Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht 9783504382957

Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über die Neuregelungen zur Bilanzierung von Risiko-Sicherungsgeschäften und le

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Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht
 9783504382957

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Melnert Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht

Rechtsordnung und Steuerwesen Band 40 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Rainer Hüttemann

Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten nach Handels- und Steuerrecht

von

Dipi.-Finw. (FH) Dr. jur. Carsten Meinert

2010

Verl~

DtOftoSchmidt

Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrofbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/93738-01, Fax 0221/93738-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64239-6 ©2010 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für V ervielfältigungen, Bearbeitungen. Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druckund Verarbeitung: Be1z, Darmstadt Printed in Germany

Meinen Eltern

.

Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 30 Bände erschienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den gewählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschaftsrecht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Europarechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhänge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfahrensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristischen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellungen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentreffen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Gestaltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Verankerung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuerrechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatautonomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben werden. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Osnabrück, im März 2004 Wolfgang Schön

Rainer Hüttemann

VII

Geleitwort

Zu dieser Schrift Die handels- und steuerbilanzrechtliche Behandlung sog. „Hedge-Geschäfte“ wird seit langem kontrovers diskutiert. In dem Verfahren I R 87/00 betreffend Sicherungsgeschäfte im Bankbereich hat sich der BFH einer Aufweichung des Einzelbewertungsgrundsatzes beim sog. Macro- und Portfolio-Hedging widersetzt. Der Steuergesetzgeber hat darauf mit der Einfügung des neuen § 5 Abs. 1a EStG reagiert. Danach sind die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich. Auf den ersten Blick scheint damit die abweichende Rechtsprechung des I. Senats „kassiert“ und der steuerliche Einzelbewertungsgrundsatz für Bewertungseinheiten eingeschränkt worden zu sein. Blickt man genauer hin, stellen sich indes grundsätzliche Fragen nach dem Regelungsgehalt der Norm: Was meint der Gesetzgeber damit, dass die in der Handelsbilanz gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung „maßgeblich“ sind? Kommt es insoweit allein auf die tatsächliche Bildung von Bewertungseinheiten an oder ist zusätzlich auch zu fordern, dass die Bewertungseinheit handelsrechtlich zulässig gebildet worden ist? Gibt es überhaupt allgemeine Grundsätze über die Bildung von Bewertungseinheiten in der Handelsbilanz? Welche Arten von Bewertungseinheiten dienen der „Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken“? Die Relevanz dieser und weiterer Fragen wird nach der Modernisierung des Handelsbilanzrechts noch weiter zunehmen. Denn § 254 HGB i. d. F. des BilMoG enthält nunmehr eine ausdrückliche handelsrechtliche Regelung über die Bildung von Bewertungseinheiten, deren Wortlaut allerdings nicht mit § 5 Abs. 1a EStG abgestimmt ist. Die vorliegende Monographie von Carsten Meinert geht diesen und vielen weiteren Fragen nach. Die Schrift beeindruckt nicht nur durch die Sorgfalt und Genauigkeit, mit der das weite handels- und steuerbilanzielle Problemfeld der Bewertungseinheiten vermessen wird, sondern auch durch die Souveränität, mit der schwierige Grundsatzfragen der Gewinnermittlung behandelt werden. Rechtsprechung und Literatur werden umfassend verarbeitet und in die eigenen Überlegungen eingebunden. Durch einen geschickt gewählten Aufbau und viele Beispiele wird der Leser stets über die Relevanz der erörterten Rechtsfragen genauestens in Kenntnis gesetzt. Besonders positiv hervorzuheben ist ferner die Art und Weise, in der der Verfasser die wirtschaftlichen Zusammenhänge, handelsrechtlichen Vorfragen und steuerrechtlichen Probleme zusammenführt und unter verfassungsrechtlichen Aspekten würdigt. Die Änderungen des § 254 HGB-E durch den Rechtsausschuss konnten im Rahmen der Drucklegung noch berücksichtigt werden, so dass die Arbeit dem aktuellen Rechtsstand entspricht. Die Schrift von Meinert kommt also zum richtigen Zeitpunkt und dürfte die weitere Diskussion über die steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten erheblich befördern. München, im Februar 2010 Wolfgang Schön

VIII

Rainer Hüttemann

Vorwort In der unternehmerischen Praxis ist es schon seit Jahrzehnten üblich, die aus offenen, d.h. ungesicherten Positionen resultierenden Risiken mit Hilfe gegenläufiger Deckungsgeschäfte abzusichern. Mindestens ebenso lange ist unklar, ob und wie derartige Sicherungsbeziehungen in der Handels- und Steuerbilanz abzubilden sind. Problematisch ist vor allem die Reichweite von Imparitätsprinzip und Einzelbewertungsgrundsatz, deren strenge Anwendung zu wirtschaftlich sachwidrigen Bilanzausweisen führt. Eine Möglichkeit, dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, ist die „Bewertungseinheit“. Anlass zu einer vertieften Untersuchung bot die Kodifizierung des § 5 Abs. 1a EStG im Jahre 2006, mit der die Bewertungseinheit erstmalig eine gesetzliche Regelung erfahren hat. Die Arbeit wurde im Wintersemester 2008/2009 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Aufgrund der in den Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz enthaltenen Änderungen musste das § 254 HGB betreffende Kapitel für die Drucklegung grundlegend überarbeitet werden. Im Rahmen dieser Aktualisierung wurde die zwischenzeitlich erschienene Literatur bis Ende August 2009 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meinem hochverehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann, der diese Arbeit angeregt und mit Wohlwollen begleitet und gefördert hat. In meiner Studienzeit wie auch in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Steuerrecht habe ich durch ihn stets eine besondere Förderung erfahren, für die ich ihm zutiefst verbunden bin. Ihm und Herrn Prof. Dr. Wolfgang Schön möchte ich zugleich für die Aufnahme dieser Abhandlung in die Schriftenreihe „Rechtsordnung und Steuerwesen“ danken. Mein Dank gilt zudem Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie die Anregungen, die er mir für die Drucklegung gegeben hat. Ganz herzlich bedanke ich mich auch bei Herrn Akad. Rat Dr. André Meyer, der mir stets als wertvoller Diskussionspartner und guter Freund zu Seite stand und beim Korrekturlesen der Manuskriptfassung geholfen hat. Herrn Dr. Carl-Christian Knobbe, Herrn Rechtsanwalt Dr. Benjamin Lissner und Herrn Stefan Wolf gebührt Dank für ihre ständige Diskussionsbereitschaft und die wertvollen Hinweise, die sie mir gegeben haben. Zu Dank verpflichtet bin ich auch Herrn Hauptverwaltungsrat bei der Europäischen Union Uwe Ihli, der es mir mit viel Rücksichtnahme ermöglicht hat, die Aktualisierung der Arbeit rechtzeitig fertigzustellen. Großen Dank möchte ich ferner dem Fachinstitut der Steuerberater e.V., Düsseldorf, für die hohe Ehre aussprechen, die dieses mir mit der Verleihung des Gerhard-ThomaEhrenpreises 2009 erwiesen hat. Der Deutschen Steuerjuristischen GesellIX

Vorwort

schaft e.V., Köln, und der Wissenschaftsförderung der SparkassenFinanzgruppe e.V., Bonn, bin ich zu Dank für die Gewährung großzügiger Druckkostenzuschüsse verpflichtet. Diese Arbeit ist meinen Eltern Rita und Bernd Meinert gewidmet, die mich während Ausbildung, Studium und Promotion in jeder erdenklichen Form gefördert und das Manuskript mit unendlicher Geduld nach Fehlern durchforstet haben. Ohne ihren Rückhalt hätte die Arbeit nicht in dieser Form fertiggestellt werden können. Bonn, im Dezember 2009

X

Carsten Meinert

Inhaltsübersicht Seite Geleitwort der Herausgeber............................................................................ V Vorwort ..........................................................................................................IX Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ XV Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................XXVII Literaturverzeichnis.............................................................................. XXXIII

Einleitung und Gang der Untersuchung............................................ 1 1. Teil: Erscheinungsformen des Hedgings........................................ 5 I.

„Finanzinstrumente“ als maßgebliche Sicherungsinstrumente ........... 5

II.

Hedging-Strategien ............................................................................ 11

III.

Zwischenergebnis .............................................................................. 19

2. Teil: Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen ............................................................ 21 I.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ...................................... 21

II.

Probleme bei der Anwendung allgemeiner Bewertungsvorschriften ..................................................................... 30

III.

Bewertungseinheit als Lösung? ......................................................... 35

IV.

Zwischenergebnis .............................................................................. 39

3. Teil: Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten .................... 41 I.

Formale Auslegung der Bilanzierungsnormen .................................. 41

II.

Wirtschaftliche Betrachtung einzelner Geschäfte.............................. 42

III.

Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte.............................. 45

IV.

Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002...................................... 49

V.

Zwischenergebnis .............................................................................. 51

XI

Inhaltsübersicht

4. Teil: Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG ...................... 53 I.

Stellungnahmen von Fachgremien..................................................... 53

II.

Eigenständiger GoB für die Bildung von Bewertungseinheiten........ 56

III.

§ 340h HGB ....................................................................................... 59

IV.

Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB .............................................. 67

V.

Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB ................................. 82

VI.

Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB...................... 95

VII. Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB ................................ 138 VIII. Zwischenergebnis ............................................................................ 144 IX.

Vereinbarkeit mit § 253 HGB .......................................................... 145

X.

Vereinbarkeit mit dem Saldierungsverbot........................................ 146

XI.

Ergebnis der handelsrechtlichen Rechtslage.................................... 147

5. Teil: Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG.................................................... 149 I.

Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB ............................................... 150

II.

Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG ..................... 169

III.

Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften ................. 170

6. Teil: Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten auf Grundlage von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG.............................................................................. 177 I.

Gesetzgebungsverfahren und Motive der Neuregelung .................. 177

II.

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG.......................................................................................... 179

III.

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG.................... 185

IV.

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG ................................................... 206

V.

Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2 ................................................................................ 236

XII

Inhaltsübersicht

VI.

Bilanzierungsmethode ..................................................................... 242

VII. Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG ............ 257

7. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG ...................................................................... 267 I.

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG .................................................. 267

II.

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ........................................... 313

III.

Zwischenergebnis ............................................................................ 318

8. Teil: Änderungen aufgrund des BilMoG ................................... 319 I.

Änderungen des Gesetzestextes....................................................... 319

II.

Persönlicher Anwendungsbereich.................................................... 323

III.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG ............................... 324

IV.

Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten................................................................. 366

Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................. 381 Stichwortverzeichnis .................................................................................. 387

XIII

Inhaltsverzeichnis Seite Geleitwort der Herausgeber........................................................................... V Vorwort .........................................................................................................IX Inhaltsübersicht ............................................................................................XI Abkürzungsverzeichnis .........................................................................XXVII Literaturverzeichnis............................................................................. XXXIII

Einleitung und Gang der Untersuchung............................................ 1 1. Teil: Erscheinungsformen des Hedgings........................................ 5 I. 1. 2.

„Finanzinstrumente“ als maßgebliche Sicherungsinstrumente ........... 5 Absicherung mit Hilfe „originärer“ Finanzinstrumente ...................... 6 Absicherung mit Hilfe „derivativer“ Finanzinstrumente..................... 7 a) Unbedingte Derivate ..................................................................... 8 b) Bedingte Derivate ....................................................................... 10

II. 1.

Hedging-Strategien ............................................................................ 11 Anzahl der zu sichernden Grundgeschäfte ........................................ 12 a) Mikro-Hedges ............................................................................. 12 b) Makro-, Portfolio- und Global-Hedges....................................... 13 aa) Makro-Hedges ..................................................................... 15 bb) Portfolio-Hedges .................................................................. 16 cc) Global-Hedges ..................................................................... 17 Art der zugrunde liegenden Basiswerte ............................................. 17 a) Pure-Hedges................................................................................ 18 b) Cross-Hedges .............................................................................. 18 Begründungszeitpunkt der Sicherungsbeziehung.............................. 18 a) Simultane Hedges ....................................................................... 19 b) Antizipative Hedges.................................................................... 19

2.

3.

III.

Zwischenergebnis .............................................................................. 19

2. Teil: Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen ............................................................ 21 I. 1.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ...................................... 21 Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) ............................ 23 a) Realisationsprinzip...................................................................... 24 b) Imparitätsprinzip ......................................................................... 25 XV

Inhaltsverzeichnis

2. 3. 4. II. 1.

2.

Grundsatz der Einzelbewertung am Abschlussstichtag (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) ............................................................................. 26 Stichtagsprinzip.................................................................................. 29 Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 HGB) ............................................. 29 Probleme bei der Anwendung allgemeiner Bewertungsvorschriften ..................................................................... 30 Grundsätzliche Einzelbewertung der Geschäfte im Sicherungsverbund............................................................................. 30 a) Abgewickelte Geschäfte ............................................................. 30 b) Schwebende Geschäfte ............................................................... 31 Probleme bei Sicherungsverbund ...................................................... 33

III. 1. 2.

Bewertungseinheit als Lösung? ......................................................... 35 Objektbestimmende Bewertungseinheiten ........................................ 35 Objektübergreifende Bewertungseinheiten........................................ 36 a) Andere Fallgruppen als Hedges .................................................. 37 b) Sicherungsgeschäfte (Hedges) .................................................... 38

IV.

Zwischenergebnis .............................................................................. 39

3. Teil: Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten .................... 41 I.

Formale Auslegung der Bilanzierungsnormen .................................. 41

II.

Wirtschaftliche Betrachtung einzelner Geschäfte.............................. 42

III.

Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte.............................. 45

IV.

Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002...................................... 49

V.

Zwischenergebnis .............................................................................. 51

4. Teil: Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG ...................... 53 I.

Stellungnahmen von Fachgremien..................................................... 53

II.

Eigenständiger GoB für die Bildung von Bewertungseinheiten........ 56

III. 1.

§ 340h HGB ....................................................................................... 59 Regelungsgehalt................................................................................. 60 a) Besondere Deckung .................................................................... 60 b) Einfache Deckung....................................................................... 62 Anwendungsbereich........................................................................... 63 a) Qualifikation als GoB ................................................................. 64

2.

XVI

Inhaltsverzeichnis

b) Vereinbarkeit mit den GoB ......................................................... 65 c) Analoge Anwendbarkeit von § 340h HGB ................................. 66 IV. 1. 2.

3.

V. 1. 2.

3.

4. VI. 1.

Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB .............................................. 67 Persönlicher Anwendungsbereich der Norm ..................................... 68 Tatbestand des § 264 Abs. 2............................................................... 72 a) Die drei Lagen............................................................................. 72 b) Den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ................ 73 Konsequenzen eines „Verstoßes“....................................................... 77 a) Abkopplungsthese....................................................................... 78 b) Einfluss des Einblicksgebots im Rahmen der nationalrechtlichen Möglichkeiten ............................................. 81 Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB ................................. 82 Realisationsprinzip............................................................................. 83 Imparitätsprinzip ................................................................................ 87 a) Einzelbetrachtung der Positionen des Sicherungsverbundes...... 87 b) Gesamtbetrachtung der Positionen des Sicherungsverbundes .................................................................. 87 Einzelbewertungsgrundsatz ............................................................... 90 a) Generelle Ablehnung objektübergreifender Bewertungseinheiten................................................................... 90 b) Systematische und teleologische Bedenken gegen die streng-formale Sicht.................................................................... 91 c) Wortlaut als Grenze der Auslegung ............................................ 93 Zwischenergebnis .............................................................................. 95 Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB...................... 95 Zweck der Konkretisierung von Realisations- und Imparitätsprinzip ................................................................................ 98 a) Absicherungsbedarf .................................................................... 99 aa) Erfasste Geschäfte.............................................................. 100 bb) Für das ganze Unternehmen?............................................. 101 b) Homogene Beeinflussung von Gewinnchance und Verlustrisiko .............................................................................. 102 c) Negative Korrelation................................................................. 105 d) Vollständige Kompensation (betragsmäßige Übereinstimmung) .................................................................... 107 e) Zeitlicher Bezug von Grund- und Sicherungsgeschäft............. 108 aa) Laufzeitkongruenz ............................................................. 108 bb) Fristengleichheit................................................................. 108 cc) Anschlusssicherungen........................................................ 109 dd) Zwischenergebnis .............................................................. 112 f) Hinreichende Konkretisierung bei „antizipativen Hedges“? .... 113 XVII

Inhaltsverzeichnis

3. 4.

g) Relativierung durch Restrisiken................................................ 115 h) Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäften................................................................ 115 i) Zusammenfassung..................................................................... 118 Zweck der Objektivierung des Jahresabschlusses ........................... 119 a) Allgemeine Anforderungen an die Objektivierung................... 119 b) Konkrete Anforderungen an die Objektivierung ...................... 123 aa) Bestehen eines Preisrisikos................................................ 123 bb) Homogene Beeinflussung von Gewinnchance und Verlustrisiko ....................................................................... 123 cc) Negative Korrelation und vollständige Kompensation...... 123 dd) Fälligkeitskongruenz und Restrisiken................................ 124 ee) Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäften......................................................... 125 (1) Selbstbeschränkung des Kaufmanns......................... 126 (2) Stetigkeitsgrundsatz .................................................. 126 (3) Vergangenheitsbezogene Verhaltensbetrachtung ...... 128 (4) Zwischenergebnis...................................................... 130 ff) Alternative Anforderungen an Makro- und PortfolioHedges................................................................................ 130 c) Zusammenfassung..................................................................... 134 Zwischenergebnis ............................................................................ 134 Wahlrecht oder Gebot? .................................................................... 136

VII. 1. 2. 3.

Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB ................................ 138 Begriff des Ausnahmefalls............................................................... 139 Einflussnahme des § 264 Abs. 2 HGB............................................. 141 Wahlrecht oder Gebot zur Bildung der Bewertungseinheit? ........... 143

2.

VIII. Zwischenergebnis ............................................................................ 144 IX.

Vereinbarkeit mit § 253 HGB .......................................................... 145

X.

Vereinbarkeit mit dem Saldierungsverbot........................................ 146

XI.

Ergebnis der handelsrechtlichen Rechtslage.................................... 147

5. Teil: Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG.................................................... 149 I. 1.

XVIII

Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB ............................................... 150 Materielle Maßgeblichkeit ............................................................... 150 a) Anwendungsbereich der materiellen Maßgeblichkeit .............. 151 aa) Bewertungseinheit als Ansatz- oder Bewertungsfrage ...... 151 bb) Maßgeblichkeit auch für Bewertungsfragen? .................... 153

Inhaltsverzeichnis

2. 3.

b) Rechtsfolge ............................................................................... 156 aa) Bewertungseinheiten bei teleologischer Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB..................................................... 156 bb) Bewertungseinheiten gem. §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB ................................................................................... 157 cc) Bewertungseinheiten gem. § 340h Abs. 2 HGB ................ 164 dd) Zwischenergebnis .............................................................. 167 Formelle Maßgeblichkeit ................................................................. 167 Zwischenergebnis ............................................................................ 168

II.

Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG ..................... 169

III. 1. 2.

Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften ................. 170 § 5 Abs. 4a EStG a.F. ....................................................................... 170 Steuerliche Bewertungsvorschriften des § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 EStG ................................................................................................. 171 a) Einzelbewertung gem. § 6 EStG............................................... 172 b) Teilwertbegriff .......................................................................... 173 aa) Kein Verbot der kompensatorischen Bewertung ............... 174 bb) Kein steuerbilanzielles Abweichungswahlrecht ................ 174

6. Teil: Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten auf Grundlage von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG.............................................................................. 177 I.

Gesetzgebungsverfahren und Motive der Neuregelung .................. 177

II.

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG.......................................................................................... 179 Persönlicher Anwendungsbereich der bisherigen Regelungen des § 5 EStG..................................................................................... 179 Persönlicher Anwendungsbereich der Neuregelungen .................... 182 a) Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG............................... 182 b) Anwendungsbereich des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ....................... 183

1. 2.

III. 1.

2.

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG.................... 185 Tatbestandsmerkmal „Bewertungseinheiten“ .................................. 185 a) Nur objektübergreifende Bewertungseinheiten ........................ 186 b) Besonderheiten des § 340h Abs. 2 S. 2 BGB ........................... 187 „Zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken“ ......................... 188 a) Absicherung „finanzwirtschaftlicher Risiken“ ......................... 188 aa) Keine Anwendbarkeit der Norm bei leistungswirtschaftlichen Risiken ...................................... 189

XIX

Inhaltsverzeichnis

3.

4. IV. 1.

2.

XX

bb) Anwendbarkeit auf Finanzwert- und Zahlungsstromrisiken?....................................................... 190 b) Tatbestandsmerkmal „zur Absicherung“ .................................. 191 aa) Erfordernis der Finalität? ................................................... 191 bb) Art der Absicherung........................................................... 193 (1) Gesetzgebungsmaterialien ........................................ 193 (2) Einschränkungen für Handelsportfolien?.................. 194 Begriff der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“........................ 197 a) Konzernabschluss?.................................................................... 198 b) IAS/IFRS?................................................................................. 199 aa) Gesetzgebungsmaterialien ................................................. 200 bb) Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung.............. 200 (1) Wesentlichkeitsgrundsatz .......................................... 201 (2) Anwendbarkeit dieser Grundsätze auch bei Verweisung auf private Standardsetter...................... 203 c) Anhang und Lagebericht? ......................................................... 205 Zwischenergebnis ............................................................................ 206 Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG ................................................... 206 Einordnung der Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1a EStG................. 206 a) Faktische Bezugnahme auf die Handelsbilanz ......................... 206 b) Reichweite der Verknüpfung und dogmatische Einordnung .... 209 aa) § 5 Abs. 1a EStG als „enge formelle Maßgeblichkeit“?.... 209 bb) Geltung auch bei handelsrechtswidriger Bilanzierung? .... 211 (1) Handelsrechtswidrig gebildete Bewertungseinheiten ................................................. 211 (a) Ziel der gesetzmäßigen Besteuerung ................. 212 (b) Ziel der gleichmäßigen Besteuerung.................. 214 (c) Zwischenergebnis............................................... 216 (2) Handelsrechtswidrig unterlassene Bewertungseinheiten ................................................. 216 (a) Auffangcharakter von § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ...... 217 (b) Verfassungsrechtliche Bedenken........................ 218 (c) Zwischenergebnis............................................... 218 cc) Zwischenergebnis und erfasste Arten von Bewertungseinheiten.......................................................... 219 c) Modifikation der handelsrechtlichen GoB................................ 220 d) Zwischenergebnis ..................................................................... 222 Wahlrecht oder Gebot? .................................................................... 222 a) Handelsrechtliches Wahlrecht nach § 340h HGB..................... 222 aa) Rechtsprechung des BFH zu Ansatz- und Bewertungswahlrechten..................................................... 223

Inhaltsverzeichnis

3. 4. V. 1.

2. 3.

VI. 1. 2.

3.

bb) Klassifikation des Wahlrechts nach § 340h Abs. 2 S. 3 HGB ................................................................................... 224 cc) Konsequenzen für die bisherige Rechtslage ...................... 225 b) Faktisches Wahlrecht bei verpflichtenden Bewertungseinheiten................................................................. 226 aa) Faktisches Wahlrecht als handelsrechtliches Wahlrecht? ......................................................................... 227 bb) Entsprechende Anwendung der Rechtsprechung zu Gestaltungsmöglichkeiten?................................................ 228 cc) Konsequenzen für die bisherige Rechtslage ...................... 229 c) Regelung des § 5 Abs. 1a EStG ................................................ 231 d) Zwischenergebnis und mögliche Bewertungseinheiten nach neuer Rechtslage ....................................................................... 232 Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG ...................................... 233 Zeitlicher Anwendungsbereich § 5 Abs. 1a EStG............................ 235 Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2 ................................................................................ 236 Dogmatische Einordnung der Neuregelung..................................... 236 a) Sicherer Verlust nach Art einer Verbindlichkeit?...................... 237 b) Vereinfachungsfunktion für die Verlustberücksichtigung......... 238 c) Zusammenfassung..................................................................... 239 Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm........................................ 239 Umfang der erfassten Verluste ......................................................... 240 a) Betragsmäßige Kongruenz........................................................ 241 b) Betragsmäßige Inkongruenz ..................................................... 241 Bilanzierungsmethode ..................................................................... 242 Laufende Bewertungseinheiten........................................................ 243 Auflösung von Bewertungseinheiten............................................... 245 a) Gleichzeitiger Abgang von Grund- und Sicherungsgeschäft.... 245 b) Einseitige Abwicklung .............................................................. 246 aa) Fehlende Wertveränderung ................................................ 247 bb) Realisierte Bewertungsgewinne......................................... 247 cc) Realisierte Bewertungsverluste.......................................... 248 (1) Fortwirkung der Gesamtbetrachtung ........................ 249 (2) Methoden zur Aufrechterhaltung der Gesamtbetrachtung.................................................... 251 (a) Marktbewertung des Grundgeschäfts................. 252 (b) Rechnungsabgrenzungsposten ........................... 253 (c) Anzahlung .......................................................... 254 (d) Zwischenergebnis............................................... 255 c) Auflösung von Rückstellungen................................................. 255 Bilanzierung von Anschlusssicherungsgeschäften .......................... 256 XXI

Inhaltsverzeichnis

VII. Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG ............ 257 1. Problematik der Wechselwirkung .................................................... 258 2. Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG?....... 260 a) Auslegung des § 5 Abs. 1a EStG .............................................. 260 aa) Ermittlung des steuerfreien Veräußerungsgewinns ........... 261 bb) Bestimmung der Bemessungsgrundlage für § 8b Abs. 3 S. 1 EStG............................................................................ 261 b) Analoge Anwendung des § 5 Abs. 1a EStG?............................ 262 c) Zwischenergebnis ..................................................................... 262 3. Auslegung von § 8b Abs. 2 S. 2 KStG............................................. 262 a) Gesetzeswortlaut ....................................................................... 263 b) Gestaltungsmöglichkeiten und systematische Betrachtung...... 263 c) Zwischenergebnis ..................................................................... 265 4. Zwischenergebnis ............................................................................ 265

7. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG ...................................................................... 267 I. 1.

XXII

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG .................................................. 267 Leistungsfähigkeitsprinzip............................................................... 267 a) Ungleichbehandlung im Vergleich zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG................................................................ 271 aa) Vergleichbarkeit / Prüfungsmaßstab .................................. 271 bb) Ungleichbehandlung .......................................................... 272 (1) Vorteil der Gestaltungsmöglichkeit........................... 273 (a) Progressionsvorteile ........................................... 274 (b) Vorteile bei der Berücksichtigung von Verlusten............................................................. 275 (2) Nachteil des Entscheidungszwangs bzw. differierende Ergebnisse............................................ 275 (3) Zwischenergebnis...................................................... 277 cc) Rechtfertigung..................................................................... 277 (1) Prüfungsmaßstab ....................................................... 277 (2) Vereinfachungsfunktion als Rechtfertigungsgrund... 278 (3) Abwägung und Zwischenergebnis ............................ 280 b) Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Bilanzierenden .......................................................................... 280 c) Folgerichtigkeitsverletzungen................................................... 281 aa) Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit................... 282 (1) Dokumentationserfordernis....................................... 282 (2) Durchhalteabsicht...................................................... 283 (3) Zwischenergebnis...................................................... 284 bb) Rechtfertigung ................................................................... 285

Inhaltsverzeichnis

Genereller Prüfungsmaßstab ..................................... 285 Reduktion des Prüfungsmaßstabes und Optimierungsgebot.................................................... 285 (a) Betroffene Konstellationen ................................ 286 (b) Keine Möglichkeit unter dem geltenden Bilanzierungskonzept......................................... 286 (c) Gebot zur Einführung einer Marktbewertung? ............................................... 287 (d) Zwischenergebnis............................................... 288 (3) Prüfung am Maßstab des Optimierungsgebots ......... 289 (4) Beschluss des BVerfG vom 12.05.2009 – 2 BvL 1/00................................................................. 290 d) Probleme bzgl. der branchen- bzw. rechtsformspezifischen Regelungen ............................................................................... 292 aa) Vergleichbarkeit und Ungleichbehandlung........................ 293 bb) Rechtfertigung ................................................................... 294 (1) §§ 264 Abs. 2 i.V.m. 252 Abs. 2 HGB ...................... 294 (2) § 340h Abs. 2 S. 3 HGB............................................ 295 (a) Wahlrecht als zusätzlicher Ermessensspielraum........................................... 295 (aa) Motive der handelsrechtlichen Regelung........... 295 (bb) Rechtfertigung der steuerbilanziellen Differenzierung .................................................. 296 (b) Entscheidungszwang und unterschiedliche Wahlrechtsausübung .......................................... 297 cc) Zwischenergebnis .............................................................. 298 Steuerliches Legalitätsprinzip.......................................................... 298 a) Gebot der Zwangsläufigkeit der Besteuerung .......................... 298 aa) Rechtshistorische Intention des Gesetzmäßigkeitspostulats................................................. 299 bb) Rechtssicherheit und Übermaßverbot................................ 300 cc) Wesentlichkeitsgrundsatz................................................... 301 b) Bestimmtheitsgebot .................................................................. 303 aa) Allgemeines ....................................................................... 303 (1) Quantitatives und kompetentielles Element.............. 304 (2) Voraussehbarkeitsformel des BVerfG ....................... 304 (3) Relativierung der Bestimmtheitsanforderungen ....... 306 bb) „Handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“..................................................................... 308 (1) Unklarheiten im Zusammenhang mit dem Begriff der GoB ..................................................................... 308 (2) Stellungnahme........................................................... 310 cc) Bewertungseinheiten i.S.v. § 5 Abs. 1a EStG .................... 311 (1) (2)

2.

XXIII

Inhaltsverzeichnis

3.

Zwischenergebnis ............................................................................ 313

II. 1. 2.

3.

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ........................................... 313 Ungleichbehandlung ........................................................................ 314 Rechtfertigung.................................................................................. 314 a) Vermeidung von Verstößen gegen das Folgerichtigkeitsgebot .............................................................. 314 b) Vereinfachungsfunktion ............................................................ 315 aa) Generelle Zulässigkeit von Typisierungen ........................ 315 bb) Grenzen der Typisierung.................................................... 316 Zwischenergebnis ............................................................................ 317

III.

Zwischenergebnis ............................................................................ 318

8. Teil: Änderungen aufgrund des BilMoG ................................... 319 I. 1.

2.

Änderungen des Gesetzestextes....................................................... 319 Änderungen des HGB ...................................................................... 320 a) Bewertungseinheiten gem. § 254 HGB n.F. ............................. 320 b) Zeitwertbewertung und Währungsumrechnung........................ 321 c) Anhangangaben bzw. Angaben im Lagebericht ....................... 322 Änderungen des EStG...................................................................... 322

II.

Persönlicher Anwendungsbereich.................................................... 323

III. 1.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG ............................... 324 Tatbestandliche Voraussetzungen des § 254 HGB n.F..................... 324 a) „Finanzinstrumente“ als mögliche Sicherungsinstrumente ...... 324 aa) Abgrenzung unter Rückgriff auf § 340e Abs. 3 HGB n.F....................................................................................... 325 bb) Abgrenzung von nicht-finanziellen Vermögenswerten ..... 326 cc) Warentermingeschäfte gem. § 254 S. 2 HGB n.F. ............. 327 (1) Begriff des "Termingeschäfts" .................................. 327 (2) Begriff der "Waren"................................................... 327 b) Absicherungsfähige Grundgeschäfte ........................................ 330 aa) Beschränkung durch § 340e Abs. 3 bzw. § 256a S. 2 HGB n.F. ............................................................................ 330 (1) § 340e Abs. 3 S. 1 HGB n.F. ..................................... 330 (2) § 256a S. 2 HGB n.F. ................................................ 333 bb) Antizipative Hedges........................................................... 333 (1) "Erwartete Transaktionen" ........................................ 333 (2) Auftretende Gestaltungsspielräume .......................... 334 (3) Das Erfordernis „hoher Wahrscheinlichkeit“............ 335 (4) Prognoseschwierigkeiten .......................................... 336 cc) Zwischenergebnis .............................................................. 338

XXIV

Inhaltsverzeichnis

2.

3. IV. 1.

c) Umfasste Risikokategorien ....................................................... 338 aa) Wertänderungs- und Zahlungsstromrisiken ....................... 339 bb) Vergleichbarkeit der Risiken.............................................. 340 d) Zusammenfassung zum Ausgleich............................................ 341 aa) Subjektives Element .......................................................... 341 (1) Sicherungsabsicht und Motiv der Zusammenfassung..................................................... 342 (2) Durchhalteabsicht...................................................... 342 (3) Zwischenergebnis...................................................... 343 bb) Sicherungseignung............................................................. 344 (1) Gegenläufigkeit von Wert- und Zahlungsstromänderungen ........................................ 345 (2) Keine anderweitigen Risiken .................................... 346 (3) Keine zwingende Fristenidentität.............................. 346 (4) Mindesteffektivität .................................................... 348 cc) Keine Rückwirkung ........................................................... 349 e) Dokumentation.......................................................................... 350 f) Stellungnahme........................................................................... 351 aa) Systemänderung bei der Bildung von Bewertungseinheiten.......................................................... 351 bb) Gestaltungsanfälligkeit ...................................................... 352 cc) Transparenzmängel ............................................................ 353 dd) Art. 39 Abs. 3 und 4 der Bankbilanzrichtlinie ................... 354 Rechtsfolgen des § 254 HGB n.F..................................................... 355 a) Nichtanwendung von § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ........................ 355 b) Nachweis des effektiven Teils der Bewertungseinheit ............. 357 c) Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten .................... 358 d) Bilanzieller Ausweis ................................................................. 359 aa) Effektive Teile der Bewertungseinheit............................... 359 bb) Ausweis ineffektiver Teile bzw. betragsmäßiger Überhänge .......................................................................... 363 (1) Stellungnahme des Bundesrates................................ 363 (2) Gegenäußerung der Bundesregierung....................... 364 (3) Probleme einer wahlweisen Verlustberücksichtigung............................................ 365 cc) Auflösung von Bewertungseinheiten................................. 365 Zwischenergebnis ............................................................................ 366 Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten................................................................. 366 Steuerbilanzielle Auswirkungen der Änderungen des EStG ........... 367 a) § 5 Abs. 1a S. 1 EStG n.F.......................................................... 367 b) § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F........................................................ 367

XXV

Inhaltsverzeichnis

2.

3.

Steuerbilanzielle Auswirkungen der Änderungen des HGB ........... 369 a) Erfasste Risikoarten .................................................................. 369 b) Antizipative Hedges.................................................................. 371 c) Zwischenergebnis ..................................................................... 371 Verfassungsrechtliche Bedenken ..................................................... 371 a) Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. ................................................................................... 371 b) Ausweis ineffektiver Teile bzw. betragsmäßiger Überhänge ... 373 c) Tatbestand des § 254 HGB n.F. ................................................ 373 aa) Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ..................................... 373 (1) Allgemeines steuerliches Legalitätsprinzip .............. 374 (2) Bestimmtheitsgrundsatz ............................................ 375 bb) Gleichmäßigkeit der Besteuerung...................................... 376 (1) Relevante Ungleichbehandlungen bzw. Folgerichtigkeitsverstöße .......................................... 376 (a) Vergleich zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG........................................................ 376 (b) Folgerichtigkeitsverletzungen ............................ 377 (2) Rechtfertigung........................................................... 377 (a) Vergleich zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG........................................................ 377 (b) Folgerichtigkeitsverletzungen ............................ 378 (3) Zwischenergebnis...................................................... 379

Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................. 381 Stichwortverzeichnis .................................................................................. 387

XXVI

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.E. a.F. ABl. ABlEG Abs. Abt. ADS AG AktG Anh. Anm. AO AöR Art. Aufl. BaBiRiLiG BB Bd. BeckBilKomm Beck HdR BFA BFH BFH/NV BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BiRiLiG BMF BoHdR BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks.

andere Ansicht am Ende alte Fassung Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Abteilung Adler/Düring/Schmaltz Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Anhang Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Artikel Auflage Bankbilanzrichtliniegesetz Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Beck’scher Bilanz-Kommentar Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung Bankenfachausschuss Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bilanzrichtliniegesetz Bundesminister der Finanzen Bonner Handbuch der Rechnungslegung Drucksachen des Bundesrates Bundessteuerblatt Drucksachen des Bundestages XXVII

Abkürzungsverzeichnis

Buchst. BVerfG BVerfGE bzw.

Buchstabe Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise

ca.

circa

d.h. DB ders. dies. DStJG DStR DStZ

das heißt Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe dieselbe(n) Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V. Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)

EFG EG Einf. ESt EStB EStG EStG-E et al. EuGH EuGH, Slg.

e.V.

Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaft(en) Einführung Einkommensteuer Der Ertrag-Steuer-Berater (Zeitschrift) Einkommensteuergesetz Einkommensteuergesetz-Entwurf Et alii Europäischer Gerichtshof Entscheidungssammlungen des Europäischen Gerichtshofs Sammlung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs eingetragener Verein

f., ff. FG FGO Fn. FR FS

folgende Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Fußnote Finanzrundschau (Zeitschrift) Festschrift

gem. GewStG GG ggf. GmbH

gemäß Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung

EuGHE

XXVIII

Abkürzungsverzeichnis

GmbHG GmbHR GoB GrS GuV GS

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Großer Senat Gewinn- und Verlustrechnung Gedächtnisschrift

h.M. HdFW HdJ HFA HGB HGB-E H/H/R H/H/S hrsg. HS. HuRB

herrschende Meinung Handwörterbuch der Finanzwirtschaft Handbuch des Jahresabschlusses Hauptfachausschuss Handelsgesetzbuch Handelsgesetzbuch-Entwurf Herrmann/Heuer/Raupach Hübschmann/Hepp/Spitaler herausgegeben Halbsatz Handbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB

i.d.F. i.d.R. i.H.v. i.S. i.S.d. i.S.v. i.Ü. i.V.m. IAS IAS-VO

IStR IWB

in der Fassung in der Regel in Höhe von im Sinne im Sinne des/der im Sinne von im Übrigen in Verbindung mit International Accounting Standards Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards Institut der Wirtschaftsprüfer International Financial Reporting Standards Institut „Finanzen und Steuern“ Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) Internationale Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung (Zeitschrift)

IDW IFRS IFSt INF

XXIX

Abkürzungsverzeichnis

Kap. KGen KölnerKommAktG KÖSDI KoR KStG

Kapitel Kommanditgesellschaften Kölner Kommentar, Aktiengesetz Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeitschrift) Köperschaftsteuergesetz

m.w.N. Mio. MünchKommAktG MünchKommHGB

mit weiteren Nachweisen Million Münchener Kommentar, Aktiengesetz Münchener Kommentar, Handelsgesetzbuch

n.F. NJW Nr. nrkr. NRW NWB NZG

neue(r) Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer nicht rechtskräftig Nordrhein-Westfalen Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift)

o.g. ÖStZ OHGen

oben genannt Österreichische Steuer-Zeitung (Zeitschrift) offene Handelsgesellschaften

RegE RFH RIW Rn. Rs. Rspr. RStBl.

Regierungsentwurf Reichsfinanzhof Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer(n) Rechtssache Rechtsprechung Reichssteuerblatt

S. s.o. sog. Sp. st. Rspr. StbJb StBp. StuB StuW

Seite siehe oben sogenannte (-r, -s) Spalte ständige Rechtsprechung Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift) Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)

XXX

Abkürzungsverzeichnis

Tz.

Textziffer

u.a. u.U. Ubg urspr. Urt. US UStG usw.

unter anderem unter Umständen Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) ursprünglich Urteil United States Umsatzsteuergesetz und so weiter

v. v.H. VA vgl.

von, vom vom Hundert Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) vergleiche

WPg

Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

z.B. ZBB

zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Zeitschrift) Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Zeitschrift) Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung (Zeitschrift) Zeitschrift für Gesetzgebung (Zeitschrift) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

zfbf ZfhF ZG ZGR ZHR ZIP

XXXI

.

Literaturverzeichnis Adler, Hans/ Düring, Walther/ Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Teilband 1: §§ 252 – 263 HGB, 6. Auflage, Stuttgart 1995, Teilband 5: §§ 264 – 283 HGB, 6. Auflage, Stuttgart 1997, Teilband 6: §§ 238 – 251 HGB, 6. Auflage, Stuttgart 1998, (zitiert: ADS) Ahmann, Karin-Renate, Die Bilanzrichtlinie und die steuerliche Gewinnermittlung – Eine Zwangsehe?, in: Ertragsbesteuerung, Zurechnung – Ermittlung – Gestaltung, Festschrift für Ludwig Schmidt, hrsg. von Arndt Raupach, Adalbert Uelner, München 1993, S. 269–289 Anstett, Christof Werner/ Husmann, Rainer, Die Bildung von Bewertungseinheiten bei Derivatgeschäften, BB 1998, 1523–1530 Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, Zur Fortentwicklung des deutschen Bilanzrechts, BB 2002, 2372–2381 Ders., Stellungnahme zum Entwurf eines BilMoG: Einzelfragen zum materiellen Bilanzrecht, BB 2008, 209–216 Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der SchmalenbachGesellschaft, Bilanzierung von Finanzinstrumenten im Währungs- und Zinsbereich auf der Grundlage des HGB, DB 1997, 637–642 Arndt, Hans-Wolfgang, Praktikabilität und Effizienz. Zur Problematik gesetzesvereinfachenden Verwaltungsvollzuges und der „Effektuierung“ subjektiver Rechte, Köln 1983 Arndt, Hans-Wolfgang/ Wiesbrock, Michael R., Der EuGH als gesetzlicher Richter in ertragssteuerlichen Rechtsstreitigkeiten?, DStR 1999, 350–354 Ausschuss für Bilanzierungsfragen des Bundesverbandes deutscher Banken, Bilanzpublizität von Finanzderivaten, WPg 1995, 1–6 Bärenz, Christian, Anmerkung zum Schlussantrag des Generalanwalts Francis Jacobs in der Rs. C-306/99, IStR 2002, 24–25 Baetge, Jörg, Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, DB 1986, Beilage 26, 1–15 Baetge, Jörg/ Kirsch, Hans-Jürgen/ Thiele, Stefan, Bilanzen, 8. Auflage, Düsseldorf 2005 Baetge, Jörg/ Knüppe, Wolfgang, Vorhersehbare Risiken und Verlust, in: Handbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB, hrsg. von Ulrich Leffson, Dieter Rückle, Bernhard Großfeld, Köln 1986, S. 394–403 (zitiert: Baetge/Knüppe, HuRB) Baetge, Jörg/ Thiele, Stefan, Gesellschafterschutz versus Gläubigerschutz – Rechenschaft versus Kapitalerhaltung, in: Handelsbilanzen und SteuerbiXXXIII

Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis

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Einleitung und Gang der Untersuchung Seit Jahrzehnten ist umstritten, wie wirtschaftlich verknüpfte Geschäfte, insbesondere Sicherungsbeziehungen, im Jahresabschluss der Unternehmungen richtig zu bilanzieren sind.1 Werden Geschäfte im Rahmen eines Risikomanagements abgeschlossen, um sich gegen nachteilige Entwicklungen von Warenpreisen, Währungskursen, Zinssätzen oder Aktienkursen zu schützen, so spricht man von Hedge2-Geschäften.3 Innerhalb solcher Hedges kann sich das potenzielle Risiko des einzelnen Geschäfts, d.h. seine potenzielle Verlust- oder Gewinnchance, aufgrund der Sicherungswirkung gegenläufiger Geschäfte wirtschaftlich nicht verwirklichen. Bilanzrechtlich führt dies zu der Frage, ob aufgrund des Einzelbewertungsprinzips gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB an einer singulären Bewertung nach dem Realisations- bzw. Imparitätsprinzip festgehalten werden kann oder ob es dem wirtschaftlichen Risikoausschluss vielmehr im Wege einer Gesamtbewertung Rechnung zu tragen gilt. Letzteres würde dazu führen, dass lediglich die (nach Berücksichtigung der kompensatorischen Wirkung) im Hedge verbleibenden Erfolgswirkungen bilanziell zu berücksichtigen wären. Das wirtschaftliche Modell des Risikomanagements durch Hedging hat nicht unerheblich an Bedeutung gewonnen, seit der Markt derivativer Finanzinstrumente (kurz: Derivate) – als günstige Sicherungsinstrumente – in den neunziger Jahren eine sprunghafte Entwicklung erlebte.4 So setzten im Jahr 2000 bereits ca. 90 % der großen deutschen Industrie- und Handelsunternehmen nach eigenen Angaben derivative Finanzinstrumente zur Steuerung ihrer finanzwirtschaftlichen Risiken ein.5 Derivate eignen sich besonders gut zur Absicherung von Gegengeschäften, weil sie aufgrund ihrer Hebelwirkung bei niedrigem Kapitaleinsatz eine hohe Deckung ermöglichen. Sie erleichtern die Bildung von Sicherungszusammenhängen und machen sie in vielen Fällen überhaupt erst wirtschaftlich realisierbar. Dass allein das Derivategeschäft der deutschen Kreditinstitute im Jahre 1994 mit ca. 3,9 Bill. DM das gesamtdeutsche BIP von 3,2 Bill. DM bereits übertraf6 und das weltweite Marktvolumen von Derivaten im Jahre 2006 mit rund 285 Bill. US-Dollar gar fünfmal so groß war wie das Welt-Bruttoinlandsprodukt,7 verdeutlicht – auch wenn dieses Volumen nur 1 2 3 4 5 6 7

Vgl. Nachweise bei Barckow, S. 91 f.; Diehl, BB 1977, 290, 291 (Fn. 6, 7); Göttgens, BFuP 1995, 146, 146; Oestreicher, S. 2 f. „Hedge“ engl. = Zaun. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 715. Vgl. Krumnow, ZBB 1993, 133, 133. Glaum/Förschle, DB 2000, 1525, 1525. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 715 (Fn. 12). Vgl. Rettberg, „Die Gefahren für die Finanzmärkte wachsen“, Handelsblatt vom 02.06.2006. Das heutige Nominalvolumen von außerbörslich gehandelten Finanzderiva-

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Einleitung und Gang der Untersuchung

zu einem Bruchteil Sicherungszwecken dient – die wirtschaftliche Dimension, die hier zur Rede steht. Doch wie so häufig konnten die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser rasanten wirtschaftlichen Entwicklung nicht standhalten.8 So fehlte es im deutschen Handelsrecht – außer für Kreditinstitute9 – bislang an expliziten Rechnungslegungsvorschriften für Derivate, für Fremdwährungsgeschäfte und für die Berücksichtigung von Sicherungszusammenhängen.10 Auch in der Literatur gehörte die Frage der Bilanzierung und Bewertung von Risikokompensationsgeschäften lange und gehört wohl selbst heute noch „handelsrechtlich zu den wohl am meisten umstrittenen Fragestellungen“.11 Dass hier im Interesse von Rechtssicherheit und einer leistungsfähigen Rechtsordnung Regelungsbedarf bestand, liegt auf der Hand. Erstaunlich ist jedoch, dass es zunächst der Steuergesetzgeber war, der sich dieser Problematik im Rahmen des Gesetzes „zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“12 vom 28.04.2006 angenommen und mit § 5 Abs. 1a EStG bzw. § 5 Abs. 4a EStG Regelungen zur Behandlung der fraglichen Materie geschaffen hat. Hierbei war es jedoch nicht die der angelsächsischen Praxis entsprechende13 und in der betriebswirtschaftlichen Literatur vielfach propagierte14 (generelle) Marktbewertung von Finanzinstrumenten (sog. „Mark-to-Market“), die Einzug in die deutsche Rechtsordnung erhalten hat. Indem § 5 Abs. 1a EStG normiert, dass „die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten […] auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich“ sind, hat sich der Gesetzgeber vielmehr für den vornehmlich im deutschen Rechtsraum diskutierten15 Lösungsansatz der sog. „Bewertungseinheit“ entschieden. Korrespondierend dazu wurde durch § 5 Abs. 4a S.2 EStG16 für die aus einer

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ten wird sogar auf einen Betrag von 596 Bill. US-Dollar geschätzt, vgl. „Der Offenbarungseid“, Der Spiegel vom 29.09.2008, S. 20, 28. So auch Glaum/Förschle, DB 2000, 1525, 1525. Hier gilt § 340h HGB für Währungsumrechnungen. So auch Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1529; Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 1; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 44; Wagner, StuB 2004, 1085, 1085. Hahne, BB 2006, 2291, 2291. BGBl I S. 1095, dort Artikel 1, Rn. 2. Welches dort als eine Form des Hedge-Accounting Anwendung findet, vgl. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1524; Barckow, S. 192; Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 93. Vgl. nur Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 554, welche die Marktbewertung bereits mit geltendem Recht für vereinbar erklären bzw. Mauritz, S. 332, der eine Marktbewertung de lege ferenda fordert. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1523 f.; Barckow, StbJb 2006/07, 217, 232. Der Gesetzestext lautet insofern: „Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a.“.

Einleitung und Gang der Untersuchung

Bewertungseinheit resultierenden Verlustüberhänge ein Ausnahmetatbestand vom Verbot zur Bildung von Drohverlustrückstellungen geschaffen. Im Rahmen eines „Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts“ (BilMoG) hat das Konstrukt der Bewertungseinheit nunmehr auch Eingang in die handelsrechtliche Rechnungslegung gefunden. Durch das am 28.05.2009 verkündete und damit am 29.05.2009 in Kraft getretene Reformgesetz wurde § 254 HGB n.F. kodifiziert, der die handelsbilanzielle Behandlung von Sicherungszusammenhängen regelt. Anzuwenden ist die Regelung grundsätzlich erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse für das nach dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahr.17 Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Frage der handels- und steuerbilanziellen Zulässigkeit von Bewertungseinheiten umfassend zu klären. Teil 1 wird hierzu zunächst die von § 5 Abs. 1a EStG geregelten Absicherungszusammenhänge thematisch einordnen. Erläutert wird dabei die Funktionsweise des „Hedging“ im Generellen, wobei besonders gängige Sicherungsinstrumente und mögliche Hedging-Strategien exemplarisch vorgestellt werden. Der 2. Teil der Untersuchung beschäftigt sich mit der bilanziellen Abbildung von geschlossenen Positionen nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften. Die einschlägigen Normen werden dargestellt und die bei Sicherungszusammenhängen auftretenden Probleme analysiert. Nach einer Untersuchung der hierzu bislang ergangenen Rechtsprechung im 3. Teil folgt in Teil 4 die Erörterung möglicher Rechtsgrundlagen für die handelsbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG. Hierzu werden die in der wissenschaftlichen Diskussion vertretenen Ansätze einzeln kritisch beurteilt und konkrete Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten erarbeitet. Auf dieser Grundlage behandelt Teil 5 der Arbeit dann die steuerliche Bilanzierung von Sicherungszusammenhängen nach der vor dem 01.01.2006 geltenden Rechtslage. Diese Überlegungen sind erforderlich, um die Funktionsweise des § 5 Abs. 1a bzw. Abs. 4a S. 2 EStG zu verstehen und die Neuregelungen dogmatisch einordnen zu können. Teil 6 beschäftigt sich nachfolgend mit der aktuell geltenden steuerlichen Rechtslage. Hierbei werden zunächst die persönliche und sachliche Reichweite des § 5 Abs. 1a und Abs. 4 S. 2 EStG abgegrenzt und in das System des Bilanz- und Einkommensteuerrechts eingeordnet. Daran anschließend wird in Teil 7 die Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft. Der 8. Teil betrifft die Frage, wie sich die Änderungen durch das BilMoG auf die gefundenen handels- und steuerrechtlichen Ergebnisse auswirken. Die Novellierung führt dabei zu Modifikationen, welche die Analyse der bisherigen handelsrechtlichen Rechtsgrundlagen teilweise überholen. Dennoch kommt diese Arbeit ohne eine umfangreiche Untersuchung der bisherigen handelsrechtlichen Rahmenbedingun-

17 Vgl. § 66 Abs. 3 EGHGB.

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Einleitung und Gang der Untersuchung

gen für Bewertungseinheiten nicht aus. Zum einen gilt es, auch den Zeitraum zwischen Einführung des § 5 Abs. 1a EStG und Inkrafttreten des BilMoG wissenschaftlich aufzuarbeiten. Zum anderen liefert die Untersuchung wesentliche Erkenntnisse für die steuerliche Behandlung der nicht von § 5 Abs. 1a EStG erfassten Bewertungseinheiten und den verfassungsrechtlichen Rahmen, in dem sich eine gesetzliche Anordnung zur kompensatorischen Bewertung zu bewegen hat. Der abschließende Teil enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Arbeit.

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1. Teil: Erscheinungsformen des Hedgings Doch worum geht es beim „Hedging“ überhaupt? Unter Hedging versteht man die Reduzierung oder vollständige Ausschaltung des möglichen Verlustes aus einem Grundgeschäft, indem ein gegenläufiges Sicherungsgeschäft in der Weise eingesetzt wird, dass es zu einer (annähernden) Kompensation von Verlusten und Gewinnen aus beiden Geschäften kommt.1 Das Hedging beinhaltet also den Abschluss von Transaktionen, die dazu geeignet sind, Risiken (aber auch Chancen) von bestehenden oder künftigen Positionen teilweise oder vollständig zu kompensieren.2 Das mit dem Grundgeschäft verbundene Marktrisiko wird dabei durch den Abschluss eines mit gegenläufigem Risiko versehenen Sicherungsgeschäfts begrenzt,3 was zur Immunisierung der offenen Position gegen Preisrisiken führt.4 Ein Bedarf der auf diesem Wege erzielten Risikokompensation besteht vor allem bei international tätigen Unternehmen, die global operieren und ein großes Interesse an der Absicherung ihrer vielfältigen Geschäfte haben.5 Welche Sicherungsinstrumente den Unternehmen hierbei zur Verfügung stehen und welche Kategorien von Hedge-Modellen sich entwickelt haben, wird nachfolgend erläutert. Im Anschluss gilt es die damit verbundenen bilanzrechtlichen Probleme herauszuarbeiten.

I.

„Finanzinstrumente“ als maßgebliche Sicherungsinstrumente

Die Absicherung im Rahmen des Hedging erfolgt in der Praxis primär durch sog. „Finanzinstrumente“. Dieser Begriff ist zwar im Rahmen der Umsetzung der EG-Bankbilanz-Richtlinie mit § 340 c Abs. 1 S. 1 HGB in die deutschen Rechnungslegungsvorschriften eingeführt worden,6 wurde aber weder im deutschen Handels- noch im Steuerrecht gesetzlich definiert.7 Zusammenfassend lässt sich der Begriff der „Finanzinstrumente“ jedoch als Oberbegriff für das gesamte Spektrum der finanzwirtschaftlichen Instrumente verstehen, der sowohl die klassischen „originären“ als auch die innovativen „derivativen“ Finanzinstrumente umfasst.8 Hieran orientiert, werden nachfolgend die bedeu1 2 3 4 5 6 7 8

Ähnliche Definition auch bei MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 74. Beckmann, S. 72 f; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 44. Büschgen, S. 970. Büschgen/Börner, S. 197. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 756, 759. Vgl. BT-Drucks. 11/6275, S. 1, 5. MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 69. Vgl. auch MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 69; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 289. Alternativ wird auch das Begriffspaar Kassabzw. Termingeschäft verwendet, vgl. Barckow, S. 10 (Fn. 31). Problematisch ist hieran

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1. Teil: Erscheinungsformen des Hedgings Doch worum geht es beim „Hedging“ überhaupt? Unter Hedging versteht man die Reduzierung oder vollständige Ausschaltung des möglichen Verlustes aus einem Grundgeschäft, indem ein gegenläufiges Sicherungsgeschäft in der Weise eingesetzt wird, dass es zu einer (annähernden) Kompensation von Verlusten und Gewinnen aus beiden Geschäften kommt.1 Das Hedging beinhaltet also den Abschluss von Transaktionen, die dazu geeignet sind, Risiken (aber auch Chancen) von bestehenden oder künftigen Positionen teilweise oder vollständig zu kompensieren.2 Das mit dem Grundgeschäft verbundene Marktrisiko wird dabei durch den Abschluss eines mit gegenläufigem Risiko versehenen Sicherungsgeschäfts begrenzt,3 was zur Immunisierung der offenen Position gegen Preisrisiken führt.4 Ein Bedarf der auf diesem Wege erzielten Risikokompensation besteht vor allem bei international tätigen Unternehmen, die global operieren und ein großes Interesse an der Absicherung ihrer vielfältigen Geschäfte haben.5 Welche Sicherungsinstrumente den Unternehmen hierbei zur Verfügung stehen und welche Kategorien von Hedge-Modellen sich entwickelt haben, wird nachfolgend erläutert. Im Anschluss gilt es die damit verbundenen bilanzrechtlichen Probleme herauszuarbeiten.

I.

„Finanzinstrumente“ als maßgebliche Sicherungsinstrumente

Die Absicherung im Rahmen des Hedging erfolgt in der Praxis primär durch sog. „Finanzinstrumente“. Dieser Begriff ist zwar im Rahmen der Umsetzung der EG-Bankbilanz-Richtlinie mit § 340 c Abs. 1 S. 1 HGB in die deutschen Rechnungslegungsvorschriften eingeführt worden,6 wurde aber weder im deutschen Handels- noch im Steuerrecht gesetzlich definiert.7 Zusammenfassend lässt sich der Begriff der „Finanzinstrumente“ jedoch als Oberbegriff für das gesamte Spektrum der finanzwirtschaftlichen Instrumente verstehen, der sowohl die klassischen „originären“ als auch die innovativen „derivativen“ Finanzinstrumente umfasst.8 Hieran orientiert, werden nachfolgend die bedeu1 2 3 4 5 6 7 8

Ähnliche Definition auch bei MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 74. Beckmann, S. 72 f; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 44. Büschgen, S. 970. Büschgen/Börner, S. 197. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 756, 759. Vgl. BT-Drucks. 11/6275, S. 1, 5. MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 69. Vgl. auch MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 69; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 289. Alternativ wird auch das Begriffspaar Kassabzw. Termingeschäft verwendet, vgl. Barckow, S. 10 (Fn. 31). Problematisch ist hieran

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Erscheinungsformen des Hedgings

tendsten Sicherungsinstrumente vorgestellt und beispielhaft ihre Sicherungsfunktionen aufgezeigt.

1.

Absicherung mit Hilfe „originärer“ Finanzinstrumente

In Betracht kommt eine Absicherung dabei zunächst unter Rückgriff auf sog. „originäre Finanzinstrumente“9. Hierzu zählen im Wesentlichen die traditionellen Instrumente wie Barvermögen, Forderungen, Verbindlichkeiten oder gehaltene und emittierte Wertpapiere, die bereits nach geltendem Handels- und Steuerbilanzrecht zu aktivieren oder passivieren sind.10 Diese Finanzinstrumente sind „originär“, weil sie ihren wirtschaftlichen Gehalt im Gegensatz zu den „derivativen“ Instrumenten bereits aus sich heraus erlangen. Gleichzeitig stellen sie Basiswerte dar, von denen sich die Preise derivativer Finanzinstrumente ableiten.11 Der klassische Anwendungsfall einer Absicherung mittels originärer Finanzinstrumente ist der Einsatz von Devisenguthaben oder Verbindlichkeiten zum Ausgleich von Währungsrisiken.12 Hat ein Unternehmen bspw. Zahlungsverbindlichkeiten in einer Fremdwährung, so kann es sich gegen negative Wechselkursschwankungen durch den zeitgleichen Erwerb der geschuldeten Devisen absichern. Beispiel 1: Die X-AG kauft am 10.07.2007 in den USA Industrieanlagen zum Preis von 13,5 Mio. US-$ (1 € = 1,35 US-$). Der Liefertermin ist sofort und der Zahlungstermin am 15.01.2008. Zur Absicherung vor einem steigenden Dollarkurs kauft die X-AG ebenfalls am 10.07.2007 13,5 Mio. US-$ für 10 Mio. €. Fällt der Eurokurs zum Bilanzstichtag 31.12.2007 auf 1,30 US-$, so hat dies für die Durchführung des Geschäfts keine wirtschaftlichen Auswirkungen. Beispiel 2: Die Y-GmbH hat aus Warenlieferungen an einen Großkunden offene Forderungen i.H.v. 20 Mio. US-$, fällig am 30.11.2008. Gleichzeitig bestehen gegenüber einem Lieferanten Verbindlichkeiten i.H.v. 13 Mio. US-$, ebenfalls fällig am 30.11.2008. In Höhe des korrespondierenden

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jedoch die Verwechselungsgefahr zu den „Termingeschäften im engeren Sinne“, die nicht als Synonym für „Derivate“, sondern als Untergruppe der unbedingten derivativen Finanzprodukte gelten, Patek, S. 11. Solche werden teilweise auch als „Kassageschäfte“ bezeichnet, welche sich von „Termingeschäften“ insofern unterscheiden, als sie nicht zu einem zukünftigen Zeitpunkt, sondern sofort oder ganz kurzfristig – bei Börsengeschäften innerhalb von 2 Börsentagen – zu erfüllen sind, vgl. Beckmann, S. 8; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, 287, 289. Barckow, S. 10. Mauritz, S. 9. Weitere originäre Finanzinstrumente sind Einlagen-, Kredit- und Wertpapiergeschäfte, vgl. MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 69.

„Finanzinstrumente“ als maßgebliche Sicherungsinstrumente

Betrages von 13 Mio. US-$ ist die Y vor Kursschwankungen des Dollar geschützt. Auch die klassischen Finanzinstrumente führen zu der gewünschten Sicherungswirkung, haben jedoch den Nachteil hoher Finanzanzierungs- und Absicherungskosten.13

2.

Absicherung mit Hilfe „derivativer“ Finanzinstrumente

Weit kostengünstiger – weil ohne bzw. mit nur geringem Kapitaleinsatz erhebliche Chancenpotentiale begründet werden können14 – ist dagegen eine Absicherung mittels sog. „derivativer Finanzinstrumente“.15 Deren zentrale ökonomische Funktion besteht darin, „Marktpreisrisiken isoliert zu bewerten, zu bündeln und weiterzugeben“,16 um so Risikopositionen in der gewünschten Weise zu verändern.17 Ein vergleichbar geringer Kapitaleinsatz verleiht den Derivaten dabei eine starke Hebelwirkung,18 was sie als besonders kostengünstiges Sicherungsinstrument zur Risikosteuerung („Hedging“) interessant macht.19 Darüber hinaus bieten Derivate aber auch die Möglichkeit, durch Spekulation oder Arbitrage wirtschaftlichen Nutzen zu entfalten.20 Der Begriff der Finanzderivate findet sich weder im Steuer- noch im Handelsrecht21, und auch in der Literatur ist noch keine einheitliche Definition gelungen.22 Als prägendes Charakteristikum wird sich jedoch festhalten lassen, dass „derivative“ Finanzinstrumente solche Finanzinstrumente sind, die sich auf andere, „originäre“ Instrumente („underlyings“) beziehen.23 Der Wert der Derivate ist hierbei regelmäßig an die Kursentwicklung eines vereinbarten Basis13 Vgl. Scharpf, BFuP 1995, 166, 167. 14 Patek, S. 49; Scharpf, BFuP 1995, 166, 167. 15 Mit den oben genannten Unsicherheiten verbunden auch als „Finanzderivate“ oder „Derivate“ oder „Termingeschäfte“ bezeichnet, vgl. Patek, S. 7. 16 Büschgen/Börner, S. 196. 17 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, S. 254. 18 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 76; Steiner/Tebroke/ Wallmeier, WPg 1995, 533, 533. 19 Mauritz, S. 10. 20 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 74 ff.; Büschgen/Börner, S. 196 f. 21 Ein Verweis findet sich allenfalls in § 340h Abs. 1 HGB, der vom synonymen Begriff der „Termingeschäfte“ spricht, eine Begriffsdefinition aber gleichfalls vermissen lässt. Inhaltlich identische Legaldefinitionen bestehen zwar in § 1 Abs. 11 S. 4 KWG und § 2 Abs. 2 WpHG. Diese weichen jedoch wiederum von der Definition in IAS 32 und 39 ab, vgl. hierzu ausführlich Barckow, S. 8 ff. 22 Vgl. Scharpf, BFuP 1995, 166, 166. 23 Eilenberger, BFuP 1995, 125; Glaum, DB 1997, 1625, 1625; Mauritz, S. 8; Wagner, StuB 2004, 1085, 1085. Diese Feststellung entspricht auch dem lateinischen Stamm des Ausdrucks „Derivate“, der im Verb „derivare“ seien Ursprung hat und sich somit als „ableiten“ übersetzen lässt, vgl. Patek, S. 7.

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Erscheinungsformen des Hedgings

papiers oder Indexes, die Entwicklung eines Referenzzinssatzes oder eines Devisenkurses gekoppelt. Als Underlying kommen z.B. klassische Produkte wie festverzinsliche Wertpapiere, Aktien, Forderungen und Verbindlichkeiten, aber auch die Verknüpfung von Eigenschaften anderer Finanzinstrumente oder Derivate selbst24 in Frage.25 Neben standardisierten, an den Börsen gehandelten Produkten werden auch individuell zugeschnittene Kontrakte mit denselben Basisprodukten gehandelt, die dann als OTC-Geschäfte („over the counter“) bezeichnet werden.26 Als Grundformen der derivativen Finanzinstrumente lassen sich Finanztermingeschäfte, Finanztauschgeschäfte (Swaps) und Optionsgeschäfte bzw. deren jeweilige Subformen ausmachen, die sich in „unbedingte“ und „bedingte“ derivative Finanzprodukte untergliedern lassen.27 a)

Unbedingte Derivate

Grundformen der unbedingten Derivate sind die Finanztermingeschäfte, d.h. Termingeschäfte im engeren Sinne, sowie Swaps28 und Forward Rate Agreements (FRA). Als Termingeschäfte werden Verträge bezeichnet, in denen sich die Vertragparteien verpflichten, zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt entweder eine festgelegte oder über die Vertragsbedingungen berechenbare Menge eines lieferbaren Basisobjektes oder Basisobjektsurrogats zu einem vertraglich fixierten Preis von der Gegenpartei zu erwerben bzw. an die Gegenpartei zu veräußern oder eine in ihrer Höhe von der Wertentwicklung eines abstrakten Basisobjekts abhängige Ausgleichszahlung an die Gegenpartei zu leisten.29 Der Begriff „Termingeschäft“ stellt dabei den Oberbegriff für „Futures“ und „Forwards“ dar. Während erstere in standardisierter Form an den Terminbörsen gehandelt werden, werden letztere aufgrund individueller Vereinbarung im OTC-Geschäft, d.h. außerbörslich vertrieben.30 Beispiel 3: Wie Beispiel 1, nur dass die X-AG ihren Sicherungsbedarf an US-$ nicht durch den unmittelbaren Devisenankauf, sondern durch einen Terminkauf (Kurs vom 10.07.2007) zum 15.01.2008 abdeckt. Swaps sind Finanztauschgeschäfte, die Transaktionen auf den Devisen-, Geldund Kreditmärkten umfassen können.31 Sie bestehen im Austausch von Zah24 Vgl. dazu MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 73. 25 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, S. 251; Mauritz, S. 9. 26 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 72; Scharpf, BFuP 1995, 166, 167. 27 Patek, S. 10 ff. 28 Teilweise werden Swaps aufgrund ihrer großen Bedeutung auch als eigene Instrumentengruppe neben bedingten und unbedingten Termingeschäften betrachtet, vgl. MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 71. 29 Patek, S. 11. 30 Vgl. Büschgen, S. 221 ff. und 449 ff. 31 Dreissig, BB 1989, 322, 322.

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„Finanzinstrumente“ als maßgebliche Sicherungsinstrumente

lungsforderungen oder -verbindlichkeiten zwischen Partnern, die an verschiedenen Finanzmärkten Mittel zu unterschiedlichen Bedingungen an dem Markt anlegen, an dem sie die günstigsten Bedingungen erhalten, um diese Vorteile anschließend im Tauschweg dem Partner zur Verfügung zu stellen (Tausch von Marktchancen).32 Klassischer Fall ist der eines Zinsswaps, in dessen Rahmen zwei Vertragspartner Zinszahlungen tauschen, die auf einen identischen nominalen Kapitalbetrag bezogen sind, wobei der Kapitalbetrag nicht getauscht wird.33 Um sich gegen einen zu erwartenden Zinsverfall abzusichern, kann der Inhaber einer Forderung dabei beispielsweise seine variable Verzinsung für eine einmalige Gebühr zu Beginn des Swaps34 gegen eine Festverzinsung eintauschen (Receiver-Zinsswap) und so das Zinsänderungsrisiko minimieren. Erwartet er steigende Zinsen, so kann er umgekehrt die feste Verzinsung seiner Forderung gegen eine variable tauschen (Payer-Zinsswap).35 Genauso gut sind aber auch Währungsswaps oder gemischte Formen von Zins-Währungs-Swaps denkbar.36 Beispiel 4: Die Y-GmbH hat im Mai 2005 eine variabel verzinsliche Bundesanleihe („floater“) für eine Laufzeit von 10 Jahren erworben. In Erwartung fallender Zinsen schließt die Y im Juli 2007 (Zinssatz 6,5 %) einen Zinsswap in gleicher Höhe bis zum Ende der Laufzeit, der aus der Anleihe im wirtschaftlichen Ergebnis ein festverzinsliches Wertpapier macht. Fällt der Zinssatz nun zum 31.12.2007 auf 4,2 %, entsteht der Y hierdurch kein wirtschaftlicher Verlust.37 Bei den Forward Rate Agreements handelt es sich um vertragliche Vereinbarungen zwischen zwei Vertragspartnern mit dem Ziel, einen bestimmten Zinssatz für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum festzulegen.38 Sie sind individuell vereinbarte Zinstermingeschäfte, die eine künftige Verzinsung bestimmter Beträge für eine bestimmte Laufzeit von einem vereinbarten Zeitpunkt an vorsehen. Die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz (Basiszinssatz) und dem am Referenztag gültigen Marktzinssatz bestimmt die Höhe der zwischen den Vertragspartnern zu leistenden Ausgleichszahlung.39 Ähnlich

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Clemm/Nonnenmacher, in: FS Döllerer, S. 65, 66. Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 359; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 96. „Arrangement Fee“. Vgl. Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 359. Vgl. Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 849; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 96. Zur Wirkungsweise von Swaps vgl. auch Wenger/Kaserer/Bayer, DStR 1995, 948, 949 ff. 37 Beispiel in Anlehnung an Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 202. 38 Scharpf/Luz, S. 507. 39 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 423.

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Erscheinungsformen des Hedgings

wie bei Zinsswaps oder Zinsfutures40 lässt sich so eine Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken erzielen. Der Verkauf eines FRA ist zur Absicherung gegen fallende, der Kauf eines FRA zur Absicherung gegen steigende Zinsen geeignet.41 Beispiel 5: Der Großhändler X hat wegen ausstehender Forderungen einen finanziellen Engpass und benötigt für Warenkäufe in vier Monaten einen Kredit mit 9 Monaten Laufzeit über 10 Mio. €. Da er von steigenden Zinsen ausgeht, kauft er ein FRA, das ihm schon heute für die gesamte Laufzeit einen bestimmten Zinssatz zusichert. b)

Bedingte Derivate

Bedingte Derivate unterscheiden sich von den unbedingten dadurch, dass sie nicht zwingend eine wirtschaftliche Wirkung entfalten, sondern von einer Willensbetätigung einer Partei oder dem Eintritt einer besonderen wirtschaftlichen Situation abhängen. Zu nennen sind hierbei Optionen und Zinsbegrenzungsgeschäfte. Optionen sind Vereinbarungen, bei denen einem Vertragspartner das Recht eingeräumt wird, zukünftig innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem anderen Vertragspartner (Stillhalter) ein festgelegtes Vertragsverhältnis einzugehen bzw. vom Stillhalter die Zahlung eines hinsichtlich seiner Bestimmungsgrößen festgelegten Geldbetrages (Barausgleich) zu verlangen.42 Der Berechtigte hat das Wahlrecht, die Option auszuüben oder sie verfallen zu lassen, während der andere Vertragspartner als „Stillhalter“ abwarten muss, wie der Berechtigte sich verhält. Im Rahmen von Optionen kommt es regelmäßig zu zwei Verträgen: dem Erwerb der Option als Vorbereitungsgeschäft („Optionsvertrag“) und dem bei Ausübung der Option auf Leistungsaustausch gerichteten „Hauptvertrag“ als Ausführungsgeschäft.43 Beispiel 6: Wie Beispiel 1, jedoch verfügt die X-AG am 10.07.2007 nicht über die erforderliche Solvenz, um die Devisen i.H.v. 13,5 Mio. US-$ zu erwerben. In Erwartung eines steigenden Dollarkurses erwirbt sie daher am 10.07.2006 gegen eine Optionsgebühr eine Kaufoption („Call“),44 die ihr das Recht einräumt, am 15.01.2008 13,5 Mio. US-$ zum Kurs vom 40 Von solchen unterscheiden sich Forward Rate Agreements dadurch, dass weder in Laufzeit und Betrag standardisiert sind noch ein konkretes Wertpapier als Underlying haben, vgl. Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 423. 41 Büschgen, S. 1038. 42 Stellungnahme des BFA des IdW (IDW 2/1995), WPg 1995, 421 f. 43 Vgl. Breker, S. 54; Häuselmann, DB 1987, 1745, 1745; Popp, DStR 1976, 87, 91. 44 Verkaufsoptionen werden hingegen als „Put“ bezeichnet.

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Hedging-Strategien

10.07.2007 zu erwerben. Steigt der Dollarkurs zum 15.01.2008, kann X die Option ausüben und wird vom gestiegenen Dollarkurs nicht betroffen. Sinkt er, so kann X auf die Ausübung der Option verzichten und den Betrag zum nun günstigeren Dollarkurs erwerben. Ein Währungsrisiko ist insofern ausgeschlossen. Zinsbegrenzungsgeschäfte sind vertragliche Vereinbarungen, bei denen dem Käufer gegen Zahlung einer Prämie – bezogen auf einen zugrunde liegenden Kapitalbetrag – eine Zinsobergrenze („Cap“), eine Zinsuntergrenze („Floor“) oder eine Kombination aus Ober- und Untergrenze („Collar“) garantiert wird.45 Übersteigt der Referenzzinssatz die vertraglich festgelegte Zinsgrenze, so zahlt der Verkäufer dem Käufer am Ende der betreffenden Zinsperiode die Differenz (Ausgleichszahlung).46 Der Käufer kann sich so – zumindest ab Erreichen der Zinsgrenze – gegen das Zinsänderungsrisiko absichern. Beispiel 7: Die A-GmbH hat variabel verzinsliche Anleihen erworben, wobei sich der Marktzins im Erwerbszeitpunkt auf 4,5% p.a. belief. Um sich gegen einen Zinsverfall abzusichern, schließt sie eine „Floor“-Vereinbarung, die einen Mindestzins von 4 % p.a. festschreibt. Fällt der Marktzins unter diesen Wert, erhält die A vom Vertragspartner eine Ausgleichszahlung in entsprechender Höhe.

II.

Hedging-Strategien

Neben den dargestellten verschiedenen Instrumenten der Sicherung stehen den handelnden Unternehmen auch unterschiedliche Hedging-Strategien zur Verfügung, um sich optimal gegen Marktrisiken abzusichern. Nach der Anzahl der zu sichernden Geschäfte, dem Umfang der Basiswertidentität und dem Begründungszeitpunkt der Sicherungsbeziehung lassen sich diese in verschiedene Kategorien einteilen.47 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass in der Literatur Uneinigkeit hinsichtlich der Merkmale der einzelnen Hedge-Varianten besteht.48 Um die handels- und steuerrechtliche Zulässigkeit solcher Konzepte beurteilen zu können, ist es daher unerlässlich, sich vorab mit den konkreten Merkmalen der behandelten Konstrukte auseinander zu setzten. Dies erfordert

45 Büschgen, S. 458 f. 46 Scharpf/Luz, S. 541. 47 Die Systematisierung erfolgt in Anlehnung an Barckow, S. 26, der jedoch als weitere Gruppe die „Frequenz der Sicherungsaktivität“ vorsieht. Die Einteilung in statisches oder dynamisches Hedging soll hier nicht als eigenständige Strategie, sondern als Charakteristikum einzelner Hedge-Strategien behandelt werden. 48 Vgl. Nachweise bei Herzig/Mauritz, zfbf 1998, 99, 101; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 72; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2503.

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Hedging-Strategien

10.07.2007 zu erwerben. Steigt der Dollarkurs zum 15.01.2008, kann X die Option ausüben und wird vom gestiegenen Dollarkurs nicht betroffen. Sinkt er, so kann X auf die Ausübung der Option verzichten und den Betrag zum nun günstigeren Dollarkurs erwerben. Ein Währungsrisiko ist insofern ausgeschlossen. Zinsbegrenzungsgeschäfte sind vertragliche Vereinbarungen, bei denen dem Käufer gegen Zahlung einer Prämie – bezogen auf einen zugrunde liegenden Kapitalbetrag – eine Zinsobergrenze („Cap“), eine Zinsuntergrenze („Floor“) oder eine Kombination aus Ober- und Untergrenze („Collar“) garantiert wird.45 Übersteigt der Referenzzinssatz die vertraglich festgelegte Zinsgrenze, so zahlt der Verkäufer dem Käufer am Ende der betreffenden Zinsperiode die Differenz (Ausgleichszahlung).46 Der Käufer kann sich so – zumindest ab Erreichen der Zinsgrenze – gegen das Zinsänderungsrisiko absichern. Beispiel 7: Die A-GmbH hat variabel verzinsliche Anleihen erworben, wobei sich der Marktzins im Erwerbszeitpunkt auf 4,5% p.a. belief. Um sich gegen einen Zinsverfall abzusichern, schließt sie eine „Floor“-Vereinbarung, die einen Mindestzins von 4 % p.a. festschreibt. Fällt der Marktzins unter diesen Wert, erhält die A vom Vertragspartner eine Ausgleichszahlung in entsprechender Höhe.

II.

Hedging-Strategien

Neben den dargestellten verschiedenen Instrumenten der Sicherung stehen den handelnden Unternehmen auch unterschiedliche Hedging-Strategien zur Verfügung, um sich optimal gegen Marktrisiken abzusichern. Nach der Anzahl der zu sichernden Geschäfte, dem Umfang der Basiswertidentität und dem Begründungszeitpunkt der Sicherungsbeziehung lassen sich diese in verschiedene Kategorien einteilen.47 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass in der Literatur Uneinigkeit hinsichtlich der Merkmale der einzelnen Hedge-Varianten besteht.48 Um die handels- und steuerrechtliche Zulässigkeit solcher Konzepte beurteilen zu können, ist es daher unerlässlich, sich vorab mit den konkreten Merkmalen der behandelten Konstrukte auseinander zu setzten. Dies erfordert

45 Büschgen, S. 458 f. 46 Scharpf/Luz, S. 541. 47 Die Systematisierung erfolgt in Anlehnung an Barckow, S. 26, der jedoch als weitere Gruppe die „Frequenz der Sicherungsaktivität“ vorsieht. Die Einteilung in statisches oder dynamisches Hedging soll hier nicht als eigenständige Strategie, sondern als Charakteristikum einzelner Hedge-Strategien behandelt werden. 48 Vgl. Nachweise bei Herzig/Mauritz, zfbf 1998, 99, 101; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 72; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2503.

11

Erscheinungsformen des Hedgings

eine genaue Begriffsabgrenzung, die nachfolgend für Zwecke dieser Untersuchung vorgenommen werden soll.

1.

Anzahl der zu sichernden Grundgeschäfte

Hinsichtlich der Reichweite der einbezogenen Geschäfte ist zu differenzieren, ob eine konkrete Gegensicherung einzelner Geschäfte erfolgt (Mikro-Hedge) oder ob ein Bestand mehrerer offener Geschäfte pauschal gegen Marktrisiken gesichert werden soll (Makro- und Portfolio-Hedge). a)

Mikro-Hedges

Mikro-Hedges werden vielfach definiert als die eindeutige Verknüpfung von zwei oder mehreren bilanzwirksamen und/oder bilanzunwirksamen Grundund Sicherungsgeschäften zum Zwecken der Absicherung von Marktpreisrisiken.49 Diese weite Definition, die auch eine Verknüpfung mehrerer Geschäfte als Mikro-Hedge deklariert, trifft jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung. So grenzen andere die Erscheinungsform des „Mikro-Hedges“ einschränkend ab und fordern die genaue paarweise Verknüpfung zweier gegenläufiger Positionen.50 Streitet man über die Zahl der erfassten Geschäfte, so geht es hierbei letztlich um die Abgrenzung des Mikro-Hedges zu den Kategorien Makro- und Portfolio-Hedge. Charakteristisch für die Kategorie „Mikro-Hedge“ ist, dass es sich um eine Absicherung auf Einzelgeschäftsebene handelt, bei der sich Grund- und Sicherungsgeschäft(e) eindeutig zuordnen lassen und deren Verknüpfung dokumentiert werden kann.51 Einzelne, genau definierte Positionen sollen durch ein genau zugeordnetes Geschäft gesichert werden,52 wobei der Erfolg des Sicherungsinstruments dem Verlustrisiko der gesicherten Position exakt gegenübersteht.53 Geht man von dieser Prämisse aus, so umfasst der Definitionsbereich von Mikro-Hedges auch die Zusammenfassung mehrerer Geschäfte, solange diese nur exakt zuordenbar sind und damit auch die Zuweisung der kompensatorischen Effekte hinreichend deutlich wird. Beispiel 8: So wird man die Absicherung zweier am gleichen Tag fälligen Forderungen über 3 bzw. 7 Mio. US-$ durch ein einheitliches Termingeschäft über 10 Mio. US-$ gleichfalls als Mikro-Hedge verstehen müssen. 49 Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 14; Scharpf/Luz, S. 303; Schwitters/Bogajewskaja, B 730 Rn. 117; Sprißler, in: FS Clemm, S. 365, 374. 50 Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Geselleschaft, DB 1997, 637, 638; Hahne, BB 2003, 1943, 1943; Herzig, in: FS Baetge, S. 37, 42; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 715. 51 Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 18; Scharpf, BFuP 1995, 166, 199. 52 Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 536. 53 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1528; Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 145.

12

Hedging-Strategien

Die Absicherung gegen Risiken kann im Rahmen von Mikro-Hedges in zweierlei Weise erfolgen.54 Eine Möglichkeit ist die Übernahme eines zweiten, kompensatorischen Risikos, z.B. in der Weise, dass das Währungsrisiko einer Fremdwährungsforderung durch die Aufnahme einer Fremdwährungsverbindlichkeit kompensiert wird. Denkbar ist ferner die Risikoübertragung auf ein anderes Wirtschaftssubjekt durch den Abschluss von Devisentermin- oder Devisenoptionsgeschäften. In beiden Fällen handelt es sich um eindeutige Sicherungsvarianten, die den Vorteil haben, dass sich das Marktrisiko des Grundgeschäfts i.d.R. exakt quantifizieren lässt und das Sicherungsgeschäft präzise hierauf abgestimmt werden kann.55 Wirtschaftlich problematisch wird eine Einzelabsicherung allerdings dann, wenn die Risikokompensation erfolgt, ohne das Risiko des Gesamtunternehmens zu berücksichtigen.56 Hinzu kommt, dass sie mit hohen Transaktionskosten verbunden ist57 und insofern häufig nicht realisierbar erscheint. b)

Makro-, Portfolio- und Global-Hedges

Ökonomisch sinnvoller und daher in praxi zusehends anzutreffen ist eine Risikoerfassung und -steuerung, die nicht mehr auf der Einzelgeschäftsebene, sondern auf der Grundlage aggregierter Gesamtrisikopositionen erfolgt.58 Abgesichert wird dabei nicht mehr die einzelne offene Position, sondern das verbleibende Nettorisiko aus einer Vielzahl von Geschäften unter Berücksichtigung der zwangsläufigen kompensatorischen Wirkung der unterschiedlichen Transaktionen. Für derartige Sicherungstransaktionen in einem Teilkomplex des Unternehmens oder auf Gesamtunternehmensebene haben sich die Begriffe „Makro-Hedge“ und „Portfolio-Hedge“ etabliert.59 Jedoch sind auch diese Begriffe – und insbesondere ihre gegenseitige Abgrenzung – nicht eindeutig und werden in der Literatur verschieden gehandhabt.60 Streitpunkt ist hierbei die Frage, welcher Hedging-Strategie die höhere Aggregationsstufe zuzuschreiben ist. So wird das Makro-Hedging teilweise als die weiteste Strategie verstanden. Während sich beim Portfolio-Hedge die Kompensation noch auf die im Portfolio befindlichen homogenen Geschäfte beschränke, sei der Makro-Hedge nicht auf eine bestimmte Anzahl von Grundgeschäften begrenzt.61 Das abzusichernde Nettorisiko sei hier vielmehr für sämtliche Grundgeschäfte eines Un54 55 56 57 58

vgl. dazu MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 93. Scheffler, Hedge-Accounting, S. 57. Vgl. Dazu später unter 4. Teil VI. 1. a) bb), S. 101 f. Scheffler, Hedge-Accounting, S. 57. Vgl. Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 544; Glaum, DB 1997, 1625, 1627; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 675; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 734. 59 Vgl. statt vieler Schwitters/Bogajewskaja, B 730 Rn. 126 ff. 60 So auch Glaum, DB 1997, 1625, 1627 m.w.N. 61 Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 72

13

Erscheinungsformen des Hedgings

ternehmens oder größere Unternehmens-Subsysteme zu bestimmen.62 Damit würden beim Makro-Hedge verschiedenartige Grundgeschäfte unter Berücksichtigung kompensatorischer Risikoeffekte aus bereits bestehenden Geschäften durch Sicherungsgeschäfte gehedged.63 Der Portfolio-Hedge sei hingegen ein auf eine Mehrzahl von Geschäften erweiterter Mikro-Hedge, welcher nur gleichartige Geschäfte umfasse.64 Andere gehen davon aus, dass es gerade die Portfolio-Hedges sind, die über eine homogene Zusammenfassung von Geschäften hinausgingen65 und damit die höchste Aggregationsstufe erreichten. Um einen möglichst kostengünstigen Risikoausgleich zu erreichen („Cheapest Hedge“), würden dazu auch vom Grundgeschäftstyp deutlich abweichende Geschäfte zusammengefasst66 und Sicherungsgeschäfte geschlossen, die sich in ihren Wesensmerkmalen von denen des Grundgeschäfts deutlich unterscheiden können.67 Letztlich wird angenommen, dass sowohl Makro- als auch Portfolio-Hedges auf der Zusammenfassung homogener Grundgeschäfte mit gleicher Risikostruktur beruhen.68 Letzterer würde dabei den Sicherungseffekt bezeichnen, der sich aus der portfolioorientierten Handelsaktivität (insbesondere der Kreditinstitute) unweigerlich ergäbe.69 Der Unterschied zu den Makro-Hedges bestünde darin, dass bei den Portfolio-Hedges auf eine gezielte Absicherung der offenen Positionen verzichtet werde.70 Motiv für das Eingehen der im Portfolio befindlichen Geschäfte sei nicht das Hedging, sondern der Handel und das Erzielen von Zusatzerträgen (Spekulation und Arbitrage).71 Durch die teilweise Gegenläufigkeit der im Portfolio vorhandenen Positionen bzw. die gezielte Steuerung der Handelsaktivität ließe sich jedoch insofern eine Sicherungswirkung feststellen – auch wenn diese nicht im Mittelpunkt der Handelsaktivität stehe.72

62 Arbeitskreis „externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 638; Glaum, S. 64. 63 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 340; so wohl auch MünchKommHGBBöcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 95. 64 Barckow, S. 27. 65 MünchKommHGB- Ballwieser, § 252, Rn. 28; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 773 (Fn. 17). 66 Herzig, in: FS Baetge, S. 37, 43. 67 Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 153. 68 Glaum, DB 1997, 1625, 1627; Priermeier, S. 347; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 538. So auch Scharpf/Luz, S. 312 f., die auf S. 304 einen Makro-Hedge allerdings wiederum dann annehmen, wenn „mehrere ungleichartige Transaktionen“ abgesichert werden. 69 Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 732 f. 70 Scharpf, BFuP 1995, 166, 203. 71 Scharpf/Luz, S. 313; Schwitters/Bogajewskaja, B 730 Rn. 131. 72 Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 539.

14

Hedging-Strategien

Die Darstellung zeigt, dass die Begriffe der Makro- und Portfolio-Hedges teilweise völlig konträr verstanden werden. So wird die Zusammenfassung verschiedenartiger Grundgeschäfte nach der ersten Ansicht als Makro-Hedge, nach der zweiten als Portfolio-Hedge und nach der Dritten gar nicht bezeichnet. Die Zusammenfassung gleicher Grundgeschäfte ist nach den letzten beiden Darstellungen als Makro-Hedge, nach der ersten aber als Portfolio-Hedge zu bezeichnen. Problematisch an diesen Divergenzen ist, dass die Autoren damit zwar von unterschiedlichen Prämissen ausgehen, im Rahmen ihrer Argumentation zur bilanziellen Behandlung der Hedges aber auf andere Stellungnahmen verweisen, die unter dem gleichen Begriff ein konträres Sicherungsmodell verstehen. Für Zwecke dieser Arbeit wird den Begriffen daher nachfolgend eine eindeutige Bedeutung zugewiesen, die sich am letzten Verständnis orientiert. Im Rahmen der Diskussion soll darüber hinaus versucht werden, die unterschiedlich verstandenen Begrifflichkeiten anhand des oben angeführten Streitstandes einzuordnen. aa)

Makro-Hedges

Ein Makro-Hedge liegt vor, wenn gleichartigen (homogenen) Grundgeschäften gegenläufige Sicherungsgeschäfte global zugeordnet werden, die der gleichen Risikoart unterliegen.73 Es handelt sich also um die Zusammenfassung homogener Geschäfte zum Zwecke der Risikoabsicherung. Im Unterschied zu Mikro-Hedges erfolgt die Absicherung hier nicht durch die jeweilige Einzelzuordnung von diametralen Geschäften, sondern erst nach Zusammenfassung gleichartiger Positionen und nach Berücksichtigung der kompensatorischen Wirkung der aggregierten Geschäfte.74 Dazu werden zunächst für jede Risikokategorie die aus den verschiedenen Grundgeschäften resultierenden Risikopositionen zusammengefasst und dann im Rahmen einer bilanzierungsobjektübergreifenden Einheit nur die Nettorisikoposition gezielt abgesichert.75 Im Fremdwährungsbereich bedeutet dies z.B., dass nicht mehr die einzelne Währungsposition, sondern die Nettoposition pro Währung im Devisenkassabereich abgesichert wird.76 Beispiel 9: In einem Unternehmen bestehen aus verschiedenen Geschäften DollarFremdwährungsforderungen über $ 6.000, $ 12.000 und $ 3.000 sowie Verbindlichkeiten in Höhe von § 1.000 und $ 15.000. Unter Ausnutzung der kompensatorischen Effekte wird die offene Risikoposition von

73 Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 301. 74 Vgl. Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 224. 75 Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 552; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 224; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2503. 76 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 756, 756.

