsmeldepflicht 172 – vereinfachte Sorgfaltspflichten 168 – Verhältnis zu § 261 StGB 176 – verstärkte Sorgfaltspflichten 168 – wirtschaftlich Berechtigter 165 – Zweck 159 Geldwäschegesetzgebung 44 – Bank Secrecy Act 45 – Barmittelüberwachung 13 – Datenschutz/informationelle Selbstbestimmung 8 – Effektivität und Effizienz 202 – Indienstnahme Privater 199 – strafrechtliche   Siehe Strafrechtliche Geldwäschebekämpfung – USA 45 – verwaltungsrechtliche   Siehe Verwaltungsrechtliche Geld­ wäschebekämpfung Geldwäschegesetzgebung und Steuerrecht 207 – Al Capone-Ansatz 248 – Datenübermittlung für Zwecke der Strafverfolgung 243 – Datenübermittlung nach § 116 AO 249 – Doppelstrategie der G7/G8 208 – Einbeziehung der Finanzbehör­ den in die Geldwäschebekämp­ fung 273 – Finanzbehörden und Geld­ wäschebekämpfung 221 – Gewinnabschöpfung durch ­Besteuerung 251 – Informationszugriff der Finanz­ behörden 211 – Rolle der FATF 216

– Rolle der OECD 210 – Steuermodell 257 – Steuerstraftaten als Vortaten 218, 224, 233, 280 – tax loophole 217 – Übermittlungswege und Ver­ wendungszwecke in der Praxis 265 – Übermittlung und Verwertung von Daten im Besteuerungsund Steuerstrafverfahren 253 – Verhältnis zum globalen ­Informationsaustausch in ­Steuersachen 213 – Verwendung von Finanz­ informationen für steuerliche Zwecke 226 Geprägetheorie   Siehe Zweckbindungsgrundsatz Gewinnabschöpfung – durch Steuerrecht 5 – Verhältnis zur Besteuerung 242 Gewinnaufspürungsgesetz 152 Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung 363 H Harmful Tax Competition 209 hypothetischer Ersterhebungs­ zweck   Siehe Zweckbindungsgrundsatz I informationelle Selbstbestim­ mung – Eingriffsintensität 368 – informationelle Gewalten­ teilung 331 – Schutz finanzieller Informatio­ nen 343 Informations- und Auskunfts­ ansprüche 385 – AO 386 – DSGVO 385 479

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Sachregister

Intimsphäre   Siehe allgemeines Persönlichkeitsrecht K Know Your Customer-Prinzip 132 M Mérida-Konvention   Siehe Strafrechtliche Geldwäschebekämpfung N Narcotics Traffickers Tax Program 247 nemo-tenetur-Grundsatz 243 Non-Cooperative Countries and Territories 52 Normenklarheit 353 O Offshore-Finanzplätze 31 P Palermo-Konvention   Siehe Strafrechtliche Geldwäsche­ bekämpfung PIF-Konvention 223 politisch exponierte Personen 135 Privatsphäre   Siehe allgemeines Persönlichkeitsrecht R Rasterfahndung 380 – im Besteuerungsverfahren 301 Recht auf informationelle Selbst­ bestimmung 349 Recht auf Vergessenwerden ­Siehe Charta der Grundrechte der Europäischen Union S Sammelauskunftsersuchen ­Siehe Besteuerungsverfahren 480

Steuerfahndung – Doppelfunktion 298 Steuerhinterziehung – gewerbs- und bandenmäßige, § 370a AO 281 Steueroase   Siehe Offshore-­ Finanzplätze Strafrechtliche Geldwäsche­ bekämpfung 58 – 1. Geldwäscherichtlinie 66 – all-crimes-Ansatz 58 – Enumerationsmethode 58 – FATF-Empfehlungen 73 – in Deutschland 75 – Mérida-Konvetion 63 – Palermo-Konvention 62 – Richtlinie (EU)2018/1673 69 – Straßburg-Konvention 64 – Völkerrechtliche Vorgaben 59 – Vortatenkategorien 58 – Warschauer Übereinkommen 65 – Wiener Suchtstoffüberein­ kommen 60 Straßburg-Konvention   Siehe Strafrechtliche Geldwäsche­ bekämpfung T tax loophole 209 Terrorismusfinanzierung 14 Transparenzregister 181 – Acting in Concert 185 – Angabepflichten 187 – Begriff des wirtschaftlich ­Berechtigten 182 – Beherrschungsverträge 184 – Beleihung 182 – EU-Recht 147, 149 – FAQ 182 – fiktiver wirtschaftlich Berech­ tigter 186 – Gebühren 181 – juristische Personen 183 – Meldepflicht 188

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Sachregister

– Mitteilungsfiktionen 191 – Mitteilungspflichten 187 – Nießbrauch 185 – Personengesellschaften 183 – Stiftungen 186 – Stimmbindungsverträge 184 – Treuhandabreden 184 – Zugang 194 V Verdachtsgewinnungseingriff 381 Vereinbarung über die Sorgfalts­ pflichten bei der Entgegennah­ me von Geldern und die Hand­ habung des Bankgeheimnisses (VSB) 126 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 358 Verwaltungsrechtliche Geld­ wäschebekämpfung 123 – Currency and Foreign Trans­ actions Reporting Act 124 – FATF-Empfehlungen 133 – Geldwäschegesetz   Siehe Geldwäschegesetz

– risikobasierter Ansatz 135 – Rolle der Vereinten Nationen 137 – Rolle des Basler Ausschusses 132 – Rolle des Europarates 130 W Warschauer Übereinkom­ men   Siehe Strafrechtliche Geldwäschebekämpfung Wertneutralität des Steuerrechts 238 Wiener Suchtstoffübereinkom­ men   Siehe Strafrechtliche Geldwäschebekämpfung Wolfsberg Standards 130 Z Zentralstelle für Finanztrans­ aktionsuntersuchungen 151 Zweckbindungsgrundsatz 334   Siehe hypothetischer ­Ersterhebungszweck – Geprägetheorie 336 – Zweckänderung 361

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