15

Erscheinungsformen des Hedgings

$ 5.000 (überschießende Forderung) durch den Terminverkauf des Betrages gezielt gegen Kursschwankungen abgesichert.77 Es findet so zwar eine gewisse Zuordnung der Sicherungsinstrumente zu bestimmten Grundgeschäften statt. Diese lässt sich jedoch – im Unterschied zu den Mikro-Hedges – nicht mehr individuell nachweisen, da sich alle Positionen gewissermaßen gegenseitig absichern.78 Die konkret eingegangenen Hedgegeschäfte dienen insofern dazu, die Gesamtheit der betreffenden Grundgeschäfte abzusichern.79 bb)

Portfolio-Hedges

Das Konzept des Makro-Hedges stößt an seine Grenzen, wenn die abzusichernden Geschäfte laufend umgeschichtet werden. In diesem Fall bietet sich die Bildung von Portfolio-Hedges an, unter denen man die im Hinblick auf eine gleichartige Risikostruktur erfolgte Zusammenfassung bilanzieller und außerbilanzieller Positionen in definierten Portfolios bezeichnet, innerhalb derer ein Risikoausgleich stattfindet.80 Wie bei Makro-Hedges handelt es sich also um eine Zusammenfassung homogener Geschäfte, die derselben Marktrisikokategorie unterliegen.81 Diesen wird jedoch nicht ein Sicherungsinstrument zugeordnet, sondern es erfolgt eine dynamische Absicherung des gesamten Portfolios gegen Marktpreisrisiken.82 Die bei Mikro- und Makro-Hedge noch vorhandene (teil-) individuelle Zuordnungsentscheidung wird hier durch organisatorische Regeln ersetzt.83 Eine Risikokompensation wird hierbei erreicht, indem die in das Portfolio eingehenden Instrumente (zumindest in einer Nebenrechnung) zu Marktwerten bewertet und so unrealisierte Verluste mit unrealisierten Gewinnen ausgeglichen werden. Insofern kommt das Realisationsprinzip nur auf der Ebene des Portfolios zum Tragen.84 Das Konzept der Portfolio-Hedges wurde speziell für Handelsbestände entwickelt85 und wird in der Praxis so gut wie ausschließlich im Bankensektor angewandt.86 Die Zuordnung der gemeinsam zu bewertenden Positionen wird 77 Weitere Beispiele bei Herzig/Mauritz, zfbf 1998, 99, 101. 78 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529; Glaum, DB 1997, 1625, 1627; Warnke, EStB 2006, 217, 219. 79 Glaum, DB 1997, 1625, 1627. 80 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 343; Oestreicher/Haun, DStR 1995, Beiheifter zu Heft 50, 1, 4; Reiner, S. 266 ff.; Wagner, INF 2006, 538, 540. 81 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 97 (jedoch abweichend für Makro-Hedges); Sprißler, in: FS Clemm, S. 374. 82 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 756, 757. 83 Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 302. 84 Glaum, DB 1997, 1625, 1627. 85 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 343; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 234 ff.; Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 131. 86 Vgl. Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 10, 15; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 302; Scharpf, BFuP 1995, 166, 203.

16

Hedging-Strategien

dabei – im Unterschied zu Mikro- und Makro-Hedges – nicht mit Sicherungsüberlegungen begründet. Motiv für die dem Portfolio zugrunde liegenden Geschäfte ist vielmehr der Handel und die Erzielung von Zusatzerträgen (Arbitrage).87 Die Finanzinstrumente werden zumeist in verschiedenen Handelsbüchern zusammengefasst, wobei mehrere Bücher mit Instrumenten der gleichen Risikoart ein Handelsportfolio bilden.88 Im Unterschied zu den anderen Varianten spielt die Absicherung offener Risikopositionen bei der PortfolioStrategie damit nur eine untergeordnete Rolle.89 Indem durch die Zusammenstellung des Portfolios aber sichergestellt wird, dass der Ausgleich der Wertveränderungen der Einzelgeschäfte auf gemeinsame preisbestimmende Faktoren zurückgeht und die Handelsaktivität mit den Finanzinstrumenten dabei so gesteuert wird, dass man das Entstehen größerer offener Risikopositionen vermeidet, findet auch hier in gewissem Umfang eine Risikoabsicherung statt.90 Den Portfolio-Hedges wird insoweit qua „Absicherungsvermutung“ unterstellt, dass die im Portfolio zusammengefassten und miteinander verrechneten Instrumente in einem gewollten wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.91 Umschichtungen innerhalb der einzelnen abgegrenzten Portfolien lösen die Bewertungseinheit folglich nicht auf.92 cc)

Global-Hedges

Der verbleibende Fall einer Risikoabsicherung unter Kombination heterogener Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente93 soll nachfolgend als GlobalHedge bezeichnet werden. Dies betrifft den Fall, dass auch hinsichtlich der Risikostruktur deutlich divergierende Geschäfte unter dem Gesichtspunkt der Kostenersparnis („Cheapest Hedge“) zu einer Sicherungseinheit zusammengefasst werden.

2.

Art der zugrunde liegenden Basiswerte

Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit besteht ferner hinsichtlich der Art der zugrunde liegenden Basiswerte. Diese bezieht sich auf die Frage, inwie-

87 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1530; Hahne, StuB 2007, 18, 21; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 302; Scharpf/Luz, S. 313. 88 Hahne, StuB 2007, 18, 21; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 10 f. 89 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1530; Scharpf/Luz, S. 313. 90 Vgl. Scharf/Luz, S. 313; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 539. 91 Burkhardt, S. 206; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 735. Ähnlich auch Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 15 nach denen die bei Micro-Hedges erforderliche Zuordnungsentscheidung und deren Dokumentation bei Portfolio-Ansätzen durch organisatorische Regelungen (Hedge-Strategie, Risikomanagement und Risikocontrolling) ersetzt werden. 92 Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 15. 93 Von der ersten Ansicht als Makro-Hedge, von der zweiten als Portfolio-Hedge bezeichnet.

17

Erscheinungsformen des Hedgings

weit die Basiswerte von Grund- und Sicherungsgeschäft korrespondieren. Zu unterscheiden sind vor allem Pure- und Cross-Hedges. a)

Pure-Hedges

„Pure-Hedges“ sind dadurch gekennzeichnet, dass die Risikokompensation nur zwischen Posten eines identischen Basiswertes durchgeführt wird.94 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich Grund- und Sicherungsgeschäft auf dieselbe Währung beziehen, d.h. eine offene US-$ Forderung etwa durch einen US-$ Terminverkauf abgesichert wird.95 Eine identische Kursentwicklung von Grund- und Sicherungsgeschäft wird hierdurch garantiert. b)

Cross-Hedges

Im Rahmen von „Cross-Hedges“ beschränkt sich das hedgende Unternehmen hingegen nicht auf identische Basiswerte, sondern bezieht auch andere Basiswerte mit ähnlicher Risikostruktur in die Sicherung ein. Dies wird vor allem dann relevant, wenn kein passendes Sicherungselement verfügbar ist.96 Ein „Cross-Hedge“ liegt beispielsweise vor, wenn zur Sicherung eines Anspruchs in einer Währung Verpflichtungen in einer anderen Währung eingegangen werden, für die das Unternehmen eine ähnliche Wertentwicklung erwartet (z.B. Sicherung einer Can-$ Forderung mit einem US-$ Terminverkauf).97 Cross-Hedges sind zwar in der Regel preiswerter als Pure-Hedges,98 bergen jedoch auch ein erhöhtes Risiko, dass keine optimale Absicherung gelingt. Zwei Faktoren müssen hierbei berücksichtigt werden: Die Kursschwankungen zwischen den verschiedenen Basiswerten müssen konstant bleiben und es muss für die Absicherung das richtige Hedge-Ratio, d.h. das richtige Verhältnis der Nennwerte von Grund- und Sicherungsposition,99 gewählt werden. Kommt es unerwartet zu Schwankungen des Wechselkurses, so führt das gewählte Hedge-Risiko nicht mehr zu einer optimalen Absicherung durch das Sicherungsgeschäft.100 Gleiches gilt, wenn das Hedge-Ratio bei gleich bleibenden Wechselkursen nicht zutreffend bestimmt worden ist.

3.

Begründungszeitpunkt der Sicherungsbeziehung

Schließlich lässt sich zwischen den Zeitpunkten differenzieren, in denen die Sicherungsbeziehung begründet worden ist. Hierbei unterscheidet man simultane und antizipative Hedges.

94 95 96 97 98 99 100

18

Oestreicher, S. 280. Vgl. Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 44. Barckow, S. 28. Vgl. Jutz, S. 105; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 44. Barckow, S. 28. Berger, S. 402 f. Vgl. hierzu Zahlenbeispiele bei Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 48.

Zwischenergebnis

a)

Simultane Hedges

Simultane Hedges sind solche, bei denen die Grundgeschäfte bereits zivilrechtlich wirksam vereinbart sind und sie bei oder nach ihrem Abschluss durch ein Sicherungsgeschäft gegen Marktrisiken abgesichert werden.101 b)

Antizipative Hedges

Im Gegensatz zu den simultanen Hedges sind die antizipativen Hedges durch eine zeitliche Vorverlagerung des Sicherungsgeschäfts gekennzeichnet.102 Hierbei werden die Sicherungsgeschäfte bereits vor dem zivilrechtlichen Abschluss des Grundgeschäfts getätigt und wirken sich entsprechend früh erfolgsmäßig aus.103 Durch das Sicherungsgeschäft soll – anders als bei den simultanen Hedges – kein aktuell drohender Verlust, sondern lediglich ein „Opportunitätsverlust“ kompensiert werden. Der Gewinn aus dem antizipativen Sicherungsgeschäft soll dabei die drohenden schlechteren Konditionen des künftigen Grundlagengeschäfts ausgleichen.104 Beispiele sind der Erwerb von Terminkontrakten zur Absicherung des künftigen Anschaffungspreises eines Wertpapiers oder die Festschreibung des aktuellen Zinsniveaus für die in der Zukunft geplante Mittelaufnahme.

III. Zwischenergebnis Dass weder für die „Finanzinstrumente“ an sich noch für die sog. „Derivate“ einheitliche Begriffsdefinitionen bestehen, verdeutlicht, wie schwierig es ist, eine Abgrenzung und Klassifizierung der bereits existenten Instrumente vorzunehmen. Darüber hinaus gibt es grenzenlos viele Möglichkeiten, durch die kombinierte Übernahme verschiedener Marktrisiken neue „Finanzinnovationen“ zu kreieren.105 Eine abschließende Aufzählung ist heute und wird auch in Zukunft nicht möglich sein. Auch die vorliegende Untersuchung kann nicht jedes einzelne Finanzinstrument auf seine bilanzielle Erfassung im Rahmen von Sicherungszusammenhängen analysieren. Vielmehr soll unter Bezugnahme auf die gängigen Finanzinstrumente versucht werden, eine generelle Würdigung der durch § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG geschaffenen Rechtslage vorzunehmen. Dies vorangestellt mögen Sicherungsgeschäfte und HedgingModelle zwar wirtschaftlich den gewünschten Erfolg erzielen. Gleichzeitig führen sie jedoch sowohl handels- als auch steuerrechtlich zu erheblichen Bilanzierungsproblemen. Wie sich diese konkret gestalten, ob § 5 Abs. 1a EStG zumindest für das Steuerrecht eine befriedigende Lösung bereithält und wie 101 Barckow, S. 29; Oestreicher, S. 245. 102 Oestreicher, S. 241, 245. 103 Mauritz, S. 129; Oestreicher/Haun, DStR 1995, Beihefter zu Heft 50, 1, 5; vgl. auch Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 676. 104 Scharpf/Luz, S. 328. 105 Vgl. hierzu Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 801.

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Zwischenergebnis

a)

Simultane Hedges

Simultane Hedges sind solche, bei denen die Grundgeschäfte bereits zivilrechtlich wirksam vereinbart sind und sie bei oder nach ihrem Abschluss durch ein Sicherungsgeschäft gegen Marktrisiken abgesichert werden.101 b)

Antizipative Hedges

Im Gegensatz zu den simultanen Hedges sind die antizipativen Hedges durch eine zeitliche Vorverlagerung des Sicherungsgeschäfts gekennzeichnet.102 Hierbei werden die Sicherungsgeschäfte bereits vor dem zivilrechtlichen Abschluss des Grundgeschäfts getätigt und wirken sich entsprechend früh erfolgsmäßig aus.103 Durch das Sicherungsgeschäft soll – anders als bei den simultanen Hedges – kein aktuell drohender Verlust, sondern lediglich ein „Opportunitätsverlust“ kompensiert werden. Der Gewinn aus dem antizipativen Sicherungsgeschäft soll dabei die drohenden schlechteren Konditionen des künftigen Grundlagengeschäfts ausgleichen.104 Beispiele sind der Erwerb von Terminkontrakten zur Absicherung des künftigen Anschaffungspreises eines Wertpapiers oder die Festschreibung des aktuellen Zinsniveaus für die in der Zukunft geplante Mittelaufnahme.

III. Zwischenergebnis Dass weder für die „Finanzinstrumente“ an sich noch für die sog. „Derivate“ einheitliche Begriffsdefinitionen bestehen, verdeutlicht, wie schwierig es ist, eine Abgrenzung und Klassifizierung der bereits existenten Instrumente vorzunehmen. Darüber hinaus gibt es grenzenlos viele Möglichkeiten, durch die kombinierte Übernahme verschiedener Marktrisiken neue „Finanzinnovationen“ zu kreieren.105 Eine abschließende Aufzählung ist heute und wird auch in Zukunft nicht möglich sein. Auch die vorliegende Untersuchung kann nicht jedes einzelne Finanzinstrument auf seine bilanzielle Erfassung im Rahmen von Sicherungszusammenhängen analysieren. Vielmehr soll unter Bezugnahme auf die gängigen Finanzinstrumente versucht werden, eine generelle Würdigung der durch § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG geschaffenen Rechtslage vorzunehmen. Dies vorangestellt mögen Sicherungsgeschäfte und HedgingModelle zwar wirtschaftlich den gewünschten Erfolg erzielen. Gleichzeitig führen sie jedoch sowohl handels- als auch steuerrechtlich zu erheblichen Bilanzierungsproblemen. Wie sich diese konkret gestalten, ob § 5 Abs. 1a EStG zumindest für das Steuerrecht eine befriedigende Lösung bereithält und wie 101 Barckow, S. 29; Oestreicher, S. 245. 102 Oestreicher, S. 241, 245. 103 Mauritz, S. 129; Oestreicher/Haun, DStR 1995, Beihefter zu Heft 50, 1, 5; vgl. auch Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 676. 104 Scharpf/Luz, S. 328. 105 Vgl. hierzu Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 801.

19

Erscheinungsformen des Hedgings

sich daraus das Verhältnis von Handels- und Steuerrecht entwickeln wird, gilt es in den nachfolgenden Teilen dieser Arbeit zu untersuchen.

20

2. Teil: Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen Die dargestellten Instrumente und Sicherungsmodelle sind Gegenstand der wirtschaftlichen Realität in den Unternehmen und gewinnen stetig an praktischer Bedeutung. Offen bleibt jedoch die Frage, wie der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäften in der Rechnungslegung zu berücksichtigen ist. So fehlt es dem deutschen Handelsrecht bislang an ausdrücklichen Rechnungslegungsvorschriften für kompensatorische Geschäfte. Eine Ausnahme bildet der im Rahmen des BankbilanzrichtlinieGesetzes1 am 01.01.1991 eingeführte § 340h HGB, der für den Bereich der Fremdwährungstransaktionen branchenspezifische Bewertungsregeln für Kreditinstitute vorsieht. Von diesen Sonderfällen abgesehen, ist die bilanzielle Behandlung von Sicherungsgeschäften unter der aktuellen Rechtslage aus den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen, d.h. den Vorschriften der §§ 242 ff. HGB sowie dem insbesondere für Kapitalgesellschaften geltenden § 264 Abs. 2 HGB abzuleiten.

I.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Als allgemeine Bilanzierungsgrundsätze kommen zunächst die „Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung“ (GoB) in Betracht, auf deren Grundlage gem. § 243 Abs. 1 HGB die Aufstellung des Jahresabschlusses zu erfolgen hat. Das HGB enthält weder eine Definition der GoB, noch legt es abschließend deren Inhalte fest.2 Verkürzt lassen sie sich jedoch als „überindividuelle Verhaltensnormen, die eine zweckgerichtete Rechnungslegung sichern sollen“, definieren.3 Die GoB umfassen sämtliche handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätze und beziehen sich mithin nicht nur auf die Buchführung, sondern auch auf die Aufstellung des Jahresabschlusses.4 Sie lassen sich in formelle GoB, d.h. die äußere Ordnungsmäßigkeit betreffende Dokumentationsgrundsätze, und in materielle GoB einteilen, welche als Bilanzierungsgrundsätze für das kaufmännische Rechenwerk gelten.5 Der Verweis auf die GoB in den für alle Kaufleute geltenden Grundsatzvorschriften der §§ 238 Abs. 1 S. 1 und 243 Abs. 1 HGB verdeutlicht hierbei die Allgemeinverbind-

1 2 3 4 5

BGBl. I 1990, S. 2570 ff. Federmann, S. 127; Leffson, GoB, S. 19. MünchKommHGB-Ballwieser, § 238, Rn. 20. Ähnlich BFH, GrS vom 03.02.1969, 291, 292; Dietrich, S. 51. Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 1; Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 38; Leffson, GoB, S. 18. Baetge/Kirsch/Thiele, S. 105.

21

Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

lichkeit des GoB-Systems.6 GoB gelten für alle Kaufleute gleichermaßen und entfalten keine größen-, branchen- oder rechtsformspezifische Wirkung.7 Die Rechtnatur der GoB ist stark umstritten, wobei eine Einordnung teilweise als eigenständige Rechtsnormen, teils als Handelsbräuche oder als schlichte Verkehrsanschauungen vorgenommen wird. Vertreter der Betriebswirtschaft fordern darüber hinaus, GoB aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz selbst bestimmen und formulieren zu können.8 Seit die wesentlichen GoB im Zuge der Umsetzung der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) durch das Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.19859 (BiRiLiG) im HGB kodifiziert wurden, hat sich der Streit um die Rechtsnatur teilweise entschärft.10 Jedoch ist das GoBSystem damit nicht abschließend gesetzlich festgelegt. Es stellt vielmehr ein offenes und bewegliches System dar, das die „Anpassungsfähigkeit des Bilanzrechts an die Vielgestaltigkeit und Veränderlichkeit des Wirtschaftslebens“ sicherstellen soll.11 Insofern ist heute allgemein anerkannt, dass es sich bei dem Begriff der GoB um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der einer Konkretisierung bedarf.12 Er ist hierbei vor allem anhand der Gesamtheit der Bilanzierungsvorschriften13 sowie der Zwecke des Jahresabschlusses, d.h. der Dokumentation, der Rechenschaft bzw. Information und der Kapitalerhaltung, auszulegen.14 Um eine geschlossene Darstellung der Probleme bei Anwendung der allgemeinen Bilanzierungsvorschriften zu ermöglichen, sollen die relevanten GoB vorab überblicksartig erläutert werden. Eine konkrete Bezugnahme wird dort erfolgen, wo der jeweilige Grundsatz für die vorliegende Fragestellung Relevanz erlangt.

6 Lang, HuRB, S. 221, 222. 7 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 4; Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 3; Christiansen, DStR 2003, 264, 265. 8 Vgl. zum Streitstand statt vieler Staub-Hüffer, § 238, Rn. 35 ff. und Kruse, GoB, S. 5 ff. 9 BGBl I 1985, 235. 10 Vgl. K. Schmidt, § 15 I 4 b), S. 419 f. 11 Lang, HuRB, S. 221, 223 f. 12 ADS, § 243, Rn. 6; Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 2; Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 3; Knobbe-Keuk, § 3 II 1, S. 43; Leffson, S. 21; Winnefeld, D 1. Nach alter Rechtslage so bereits BFH vom 12.05.1966 – IV 472/60, BStBl. III 1966, 372, 372; vom 03.02.1969 – GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291, 293; Kruse, GoB, S. 104 ff.; vgl. weitere Nachweise bei Hahn, S. 32 Fn. 94. 13 Ballwieser, in: FS Budde, S. 43, 46 m.w.N. 14 Baetge/Thiele, in: FS Beisse, 11, 11; Barckow, S. 66; Burkhardt, in: FS Moxter, S. 145, 151; Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 41; Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 333. Zu den heute allgemein anerkannten Zwecken des Jahresabschlusses vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, S. 94 ff.; Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 44; Küting/Weber-Baetge/D. Fey/G. Fey, § 243, Rn. 22 ff.; Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 30; Federmann, S. 47.

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Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

1.

Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB)

Nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB normierten Grundsatz der Vorsicht hat der Bilanzierende den Wert seiner Vermögensgegenstände und Schulden vorsichtig zu ermitteln. Das Vorsichtsprinzip ist eines der ältesten handelsbilanziellen Leitprinzipien15 und soll zum einen den Kaufmann vor einer zu optimistischen Einschätzung seiner Geschäftslage und zum anderen – im Rahmen seiner Kapitalerhaltungsfunktion – die Gläubiger vor überhöhten Gewinnentnahmen und -ausschüttungen bewahren.16 Hierzu gebietet es, alle Gesichtspunkte, die für die Bewertung von Bedeutung sein können, sorgfältig und vollständig zu erfassen und insbesondere solche Aspekte zu berücksichtigen, die eingetretene Verluste erkennen lassen oder auf bestehende Risiken hindeuten.17 Das Prinzip der vorsichtigen Bewertung gewinnt mithin überall dort an Relevanz, wo aufgrund unvollständiger Information oder der Ungewissheit künftiger Ereignisse zwangsläufig Ermessensspielräume entstehen.18 Mangels feststehender Abgangswerte von Vermögensgegenständen und Schulden ist in solchen Fällen eine Bilanzierung auf abgezinster Basis nicht praktikabel. Nach dem Vorsichtsprinzip ist der Kaufmann gehalten, von zwei denkbaren gleichwahrscheinlichen Umweltzuständen seiner Bilanzierung immer den ungünstigeren zu Grunde zu legen.19 Er hat sein Vermögen und seinen Gewinn in der Bilanz insofern im Zweifel eher zu niedrig als zu hoch auszuweisen.20 Angesichts des Wortlauts der Norm und ihrer systematischen Stellung im Rahmen der „Bewertungsvorschriften“ der §§ 252 ff. HGB erscheint das Vorsichtsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zunächst als reine Bewertungsregel.21 Über diese Funktion (bei bestehenden Ermessensspielräumen) hinaus stellt es jedoch auch den Oberbegriff für verschiedene Bewertungsprinzipien dar.22 Seinen zentralen Niederschlag hat es hierbei in den ausdrücklich in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verankerten Sekundärprinzipien – Realisationsprinzip und Imparitätsprinzip – gefunden. Beide können als „die wesentlichen, das Vorsichtsprinzip operationalisierenden Grundsätze“23 interpretiert werden. Da sie jedoch neben der Bewertungsfunktion auch Ansatzkonsequenzen haben,24

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Federmann, S. 161. Knobbe-Keuk, § 3 III 4. a), S. 47. ADS, § 252, Rn. 66; Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, § 42, Rn. 251. ADS, § 252, Rn. 61. Mauritz, S. 27. Knobbe-Keuk, § 3 III 4. a), S. 47 MünchKommHGB-Ballwieser, § 243, Rn. 19. ADS, § 252, Rn. 60. Mauritz, S. 29. MünchKommHGB-Ballwieser, § 243, Rn. 19, 29, 38; Federmann, S. 165.

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Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

ist davon auszugehen, dass auch das Leitprinzip der Vorsicht über die Bewertung hinaus gleichfalls für den Bilanzansatz und den Bilanzausweis gilt.25 a)

Realisationsprinzip

Als Ausfluss des Vorsichtsprinzips regelt das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB normierte Realisationsprinzip, wann die Erträge der Unternehmungen als realisiert zu behandeln sind und welche Konsequenzen die Realisation für Buchführung und Jahresabschluss hat.26 Die Aufgabe des Realisationsprinzips besteht nach allgemeinem Verständnis darin, den Ausweis und die Ausschüttung von Erträgen zu verhindern, die nicht mit Sicherheit erwartet werden können. Gewinne dürfen daher erst dann ausgewiesen werden, wenn sie bis zum Abschlussstichtag verwirklicht, d.h. durch ein Umsatzgeschäft in Form einer Markttransaktion (Lieferung oder sonstiger Leistungsaustausch) bestätigt wurden.27 So soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zumeist ungewiss ist, ob ein potenziell vorteilhafter Umsatz später realisierbar und störungsfrei abzuwickeln ist.28 Die entsprechende Forderung muss also entweder rechtlich bereits entstanden sein oder die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sein, so dass der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann.29 Reine Wertsteigerungen von Vermögensgegenständen oder Wertminderungen von Schulden dürfen hingegen nicht erfolgswirksam ausgewiesen werden, solange sie noch nicht durch ein Absatzgeschäft nachprüfbar bestätigt, d.h. objektiviert worden sind.30 Eng verbunden mit dem Realisationsprinzip ist das Anschaffungskostenprinzip, welches den Ausgangspunkt der Bewertung bildet und für Vermögensgegenstände und Schulden eine Obergrenze maximal zulässiger Wertansätze vor-

25 Kropff, in: FS Baetge, S. 65, 80; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 85. 26 Leffson, S. 355. 27 Knobbe-Keuk, § 3 III 4. c), S. 49; Leffson, S. 247 f.; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 22. Damit ein Gut den somit erforderlichen Wertsprung zum Absatzmarkt schafft, müssen nach Baetge/Kirsch/Thiele, S. 132 bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen grundsätzlich vier Bedingungen erfüllt sein: Ein Kaufvertrag muss für das betreffende Gut abgeschlossen, d.h. der Umsatzakt in einem Rechtsverhältnis konkretisiert sein, die geschuldete Lieferung oder Leistung muss erbracht worden sein, das Gut muss den Verfügungsbereich und damit den Verwertungsbereich des liefernden oder leistenden Unternehmens verlassen haben und die Abrechnungsfähigkeit muss gegeben sein; ähnlich auch Leffson, S. 266. 28 KölnerKommAKtG-Claussen/Korth, § 252, HGB Rn. 28. 29 BFH vom 09.11.1978 – IV R 201/74, BStBl. II 1978, 370, 371; vom 12.04.1984 – IV R 112/81, BStBl. II 1984, 554, 555; vom 12.05.1993 – XI R 1/93, BStBl. II 1993, 786, 787; vom 08.11.2000 – I R 10/98, BStBl. II 2001, 349, 350. 30 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 77; Oestreicher, S. 153.

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Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

sieht.31 Ohne Rücksicht auf mögliche Wertsteigerungen sind Unternehmensleistungen danach bis zu ihrer Verwertung auf dem Absatzmarkt gem. § 253 Abs. 1 S. 1 HGB mit ihren historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB) zu bewerten. Indem kein höherer Wert als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden darf, wird gewährleistet, dass es zu keinem Ausweis nicht realisierter Gewinne kommt.32 Gleiches gilt für Verbindlichkeiten, die grundsätzlich nicht unter ihrem ursprünglichen Rückzahlungsbetrag (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB) bilanziert werden dürfen.33 b)

Imparitätsprinzip

Im Gegensatz zu Erträgen sind Verluste nicht erst bei Realisation auszuweisen, sondern zu antizipieren, d.h. bereits dann bilanziell zu berücksichtigen, wenn sie bis zum Abschlussstichtag wirtschaftlich verursacht sind.34 Auf die Verlustrealisierung durch Umsatzgeschäft kommt es insoweit nicht an. Nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB normierten Imparitätsprinzip (im engeren Sinne) genügt vielmehr, dass sie „Entstanden“, also vorhersehbar und dem abgelaufenen Geschäftsjahr zuzurechnen sind.35 Verluste können beispielsweise durch einen Anstieg der Kosten oder durch den Rückgang der Marktpreise zum Bilanzstichtag verursacht sein. Dies gilt gleichermaßen hinsichtlich des Leistungsaustausches im Rahmen schwebender Geschäfte, sofern ernsthaft mit einer Realisierung der gegenwärtigen Risiken zu rechnen ist.36 Nach dem Imparitätsprinzip werden solche negativen Erfolgsbeiträge bereits als „Aufwand der Erkenntnisperiode“ und nicht erst in der „Periode der Abwicklung“ berücksichtigt.37 Ziel ist es hierbei, einen drohenden Verlust vorwegzunehmen, um so das Umsatzgeschäft in der Folgeperiode verlustfrei zu halten und die zu erwartende Kapitalminderung zu neutralisieren.38 Andernfalls bestünde die Gefahr, dass es – trotz der bereits erwarteten Verluste – zu Ausschüttungen käme, was bei Verlustrealisierung in der Folgeperiode die Haftungsgrundlage erheblich beeinträchtigen würde.39 Das Imparitätsprinzip soll mithin die Aus31 So ADS, § 252, Rn. 63; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 131; Knobbe-Keuk, § 3 III 4. c), S. 49; Leffson, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 53. A.A. BoHdR-Wohlgemuth, § 252, Rn. 37, der das Anschaffungskostenprinzip aus dem Niederstwertprinzip herleitet. 32 Knobbe-Keuk, § 3 III 4. c), S. 49. 33 Vgl. BoHdR-Wohlgemuth, § 253, Rn. 33. 34 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 135; Koch, WPg 1957, 1, 31 ff. und 60 ff. (fortgesetzt), 31. Diese divergierende Behandlung von nicht realisierten Gewinnen und nicht realisierten Verlusten wird als Imparitätsprinzip im weiteren Sinne bezeichnet, vgl. Knobbe-Keuk, § 3 III c), S. 49; Leffson, S. 339; BeckBilKomm-Winkeljohann/Geißler, § 252 Rn. 34; BoHdR-Wohlgemuth, § 252 Rn. 45. 35 ADS, § 252 Rn. 63 und 93; BeckBilKomm-Winkeljohann/Geißler, § 252 Rn. 34. 36 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 136; Leffson, S. 393 ff; Oestreicher, S. 157. 37 Schmekel, DB 1983, 893, 895; ähnlich Moxter, StuW 1989, 232, 236. 38 Leffson, S. 382 f. 39 Vgl. Beckmann, RIW 1993, 387, 388.

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Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

schüttung (und auch Besteuerung) von Periodenerfolgen verhindern, die in der Totalperiode überhaupt nicht entstehen.40 Ähnlich wie das Realisationsprinzip wird auch das Imparitätsprinzip durch Subprinzipien konkretisiert: Durch das Niederstwertprinzip für die Bewertung von Anlage- und Umlaufvermögen (§ 253 Abs. 2 und 3 HGB) sowie durch die Rückstellungsbildung für drohende Verlust aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 HGB).41 Das Niederstwertprinzip gilt bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens42 in seiner strengen Form und gebietet nach § 253 Abs. 3 S. 1 und 2 HGB Wertminderungen, die über die Berücksichtigung durch reguläre Abschreibungen hinausgehen, zwingend zu berücksichtigen. Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens ist das Niederstwertprinzip gemildert und verlangt eine zwingende Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung (§ 253 Abs. 2 S. 3 1. Hs. HGB). Bei voraussichtlich nur vorübergehender Wertminderung besteht nach Hs. 2 hingegen ein Abschreibungswahlrecht. Ähnliches gilt darüber hinaus auch im Bereich der Passiva; trotz Fehlens einer expliziten Norm herrscht im Schrifttum insoweit weitgehende Einigkeit, dass Schulden einem sog. „Höchstwertprinzip“ unterliegen.43 Ein solches existiert allerdings nur in strenger Form, so dass im Bereich der Passiva ein Wahlrecht entfällt.44 Darüber hinaus gebietet § 249 Abs. 1 S. 1 HGB – als weitere Konkretisierung des Imparitätsprinzips eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden und so die negativen Erfolgsbeiträge zu antizipieren.45

2.

Grundsatz der Einzelbewertung am Abschlussstichtag (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB)

Gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB sind darüber hinaus, alle Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Der so normierte Einzelbewertungsgrundsatz ist Ausfluss des im Handelsrecht vorherrschenden 40 Menninger, RIW 1994, 43, 50; Oestreicher, S. 157. 41 Beckmann, RIW 1993, 387, 389 ff.; Fey, Imparitätsprinzip, S. 121; Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 641, 642; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5 Rn. B 100 und 102; Oestreicher, S. 158 ff. 41 Schmekel, DB 1983, 893, 895. 42 Umlaufvermögen wird definiert als Vermögen, welches nicht dazu bestimmt ist, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, vgl. BeckBilKomm-Ellrott/St. Ring, § 247 Rn. 51; Baumbach/Hopt-Merkt, § 247, Rn. 4 f. 43 So die h.M.: ADS, § 253 Rn. 62 75; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 137 Fn. 161; Federmann, S. 169; Küting/Weber-Langenbucher/Blaum, Kap 5, Rn. 554; Moxter, BB 1989, 945, 945 ff.; Wlecke, S. 170 f; BoHdR-Wohlgemuth, § 253 Rn. 49 ff. Vgl. zum Meinungsstand Ballwieser, in: FS Forster, S. 45, 45 ff. 44 ADS, § 253 Rn. 62; U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 253. 45 Vgl. hierzu Knobbe-Keuk, § 4 VII 2., S. 141 f.; Baumbach/Hopt-Merkt, § 252, Rn. 11.

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Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Prinzips der einzelobjektbezogenen Betrachtung, welches sich in die Verpflichtung zur isolierten art- und mengenmäßigen Erfassung einer Bilanzierungsposition (Grundsatz der Einzelbilanzierung) wie auch zur isoliert vorzunehmenden Bewertung dieser Einheit (Grundsatz der Einzelbewertung) aufgliedert.46 Es fordert „die Betrachtung des jeweils kleinsten Sachverhalts, der nach der Verkehrsanschauung als selbständig realisier- und bewertbar angesehen wird“.47 Der Grundsatz der Einzelbilanzierung ist in § 240 HGB gesetzlich verankert und gebietet es, im Inventar den Wert der Vermögensgegenstände und Schulden „einzeln“ anzugeben. Darüber hinaus gilt er aber auch für die Bilanz, wo er eine präzise Abgrenzung derjenigen Positionen fordert, die als Gegenstand einer später vorzunehmenden Bewertung anzusetzen sind.48 Er gebietet eine präzise Identifizierung der einzelnen Bewertungsobjekte und verlangt die Entscheidung über Bilanzierungsfähigkeit, -pflicht und -verbot gesondert zu treffen.49 Die auf der nächsten Stufe folgende Einzelbewertung beruht logisch auf der Einzelerfassung in Inventar und Bilanz und findet gliederungstechnisch seine Entsprechung im Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB.50 Der Grundsatz der Einzelbewertung verlangt hierbei grundsätzlich, dass die Bewertungsvorschriften der §§ 253 ff. HGB auf jeden einzelnen Vermögensgegenstand und nicht die Gesamtheit verschiedener Vermögensgegenstände anzuwenden ist, die unter einem Bilanzposten zusammengefasst sind (objektbezogene Bewertung).51 Für jede einzeln abgegrenzte Bewertungsposition ist ein eigenständiger Wert zu ermitteln und der Kaufmann hat auf eine Gesamt- oder Sammelbewertung zu verzichten.52 Zweck des Einzelbewertungsgrundsatzes ist primär die Objektivierung von Erfolgs- und Vermögensermittlung im Jahresabschluss,53 womit er wesentlich zur Erreichung der Zwecke Rechenschaft bzw. Information und Kapitalerhaltung beiträgt.54 Ermessensspielräume, die bei einer betriebswirtschaftlichen Gesamtbewertung des Unternehmens entstehen würden, sollen so einge46 47 48 49 50 51 52 53

Federmann, S. 148. Christiansen, DStZ 1995, 385, 385. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1524. Federmann, S. 149. Kupsch, StbJb 1994/95, 131, 131; Winnefeld, E Rn. 40. ADS, § 252, Rn. 48. Federmann, S. 150. MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 90; Fey, S. 128; Grünewald, S. 179 f.; Menninger, S. 120; Moxter, Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. 98; ders., in: FS v. Wysocki, S. 17, 24. So wohl auch Beisse, in: FS Beusch, S. 77, 83 und Schön, StuW 1995, 366, 376, die das Ziel der Objektivierung als Leitgedanken aller Rechnungslegung sehen. 54 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 70. Einen Bezug zur Informationsfunktion des Jahresabschlusses sieht auch Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 28.

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schränkt werden.55 Zwar mag eine Unternehmensgesamtbewertung für Entscheidungsträger mit völlig gleichgerichteten Interessen zweckgerecht sein; für Jahresabschlussleser mit divergierenden Interessen fehlt es ihr jedoch an der erforderlichen Nachvollziehbarkeit.56 Die Einzelbewertung erfolgt daher zur Gewährleistung einer „möglichst genauen und intersubjektiv nachprüfbaren Wertzuordnung“57. Mit dem ihr innewohnenden Kompensationsverbot bezweckt sie die Gewährleistung objektivierter, d. h. für Dritte nachvollziehbarer Bewertungsverfahren.58 Ferner wirkt der Grundsatz der Einzelbewertung konkretisierend für das Realisations- und das Imparitätsprinzip und erfüllt auf diesem Wege auch eine Kapitalerhaltungsfunktion:59 Indem er eine Zusammenfassung einzelner Aktiva und Passive bzw. schwebender Geschäfte verhindert, schafft er erst die Basis für die im Imparitätsprinzip vorgesehene Antizipation von Verlusten.60 So dürfen als Ausfluss des Einzelbewertungsprinzips bei der Bewertung nur die jeweils in den einzelnen Bewertungsobjekten liegenden Chancen und Risiken berücksichtigt werden. Hierdurch wird verhindert, dass unrealisierte Verluste auf dem Umweg einer Verrechnung mit nicht verwirklichten Gewinnen kompensiert werden und so eine an sich gebotene Verlustantizipation unterbleibt.61 An seine Grenze stößt der Grundsatz der Einzelbewertung, wenn eine Einzelerfassung der Bewertungsobjekte praktisch nicht realisierbar ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn bei gleichartigen Vermögensgegenständen und schwankender Preisentwicklung die Ermittlung des Zugangszeitpunkts und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht oder nur mit einem erheblichen Arbeitsaufwand möglich ist.62 Das Einzelbewertungsprinzip gilt daher nicht absolut, sondern wird zum Zwecke der Bewertungsvereinfachung von einer Vielzahl von Ausnahmen durchbrochen (z.B. Durchschnittsbewertung, Festwertansatz, Pauschalbewertung, Verbrauchsfolgeverfahren).63

55 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1524; Burkhardt, S. 121 f.; Menninger, RIW 1994, 43, 53; Möhler, S. 78 f. 56 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 82. 57 Oestreicher, S. 161. 58 Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 10 f. 59 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 82; Burkhardt, S. 124; Fey, S. 126; Klein/Jonas, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 238; Menninger, S. 120: Möhler, S. 79; Oestreicher, S. 162. 60 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 90; Grünewald, S. 179. 61 ADS § 252, Rn. 48 f.; Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1524; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 176. 62 BoHdR-Kupsch, Einführung B, Rn. 117. 63 Federmann, S. 150.

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Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

3.

Stichtagsprinzip

Neben dem Einzelbewertungsgrundsatz normiert § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auch das Stichtagsprinzip, nach dem Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag zu bewerten sind. Es bestimmt, welcher Zeitpunkt für die bilanzielle Abbildung der Realität maßgeblich ist und regelt somit die Abgrenzung der einzelnen Geschäftsjahre.64 Das Stichtagsprinzip ist Konsequenz der Erkenntnis, dass eine Erfolgsermittlung über die Totalperiode eines Unternehmens nur unzureichende Informationen gewährleistet.65 Zwar erfasst das Stichtagsprinzip seinem Wortlaut nach nur die Bewertung; als die der Bewertung zugrunde liegende Handlung hat sich aber auch die Erfassung der Vermögensgegenstände und Schulden – d.h. die Bilanzaufstellung – am Stichtagsprinzip zu orientieren.66 Für Bilanzierung und Bewertung sind insofern die objektiven Verhältnisse und subjektiven Einschätzungen am Bilanzstichtag maßgeblich.67 Hierbei dürfen nur solche Informationen im Jahresabschluss berücksichtigt werden, die sich auf Gegebenheiten des abgelaufenen Geschäftsjahres beziehen (wertaufhellende Informationen). Nach dem Bilanzstichtag eintretende Umstände (wertbegründende Informationen) sind dagegen für die Bilanzierung grundsätzlich unerheblich.68 Auch ein derart formuliertes Stichtagsprinzip beansprucht jedoch keine absolute Wirkung. So ist beispielsweise bei stark schwankenden Preisen oder beim Wahlrecht zum Ansatz einer niedrigeren Zukunftserwartung für Umlaufvermögen (§ 253 Abs. 3 S. 3 HGB) eine Antizipation zukünftiger Wertentwicklungen möglich.69

4.

Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 HGB)

Der Einzelbewertungsgrundsatz findet sein gliederungstechnisches Pendant im Saldierungsverbot des § 264 Abs. 2 HGB, welches sowohl für die Bilanz, als auch für die GuV Anwendung findet.70 § 264 Abs. 2 HGB verbietet es, Posten der Aktivseite mit Posten der Passivseite, Aufwendungen mit Erträgen sowie Grundstücksrechte mit Grundstückslasten zu verrechnen. Das Saldierungsverbot soll den Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens erleichtern71 und einer das Vorsichtsprinzip verletzenden Bilanzverschleierung entgegenwirken, indem es verhindert, dass ein mit einem potentiellen Ausfallrisiko behafteter Vermögensgegenstand verrechnet wird und 64 65 66 67 68

BoHdR-Wohlgemuth, § 252, Rn. 24. Mauritz, S. 32. Knobbe-Keuk, § 3 IV 1., S. 51. Federmann, S. 137. Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 61; BeckBilKomm-Winkeljohann/Philipps, § 242, Rn. 9. 69 Hierzu vgl. Federmann, S. 137; Knobbe-Keuk, § 3 III 1, S. 51. 70 BeckBilKomm-Förschle/Kroner, § 246, Rn. 100. 71 ADS, § 246, Rn. 454; Federmann, S. 150.

29

Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

damit dieses Risiko nicht mehr erkennbar wäre.72 Es ist sowohl Ausfluss des allgemeinen Gebots der Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses (§ 243 Abs. 2 HGB) als auch des Vollständigkeitsgebots gem. § 246 Abs. 1 HGB.73

II.

Probleme bei der Anwendung allgemeiner Bewertungsvorschriften

Auf dieser Grundlage gilt es zu untersuchen, wie die hier fraglichen Sicherungszusammenhänge auf Grundlage der allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze handelsrechtlich abzubilden sind. Die nachfolgenden Überlegungen orientieren sich dabei an folgender Fallkonstellation: Beispiel 10: Die X-AG kauft am 10.07.2007 in den USA Industrieanlagen zum Preis von 13,5 Mio. US-$ (Kassageschäft, Kurs: 1 € = 1,35 US-$). Der Liefertermin ist sofort und der Zahlungstermin am 15.01.2008. Zur Absicherung vor einem steigenden Dollarkurs schließt die die X-AG gleichfalls am 10.07.2007 ein Termingeschäft über den geschuldeten Betrag zum 15.01.2008 (vgl. Beispiel 3).

1.

Grundsätzliche Einzelbewertung der Geschäfte im Sicherungsverbund

Die beiden im Sicherungsverbund zusammengefassten Geschäfte (Kauf der Anlage und Abschluss des Termingeschäfts) sind rechtlich selbständig und nach dem Einzelbewertungsgrundsatz grundsätzlich unabhängig zu erfassen und zu bewerten. a)

Abgewickelte Geschäfte

Das bereits abgewickelte Geschäft (Erwerb der Industrieanlage) ist nach den GoB zu bilanzieren und am Tag der Erstverbuchung mit den Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB) bzw. dem Rückzahlungsbetrag (§ 255 Abs. 1 S. 2 HGB) zu bewerten. Dem Realisationsprinzip wird insofern Rechnung getragen, als wirtschaftlich verursachte Gewinne (z.B. Wertsteigerungen der bilanzierten Vermögenswerte) erst dann aufgewiesen werden, wenn diese am Markt bestätigt wurden. Ein die Anschaffungskosten übersteigender Bilanzausweis ist daher unzulässig (Anschaffungskostenprinzip74). Umgekehrt sind entstandene Verluste nach dem Imparitätsprinzip bereits zu antizipieren und gem. 72 Benne, DB 1991, 2601, 2603; Burkhardt, S. 138 f. Ähnlich auch BoHdR-Kupsch, § 246, Rn. 79; Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 87. 73 Küting/Weber-Kußmaul, § 246, Rn. 21. 74 Vgl. dazu bereits 2. Teil I. 1. a), S. 24.

30

Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

damit dieses Risiko nicht mehr erkennbar wäre.72 Es ist sowohl Ausfluss des allgemeinen Gebots der Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses (§ 243 Abs. 2 HGB) als auch des Vollständigkeitsgebots gem. § 246 Abs. 1 HGB.73

II.

Probleme bei der Anwendung allgemeiner Bewertungsvorschriften

Auf dieser Grundlage gilt es zu untersuchen, wie die hier fraglichen Sicherungszusammenhänge auf Grundlage der allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze handelsrechtlich abzubilden sind. Die nachfolgenden Überlegungen orientieren sich dabei an folgender Fallkonstellation: Beispiel 10: Die X-AG kauft am 10.07.2007 in den USA Industrieanlagen zum Preis von 13,5 Mio. US-$ (Kassageschäft, Kurs: 1 € = 1,35 US-$). Der Liefertermin ist sofort und der Zahlungstermin am 15.01.2008. Zur Absicherung vor einem steigenden Dollarkurs schließt die die X-AG gleichfalls am 10.07.2007 ein Termingeschäft über den geschuldeten Betrag zum 15.01.2008 (vgl. Beispiel 3).

1.

Grundsätzliche Einzelbewertung der Geschäfte im Sicherungsverbund

Die beiden im Sicherungsverbund zusammengefassten Geschäfte (Kauf der Anlage und Abschluss des Termingeschäfts) sind rechtlich selbständig und nach dem Einzelbewertungsgrundsatz grundsätzlich unabhängig zu erfassen und zu bewerten. a)

Abgewickelte Geschäfte

Das bereits abgewickelte Geschäft (Erwerb der Industrieanlage) ist nach den GoB zu bilanzieren und am Tag der Erstverbuchung mit den Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB) bzw. dem Rückzahlungsbetrag (§ 255 Abs. 1 S. 2 HGB) zu bewerten. Dem Realisationsprinzip wird insofern Rechnung getragen, als wirtschaftlich verursachte Gewinne (z.B. Wertsteigerungen der bilanzierten Vermögenswerte) erst dann aufgewiesen werden, wenn diese am Markt bestätigt wurden. Ein die Anschaffungskosten übersteigender Bilanzausweis ist daher unzulässig (Anschaffungskostenprinzip74). Umgekehrt sind entstandene Verluste nach dem Imparitätsprinzip bereits zu antizipieren und gem. 72 Benne, DB 1991, 2601, 2603; Burkhardt, S. 138 f. Ähnlich auch BoHdR-Kupsch, § 246, Rn. 79; Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 87. 73 Küting/Weber-Kußmaul, § 246, Rn. 21. 74 Vgl. dazu bereits 2. Teil I. 1. a), S. 24.

30

Probleme bei der Anwendung allgemeiner Bewertungsvorschriften

§ 253 Abs. 2 bzw. 3 HGB durch Abschreibungen auf den niedrigeren Wert zu berücksichtigen. Im Bereich der derivativen Finanzinstrumente gilt dies – anders bei Termin- oder Swapgeschäften – in gewissem Maße auch für Optionsrechte. Nach nahezu einhelliger Ansicht hat der Optionsberechtigte sein Recht während der Laufzeit gem. §§ 246 Abs. 1 i.V.m. 248 Abs. 2 HGB als nicht abnutzbaren immateriellen Vermögensgegenstand des Anlage- bzw. Umlaufvermögens zu aktivieren75 und bei wirtschaftlicher Wertminderung ebenfalls entsprechend dem Niederstwertprinzip zu bewerten.76 Zu Beispiel 8: Vorliegend sind sowohl die Anschaffungskosten der Anlage als auch der Rückzahlungsbetrag der Kaufpreisverbindlichkeit mit dem Wechselkurs im Zeitpunkt des Zugangs (10.07.2007),77 d.h. mit 10 Mio. €, zu bestimmen. Sinkt der Dollar-Wechselkurs, so reduziert sich die wirtschaftliche Belastung aus der offenen Verbindlichkeit. Da das Anschaffungskostenprinzip jedoch eine Bilanzierung unter dem Rückzahlungsbetrag verbietet, kann ein so veranlasster Gewinn mangels Realisation im Jahresabschluss nicht erfolgswirksam erfasst werden.78 Steigt der Dollarkurs hingegen, so ist dies – als zwingende Folge des Imparitätsprinzips – durch Zuschreibungen auf den höheren Stichtagswert zu berücksichtigen.79 b)

Schwebende Geschäfte

Eine abweichende bilanzrechtliche Behandlung erfahren Produkte mit Terminund Swapcharakter – hier der US-$ Terminkauf – bzw. der Hauptvertrag eines Optionsgeschäftes.80 Bei solchen derivativen Finanzinstrumenten liegt der Ab75 Breker, S. 48 ff.; Burkert, S. 12; Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1537, Patek, S. 158; Reiner, S. 258. Der Zugangswert umfasst hierbei die gezahlte Optionsprämie als Anschaffungskosten und die angefallenen Transaktionskosten als Anschaffungsnebenkosten, vgl. Beckmann, S. 224. Beim Stillhalter („Optionsverkäufer“) ist die Optionsprämie als „sonstige Verbindlichkeit“ zu passivieren und damit ergebnisneutral auszugleichen, vgl. Reiner, S. 259 m.w.N. A.A. Grützemacher, S. 239, der die das Optionsrecht lediglich als nicht aktivierungsfähige vage Chance betrachtet und daher die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens vorschlägt. 76 Beckmann, S. 224 ff.; Reiner, S. 258. 77 Zur Bilanzierung von Fremdwährungstransaktionen vgl. Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1530 ff.; Knobbe-Keuk, § 5 IX 1. b) cc). 78 Vgl. auch BeckBilKomm-Hoyos/Ring, § 253, Rn. 73; Knobbe-Keuk, § 5 IX 1. b) cc), S. 233. 79 Staub-Kleindiek, § 253, Rn. 17. 80 Bei letzterem ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass der Hauptvertrag noch gar nicht zustande gekommen ist und insofern grundsätzlich noch nicht einmal ein schwebendes Geschäft besteht. Allerdings ist das Optionsrecht als Anspruch aus einem einseitigen bindenden Angebot des Stillhalters zum Abschluss des Hauptvertrages zu interpretieren, womit durch die Einräumung des Optionsrechts ausnahmsweise ein schwebendes

31

Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

schluss in der Gegenwart, die Erfüllung jedoch in der Zukunft.81 Da die Leistung für das jeweilige Geschäft also erst am Ende der Laufzeit vollständig erbracht ist, sind die Transaktionen als schwebende Geschäfte zu klassifizieren.82 Bilanzrechtlich versteht man unter schwebenden Geschäften zweiseitige verpflichtende Verträge, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind und bei denen der zur Lieferung oder Leistung Verpflichtete noch nicht voll erfüllt hat.83 Sie können Absatz- oder Beschaffungsgeschäfte darstellen und einmalig oder mehrmalig stattfinden.84 Nach heute allgemeiner Auffassung sind Rechte und Pflichten aus schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht zu bilanzieren, solange sich diese gleichwertig gegenüberstehen.85 Vorleistungen, wie z.B. Anzahlungen oder unfertige Leistungen, sind entsprechend zu neutralisieren.86 Dieser scheinbar dem Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 S. 1 HGB entgegenlaufende Grundsatz87 ist letztlich ein Resultat des Vorsichtsprinzips,88 das

81 82 83

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86 87 88

32

Geschäft begründet werden kann, vgl. hierzu Breker, S. 54; Häuselmann, DB 1987, 1745, 1748; Popp, DStR 1976, 87, 91. Barckow, S. 12. Grünewald, S. 61; Hashagen/Auerbach, Die Bank 1998, 625, 627; Patek, S. 105, 131, 170; explizit für Futures: Höffner, RIW 1996, 745, 747. BFH vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735, 737; BeckBilKomm-Hoyos/Ring, § 249, Rn. 53; Staub-Kleindiek, § 246, Rn. 66; Knobbe-Keuk, § 4 VII 1., S. 141; Woerner, FR 1984, 489, 491; ähnlich auch Baumbach/Hopt-Merkt, § 252, Rn. 16; BlümichSchreiber, § 5, Rn. 245; Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 453. A.A. ADS, § 249, Rn. 139; Grünewald, S. 61; Hoffmann, BB 1997, 1195, 1195; Küting/Weber-MayerWegelin/Kessler/Höfer, § 249, Rn. 63, die verlangen, dass das Geschäft von beiden Seiten noch nicht erfüllt worden sein darf. Hierbei verkennen sie jedoch, dass es für die Bilanzierungsfähigkeit entscheidend auf die Konkretisierung des Vermögensgegenstandes ankommen muss. Mit Erfüllung der Lieferungs- oder Leistungspflicht ist diese jedoch abgeschlossen, so dass nicht mehr von einem schwebenden Geschäft gesprochen werden kann, vgl. Woerner, FR 1984, 489, 491. MünchKommHGB-Ballwieser, § 249, Rn. 58; Crezelius, in: FS Döllerer, S. 81, 82 f. BFH vom 03.07.1980 – IV R 138/76, BStBl. II 1980, 648, 650; BFH vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735, 737; ADS § 249, Rn. 135; MünchKommHGBBöcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 70; Crezelius, in: FS Döllerer, S. 81, 85; Glaum/Förschle, DB 2000, 1525, 1526; Herzig/Köster, in: HdJ, Abt. III/5, Rn. 242; Staub-Kleindiek, § 246, Rn. 66; Knobbe-Keuk, § 4 VII 1., S. 141; Scharpf, BFuP 1995, 166, 182 f.; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 244; Woerner, FR 1984, 489, 489. Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 76. Vgl. BoHdR-Kupsch, § 246, Rn. 69. Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 81; Crezelius, in: FS Döllerer, S. 81, 85; Döllerer, BB 1980, 1333, 1335; Herzig/Köster, in: HdJ, Abt. III/5, Rn. 244; Staub-Kleindiek, § 246, Rn. 66; Knobbe-Keuk § 4 VII 1., S. 141; Woerner, FR 1984, 489, 492; ders., in: Handelsbilanz und Steuerbilanz, S. 33, 39. A.A. Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, § 42, Rn. 102, der die Nichtbilanzierung mit Vereinfachungsgründen (keine unnötige Aufblähung der Bilanz durch Erfassung ausgeglichener Geschäfte) begründet. Auch der BFH sieht in der Ausgeglichenheitsvermutung nach wie vor den tragenden Grund für den Nichtausweis schwebender Geschäfte, vgl. nur BFH vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735,

Probleme bei der Anwendung allgemeiner Bewertungsvorschriften

auch einen Ausweis der beim schwebenden Geschäft wirtschaftlich verursachten Gewinne untersagt. Gerade die Verpflichtung zur Lieferung oder Leistung ist während des Schwebezustandes mit zahlreichen Unwägbarkeiten behaftet.89 Verspricht sich der Leistende von dem noch nicht abgewickelten Geschäft aber einen Gewinn – so wohl der Regelfall –, so würde die Voraberfassung der Forderung einen Gewinnausweis bedeuten, ohne dass es bereits zu einem Realisationsakt in Form eines Umsatzes gekommen ist.90 Ein solcher Erfolgsausweis liefe jedoch dem Realisationsprinzip entgegen, womit schwebende Geschäfte im Ergebnis grundsätzlich nicht bilanzwirksam sind.91 Eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtbilanzierung besteht jedoch, wenn das schwebende Geschäft zur Entstehung wirtschaftlicher Verluste geführt hat. Gem. § 249 Abs. 1 HGB sind dann Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Als Verlust ist hierbei die Differenz zwischen dem Wert der eigenen Leistung und dem Wert der zu erwartenden Gegenleistung (Verpflichtungs- oder Aufwendungsüberschuss) zu passivieren und so – als Ausfluss des Imparitätsprinzips – der negative Erfolgsbeitrag zu antizipieren.92 Für den hier fraglichen Fall bedeutet dies, dass das abgeschlossene Termingeschäft trotz seiner zivilrechtlichen Wirksamkeit nicht bilanzierungsfähig ist. Kurssteigerungen des Dollars, die aufgrund der fixen Kursvereinbarung im Termingeschäft einen Gewinn verursachen, können bilanziell nicht abgebildet werden. Sinkt der Dollar hingegen, so führt der Terminkauf zu einem Verlust, welcher als Folge des Imparitätsprinzips durch Bildung einer Drohverlustrückstellung gem. § 249 Abs. 1 HGB zu berücksichtigen ist.

2.

Probleme bei Sicherungsverbund

Fraglich ist, ob diese bilanzielle Behandlung auch vor dem Hintergrund eines Sicherungszusammenhangs sachgerecht erscheint. Dient das Termingeschäft im Rahmen eines Mikro-Hedges der Absicherung des Kassageschäfts, so verhält sich die Kursentwicklung der beiden Geschäfte reziprok. Fallende Kurse beim Kassageschäft führen zu steigenden Kursen beim Termingeschäft und umgekehrt. Anders als bei offenen Positionen kommt es damit zu einer Neutralisierung der aus der Kursschwankung resultierenden Risiken.

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737 m.w.N. Letztlich kann dies jedoch nicht überzeugen, weil die Annahme der Ausgeglichenheit allenfalls fiktiven Charakter hat. Tatsächlich dürfte jedoch in jedem Geschäft ein Gewinnanteil enthalten sein, vgl. Staub-Kleindiek, § 246, Rn. 66. Döllerer, BB 1980, 1333, 1335; Leffson, S. 260 ff. Dietrich, S. 6; Knobbe-Keuk, § 4 VII 1, S. 141. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 99. BFH vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735, 738; Menninger, RIW 1994, 43, 52.

33

Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

Der Umstand des faktischen Risikoausschlusses findet nach dem traditionellen GoB-Verständnis jedoch keine adäquate bilanzielle Abbildung. Abweichend von der tatsächlich nicht existenten Verlustgefahr führt eine strikte Einzelbewertung zusammen mit dem Imparitätsprinzip dazu, dass am Bilanzstichtag Verluste auszuweisen sind, die wirtschaftlich dem Unternehmen gar nicht drohen.93 Ein solches bilanzielles Ergebnis steht im Widerspruch zum tatsächlichen wirtschaftlichen Ergebnis. Es könnte bei geschlossenen Positionen zu einer verzerrten Darstellung der Vermögens- und Ertragslage führen,94 was – zumindest bei Kapitalgesellschaften – einen Konflikt mit dem Einblicksgebot des § 264 HGB vorzeichnet.95 Dieser Effekt potenziert sich, wenn man die Gegenläufigkeit der Absicherungsgeschäfte bedenkt. Unabhängig von der Richtung der Wertentwicklung würde sich jeweils aus einem der Geschäfte eine zwingende Verlustantizipation ergeben, die entweder im Wege einer Abschreibung oder einer Verlustrückstellung zu berücksichtigen wäre.96 Der vorsichtig agierende Unternehmer hätte damit bei jeder Wertveränderung einen Verlust auszuweisen, ohne dass ein entsprechendes Risiko besteht, der spekulativ Handelnde, der auf eine Absicherung offener Positionen verzichtet, hingegen nur dann, wenn sich der Kurs zu seinen Ungunsten entwickelt.97 Eine so verstandene Einzelbewertung würde nach teilweise vertretener Auffassung die „wesentlichen Zusammenhänge“ der Sicherungseinheit unberücksichtigt lassen98 und das wirtschaftlich vorteilhafte Hedging paradoxerweise in eine Belastung der Bilanz verkehren.99 Dies sei insofern bedenklich als hierdurch „eine bewusst risikoaverse und auf das Schließen spekulativer Positionen bedachte Unternehmenspolitik erfolgsrechnerisch diskriminiert wird“.100 Im Extremfall könnte es den Kaufmann sogar zu einem bilanzpolitisch motivierten Verzicht auf Absicherungsmaßnahmen

93 Barckow, StbJb 2006/07, 217, 217 und 226; Beckmann, RIW 1993, 387, 394; Scharpf, BFuP 1995, 166, 183. 94 So Benne, DB 1991, 2601, 2602; Günkel, StbJB 2002/03, 275, 279; U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 300; Lührmann, DStR 1998, 387, 389; Portner, IStR 1995, 251, 252. 95 So Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 534. 96 Beckmann, RIW 1993, 387, 387; Kuhner, Geschäftszweckgebundene Bewertungskonzeptionen, S. 118. 97 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1523; Beckmann, RIW 1993, 387, 394; Höffner, RIW 1996, 747, 749; Jutz, S. 103 f.; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 13; Mauritz, S. 40; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 677. 98 Christiansen, DStR 2003, 264, 264. 99 Groh, DB 1986, 869, 872 f.; Oestreicher, S. 3. 100 Kuhner, Geschäftszweckgebundene Bewertungskonzeptionen, S. 118; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 301.

34

Bewertungseinheit als Lösung?

verleiten, damit er bei schlechter Ertragslage den Ausweis zusätzlicher Verluste in der GuV vermeidet.101

III. Bewertungseinheit als Lösung? Zur Lösung des dargestellten Problems wird im deutschen Rechtsraum überwiegend die Bildung sog. Bewertungseinheiten vorgeschlagen.102 Auch der Steuergesetzgeber hat sich mit § 5 Abs. 1a EStG diesem Weg angeschlossen. Geht man jedoch davon aus, dass das deutsche Bilanzrecht vom Grundsatz der Einzelbewertung und dem Saldierungsverbot geprägt ist, so lässt das Konstrukt der „Bewertungseinheit“ schon begrifflich einen Konflikt mit elementaren Bilanzierungsprinzipien vermuten. Im Anschluss soll daher die Vereinbarkeit derartiger Bewertungseinheiten mit den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften untersucht werden. Hierbei ist zu beachten, dass der Begriff der Bewertungseinheit nicht gesetzlich definiert ist103 und in der bilanzrechtlichen Diskussion ein „Etikett für zwei völlig verschiedene Problemkreise darstellt“.104 Er bedarf daher vorab einer näheren Abgrenzung.

1.

Objektbestimmende Bewertungseinheiten

Zunächst findet der Begriff „Bewertungseinheit“ Verwendung, um das einzelne bilanzierungsfähige Objekt abzugrenzen und damit festzulegen, was dem Einzelbewertungsgrundsatz zu unterwerfen ist.105 Diese Art der Bewertungseinheit kann als „objektbestimmende Bewertungseinheit“106 bezeichnet werden. Da die Bestimmung einer einheitlichen Schuld in der Regel keine Schwierigkeiten bereitet, geht es hierbei letztlich um die Frage, was als Vermögensgegenstand i.S.d. § 252 Abs. 1 S. 1 HGB anzusehen ist.107 Der wirtschaftlich denkende Kaufmann wird die Einzelpositionen seines Unternehmens regelmäßig nach ihrem Nutzen im betrieblichen Funktionszusammen-

101 Barckow, StbJb 2006/07, 217, 226; Beckmann, RIW 1993, 387, 394; Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 142; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 677; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 534. 102 Die Diskussion um die Bildung von Bewertungseinheiten nahm ihren Ausgangspunkt im Fremdwährungsbereich, da mit Freigabe der Wechselkurse die Bilanzierungsprobleme offenkundig wurden, vgl. Prahl, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 232 f. 103 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 128. 104 Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 455. 105 Finne, BB 1991, 1295, 1296 Fn. 13. 106 Teilweise auch als „Bewertungseinheit im engeren Sinn“ (Barckow, StbJb 2006/07, 217, 221; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 50 ff.) oder als „Bilanzierungsobjekteinheit“ (Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1523) bezeichnet. 107 Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 455 f. Der handelsrechtliche Begriff des „Vermögensgegenstandes“ entspricht hierbei dem steuerrechtlichen Begriff des „Wirtschaftsgutes“, vgl. BFH vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348, 352.

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Bewertungseinheit als Lösung?

verleiten, damit er bei schlechter Ertragslage den Ausweis zusätzlicher Verluste in der GuV vermeidet.101

III. Bewertungseinheit als Lösung? Zur Lösung des dargestellten Problems wird im deutschen Rechtsraum überwiegend die Bildung sog. Bewertungseinheiten vorgeschlagen.102 Auch der Steuergesetzgeber hat sich mit § 5 Abs. 1a EStG diesem Weg angeschlossen. Geht man jedoch davon aus, dass das deutsche Bilanzrecht vom Grundsatz der Einzelbewertung und dem Saldierungsverbot geprägt ist, so lässt das Konstrukt der „Bewertungseinheit“ schon begrifflich einen Konflikt mit elementaren Bilanzierungsprinzipien vermuten. Im Anschluss soll daher die Vereinbarkeit derartiger Bewertungseinheiten mit den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften untersucht werden. Hierbei ist zu beachten, dass der Begriff der Bewertungseinheit nicht gesetzlich definiert ist103 und in der bilanzrechtlichen Diskussion ein „Etikett für zwei völlig verschiedene Problemkreise darstellt“.104 Er bedarf daher vorab einer näheren Abgrenzung.

1.

Objektbestimmende Bewertungseinheiten

Zunächst findet der Begriff „Bewertungseinheit“ Verwendung, um das einzelne bilanzierungsfähige Objekt abzugrenzen und damit festzulegen, was dem Einzelbewertungsgrundsatz zu unterwerfen ist.105 Diese Art der Bewertungseinheit kann als „objektbestimmende Bewertungseinheit“106 bezeichnet werden. Da die Bestimmung einer einheitlichen Schuld in der Regel keine Schwierigkeiten bereitet, geht es hierbei letztlich um die Frage, was als Vermögensgegenstand i.S.d. § 252 Abs. 1 S. 1 HGB anzusehen ist.107 Der wirtschaftlich denkende Kaufmann wird die Einzelpositionen seines Unternehmens regelmäßig nach ihrem Nutzen im betrieblichen Funktionszusammen-

101 Barckow, StbJb 2006/07, 217, 226; Beckmann, RIW 1993, 387, 394; Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 142; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 677; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 534. 102 Die Diskussion um die Bildung von Bewertungseinheiten nahm ihren Ausgangspunkt im Fremdwährungsbereich, da mit Freigabe der Wechselkurse die Bilanzierungsprobleme offenkundig wurden, vgl. Prahl, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 232 f. 103 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 128. 104 Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 455. 105 Finne, BB 1991, 1295, 1296 Fn. 13. 106 Teilweise auch als „Bewertungseinheit im engeren Sinn“ (Barckow, StbJb 2006/07, 217, 221; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 50 ff.) oder als „Bilanzierungsobjekteinheit“ (Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1523) bezeichnet. 107 Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 455 f. Der handelsrechtliche Begriff des „Vermögensgegenstandes“ entspricht hierbei dem steuerrechtlichen Begriff des „Wirtschaftsgutes“, vgl. BFH vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348, 352.

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Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

hang beurteilen.108 Vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitspostulats und der Relevanz ist es daher häufig sinnvoll, nicht die kleinste zivilrechtliche Einheit für sich zu betrachten, sondern im Rahmen einer größeren Bewertungseinheit zu bilanzieren.109 Wirken bspw. mehrere Objekte dergestalt in einem Nutzungs- oder Funktionszusammenhang110 zusammen, dass das die Einheit einer selbständigen Nutzung fähig ist und die Verbindung eine bestimmte Festigkeit aufweist (z.B. die Bestandteile eines Kfz), so stellt die Gesamtheit der Objekte und nicht das einzelne Objekt den bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstand dar.111 Ob es sich hierbei letztlich um einen oder mehrere Vermögensgegenstände handelt, hängt wiederum davon ab, ob einzelne Teile nach der Verkehrsauffassung eigenständige Bedeutung haben.112 Erst der so abgegrenzte Vermögensgegenstand ist Bezugspunkt der Einzelbewertung, so dass eine Kollision mit allgemeinen Bewertungsregeln ausscheidet.113 Die „objektbestimmende Bewertungseinheit“ ist eine allgemein anerkannte und zulässige Form der Bewertungseinheit.114 Für die hier fragliche Konstellation der wirtschaftlich verknüpften Geschäfte sind deren Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt.115 Die im Hedge verbundenen Geschäfte sind aus dem normalen operativen Geschäft entstanden und stehen in keinem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang.116 Vielmehr handelt es sich jeweils um gesondert anzusetzende und selbständige Bilanzierungsobjekte, die im Sicherungsverbund ihre Bewertungsfähigkeit nicht verlieren.117 Auf der Ebene der Abgrenzung von Vermögensgegenständen und Schulden lässt sich der Sicherungszusammenhang damit noch nicht hinreichend berücksichtigen.

2.

Objektübergreifende Bewertungseinheiten

Darüber hinaus erlangt der Begriff der Bewertungseinheit Relevanz, wenn mehrere Vermögensgegenstände und Schulden einer einheitlichen Bewertung unterworfen werden. Bei solchen „objektübergreifenden Bewertungseinhei-

108 ADS, § 252, Rn. 23. 109 Barckow, S. 81; vgl. auch Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 714. 110 Zum „einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang“ als entscheidendem Abgrenzungskriterium vgl. auch Wlecke, S. 125. 111 BFH vom 09.11.1990 – VI R 164/86, BStBl. II 1991, 187, 187 f. 112 BFH vom 12. 10. 1995 – I R 179/94, BStBl. II 1996, 402, 403; Olbrich, in: FS Ludewig, S. 753, 763 f.; Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, § 42, Rn. 68. 113 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 714. 114 BFH vom 26.11.1973 – GrS 5/71, BStBl. II 1974, 132, 135; Grünewald, S. 180 f.; Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1453; Tönnies /Schiersmann, DStR 1997, 714, 714; BeckBilKomm-Winkeljohann/Geißler, § 252, Rn. 23. 115 Groh, DB 1986, 869, 873. 116 Schlick, DStR 1993, 254, 256. 117 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1524; Wlecke, S. 126, 128.

36

Bewertungseinheit als Lösung?

ten“118 geht es nicht länger um die gegenständliche Bestimmung von Vermögensgegenständen, sondern um die bilanzielle Zusammenfassung bereits zweifelsfrei abgegrenzter Positionen. Neben den hier relevanten Sicherungsgeschäften betrifft diese Form der Bewertungseinheit eine Vielzahl verschiedener Fallgruppen, die ein vergleichbares Problemmuster aufweisen. a)

Andere Fallgruppen als Hedges

Weithin geklärt ist dabei die Fallgruppe der aufrechenbaren Geschäfte. Stehen sich Forderungen und Schulden i.S.v. §§ 387 ff. BGB aufrechenbar gegenüber, so handelt es sich grundsätzlich um selbständige Positionen, die nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB einzeln der Bewertung unterliegen.119 Um jedoch eine unnötige Aufblähung der Bilanz zu verhindern,120 werden die betroffenen Positionen für Bilanzierungszwecke als erloschen betrachtet und insofern auf einen Ausweis verzichtet.121 Die so gebildete Bewertungseinheit ermöglicht eine bessere Darstellung der Vermögens- und Ertragslage und dient damit letztlich der Bilanzklarheit.122 Entsprechendes gilt für die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Zwar sind schwebende Geschäfte grundsätzlich nicht bilanzierungsfähig. Gem. § 249 Abs. 1 HGB ist aber eine Rückstellung zu bilden, falls aus dem Geschäft ein Verlust droht.123 Das schwebende Geschäft besteht dabei aus einem Anspruch und einer Verpflichtung, die an sich jeweils der gesonderten Bewertung zugänglich wären. Schuld im Sinne des § 246 Abs. 1 HGB ist allerdings die Drohverlustrückstellung als solche,124 so dass sich der Grundsatz der Einzelbewertung insoweit auf das wirtschaftlich abgegrenzte Austauschverhältnis als Einheit bezieht.125 Es entspricht daher heute allgemeiner Auffassung, dass bei der Rückstellungsbildung nur der Verpflichtungsüberhang der Bewertungseinheit „schwebendes Geschäft“ zu bilanzieren ist.126 Eine derartige Akzeptanz objektübergreifender Bewertungseinheiten besteht jedoch nicht immer. So sind insbesondere die Fallgruppen der Wertberichtigung auf Forderungen unter Berücksichtigung von Bürgschaften und Delkre118 Teilweise auch als „Bewertungseinheit im weiteren Sinne“ bezeichnet, vgl. Barckow, StbJb 2006/07, 217, 221; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 53 ff. 119 Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 457. 120 Hampe, WPg 1955, 869, 870. 121 ADS, § 246, Rn. 466 f.; BoHdR-Kupsch, § 246, Rn. 80; 122 Dietrich, S. 4. 123 Vgl. hierzu bereits 2. Teil I. 1. b), S. 26. 124 BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 251. 125 ADS, § 249, Rn. 142. 126 BFH vom 20.03.1980 – IV R 89/79, BStBl. II 1980, 297, 298; Döllerer, BB 1974, 1541, 1542; Knobbe-Keuk, § 4 VII 2., S. 142; Moxter, in: FS Schmidt, S. 195, 198; Pößl, DStR 1984, 428, 430; Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 457. Jedes einzelne schwebende Geschäft ist folglich daraufhin zu überprüfen, ob auch ihm ein Verlust droht, vgl. BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 251.

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Bilanzierungsprobleme bei Sicherungszusammenhängen

dereversicherungen127 und die der Berücksichtigung von außerhalb schwebender Geschäfte liegenden positiven Erfolgsbeiträgen bei der Bemessung von Drohverlustrückstellungen128 zu nennen, bei denen die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten zum Teil heftig umstritten ist. Da diese Fallgruppen jedoch nicht direkter Gegenstand der hiesigen Untersuchung sind, bedarf es insofern keiner vertiefenden Ausführungen. b)

Sicherungsgeschäfte (Hedges)

Gleichfalls kontrovers diskutiert wird die Zulässigkeit objektübergreifender Bewertungseinheiten im Hinblick auf die hier einschlägigen Sicherungsmodelle. Besteht nachweislich eine mehr oder weniger starke wirtschaftliche Verknüpfung verschiedener Geschäftsvorfälle, so sollen die hiervon betroffenen Vermögensgegenstände und Schulden sowie schwebende Geschäfte zu einer funktionalen Einheit zusammengefasst werden. In der Folge soll dann nicht mehr das einzelne Bilanzierungsobjekt, sondern die Bewertungseinheit als solche den Bewertungsvorschriften – sprich dem Realisations- und Imparitätsprinzip – unterworfen werden.129 Ein neuer Vermögensgegenstand entsteht hierdurch nicht.130 Auch verlieren die in die Einheit eingehenden Objekte nicht ihre selbständige Bilanzierungs- und Bewertungsfähigkeit.131 Die Bewertung der Einheit erfolgt vielmehr in der Weise, dass die eingetretenen Erfolgswirkungen beider Geschäfte entweder ignoriert oder in einer Nebenrechnung erhoben und miteinander verrechnet werden.132 Durch die Verrechnung der gegenläufigen Wertänderungen wird so sichergestellt, dass die innerhalb der Si127 Vgl. die Ausführungen von Dietrich, S. 6 ff. und Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 464 ff. 128 Unklar ist hierbei, wie weit die Zurechnungsgrenze zu ziehen ist, d.h. welche Faktoren in die Bewertungseinheit einzubeziehen sind, vgl. dazu Dietrich, S. 16 ff. m.w.N. und Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 463 ff. 129 ADS, § 252, Rn. 48; Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1523; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 109; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 45. 130 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266; Häuselmann, S. 68; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; Langenbucher, S. 143; Wagner, INF 2003, 783, 786. Grund- und Deckungsgeschäft sind weder technisch in der Weise aufeinander abgestimmt, dass sie nur in dieser Verbindung brauchbar sind, noch sind sie für sich betrachtet unvollständig, so dass der eine Vertrag ohne den anderen ein negatives Gepräge hätte. Nach der Verkehranschauung behalten die einzelnen Geschäfte bzw. Positionen mithin die für die Abgrenzung von Vermögensgegenständen und Schulden eigenständige Bedeutung, vgl. Oestreicher, S. 270. Im Ergebnis ebenso Benne, DB 1991, 2601, 2602 und Schneider, BB 1995, 1231, 1231 unter Hinweis auf weiterhin gegebene selbständige Verwertbarkeit. Dies ist für die Frage, wie viele Vermögensgegenstände vorliegen, jedoch kein geeignetes Abgrenzungskriterium, da sowohl die einzelnen Positionen, als auch ihre Gesamtheit selbständig verwertbar wären. 131 Hahne, StuB 2008, 181, 182; Wagner, INF 2003, 783, 786. 132 Vgl. dazu die Ausführungen zur Bilanzierungsmethode unter 6. Teil VI., S. 242 ff.

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Zwischenergebnis

cherungsbeziehungen bestehende Risikokompensation und der damit verbundene Erfolgsausschluss auch bilanziell zutreffend abgebildet werden. Bei vollständiger Kompensation finden Preisänderungen damit auf bilanzieller Ebene keinen Niederschlag mehr. Eine bilanzielle Verlustberücksichtigung erfolgt allerdings weiterhin insoweit, als der Verlust nicht durch einen gegenläufigen Gewinn kompensiert wird.133 Für den Ausgangsfall ergibt sich bei Bildung einer Bewertungseinheit damit folgendes: Bei wechselndem Dollarkurs wird der Gewinn aus dem einen Geschäft durch den Verlust aus dem anderen kompensiert. In der Gesamtschau ist die Kursänderung damit erfolgsneutral. Bilanzielle Auswirkungen können sich jedoch ergeben, wenn keine vollständige Kompensation gegeben ist: Ist die offene Verbindlichkeit von 13,5 Mio. $ nur unzureichend durch einen Dollar-Terminkauf i.H.v. 8 Mio. $ gedeckt, so besteht keine vollständige Kompensation. Ein steigender Dollarkurs führt hinsichtlich des nicht gesicherten Teils der Verbindlichkeit (5,5 Mio. $) zu einem Verlust. Infolge des Imparitätsprinzips ist dieser als höherer Rückzahlungsbetrag i.S.v. § 253 Abs. 1 S. 2 HGB durch Zuschreibung gewinnwirksam. Fällt der Dollar, so ergibt sich hinsichtlich des ungedeckten Betrages ein Gewinn, der aufgrund des Realisationsprinzips nicht ausgewiesen werden darf. Da die verbundenen Geschäfte in der Bewertungseinheit kein neues Bilanzierungsobjekt bilden, sondern lediglich ihre gegenläufigen Gewinn- und Verlusterwartungen verrechnet werden, wird aus Gründen der Begriffsklarheit insoweit teilweise auch von einer „kompensatorischen Bewertung“ gesprochen.134

IV. Zwischenergebnis Der dargestellte Lösungsansatz einer Bewertungseinheit ist praktisch geeignet, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens realitätsgerecht abzubilden. Heftig umstritten ist jedoch, ob ein solches Konstrukt überhaupt de lege lata mit geltendem Bilanzrecht vereinbar ist. Im Folgenden soll daher die einschlägige Diskussion in Rechtsprechung und Literatur aufgezeigt und anschließend die handelrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten in den verschiedenen Hedging-Modellen analysiert werden. 133 Statt vieler vgl. nur Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 109. 134 Für die vorzugswürdige Bezeichnung als „kompensatorische Bewertung“ sprechen sich u.a. aus Barckow, S. 81; ders., StbJb 2006/07, 217, 221; Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 342; Wlecke, S. 181. Darüber hinaus wird teilweise auch der Begriff der „korrespondierenden Bewertung“ verwandt, vgl. Menninger, RIW 1994, 43, 54; Oestreicher, S. 263. Letztlich handelt es sich jedoch um inhaltsgleiche Begrifflichkeiten, die nachfolgend synonym benutzt werden. Entsprechendes gilt auch für die teilweise verwendeten Begriffe der „Gesamtbewertung“ bzw. „Gesamtbetrachtung“.

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Zwischenergebnis

cherungsbeziehungen bestehende Risikokompensation und der damit verbundene Erfolgsausschluss auch bilanziell zutreffend abgebildet werden. Bei vollständiger Kompensation finden Preisänderungen damit auf bilanzieller Ebene keinen Niederschlag mehr. Eine bilanzielle Verlustberücksichtigung erfolgt allerdings weiterhin insoweit, als der Verlust nicht durch einen gegenläufigen Gewinn kompensiert wird.133 Für den Ausgangsfall ergibt sich bei Bildung einer Bewertungseinheit damit folgendes: Bei wechselndem Dollarkurs wird der Gewinn aus dem einen Geschäft durch den Verlust aus dem anderen kompensiert. In der Gesamtschau ist die Kursänderung damit erfolgsneutral. Bilanzielle Auswirkungen können sich jedoch ergeben, wenn keine vollständige Kompensation gegeben ist: Ist die offene Verbindlichkeit von 13,5 Mio. $ nur unzureichend durch einen Dollar-Terminkauf i.H.v. 8 Mio. $ gedeckt, so besteht keine vollständige Kompensation. Ein steigender Dollarkurs führt hinsichtlich des nicht gesicherten Teils der Verbindlichkeit (5,5 Mio. $) zu einem Verlust. Infolge des Imparitätsprinzips ist dieser als höherer Rückzahlungsbetrag i.S.v. § 253 Abs. 1 S. 2 HGB durch Zuschreibung gewinnwirksam. Fällt der Dollar, so ergibt sich hinsichtlich des ungedeckten Betrages ein Gewinn, der aufgrund des Realisationsprinzips nicht ausgewiesen werden darf. Da die verbundenen Geschäfte in der Bewertungseinheit kein neues Bilanzierungsobjekt bilden, sondern lediglich ihre gegenläufigen Gewinn- und Verlusterwartungen verrechnet werden, wird aus Gründen der Begriffsklarheit insoweit teilweise auch von einer „kompensatorischen Bewertung“ gesprochen.134

IV. Zwischenergebnis Der dargestellte Lösungsansatz einer Bewertungseinheit ist praktisch geeignet, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens realitätsgerecht abzubilden. Heftig umstritten ist jedoch, ob ein solches Konstrukt überhaupt de lege lata mit geltendem Bilanzrecht vereinbar ist. Im Folgenden soll daher die einschlägige Diskussion in Rechtsprechung und Literatur aufgezeigt und anschließend die handelrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten in den verschiedenen Hedging-Modellen analysiert werden. 133 Statt vieler vgl. nur Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 109. 134 Für die vorzugswürdige Bezeichnung als „kompensatorische Bewertung“ sprechen sich u.a. aus Barckow, S. 81; ders., StbJb 2006/07, 217, 221; Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 342; Wlecke, S. 181. Darüber hinaus wird teilweise auch der Begriff der „korrespondierenden Bewertung“ verwandt, vgl. Menninger, RIW 1994, 43, 54; Oestreicher, S. 263. Letztlich handelt es sich jedoch um inhaltsgleiche Begrifflichkeiten, die nachfolgend synonym benutzt werden. Entsprechendes gilt auch für die teilweise verwendeten Begriffe der „Gesamtbewertung“ bzw. „Gesamtbetrachtung“.

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3. Teil: Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten Zu der hier betroffenen Frage der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen fehlt es bislang an einer rechtskräftigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung.1 Allein in drei Fällen hatte die Finanzgerichtsbarkeit2 Gelegenheit, konkret zu der hier relevanten Problematik Stellung zu nehmen.3 Demgegenüber existiert eine Vielzahl von Urteilen, welche sich mit der bilanziellen Berücksichtigung wirtschaftlicher Zusammenhänge und Ausgleichsansprüche befassen. Während der BFH dabei zum Teil strikt an den Bilanzierungsgrundsätzen der Einzelbewertung und Imparität festhält, stellt er in anderen Entscheidungen – unter Aufweichung dieser Prinzipien – auf die wirtschaftlichen Verhältnisse ab, womit die einschlägigen Urteile bei der Gratwanderung zwischen strenger Einzelbewertung und wirtschaftlicher Betrachtungsweise zwei grundsätzlich gegenläufige Leitlinien aufweisen.4

I.

Formale Auslegung der Bilanzierungsnormen

Ein die Gesamtbetrachtung ablehnendes Urteil stammt zunächst aus dem Jahre 1931,5 als der RFH entschied, dass eine Delkredereversicherung – anders als eine Bürgschaft – bei der Bewertung einer Forderung unbeachtet bleiben müsse. Anders als bei der Bürgschaft würde die Versicherung nur den Ausfall solcher Forderungen ersetzen, „bei denen gewisse Bedingungen erfüllt sind“.6 Zum Beleg einer formalen Betrachtungsweise wird darüber hinaus häufig auf das sog. „Hopfen-Urteil“ vom 29.07.19657 verwiesen,8 in dem der BFH über die Bewertung eines Hopfenvorrats zu entscheiden hatte, dessen Marktwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken war. Obwohl die Hopfenbestände bereits per Termin zu einem höheren Preis verkauft waren, 1 2

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Häuselmann, S. 59. Dass primär die Finanzgerichtsbarkeit und nicht die ordentliche Gerichtsbarkeit mit der Rechtsauslegung der handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften befasst ist, ergibt sich daraus, dass Bilanzierungsfragen im rein handelsrechtlichen Kontext selten streitig sind, vgl. Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 60. Vgl. BFH vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nicht rechtskräftig); FG Schleswig-Holstein vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057 ff.; BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249 ff. Vgl. Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 147 ff. RFH vom 28.10.1931 – VI A 1922/31, RStBl. 1932, 308. Abweichend dazu nimmt die h.M. in der Literatur heute an, dass die Rückgriffsmöglichkeit auf die Debitorenversicherung zumindest insoweit zu berücksichtigen ist, als ein Forderungsausfall durch die Versicherung gedeckt ist, vgl. zum Streitstand statt vieler Dietrich, S. 8 m.w.N. IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648 ff.; bestätigt durch BFH vom 25.01.1984 – I R 7/80, BStBl. II 1984, 344, 347 und vom 07.05.2005 – VIII R 1/03, BStBl. II 2005, 298, 302. Diehl, BB 1977, 290, 292; vgl. auch Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 148.

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Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

ließ das Gericht eine Abschreibung zu. Nach Ansicht des BFH9 habe die Bewertung der Vorräte nichts mit der Bilanzierung der schwebenden Geschäfte zu tun, die sich auf die Vorräte beziehen. Auch seien letztere bilanzmäßig nicht auszuweisen, und nichtrealisierte Gewinne aus ihnen blieben selbst dann unberücksichtigt, wenn sie mit Sicherheit zu erwarten seien. Ähnliche Verweise finden sich auch auf den sog. „Kiesgruben-Fall“,10 in dem der BFH urteilte, dass eine Verbindlichkeitsrückstellung für die Wiederauffüllungsverpflichtung einer Kiesgrube nicht deshalb niedriger zu bewerten sei, weil gegenläufige Erträge in Form von Kippgebühren zu erwarten seien. Weder würden sich die künftigen Wiederauffüllungsgebühren hierdurch ermäßigen, noch sei die Verrechnung zulässig oder mit dem Verbot des Ausweises nicht realisierter Gewinne vereinbar.11 Alle drei Urteile können letztlich gegen die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten angeführt werden.12 Gestützt ist die Rechtsprechung jeweils auf die unsichere Ertragsaussicht und die damit drohende Verletzung des Realisationsprinzips. Darüber hinaus verlangt der BFH zumindest im Hopfen-Urteil explizit eine getrennte Betrachtung der verschiedenen Vertragsverhältnisse13 und folgt damit einer strikten Auslegung des Einzelbewertungsprinzips. Für den Kiesgruben-Fall gilt Ähnliches, wenn der BFH formuliert: „Sieht man von der Unzulässigkeit der Verrechnung ab, so ist die Möglichkeit allein, […] Einnahmen zu erzielen […], nicht bilanzierungsfähig“.14

II.

Wirtschaftliche Betrachtung einzelner Geschäfte

Für die Zulässigkeit der bzw. die Verpflichtung zur Bildung von Bewertungseinheiten könnten hingegen einige jüngere Urteile sprechen, bei denen der BFH vermehrt auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellt und die Saldierung mehrerer Wertfaktoren fordert. Eine gewisse Aufweichung der strikten Einzelbewertung enthält dabei zunächst das Urteil des BFH vom 19.07.1983,15 nach dem unter gewissen Umständen nicht ausgeschlossen sei „mehrere Geschäfte wirtschaftlich als Einheit zu betrachten“.16 Eine Abgrenzung, was insofern als wirtschaftlich einheitliches Geschäft zu verstehen ist, blieb das Gericht allerdings schuldig. Ihre Fortsetzung findet diese Rechtsprechung in den vielfach kritisierten Urteilen zur Rückstellungsbildung für Be-

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BFH vom 29.07.1965 – IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648, 649. BFH vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85 ff. BFH vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85, 87. So auch Diehl, BB 1977, 290, 292 bzgl. des Hopfen-Urteils und des Kiesgruben-Falls. Vgl. BFH vom 29.07.1965 – IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648, 649. BFH vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85, 87. VIII R 160/79, BStBl. II 1984, 56 ff. BFH vom 19.07.1983 - VIII R 160/79, BStBl. II 1984, 56, 59.

Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

ließ das Gericht eine Abschreibung zu. Nach Ansicht des BFH9 habe die Bewertung der Vorräte nichts mit der Bilanzierung der schwebenden Geschäfte zu tun, die sich auf die Vorräte beziehen. Auch seien letztere bilanzmäßig nicht auszuweisen, und nichtrealisierte Gewinne aus ihnen blieben selbst dann unberücksichtigt, wenn sie mit Sicherheit zu erwarten seien. Ähnliche Verweise finden sich auch auf den sog. „Kiesgruben-Fall“,10 in dem der BFH urteilte, dass eine Verbindlichkeitsrückstellung für die Wiederauffüllungsverpflichtung einer Kiesgrube nicht deshalb niedriger zu bewerten sei, weil gegenläufige Erträge in Form von Kippgebühren zu erwarten seien. Weder würden sich die künftigen Wiederauffüllungsgebühren hierdurch ermäßigen, noch sei die Verrechnung zulässig oder mit dem Verbot des Ausweises nicht realisierter Gewinne vereinbar.11 Alle drei Urteile können letztlich gegen die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten angeführt werden.12 Gestützt ist die Rechtsprechung jeweils auf die unsichere Ertragsaussicht und die damit drohende Verletzung des Realisationsprinzips. Darüber hinaus verlangt der BFH zumindest im Hopfen-Urteil explizit eine getrennte Betrachtung der verschiedenen Vertragsverhältnisse13 und folgt damit einer strikten Auslegung des Einzelbewertungsprinzips. Für den Kiesgruben-Fall gilt Ähnliches, wenn der BFH formuliert: „Sieht man von der Unzulässigkeit der Verrechnung ab, so ist die Möglichkeit allein, […] Einnahmen zu erzielen […], nicht bilanzierungsfähig“.14

II.

Wirtschaftliche Betrachtung einzelner Geschäfte

Für die Zulässigkeit der bzw. die Verpflichtung zur Bildung von Bewertungseinheiten könnten hingegen einige jüngere Urteile sprechen, bei denen der BFH vermehrt auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellt und die Saldierung mehrerer Wertfaktoren fordert. Eine gewisse Aufweichung der strikten Einzelbewertung enthält dabei zunächst das Urteil des BFH vom 19.07.1983,15 nach dem unter gewissen Umständen nicht ausgeschlossen sei „mehrere Geschäfte wirtschaftlich als Einheit zu betrachten“.16 Eine Abgrenzung, was insofern als wirtschaftlich einheitliches Geschäft zu verstehen ist, blieb das Gericht allerdings schuldig. Ihre Fortsetzung findet diese Rechtsprechung in den vielfach kritisierten Urteilen zur Rückstellungsbildung für Be-

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BFH vom 29.07.1965 – IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648, 649. BFH vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85 ff. BFH vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85, 87. So auch Diehl, BB 1977, 290, 292 bzgl. des Hopfen-Urteils und des Kiesgruben-Falls. Vgl. BFH vom 29.07.1965 – IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648, 649. BFH vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85, 87. VIII R 160/79, BStBl. II 1984, 56 ff. BFH vom 19.07.1983 - VIII R 160/79, BStBl. II 1984, 56, 59.

Wirtschaftliche Betrachtung einzelner Geschäfte

rufsausbildungskosten vom 25.01.198417 und vom 03.02.199318. Der I. Senat lehnte hier die Bildung einer Drohverlustrückstellung für zu erwartende Kosten aufgrund eines Berufsausbildungsvertrages ab, weil diesen der Vorteil für das Unternehmen entgegen stünde, aus einem Bestand „im eigenen Haus“ ausgebildeter Fachkräfte auswählen zu können. Diese Chance habe einen wirtschaftlichen Wert, der zu einer Ausgeglichenheitsvermutung führe.19 Gleiches gelte selbst dann, wenn mehr Personen ausgebildet würden als zur Sicherung des eigenen Bedarfs erforderlich seien („Überbestand“). Für das Unternehmen ergäben sich insofern die besonderen Vorteile „von den selbst ausgebildeten Fachkräften die am besten qualifizierten auswählen zu können“ und der „Ansehenssicherung oder –erhöhung“, welche nach Auffassung des BFH ebenfalls einen drohenden Verlust ausschließen.20 Eine derartige Saldierung sieht der BFH gleichfalls bei bestehenden Rückgriffsansprüchen gegen Dritte (z.B. gegen Subunternehmer) vor.21 Solche Ansprüche seien bei der Bemessung von Verbindlichkeitsrückstellungen dann zu berücksichtigen, wenn sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme stehen, in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgen und vollwertig sind, weil sie vom Rückgriffsschuldner nicht bestritten werden und dessen Bonität nicht zweifelhaft ist. Weder der Einzelbewertungsgrundsatz noch das Saldierungsverbot seien insofern verletzt.22 Um die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Rahmen von Sicherungsbeziehungen zu belegen, wird vereinzelt auch auf den Beschluss des großen Senats zum „Apothekerfall“23 verwiesen.24 Strittig war zwischen den Parteien, ob ein Standortvorteil, der sich für den Betrieb einer Apotheke aus der Vermietung von Praxisräumen an einen Arzt in benachbarter Lage ergibt, in den Saldierungsbereich einer Drohverlustrückstellung für dieses Miet17 I R 7/80, BStBl. II 1984, 344 ff. Zur Kritik vgl. Herzig, StBJb 1985/86, 61, 92 ff; ders./Esser, DB 1985, 1301, 1303; Lempenau, FR 1984, 461, 462 f.; Nehm, DB 1984, 2477, 2481; E. Schmidt, BB 1984, 1482, 1482 f. 18 I R 37/91, BStBl. II 1993, 441 ff. Zur Kritik vgl. Felix, BB 1993, 892; Küting/Kessler, DStR 1993, 1045, 1046 ff. 19 BFH vom 25.01.1984 – I R 7/80, BStBl. II 1984, 344, 346. 20 BFH vom 03.02.1993 – I R 37/91, BStBl. II 1993, 441, 445. 21 BFH vom 17.02.1993 – X R 60/89, BStBl. II 1993, 437 ff.; vom 03.08.1993 – VIII R 37/92, DStR 1994, 746 ff.; vom 08.02.1995 – I R 72/94, BStBl. II 1995, 412 ff.; vom 08.11.2000 – I R 10/98, BStBl. II 2001, 349 ff. 22 BFH vom 17.02.1993 – X R 60/89, BStBl. II 1993, 437, 440. Dies soll nach Ansicht des I. Senats jedoch nur gelten, solange es sich um künftig entstehende und damit noch nicht aktivierbare Rückgriffsansprüche handelt. Sind die Rückgriffsansprüche bereits entstanden, so scheitere eine Saldierung am Verbot des § 246 Abs. 2 HGB, vgl. BFH vom 25.02.2004 - I R 54/02, BStBl. II 2004, 654, 655. 23 BFH vom 23.06.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735 ff. 24 vgl. hierzu Herzig/Rieck, DB 1997, 1881, 1885.

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Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

verhältnis einzubeziehen ist. Der Apotheker hatte die von ihm selbst für monatlich 2.000 DM angemieteten Praxisräume unter der Auflage, dort eine Arztpraxis zu betreiben, für monatlich 1.000 DM an einen Arzt untervermietet. Wegen der Mietdifferenz begehrte er für die Laufzeit des Vertrages die Bildung einer Drohverlustrückstellung. Hinsichtlich der ihm vorgelegten Rechtsfrage verneinte der große Senat die Möglichkeit der Rückstellungsbildung.25 Bei der Verpflichtung des Arztes zum Betrieb der Praxis in den gemieteten Räumen handele es sich um einen Bestandteil der Gegenleistung, der durch die Aussicht auf höhere Umsätze und Gewinne aus einem erweiterten Kundenkreis zu einem bestimmten wirtschaftlichen Erfolg führe.26 Ein solcher sei in den Kompensationsbereich der Verlustrückstellung selbst dann einzubeziehen, wenn er nicht zu einem aktivierbaren Wirtschaftsgut führt. So umfasse die Beurteilung eines drohenden Verlustes nämlich nicht nur die verknüpften Hauptleistungspflichten, sondern „auch alle Nebenleistungen und sonstigen wirtschaftlichen Vorteile, die nach dem Inhalt des Vertrages oder nach den Vorstellungen beider Vertragspartner eine Gegenleistung für die vereinbarte Sachleistung darstellen“.27 Zwar nimmt der BFH in den vorgenannten Fällen eine ausdrückliche Verpflichtung zur Saldierung an. Ob sich daraus auch Schlüsse auf die Zulässigkeit oder gar Verpflichtung zur kompensatorischen Bewertung ziehen lassen, erscheint allerdings mehr als fraglich. Da ein Drohverlust immer nur der Überschuss eines Aufwandes über einen Ertrag sein kann, ist die Saldierung bei der Bildung von Drohverlustrückstellungen bereits systemimmanent.28 Die Rechtsprechung betrifft in den o.g. Fällen damit nur die Frage, wie weit der Kreis der saldierungsfähigen Vorteile zu ziehen ist. Unabhängig davon, ob man die gefundenen Urteile als zu weitgehend erachtet oder nicht,29 beziehen sie sich immer nur auf Vorteile, die kausal auf dem schwebenden Geschäft beruhen: Der Apotheker hat beispielsweise nur deshalb die Aussicht auf erhöhte Umsätze, weil er den Mietvertrag geschlossen hat. Solche Vorteile stehen in einem ursächlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem fraglichen Rechtsverhältnis und der daraus vertraglich geschuldeten Leistung30 und sind teilweise 25 BFH vom 23.07.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 735, 738. In seinem Vorlagebeschluss vom 26.05.1993 (X R 72/90, BStBl. II 1993, 855 ff.) vertrat der X. Senat des BFH die Auffassung, dass ein solcher Vorteil nicht geeignet sei, den sicher drohenden Verlust des Klägers aus der Untervermietung zu kompensieren. Die Saldierung verstoße sowohl gegen den Grundsatz der Einzelbewertung als auch gegen das Vorsichtsprinzip, da der Apotheker sich ohne irgendeine Rückversicherung „lediglich die Chance einer künftigen Umsatzsteigerung“ verschaffe. 26 BFH vom 23.07.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 735, 738 f. 27 BFH vom 23.07.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 735, 738 f. 28 Vgl. ADS, § 249, Rn. 144. 29 Statt vieler Dietrich, S. 23 zu den Stellungnahmen in der Literatur. 30 BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 251.

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Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte

vom Unternehmer auch in dieser Form angestrebt. Anders verhält es sich jedoch im Rahmen von Sicherungsbeziehungen, bei denen die verlustausgleichende Wirkung in der Regel völlig unterschiedlichen Vertragsverhältnissen entstammt.31 Zwar mag der Unternehmer das Sicherungsgeschäft im Falle von Mikro- und Makro-Hedges gleichfalls nur deshalb schließen, weil er beim Grundgeschäft eine Risikoreduktion anstrebt. Weder Grund- noch Sicherungsgeschäft sind jedoch Voraussetzung für das jeweilige andere Geschäft. Anders als im Apothekerfall können sie daher nicht als Teil der Gegenleistung betrachtet werden und so zur Ausgewogenheit des Verlustgeschäfts beitragen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um den Sicherungsverbund im Rahmen eines Portfolio- bzw. Global-Hedges handelt, bei denen keine gezielte Absicherung betrieben wird, sondern der Unternehmer sich vielmehr der ohnehin anfallenden Kompensationseffekte bedient. Insofern bestehen bereits strukturelle Unterschiede in der Fragestellung, die eine Vergleichbarkeit zu der hier fraglichen Konstellation ausschließen. Die genannten Urteile dienen damit – entgegen einzelner Stimmen in der Literatur32 – nicht als Beleg für die Zulässigkeit der kompensatorischen Bewertung.

III. Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte Daneben bestehen jedoch auch einzelne Entscheidungen, die sich konkret mit der Saldierung mehrerer unabhängiger Geschäfte befassen. So hatte der BFH im Urteil vom 24.01.199033 über die Bewertung von Forderungen eines Kreditinstituts zu entscheiden, bei denen der marktübliche Zins mittlerweile über den vereinbarten Zins gestiegen war. Das Gericht verweigerte dem Kläger die begehrte Abzinsung unter Hinweis auf die bestehende laufzeitkongruente Refinanzierung. Während der Marktzins zwar insgesamt gestiegen war, sei die Spanne zwischen dem Refinanzierungszins und dem vereinbarten Forderungszins unverändert geblieben. Im Bereich der Kreditwirtschaft sei – anders als in Produktions- und Handelsunternehmen – aber gerade die Zinsmarge der entscheidende Faktor für den (Ertrags-) Wert der Forderung.34 Insoweit hätten sich in der Kreditwirtschaft „besondere Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung herausgebildet“, die eine Abzinsung der refinanzierten Forderung allenfalls dann zuließen, wenn ein Einzelverkauf der Forderung beabsichtigt sei und die Forderung somit „aus dem Unternehmens- und Refinanzierungsverbund herausgelöst werden soll“.35 Ob dies eine Abweichung vom Grundsatz

31 Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 149. 32 Herzig/Rieck, DB 1997, 1881, 1885 33 I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639 ff. Bestätigt durch Urteil vom 19.05.1998 – I R 54/97, BStBl. II 1999, 277, 278. 34 BFH vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 641. 35 BFH vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 642.

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Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte

vom Unternehmer auch in dieser Form angestrebt. Anders verhält es sich jedoch im Rahmen von Sicherungsbeziehungen, bei denen die verlustausgleichende Wirkung in der Regel völlig unterschiedlichen Vertragsverhältnissen entstammt.31 Zwar mag der Unternehmer das Sicherungsgeschäft im Falle von Mikro- und Makro-Hedges gleichfalls nur deshalb schließen, weil er beim Grundgeschäft eine Risikoreduktion anstrebt. Weder Grund- noch Sicherungsgeschäft sind jedoch Voraussetzung für das jeweilige andere Geschäft. Anders als im Apothekerfall können sie daher nicht als Teil der Gegenleistung betrachtet werden und so zur Ausgewogenheit des Verlustgeschäfts beitragen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um den Sicherungsverbund im Rahmen eines Portfolio- bzw. Global-Hedges handelt, bei denen keine gezielte Absicherung betrieben wird, sondern der Unternehmer sich vielmehr der ohnehin anfallenden Kompensationseffekte bedient. Insofern bestehen bereits strukturelle Unterschiede in der Fragestellung, die eine Vergleichbarkeit zu der hier fraglichen Konstellation ausschließen. Die genannten Urteile dienen damit – entgegen einzelner Stimmen in der Literatur32 – nicht als Beleg für die Zulässigkeit der kompensatorischen Bewertung.

III. Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte Daneben bestehen jedoch auch einzelne Entscheidungen, die sich konkret mit der Saldierung mehrerer unabhängiger Geschäfte befassen. So hatte der BFH im Urteil vom 24.01.199033 über die Bewertung von Forderungen eines Kreditinstituts zu entscheiden, bei denen der marktübliche Zins mittlerweile über den vereinbarten Zins gestiegen war. Das Gericht verweigerte dem Kläger die begehrte Abzinsung unter Hinweis auf die bestehende laufzeitkongruente Refinanzierung. Während der Marktzins zwar insgesamt gestiegen war, sei die Spanne zwischen dem Refinanzierungszins und dem vereinbarten Forderungszins unverändert geblieben. Im Bereich der Kreditwirtschaft sei – anders als in Produktions- und Handelsunternehmen – aber gerade die Zinsmarge der entscheidende Faktor für den (Ertrags-) Wert der Forderung.34 Insoweit hätten sich in der Kreditwirtschaft „besondere Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung herausgebildet“, die eine Abzinsung der refinanzierten Forderung allenfalls dann zuließen, wenn ein Einzelverkauf der Forderung beabsichtigt sei und die Forderung somit „aus dem Unternehmens- und Refinanzierungsverbund herausgelöst werden soll“.35 Ob dies eine Abweichung vom Grundsatz

31 Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 149. 32 Herzig/Rieck, DB 1997, 1881, 1885 33 I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639 ff. Bestätigt durch Urteil vom 19.05.1998 – I R 54/97, BStBl. II 1999, 277, 278. 34 BFH vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 641. 35 BFH vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 642.

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Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

der Einzelbewertung bedeutet, ließ der BFH offen, da es sich zumindest um einen „begründeten Ausnahmefall“ nach § 252 Abs. 2 HGB handele.36 Ähnlich urteilten auch das Hessische Finanzgericht37 und das Finanzgericht Köln38 in zwei bewertungsrechtlichen Fällen. Zu klären war jeweils die Frage, ob drohende Verluste aus Devisentermingeschäften als Betriebsschuld in der Vermögensaufstellung anzusetzen waren, obwohl das Kursrisiko des einzelnen Geschäfts durch den Abschluss betrags- und währungsgleicher Gegengeschäfte (sog. Deckungsgeschäfte) abgesichert gewesen ist. Beide Gerichte verneinten die Zulässigkeit einer Drohverlustrückstellung, weil effektiv keine Kursverluste eintreten könnten.39 Auch läge kein Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung vor, da § 2 Abs. 1 S. 3 und 4 BewG für das Bewertungsrecht eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorsähe.40 Verträge, die in ihrer Entwicklung und Zielrichtung in einer derartigen Abhängigkeit zueinander stünden, müssen nach Ansicht des FG Köln als „einheitliches Geschäft“, d.h. als „zusammengehörendes WG“ angesehen werden.41 Anders entschied der BFH hingegen im Leasing-Urteil vom 15.10.1997, in dem er eine kompensatorische Betrachtung ablehnte.42 Ein Kraftfahrzeughändler hatte sich verpflichtet, die an eine Leasinggesellschaft verkauften Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit unabhängig von dem am Rücknahmetag geltenden Marktpreis zu einem festen Preis zurückzukaufen. Hieraus machte er überwiegend Gewinne, jedoch auch vereinzelte Verluste, für die er die Bildung einer Drohverlustrückstellung begehrte. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht verneinten die Rückstellungsmöglichkeit, weil in der Gesamtheit der Leasinggeschäfte kein Verlust zu erwarten sei. Der BFH stellte zunächst fest, dass es sich bei den Leasinggeschäften um mehrere selbständige Geschäfte handelte und führte nachfolgend aus, dass auch in solchen Fällen teilweise eine Kompensation bejaht werde.43 Da jedoch selbst nach dieser Auffassung Voraussetzung sei, „dass ein Vertrag oder ein Vorgang den anderen bedingt“, brauche der Senat hierüber für den Streitfall nicht entscheiden. Denn auch die Befürworter wollten lediglich bei Vorliegen eines konkreten Zusammenhangs und der Gewährleistung eines „übereinstimmenden Sicherheitsgrades“ von einer imparitätischen Bewertung absehen.44 Eine derartige Bedingtheit ließe sich jedoch für die streitgegenständlichen Leasinggeschäften nicht 36 37 38 39 40 41 42 43 44

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BFH vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 643. Vom 24.11.1982 – IV 359/79, EFG 1983, 337 f. Vom 14.11.1990 – 6 K 524/80, EFG 1991, 452 f. Hessisches FG vom 24.11.1982 – IV 359/79, EFG 1983, 337, 337; FG Köln vom 14.11.1990 – 6 K 524/80, EFG 1991, 452, 453. Hessisches FG vom 24.11.1982 – IV 359/79, EFG 1983, 337, 338. vom 14.11.1990 – 6 K 524/80, EFG 1991, 452, 453. I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 250. BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 251 m.w.N. BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 251 f.

Wirtschaftliche Betrachtung mehrerer Geschäfte

feststellen, woran auch der Umstand nichts ändere, dass die Rechtsverhältnisse ihrem Typus nach gleichartig seien.45 Zur Klärung der Frage, ob eine kompensatorische Bewertung im Jahresabschluss zulässig ist, sind die Urteile des Hessischen FG und des FG Köln wenig aussagekräftig. Beide beschäftigen sich mit dem bewertungsrechtlichen Sondertatbestand des § 2 Abs. 1 BewG, der in S. 4 ausdrücklich die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung mehrerer Wirtschaftsgüter vorsieht. Da es im Bilanzrecht jedoch an einer solchen Norm fehlt und grundsätzlich vom einzelnen Vermögensgegenstand und der einzelnen Schuld (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) bzw. im Steuerrecht vom einzelnen Wirtschaftsgut (§ 6 Abs. 1 EStG) auszugehen ist, mangelt es den Urteilen in der vorliegenden Frage an Relevanz. Weit aussagekräftiger ist hingegen die Rechtsprechung zum Refinanzierungskredit. Das Urteil vom 24.01.1990 ist weder von bewertungsrechtlichen Besonderheiten geprägt, noch bezieht es sich – wie der Apothekerfall – auf ein einziges Geschäft. Zwar sind auch Kredit und Refinanzierung von einer einheitlichen Motivation getragen; sie bedingen sich jedoch nicht gegenseitig. Die Refinanzierung von Krediten ist der Bildung von Sicherungszusammenhängen damit durchaus vergleichbar.46 Wie bei den Sicherungsgeschäften handelt es sich um unabhängige Geschäfte, deren rein wirtschaftliche Verflechtung – zumindest bei einer kongruenten Deckung – zum Ausschluss der Wertänderungsrisiken führt. Durch ihre parallele Preisentwicklung wirkt die feste Refinanzierung wirtschaftlich wie ein Zinshedge, indem ein Verlust aus dem Kreditgeschäft durch den entsprechenden Gewinn aus dem Refinanzierungsgeschäft ausgeglichen wird47 und umgekehrt. Anders als im Hopfen-Fall hat der BFH vorliegend eine Gesamtbetrachtung anerkannt. Dies erstaunt, ist doch zwischen einem refinanzierten Kredit und bereits verkauften Waren kein systematischer Unterschied ersichtlich, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. In beiden Fällen besteht eine gesicherte48 und kongruente Wechselwirkung unabhängiger Faktoren, womit Schumacher zu Recht darauf hinweist, dass der BFH insofern stillschweigend von seiner Rechtsprechung im HopfenFall abgewichen ist.49 Ob dies im Leasing-Urteil bestätigt werden sollte, bleibt indessen offen, weil der erkennende Senat seiner Ansicht nach die Frage für den Streitfall nicht zu entscheiden brauchte.50 45 BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 252. 46 So auch Schumacher, DB 1995, 1473, 1477. 47 Steigt der Zins, so ergibt sich aus dem „zu günstig“ gewährten Kredit ein wirtschaftlicher Verlust. Aus dem „zu günstig“ erhaltenen Refinanzierungskredit erwächst dem Unternehmen jedoch ein korrespondierender Gewinn, der im Ergebnis zur Erfolgsneutralität führt. 48 Insofern unterscheiden sich die Urteile vom o.g. Kiesgruben-Fall, in dem der Zufluss der Kippgebühren noch von dem zukünftigen Verhalten Dritter abhängt. 49 Schumacher, DB 1995, 1473, 1477. 50 BFH vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 251.

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Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

Auch wenn der BFH im Leasing-Fall offen ließ, ob er geschäftsübergreifende Bewertungseinheiten unter gewissen Umständen als zulässig erachtet, lässt sich anhand des Urteils doch wenigstens eine Negativabgrenzung vornehmen. Der BFH verneint die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten zumindest dann, wenn selbst die von den Befürwortern aufgestellten Voraussetzungen eines „konkreten Zusammenhangs“ zwischen den Geschäften und der Gewährleistung eines „übereinstimmenden Sicherheitsgrades“ nicht gegeben sind.51 Zumindest in den Fällen der Portfolio- und Global-Hedges dürfte die kompensatorische Bewertung folglich unzulässig sein. Während bei den ersten kein gezielter Zusammenhang besteht, weil nur die mehr oder weniger „zufällig“ auftretenden kompensatorischen Effekte berücksichtigt werden, fehlt es beim letzten aufgrund der Heterogenität der Geschäfte an einem übereinstimmenden Sicherheitsgrad.52 Wie das Urteil des BFH in Bezug auf die übrigen HedgingFormen ausfallen würde, kann der Rechtsprechung hingegen nicht entnommen werden. Häuselmann geht insofern zu Recht davon aus, dass dem LeasingUrteil „keine Absage an das Makro-Hedging entnommen werden“ könne.53 Weitere Einschränkungen ergeben sich – trotz der Bejahung einer Gesamtbetrachtung – auch aus dem Refinanzierungsurteil des I. Senats. So wird die Kompensationsmöglichkeit zunächst ausdrücklich auf den Bereich der Kreditwirtschaft beschränkt. Ferner hat der BFH zur Voraussetzung gemacht, dass es sich um kongruente Geschäfte handeln muss und nicht beabsichtigt sein darf, die „gesicherte“ Forderung aus dem Verbund herauszulösen. Zumindest Mikro-Hedges dürften damit vom BFH anerkannt worden sein, während Global-Hedges mangels Kongruenz als unzulässig erscheinen. Ist darüber hinaus die „fehlende Absicht des Herauslösens“54 mit einer „Durchhalteabsicht“ gleichzusetzen, so wäre dies als Absage an die Konstellation des PortfolioHedges zu interpretieren.55

51 Der I. Senat bezieht sich dabei auf die von Kupsch, StbJb 1994/95, 131, 136 und H/H/RStobbe, § 6, Rn. 90 aufgestellten Voraussetzungen. 52 Auch die vom BFH zitierten Literaturstimmen verneinen insoweit – teilweise mit Ausnahme für den Bankensektor – die Zulässigkeit von Portfolio- und Global-Hedges (welche von manchen Autoren auch als Makro-Hedges bezeichnet werden), vgl. z.B. Finne, BB 1991, 1295, 1299; Groh, DB 1986, 869, 875 und 877; Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 480. 53 Häuselmann, S. 59, der bei seiner Begriffsdefinition allerdings nicht ganz deutlich macht, ob er unter Makro-Hedges ebenfalls nur die Zusammenfassung homogener Geschäfte versteht (S. 54 f.). Wäre dies nicht der Fall, so müsste die Aussage bezweifelt werden. 54 BFH vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 642. 55 Vgl. dazu auch unter 4. Teil VI. 1. i), S. 118 f.

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Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002

IV. Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002 Noch deutlicher wird der BFH in seinem Gerichtsbescheid vom 19.03.2002,56 auch wenn dieser keine Rechtskraft erlangte, weil die Finanzverwaltung im Wege der Abhilfe dem Begehren des Steuerpflichtigen entsprach und sich die Sache somit erledigte.57 Dem Verfahren lag die Veranlagung eines Kreditinstituts aus dem Jahre 1981 zu Grunde, das seine Fremdwährungsgeschäfte teilweise direkt, teilweise auch global entsprechend den einzelnen Währungen gegen Wechselkursänderungen absicherte.58 In der Handelsbilanz hatte die Klägerin die zum Teil in ihren Laufzeiten divergierenden und gegen verschiedene Personen gerichteten Fremdwährungsgeschäfte entsprechend der IDWStellungnahme BFA 1/75 zu Bewertungseinheiten zusammengefasst, soweit sie innerhalb desselben Geschäftsjahres fällig und im Betrag je Währung ausgeglichen waren. Die Bewertung der Verbindlichkeiten und Forderungen erfolgte mit dem Mittelkurs am Bilanzstichtag; eingetretene Bewertungsverluste wurden insoweit mit unrealisierten Bewertungsgewinnen verrechnet. In die Steuerbilanz hatte sie die Werte hingegen nur insoweit übernommen, als echte Mikro-Hedges vorlagen (die nicht Teil des Streitgegenstandes waren). Im Übrigen wurden gewinnmindernde Wertkorrekturen im Rahmen der Einzelbewertung vorgenommen. Das beklagte Finanzamt setzte demgegenüber auch die im Rahmen von Makro-Hedges zusammengefassten Forderungen und Verbindlichkeiten mit den Werten der Handelsbilanz an. Das erstinstanzlich zuständige FG Schleswig-Holstein59 hatte die Klage abgewiesen und die in der Steuerbilanz zusätzlich vorgenommenen Gewinnminderungen nicht berücksichtigt. In der Urteilsbegründung unterschied es dabei zwischen „geschlossenen Positionen“, bei denen Wechselkursrisiken durch das Eingehen von Kurssicherungsgeschäften ausgeschlossen sind, und „offenen Positionen“, denen eine derartige Sicherung fehlt. Erstere liegen nach Ansicht des FG Schleswig-Holstein vor, wenn „Währungsidentität, Betragsidentität und eine annähernde Kongruenz bei den Fälligkeiten bestehen“.60 Auf eine exakte Fristenkongruenz wird insoweit verzichtet. Während „offene Positionen“ strikt einzeln und imparitätisch zu bewerten seien,61 müsse bei „geschlossenen Positionen“ die kompensatorische Gewinnwirkung der Sicherungsgeschäfte berücksichtigt werden, um „sinnwidrige Ergebnisse“ zu vermeiden. Das Prin56 I R 87/00 (nrkr.). Der Gerichtsbescheid wurden vom Berichterstatter des I. Senats nahezu wortgleich als Aufsatz veröffentlicht, vgl. Christiansen, DStR 2003, 264 ff. 57 Vgl. Häuselmann, S. 59 f. Gem. § 90a Abs. 3 FGO gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen. 58 Vgl. zum Sachverhalt FG Schleswig-Holstein vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057 ff., vollständige Wiedergabe bei Juris. 59 Vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057 ff. 60 FG Schleswig-Holstein vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057, 1058. 61 FG Schleswig-Holstein vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057, 1057.

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Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

zip der Einzelbewertung sei insofern in der Weise auszulegen, dass „hinsichtlich des Währungsrisikos Geschäft und Gegengeschäft eine Bewertungseinheit darstellen“ und nur die übersteigenden Beträge ggf. nach den GoB zu bewerten seien.62 Auch bestehe weder ein handelsrechtliches noch ein steuerrechtliches Wahlrecht, da es nicht dem Bilanzierenden überlassen bleiben dürfe, eine richtige oder falsche Darstellung der Bilanz vorzunehmen.63 Das FG Schleswig-Holstein ging mithin davon aus, dass auch für die hier streitigen global gesicherten Geschäfte (Makro-Hedges) eine kompensatorische Bewertung vorzunehmen sei. Im Revisionsverfahren differenzierte der BFH zwischen einzeln und global gesicherten Geschäften und lehnte für letztere die Bildung von Bewertungseinheiten ab.64 Die steuerliche Gewinnermittlung beruhe nach dem Maßgeblichkeitsgedanken des § 5 Abs. 1 EStG auf den handelsrechtlichen GoB, die grundsätzlich eine imparitätische Behandlung im Rahmen der Einzelbewertung vorsähen. Als Maßgabe für eine Auslegung und Anwendung der GoB sei jedoch gleichfalls das Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB zu beachten, nachdem die isolierte Berücksichtigung einzelner GoB nicht dazu führen dürfe, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens erkennbar unzutreffend dargestellt wird. Dies sei jedoch der Fall „wenn im Zuge der Einzelbewertung einzelner Positionen negative Wertveränderungen berücksichtigt werden, die systematisch im Sinne einer gegenläufigen Korrelation mit positiven Wertänderungen bei anderen Bilanzpositionen verbunden sind, es sich also um identische wertbildende Faktoren handelt, die sich gegenläufig neutralisieren, es sich also um sog. „Wenn-dann“-Relationen handelt“.65 Das Imparitätsprinzip könne schließlich „lediglich die Berücksichtigung nichtrealisierter Verluste fordern, die vorsehbar sind, nicht hingegen die Antizipation von Vermögensminderungen, die sich sachlogisch nicht realisieren können“.66 Unter der Voraussetzung, dass sich Forderungen und Verbindlichkeiten in identischen Werteinheiten, betragsgleich und mit identischen Fälligkeitsterminen (taggleich) gegenüber stehen – was ausschließlich bei Mikro-Hedges der Fall sein dürfte –, ist nach Auffassung des BFH daher von einem Ausnahmefall i.S.d. § 252 Abs. 2 HGB auszugehen und die Positionen im Rahmen sog. Bewertungseinheiten zusammenzufassen.67 Dies führe zwar nicht zu einem 62 FG Schleswig-Holstein vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057, 1058. 63 FG Schleswig-Holstein vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057, 1058. 64 Vgl. Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264 ff. 65 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265. 66 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 67 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266 f.

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Zwischenergebnis

neuen Wirtschaftsgut, aber zu einer gedanklichen Kompensation des Währungsrisikos, während für andere wertbildende Faktoren der Grundsatz der Einzelbewertung unverändert fortgelte.68 Als unzulässig erachtet das Gericht hingegen die Bildung von Bewertungseinheiten im Falle sog. Makro-Hedges. Unabhängig davon, inwieweit im Rahmen der globalen Absicherung eine betragsmäßige Kongruenz überhaupt darstellbar ist, fehle es im Streitfall jedenfalls an der für die kompensatorische Bewertung notwendigen Identität der Fälligkeitspunkte (Restlaufzeiten).69 Während die Kongruenz der Gesamtlaufzeit entbehrlich sei, trete die geforderte Betrags- und Vermögensneutralität nur ein, wenn sich Gewinne und Verluste zum selben Zeitpunkt, d.h. tagesgenau, realisierten.70 Ist eine der Positionen hingegen auch nur unwesentlich später fällig, so fehle diese Deckung mit der Folge von Kursrisiken.71 Eine solche zeitliche Differenz lässt sich nach Ansicht des I. Senats auch nicht dadurch überbrücken, dass die Möglichkeit besteht, entsprechende Deckungsgeschäfte zu schließen. Zwar sei eine Überbrückung grundsätzlich möglich; das Prinzip der Stichtagsbewertung erfordere jedoch, dass die Sicherungsmaßnahmen zum jeweiligen Bilanzstichtag bereits getroffen sind und Bestand haben.72 Eine kompensatorische Bewertung der global abgesicherten Positionen entspringe auch nicht zwingenden GoB und scheide demnach vorliegend aus.

V.

Zwischenergebnis

Während ein Großteil der Rechtsprechung auf die hier aufgeworfene Frage nicht übertragbar ist, lassen sich mit den an einer formalen Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes orientierten Urteilen73 Entscheidungen aufzeigen, die – auch im Falle von Mikro-Hedges – gegen eine kompensatorische Bewertung sprechen. Demgegenüber ergibt sich aus dem Refinanzierungsurteil und dem Gerichtsbescheid vom 19.03.200274 der Schluss, dass derartige Bewertungseinheiten durchaus zulässig sein können. Die Rechtsprechung des BFH lässt insofern eine einheitliche Linie vermissen. Ohne eine Änderung der Rechtsprechung aufgezeigt zu haben, scheint der BFH hier stillschweigend 68 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 69 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266 f. 70 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 71 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 72 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 267. 73 BFH vom 29.07.1965 – IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648 ff. und vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85 ff. 74 Entsprechendes gilt für das erstinstanzliche Urteil des FG Schleswig-Holstein.

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Zwischenergebnis

neuen Wirtschaftsgut, aber zu einer gedanklichen Kompensation des Währungsrisikos, während für andere wertbildende Faktoren der Grundsatz der Einzelbewertung unverändert fortgelte.68 Als unzulässig erachtet das Gericht hingegen die Bildung von Bewertungseinheiten im Falle sog. Makro-Hedges. Unabhängig davon, inwieweit im Rahmen der globalen Absicherung eine betragsmäßige Kongruenz überhaupt darstellbar ist, fehle es im Streitfall jedenfalls an der für die kompensatorische Bewertung notwendigen Identität der Fälligkeitspunkte (Restlaufzeiten).69 Während die Kongruenz der Gesamtlaufzeit entbehrlich sei, trete die geforderte Betrags- und Vermögensneutralität nur ein, wenn sich Gewinne und Verluste zum selben Zeitpunkt, d.h. tagesgenau, realisierten.70 Ist eine der Positionen hingegen auch nur unwesentlich später fällig, so fehle diese Deckung mit der Folge von Kursrisiken.71 Eine solche zeitliche Differenz lässt sich nach Ansicht des I. Senats auch nicht dadurch überbrücken, dass die Möglichkeit besteht, entsprechende Deckungsgeschäfte zu schließen. Zwar sei eine Überbrückung grundsätzlich möglich; das Prinzip der Stichtagsbewertung erfordere jedoch, dass die Sicherungsmaßnahmen zum jeweiligen Bilanzstichtag bereits getroffen sind und Bestand haben.72 Eine kompensatorische Bewertung der global abgesicherten Positionen entspringe auch nicht zwingenden GoB und scheide demnach vorliegend aus.

V.

Zwischenergebnis

Während ein Großteil der Rechtsprechung auf die hier aufgeworfene Frage nicht übertragbar ist, lassen sich mit den an einer formalen Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes orientierten Urteilen73 Entscheidungen aufzeigen, die – auch im Falle von Mikro-Hedges – gegen eine kompensatorische Bewertung sprechen. Demgegenüber ergibt sich aus dem Refinanzierungsurteil und dem Gerichtsbescheid vom 19.03.200274 der Schluss, dass derartige Bewertungseinheiten durchaus zulässig sein können. Die Rechtsprechung des BFH lässt insofern eine einheitliche Linie vermissen. Ohne eine Änderung der Rechtsprechung aufgezeigt zu haben, scheint der BFH hier stillschweigend 68 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 69 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266 f. 70 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 71 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266. 72 BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 267. 73 BFH vom 29.07.1965 – IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648 ff. und vom 16.09.1970 – I R 184/67, BStBl. II 1971, 85 ff. 74 Entsprechendes gilt für das erstinstanzliche Urteil des FG Schleswig-Holstein.

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Rechtsprechung zu den Bewertungseinheiten

von seiner Linie im Hopfen-Fall abgewichen zu sein und nunmehr der Bildung von Bewertungseinheiten bei Mikro-Hedges zuzustimmen. Anders verhält es sich zur Frage der bilanziellen Berücksichtigung von Makro-Hedges. Während solche vom FG Schleswig-Holstein anerkannt wurden, hat der o.g. Gerichtsbescheid verdeutlicht, dass eine kompensatorische Bewertung solcher globaler Sicherungen zumindest an den unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten scheitert. Entsprechendes gilt erst recht für Portfolio- und Global-Hedges, deren bilanzieller Gesamtbetrachtung der BFH sowohl im Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 als auch in seiner sonstigen Rechtsprechung eine Absage erteilte.

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4. Teil: Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG Die kompensatorische Bewertung erscheint zwar geeignet, Sicherungszusammenhänge sachgerecht in der Rechnungslegung abzubilden. Eine derartige bilanzielle Behandlung müsste aber auch im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben stehen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung zu dieser Bilanzierungsfrage keine eindeutige Lösung gebracht hat, gilt es nachfolgend zu erörtern, wie sich die Bildung von Bewertungseinheiten rechtlich begründen lässt. Dies soll unter Auswertung des bilanzrechtlichen Schrifttums erfolgen, in dem die Frage der Zulässigkeit objektübergreifender Bewertungseinheiten in den letzten Jahrzehnten Gegenstand zahlreicher Stellungnahmen geworden ist. Im Spannungsverhältnis von Einzelbewertung und wirtschaftlicher Realität wurde hierbei ein breites Spektrum potenzieller Rechtsgrundlagen vorgeschlagen, welches nachfolgend unter Rückgriff auf den vollständigen – im Wesentlichen auf Savigny1 zurückgehenden2 – Kanon der Gesetzesauslegung zu untersuchen ist.3

I.

Stellungnahmen von Fachgremien

Mangelt es an eindeutigen gesetzlichen Regelungen, so orientiert sich die Praxis primär an Verlautbarungen anerkannter Fachgremien, die sich intensiv mit Fragen der Rechnungslegung auseinandersetzen. Besondere Bedeutung haben hierbei die Fachgutachten und Stellungnahmen der Fachausschüsse des Instituts der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW).4 Diese wenden sich in erster Linie an die Berufsangehörigen und legen die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer

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Savigny, Obligationenrecht Bd. 2, S. 189, dessen „klassischer“ Kanon der Gesetzesauslegung die grammatische, die logische, die historische und die systematische Auslegung umfasste. Methodologisch litt dieser Ansatz jedoch unter zwei Nachteilen. Zum einen ließen sich sprachliche und logische Überlegungen nicht hinreichend trennen, was letztlich zum Wegfall dieses Elements als separater Methode führte. Zum anderen mangelt es an einem teleologischen Element, welches im heute anerkannten Auslegungskanon Berücksichtigung findet. Vgl. zum Ganzen Bydlinski, S. 436 f. Vgl. Flume, Rechtsgeschäft, § 16 1 c), S. 294; Kramer, S. 50. Die Auslegung erfolgt dabei unter grammatikalischen, systematischen, historischen und objektiv-teleologischen Aspekten, vgl. dazu Bydlinski, S. 437; Fikentscher, III, S. 670 ff.; Hartmann/Walter, S. 179 ff.; Kramer, S. 50 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 320 ff. Mauritz, S. 24. In Konkurrenz hierzu stehen die Empfehlungen von Interessenverbänden, wie z.B. die des Ausschusses für Bilanzierung des Bundesverbandes deutscher Banken oder der Schmalenbach-Gesellschaft. Für letztere hat sich der Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ in seinem Beitrag „Bilanzierung von Finanzinstrumenten im Währungs- und Zinsbereich auf der Grundlage des HGB“ (DB 1997, 637 ff.) zur Bildung von Bewertungseinheiten geäußert.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

zu Prüfungs- oder Bilanzierungsfragen dar.5 Einschlägig in dem hier interessierenden Zusammenhang sind dabei insbesondere die nachfolgenden Verlautbarungen: Bereits in seiner Stellungnahme 1/756 hat der Bankenfachausschuss (BFA) des IDW Bewertungseinheiten im Fremdwährungsbereich von Kreditinstituten für bilanzrechtlich zulässig erklärt, „wenn sich die innerhalb des gleichen Geschäftsjahres fälligen Aktiv- und Passivposten aus der Bilanz- und Terminposition je Währung im Betrag ausgleichen“.7 Zwar scheidet eine Verrechnung zwischen verschiedenen Währungen danach aus; eine besondere Beziehung zwischen Bilanz- und Terminposten wird jedoch nicht gefordert.8 Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Währungsgeschäfte auch im Nichtbankenbereich getätigt werden, erschien 1984 der Entwurf einer Verlautbarung des Hauptfachausschusses (HFA) des IDW „Zur Währungsumrechnung im Jahresund Konzernabschluss“,9 sowie 2 Jahre später ein geänderter Entwurf,10 in welchem die Möglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten bei Währungsrisiken auf alle Arten von Unternehmen ausgeweitet wurde.11 Gleichzeitig stellt der HFA jedoch fest, dass hinsichtlich der Frage Einzelbewertung oder Bewertungseinheit „eine einheitliche Übung“ nicht festgestellt werden könne. Da sich ein GoB insofern nicht herausgebildet habe, erschienen „beide Methoden grundsätzlich als zulässig“.12 Für den Fall der Bildung von Bewertungseinheiten fordert auch der HFA keine besonderen Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen der geschlossenen Positionen; ausreichend sei vielmehr, dass der Ausgleich durch organisatorische Vorkehrungen nachhaltig gewährleistet werden könne. Dies gelte sowohl für die Kompensation einzelner Geschäfte als auch für die gesamte Position in einer Währung.13

5 Forster/Gross, in: FS Scholz, S. 49, 51 f. 6 „Bilanzierung und Prüfung der Devisengeschäfte der Kreditinstitute“, WPg 1975, 664 ff. Ersetzt wurde diese Stellungnahme knapp 20 Jahre später durch die Stellungnahme BFA 3/1995 („Währungsumrechnung bei Kreditinstituten“, WPg 1995, 735 ff.), welche der erstmalig erfolgten Normierung der Fremdwährungsumrechnung bei Kreditinstituten (§ 340h HGB) Rechnung trug. 7 BFA des IDW, WPg 1975, 664, 665. 8 So auch Benne, DB 1991, 2601, 2604. 9 HFA des IDW, WPg 1984, 585 ff. 10 HFA des IDW, WPg 1986, 664 ff. 11 Vgl. auch Benne, DB 1991, 2601, 2604. In beiden Fällen verzichtete der HFA dabei jedoch auf eine Stellungnahme, um der gegenwärtigen internationalen Diskussion nicht vorzugreifen. Vielmehr beschränkte er sich auf die Darstellung der zu diesem Zeitpunkt „herrschenden Grundsätze zur Währungsumrechnung“, vgl. HFA des IDW, WPg 1986, 664, 664. 12 HFA des IDW, WPg 1984, 585, 587. 13 HFA des IDW, WPg 1986, 664, 665.

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Stellungnahmen von Fachgremien

Darüber hinaus hat sich der BFA auch im Rahmen seiner Stellungnahmen zur Bilanzierung von Optionsgeschäften (2/198714 und 2/199515) sowie von Financial Futures und Forward Rate Agreements (2/199316) mit der Bildung von Bewertungseinheiten auseinandergesetzt. Während BFA 2/1987 noch von einem Wahlrecht ausging, formulieren die Stellungnahmen 2/1993 und 2/1995 eine Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten. Voraussetzungen sind nach Ansicht des BFA eine Dokumentation der Sicherungsabsicht und das Vorliegen sich entsprechender Risiken. BFA 2/1993 verlangt darüber hinaus, dass das zu sichernde Geschäft eindeutig bestimmbar ist (Mikro-Hedge),17 während BFA 2/1995 die Verrechnung von Bewertungsergebnissen auch ohne Nachweis einer Absicherung bestimmter Bilanzposten oder schwebender Geschäfte (Makro-Hedges) für zulässig erachtet.18 Alle Verlautbarungen des IDW gehen damit zwar von der generellen Zulässigkeit der Bildung von Bewertungseinheiten aus, verfolgen jedoch hinsichtlich der konkreten Zulässigkeit und den zu stellenden Voraussetzungen keine klare Linie. Hinzu kommt, dass die Stellungnahmen von Fachgremien trotz ihrer praktischen Bedeutung nur eine äußerst begrenzte rechtliche Relevanz haben. So muss zwar seitens der Wirtschaftsprüfer in Regressfällen damit gerechnet werden, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Gerichte sich der insoweit niedergelegten Betriebsauffassung anschließen19 – was der Beachtung der Stellungnahme letztendlich auch für die zu prüfenden Unternehmen eine praktische Bedeutung verleiht.20 Über diese faktische Wirkung hinaus entfalten sie jedoch keine Verbindlichkeit und stellen weder GoB21 noch – mangels demokratischer Legitimation – Rechtsnormen dar.22 Ferner beziehen sie sich weitestgehend nur auf den Bereich der Kreditinstitute, so dass auch insofern der Anwendungsbereich beschränkt ist.23 Die Verlautbarungen des IDW können folglich nicht als Rechtsgrundlage für die Legitimierung von Bewertungseinheiten herangezogen werden.

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BFA des IDW, WPg 1987, 682 ff. BFA des IDW, WPg 1995, 421 ff. BFA des IDW, WPg 1993, 517 ff. BFA des IDW, WPg 1993, 517, 517. BFA des IDW, WPg 1995, 421, 422. Forster/Gross, in: FS Scholz, S. 49, 52; Höffner, RIW 1996, 745, 747 (Fn. 41). Menninger, RIW 1994, 43, 48. Benne, DB 1991, 2601, 2610; Flume, DB 1973, 1661, 1663; Häuselmann, S. 12; StaubHüffer, § 238, Rn. 45; Leffson, S. 128. 22 Forster/Gross, in: FS Scholz, S. 49, 52; Mauritz, S. 24; Schulze-Osterloh, in: HdJ, Abt. I/1, Rn. 18. Vgl. dazu auch unter 6. Teil III. 3. b) bb), S. 200 ff. 23 Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 11.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

II.

Eigenständiger GoB für die Bildung von Bewertungseinheiten

Aufgrund der Kritik an einer strikten Einzelbewertung, den Empfehlungen des IDW und/oder der praktischen Übung könnte sich jedoch ein GoB herausgebildet haben, der für Sicherungszusammenhänge eine Ausnahme von der Einzelbewertung und die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vorsieht. Wie bereits erläutert, gehen manche Vertreter der Betriebswirtschaftslehre davon aus, angesichts ihrer fachlichen Kompetenz den Inhalt von GoB bestimmen zu können.24 Forster deutet – als Vorsitzender des HFA – für den IDW ein vergleichbares Selbstverständnis an, wenn er ausführt, dass die vom HFA erarbeiteten „Grundsätze“ einer „sinnentsprechenden Weiterentwicklung der GoB“ entspringen.25 Fraglich ist jedoch, ob es sich hierbei um zulässige Methoden zur Gewinnung von GoB handelt. Bei der Herleitung von GoB werden verschiedene Gewinnungsmethoden diskutiert. Wie Moxter zu Recht bemerkt, geht es dabei primär um die Frage, wer die Macht haben soll, den Inhalt der GoB zu prägen.26 Ausgangspunkt der Entwicklung des GoB-Verständnisses war die Vorstellung der „GoB als Mehrheitsübung“.27 So findet sich in der Denkschrift zum Handelsgesetzbuch 1897 der Hinweis „nach den Gepflogenheiten sorgfältiger Kaufleute ist zu beurteilen, wie die Bücher geführt werden müssen“.28 Eine derartige Orientierung an der praktischen Übung ist jedoch überaus problematisch, da in schlechten wirtschaftlichen Zeiten missbräuchliche Handelsgebaren zur Regel werden können.29 Geprägt von derartigen Erfahrungen entwickelte Schmalenbach 1933 die induktive Methode, nach der für die Ermittlung von GoB – im Wege der tatsächlichen Feststellung30 – nicht darauf abzustellen ist, „was man in der Praxis tut“, sondern vielmehr „was man in der Praxis ordentlicher und ehrenwerter Kaufleute für richtig hält“.31 Allerdings erscheint auch diese Methode 24 Hagest, WPg 1949, 450, 450 f.; Marx, BB 1947, 59, 61; Schneider, StuW 1983, 141, 147 f. und 158 ff.; ders. BB 1980, 1225, 1225 ff. Vgl. dazu bereits 2. Teil Fn. 8. 25 Forster, WPg 1973, 81, 83; vgl. hierzu auch Flume, DB 1973, 1661, 1663. 26 Moxter, ZGR 1980, 254, 256. 27 Moxter, ZGR 1980, 254, 256. 28 Denkschrift zum Entwurf eines HGB, 1896, S. 48. 29 Moxter, ZGR 1980, 254, 257 f. 30 Beispielsweise mittels Sachverständigengutachten des IDW oder Umfragen bei Kaufleuten mit Hilfe der IHK. Das Vorgehen unterscheidet sich insofern von den Regeln zur Gewinnung von Rechtssätzen, so dass die Anhänger der induktiven Methode nicht von einer Rechtssatzqualität der GoB ausgehen, vgl. hierzu Staub-Hüffer, § 238, Rn. 36 und Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 45. 31 Schmalenbach, ZfhF 27 (1933), 225, 232. So auch die ältere Rechtsprechung, z.B. BGH vom 27.02.1961 – II ZR 292/59, BGHZ 34, 324, 327 f. und BFH vom 25.02.1986 – VIII R 134/80, 788, 788 der eine Stellungnahme des DIHT erbat, um die „Auffassung und Übung der Kaufmannschaft“ zu ermitteln.

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Eigenständiger GoB für die Bildung von Bewertungseinheiten

durchaus problematisch, da die Kaufleute nur eine Gruppe und damit Partei der verschiedenen Jahresabschlussadressaten sind.32 Bei einem empirischen Vorgehen könnten sie ihre subjektiven Interessen vorrangig berücksichtigen und so die vom Gesetzgeber festgelegte Gewichtung der Jahresabschlusszwecke verschieben.33 Gleichfalls wird sich kaum klären lassen, welches die Ansichten der ordentlichen und ehrenwerten Kaufleute im Unterschied zu denen anderer Kaufleute sind.34 GoB lassen sich damit weder anhand der praktischen Übung noch rein induktiv ermitteln.35 Der von einigen Stimmen36 geäußerte Hinweis auf die bereits heute bestehende Dominanz des Makro- und PortfolioHedging bei der Risikosteuerung von Unternehmen bzw. die teilweise vertretene induktive Schöpfung branchenspezifischer GoB für Kreditinstitute37 ist mithin nicht geeignet, die Bildung von Bewertungseinheiten rechtlich zu rechtfertigen.38 Vor dem Hintergrund der dargestellten Problematik wurde die deduktive Methode entwickelt,39 nach der die GoB nicht durch statistische Erhebung, sondern durch Nachdenken ermittelt werden – „nachdenken darüber, wie eine konkrete Bilanzierungsfrage entschieden werden muß, um zu einer sachge-

32 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 20. 33 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 11. Zu den Jahresabschlusszwecken vgl. bereits 2. Teil I, S. 22. 34 Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 3. 35 ADS, § 243, Rn. 13; Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 20; Benne, DB 1991, 2601, 2610; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 45; Leffson, S. 29; Taupitz, BB 1990, 2367, 2369. 36 Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 553; Burkhardt, S. 206; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 734. Erstere formulieren, dass sich „der Druck auf ihre allgemeine, über Einzelfälle hinausgehende handelsrechtliche Anerkennung erhöhen“ werde, wenn immer mehr Unternehmen auf betriebswirtschaftlich überzeugende bilanzierungsobjektübergreifende Bewertungseinheiten zur Steuerung ihrer makroökonomischen Risiken übergehen. Erstaunlich ist allerdings, dass die Autoren darin keinen „Rückfall auf die Stufe induktiver Ermittlung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“ sehen wollen, vgl. Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 553. Ähnlich auch der Bericht des Finanzausschusses (BT-Drucks. 16/975, S. 5), in dem die Koalitionsfraktionen der SPD, CDU und CSU erklären, dass „die handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten auch weiterhin für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich bleibt“. Eine solche Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Praxis würde jedoch einem Verständnis der GoB als Mehrheitsübung gleichkommen. 37 Birck/Meyer, Teillieferung 5, V 19 ff.; Prahl, WPg 1991, 401, 403. 38 Schlösser, S. 75 weist insoweit zutreffend darauf hin, dass ein solches Vorgehen die Gefahr bergen würde, dass vorrangig die subjektiven Interessen der bilanzierenden Gruppe selbst berücksichtigt würden. 39 U.a. auch vertreten von BFH vom 31.05.1967 – I 208/63, BStBl. III 1967, 607, 609; vom 03.02.1969 – GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291, 292; Beisse, StuW 1984, 1, 7; Staub-Hüffer, § 238, Rn. 36; Leffson, S. 29; Baumbach/Hopt-Merkt, § 238, Rn. 11; Oestreicher, S. 263; Winnefeld, D 30 ff.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

rechten Bilanz zu gelangen“.40 Als Entscheidungshilfen werden dabei vor allem Gesetz und Rechtsprechung, gesicherte Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre, Fachliteratur, gutachterliche Stellungnahmen des IDW, des DIHT und der Industrie- und Handelskammern sowie die Bilanzierungspraxis hinzugezogen.41 Hierbei sind grundsätzlich zwei Ansätze für die Deduktion zu unterscheiden: Einerseits wird eine betriebswirtschaftliche Deduktion vorgenommen,42 die bei ihren Schlüssen von einem eindeutigen widerspruchsfreien und allgemein anerkannten betriebswirtschaftlichen Zwecksystem für Buchführung und Jahresabschluss ausgeht. Da ein solches System jedoch faktisch nicht besteht, fehlt es an den Voraussetzungen, um ein betriebswirtschaftlich akzeptables GoB-System zu ermitteln.43 Andere favorisieren eine handelsrechtlich deduktive Methode,44 welche versucht, aus den gesetzlichen Jahresabschlusszwecken GoB abzuleiten und zu konkretisieren. Ein derartiges Vorgehen ist auf Konsens bedacht und erfordert, dass Wissenschaft, Rechtsprechung und Bilanzierungspraxis einen gesetzentsprechenden Kompromiss über das vom Gesetzgeber intendierte Zwecksystem erzielen. Die GoB seien so zu gewinnen, dass die divergierenden Interessen der Jahresabschlussadressaten möglichst gerecht ausgeglichen werden.45 Baetge weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es sich hierbei letztlich um eine „Abwägung von Zweckelementen und eine Suche nach rechtlich billigenden Lösungen“ handelt.46 Fehlt es nämlich – wie im deutschen Handelsrecht – an einer Eindeutigkeit der gesetzlichen Buchführungs- und Jahresabschlusszwecke, so ist ein logisch zwingender Schluss von diesem Zwecksystem auf die einzelnen Elemente der GoB nicht möglich.47 Ferner gilt es zu bedenken, dass der Gesetzgeber mit der umfassenden Kodifikation von GoB im BiRiLiG48 bereits eine Wertentscheidung getroffen hat. Durch die Aufnahme der wichtigsten GoB in das HGB sind – zumindest diese – in den Rang verbindlicher Rechtsnormen erhoben worden.49 An dieser Entscheidung hat sich das Wirtschaftsleben zwingend zu orientieren, so dass man auch bei der deduktiven Schöpfung neuer GoB nicht um die Beachtung der be-

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Döllerer, BB 1959, 1217, 1220. ADS § 243, Rn. 14. So z.B. Yoshida, in: FS Leffson, S. 49, 54 und 59. ADS § 243, Rn. 14; Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 3; Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 14. Beisse, BFuP 1990, 499, 502 f.; Leffson, S. 112-152. Baetge/Kirsch/Thiele, S. 107. Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 4. Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 4; Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 22; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 107. Vgl. hierzu bereits 2. Teil I, S. 22. vgl. hierzu Baetge/Zülche, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 2; Beisse, StuW 1984, 1, 6.

§ 340h HGB

reits im Gesetz niedergelegten Regeln herumkommt.50 Zwar handelt es sich bei den GoB um ein „offenes System“, das gegenüber neuen Anforderungen und Entwicklungen des Wirtschaftslebens beweglich ist und es ermöglichen soll, die Bilanzierung an solche Erkenntnisse anzupassen.51 Gleichzeitig muss ein System von GoB jedoch widerspruchsfrei sein.52 An einer derartigen Widerspruchsfreiheit würde es aber fehlen, wenn die in § 252 HGB niedergelegten Prinzipien der Bildung von Bewertungseinheiten entgegenstehen.53 Inwieweit in Ausnahmefällen eine Abweichung zulässig ist, lässt sich damit nur anhand der Auslegung bereits normierter Regeln feststellen.54 Dieses Ergebnis gleicht in seiner Konsequenz der im Schrifttum vordringenden hermeneutischen Methode,55 nach der bei der Ermittlung der GoB alle nur denkbaren Einflusselemente auf die Rechnungslegung zu berücksichtigen sind.56 Zwar werden auch insoweit die Buchführungs- und Jahresabschlusszwecke berücksichtigt; der Schwerpunkt liegt aber hier auf der Auslegung der gesetzlichen GoB.57 Ob das so gefundene Ergebnis dann als neuer GoB oder als zweckmäßige Auslegung der bestehenden GoB zu interpretieren ist, kann für die Frage der Zulässigkeit von Bewertungseinheiten letztlich dahinstehen. Im Ergebnis kann damit weder ausschließlich auf die praktische Übung noch auf die in der betriebwirtschaftlichen Literatur und den Verlautbarungen des IDW reflektierten Ansichten der Kaufleute abgestellt werden. Ein rechtlich zulässiger Lösungsweg lässt sich vielmehr nur unter Beachtung der bestehenden Regelungen finden.

III. § 340h HGB Die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten ist für einen Teilbereich in § 340h HGB gesetzlich geregelt. Mit der auf Art. 39 der EG-Bankbilanzrichtlinie58 be-

50 In diesem Sinne sieht auch Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1626 einen Vorrang der gesetzlich geschriebenen Vorschriften vor ungeschriebenen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. 51 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 7; Beisse, BFuP 1990, 499, 500; BeckBilKomm-Förschle, § 243, Rn. 19; Leffson, S. 22 f. 52 ADS § 243, Rn. 9; Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1405; Leffson, S. 22, 53 vgl. hierzu bereits 2. Teil II, S. 30 ff. 54 So im Ergebnis auch Dietrich, S. 53. 55 So u.a. vertreten von Ballwieser, in: FS Budde, S. 43, 46; Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 4; ähnlich auch Moxter, in: FS Goerdeler, S. 361, 363 f. 56 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 19. 57 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 24; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 108. 58 Richtlinie des Rates vom 08.12.1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten (86/635/EWG), Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 13.

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§ 340h HGB

reits im Gesetz niedergelegten Regeln herumkommt.50 Zwar handelt es sich bei den GoB um ein „offenes System“, das gegenüber neuen Anforderungen und Entwicklungen des Wirtschaftslebens beweglich ist und es ermöglichen soll, die Bilanzierung an solche Erkenntnisse anzupassen.51 Gleichzeitig muss ein System von GoB jedoch widerspruchsfrei sein.52 An einer derartigen Widerspruchsfreiheit würde es aber fehlen, wenn die in § 252 HGB niedergelegten Prinzipien der Bildung von Bewertungseinheiten entgegenstehen.53 Inwieweit in Ausnahmefällen eine Abweichung zulässig ist, lässt sich damit nur anhand der Auslegung bereits normierter Regeln feststellen.54 Dieses Ergebnis gleicht in seiner Konsequenz der im Schrifttum vordringenden hermeneutischen Methode,55 nach der bei der Ermittlung der GoB alle nur denkbaren Einflusselemente auf die Rechnungslegung zu berücksichtigen sind.56 Zwar werden auch insoweit die Buchführungs- und Jahresabschlusszwecke berücksichtigt; der Schwerpunkt liegt aber hier auf der Auslegung der gesetzlichen GoB.57 Ob das so gefundene Ergebnis dann als neuer GoB oder als zweckmäßige Auslegung der bestehenden GoB zu interpretieren ist, kann für die Frage der Zulässigkeit von Bewertungseinheiten letztlich dahinstehen. Im Ergebnis kann damit weder ausschließlich auf die praktische Übung noch auf die in der betriebwirtschaftlichen Literatur und den Verlautbarungen des IDW reflektierten Ansichten der Kaufleute abgestellt werden. Ein rechtlich zulässiger Lösungsweg lässt sich vielmehr nur unter Beachtung der bestehenden Regelungen finden.

III. § 340h HGB Die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten ist für einen Teilbereich in § 340h HGB gesetzlich geregelt. Mit der auf Art. 39 der EG-Bankbilanzrichtlinie58 be-

50 In diesem Sinne sieht auch Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1626 einen Vorrang der gesetzlich geschriebenen Vorschriften vor ungeschriebenen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. 51 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 7; Beisse, BFuP 1990, 499, 500; BeckBilKomm-Förschle, § 243, Rn. 19; Leffson, S. 22 f. 52 ADS § 243, Rn. 9; Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1405; Leffson, S. 22, 53 vgl. hierzu bereits 2. Teil II, S. 30 ff. 54 So im Ergebnis auch Dietrich, S. 53. 55 So u.a. vertreten von Ballwieser, in: FS Budde, S. 43, 46; Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 4; ähnlich auch Moxter, in: FS Goerdeler, S. 361, 363 f. 56 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 19. 57 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 24; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 108. 58 Richtlinie des Rates vom 08.12.1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten (86/635/EWG), Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 13.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

ruhenden und durch das Bankbilanzrichtlinie-Gesetz (BaBiRiLG)59 eingeführten Norm hat erstmals eine explizite Vorschrift zur Währungsumrechnung und zur Berücksichtigung von Kurssicherungen Eingang in das HGB gefunden.60 Fraglich ist, ob auf Grundlage dieser Regelung Schlüsse für die generelle Abbildung von Bewertungseinheiten möglich sind.

1.

Regelungsgehalt

Die bilanzielle Behandlung ist dabei in zwei Schritten geregelt. Nach § 340h Abs. 1 HGB sind zunächst Vermögensgegenstände und Schulden – unter Aufgabe des Anschaffungswertprinzips61 – mit dem Kassakurs am Bilanzstichtag zu bewerten; für nicht abgewickelte Termingeschäfte gilt der Terminkurs zum Bilanzstichtag. Der nach § 253 HGB vorgesehene Anschaffungskurs verbleibt hingegen nur für Vermögensgegenstände, die wie Anlagevermögen behandelt werden und die keiner „besonderen Deckung“ unterliegen.62 Im Ergebnis folgt daraus für die betroffenen Positionen die Einführung einer Marktbewertung63 zu Stichtagskursen und eine Teilabweichung vom Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte.64 Dies kann bei negativer Kursentwicklung zu Aufwendungen, bei positiver aber auch zu Erträgen führen, welchen es – angesichts der fehlenden endgültigen Bestätigung am Markt – an einer Realisation i.S.d. § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB mangelt. Wie derartige Umrechnungsdifferenzen in der GuV zu behandeln sind, d.h. welche Divergenzen sich damit letztlich im Hinblick auf das Realisationsprinzip ergeben, regelt in einer zweiten Stufe § 340 Abs. 2 HGB. Nach S. 1 der Norm sind Aufwendungen dabei stets zu berücksichtigen. Hinsichtlich möglicher Erträge ergeben sich verschiedene Alternativen. a)

Besondere Deckung

Besteht eine besondere Deckung, so sind gem. § 340h Abs. 2 S. 2 HGB auch die Erträge aus der Währungsumrechnung in der GuV zu berücksichtigen. Es ergibt sich folglich eine verpflichtende Kompensation der Erfolgswirkungen,

59 Vom 30.11.1990 (BGBl. I 1990, 2570 ff.) zur Umsetzung von Art. 39 der EGBankbilanzrichtlinie vom 08.12.1986 (86/635/EWG, ABlEG Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 1; Nr. L 316 vom 23.11.1988, S. 51), vgl. Baumbach/Hopt-Merkt, § 340, Rn. 1 f. 60 Finne, DB 1992, 338, 339; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340, Rn. 2. 61 Vgl. hierzu BeckBilKomm-Ellrott/St. Ring, § 253, Rn. 73 und 604; Baumbach/HoptMerkt, § 340h, Rn. 1. 62 Vermögensgegenstände, die wie Anlagevermögen behandelt werden und für die nur eine einfache Deckung besteht, sind hingegen mangels anderslautender Vorschriften ebenso wie bei völlig fehlender Deckung mit den Anschaffungskursen umzurechnen, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 23. 63 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 716. 64 Zu den damit verbundenen buchungstechnischen Unklarheiten vgl. MünchKommHGBBöcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340h, Rn. 5; Schlösser, S. 92 ff., 321 ff.

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§ 340h HGB

was weitestgehend einer kompensatorischen Bewertung gleichkommt.65 Materielle Divergenzen zum Konzept der Bewertungseinheit ergeben sich allerdings insofern, als § 340h Abs. 2 S. 2 HGB die volle erfolgswirksame Vereinnahmung positiver Umrechnungsdifferenzen fordert. Im Ergebnis werden damit nicht nur die zur bloßen Kompensation von Aufwendungen dienenden Teilbeträge, sondern auch im Einzelfall darüber hinausgehende Nettogewinnansprüche berücksichtigt.66 Anders als bei der Bewertungseinheit führt die Norm damit nicht nur zum Verzicht auf eine antizipative Verlustberücksichtigung, sondern gleichfalls zum erfolgswirksamen Ausweis eines überschießenden – nicht realisierten – Gewinnanteils.67 Wann eine besondere Deckung vorliegt, geht aus dem Gesetz nicht eindeutig hervor. Nach der Regierungsbegründung soll Voraussetzung sein, dass „ein spezielles Deckungsgeschäft für umzurechnende Vermögensgegenstände, Schulden oder Geschäfte abgeschlossen oder eine besondere Beziehung zwischen Vermögensgegenständen oder Schulden hergestellt worden ist“.68 Diese Umschreibung ist allerdings wenig hilfreich, denn der unbestimmte Rechtsbegriff „besondere Deckung“ wird letztlich nur durch den der „besonderen Beziehung“ ersetzt.69 In der Literatur besteht jedoch Einigkeit dahingehend, dass die hier beschriebenen Konstellationen weitestgehend dem Modell des „Mikro-Hedge“ entspricht,70 so dass es sich um eine individualisierbare Zuordnung von Grund- und Deckungsgeschäft handeln muss.71 Nicht erforderlich 65 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 716 (Fn. 19); Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 468. Um eine drohende Verletzung des Saldierungsverbotes (§ 246 Abs. 2) zu verhindern, erklärt § 340a Abs. 2 S. 3 HGB es in derartigen Fällen für unanwendbar. 66 Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 26; Lührmann, DStR 1998, 387, 387 f. 67 Die Bilanzierung nach § 340h HGB unterscheidet sich von der kompensatorischen Bewertung – d.h. der Bildung von Bewertungseinheiten nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften – ferner dahingehend, dass es bei letzterer nur zu einer Saldierung außerhalb der Bilanz kommt; Ansprüche und Verpflichtungen werden unverändert mit dem Entstehungskurs umgerechnet und Gewinne im Rahmen einer Nebenrechnung nur insoweit berücksichtigt, als sie dem Ausgleich entstandener Verluste dienen, vgl. auch unter 6. Teil VI., S. 242 ff. 68 BT-Drucks. 11/6275, S. 24. 69 So auch Benne, DB 1991, 2601, 2605. 70 Barckow, S. 105; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; dies. DB 1991, 1529, 1535; Hartung, RIW 1991, 755, 760; Heymann-Kröll/Balzer, § 340h, Rn. 6; Menninger, RIW 1994, 43, 47; Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 98; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 8; ders., § 340h, Rn. 11; Schlösser, S. 250; a.A. Kommission für Bilanzierungsfragen des BdB, Die Bank 1990, 214, die ebenfalls Makro-Hedges als Fall der besonderen Deckung akzeptieren wollen. Eine derartige Auslegung wird jedoch nicht der von der Regierungsbegründung (BT-Drucks. 11/6275, S. 24) unterstrichenen Betonung des Vorsichtsprinzips (vgl. Beckmann, S. 179 f.) gerecht. Vielmehr gebietet sie, die von der Begründung geforderte „besondere Beziehung“ restriktiv auf Fälle des MikroHedging zu beschränken, so im Ergebnis auch Schlösser, S. 252. 71 Lührmann, DStR 1998, 387, 387.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

ist demgegenüber, dass das Deckungsgeschäft von vornherein zum Zwecke der Deckung abgeschlossen worden ist.72 Verlangt wird ferner eine Dokumentation beispielsweise in Form eines Deckungsverzeichnisses.73 b)

Einfache Deckung

Besteht nur eine einfache Deckung,74 so statuiert Abs. 2 S. 3 ein Wahlrecht,75 nach den allgemeinen Regeln zu bilanzieren oder die sich aus der Währungsumrechnung ergebenden Erträge im Rahmen einer Bewertungseinheit zu berücksichtigen.76 Im Unterschied zu Abs. 2 S. 2 wird die Berücksichtung unrealisierter Erträge dabei nicht in vollem Umfang gestattet, sondern auf die Höhe der korrespondierenden Aufwendungen begrenzt;77 ein überschießender Betrag ist nach den Grundsätzen für Geschäfte ohne Deckung zu behandeln.78 Auch hinsichtlich der „einfachen Deckung“ mangelt es an einer Legaldefinition. Überwiegend wird sie als Fall des Makro-Hedges verstanden.79 Die Konstellation des Portfolio-Hedges lässt sich jedoch auch unter das Tatbestandsmerkmal 72 So wird – anders als dies teilweise bei Mikro-Hedges verlangt wird (vgl. Burkhardt, S. 144) – auf eine Sicherungsabsicht verzichtet. Zwar reiche das bloße Nebeneinander deckungsfähiger Geschäfte nicht aus; eine in den Büchern im Hinblick auf die Kurssicherung dokumentierte Verknüpfung genüge jedoch den Anforderungen des Gesetzes. Nicht zwingend ist daher, dass die einbezogenen Geschäfte kausal zum Zwecke dieses Zusammenwirkens abgeschlossen worden sind, vgl. Heymann-Kröll/Balzer, § 340h, Rn. 6; Naumann, Fremdwährungsumrechnung, S. 73; Scharpf/Sohler, S. 110; Schlösser, S. 250. Dieses Ergebnis folgt auch aus der Regierungsbegründung. Hierbei werden ausdrücklich sowohl der Abschluss eines speziellen Deckungsgeschäftes (mit Sicherungsabsicht) als auch die Herstellung einer besonderen Beziehung zwischen Vermögensgegenständen und Schulden (reine Dokumentation ohne ursprüngliche Sicherungsabsicht) als Alternativen einer besonderen Deckung aufgezeigt. 73 BFA, WPg 1995, 735, 736; Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 35 74 Im Gesetz findet dieser Begriff keinen Niederschlag. § 340h Abs. 2 S. 3 spricht vielmehr nur von dem Fall, dass „keine besondere Deckung“ vorliegt. Teilweise wird diese Konstellation daher auch als „allgemeine Deckung“ (Schlösser, S. 270) bzw. „bloße Deckung“ (Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 36; Ensthaler-Schröer, § 340h, Rn. 5) bezeichnet. 75 Teilweise wird vor dem Hintergrund des Einblicksgebots nach § 264 Abs. 2 HGB eine Einschränkung derartiger bilanzieller Wahlrechte gefordert, vgl. Meinungsstand bei Hennrichs, S. 330 ff. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen, da das Einblicksgebot nicht als „overriding principle“ ausgestaltet ist und mithin auch nicht den Einzelvorschriften schlechthin vorgeht kann, vgl. hierzu auch unter 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. Ähnlich auch Hennrichs, S. 336 ff. 76 Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 99. 77 Neben dieser quantitativen Beschränkung ergibt sich aus Abs. 2 S. 3 eine qualitative Einschränkung dahingehend, dass die ausgeglichenen Aufwendungen nur vorübergehend wirksam sein dürfen, vgl. Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 42. 78 Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 17. Vgl. hierzu 4. Teil III. 1., S. 60 f. 79 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340h, Rn. 11; Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1535; Heymann-Kröll/Balzer, § 340h, Rn. 7; Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 36; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 17; Wiedmann, Bilanzrecht, § 340h Rn. 20.

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der „einfachen Deckung“ subsumieren.80 Begründen lässt sich ein derart erweitertes Verständnis mit der Überlegung, dass durch die EG-BankbilanzRichtlinie und deren Umsetzung im BaBiRiLG den bilanziellen Besonderheiten der Kreditinstitute und deren Interessen81 Rechnung getragen werden sollte.82 Verfolgen Kreditinstitute aber primär eine globale Sicherungsstrategie in Form von Portfolio-Hedges,83 so entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, solche Konstellationen von der Regelung zu erfassen und gleichfalls unter den Begriff der einfachen Deckung zu subsumieren. Eine entsprechende Dokumentation wird auch hier zu fordern sein. Fehlt es hingegen an einer Deckung oder ist diese nicht hinreichend konkret,84 verbleibt es nach Abs. 2 S. 4 bei den allgemeinen Bilanzierungsregeln und einer strikt imparitätischen Bewertung.85

2.

Anwendungsbereich

§ 340h Abs. 2 HGB bietet damit eine gesetzliche Grundlage zur Bildung von Bewertungseinheiten bei Mikro-,86 Makro- und Portfolio-Hedges. Die Norm gilt jedoch dem Wortlaut entsprechend nur für Fremdwährungsgeschäfte und ist nach ihrer systematischen Stellung87 und dem Wortlaut des § 340 HGB auf den Bereich der dort genannten Unternehmen i.S.d. Gesetzes über das Kreditwesen beschränkt.88 Gleichwohl gehen manche Autoren davon aus, dass es sich bei der in § 340h HGB niedergelegten Regelung um einen GoB handele,89 der damit auch auf andere Unternehmenszweige anwendbar wäre,90 bzw. die 80 Dass Portfolio-Hedges in diesem Zusammenhang keine Erwähnung finden, kann seine Ursache in einem abweichenden Begriffsverständnis der Autoren haben. 81 Das Verlustkompensationswahlrecht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB wurde erst im Anschluss an den Referentenentwurf zum Bankbilanzrichtliniengesetz auf Drängen der Kreditwirtschaft eingeführt, vgl. Schlösser, S. 272. 82 Amtsblatt der EG, Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 2. 83 Burkhardt, S. 206; Glaum, DB 1997, 1625, 1627; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 729 und 734; Puckler, S. 141, 143 f, für den Bereich der Zinsrisiken. 84 So z.B. im Falle des Global-Hedging; eine Gesamtbetrachtung heterogener Geschäfte würde insoweit der Betonung des Vorsichtsprinzips in der Regierungsbegründung zuwider laufen, vgl. hierzu BT-Drucks. 11/6275, S. 24. 85 Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 18. 86 Entsprechendes gilt für vergleichbare Konstellationen, in denen es jedoch an einer Sicherungsabsicht mangelt. 87 Die Norm befindet sich im Ersten Unterabschnitt des Vierten Abschnitts des HGB, welcher „Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute“ enthält. 88 Nach § 340abs. 1 S. 1 HGB handelt es sich hierbei vor allem um Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen, weshalb die betroffene Unternehmensgruppe nachfolgend zusammenfassend als „Kreditinstitute“ bezeichnet werden soll. 89 GoB werden auch angenommen von Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 2. 90 Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 119, die auf S. 118 noch von einer „sinngemäßen“ Anwendung auf Nicht-Kreditinstitute spricht (s.o.). So wohl auch MünchKommHGBBöcking/Löw/Wohlmannstetter, Vor §§ 340-340 o, Rn. 17 und Schwartze, AG 1993, 12, 24, die davon ausgehen, dass kodifizierten bankspezifischen Bilanzierungsvorschriften

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Vorschrift zumindest den GoB entspreche und insofern branchenübergreifende Gültigkeit habe.91 a)

Qualifikation als GoB

Jedenfalls eine Qualifikation als GoB vermag nicht zu überzeugen. Bereits die systematische Stellung im vierten Abschnitt des dritten Buchs des HGB spricht gegen die Allgemeinverbindlichkeit der Regelung. Hinzu kommt, dass die Norm nach ihrem Telos den „branchenspezifisch bedingten Besonderheiten der Kreditinstitute“ Rechnung tragen sollte.92 Deren wirtschaftliche Aktivitäten weichen jedoch von denjenigen der Industrie- und Handelsunternehmen erheblich ab, da ihr wirtschaftlicher Schwerpunkt eindeutig im finanziellen Bereich liegt.93 Diese branchenspezifischen Besonderheiten hatte auch der europäische Richtliniengeber94 bzw. der deutsche Gesetzgeber95 im Blick, als er die Sondervorschriften für Kreditinstitute schuf. Es mangelt insofern an einem Allgemeingültigkeitsanspruch der Regelung, was ihre Klassifikation als allgemeingültigen GoB ausschließt.96 Als lex specialis ermöglicht § 340h HGB

91

92 93 94 95

96

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auf die allgemeine Rechnungslegung zurückwirken. Auch Burkhardt, WPg 1989, 495, 497 geht im Ergebnis von einer generellen Geltung der Norm aus. Finne, DB 1992, 338, 339. Ähnlich auch Claussen, DB 1991, 1129, 1132 und SchmidtGlanegger, § 6, Rn. 15 (23. Auflage 2004), die sich zwar nur zu § 340h Abs. 1 HGB, d.h. die reine Umrechnungsfrage äußern, nach ihren Ausführungen aber auch die – an sich in § 340h Abs. 2 HGB geregelte – „Kompensation“ als solche anerkennen wollen. Vgl. auch Benne, DB 1991, 2601, 2610, der die Normierung in § 340h HGB zwar als geeignet ansieht dazu beizutragen, bestehende Zweifel an der GoB-konformen Bildung von Bewertungseinheiten auszuräumen. Auf S. 2605 führt er jedoch anderseits aus, dass es unangebracht wäre „über den Geltungsbereich von § 340h HGB hinaus bilanzielle Folgerungen zu ziehen“ und bekennt sich damit zum lex specialis-Charakter der Norm; genauso Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 719. Vgl. Rat der Europäischen Gemeinschaften vom 08.12.1986, Amtsblatt der EG, Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 2; vgl. hierzu auch Beckmann, S. 178. Bieg, S. 55. Rat der Europäischen Gemeinschaften vom 08.12.1986, Amtsblatt der EG, Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 2 Vgl. bereits die Begründung zu § 340 j des Referentenentwurfs zum Bankbilanzrichtlinie-Gesetz vom 17.11.1988, nach dem die Regelungen der Bankbilanzrichtlinie und § 340 j nur für Kreditinstitute gelten, „so dass eine Verallgemeinerung nur unter den besonderen Voraussetzungen der für eine analoge Anwendung geltenden Grundsätze möglich sein wird“, abgedruckt bei Biener, Die Rechnungslegung der Kreditinstitute, S. 759, 789. Benne, BB 1992, 1172, 1174; Beck HdR-Bieg, B 900, Rn. 310; Bieg, S. 494; Christiansen, DStR 2003, 264, 268; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; BoHdR-Grewe, § 340h, Rn. 2; BeckBilKomm-Hoyos/M. Ring, § 249, Rn. 100 „Devisentermingeschäfte“; Korn/Strahl-Korn/Strahl, § 6, Rn. 47.1; Baumbach/Hopt-Merkt, § 340h, Rn. 1; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 772; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 207; Küting/WeberSelchert, § 252, Rn. 73; Wagner, INF 2003, 783, 785; so auch Gerichtsbescheid vom

§ 340h HGB

somit grundsätzlich nur die kompensatorische Bewertung im Fremdwährungsbereich der Kreditinstitute;97 er schafft hingegen keine Rechtsgrundlage für die branchenunabhängige Bildung von Bewertungseinheiten.98 b)

Vereinbarkeit mit den GoB

Inwieweit die nach § 340h HGB gebildeten Bewertungseinheiten mit den GoB vereinbar sind, ist grundsätzlich an anderer Stelle zu untersuchen.99 Zumindest nach der Gesetzesbegründung ist aber davon auszugehen, dass hinsichtlich der in Abs. 1 vorgesehenen Stichtagsumrechnung und der daraus resultierenden Berücksichtigung von Umrechnungserträgen (Abs. 2 S. 2 und 3) keine GoBKonformität besteht.100 In der Begründung heißt es dazu, dass die Zeitbezugsmethode,101 „die dem Vorsichtsprinzip besser Rechnung trägt und die in der Bundesrepublik Deutschland bisher überwiegend angewendet wird […] im Interesse einer vorsichtigen Bewertung vorgeschrieben wird, soweit dies nach der Bankbilanzrichtlinie zulässig ist“.102 Nach Art. 39 Abs. 1 der EGBankbilanzrichtlinie war das Wahlrecht der Mitgliedstaaten zur Beibehaltung der Zeitbezugsmethode jedoch auf Fälle begrenzt, in denen keine Deckung besteht. Daher müssen nach der Gesetzesbegründung Gewinne „künftig […] jedoch zumindest dann ergebniswirksam vereinnahmt werden“, wenn eine besondere Deckung besteht.103 Deutlich wird damit, dass der Gesetzgeber jegliche Anwendung der „anglo-amerikanischen Stichtagsmethode“ als Verstoß gegen die GoB verstand. Dies gilt grundsätzlich auch für den Fall einer besonderen Deckung – hier war er jedoch aufgrund der Richtlinie zur Einführung der Stichtagsmethode gezwungen.

19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), S. 17, der jedoch unter Hinweis auf das Wahlrecht lediglich einen bereits zuvor bestehenden GoB dieses Inhalts ausschließt. 97 Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1532, 1538; Hartung, RIW 1991, 755, 763; Lührmann, DStR 1998, 387, 391; Scharpf/Sohler, S. 97; Baumbach/Hueck-SchulzeOsterloh, § 42, Rn. 428. 98 Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1538; Hahne, BB 2006, 2291, 2292; Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1453; Lührmann, DStR 1998, 387, 391; Patek, FR 2006, 714, 718; ähnlich auch Krumnow Sprißler et al., § 340h, Rn. 1 f., die jedoch von einer „Festschreibung von GoB für den Bereich der Fremdwährungsumrechnung bei Kreditinstituten“ sprechen. 99 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Auslegung der allgemeinen Bewertungsvorschriften unter 4. Teil V., S. 82 ff. und VI., S. 95 ff. 100 A.A. Finne, DB 1992, 338, 339, der unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zu § 340h HGB zwar zunächst auch die von Art. 39 der Bankbilanzrichtlinie geforderte Stichtagsumrechnung als GoB-widrig deklariert, gleichzeitig aber davon ausgeht, dass mit der Einführung des Kriteriums der „besonderen Deckung“ „die Umsetzung einer den GoB widersprechenden Vorschrift vermieden werden“ konnte. 101 D.h. die Umrechnung zu historischen Anschaffungskosten. 102 BT-Drucks. 11/6275, S. 24. 103 Vgl. BT-Drucks. 11/6275, S. 24.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Gegen eine GoB-Konformität der Regelung sprechen ferner die bezüglich § 340h Abs. 2 S. 3 HGB gemachten Ausführungen der Gesetzesbegründung („in Satz 3 wird jedoch zugelassen…“). Muss eine Kompensation im Falle der besonderen Deckung – auf Grundlage des Art. 39 Abs. 4 der EGBankbilanzrichtlinie – erst „zugelassen“ werden, so bedeutet dies nichts anderes, als dass sie nicht bereits aufgrund der GoB geboten war. Entgegen teilweise vertretener Ansicht104 kann folglich nicht davon ausgegangen werden, dass die Bilanzrichtlinie lediglich den Anlass gegeben hat festzuschreiben, was die GoB ohnehin gebieten. Hätte der Gesetzgeber die Umsetzung der Richtlinie tatsächlich zum Anlass genommen, bestehende GoB klarstellend zu normieren, so hätte er – wie Gebhardt/Breker zu Recht bemerken – sie bei den für alle Kaufleute geltenden Bewertungsgrundsätzen der §§ 252 ff. HGB eingefügt.105 c)

Analoge Anwendbarkeit von § 340h HGB

Im Ergebnis verbleibt damit nur noch die Möglichkeit, die Rechtsgrundlage des § 340h Abs. 2 S. 2 und 3 „sinngemäß“, d.h. im Wege eines Analogieschlusses, auf andere Branchen zu übertragen.106 Voraussetzung wäre zunächst das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke.107 Ferner bedarf es einer – im Hinblick auf die rechtliche Bewertung – vergleichbaren Interessenlage zwischen den geregelten und nicht geregelten Konstellationen, so dass ein mit der Ratio des Gesetzes im Einklang stehender „ähnlicher Fall“ vorliegen muss.108 Bereits an der ersten Voraussetzung dürfte es vorliegend scheitern. So hat der Gesetzgeber bei der Umsetzung von Art. 39 der Bankbilanzrichtlinie vor Augen gehabt, dass es in der Bundesrepublik „bisher keine gesetzliche Regelung für die Umrechnung von auf ausländische Währung lautenden Vermögensgegenständen und Schulden sowie für die Abrechnung von am Bilanzstichtag nicht abgewickelten Devisentermingeschäften“ gibt.109 Dennoch hat er die Normierung im Unterabschnitt „Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute“ vorgenommen, so dass von einer Planwidrigkeit der unvollständigen gesetzlichen Regelung im Hinblick auf andere Unternehmenszweige nicht gesprochen werden kann. 104 Finne, DB 1992, 338, 339. 105 Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339. 106 So Niemann, IFSt-Schrift Nr. 353, S. 118, die aber auf S. 119 davon ausgeht, dass es sich insoweit um einen GoB handele. Vgl. hierzu auch die Begründung des Referentenentwurfs zum Bankbilanzrichtlinie-Gesetz vom 17.11.1988 (abgedruckt bei Biener, Die Rechnungslegung der Kreditinstitute, S. 759, 789), nach dem die Regelung der Bankbilanzrichtlinie und § 340h (§ 340 j a.F.) HGB nur für Kreditinstitute gelten, „so dass eine Verallgemeinerung nur unter den besonderen Voraussetzungen der für eine analoge Anwendung geltenden Grundsätze möglich sein wird“. 107 Bydlinski, S. 473; Larenz, Methodenlehre, S. 370, 374. 108 Bydlinski, S. 477; Larenz, Methodenlehre, S. 381 ff. 109 BT-Drucks. 11/6275, S. 24.

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

Darüber hinaus mangelt es an der für einen Analogieschluss erforderlichen Vergleichbarkeit zu den sonstigen Unternehmenssparten. So umfassen die mit Preisrisiken behafteten Geschäfte (insbesondere Handelstätigkeiten im bankenüblichen Sinne110) der Kreditinstitute zum einen ungleich größere Volumina. Dies zwingt sie in besonderem Maße zu Sicherungsmaßnahmen,111 aus welchen dann erneut verfälschende Auswirkungen auf die Bilanz resultieren können. Zum anderen unterliegen Kreditinstitute den Regularien der Bankenaufsicht112 und sind so zu einer erweiterten Kontrolle und dem Aufbau eines bankinternen Risikomanagements gezwungen.113 Gerade letzteres gewährleistet eine gewisse Zuverlässigkeit beim Hedgen114 und rechtfertigt so die extensive Bildung von Bewertungseinheiten im Rahmen von § 340h HGB. Auch ein Analogieschluss scheidet damit aus, so dass der Anwendungsbereich des § 340h Abs. 2 HGB auf Kreditinstitute beschränkt bleibt.

IV. Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB Teilweise wird die (rechtsform- und branchenübergreifende) Bildung von Bewertungseinheiten auch unter Hinweis auf das Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB gefordert, da andernfalls kein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertraglage vermittelt würde.115 § 264 Abs. 2 HGB beruht auf Art. 2 Abs. 3 – 5 der 4. EG-Richtlinie vom 25.07.1978 („Vierte Richtlinie“ oder „Bilanzrichtlinie“)116 und teilt insoweit deren Zielsetzung einer verstärkten Informationsfunktion des Jahresabschlusses.117 Gem. S. 1 der Vorschrift hat „der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft … unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“. Ist dies aufgrund besonderer Umstände nicht der Fall, so sind nach S. 2 „im Anhang zusätzliche Angaben zu machen“. 110 111 112 113 114

Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 308. Groh, DB 1986, 869, 875. Vgl. hierzu Groh, DB 1986, 869, 876 und Dietrich, S. 57 (Fn. 136) m.w.N. Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 294. Wobei auch dies vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanzmarktkrise eher skeptisch zu sehen ist, vgl. hierzu auch unter 4. Teil VI. 1. e) cc), S. 109 f. 115 So BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265; Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1525; Barckow, StbJb 2006/07, 217, 224 und 226; Benne, DB 1991, 2601, 2604, 2610; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 300; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 772; Steiner, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 240. 116 Vierte Richtlinie des Rates vom 25.07.1978, 78/660/EWG, abgedruckt bei Biener/Berneke, S. 93 f.; umgesetzt durch das Bilanzrichtlinie-Gesetz (BiRiLiG) vom 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2355. 117 Vgl. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 28; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 20; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 264, Rn. 25.

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

Darüber hinaus mangelt es an der für einen Analogieschluss erforderlichen Vergleichbarkeit zu den sonstigen Unternehmenssparten. So umfassen die mit Preisrisiken behafteten Geschäfte (insbesondere Handelstätigkeiten im bankenüblichen Sinne110) der Kreditinstitute zum einen ungleich größere Volumina. Dies zwingt sie in besonderem Maße zu Sicherungsmaßnahmen,111 aus welchen dann erneut verfälschende Auswirkungen auf die Bilanz resultieren können. Zum anderen unterliegen Kreditinstitute den Regularien der Bankenaufsicht112 und sind so zu einer erweiterten Kontrolle und dem Aufbau eines bankinternen Risikomanagements gezwungen.113 Gerade letzteres gewährleistet eine gewisse Zuverlässigkeit beim Hedgen114 und rechtfertigt so die extensive Bildung von Bewertungseinheiten im Rahmen von § 340h HGB. Auch ein Analogieschluss scheidet damit aus, so dass der Anwendungsbereich des § 340h Abs. 2 HGB auf Kreditinstitute beschränkt bleibt.

IV. Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB Teilweise wird die (rechtsform- und branchenübergreifende) Bildung von Bewertungseinheiten auch unter Hinweis auf das Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB gefordert, da andernfalls kein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertraglage vermittelt würde.115 § 264 Abs. 2 HGB beruht auf Art. 2 Abs. 3 – 5 der 4. EG-Richtlinie vom 25.07.1978 („Vierte Richtlinie“ oder „Bilanzrichtlinie“)116 und teilt insoweit deren Zielsetzung einer verstärkten Informationsfunktion des Jahresabschlusses.117 Gem. S. 1 der Vorschrift hat „der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft … unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“. Ist dies aufgrund besonderer Umstände nicht der Fall, so sind nach S. 2 „im Anhang zusätzliche Angaben zu machen“. 110 111 112 113 114

Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 308. Groh, DB 1986, 869, 875. Vgl. hierzu Groh, DB 1986, 869, 876 und Dietrich, S. 57 (Fn. 136) m.w.N. Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 294. Wobei auch dies vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanzmarktkrise eher skeptisch zu sehen ist, vgl. hierzu auch unter 4. Teil VI. 1. e) cc), S. 109 f. 115 So BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265; Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1525; Barckow, StbJb 2006/07, 217, 224 und 226; Benne, DB 1991, 2601, 2604, 2610; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 300; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 772; Steiner, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 240. 116 Vierte Richtlinie des Rates vom 25.07.1978, 78/660/EWG, abgedruckt bei Biener/Berneke, S. 93 f.; umgesetzt durch das Bilanzrichtlinie-Gesetz (BiRiLiG) vom 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2355. 117 Vgl. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 28; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 20; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 264, Rn. 25.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

1.

Persönlicher Anwendungsbereich der Norm

Zu fragen ist zunächst nach dem Allgemeingültigkeitscharakter der Norm, d.h. ob § 264 Abs. 2 HGB überhaupt auf eine rechtsformübergreifende Wirkung angelegt ist. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig: Er beschränkt sich auf den „Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft“, welcher den Vorgaben der Regelung zu entsprechen habe.118 Auch die systematische Stellung im zweiten Abschnitt des dritten Buches des HGB („Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften sowie bestimmte Personenhandelsgesellschaften“) deutet darauf hin, dass § 264 Abs. 2 HGB als rechtsformspezifische Sondervorschrift grundsätzlich nur für Kapitalgesellschaften gilt.119 Eine rechtsformübergreifende Anwendung erscheint ausgeschlossen.120 Teilweise wird jedoch vor dem europarechtlichen Hintergrund der Norm eine Ausdehnung des Einblicksgebots auch auf Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften vertreten.121 So habe der Gesetzgeber zwar gesetzestechnisch differenziert, indem er das Bilanzrecht für alle Kaufleute einheitlich im allgemeinen Teil (Erster Abschnitt) regelte, während für Kapitalgesellschaften Sondervorschriften im zweiten Abschnitt geschaffen wurden. Letztlich ginge jedoch auch die Kodifizierung der übergreifenden Regelungen des ersten Abschnitts (§§ 238 ff HGB) – die bislang nur in Form ungeschriebener GoB Geltung erlangten – auf die Bilanzrichtlinie zurück.122 Soweit sie auf Kapitalgesellschaften angewendet werden, seien sie daher – als Teil der Umsetzungsmasse – nach Gemeinschaftsrecht richtlinienkonform, d.h. unter Beachtung des Einblicksgebots (Art. 2 Abs. 3 der Vierten Richtlinie), auszulegen.123 Dies würde im Ergebnis zu einer „Normverdoppelung“ führen, da die §§ 238 ff. HGB für Kapitalgesellschaften unter Beachtung von Art. 2 Abs. 3

118 Über § 264 a HGB, eingeführt durch das Kapitalgesellschaften und Co-RichtlinieGesetz vom 24.02.2000, BGBl. I 2000, 154 (KapCoRiLiG) zur Umsetzung der Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie 90/605/EWG vom 08.11.1990, ABlEG Nr. L 317/60, wurde der Anwendungsbereich auch auf bestimmte Personenhandelsgesellschaften ausgedehnt. 119 Küting/Weber-Baetge/Commandeur, § 264, Rn. 11; Leffson, HuRB, S. 94, 95. 120 Anders nur für Kreditinstitute, die gem. § 340a HGB unabhängig von ihrer Rechtsform an das Einblicksgebot gebunden sind. 121 Arndt/Wiesbrock, DStR 1999, 350, 353 (Fn. 46); Dziadkowski, FR 2003, 552, 555; Groh, DStR 1996, 1206, 1208; Herlinghaus, IStR 1997, 529, 537; Meilicke, BB 1999, 890, 892 f.; Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1626; Schön, in: FS Flick, S. 573, 581; Schulze-Osterloh, ZGR 1995, 170, 176 f. der in DStZ 1997, 281, 284 f. von dieser Einschätzung wieder abgerückt ist. 122 So sind weite Teile der in § 252 Abs. 1 HGB normierten GoB auch in Artikel 31 der Bilanzrichtlinie vorgesehen. 123 Schulze-Osterloh, ZGR 1995, 170, 177. Vgl. auch BVerfG vom 08.04.1987 – 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223, 237 m.w.N.; EuGH-Urteil vom 13.11.1990 – Rs C-106/89, EuGHE 1990, 4156, 4159; Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 49.

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

der Vierten Richtlinie und für sonstige Rechtsformen ohne Rücksicht auf das Einblicksgebot anzuwenden wären.124 Einzelne Bestimmungen dürften jedoch nicht je nach Rechtsform unterschiedlich interpretiert werden.125 Vielmehr habe der Gesetzgeber durch die Parallelregelung erreichen wollen, dass in beiden Bereichen nach gleichen Grundsätzen entschieden wird; dann müsse eine gemeinschaftsrechtliche Entwicklung im transformierten Bereich mitberücksichtigt werden.126 Das Einblicksgebot sei folglich auch im Recht der NichtKapitalgesellschaften zu berücksichtigen.127 Eine derartige Auslegung erstaunt vor dem Hintergrund, dass auch die 4. Bilanzrichtlinie – welche § 264 Abs. 2 HGB als Vorlage diente – sich explizit auf den Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften beschränkt. Hennrichs merkt insofern zutreffend an, dass die „richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts eine (selbstverständliche) Grenze dort findet, wo der – gemeinschaftsrechtlich definierte – Anwendungsbereich der Richtlinie gar nicht betroffen ist“.128 Regelt die Richtlinie aber nur das Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, so kann sie national nicht den wesentlichen Maßstab zur Auslegung des Rechts der sonstigen Kaufleute darstellen.129 Eine solche Folge wäre ausschließlich dann angezeigt, wenn der deutsche Gesetzgeber eine automatische Übernahme der Wertungen der Richtlinie in das allgemeine Bilanzrecht der §§ 238 ff. HGB gewollt hätte und sich ein solcher Wille aus der Kodifikation des HBG erkennen ließe.130 Dies ist aber offenkundig nicht der Fall. Während die Regierungsbegründung zu § 237 HGB-E131 noch den Vorschlag enthielt „im Interesse der Rechtsvereinheitlichung, der Rechtsvereinfachung und der Rechtssicherheit […] die Grundsatzvorschriften der Vierten Richtlinie über die Zielsetzung des Jahresabschlusses rechtsformunabhängig zu übernehmen“, findet sich dieses Anliegen in der Beschlussfassung des Bilanzrichtlinie124 Vgl. hierzu Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 51; ders. BB 1990, 2007, 2008; ders. DStZ 1998, 310. 125 Schulze-Osterloh, ZGR 1995, 170, 177. So auch Beisse, BB 1990, 2007, 2009, 2012, der jedoch eine Auslegung ausschließlich nach den GoB fordert und das Bilanzrecht vom Prinzip des true and fair view freihalten will. 126 Groh, DStR 1996, 1206, 1208; Kahle, StuW 2001, 126, 127; Schön, S. 190. Ähnlich auch Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1625; Schulze-Osterloh, ZGR 1995, 170, 177. 127 So im Ergebnis wohl auch der Bevollmächtigte der deutschen Regierung in der EuGH Rechtssache „BIAO“ vom 07.01.2003 – C-306/99, Slg. 2003, I-00001, der im Rahmen seiner Stellungnahme davon ausging, dass der in Art. 2 Abs. 3 der Vierten Richtlinie enthaltene Grundsatz in den früheren nationalen Vorschriften für alle Rechtsformen enthalten gewesen sei und daher bereits Konformität bestanden hätte (vgl. Rn. 85 f. des Urteils). 128 Hennrichs, ZGR 1997, 66, 77. Insofern kann eine bilanzrechtliche Entscheidung des EuGH auch nur Kapitalgesellschaften betreffen, vgl. Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 50. 129 Ahmann, in: FS Schmidt, S. 269, 276; W. Müller, in: FS Claussen, S. 707, 716. 130 Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 50. 131 Die Regelung wurde später in modifizierter Form als § 264 HGB verabschiedet.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Gesetzes nicht wieder. Vielmehr sollte durch die Aufteilung des Dritten Buches in drei Abschnitte bewusst eine Rückstrahlung der Vorschriften über Kapitalgesellschaften auf die für alle Kaufleute geltenden Regeln ausgeschlossen werden; zur Verortung der Norm im zweiten Abschnitt des dritten Buchs des HGB ist es nämlich nur deshalb gekommen, weil der Rechtsausschuss ausdrücklich die „Gefahr“ sah, dass die für Kapitalgesellschaften einzuführende Regelung ansonsten aufgrund der unklaren Formulierung im Regierungsentwurf auch auf Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute übertragen werden könnte.132 Da es sich bei dem BiRiLiG um ein verhältnismäßig junges Gesetz handelt, kommt der Gesetzesgenese hier eine besondere Bedeutung zu.133 Eine Auslegung des allgemeinen Bilanzrechts an den Maßstäben der Richtlinie scheidet bereits hiernach aus. Auch hätte es bei einer ohnehin bestehenden Allgemeingültigkeit des Einblicksgebots keiner nachträglichen Einführung des § 264 a HGB bedurft. Die auf der Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie beruhende Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich des zweiten Abschnitts des HGB nur auf bestimmte OHGen und KGen und macht damit gleichfalls deutlich, dass das Einblicksgebot eben keine rechtsformunabhängige Geltung haben soll.134 Insgesamt muss damit von einer Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 264 Abs. 2 HGB auf Kapitalgesellschaften bzw. die in § 264 a HGB genannten Personengesellschaften ausgegangen werden.135 Eine solche Feststellung verhindert gleichfalls eine Qualifizierung des Einblicksgebots als GoB: Gilt § 264 Abs. 2 HGB nämlich rechtsformspezifisch nur für Kapitalgesellschaften, so ist dies mit dem rechtsformneutralen Charakter der GoB unvereinbar.136 Bestärkt wird diese These dadurch, dass bei der 132 BT-Drucks. 10/4268, S. 88. Insofern läst sich auch nicht annehmen, dass der Grundsatz des true and fair view nichts anderes als eine Konkretisierung des für alle Kaufleute geltenden Prinzips der Bilanzwahrheit ist (vgl. Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 28 f.; unklare Verwendung der Begrifflichkeiten aber bei Groh, DStR 1998, 813, 815 ff.). Die Trennung zwischen allgemeinen und rechtsformspezifischen Vorschriften bezeugt vielmehr, dass der Gesetzgeber die Nicht-Kapitalgesellschaften vor den besonderen Verpflichtungen schützen wollte, die sich aus dem verschärften Einblicksgebot ergeben würden, vgl. dazu Beisse, DStZ 1998, 310, 313 m.w.N. 133 Beisse, DStZ 1998, 310, 312 unter Verweis auf den Plenarbeschluss des BVerfG vom 11.06.1980, BVerfGE 54, 277, 297 f. 134 BFH vom 28.03.2000 – VIII R 77/96, BStBl. II 2002, 227, 230. 135 Im Ergebnis so auch BFH vom 09.09.1998 – I R 6/96, BStBl. II 1999, 129, 131 (unter III. 2.); vom 28.03.2000 – VIII R 77/96, BStBl. II 2002, 227, 230; Beisse, in: FS Clemm, 27, 49 ff.; Beck HdR-Dziadkowski/Henselmann, B 120, Rn. 367; Klinke, ZGR 1998, 212, 234; Schulze-Osterloh, DStZ 1997, 281, 286; Wagner, INF 2003, 783, 786. 136 Beck HdR-Ballwieser, B 105, Rn. 92; Häuselmann, S. 12; Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Söffing, in: FS Budde, S. 635, 642. Vor dem Hintergrund der Abkopplungsthese so auch Beisse, GS Knobbe-Keuk, S. 402; ders. BB 1999, 2180, 2182; ders. BB 1990, 2007, 2012; ders. in: FS Clemm, S. 27, 29 und 48, ders. in: FS Döllerer, S. 25, 42. Oh-

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

Transformation von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie in deutsches Recht in § 264 Abs. 2 S. 1 HGB der Hinweis „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ eingefügt wurde. Der Regelung wird insofern eine Sonderstellung neben den regulären GoB beigemessen;137 ihre Einordnung als GoB würde dem systematisch zuwiderlaufen. Dies entspricht letztlich auch dem ausdrücklichen Interesse des Gesetzgebers an einer steuerneutralen Umsetzung der vierten EG-Richtlinie.138 § 264 Abs. 2 HGB ist mithin kein GoB und bleibt in seiner Anwendung auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Die teilweise kritisierte divergierende Bilanzierung unterschiedlicher Rechtsformen muss damit zwangsläufig in Kauf genommen werden.139 Letztendlich bliebe zu überlegen, die Anwendbarkeit des § 264 Abs. 2 HGB auf andere Rechtsformen im Wege eines Analogieschlusses zu begründen. Voraussetzung für einen solchen Fall der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung wäre zunächst das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, d.h. einer „Unvollständigkeit“, die besteht, obwohl das Gesetz für diesen Bereich an sich eine einigermaßen vollständige Regelung anstrebt.140 Ist in einem bestimmten Sachverhalt jedoch – so wie hier – eine bestimmte Rechtsfolge vom Gesetzgeber bewusst abgelehnt worden, so fehlt es jedenfalls an der Planwidrigkeit einer denkbaren Gesetzeslücke und daher an der Möglichkeit ergänzender Rechtsfindung.141 Bei Verabschiedung des Bilanzrichtlinie-Gesetzes war der Gesetzgeber sich der hieraus resultierenden divergenten Behandlung von Kapitalgesellschaften durch § 264 Abs. 2 HGB nicht nur bewusst, sondern hatte eine solche – in Abweichung zum Regierungsentwurf – sogar explizit angestrebt.142 Ergänzend fehlt es bereits an einer Lücke, weil die Generalnorm des § 243 Abs. 1 HGB vorschreibt, dass der Jahresabschluss nach den GoB, d.h. einem geschlossenen System, aufzustellen ist.143 § 264 Abs. 2 HGB bleibt

137 138 139

140 141 142 143

ne nähere Begründung ferner Schmidt-Glanegger, § 6, Rn. 17; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 50; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 207; Wagner, INF 2006, 538, 539; ders., INF 2003, 783, 785. A.A. Claussen, in: FS Goerdeler, S. 79, 89, der das Einblicksgebot zum „wichtigsten GoB“ erhebt. Eine derartige Interpretation ist jedoch angesichts der systematischen Stellung in den „Ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften“ und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar. Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 731. BT-Drucks. 10/4268, S. 90 f. Vgl. dazu unter 5. Teil I. 1. b) bb), S. 157 ff. Die Erkenntnisse des EuGH in seiner Rechtsprechung zur – auf die Kapitalgesellschaften beschränkten – Umsetzungsmasse können jedoch zu einer Weiterentwicklung der GoB und damit zu einer Angleichung der bilanzrechtlichen Behandlung der verschiedenen Rechtsformen führen, Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 52. Bydlinski, S. 473; Larenz, Methodenlehre, S. 370, 374; Röhl, S. 650. Bydlinski, S. 475. Vgl. dazu bereits 4. Teil IV. 1., S. 68 ff. So auch Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 48. Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 48.

71

Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

in seinem Anwendungsbereich damit auf die Rechtsform der Kapitalgesellschaften beschränkt.

2.

Tatbestand des § 264 Abs. 2

Um die Relevanz der Regelung für die vorliegende Problematik der Bewertungseinheiten festzustellen, gilt es – bezogen auf die von § 264 Abs. 2 HGB betroffenen Unternehmungen – nachfolgend den sachlichen Anwendungsbereich der Norm abzugrenzen. a)

Die drei Lagen

Will man die Bilanzierung von Sicherungsgeschäften an § 264 Abs. 2 S. 1 HGB messen, so ist zunächst festzustellen, dass sich das Einblicksgebot nicht auf die wirtschaftliche Gesamtlage der Gesellschaft, sondern lediglich auf drei spezifische Elemente bezieht, welche gleichrangig nebeneinander stehen.144 Unter der Vermögenslage wird hierbei nach allgemeiner Ansicht der Saldo zwischen Vermögensgegenständen und Schulden verstanden,145 der sich in erster Linie aus der Bilanz ergibt.146 Seine zutreffende Ermittlung hängt neben der vollständigen Erfassung aller Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten auch von einer sachgerechten Bewertung ab.147 Finanzlage ist die Fähigkeit der Gesellschaft zum künftigen Ausgleich der betrieblichen Ein- und Auszahlungen,148 d.h. sie betrifft vor allem die künftige Liquidität der Gesellschaft.149 Als Instrumente zur Darstellung der Finanzlage dient auch hier im Wesentlichen die Bilanz nebst den diesbezüglichen ergänzenden Angaben im Anhang sowie teilweise die GuV.150 Die Ertragslage soll 144 ADS, § 264, Rn. 60. Aufgrund der Gleichrangigkeit der drei Lagen kann es durch Überschneidungen und Wechselwirkungen zu Zielkonflikten kommen, die dann unter Einsatz der zur Verfügung stehenden Darstellungsmitteln soweit als möglich aufzulösen sind, vgl. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 32 f.; Schildbach, BFuP 1987, 1, 5. 145 ADS, § 264, Rn. 64; Küting/Weber-Baetge/Commandeur, § 264, Rn. 21; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 34; Baumbach/Hopt-Merkt, § 264, Rn. 10; Ebenroth/Boujong/JoostWiedmann, § 264, Rn. 27. 146 MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 69. 147 Dietrich, S. 89; BeckBilKomm-Winkeljohann/Schellhorn, § 264, Rn. 37. 148 Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 36; Rückle, HuRB, S. 168, 174. 149 ADS, § 264, Rn. 74; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 71; Baumbach/Hopt-Merkt, § 264, Rn. 11. 150 Die bilanzielle Finanzlage resultiert dabei u.a. aus der Höhe, Fälligkeit und Relation von Forderungen und Verbindlichkeiten; für den Anhang fordern § 285 Nr. 1, 2 und 3 HGB konkrete Angaben über die Verbindlichkeiten sowie sonstige bestehende Verpflichtungen und aus der GuV lassen sich Rückschlüsse auf die bevorstehenden zeitablaufbedingten Veränderungen der Bilanzposten ziehen, vgl. hierzu ADS, § 264, Rn. 75; Baumbach/Hopt-Merkt, § 264, Rn. 11; BeckBilKomm-Winkeljohann/Schellhorn, § 264, Rn. 37. Eine hinreichende Beurteilung der künftigen Zahlungsfähigkeit wird sich jedoch letztlich nur durch Aufstellung eines Finanzplans feststellen lassen, vgl. Ballwieser, BB 1985, 1034, 1041.

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

letztendlich Auskunft über die Höhe und das Zustandekommen des wirtschaftlichen Erfolgs des abgelaufenen Geschäftsjahres geben.151 Zentrale Auskunftsquelle ist hierzu die GuV, aus der sich sowohl die Höhe und Zusammensetzung des Ergebnisses der laufenden Geschäftstätigkeit als auch ein außerordentliches bzw. ein periodenfremdes Ergebnis ableiten lässt.152 Die hier diskutierte imparitätische Behandlung der im Sicherungsverbund verknüpften Geschäfte betrifft zunächst alle drei Lagen. Kommt es zur Bildung von Drohverlustrückstellungen oder zu Abschreibungen, so wirkt sich dies aufgrund der aufwandswirksamen Erhöhung der Schulden bzw. Reduktion der Vermögensgegenstände ohne weiteres auf die Vermögens- und Ertragslage aus. Gleichsam wird durch die Wertkorrektur von Forderungen oder Verbindlichkeiten die künftige Liquidität des Unternehmens, d.h. seine Finanzlage als vermindert wiedergeben. Problematisch erscheint hierbei, dass sich die aus dem Vorsichtsprinzip resultierenden Maßnahmen (Abschreibungen und Drohverlustrückstellungen) antizipierend negativ auf die Bilanz des Unternehmens auswirken. Bilanziell wird mithin bereits ein Verlust berücksichtigt, der sich tatsächlich noch nicht zwingend in einer Vermögens-, Ertrags- oder Finanzeinbuße realisiert haben muss. b)

Den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild

Fraglich ist aber, ob der damit verbundene Bilanzausweis auch „falsch“ ist, durch die Anwendung des Vorsichtprinzips im konkreten Fall also kein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild“ vermittelt wird. Eine derartige Konsequenz scheint angesichts des Ursprungs der Regelung im britischen Prinzip des true and fair view153 denkbar. So war die erstmals in Section 149 § 1 des Companies Act von 1948 gesetzlich verankerte154 Generalklausel des true and fair view in der britischen Rechtsordnung als „overriding principle“ ausgestaltet.155 Bei jedem Konflikt sollte danach die Generalnorm den speziellen Vorschriften vorgehen.156 Da das Vorsichtsprinzip nach dem gerade Gesag151 ADS, § 264, Rn. 78; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 37; Baumbach/Hopt-Merkt, § 264, Rn. 12; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 264, Rn. 29. 152 MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 72; Dietrich, S. 90. 153 Vgl. hierzu Großfeld, HuRB, S. 192, 196 f.; Herber, BB 1982, 959, 965; Knobbe-Keuk, § 3 II 2, S. 43. § 264 Abs. 2 S. 1 HGB beruht auf Art. 2 Abs. 3 der Vierten Richtlinie. Deren englische Fassung lautet: „The annual accounts shall give a true and fair view of the company’s assets, liabilities, financial position and profit or loss” (zitiert nach Beisse, in: FS Döllerer, S. 25, 26). 154 Vgl. Section 149 (1) des Companies Act 1948, abgedruckt bei Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, Artikel 2, S. 27. 155 Großfeld, HuRB, S. 192, 197; Baumbach/Hopt-Merkt, § 264, Rn. 9; Tubbesing, AG 1979, 91, 92. 156 Chastney sagte dazu in seiner umfassenden Untersuchung des true and fair viewPrinzips ausdrücklich: „If there is any conflict between the general provision and the detailed provision, then the general provision will rank supreme“, Chastney, Chapter

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

ten aber im Großteil der Fälle zur Verzerrung der Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage führt, wäre der stetige Konflikt mit der Generalklausel vorprogrammiert – eine Verdrängung der vom Vorsichtsgedanken bestimmten Einzelvorschriften wäre die Folge.157 Allein die Aufnahme des true and fair view in die Vierte Richtlinie bedeutet aber keinesfalls den Einzug des britischen true and fair view in die deutsche Rechnungslegung. Bei den Beratungen zur Vierten Richtlinie stand das britische Verständnis des true and fair view im Gegensatz zum deutschen – von § 149 Abs. 1 S. 2 AktG 1965 (a.F.)158 geprägten – Bilanzverständnis.159 Letzteres betonte insbesondere das Legalitätsprinzip und trug ihm dadurch Rechnung, dass der „Einblicksvorbehalt“ nicht absolut, sondern nur bedingt durch die Bewertungsvorschriften Wirkung entfaltete.160 Statt dieses Bilanzverständnis aufzugeben, wurde einem Vorschlag der britischen Delegation, § 149 des Companies Act vollständig in die Richtlinie zu übernehmen, aber gerade nicht entsprochen.161 Die gefundene Regelung ist damit letztlich Ausdruck eines Kompromisses zwischen der angelsächsischen und der kontinentaleuropäischen Rechnungslegungstradition.162 Der Grundsatz ist folglich mit der Aufnahme in die Richtlinie zu einem „autonomen Gemeinschaftsbegriff“ geworden, der einer eigenständigen Auslegung unterliegt.163 Bedeutsam ist dabei, dass die Vierte Richtlinie – anders als das damalige britische Gesellschaftsrecht164 – neben der Generalklausel des Art. 2 Abs. 3 auch ein den deutschen GoB vergleichbares System von Einzelvorschriften zum Jahresabschluss enthält, wobei auch das Vorsichtsprinzip Verankerung findet.165 Zum Verhältnis von Generalklausel und Einzelvorschriften führt die

157

158

159 160 161 162 163

164 165

74

IV, S. 30. Zum britischen Verständnis des true and fair view vgl. auch Niehus, DB 1979, 221, 222; Tubbesing, AG 1979, 91, 92. Eine derartige Konsequenz wird angenommen von Budde, in: Wirtschaftsprüfung und Wirtschaftsrecht, S. 109, 118 f., der im Zusammenhang mit § 264 Abs. 2 HGB von der „Aufnahme einer übergeordneten Generalnorm“ in das deutsche Recht ausgeht. Nach dieser Vorschrift sollte der Jahresabschluss lediglich „im Rahmen der Bewertungsvorschriften“ einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft geben. MünchKommHGB-Beater (1. Auflage, 2001), § 264, Rn. 14. Niehus, DB 1979, 221, 221. Beisse, in: FS Döllerer, S. 25, 26; Biener/Berneke, S. 132. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 14; zur Entstehungsgeschichte auch van Hulle, in: FS Budde, S. 313, 313 ff. ADS, § 264, Rn. 50; Hennrichs, ZGR 1997, 66, 73 f.; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 15; van Hulle, in: FS Budde, S. 313, 317 f.; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 26; Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 532, 539. Das englische Verständnis des true and fair view kann insofern allenfalls als Auslegungshilfe für Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie dienen, Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 15. Tubbesing, AG 1979, 91, 92. Vgl. Art. 31 der Vierten Richtlinie.

Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

Protokollerklärung des Rates zu Art. 2 der Richtlinie insoweit aus, dass „der Rat und die Kommission feststellen, dass es normalerweise ausreicht, die Richtlinie anzuwenden, damit das gewünschte den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild entsteht.“166 Hieraus ergibt sich, dass die Generalnorm nicht als Forderung nach einer „wahren Bilanz“ verstanden werden kann,167 sie also nicht die absolute Wahrheit oder optimale Information über alle wesentlichen Aspekte der drei Lagen verlangt.168 Das Einblicksgebot steht vielmehr in einer engen Wechselbeziehung zu den Einzelvorschriften und wird von deren Wertungen (z.B. der generellen Akzeptanz des Vorsichtsprinzips) in ihrer Wirkung begrenzt;169 eine Einordnung als „overriding principle“ scheidet deshalb aus.170 Darüber hinaus kann es auch nicht auf eine Beurteilung der „tatsächlichen Verhältnisse“ aus rein ökonomischer Sicht ankommen. Ein solcher Ansatz wäre für die Rechtsanwendung und die zum Ausweis verpflichteten Unternehmen viel zu unsicher.171 Schließlich ist es erst die Objektivierung der Rechnungslegung anhand der GoB, die es ermöglicht, den Jahresabschluss überhaupt als Informationsinstrument einzusetzen; unbestimmte Korrekturansätze würden diesem Ziel entgegenstehen.172 Die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage i.S.v. § 264 Abs. 2 HGB kann folglich nur in einem bilanzrechtlichen Sinne verstanden werden.173 Im Grunde akzeptiert die Norm die Entstehung eines „verzerrten“ Bildes, da sich ansonsten fast jede dem Vorsichtsprinzip entsprechende – und damit der Objektivierung durch die GoB dienende – Maßnahme ablehnen ließe.174 Gefordert wird vielmehr nur ein „entsprechendes“, d.h. ein „relativ richtiges“ Bild, wie es im Rahmen der von der Richtlinie vorgegebenen Bilanzierungsregeln von einem kundigen Bilanzleser erwartet werden kann“.175 Gerade ein solches wird sich in der Regel aber bereits unter Anwendung der GoB erzielen lassen.176 Leffson führt insoweit zutreffend aus, dass aus den GoB – 166 167 168 169 170 171

172 173 174

175 176

Abgedruckt bei Schruff, S. II/12. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 38. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27. Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 35; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 45; so wohl auch der GrS des BFH vom 07.08.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632, 637. So lassen sich die relevanten ökonomischen Aspekte nicht absolut, sondern immer nur hinsichtlich eines betreffenden Adressatenkreises richtig darstellen, vgl. ADS, § 264, Rn. 93a; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 74; Moxter, AG 1979, 141, 143; BeckBilKomm-Winkeljohann/Schellhorn, § 264, Rn. 41. ADS, § 264, Rn. 93a. ADS, § 264, Rn. 93a; Moxter, Bilanzlehre II, S. 65. Döllerer, BB 1980, 1333, 1337; Feuerbaum, DB 1980, 571, 571 zur Frage der periodengerechten Gewinnermittlung. Ein vollkommen unverzerrtes Bild ließe sich im Zweifel ohnehin nur über eine allgemeine Marktbewertung erreichen. ADS, § 264, Rn. 92 ff.; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 38. ADS, § 264, Rn. 94; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27; Leffson, HuRB, S. 94, 101.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

insbesondere in Gestalt des Vorsichtsprinzips – zwar eine nicht unerhebliche Beschränkung des Bilanzbildes folgt; letztlich handele es sich hierbei jedoch um Regeln, mit deren Anwendung jeder Bilanzleser rechnen muss und kann.177 Allein die Anwendung des Vorsichtsprinzips auf die genannten Konstellationen ist folglich nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 264 Abs. 2 HGB zu begründen. Dennoch lässt sich der Regelungsbereich des § 264 Abs. 2 HGB aufgrund dieser Feststellung aber auch nicht gegen Null reduzieren. Die Rolle des Einblicksgebots ergibt sich vielmehr unter Beachtung seines historischen Ursprungs: Die in § 264 Abs. 2 S. 1 HGB gefundene Formulierung des „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes“ ist beeinflusst vom true and fair view des englischen Rechts.178 Sie bedeutet vor allem, dass der Jahresabschluss nicht irreführend sein darf.179 Die Wiedergabe der „tatsächlichen Verhältnisse“ muss ausreichen, „damit gegenwärtige oder potentielle Eigentümer und Kreditgeber nicht zu Entscheidungen veranlasst werden, die ein sorgsamer Kaufmann niemals gefällt hätte“.180 Ist dies ausnahmsweise – trotz Anwendung der GoB – nicht gewährleistet, so ist es Funktion von § 264 Abs. 2 HGB, in solch besonders gelagerten Sachverhalten eine Korrektur herbeizuführen.181 Eine derart irreführende Wirkung ergibt sich aber in der Tat genau dann, wenn innerhalb der Sicherungsverbände aufgrund einer streng verstandenen Einzelbewertung und der imparitätischen Behandlung nur wertmindernde Tendenzen Berücksichtigung finden.182 Es erfolgt bilanziell eine Belastung der drei Lagen, obwohl es aufgrund der kompensatorischen Wirkung gegenläufiger Ge-

177 Leffson, HuRB, S. 94, 100. 178 Küting/Weber-Baetge/Commandeur, § 264, Rn. 30; Großfeld, HuRB, S. 192, 196 m.w.N. 179 Leffson, HuRB S. 94, 96. Destinare des in § 264 Abs. 2 HGB niedergelegten Einblicksgebotes sind Gesellschafter und Gläubiger gleichermaßen, wobei u.U. auch die Informationsinteressen Dritter (z.B. Arbeitnehmer oder konkurrierende Unternehmen) oder der sonstigen Öffentlichkeit betroffen sein können, Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 30. Zu den Adressaten des Jahresabschlusses allgemein, vgl. Clemm, in: FS Goerdeler, S. 93 ff. 180 Leffson, HuRB S. 94, 98. Letztlich geht es um die Sicherstellung eines Mindestinformationsniveaus“, vgl. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 38. 181 Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27, wonach die Norm des § 264 Abs. 2 bei der Interpretation und Lückenfüllung heranzuziehen ist. Nicht zu folgen ist hingegen der Ansicht Bieners, der meint, dass der Generalklausel nur dann eine entscheidende Bedeutung zukomme, wenn gesetzliche Einzelregelungen fehlen, vgl. AG 1978, 251, 252. Eine derartige Einschätzung stünde im Widerspruch zur zentralen Stellung des Einblicksgebots sowohl im Richtlinientext (Art. 2) als auch in § 264 an der Spitze der Regelungen für Kapitalgesellschaften. Auch Küting/Weber-Baetge/Commandeur, § 264, Rn. 30 sieht insofern eine besondere Bedeutung des Einblicksgebots. 182 Vgl. hierzu bereits 2. Teil II. 2. S. 33 ff.

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

schäfte faktisch zu gar keinen Einbußen kommen kann.183 Für den Leser der Bilanz ist damit – anders als im Regelfall – aufgrund seiner Erfahrungswerte nicht mehr ersichtlich, welche wirtschaftliche Konsequenz sich hinter dem Bilanzausweis verbirgt. Ihm bleibt nicht nur verschlossen, ob die Anwendung des Vorsichtsprinzips wirtschaftliche Berechtigung hat oder nicht. Aufgrund des imparitätischen Ausweises rechnet er – vor dem Hintergrund eines am Normalfall orientierten GoB-Verständnisses – vielmehr sogar sicher mit einer verminderten Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage, welche tatsächlich gar nicht besteht. Im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften verliert das Vorsichtsprinzip damit wenigstens teilweise seine Berechtigung im Rahmen eines objektivierenden Bilanzierungssystems. Es dient hier nicht der Antizipation tatsächlich erwarteter Vermögenseinbußen, sondern wirkt rein technisch, konträr zur wirtschaftlichen Realität. Ein irreführender Bilanzausweis ist die Folge. Zumindest für den Fall eines sicheren Risikoausschlusses ergibt sich damit insgesamt ein Bild von Vermögen-, Ertrags- und Finanzlage, das wirtschaftlich den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht.184

3.

Konsequenzen eines „Verstoßes“

Fraglich sind die Konsequenzen eines derartigen Verstoßes gegen die Regelungsanordnung von § 264 Abs. 2 HGB. Die Norm könnte die Bildung bilanzieller Bewertungseinheiten nur dann rechtfertigen, wenn man sie als Generalklausel auch für die Bilanz betrachtet und ihr damit einen entscheidenden Einfluss auf die sonst einschlägigen Einzelvorschriften – in concreto den Einzelbewertungsgrundsatz bzw. das Imparitätsprinzip – zuschreibt. Entscheidend für die Einordnung des § 264 Abs. 2 HGB als Rechtsgrundlage für objektübergreifende Bewertungseinheiten ist mithin die Frage, auf welcher Ebene eine Korrektur des Jahresabschlusses zu erfolgen hat, d.h. ob das Einblicksgebot auch tatsächlich eine Modifikation der GoB im Rahmen der Bilanz verlangt. Der Wortlaut des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB ist dabei wenig ergiebig.185 Zwar gebietet die Norm, dass der „Jahresabschluss“, d.h. die Bilanz, die GuV und der Anhang,186 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln haben. Welches der drei Elemente jedoch für die Korrektur eines irreführenden Bildes zuständig ist, erschließt sich nicht.187 183 Entstehende Verluste werden zwangsläufig durch korrespondierende Gewinne ausgeglichen, so dass die Ertragslage unberührt bleibt. Gleiches gilt für die Vermögenslage, die im Saldo keiner Minderung ausgesetzt wird. Auch die Finanzlage wird nicht beeinflusst. 184 So im Ergebnis auch Benne, DB 1991, 2601, 2602; U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 300; Lührmann, DStR 1998, 387, 389; Portner, IStR 1995, 251, 252. 185 So auch Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 23. 186 Zu den Bestandteilen des Jahresabschlusses bei Kapitalgesellschaften vgl. Federmann, S. 55; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 264, Rn. 2. 187 So auch Beisse, in: FS Döllerer, S. 25, 33.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

a)

Abkopplungsthese

Deutlicher wird § 264 Abs. 2 S. 2 HGB, der verlangt, dass „im Anhang zusätzliche Angaben zu machen sind“, wenn besondere Umstände dazu führen, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Satzes 1 nicht vermittelt.188 Die Korrektur scheint mithin – ohne Zugriff auf die Bilanzierungsnormen – ausschließlich im Anhang zu erfolgen. Vertreten wird dieses Normenverständnis von den Anhängern der Abkopplungsthese, die § 264 Abs. 2 HGB lediglich als „Generalnorm für den Anhang“ ansehen und die rechtliche Bedeutung des Einblicksgebots beschränken wollen.189 Nur eine solche Interpretation könne gewährleisten, dass die bilanzielle Insolvenzvorsorge durch das Vorsichtsprinzip erhalten bleibe.190 Insoweit sei es eine Strukturentscheidung sowohl des Richtlinien-, als auch des Gesetzgebers gewesen, die Bilanz (u.a. auch zur Wahrung der Steuerneutralität der neuen Bilanzgesetzgebung191) von der Geltung des true and fair view freizuhalten.192 Ohnehin sei es Zweck des Anhangs, den Einblick in die Vermögen-, Finanz- und Ertragslage zu verbessern und so Informationsdefizite auszugleichen.193 Folgt man der Abkopplungsthese, so ließe sich die Bildung von Bewertungseinheiten – mangels Einfluss auf die Bilanz – nach § 264 Abs. 2 HGB nicht rechtfertigen. Vor dem europarechtlichen Hintergrund der Norm erscheint dieses Ergebnis jedoch nicht unproblematisch. So sieht die Vierte Richtlinie mit Art. 2 Abs. 5 188 Die Regelung des § 264 Abs. 2 S. 2 HGB weicht damit die Anordnung des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB auf, nach der (bereits) der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln „hat“. Im Ergebnis führt diese Gesetzesanordnung jedoch zu einem Zirkelschluss: Nach dem oben Gesagten ist bei Kapitalgesellschaften auch der Anhang Bestandteil des Jahresabschlusses. Wird dieser nach § 264 Abs. 2 S. 2 HGB um zusätzliche Angaben erweitert, um ein abweichendes Bild zu erläutern, so ergibt sich aus der Gesamtschau von Bilanz, GuV sowie erläuternder Anhangangaben letztlich doch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild. Die Rechtsfolge des § 264 Abs. 2 S. 2 HGB würde mithin den Ausschluss ihres eigenen Tatbestandes bewirken. Beheben lässt sich dieser Widerspruch nur dergestalt, dass § 264 Abs. 2 S. 2 HGB entweder tatsächlich davon ausgeht, dass nur Bilanz und GuV kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln oder dass die nach S. 2 zu machenden „zusätzlichen Angaben“ letztlich doch nicht geeignet sind, ein entsprechendes Bild zu erzeugen. 189 ADS, § 264, Rn. 88; Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 35 ff.; ders. in: FS Döllerer, S. 25, 33 f.; ders. BB 1999, 2180, 2182; Knobbe-Keuk, § 3 III 2, S. 44; Moxter, in: FS Budde, S. 419, 426 ff.; ders., BB 1978, 1629, 1630 f.; ders., AG 1979, 141, 148; ders., Bilanzlehre II, 67 f. 190 Moxter, BB 1978, 1629, 1630, der darauf hinweist, dass die Vierte Richtlinie selbst in Art. 31 das Vorsichtsprinzip als elementares Bilanzierungsprinzip anerkannt habe. 191 Beisse, in: FS Döllerer, S. 25, 36. 192 Moxter, BB 1978, 1629, 1630. 193 ADS, § 264, Rn. 88.

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an sich eine Vorrangregelung vor, nach der von den bilanzrechtlichen Einzelvorschriften abzuweichen ist, wenn sie in Ausnahmefällen mit dem Einblicksverbot nicht vereinbar sind.194 Eine derartige Abweichung geht aber deutlich über die reine Berichtspflicht im Anhang hinaus und ist daher mit der Abkopplungsthese kaum vereinbar. Etwas anderes könnte sich allenfalls daraus ergeben, dass der Gesetzgeber explizit davon abgesehen hat, Art. 2 Abs. 5 in deutsches Recht zu transformieren. Die Umsetzung war seiner Ansicht nach entbehrlich, weil es sich um einen allgemeinen Grundsatz handele, nach dem Gesetze stets so anzuwenden seien, wie es ihrem Sinn und Zweck entspreche.195 Der Gesetzgeber ging also offenkundig davon aus, dass sich der Gedanke des Art. 2 Abs. 5 bereits aus den allgemeinen Grundsätzen ergäbe.196 Teilweise wird daraus gar geschlossen, dass die Generalnorm im deutschen Bilanzrecht hinter den Einzelvorschriften zurücktritt, womit dem Einblicksgebot keine eigenständige Bedeutung beizumessen sei.197 Zumindest aber stünde die Vorrangreglung der Richtlinie der Abkopplungsthese nicht entgegen.198 Beide Auffassungen kollidieren jedoch bereits mit der hervorgehobenen Stellung des true and fair view innerhalb der Vierten Richtlinie. So wird sowohl in der Präambel als auch in Art. 2 Abs. 3 die Vermittlung eines true and fair view als Hauptzielsetzung der Richtlinie manifestiert.199 Dessen Degradierung auf eine bloße Anhangfunktion vermag insofern kaum zu überzeugen.200 Hinzu kommt, dass die Abkopplungsthese gegen den Gedanken der Einheit des Jahresabschlusses verstößt.201 Folgte man dieser Theorie, so würde sich der An194 Artikel 2 Abs. 5 der Vierten Richtlinie lautet: „Ist in Ausnahmefällen die Anwendung einer Vorschrift dieser Richtlinie mit der in Absatz 3 vorgesehenen Verpflichtung unvereinbar, so muß von der betreffenden Vorschrift abgewichen werden, um sicherzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Absatz 3 vermittelt wird. Die Abweichung ist im Anhang anzugeben und hinreichend zu begründen; ihr Einfluß auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist darzulegen. Die Mitgliedstaaten können die Ausnahmefälle bezeichnen und die entsprechende Ausnahmeregelung festlegen“. 195 Begründung des Regierungsentwurfs zu § 237 HGB-E, BT-Drucks. 10/317, S. 77: „Auf die ausdrückliche Übernahme von Artikel 2 Abs. 5 der Vierten Richtlinie, der den Grundsatz enthält, dass gesetzliche Vorschriften zu durchbrechen sind, wenn sie in Ausnahmefällen mit der Verpflichtung unvereinbar sind, das geforderte Bild zu vermitteln, wurde verzichtet, weil nach allgemeinen Grundsätzen des deutschen Rechts die Anwendung gesetzlicher Vorschriften jeweils so zu erfolgen hat, dass der den gesetzlichen Vorschriften vom Gesetzgeber beigelegte Sinn und Zweck erfüllt wird“. 196 Großfeld, HuRB, S. 192, 199. 197 Streim, in; FS Moxter, S. 391, 396 ff., der insoweit aber auch eine richtlinienkonforme Umsetzung anzweifelt; ähnlich auch Selchert, BB 1993, 753, 753. 198 Beisse, in: FS Döllerer, S. 25, 35. 199 Vgl. Budde, in: Wirtschaftsprüfung und Wirtschaftsrecht, S. 109, 112 ff.; Hennrichs, S. 133. 200 So auch Hennrichs, S. 138. 201 Lambert, S. 162; Streim, in: FS Moxter, S. 391, 403.

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hang als eigenständiges und von Bilanz und GuV losgelöstes Informationsinstrument verstehen. Da sich die Mehrzahl der gesetzlich geforderten Angaben im Anhang aber auf Positionen der Bilanz und GuV beziehen, können Anhang und Zahlenwerk nicht losgelöst betrachtet werden.202 Beide Überlegungen stehen der Abkopplungsthese entgegen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der EuGH, der in der Rechtssache Tomberger203 erstmalig zur Bedeutung des Einblicksgebots Stellung zu nehmen hatte. Als „Hauptzielsetzung“ der Vierten Richtlinie maß der EuGH dem Einblicksgebot dabei eine überragende Bedeutung zu, die auch einen unmittelbaren Einfluss auf die Bilanz entfalte.204 In Sache DE + ES205 wurde der EuGH noch deutlicher und verwies für die Frage der Konkurrenz zwischen Generalklausel und Einzelvorschriften auf Art. 31 Abs. 2 der Vierten Richtlinie. Die hier vorgesehene Abweichungsmöglichkeit von den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen sei „im Lichte des mit der Richtlinie verfolgten Zweckes auszulegen“,206 womit auch von Einzelvorschriften abgewichen werden könne, um zu einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild zu gelangen.207 Dieses Ergebnis überzeugt vor dem Hintergrund, dass Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie gleichfalls Abweichungen von einfachen Bilanzierungsvorschriften vorsieht – auch wenn diese Regelung nicht ins deutsche Recht transformiert wurde. Schließlich wollte der Gesetzgeber das true and fair view damit nicht ausschalten, sondern war der Auffassung, dass sich seine angemessene Berücksichtigung bereits aus „allgemeinen Grundsätzen“,208 d.h. der Auslegung, der Anwendung von Ausnahmeregeln oder der Möglichkeit zur teleologischen Reduktion ergibt.209 Der Abkopplungsthese und ihrem Verweis auf den Anhang kann damit nicht gefolgt werden.210

202 Lambert, S. 162; Streim, in: FS Moxter, S. 391, 403. 203 EuGH vom 27.06.1996, Rs C-234/94 Slg. 1996, I-3145 ff = DB 1996, 1400, berichtigt durch Beschluss vom 10.07.1997 – Rs. C-234/94, DB 1997, 1513. 204 EuGH vom 27.06.1996, Rs C-234/94 Slg. 1996, I-3145 ff = DB 1996, 1400, Rz. 17. Eine explizite Stellungnahme zum Verhältnis von Einblicksgebot und Einzelvorschriften ließ das Urteil allerdings noch vermissen. So auch Herlinghaus, IStR 1997, 529, 531 und Herzig, DB 1996, 1401, 1402, die insbesondere eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Realisationsprinzip vermissen. 205 EuGH vom 14.09.1999, Rs C-275/97, DB 1999, 2035. 206 EuGH vom 14.09.1999, Rs C-275/97, DB 1999, 2035, Rn. 31. 207 EuGH vom 14.09.1999, Rs C-275/97, DB 1999, 2035, Rn. 32. 208 BT Drucks. 10/317, S. 77. 209 Ähnlich auch Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 43. 210 So auch die Einschätzung von MünchKommHGB-Beater (1. Auflage, 2001), § 264, Rn. 19; Herlinghaus, IStR 1997, 529, 533; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 25 f.; Baumbach/Hopt-Merkt, § 264, Rn. 9; MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 48; WeberGrellet, DB 1996, 2089, 2089; BeckBilKomm-Winkeljohann/Schellhorn, § 264, Rn. 30.

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Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB

b)

Einfluss des Einblicksgebots im Rahmen der nationalrechtlichen Möglichkeiten

Nachdem eine Beschränkung auf den Anhang damit ebenso abgelehnt wurde wie die Beimessung eines uneingeschränkten Vorrangs (overriding principle),211 ist das Einblickgebots – als Hauptzielsetzung der Richtlinie212 – im Rahmen der vorhandenen nationalrechtlichen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Bedeutung hat dies zunächst hinsichtlich der Auslegung von Einzelvorschriften,213 d.h. auch der normierten GoB.214 Sofern es um die Bilanzierung von Kapitalgesellschaften215 geht, ist die Zielvorgabe des § 264 Abs. 2 HGB damit bei der Interpretation unbestimmter Rechtsbegriffe und der Lückenfüllung heranzuziehen.216 Dies gilt allerdings nicht im Sinne eines „overriding principle“, sondern nur in dem Maße, in dem unter Wahrung der übrigen Bilanzzwecke und der allgemeinen Bewertungsprinzipien ein Interpretationsspielraum eröffnet ist.217 In diesem Rahmen, d.h. unter Beachtung der übrigen Bilanzierungsvorgaben, hat „dasjenige Auslegungsergebnis Vorrang, durch das die Aussagekraft des Jahresabschlusses gesichert bzw. gestärkt wird“.218 Ist eine Auslegung aufgrund des eindeutigen Wortlauts einer Norm nicht mög-

211 Vgl. hierzu 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. So auch Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 35 und Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27. 212 EuGH vom 27.06.1996, Rs C-234/94 Slg. 1996, I-3145 ff = DB 1996, 1400, Rz. 17. 213 Vgl. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 26 f., 39 f. 214 Anders unter Hinweis auf die bewusste gesetzliche Trennung von true and fair view und GoB bzw. deren abweichende Funktion (Gläubigerschutz statt sachgerechter Informationsgewährung) Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Beisse, GS Knobbe-Keuk, S. 385, 402; ders. BB 1999, 2180, 2182; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 731. Diese Auffassung kann jedoch nicht überzeugen, da sie sich maßgeblich auf die oben abgelehnte Abkopplungsthese gründet. Ferner hat auch der Richtliniengeber mit Art. 2 Abs. 5 der Vierten Richtlinie einen Einfluss des true and fair view auf die – im deutschen Recht als GoB verstandenen – Einzelvorschriften des Art. 31 Abs. 1 festgeschrieben. Vgl. darüber hinaus auch die Regierungsbegründung zu § 237 HGB-E (BT-Drucks. 10/317, S. 76), die ausdrücklich eine Anwendung der Generalklausel für den Fall vorsieht, dass „Zweifel bei der Auslegung und Anwendung einzelner Vorschriften entstehen oder Lücken in der gesetzlichen Regelung zu schließen sind“. Der Einfluss auf die Auslegung der GoB wird dabei nicht ausgenommen. 215 Anders BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265 und Günkel, StbJb 2002/03, S. 276, 278 f., die dem true and fair view zwar eine Qualifikation als GoB versagt, es aber undifferenziert als „Maßgabe für eine Auslegung und Anwendung der GoB“ werten. Wie festgestellt, kann dies jedoch nur insoweit gelten, als Kapitalgesellschaften betroffen sind; ähnlich auch Wagner, INF 2003, 783, 785 f. 216 Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27; Schulze-Osterloh, ZHR 150 (1986), 532, 541 f. 217 So auch Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 731, die vor diesem Hintergrund der „in der Literatur sehr beliebten Vorgehensweise“, allgemeine Bewertungsprinzipien mit dem Verweis auf den true and fair view abzubedingen, eine Absage erteilen. 218 Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 39.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

lich,219 ließe sich ferner eine teleologische Reduktion bestimmter Einzelvorschriften erwägen. Sind auch deren Voraussetzungen nicht erfüllt, so verbleibt ein möglicher Rückgriff auf die Ausnahmevorschrift des § 252 Abs. 2 HGB.220 Dem Einblicksgebot kommt damit im Ergebnis nicht nur eine Erläuterungs-, sondern auch eine Interpretations- und ggf. eine Korrekturfunktion zu.221 Erst wenn die Berücksichtigung des Einblicksgebots auch auf diesem Wege scheitert, hat der Bilanzierende den true and fair view durch ergänzende Anhangangaben herzustellen.

V.

Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

Zu fragen ist damit zunächst, ob die Bildung von Bewertungseinheiten unter Auslegung der allgemeinen Bilanzierungsvorschriften – für Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung des § 264 Abs. 2 HGB – zu rechtfertigen ist. Zwar ließe sich eine bilanzielle Gesamtbewertung möglicherweise auch auf § 252 Abs. 2 HGB stützen, der eine ausdrückliche Abweichungsmöglichkeit von den Bilanzierungsregelungen des Abs. 1 vorsieht. Angesichts des Ausnahmecharakters der Norm kommt es auf § 252 Abs. 2 HGB jedoch nur an, wenn sich das entsprechende Ergebnis nicht bereits aus den GoB selbst ableiten lässt. Es gilt daher zunächst, die allgemeinen Bilanzierungsvorschriften auf eine Vereinbarkeit mit der kompensatorischen Bewertung zu untersuchen. Festgestellt werden kann dabei, dass der bei Kompensationsgeschäften auftretende Konflikt letztlich nur durch eine Einschränkung der imparitätischen Bewertung, d.h. durch eine zeitgleiche Berücksichtigung wertgleicher Gewinnund Verlustbeiträge, aufzulösen ist. Hierfür bieten sich zwei Wege an. Denkbar ist zum einen die einschränkende Auslegung des Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4, 2. Hs. HGB), indem – vergleichbar zur Verlustberücksichtigung nach § 252 Abs. 1 Nr. 4, 1. Hs. HGB – mögliche Gewinne bereits im Zeitpunkt ihrer „Entstehung“ berücksichtigt werden. Zum anderen ließe sich überlegen, auf die Verlustantizipation gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4, 1. Hs. HGB zu verzichten, womit diese genau wie mögliche Gewinne erst im „Realisationszeitpunkt“ bilanziell zu berücksichtigen wären.

219 Vgl. dazu nachfolgend 4. Teil V. 3. c), S. 93 ff. 220 Zu den damit verbundenen Zweifelsfragen vgl. unter 4. Teil VII., S. 138 ff. 221 Hennrichs, S. 133 ff.; ders., ZGR 1997, 66, 78 f.; Herlinghaus, IStR 1997, 529, 533; van Hulle, in: FS Budde, S. 313, 320 ff.; Weber-Grellet, DB 1996, 2089, 2090; ders., StuW 1995, 336, 350. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 29 weist zu Recht darauf hin, dass die Funktionen der Generalnorm aber immer nur im Kontext der anderen Bilanzzwecke und der Einzelvorschriften konkretisiert werden können. Das Einblicksgebot ist hingegen nicht geeignet, das in den Einzelvorschriften angelegte und durch die Zwecke des Jahresabschlusses geprägte Bilanzierungssystem gänzlich zu verdrängen.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

lich,219 ließe sich ferner eine teleologische Reduktion bestimmter Einzelvorschriften erwägen. Sind auch deren Voraussetzungen nicht erfüllt, so verbleibt ein möglicher Rückgriff auf die Ausnahmevorschrift des § 252 Abs. 2 HGB.220 Dem Einblicksgebot kommt damit im Ergebnis nicht nur eine Erläuterungs-, sondern auch eine Interpretations- und ggf. eine Korrekturfunktion zu.221 Erst wenn die Berücksichtigung des Einblicksgebots auch auf diesem Wege scheitert, hat der Bilanzierende den true and fair view durch ergänzende Anhangangaben herzustellen.

V.

Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

Zu fragen ist damit zunächst, ob die Bildung von Bewertungseinheiten unter Auslegung der allgemeinen Bilanzierungsvorschriften – für Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung des § 264 Abs. 2 HGB – zu rechtfertigen ist. Zwar ließe sich eine bilanzielle Gesamtbewertung möglicherweise auch auf § 252 Abs. 2 HGB stützen, der eine ausdrückliche Abweichungsmöglichkeit von den Bilanzierungsregelungen des Abs. 1 vorsieht. Angesichts des Ausnahmecharakters der Norm kommt es auf § 252 Abs. 2 HGB jedoch nur an, wenn sich das entsprechende Ergebnis nicht bereits aus den GoB selbst ableiten lässt. Es gilt daher zunächst, die allgemeinen Bilanzierungsvorschriften auf eine Vereinbarkeit mit der kompensatorischen Bewertung zu untersuchen. Festgestellt werden kann dabei, dass der bei Kompensationsgeschäften auftretende Konflikt letztlich nur durch eine Einschränkung der imparitätischen Bewertung, d.h. durch eine zeitgleiche Berücksichtigung wertgleicher Gewinnund Verlustbeiträge, aufzulösen ist. Hierfür bieten sich zwei Wege an. Denkbar ist zum einen die einschränkende Auslegung des Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4, 2. Hs. HGB), indem – vergleichbar zur Verlustberücksichtigung nach § 252 Abs. 1 Nr. 4, 1. Hs. HGB – mögliche Gewinne bereits im Zeitpunkt ihrer „Entstehung“ berücksichtigt werden. Zum anderen ließe sich überlegen, auf die Verlustantizipation gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4, 1. Hs. HGB zu verzichten, womit diese genau wie mögliche Gewinne erst im „Realisationszeitpunkt“ bilanziell zu berücksichtigen wären.

219 Vgl. dazu nachfolgend 4. Teil V. 3. c), S. 93 ff. 220 Zu den damit verbundenen Zweifelsfragen vgl. unter 4. Teil VII., S. 138 ff. 221 Hennrichs, S. 133 ff.; ders., ZGR 1997, 66, 78 f.; Herlinghaus, IStR 1997, 529, 533; van Hulle, in: FS Budde, S. 313, 320 ff.; Weber-Grellet, DB 1996, 2089, 2090; ders., StuW 1995, 336, 350. Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 29 weist zu Recht darauf hin, dass die Funktionen der Generalnorm aber immer nur im Kontext der anderen Bilanzzwecke und der Einzelvorschriften konkretisiert werden können. Das Einblicksgebot ist hingegen nicht geeignet, das in den Einzelvorschriften angelegte und durch die Zwecke des Jahresabschlusses geprägte Bilanzierungssystem gänzlich zu verdrängen.

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Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

1.

Realisationsprinzip

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu erörtern, ob sich die adäquate bilanzielle Berücksichtigung kompensatorischer Effekte durch eine Vorverlagerung des Realisationszeitpunktes erreichen ließe. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB sind „Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind“. Um der Forderung nach einer Bestätigung am Markt222 zu entsprechen wird hinsichtlich des Realisationszeitpunkts bei Umsatzgeschäften grundsätzlich auf den Umsatzakt der Leistungsbewirkung durch den Sachoder Dienstleistungsverpflichteten (Eintritt des Leistungserfolges) abgestellt.223 Entscheidend soll dabei sein, dass dem Sach- oder Dienstleistungsverpflichteten die Gegenleistung sicher ist, weil er entweder seine Lieferverpflichtung erfüllt hat oder die Preisgefahr auf den anderen Vertragspartner übergegangen ist (§§ 326 Abs. 2, 446, 447, 615, 644 BGB).224 Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein derartiges Anknüpfen an die Leistungsbewirkung aber keinesfalls zwingend. „Realisation“ i.S.d. § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff,225 der der Auslegung bedarf. Neben dem Zeitpunkt der Leistungsbewirkung ließe sich z.B. auch bereits auf den Vertragsschluss oder erst den Geldeingang226 als Anknüpfungspunkte abstellen.227 Leffson228 hat jedoch überzeugend dargelegt, dass regelmäßig keiner der beiden Alternativzeitpunkte mit der Wertung des Gesetzgebers in Einklang steht. Während der Geldeingang zwar die größte Sicherheit der Realisation mit sich bringt, ist er als Realisationszeitpunkt praktisch ungeeignet: „Alle Geschäfte wären so lange als in der Schwebe befindlich zu betrachten, bis jedes Geschäft bis auf den letzten Pfennig (Cent) abgewickelt wä-

222 vgl. hierzu bereits 2. Teil I. 1. a), S. 24 f. 223 ADS, § 252, Rn. 82; Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 73 ff.; MünchKommHGBBallwieser, § 252, Rn. 75; KölnerKommAktG-Claussen/Korth, § 252, Rn. 29; StaubKleindiek, § 252, Rn. 27 f.; Baumbach/Hopt-Merkt, § 252, Rn. 14; Baumbach/HueckSchulze-Osterloh, § 42, Rn. 15; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 103; BeckBilKomm-Winkeljohann/Geißler, § 252, Rn. 45. Abweichend zu behandeln sind daher Finanztermingeschäfte, bei denen nicht der tatsächliche Leistungsaustausch, sondern nur der Ausgleich der Kursdifferenz vereinbart ist (z.B. Swaps). Der Anspruch auf Entrichtung der Kursdifferenz konkretisiert sich hier erst am vereinbarten Termin, da beide Vertragspartner bis zu diesem Zeitpunkt das Risiko des Kursverlustes bzw. die Chance zur Kursgewinn tragen, vgl. Lührmann, DStR 1998, 387, 391. 224 ADS, § 246, Rn. 188 und § 252, Rn. 82; KölnerKommAktG-Claussen/Korth, § 252, Rn. 29; Crezelius, in: FS Döllerer, S. 81, 86 f.; Federmann, S. 165; Staub-Kleindiek, § 252, Rn. 27 f.; Lührmann, DStR 1998, 387, 389. 225 MünchKommHGB-Ballwieser, § 252, Rn. 76; Lüders, DB 1986, 1944, 1944. 226 So z.B. Schneider, in: FS Leffson, S. 101, 116. 227 So Leffson, S. 257 ff. Weitere denkbare Anknüpfungspunkte bei MünchKommHGBBallwieser, § 252, Rn. 76. 228 Leffson, S. 257 ff.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

re“.229 Gleichfalls spricht § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB gegen eine derartige Verzögerung des Realisationszeitpunkts.230 Und auch eine Realisation bereits bei Vertragsschluss erscheint nicht sachgerecht, da der tatsächliche Erhalt der Gegenleistung in diesem Zeitpunkt noch mit einer Vielzahl unwägbarer Risiken behaftet ist.231 Hinzu kommt die systematische Differenzierung zwischen den beiden Halbsätzen des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB. Während Risiken und Verluste bereits bei ihrer „Entstehung“ zu berücksichtigen sind, gilt das für Gewinne „nur“ – d.h. „erst“ – im Falle ihrer „Realisation“. Der Gesetzgeber hat damit offensichtlich unterschiedliche Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten aufgestellt und ist insofern von zeitlich auseinander fallenden Anknüpfungspunkten ausgegangen. Soll die Verlustberücksichtigung aber der Gewinnrealisierung grundsätzlich vorgelagert sein und ist der Vertragsschluss der erste denkbare Zeitpunkt für eine Wertberücksichtigung überhaupt, so ist es systematisch verfehlt, auch eine Gewinnrealisierung bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzunehmen. Im Rahmen der hier diskutierten Kompensationsgeschäfte sollen diese Grundsätze nach teilweise vertretener Ansicht dennoch nicht gelten, weil die besondere Risikoverteilung eine abweichende Beurteilung rechtfertige. Nicht der Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung sei hier entscheidend, sondern die Gewinnrealisation solle bereits mit Schließen der Position, d.h. mit Herstellung des Sicherungszusammenhangs eintreten.232 So wird teilweise darauf verwiesen, dass bei – von der Kompensation zumeist betroffenen – ausschließlich geldbezogenen Lieferungen und Leistungen nicht die Gefahr eines zufälligen Untergangs bestünde;233 es sei mithin nicht erforderlich, die Realisation von einer schuldrechtlichen Erfüllungshandlung abhängig zu machen.234 Vielmehr bestünde z.B. bei Fremdwährungsgeschäften – neben dem vernachlässigungs229 Leffson, S. 259. 230 Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 356. 231 Leffson, S. 260 ff., der exemplarisch die mit der Lieferung und Erzeugung oder Beschaffung verbundenen Risiken nennt, die deutlich über die im Lieferzeitpunkt bestehenden Risiken (z.B. Bonitäts-, Verzugs-, Gewährleistungs- oder Haftungsrisiko) hinausgehen. Letztere sind nach weit überwiegender Meinung zu vernachlässigen, so dass im Lieferzeitpunkt – anders als schon bei Vertragsschluss – ein „quasisicherer“ Anspruch auf Gegenleistung bestehe, vgl. auch MünchKommHGB-Ballwieser, § 252, Rn. 76; KölnerKommAktG-Claussen/Korth, § 252, Rn. 29; Knobbe-Keuk, § 6 I 2. a), S. 245. 232 So z.B. Birck/Meyer, Teillieferung 5, V 492; Burkhardt, WPg 1989, 495, 496 f.; Windmöller, in: Fachtagung, S. 94 f.; ähnlich dem Grunde nach auch Schlösser, S. 243 ff., die im Ergebnis jedoch eine GoB-Konformität ausdrücklich ablehnt. 233 Gelhausen, S. 152; Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 354 der jedoch daraus keine Vorverlagerung des Realisationszeitpunktes ableitet. Zur Gefahrtragung bei Geldschulden vgl. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, S. 167 f., 318. 234 Schlösser, S. 246, die eine GoB-Konformität der möglichen Vorverlagerung des Realisationszeitpunktes allerdings dennoch verneint; Windmöller, in: Fachtagung, S. 99 f.

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Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

fähigen Bonitätsrisiko – lediglich ein Devisenkursrisiko. Voraussetzung der Realisation sei folglich nicht die tatsächliche Leistungsbewirkung, sondern der Umstand, dass durch die Absicherung das Devisenkursrisiko ausgeschaltet worden sei und hinsichtlich der vertraglichen Beziehung allenfalls ein (normales) Bonitätsrisiko der Geschäftspartner bestehe.235 Zumindest bei gesicherten Devisentermingeschäften und der Veräußerung eines bereits vorhandenen gesicherten Devisenbestands stehe damit einer vorzeitigen Realisation (mit Abschluss des Verkaufskontraktes) nichts entgegen.236 Eine derartige Interpretation des § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB vermag jedoch nicht zu überzeugen. Auch wenn der Wortlaut der Norm eine solche Sicht der Dinge zu tragen vermag, ist die Risikodimension bei kompensatorischen Geschäften doch eine andere. Im Unterschied zum Gewinn aus einem Einzelgeschäft lasten bei gegenläufigen Geschäften nämlich zwei Bonitätsrisiken auf dem Erfolgsbeitrag.237 Nur wenn die Vertragspartner beider Geschäfte die Kontrakte vereinbarungsgemäß erfüllen, wird der in Aussicht stehende Gewinn effektiv zufließen. Benne238 weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Vereinnahmung eines Kursgewinns üblicherweise den Abgang eines Aktivums verlangt. Nähme man die Realisation bereits bei Schließung der Position an, so würden zum einen „Abgangserträge“, zum anderen aber weiterhin laufende 235 Windmöller, in: Fachtagung, S. 94. 236 Burkhardt, WPg 1989, 495, 496 f.; Windmöller, in: Fachtagung, S. 89, 94 f. Benne, BB 1992, 1172, 1173 führt ergänzend aus, dass es sich auch beim Währungsrisiko letztlich nur um einen Unterfall der Wert- und Preisrisiken handele, womit die genannten Autoren ihre Interpretation konsequenter Weise auch auf bestehende Preis- und Kursrisiken bei Waren und Wertpapieren anzuwenden hätten. Hierbei verkennt er jedoch die Besonderheit, dass bei Geldgeschäften nicht die Gefahr eines zufälligen Untergangs existiert, womit die Risikoverteilung eine andere ist. 237 Lührmann, DStR 1998, 387, 390. Gleichfalls Burkhardt, WPg 1989, 495, 496 f., der das doppelte Bonitätsrisiko allerdings unter Hinweis auf die Regelung des § 340h Abs. 2 S. 1 HGB (entspricht § 340 j Abs. 2 HGB-E) für unbeachtlich hält. Da das Gesetz im Falle der „besonderen Deckung“ eine Gewinnrealisation ausdrücklich für zulässig erachtet habe, spiele es keine Rolle, ob das latente Bonitätsrisiko von einem oder mehreren Geschäftspartnern abhänge. Burkhardt verkennt dabei jedoch, dass es sich bei § 340h HGB um eine nicht verallgemeinerungsfähige Sondervorschrift für Kreditinstitute handelt (vgl. hierzu bereits 4. Teil III. 2., S. 63 ff.). Auch der Hinweis auf die Begründung des Umsetzungsentwurfs (Schreiben des BMJ – III A3 – 3507/11 – 322297/88 vom 30.11.1988), in der explizit ausgeführt ist, dass es nicht auszuschließen sei, „dass die vorgeschlagene Regelung nicht auf Kreditinstitute begrenzt bleibt“, führt zu keinem anderen Ergebnis. So geht der Umsetzungsentwurf zum einen selbst davon aus, dass die Regelung zunächst auf Kreditinstitute beschränkt ist. Zum anderen wurde die Formulierung nicht nur nicht in die Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 11/6275, S. 24) übernommen, sondern vielmehr sogar gesteigerter Wert auf die Hervorhebung des Vorsichtsprinzips gelegt, vgl. hierzu auch Lührmann, DStR 1998, 387, 391. 238 Benne, BB 1992, 1172, 1175.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Erträge (z.B. Zinsen) vereinnahmt, die bilanztechnisch an sich an das Vorhandensein dieses Aktivums anknüpfen. Letztlich ist die Vorverlagerung des Realisationszeitpunktes auch nicht mit der – primär vom Gläubigerschutz geprägten239 – Ratio des Realisationsprinzips vereinbar. Dass Gewinne erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie bis zum Abschlussstichtag verwirklicht, d.h. durch ein Umsatzgeschäft in Form einer Markttransaktion bestätigt wurden,240 dient in erheblichem Maße der Objektivierung und Willkürfreiheit des Erfolgsausweises.241 Zweck des § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB ist es dabei, die Frage der Ertragsrealisierung dem Ermessen des Rechenschaftspflichtigen zu entziehen.242 Indem der Unternehmer auf diesem Wege gehindert werden soll, sein Vermögen umfassender auszuweisen als es tatsächlich ist, sollen die Gläubiger vor Überentnahmen und ausschüttungen und so vor einer Reduzierung der Haftungssubstanz geschützt werden.243 An gerade diesem Schutzmechanismus mangelt es aber bei kompensatorischen Geschäften. Anders als bei der Anknüpfung an die Leistungsbewirkung steht es hier weiterhin im Ermessen des Bilanzierenden, den Sicherungszusammenhang vorzeitig aufzulösen. Die sich sichernden Geschäfte würden dann erneut einem Kursrisiko ausgesetzt, womit der erwartete Gewinn letztlich doch wieder ungewiss würde. So hat die X-AG in Beispiel 1244 die Möglichkeit, die sichernde Dollarposition zur Deckung eines Liquiditätsengpasses vorzeitig (30.11.2007) am Markt zu veräußern. Ist der Dollarkurs am 30.11.07 auf 1 € = 1,40 US-$ gesunken, verwirklicht sie aus dem Geschäft einen Verlust. Entsprechendes gilt, wenn der Dollarkurs im Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeit (15.01.08) dann wieder auf 1 € = 1,30 US-$ gestiegen ist, womit sich beide Geschäfte in der Konsequenz verlustträchtig auswirken. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass die Vorverlagerung der Realisation bei kompensatorischen Geschäften bilanztechnisch nicht überzeugt, da hier weder die für die Realisation erforderliche Risikodimension besteht, noch der Realisationszeitpunkt dem Ermessen des Bilanzierenden entzogen wurde. Sie hält damit einer teleologischen Betrachtung nicht stand.

239 Vgl. hierzu bereits 2. Teil I. 1. a), S. 24 f. 240 Knobbe-Keuk, § 3 III 4. c), S. 49. 241 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 77; MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 90; Leffson, S. 251; Oestreicher, S. 153; Schlösser, S. 247; Schmalenbach, Dynamische Bilanz, S. 173. 242 Leffson, S. 251. 243 Knobbe-Keuk, § 3 III 4. a), S. 47. 244 Vgl. 1. Teil I. 1. S. 6 f.

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Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

2.

Imparitätsprinzip

Möglich ist jedoch, dass sich die zeitgleiche Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten – und damit ihre Neutralisierung – durch Auslegung des Imparitätsprinzips erzielen lässt. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB sind „Risiken und Verluste“ bilanziell zu berücksichtigen, wenn sie bis zum Abschlussstichtag „entstanden“ sind. a)

Einzelbetrachtung der Positionen des Sicherungsverbundes

Betrachtet man die einzelnen Positionen des Sicherungsverbundes jeweils für sich, so würde sich das gewünschte Ergebnis nur dann einstellen, wenn sich die Zeitpunkte der „Entstehung“ i.S.d. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB und der „Realisation“ des 2. Hs. entsprechen würden. Gewinne und Verluste würden dann im gleichen Zeitpunkt Berücksichtigung finden, womit eine Fehldarstellung der wirtschaftlichen Lage ausgeschlossen wäre. Zwar mag sich die „Entstehung“ nach allgemeinem Sprachverständnis auch im Sinne einer endgültigen und bestätigten Verwirklichung der Verluste, d.h. im Sinne einer „Realisation“, verstehen lassen. Gegen eine Gleichsetzung von „Entstehung“ und „Realisation“ sprechen jedoch erhebliche systematische Argumente: Hätte der Gesetzgeber einen Gleichklang gewollt, so hätte er sich nicht verschiedener Begrifflichkeiten bedient.245 Hinzu kommt, dass es nach der Ratio des Gesetzes bereits einer antizipativen – d.h. eine der Gewinnrealisation vorgelagerten – Verlustberücksichtigung bedarf, um dem Vorsichtsprinzip hinreichend Rechnung zu tragen. Bei einer Einzelbetrachtung ist die kompensatorische Berücksichtigung von Verlusten und Gewinnen damit nicht möglich. b)

Gesamtbetrachtung der Positionen des Sicherungsverbundes

Das zur Konfliktlösung erforderliche Ergebnis lässt sich mithin nur erzielen, wenn man eine Gesamtbetrachtung der sicherungshalber verbundenen Positionen vornimmt. Selbst, wenn man Zulässigkeit einer derartigen Gesamtbetrachtung zunächst unterstellt, bleibt weiterhin fraglich, ob der damit bewirkte Verzicht auf eine Verlustberücksichtigung dem Sinn und Zweck des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB entspricht. Genau wie das Realisationsprinzip dient auch das Imparitätsprinzip vornehmlich dem Schutz der Gläubiger und anderer Adressaten.246 Indem Verluste und Risiken antizipiert werden müssen – und sich so der ausschüttungsfähige Betrag reduziert –, wird eine Kapitalminderung im Folgejahr verhindert und die Erhaltung des nominellen Kapitals sichergestellt.247 Eine solche Verlustantizipation soll hingegen weder erforderlich noch zulässig sein, wenn aufgrund des kompensatorischen Zusammenhangs mit anderen Geschäften tatsächlich nicht mit einer Verlustentstehung zu rechnen ist. 245 Vgl. hierzu bereits 4. Teil V. 1. S. 83 ff. 246 Baetge/Kirsch/Thiel, S. 99; Beckmann, RIW 1993, 387, 388. 247 Baetge/Kirsch/Thiel, S. 135 ff.; Beckmann, RIW 1993, 387, 388.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Einerseits bestünde in diesem Falle aufgrund der Risikokompensation gar kein Risiko, womit auch wirtschaftlich kein Verlust drohe.248 Zum anderen würde sich die bei jeder Wertveränderung vorzunehmende Verlustberücksichtigung kontraproduktiv auf den Zweck der Kapitalerhaltung auswirken, da der Bilanzierende möglicherweise bilanzpolitisch motiviert würde, auf eine Absicherung zu verzichten.249 Das Imparitätsprinzip sei daher „zweckadäquat“ anzuwenden, so dass auf eine Verlustberücksichtigung zu verzichten sei.250 Gegen letzteres Argument lässt sich überzeugend einwenden, dass es nicht Aufgabe des Bilanzrechts sein kann, eine „unerwünschte, risikoreiche und komplizierte Geschäftstätigkeit zu behindern oder zu begrenzen“.251 Zutreffend ist aber, dass die imparitätische Behandlung kompensatorischer Geschäfte zum Ausweis negativer Erfolgsbeträge führt, die tatsächlich nicht eintreten werden. Ein Verstoß gegen das Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB wurde bereits festgestellt.252 Und auch das Imparitätsprinzip selbst kann allenfalls dem Zweck dienen, nur solche drohenden Vermögensminderungen zu antizipieren, die auch wirtschaftlich eintreten können.253 Ist die Realisierung von Verlusten aber aufgrund geschlossener Sicherungsgeschäfte so gut wie ausgeschlossen, so darf es auch bilanziell nicht zu einer rein schematischen Anwendung des Imparitätsprinzips kommen:254 Der Kaufmann darf sich insofern sowohl handels- als auch steuerrechtlich „nicht ärmer rechnen, als er ist“.255 Bei Vornahme einer Gesamtbetrachtung scheint der Verzicht auf die einseitige Verlustberücksichtigung damit nicht nur zulässig, sondern sogar geboten.

248 Beckmann, RIW 1993, 387, 394; Kupsch, StbJB 1994/95 , S. 131, 133; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 734; Scharpf, BFuP 1995, 166, 183; Sprißler, in: FS Clemm, S. 365, 372; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 534. Vgl. hierzu auch bereits 2. Teil II. 2. S. 33 ff. 249 Der Unternehmer wäre dann (bei offenen Positionen) nur im Falle der negativen Wertentwicklung, nicht aber bei jeder Wertveränderung zum Verlustausweis gezwungen, Beckmann, RIW 1993, 387, 394; Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 142; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 534. Vgl. hierzu auch bereits 2. Teil II. 2. S. 33 ff. 250 Finne, BB 1991, 1295, 1299 f.; Häuselmann, S. 53 (anscheinend aber nur hinsichtlich Mikro-Hedges); Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Menninger, RIW 1994, 43, 55; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 177. 251 So Windmöller, in: Bankmanagement für neue Märkte, S. 166, 168; dem zustimmend Hartung, RIW 1990, 635, 638. 252 Vgl. 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. 253 BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266; Groh, DB 1986, 869, 877; Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 719. 254 Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 177. 255 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 719; Prahl, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 236, 238.

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Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

Mit Blick auf die vergleichbare Funktion beider Prinzipien, könnten sich die beim Realisationsprinzip diskutierten Probleme256 jedoch auch hier ergeben. So wird zunächst auf eine Risiko- bzw. Verlustberücksichtigung verzichtet, obwohl die betroffene Einheit gleichfalls mit einem doppelten Bonitätsrisiko behaftet ist. Die Ausgangslage ist dabei jedoch eine andere. Während es bei der Gewinnrealisation darauf ankommt, dass die Risiken bezüglich des Erhalts der Gegenleistung in ihrer Gesamtheit auf ein zu vernachlässigendes Maß reduziert sind, geht es beim Imparitätsprinzip immer um die Vorwegnahme einzelner Risiken. Dies ermöglicht es, die Risiken isoliert zu betrachten und damit trotz eines möglichen Bonitätsrisikos auf die Berücksichtigung von Kursrisiken zu verzichten, wenn diese durch gegenläufige Geschäfte ausgeschlossen sind. Fraglich ist allerdings, wie es sich auswirkt, dass der Bilanzierende auch hier die Möglichkeit hat, die Sicherungszusammenhänge nachträglich aufzulösen. Es liegt in seinem Ermessen, dem zunächst ausgeschlossenen (und daher aufgrund der Bewertungseinheit bilanziell nicht berücksichtigten) Kursrisiko Geltung zu verschaffen. Anders als bei der Frage der Erfolgsrealisation ist dies aber für den Verzicht auf die imparitätische Behandlung im Rahmen von Sicherungsgeschäften unerheblich. Während es zur Annahme der Erfolgsrealisation eines endgültig objektivierten, d.h. dem Ermessen des Kaufmanns entzogenen Ausschlusses der Risiken bedarf,257 orientiert sich das Imparitätsprinzip lediglich an der Entstehung von Verlusten und Risiken. Entstandene Risiken werden sich aber nur potenziell realisieren, womit es für die Frage einer imparitätischen Behandlung auf eine endgültige und objektiv nachvollziehbare Sicherheit des tatsächlichen Verlusteintritts aufgrund eines bestehenden Risikos grundsätzlich nicht ankommt. Anders als beim Realisationsprinzip sind Einflussmöglichkeiten und Ermessensspielräume des Kaufmanns für das Imparitätsprinzip daher grundsätzlich unerheblich.258 Entscheidend ist vielmehr nur, ob im Bilanzierungszeitpunkt „Verluste“ oder „Risiken“ existieren;259 sind sol-

256 Vgl. 4. Teil V. 1., S. 83 ff. 257 Würde an auf diese Voraussetzung verzichten, so müsste ein bereits realisierter Erfolg im Nachhinein ansonsten ggf. wieder rückgängig gemacht werden, vgl. zum Ganzen bereits 2. Teil I. 1. a), S. 24 f. und 4. Teil V. 1., S. 83 ff. 258 Ganz im Gegenteil wird dem Kaufmann bei den außerplanmäßigen Abschreibungen von Anlagevermögen in § 253 Abs. 3 S. 3 HGB sogar ein Wahlrecht eingeräumt, ob er insoweit entstandene Verluste berücksichtigt. 259 Diese Frage wird in den Subprinzipien des Imparitätsprinzips wiederum davon abhängig gemacht, ob nach „vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ mit einem Verlust zu rechnen ist, so z.B. §§ 249 Abs. 1 S. 1, 253 Abs. 1 S. 2 HGB für Drohverlustrückstellungen oder § 253 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. HGB, nach dem außerplanmäßige Abschreibung auf Anlagevermögen nur dann verpflichtend sind, wenn die Wertminderung „voraussichtlich“ dauerhaft ist.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

che aber aufgrund gegenläufiger Sicherungsgeschäfte ausgeschlossen, so bedarf es auch keiner imparitätischen Behandlung.260 Auch wenn danach bei Gesamtbetrachtung der Geschäfte unter teleologischen Aspekten auf eine imparitätische Behandlung zu verzichten ist, verbleibt dennoch die Frage, ob eine derartige Zusammenfassung einzelner Positionen für Zwecke der Bewertung überhaupt zulässig ist. Nach § 252 Abs. 1 S. 1 HGB gelten Realisations- und Imparitätsprinzip bei der Bewertung von „Vermögensgegenständen und Schulden“. Gesagt ist damit nur, dass die Bewertungsgrundsätze auf beide Arten von Positionen Anwendung finden. Ob jedoch auch mehrere Vermögensgegenstände bzw. mehrere Schulden für Zwecke der Bewertung zusammen betrachtet werden können, bleibt nach dem einschlägigen Wortlaut offen. Hierzu bedarf es sowohl in systematischer als auch in teleologischer Hinsicht eines Rückgriffs auf die übrigen Bilanzierungsgrundsätze.261

3.

Einzelbewertungsgrundsatz

In Betracht kommt dabei vor allem der – auch das Vorsichtsprinzip konkretisierende262 – Grundsatz der Einzelbewertung, nach dem „Vermögensgegenstände und Schulden […] zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten sind“ (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Unproblematisch wäre diese Gesetzesanordnung, wenn durch die Bildung einer Bewertungseinheit ein neuer Vermögensgegenstand entstehen würde; dass dies jedoch nicht der Fall ist, wurde bereits festgestellt.263 Es fragt sich also, ob auch die Gesamtbetrachtung mehrerer Vermögensgegenstände und Schulden mit dem Gebot der Einzelbewertung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB vereinbar ist.264 a)

Generelle Ablehnung objektübergreifender Bewertungseinheiten

Eine heute nur noch vereinzelt vertretene, streng-formale Ansicht lehnt dies ab und folgert hieraus die generelle Unzulässigkeit der kompensatorischen Bewertung.265 Zwar verlören die in die Einheit eingehenden Objekte ihre selb260 Etwas anderes gilt evtl. dann, wenn es in der Vergangenheit wiederholt zur einseitigen Auflösung von Sicherungszusammenhängen gekommen ist, vgl. unter 4. Teil VI. 2. b) ee) (3), S. 128 ff. 261 A.A. anscheinend Menninger, S. 125 und Wenger/Kaserer/Bayer, DStR 1995, 948, 953, die einseitig für eine „zweckadäquate Auslegung des Imparitätsprinzips“ plädieren. 262 Vgl. hierzu bereits 2. Teil I. 2., S. 26 ff. 263 Vgl. hierzu bereits 2. Teil III. 2. b), S. 38 f. 264 Dies bejahen im Ergebnis (weitestgehend ohne Rücksicht auf den Wortlaut der Norm) u.a. Burkert, S. 14; Grünewald, S. 179 ff.; Klein/Jonas, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 237 f.; Menninger, S. 123 f. 265 So Diehl, BB 1977, 290, 291; Döllerer, BB 1974, 1541, 1543; Hartung, RIW 1990, 635, 637 f.; Langel, StbJb 1979/80, 259, 329 f.; ders. IWB, Fach 3 Gruppe 3, S. 845, 859 f.; Ott, StBp. 1966, 280, 281 („Todsünde des Bilanzierenden“); Wichmann, DB

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Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

ständige Bilanzierungs- und Bewertungsfähigkeit nicht.266 Deren Wertfindung würde bei der kompensatorischen Bewertung jedoch maßgeblich durch die Wertentwicklung der anderen Geschäfte im Sicherungszusammenhang beeinflusst. Gerade solche Erkenntnisse aus anderen Rechtsgeschäften sollten aber nicht berücksichtigt werden dürfen, und zwar auch dann nicht, wenn diese Geschäfte in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den zu bewertenden Geschäften stehen.267 Gegenstand des Einzelbewertungsprinzips sei vielmehr immer der kleinste Sachverhalt, der nach der Verkehrsanschauung als selbständig bewertbar angesehen wird, nicht aber ein Konglomerat aus mehreren Einzelpositionen.268 Darüber hinaus sei im Rahmen der kompensatorischen Bewertung § 246 Abs. 2 HGB betroffen.269 Werden in der Bewertungseinheit zukünftige Verluste mit dann gleichzeitig entstehenden Gewinnen verrechnet, so stehe dies im offenen Widerspruch zum Wortlaut des § 246 Abs. 2 HGB; auch hieraus wird teilweise die generelle Unzulässigkeit objektübergreifender Bewertungseinheiten abgeleitet.270 b)

Systematische und teleologische Bedenken gegen die streng-formale Sicht

Das Gros der o.g. Autoren geht in ihren Stellungnahmen ohne weitere Begründung davon aus, dass die Saldierung verschiedener Wertfaktoren mit den Grundsätzen über die Bilanzierung nicht vereinbar sei. Exemplarisch führt Ott271 hierzu aus: „Saldierungsverbot und Bruttoprinzip sind so allgemein anerkannte Regeln, dass sie keiner weiteren Erläuterung bedürfen“. Kommen die Vertreter der streng-formalen Sichtweise aber auch ohne eine dezidierte Auslegung zu dem genannten Ergebnis, so wird offensichtlich, dass sie sich primär

266 267 268 269 270 271

1984, 837, 840. Im Ergebnis wohl auch Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1538; dies., DB 1992, 338, 339. Vgl. dazu bereits 2. Teil III. 2. b), S. 38 f. Hartung, RIW 1990, 635, 637 f. Wichmann, DB 1984, 837, 840. Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 459; Wlecke, S. 130 f. Vgl. Dreissig, BB 1989, 322, 325; Hartung, RIW 1990, 635, 641; Langel, IWB, Fach 3, Gruppe 3, S. 845, 860; Langel, StbJb 1979/80, 259, 325. So z.B. Ott, StBp. 1966, 280, 281, weitergehend auch: „Sonst verbietet der Grundsatz der Einzelbewertung jede Saldierung“, „ Todsünde des Bilanzierenden“. Ähnlich auch Döllerer, BB 1974, 1541, 1543: „Der Grundsatz der Einzelbewertung, der hier zum Ausdruck kommt, verbietet die Saldierung auch bei den Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“; Langel, StbJb 1979/80, 259, 329: „Einer Saldierung von nichtrealisierten Kursgewinnen mit unrealisierten Kursverlusten kann nicht zugestimmt werden, weil hiermit gegen zwingende unabdingbare Bilanzierungs- und Bewertungsregeln verstoßen wird“; Dreissig, BB 1989, 322, 324: „Dies ist ein klarer Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung, der jetzt ausdrücklich in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB kodifiziert ist“.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

am Wortlaut der betroffenen Normen (§ 246 Abs. 2 und § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) orientieren.272 Ein derartiges, primär aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitetes Ergebnis erscheint unter systematischen und teleologischen Gesichtspunkten zumindest zweifelhaft. Dies ergibt sich zunächst aus dem Charakter der GoB, die als Maßstab für die Ordnungsmäßigkeit von Jahresabschlüssen273 die Aufstellung eines dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Jahresabschlusses sichern sollen.274 Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich mit der Dokumentation, der Rechenschaft und der Kapitalerhaltung gleich drei gesetzlich anerkannte Zwecke finden,275 deren wechselseitige Beziehung sich angesichts der divergierenden Interessen ihrer Adressaten oftmals nicht kollisionsfrei aufzulösen lassen wird.276 Würde man die GoB – die regelmäßig nur bestimmten, nicht aber allen Rechnungslegungszwecken gleichermaßen dienen277 – nur einer isolierten Betrachtung unterziehen, so käme es zu Normkonflikten, die die widerspruchsfreie Aufstellung des Jahresabschlusses unmöglich machen würden. Das Merkmal der „Ordnungsmäßigkeit“ impliziert vielmehr, dass jeder GoB (ob normiert oder nicht normiert) sich in eine gewisse Ordnung einfügen muss, die GoB in ihrer Gesamtheit also ein System bilden, in dem jeder ein272 So insbesondere bei Diehl, BB 1977, 290, 291, der sich auf die Zitierung des Gesetzes beschränkt und dann feststellt: „Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung sind Vermögens- und Schuldposten bei der Aufstellung der Bilanz wertmäßig einzeln zu berücksichtigen. Wertminderungen eines Postens können nicht mit Wertsteigerungen eines anderen Posten ausgeglichen werden“; bei Dreissig, BB 1989, 322, 324, die sich auf den Grundsatz der Einzelbewertung bezieht, „der jetzt ausdrücklich in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB kodifiziert ist“ sowie bei Langel, IWB, Fach 3 Gruppe 3, S. 845, 859 f., der meint „die tragenden Grundsätze des deutschen Bilanzrechts können mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht außer Kraft gesetzt werden“. Daneben finden sich nur vereinzelt weitergehende Begründungsansätze, um der Bewertungseinheit ihre Rechtfertigung zu entziehen. So wendet Hartung ein, dass eine kompensatorische Bewertung schon aus Objektivierungsgesichtspunkten nicht zulässig sein könne (RIW 1990, 635, 637). Auch Gebhardt/Breker sehen die Gefahr, dass es letztlich zu einem (zumindest faktischen) Kompensationswahlrecht kommt, was „sowohl im Hinblick auf die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen als auch hinsichtlich des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bedenklich“ sei (DB 1992, 338, 339). Im Ergebnis genauso Wichmann, DB 1984, 837, 840, der die Gefahr sieht, dass sonst „Tür und Tor für Verstöße gegen das Willkürverbot geöffnet“ sind. 273 Vgl. hierzu Küting/Weber-Baetge/D. Fey/G. Fey, § 243 Rn. 2. 274 MünchKommHGB-Ballwieser, § 243 Rn. 6; D. Fey, S. 60; Baumbach/Hopt-Merkt, § 238 Rn. 11; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 238 Rn. 29. 275 Vgl. hierzu bereits 2. Teil Fn. 14. 276 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 102; Küting/Weber-Baetge/D. Fey/G. Fey, § 243 Rn. 33. Als Adressaten kommen dabei vor allem die Ersteller des Jahresabschlusses, die Gesellschafter, die Gläubiger und die Arbeitnehmer des Unternehmens in Betracht. 277 Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 32 ff.; Küting/Weber-Baetge/D. Fey/G. Fey, § 243 Rn. 22 ff.

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Auslegung von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB

zelne Grundsatz ein sinnvolles Element darstellen muss, das weder im Widerspruch zu dem System als Ganzem noch zu einzelnen anderen Grundsätzen stehen darf.278 Bei der Interpretation von ungeschriebenen GoB und normierten Einzelvorschriften handelt es sich mithin bereits dem Grunde nach um einen wechselseitigen Auslegungsprozess,279 der die ausschließliche, rein am Wortlaut orientierte Einzelbetrachtung bestimmter Regelungen verbietet. Hinzu kommt, dass die GoB keinen Selbstzweck erfüllen, sondern der Aufstellung einer zweckgerechten Rechnungslegung dienen.280 Ist die Anwendung einzelner Regelungen jedoch in bestimmten Konstellationen zur Zweckerreichung nicht erforderlich, weil sich die gesetzlichen Zwecke ohne die Regelung besser oder überhaupt erst erreichen lassen, so kann ihnen insofern keine uneingeschränkte Wirkung zukommen. Die einzelnen GoB, dürfen daher nicht entsprechend ihrem Wortlaut absolut gesehen werden, sondern müssen u.U. – im Hinblick auf die anderen Zwecke – der Auslegung bzw. Einschränkungen zugänglich sein. Diese Sicht der Dinge wird seitens des Gesetzgebers durch die Existenz der §§ 252 Abs. 2 und 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB bestätigt, welche die Möglichkeit zur Abweichung von den genannten Bewertungsprinzipien vorsehen.281 Insofern wird deutlich, dass der Gesetzgeber den einzelnen (normierten) GoB und insbesondere deren Wortlaut keine absolute Geltung beimessen wollte. Will man den Regelungsgehalt der betroffenen Bilanzierungsregeln ermitteln, so genügt es folglich in der Regel nicht, sich auf die grammatikalische Auslegung einer einzelnen Norm zu beschränken. c)

Wortlaut als Grenze der Auslegung

Eine Besonderheit könnte sich vorliegend jedoch vor dem Hintergrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts von § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ergeben. Dietrich hat in diesem Zusammenhang überzeugend dargelegt, dass die Norm grammatikalisch nur in dem Sinne verstanden werden kann, dass „jeder Vermögensposten und jeder Schuldposten jeweils für sich zu bewerten ist“,282 die Bewertung also immer vom einzelnen Bilanzierungsobjekt auszugehen hat. Eine Berücksichtigung anderer Vermögensgegenstände und Schulden scheint damit in jeder Hinsicht ausgeschlossen. Teilweise wird zwar vorgebracht, dass der Gesetzeswortlaut gar nicht so eindeutig sei, wie sich hiernach vermuten lässt.283 Vielmehr bleibe unklar, welche Methoden und positiven bzw. negativen Einflussfaktoren in die Bewertung des

278 279 280 281 282 283

Küting/Weber-Baetge/D. Fey/G. Fey, § 243 Rn. 12; D. Fey, S. 59 f. Küting/Weber-Baetge/D. Fey/G. Fey, § 243 Rn. 4. vgl. hierzu bereits 4. Teil Fn. 274. Finne, BB 1991, 1295, 1296. Dietrich, S. 40. Finne, BB 1991, 1295, 1296; Kupsch, StbJb 1994/95, S. 131, 133 f.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

einzelnen Objekts einzubeziehen seien.284 Allein die Betrachtung des einzelnen Objekts verbiete noch nicht, bei dessen Wertfindung auch solche Faktoren zu berücksichtigen, die aus einem Zusammenspiel mit anderen Bilanzierungsobjekten resultieren; über die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten sei daher „mangels inhaltlicher Bestimmtheit“ nichts ausgesagt.285 Wollte man dieser Auffassung jedoch folgen, so würde dies zum Regelfall einer Gesamtbewertung führen. Letztlich fänden damit die Wertfaktoren aller Vermögensgegenstände und Schulden gegenseitige Berücksichtigung, was das Prinzip der Einzelbewertung zu einem „Gebot des Einzelausweises“ reduzieren würde. Eine derartige Interpretation ist jedoch mit dem Wortlaut „einzeln zu bewerten“ nicht zu vereinbaren. Grammatikalisch kann § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB daher in der Tat nur im Sinne einer „isolierten Bewertung“, d.h. einer „Bewertung frei von den Werteinflüssen anderer Vermögensgegenstände und Schulden“, verstanden werden. Auch wenn bei systematischer und teleologischer Betrachtung einiges für die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten sprechen mag,286 stellt das eindeutige Ergebnis der grammatikalischen Auslegung den Rechtsanwender doch vor erhebliche Schwierigkeiten. So markiert die Wortlautauslegung der einzelnen Norm, d.h. die Erforschung der Bedeutung eines Ausdrucks oder einer Wortverbindung im Allgemeinen oder besonderen Sprachgebrauch, nämlich nicht nur den methodologischen Ausgangspunkt einer jeden Auslegung,287 sondern stellt zudem dessen äußerste Grenze dar.288 Das, was jenseits des möglichen Wortsinns liegt, kann nicht mehr als Inhalt des Gesetzes gelten.289 Ordnet § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB also eindeutig die jeweilige Einzelbetrachtung von Vermögensgegenständen und Schulden an, so ist damit gleichzeitig die äußerste Grenze der möglichen Auslegung erreicht; auch eine Einflussnahme des § 264 Abs. 2 HGB im Rahmen der Auslegung hiermit scheidet aus. Die Bildung von Bewertungseinheiten scheint mithin trotz der angeführten systematischen und teleologischen Überlegungen ausgeschlossen.

284 Finne, BB 1991, 1295, 1296, der davon ausgeht, dass der Wortsinn des § 252 Abs. 3 Nr. 3 HGB „mehrere, durch die subjektive Betrachtung gefärbte Auslegungen“ zuließe. Er sieht hierin den Bedarf einer zusätzlichen teleologischen Auslegung, anhand derer er im Ergebnis die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten ableitet. 285 Kupsch, StbJb 1994/95, S. 131, 133 f.; ders., in: FS Forster, S. 339, 357, der Bewertungseinheiten bereits hiernach als zulässig erachtet, weil „die Bezugnahme auf Vermögensgegenstände und Schulden“ nicht ausschließe, „dass objektexterne wertbeeinflussende Wertdeterminanten einbezogen werden“. 286 Vgl. hierzu unter 4. Teil V. 3. b), S. 91 ff. 287 Fikentscher, III S. 670; Larenz, Methodenlehre, S. 320; Röhl, S. 596. 288 BVerfG vom 23.10.1985 – 1 BvR 1053/82, BVerfGE 71, 108, 115; vom 20.10.1992 – 1 BvR 698/89, BVerfGE 87, 209, 224; Bydlinski, S. 441; Fikentscher, IV, S. 288 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 313 und 321. 289 Larenz, S. 343.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Etwas anderes könnte allenfalls hinsichtlich der Beurteilung schwebender Geschäfte gelten, die vom eindeutigen Wortlaut der Norm nicht erfasst sind. Schwebende Geschäfte (wie z.B. Terminkontrakte) könnten einer Gesamtbetrachtung mit anderen schwebenden Geschäften unterliegen oder bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden Berücksichtigung finden. Verkannt würde dabei jedoch, dass es sich beim schwebenden Geschäft lediglich um eine Vorstufe handelt und sich das schwebende Geschäft im Zeitpunkt seiner Abwicklung im Zweifel zu einem Vermögensgegenstand oder einer Schuld verdichten wird. Würde man schwebende Geschäfte bei Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden berücksichtigen, so bedürfte es einer Korrektur in dem Zeitpunkt, in dem der Schwebezustand entfällt. Nach dem Wortsinn des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist der eindeutige Charakter des Einzelbewertungsgrundsatzes damit auch auf das schwebende Geschäft zu erstrecken;290 die Bildung von Bewertungseinheiten scheint gleichfalls ausgeschlossen.

4.

Zwischenergebnis

Während sich bei Auslegung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB (Realisationsprinzip) keine Möglichkeit ergibt, die kompensatorischen Effekte eines Sicherungszusammenhangs auch bilanziell zu berücksichtigen, erscheint dies auf Grundlage des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB (Imparitätsprinzip) durchaus denkbar. Voraussetzung ist jedoch stets, dass überhaupt eine Gesamtbetrachtung verschiedener Positionen zulässig ist. Eine solche scheitert jedoch grundsätzlich am eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, der die äußerste Grenze der Auslegung darstellt.

VI. Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB Die Zulässigkeit der für die obige Auslegung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB erforderlichen Gesamtbetrachtung könnte sich jedoch durch eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung291 in Form der teleologischen Reduktion begründen lassen.292 Diametral zur Analogie „verschafft sie der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung“.293 Die teleologische Reduktion dient dem Rechtsanwender (Richter) damit als Werkzeug, um eine im Gesetz enthaltene, nach ih290 Zur Anwendbarkeit des Einzelbewertungsprinzips auf schwebende Geschäfte vgl. auch ADS § 249, Rn. 142; Grünewald, S. 196. 291 Anders Dietrich, S. 139, der die teleologische Reduktion anscheinend als Form der Auslegung betrachtet. 292 Ähnlich auch MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 46 f., der in der teleologischen Reduktion der Einzelvorschriften jedoch gleichzeitig eine Wirkung des § 264 Abs. 2 HGB sieht. 293 Bydlinski, S. 480.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Etwas anderes könnte allenfalls hinsichtlich der Beurteilung schwebender Geschäfte gelten, die vom eindeutigen Wortlaut der Norm nicht erfasst sind. Schwebende Geschäfte (wie z.B. Terminkontrakte) könnten einer Gesamtbetrachtung mit anderen schwebenden Geschäften unterliegen oder bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden Berücksichtigung finden. Verkannt würde dabei jedoch, dass es sich beim schwebenden Geschäft lediglich um eine Vorstufe handelt und sich das schwebende Geschäft im Zeitpunkt seiner Abwicklung im Zweifel zu einem Vermögensgegenstand oder einer Schuld verdichten wird. Würde man schwebende Geschäfte bei Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden berücksichtigen, so bedürfte es einer Korrektur in dem Zeitpunkt, in dem der Schwebezustand entfällt. Nach dem Wortsinn des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist der eindeutige Charakter des Einzelbewertungsgrundsatzes damit auch auf das schwebende Geschäft zu erstrecken;290 die Bildung von Bewertungseinheiten scheint gleichfalls ausgeschlossen.

4.

Zwischenergebnis

Während sich bei Auslegung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB (Realisationsprinzip) keine Möglichkeit ergibt, die kompensatorischen Effekte eines Sicherungszusammenhangs auch bilanziell zu berücksichtigen, erscheint dies auf Grundlage des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB (Imparitätsprinzip) durchaus denkbar. Voraussetzung ist jedoch stets, dass überhaupt eine Gesamtbetrachtung verschiedener Positionen zulässig ist. Eine solche scheitert jedoch grundsätzlich am eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, der die äußerste Grenze der Auslegung darstellt.

VI. Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB Die Zulässigkeit der für die obige Auslegung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB erforderlichen Gesamtbetrachtung könnte sich jedoch durch eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung291 in Form der teleologischen Reduktion begründen lassen.292 Diametral zur Analogie „verschafft sie der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung“.293 Die teleologische Reduktion dient dem Rechtsanwender (Richter) damit als Werkzeug, um eine im Gesetz enthaltene, nach ih290 Zur Anwendbarkeit des Einzelbewertungsprinzips auf schwebende Geschäfte vgl. auch ADS § 249, Rn. 142; Grünewald, S. 196. 291 Anders Dietrich, S. 139, der die teleologische Reduktion anscheinend als Form der Auslegung betrachtet. 292 Ähnlich auch MünchKommHGB-Reiner, § 264, Rn. 46 f., der in der teleologischen Reduktion der Einzelvorschriften jedoch gleichzeitig eine Wirkung des § 264 Abs. 2 HGB sieht. 293 Bydlinski, S. 480.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

rem insoweit eindeutigen Wortsinn zu weit gefasste Regel auf den ihr nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zu reduzieren.294 Hinzuweisen ist an dieser Stelle bereits auf Bedenken, die sich gegen eine derartige teleologische Reduktion mit Blick auf die Diskussion um steuerbegründende bzw. -verschärfende Analogien ergeben. Zwar geht es im vorliegenden Kontext zunächst nur um die handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten. Über den Grundsatz der Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG295 bzw. die faktische Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a EStG296 gelten die handelsrechtlichen Regelungen grundsätzlich aber auch für die steuerliche Gewinnermittlung, so dass die Fragestellung für Zwecke dieser Untersuchung durchaus von Relevanz ist. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Analogiebildung im Bereich des Steuerrechts wird dabei insbesondere vor dem Hintergrund des Demokratieprinzips und aus Bestimmtheitsüberlegungen in Zweifel gezogen.297 Zwar erheben die Vertreter dieser Auffassung regelmäßig keine konkreten Einwände gegen eine teleologische Reduktion im Steuerrecht.298 Ähnlich der Analogie handelt es sich jedoch auch bei der teleologischen Reduktion um ein Instrument richterlicher Rechtsfortbildung, womit sich die vorgebrachten Zweifel konsequenterweise auch auf die teleologische Reduktion übertragen lassen. Ungeachtet dessen, ob man die Möglichkeit einer Analogiebildung im Steuerrecht befürwortet oder nicht, ist ein Verbot der teleologischen Reduktion zumindest in der vorliegenden Konstellation unter drei Gesichtspunkten zu verneinen. So unterscheidet sich die teleologische Reduktion – ähnlich wie auch die teleologische Extension – zunächst von der Analogie dahingehend, dass sie dem Gesetz keine Norm hinzufügt, die nicht bereits latent in ihm enthalten gewesen wäre.299 Es wird mithin nur die ratio legis über die Wortlautgrenze hinaus klargestellt, so dass sowohl die gesetzgeberische Intention als auch die Voraussehbarkeit der Anordnung für den Steuerpflichtigen weitestgehend erhalten bleibt. Ferner handelt es sich bei den betroffenen GoB um ein dynamisches System,300 welches ohnehin nur partiell normiert ist und generell für Veränderungen offen steht. Sowohl vor dem Hintergrund des Demokratieprinzips als auch des Bestimmtheitsgebotes sind damit für diesen Regelungsbereich bereits dem Grunde nach reduzierte Anforderungen zu stellen. Letztend294 295 296 297

Larenz, Methodenlehre, S. 391. Vgl. hierzu nachfolgend unter 5. Teil I. 1. b), S. 156 ff. Vgl. hierzu nachfolgend unter 6. Teil IV. 1. b), S. 209 ff. Statt vieler vgl. H/H/S-Birk, § 4, Rn. 690 ff. Die Möglichkeit zur teleologischen Reduktion wird hingegen ausdrücklich befürwortet von Reiner, S. 318 ff. 298 Vgl. Nachweise bei Reiner, S. 320. 299 Vgl. Kamm, S. 86 f. 300 Vgl. bereits 2. Teil I., S. 21 ff.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

lich gilt es zu bedenken, dass sich die Möglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten im Wege eines teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB – wie zu zeigen sein wird301 – keinesfalls zwingend negativ für den Steuerpflichtigen auswirkt. Aufgrund dieser ambivalenten Auswirkungen erscheint ein striktes Methodenverbot kaum sachgerecht. Schließlich sollen im Falle einer steuerentlastenden Wirkung selbst nach h.M. Analogieschlüsse zulässig sein.302 Im Ergebnis ist mithin von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion auszugehen. Konkrete Voraussetzung für eine solche ist das Bestehen einer „verdeckten Lücke“303, d.h., „dass eine abstrakt umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht betroffen wird und dass sie sich von den ,eigentlich gemeinten’ Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre“.304 Eine verdeckte Lücke könnte vorliegend in der Erstreckung des Einzelbewertungsgebotes auch auf geschlossene Positionen liegen. Sowohl in ihrer Gesamtheit, als auch in den Untergliederungen der Mikro-, Makro- und Portfolio-Hedges handelt es sich bei geschlossenen Positionen um eine abstrakt umschreibbare Fallgruppe. Auf sie dürfte § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB entweder nach seinem eigenen Sinn und Zweck oder nach dem insoweit vorrangigen Zweck einer anderen Norm, der anderenfalls nicht erreicht würde,305 keine Anwendung finden. Hinsichtlich des Grundsatzes der Einzelbewertung ist beides zu bedenken: Er dient zum einen der Objektivierung des Jahresabschlusses, zum anderen aber auch der Ausfüllung und Durchsetzung, d.h. Konkretisierung, von Realisations- und Imparitätsprinzip.306 301 vgl. 7. Teil I. 1. a) bb) (1), S. 273 ff. 302 Vgl. erneut H/H/S-Birk, § 4, Rn. 690 ff. m.w.N. 303 Larenz, Methodenlehre, S. 391; ähnlich auch Canaris, S. 89. Zur Kritik an der Verwendung des Lückenbegriffs in diesem Zusammenhang Brandenburg, S. 63 ff. 304 Bydlinski, S. 480. Zur Rechtfertigung der teleologischen Reduktion in dem Gebot der Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln, vgl. auch Larenz, Methodenlehre, S. 392. 305 Zu diesen „Fallgruppen“ der teleologischen Reduktion vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 392. 306 Vgl. hierzu bereits 2. Teil I. 2., S. 26 ff. Auch bei der Konkretisierung von Realisations- und Imparitätsprinzip handelt es sich um einen eigenen Zweck der Einzelbewertung und nur sekundär um den vorrangigen Zweck einer anderen Norm. Dies ist darin begründet, dass § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB insofern (anders bei der Objektivierung) bereits von vornherein keinem Selbstzweck dient, sondern sich die Zweckerreichung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu Eigen macht. Grundsätzlich zutreffend ist auch der Einwand, dass es insofern verfehlt wäre, eine Dominanz der Einzelbewertung über das Imparitätsprinzip anzunehmen, vgl. Menninger, S. 123; Möhler, S. 86. Auch diese Überlegung ist jedoch eine teleologische, die nicht über den eindeutigen Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB hinwegtäuschen kann. Hinzu kommt, dass die Norm mit der Objektivierungsfunktion eine weitere Zweckset-

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

1.

Zweck der Konkretisierung von Realisations- und Imparitätsprinzip

Hinsichtlich letzterer Funktion besteht eine unlösbare Wechselwirkung zwischen den Subprinzipien des Vorsichtsprinzips und dem Grundsatz der Einzelbewertung. Führt die Anwendung der imparitätischen Bewertung, d.h. die antizipative Verlustberücksichtigung, in den fraglichen Konstellationen zu unangemessenen Ergebnissen – und bedarf sie daher an sich einer Einschränkung –, so kann dies nicht ohne Auswirkung auf die Einzelbewertung bleiben. Denn als konkretisierende Basis des Imparitätsprinzips kann die Einzelbewertung für Zwecke des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB grundsätzlich nur solche Bewertungsobjekte abgrenzen, die angesichts der Risikostruktur auch einer Verlustantizipation bedürfen. Führt die Einzelbetrachtung hingegen dazu, dass bestehende Risikoausschlüsse außer Betracht bleiben, so zwingt sie § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB eine Wirkung auf, die mit dem Telos der Norm nicht vereinbar ist.307 Genau dies wäre die Konsequenz, würde man hinsichtlich einzelner Positionen eines Hedges Verluste berücksichtigen, die angesichts bestehender kompensatorischer Effekte wirtschaftlich gar nicht eintreten können. Die geschlossenen Positionen sind damit – entgegen dem Wortlaut der Norm – grundsätzlich nicht von den konkretisierenden Zwecken des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB betroffen. Die geschlossenen Positionen müssten sich ferner von den „eigentlich gemeinten“ Fallgruppen so weit unterscheiden, dass eine Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Eigentlich gemeint in diesem Sinne sind die offenen Positionen, weil nur bei ihnen ein Verlust tatsächlich wirtschaftlich droht und daher eine Einzelbetrachtung geboten ist. Maßstab für die Vergleichbarkeit von offenen und geschlossenen Positionen kann dabei nur die Frage sein, in welchem Maße innerhalb der geschlossenen Position ein Risikobzw. Verlustausschluss anzunehmen ist. Ein Unterschied zu den offenen Positionen, der eine Verlustantizipation sachlich ungerechtfertigt erscheinen lässt, ergibt sich hierbei nur dann, wenn aus dem Sicherungsverbund insgesamt kein Verlust droht. Die konkreten Anforderungen zur Erzielung eines derartigen Risikoausschlusses werden nachfolgend analysiert. Die Untersuchung erfolgt unter Rückgriff auf die in der Diskussion308 über die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten

zung verfolgt, die unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Imparitätsprinzips zu gewährleisten ist. Verfehlt wäre es daher, von einer „grundsätzlichen Dominanz des Imparitätsprinzips gegenüber dem Einzelbewertungsgrundsatz“ auszugehen, so aber Beckmann, RIW 1993, 387, 394. 307 Vgl. hierzu 4. Teil V. 2. b), S. 87 ff. 308 Vgl. hierzu u.a. die tabellarische Zusammenstellung bei Mauritz, S. 48 f. und Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 145 f. sowie Scharpf, BFuP 1995, 166, 188 bzw.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

angesprochenen Voraussetzungen. Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass keiner der einschlägigen Beiträge die Voraussetzungen einer Bewertungseinheit vor dem Hintergrund der teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB diskutiert.309 Die Erstellung des Anforderungsprofils erfolgt vielmehr zumeist anhand wirtschaftlicher Überlegungen und insgesamt losgelöst von der Frage der Rechtsgrundlage. Dabei wird regelmäßig nach der einschlägigen Art des Hedges (Mikro-, Makro- oder Portfolio-Hedge) unterschieden, um dann hieran orientiert divergierende Anforderungen an die Zulässigkeit einer Bewertungseinheit aufzustellen.310 Diese Prämisse überrascht vor dem Hintergrund, dass alle Hedging-Modelle gleichermaßen einer Rechtfertigung bedürfen. Angesichts einer fehlenden gesetzlichen Differenzierung nach der Art eines Hedges können die rechtlichen Voraussetzungen einer Bewertungseinheit insofern aber bereits sachlogisch keine unterschiedliche Qualität aufweisen.311 Richtiger erscheint vielmehr – ausgehend vom Maßstab der Zwecke des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB – ein einheitliches Anforderungsprofil aufzustellen, mit dem sich nachfolgend bestimmen lässt, ob das fragliche Hedging-Modell rechtlich zulässig ist bzw. sich von den gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass eine Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt wäre. a)

Absicherungsbedarf

Voraussetzung für die Existenz eines „Sicherungsgeschäftes“ ist zunächst, dass überhaupt ein absicherungsbedürftiges Risiko besteht.312 Nur dort, wo dem Unternehmen Risiken drohen, machen Sicherungsgeschäfte Sinn und können zu geschlossenen Positionen führen. Im Rahmen von Hedges beachtlich sind dabei vor allem Preisrisiken in Form von Währungs-, Zins- oder Kursrisiken.313 Um diese objektiv zu quantifizieren, muss es möglich sein, die abzusichernde Position genau zu identifizieren.314

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Scharpf/Luz, S. 278 ff., die den Versuch einer Systematisierung der Voraussetzungen unternommen haben. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diesen Umstand im Rahmen der nachfolgenden Diskussion nicht bei jedem Zitat explizit hingewiesen. Vgl. exemplarisch Schiffers, DStZ 2006, 400, 403 ff.; Scharpf, BFuP 1995, 166, 188 ff. Was beispielsweise zu dem abstrusen Ergebnis führen würde, dass eine eindeutige Verknüpfung in Form eines Mikro-Hedges wegen fehlender Sicherungsabsicht (die teilweise gefordert wird) nicht zulässig sein soll, während die gleiche Konstellation im Rahmen eines Portfolio-Hedges sehr wohl als Bewertungseinheit zulässig wäre, weil es bei diesen nicht auf die Sicherungsabsicht ankommen soll. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526; Burkert, S. 14; Gebhardt, BFuP 1996, 557, 572; Scharpf/Luz, S. 282; Schumacher, DB 1995, 1473, 1474; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 49; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 515. Vgl. Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 679. Hinsichtlich der bilanziellen Abbildung von Sicherungsgeschäften zur Absicherung von Kredit- bzw. Ausfallrisiken vgl. Dietrich, S. 6 ff., 111 ff. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717.

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aa)

Erfasste Geschäfte

Als absicherungsfähiges Grundgeschäft in Betracht kommen zunächst bilanzierten Vermögensgegenstände und Schulden sowie schwebende Geschäfte.315 Fraglich ist jedoch, ob auch sog. „antizipative Hedges“ einer bilanziellen Abbildung in Form von Bewertungseinheiten zugänglich sind. Bei antizipativen Hedges handelt es sich um den Abschluss von Sicherungsgeschäften, um zukünftige Wertschwankungen aus lediglich geplanten Transaktionen zu kompensieren.316 Beispiel 11: Die B-Bank will im August 2009 Wertpapiere erwerben. Da jedoch für die kommende Zeit fallende Zinsen und damit steigende Anschaffungskosten erwartet werden, schließt die B Zinsterminkäufe (Long Hedge) als temporären Ersatz für den effektiven Kauf von Wertpapieren ab. Bei Beendigung wird das Termingeschäft glattgestellt und die gewünschten Wertpapiere werden gekauft. Sind die Zinsen wie erwartet gefallen, so wird bei dem Zinstermingeschäft durch den gestiegenen Kurs ein Gewinn realisiert, der die Anschaffungsmehrkosten der Wertpapiere deckt. Bei steigenden Zinsen ergibt sich aus dem Zinstermingeschäft ein Verlust, der wiederum durch die nunmehr günstigeren Anschaffungskosten der Wertpapiere ausgeglichen wird.317 Beispiel 12: Um bei ihren Exporten eine sichere Kalkulationsgrundlage zu haben, schließt die X-AG bereits bei Angebotsabgabe Devisenoptionsgeschäfte ab.318 Funktion des antizipativen Sicherungsgeschäfts ist es, eine negative Entwicklung der Konditionen künftiger Grundgeschäfte durch zwischenzeitlich erwirtschaftete Gewinne beim Deckungsgeschäft auszugleichen. Hier stellt sich die Frage, ob Gewinne und Verluste des Sicherungsgeschäftes nicht auf den Zeitpunkt verschoben werden sollten, an dem das Grundgeschäft abgeschlossen wird. Auf diese Weise könnte die risikokompensierende Wirkung des Sicherungsgeschäftes den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend abgebildet werden.319 Durch das Deckungsgeschäft wird allerdings kein tatsächlich dro315 Vgl. hierzu auch Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 679. Zur Zulässigkeit der Einbeziehung von Warenvorräten in eine Bewertungseinheit vgl. Benne, DB 1991, 2601, 2606 f.; Benne BB 1992, 1172, 1172; Schlick, DStR 1993, 254, 258 sowie ergänzend ADS, § 253, Rn. 538. 316 Vgl. dazu bereits 1. Teil II. 3. b), S. 19, sowie Reiner, S. 292. 317 Alternativ kommt auch eine Übernahme der gekauften Wertpapiere in Betracht, was relativ selten der Fall sein dürfte, vgl. Schmekel, DB 1983, 893, 895 f. 318 Weitere Beispiele bei Scharpf/Luz, S. 328 f. 319 Vgl. Scheffler, S. 213.

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hender Verlust, sondern lediglich ein Opportunitätsverlust kompensiert.320 Fehlt es aber bereits am Absicherungsbedarf für eine offene Position, so ist eine Einordnung als Kompensationsgeschäft – und damit ein Absehen von der imparitätischen Einzelbetrachtung spekulativer Geschäfte – mehr als fragwürdig. Da die Problematik der antizipativen Hedges mehrere Kriterien betrifft, soll dieser Frage jedoch erst an späterer Stelle nachgegangen werden.321 bb)

Für das ganze Unternehmen?

Zu fragen ist ferner, ob die bloße Existenz eines Risikos genügt oder ob weitergehend zu verlangen ist, dass solche Risiken nicht schon durch andere, bereits existente Bilanzpositionen bzw. schwebende Geschäfte ganz oder teilweise kompensiert werden. Teilweise wird dabei die Feststellung eines Absicherungsbedarfs für das ganze Unternehmen gefordert,322 weil andernfalls die Gefahr bestünde, dass durch die (zusätzliche) Absicherung eines Einzelrisikos die Gesamtposition nicht mehr geschlossen sei und hieraus eine Erhöhung des Gesamtrisikos des Unternehmens resultiere.323 Beispiel 13: In einem Unternehmen sind Forderungen i.H.v. 10 Mio. US-$ und Verbindlichkeiten i.H.v. 12 Mio. US-$ vorhanden. Auch ohne ein gezieltes Hedging führt dieser Zustand in Höhe von 10 Mio. US-$ zu einer automatischen Risikokompensation. Werden die Verbindlichkeiten zusätzlich im Rahmen eines Mikro-Hedges durch einen Terminkauf gegen einen möglichen Kursanstieg abgesichert, so ist zwar diese Position perfekt gehedged. Gleichzeitig führt dies jedoch zur Auflösung der innerbetrieblichen Kompensationswirkung, wodurch nunmehr aus der ehemals geschlossenen Position „US-$-Forderungen“ eine offene Position geworden ist. Mikro-Hedges wirken mithin wirtschaftlich nur dann risikomindernd, wenn das Risiko des Grundgeschäfts nicht bereits durch ein anderes Geschäft kompensiert wird.324 Diese Überlegung mag zwar aus Sicht des Risikomanagements überzeugen. Sie kann aber keine entscheidungserhebliche Auswirkung auf die rechtliche Zulässigkeit einer Bewertungseinheit haben. Maßstab hierfür ist allein die Frage, ob in einem bestimmten Rahmen ein Verlustrisiko tatsächlich ausgeschlossen werden kann. Sofern sich durch diesen Ausschluss an anderer Stelle 320 Scheffler, S. 59 f.; so auch Scharpf/Luz, S. 328. 321 Vgl. dazu nachfolgend unter 4. Teil VI. 1. f), S. 113 ff. 322 So Gebhardt, BFuP 1996, 557, 574; Grünewald, S. 248; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 679; Scharpf/Luz, S. 282; Schwarze, S. 161 f.; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717. 323 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526; ähnlich auch Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 49. 324 Vgl. Scharpf/Luz, S. 296.

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ein zusätzliches Risiko ergibt, mag dieses Ergebnis zwar ökonomisch unzweckmäßig sein; die neu geschaffenen Risiken finden aber handelsrechtlich durch Anwendung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB eine hinreichende Berücksichtigung. Für die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Bewertungseinheiten ist es damit nicht erforderlich, einen Absicherungsbedarf für das gesamte Unternehmen zu verlangen.325 b)

Homogene Beeinflussung von Gewinnchance und Verlustrisiko

Damit es zu einer Risikokompensation innerhalb des Sicherungsverbundes kommen kann, müssen Grund- und Sicherungsgeschäfte gleichermaßen auf veränderte Marktbedingungen reagieren (Postulat der homogenen Beeinflussung).326 Verlustrisiken und Gewinnchancen müssen dazu identischen Einflussfaktoren unterliegen, d.h. eine gemeinsame Entstehungsursache327 und gleiche Eintrittswahrscheinlichkeiten328 aufweisen. Beurteilen lässt sich dies grundsätzlich anhand des Kriteriums der Basiswertidentität (Identität des „Underlying“).329 Hinsichtlich des Devisenkursrisikos sind derartige „Pure Hedges“ regelmäßig gegeben, wenn der Bilanzierende sich Absicherungsgeschäften derselben Währung bedient. Die Kursänderungen einer Währung verlaufen zumeist homogen, so dass sich durch die Zusammenfassung von Geschäften mit identischer Währung regelmäßig eine vollständige Korrelation (Perfect Hedge) erzielen lässt.330 Zwar weisen Brackert/Prahl/Naumann darauf hin, dass wegen des Einflusses des bilateralen Zinsgefälles auch der Devisenterminkurs dem Devisenkassakurs nicht immer in vollem Umfang folgt.331 Dem § 340h Abs. 2 325 So im Ergebnis auch Reiner, S. 292, der überdies zurecht darauf hinweist, dass der beschriebene Standpunkt inkonsequent ist. So bedürfte es eines portfolio- oder vermögensweiten Risikomanagements, um überhaupt herausfinden zu können, ob das Gesamtrisiko erhöht wird. Ähnlich auch Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 537, die eine Quantifizierung des Gesamtrisikos vor dem Hintergrund der „erheblichen Schwierigkeiten“ bei dessen Ermittlung ablehnen. Auch Küting/Weber-Jutz (4. Auflage, 1995), I, Rn. 858 und Küting/Weber-Scharpf, Kap. 6, Rn. 867, stellen ohne nähere Begründung ausschließlich auf die einzelne Marktrisikoposition ab. 326 Finne, S. 211; Hahne, BB 2006, 2291, 2293; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 190. Dietrich, S. 140 bezeichnet dieses Postulat als „gewisses Näheverhältnis“, meint aber offenkundig dasselbe. 327 Burkhardt, S. 147; Menninger, RIW 1994, 300, 302; Pößl, DStR 1984, 428, 434; Scharpf/Luz, S. 285; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717. Genauso Knüppe, DB 1985, 2361, 2365 zur Berücksichtigung einer Delkredereversicherung. 328 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1527; Benne, BB 1979, 1653, 1656; Krumnow/Sprißler et al., § 340e HGB, Rn. 118; Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 347 f. 329 Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 190 und 194 ff.; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 398. 330 Scharpf/Luz, S. 286. 331 Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 549. Vgl. zum sog. „Swapsatzrisiko“ Schierenbeck, S. 598 - 401.

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S. 2 HGB ist jedoch zu entnehmen, dass der Gesetzgeber solche Differenzen bei einer Deckung in derselben Währung als marginal betrachtet; diese Wertung lässt sich auch auf die vorliegende Konstellation übertragen. Weitaus schwieriger ist die Definition der Basiswertidentität außerhalb des Devisenbereichs. Will man diese dahingehend verstehen, dass es sich bei dem Sicherungsgeschäft zwingend um ein dem Grundgeschäft identisches Geschäft handeln muss (z.B. FRA gegen FRA), so trägt dies dem weiten Spektrum möglicher Absicherungsmodelle nicht hinreichend Rechnung. Entscheidend ist vielmehr, dass das Sicherungsgeschäft – beurteilt nach dem jeweiligen Einzelfall – geeignet ist, einen faktischen Risikoausschluss herbeizuführen332 und ein solcher auch zu erwarten ist. Für den Zinsbereich bedeutet dies zunächst, dass die Zinsen demselben politischen Einfluss unterliegen müssen.333 Fraglich ist, ob Grund- und Sicherungsgeschäft darüber hinaus auch aus derselben Zinsstrukturkurve abgeleitet werden müssen.334 Scharpf/Luz335 verneinen dies vor dem Hintergrund, dass andernfalls keine Bewertungseinheit zwischen Bundesanleihen und Zinsswaps möglich sei.336 Eine derart ergebnisorientierte Argumentation ist jedoch kaum geeignet, die rechtliche Zulässigkeit einer bilanziellen Gesamtbetrachtung zu begründen. Entscheidend kann vielmehr nur die Frage sein, ob die Konkretisierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB für Zwecke der Verlustantizipation auch dann nicht betroffen ist, wenn Grundund Sicherungsgeschäft sich von verschiedenen Zinsstrukturkurven ableiten. Die wird man verneinen müssen, da ein sicherer Risikoausschluss angesichts der Möglichkeit einer divergierenden Kursentwicklung hier nicht gegeben ist. Für den Bereich der Aktienkurse kann die erforderliche Basiswertidentität grundsätzlich nur bei einem Bezug von Grund- und Sicherungsgeschäft auf denselben Aktientitel angenommen werden.337 Teils wird auch eine Zusammenfassung von „Aktienkörben“ („Baskets“) mit Aktienindexoptionen bzw. Aktienindexterminkontrakten als zulässig erachtet, wenn das Aktienportfolio 332 Vgl. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 718; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 400. 333 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1527. 334 So vertreten von Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1527. 335 Scharpf/Luz, S. 287, die auch bei derartigen „Imperfect Hedges“ die Bildung von Bewertungseinheiten als zulässig erachten. Anders noch Scharpf, BFuP 1995, 166, 194, der eine Ableitung aus derselben Zinsstrukturkurve für erforderlich hielt und selbst unter dieser strikteren Anforderung noch davon ausging, dass „bei einer derart weitgehenden Definition der Identität des Underlyings“ ein sehr gut funktionierendes Risikomanagement vorhanden sein müsse. 336 Grund hierfür ist der Umstand, dass für die Bewertung der Bundesanleihe die Renditen für Anleihen, für die Bewertung des Zinsswaps dagegen die Swap-Zinssätze herangezogen werden. Ferner differieren auch die Methoden der Marktwertberechnung (Barwert) bei Anleihen und Zinsswaps, vgl. Scharpf/Luz, S. 298 f. 337 BFA des IDW, WPg 1995, 421, 422; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 400.

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des Kaufmanns in seiner Zusammensetzung weitgehend dem relevanten Aktienindex entspricht und für die Vergangenheit eine sehr hohe Korrelation von Aktienportfeuille und Aktienindex nachgewiesen wird.338 Problematisch ist allerdings, dass der Rückgriff auf Vergangenheitswerte nur eine spekulative Prognose darstellt, die mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist.339 Der für die Gesamtbewertung erforderliche Ausschluss von Verlustrisiken ist damit nicht erfüllt, was diese Fallgruppen von einer möglichen teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ausnimmt. Darüber hinaus gibt es Versuche, auch einer unter Verzicht auf die Basiswertidentität gebildeten Sicherungseinheit („Cross Hedge“) die bilanzielle Anerkennung zu verschaffen. Anstelle der Risikokompensation trete in der Praxis zusehends eine bloße Wertkompensation; für die Bildung von Bewertungseinheiten solle daher bereits genügen, dass ein für die Vergangenheit nachgewiesener statistischer Zusammenhang zwischen einzelnen Positionen besteht.340 So könnten beispielsweise eine US-Dollar-Forderung wertmäßig auch durch den Terminverkauf eines mittels Hedge-Ratio adjustierten Währungsbetrages von Kanadischen-Dollar abgesichert werden.341 Auf eine Kongruenz des Underlying komme es daher nicht zwingend an.342 Entscheidend für die Sicherungswirkung sei ausschließlich, dass das Hedge-Ratio dem Verhältnis der Wechselkursänderungen im Sicherungszeitraum entspricht.343 Dem kann nicht gefolgt werden. Statistische Vergangenheitswerte sind nur bedingt geeignet, einen gesicherten Ausblick auf künftige Kursentwicklungen zu geben. Selbst wenn Währungen relativ eng aneinander gekoppelt sind, ergeben sich in einem System floatender Währungen noch so viele Spielräume, dass ein nicht zu vernachlässigendes Restrisiko verbleibt.344 Ein verlässliches Hedge-Ratio wird sich daher kaum ermitteln lassen. Das Verlustrisiko ist folglich nur bei einer

338 So Scharpf/Luz, S. 288. Fallbeispiel bei Breker, S. 218 ff. 339 Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 400; zweifelnd auch Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 475. 340 Menninger, S. 189; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 175 ff.; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 2; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 51; ähnlich auch Langenbucher, S. 148 f.; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 652. 341 Naumann, Bewertungseinheiten, S. 176. 342 Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 3. 343 Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 195; ähnlich auch Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1528. Zur methodischen Ermittlung des Hedge-Ratio vgl. Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 550. 344 Tubbesing, zfbf 33 (1981), 804, 818. Vgl. auch Finne, S. 212 und Wlecke, S. 188, der zum Nachweis auf die Kursentwicklungen des FF gegenüber der DM innerhalb des EWS verweist. Ähnlich auch Möhler, S. 96, der allerdings eine Ausnahme für den Fall des „Dreiecksgeschäfts“ vorsieht, durch das ein Wechselkursrisiko mittelbar abgesichert wird.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Basiswertidentität mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen.345 Bei „Cross Hedges“ bleibt der Zweck der Durchsetzung des Imparitätsprinzips hingegen weiterhin betroffen, so dass eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ausscheidet.346 Im Ergebnis erscheint ein Verzicht auf die Basiswertidentität damit insgesamt nicht möglich. Bezogen auf die klassifizierten Hedging-Modelle347 bedeutet dies, dass auch hinsichtlich der Fallgruppe der „Global Hedges“ – als Zusammenfassung heterogener Geschäfte – eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ausscheidet. c)

Negative Korrelation

Weitergehend bedarf es einer „negativen Korrelation“ dergestalt, dass die Gewinn- und Verlustpotenziale sich gegenläufig entwickeln.348 Grund- und Sicherungsgeschäft müssen derart aufeinander abgestimmt sein, dass bei einer Veränderung des Einflussfaktors eine zwingende Kompensation stattfindet.349 Will man dabei einen 100 %igen Risikoausschluss erzielen, so erfordert dies grundsätzlich eine vollständige negative Korrelation zwischen Grund- und Deckungsgeschäft (Korrelationskoeffizienten von -1).350 Problematisch ist jedoch, dass derartige „Perfect Hedges“ gerade im Zins- und Aktienbereich allein aufgrund des Basisrisikos351 nur selten gelingen werden.352 Hinzu kommt, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen häufig nur zweite Wahl sind, da sich Hedges über andere, aber verwandte Basiswerte teilweise kostengünstiger gestalten („Cheapest Hedge“).353 Teilweise wird deshalb gefordert, auf eine Korrelation von -1 zu verzichten, um „nicht von vorneherein sogar eine Absicherung in Form von Mikro-Hedges unmöglich zu machen“.354 Andernfalls könnten wirtschaftlich sinnvolle und in der Praxis angewandte Absicherungstechni345 Insbesondere eine Währungsidentität fordern auch Burkhardt, S. 148; Hahne, BB 2003, 1943, 1945; U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 305; Jutz, S. 105; Lührmann, DStR 1998, 387, 389; Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 867; Schlick, DStR 1993, 254, 256 f.; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2505. 346 Abgelehnt werden Cross-Hedges wegen fortbestehender Währungsrisiken auch von Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231. 347 vgl. dazu erneut 1. Teil II., S. 11 ff. 348 Burkhardt, S. 148; Löw, WPg 2004, 1109, 1111; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717. 349 Scharpf, BFuP 1995, 166, 195. 350 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717. 351 Unter Basisrisiko versteht man das Risiko, das sich aufgrund unterschiedlicher Volatilitäten desselben Finanzinstrumentes im Kassa- und im Terminkontrakt ergibt, vgl. Schwarze, S. 108. 352 Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 14; Schwarze, S. 108; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 718. 353 Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 191. 354 Scharpf, BFuP 1995, 166, 195; Scharpf/Luz, S. 290. Ähnlich auch Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 3 und 8; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 400; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 519 f.

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ken bei der Bilanzierung nicht berücksichtigt werden.355 Die Basiswerte müssten daher lediglich so gewählt werden, dass eine möglichst „hohe Korrelation“ erreicht wird.356 Wie hoch eine derartige Korrelation tatsächlich sein muss, bleibt allerdings offen. Je nach Autor reichen die Vorschläge von -0,6 bis -0,85.357 Teilweise wird auch gänzlich von einer starren Grenze abgesehen und auf den Einzelfall verwiesen. Weiche die Vergangenheitskorrelation358 dabei wesentlich von -1 ab („Imperfect Hedge“), so müsse sichergestellt sein, dass unterschiedliche Wertentwicklungen unmittelbar erkannt und ggf. imparitätisch berücksichtigt würden.359 Voraussetzung sei hierbei zum einen, dass ausreichend liquide Märkte für Sicherungsinstrumente zur Verfügung stünden, so dass eine laufende Marktpreisbewertung zu Kontrollzwecken möglich sei. Zum anderen müsste es im Rahmen eines Risikomanagements zu einer Überwachung der Hedge-Einheit kommen.360 Problematisch an dieser Ansicht ist bereits die Prämisse: Es kann nicht darum gehen, die Voraussetzungen für Bewertungseinheiten so zu formulieren, dass sie in möglichst vielen Fällen erfüllt werden. Zutreffender Ausgangspunkt für die Bilanzierung sind vielmehr die rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verfolgten Ziele. Nur wenn die Zwecke des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auch ohne strikte Einzelbewertung erreicht werden, kann eine Gesamtbetrachtung, d.h. die Bildung von Bewertungseinheiten, rechtlich akzeptiert werden. Der Konkretisierungszweck zur Durchsetzung der Verlustantizipation ist aber nur dann nicht betroffen, wenn aufgrund des Sicherungszusammenhangs faktisch kein Verlustrisiko besteht. Dies kann bei Korrelationen zwischen -0,6 und -0,85 nicht angenommen werden. Will man überhaupt über zulässige Abweichungen nachdenken, so können sich solche allenfalls in einem zu vernachlässigenden Bereich bewegen. Es muss sich also um eine „Bagatellabweichung“ handeln, die man – in Anlehnung an die im Steuerrecht weithin anerkannte Geringfügigkeitsgrenze361 – auf einen Maximalwert von ca. 10 % beziffern kann.362 Ob diese Korrelation von -0,9 dann als (vorab bestehende) strikte Grenze betrachtet oder im Wege des Risikomanagements erzielt wird, 355 Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 51. 356 Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 639; Scharpf, BFuP 1995, 166, 195. 357 Vgl. Quellennachweise bei Grünewald, S. 254; Menninger, RIW 1994, 300, 305; Scheffler, S. 171. 358 Kritisch zur Ableitung der Korrelationen aus Vergangenheitsdaten: Windmöller, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 237. 359 Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 639; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2504. 360 Scharpf, BFuP 1995, 166, 196; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 718. 361 Vgl. dazu BFH vom 02.10.2003 – IV R 13/03, BStBl. II 2004, 985, 986 m.w.N. 362 Dieser Wert korrespondiert mit dem durchschnittlichen Effektivitätsgrad eines Pure Hedges, der sich nach Berechnungen des IMM auf 89,4 % beläuft, vgl. Barth, KuK 1984,120, 135 und Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 197.

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ist dabei zunächst unerheblich. Während eine derartige Korrelation bei MikroHedges weitestgehend unproblematisch erzielbar sein wird, können sich für globale Hedge-Strategien wie z.B. Makro-, Portfolio- oder Global-Hedges Schwierigkeiten hinsichtlich der Korrelationsprognose ergeben.363 Gelingt es dem Unternehmen jedoch faktisch, eine hinreichende Korrelation zu erreichen, so steht dies der teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nicht entgegen. d)

Vollständige Kompensation (betragsmäßige Übereinstimmung)

Nach dem Postulat der vollständigen Kompensation kann eine Sicherungseinheit nur insoweit wirken, wie innerhalb ihres Verbundes ein wertmäßiger Ausgleich erfolgt.364 Entstandene Verluste werden nur bis zu der Höhe ausgeglichen, in der ihr (unrealisierte) Gewinne entgegenstehen. Dennoch bedarf es für die rechtliche Zulässigkeit der Gesamtbewertung keiner betragsmäßigen Übereinstimmung von Grund- und Sicherungsgeschäft.365 Zumindest in Höhe des gedeckten Betrages bleibt der erforderliche Risikoausschluss erhalten; allerdings ist dann auch nur dieser (Teil-)Betrag von der imparitätischen Bewertung auszunehmen. Überschießende Verluste sind im Wege einer Wertberichtigung oder durch die Bildung von Drohverlustrückstellungen bilanziell zu berücksichtigen.366 Ein (nicht realisierter) Gewinnüberschuss ist hingegen aufgrund von § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB nicht berücksichtigungsfähig.367 Hahne368 äußert gegen eine derartige partielle Einbeziehung Bedenken. So müssten überschießende Geschäfte für Zwecke der Bewertung in zwei Teile zerlegt werden, auf die dann jeweils unterschiedliche Bewertungsmethoden angewendet würden. Eine solche Aufspaltung sei weder aus den gesetzlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften noch aus den GoB heraus nachgewiesen. Derartige Bedenken überzeugen jedoch nicht. Es kommt vorliegend nicht zur Anwendung divergierender Bewertungsmethoden, sondern lediglich zur Ermittlung des wirtschaftlichen Gesamtrisikos der Einheit. Hinsichtlich der überschießenden Beträge fehlt es – auch bei weiterhin angewendeter Gesamtbetrachtung – an einer Deckung, so dass die hieraus resultierenden Risi363 Oestreicher/Haun, DStR 1995, Beihefter zu Heft 50, 1, 4; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 517 und Steiner, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 234, die anmahnen, dass der „Nachweis einer hoch negativen Korrelation bei Makro-Hedges mit großer Unsicherheit behaftet“ ist. 364 Vgl. Groh, DB 1986, 869, 875; Scharpf/Luz, S. 292 f. 365 So auch ADS, § 253, Rn. 108; Möhler, S. 97 f.; Scharpf/Luz, S. 293; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717; BoHdR-Wohlgemuth, § 253, Rn. 45; Wlecke, S. 189; Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 639. 366 Finne, S. 214; Jutz, S. 105; Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 350. 367 U. Hüttemann, in: HdJ, Abt. III/8, Rn. 303; Scharpf, BFuP 1995, 166, 197; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717. 368 Hahne, BB 2003, 1943, 1946.

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ken antizipierend zu berücksichtigen sind. Rechtgrundlage ist dabei § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB, der angesichts des teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auf die gesamte Sicherungseinheit anzuwenden ist. e)

Zeitlicher Bezug von Grund- und Sicherungsgeschäft

Fraglich ist, in welchem zeitlichen Bezug Grund- und Sicherungsgeschäft zueinander stehen müssen. aa)

Laufzeitkongruenz

Vereinzelt werden kongruente Laufzeiten der verbundenen Geschäfte gefordert.369 Relevanz erhält dieses Kriterium zunächst nur dort, wo die verbundenen Geschäfte überhaupt einer Laufzeit unterliegen. Hieran fehlt es beispielsweise, wenn eine in der Zukunft fällige Fremdwährungsverbindlichkeit durch den gegenwärtigen Erwerb der Devisen abgesichert wird.370 Der Devisenbestand beim Bilanzierenden unterliegt keiner Terminbindung in Form einer Frist oder Fälligkeit und kann folglich auch nicht am Kriterium der Laufzeit gemessen werden. Aber auch bei zeitgebundenen Sicherungsinstrumenten (z.B. Termingeschäfte, Swaps oder Verbindlichkeiten und Forderungen) ist eine Laufzeitidentität ohne Belang. Entscheidend ist vielmehr nur, dass die im Fälligkeitszeitpunkt ausgelösten Zahlungsströme zu einer Kompensation führen371 – es kommt mithin nicht auf die Laufzeit, sondern auf die Fälligkeit eines Deckungsgeschäftes an.372 Wird ein Deckungsgeschäft bereits zuvor oder erst zeitlich nachgelagert abgeschlossen, so ist lediglich zu gewährleisten, dass sich trotz der unterschiedlichen Abschlusszeitpunkte weiterhin eine Absicherung erzielen lässt. Ist dies der Fall, so kommt es auf eine Kongruenz der Gesamtlaufzeit nicht an.373 bb)

Fristengleichheit

Aber auch eine Fristengleichheit im Sinne einer Fälligkeitskongruenz soll nach teilweise vertretener Auffassung nicht zwingend erforderlich sein, sofern Grund- und Sicherungsgeschäft nur innerhalb desselben Geschäftsjahres fällig

369 So ohne Begründung Rädler, StbJb 1975/76, S. 449, 456. 370 Vgl. hierzu Beispiel 1, 1. Teil I. 1., S. 6 f. Anders verhält es sich, wenn die Sicherung der Zahlungsverpflichtung gegen Kurssteigerungen aus einer währungsgleichen und am selben Tag fälligen Forderung resultiert. 371 Finne, S. 213. 372 BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266; Langenbucher, S. 147. 373 Noch nicht geklärt ist damit die Frage, ob die Wertveränderungen vorab geschlossener Deckungsgeschäfte („antizipative Hedges“) – im Hinblick auf den späteren Sicherungsverbund – bereits von Beginn an unberücksichtigt bleiben oder ob bis zum Abschlusszeitpunkt des Grundgeschäftes eine reguläre Einzelbewertung zu erfolgen hat, vgl. hierzu 4. Teil VI. 1. f), S. 113 ff.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

werden.374 Beispielhaft würde dies bedeuten, in 01 selbst dann auf eine imparitätische Bewertung zu verzichten, wenn das Grundgeschäft im Januar 03, das Sicherungsgeschäft aber erst im Oktober 03 fällig wird. Ein derartiges Anforderungsprofil verkennt jedoch grundlegend den Zweck des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB. Aufgabe der Norm ist die richtige Periodisierung von Erträgen und Aufwendungen. Selbst wenn die Möglichkeit besteht, dass Verluste im Realisationsgeschäftsjahr durch gegenläufige Gewinne ausgeglichen werden, ist dies keinesfalls zwingend. Nicht realisierte Gewinne aus Grund- oder Deckungsgeschäft können nach Beendigung des Hedges nämlich sehr schnell wieder verfallen.375 Ungedeckte Verluste sollten daher stets antizipiert – d.h. hier bereits in 01 berücksichtigt – werden, um die Folgejahre verlustfrei zu halten.376 Diese Funktion lässt sich nicht erzielen, wenn man Verluste erfolgsneutral ins Realisationsjahr transformiert, nur weil sie dort evtl. durch gegenläufige Gewinne kompensiert werden. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB kann hinsichtlich seiner Konkretisierungsfunktion nur dann teleologisch reduziert werden, wenn aufgrund der Sicherung insgesamt, d.h. gar kein Verlust droht. Eine derartige Sicherheit ist bei unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten jedoch nicht gegeben. Auch nur geringfügige Fälligkeitsdivergenzen bergen die Gefahr, dass die tatsächliche Marktentwicklung der erwarteten und beabsichtigten Sicherungswirkung zuwider läuft. Innerhalb des Differenzzeitraums verbleiben die Risiken zeitweiliger Zins- bzw. Kursänderungen, welche im Extremfall zu einem beiderseitigen Verlust aus Grundund Sicherungsgeschäft führen können.377 Mangels sicherer Risikokompensation scheidet eine Gesamtbetrachtung insoweit aus. Verlustrisiken lassen sich vielmehr nur dann systematisch ausschließen, wenn die Vereinnahmung der Erträge aus dem einen Geschäft mit der Verausgabung aus dem anderen tagesgleich zusammenfällt.378 Nur bei identischen Fälligkeitstagen innerhalb des Sicherungsverbundes tritt die geforderte Ertrags- und Vermögensneutralität ein, die eine Einzelbetrachtung zum Zwecke der Verlustantizipation entbehrlich macht. cc)

Anschlusssicherungen

Nicht zwingend ist hingegen, dass jedes einzelne Deckungsgeschäft die erforderliche Fristenkongruenz aufweisen kann. Bestehen Fristenunterschiede zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft, so verbleibt häufig die Möglichkeit, 374 375 376 377 378

Ohne Begründung so BFA des IdW 1/75, WPg 1975, 664, 665. So auch Reiner, S. 262. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Imparitätsprinzip unter 2. Teil I. 1. b), S. 25 f. In diesem Sinne auch Reiner, S. 262. BFH Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266 f.; Hölzel, S. 88; Leffson, S. 292; Wlecke, S. 182, 199; ähnlich auch Hahne, BB 2003, 1943, 1946; W. Schäfer, S. 107 und Schmekel, DB 1983, 893, 898.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

diese durch Anschlusssicherungsgeschäfte zu überbrücken.379 Für die Zulässigkeit einer Gesamtbetrachtung kann es insofern nur darauf ankommen, dass bezogen auf den Fälligkeitszeitpunkt ein vollständiger Risikoausschluss erzielt wird. Ob dies durch ein fristengleiches Deckungsgeschäft oder durch eine geschlossene Kette zeitlich aufeinander folgender Geschäfte geschieht, ist dabei unerheblich. Zweifelhaft ist allerdings, ob hierzu die reine Überbrückungsmöglichkeit genügt oder ob zu fordern ist, dass die Anschlussgeschäfte bereits rechtlich verbindlich abgeschlossen sind. Nach einer Ansicht soll die reine Möglichkeit zur Überbrückung genügen,380 „da derjenige, der die Sicherung sucht, sie aufgrund der erklärten Sicherungsstrategie und nach aller Voraussicht auch aufrechterhalten wird“.381 Benne382 geht ferner davon aus, dass „es wegen der stichtagsbezogenen Betrachtungsweise unerheblich ist, ob derartige Maßnahmen zur Überbrückung zeitlicher Unterschiede später auch tatsächlich vorgenommen werden“.383 Entscheidend sei „vielmehr ausschließlich, ob aus der Sicht des Bilanzstichtags spätere zeitliche Differenzen überbrückt werden können“. Ein derart reduziertes Anforderungsprofil vermag in zweifacher Hinsicht nicht zu überzeugen. Ihm steht zunächst entgegen, dass sich regelmäßig nicht ex ante feststellen lassen wird, ob eine spätere Anschlusssicherung überhaupt möglich ist. Zwar verlangen auch die Vertreter der o.g. Ansicht teilweise, dass bei Fälligkeitsunterschieden ein liquider Markt für Sicherungsinstrumente bestehen muss, eine Anschlusssicherung aufgrund des Standings des Bilanzierenden jederzeit möglich ist und der Markt für solche Geschäfte nicht derart reglementiert oder begrenzt sein darf, dass ein solches fraglich erscheint.384 Erneut 379 Scharpf/Luz, S. 293. 380 FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057, 1058; Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 639; HFA des IDW, WPg 1986, 664, 665; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 684; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 199; dies., ZBB 1994, 1, 2, 3; Schlick, DStR 1993, 254, 257; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 398. 381 Scharpf/Luz, S. 293; ähnlich auch Groh, DB 1986, 869, 874; BFA des IDW, Stellungnahmen 1/75, WPg 1975, 664, 665 und 3/1995, WPg 1995, 735, 736. Differenzierend Benne, DB 1991, 2601, 2608, der bei Nichtbanken von einer erhöhten Prognoseunsicherheit ausgeht, und Finne, S. 214, der einen vergangenheitsbezogenen Nachweis der Absicht verlangt, dass von der Sicherungsmöglichkeit auch Gebrauch gemacht wird. 382 Benne, DB 1991, 2601, 2608. 383 Ähnlich auch Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 547; Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 477 und Birck/Meyer, Teillieferung 5, V 431 f., die argumentieren, dass die Frage, ob später eine offene Position eingegangen wird oder nicht, eine Entscheidung des neuen Geschäftsjahres sei und „dementsprechend die Auswirkungen dieser Entscheidung auch erst diesem Geschäftsjahr zuzurechnen“ seien. 384 Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 684; Scharpf/Luz, S. 294. Ähnlich auch FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.03.2000 – I 714/91, EFG 2000, 1057, 1058; Burkhardt, S. 212; Naumann, Fremdwährungsumrechnung, S. 81; Prahl/Naumann, in: HdJ,

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handelt es sich hierbei aber um Zukunftsprognosen, die ein erhebliches Risikopotenzial bergen. Wie jüngst die Finanzmarktkrise gezeigt hat, sind gerade die häufig zu Sicherungszwecken verwandten Derivate höchst krisenanfällig und bieten damit keinen Garant für eine stabile Absicherungspolitik.385 Die Immobilienkrise in den USA hat darüber hinaus mit erschreckender Deutlichkeit aufgezeigt, dass auch liquide Märkte und ein scheinbar gutes „Standing“ der Unternehmen dem schnellen Verfall zugänglich sind. Insbesondere der Ansicht Bennes steht ferner entgegen, dass die im Fälligkeitsjahr eintretende Risikokompensation nach den obigen Ausführungen bereits im Verlustentstehungsjahr als zwingende Voraussetzung für den Verzicht auf eine imparitätische Behandlung zu berücksichtigen ist.386 So verlangt gerade das von Benne angeführte Stichtagsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, dass grundsätzlich nur solche Maßnahmen bilanzielle Berücksichtigung finden dürfen, die am Bilanzstichtag bereits getroffen worden sind und Bestand haben.387 Entscheidend für die Bewertung ist die Situation am Bilanzstichtag.388 Nur wenn zu diesem Zeitpunkt der spätere Verlustausgleich auch tatsächlich feststeht, d.h. eine „Durchsicherung“ bis zum Zahlungstermin sichergestellt ist, ist die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB und damit die ursprüngliche Bildung der Bewertungseinheit gerechtfertigt.389 Gleichfalls wird sich der für die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB erforderliche Risikoausschluss auch nur dann erzielen lassen, wenn die Gewinnerwartung aus dem Deckungsgeschäft greifbar ist.390 Die Verlustkompensation darf nicht lediglich auf allgemeinen Gewinnerwartungen beruhen, denn solche bieten keine hinreichende Garantie eines sicheren Risikoausschlusses.391 Eine Greifbarkeit der Gewinnerwartung lässt sich vielmehr nur

385 386 387 388 389 390 391

Abt. II/10, Rn. 199; Scheffler, S. 168. Anders der BFA des IDW, der in seinen Stellungnahmen 1/75 (WPg 1975, 664, 665) und 3/1995 (WPg 1995, 735, 736) sogar unterstellt, „dass es dem Kreditinstitut möglich ist, zeitliche Inkongruenzen durch entsprechende Anschlussgeschäfte zu beseitigen“. Vgl. Ralf Drescher, „Börsenkrise triff Derivate hart“, Handelsblatt vom 24. Januar 2008. So im Ergebnis auch Groh, DB 1986, 869, 874; Hahne, BB 2003, 1943, 1945. BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 267. MünchKommHGB-Ballwieser, § 252, Rn. 50; BoHdR-Wohlgemuth, § 252, Rn. 24. Zum Stichtagsprinzip vgl. bereits 2. Teil I. 3., S. 29 f. So auch Hahne, BB 2003, 1943, 1946. Allgemein für Bewertungseinheiten und ohne konkreten Bezug zur teleologischen Reduktion so auch Burkhardt, S. 147. Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717. Allein die vage Hoffnung auf eine Verbesserung der Marktsituation erfüllt nicht die Anforderung an einen sicheren Risikoausschluss (vgl. Pößl, DStR 1984, 428, 433) – auf eine imparitätische Behandlung und deren Konkretisierung in Form der Einzelbewertung kann insoweit nicht verzichtet werden. A.A. Benne, DB 1991, 2601, 2609; anders noch ders., BB 1979, 1653, 1656.

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annehmen, wenn sie durch eine rechtliche Bindung konkretisiert ist.392 Zur hinreichenden Erfüllung der Konkretisierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB müssen potenzielle Anschlussdeckungsgeschäfte folglich bereits im Zeitpunkt der Bildung einer Bewertungseinheit rechtsverbindlich abgeschlossen sein. Hinzu kommt, dass selbst die antizipative Verlustberücksichtigung als Mindestmaß an Konkretisierung einen rechtsverbindlichen Abschluss der entsprechenden Geschäfte verlangt. So erfordert selbst die Bildung von Drohverlustrückstellung den rechtswirksamen Abschluss der noch „schwebenden“ Geschäfte;393 eine Berücksichtigung von Verlustrisiken geplanter Geschäfte ist dem Bilanzrecht hingegen unbekannt. Der Umstand der Rechtsverbindlichkeit zeichnet sich daher als generelle Mindestanforderung für eine bilanzielle Berücksichtungsfähigkeit von Geschäftsvorfällen ab. Vor diesem Hintergrund wäre es kaum sachgerecht, hinsichtlich potenzieller Gewinnchancen auf eine derartige Konkretisierung zu verzichten. Bei bestehenden Fälligkeitsunterschieden ist die rechtliche Absicherung der Anschlusssicherung mithin eine zwingende Voraussetzung für die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Im Ergebnis sind folglich nur solche Fallgruppen vom Konkretisierungszweck nicht betroffen, bei denen entweder schon das ursprüngliche Sicherungsgeschäft eine tagesgenaue Fälligkeitskongruenz aufweist oder entsprechende Anschlusssicherungsgeschäfte bereits rechtsverbindlich abgeschlossen worden sind. dd)

Zwischenergebnis

Auswirkungen ergeben sich aus den vorgenannten Fälligkeitsanforderungen vor allem für die Fallgruppe der Portfolio-Hedges. Charakteristisch für diese ist gerade eine dynamische Absicherung gegen Marktpreisrisiken.394 Alle eingehenden (homogenen) Instrumente werden dabei in einem Portfolio zusammengefasst, zu Marktpreisen bewertet und so unrealisierte Verluste mit unrealisierten Gewinnen ausgeglichen. Zwangsläufig kommt es so zu einer Ansammlung von Geschäften mit unterschiedlichen Fälligkeiten.395 Auch fehlt es 392 Ähnlich auch Hahne, BB 2003, 1943, 1946; Menninger, RIW 1994, 300, 306; Oestreicher, S. 277 bzw. allgemein für die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten, aber ohne konkreten Bezug zur Fälligkeitsfrage Beckmann, S. 165; Burkhardt, S. 147; Finne, S. 211; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717; Tubbesing, zfbf 33 (1981), S. 804, 824, wobei allerdings keiner der Autoren diese Anforderung vor dem Hintergrund einer teleologischen Reduktion als Rechtsgrundlage aufstellt. Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 547 ff. weisen darüber hinaus auf die erheblichen Praktikabilitätsprobleme hin, die sich bei Abwicklung der einzelnen Teilsicherungsgeschäfte ergeben, erachten jedoch die reine Möglichkeit zum Abschluss einer Anschlusssicherung im Ergebnis dennoch als ausreichend. 393 BeckBilKomm-Hoyos/Ring, § 249, Rn. 52. 394 Vgl. dazu bereits 1. Teil II. 1. b) bb)., S. 16 f. 395 Dies gilt selbstverständlich hier nur für solche Portfolio-Hedges, in denen sich laufzeitbzw. fälligkeitsgebundene Geschäfte befinden.

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regelmäßig am Abschluss fristengleicher Anschlusssicherungsgeschäfte, da beim Portfolio-Hedging nur die ohnehin vorhandenen Kompensationswirkungen genutzt werden sollen. Der Portfolio-Hedge führt mithin zu keinem sicheren Risikoausschluss, womit eine Gesamtbetrachtung aufgrund der teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB für diese Fallgruppe ausscheidet.396 f)

Hinreichende Konkretisierung bei „antizipativen Hedges“?

Fordert man eine hinreichende Greifbarkeit in Form eines rechtsverbindlichen Abschlusses für das Sicherungsgeschäft, so stellt sich auch die Frage, welche Anforderungen an das Grundgeschäft zu stellen sind. Problematisch ist hierbei die Konstellation der „antizipativen Hedges“, bei denen drohende Verluste aus einer lediglich geplanten Transaktion abgesichert werden sollen.397 Liegt der Bilanzstichtag zwischen dem Abschluss des Sicherungsgeschäftes und dem zukünftigen Erwerb, so besteht eine offene Position, die regelmäßig nach den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen, d.h. im Rahmen einer imparitätischen Einzelbetrachtung, zu bewerten ist. Unrealisierte Gewinne aus dem Sicherungsgeschäft sind danach im Jahresabschluss nicht zu berücksichtigen, während entstandene Verluste erfolgswirksam werden. Teilweise wird jedoch auch für „antizipative Hedges“ eine Gesamtbetrachtung gefordert. Antizipative Hedges seien unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten in bestimmten Situationen geboten.398 So sei es gesamtwirtschaftlich abzulehnen, wenn dasjenige Unternehmen bilanziell besser gestellt würde, das auf eine Absicherung künftiger Marktrisiken verzichtet; der Grundsatz der bilanziellen Vorsicht drohe sich sonst in sein Gegenteil zu verwandeln.399 Es erscheine daher sachgerecht, auch antizipative Hedges in die bilanzielle Abbildung zu übernehmen und die Bildung von Bewertungseinheiten unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen.400 Hierzu müssten die wesentlichen Charakteristika und erwarteten Bedingungen der beabsichtigten zukünftigen Transaktion bekannt und deren Zustandekommen höchstwahrscheinlich sein.401 Ergänzt wird dies um die Forderung nach speziellen Dokumentationsanforderungen, um Missbräuche der Regelung zu vermeiden, und nach der Anwendung einer Bu396 Ähnlich auch Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2505, der die bilanzielle Berücksichtigung von Portfolio-Hedges gleichfalls als nicht mit den GoB vereinbar erachten. 397 Vgl. dazu bereits unter 1. Teil II. 3. b), S. 19. 398 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 105; Löw, WPg 2004, 1109, 1119 f. 399 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 105. 400 Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 721, 722; Scharpf/Luz, S. 329 f. Die Zulässigkeit antizipativer Geschäfte bejahen gleichfalls Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 641; Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 866; C. Schmidt, S. 167 f.; Schwarze, S. 109 f. 401 Löw, WPg 2004, 1109, 1120 ff.; weitere Nachweise auch bei Menninger, S. 150.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

chungstechnik, die eine verlustfreie Bewertung antizipativer Sicherungsgeschäfte abbildet.402 Die Erfolgswirkungen aus dem Sicherungsgeschäft würden dann auf den Zeitpunkt verschoben, in dem das Grundgeschäft abgeschlossen wird und so z.B. Bestandteil von dessen Beschaffungskosten werden.403 Bedenklich an dieser Ansicht ist jedoch, dass im Falle des lediglich geplanten Grundgeschäftes weder ein Nominalgut noch ein schwebendes Geschäft vorliegt.404 Die rein wahrscheinliche Durchführung eines Geschäfts ist aber nicht ausreichend, um dieses handelsrechtlich als bilanzierungsfähigen Sachverhalt zu qualifizieren.405 Es mangelt damit an einer in der Bilanz berücksichtigungsfähigen Position, d.h. an der erforderlichen Greifbarkeit.406 Hinzu kommt, dass es hinsichtlich des abzusichernden, aber noch nicht abgeschlossenen Grundgeschäfts an einem Erfolg fehlt, der mit dem gegenläufigen Erfolg des Sicherungsgeschäfts verrechnet werden könnte.407 Die zeitliche Verlagerung führt vielmehr zu einer geöffneten Position und schafft damit erst ein Risiko. Ob dieses Risiko durch den Abschluss des geplanten Geschäfts nachfolgend geschlossen wird, ist – trotz der Forderung nach einem wahrscheinlichen Abschluss – ungewiss. Zwar mögen antizipative Hedges gesamtwirtschaftlich sinnvoll erscheinen. An kompensatorischen Effekten und dem für die teleologische Reduktion erforderlichen Risikoausschluss fehlt es ihnen im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses jedoch.408 Das Sicherungsgeschäft hat insofern einen eindeutig spekulativen, d.h. risikoerhöhenden Charakter,409 der einer Gesamtbewertung zuwider läuft. Die Bildung von Bewertungseinheiten aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist damit für den Bereich der antizipativen Hedges ausgeschlossen.410 Es bleibt insofern bei einer imparitätischen Bewer402 Löw, WPg 2004, 1109, 1120. Vorschläge für konkrete Anforderungen bei MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 105; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 721, 722. 403 Vgl. Scharpf/Luz, S. 328; Scheffler, S. 213. 404 Anders ist dies zu beurteilen, wenn schon ein rechtlich bindendes Vertragsangebot abgegeben wurde, was nach allgemeiner Ansicht zur Annahme eines schwebenden Geschäftes führt, vgl. Grünewald, S. 229; vgl. auch Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2503. 405 Grünewald, S. 243 f. 406 So auch Höffner, RIW 1996, 745, 750 Fn. 125; Reiner, S. 293; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 522. Zum Erfordernis der „Greifbarkeit“ vgl. bereits 4. Teil VI. 1. e) cc), S. 109 ff. 407 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 411. 408 Ähnlich, jedoch ohne Bezug zur teleologischen Reduktion auch Menninger, RIW 1994, 300, 306; Tubbesing, zfbf 33 (1981), S. 804, 824. 409 Rübel, S. 57. 410 So im Ergebnis auch BeckBilKomm-Förschle, § 246, Rn. 153; Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 121; Menninger, RIW 1994, 300, 309; Oestreicher, S. 300; Oestrei-

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tung am Bilanzstichtag.411 Der Erfolgsbeitrag aus dem Sicherungsgeschäft, der vor Beginn des Grundgeschäftes realisiert wird, ist einzeln und unabhängig von den zukünftigen Erfolgen aus dem Grundgeschäft zu berücksichtigen. Er darf weder in die Anschaffungskosten der abzusichernden Position eingerechnet werden, noch darf er durch einen Rechnungsabgrenzungsposten bis zur Erfüllung des Grundgeschäfts abgegrenzt werden.412 g)

Relativierung durch Restrisiken

Obwohl die hier diskutierten Konstellationen primär der Kompensation von Marktpreisrisiken dienen, können auch sonstige Risikofaktoren, z.B. besondere Bonitätsrisiken nicht unbeachtet bleiben.413 Bestrittene oder wirtschaftlich wertlose Ansprüche haben keinen kompensatorischen Effekt und damit auch keine Sicherungswirkung.414 In entsprechender Höhe mangelt es folglich an einem Risikoausschluss. Nur wenn der Bilanzierende bei sachgerechter Würdigung der Umstände am Bilanzstichtag davon ausgehen kann, dass ein Deckungsanspruch auch erfolgreich geltend gemacht werden kann, erscheint ein Verzicht auf die Einzelbewertung möglich.415 h)

Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäften

Fraglich ist, ob es darüber hinaus eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft in Form einer subjektiven Zuordnung durch den Bilanzierenden bedarf. Grundvoraussetzung für die Zusammenfassung ist dabei nach teilweise vertretener Ansicht, dass die Deckungsgeschäfte auch tatsächlich und ausschließlich zum Zwecke des Zusammenwirkens, d.h. zur Absicherung des Grundgeschäfts gegen bestimmte Risiken, abgeschlossen worden sind („ursprüngliche Sicherungsabsicht“).416 Bereits im Zeitpunkt des

411 412 413

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415 416

cher/Haun, DStR 1995, Beihefter zu Heft 50, 1, 5 f.; Prahl, WPg 1996, 830, 836 f.; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 775; Reiner, S. 268 und 293; Schiffers, DStZ 2006, 400, 404; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 50; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 18; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2503. Menninger, RIW 1994, 300, 306. Oestreicher, S. 300. Vgl. Finne, S. 211; Gmelin, WPg 1987, 597, 600; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 684; Schlick, DStR 1993, 254, 257; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 49; Wlecke, S. 186; Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 477. Vgl. Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 547; Burkhardt, S. 150 f.; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 66; Pößl, DStR 1984, 428, 434; Scharpf/Luz, S. 294; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 717; Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 478 f. Pößl, DStR 1984, 428, 434. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526; Burkert, S. 15; Burkhardt, S. 144; Göttgens/Prahl, WPg 1993, 503, 508; Scharpf, BFuP 1995, 166, 191. Ähnlich auch Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 867; Schumacher, DB 1995, 1473, 1474 und Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 680. Letztere räumen jedoch auf S. 681 die Möglichkeit ein, Derivate auch nach Geschäftsabschluss als Sicherungsgeschäft zu designie-

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Geschäftsabschlusses des Deckungsgeschäftes solle der Kaufmann seine Bereitschaft zeigen, das Geschäft für den Sicherungszusammenhang nutzen zu wollen.417 So könne es nicht angehen, dass Verluste allgemein durch Gewinne aus anderen Vorgängen kompensiert würden.418 Eine Bewertungseinheit dürfe vielmehr nur dann gebildet werden, wenn die einzelnen Geschäfte wirtschaftlich so eng verknüpft sind, dass der eine Vorgang ohne den anderen nicht denkbar ist419 und sie daher faktisch nur als Einheit sinnvoll bewertet werden können.420 Mit der Forderung nach einer Sicherungsabsicht einher geht die Forderung nach einer „Sicherungsstrategie“421 und „Durchhalteabsicht“422 beim Bilanzierenden. Im Rahmen einer zu entwickelnden Sicherungsstrategie habe der Kaufmann festzulegen, welche Geschäfte überhaupt für eine Risikoabsicherung in Frage kommen.423 Dabei müssten die Absicht und die Wahrscheinlichkeit bestehen, diese Sicherungsstrategie über eine wirtschaftlich sinnvolle Zeitspanne durchzuhalten.424 Zumindest das Bestehen einer „Durchhaltewahrscheinlichkeit“ ist im Rahmen der hier angestellten Untersuchung von großer Bedeutung. Sicherungseinheiten sind nur dann vom Konkretisierungszweck des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nicht betroffen, wenn die Sicherungseinheit tatsächlich bis zur Abwicklung der verbundenen Geschäfte aufrechterhalten bleibt und es aufgrund des so ausgeschlossenen Risikos keiner Verlustantizipation bedarf. Dies führt zu erheblichen Nachweisschwierigkeiten. Problematisch ist insbesondere, dass das tatsächliche Durchhalten der Sicherung keiner ex ante-Beurteilung zugänglich ist. Ob die Sicherung bis zur Abwicklung des Grundgeschäfts aufrechterhalten bleibt oder nicht, lässt sich regelmäßig erst in den nachfolgenden Geschäftsjahren feststellen. Gewisse Abmilderungen dieses Problems ergeben sich allenfalls bei nicht marktfähigen Sicherungsinstrumenten. Solche können weder veräußert noch glattgestellt werden und bleiben daher zwingend als Sicherungsmittel erhalten. Aufgrund der fehlenden Dispositionsmöglichkeit wird der Kaufmann damit bereits faktisch zum „Durchhalten“ angehalten, so dass die Aufrechterhaltung des Hedges und die Sicherstellung des Risikoausschlusses hinreichend gewährleistet sind.

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ren, was der Forderung nach einer ursprünglichen Sicherungsabsicht wiederum entgegensteht. So C. Schmidt, S. 166 in einem Konzeptentwurf für die Schweiz. Pößl, DStR 1984, 428, 434. Pößl, DStR 1984, 428, 434. Burkhardt, S. 144. Scharpf/Luz, S. 283; Küting/Weber-Scharpf, Kap 6, Rn. 867. Löw, WPg 2004, 1109, 1111; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 681; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 3; Reiner, S. 262; Scharpf/Luz, S. 283; Wiedmann, Bilanzrecht, § 252, Rn. 22; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2504. Scharpf, BFuP 1995, 166, 191; ähnlich auch Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526; Scharpf/Luz, S. 283.

Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Weitaus problematischer verhält es sich hingegen beim Einsatz marktfähiger Sicherungsinstrumente. Zwar finden sich auch hier externe Anhaltspunkte für eine hohe Durchhaltewahrscheinlichkeit – so z.B. der besondere Zuschnitt des Deckungsgeschäfts auf den konkreten Absicherungsbedarf, der etwa bei Übereinstimmung von Basiswerten, Beträgen und Zahlungsterminen bzw. Fälligkeiten anzunehmen ist.425 Derartige Kriterien versagen aber gleichfalls, wenn die Sicherungsposition – wie beispielsweise ein Devisenbestand – gar keiner Fälligkeit unterliegen. Hinzu kommt, dass marktfähige Sicherungsinstrumente selbst bei individuellem Zuschnitt jederzeit veräußert oder glattgestellt werden können, um so zwischenzeitlich angefallene Gewinne zu realisieren.426 Die Vereinbarung von Abtretungsverboten wird regelmäßig an § 354 a HGB scheitern. Es liegt damit ausschließlich in der Hand des Bilanzierenden, die Sicherungsposition bis zur Erfolgsrealisation des Grundgeschäfts zu erhalten oder vorzeitig aufzulösen, was die Beurteilung der Durchhaltewahrscheinlichkeit deutlich verkompliziert. Derartige Dispositionsmöglichkeiten sind für die Erfüllung der Konkretisierungsfunktion jedoch unerheblich, sofern der Kaufmann eine deklarierte (und auch tatsächlich existente) Durchhalteabsicht hat. So sind gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB nur solche Risiken zu antizipieren, die vorhersehbar sind, für deren Eintritt also bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht.427 Zu beurteilen ist dies nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB anhand der Verhältnisse am Abschlussstichtag (Stichtagsprinzip), d.h. gem. § 242 Abs. 2 HGB für den Schluss des jeweiligen Geschäftsjahres. Hat der Kaufmann bei Bildung der Bewertungseinheit die tatsächliche und ggf. fundierte Absicht, den Sicherungsverbund bis zur Realisation des Grundgeschäfts aufrecht zu erhalten, so ist am Abschlussstichtag von einem vollständigen Risikoausschluss auszugehen; ein Preisrisiko ist hier nicht vorhersehbar.428 Ein Abstellen auf die Absichten bzw. subjektiven Zuordnungen des Bilanzie425 Scharpf, BFuP 1995, 166, 192. 426 So weisen Göttgens/Prahl, WPg 1993, 503, 505 darauf hin, dass Futures während der Laufzeit börsentäglich glattgestellt werden können. Die Glattstellung ist dabei zivilrechtlich als Aufhebungsvertrag anzusehen, mit dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten gegenüber dem Clearing-Haus erlöschen. Forderungen und Verbindlichkeiten werden gegeneinander aufgerechnet und in Höhe einer verbleibenden Differenz wird ein (Bar-)Ausgleichsanspruch begründet. Gleiches gilt für (laufzeitabhängige) Devisenterminkontrakte, die „jederzeit verkauft oder durch den Abschluss eines Gegenkontrakts glattgestellt werden“ können, um so den zwischenzeitlichen Kursgewinn zu realisieren, vgl. Möhler, S. 104. Auch eine Einheit aus einem Aktivum und einem Zinsterminkontrakt kann jederzeit beendet werden, vgl. Schmekel, DB 1983, 893, 897. 427 ADS, § 252, Rn. 74; Baetge/Knüppe, HuRB, S. 394, 400 f.; Staub-Kleindiek, § 252, Rn. 34; BeckBilKomm-Winkeljohann/Geißler, § 252, Rn. 35. 428 Dass die verbleibenden Ermessensspielräume zu Objektivierungsschwierigkeiten bzw. zu anderen berücksichtigungsfähigen Risiken führen können, wird im Zusammenhang mit der Objektivierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB diskutiert.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

renden ist dem HGB auch keinesfalls fremd. So ist nach § 247 HGB für die – im Hinblick auf § 253 HGB ebenfalls bewertungsrelevante – Abgrenzung von Anlagevermögen zum Umlaufvermögen entscheidend, ob die Vermögensgegenstände „bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen“. Zwar erfordert auch die Zuordnung zum Anlagevermögen grundsätzlich eine objektiv betrieblich niedergeschlagene Zweckbestimmung.429 Führt die objektivierte Betrachtungsweise jedoch nicht zu eindeutigen Ergebnissen, so akzeptiert das Gesetz den Willen des Bilanzierenden als zulässige Einordnungskomponente.430 Und gerade auch bei der Risikobemessung im Rahmen der Rückstellungsbewertung gem. § 253 Abs. 1 S. 2 HGB verbleibt dem Bilanzierenden ein erheblicher, nur bedingt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum,431 in dem seine Planungen durchaus Berücksichtung finden.432 Im Ergebnis stellt die Durchhalteabsicht des Kaufmanns damit für Zwecke der Konkretisierung eine ausreichende, aber auch notwendige Anforderung dar, welche anhand einer vorhandenen und dokumentierten „Sicherungsstrategie“ zu fundieren ist. An einer solchen Durchhalteabsicht fehlt es allerdings im Falle von Portfolio-Hedges; die im Portfolio gesammelten Geschäfte werden zur Erzielung von Erträgen aus Handel und Arbitrage ständig ausgetauscht, so dass dem Erhalt der Sicherungseinheit eine allenfalls untergeordnete Bedeutung zukommt. Portfolio-Hedges sind hiernach von einer bilanziellen Abbildung in Form einer Bewertungseinheit ausgeschlossen. Keine weiteren Konsequenzen ergeben sich hingegen aus dem Kriterium der „ursprünglichen Sicherungsabsicht“. Eine solche ist für die hier diskutierte Abgrenzung nicht zwingend erforderlich. Entscheidend für die teleologische Reduktion ist lediglich der tatsächliche Ausschluss eines Verlustrisikos. Ob dieser bereits bei Abschluss des Gegengeschäfts geplant ist oder erst aufgrund einer nachträglichen Widmung einzelner bereits abgeschlossener Geschäfte erzielt wird, ist unerheblich.433 i)

Zusammenfassung

Die Konkretisierungsfunktion des Einzelbewertungsgrundsatzes bleibt trotz einer bilanziellen Gesamtbewertung von Sicherungseinheiten gewahrt, wenn aus dem Sicherungsverbund insgesamt kein Verlust droht. Hierzu bedarf es zunächst eines absicherungsfähigen Risikos sowie einer homogenen Beeinflussung von Gewinnchance und Verlustrisiko, welche zumindest für sog. 429 BFH vom 05.02.1987 – IV R 105/84, ZIP 1987, 859, 861; Baumbach/Hopt-Merkt, § 247, Rn. 5. 430 Küting/Weber-Hütten/Lorson, § 247, Rn. 46; Staub-Kleindiek, § 247, Rn. 48. Die vom Kaufmann vorgenommene Bilanzierung stellt dabei ein Indiz dar, um die Absicht einer bestimmten Verwendung zu fundieren, ADS, § 247, Rn. 113 f. 431 ADS, § 253, Rn. 189 ff. 432 Groh, DB 1986, 869, 874. 433 Im Ergebnis so auch Finne, S. 217; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 184.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Baskets, Cross-Hedges und Global-Hedges nicht anzunehmen ist. Für Makro-, Portfolio- und Global-Hedges ergeben sich darüber hinaus Schwierigkeiten bei der Prognose der erforderlichen negativen Korrelation; bei CheapestHedges und Imperfect-Hedges wird eine solche regelmäßig insgesamt nicht vorliegen. Ferner erfordert der sichere Risikoausschluss eine tagesgleiche Fristenkongruenz, die zwar auch durch bereits rechtsverbindlich abgeschlossene Anschlusssicherungsgeschäfte erzielt werden kann, zumindest bei PortfolioHedges aber in der Regel nicht anzunehmen ist. Die bilanzielle Akzeptanz antizipativer Hedges scheitert darüber hinaus an der fehlenden Konkretisierung des Sicherungszusammenhangs. Letztendlich erfordert die Wahrung der Konkretisierungsfunktion des Einzelbewertungsgrundsatzes, dass eine hinreichende Durchhaltewahrscheinlichkeit besteht, die bei Vorliegen einer Durchhalteabsicht bejaht werden kann. Da bei Portfolio-Hedges dem Erhalt der Sicherungseinheit jedoch regelmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, liegt die erforderliche Durchhaltewahrscheinlichkeit hier regelmäßig nicht vor.

2.

Zweck der Objektivierung des Jahresabschlusses

Entsprechende Anforderungen gelten hinsichtlich des Regelungszwecks der Objektivierung,434 d.h. die fragliche Fallgruppe dürfte auch von dieser Wertung nicht betroffen sein. Nur ein objektiver Jahresabschluss kann hierbei die Rechenschaftsfunktion der handelsrechtlichen Rechungslegung erfüllen; die Objektivierung gewährleistet die erforderliche Klarheit und Rechtssicherheit.435 a)

Allgemeine Anforderungen an die Objektivierung

Teilweise wird argumentiert, dass gerade die kompensatorische Bewertung geeignet sei, die angestrebte Objektivität der Vermögens- und Ergebnisermittlung sicherzustellen, „weil der Ausweis tatsächlich nicht eintretender Verluste vermieden wird“.436 Diese Sicht vermag allerdings kaum zu überzeugen. So berührt die Frage, ob ein tatsächlich nicht eintretender Verlust ausgewiesen werden darf, nicht die Objektivierungs-, sondern allenfalls die Konkretisierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Inhalt der Objektivierungsfunktion kann es nicht sein, einen „wahren“, d.h. wirtschaftlich objektiv zutreffenden Vermögensausweis zu erzielen.437 434 Vgl. hierzu erneut 2. Teil I. 2., S. 26 ff. 435 Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1403 m.w.N. Zum handelsrechltichen Objektivierungsgebot vgl. auch Schön, StuW 1995, 366, 376. 436 Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 357; ähnlich Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 734, die davon ausgehen, dass das strikte Festhalten an der imparitätischen Einzelbewertung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einer nicht gebotenen Überobjektivierung führt. 437 Diese Aufgabe kommt selbst dem Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB nicht zu, vgl. hierzu 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. Vgl. auch Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 11, der darauf hinweist, dass gerade aus Objektivierungsgesichtspunkten bei der Bilanzierung von

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Die objektivierende Funktion des Kompensationsverbots des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB verfolgt vielmehr eine andere Zielrichtung. So soll es zunächst der Gefahr entgegenwirken, „dass der Kaufmann den Überblick verliert, so dass es im Ergebnis doch an einem Ausgleich von überbewerteten und unterbewerteten Positionen fehlt“.438 Auf eine weitergehende Anwendung der Einzelbewertung könnte danach nur verzichtet werden, wenn der Überblick des Unternehmers bei geschlossenen Positionen gewährleistet ist. Diese Forderung ist allerdings nicht zu hoch zu bewerten. Finne weist zutreffend darauf hin, dass es dem Kaufmann mit entsprechender EDV-Unterstützung nicht allzu große Probleme bereiten dürfte, den Überblick über seine Geschäfte zu behalten.439 Die Existenz eines funktionsfähigen Risikomanagements (z.B. in EDV-Form) ist dabei natürlich zwingende Voraussetzung. Wenn Finne die Objektivierungszwecke des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB damit gleichzeitig als erfüllt betrachtet, so verkennt er jedoch, dass die Einzelbewertung zwar teils dem internen Überblick dienen mag, ihre primäre Funktion aber letztendlich in der externen Objektivierung zu verorten ist.440 Diese kann bei einer betriebswirtschaftlichen Gesamtbewertung des Unternehmens nicht gewährleistet werden, weil nur in Ausnahmefällen objektive Marktwerte zur Verfügung stehen441 und sich dem Bilanzierenden damit zwangsläufig Ermessensspielräume eröffnen.442 Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass infolge der Gesamtbewertung zweifelhafte Ertragswertbeiträge und Synergieeffekte, die sich aus der Kombination mit anderen Positionen innerhalb des Unternehmens ergeben, in die Abbildung im Jahresabschluss einfließen.443 Beides würde die Objektivität und damit die Nachvollziehbarkeit des Jahresabschlusses erheblich beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund schreibt § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB mit der auf einzelne Vermögensgegenstände und Schulden bezogenen Bewertung einen für Dritte nachvollziehbaren Bewertungsmaßstab vor.444 Die Rechenschaft muss den Erfolg des Wirtschaftens also nach allgemeinverbind-

438 439 440 441 442 443 444

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der entscheidungstechnisch richtigen Unternehmensbewertung abgewichen werden muss. Moxter, Bilanzlehre II, S. 36. Finne, BB 1991, 1295, 1297. Moxter, Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. 98. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1524. Burkhardt, S. 121 f.; Fey, S. 125; Menninger, RIW 1994, 43, 53; Möhler, S. 78 f. Oestreicher, S. 161; so auch MünchKommHGB-Ballwieser, § 252, Rn. 18; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 64. Vgl. Baetge, DB 1986, Beilage 26, 1, 10; Küting/Weber-Baetge/Kirsch, Kap 4, Rn. 82; Fey, S. 126. Ähnlich auch BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 267.

Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

lichen und intersubjektiv nachprüfbaren, also objektivierten Kriterien und mithin frei vom Ermessen des Rechenschaftspflichtigen abbilden.445 Legt man diese Überlegung zugrunde, so ist der Objektivierungszweck des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB und damit die Rechenschaftsfunktion des Jahresabschlusses nur insoweit erfüllt, als auch bei Gesamtbetrachtung des Sicherungszusammenhangs eine Nachvollziehbarkeit der Risikosituation durch den Jahresabschlussadressaten gewährleistet ist. Grundvoraussetzung ist hierzu die Dokumentation der Risikokompensation und der in der Bewertungseinheit verbundenen Geschäfte.446 Nur eine hinreichende Dokumentation macht das Vorgehen des Kaufmanns nachvollziehbar und ermöglicht dem Adressaten die Überprüfung der Wirksamkeit des Risikoausschlusses. Zu erfolgen hat die Dokumentation der Bewertungseinheit zunächst im Rahmen der Buchführung, z.B. durch Erstellung und Führung eines Deckungsverzeichnisses.447 Eine gewisse Objektivierung lässt sich insofern schon dadurch erzielen, dass man verlangt, aus den Aufzeichnungen erkennen zu können, wann die Eintragung vorgenommen wurde. Eintragungen dürfen gem. § 239 Abs. 3 S. 1 HGB nicht unkenntlich gemacht werden, so dass sich eine nachträgliche Umdeklaration der Geschäfte regelmäßig verhindern lässt.448 § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB verlangt ferner eine Dokumentation der Bewertungseinheiten im Anhang von Kapitalgesellschaften.449 Bei der Gesamtbewertung handelt es sich insoweit um eine spezielle Bewertungsmethode, welche bereits dem Grunde nach, aber auch bezogen auf die konkret betroffenen Geschäfte, zu er445 Kleindiek, ZGR 1998, 466, 484; Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1403; ähnlich auch Leffson, S. 81 ff. 446 Im Ergebnis (zumeist explizit für Mikro-Bewertungseinheiten) so auch BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 267; Beckmann, S. 175 f.; Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 641, 644; Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 334; Löw, WPg 2004, 1109, 1111; Menninger, RIW 1994, 300, 305; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 677; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 183 ff.; dies., ZBB 1994, 1, 3; Reiner, S. 262 und 291; Scheffler, S. 172; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 652; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 537; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 718; Wenger/Kaserer/Bayer, DStR 1995, 948, 954; Wiedmann, Bilanzrecht, § 252, Rn. 22; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 398; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2504. A.A. Jüttner, S. 285. 447 Vgl. Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 185; vgl. hierzu auch bereits 4. Teil III. 1. a), S. 60 ff. 448 Scheffler, S. 172. Dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier weiterhin Missbrauchsmöglichkeiten erhalten bleiben. 449 Anders Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 641, 642, die davon ausgehen, dass die Anhangangabepflicht sich wegen der Abweichung vom Grundsatz der Einzelbewertung nach § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB richtet. Begründet ist dies darin, dass sie nicht die teleologische Reduktion, sondern vielmehr § 264 Abs. 2 HGB bzw. § 252 Abs. 2 HGB als einschlägige Rechtsgrundlage ansehen. Zu beiden Ansätzen vgl. Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 153 ff.

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läutern ist. Eine entsprechende Ausweispflicht besteht nach § 285 S. 1 Nr. 12 HGB auch für gebildete Drohverlustrückstellungen.450 Im Lagebericht sind nach § 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB die Risikomanagementziele und -methoden sowie die Risiken zu benennen, denen die Gesellschaft ausgesetzt ist. Für die Berichterstattung von Kreditinstituten besteht schließlich nach § 36 RechKredV eine Angabepflicht über die Arten der am Bilanzstichtag noch nicht abgewickelten Finanzderivate und deren Zuordnung zu Sicherungszwecken oder zum Handelsbestand.451 Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei den meisten Dokumentationsvorschriften um rechtsformspezifische Vorschriften für Kapitalgesellschaften handelt, die – mangels Pflicht zur Beifügung von Anhang und Lagebericht452 – auf Personengesellschaften keine Anwendung findet. Breker453 weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass eine Dokumentation der Sicherungszusammenhänge bei der Gewinnermittlung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften in den meisten Fällen nicht möglich sein wird. Umgehen lässt sich diese Problematik jedoch dadurch, dass man im Falle der Bildung von Bewertungseinheiten den Adressaten des Jahresabschlusses ein (ungeschriebenes) Zugriffsrecht auf das zu erstellende Deckungsverzeichnis gewährt, anhand dessen sich die Wirksamkeit der Sicherungseinheiten nachvollziehen lässt. Inhaltlich ist entscheidend, dass die materielle Zusammenfassungsfähigkeit der Sachverhalte anhand der Aufzeichnungen objektiv erkennbar ist; nur so lässt sich eine willkürliche Zusammenfassung vermeiden.454 Zu orientieren hat sich die Darstellung anhand der für den Risikoausschluss maßgeblichen Kriterien.455 Nur soweit deren Erfüllung, d.h. der sichere Ausschluss von Verlustrisiken, hinreichend nachvollzogen werden kann, erscheint eine teleologische Reduktion zulässig. Ausschließlich solche Fallgruppen, die diese Anforderungen erfüllen, sind vom Objektivierungszweck des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nicht betroffen. Im Nachfolgenden wird besprochen, was das im Einzelnen heißt.

450 Die Regelung gilt gem. § 340a Abs. 2 HGB nicht für Kreditinstitute i.S.v. § 340 HGB. Vgl. hierzu auch Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 543. 451 Vgl. hierzu Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 543; vgl. dazu auch Ausschuss für Bilanzierung des BdB, WPg 1995, 1, 5 f. 452 Gem. § 242 Abs. 3 HGB bildet der Anhang bei Personengesellschaften keinen Bestandteil des Jahresabschlusses. 453 Breker, S. 216. 454 So auch Grünewald, S. 199 unter Verweis auf Moxter, Bilanzlehre II, S. 36 f. 455 Ähnlich auch Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 543.

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b)

Konkrete Anforderungen an die Objektivierung

Zu klären ist dabei, welche konkreten Anforderungen an die Dokumentation des Sicherungszusammenhangs zu stellen sind, um eine hinreichende Objektivierung zu gewährleisten. aa)

Bestehen eines Preisrisikos

Unter Objektivierungsgesichtspunkten muss es zunächst möglich sein, die abzusichernde Position genau zu identifizieren, um das bestehende Preisrisiko objektiv zu quantifizieren.456 Anhand des Ausweises im Jahresabschluss bzw. einer beizufügenden Dokumentation der Sicherungsbeziehungen muss der Adressat der Rechnungslegung erkennen können, welche Risiken hier überhaupt der Absicherung unterliegen, da er nur so die Wirksamkeit des Hedges beurteilen kann. bb)

Homogene Beeinflussung von Gewinnchance und Verlustrisiko

Im Bereich der Devisengeschäfte ist der Nachweis der homogenen Beeinflussung von Gewinnchancen und Verlustrisiken weitestgehend unproblematisch. Bereits die Zusammenfassung von Geschäften gleicher Währung liefert Gewähr für eine homogene Wertbeeinflussung. Deutlich schwieriger verhält es sich im Zinsbereich. Nur der Beleg desselben politischen Einflusses auf den Zins und der Ableitung von Grund- und Sicherungsgeschäft aus derselben Zinsstrukturkurve kann hier die erforderliche Objektivität garantieren und eine willkürliche Zusammenfassung von Geschäften verhindern. Beide Nachweise haben im Jahresabschluss bzw. im Deckungsverzeichnis zu erfolgen. Für das Kursrisiko bei Aktien gilt Entsprechendes hinsichtlich der Identität der Aktientitel. cc)

Negative Korrelation und vollständige Kompensation

Besondere Probleme ergeben sich hinsichtlich der negativen Korrelation und der vollständigen Kompensation. Auch diese Kriterien bedürfen eines objektivierten Nachweises durch den Bilanzierenden. Während es beim vorangegangenen Merkmal noch genügte, für jedes Geschäft isoliert nachzuweisen, dass dieses den Homogenitätsanforderungen der geplanten Einheit entspricht, handelt es sich hier nicht um die Frage der generellen Deckungsfähigkeit einzelner Geschäfte. Betroffen ist vielmehr der Grad des Risikoausschlusses, der sich nur unter Beachtung der gesamten Sicherungsstruktur eines konkreten Hedges bestimmen lässt. Zur Messung und Objektivierung der negativen Korrelation und vollständigen Kompensation bedarf es daher eines Rückgriffs auf die Gesamtheit aller in der Einheit verbundenen Geschäfte. Eine Überprüfung beider Kriterien bereitet bei Mikro-Hedges keine größeren Schwierigkeiten. Die Absicherung erfolgt hier auf Einzelebene und ermöglicht 456 Scharpf/Luz, S. 282.

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so eine genaue Zuordnung der gegenläufigen Geschäfte.457 Gleichfalls bietet sich damit die Grundlage für eine exakte Dokumentation der vorhandenen Verknüpfungen. Werden Grund- und Sicherungsgeschäft bei Bildung der Bewertungseinheit als solche gekennzeichnet, ergibt sich für den Leser des Jahresabschlusses die Möglichkeit, Sicherungsstrukturen ohne besonderen analytischen Aufwand nachzuvollziehen und eine fehlende Korrelation bzw. betragsmäßige Kompensation zu erkennen. Diese Transparenz gewährleistet – auch bei Verzicht auf die Einzelbewertung – einen für Dritte nachvollziehbaren Bewertungsmaßstab und damit das Erreichen des von § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB verfolgten Objektivierungszweckes. Eine teleologische Reduktion erscheint insoweit möglich. Abweichend verhält es sich in den Fallgruppen globaler Hedge-Strategien, d.h. der Makro-, Portfolio- und Global-Hedges.458 Alle drei Hedging-Modelle sind dadurch gekennzeichnet, dass es hier an einer konkreten Zuordnung der gegenläufigen Geschäfte fehlt, woraus regelmäßig Nachweisprobleme erwachsen.459 Ist es dem Adressaten dabei selbst anhand der Dokumentation nicht möglich, die erforderliche Korrelation bzw. das Bestehen einer betragsmäßigen Deckung nachzuvollziehen, so mangelt es insofern an der erforderlichen Objektivierung. Dies begründet die Gefahr der willkürlichen Zusammenfassung von Geschäften, womit eine kompensatorische Bewertung im Ergebnis ausscheidet.460 Entsprechendes gilt im Falle der gleichzeitigen Absicherung mehrerer Risikokategorien (z.B. Absicherung gegen sinkende Zinsen mithilfe einer Call-Option auf Aktien)461. Unabhängig von der Frage der homogenen Beeinflussung findet hier eine Vermischung verschiedener Risikoarten statt, die es dem Bilanzadressaten nahezu unmöglich macht, die Effizienz des Sicherungsverbundes nachzuvollziehen. dd)

Fälligkeitskongruenz und Restrisiken

Auch die Kriterien der Fälligkeitskongruenz und des Fehlens von Restrisiken bedürfen eines Nachweises, um eine teleologische Reduktion zu rechtfertigen. Wie bei der Homogenität handelt es sich erneut um Belege, die bezogen auf

457 Vgl. hierzu bereits 1. Teil II. 1. a), S. 12 f. 458 In den Fallgruppen der Portfolio- und Global-Hedges konnte mangels sicheren Risikosausschlusses bereits das Erreichen der Konkretisierungsfunktion nicht hinreichend sichergestellt werden, vgl. dazu bereits 4. Teil VI. 1. i), S. 118. 459 Vgl. dazu bereits 1. Teil II. 1. b), S. 13 ff. So auch Steiner, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 234 und Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 517. 460 Ob hieran die für globale Sicherungsstrategien vorgeschlagenen zusätzlichen Anforderungen ggf. etwas ändern, wird an späterer Stelle erörtert, vgl. 4. Teil VI. 2. b) ff), S. 130 ff. 461 Der Unternehmer setzt hier darauf, dass sich sinkende Zinsen in einem Kursgewinn am Aktienmarkt niederschlagen werden.

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das einzelne Geschäft zu erfolgen haben.462 Besonders hinzuweisen ist dabei auf den Umstand, dass es bei Fälligkeitsinkongruenzen auch aus Objektivierungsgesichtspunkten eines rechtsverbindlichen Abschlusses möglicher Anschlusssicherungsgeschäfte bedarf. Die Abhängigkeit von festen vertraglichen Bindungen fördert hier die Objektivität des Ausweises. Ließe man die reine „Möglichkeit zur Überbrückung“ genügen, so fehlte es an der erforderlichen Nachvollziehbarkeit des Risikoausschlusses. Dem Kaufmann stünde es faktisch frei, nachträglich eine Fälligkeitskongruenz herzustellen oder nicht, was zusätzliche Ermessensspielräume eröffnen und dem Objektivierungszweck des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zuwider laufen würde. ee)

Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäften

Gleichfalls bedarf es einer Objektivierung der Durchhaltewahrscheinlichkeit. Bei nicht marktfähigen Sicherungsgeschäften ist dies weitestgehend unproblematisch. Zum einen bestehen hier ohnehin Einschränkungen der Dispositionsmöglichkeiten des Kaufmanns.463 Zum anderen wird regelmäßig nur derjenige, der auch eine entsprechende Durchhalteabsicht hat, Geschäfte abschließen, welche die übrigen Kriterien erfüllen und diese somit auch nachweisen können.464 Anders verhält es sich bei marktfähigen Sicherungspositionen. Bei solchen steht es grundsätzlich im Ermessen des Bilanzierenden, das Sicherungsmittel frühzeitig abzustoßen und die Sicherung so vor ihrer endgültigen Wirksamkeit zu beenden.465 Für Zwecke der Konkretisierung wurde dieser Umstand als unschädlich erachtet, sofern tatsächlich eine Durchhalteabsicht besteht.466 Eine reine Absicht des Bilanzierenden ist in Hinblick auf die hier fragliche Objektivierung allerdings kaum nachprüfbar. Sie lässt sich nicht intersubjektiv nachweisen, sondern kann allenfalls an Indizien, wie beispiels462 Zur praktischen Umsetzung der Nachweispflicht hinsichtlich der Bonitätsrisiken vgl. Ausschuss für Bilanzierung des BdB, WPg 1995, 1, 4 f. und Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 544. 463 Vgl. hierzu 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff. 464 Gerade die geforderte Fälligkeitskongruenz wird ohne explizite Sicherungsabsicht wohl nur in den seltensten Fällen erfüllt sein. 465 Vgl. dazu bereits 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff. Möhler, S. 105 geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass börsengehandelte Finanzgeschäfte nicht zur Bildung von Bewertungseinheiten herangezogen werden dürfen, da sie jederzeit glattgestellt werden könnten. Diese Einschränkung reicht aber zu weit. So würden zum einen Geschäftstypen aus dem potenziellen Anwendungsbereich von Bewertungseinheiten ausgeschlossen, die gerade eine besonders individuelle Absicherung ermöglichen (vgl. dazu Scheffler, S. 159 ff.). Zum anderen bliebe außer Betracht, dass sich eine hinreichende Objektivierung der Durchhalteabsicht – wie nachfolgend aufzuzeigen ist – auch auf anderem Wege erzielen lässt. Im Ergebnis ist daher nicht pauschalierend auf den Charakter als börsengehandeltes Geschäft, sondern vielmehr auf den Nachweis der Durchhalteabsicht im jeweiligen Einzelfall abzustellen. 466 Vgl. dazu 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff.

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weise der Existenz einer Sicherungsstrategie, festgemacht werden. Solche Kriterien schaffen zwar ein gewisses Maß an Nachvollziehbarkeit, geben dem Bilanzadressaten jedoch keine Sicherheit, dass die relevante Einheit auch tatsächlich bis zum Realisationszeitpunkt des Grundgeschäfts durchgehalten wird. Es verbleiben Ermessens- bzw. Gestaltungsspielräume,467 die mit dem Objektivierungszweck des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nur schwerlich zu vereinbaren sind. Fraglich ist daher, ob Möglichkeiten bestehen, derartige Spielräume einzuschränken. (1)

Selbstbeschränkung des Kaufmanns

In Betracht kommt hierbei zunächst ein Verzicht des Kaufmanns auf die vorzeitige Auflösungsmöglichkeit. Brackert/Prahl/Naumann468 weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass ernstlich zu bezweifeln ist, ob eine derartige Selbstbeschränkung „das Papier wert ist, auf dem sie niedergeschrieben wird“. Angesichts fehlender gesetzlicher Sanktionsmöglichkeiten führt ein solcher Ansatz zu keiner hinreichenden Objektivierung. (2)

Stetigkeitsgrundsatz

Eine gesetzlich fundierte Bindung des Unternehmers könnte sich allerdings unter Rückgriff auf den Stetigkeitsgrundsatz des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB ergeben.469 Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit bezweckt die interperiodische Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen und soll verhindern, dass durch einen Wechsel von Bewertungsmethoden willkürliche Ergebnisverlagerungen zwischen den Abrechnungsperioden stattfinden.470 Hierzu verlangt er, dass bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden beibehalten werden sollen.471 Neben dieser im Gesetz unmittelbar zum Ausdruck kommenden vertikalen Komponente umfasst der Grundsatz aber auch eine horizontale Komponente, die intraperiodisch bei artund funktionsgleichen Bewertungsobjekten die Anwendung der gleichen Be467 Auch Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 679 weisen darauf hin, dass sich aus dem Erfordernis einer Durchhalteabsicht bereits an Willkür grenzende Spielräume ergeben können. 468 Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 547. 469 Entsprechende Vorschläge zur Einschränkung von ausschließlich bilanzpolitisch motivierten Sachverhaltsgestaltungen mit Hilfe des Stetigkeitsgebots finden sich auch bei Kropff, Bilanzpolitik, S. 179, 190; ders., ZGR 1997, 115, 119. 470 ADS, § 252, Rn. 103; Kupsch, DB 1987, 1101, 1101; Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1404; Baumbach/Hopt-Merkt, § 252, Rn. 19. Insofern wurde dieser Grundsatz bereits vor seiner Kodifizierung im Rahmen des BiRiLiG als Ausprägung des Gebots willkürfreier Rechnungslegung angesehen, Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1404. 471 Zur Bedeutung der Ausgestaltung der Norm als Soll-Vorschrift vgl. ADS § 252, Rn. 109. In der Neufassung des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB-E durch das BilMoG soll der Stetigkeitsgrundsatz verbal aufgewertet werden und ein Stetigkeitsgebot verankert werden, vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 4.

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wertungsmethode erfordert („Grundsatz der Bewertungseinheitlichkeit“).472 Ließe sich der Stetigkeitsgrundsatz auch auf das hier fragliche „Durchhalten“ der Sicherungseinheit übertragen, so wäre damit zumindest eine gewisse Objektivierung gewährleistet. Die Anwendbarkeit des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB könnte zum Teil allerdings bereits daran scheitern, dass sich der Wortlaut der Norm nur auf Vermögensgegenstände und Schulden, nicht aber auf schwebende Geschäfte bezieht. Gerade die zumeist für Sicherungszwecke eingesetzten derivativen Finanzinstrumente wären danach vom Stetigkeitsgebot ausgenommen. Eine derart enge Interpretation würde jedoch verkennen, dass der Begriff der „Schulden“ als Oberbegriff für Verbindlichkeiten und Rückstellungen,473 d.h. auch für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gem. § 249 Abs. 1 S. 1 2. Alt. HGB, fungiert.474 Werden schwebende Geschäfte infolge der Rückstellung bilanzwirksam, so sind sie damit gleichfalls vom Stetigkeitsgrundsatz erfasst. Entsprechendes muss gelten, sofern sie infolge anderer Umstände Bilanzwirksamkeit erreichen. Dies ist z.B. der Fall, wenn das schwebende Geschäft – wie im Falle von Bewertungseinheiten – auf die Bewertung anderen Bilanzpositionen Einfluss erhält. Der Anwendungsbereich des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB ist insofern eröffnet.475 Zweifelhaft ist jedoch, ob es sich bei der Gesamtbetrachtung geschlossener Positionen, d.h. bei der Bildung von Bewertungseinheit überhaupt um eine „Bewertungsmethode“ in diesem Sinne handelt. Der Begriff der Bewertungsmethode erfasst bestimmte, in ihrem Ablauf definierte Verfahren der Wertfindung, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen.476 Das Stetigkeitsgebot kommt damit überall dort zum Tragen, wo mehrere Bewertungsmethoden alternativ zulässig sind oder wo Schätzungsspielräume methodisch auszufüllen sind.477 Vorliegend handelt es sich um die Entscheidung zwischen zwei potentiellen Bewertungsmethoden: Einzelbewertung oder Gesamt472 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 152; Kupsch/Achtert, BB 1997, 1403, 1405; Schneeloch, DB 1989, 285, 289. 473 Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 246, Rn. 4. 474 Der Grund für die fehlende Erwähnung der schwebenden Geschäfte dürfte dabei in deren grundsätzlicher Bilanzunwirksamkeit liegen. 475 Ähnlich verhält sich dies mit dem Grundsatz der Einzelbewertung, der gleichfalls auf das schwebende Geschäft als Einheit anwendbar ist, vgl. hierzu bereits 2. Teil II. 1. b), S. 31 ff. 476 ADS, § 252, Rn. 105; Staub-Kleindiek, § 252, Rn. 42; Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 152; vgl. auch Eckes, BB 1985, 1435, 1436. 477 Staub-Kleindiek, § 252, Rn. 42; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 138. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts findet es hingegen auf Fragen des Bilanzansatzes keine Anwendung, vgl. ADS, § 252, Rn. 110; Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, § 42, Rn. 258; BeckBilKomm-Winkeljohann/Geißler, § 252, Rn. 57; BoHdR-Wohlgemuth, § 252, Rn. 77.

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betrachtung.478 Bedenklich ist allerdings, dass es sich bei letzterer gerade nicht um eine bereits „zulässige“ Bewertungsmethode handelt, sondern der Rückgriff auf das Stetigkeitsgebot vielmehr dazu dienen soll, die GoB-Konformität der Gesamtbetrachtung erst im Rahmen der teleologischen Reduktion zu begründen. Eine Anwendbarkeit des Stetigkeitsgrundsatzes ist damit keinesfalls zwingend. Aber auch wenn man die Bildung von Bewertungseinheiten als Bewertungsmethode i.S.v. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB betrachtet, scheitert die Wirkung des Grundsatzes der Bewertungsstetigkeit doch zumindest an praktischen Erwägungen. So gebietet § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB, nur die vorhandenen Positionen in Übereinstimmung mit den bisher angewandten Grundsätzen zu bewerten. Diese Anordnung läuft aber leer, wenn es hier um die Gefahr geht, dass eine Sicherungseinheit aufgebrochen, d.h. eines ihrer Bestandteile vor Realisation der übrigen Bestandteile abgestoßen wird. In diesem Falle fehlt es gerade an einer im Rahmen der Bewertung berücksichtigungsfähigen Positionen. Auf die Beschränkung von Auflösungsspielräumen hat das Stetigkeitsgebot mithin keinen Einfluss. Es kann weder die Glattstellung bzw. Veräußerung einzelner Positionen verhindern noch die Aufrechterhaltung der Gesamtbetrachtung anordnen, wenn es nachfolgend an einem Deckungsgeschäft mangelt. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit erlangt damit allenfalls Bedeutung, wenn es bei einem voll erhaltenen Sicherungsverbund um die Frage geht, ob die Rückkehr von der einmal gewählten Gesamtbetrachtung zur Einzelbewertung möglich ist. Zur Vermeidung von „cherry-picking“ ist es dann unzulässig, von der gewählten Gesamtbetrachtung ohne besondere Gründe wieder abzuweichen.479 Auch dies gilt aber nur insofern, als sich die maßgeblichen Verhältnisse nicht geändert haben480 bzw. kein Ausnahmefall nach § 252 Abs. 2 HGB eingreift.481 Für die hier aufgeworfene Objektivierungsfrage bringt dies letztendlich keine Lösung. (3)

Vergangenheitsbezogene Verhaltensbetrachtung

Statt eine Bindung für die Zukunft zu fordern, wird teilweise die Objektivierung mittels einer vergangenheitsbezogenen Verhaltensbetrachtung des Bilanzierenden vorgeschlagen. So sei die Durchhaltevermutung gestärkt, sofern das Unternehmen in der Vergangenheit wiederholt Sicherungsgeschäfte in ähnlicher Weise durchgeführt und eine Absicherung auch entsprechend aufrechter-

478 So wohl auch Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 152. 479 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 720. Zum Verpflichtungscharakter des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB vgl. auch Kupsch, DB 1987, 1157, 1159. 480 Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 152. 481 Patek, FR 2006, 714, 721 weist insofern darauf hin, dass sich relativ problemlos Gründe anführen ließen, um vom Stetigkeitsgrundsatz abweichen zu können. Zu möglichen Ausnahmekonstellationen vgl. Schneeloch, DB 1989, 285, 289.

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halten hat.482 Dies unterstütze die Erwartung, dass das Unternehmen gewillt ist, Entsprechendes auch in der Zukunft zu tun.483 Wurden in der Vergangenheit hingegen vermehrt angebliche Sicherungsgeschäfte ohne wirtschaftlich vernünftigen Grund und entgegen der Sicherungsstrategie aufgebrochen, so seien an den Nachweis der Durchhaltewahrscheinlichkeit zukünftig erhöhte Anforderungen zu stellen bzw. die Bildung von Bewertungseinheiten gänzlich abzulehnen.484 Zwar ergeben sich auch hier Schwierigkeiten hinsichtlich der konkreten Grenzziehung; so wird sich nur schwerlich definieren lassen, wie vieler und wie gravierender Verstöße es bedarf, bis die Angaben des Kaufmanns als nicht mehr objektivierend eingeordnet und die Möglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten gänzlich ausgeschlossen werden kann. Auch bleibt unklar, wie lange das „Gesamtbetrachtungsverbot“ aufrecht zu erhalten ist, bis dem Kaufmann erneut ein verlässliches Verhalten zugetraut werden kann. Letztendlich werden sich solche Beurteilungen aber am sinnvollsten anhand des jeweiligen Einzelfalls vornehmen lassen. Nicht verkannt werden sollte daher, dass der Ansatz – trotz der verbleibenden Unklarheiten – zumindest eine gewisse Objektivierung des Durchhalteverhaltens des Bilanzierenden ermöglicht. Es erscheint folglich durchaus überzeugend, die Objektivierung anhand des früheren Verhaltens des Kaufmanns zu messen. Fraglich bleibt allerdings, wie eine derartige Betrachtungsweise dogmatisch zu verorten ist. Vergangenheitsbetrachtungen sind in den Bilanzierungsvorschriften des HGB vereinzelt vorgesehen. Ein Beispiel ist das Stetigkeitsgebot, welches sich nach den obigen Ausführungen jedoch als nicht einschlägig erweist. Auf Vergangenheitsbetrachtungen wird aber auch zurückgegriffen, wenn es darum geht, Risiken im Rahmen einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu bemessen, so z.B. für Zwecke der Rückstellungsbewertung gem. § 253 Abs. 1 S. 2 HGB oder für Abschreibungen nach § 253 Abs. 4 HGB. Erfahrungswerte können dabei als Schätzhilfe zugrunde gelegt werden.485 Hieran anknüpfend kann man auch die Objektivierung der Durchhaltewahrscheinlichkeit anhand von Vergangenheitswerten rechtfertigen. So lässt sich die Durchhaltewahrscheinlichkeit gleichfalls als Risikokategorie formulieren, nämlich als die Gefahr, dass die einmal gebildete Sicherungseinheit in der Folgezeit (durch den Bilanzierenden) wieder aufgebrochen wird und die bereits ausgeschlossenen Preisrisiken damit erneut aufleben. Dieses „Auflösungsrisiko“ ist gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 dann zu berücksichtigen, wenn es vorhersehbar ist. 482 Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 681; Scharpf/Luz, S. 283, ähnlich für die Frage der Anschlusssicherung bei Fälligkeitsdifferenzen Finne, S. 214. Ablehnend Hahne, BB 2003, 1943, 1946. 483 Groh, DB 1986, 869, 874; Scharpf/Luz, S. 283. 484 Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 681; Scharpf/Luz, S. 283. 485 Vgl. ADS, § 253, Rn. 187 zur Bemessung von Sammelrückstellungen.

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Zwar bezieht sich die Vorhersehbarkeit nur auf künftige Ereignisse,486 ihre Beurteilung kann jedoch durchaus unter Rückgriff auf Erfahrungswerte der Vergangenheit erfolgen. Erforderlich ist dabei eine vernünftige kaufmännische Beurteilung, bei der von der Sorgfalt eines gewissenhaften Kaufmanns auszugehen ist.487 Nicht entscheidend ist also allein die subjektive Einschätzung des Bilanzierenden, sondern es muss eine sachlich begründete Wahrscheinlichkeit für den Eintritt künftiger Wertminderungen, Verluste oder Schulden bestehen.488 (4)

Zwischenergebnis

Auch wenn der Kaufmann im Bilanzierungszeitpunkt tatsächlich eine Durchhalteabsicht aufzuweisen vermag, kann damit aufgrund seines bisherigen Verhaltens dennoch das wahrscheinliche Risiko einer späteren Auflösung begründet sein. Gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB ist dieses Risiko antizipativ zu berücksichtigen. Das Verhalten des Kaufmanns wird so für den Adressaten des Jahresabschlusses berechenbar, was gleichzeitig zu der erforderlichen Objektivierung des Risikoausschlusses führt.489 Das tatsächliche Durchhalten der Sicherungseinheiten in der Vergangenheit ist somit als zwingendes, aber auch hinreichendes Kriterium anzusehen, um eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auch unter Objektivierungsgesichtspunkten rechtfertigen zu können. Wurden Bewertungseinheiten hingegen in der Vergangenheit in schädlichem Maße aufgebrochen, so können die Angaben des Kaufmanns als nicht verlässlich eingestuft und kann die Bildung von Bewertungseinheiten gänzlich abgelehnt werden. Das Bestehen einer ursprünglichen Sicherungsabsicht, d.h. der Planmäßigkeit des Abschlusses kompensatorischer Geschäfte, ist für Objektivierungszwecke dagegen nicht zwingend erforderlich.490 In Grenzfällen kann ihr allerdings eine Indizwirkung für die Ernsthaftigkeit der Durchhalteabsicht und damit für eine tatsächlich bestehende Durchhaltewahrscheinlichkeit zukommen. ff)

Alternative Anforderungen an Makro- und Portfolio-Hedges

Von Teilen der Literatur werden darüber hinaus alternative Kriterien aufgestellt, unter denen auch die Bildung von Bewertungseinheiten bei globalen Hedges wie Makro- bzw. Portfolio-Hedges491 zulässig sein soll; dies soll selbst

486 487 488 489

Baetge/Knüppe, HuRB, S. 394, 396. ADS, § 252, Rn. 74. Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 92. Die Konkretisierungs- und Objektivierungsfunktion sind hierdurch gleichermaßen betroffen. 490 Vgl. zu den Fragen der Konkretisierungsfunktion bereits 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff. 491 Bei letzteren scheitert eine teleologische Reduktion regelmäßig bereits an der fehlenden Fälligkeitskongruenz, vgl. 4. Teil VI. 1. e) dd), S. 112 ff.

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dann gelten, wenn es an den o.g. Voraussetzungen mangelt.492 Erforderlich sei dazu insbesondere, dass ein im Unternehmen implementiertes und funktionstüchtiges Risikomanagement besteht, welches adäquate Risikoanalysen erstellt und den Bestand aktiv, d.h. „dynamisch“, führt.493 Im Rahmen der Risikosteuerung müsse ein enges und nachvollziehbares Verlustrisikolimit vorgegeben sein, das am Ende eines jeden Tages eingehalten und überwacht werden müsse.494 Gleichfalls habe eine zusätzliche Dokumentation im Rahmen der Sicherungsstrategie zu erfolgen495 und es müsse eine eindeutige Abgrenzung der relevanten Grundgeschäfte und der Sicherungsmittel bestehen496 bzw. die Definition der Zusammensetzung des Portfolios gewährleisten, dass nachträglich keine Instrumente in die Bewertungseinheit gelangen.497 Liegen diese Kriterien vor, so sei sichergestellt, dass der Ausgleich von Wertveränderungen auf gemeinsame preisbestimmende Faktoren zurückgehe und damit nicht rein zufallsbedingt erfolge.498 Auch die Bildung von Bewertungseinheiten bei Makround Portfolio-Hedges sei insoweit handelsrechtlich anzuerkennen;499 sie entspreche im Übrigen ohnehin einer bereits gängigen Praxis.500 Ein derart gelockertes Anforderungsprofil für eine weiterreichende Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vermag in mehrfacher Hinsicht nicht zu überzeugen. Gänzlich untauglich ist zunächst der Hinweis auf die gängige Praxis. Nach den obigen Ausführungen501 erscheint die induktive Ermittlung von GoBs nicht sachgerecht und kann damit auch nicht die Zulässigkeit von Be492 Vgl. dazu insbesondere Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 757. Ähnlich auch Scharpf/Luz, S. 311, die sich allerdings widersprechen, indem sie auf S. 304 ausführen, dass für Makro-Hedges „keine Bewertungseinheiten gebildet werden dürfen“. 493 So auch MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 96 ff.; Brackert/Prahl/Naumann, WPg 1995, 544, 552; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 15; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 6; dies., in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 240; Reiner, S. 262 und 266 ff.; Scheffler, S. 238; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 652; Windmöller/Breker, WPg 1995, 389, 400 f.; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 517 und Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1530 insbesondere für Portfolio-Hedges. 494 So auch Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der SchmalenbachGesellschaft, DB 1997, 637, 639; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 10. 495 MünchKommHGB-Böcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340e, Rn. 96 ff.; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 518. 496 Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 652. 497 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1530; Häuselmann, S. 55. 498 Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 237; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 539. 499 Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 639 ff., der sogar grundsätzlich von einer Pflicht zur Bildung solcher Bewertungseinheiten ausgeht; Beck HdR-Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 126 für Makro-Hedges. 500 Vgl. insbesondere Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 237 ff.; dies., WPg 1991, 729, 733 ff. die zur Begründung auch auf eine bereits heute gängige Praxis verweisen. 501 Vgl. hierzu bereits 4. Teil II., S. 56 ff.

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wertungseinheiten begründen. Hinzu kommt, dass ein innerbetriebliches Sicherungssystem zwar das Risiko faktisch vermindern mag. Jedoch zeichnet sich die Funktionsweise eines „dynamischen“ Risikomanagements gerade dadurch aus, auf die sich stetig verändernden Marktbedingungen zu reagieren. Erst durch das fortwährende Schließen der sich stetig neu eröffnenden Risikopositionen wird im Ergebnis insgesamt eine Risikoreduktion erzielt. Problematisch ist dies insofern, als ein solches Hedging weder bezogen auf die einzelne Position noch im Rahmen der ex ante-Beurteilung Gewähr für einen vollständigen Risikoausschluss bietet. Der für die teleologische Reduktion von § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB maßgebliche sichere Ausschluss des Verlustrisikos ist mithin nicht gewährleistet. An dieser Stelle entscheidend ist jedoch, dass ein derartiges Anforderungsprofil keiner hinreichenden Objektivierung zugänglich ist. Insbesondere der Verweis auf ein funktionsfähiges und effizientes internes Risikomanagement ist bedenklich. Zu messen ist der erforderliche Grad der Überprüfbarkeit daran, ob die formale Zusammenfassung und die darauf aufbauende Bewertung für einen sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit nachvollziehbar ist.502 Dieser Maßstab entspringt der gesetzlichen Anordnung des § 238 Abs. 1 S. 2 HGB. Zwar betrifft die Norm systematisch nur Fragen der Buchführung, während es hinsichtlich des Jahresabschlusses an einer entsprechenden Anordnung fehlt. Letztendlich erfüllen aber Jahresabschluss und Buchführung vergleichbare Ziele. Beide sollen einen Einblick in die Lage des Unternehmens geben, wobei der Einblick aufgrund des Jahresabschlusses zwangsläufig auf den Umfang beschränkt ist, der bei einer Stichtagsbetrachtung möglich ist.503 Auch in Bezug auf den Jahresabschluss bildet die Nachvollziehbarkeit durch den sachverständigen Dritten damit grundsätzlich den einschlägigen Maßstab. Fraglich ist aber, wie weit dieser „Sachverstand“ reichen muss. Leffson weist darauf hin, dass die Rechenschaft objektiv, d.h. intersubjektiv nachprüfbar und für jedermann gültig, sein muss.504 Damit der Abschlussleser die „zwangsläufig abstrakt gegebenen Informationen verwenden kann, muss er wissen, nach welchen Regeln die wirtschaftlich relevanten Eigenschaften der Unternehmung in die Symbole des Jahresabschlusses übersetzt worden sind“.505 Dies kann er aber nur, wenn die Regeln fest vorgegeben und den Adressaten bekannt sind.506 Eine derartige allgemeingültige Regel hat der Gesetzgeber mit 502 Grünewald, S. 199; vgl. auch Kirchhof-Crezelius, § 5 Rn. 38; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5 Rn. A 181; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 677 und 681; Scheffler, S. 172. 503 ADS, § 242, Rn. 4. 504 Leffson, S. 81. 505 Beermann/Fülling/Sperl, in: FS Leffson, S. 191, 193. 506 Leffson, S. 81.

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dem Einzelbewertungsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB vorgegeben. Dieses Maß an Nachvollziehbarkeit ist damit grundsätzlich auch für die Gesamtbetrachtung im Rahmen einer Bewertungseinheit zu fordern. Angesichts dieser Vorgaben wäre es sachwidrig, für die Objektivierung der Bewertungseinheiten die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit zu reduzieren und den Adressaten des Jahresabschlusses507 weitgehende Kenntnisse eines unbekannten und individuell gestalteten Risikomanagements abzuverlangen. Nicht nur, dass hierbei eine Methodenvielfalt besteht und unterschiedliche Methoden bei ein und derselben Sicherungsbeziehung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.508 Auch sind zahlreiche Risikomanagementsysteme „sehr aufwendig und komplex“,509 womit die Überprüfung selbst für Sachkundige keinesfalls unproblematisch möglich ist.510 Darüber hinaus dient die Rechnungslegung gleichfalls der Rechenschaft gegenüber Unternehmensaußenseitern,511 denen es neben den speziellen Kenntnissen des Risikomanagements oftmals bereits am erforderlichen Einblick in unternehmensinterne Strukturen bzw. an einer Zugriffsmöglichkeit auf die relevanten Geschäftsunterlagen fehlt.512 Der Ver507 Vgl. hierzu Clemm, in: FS Goerdeler, S. 93, 96 ff. 508 Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 683. 509 MünchKommHGB-Lange, § 289, Rn. 107 sieht insofern bereits praktische Schwierigkeiten, die gesetzliche Berichtspflicht im Lagebericht nach § 289 Abs. 2 HGB zu erfüllen. 510 So weist Reiner, S. 400 auf fehlende Kontrollmöglichkeiten der Finanzverwaltung bei der Einhaltung der Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten hin. Ähnlich kritisch äußert sich auch Barckow, StbJb 2006/07, 217, 222 f. in Bezug auf § 5 Abs. 1a EStG. Er geht hierbei davon aus, dass durch die Akzeptanz der Maßnahmen des betrieblichen Risikomanagements für Bilanzierungszwecke die allgemeinen Bewertungsgrundsätze faktisch unkontrollierbar ausgehöhlt würden. Dies beruht nicht zuletzt auf unvermeidbaren Schwächen des Risikomanagements. Wenn Tapscott sich dahingehend äußert, dass Risikomanagement-Ansätze „auf dem Horten von Informationen und deren Geheimhaltung“ basieren („Unternehmen sind heute nackt“, Handelsblatt vom 17.09.2008), erscheint diese Einschätzung vor dem Hintergrund der fortdauernden Finanzmarktkrise durchaus zutreffend. Ein solches Urteil betrifft nicht nur den besonderen Fall der SachsenLB, bei der Manager die Marktrisiken und die übernommene Haftung nicht offen in das Risikomanagement eingestellt haben („Razzien bei Ex-Vorständen der SachsenLB“, Handelsblatt vom 12.08.2008). Der Untergang renommierter Bankenhäuser in den USA zeigt vielmehr, dass das „hoch gelobte Risikomanagement der Finanzprofis“ sich insgesamt „als Schimäre erwiesen“ hat (so Riecke, „Ein Erdbeben mit langfristigen Folgen“, Handelsblatt vom 15.09.2008). Insbesondere für den Fall des Portfolio-Hedges kritisieren auch Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 154, dass ein sachkundiger Dritter den behaupteten sachlichen Zusammenhang zwischen den in einem Portfolio befindlichen Geschäften nicht ohne weiteres überprüfen kann. 511 Vgl. dazu Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 152; Leffson, S. 56 ff. 512 Aufgrund der besonderen Kontrollmechanismen im Rahmen der Bankenaufsicht mag für Kreditinstitute etwas anderes gelten. Die handelsrechtliche Zulässigkeit solcher Bewertungseinheiten scheitert aber auch hier angesichts des fehlenden sicheren Risikoausschlusses.

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weis auf ein effizientes Risikomanagement ist damit nicht geeignet, die Einhaltung der Objektivierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nachzuweisen; eine teleologische Reduktion scheidet insofern aus. c)

Zusammenfassung

Die Objektivierungsfunktion des Einzelbewertungsgrundsatzes bleibt bei der Bildung von Bewertungseinheiten nur dann erhalten, wenn trotz der Gesamtbewertung eine Nachvollziehbarkeit der Risikosituation durch den Jahresabschlussadressaten gewährleistet ist. Dies erfordert eine hinreichende Dokumentation sowohl durch die Aufstellung eines Deckungsverzeichnisses, als auch durch erweiterte Angaben in Anhang und Lagebericht. Die Einhaltung der vorgenannten Kriterien muss hierbei dergestalt abgebildet werden, dass die Wirksamkeit des Sicherungszusammenhangs von den Adressaten des Jahresabschlusses nachvollzogen werden kann. Probleme ergeben sich in diesem Zusammenhang vor allem hinsichtlich des Nachweises einer negativen Korrelation bei Makro-, Portfolio- und Global-Hedges sowie im Falle der gleichzeitigen Absicherung mehrer Risikokategorien. Ähnliche Schwierigkeiten bereitet auch der Nachweis der Durchhaltewahrscheinlichkeit. Mit Hilfe einer vergangenheitsbezogenen Verhaltensbetrachtung lässt sich hier jedoch eine hinreichende Objektivierung erzielen. Abzulehnen ist hingegen die Anknüpfung an ein bestehendes und funktionierendes Risikomanagement, bei dessen Existenz nach teilweise vertretener Ansicht auch Makro- und Portfolio-Hedges anzuerkennen seien. Aufgrund hoher Defizite bei der Überprüfbarkeit der Funktionsfähigkeit des Risikomanagements ist ein solches nicht geeignet, die Objektivierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nachzuweisen.

3.

Zwischenergebnis

Sind alle Kriterien für einen sicheren Risikoausschluss erfüllt und hinreichend dokumentiert, so sind die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion gegeben. Bezogen auf die untersuchten Hedging-Modelle ist dies vor allem hinsichtlich der Mikro-Hedges in ihrer Form als Pure-Hedges anzunehmen. Aber auch im Falle von Makro-Hedges sind durchaus Fälle denkbar, in denen der Hedge sämtliche Voraussetzungen erfüllt und sich damit zulässigerweise eine Bewertungseinheit bilden lässt (so in Beispiel 9513).514 Exemplarisch zeigt sich daran, dass die zumeist vorgenommene Differenzierung nach den HedgingModellen nur bedingt sachgerecht ist, um die rechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten zu beurteilen. Die handelsrechtliche Zulässigkeit der Gesamtbetrachtung bestimmt sich nicht kategorisch nach dem angewandten Hed513 Vgl. 1. Teil II. 1. b) aa), S. 15 f. 514 Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen auch Perlet/Baumgätel, in: FS Clemm, S. 287, 308.

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

ging-Modell, sondern danach, ob der konkrete Hedge die aufgestellten Anforderungen erfüllt.515 Abzustellen ist insofern auf den jeweiligen Einzelfall. Nichtsdestotrotz weisen die verschiedenen Hedging-Formen typische Strukturmerkmale auf, die zumindest einen generalisierenden Überblick über die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten ermöglichen. Während die regelmäßige Kriterienerfüllung durch Mikro-Hedges bereits festgestellt wurde, dürften sich bei den Makro-Hedges – bereits aufgrund der Vielzahl der verbundenen Geschäfte – vermehrt Schwierigkeiten hinsichtlich der erforderlichen Korrelation516 und Fälligkeitskongruenz ergeben. Hinzu kommen Probleme bei der Objektivierung, die sich aus der fehlenden individuellen Zuordenbarkeit der Geschäfte ergibt. Im Rahmen der Portfolio- und Global-Hedges werden sich solche Differenzen nahezu sicher feststellen lassen. Dies liegt bei den PortfolioHedges bereits in der dynamischen, d.h. rollierenden, Sicherungsstrategie begründet, die lediglich auf den ohnehin vorhandenen kompensatorischen Effekten basiert. Bei Global-Hedges fehlt es bereits an der erforderlichen Homogenität der zusammengefassten Geschäfte. Entsprechendes gilt für Cross-Hedges (auch in Form von Mikro-Hedges), da diese gleichfalls die Anforderung einer homogenen Beeinflussung von Verlust- und Gewinnchancen nicht erfüllen können. In diesen Fallgruppen ist eine bilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten damit regelmäßig nicht mit den GoB vereinbar.517 Entsprechendes gilt für antizipative Hedges. Nur diejenigen Hedges, die sämtliche Kriterien erfüllen, sind nicht von den Zwecken des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB betroffen. Indem es hier keiner Verlustantizipation bedarf und dem Objektivierungszweck auch ohne Einzelbewertung genüge getan ist, unterscheiden sie sich von den gemeinten Fallgruppen, d.h. den offenen Positionen, so weit, dass eine Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt wäre. 515 Vgl. dazu unter 4. Teil VI. 1., S. 98 ff. 516 Dies gilt nicht im Währungsbereich, wo die Zusammenfassung von Positionen einer Währung zu einem Perfect Hedge führt. 517 Pauschal für Makro-Hedges so auch Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 641, 642; Herzig/Mauritz, WPg 1997, 141, 152 ff. Für Portfolio-Hedges Barth, KuK 1984, 120, 130, der diese jedoch als „Makro Hedges“ versteht und als „verdeckte Spekulationsgeschäfte“ einordnet, sowie Menninger, S. 147 und Rübel, S. 59. Ähnlich auch Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 303 für Portfolio-Hedges, die bei Makro-Hedges eine einzelfallabhängige Beurteilung vornehmen wollen; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 538 f. für Makro-Hedges und den „mittleren-, bzw. weiten Portfolioansatz“, nicht aber für den „engen Portfolioansatz“, bei dem Handelsbestände zusammen gefasst werden, die eine Korrelation nahe +/- 1 aufweisen; Wüstemann/Duhr, BB 2003, 2501, 2505 für Portfolio- und Makro-Hedges sowie Schlick, DStR 1993, 254, 257 ohne Differenzierung zwischen Makro- und Portfolio-Hedges. A.A. Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 676; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 8; Scheffler, S. 238; Schwarze, S. 139 und Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 518, die unter den o.g. zusätzlichen Voraussetzungen anscheinend auch Bewertungseinheiten für globale Sicherungsstrategien als mit § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB vereinbar betrachten.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

4.

Wahlrecht oder Gebot?

Zu erörtern bleibt, welche Rechtsfolge einem teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB im Hinblick auf die bilanzielle Abbildung von Sicherungszusammenhängen zukommt. Liegen sämtliche Vorraussetzungen vor, so folgt aus § 252 Abs. 1 Nr. i.V.m. Nr. 4 1. Hs. HGB grundsätzlich die Pflicht zur Bildung einer Bewertungseinheit.518 Die obligatorische Rechtsanordnung resultiert daraus, dass nur bei Gesamtbetrachtung der Sicherungseinheit die Antizipation wirtschaftlich tatsächlich nicht drohender Verluste vermieden wird. Die Bildung der Bewertungseinheit garantiert in diesen Fällen also nicht nur die Zweckerreichung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, sondern ermöglicht vor allem die vollständige Funktionserfüllung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB. Es hat damit zwingend eine Gesamtbewertung der verbundenen Geschäfte zu erfolgen, sofern das Verlustrisiko sicher ausgeschlossen ist und die entsprechende Dokumentation vorgenommen wurde. 518 Im Ergebnis so auch, jedoch nicht aufgrund einer teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, sondern gestützt auf eine „zweckadäquaten“ Auslegung der GoB (zumeist des Imparitätsprinzips): Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, DB 1997, 637, 639; Benne, DB 1991, 2601, 2610; BFA des IdW, Stellungnahme 2/1995, WPg 1995, 421, 422; BFA des IdW, Stellungnahme 2/1993, WPg 1993, 517, 517; Finne, DB 1992, 338, 339; Häuselmann, S. 53; Klein/Jonas, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 237 f.; Kupsch, in: FS Forster, S. 339, 356 f.; ders., StbJb 1994/95, S. 131, 143; Menninger, S. 125; Naumann, Fremdwährungsumrechnung, S. 66 f.; Oestreicher, S. 263 f.; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 301 und 308; Prahl/Naumann, WPg 1991, 729, 734; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 177 f.; dies., WPg 1992, 709, 715; dies., ZBB 1994, 1, 2; Beck HdR-Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 116; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 720; Wiedmann, in: FS Moxter, S. 453, 475; Windmöller, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 237; Wlecke, S. 183 f.; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 527. Allgemein aufgrund der „teleologischen Reduktion einzelner GoB“ Hahne, BB 2003, 1943, 1945. Demgegenüber wird von zahlreichen Autoren bei allen, d.h. auch den hier primär betroffenen Mikro-Hedges, ein Wahlrecht vertreten, wofür 3 divergierende Gründe angeführt werden: Ein Wahlrecht wird danach angenommen, weil die Bildung von Bewertungseinheiten auf die Norm des § 252 Abs. 2 HGB als Rechtsgrundlage gestützt wird (BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266; Jutz, S. 107 ff. und Finne, BB 1991, 1295, 1299, der jedoch trotz des Wortlauts des § 252 Abs. 2 HGB „im jeweiligen Einzelfall unter Beachtung der GoB“ entscheiden will, ob tatsächlich ein Wahlrecht besteht. Ein derartiger Rückgriff auf die Ausnahmevorschrift des § 252 Abs. 2 HGB ist jedoch nicht erforderlich, wenn sich bereits aus der teleologischen Reduktion die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten ergibt.); weil sich „aus den derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen“ keine Pflicht ableiten lasse (Sprißler, in: FS Clemm, S. 365, 379 f. Dies vermag aus den nachfolgenden Überlegungen nicht zu überzeugen.) und weil es an einer einheitlichen Übung in der kaufmännischen Praxis fehle (HFA des IdW, WPg 1986, 664, 665 f.; Sprißler, in: FS Clemm, S. 365, 380. Vor dem Hintergrund, dass die induktive Ermittlung der GoB heute als überholt gilt, kann dieser Ansicht nicht überzeugen; ähnlich auch Jutz, S. 108; Oestreicher, S. 263.).

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Teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Verkannt werden darf hierbei allerdings nicht, dass dem Kaufmann trotz der genannten Kriterien weiterhin erhebliche Gestaltungsspielräume verbleiben.519 Dies gilt zunächst hinsichtlich des Dokumentationserfordernisses der Risikokompensation. Macht man Bewertungseinheiten von einer derartigen Handlung des Unternehmers abhängig, so wird ihre Bildung – selbst bei einer wirtschaftlich existenten Risikokompensation – faktisch in das Ermessen des Bilanzierenden gestellt.520 Um hier Spielräume des Unternehmers zu vermeiden, fordern Tönnies/Schiersmann, die Dokumentation nicht zur Bedingung für die Bildung von Bewertungseinheiten zu erheben, sondern sie umgekehrt nach Entstehung einer Bewertungseinheit zu verlangen.521 Zwar sind die von Tönnies/Schiersmann geäußerten Bedenken der Sache nach zutreffend, ihr Vorschlag vermag aber dennoch in zweierlei Hinsicht nicht zu überzeugen. Zum einen würde es bei fehlender Dokumentation rechtlich an der erforderlichen Nachvollziehbarkeit und damit an einer Objektivierungsvoraussetzung fehlen, so dass mangels Zweckerreichung bereits die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB unzulässig wäre. Hinzu kommt, dass die Forderung mangels Überprüfbarkeit praktisch kaum durchsetzbar ist. Zum anderen würde es – selbst bei Vorliegen der erforderlichen Fachkompetenz – eines erheblichen Arbeitsaufwandes bedürfen, die gesamte Rechnungslegung auf die Existenz von Kompensationsgeschäften zu überprüfen. Hierzu fehlt es den meisten Adressaten ohnehin bereits an den hierzu erforderlichen Zugriffsrechten. Ähnliche Probleme ergeben sich ferner bei solchen Bewertungseinheiten, die aufgrund der Marktfähigkeit des Deckungsgeschäfts entscheidend von der Durchhalteabsicht des Bilanzierenden abhängen. Zwar vermag es nicht zu überzeugen, wenn in diesem Zusammenhang teilweise die Gefahr gesehen wird, dass sich eine Einstufung spekulativer Transaktionen als Sicherungsgeschäfte nicht verhindern ließe.522 So wird sich aus dem Rückblick auf das bisherige Verhalten des Bilanzierenden regelmäßig prognostizieren lassen, ob die gebildeten Bewertungseinheiten auch durchgehalten werden sollen, d.h. keine unzulässige Deklaration spekulativer Geschäfte als Sicherungsgeschäft vorliegt; kam es in der Vergangenheit bereits zu Verstößen, so ist die Bildung von 519 Zutreffend weisen Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 50 dabei auf folgendes Dilemma hin: „Je konkreter die Kriterien formuliert werden, desto geringer sind tendenziell zwar die Ermessenspielräume, desto größer werden aber die Gestaltungsspielräume und umgekehrt. 520 Vgl. hierzu auch Gebhardt/Breker, DB 1991, 1529, 1535; Müller, DB 1995, 1973, 1974; Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, 675, 679; Steiner/Tebroke/Wallmeier, WPg 1995, 533, 537; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 8 (zur „besonderen Deckung“ i.S.v. § 340h HGB); Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 518, 520 f. und Schiffers, DStZ 2006, 400, 404, der von einem „faktischen Wahlrecht“ spricht. 521 Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 718. Ähnlich auch Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 518. 522 Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Bewertungseinheiten ohnehin ausgeschlossen.523 Zutreffend ist aber, dass weder die Durchhalteabsicht autonom feststellbar ist, noch der Bilanzierende gezwungen werden kann, Sicherungsgeschäfte auch als solche zu deklarieren.524 Im Ergebnis ist die tatsächliche Bildung der Bewertungseinheit damit auch hier letztlich vom Willen des Kaufmanns abhängig; ein faktisches Kompensationswahlrecht ist die Konsequenz.525 Trotz dieser Schwierigkeiten ist es jedoch nicht sachgerecht, die Bildung von Bewertungseinheiten gänzlich zu untersagen.526 So ist aufgrund der strikten Voraussetzungen zumindest sichergestellt, dass Bewertungseinheiten nur bei einem vollständigem Risikoausschluss und dessen hinreichender Nachvollziehbarkeit gebildet werden. Eine Missbrauchsmöglichkeit in dieser Richtung ist ausgeschlossen. Spielräume verbleiben lediglich insofern, als es im Machtbereich des Kaufmanns verbleibt, Bewertungseinheiten – trotz Vorliegens des Risikoausschlusses – durch eine fehlende Dokumentation zu „umgehen“. Der Verbleib dieses faktischen Wahlrechts ist jedoch als unschädlich zu betrachten. Unterlässt der Kaufmann die erforderliche Dokumentation, so hat dies lediglich die Beibehaltung der Einzelbewertung zur Folge. Die Einzelbewertung ist aber gerade derjenige Bewertungsmaßstab, den der Gesetzgeber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zum Regelfall erklärt hat. Es geht also letztlich nicht um eine „Umgehung“ der Bewertungseinheit, sondern um einen Verbleib beim Regelmaßstab. Diese Rechtsfolge ist weder willkürlich, noch schafft sie sachwidrige Ermessensspielräume. Zwar führt sie – unter Beibehaltung der Objektivierungsfunktion – dazu, dass trotz des materiellen Risikoausschlusses eine imparitätische Behandlung zu erfolgen hat. Ein solches Ergebnis ist aber Folge dessen, dass der Grundsatz der Einzelbewertung zweier Zielsetzungen parallel dient. Nur wenn beide auch ohne isolierte Betrachtung der einzelnen Geschäfte erfüllt werden, ist eine teleologische Reduktion gerechtfertigt.

VII. Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB Fraglich ist, ob sich die Bildung von Bewertungseinheiten darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 252 Abs. 2 HGB rechtfertigen lässt. Während eine Ansicht die Anwendung der Norm auf den hier fraglichen Fall gänzlich ablehnt,527 sieht sie eine andere – abweichend vom oben gefundenen Ergebnis – 523 Vgl. dazu 4. Teil VI. 2. b) ee) (3), S. 128 ff. 524 Breker, S. 215 f.; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339. 525 So auch Breker, S. 215 f.; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 720. 526 So aber Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; Hartung, RIW 1990, 635, 641. 527 Vgl. hierzu insbesondere die Stimmen, die eine zweckadäquate Anwendung bejahen (Fn. 308 unter 4. Teil VI. 1.), sowie diejenigen, die eine streng-formale Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes vertreten (Fn. 265 unter 4. Teil V. 3. b)).

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Bewertungseinheiten ohnehin ausgeschlossen.523 Zutreffend ist aber, dass weder die Durchhalteabsicht autonom feststellbar ist, noch der Bilanzierende gezwungen werden kann, Sicherungsgeschäfte auch als solche zu deklarieren.524 Im Ergebnis ist die tatsächliche Bildung der Bewertungseinheit damit auch hier letztlich vom Willen des Kaufmanns abhängig; ein faktisches Kompensationswahlrecht ist die Konsequenz.525 Trotz dieser Schwierigkeiten ist es jedoch nicht sachgerecht, die Bildung von Bewertungseinheiten gänzlich zu untersagen.526 So ist aufgrund der strikten Voraussetzungen zumindest sichergestellt, dass Bewertungseinheiten nur bei einem vollständigem Risikoausschluss und dessen hinreichender Nachvollziehbarkeit gebildet werden. Eine Missbrauchsmöglichkeit in dieser Richtung ist ausgeschlossen. Spielräume verbleiben lediglich insofern, als es im Machtbereich des Kaufmanns verbleibt, Bewertungseinheiten – trotz Vorliegens des Risikoausschlusses – durch eine fehlende Dokumentation zu „umgehen“. Der Verbleib dieses faktischen Wahlrechts ist jedoch als unschädlich zu betrachten. Unterlässt der Kaufmann die erforderliche Dokumentation, so hat dies lediglich die Beibehaltung der Einzelbewertung zur Folge. Die Einzelbewertung ist aber gerade derjenige Bewertungsmaßstab, den der Gesetzgeber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zum Regelfall erklärt hat. Es geht also letztlich nicht um eine „Umgehung“ der Bewertungseinheit, sondern um einen Verbleib beim Regelmaßstab. Diese Rechtsfolge ist weder willkürlich, noch schafft sie sachwidrige Ermessensspielräume. Zwar führt sie – unter Beibehaltung der Objektivierungsfunktion – dazu, dass trotz des materiellen Risikoausschlusses eine imparitätische Behandlung zu erfolgen hat. Ein solches Ergebnis ist aber Folge dessen, dass der Grundsatz der Einzelbewertung zweier Zielsetzungen parallel dient. Nur wenn beide auch ohne isolierte Betrachtung der einzelnen Geschäfte erfüllt werden, ist eine teleologische Reduktion gerechtfertigt.

VII. Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB Fraglich ist, ob sich die Bildung von Bewertungseinheiten darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 252 Abs. 2 HGB rechtfertigen lässt. Während eine Ansicht die Anwendung der Norm auf den hier fraglichen Fall gänzlich ablehnt,527 sieht sie eine andere – abweichend vom oben gefundenen Ergebnis – 523 Vgl. dazu 4. Teil VI. 2. b) ee) (3), S. 128 ff. 524 Breker, S. 215 f.; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339. 525 So auch Breker, S. 215 f.; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 720. 526 So aber Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; Hartung, RIW 1990, 635, 641. 527 Vgl. hierzu insbesondere die Stimmen, die eine zweckadäquate Anwendung bejahen (Fn. 308 unter 4. Teil VI. 1.), sowie diejenigen, die eine streng-formale Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes vertreten (Fn. 265 unter 4. Teil V. 3. b)).

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Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB

als einzige einschlägige Rechtsgrundlage.528 Darüber hinaus gibt es differenzierende Ansätze, die lediglich für Makro- bzw. Portfolio-Hedges aus § 252 Abs. 2 HGB ein Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten ableiten.529 Will man den Streit entscheiden, so ist zunächst der Anwendungsbereich der Norm zu bestimmen. Neben den spezialgesetzlich zugelassenen Ausnahmeregelungen der § 240 Abs. 3 und Abs. 4 HGB530 bestimmt § 252 Abs. 2 HGB allgemein, dass „von den Grundsätzen des Absatzes 1 [...] nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden“ darf. Sofern es sich bei den fraglichen Hedges um Ausnahmefälle in diesem Sinne handelt, würde auch hieraus die Möglichkeit zur Abweichung vom Grundsatz der Einzelbewertung und damit eine zusätzliche – ggf. weiterreichende – Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten resultieren.

1.

Begriff des Ausnahmefalls

Was als Ausnahmefall in Frage kommt, sagt das HGB nicht ausdrücklich. Auch die Gesetzesbegründung zu § 252 HGB enthält hierzu keine Angaben. Von der überwiegenden Ansicht in der Literatur wird die Beschränkung der Abweichmöglichkeit auf Ausnahmefälle jedoch so verstanden, dass Abweichungen sich nicht ständig wiederholen und dadurch zum Regelfall werden dürfen.531 Die Wiederholung der Abweichung müsse vielmehr so selten sein, dass die Beeinflussung des Jahresabschlusses durch das jeweilige Abweichen eine Besonderheit darstellt.532 Da jedoch nicht davon ausgegangen werden könne, dass Sicherungsgeschäfte nur so selten abgeschlossen werden, dass sie

528 So ohne Differenzierung nach der Art des Hedges anscheinend BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 266; ders., DStZ 1995, 385, 388; Eisele/Knobloch, DStR 1993, 617, 620; Graf von Treuberg/Scharpf, DB 1991, 661, 665; Groh, DB 1986, 869, 873; Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 641, 642; Jüttner, S. 280 ff.; Jutz, S. 104 ff.; ders., BB 1990, 1515, 1520; Kölpin, StuB 2006, 546, 547; Langenbucher, S. 142 ff.; Pomrehn, DB 1990, 1102, 1102 ff.; Schlick, DStR 1993, 254, 256; Schmekel, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 239. Ähnlich auch Reiner, S. 263, der jedoch auf S. 290 von einer „teleologischen Beschränkung“ des Imparitäts-, Niederstwert- bzw. Höchstwert- sowie Realisationsprinzips spricht. 529 So z.B. BFA des IdW, Stellungnahme 2/1995, WPg 1995, 421, 422, der zwar nicht explizit auf § 252 Abs. 2 HGB verweist, dessen Differenzierung aber wohl nur in einer Anwendung der Norm begründet sein kann, vgl. hierzu Schumacher, DB 1995, 1473, 1476. Ähnlich auch Häuselmann, S. 57 für Portfolio-Hedges. 530 Festbewertung und Gruppenbewertung als Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelbewertung, die gem. § 256 S. 2 HGB auch für den Jahresabschluss gelten, vgl. dazu ADS, § 252, Rn. 58 und Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, § 42, Rn. 250. 531 Menninger, RIW 1994, 43, 53; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 21. 532 Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Menninger, RIW 1994, 43, 53; Möhler, S. 84; Küting/Weber-Selchert, § 252, Rn. 21; BoHdR-Wohlgemuth, § 252, Rn. 84.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

nicht zum Regelfall werden, sei § 252 Abs. 2 HGB im Hinblick auf Bewertungseinheiten nicht anwendbar.533 Zumindest im Rahmen einer grammatikalischen Auslegung lässt sich eine derartige Interpretation nicht fundieren. So ist der Begriff des Ausnahmefalles nicht zwingend quantitativ zu verstehen, sondern kann gleichfalls eine qualitative Bedeutung haben. Nicht die Frequenz, mit der solche Abweichungen vorgenommen werden, wäre danach entscheidend, sondern der Umstand, dass „ausnahmsweise“, d.h. aufgrund der besonderen Verhältnisse in der konkreten Konstellation, eine Abweichung von den Grundregeln des Abs. 1 geboten ist. Eine ähnliche Sicht ergibt sich auch mit Blick auf den europarechtlichen Hintergrund der Norm. § 252 Abs. 2 HGB beruht auf Art. 31 Abs. 2 der Vierten Richtlinie,534 wonach „Abweichungen von diesen allgemeinen Grundsätzen […] in Ausnahmefällen zulässig sind“.535 Im Unterschied zur deutschen Fassung betont die Richtlinie damit die Allgemeinheit der Grundsätze in Abs. 1. Auch der Wirtschafts- und Sozialausschusses der EWG geht davon aus, dass Abs. 1 nur einige fundamentale Grundsätze enthält, die als gesetzliche Bestimmungen „für die Mehrzahl der Fälle“ erlassen werden.536 Passen diese allgemeinen Grundsätze nicht auf eine spezielle Konstellation, so kann hiervon nach Abs. 2 abgewichen werden. Ein derartiges Regel-Ausnahmeverhältnis macht aber nur Sinn, wenn es rein materiell-rechtlich verstanden wird. Führen die Grundsätze des Abs. 1 im ersten Jahr nicht zur adäquaten Abbildung eines (fortlaufenden) Sachverhaltes, so lässt sich dies in den Folgejahren nicht abweichend beurteilen. Die Wiederholung führt damit nicht zu einem Grundsatz, der wiederum keine „Ausnahme“ darstellen würde,537 sondern es handelt sich vielmehr um eine fortlaufende materiell-rechtliche Ausnahme von den fundamentalen Grundsätzen des Abs. 1. Die quantitative Abgrenzung kann damit 533 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526; Benne, WPg 1992, 245, 246; Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Möhler, S. 88; Schumacher, DB 1995, 1473, 1476. Ablehnend ebenfalls ohne nähere Begründung Benne, DB 1991, 2601, 2610; Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 332; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 178; dies., WPg 1992, 709, 716; dies., ZBB 1994, 1, 2. 534 Zur Bilanzrichtlinie vgl. bereits 4. Teil IV., S. 67. 535 Nach den obigen Ausführungen entfaltet die europarechtliche Auslegung dabei nur für die von der Richtlinie betroffenen Kapitalgesellschaften Wirkung. Anders als die Grundsätze des Abs. 1, die zumindest als nicht kodifizierte GoB wirkten, war die Regelung des § 252 Abs. 2 HGB im bisherigen Recht nicht enthalten und beruht damit originär auf den Vorgaben des Richtliniengebers, vgl. Langenbucher, S. 142. Der europarechtlichen Auslegung kommt damit im Ergebnis eine erhöhte Bedeutung zu. Hinzu kommt, dass der Wortlaut der Norm keine eindeutige Interpretationsbasis bietet und sich auch nach den übrigen Auslegungsmethoden keine Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis auftun. 536 Wirtschafts- und Sozialausschuss der EWG, Stellungnahme vom 22.02.1973 (ABl. 1973, C 39/37) zu Artikel 28 des Richtlinienentwurfes vom 10.11.1971. 537 So aber anscheinend Benne, WPg 1992, 245, 246.

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Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB

nicht überzeugen; auch sich wiederholende Sachverhalte können folglich nach § 252 Abs. 2 HGB zu einer Abweichung von den Grundsätzen des Abs. 1 führen.

2.

Einflussnahme des § 264 Abs. 2 HGB

Der besondere Hinweis auf den Ausnahmecharakter macht aber deutlich, dass es sich hier um eine Abweichungsnorm handelt, die restriktiv zu handhaben ist.538 Sie darf mithin nicht als Einfallstor genutzt werden, um die Regeln des Abs. 1 gänzlich aufzuweichen. Ein Anwendungsgebiet für § 252 Abs. 2 HGB ist daher nur dann eröffnet, wenn es (trotz einer bereits vorgenommenen Auslegung bzw. teleologischen Reduktion) zur Kollision der Grundsätze des Abs. 1 mit übergeordneten Zielen des Jahresabschlusses kommt.539 In Betracht kommt dabei insbesondere das für Kapitalgesellschaften geltende Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB. Nach der Richtlinienvorgabe handelt es sich hierbei um ein Leitprinzip der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften, das zwar nicht im Sinne eines „overriding principle“, aber doch im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Berücksichtigung zu finden hat.540 Würde man Verlustrisiken aufgrund von § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 1. Hs. HGB antizipativ berücksichtigen, obwohl solche aufgrund des sicheren Risikoausschlusses tatsächlich gar nicht drohen, so wäre das Einblicksgebot offenkundig verletzt. Es käme zum Ausweis eines Bildes von Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage, das den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht.541 In solchen Fällen findet die Anordnung des § 264 Abs. 2 HGB über § 252 Abs. 2 HGB Berücksichtigung.542 Gegen eine derartige Interpretation wenden sich Anstett/Husmann mit dem Argument, dass § 264 Abs. 2 HGB nach der Regierungsbegründung543 nur dann heranzuziehen sei, wenn Zweifel bei der Auslegung und Anwendung einzelner Vorschriften bestünden oder Lücken in der gesetzlichen Regelung zu schließen seien. Dies sei im Rahmen von § 252 Abs. 2 HGB nicht der Fall.544 Anstett/Husmann verkennen jedoch, dass es sich auch bei den „begründeten Ausnahmefällen“ i.S.d. § 252 Abs. 2 HGB um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der einer Ausfüllung bedarf. Hinzu kommt das Bedürfnis nach einer richtlinienkonformen Auslegung aufgrund des europarechtlichen Ur-

538 539 540 541 542

Ähnlich auch KölnerKommAktG-Claussen/Korth, § 252, Rn. 63. Ähnlich auch ADS, § 252, Rn. 119. Vgl. hierzu bereits 4. Teil IV. 3. b), S. 81 f. Vgl. bereits 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. Zu § 252 Abs. 2 HGB vgl. auch Graf von Treuberg/Scharpf, DB 1991, 661, 665; StaubR. Hüttemann, § 264, Rn. 44 f.; Schlick, DStR 1993, 254, 256. 543 BT-Drucks. 10/317, S. 76. 544 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1526.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

sprungs der Norm. In der Entscheidung „DE+ES Bauunternehmung GmbH“545 hat der EuGH dabei ausdrücklich die Wirkung des „true and fair view“ über Art. 31 Abs. 2 der Vierten Richtlinie anerkannt. Für die deutsche Umsetzung in § 252 Abs. 2 HGB kann mithin nichts anderes gelten. Die Möglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten auf der Grundlage von § 252 Abs. 2 i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB ist demnach im Ergebnis anzuerkennen. Sie erlangt dann Relevanz, wenn zwar die Kapitalerhaltungsfunktion des Einzelbewertungsgrundsatzes aufgrund eines vollständigen Risikoausschlusses sichergestellt ist, es aber an einer Dokumentation der Bewertungseinheit fehlt.546 Anders als der Einzelbewertungsgrundsatz erfüllt der Grundsatz des „true and fair view“ nicht Kapitalerhaltungs- und Informationszwecke gleichermaßen, sondern verfolgt vor allem eine Informations- bzw. Rechenschaftsfunktion.547 Insoweit ist er – mangels Gewichtung als „overriding principle“548 – allerdings nicht in der Lage, die übrigen Jahresabschlusszwecke bedingungslos zugunsten der Information zu verdrängen.549 Das „true and fair view“ erlangt über § 252 Abs. 2 HGB vielmehr nur dort Relevanz, wo die übrigen Zwecke – insbesondere die der Kapitalerhaltung – bereits hinreichend erfüllt werden, die Einzelvorschriften des § 252 Abs. 1 HGB aber nicht geeignet sind, der informatorischen Zielsetzung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes i.S.v. § 264 Abs. 2 HGB gerecht zu werden. In derartigen Konstellationen bewertet das Gesetz (§ 252 Abs. 2 HGB) den Grundsatz des „true and fair view“ für Informationszwecke höher als die – gleichfalls informatorische – Objektivierung durch den Einzelbewertungsgrundsatz. Unter Beachtung der engen Wechselbeziehung zwischen der Generalnorm und den Einzelvorschriften550 kann der Maßstab an die Nachvollziehbarkeit dabei jedoch nur in einem Maße reduziert werden, das die Beibehaltung der in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB verankerten Kapitalerhaltungsfunktion weiterhin gewährleistet. Beispiel 14: In der Buchhaltung der X-AG stehen sich eine US $-Verbindlichkeit i.H.v. 50.000 und eine US $-Forderung i.H.v. 100.000 tagesgleich fällig gegenüber. Um die gebotene Bildung einer Bewertungseinheit zu umgehen, verzichtet die X-AG auf die erforderliche explizite Dokumentation des Sicherungszusammenhangs.

545 Urteil vom 14.09.1999 – Rs. C-275/97, DB 1999, 2035, 2036 546 Die Dokumentation der Bewertungseinheit erfüllt nach den obigen Ausführungen vor allem den Zweck der externen Objektivierung und damit eine Informations- bzw. Rechenschaftsfunktion, vgl. 4. Teil VI. 2. a), S. 119 ff. 547 Vgl. dazu bereits 4. Teil IV., S. 67 f. 548 Vgl. dazu bereits 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. 549 Ähnlich auch Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 28. 550 Vgl. hierzu Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 27 und 29.

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Verdrängungsregelung des § 252 Abs. 2 HGB

Die Kriterien eines sicheren Risikoausschlusses – und damit auch die Konkretisierungs- bzw. Kapitalerhaltungsfunktion des Einzelbewertungsgrundsatzes – sind vorliegend i.H.v. 50.000 US $ erfüllt; eine Durchhalteabsicht lässt sich aufgrund der identischen Fälligkeiten unterstellen. Voraussetzung einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist aber ferner die Dokumentation der Bewertungseinheit. Nur sie gewährleistet die Verwirklichung der informatorischen Objektivierungsfunktion der Einzelbewertung. Führt die Umgehung der Bewertungseinheit aufgrund der unterlassenen Dokumentation allerdings zu einem unzutreffenden Bild und ist die Nachvollziehbarkeit des Sicherungsverbundes – wie vorliegend – auch ohne konkrete Dokumentation weitestgehend möglich, so verdrängen §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB den Einzelbewertungsgrundsatz insoweit für Zwecke der Informationsfunktion. Eine Pflicht zur Gesamtbewertung trotz fehlender Dokumentation ist die Folge. Ist also die Konkretisierungsfunktion erfüllt und damit der Kapitalerhaltungszweck sichergestellt, so gelten bei Kapitalgesellschaften über §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB reduzierte Anforderungen an die Dokumentation der Bewertungseinheit. Die Anforderungen an einen sicheren Risikoausschluss bleiben hingegen vollständig erhalten: Insbesondere muss sich die Durchhalteabsicht auch ohne hinreichende Dokumentation anhand der Struktur der verbundenen Geschäfte – z.B. aufgrund des Abschlusses von Geschäften mit identischen Fälligkeiten – nachvollziehen bzw. unterstellen lassen. Fehlt es hingegen an entsprechenden Indizien, so kann weder ein Risikoausschluss und damit die Verwirklichung der Kapitalerhaltungsfunktion angenommen werden, noch würde überhaupt eine Verzerrung des Bildes von Vermögens-, Finanz- und Ertragslage i.S.v. § 264 Abs. 2 HGB drohen. Beispiel 15: Die Sicherung der Verbindlichkeit erfolgt im obigen Fall nicht über eine fälligkeitsgleiche Forderung, sondern über einen vorhandenen Fremdwährungsbestand. Insbesondere spezielle Fälle von Makro-Hedges dürften damit von §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB erfasst sein. Bei Portfolio- und Global-Hedges wird die Bildung von Bewertungseinheiten hingegen aufgrund divergierender Fälligkeiten bzw. fehlender Homogenität weiterhin ausscheiden.

3.

Wahlrecht oder Gebot zur Bildung der Bewertungseinheit?

Hinsichtlich der konkreten Rechtsfolge leitet die herrschende Ansicht aus dem Wortlaut der Norm – nach dem in begründeten Ausnahmefällen von den

143

Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Grundsätzen des Absatz 1 abgewichen werden „darf“ – ein Wahlrecht ab.551 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Abweichung, wie hier, dem Durchsetzen der Hauptzielsetzung552 der Vierten Richtlinie dient. Verlangen die Richtlinie und § 264 Abs. 2 HGB die Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, und ist ein solches Bild über § 252 Abs. 2 HGB auch erzielbar, so ist der effizienten Durchsetzung des Einblicksgebots eine vorrangige Bedeutung beizumessen. Im Hinblick auf § 264 Abs. 2 HGB reduziert sich das Wahlrecht insofern zu einer Pflicht, nach der die entsprechenden Bewertungseinheiten zwingend zu bilden sind.553 In den nachfolgenden Geschäftsjahren wird diese Bindung durch das Stetigkeitsgebot des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB ergänzt. Über die Anwendung des § 252 Abs. 2 HGB und die damit verbundene Abweichung von den strikten Objektivierungsanforderungen des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist gem. § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB im Anhang zu informieren.554

VIII. Zwischenergebnis Eine Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten ergibt sich damit grundsätzlich sowohl aufgrund eines teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB i.V.m. einer einschränkenden Auslegung des § 252 Abs. 1 Abs. 4 1. Hs. HGB als auch im Hinblick auf die Ausnahmeregelung des § 252 Abs. 2 HGB i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB. Zu prüfen bleibt, ob dieses Ergebnis auch mit den übrigen Bilanzierungsvorschriften im Einklang steht.

551 Vgl. Jutz, BB 1990, 1515, 1520; Wenger/Kaserer/Bayer, DStR 1995, 948, 953. Im Ergebnis so auch Langenbucher, S. 144; Schmekel, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 239. 552 Vgl. EuGH, Urteil vom 27.06.1996 - Rs C-234/94 („Tomberger“), Slg. 1996, I-3145 ff = DB 1996, 1400; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 26. 553 So auch EuGH vom 14.09.1999 – Rs. C-275/97 („DE+ES Bauunternehmung GmbH“), DB 1999, 2035, 2036; Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 642. Ähnlich Finne, S. 203 der die Entscheidung, ob es sich tatsächlich um ein Wahlrecht handelt, vom jeweiligen Einzelfall abhängig machen will; Christiansen, DStZ 1995, 385, 388, der die Pflicht aus den GoB ableitet, was aber insofern widersprüchlich ist, als dann die GoB die verpflichtende Berücksichtigung des Nicht-GoB § 264 Abs. 2 HGB verlangen würden. A.A. Jutz, S. 107 f. der die Beurteilung jedoch anscheinend auf der Grundlage der Abkopplungsthese vornimmt. Ohne Bezugnahme auf § 264 Abs. 2 HGB wird eine Pflicht gleichfalls abgelehnt von Jüttner, S. 280 f. 554 Vgl. hierzu Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 153 ff.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

Grundsätzen des Absatz 1 abgewichen werden „darf“ – ein Wahlrecht ab.551 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Abweichung, wie hier, dem Durchsetzen der Hauptzielsetzung552 der Vierten Richtlinie dient. Verlangen die Richtlinie und § 264 Abs. 2 HGB die Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, und ist ein solches Bild über § 252 Abs. 2 HGB auch erzielbar, so ist der effizienten Durchsetzung des Einblicksgebots eine vorrangige Bedeutung beizumessen. Im Hinblick auf § 264 Abs. 2 HGB reduziert sich das Wahlrecht insofern zu einer Pflicht, nach der die entsprechenden Bewertungseinheiten zwingend zu bilden sind.553 In den nachfolgenden Geschäftsjahren wird diese Bindung durch das Stetigkeitsgebot des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB ergänzt. Über die Anwendung des § 252 Abs. 2 HGB und die damit verbundene Abweichung von den strikten Objektivierungsanforderungen des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist gem. § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB im Anhang zu informieren.554

VIII. Zwischenergebnis Eine Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten ergibt sich damit grundsätzlich sowohl aufgrund eines teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB i.V.m. einer einschränkenden Auslegung des § 252 Abs. 1 Abs. 4 1. Hs. HGB als auch im Hinblick auf die Ausnahmeregelung des § 252 Abs. 2 HGB i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB. Zu prüfen bleibt, ob dieses Ergebnis auch mit den übrigen Bilanzierungsvorschriften im Einklang steht.

551 Vgl. Jutz, BB 1990, 1515, 1520; Wenger/Kaserer/Bayer, DStR 1995, 948, 953. Im Ergebnis so auch Langenbucher, S. 144; Schmekel, in: Meinungsspiegel, BFuP 1995, 230, 239. 552 Vgl. EuGH, Urteil vom 27.06.1996 - Rs C-234/94 („Tomberger“), Slg. 1996, I-3145 ff = DB 1996, 1400; Staub-R. Hüttemann, § 264, Rn. 26. 553 So auch EuGH vom 14.09.1999 – Rs. C-275/97 („DE+ES Bauunternehmung GmbH“), DB 1999, 2035, 2036; Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 642. Ähnlich Finne, S. 203 der die Entscheidung, ob es sich tatsächlich um ein Wahlrecht handelt, vom jeweiligen Einzelfall abhängig machen will; Christiansen, DStZ 1995, 385, 388, der die Pflicht aus den GoB ableitet, was aber insofern widersprüchlich ist, als dann die GoB die verpflichtende Berücksichtigung des Nicht-GoB § 264 Abs. 2 HGB verlangen würden. A.A. Jutz, S. 107 f. der die Beurteilung jedoch anscheinend auf der Grundlage der Abkopplungsthese vornimmt. Ohne Bezugnahme auf § 264 Abs. 2 HGB wird eine Pflicht gleichfalls abgelehnt von Jüttner, S. 280 f. 554 Vgl. hierzu Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 153 ff.

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Vereinbarkeit mit § 253 HGB

IX. Vereinbarkeit mit § 253 HGB Zweifelhaft ist zunächst die Vereinbarkeit mit der konkretisierten555 Bewertungsvorschrift des § 253 HGB. Gegen einen Abschreibungsverzicht im Rahmen der Bewertungseinheit spricht dabei vor allem der Wortlaut der Norm, der eine generelle Abschreibungspflicht auf einen niedrigeren Tageswert suggeriert. Für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sieht § 253 Abs. 2 S. 3 HGB insoweit vor, dass im Falle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung Abschreibungen auf einen „niedrigeren beizulegenden Wert“ vorzunehmen sind. Hinsichtlich des Umlaufvermögens bestimmt § 253 Abs. 3 S. 1 HGB eine generelle Abschreibungspflicht auf einen „niedrigeren Wert […], der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt“. Entsprechendes gilt für Verbindlichkeiten und Rückstellungen im Falle negativer Kursänderungen. Würde man § 253 HGB auf den einzelnen Vermögensgegenstand oder die einzelne Schuld anwenden, so wären auch die in der Sicherungseinheit verbundenen Geschäfte an diesen Maßstäben zu messen. Hieraus würde jeweils ein eigenständiges Verlustantizipationsgebot folgen, womit die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB in der Konsequenz leer liefe. Ein solches Ergebnis erscheint allerdings kaum sachgerecht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich sowohl das Niederstwert- als auch das Höchstwertprinzip aus dem Imparitätsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB ableiten.556 Die Bewertung nach § 253 HGB hat insofern stets unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des § 252 HGB stattzufinden.557 Erscheint aber nach dem allgemeinen Imparitätsprinzip die Berücksichtigung nicht existenter Risken als nicht geboten bzw. sachwidrig,558 so kann sich auch aus dessen Konkretisierung in § 253 HGB nichts Abweichendes ergeben. Beckmann stellt zutreffend fest, dass die Niederstwertvorschrift dementsprechend so ausgelegt werden muss, dass die Erfüllung des Imparitätsprinzips gefördert und nicht eingeschränkt wird.559 Unproblematisch ist dies zunächst im Hinblick auf das Höchstwertgebot der Passivseite, da es hier an einer unmittelbaren gesetzlichen Anordnung fehlt. Speziell Rückstellungen sind darüber hinaus gem. § 253 Abs. 1 S. 2 3. Var. HGB ohnehin nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist“; die Notwendigkeit entfällt, sofern es aufgrund der Kompensation an einem Risiko fehlt, den Zwecken der Einzelbewertung also auch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Rechnung getra555 556 557 558 559

Vgl. dazu Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 253, Rn. 1, sowie 2. Teil I. 1., S. 23 ff. Vgl. dazu bereits 2. Teil I. 1. b), S. 25 f. So auch Beckmann, RIW 1993, 387, 392. MünchKommAktG-Tiedchen, § 253 HGB, Rn. 1. Vgl. hierzu 4. Teil V. 2. b), S. 87 f. Beckmann, RIW 1993, 387, 392.

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Handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten vor Inkrafttreten des BilMoG

gen ist. Entsprechendes gilt in Bezug auf den „niedrigeren beizulegenden Wert“ (§ 253 Abs. 2 S. 3 HGB), der als unbestimmter Rechtsbegriff,560 einer teleologischen Auslegung im o.g. Sinne zugänglich ist. Besteht nach der Gesamtbetrachtung kein Verlustrisiko, so ist dem Vermögensgegenstand am Abschlussstichtag auch kein niedrigerer Wert beizulegen. An seine Grenzen stößt die Auslegung allerdings beim Umlaufvermögen, dem nach § 253 Abs. 3 S. 1 HGB der niedrigere Wert beizumessen ist, „der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt“. Zwar besagt die Norm nur, dass bei Existenz eines Börsen- oder Marktpreises aus diesem der Tageswert abzuleiten ist; es ließe sich also durchaus erwägen, im Rahmen dieses Ableitungsprozesses das Sicherungsgeschäft zu berücksichtigen.561 Letztlich wird die Berücksichtigung der kompensatorischen Wirkung gegenläufiger Geschäfte sich aber wohl kaum „aus“ einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergeben.562 Weitaus überzeugender erscheint der Einwand, dass der Börsen- oder Marktpreis für gesicherte Geschäfte kein zutreffender Bewertungsmaßstab ist, bzw. sich ein solcher gar nicht erst ermitteln lässt.563 Ist nämlich aufgrund einer teleologischen Reduktion des vorgelagerten Einzelbewertungsgrundsatzes eine Gesamtbetrachtung angezeigt, so müsste auch für diese der Börsen- oder Marktpreis bestimmt werden. Dies wird regelmäßig allerdings kaum möglich sein. Nach § 253 Abs. 3 S. 2 HGB wird damit derjenige Wert relevant, „der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen“ ist. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist aber offen genug, um auch kompensatorische Effekte hinreichend zu berücksichtigen. Im Ergebnis stehen damit auch die konkretisierten Bewertungsvorschriften des § 253 HGB der kompensatorischen Bewertung nicht entgegen.

X.

Vereinbarkeit mit dem Saldierungsverbot

Zweifelhaft ist weiterhin die Vereinbarkeit mit dem Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB.564 Wie bereits ausgeführt, wird die Bildung von Bewertungseinheiten teilweise wegen Verstoßes gegen den Wortlaut dieser Norm für unzulässig erachtet.565 Zwar ist anerkannt, dass es vom Saldierungsverbot Ausnahmen gibt und dieses z.B. bei Bestehen einer – der kompensatorischen Bewertung zumindest ähnlichen – Aufrechnungslage gem. § 387 BGB durch560 Vgl. ADS, § 253, Rn. 454. 561 So der Vorschlag von Schumacher, DB 1995, 1473, 1475. 562 Ähnlich Beckmann, RIW 1993, 387, 391 hinsichtlich der „Kurssicherung“ durch einen vor dem Bilanzstichtag vereinbarten Verkaufspreis. 563 In diesem Sinne bzgl. eines vereinbarten Verkaufspreises wohl Windmöller, in: Fachtagung, S. 89, 100 f. 564 Steuerlich ist das Saldierungsverbot ohne Relevanz, weil Saldierungen in der Bilanz das Jahresergebnis nicht beeinflussen, vgl. Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 56. 565 Vgl. Nachweise in Fn. 265 unter 4. Teil V. 3. a), S. 101.

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gen ist. Entsprechendes gilt in Bezug auf den „niedrigeren beizulegenden Wert“ (§ 253 Abs. 2 S. 3 HGB), der als unbestimmter Rechtsbegriff,560 einer teleologischen Auslegung im o.g. Sinne zugänglich ist. Besteht nach der Gesamtbetrachtung kein Verlustrisiko, so ist dem Vermögensgegenstand am Abschlussstichtag auch kein niedrigerer Wert beizulegen. An seine Grenzen stößt die Auslegung allerdings beim Umlaufvermögen, dem nach § 253 Abs. 3 S. 1 HGB der niedrigere Wert beizumessen ist, „der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt“. Zwar besagt die Norm nur, dass bei Existenz eines Börsen- oder Marktpreises aus diesem der Tageswert abzuleiten ist; es ließe sich also durchaus erwägen, im Rahmen dieses Ableitungsprozesses das Sicherungsgeschäft zu berücksichtigen.561 Letztlich wird die Berücksichtigung der kompensatorischen Wirkung gegenläufiger Geschäfte sich aber wohl kaum „aus“ einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergeben.562 Weitaus überzeugender erscheint der Einwand, dass der Börsen- oder Marktpreis für gesicherte Geschäfte kein zutreffender Bewertungsmaßstab ist, bzw. sich ein solcher gar nicht erst ermitteln lässt.563 Ist nämlich aufgrund einer teleologischen Reduktion des vorgelagerten Einzelbewertungsgrundsatzes eine Gesamtbetrachtung angezeigt, so müsste auch für diese der Börsen- oder Marktpreis bestimmt werden. Dies wird regelmäßig allerdings kaum möglich sein. Nach § 253 Abs. 3 S. 2 HGB wird damit derjenige Wert relevant, „der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen“ ist. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist aber offen genug, um auch kompensatorische Effekte hinreichend zu berücksichtigen. Im Ergebnis stehen damit auch die konkretisierten Bewertungsvorschriften des § 253 HGB der kompensatorischen Bewertung nicht entgegen.

X.

Vereinbarkeit mit dem Saldierungsverbot

Zweifelhaft ist weiterhin die Vereinbarkeit mit dem Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB.564 Wie bereits ausgeführt, wird die Bildung von Bewertungseinheiten teilweise wegen Verstoßes gegen den Wortlaut dieser Norm für unzulässig erachtet.565 Zwar ist anerkannt, dass es vom Saldierungsverbot Ausnahmen gibt und dieses z.B. bei Bestehen einer – der kompensatorischen Bewertung zumindest ähnlichen – Aufrechnungslage gem. § 387 BGB durch560 Vgl. ADS, § 253, Rn. 454. 561 So der Vorschlag von Schumacher, DB 1995, 1473, 1475. 562 Ähnlich Beckmann, RIW 1993, 387, 391 hinsichtlich der „Kurssicherung“ durch einen vor dem Bilanzstichtag vereinbarten Verkaufspreis. 563 In diesem Sinne bzgl. eines vereinbarten Verkaufspreises wohl Windmöller, in: Fachtagung, S. 89, 100 f. 564 Steuerlich ist das Saldierungsverbot ohne Relevanz, weil Saldierungen in der Bilanz das Jahresergebnis nicht beeinflussen, vgl. Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 56. 565 Vgl. Nachweise in Fn. 265 unter 4. Teil V. 3. a), S. 101.

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Ergebnis der handelsrechtlichen Rechtslage

brochen wird.566 Anders als in derartigen Konstellationen fehlt es im Rahmen von Bewertungseinheiten jedoch regelmäßig an der erforderlichen Schuldneridentität.567 Auch existiert keine Öffnungsklausel i.S.v. § 252 Abs. 2 HGB, die ggf. zu abweichenden Ergebnissen führen könnte.568 Ein Verstoß gegen das Saldierungsverbot drängt sich damit auf. Eine derartige Sicht der Dinge greift jedoch zu kurz. Sie verkennt die Divergenz der betroffenen Ebenen. Die Einzelbewertung ist dem Saldierungsverbot vorgelagert. Eine Verrechnung von Posten der Aktivseite mit solchen der Passivseite und von Aufwendungen mit Erträgen kann schließlich nur dann unterlassen werden, wenn solche überhaupt abgegrenzt und bestimmt sind. Dies zu tun, ist Aufgabe der Bewertung. Bewertungseinheiten verhindern hierbei in den einschlägigen Konstellationen eine imparitätische Bewertung und sorgen so dafür, dass erst gar kein saldierbarer Ertrag oder Verlust entsteht. Das Saldierungsverbot ist von der Frage der Gesamtbewertung mithin gar nicht betroffen.569 Es berührt nicht die Ebene der Gewinnermittlung, sondern wirkt lediglich auf der Ausweisebene.570 Auch eine Verletzung von § 246 Abs. 2 HGB scheidet insofern aus.

XI. Ergebnis der handelsrechtlichen Rechtslage Die Zulässigkeit einer kompensatorischen Bewertung ergibt sich nach geltender Handelsrechtslage sowohl auf der Grundlage eines teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB als auch über die §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB. Zu beachten ist dabei grundsätzlich die Wahrung sowohl der Konkretisierungs- als auch der Objektivierungsfunktion des handelsrechtlichen Einzelbewertungsgrundsatzes. In den Jahresabschlüssen von Kapitalgesellschaften kann in Ausnahmefällen (in begrenztem Maße) von letzterer Vorgabe abgewichen werden, sofern dies erforderlich ist, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu gewährleisten. Sind die aufgestellten Kriterien erfüllt, so ergibt sich eine Pflicht zur Gesamtbewertung. Auf der Grundlage beider Rechtsgrundlagen verbleiben jedoch Gestaltungsspielräume, die es dem Bilanzierenden ermöglichen, diese Pflicht zu umgehen – was hinzunehmen ist. 566 MünchKommHGB-Ballwieser, § 246, Rn. 144; Staub-Kleindiek, § 246, Rn. 81; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 246, Rn. 40. 567 So der Einwand von Hartung, RIW 1990, 635, 641; Langel, StbJb 1979/80, 259, 325; Wlecke, S. 130 f. 568 Die Ausnahmevorschrift des § 340a Abs. 2 S. 3 HGB (vgl. dazu bereits 4. Teil Fn. 65 unter 4. Teil III. 1. a) gilt nur bereichsspezifisch und kann aufgrund seiner Spezialität auch nicht auf andere Konstellationen übertragen werden. 569 So im Ergebnis auch ADS, § 246, Rn. 458; Benne, DB 1991, 2601, 2603; Jutz, S. 104 Fn. 204. 570 Burkhardt, S. 139.

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Ergebnis der handelsrechtlichen Rechtslage

brochen wird.566 Anders als in derartigen Konstellationen fehlt es im Rahmen von Bewertungseinheiten jedoch regelmäßig an der erforderlichen Schuldneridentität.567 Auch existiert keine Öffnungsklausel i.S.v. § 252 Abs. 2 HGB, die ggf. zu abweichenden Ergebnissen führen könnte.568 Ein Verstoß gegen das Saldierungsverbot drängt sich damit auf. Eine derartige Sicht der Dinge greift jedoch zu kurz. Sie verkennt die Divergenz der betroffenen Ebenen. Die Einzelbewertung ist dem Saldierungsverbot vorgelagert. Eine Verrechnung von Posten der Aktivseite mit solchen der Passivseite und von Aufwendungen mit Erträgen kann schließlich nur dann unterlassen werden, wenn solche überhaupt abgegrenzt und bestimmt sind. Dies zu tun, ist Aufgabe der Bewertung. Bewertungseinheiten verhindern hierbei in den einschlägigen Konstellationen eine imparitätische Bewertung und sorgen so dafür, dass erst gar kein saldierbarer Ertrag oder Verlust entsteht. Das Saldierungsverbot ist von der Frage der Gesamtbewertung mithin gar nicht betroffen.569 Es berührt nicht die Ebene der Gewinnermittlung, sondern wirkt lediglich auf der Ausweisebene.570 Auch eine Verletzung von § 246 Abs. 2 HGB scheidet insofern aus.

XI. Ergebnis der handelsrechtlichen Rechtslage Die Zulässigkeit einer kompensatorischen Bewertung ergibt sich nach geltender Handelsrechtslage sowohl auf der Grundlage eines teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB als auch über die §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB. Zu beachten ist dabei grundsätzlich die Wahrung sowohl der Konkretisierungs- als auch der Objektivierungsfunktion des handelsrechtlichen Einzelbewertungsgrundsatzes. In den Jahresabschlüssen von Kapitalgesellschaften kann in Ausnahmefällen (in begrenztem Maße) von letzterer Vorgabe abgewichen werden, sofern dies erforderlich ist, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu gewährleisten. Sind die aufgestellten Kriterien erfüllt, so ergibt sich eine Pflicht zur Gesamtbewertung. Auf der Grundlage beider Rechtsgrundlagen verbleiben jedoch Gestaltungsspielräume, die es dem Bilanzierenden ermöglichen, diese Pflicht zu umgehen – was hinzunehmen ist. 566 MünchKommHGB-Ballwieser, § 246, Rn. 144; Staub-Kleindiek, § 246, Rn. 81; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 246, Rn. 40. 567 So der Einwand von Hartung, RIW 1990, 635, 641; Langel, StbJb 1979/80, 259, 325; Wlecke, S. 130 f. 568 Die Ausnahmevorschrift des § 340a Abs. 2 S. 3 HGB (vgl. dazu bereits 4. Teil Fn. 65 unter 4. Teil III. 1. a) gilt nur bereichsspezifisch und kann aufgrund seiner Spezialität auch nicht auf andere Konstellationen übertragen werden. 569 So im Ergebnis auch ADS, § 246, Rn. 458; Benne, DB 1991, 2601, 2603; Jutz, S. 104 Fn. 204. 570 Burkhardt, S. 139.

147

5. Teil: Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG Nachdem die Zulässigkeit einer Gesamtbetrachtung aus handelsbilanzieller Sicht untersucht wurde, bedarf es nunmehr einer steuerlichen Betrachtung. Für den Unternehmer ist die Bildung von Bewertungseinheiten dabei geprägt von einer gegenläufigen Interessenlage zwischen Handels- und Steuerbilanz. Während er handelsbilanziell regelmäßig an einem möglichst hohen Vermögensausweis interessiert ist, wird er für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung im Zweifel ein möglichst geringes Betriebsvermögen anstreben. Bilanzpolitisch wäre es demnach optimal, die Bildung von Bewertungseinheiten auf die handelsrechtliche Rechnungslegung zu beschränken; steuerbilanziell würde es so bei einer durchgehenden imparitätischen Behandlung verbleiben, die dem Kaufmann eine weitgehende Verlustantizipation garantiert.1 Ob ein derartiges Vorgehen jedoch auch rechtlich zulässig ist bzw. ob und in welchem Umfang Bewertungseinheiten steuerlich überhaupt gebildet werden dürfen oder müssen, gilt es nachfolgend zu klären. Ausgangspunkt der Überlegungen ist der eingangs erwähnte2 und durch das „Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ vom 28.04.20063 eingeführte § 5 Abs. 1a EStG, der explizit die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten normiert. Nach der einschlägigen Gesetzesbegründung hat jedoch auch § 5 Abs. 1a EStG nur deklaratorischen Charakter: „Die vorgeschlagene Gesetzesänderung stellt klar, dass diese handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten auch weiterhin für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich bleibt“.4 Will man diese Einschätzung bestätigt wissen und eine zutreffende Einordnung der Neuregelung ermöglichen, so bedarf es daher zunächst einer Klärung der steuerlichen Rechtslage vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 1a EStG am 01.05.2006. Bei der Untersuchung der früheren Rechtslage – auf welche die o.g. Gesetzesbegründung mit einer gewissen Selbstverständlichkeit verweist –, ergibt sich zunächst, dass es bis zur Einführung des § 5 Abs. 1a EStG an einer expliziten steuerlichen Regelung für Bewertungseinheiten fehlte. Auch wird nicht ersichtlich, dass sich in Rechtsprechung5 und Literatur eine dominierende Ansicht zur steuerlichen Zulässigkeit von Bewertungseinheiten herausgebildet 1

2 3 4 5

Ein derartiges unternehmerisches Vorgehen lag auch dem Tatbestand des Gerichtsbescheids des BFH vom 19.03.2002 (I R 87/00, nrkr., abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264 ff.) zugrunde, in dem der Kläger die handelsbilanziell gebildeten Bewertungseinheiten nicht in die Steuerbilanz übernommen hatte. Vgl. bereits § 1, S. XI ff. BGBl. I 2006, S. 1095. BT-Drucks. 16/634, S. 10. Vgl. dazu bereits die Darstellung unter § 4, S. 41 ff.

149

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

hätte. Markant ist vielmehr, dass diese Fragestellung in der fachwissenschaftlichen Diskussion der Vergangenheit insgesamt nur vergleichsweise wenig Beachtung gefunden hat. Nachfolgend sollen daher die einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften im Einzelnen untersucht werden.

I.

Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

Mangelt es an Spezialregelungen zur steuerlichen Zulässigkeit von Bewertungseinheiten, so verbleibt für die rechtliche Überprüfung nur ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des EStG. Für Gewerbetreibende, die aufgrund gesetzlicher Anordnung oder ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, normiert § 5 Abs. 1 EStG6 den sog. Grundsatz der „Maßgeblichkeit“.7 Hiernach ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres dasjenige Betriebsvermögen – i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG – anzusetzen, „das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist“. Unterschieden wird zwischen der materiellen und der formellen Maßgeblichkeit. Unter materieller Maßgeblichkeit versteht man, dass der Steuerpflichtige bei der steuerlichen Gewinnermittlung die abstrakten handelsrechtlichen Vorgaben (in Form der GoB) zu befolgen hat.8 Die formelle Maßgeblichkeit besagt, dass darüber hinaus der konkrete zulässigerweise gebildete handelsrechtliche Wertansatz für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich ist.9 Fragt man nach der generellen rechtlichen Zulässigkeit von Bewertungseinheiten, so ist diese zunächst mit Blick auf die materielle Maßgeblichkeit zu beantworten. Erst wenn die grundsätzliche Zulässigkeit bejaht worden ist, kann in Bezug auf die formelle Maßgeblichkeit geklärt werden, welche Bindung an den konkreten handelsrechtlichen Bilanzansatz besteht.

1.

Materielle Maßgeblichkeit

Die materielle Maßgeblichkeit ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 1 S. 1 EStG.10

6 Über § 8 Abs. 1 S. 1 KStG gilt diese Verweisung auch für die Bemessungsgrundlagen der Körperschaftsteuer. 7 Als spezielle Regelung geht die Norm der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 1 EStG vor, vgl. Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 27, 60. 8 Knobbe-Keuk, § 2 II 1, S. 21; Kirchhof-Crezlius, § 5, Rn. 21. Ähnlich auch Tipke/LangHey, § 17, Rn. 41; Wassermeyer, DStJG 14 (1991), S. 29, 30. 9 Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 22; Knobbe-Keuk, § 2 II 2, S. 22; Stobbe, S. 47. Ähnlich auch Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 41; Wassermeyer, DStJG 14 (1991), S. 29, 30. 10 Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 21; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 61; Küting/Weber-Herzig, Kap 3, Rn. 5.

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Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

a)

Anwendungsbereich der materiellen Maßgeblichkeit

Voraussetzung für einen Rückgriff auf den materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatz ist zunächst, dass das Konstrukt der Bewertungseinheit überhaupt von dessen Anwendungsbereich umfasst wird. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG regelt, welches Betriebsvermögen für Zwecke des Betriebsvermögensvergleichs gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG „anzusetzen“ ist. Versteht man den Begriff des „Ansatzes“ hier – wie in den Überschriften zu § 246 und § 252 HGB – als begriffliche Abgrenzung zur „Bewertung“, so liegt es nahe, den Wirkungskreis der Vorschrift auf reine Bilanzansatzfragen zu begrenzen.11 aa)

Bewertungseinheit als Ansatz- oder Bewertungsfrage

Fraglich ist, wie sich dies auf die kompensatorische Bewertung auswirken würde. Bei der Bildung von Bewertungseinheiten bleibt der bilanzielle Ausweis der einzelnen Positionen grundsätzlich erhalten; verzichtet wird hier lediglich auf eine Verlustantizipation im Rahmen des Imparitätsprinzips. Die Gesamtbetrachtung qualifiziert sich damit primär als eine Frage der Bewertung. Hinsichtlich bereits bilanzierter Vermögensgegenstände und Schulden, bei denen im Rahmen der Gesamtbetrachtung lediglich auf wertberichtigende Abschreibungen bzw. Zuschreibungen verzichtet wird, ist dies offenkundig. Aber auch bzgl. der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gilt nichts anderes.12 Zwar wird eine derartige Beurteilung problematisch, wenn potentielle Drohverlustrückstellungen aufgrund gegenläufiger Gewinnerwartungen (in mindestens gleicher Höhe) insgesamt nicht zu bilden sind. Beispiel 16: Die X-AG hat eine zum 01.03.2009 fällige Fremdwährungsforderung i.H.v. 15 Mio. US-$ (Anschaffungskurs 1 €/1,5 $) per Termin zum glei11 Tanzer, DStJG 7 (1984), S. 55, 78. Abgelehnt wird eine Anwendung der Maßgeblichkeit auf Bewertungsfragen im Ergebnis auch von BFH vom 12.06.1978 – GrS 1/77, BStBl. II 1978, 620, 625 (jedoch wohl aufgegeben durch BFH vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830, 833 indem dort mangels steuerrechtlicher Definition auf den handelsrechtlichen Herstellungskostenbegriff zurückgegriffen und folglich handelsrechtliche Bewertungsmaßstäbe in das Steuerrecht importiert wurden, vgl. auch BFH vom 17.10.2001 – I R 32/00, BStBl. 2002, 349, 349); Ahmann, in: FS Schmidt, S. 269, 285; Döllerer, BB 1969, 1445, 1448; Schulze-Osterloh, FR 1986, 545, 548 ff.; Sauer, DB 1987, 2369, 2369 und Kirchhof-Fischer, § 6, Rn. 6, der allerdings in Rn. 4 vorsieht, die handelsrechtlichen GoB kraft des Maßgeblichkeitsprinzips zur „Lückenfüllung“ heranzuziehen. 12 Die steuerliche Relevanz dieser Frage war in jüngerer Zeit eher begrenzt, da § 5 Abs. 4a EStG (eingeführt im Zuge des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997, BT-Drucks. 13/8325) die Bildung von Drohverlustrückstellungen für steuerliche Zwecke ab dem Veranlagungszeitraum 1997 gänzlich untersagte. Durch die Neueinführung des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ist den Drohverlustrückstellungen nunmehr erneut eine steuerliche Bedeutung eingeräumt worden.

151

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

chen Tag und Kurs verkauft. Steigt zum Bilanzstichtag 31.12.2008 der Dollarkurs, so droht aus dem Termingeschäft ein Verlust, welcher gem. § 249 Abs. 1 2. Hs. HGB grundsätzlich im Wege einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen wäre. Aufgrund der gegenläufigen – betragsmäßig identischen – Gewinnerwartung aus der Forderung hat die Bildung der Drohverlustrückstellung jedoch vorliegend handelsrechtlich insgesamt zu unterbleiben. Muss die Rückstellung vorliegend insgesamt nicht gebildet werden, so hat die Berücksichtigung des kompensatorischen Effekts auch Auswirkungen auf den Bilanzansatz i.S.v. § 246 Abs. 1 HGB. Letztendlich ist aber auch dies nur eine bewertungstechnische Konsequenz. Nach § 253 Abs. 1 S. 2 1. Hs. 3. Var. HGB sind Rückstellungen in Höhe des Betrages anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Wird der drohende Verlust aus einem schwebenden Geschäft teilweise durch gegenläufige Geschäfte ausgeschlossen, ist dies bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen; der Rückstellungsbetrag reduziert sich entsprechend. Erfolgt die Kompensation zu 100 v.H. oder mehr, so ist der drohende Verlust gänzlich ausgeschlossen. Würde die gegenläufige Gewinnerwartung hingegen betragsmäßig geringer ausfallen, so müsste die Drohverlustrückstellung weiterhin – in reduzierter Höhe – gebildet werden. Beispiel 17: Die X-AG hat bei der britischen Z-Ltd. die Lieferung von Maschinen zum Preis von 100 Mio. Pfund in Auftrag gegeben. Liefer- und Zahlungszeitpunkt soll der 31.06.2009 sein. Zur Absicherung gegen einen steigenden Pfundkurs verschafft sich die X-AG zeitgleich mit der Bestellung Devisen in Höhe von 90 Mio. Pfund. Steigt nun der Pfundkurs, so droht aus dem schwebenden Geschäft mit der Z ein Verlust. Dieser wird jedoch i.H.v. 90 % durch Wertsteigerungen beim Devisenbestand kompensiert. In Höhe von 10 % ist der drohende Verlust weiterhin in Form einer Rückstellung zu bilanzieren. Das Beispiel verdeutlicht, dass es sich bei der Berücksichtigung kompensatorischer Effekte nicht um ein Ansatzproblem handelt. Die grundlegende Klassifizierung der Bewertungseinheiten als Ansatz- oder Bewertungsinstrumente kann nicht davon abhängen, in welcher betragsmäßigen Höhe das Deckungsgeschäft im konkreten Fall eingegangen wurde. Konsequenzen für den Ansatz ergeben sich vielmehr nur als mittelbare Folge einer Null-Bewertung von Drohverlustrückstellungen. Bei der „kompensatorischen Bewertung“ handelt es sich folgerichtig insgesamt um eine Bewertungsproblematik,13 die nach den 13 Hinweise auf die sachliche Einordnung der Bewertungseinheit als Bewertungsfrage finden sich auch bei Hahne, BB 2006, 2291, 2293; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774; Schiffers, DStZ 2006, 400, 401.

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Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

obigen Überlegungen vom Anwendungsbereich der materiellen Maßgeblichkeit ausgenommen wäre. bb)

Maßgeblichkeit auch für Bewertungsfragen?

Zweifelhaft ist aber, ob eine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1 S. 1 EStG tatsächlich sachgerecht ist. Allein der oben getroffene Vergleich mit den Begrifflichkeiten des HGB vermag ein solches Ergebnis noch nicht zu rechtfertigen. Zum einen ist der Begriff des „Ansatzes“ in seiner Bedeutung nicht eindeutig und kann genauso gut im Sinne eines „Ansatzes dem Grunde und der Höhe nach“ verstanden werden.14 Zum anderen weist Wassermeyer zu Recht darauf hin, dass man eine Norm des Jahres 1934 nicht an der Begriffsschärfe des heutigen HGB messen darf.15 Tanzer unterstützt die einschränkende grammatikalische Auslegung des § 5 Abs. 1 EStG allerdings mit dem Hinweis auf das EStG 1925.16 Während die GoB dort noch auf den dynamischen Gewinn bezogen gewesen seien,17 bestehe seit dem EStG 1934 ein Bezug auf den jeweils statischen Vermögensausweis.18 Auch die systematisch gesonderte Stellung der steuerlichen Bewertungsregeln in § 6 EStG untermauerten dieses Ergebnis.19 Auch diese Argumentation vermag in ihrer Summe nicht zu überzeugen. Gleich dem aktuellen EStG differenzierte auch das EStG 1925 zwischen der „Maßgeblichkeit“ in § 13 und besonderen Bewertungsvorschriften in den §§ 16 Abs. 2-4, 19 und 20. Wäre die Reduktion der Maßgeblichkeit tatsächlich in dem beschriebenen Systemwechsel ab dem EStG 1934 begründet, so lässt sich die Qualifikation als reine Ansatzvorschrift nicht gleichzeitig auf die gesonderte Stellung steuerlicher Bewertungsvorschriften stützen – diese war schließlich bereits im EStG 1925 enthalten. Hinzu kommt, dass auch der historische Gesetzgeber die speziellen Vorschriften der §§ 16 Abs. 2-4, 19 und 20 EStG 1925 nicht als abschließende Bewertungsvorschriften betrachtete. Vielmehr ging er davon aus, dass die steuerlichen Bewertungsvorschriften den bewertungstechnischen Spielraum der GoB „einschränkten“, d.h. nicht verdrängten, und die vorhandene Geltung der GoB damit lediglich in ihrer Reichweite reduzierten. Ziel der Änderungen im Rahmen des EStG 1934 war 14 So der Finanzausschuss des Bundestages, BT-Drucks. 11/5970, S. 36. Ähnlich Sarrazin, in: Mellwig, S. 145, 146 f.; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 206, der darauf hinweist, dass jeder Steuerbilanzansatz eine Bewertung voraussetzt. 15 Wassermeyer, DStJG 14 (1991), 29, 39. 16 EStG vom 10.08.1925, RGBl I S. 189. 17 § 13 des EStG 1925 lautete: „… ist der Gewinn der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung für den Schluss des Steuerabschnitts ermittelte Überschuß des Betriebsvermögens über das Betriebsvermögen, das am Schlusse des vorangegangenen Steuerabschnitts der Veranlagung zugrunde gelegen hat“. 18 Tanzer, DStJG 7 (1984), S. 55, 78. 19 Tanzer, DStJG 7 (1984), S. 55, 78.

153

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

es, diese Einschränkung abzumildern, um die ursprüngliche Zielsetzung der Einheitsbilanz zu erreichen;20 die bewertungstechnische Funktion des Maßgeblichkeitsgrundsatzes sollte folglich nicht nur erhalten bleiben, sondern sogar eine Stärkung erfahren.21 Sowohl der systematische Verweis auf die Absonderung der steuerlichen Bewertungsvorschriften als auch der unterstellte Systemwechsel stehen damit im Widerspruch zu den Leitmotiven des Gesetzgebers von 1934. Auch im Rahmen des ESt-Änderungsgesetzes aus 1969 ist der Gesetzgeber nicht von diesen Überlegungen abgewichen. Zwar erachtet Tanzer die Ausführungen der Gesetzesbegründung22 als Beleg für eine deutliche Emanzipation der Bewertungsvorschriften vom Maßgeblichkeitsgrundsatz.23 Unbeachtet lässt er aber die unmittelbar nachfolgende Feststellung, dass „handelsrechtliche Bewertungsvorschriften nur insoweit gelten, als das Steuerrecht keine andere Bewertung vorschreibt“. Und auch an anderer Stelle hat der Gesetzgeber ähnliche Überlegungen geäußert, indem er explizit auf die Bedeutung des § 5 Abs. 1 EStG auch für Fragen der Bewertung hinwies.24 Die generelle Geltung

20 In der Gesetzesbegründung zum EStG 1934 hieß es dazu: „Der Spielraum, den die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dem Kaufmann für die Gewinnberechnung, insbesondere bei der Bewertung, gewähren, wurde durch die Bewertungsvorschriften des EStG 1925 stark eingeschränkt. […] Da diese Bewertungsvorschriften befolgt werden mussten, mussten regelmäßig die Handelsbilanzen weitgehend verändert werden, so dass der ursprüngliche Gedanke, bei buchführenden Kaufleuten möglichst auf die Handelsbilanz abzustellen, meist nicht verwirklicht wurde.“, vgl. RStBl. 1935, 33, 37. 21 A.A. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Werndl, § 6, Rn. A 206, der unter Hinweis auf Tanzer, DStJG 7 (1984), 55, 78 davon ausgeht, dass mit der Regelung keine intensivere Bindung des Steuerrechts an das Handelsrecht wurde, sondern das Steuerrecht sich inhaltlich weitgehend an den damaligen GoB angepasst habe. Diese Überlegung ist aber kaum geeignet, eine Anwendbarkeit der Maßgeblichkeit auch auf Bewertungsfragen zu widerlegen. Entscheidend zu beachten ist vielmehr die gesetzgeberische Intention, eine weitgehende Einheitsbilanz zu ermöglichen. Die von Tanzer vertretene bewusste Loslösung des Steuerrechts erscheint vor diesem Hintergrund kaum überzeugend. Der Gesetzgeber hat insofern nicht das Steuerrecht den GoB „angepasst“, sondern die steuerlichen Vorbehalte vielmehr bis auf ein Mindestmaß reduziert. 22 BT-Drucks. V/3187, S. 3. 23 Tanzer, DStJG 7 (1984), S. 55, 79, der sich dabei auf folgende Passage bezieht: „Der Inhalt des § 5 EStG ist also – auf eine Formel gebracht – wie folgt zu verstehen: Was zu bewerten ist, d.h., ob ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut vorhanden ist, bestimmen die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung; wie ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut zu bewerten ist, entscheidet sich nach Steuerrecht“ ; so auch Ahmann, in: FS Schmidt, S. 269, 285. 24 BT-Drucks. 11/5970, S. 36 „Würden Ansatz- und Bewertungswahlrechte im neuen Satz 2 gesondert erwähnt, könnte daraus geschlossen werden, dass in Satz 1 nur der Ansatz dem Grunde und nicht auch der Höhe nach gemeint ist.“ Vgl. hierzu auch Wassermeyer, DStJG 14 (1991), 29, 39.

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Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

des § 5 Abs. 1 EStG auch für Bewertungszwecke kann hiernach nicht in Abrede gestellt werden.25 Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang gleichfalls § 5 Abs. 6 EStG („Bewertungsvorbehalt“). Die Norm verweist auf § 6 EStG, indem sie u.a. anordnet, dass die Vorschriften über die Bewertung zu befolgen sind.26 Auf den ersten Blick scheint sie damit eine strikte Trennung zwischen Ansatz- und Bewertungsvorschriften zu manifestieren.27 Bei genauerer systematischer Betrachtung ist der Verweis auf die Vorschriften über die Bewertung jedoch ein Beleg für das hier vorhandene Spezialitäts-Generalitätsverhältnis und damit für die grundsätzliche bewertungstechnische Relevanz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG. So macht der besondere Hinweis auf die Bewertungsvorschriften nämlich nur insoweit Sinn, als im Verhältnis zur generellen Norm des § 5 Abs. 1 EStG steuerrechtliche Besonderheiten bestehen.28 Wäre § 5 Abs. 1 S. 1 EStG für Fragen der Bewertung ohnehin nicht einschlägig, so wäre die Anwendung des § 6 EStG selbsterklärend und für einen diesbezüglichen Verweis bestünde kein Bedürfnis. Gestützt wird diese Feststellung auch durch die Bestrebungen des Gesetzgebers, die – primär Bewertungsfragen betreffende – Bilanzrichtlinie steuerneutral in das deutsche Recht umzusetzen.29 Werndl30 führt dazu zutreffend aus, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit auch in Bewertungsfragen „nachgerade zu einer Leitlinie des BiRiLiG erhoben worden“ ist. Dies wäre gerade nicht notwendig gewesen, wenn keine diesbezügliche Maßgeblichkeit angenommen worden wäre.31 Letztendlich korrespondiert auch der historische Telos des § 6 EStG mit dieser Einschätzung. Ursprünglicher Hintergrund dieser bereits im EStG 1925 und 1934 – mit modifiziertem Wortlaut – enthaltenen Regelung war, dass im damaligen Handelsrecht noch keine detaillierten Bewertungsvorschriften kodifiziert waren und daher Unterbewertungen in der Handelsbilanz teilweise zulässig waren.32 Solche Spielräume sollten durch den Bewertungsvorbehalt und durch steuerliche Spezialvorschriften ausgeschlossen,33 nicht aber die Geltung handelsrechtlicher Regelungen in Bewertungsfragen gänzlich ausgeschlossen

25 A.A. Ahmann, in: FS Schmidt, S. 269, 285, die davon ausgeht, dass solchen Äußerungen während des Gesetzgebungsverfahrens keine Bedeutung zukommt, solange diese Vorstellung keinen Eingang in den Wortlaut der Steuergesetze gefunden hat. 26 Vgl. H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 48. 27 So Sauer, DB 1987, 2369, 2369. 28 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Werndl, § 6, Rn. A 208. 29 Vgl. dazu nachfolgend unter 5. Teil I. 1. b) bb), S. 157 ff. 30 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Werndl, § 6, Rn. A 209; vgl. auch Beisse, BB 1990, 2007, 2010. 31 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Werndl, § 6, Rn. A 209. 32 Vgl. H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 48. 33 H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 48; Vogt, S. 104 f.

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Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

werden.34 Dies wäre auch wenig zweckmäßig, da das bilanzsteuerliche Bewertungsrecht lückenhaft ist35 und daher wohl kaum ohne Rückgriff auf die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften auskommen würde. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass sich die materielle Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG – zumindest subsidiär – auch auf die Bewertung erstreckt.36 Die hier diskutierten Bewertungseinheiten sind mithin vom Anwendungsbereich der Norm erfasst. b)

Rechtsfolge

In der Konsequenz orientiert sich die Bewertung, d.h. auch die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten, damit primär an der Anordnung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG. Normierter Bewertungsmaßstab sind hierbei die „handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“. Zwar mangelt es dem Gesetz an einer konkreten Abgrenzung zur Reichweite dieser Verweisung. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass die Verweisung des § 5 Abs. 1 S. 1 HGB sowohl die handelsrechtlich kodifizierten als auch die nicht kodifizierten GoB umfasst, welche über §§ 238 Abs. 1 und § 243 Abs. 1 HGB Wirkung entfalten.37 aa)

Bewertungseinheiten bei teleologischer Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB

Zu den kodifizierten GoB gehören neben dem Imparitätsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB auch der Grundsatz der Einzelbewertung gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, welcher in seiner teleologisch reduzierten Form unter den o.g. Voraussetzungen zur bilanziellen Bildung von Bewertungseinheiten verpflichtet. Über die materielle Maßgeblichkeit erhält diese handelsrechtliche Anordnung auch eine steuerliche Relevanz. Das aus § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB resultierende handelsrechtliche Gebot zur Bildung von Bewertungseinheiten

34 Vgl. auch RT-Drucks. 1924/25, Bd. 400, Rn. 794. 35 Kirchhof-Fischer, § 6, Rn. 4; Weber-Grellet, DB 1994, 2405, 2405. 36 So auch BFH vom 12.03.1964 – IV 456/61 U, BStBl. III 1964, 525, 526; vom 15.07.1998 – I R 24/96, BStBl. II 1998, 728, 730; Bordewin, DStR 1988, 668, 669; BeckBilKomm-Förschle, § 243, Rn. 111, 119; Küting/Weber-Herzig, Kap 3, Rn. 8; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 121; Knobbe-Keuk, § 2 II, S. 21; Kort, FR 2001, 53, 57; Rau, DB 1969, 676, 677; K. Schäfer, DStZ 1991, 430, 431; Söffing, DB 1988, 241, 241; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 86, 2102 ff. und § 6, Rn. 47; Wassermeyer, DStJG 14 (1991), 29, 38 f.; Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 35. Nunmehr ebenfalls Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 186; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 332. 37 Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2 Rn. 17; Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 32; BeckBilKommFörschle, § 243, Rn. 111; Hennrichs, StuW 1999, 138, 140 f.; Littmann/Bitz/PustHoffmann, §§ 4, 5, Rn. 327; Schulze-Osterloh, ZGR 2000, 594, 596; ders., StuW 1989, 242, 247; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 101; Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 29. Einschränkend allerdings Weber-Grellet, StbJb 1994/95, 91, 103 (Fn. 17); ders., BB 1999, 2659, 2660 (Fn. 12), der nur die obere Normschicht als maßgeblich erachtet. Gegen eine solche einschränkende Auslegung explizit Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 206.

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Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

ist damit grundsätzlich auch im Rahmen der Steuerbilanz zu beachten.38 Es besteht hier gleichfalls die Pflicht zur Vornahme einer entsprechenden Gesamtbetrachtung. bb)

Bewertungseinheiten gem. §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB

Fraglich ist hingegen, wie es sich mit solchen Bewertungseinheiten verhält, die durch die Ausnahmeregelung des § 252 Abs. 2 i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB gerechtfertigt werden.39 Zu beachten ist hierbei, dass zumindest die über § 252 Abs. 2 HGB wirkende Regelung des § 264 Abs. 2 HGB mangels Rechtsformneutralität keinen GoB darstellt.40 Finden solche Bewertungseinheiten ihre Rechtfertigung aber nicht in den GoB, sondern im sonstigen Handelsrecht, so ist ihre steuerliche Zulässigkeit zweifelhaft. Dies gilt vor allem dann, wenn man § 5 Abs. 1 S. 1 EStG wörtlich versteht und damit ausschließlich auf die kodifizierten und nicht kodifizierten GoB bezieht.41 Ein enges Verständnis der Maßgeblichkeitsvorschrift wird teilweise auch damit begründet, dass andernfalls auch Regelungen erfasst würden, die nur mit handelsrechtlichen Zwecken zu erklären sind und Besteuerungsprinzipien zuwiderlaufen.42 Nur die handelsrechtlichen GoB seien daher verbindlich – nicht jede einzelne handelsrechtliche Regelung, nicht die Vorschriften des HGB in ihrer Gesamtheit und auch nicht die Handelsbilanz.43 Folgt man dieser Interpretation, so wären die nach § 252 Abs. 2 i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB bzw. gem. § 340h HGB gebildeten Bewertungseinheiten – mangels steuerlicher Wirksamkeit der Normen – nicht auf die Steuerbilanz übertragbar. Allerdings vermag zumindest ein wörtliches Verständnis des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG nicht zu überzeugen. In der Konsequenz würde es bedeuten, dass eine steuerliche Bindung an das kodifizierte Handelsrecht nur insoweit bestünde, 38 39 40 41

Ähnlich auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a. Vgl. hierzu 4. Teil VII., S. 138 ff. Vgl. hierzu bereits 4. Teil IV. 1., S. 68 ff. So Ballwieser, BFuP 1990, 477, 479 f.; Dörfler/Adrian, DB 2008, Beilage 1, 44, 46; Beck HdR-Dziadkowski/Henselmann, B 120 Rn. 51; Pyszka, DStR 1996, 809, 811; Schulze-Osterloh, StuW 1991, 284, 285; Schulze-Osterloh, ZGR 2000, 594, 595 f.; ders., DStZ 1997, 281, 285; Weber-Grellet, DB 1994, 2405, 2405. 42 So z.B. Ansatz- und Bewertungswahlrechte wie § 249 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 HGB und § 255 Abs. 2 S. 3, Abs. 4 HGB, die eingeräumt werden, um dem Kaufmann einen Spielraum für Maßnahmen der Bilanzpolitik zu verschaffen, vgl. Schulze-Osterloh, StuW 1989, 242, 248. 43 Weber-Grellet, BB 1999, 2659, 2659 f.; Weber-Grellet, StbJb 1994/95, S. 97, 103; ders., DB 1997, 385, 385; anders noch Schmidt-Weber-Grellet (13. Auflage, 1994), § 5, Anm. 9 b und d. Ähnlich auch H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 101 f.; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 327 und BFH vom 13.06.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928, 929 der gleichfalls eine Bezugnahme auf die konkret erstellte Handelsbilanz ausschließt, aber nicht zu erkennen gibt, ob er damit auch eine Bezugnahme auf andere Vorschriften des HGB für ausgeschlossen erachtet.

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Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

als die Gesetzesnormen GoB aussprechen.44 Hüffer betrachtet dies als Widerspruch zum öffentlich-rechtlichen Charakter des Handelsbilanzrechts.45 Auch ist eine solche Interpretation deshalb „schlichtweg unhaltbar“, weil sie dem BFH die Entscheidung überließe, inwieweit er an das Gesetz gebunden sein möchte; die Regelungen des HGB können aber nicht durch den BFH, sondern nur durch den Gesetzgeber selbst für das Steuerrecht außer Kraft gesetzt werden.46 Darüber hinaus zielt die Qualifikation einzelner Bestimmungen des HGB als GoB-widrig letztendlich auf das Steuerrecht ab und wäre richtigerweise dort zu regeln.47 Eine Beschränkung der materiellen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 HGB nur auf GoB scheidet insofern aus. Offen bleibt damit allerdings weiterhin die konkrete Reichweite der Verweisung. Ein Teil der Autoren erachtet es in diesem Zusammenhang als kaum einsichtig, dass Vorschriften des HGB handelsrechtlich GoB-widrig sein sollen – man sollte vielmehr annehmen, dass das gesetzte Handelsrecht gleichsam per se Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung statuierte.48 Die Verweisung in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auf den unbestimmten Rechtsbegriff der „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ müsse daher als Verweisung auf das gesamte Normensystem des HGB verstanden werden.49 Eine solche Beurteilung würde den Schluss zulassen, dass auch § 264 Abs. 2 HGB von der Maßgeblichkeit erfasst wäre.50 Je nach Verständnis des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift würde sich damit ein rechtsformübergreifender51 bzw. auf Kapitalgesellschaften beschränkter52 Einfluss des Einblicksgebots auf die Steuerbilanz ergeben.53

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So im Ergebnis Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 28. Staub-Hüffer, Anh. § 243, Rn. 4. Staub-Hüffer, Anh. § 243, Rn. 4. Hennrichs, StuW 1999, 138, 141; vgl. auch Mathiak, in: FS Beisse, S. 323, 332 ff. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5, Rn. A 382. Genauso Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 206; Hennrichs, StuW 1999, 138, 141; Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 61, die aber insofern inkonsequent sind, als sie dennoch allesamt eine Übertragung des § 264 Abs. 2 HGB auf die Steuerbilanz im Ergebnis ablehnen. A.A. Ballwieser, in: FS Budde, S. 43, 47 ff, 64, der die Wahlrechte zur Bewertung nicht als GoB klassifizieren will. So auch Schön, in: FS Flick, S. 573, 579 f.; ders., StuW 1995, 366, 374 f.; Mathiak, in: FS Beisse, S. 323, 325 ff.; Stobbe, S. 76 f.; Crezelius, § 8, Rn. 4; Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1626; Beisse, DStZ 1998, 310, 314. Vgl. dazu bereits die Nachweise in Fn. 49, sowie die nachfolgende Diskussion. Diejenigen, die das Einblicksgebot als GoB verstehen, werden seine steuerliche Gültigkeit über § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ohnehin bejahen, vgl. Clausen, in: FS Goerdeler, S. 79, 89, der das Einblicksgebot als den „wichtigsten GoB“ bezeichnet. So Vorlagebeschluss des FG Hamburg vom 22.04.1999 – II 23/97, EFG 1999, 1022 ff.; Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 73 (anders in § 17, Rn. 61); Schön, S. 190; Groh, DStR 1996, 1206, 1209; Herlinghaus, IStR 1997, 529, 538; Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1626; Schulze-Osterloh, ZGR 1995, 170, 176 f., der nunmehr von dieser Ansicht abgewichen ist, vgl. DStZ 1997, 281, 286. Vgl. auch bereits 4. Teil Fn. 121. So die hier vertretene Auffassung vgl. 4. Teil IV. 1., S. 68 ff.

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Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man den Eindruck gewinnen, dass auch der EuGH diese Einschätzung teilt, indem er in den Urteilen „DE+ES Bauunternehmung GmbH“54 sowie „BIAO“55 Rechtsfragen entschied, die letztendlich aus der Steuerbilanz resultierten.56 Weitgehend wird daraus die Kernthese abgeleitet, dass über die Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG die Vierte Richtlinie auch für die steuerliche Gewinnermittlung verbindlich werde.57 Letzterem kann jedoch nicht gefolgt werden. Mit dem Urteil in der Rechtssache „BIAO“ trifft der EuGH keine Entscheidung über die Auslegung des deutschen Steuerrechts. Er stellt lediglich klar, dass er sich – auch bei nur mittelbarer Betroffenheit der Richtlinie aufgrund einer Verweisung im nationalen Recht – gehalten sieht, über Vorabentscheidungsersuchen zu befinden; etwas anderes gilt nur dann, wenn er „offensichtlich in Wirklichkeit dazu veranlasst werden soll, über einen konstruierten Rechtsstreit zu entscheiden oder Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben“.58 Zwar hat er die geforderte Ernsthaftigkeit des Ersuchens in der vorgelegten Frage nicht ausgeschlossen,59 was die o.g. Stimmen zum Anlass nehmen, dem EuGH eine materiell-rechtliche Entscheidung zu unterstellen. Eindeutig weist das Gericht jedoch darauf hin, dass es nach Art. 234 EG60 allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts bleibt, die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung sowie die Erheblichkeit der vom EuGH vorgelegten Fragen zu beurteilen.61 Schön weist insofern zutreffend darauf hin, dass der EuGH diesbezüglich keine eigene Entscheidung getroffen hat, sondern die Angaben des vorlegenden Gerichts62 übernimmt.63 Dieses kann Sachverhalte vorlegen, 53 Ohne Stellungnahme zum Anwendungsbereich kommen zum gleichen Ergebnis auch FG Köln, Vorlagebeschluss vom 16.07.1997 – 13 K 812/97, EFG 1997, 1166 f.; Schön, in: FS Flick, S. 573, 579 ff; Meilicke, BB 1992, 969, 971; Streck/Olgemöller, DStR 1993, 417, 423; Döllerer, ZHR 157 (1993), 349, 351. 54 EuGH vom 14.09.1999, Rs. C-275/97, DB 1999, 2035 ff.. 55 EuGH vom 07.01.2003, Rs. C-306/99, DStR 2003, 95 ff. 56 Dies gilt hinsichtlich der „BIAO“-Entscheidung nur mittelbar. Fraglich war hier die Höhe des Gewerbeertrages, für den allerdings nach § 7 Abs. 1 S. 1 GewStG auf die einkommen- bzw. körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung gem. §§ 4 ff. EStG verwiesen wird. 57 De Weerth, RIW 2003, 460, 460 ff.; Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 19; Scheffler, StuB 2003, 298, 300 f.; Schütz, DB 2003, 688, 689 f. 58 EuGH vom 07.01.2003, Rs. C-306/99, Tz. 89. 59 EuGH vom 07.01.2003, Rs. C-306/99, Tz. 90. In der Entscheidung vom 14.09.1999, Rs. C-275/97 fehlt es hingegen an näheren Ausführungen zur Zuständigkeit. 60 Ehemals Art. 177 EG. 61 EuGH vom 07.01.2003, Rs. C-306/99, Tz. 88. 62 Vgl. dazu Vorlagebeschluss des FG Hamburg vom 22.04.1999 – II 23/97, EFG 1999, 1022 ff. 63 Schön, S. 189, der jedoch im Ergebnis gleichfalls von einer richtlinienkonformen Auslegung des gesamten Handelsbilanzrechts ausgeht, selbst dann, wenn es im Rahmen des

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wenn es eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts für geboten erachtet, muss es aber nicht.64 Im Ergebnis kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass der EuGH sich zum materiell-rechtlichen Verhältnis des deutschen Steuerbilanzrechts zur Bilanzrichtlinie äußern wollte; aufgrund der rein prozessualen Situation könnte er dies auch gar nicht.65 Die Entscheidungen des EuGH haben für die hier aufgeworfene Rechtsfrage damit keine Aussagekraft. Und auch die Vierte Richtlinie selbst bietet keine Anhaltspunkte für eine inhaltliche Erstreckung auf das nationale Steuerrecht. Die EGBilanzrichtlinie dient ausschließlich der Angleichung des Gesellschaftsrechts der Mitgliedstaaten – sie ist in ihrem sachlichen Anwendungsbereich mithin eine rein gesellschaftsrechtliche Richtlinie,66 während es steuerrechtlich weitestgehend an einer europäischen Harmonisierung fehlt. Eine Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung könnte sich allerdings aus nationalem Recht ergeben. So ist der weiten Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG zuzugeben, dass der Maßgeblichkeit historisch gesehen eine Bezugnahme auf sämtliche handelsrechtliche Regelungen zugrunde lag. Die Vorgängervorschriften der heutigen Regelung im Bremischen67 bzw. Sächsischen68 EStG enthielten dabei Verweisungen auf die „ordnungsgemäß aufgestellte Jahresbilanz“ bzw. die Grundsätze, die „durch das Handelsgesetzbuch vorgeschrieben sind“.69 Inhaltlich wollte das EStG 1925 von dieser Anknüpfung nicht abweichen, als es erstmalig die bis heute geltende Wendung „nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“ einführte.70 Auch war der historische Gesetzgeber sowohl hinsichtlich § 13 EStG 192571 als auch bezüglich § 5 EStG 193472 der Ansicht, dass die Steuerbilanz sich grundsätzlich an die Handelsbilanz anschließen solle. Zwar normierte er steuerliche Spezialvorschriften, um handelsrechtliche Bewertungsspielräume einzuschränken; eine Differenzierung innerhalb des Handelsrechts, auf das verwiesen wird, erfolgte aber nicht. Historisch gesehen, spricht mithin vieles für eine umfassende Ver-

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Steuerbilanzrechts angewendet wird, vgl. S. 190. Genauso Weber-Grellet, DStR 2003, 69, 69; Bärenz, IStR 2002, 24, 24 f. Weber-Grellet, DStR 2003, 69, 69. Schön, S. 189. Hennrichs, StuW 1999, 138, 149. § 5 Abs. 3 des Bremischen EStG vom 17.12.1874. § 22 des Sächsischen EStG vom 22.12.1874. Zur Rechtsentwicklung des Maßgeblichkeitsprinzips vgl. H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 71 ff.; Mathiak, in: FS Beisse, 323, 326 ff. RT-Drucks. 1924/25, 795, S. 46. vgl. dazu auch Hennrichs, StuW 1999, 138, 140 sowie Blümich/Schachian, EStG 1925, § 13, Tz. 6, die den GoB-Verweis in § 13 EStG 1925 so verstehen, dass es nicht genügt, dass die Buchführung nur formell in Ordnung ist; sie müsse auch materiell richtig sein. Vgl. RT-Drucks. 1924/25, 795, S. 46. vgl. RStBl. 1935, 33, 37.

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Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

weisung in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, die auch § 264 Abs. 2 HGB mit umfassen würde. Bedenken gegen die weite Interpretation ergeben sich allerdings insoweit, als sowohl der Gesetzgeber des EStG 1925 als auch der des EStG 1933 von einem einheitlichen Handelsrecht für sämtliche Kaufleute ausgehen durfte – und auch wohl ausgegangen ist.73 Die im heutigen HGB enthaltenen rechtsformund branchenspezifischen Differenzierungen bei den Ansatz- und Bewertungsvorschriften resultieren hingegen aus dem BiRiLiG vom 19.12.198574 bzw. dem BaBiRiLG vom 30.11.199075 und können damit beim historischen Gesetzgeber des EStG 1934 keine Berücksichtigung gefunden haben. Aussagekräftiger als der Wille des Gesetzgebers des EStG 1934 ist damit der Wille des BiRiLiG-Gesetzgebers. Bereits der Regierungsentwurf zum BiRiLiG betonte das Interesse des Gesetzgebers an einer steuerneutralen Umsetzung der Richtlinie.76 Eine solche sei „wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur möglich, wenn gewährleistet ist, dass die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung […] für alle bilanzierenden Kaufleute den gleichen Inhalt haben“.77 Erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist es – aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses78 – zu einer Aufspaltung der Regelungsmaterie gekommen. Von der in § 237 HGB-E noch vorgesehenen Verankerung des Einblicksgebots im allgemeinen, d.h. für alle Kaufleute geltenden Teil wurde bewusst abgesehen und ein zweiter, ausschließlich auf Kapitalgesellschaften begrenzter Abschnitt geschaffen. Die Beschränkung des Ersten Abschnitts „auf das geltende Recht und die allgemein anerkannten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ erfolgte hierbei, „um die Steuerneutralität trotz Anpassung der für Kapitalgesellschaften geltenden Regelungen an die Vierte Richtlinie zu gewährleisten“.79 Der Gesetzgeber wollte damit eine einwandfreie Grundlage für die Anknüpfung des Steuerbilanzrechts schaffen und hat insoweit den steuerlichen Maßgeblichkeitsgrundsatz auch von der handelsrechtlichen Seite her bekräftigt.80 Diese Klarstellung enthält zwei relevante Aussagen: Zum einen macht sie in einer eindringlichen Form deutlich, dass der Gesetzgeber um je73 So sprechen sowohl die Gesetzesbegründung zum EStG 1925 (RT-Drucks. 1924/25, 795, S. 46), als auch die zum EStG 1934 (RStBl. 1935, 33, 37) pauschal von „Vollkaufleuten“ bzw. „dem Kaufmann“ und erwähnen – anders als die Gesetzesbegründung zum BiRiLiG (vgl. BT-Drucks. 10/314, S. 76 und 10/4268, S. 88) – keine rechtsform-, größen- und branchenspezifischen Unterschiede. 74 BGBl. I 1985, 2355. 75 BGBl. I 1990, 2570 ff. 76 BT-Drucks. 10/317, S. 63 ff. 77 BT-Drucks. 10/317, S. 64. 78 vom 18.11.1985, vgl. BT-Drucks. 10/4268. 79 BT-Drucks. 10/4268, S. 90. 80 Beisse, in: FS Clemm, S. 27, 51.

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den Preis eine Einwirkung des true and fair view auf das Steuerrecht verhindern wollte.81 Zum anderen differenzierte der Gesetzgeber erstmalig zwischen GoB und den für Kapitalgesellschaften geltenden Regelungen und stellte hiermit klar, dass es sich zumindest beim rechtsformspezifischen sonstigen Handelsrecht gerade nicht um GoB handeln soll.82 Die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ stimmen daher, anders als zu Zeiten des EStG 1925 bzw. 1934, gerade nicht mehr mit sämtlichen handelsrechtlichen Bilanzierungsnormen überein. Vor diesem Hintergrund ist das wörtliche Verständnis des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG – entgegen der o.g. Ansichten – sehr wohl mit einer gesetzesgenetischen Betrachtung vereinbar. Unterstützung findet die enge Auslegung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ferner in dem Umstand, dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem BiRiLiG auch den Wortlaut der Norm hätte ändern können, um die – nicht als GoB verstandenen – §§ 264 ff. HGB in das Steuerrecht zu implantieren; dies hat er aber gerade nicht getan.83 Zumindest eine umfassende Erstreckung der Maßgeblichkeit auf das gesamte Normensystem des HGB, d.h. auch auf die §§ 264 ff. HGB, vermag hiernach nicht zu überzeugen. Die Maßgeblichkeit kann sich vielmehr nur auf solche Regelungen beziehen, die Allgemeingültigkeitscharakter haben,84 seien es GoB oder nicht.85 Dieses Ergebnis greift auch für die Besteuerung der Kapitalgesellschaften, obwohl sie im Rahmen ihrer Handelsbilanz den (divergierenden) rechtsformspezifischen Bilanzierungsnormen unterliegen; eine Degeneration der „Einheitsbilanz“ hat der Gesetzgeber insoweit offenkundig in Kauf genommen. Rückhalt findet diese Auslegung auch in § 141 Abs. 1 S. 2 AO, der für die nach § 141 AO buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen die §§ 238, 240 bis 242 Abs. 1 und die §§ 243 bis 256 des HGB sinngemäß für anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber beschränkt sich hierbei ausschließlich auf die allgemeingültigen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften, während die Vorschriften des zweiten Abschnitts, insbesondere das Einblicksgebot des § 264 Abs. 2 HGB, keine Erwähnung finden. Beisse sieht hierin den Beleg, „dass für die Besteuerung nur die für alle Kaufleute geltenden Vorschriften maßgebend 81 Zu dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung vgl. auch Hennrichs, StuW 1999, 138, 150. Zu Recht stellt dieser fest, dass entgegen Herzig/Rieck, IStR 1998, 309, 317 keine Rede davon sein kann, dass „der Gesetzgeber die mittelbar über die Handelsbilanz gegebene Ankoppelung des steuerlichen Gewinnermittlungsrechts an das Gemeinschaftsrecht […] bewusst in Kauf genommen“ hätte. 82 Vgl. dazu auch bereits 4. Teil IV. 1., S. 68 ff. 83 So auch Weber-Grellet, DB 1994, 2405, 2405. 84 So im Ergebnis auch BFH vom 09.09.1998 – I R 6/96, BStBl. II 1998, 129, 132 f.; Oestreicher/Spengel, RIW 2001, 889, 890; Lademann-Plewka/Schmidt, § 5, Rn. 314; Schulze-Osterloh, StuW 1989, 242, 248. 85 So im Ergebnis auch Beisse, BB 1990, 2007, 2011. A.A. Schulze-Osterloh, StuW 1989, 242, 248.

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sind“.86 Diese Interpretation überzeugt vor allem vor dem Hintergrund, dass dem § 141 Abs. 1 S. 2 AO seine heutige Form gerade in Reaktion auf das BiRiLiG gegeben wurde;87 die gesetzgeberische Intention, einen Einfluss der Vierten Richtlinie auf das Steuerrecht zu verhindern, liegt auf der Hand. Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass das Bilanzsteuerrecht keinem Einfluss der rechtsformspezifischen Vorschriften unterliegt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Weber-Grellet, der die Bezugnahme des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auf die GoB rechtstechnisch als dynamische Außenverweisung versteht.88 Von der Verweisung sei nur das „nackte Gesetz“ erfasst, so dass die übernommenen Normen dem übernehmenden Gesetz inkorporiert würden; die handelsrechtlichen GoB würden also steuerliche Normen, d.h. Teil des (nicht harmonisierten) Steuerrechts.89 Ebenso gut hätten die handelsrechtlichen GoB einzeln in das Ertragssteuerrecht aufgenommen werden können, womit die Trennung vom HGB evident geworden wäre.90 Eine derart verstandene Abkopplung der „steuerlichen“ GoB vom Handelsrecht wird zwar zutreffend kritisiert.91 So wurde der sprachliche Verweis auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16.12.195492 klarstellend um den Zusatz „handelsrechtlichen“ ergänzt.93 Der Gesetzgeber machte damit deutlich, dass sich das Steuerrecht – mangels eigenständiger Regelungen – für die Gewinnermittlung originär handelsrechtlicher Bestimmungen bedient.94 Diese sind vom BFH zwar in eigener Kompetenz, jedoch nach den Maßstäben des Handelsrechts auszulegen,95 so dass die Ansicht Weber-Grellets nicht zu überzeugen vermag. Letztendlich bedarf es zur Begründung des o.g. Ergebnisses aber auch gar keiner Trennung von Handels- und Steuerrecht. Ausreichend ist es viel86 Vgl. Beisse, DStZ 1998, 310, 312. 87 Vgl. Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.12.1985, BGBl. I, S. 2436. Zweck der Änderung war es dabei klarzustellen, dass die durch das BiRiLiG eingeführten Bilanzierungsgrundsätze der §§ 246 bis 256 HGB auch bei der Gewinnermittlung der nach § 141 AO buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen anzuwenden ist, vgl. Finanzausschuss vom 10.12.1985, BT-Drucks. 10/4513, S. 16. 88 Weber-Grellet, DB 1996, 2089, 2092; ders., DStR 1996, 1094, 1095. 89 Weber-Grellet, DB 1996, 2089, 2092; ders. StuW 1995, 336, 349. Ähnlich wohl auch der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 07.08.2000 (GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632, 637), der „unter steuerlichen Gesichtspunkten“ von der Rechtsprechung des EuGH in der Sache „Tomberger“ (EuGH vom 27.06.1996 – Rs. C-234/94, DB 1996, 1400 ff.) abgewichen ist, weil dieser sich nur zur „Handelsrechtslage“ geäußert habe. 90 Weber-Grellet, StuW 1995, 336, 349. 91 Schulze-Osterloh, DStZ 1997, 281, 286. 92 BGBl. I 1954, S. 373. 93 Vgl. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5, Rn. A 138; Hennrichs, StuW 1999, 138, 144. 94 Schulze-Osterloh, DStZ 1997, 281, 286; Söffing, in: FS Budde, S. 635, 642. 95 Vgl. Herlinghaus, IStR 1997, 529, 538.

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Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

mehr, den parallel verwendeten Begriff der „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ innerhalb des Normensystems des Handelsrechts zu begrenzen und nur solche Regelungen als maßgeblich zu deklarieren, die einen allgemeingültigen Charakter aufweisen. Die Verweisung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG bezieht sich damit auf die geschriebenen und ungeschriebenen materiellen Regelungen über die handelsrechtliche Rechnungslegung, wie sie für alle Kaufleute, d.h. ohne rechtsformspezifische Einflüsse, gelten.96 Die rechtsformspezifischen Regelungen des zweiten Abschnitts finden hingegen steuerlich keine Anwendung,97 so dass die auf §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB gestützten Bewertungseinheiten nicht in die Steuerbilanz übertragbar sind. cc)

Bewertungseinheiten gem. § 340h Abs. 2 HGB

Entsprechende Fragen stellen sich hinsichtlich § 340h Abs. 2 HGB, der als branchenspezifische Regelung die Bildung von Bewertungseinheiten im Fremdwährungsbereich der Kreditinstitute vorsieht.98 Auch in diesem Zusammenhang wird eine steuerliche Geltung vor dem Hintergrund fehlender eigenständiger Steuervorschriften teilweise bejaht. Als positiv-rechtliche Regelung sei § 340h HGB daher im Zuge der Maßgeblichkeit auch für die steuerliche Gewinnermittlung beachtlich.99 Andere bejahen ebenfalls die Übertragbarkeit der Norm auf den Bereich der steuerbilanziellen Gewinnermittlung, begründen diese aber damit, dass sich die GoB in § 340h HGB konkretisierten100 bzw. es sich insofern um „branchenspezifische GoB“ handele.101 Da es keine handels96 Im Ergebnis so auch Dauber, S. 34; Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 32. 97 Im Ergebnis ebenso Hennrichs, StuW 1999, 138, 149 ff.; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 15; Hahne, BB 2003, 1943, 1945; Euler, StuW 1998, 15, 17, 21 f.; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 39; Söffing, in: FS Budde, S. 635, 642; Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 61 (anders in § 17, Rn. 73); Müller, DStR 2001, 1858, 1861; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 207; Küting/Weber-Herzig, Kap. 3, Rn. 6. Vor dem Hintergrund der Abkopplungsthese auch Beisse, DStZ 1998, 310, 314; ders. GS KnobbeKeuk, S. 385, 402. Unter Hinweis auf das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gleichfalls Schulze-Osterloh, DStJG 14 (1991), S. 123, 129; ders., StuW 1989, 242, 248; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 103. 98 Vgl. hierzu bereits 4. Teil III., S. 59 ff. 99 Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 47; ders., Bilanzrecht, § 340h, Rn. 50; H/H/R-Balmes, § 8 KStG Rn. 26 „Kreditinstitute“. So im Ergebnis auch BoHdRGrewe, § 340h, Rn. 62; Schmidt-Weber-Grellet (13. Auflage, 1994), § 5, Anm. 9 b und d; Crezelius, § 8, Rn. 4, wonach der Maßgeblichkeitsgrundsatz für alle Positionen gilt, die nach Handelsrecht in der Handelsbilanz auszuweisen sind. 100 Krumnow/Sprißler, (1.Auflage, 1994), § 340h, Rn. 40 f. So im Ergebnis wohl auch Claussen, DB 1991, 1129, 1132; Finne, DB 1992, 338, 339; unklar Schmidt-WeberGrellet, § 5, Rn. 56, der davon ausgeht, dass die §§ 340 ff. HGB u.a. mit § 340h HGB auch „allgemeine bilanzrechtliche Vorschriften enthalten“. 101 Scharpf/Sohler, S. 107 f. Branchenspezifische GoB für die Kreditwirtschaft werden ebenfalls anerkannt von BFH vom 25.09.1968 – I 52/64, BStBl. II 1969, 18, 22; vom 24.01.1990 – I R 157/85, I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 642; Löw, WPg 2004, 1109, 1111; H. Meyer, in: FS Scholz, S. 137, 140; Birck/Meyer, Teillieferung 5, V 20 f. Nach

164

Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

rechtliche und eine davon verschiedene steuerrechtliche Leistungsfähigkeit gebe, seien die handelsrechtlichen Vorschriften mit den üblichen Modifikationen heranzuziehen.102 Die vorstehende Interpretation wurde aufgrund des Gerichtsbescheids des BFH vom 19.03.2002103 teilweise revidiert. § 340h HGB soll nach dieser Sicht nur noch insofern steuerliche Relevanz behalten, als eine absolute Fristenkongruenz besteht; für Makro-Hedges habe hingegen weiterhin eine streng imparitätische Einzelbewertung zu erfolgen.104 Beschränkt man den steuerlichen Wirkungsbereich auf diesen Umfang, so steht ihrer Anerkennung nichts entgegen. Die Geltung des § 340h HGB in der Steuerbilanz wird damit auf solche Bewertungseinheiten reduziert, die auch bereits aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zulässig sind und damit ohnehin über § 5 Abs. 1 S. 1 EStG in der Steuerbilanz gelten. Offen bleibt lediglich, ob auch diejenigen Normbestandteile, die eine ergänzende, d.h. über den Bereich der GoB hinausgehende branchenspezifische Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten liefern,105 der Maßgeblichkeit unterliegen. Zumindest bei einer weiten Auslegung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ließe sich dies bejahen. Im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bestehen hiergegen zunächst Bedenken verfassungsrechtlicher Art.106 Aber auch bereits aus einfachgesetzlicher Sicht könnten sich Zweifel an der steuerrechtlichen Anwendbarkeit des § 340h HGB ergeben. Zwar enthalten die Gesetzgebungsmaterialien zu § 340h HGB keine Aussagen über dessen steuerliche Wirkung, so dass eine gesetzesgenetische Betrachtung fruchtlos bleibt. Zu erwägen ist

102 103 104

105

106

BFH vom 25.09.1968 – I 52/64, BStBl. II 1969, 18, 22 sollen diese über den Grundsatz der Maßgeblichkeit auch für die Steuerbilanz gelten. A.A. BFH vom 23.07.1997 – GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735, 737, der anscheinend nur die „für alle Kaufleute verbindlichen“ Grundsätze als GoB betrachtet. Krumnow/Sprißler, (1.Auflage, 1994), § 340h, Rn. 40 f. I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264 ff. Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedmann, § 340h, Rn. 47 unter indirekter Bezugnahme auf den Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264 ff. Anders noch Wiedmann, Bilanzrecht, § 340h, Rn. 50, der auch in Fällen „einfacher Deckung“ davon ausging, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit dahingehend zur Anwendung kommt, „dass ebenso wie die Ausübung handelsrechtlicher Bewertungswahlrechte die Entscheidung für oder gegen eine Kompensation von Erträgen und Aufwendungen aus der Währungsumrechnung steuerlich zu akzeptieren ist, da steuerliche Vorschriften fehlen“. Ähnlich auch Krumnow/Sprißler, die sich in § 340h, Rn. 40 f. einer eigenen Stellungnahme enthalten und lediglich auf den Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.) verweisen. So vor allem § 340h Abs. 2 S. 2 HGB, der bei Mikro-Hedges einen über den Kompensationsbereich hinausgehenden Gewinnausweis erlaubt („Nettoertragsrealisierung“ vgl. Lührmann, DStR 1998, 387, 388). vgl. hierzu bereits 4. Teil III. 1. a), S. 60 f. Vgl. H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 103; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 207. Die Frage soll an dieser Stelle aber nicht näher vertieft werden.

165

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

jedoch auch hier ein Rückgriff auf die bereits zu § 264 Abs. 2 HGB angestellten Überlegungen. So hat sich der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem BiRiLiG mehrfach explizit zu dem Verhältnis von handels- und steuerrechtlichen Vorschriften geäußert. Betont wurde dabei stets, dass nur solche Vorschriften für die Steuerbilanz maßgeblich sein sollen, die für alle Kaufleute den gleichen Inhalt haben.107 Hierbei handelt es sich um eine gesetzgeberische Grundentscheidung, die in systematischer Hinsicht durch die Abspaltung der „Vorschriften für alle Kaufleute“ im Ersten Abschnitt des Dritten Buches des HGB manifestiert worden ist.108 Zwar steht es dem Steuergesetzgeber frei, diese Wertung aufzuheben und die Maßgeblichkeit auf rechtsform- oder branchenspezifische Regelungen auszudehnen. Äußert er sich jedoch nicht und belässt es bei der bisherigen Regelung, so ist die Verweisung mit dem Verständnis auszufüllen, wie es der Gesetzgeber durch das BiRiLiG aufgestellt hat. In den für § 340h HGB relevanten Gesetzgebungsmaterialien zum BaBiRiLiG fehlt es an einer derartigen divergierenden Wertung. Es bedarf daher eines Weiterdenkens der vom Gesetzgeber durch das BiRiLiG eingeführten Systematik auch auf den hier vorliegenden Fall. Da § 340h HGB in seinem Anwendungsbereich aber auf Kreditinstitute, d.h. sogar auf eine spezifische Branche, beschränkt ist, handelt es sich insofern um eine vom Grundsatz der Allgemeingültigkeit noch weiter abseitige Spezialregelung als § 264 Abs. 2 HGB. Im Wege des Erst-Recht-Schlusses kann § 340h HGB damit gleichfalls keine steuerrechtliche Wirkung entfalten. An dieser Beurteilung ändert auch der von Häuselmann vorgebrachte Hinweis auf sog. „geschäftsspezifische GoB“ nichts, welche der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde zu legen seien.109 Zwar mag es zutreffen, dass besondere Geschäftstypen existieren, die kraft Natur der Sache nur branchengebunden getätigt werden – die hierfür geltenden Regeln müssen dann trotz fehlender allgemeiner Relevanz steuerliche Geltung erlangen können. Zu beachten ist jedoch stets die im Rahmen des BiRiLiG getroffene gesetzgeberische Grundentscheidung, nur allgemeingültige Normen als maßgeblich zu betrachten. Eine „brachenspezifische Maßgeblichkeit“ kann mithin allenfalls dergestalt existieren, dass an sich allgemeingültige Normen ausnahmsweise nur eine branchenspezifische Wirkung entfalten, weil überhaupt nur in manchen Branchen ihren sachlicher Anwendungsbereich praktisch betroffen wird. Sofern es sich hingegen um besondere branchenspezifische Regelungen für Geschäftstypen handelt, die auch anderen Kaufleuten zugänglich sind, können die Normen des Handelsrechts für die Steuerbilanz nicht maßgeblich sein. Auch die branchenspezifische Regelung des § 340h Abs. 2 HGB ist insoweit nicht auf die Steu107 Vgl. BT-Drucks. 10/4268, S. 90 und 10/317, S. 64. 108 Vgl. auch Beisse, BB 1990, 2007, 2008; ders., DStZ 1998, 310, 312; Hennrichs, StuW 1999, 138, 150. 109 Vgl. Häuselmann, S. 13.

166

Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 HGB

erbilanz übertragbar.110 Auf § 340h Abs. 2 HGB basierende Bewertungseinheiten sind folglich steuerlich unzulässig. dd)

Zwischenergebnis

Im Ergebnis sind damit nur die auf eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB gestützten Bewertungseinheiten gem. § 5 Abs. 1 S. 1 HGB für die Steuerbilanz materiell maßgeblich.

2.

Formelle Maßgeblichkeit

Als Konsequenz aus dem Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit wären damit auch die konkreten, zulässigerweise gebildeten handelsrechtlichen Bewertungseinheiten für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich. Zwar ist die Existenz der formellen Maßgeblichkeit nicht gänzlich unumstritten.111 Hinsichtlich der hier relevanten Bewertungseinheiten ist dies jedoch zunächst unerheblich. So läuft der Streit um die Akzeptanz der formellen Maßgeblichkeit letztendlich auf die Frage hinaus, ob Wahlrechte in Handels- und Steuerbilanz einheitlich ausgeübt werden müssen.112 An einem Wahlrecht fehlt es vorliegend aber. Gewiss steht es dem Bilanzierenden frei, die formulierten Kriterien zu erfüllen, was im Ergebnis zu einem faktischen Wahlrecht führt.113 Sind die genannten Voraussetzungen aber erst einmal erfüllt, so verbleiben sowohl handelsrechtlich als auch in der Steuerbilanz keine Ermessensspielräume – die Bildung der Bewertungseinheit wird damit zur Pflicht. Der Streit ist für die vorliegende Frage mithin irrelevant. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn man die faktische Maßgeblichkeit als Anknüpfung der Steuerbilanz an die konkrete Handelsbilanz versteht und auf diese Weise fehlerhafte Bilanzansätze in die Steuerbilanz fortwirken würden. Eine derartige Interpretation scheitert aber bereits am Wortlaut des § 5 Abs. 1 EStG. Indem die steuerliche Verweisungsnorm die „handels-

110 So im Ergebnis auch Lademann-Plewka/Schmidt, § 5, Rn. 314; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 207; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 103 sowie Korn/Strahl-Korn/Strahl, § 6, Rn. 47.1, allerdings unter Hinweis auf den Bewertungsvorbehalt des § 6 EStG. 111 Die Existenz der formellen Maßgeblichkeit ist seit Einführung der umgekehrten Maßgeblichkeit in § 5 Abs. 1 S. 2 EStG wohl h.M., da die umgekehrte Maßgeblichkeit logisch die formelle voraussetze, vgl. Knobbe-Keuk, § 2 II 2, S. 22 m.w.N.; KirchhofCrezelius, § 5, Rn. 22; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 134 ff.; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 62; Wassermeyer, DStJG 14 (1991), 29, 34 ff. A.A. aber Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 182; Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 6, Rn. 7; ders., DB 1994, 2405, 2406; ders., DB 1997, 385, 386, die die formelle Maßgeblichkeit als überholt und gegenstandslos betrachten. Eine Bindung soll hiernach lediglich in Form des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG verblieben sein. 112 Vgl. Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 22; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 62; Knobbe-Keuk, § 2 II 2., S. 22. 113 Vgl. dazu 4. Teil VI. 4., S. 136 f.

167

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

rechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ für maßgeblich erklärt, erfolgt eine Bezugnahme auf das handelsrechtliche Regelungssystem, nicht aber auf die konkrete Handelsbilanz. Darüber hinaus ergeben sich auch bei historischer Betrachtung keine Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis. Zwar enthielt § 5 Abs. 3 des Bremer EStG 1874 eine Bezugnahme auf die „ordnungsgemäß aufgestellte Jahresbilanz“. Allerdings war auch diese Verweisung auf die Handelsbilanz durch das Erfordernis der „Ordnungsmäßigkeit“ beschränkt. Auch wurde diese Wendung gerade nicht Gegenstand des EStG 1934, was als gesetzgeberische Entscheidung gegen die Anknüpfung an die konkrete Handelsbilanz verstanden werden kann.114 Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuersystems an den Vergleichsmaßstab der Leistungsfähigkeit gebunden ist.115 Zwar wird teilweise bestritten, dass die Anknüpfung an den handelsrechtlichen Gewinn geeignet ist, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sachgerecht abzubilden.116 Letztendlich bietet die Anknüpfung an die handelsrechtlichen Bilanzierungsregeln aber zumindest ein objektiviertes Wertungssystem, dem alle Kaufleute gleichermaßen unterliegen. Eine Bezugnahme auf die konkrete, d.h. u.U. fehlerhafte Bilanz würde hingegen weite Gestaltungsspielräume eröffnen, die mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren wären.117 Folglich ist davon auszugehen, dass fehlerhafte Bilanzansätze der Handelsbilanz keine Bindung für die Steuerbilanz entfalten.118 Auch dies spricht gegen eine faktische Anknüpfung an die konkrete Handelsbilanz.

3.

Zwischenergebnis

Infolge der Maßgeblichkeit sind nur die auf einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB basierenden und zutreffend gebildeten Bewertungseinheiten entsprechend ihres handelsrechtlichen Bilanzansatzes in die Steuerbilanz zu übernehmen.

114 Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 71 bezweifeln allerdings, dass sich der Gesetzgeber der Unterschiede in den Formulierungen der Maßgeblichkeit bewusst war. Die Anknüpfung an das konkrete handelsrechtliche Ergebnis sei vor dem Hintergrund der damaligen niedrigen Steuersätze vor allem unter den Gesichtspunkten der Vereinfachung bzw. Bequemlichkeit erfolgt. 115 So die ständige Rechtsprechung des BVerfG, BVerfGE 6, 55, 67; 13, 290, 297; 27, 58, 64; 33, 333, 339; 55, 274, 302; 66, 214, 223; 82, 60, 86 f. Vgl. auch Tipke/Lang-Hey, § 4, Rn. 81 ff. m.w.N. 116 Vgl. Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 43 ff. m.w.N. 117 Vgl. dazu ausführlich unter 6. Teil IV. 1 b) bb), S. 211 ff. 118 So im Ergebnis auch BFH vom 13.06.2006 – I R 58/05; BStBl. II 2006, 928, 929; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 62; Crezelius, § 8, Rn. 4; Weber-Grellet, StuB 2006, 872, 873; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 325.

168

Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG

II.

Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG

Neben § 5 Abs. 1 regelt das EStG mit § 4 Abs. 1 und Abs. 3 noch zwei weitere Gewinnermittlungsarten,119 in denen die kompensatorische Bewertung relevant werden könnte. Zumindest hinsichtlich der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist dies jedoch zu verneinen. Anders als der Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 EStG handelt es sich hierbei im Grundsatz um eine Zu- und Abflussrechnung i.S.d. § 11 EStG,120 der die Antizipation von Verlusten und Risiken fremd ist. Fehlt es allerdings bereits an der Möglichkeit zur Verlustantizipation, so kann es auch nicht zur Berücksichtigung tatsächlich nicht drohender Risiken kommen. Dem Korrektiv einer kompensatorischen Bewertung bedarf es insofern nicht. Etwas anderes könnte sich allerdings hinsichtlich der allgemeinen Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG ergeben.121 Zwar fehlt es dieser Norm – anders als § 5 Abs. 1 EStG – an einem ausdrücklichen Verweis auf die GoB, und auch die systematische Stellung lässt keine Übertragung der für § 5 EStG geltenden Grundsätze vermuten. Dennoch entspricht es der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auch auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG anzuwenden sind.122 Teilweise wird dies aus § 141 Abs. 1 S. 1 und 2 AO abgeleitet, nach dem die handelsrechtlich normierten GoB auch im Steuerrecht sinngemäß gelten.123 Andere berufen sich ergänzend 119 Vgl. Knobbe-Keuk, § 1, S. 11. Auf die zusätzliche Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG ist in diesem Zusammenhang nicht einzugehen. 120 Vgl. Schmidt-Heinicke, § 4, Rn. 371; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 67. 121 Die Gewinnermittlung durch Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG gilt in ihrer isolierten Form nur für die nach § 141 AO buchführungspflichtigen Land- und Forstwirte sowie für freiwillig bilanzierende Freiberufler und Land- und Forstwirte, vgl. hierzu auch Schmidt-Heinicke, § 4, Rn. 3; Lademann-Meurer, § 4, Rn. 45. 122 BFH vom 18.2.1966 – VI 326/65, BStBl. III 1966, 496, 497; vom 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398, 399; vom 06.12.1983 – VIII R 110/79, BStBl. II 1984, 227, 229; vom 22.05.1991 – I R 32/90, BStBl. II 1992, 94, 94 ff.; vom 27.11.1997 – IV R 95/96, BStBl. II 1998, 375, 376; Kirchhof-Crezelius, § 4, Rn. 12 und § 5, Rn. 1; Schmidt-Heinicke, § 4, Rn. 1, 44; H/H/R-Kanzler, § 4, Rn. 15, 23; Lang, DStJG 4 (1981), 45, 60 ff.; Pickert, DStR 1989, 374, 378; Schiffers, DStZ 2006, 400, 402. Zwar soll dies nach teilweise vertretener Ansicht nur für die „nicht handelsrechtlichen“ GoB gelten, vgl. Beisse, StuW 1984, 1, 4; Woerner, DStJG 5 (1982), S. 23, 45. Inwieweit dies zu praktischen Unterschieden führt, ist jedoch nicht ersichtlich. Immerhin gehört zumindest das hier primär betroffene Vorsichtsprinzip zu den „allgemeinen und tragenden Grundsätzen über die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich“, womit seine Anwendbarkeit im Rahmen des § 4 Abs. 1 EStG allgemein anerkannt ist, vgl. BFH vom 02.03.2004 – II B 114/03, BFH/NV 2004, 1109, 1111; Beisse, DStJG 4 (1981), S. 13, 16; Hartmann/Böttcher-Bordewin, §§ 4-5, Rn. 25 f.; Lademann-Plewka/Schmidt, § 5, Rn. 147. 123 Bordewin, FR 1998, 226, 230; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 16.

169

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

auf § 4 Abs. 2 S. 1 EStG, der die Beachtung der GoB positiv-rechtlich vorsehe,124 bzw. den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, der Unterschiede in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und nach § 5 EStG verbiete.125 Im Ergebnis ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich auch der Betriebsvermögensvergleich i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG an den GoB orientiert, was dazu führt, dass die auf einer teleologisch reduzierten Einzelbewertung beruhenden Bewertungseinheiten auch insoweit grundsätzlich steuerlich zulässig sind.

III. Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften Bedenken gegen die Übertragbarkeit der handelsrechtlichen Bewertungseinheiten in die steuerliche Gewinnermittlung könnten sich allerdings aus steuerlichen Sondernormen ergeben, die den §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 EStG vorgehen und damit auch die Maßgeblichkeit der GoB verengen.

1.

§ 5 Abs. 4a EStG a.F.

Zu nennen ist zunächst § 5 Abs. 4a EStG, der als lex specialis der allgemeinen Regel des § 5 Abs. 1 EStG vorgeht126 und in seiner früheren Fassung die steuerliche Relevanz von Bewertungseinheiten erheblich einschränkte.127 Die seit dem 01.01.1997 geltende Vorschrift128 verbot die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und beschränkte damit weiträumig die steuerliche Geltung des handelsrechtlichen Imparitätsprinzips. Fehlte es insoweit aber bereits an der Möglichkeit zur Verlustantizipation, so bedurfte es auch keiner Berücksichtigung kompensatorischer Effekte. In dieser Hinsicht bestand mithin kein Bedarf für die Bildung von Bewertungseinheiten.129

124 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Plückebaum, § 4, Rn. A 10, A 34. 125 BFH vom 06.12.1983 – VIII R 110/79, BStBl. II 1984, 227, 229; Schulze-Osterloh, DStJG 14 (1991), S. 123, 127. 126 Vgl. H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 46; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 883 a. 127 Im Rahmen der Einführung von § 5 Abs. 1a EStG durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung vom 28.04.2006 (BGBl. I, S. 1095) ist diese Beschränkung bei der Bildung von Bewertungseinheiten aufgehoben worden, vgl. dazu nachfolgend unter § 7, S. 177. 128 Gem. § 52 XIII (urspr. § 52 VII a) EStG war die Norm erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12.1996 endet. Vgl. auch BT-Drucks. 13/8325. 129 Zur Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4a EStG a.F. im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 HGB wird im Zusammenhang mit der Neureglung des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG Stellung genommen, vgl. dazu unter 6. Teil II. 1. b), S. 183 ff.

170

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

auf § 4 Abs. 2 S. 1 EStG, der die Beachtung der GoB positiv-rechtlich vorsehe,124 bzw. den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, der Unterschiede in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und nach § 5 EStG verbiete.125 Im Ergebnis ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich auch der Betriebsvermögensvergleich i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG an den GoB orientiert, was dazu führt, dass die auf einer teleologisch reduzierten Einzelbewertung beruhenden Bewertungseinheiten auch insoweit grundsätzlich steuerlich zulässig sind.

III. Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften Bedenken gegen die Übertragbarkeit der handelsrechtlichen Bewertungseinheiten in die steuerliche Gewinnermittlung könnten sich allerdings aus steuerlichen Sondernormen ergeben, die den §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 EStG vorgehen und damit auch die Maßgeblichkeit der GoB verengen.

1.

§ 5 Abs. 4a EStG a.F.

Zu nennen ist zunächst § 5 Abs. 4a EStG, der als lex specialis der allgemeinen Regel des § 5 Abs. 1 EStG vorgeht126 und in seiner früheren Fassung die steuerliche Relevanz von Bewertungseinheiten erheblich einschränkte.127 Die seit dem 01.01.1997 geltende Vorschrift128 verbot die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und beschränkte damit weiträumig die steuerliche Geltung des handelsrechtlichen Imparitätsprinzips. Fehlte es insoweit aber bereits an der Möglichkeit zur Verlustantizipation, so bedurfte es auch keiner Berücksichtigung kompensatorischer Effekte. In dieser Hinsicht bestand mithin kein Bedarf für die Bildung von Bewertungseinheiten.129

124 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Plückebaum, § 4, Rn. A 10, A 34. 125 BFH vom 06.12.1983 – VIII R 110/79, BStBl. II 1984, 227, 229; Schulze-Osterloh, DStJG 14 (1991), S. 123, 127. 126 Vgl. H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 46; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 883 a. 127 Im Rahmen der Einführung von § 5 Abs. 1a EStG durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung vom 28.04.2006 (BGBl. I, S. 1095) ist diese Beschränkung bei der Bildung von Bewertungseinheiten aufgehoben worden, vgl. dazu nachfolgend unter § 7, S. 177. 128 Gem. § 52 XIII (urspr. § 52 VII a) EStG war die Norm erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12.1996 endet. Vgl. auch BT-Drucks. 13/8325. 129 Zur Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4a EStG a.F. im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 HGB wird im Zusammenhang mit der Neureglung des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG Stellung genommen, vgl. dazu unter 6. Teil II. 1. b), S. 183 ff.

170

Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften

2.

Steuerliche Bewertungsvorschriften des § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 EStG

Einschränkungen für die steuerliche Übernahme handelsrechtlich zulässiger bzw. gebotener Bewertungseinheiten könnten sich ferner aus dem Bewertungsvorbehalt des § 4 Abs. 1 S. 8 bzw. § 5 Abs. 6 EStG ergeben. Mit der Formulierung „die Vorschriften über die Bewertung […] sind zu befolgen“ wird ein Vorrang steuerlicher Spezialvorschriften vor den handelsrechtlichen GoB zum Ausdruck gebracht.130 Insbesondere die in § 6 EStG kodifizierten Anordnungen bilden dabei Sondernormen, die für bestimmte Fälle eine vom Handelsrecht abweichende Bewertung, d.h. eine divergierende Rechtsfolge, vorsehen.131 Zwar können handels- und steuerrechtliche Bewertungsvorschriften grundsätzlich nebeneinander Geltung beanspruchen.132 Kommt es allerdings zum Konfliktfall, weil die Regelungen zu unterschiedlichen Rechtfolgen führen, so hat die einkommensteuerrechtliche Regelung – bereits aufgrund ihrer Spezialität133 – Vorrang.134

130 Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 15; H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 2108. 131 Historischer Hintergrund der besonderen steuerlichen Bewertungsnormen ist der Umstand, dass im Handelsrecht noch keine detaillierten Bewertungsvorschriften kodifiziert und daher Unterbewertungen teilweise zulässig waren. Durch die steuerlichen Spezialvorschriften sollte die daraus resultierende Bildung stiller Reserven teilweise ausgeschlossen werden, vgl. BT-Drucks. V/2773, S. 2; vgl. auch H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 48; Vogt, S. 104 f. Der Gesetzgeber hat damit der unterschiedlichen Zweckrichtungen von Handels- und Steuerbilanz Rechnung getragen: Während es bei der Handelsbilanz um die Ermittlung des unbedenklich ausschüttbaren Vermögenszuwachses geht, soll steuerlich im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der wirkliche Gewinn erfasst werden, vgl. Knobbe-Keuk, § 2 I, S. 18 f. (die darauf hinweist, dass dies zumindest der Intention entspreche). Zu den möglichen Zweckdivergenzen vgl. ausführlich Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 12 ff., 326 m.w.N. 132 Zur Einschlägigkeit des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auch bei Bewertungsfragen vgl. bereits 5. Teil I. 1. a) bb), S. 153 ff. 133 Das logische Verhältnis der Spezialität führt hier zur Verdrängung der allgemeineren Norm, da im umgekehrten Fall der speziellen Norm überhaupt kein Anwendungsbereich verbliebe, vgl. dazu grundlegend Larenz, Methodenlehre, S. 267 f. Folglich kommt dem Bewertungsvorbehalt des § 4 Abs. 1 S. 5 und § 5 Abs. 6 EStG auch nur deklaratorische Bedeutung zu, vgl. Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 332. 134 Vgl. H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 2105. Ohne gesonderten Hinweis auf die Spezialität auch BFH vom 24.01.1990 – I R 145/86, BStBl. II 1990, 639, 640 f.; vom 21.10.1993 – IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176, 178; vom 15.07.1998 – I R 24/96, BStBl. II 1998, 728, 730; Blümich-Ehmcke, § 6, Rn. 33; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 186; Kammann, StuW 1978, 108, 109; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kempermann, § 5, Rn. B 121; KnobbeKeuk, § 2 II, S. 21; Kort, FR 2001, 53, 57; Schlotter, S. 9 und Weber-Grellet, DB 1994, 2405, 2405.

171

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

a)

Einzelbewertung gem. § 6 EStG

Eine Bedeutung des Bewertungsvorbehalts könnte sich zunächst im Hinblick auf die eigenständige steuerliche Normierung des Einzelbewertungsgrundsatzes im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 EStG („Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter“)135 ergeben. Für den Fall, dass dieser abweichend von § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auszulegen ist, wäre an eine zusätzliche Begrenzung bzw. Erweiterung der steuerlichen Zulässigkeit von Bewertungseinheiten zu denken.136 Häuselmann137 weist allerdings zutreffend darauf hin, dass eine Abweichung der steuerlichen Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes in § 6 Abs. 1 S. 1 EStG von der handelsrechtlichen Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zumindest für die vorliegenden Zwecke nicht erkennbar ist. So wird der Grundsatz der Einzelbewertung in Rechtsprechung138 und Literatur139 regelmäßig parallel aus der steuerlichen Vorbehaltsnorm des § 6 EStG und der handelsrechtlichen Regelung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB hergeleitet.140 Es kann damit von einer inhaltlichen Kongruenz ausgegangen werden kann.

135 BFH vom 16.07.1968 – GrS 7/67, BStBl. II 1969, 108, 111; vom 01.10.1975 – I R 207/73, BStBl. II 1976, 202, 202; Christiansen, DStZ 1995, 385, 385; KirchhofFischer, § 6, Rn. 11; Schmidt-Glanegger, § 6, Rn. 35. 136 Überraschend ist insofern die Aussage von Patek, FR 2006, 714, 718, dass der steuerliche Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG grundsätzlich nicht in Bezug auf Bewertungseinheiten greife, weil keine expliziten steuergesetzlichen Bewertungsregelungen für Sicherungszusammenhänge existierten; aus diesem Grund sei der BFH über die Maßgeblichkeitsregelung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG gezwungen gewesen, die GoB bei Mehrpositionenabsicherungen auszulegen. Zum einen entfaltet der steuerliche Einzelbewertungsgrundsatz des § 6 Abs. 1 S. 1 EStG auf die Frage der kompensatorischen Bewertung eine vergleichbare Wirkung wie das handelsrechtliche Gebot nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Zum anderen stellt Patek auf S. 720 selbst fest, dass die – ausschließlich die Bewertungseinheiten betreffende – Norm des § 5 Abs. 1a EStG „in Konflikt mit dem Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG und den speziellen Bewertungsnormen des § 6 EStG“ stehe. 137 Häuselmann, S. 64. 138 BFH vom 16.07.1968 – GrS 7/67, BStBl. II 1969, 108, 111; vom 01.10.1975 – I R 207/73, BStBl. II 1976, 202, 202; vom 12.10.1995 – I R 179/94, BStBl. II 1996, 402, 403; vom 27.03.1996 – I R 3/95, BStBl. II 1996, 470, 471; vom 15.10.1997 – I R 16/97, BStBl. II 1998, 249, 250. 139 Kirchhof-Crezelius, § 6, Rn. 11; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, § 6, Rn. 66; KnobbeKeuk, § 5 III 2 a), S. 156; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Werndl, § 6, Rn. A 148. 140 Vor dem Hintergrund der Frage nach dem europarechtlichen Einfluss auf das deutsche Steuerrecht stellt Herlinghaus, IStR 1997, 529, 538 bei derartigen Bewertungsfragen entscheidend auf den Gesetzgebungswillen des Steuergesetzgebers ab: Enthalten die Vorschriften der §§ 6 ff. EStG überhaupt keine eigenen Aussagen, so würde der BFH der Auslegung grundsätzlich die handelsrechtlichen Bewertungsregeln zugrunde legen. Diese Überlegung lässt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Beisse, BB 1990, 2007, 2009 plädiert gleichfalls für eine Auslegung entsprechend der handelsrecht-

172

Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften

Angewendet auf die vorliegende Frage bedeutet dies zunächst eine Übertragbarkeit der durch teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB gefundenen Ergebnisse. Darüber hinaus ist grundsätzlich auch die Einschränkung des § 252 Abs. 2 HGB entsprechend auf den steuerlichen Bewertungsvorbehalt anwendbar.141 Problematisch erscheint indes auch hier ein Rückgriff auf die Wertungen des Einblicksgebots nach § 264 Abs. 2 HGB. Zweck des § 6 Abs. 1 EStG ist es, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung durch eine für alle Steuerpflichtigen grundsätzlich gleichmäßig geltende Bewertung der Bilanzansätze zu gewährleisten.142 Dieser Zielsetzung widerspricht die Übernahme des nur rechtsformspezifisch geltenden true and fair view-Prinzips.143 Auch würde damit die ausdrücklich geäußerte gesetzgeberische Intention zur steuerneutralen Umsetzung der Vierten Richtlinie144 unterlaufen. Die Wertungen des § 264 Abs. 2 HGB sind daher mit dem steuerlichen Einzelbewertungsgrundsatz nicht zu vereinbaren; eine Übertragung der nach §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB gebildeten Bewertungseinheiten in die steuerliche Gewinnermittlung scheidet auch hiernach aus. Entsprechendes gilt für die branchenspezifische Gesamtbewertung nach § 340h Abs. 2 HGB, sofern diese nicht zugleich die Anforderungen an eine teleologische Reduktion des Einzelbewertungsgrundsatzes erfüllt. Aus § 4 Abs. 1 S. 5 bzw. § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 Abs. 1 S. 1 EStG ergeben sich mithin keine Abweichungen von dem anhand der Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 EStG gefundenen Ergebnis. b)

Teilwertbegriff

Teilweise ist die steuerliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten auch unter Hinweis auf den Teilwertvorbehalt145 bestritten worden. Insbesondere Oestreicher/Haun146 sind davon ausgegangen, dass die im Hedge entstehenden Kursverluste ungeachtet der faktischen Deckung zu einem niedrigeren Teilwert führen. Dieser sei auch steuerbilanziell zu berücksichtigen. Die Bildung erfolgsneutraler Bewertungseinheiten in der Steuerbilanz sei damit aufgrund des herrschenden Teilwertverständnisses nicht möglich. Die von Oestreicher/Haun formulierte Einschätzung vermag in mehrfacher Hinsicht nicht zu überzeugen.

141 142 143 144 145 146

lichen Parallelbestimmungen. Kommt man hingegen mit Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1627 zu dem Ergebnis, dass die Bewertung in § 6 selbständig, d.h. ohne jeglichen Bezug zum Handelsrecht, geregelt ist, so bleibt dies für die vorliegende Frage dennoch ohne Auswirkungen, da kein abweichender Auslegungsmaßstab ersichtlich ist. So im Ergebnis Kirchhof-Fischer, § 6, Rn. 12. H/H/R-Stobbe, § 6, Rn. 3; so auch Knobbe-Keuk, § 5 II, S. 15. Vgl. dazu auch bereits 5. Teil Fn. 79. Vgl. dazu bereits 4. Teil Fn. 191 sowie unter 5. Teil I. 1. b) bb) S. 157 ff. Zum Begriff des Teilwertes vgl. Knobbe-Keuk, § 5 IV 4, S. 174. Oestreicher/Haun, DStR 1995, Beihefter zu Heft 50, 1, 4 f.; so auch Oestreicher, S. 264 ff.

173

Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

aa)

Kein Verbot der kompensatorischen Bewertung

Zunächst ist sie bereits systematisch nicht geeignet, den Einfluss kompensatorischer Effekte auf die Steuerbilanz gänzlich zu unterbinden. So besteht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 bzw. Nr. 2 S. 2 EStG nur ein Wahlrecht zum Ansatz des (dauerhaft) niedrigeren Teilwerts. Eine Pflicht zur steuerbilanziellen Verlustantizipation – und damit zum Unterlassen von Bewertungseinheiten – kann hieraus noch nicht abgeleitet werden. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen könnte sich ein derartiger Zwang allenfalls über die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Abschreibungsgebote gem. § 253 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 S. 1 HGB ergeben.147 Besteht ein niedrigerer handelsrechtlicher Tageswert, so ist dieser in den Grenzen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 bzw. Nr. 2 S. 2 EStG, d.h. maximal bis zur Höhe des Teilwerts, nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 253 Abs. 2 S. 3 bzw. Abs. 3 S. 1 HGB auch steuerlich zu berücksichtigen. Da jedoch – wie aufgezeigt148 – auch bei der Ermittlung des niedrigeren handelsrechtlichen Tageswertes i.S.v. § 253 HGB kompensatorische Effekte mit zu berücksichtigen sind, ergibt sich aufgrund des Sicherungsverbundes erst gar kein niedrigerer handelsrechtlicher Tageswert, der einem steuerlichen Abschreibungsgebot zugrunde liegen könnte. Zumindest ein Verbot zur Bildung von Bewertungseinheiten lässt sich aus dem Teilwertvorbehalt mithin nicht ableiten. bb)

Kein steuerbilanzielles Abweichungswahlrecht

Relevanz könnte die Teilwertregelung des § 6 EStG allenfalls im Hinblick auf das ihm innewohnende Wahlrecht erlangen. Liegt der Teilwert unter dem handelsrechtlichen Tageswert, so kann der Steuerpflichtige nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 bzw. Nr. 2 S. 2 EStG den niedrigeren Teilwert ansetzen, sofern dieser voraussichtlich dauerhaft besteht. Da das Wahlrecht aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1 S. 2 EStG einheitlich ausgeübt werden muss, ermöglicht § 254 HGB a.F. insofern auch für die Handelsbilanz den Ansatz des an sich nur steuerlich zulässigen niedrigeren Teilwertes. Der Steuerpflichtige hätte damit theoretisch die Möglichkeit, über eine Wahlrechtsausübung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 bzw. Nr. 2 S. 2 EStG eine sowohl steuer- als auch handelsrechtliche Abschreibung herbeizuführen und so das handelsrechtliche Gebot zur verlustfreien kompensatorischen Bewertung zu umgehen. Voraussetzung wäre jedoch, dass der steuerliche Teilwert gehedgeter Positionen im Falle des Kursverlustes geringer ausfällt als deren handelsrechtlicher Tageswertes. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG definiert den Teilwert als den Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass 147 Vgl. Knobbe-Keuk, § 5 V 3 b) bb), S. 201 f. Eine steuerliche Abschreibung ist allerdings trotz der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften nur in den Grenzen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 S. 2 EStG möglich. 148 Vgl. dazu 4. Teil IX., S. 145 ff.

174

Einschränkungen durch steuerliche Spezialvorschriften

er den Betrieb fortführt. Diese Definition hilft vorliegend kaum weiter, da sie mit einer Vielzahl von Fiktionen arbeitet,149 also keine eindeutigen Aussagen über die Teilwertermittlung trifft. Auch die von der Rechtsprechung aus Praktikabilitätsgründen aufgestellten widerlegbaren Teilwertvermutungen150 sind durchweg auf die Bewertung ungesicherter aktiver Wirtschaftsgüter zugeschnitten und geben damit keinen Aufschluss über die Teilwertermittlung gesicherter Wirtschaftsgüter.151 Letztendlich gilt es damit, die Frage zu klären, welche Bedeutung ein Sicherungszusammenhang bei der Teilwertermittlung hat.152 Oesterreicher/Haun verneinen einen Einfluss der Deckung auf den steuerlichen Teilwert. Selbst bei bestehender Sicherung sei der fiktive Erwerber des Betriebes für den unter den Marktpreis gesunkenen Teil einer handelsrechtlichen „Bewertungseinheit“ maximal bereit, die (nunmehr niedrigeren) Wiederbeschaffungskosten anzusetzen.153 Und auch der BFH kam in seinem HopfenUrteil vom 29.07.1965154 zu einer ähnlichen Einschätzung, indem er die bereits erfolgte Veräußerung zu einem höheren Preis bei der Bewertung der Hopfen-Vorräte unberücksichtigt ließ. Die Existenz eines Sicherungsgeschäftes würde dem Ansatz eines niedrigeren Teilwertes hiernach also nicht entgegenstehen. Eine derartige Sicht der Dinge vermag jedoch nicht zu überzeugen. So wendet Reiner155 zutreffend ein, dass kein Grund dafür ersichtlich ist, weshalb der fiktive Erwerber des Betriebs i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG die bestehenden Wertkorrelationen der Einzelposten bei der Preiskorrelation für den Gesamtbetrieb nicht berücksichtigen sollte.156 Ist er nicht bereit, auf günstigere Wiederbeschaffungsmöglichkeiten zu verzichten, so wird er auch zwischenzeitlich eingetretene Kursgewinne bei der Preisfindung berücksichtigen. Auch steuerrechtlich darf insoweit nicht über den Maßstab vernünftiger kaufmännischer Beurteilung hinausgegangen werden.157 Die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Sicherungsverbundes, die bereits den Ansatz eines niedrigeren Tageswertes verhindert haben,158 sind damit auch bei der Teilwertermittlung zu berück-

149 150 151 152 153 154 155 156 157

Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 145. Vgl. dazu Knobbe-Keuk, § 5 IV S. 176 f. Schumacher, DB 1995, 1473, 1476. So schon Schumacher, DB 1995, 1473, 1476. Oestreicher/Haun, DStR 1995, Beihefter zu Heft 50, 1, 4. IV 164/63 U, BStBl. III 1965, 648 ff. Vgl. dazu bereits 3. Teil I., S. 41 f. Reiner, S. 398. So auch Langenbucher, S. 145; Schumacher, DB 1995, 1473, 1476 ff. Vgl. BFH vom 12.12 1990 – I R 153/86, BStBl. II 1991, 479, 483; vom 17.02.1993 – X R 60/89, BStBl. II 1993, 437, 439 jeweils zur Frage der Bemessung von Rückstellungen. Ähnlich auch Beisse, BB 1990, 2007, 2009. 158 Vgl. dazu 4. Teil IX., S. 145 ff.

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Steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG

sichtigen.159 Dies gilt umso mehr, als insbesondere bei der Teilwertermittlung die Veräußerung eines fortzuführenden Gesamtbetriebes fingiert wird, der Teilwert also darauf abstellt, in welchem wirtschaftlichen Zusammenhang ein Wirtschaftsgut steht. Sein wirtschaftlicher Zweck und seine Funktion im Unternehmen sind daher besonders zu beachten.160 Im Ergebnis ist die Existenz eines Sicherungszusammenhangs damit bei der steuerlichen Teilwertermittlung zu berücksichtigen. Führen Kursverluste innerhalb des Hedges demnach nicht zur Ermittlung eines niedrigeren Teilwerts, so steht der Teilwertvorbehalt auch nicht der Bildung von Bewertungseinheiten entgegen. Die gegenläufige Ansicht von Oestreicher/Haun ist insofern abzulehnen.161 Gleichfalls kann nicht von einer einheitlichen entgegenstehenden Rechtsprechung gesprochen werden, da der BFH in einigen nachfolgenden Entscheidungen von seiner anderweitigen Einschätzung im Hopfen-Urteil abgewichen ist.162 Nach neuer Rechtslage bleibt die Fragestellung aufgrund der Spezialvorschrift des § 5 Abs. 1a EStG indes ohnehin bedeutungslos.163

159 Vgl. auch Beckmann, S. 156 und Euler, zfbf 43 (1991), 191 ff., die ebenfalls davon ausgehen, dass der niedrigere Teilwert und der niedrigere beizulegende Wert übereinstimmend zu interpretieren sind. 160 Häuselmann, S. 64. 161 So auch Reiner, S. 398. 162 Vgl. dazu 3. Teil III., S. 45 ff. 163 Vgl. dazu 6. Teil IV. 3., S. 233 ff. Nicht näher eingegangen werden soll daher auch auf die Frage, ob der Teilwertgedanke vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG eine über die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB hinausgehende Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten geliefert hätte, vgl. Häuselmann, S. 67. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn kompensatorische Effekte trotz Nichterfüllung der Kriterien für eine teleologische Reduktion bei der Teilwertermittlung Berücksichtigung zu finden hätten. Ein fiktiver Erwerber des gesamten Betriebes wird jedoch nicht bereit sein, ein nicht sicher ausgeschlossenes Risiko unberücksichtigt zu lassen. Es ist mithin davon auszugehen, dass die Teilwertermittlung hier den gleichen Kriterien wie die teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB unterliegt, so im Ergebnis auch Beckmann, S. 156 und Euler, zfbf 43 (1991), 191 ff.

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6. Teil: Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten auf Grundlage von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG Mit § 5 Abs. 1a bzw. Abs. 4a S. 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur „Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ vom 28.04.20061 hat der Gesetzgeber Spezialregelungen zur steuerbilanziellen Behandlung von Bewertungseinheiten geschaffen: (1a) Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich. (4a) Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden. Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a.

I.

Gesetzgebungsverfahren und Motive der Neuregelung

Die gesetzliche Verankerung der Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Bewertungseinheiten geht zurück auf eine Initiative Hessens aus dem Jahr 2005. Dabei wurde dem Bundesrat bereits am 28.01.2005 ein Gesetzesantrag2 zugeleitet, welcher eine Ergänzung des § 6 Abs. 1 EStG um folgende Nr. 3b vorsah: Wirtschaftsgüter, die mit Finanzinstrumenten in einem Sicherungszusammenhang stehen, sind abweichend von den Nummern 2 und 3 mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Ergeben sich aus der Bewertung dieser Wirtschaftsgüter und Finanzinstrumente mit dem Teilwert oder bei der Ermittlung des Risikos aus schwebenden Geschäften Gewinne, denen Verluste aus Sicherungsgeschäften gegenüberstehen, sind diese miteinander zu verrechnen; dies gilt entsprechend, wenn schwebende Geschäfte mit anderen schwebenden Geschäften im Sicherungszusammenhang stehen. Nach der Verrechnung verbleibende Gewinne bleiben außer Ansatz; verbleibende Verluste sind wie Verbindlichkeiten anzusetzen, dabei ist eine Abzinsung nicht vorzunehmen. Ein Sicherungszusammenhang ist gegeben, soweit die zu sichernde Positionen einem gegenläufigen Risiko unterliegen und der Ausgleich von Wertveränderungen hinreichend sicher erscheint. Entsprechend der Entwurfsbegründung sollte es sich um eine klarstellende Regelung handeln, die Bestrebungen vorbeuge, wirtschaftlich zusammenhängende Bilanzpositionen einzeln zu bewerten.3 Besonderen Bezug nahm die 1 2 3

BGBl. I 2006, S. 1095, dort Artikel 1, Rn. 2. BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 2. BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 5 und 7.

177

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Begründung auf den Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrk.),4 in dem das Gericht einen strengen Grundsatz der Einzelbewertung vertreten habe, der „nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis“ entspreche. Durch die isolierte imparitätische Bewertung würde er vielmehr dazu führen, dass Verluste berücksichtigt werden, die tatsächlich niemals eintreten werden.5 Der Verweis auf den Gerichtsbescheid des BFH verdeutlicht, dass das entscheidende Motiv für die Neuregelung in der Korrektur der sich abzeichnenden Rechtsprechung zu finden sein dürfte.6 Allerdings wurde die im hessischen Gesetzesantrag enthaltene eigenständige Definition für steuerbilanzielle Bewertungseinheiten nicht in die heutige Fassung des § 5 Abs. 1a EStG übernommen. Letztere beruht vielmehr auf den Empfehlungen des Finanzausschusses des Bundesrates7 und ist in dieser Fassung auch als Gesetzentwurf des Bundesrates in den Bundestag eingebracht worden.8 Begründet wurde der Verzicht auf eine eigenständige steuerliche Definition damit, dass diese entbehrlich sei; vielmehr solle nur die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz verdeutlicht werden. Hiermit würde auch verhindert, dass der Begriff der Bewertungseinheit handels- und steuerrechtlich unterschiedlich ausgelegt werden könnte.9 Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl wurde das Gesetzgebungsverfahren in der 15. Wahlperiode allerdings zunächst nicht weiterverfolgt.10 Mit den bezüglich § 5 Abs. 1a und 4a EStG wortgleichen Gesetzesentwürfen der Bundesregierung vom 30.12.200511 und des Bundesrates vom 02.02.200612 wurde der ursprüngliche Entwurf des Bundesrates erneut aufgegriffen und inhaltsgleich in der heutigen Regelung verabschiedet. Nach der Gesetzesbegründung verfolgt dabei auch § 5 Abs. 1a EStG weiterhin die o.g. Zielsetzung.13 Um die angespannte Lage der öffentlichen Haushalte zu verbessern, sei es unerlässlich, dass die vorhandenen Steuergesetze nicht unterlaufen würden. Legale, aber unerwünschte Umgehungs- und Gestaltungsmöglichkei-

4 Vgl. dazu bereits 3. Teil IV., S. 49 ff. 5 BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 7. 6 Ein Korrektiv zum Gerichtsbescheid des BFH sehen hierin auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1452; Patek, FR 2006, 714, 717; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 771; Schiffers, DStZ 2006, 400, 400. 7 BR-Drucks. 45/1/05, S. 10 f. 8 BT-Drucks. 15/5605. 9 BR-Drucks. 45/1/05, S. 12. 10 Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 653. 11 BR-Drucks. 937/05 bzw. BT-Drucks. 16/634. 12 BT-Drucks. 16/520. 13 BR-Drucks. 937/05, S. 9.

178

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

ten müssten deshalb eingeschränkt werden.14 § 5 Abs. 1a EStG solle insofern unterbinden, dass Unklarheiten bei der bilanziellen Bewertung von bestimmten Sicherungsgeschäften für den Ausweis von Verlusten in Milliardenhöhe genutzt werden könnten.15

II.

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

Unklar ist zunächst der persönliche Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG. Weder der Wortlaut des § 5 Abs. 1a noch der des Abs. 4a S. 2 EStG enthalten hierzu einen Hinweis. Die Neuregelung folgt jedoch unmittelbar § 5 Abs. 1 EStG, welcher grundsätzlich nur für buchführende Gewerbetreibende gilt. Und auch nach der Überschrift des § 5 EStG beschränken sich die dort kodifizierten Regelungen auf die Gewinnermittlung bei „Kaufleuten und bei bestimmten anderen Gewerbetreibenden“. Teilweise wird aus der systematischen Stellung daher eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG abgeleitet; im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs gem. § 4 Abs. 1 EStG sollen die Neuregelungen hingegen nicht gelten.16

1.

Persönlicher Anwendungsbereich der bisherigen Regelungen des § 5 EStG

Die systematische Stellung allein erscheint allerdings nicht geeignet, um eine fehlende Anwendbarkeit der Neuregelung im Rahmen des § 4 Abs. 1 EStG zu begründen. Orientiert man sich ausschließlich an der Gesetzessystematik, so dürften an sich auch die in § 5 Abs. 1 EStG enthaltene Verweisung auf die GoB sowie die Regelungen des § 5 Abs. 2 – 5 EStG im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG keine Anwendung finden. Dass ersteres jedoch gerade nicht der Fall ist, wurde bereits dargelegt.17 Zwar mag man hier noch argumentieren, dass sich die Geltung der GoB im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG aus den besonderen Anordnungen der §§ 4 Abs. 2 S. 1 EStG und 141 Abs. 1 AO ergebe, welche die Gesetzessystematik insofern überlagern. Anders verhält es sich jedoch im Hinblick auf § 5 Abs. 2 und 5 (Abs. 3 a.F.) EStG, denen es – ähnlich zu § 5 Abs. 1a EStG – an gesetzlichen Anhaltspunkten für eine Geltung bei der

14 Diese Aussage steht im Widerspruch zum Titel des Reformgesetzes, welches als „Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ ein rechtswidriges Verhalten der betroffenen Steuerpflichtigen suggeriert, kritisch insoweit auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1452, 15 BR-Drucks. 937/05, S. 1. 16 H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774; so wohl auch Wagner, INF 2006, 538, 540. 17 Vgl. hierzu 5. Teil II., S. 169 f.

179

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

ten müssten deshalb eingeschränkt werden.14 § 5 Abs. 1a EStG solle insofern unterbinden, dass Unklarheiten bei der bilanziellen Bewertung von bestimmten Sicherungsgeschäften für den Ausweis von Verlusten in Milliardenhöhe genutzt werden könnten.15

II.

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

Unklar ist zunächst der persönliche Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG. Weder der Wortlaut des § 5 Abs. 1a noch der des Abs. 4a S. 2 EStG enthalten hierzu einen Hinweis. Die Neuregelung folgt jedoch unmittelbar § 5 Abs. 1 EStG, welcher grundsätzlich nur für buchführende Gewerbetreibende gilt. Und auch nach der Überschrift des § 5 EStG beschränken sich die dort kodifizierten Regelungen auf die Gewinnermittlung bei „Kaufleuten und bei bestimmten anderen Gewerbetreibenden“. Teilweise wird aus der systematischen Stellung daher eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG abgeleitet; im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs gem. § 4 Abs. 1 EStG sollen die Neuregelungen hingegen nicht gelten.16

1.

Persönlicher Anwendungsbereich der bisherigen Regelungen des § 5 EStG

Die systematische Stellung allein erscheint allerdings nicht geeignet, um eine fehlende Anwendbarkeit der Neuregelung im Rahmen des § 4 Abs. 1 EStG zu begründen. Orientiert man sich ausschließlich an der Gesetzessystematik, so dürften an sich auch die in § 5 Abs. 1 EStG enthaltene Verweisung auf die GoB sowie die Regelungen des § 5 Abs. 2 – 5 EStG im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG keine Anwendung finden. Dass ersteres jedoch gerade nicht der Fall ist, wurde bereits dargelegt.17 Zwar mag man hier noch argumentieren, dass sich die Geltung der GoB im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG aus den besonderen Anordnungen der §§ 4 Abs. 2 S. 1 EStG und 141 Abs. 1 AO ergebe, welche die Gesetzessystematik insofern überlagern. Anders verhält es sich jedoch im Hinblick auf § 5 Abs. 2 und 5 (Abs. 3 a.F.) EStG, denen es – ähnlich zu § 5 Abs. 1a EStG – an gesetzlichen Anhaltspunkten für eine Geltung bei der

14 Diese Aussage steht im Widerspruch zum Titel des Reformgesetzes, welches als „Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ ein rechtswidriges Verhalten der betroffenen Steuerpflichtigen suggeriert, kritisch insoweit auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1452, 15 BR-Drucks. 937/05, S. 1. 16 H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774; so wohl auch Wagner, INF 2006, 538, 540. 17 Vgl. hierzu 5. Teil II., S. 169 f.

179

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG mangelt. Ungeachtet der Systematik sehen aber die Gesetzesmaterialien ausdrücklich auch eine Anwendbarkeit dieser Regelungen im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG vor,18 was in der Rechtsprechung des BFH Bestätigung findet.19 Entsprechendes gilt für § 5 Abs. 3 EStG, der nach der Gesetzesbegründung allgemein „nicht vertretbaren Steuerausfällen“ vorbeugen soll, die sich aus der Rechtsprechung des BFH zur Rückstellungsbildung ergeben könnten.20 Solche Steuerausfälle drohen aber auch bei der Rückstellungsbildung im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG, womit die Passivierungsvorgaben des § 5 Abs. 3 EStG hier gleichfalls zu beachten sind.21 Die Gesetzessystematik ist damit im Rahmen von § 5 EStG mehrfach durchbrochen, womit ihr nur eine beschränkte Bedeutung für die Auslegung von § 5 Abs. 1a und 4a S. 2 EStG beigemessen werden kann. Eine vergleichbare Problematik stellt sich auch im Zusammenhang mit dem Ansatzverbot für Drohverlustrückstellungen gem. § 5 Abs. 4a S. 1 EStG (§ 5 Abs. 4a a.F.).22 Auch hier fehlt es an einer systematischen Verknüpfung zu § 4 Abs. 1 EStG, woraus teilweise die Unanwendbarkeit der Regelung auf diese Gewinnermittlungsart abgeleitet wird.23 Dennoch vertritt die wohl überwiegende Auffassung eine Übertragbarkeit der Norm auf den Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG.24 Dem ist zuzustimmen. Entsprechend den obigen Ausführungen bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dem § 5 Abs. 1 EStG einen Modellcharakter beimisst, der für den Betriebsvermögensvergleich insgesamt Geltung beansprucht. Zwar widerspricht diese Annahme der entgegenstehenden Gesetzessystematik; begründen lässt sie sich aber mit der besonderen Bedeutung, die Kaufleute innerhalb der Gruppe der bilanzierenden Steuerpflichtigen einnehmen. Die Normierung der Abs. 2 – 5 EStG innerhalb des § 5 EStG ist hierbei lediglich die konsequente 18 Vgl. BT-Drucks. V/3187, S. 4 zu § 5 Abs. 2 und 5 (Abs. 3 a.F.) EStG, die darauf hinweist, dass die Ausweisverbote auch für die Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG maßgebend sind, „da Werte, die ein Vollkaufmann in der Bilanz nicht ausweisen darf, auch nicht von Nichtkaufleuten, die unter § 4 Abs. 1 EStG fallen, bilanziert werden dürfen“. 19 Vgl. BFH vom 17.09.1987 – IV R 49/86, BStBl. II 1988, 327, 328 zu § 5 Abs. 2 EStG sowie BFH vom 20.11.1980 – IV R 126/78, BStBl. II 1981, 398, 399 und vom 24.03.1982 – IV R 96/78, BStBl. II 1982, 643, 645 bzgl. § 5 Abs. 5 (Abs. 3 a.F.) EStG. 20 BT-Drucks. 9/2140, S. 64 f. 21 So im Ergebnis auch Hartmann/Böttcher-Bordewin, §§ 4-5, Rn. 172o; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Lambrecht, § 5, Rn. D 26. 22 Die Regelung wurde eingeführt durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 und gilt gem. § 52 Abs. 13 erstmals für das Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.1996 endet. 23 Bordewin, FR 1998, 226, 230. 24 Kanzler, FR 1998, 421, 423 f.; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 62, 883 a; Schmidt-WeberGrellet, § 5, Rn. 450. Auch Wassermeyer, DStJG 14 (1991), S. 29, 42 bejahte bereits vor Einführung des Abs. 4a die Übertragbarkeit sämtlicher Absätze des § 5 EStG auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG.

180

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

Fortführung der gesetzgeberischen Entscheidung, auch die steuerliche Geltung der GoB nur explizit in § 5 Abs. 1 EStG zu kodifizieren. Auch in Bezug auf § 5 Abs. 4a EStG lag es für den Gesetzgeber somit nahe, „eine Ausnahme vom Maßgeblichkeitsgrundsatz in der Vorschrift zu regeln, die diesen Grundsatz schon immer enthält“.25 Hiernach ist es möglich, die Norm auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG anzuwenden. Auch trägt nur ein derartiges Verständnis dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung hinreichend Rechnung.26 Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 4a S. 1 EStG (§ 5 Abs. 4a a.F.).27 Zwar diente die Norm letztendlich dazu, die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer gegenzufinanzieren, woraus sich ableiten ließe, dass insoweit nur Gewerbetreibende belastet werden sollten.28 Geplant wurde die Einführung eines § 5 Abs. 4a EStG aber schon deutlich vor dem Gesetzentwurf zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer vom 06.08.1997.29 Nach der ursprünglichen Begründung sollte die Verbotsvorschrift durch die „spürbare Senkung der Tarife bei der Einkommensbesteuerung von natürlichen Personen und Körperschaften“ gerechtfertigt sein.30 Da aber auch diejenigen, die ihren Gewinn gem. § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, von den gesunkenen Tarifen profitieren, sprechen diese Erwägungen gerade gegen eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG. Hieran ändert auch der spätere Vorschlag des Vermittlungsausschusses nichts, § 5 Abs. 4a EStG als Gegenfinanzierung zur Abschaffung der

25 Kanzler, FR 1998, 421, 423. 26 Vgl. auch Kanzler, FR 1998, 421, 424 sowie BFH vom 06.12.1983 – VIII R 110/79, BStBl. II 1984, 227, 229 zur Anwendbarkeit der GoB im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG. 27 Das durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (vom 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590) eingeführte Passivierungsverbot war erstmalig im Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1998 der Fraktionen der CDU/CSU und FDP vom 18.03.1997 (BTDrucks. 13/7242, S. 3 und 14) bzw. im gescheiterten Regierungsentwurf vom 04.04.1997 (BR-Drucks. 207/97, S. 5 und 16) enthalten. Interessanterweise war bereits in diesem Entwurf die steuerliche Bildung von Bewertungseinheiten für einen „drohenden Gesamtverlust aus allen schwebenden Geschäften“ vorgesehen. Infolge der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 04.08.1997 (BT-Drucks. 13/8325) wurde dann aber ohne weitere Begründung in § 5 EStG der Abs. 4a a.F. in modifizierter Form eingefügt. Es bleibt mithin nur die Begründung zum ursprünglichen Gesetzesentwurf, vgl. zum Ganzen Kanzler, FR 1998, 421, 422. 28 Vgl. Kanzler, FR 1998, 421, 422 f. 29 BT-Drucks. 13/8348. Dieser beruht auf dem Gesetzesantrag Hamburgs vom 23.05.1997 (BR-Drucks. 385/97) und führte im Ergebnis zur Umsetzung der bereits im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 (BT-Drucks. 13/901) geplanten und im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 (BT-Drucks. 13/4839) erneut aufgegriffenen, dann aber wieder verschobenen Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, vgl. Cattelaens, DB 1997, 2294, 2294. 30 Vgl. BR-Drucks. 207/97, S. 16 und BT-Drucks. 13/7242, S. 14.

181

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Gewerbekapitalsteuer heranzuziehen.31 Diese Entscheidung dürfte rein fiskalisch motiviert gewesen sein, nicht aber auf steuersystematischen Überlegungen beruhen, aus denen sich eine Reduktion des Anwendungsbereichs ableiten ließe. Im Ergebnis ist von einer Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 5 Abs. 4a S. 1 EStG auch auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG auszugehen.

2.

Persönlicher Anwendungsbereich der Neuregelungen

Fraglich ist, welche Konsequenzen sich aus diesen Überlegungen für den persönlichen Anwendungsbereich der § 5 Abs. 1a und 4a EStG ergeben. a)

Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

Die obigen Überlegungen sprechen – entgegen der eigentlichen Gesetzessystematik – zunächst für eine Anwendbarkeit der Neuregelungen im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG. Hat § 5 EStG in seiner Gesamtheit Modellcharakter für den Betriebsvermögensvergleich, so müsste dies an sich auch für die neuen Regelungen in Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 gelten. Schiffers wendet allerdings zu Recht ein, dass § 5 Abs. 1a EStG nicht auf bestimmte handelsrechtliche Normen, sondern auf die konkret „in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeten Bewertungseinheiten“ verweist.32 Die Vorschrift kann damit nur insofern greifen, als auch eine Handelsbilanz erstellt wird. Ist dies aber – wie gerade bei § 4 Abs. 1 EStG – nicht der Fall, so mangelt es bereits an dem Bezugsobjekt, was grundsätzlich eine Anwendbarkeit ausschließt.33 Unterstützung findet diese Überlegung auch in den einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien, die explizit auf die „handelsrechtliche Rechnungslegung“ und „handelsrechtliche Praxis“ verweisen.34 Die von § 4 Abs. 1 EStG betroffenen Landund Forstwirte bzw. selbständig Tätigen unterliegen aber gerade nicht dem Handelsrecht, womit eine Erstreckung des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG auf diese Art der Gewinnermittlung grundsätzlich abzulehnen ist. Praktisch bleibt dieses Ergebnis bei geltender Rechtslage35 ohnehin folgenlos. So waren die auf einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB basierenden Bewertungseinheiten – aufgrund der dortigen Geltung der GoB – bislang auch im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG anzuerkennen.36 Dass sich hier31 Dieser Vorschlag verdrängte die ursprünglich angestrebte Abschaffung bzw. durchgreifende Änderung des § 34 EStG, vgl. BT-Drucks. 13/8348 sowie Kanzler, FR 1998, 421, 423. 32 Schiffers, DStZ 2006, 400, 402. 33 Schiffers, DStZ 2006, 400, 402. 34 BR-Drucks. 45/05 (Beschluss), S. 9 und BT-Drucks. 15/5605, S. 8. 35 Zu den Problemen, die sich im Zusammenhang mit dem Erlass des BilMoG ergeben vgl. 8. Teil IV. 3. a), S. 371 ff. 36 Vgl. 5. Teil II., S. 169 ff.

182

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

an im Zuge der Einführung von § 5 Abs. 1a EStG etwas geändert haben sollte, wird nicht ersichtlich. Zwar wurde die Thematik der „Bewertungseinheiten“ nunmehr ausschließlich bei den Vorschriften für bilanzierende Gewerbetreibende kodifiziert, was auf einen abschließenden Charakter der Vorschrift hindeuten könnte. Allerdings wird die Neuregelung von den Gesetzgebungsmaterialien durchweg als klarstellende Norm verstanden,37 womit davon auszugehen ist, dass die steuerliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten mindestens im bisherigen Umfang erhalten bleiben sollte. Die steuerliche Berücksichtigung der aus den GoB abgeleiteten Bewertungseinheiten kann sich damit – zumindest nach geltender handelsrechtlicher Rechtslage – auch weiterhin auf die entsprechende Geltung der GoB bei § 4 Abs. 1 EStG stützen. Relevanz könnte § 5 Abs. 1a EStG damit allenfalls im Hinblick auf die weitergehenden Bewertungseinheiten nach § 340h und § 252 Abs. 2 i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB haben, denen es bislang an einer steuerlichen Rechtsgrundlage fehlte. Ob solche nunmehr über § 5 Abs. 1a EStG für bilanzierende Gewerbetreibende Relevanz erlangen, gilt es an anderer Stelle zu untersuchen.38 Für die von § 4 Abs. 1 EStG betroffenen Steuerpflichtigen bleibt die auf §§ 340h bzw. 264 Abs. 2 HBG basierende Gesamtbetrachtung aber praktisch ohne Bedeutung, da es an relevanten Konstellationen im Rahmen dieser Gewinnermittlungsmethode mangelt.39 Die Frage des persönlichen Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG hat insoweit keine weiteren Auswirkungen. b)

Anwendungsbereich des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

Durchaus von praktischer Bedeutung ist hingegen die Frage, ob § 5 Abs. 4a S. 2 EStG im Rahmen des einfachen Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG Anwendung findet. Nach den obigen Ausführungen unterliegt auch die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 4a S. 1 (Abs. 4a a.F.) EStG.40 Sollten sich durch die Neuregelung relevante Ausnahmen hiervon ergeben, wären auch Land- und Forstwirte bzw. 37 BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 5, 7; BR-Drucks. 45/05 (Beschluss), S. 9; BT-Drucks. 15/5605, S. 8. 38 Vgl. dazu unter 6. Teil IV. 1. b) cc), S. 219. 39 So fehlt es den betroffenen Land- und Forstwirten bzw. selbständig Tätigen an der für die Kaufmannseigenschaft erforderlichen Gewerblichkeit; eine Anwendung der §§ 340h und 264 Abs. 2 HGB scheitert damit bereits am persönlichen Anwendungsbereich der handelsrechtlichen Normen. Sind die Unternehmen hingegen als Kapitalgesellschaft organisiert und unterliegen damit über § 13 Abs. 2 GmbHG bzw. § 3 Abs. 1 AktG i.V.m. § 6 Abs. 1 HGB dem Handelsrecht, werden ihre Einkünfte nach § 8 Abs. 2 KStG zu gewerblichen, was wiederum der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG entgegensteht. Relevanz könnte die Frage damit derzeit allenfalls insofern erlangen, als ein Land- bzw. Forstwirt gem. § 3 Abs. 2 HGB zur Kaufmannseigenschaft optiert. Auch dann mangelt es aber immer noch an der für § 340h HGB erforderlichen Branchenzugehörigkeit bzw. der von § 264 Abs. 2 HGB verlangten Rechtsform. 40 Vgl. dazu 6. Teil II. 1., S. 179 ff.

183

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

selbständig Tätige potenziell betroffen. Die Frage der Übertragbarkeit dieser Regelung auf den Betriebsvermögensvergleich nach 4 Abs. 1 EStG ist mithin durchaus von praktischer Relevanz. Gegen eine entsprechende Anwendung spricht vor allem die enge Verknüpfung der Norm mit § 5 Abs. 1a EStG. Hierbei steht nicht nur der Erlass beider Normen in einem unmittelbaren Zusammenhang, sondern § 5 Abs. 4a S. 2 EStG verweist auch inhaltlich ausdrücklich auf die „Ergebnisse nach Absatz 1a“. Greift aber Abs. 1a – nach den obigen Ausführungen – gerade nicht bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, so scheint dies zwangsläufig auch für § 5 Abs. 4a S. 2 EStG zu gelten. Dieses Ergebnis erscheint jedoch bei teleologischer Betrachtung kaum sachgerecht. So wollte der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 4a S. 2 EStG das aus Bewertungseinheiten resultierende negative Ergebnis vom Verbot zur Bildung von Drohverlustrückstellungen ausnehmen, weil es sich insofern um eine „lediglich technisch als Drohverlustrückstellungen bezeichnete Bilanzposition“ handele.41 Die Qualifikation als „technische Drohverlustrückstellung“ erfolgt hierbei ausschließlich in Anknüpfung an die Erscheinungsform der „Bewertungseinheit“, nicht aber bezogen auf die Art der Gewinnermittlung, in der dieses Konstrukt seine steuerliche Berücksichtigung findet.42 Die gesetzgeberische Wertung betrifft damit alle Bewertungseinheiten gleichermaßen. Nach dem Sinn und Zweck der Norm bedarf es mithin einer teleologischen Extension des Regelungsbereichs von § 5 Abs. 4a S. 2 EStG, woraus dessen Anwendbarkeit bei allen steuerlich zulässigen Bewertungseinheiten resultiert. Nur dieses Verständnis verhindert auch eine Kollision mit dem „Grundsatz der Steuergerechtigkeit“. Den Grundsatz der Steuergerechtigkeit entnimmt das BVerfG unmittelbar aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG,43 der es dem Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behan41 BT-Drucks. 15/5605, S. 8. 42 Vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 4a S. 2 EStG (BT-Drucks. 15/5605, S. 8), nach der „ein nach der Bildung der Bewertungseinheiten verbleibendes negatives Ergebnis […] in der Handelsbilanz oftmals als Drohverlustrückstellung dargestellt“ wird. Diese Erwägungen des Gesetzgebers beziehen sich offenkundig auf die bisherige Rechtslage, nach der – zumindest hinsichtlich GoB-konformer Bewertungseinheiten – aber keine Differenzierung anhand der Art der Gewinnermittlung vorgenommen wurde. Soll die Neuregelung den dort bestehenden Missstand beheben, so hat auch sie generell für alle Bewertungseinheiten, d.h. unabhängig von der einschlägigen Art der Gewinnermittlung zu gelten. 43 BVerfGE 6, 55, 70; 9, 237, 244; 26, 302, 310; 36, 321, 330; 65, 325, 354; 84, 239, 268. Tipke, StRO I, S. 298 ff., 314 ff. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich das Gleichbehandlungsgebot aus dem Gerechtigkeitsgebot ergebe, nicht umgekehrt. Dies ist allerdings insofern bedenklich, als ein solches Gebot verfassungsrechtlich nur schwer zu verankern ist.

184

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

deln.44 Ausfluss der Steuergerechtigkeit ist das „Gebot gleichmäßiger Besteuerung“,45 nach dem alle Steuerpflichtigen durch ein Gesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden müssen.46 Komponenten der Besteuerungsgleichheit sind insofern die Gleichheit der normativen Steuerpflicht (Rechtssetzungsgleichheit) ebenso wie die Gleichheit bei der Durchsetzung der Steuererhebung (Rechtsanwendungsgleichheit).47 Maßgeblich für die Höhe der Steuerlast und damit für die Besteuerungsgleichheit ist aber nicht nur der Steuertarif, sondern gleichfalls die steuerliche Gewinnermittlung;48 erst aus dem Zusammenwirken von Bemessungsgrundlage und Steuertarif ergibt sich die letztlich entscheidende Belastungswirkung.49 Auch die Gewinnermittlung muss damit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG entsprechen. Vorliegend besteht hierbei zwischen den betroffenen Gewinnermittlungsarten des § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 EStG kein qualitativer Unterschied im Hinblick auf die GoB-konformen Bewertungseinheiten. Da auch beide Gewinnermittlungsmethoden grundsätzlich dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 4a S. 1 EStG unterliegen, würde dessen nur einseitige Aufhebung durch die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ohne Not zu einem Konflikt mit Art. 3 führen. Auch die verfassungsrechtliche Betrachtung gebietet daher eine Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG.

III. Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG Zu untersuchen sind ferner die sachlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Neuregelung.

1.

Tatbestandsmerkmal „Bewertungseinheiten“

Der neu kodifizierte § 5 Abs. 1a EStG erklärt die Ergebnisse der gebildeten „Bewertungseinheiten“ für die steuerliche Gewinnermittlung als maßgeblich. Abweichend vom ursprünglichen Gesetzesentwurf Hessens fehlt es dieser Fassung jedoch an einer eigenständigen steuerlichen Begriffsdefinition der „Bewertungseinheit“. Auf eine solche wurde verzichtet, um mit der neuen Formulierung „die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz“ zu ver-

44 45 46 47 48 49

St. Rechtsprechung vgl. BVerfGE 13, 46, 53; 98, 365, 385; 112, 268, 279. Tipke, StRO I, S. 306, 314 f.; vgl. auch Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6. BVerfGE 84, 239, 268 („Zinssteuerurteil“). BVerfGE 84, 239, 271; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 70 f. Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6. Vgl. Hartmann/Walter, S. 110; Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 311; Herzig, IAS/IFRS, S. 31 f.; ders., WPg 2000, 104, 115 f. Bereits Myrbach-Rheinfeld, S. 95 bezeichnete die Feststellung der Bemessungsgrundlage als „wichtigsten aber auch schwierigsten Teil der Finanzgesetzgebung“.

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

deln.44 Ausfluss der Steuergerechtigkeit ist das „Gebot gleichmäßiger Besteuerung“,45 nach dem alle Steuerpflichtigen durch ein Gesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden müssen.46 Komponenten der Besteuerungsgleichheit sind insofern die Gleichheit der normativen Steuerpflicht (Rechtssetzungsgleichheit) ebenso wie die Gleichheit bei der Durchsetzung der Steuererhebung (Rechtsanwendungsgleichheit).47 Maßgeblich für die Höhe der Steuerlast und damit für die Besteuerungsgleichheit ist aber nicht nur der Steuertarif, sondern gleichfalls die steuerliche Gewinnermittlung;48 erst aus dem Zusammenwirken von Bemessungsgrundlage und Steuertarif ergibt sich die letztlich entscheidende Belastungswirkung.49 Auch die Gewinnermittlung muss damit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG entsprechen. Vorliegend besteht hierbei zwischen den betroffenen Gewinnermittlungsarten des § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 EStG kein qualitativer Unterschied im Hinblick auf die GoB-konformen Bewertungseinheiten. Da auch beide Gewinnermittlungsmethoden grundsätzlich dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 4a S. 1 EStG unterliegen, würde dessen nur einseitige Aufhebung durch die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ohne Not zu einem Konflikt mit Art. 3 führen. Auch die verfassungsrechtliche Betrachtung gebietet daher eine Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG.

III. Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG Zu untersuchen sind ferner die sachlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Neuregelung.

1.

Tatbestandsmerkmal „Bewertungseinheiten“

Der neu kodifizierte § 5 Abs. 1a EStG erklärt die Ergebnisse der gebildeten „Bewertungseinheiten“ für die steuerliche Gewinnermittlung als maßgeblich. Abweichend vom ursprünglichen Gesetzesentwurf Hessens fehlt es dieser Fassung jedoch an einer eigenständigen steuerlichen Begriffsdefinition der „Bewertungseinheit“. Auf eine solche wurde verzichtet, um mit der neuen Formulierung „die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz“ zu ver-

44 45 46 47 48 49

St. Rechtsprechung vgl. BVerfGE 13, 46, 53; 98, 365, 385; 112, 268, 279. Tipke, StRO I, S. 306, 314 f.; vgl. auch Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6. BVerfGE 84, 239, 268 („Zinssteuerurteil“). BVerfGE 84, 239, 271; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 70 f. Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6. Vgl. Hartmann/Walter, S. 110; Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 311; Herzig, IAS/IFRS, S. 31 f.; ders., WPg 2000, 104, 115 f. Bereits Myrbach-Rheinfeld, S. 95 bezeichnete die Feststellung der Bemessungsgrundlage als „wichtigsten aber auch schwierigsten Teil der Finanzgesetzgebung“.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

deutlichen.50 Problematisch ist dies insofern, als es auch dem „maßgeblichen“ Handelsrecht an einer Legaldefinition fehlt. Beim Begriff der Bewertungseinheit handelt es sich folglich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der Auslegung bedarf.51 a)

Nur objektübergreifende Bewertungseinheiten

Mangels anderer Anhaltspunkte könnte sich die Verweisung des § 5 Abs. 1a EStG zunächst als Bezugnahme auf die in der fachwissenschaftlichen Diskussion verwendete Begrifflichkeit der Bewertungseinheit verstehen lassen. Letztendlich hilft aber auch dies kaum weiter, da der Terminus „Bewertungseinheit“ – als Beschreibung für eine Vielzahl von Konstellationen – hier gleichfalls keiner einheitlichen Interpretation unterliegt.52 Bei rein grammatikalischer Betrachtung ist die Trennschärfe der Verweisung auf das Handelsrecht mithin überaus gering; sie erlangt vielmehr nur insofern Bedeutung, als die enge gesetzliche Anknüpfung an das Handelsrecht eine einheitliche Auslegung von einschlägigem Handels- und Steuerrecht gebietet, was bei der weiteren Untersuchung zu berücksichtigen sein wird. Eine entscheidende Abgrenzung des sachlichen Regelungsbereichs ergibt sich allerdings unter Rückgriff auf die Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1a EStG. Diese nimmt Bezug auf die unternehmerische Praxis, in der bei Kurssicherungsgeschäften (Hedges) Chancen und Risiken der gegenläufigen Geschäfte in „Bewertungseinheiten“ zusammengefasst werden53 und kommt damit zu einer situativen Abgrenzung des Regelungsbereichs. Die Erwägungen des Gesetzgebers beziehen sich hier ausschließlich auf Bewertungseinheiten zwischen selbständigen Geschäften im Sicherungsverbund, was – eingeordnet in den Katalog denkbarer Sinngehalte des Begriffs der „Bewertungseinheit“ – dafür spricht, den Terminus i.S.v. „objektübergreifende Bewertungseinheiten bei Sicherungsgeschäften“ zu verstehen. Bestätigung findet diese Interpretation auch in der konkreten Bezugnahme des Gesetzesentwurfs des Bundesrates auf den Gerichtsbescheid vom 19.03.2002,54 in dem der BFH sich mit der bilanziellen Behandlung geschlossener Positionen bei Kurssicherungsgeschäften zu beschäftigen hatte. Auch insofern handelt es sich um die objektübergreifende Zusammenfassung selbständiger Geschäfte anlässlich kompensatorischer Effekte. Beides verdeutlicht die gesetzliche Anlehnung an die Fallgruppe der Bewertungseinheiten bei gegenläufigen Sicherungsgeschäften, die auch als „kompensatorische Bewertung“ bezeichnet werden kann.55 Nicht erfasst sind 50 BR-Drucks. 45/1/05, S. 12. 51 Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1453; vgl. auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5. 52 Vgl. dazu die verschiedenen Erscheinungsformen der Bewertungseinheit unter 2. Teil III., S. 35. 53 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 54 BT-Drucks. 16/520, S. 8. 55 So im Ergebnis auch Barckow, StbJb 2006/07, 217, 222; Patek, FR 2006, 714, 714 f.

186

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

hingegen „objektbestimmende Bewertungseinheiten“,56 die dazu dienen, anhand des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs das bilanzierungsfähige Objekt, d.h. z.B. das einzelne Wirtschaftsgut, abzugrenzen.57 b)

Besonderheiten des § 340h Abs. 2 S. 2 BGB

Einer Abgrenzung bedarf es ferner im Zusammenhang mit § 340h Abs. 2 S. 2 HGB, nach dem im Falle einer „besonderen Deckung“ auch der überschießende Teil der Erträge aus der Währungsumrechnung erfolgswirksam zu vereinnahmen ist. Anders als bei den Bewertungseinheiten aufgrund eines teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB wird dabei nicht nur auf eine imparitätische Verlustantizipation verzichtet, sondern durch Einführung einer Quasi-Marktbewertung gleichfalls die Wirkung des Realisationsprinzips beschränkt. Fraglich ist, ob auch diese Regelungsanordnung der überschießenden Gewinnberücksichtigung als Form der kompensatorischen Bewertung i.S. einer Bewertungseinheit verstanden werden kann. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Feststellung, dass die Bewertungseinheit in ihrer Erscheinungsform als „objektübergreifenden Bewertungseinheit“ bzw. „kompensatorischen Bewertung“ fachsprachlich regelmäßig eine Einheit mehrerer Einzelpositionen umschreibt, die in ihrer Summe den allgemeinen Bewertungsvorschriften unterworfen werden.58 Relevante Prinzipien sind hierbei vor allem das Realisations- und das Imparitätsprinzip. Ergibt sich im Rahmen der Gesamtbetrachtung ein drohender Verlust, verbleibt nach Berücksichtigung kompensatorischer Effekte also ein Risikoüberhang, so ist dieser weiterhin imparitätisch zu berücksichtigen. Überschießende Gewinne sind hingegen nicht erfolgswirksam anzusetzen, da das Realisationsprinzip deren Ausweis untersagt. Der Begriff der Bewertungseinheit beschränkt sich mithin – nach gängigem (Fach-) Sprachgebrauch – funktionell auf den Verzicht imparitätischer Verlustantizipationen im Falle der Risikokompensation. Ein derartiges Begriffsverständnis hatte auch der Gesetzgeber vor Augen, als er in der Gesetzesbegründung zum Instrument der Bewertungseinheit ausführte: „Führt die kompensatorische Bewertung insgesamt zu einem positiven Ergebnis, bleibt dieses nach § 252 Nr. 4 HGB außer Ansatz, ein negatives mindert dagegen den Gewinn“.59 Der Gesetzgeber fokussierte sich mithin ausschließlich auf die Verlustausgleichsfunktion der Bewertungseinheit. § 5 Abs. 1a EStG verfolgt mithin das primäre Ziel zu verhindern, dass es „durch die isolierte imparitätische Bewertung zur Berücksichtigung von Verlusten“ kommt, „die tatsächlich niemals eintreten werden“.60 Eine darüber hinausgehende Berücksich-

56 57 58 59 60

Vgl. dazu 2. Teil III. 1., S. 35 ff. Ähnlich auch Schiffers, DStZ 2006, 400, 403. Vgl. dazu 2. Teil III. 2., S. 36 ff. BR-Durcks. 937/05, S. 9. BR-Durcks. 937/05, S. 9.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

tigung nicht realisierter Gewinnüberhänge ist hingegen nicht vom Telos der Norm umfasst. § 340h Abs. 2 S. 2 HGB widerspricht diesem Begriffsverständnis. Zwar führt auch die Bewertung der Fremdwährungsgeschäfte mit dem Kassa- bzw. Terminkurs und die erfolgswirksame Berücksichtigung der Erträge aus der Währungsumrechnung im Ergebnis zum Verzicht eines Verlustausweises, d.h. zu einer kompensatorischen Bewertung. Dies gilt jedoch nicht für die Möglichkeit, auch überschießende Gewinne erfolgswirksam zu berücksichtigen. Insofern handelt es sich nicht länger um eine Bewertungseinheit, sondern um einen Fall der Marktbewertung für derartige Positionen. Die Subsumtion des § 340h Abs. 2 S. 2 HGB unter den Tatbestand des § 5 Abs. 1a EStG würde insoweit sowohl dem fachwissenschaftlichen Verständnis einer Bewertungseinheit als auch der gesetzgeberischen Intention widersprechen. § 5 Abs. 1a EStG ist demgemäß dahingehend auszulegen, dass die in § 340h Abs. 2 S. 2 HGB vorgesehene Berücksichtigung überschießender Gewinne nicht als Teil einer Bewertungseinheit zu verstehen ist und nicht in die steuerliche Gewinnermittlung übertragen werden kann. Die handelsrechtliche Pflicht bzw. Möglichkeit, auch Erfolgsüberhänge erfolgswirksam zu berücksichtigen, wird mithin nicht steuerlich maßgeblich.

2.

„Zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken“

Eine weitere Einschränkung erfährt der sachliche Anwendungsbereich durch die Prämisse, dass einschlägige Bewertungseinheiten „zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken“ gebildet worden sein müssen. a)

Absicherung „finanzwirtschaftlicher Risiken“

Auch der Begriff der „finanzwirtschaftlichen Risiken“ wird durch die Neuregelung nicht gesetzlich spezifiziert und unterliegt damit gleichfalls als unbestimmter Rechtsbegriff der Auslegung.61 Im wirtschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch bezeichnet man mit „Risiko“ vorwiegend die Gefahr des Eintretens „ungünstiger“ Ereignisse,62 d.h. das negative Abweichen vom erwarteten Wert oder von einem anderen Vergleichswert.63 „Finanzwirtschaftliche“ Risiken werden hierbei in der Literatur üblicherweise von „leistungswirtschaftlichen“ abgegrenzt.64 Während letztere Bereiche wie Beschaffung, Pro61 Vgl. auch Hahne, StuB 2007, 18, 20; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; Kraft/Bischoff, S. 176; Schiffers, DStZ 2006, 400, 403. 62 HdFW-Moxter, „Finanzwirtschaftliche Risiken“, Sp. 631. 63 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 816; Barckow, S. 19; Büschgen, S. 865. Dieses finanzwirtschaftliche Begriffsverständnis unterscheidet sich vom Verständnis des Risikos in der Entscheidungstheorie. 64 HdFW-Moxter, „Finanzwirtschaftliche Risiken“, Sp. 631; Wolke, S. 99; ähnlich auch Hahne, StuB 2007, 18, 20, der jedoch von „realwirtschaftlichen Geschäftsvorfällen“ spricht. Anders Barckow, StbJb 2006/07, 217, 219, der die finanzwirtschaftlichen Risiken

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

duktion und Absatz betreffen, beziehen sich die finanzwirtschaftlichen Risiken auf die im Finanzbereich liegenden Ursachen von Gefahren.65 Zu ihnen gehören neben den finanzwirtschaftlichen Marktpreisrisiken,66 die sich aus Zinsund Kursschwankungen ergeben können (Finanzwertrisiken), auch Ausfallrisiken und Liquiditätsrisiken (Zahlungsstromrisiken).67 aa)

Keine Anwendbarkeit der Norm bei leistungswirtschaftlichen Risiken

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte in den Gesetzgebungsmaterialien ist zunächst davon auszugehen, dass sich auch der Steuergesetzgeber mit dem Begriff der „finanzwirtschaftlichen Risiken“ an diese übliche Risikokategorisierung anlehnen wollte. Zumindest Preisänderungsrisiken von Waren oder Rohstoffen dürften damit vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen sein.68 Zwar lassen sich auch solche Risiken – z.B. der drohende Anstieg der Beschaffungskosten für Rohstoffe – mittels Finanzinstrumenten absichern69 und wären damit ebenfalls einer kompensatorischen Bewertung zugänglich. Sie betreffen nach der obigen Abgrenzung jedoch gerade nicht den Finanzbereich des Unternehmens in Form des Geld- und Kapitalmarktsektors, womit sie als leistungswirtschaftliche Risiken vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG ausgenommen sind.70 Die steuerliche Behandlung derartiger Risikogeschäfte richtet sich folglich nach den bisherigen allgemeinen Regelungen. Erfüllt die konkrete Risikoabsicherung die Kriterien für GoB-konforme Bewertungseinheiten,71 so sind die Kompensationseffekte über § 5 Abs. 1 S. 1

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70 71

gegen „operationelle“ oder „Betriebsrisiken“ abgrenzt und damit solche Risiken meint, die sich auf personelle, systemische und organisatorische Faktoren gründen und häufig durch menschliches Fehlverhalten oder Versagen, fehlerhafte Systeme sowie ein unzureichendes Risikomanagement zurückzuführen sind. Diese Differenzierung erscheint für die vorliegende Frage nicht sachgerecht, da es hier augenscheinlich vielmehr um die Abgrenzung derjenigen Risiken geht, die im „finanzwirtschaftlichen Bereich“ eines Unternehmens zu finden sind und sich auf Geld- und Kapitalmarkttransaktionen beziehen, vgl. auch Hahne, StuB 2007, 18, 20. HdFW-Moxter, „Finanzwirtschaftliche Risiken“, Sp. 631. Daneben existieren auch leistungswirtschaftliche Preisrisiken in Form von Güterpreisschwankungen, vgl. C. Schmidt, S. 43. Barckow, StbJb 2006/07, 217, 220; Reichling/Bietke/Henne, S. 223; Wolke, S. 99 ff. A.A. Barckow, StbJb 2006/07, 217, 220; Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 158; dies., DB 2009, 976, 980; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5; Schiffers, DStZ 2006, 400, 403; ders., GmbH-Stb 2007, S. 143. Vgl. Hahne, StuB 2007, 18, 21. Die Gefahr steigender Beschaffungskosten lässt sich beispielsweise durch die Vereinbarung einer Kauf-Option oder eines Terminkaufs absichern. Das Risiko fallender Absatzkosten kann z.B. durch Verkauf-Optionen oder Terminverkäufe kompensiert werden. So auch Hahne, StuB 2007, 18, 21; ähnlich auch Kirsch, DStZ 2008, 28, 32. Vgl. dazu 4. Teil VI, S. 95 ff.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

EStG auch steuerlich zu berücksichtigen.72 Ist dies nicht der Fall, so bleibt es bei einer imparitätischen Einzelbewertung unter Berücksichtung der besonderen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG.73 bb)

Anwendbarkeit auf Finanzwert- und Zahlungsstromrisiken?

Fraglich bleibt, ob § 5 Abs. 1a EStG sämtliche finanzwirtschaftliche Risiken, d.h. sowohl Finanzwert- als auch Zahlungsstromrisiken, umfasst. Anders als das Handelsrecht, das mit § 289 Abs. 2 Nr. 2 b) HGB für Zwecke des Lageberichts eine Informationspflicht für „Preisänderungs-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken“ normiert, finden sich im Einkommensteuergesetz keine Anhaltspunkte für eine Konkretisierung der betroffenen Risikoarten. Offen ist damit, ob dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG ein ähnlicher Umfang beizumessen ist. Finanzwirtschaftliche Preisrisiken bestehen vor allem in Form negativer Veränderung von Währungskursen, Zinssätzen oder Aktienkursen.74 Ihre Absicherung erfolgt regelmäßig durch den Abschluss von Sicherungsgeschäften mit gegenläufiger Risikostruktur oder die Risikoübertragung auf einen Dritten durch den Erwerb von Optionen bzw. den Abschluss einer Wechselkursversicherung.75 Auch Ausfall- und Liquiditätsrisiken lassen sich begrenzen. Gängige Sicherungsmittel sind beispielsweise der Abschluss von Delkredereversicherungen oder Bürgschaften.76 Alle drei Risikokategorien sind damit grundsätzlich einer „Absicherung“ i.S.d. § 5 Abs. 1a EStG zugänglich, womit sie aus teleologischer Sicht potentiell dem Regelungsbereich unterliegen. Bedenken gegen eine derart extensive Interpretation der Norm ergeben sich jedoch mit Blick auf die Gesetzesbegründung. Deren situative Beschreibung der wirtschaftlichen Vorgänge in der Praxis befasst sich mit der Absicherung von Geschäften, „die einem Kursrisiko unterliegen“ und bezieht sich insoweit ausschließlich auf eine Untergruppe von Preisrisiken.77 Auch verwendet die Gesetzesbegründung den Begriff „Hedge“,78 der nach heutigem Verständnis praktisch ausschließlich im Zusammenhang mit der Absicherung oder Reduktion des Markt- bzw. Preisrisikos verwendet wird.79 Ausweislich der Begründung hatte der Gesetzgeber daher nur Finanzwertrisiken vor Augen, als er § 5 Abs. 1a EStG einführte. Dass die Regelung auf diese Bereiche beschränkt bleiben sollte, verdeutlicht auch der Gesetzesantrag des Landes Hessen, nach dem sich die relevanten Sicherungszusammenhänge tatbestandlich auf den 72 73 74 75 76 77 78 79

Zur Auffangfunktion des § 5 Abs. 1a EStG vgl. 6. Teil IV. 1. b) bb) (2) (a), S. 217 f. Vgl. Hahne, StuB 2007, 18, 21. Vgl. Barckow, S. 20 ff.; C. Schmidt, S. 43. Zu den verschiedenen Sicherungsmethoden vgl. bereits § 2, S. 5 ff. Vgl. hierzu Dietrich, S. 6 ff. BR-Drucks. 937/05, S. 9. BR-Drucks. 937/05, S. 9. C. Schmidt, S. 53 f. m.w.N.

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

„Ausgleich von Wertveränderungen“ beziehen sollten. Zwar ist dieser letztendlich nicht Gesetz geworden und kann damit nicht als entscheidender Maßstab für die Auslegung gelten. Der Entwurf lag der heutigen Regelung jedoch immerhin gedanklich zugrunde und ist auch nur deshalb durch die neue Formulierung ersetzt worden, weil hierdurch die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz stärker verdeutlicht werden sollte.80 Dass aus der neuen Formulierung aber auch eine inhaltliche Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs resultieren sollte, ist nicht ersichtlich. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass sich der Regelungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG auf die Risikokategorie der „finanzwirtschaftlichen Preisrisken“ beschränkt.81 Risikoausschlüsse durch Bürgschaften, Delkredereversicherungen oder ähnliche risikoverlagernde Instrumente sind hingegen nicht vom Regelungsbereich der Norm betroffen.82 b)

Tatbestandsmerkmal „zur Absicherung“

Sodann müssen die Bewertungseinheiten „zur Absicherung“ gebildet worden sein. Fraglich ist, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben. aa)

Erfordernis der Finalität?

Im Rahmen einer grammatikalischen Auslegung drängt sich hinsichtlich der Präposition „zur“ nach allgemeinem Sprachgebrauch zunächst ein Verständnis als finale Verknüpfung auf. Die Bewertungseinheit müsste folglich gebildet worden sein, „um hiermit eine Absicherung zu erzielen“. Problematisch an dieser Lesart ist jedoch, dass die geforderte Finalität im vorliegenden Sachzusammenhang einen logischen Fehlschluss darstellt: Bewertungseinheiten begründen keine Absicherung, sondern stellen lediglich deren (mögliches) bilanzielles Abbild bzw. eine (mögliche) Form der bilanziellen Behandlung dar.83 Die eigentliche Absicherung lässt sich hingegen nur durch den Abschluss risikokompensierender Geschäfte erzielen, womit eine solche Interpretation des Gesetzeswortlauts zur Sinnentleerung der Norm führen würde. Bestehen aber noch weitere Auslegungsvarianten, so ist eine derartige, dem Gesetz seinen Inhalt nehmende Auslegung unzulässig.84

80 BR-Drucks. 45/1/05, S. 12. 81 Ohne nähere Begründung so wohl auch Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 771. 82 Im Ergebnis ähnlich Schiffers, DStZ 2006, 400, 403, der aber auch „Warenpreisrisiken“ einbeziehen will. A.A. Barckow, StbJb 2006/07, 217, 220, der auch Bonitätsrisiken in den Anwendungsbereich der Norm einbezieht sowie Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 158; dies., DB 2009,976, 980. 83 Ähnlich auch Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 501. 84 Eine derartige Interpretation stünde im Widerspruch zum Verständnis des Gesetzes als „die Observation des auf die Schaffung einer rechtlichen Regelung oder Teilregelung gerichteten Willens seines Urhebers“, vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 318. Geht man insofern davon aus, dass der Gesetzgeber ja gerade eine Regelung schaffen wollte, so lässt

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Eine alternative Auslegung könnte sich insofern ergeben, als die Präposition „zur“ auch als Synonym für „anlässlich“ oder „betreffend“ verstanden werden kann. Folgt man dieser Lesart, so bezieht sich die Anordnung des § 5 Abs. 1a EStG auf diejenigen Bewertungseinheiten, die zur, d.h. „betreffend die Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken“, gebildet worden sind. Anders als die obige Interpretation korrespondiert diese Deutung auch mit dem Verständnis der Bewertungseinheit als bilanziellem Abbild einer Sicherungssituation. Sie ist damit inhaltlich sinnvoll und entspricht der Situationsbeschreibung der Gesetzesbegründung, nach der „in der handelsrechtlichen Rechnungslegung […] Chancen und Risiken aus den Grund- und Sicherungsgeschäften kompensatorisch in Bewertungseinheiten zusammengefasst“ werden.85 Das Erfordernis einer Finalität, welches die Norm vordergründig anmuten lässt, wäre insofern allerdings nicht gegeben. Anderer Ansicht ist Hahne. Auch er betrachtet die Formulierung der Neuregelung als ungenau, interpretiert den Wortlaut jedoch – unter Erhalt einer Finalität – dahingehend, dass die betroffenen Sicherungsgeschäfte mit dem Zweck der Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken abgeschlossen worden sein müssen.86 Dies sei bereits Voraussetzung für die handelsrechtliche Bildung von Bewertungseinheiten und aufgrund der gesetzlichen Formulierung zugleich Tatbestandsvoraussetzung für § 5 Abs. 1a EStG. Beidem ist zu widersprechen. Dass es im Rahmen der teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB keiner originären Sicherungsabsicht bedarf, wurde bereits festgestellt.87 Die Planmäßigkeit des Sicherungsabschlusses ist weder zum Ausschluss des Risikos noch zur Erfüllung der Objektivierungsfunktion erforderlich und stellt damit keine Voraussetzung für die handelsrechtliche Anerkennung GoB-konformer Bewertungseinheiten dar. Für Bewertungseinheiten nach §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB bzw. § 340h HGB gilt Entsprechendes.88 Auch mit Blick auf § 5 Abs. 1a EStG vermag die Annahme eines solchen Tatbestandsmerkmals nicht zu überzeugen. Dass der Wortlaut des § 5 Abs. 1a EStG keine Finalität im fraglichen Sinne fordert,

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sich – bei mehreren Auslegungsalternativen – die sinnentleerende Auslegung mit dieser Prämisse nicht vereinbaren; ähnlich aus systematischer Sicht auch Puppe, S. 71. Vgl. BR-Drucks. 937/05, S. 9. Hahne, StuB 2007, 18, 21 und 23. Vgl. 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff. und 4. Teil VI. 2. b) ee) (4), S. 130. Die Gesetzesbegründung zu § 340h HGB (BR-Drucks. 616/89, S. 24 bzw. BT-Drucks. 11/6275, S. 24) verlangt als Voraussetzung für eine besondere Deckung, „dass ein spezielles Deckungsgeschäft für umzurechnende Vermögensgegenstände, Schulden oder Geschäfte abgeschlossen oder eine besondere Beziehung zwischen Vermögensgegenständen oder Schulden hergestellt worden ist“. Aus der Alternativität der Anforderungen ergibt sich dabei deutlich, dass das Deckungsgeschäft nicht zwingend final zum Zwecke des Zusammenwirkens im Sicherungsverbund abgeschlossen worden sein muss, vgl. auch Naumann, Fremdwährungsumrechnung, S. 73; Scharpf/Sohler, S. 110.

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

wurde bereits aufgezeigt. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Zwar bezieht sich die Neuregelung hiernach situativ auf den Umstand, dass Unternehmen Geschäfte, die einem Kursrisiko unterliegen, durch andere Geschäfte absichern;89 über die Frage, ob bereits beim Geschäftsabschluss der Zweck der Absicherung verfolgt worden seien muss, ist damit aber noch nichts gesagt. Aussagekräftiger ist vielmehr die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Intention, durch § 5 Abs. 1a EStG den Maßgeblichkeitsgedanken stärken zu wollen. Dass diese eines der Leitmotive der Neuregelung ist, zeigt sich an vielerlei Orten. So war bereits die Abkehr vom hessischen Gesetzesantrag damit begründet worden, dass durch die neue Formulierung allein die „Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz“ verdeutlicht würde.90 Auch die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass durch die Gesetzesänderung klargestellt werden soll, dass „diese handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten […] für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich bleibt“. Der Gesetzesvorschlag wirke insofern „einer weiteren Differenzierung von Handels- und Steuerrecht entgegen“.91 Selbst wenn die konkrete Verwendung des Begriffes der Maßgeblichkeit in beiden Fällen etwas befremdlich erscheint, wird zumindest der Wille des Gesetzgebers offenkundig, mit der Neuregelung einen Einklang zwischen Handels- und Steuerbilanz zu erzielen. Ein solcher kann sich aber nur einstellen, wenn handels- und steuerrechtlich die gleichen Anforderungen an die Bildung der Bewertungseinheiten gestellt werden. Fehlt das Finalitätserfordernis handelsrechtlich, so kann es danach auch im steuerrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1a EStG keine Rolle spielen; die Neuregelung verlangt mithin keinen Geschäftsabschluss zum Zwecke der Absicherung. bb)

Art der Absicherung

Fraglich ist ferner der Umfang der von § 5 Abs. 1a EStG erfassten Sicherungsmethoden. Praktisch existiert eine Vielzahl möglicher Hedging-Modelle, um kompensatorische Wirkungen und somit eine Absicherung zu erzielen. Varianten der Risikokompensation bestehen zunächst allgemein in Form von Mikro-, Makro- und Portfolio-Hedges; hinzukommen Spezifikationen wie antizipative bzw. Cross-Hedges. Da es der Neuregelung insoweit an einer expliziten Abgrenzung mangelt, bleibt ungeklärt, ob alle Konstellationen vom Regelungsbereich der Norm umfasst sind. (1)

Gesetzgebungsmaterialien

Eine eindeutige Stellungnahme zu dieser Frage findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien. Sowohl die Begründung des hessischen Gesetzesantrags als 89 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 90 BR-Drucks. 45/1/05, S. 12. 91 BR-Drucks. 937/05, S. 9.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

auch die Gesetzesbegründung der Bundesregierung weisen darauf hin, dass eine Beschränkung der Bewertungseinheiten auf sog. „Mikro-Hedges“ unsachgemäß wäre. So würde diese bei „den in der Praxis üblichen Portfolio-Hedges und Macro-Hedges zu falschen Ergebnissen führen“.92 Schließlich entsprächen sowohl der Grundsatz der Einzelbewertung als auch das Saldierungsverbot „bei Sicherungsgeschäften im Rahmen von Portfolien nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis“.93 Durch die Neuregelung sollten daher derart „gebräuchliche indirekte Sicherungsmechanismen […] auch steuerlich nachvollzogen werden“.94 Zwar mag man anzweifeln, ob Makro- und PortfolioHedges in der Praxis tatsächlich „üblich“ sind.95 Der Wille des Gesetzgebers auch Makro- und Portfolio-Hedges in den Regelungsbereich einzubeziehen, wird aus den Gesetzgebungsmaterialien jedoch offenkundig. Diese Feststellung korrespondiert auch mit der Intention des Gesetzgebers, durch die Neuregelung die sich im Gerichtsbescheid vom 19.03.200296 abzeichnende Rechtsprechung des BFH zu korrigieren.97 Ein gesetzgeberisches Handeln war nur insoweit erforderlich, als der BFH die steuerliche Berücksichtigung von Bewertungseinheiten verweigerte. Dies war aber gerade im Hinblick auf Makround Portfolio-Hedges der Fall, da Mikro-Hedges ohnehin bereits im Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 vom BFH steuerlich anerkannt worden waren.98 Nach den Gesetzgebungsmaterialien wäre mithin von einer extensiven Auslegung des Anwendungsbereichs auszugehen; § 5 Abs. 1a EStG würde damit neben Mikro-Hedges grundsätzlich auch Makro- und Portfolio-Hedges erfassen.99 (2)

Einschränkungen für Handelsportfolien?

Trotz der insoweit eindeutigen Gesetzesbegründung vertritt Hahne eine Einschränkung des Regelungsbereichs im Hinblick auf Handelsportfolien bei Kreditinstituten.100 Derartige Portfolien würden zwar unter Risikogesichts92 93 94 95

96 97 98

99 100

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BR-Drucks. 937/05, S. 9. BR-Drucks. 937/05, S. 9. BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 7. Barckow, StbJb 2006/07, 217, 222 weist darauf hin, dass derartige Absicherungen von Nettorisikopositionen zwar in Großunternehmen und in der Kreditwirtschaft breiten Raum einnehmen – als „üblich“ könnten sie indes nicht angesehen werden. BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264 ff. Vgl. BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 7 und BT-Drucks. 16/520 S. 8, die ausdrücklich auf den Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.) Bezug nehmen. BFH, Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265 f. Vgl. auch BT-Drucks. 16/520, S. 9, die ausdrücklich auf den vom BFH im Verfahren I R 87/00 vertretenen strengen Grundsatz der Einzelbewertung „bei Sicherungsgeschäften im Rahmen von Portfolien“ verweist. Im Ergebnis genauso Barckow, StbJb 2006/07, 217, 222; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 504. Ähnlich auch Schmidt-Weber-Grellet, 4. Teil Rn. 70.

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

punkten gesteuert (Portfolio-Hedges)101, dienten jedoch nicht der Absicherung von Risiken, sondern ausschließlich der Erzielung eines Handelserfolges. Insgesamt liege damit „keine Bewertungseinheit zur Risikoabsicherung“ vor, was die Anwendung des § 5 Abs. 1a EStG auf derartige Konstellationen ausschließe.102 Fraglich ist jedoch, ob dieser Umstand genügt, um Portfolio-Hedges vom Regelungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG auszunehmen. Mit der Feststellung, dass „keine Bewertungseinheit zur Risikoabsicherung“ vorliege, stützt sich Hahne auf die fehlende Sicherungsfinalität der im Portfolio verbundenen Geschäfte. Hierbei ist grundsätzlich zutreffend, dass die primäre Zielsetzung der Handelstätigkeit nicht in der Risikoabsicherung zu finden ist: Kreditinstitute versuchen – neben der rein spekulativen Tätigkeit – durch den handelsmäßigen Einsatz von Finanzinstrumenten vielmehr Spread- und Kursgewinne zu erzielen sowie die Preisunterschiede an verschiedenen Märkten auszunutzen („Arbitrage“).103 Nach den obigen Ausführungen verlangt § 5 Abs. 1a EStG aber gerade keine Sicherungsabsicht beim Abschluss risikokompensierender Geschäfte.104 Die fehlende Finalität kann folglich nicht der steuerlichen Akzeptanz von „Portfolio-Hedges“ entgegenstehen. Allerdings erscheint die Anwendung des § 5 Abs. 1a EStG auf Handelsportfolien auch nach dem hier vertretenen Normverständnis durchaus zweifelhaft. So verlangt die Regelung zwar keinen Geschäftsabschluss „zum Zwecke der Absicherung“; immerhin müssen die Bewertungseinheiten aber im Zusammenhang mit einer „Absicherung“ gebildet worden sein.105 Eine solche steht bei Handelsportfolien aber gerade nicht im Zentrum des Interesses,106 was gegen eine Anwendbarkeit sprechen könnte. Bei Portfolio-Hedges stehen die Geschäfte nur qua „Absicherungsvermutung“ in einem wirtschaftlichen Zusammenhang – an einer Sicherungs- oder Durchhalteabsicht fehlt es gänzlich. Fraglich ist damit, ob derartige Hedges dennoch die Anforderungen an eine „Absicherung“ i.S.d. § 5 Abs. 1a EStG erfüllen. Rein sprachlich ergeben sich aus dem Begriff der „Absicherung“ keine Einschränkungen. Der Begriff lässt sich sowohl im Sinne einer originär herbeige101 Vgl. hierzu bereits 1. Teil II. 1. b) bb), S. 16 ff. 102 Vgl. Hahne, StuB 2007, 18, 21; diesem folgend auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-5. 103 Hahne, StuB 2007, 18, 21; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 9; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 161. Bei der Arbitrage wird ein Gut bzw. ein Zahlungsstrom zu einem bestimmten Preis von einem Kontrahenten gekauft und im selben Moment zu einem höheren Preis an einen anderen verkauft; die Differenz ist der Arbitragegewinn, vgl. Büschgen, S. 453, 475. 104 Vgl. bereits 6. Teil III. 2. b) aa), S. 191 ff. Hahne sieht dies offenkundig anders und kommt daher auch in Bezug auf die Handelsportfolien zu einem folgerichtigen Ergebnis, vgl. erneut StuB 2007, 18, 21. 105 So müssen die Bewertungseinheiten nach der hier vorgenommenen Interpretation „betreffend die Absicherung“ gebildet worden sein, vgl. 6. Teil III. 2. b) aa), S. 191 ff. 106 Vgl. dazu 1. Teil II. 1. b) bb), S. 16 ff.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

führten, d.h. „finalen“, als auch einer nachträglich gezielt vorgenommenen „subjektiven“ oder einer sich rein beiläufig ergebenden „objektiv-faktischen“ Sicherungswirkung verstehen. Entscheidend ist lediglich, dass ein Sicherungseffekt de facto besteht. Dies ist aber grundsätzlich auch bei Portfolio-Hedges der Fall, da auch diese durch die gezielte Zusammenstellung risikogleicher Geschäfte in gewissem Maße eine effektive Absicherung gegen finanzwirtschaftliche Risiken bewirken107 – eine Subsumtion unter den gesetzlichen Begriff der „Absicherung“ erscheint mithin potentiell möglich. Ein vergleichbares Bild ergibt sich mit Blick auf die Gesetzesbegründung. Wie die obigen Ausführungen zeigen, beabsichtigte der Gesetzgeber ausdrücklich, mit § 5 Abs. 1a EStG auch „Portfolio-Hedges“ zu erfassen. Da solche aber gerade primär die Handelsportfolien von Kreditinstituten betreffen, würde ihre Ausklammerung aus dem Regelungsbereich gegen den eindeutigen Willen des Gesetzgebers verstoßen. Und auch teleologisch betrachtet ergibt sich nichts Gegenteiliges. Sinn der Neuregelung ist es zu verhindern, dass aufgrund einer strengen Einzelbewertung in der Steuerbilanz Verluste ausgewiesen werden, die tatsächlich niemals eintreten werden.108 Die hierfür relevanten Risikoausschlüsse können aber in gewissem Maße auch im Zusammenhang mit Handelsportfolien von Kreditinstituten auftreten. Unter allen drei Gesichtspunkten steht der Anwendung des § 5 Abs. 1a EStG auf Handelsportfolien von Kreditinstituten damit zumindest aus tatbestandlicher Sicht nichts entgegen. Im Ergebnis ist § 5 Abs. 1a EStG damit grundsätzlich sowohl im Rahmen von Mikro- als auch bei Makro- und Portfolio-Hedges anwendbar. Hinsichtlich der Frage nach den eingangs erwähnten antizipativen und Cross-Hedges mangelt es hingegen an expliziten Anhaltspunkten. Anders als die allgemeine Klassifizierung nach Mikro-, Makro- und Portfolio-Hedges finden deren Subformen in den Gesetzgebungsmaterialien keine Erwähnung. Für die Erstreckung des Regelungsbereichs auch auf solche Hedge-Varianten spricht allerdings, dass in der Gesetzesbegründung das gesetzgeberische Interesse an einer möglichst extensiven Interpretation der Norm zum Ausdruck kommt. So sollen nicht nur bestimmte Konstellationen, sondern allgemein die „handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten“ für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich „bleiben“.109 Auch würde die „Beschränkung […] auf direkte und enge Sicherungszusammenhänge […] zu falschen Ergebnissen führen“.110 Folgt man dieser Tendenz, alle praktischen Erscheinungsformen von Bewer-

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Vgl. dazu 1. Teil II. 1. b) bb), S. 16 ff. BR-Drucks. 937/05, S. 4 und 9. BR-Drucks. 937/05, S. 9. BR-Drucks. 937/05, S. 9.

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

tungseinheiten dem Regelungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG zu unterwerfen, so kann für antizipative bzw. Cross-Hedges an sich nichts anderes gelten.111 Entsprechendes ergibt sich mit Blick auf den Zweck der Norm, den steuerlichen Ausweis tatsächlich niemals eintretender Verluste zu verhindern.112 Die hierfür erforderliche Risikoreduktion wird partiell auch im Rahmen von antizipativen oder Cross-Hedges anzunehmen sein. Zwar bestehen gerade bei letzteren Bedenken an der Sicherungseffizienz,113 so dass man daran zweifeln könnte, dass solche Verluste tatsächlich „niemals“ eintreten werden. Gleichartige Probleme ergeben sich jedoch auch im Hinblick auf Portfolio-Hedges, welche nach der Gesetzesbegründung114 dennoch ausdrücklich vom Regelungsbereich der Norm erfasst werden sollen. Insgesamt ergibt sich damit eine grundsätzliche Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1a EStG auf alle Erscheinungsformen des Hedgings. Ob sich diese Beurteilung (unter der gegenwärtigen handelsrechtlichen Rechtslage) auch mit Blick auf die Rechtsfolge der „Maßgeblichkeit“ halten lässt, ist an späterer Stelle zu klären.

3.

Begriff der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“

Für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung verweist § 5 Abs. 1a EStG auf die Behandlung von Bewertungseinheiten in der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“. Mit dieser Form der Maßgeblichkeit befindet sich die Neuregelung in Abkehr zur klassischen Maßgeblichkeit, die seit dem EStG 1925 stets als Bezugnahme auf die „(handelsrechtlichen) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ ausgestaltet war. Fraglich ist, welchen Rahmen die neu ausgestaltete Verweisung einnimmt. Der Begriff der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“ umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch zunächst den unternehmerischen Einzelabschluss. Dieser geht jedoch über die Bilanz und die GuV i.S. der §§ 238 bis 256 HGB hinaus.115 Zu den Vorschriften über die handelsrechtliche Rechnungslegung gehören insoweit auch die rechtsform- und branchenspezifischen Regelungen des zweiten und vierten Abschnitts des Dritten Buches des HGB,116 so dass gleichfalls der Anhang (§§ 264 Abs. 1 S. 1, 284 ff. HGB) im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften sowie der Lagebericht (§ 289 HGB) mit erfasst sind.117 Daneben bezieht sich der Terminus der handelsrechtlichen Rechnungs111 Dies gilt zunächst unabhängig von deren handelsrechtlicher Unzulässigkeit. Auch ein Großteil der Makro- und Portfolio-Hedges ist insoweit mit handelsrechtlichen Regelungen nicht vereinbar, soll aber dennoch der Norm des § 5 Abs. 1a EStG unterfallen. 112 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 113 Vgl. hierzu 4. Teil VI. 1. b), S. 116. 114 BR-Drucks. 937/05, S. 4 und 9. 115 Hahne, StuB 2007, 18, 19. 116 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 28 ff. 117 Hahne, StuB 2007, 18, 19.

197

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

legung auch auf den Konzernabschluss und schließt zudem die nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) erstellten Rechenwerke ein.118 Bei rein grammatikalischer Auslegung wären folglich sämtliche der o.g. Erscheinungsformen von Rechnungslegungswerken von der Neuregelung betroffen. Die Wertungen aus allen Bereichen müssten bei der steuerlichen Bildung von Bewertungseinheiten nach § 5 Abs. 1a EStG Berücksichtigung finden. Fraglich ist, ob dieses Ergebnis aufrecht erhalten bleiben kann. a)

Konzernabschluss?

Bedenken gegen ein derart weites Verständnis des Tatbestands ergeben sich zunächst mit Blick auf den Konzernabschluss. Dessen Geltung im Bereich des Steuerrechts wird zumeist unter Hinweis auf die abweichende Zwecksetzung abgelehnt. Während der Einzelabschluss Grundlage für die Gewinnausschüttung sei, diene die Konzernrechnungslegung ausschließlich Informationszwecken; sie sei damit für steuerliche Gewinnermittlungszwecke unmaßgeblich.119 Eine solche Argumentation vermag im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1a EStG nur begrenzt zu überzeugen. Zwar ist zutreffend, dass die steuerliche Gewinnermittlung sich weitestgehend an den Wertungen des Einzelabschlusses orientiert, dessen vorsichtige Gewinnermittlung der Gewinnausschüttungsfunktion Rechnung zu tragen versucht. Dieses Phänomen ist jedoch vor allem dem Umstand geschuldet, dass § 5 Abs. 1 S. 1 EStG die handelsrechtlichen GoB für maßgeblich erklärt.120 Ist der Gesetzgeber mit der Verweisung auf die „handelsrechtliche Rechnungslegung“ aber ausdrücklich von dieser Wertung abgewichen, so entfällt damit auch die einheitliche Zwecksetzung. Die Bindung der steuerlichen Gewinnermittlung an die Berechnung für Zwecke der Gewinnausschüttung erscheint insofern nicht länger zwingend.121

118 Hahne, StuB 2007, 18, 19; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774. Ähnlich auch Brockhaus, Stichwort „Rechnungslegung“. 119 So Kraft/Bischoff, S. 176; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774; Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 831 f. 120 Zusätzlich dazu finden sich entsprechende Wertungen auch in den besonderen steuerlichen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG (vgl. dazu 5. Teil III. 2., S. 171 ff.). Auch diese wären aber überkommen, wenn man der Norm des § 5 Abs. 1a EStG den Charakter einer vorrangigen Spezialregelung beimessen würde. 121 Dies gilt freilich nur dann, wenn man den ausschüttungsfähigen Gewinn nicht zugleich auch als Obergrenze der staatlichen Belastungsmöglichkeit versteht. Folgt man hingegen der von Döllerer beschriebenen Einordnung des Fiskus als „stillem Teilhaber des Unternehmens“, so könnte der Steuerstaat als Ausgangsgröße für die Bemessung seines Anteils am Gewinn des Unternehmens keinen höheren Betrag verlangen als ein Gesellschafter; beide könnten nur den tatsächlich realisierten, ausschüttungsfähigen Gewinn beanspruchen, vgl. Döllerer, BB 1971, 1333, 1334; ders., BB 1988, 238, 238; ähnlich auch Himmelreich, in: FS W. Müller, S. 613, 617; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 773; Schön, StuW 1995, 366, 377. Auch steuerlich würde das Vorsichtsprinzip damit zu einer obligatorischen Leitidee erwachsen, womit eine Abkehr von der Maßgeblichkeit des § 5

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

Die Unmaßgeblichkeit der Konzernrechnungslegung lässt sich allerdings auf anderem Wege begründen. Ausgangspunkt ist dabei die Überlegung, dass das Steuerrecht auch bei der Besteuerung von rechtlich und wirtschaftlich verbundenen Unternehmen grundsätzlich an die einzelnen Rechtsträger anknüpft.122 Zumindest im Bereich der direkten Steuern existiert damit keine Konzernbesteuerung. Dies gilt selbst in Fällen der körperschaftsteuerlichen Organschaft: Gem. § 14 Abs. 1 KStG wird hier erst das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet, so dass die Organgesellschaft als selbständiges Körperschaftsteuersubjekt ihr Einkommen gesondert ermittelt.123 Teil der Einkommensermittlung ist aber auch die steuerliche Gewinnermittlung, die sich mithin gleichfalls am Einzelabschluss des jeweiligen Organs zu orientieren hat. Für die direkten Steuern scheidet eine Bezugnahme auf den Konzernabschluss damit bislang124 aus – dies gilt auch im Rahmen von § 5 Abs. 1a EStG.125 b)

IAS/IFRS?

Ähnliche Fragen stellen sich in Bezug auf die Maßgeblichkeit internationaler Rechnungslegungsstandards. Zwar beschränkt sich deren Relevanz nach heutiger Rechtslage ohnehin auf die steuerlich belanglose Konzernrechnungsle-

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Abs. 1 EStG und der damit verbundenen Bindung an die GoB steuersystematisch unmöglich erschien. Dem kann allerdings nicht gefolgt werden. Während Anteilseigner grundsätzlich bei Verlusteintritt nicht zur Rückerstattung zuvor erhaltener Gewinnausschüttungen verpflichtet werden können, ist der Steuerstaat im Rahmen des § 10 d Abs. 1 EStG gehalten, Verluste zurückzutragen. Dieser Rücktrag kann – anders als bei den Gesellschaftern – letztendlich auch zu Rückzahlungen in Form von Steuererstattungen führen, womit die zum Zwecke des Gläubigerschutzes auferlegte Ausschüttungsrestriktion des Vorsichtsprinzips hier nicht zwingend erscheint, vgl. Siegel, StuB 1999, 195, 196. Zwischen steuerlichem Leistungsfähigkeitsprinzip und handelsrechtlicher Ausschüttungsbemessungsfunktion besteht insoweit kein zwingender Zusammenhang, der der Maßgeblichkeit handelsrechtlicher GoB eine allgemeine Gültigkeit verschaffen würde. Ein Abweichen von diesen Grundsätzen durch § 5 Abs. 1a EStG erscheint damit als durchaus zulässig. Eine Disponibilität des Maßgeblichkeitsgrundsatzes als einfachgesetzliche Regelung sehen auch Lauth, DStR 2000, 1365, 1367 f.; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5, Rn. A 388; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 17 f. Vgl. auch Hey, BB 2000, 1453, 1454 f., die jedoch eine Bindung über das Prinzip der Folgerichtigkeit annimmt (zum Folgerichtigkeitsgebot vgl. 7. Teil I. 1. c), S. 281 f.). Tipke/Lang-Montag, § 18, Rn. 400. Tipke/Lang-Hey, § 11, Rn. 25; Tipke/Lang-Montag, § 18, Rn. 408. Anders ist dies im Bereich der umsatzsteuerlichen Organschaft gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, in der alle Handlungen des Organs dem Organträger zugerechnet werden, vgl. Bunjes/Geist, § 2, Rn. 111. Zu Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der EU, die in eine europaweite Konzernbesteuerung münden sollen, vgl. Tipke/Lang-Hey, § 18, Rn. 510 ff. Im Ergebnis so auch Hahne, StuB 2007, 18, 19 und 23; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7; Schiffers, DStZ 2006, 400, 402; Wagner, INF 2006, 538, 541; Warnke, EStB 2006, 217, 220.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

gung.126 Nicht verkannt werden darf jedoch, dass die IAS/IFRS auch im Rahmen des steuerlich relevanten Einzelabschlusses immer weiter an Einfluss gewinnen.127 Nachfolgend ist damit klärungsbedürftig, inwieweit § 5 Abs. 1a EStG eine Bezugnahme auf die internationalen Rechnungslegungsstandards zulässt. aa)

Gesetzgebungsmaterialien

Gegen eine Maßgeblichkeit der IAS/IFRS sprechen zunächst die einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien. So enthält der Bericht des Finanzausschusses seitens der Fraktionen der CDU/CSU und SPD den ausdrücklichen Hinweis: „Nicht maßgeblich und damit auch nicht der Besteuerung zu Grunde zu legen ist der nach IAS/IFRS erstellte Einzelabschluss“.128 Es entsprach mithin dem Willen der parlamentarischen Mehrheit im Bundestag, die internationalen Rechnungslegungsstandards nicht in den Verweisungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG einzubeziehen. Historisch betrachtet spricht dies gegen die Maßgeblichkeit der nach IAS/IFRS erstellten Abschlüsse.129 bb)

Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung

Darüber hinaus könnte auch der privatrechtliche Charakter des International Accounting Standards Boards (IASB)130 einer Maßgeblichkeit der nach IAS/IFRS erstellten Rechnungslegung entgegen stehen. Wie alle Regelungsmaterien ist auch das Steuerrecht in die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes eingebunden und hat insofern den verfassungsrechtlichen Vorgaben 126 Betroffen ist vor allem der Konzernabschluss, der bereits in der Vergangenheit gem. § 292a HGB nach internationalen Standards erstellt werden durfte. Durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.12.2004 (BGBl. I. 2004, 3166) wurde die Norm durch § 315a HGB ersetzt und so die IAS-Verordnung der EG (IAS-VO vom 19.07.2002 – 1606/2002, ABl. EG 2002, Nr. L 243, 1) in das nationale Recht implementiert. Für den Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen wurden die IAS/IFRS damit ab 2005 rechtlich verpflichtend. Hinsichtlich des Einzelabschlusses wurde hingegen von dem in Art. 5 lit. a und b IAS-VO enthaltenen Wahlrecht zur verpflichtenden Einführung eines IAS/IFRS-Abschlusses kein Gebrauch gemacht. Der neu geschaffene § 325 Abs. 2a HGB räumt den großen Kapitalgesellschaften i.S.v. § 267 Abs. 3 HGB lediglich das Recht ein, neben dem Einzelabschluss nach HGB freiwillig zu Informationszwecken einen Einzelabschluss nach IAS/IFRS aufzustellen, der anstelle des HGB-Einzelabschlusses im Bundesanzeiger offen zu legen ist. Vgl. zum Ganzen R. Hüttemann, BB 2004, 203, 203 ff.; Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 48 m.w.N. 127 So sieht der Referentenentwurf zum BilMoG im Zusammenhang mit der Zeitwertbewertung nach § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E vor, den Begriff des „Finanzinstrumentes“ „in Anlehnung an die IFRS zu interpretieren“, RefE, S. 105. Auch im Rahmen der Bildung von Bewertungseinheiten nach § 254 HGB-E soll der Umfang der absicherungsfähigen Grundgeschäfte grundsätzlich „demjenigen nach den IFRS“ entsprechen, vgl. RefE, S. 116. 128 7. Ausschuss vom 15.03.2006, BT-Drucks. 16/975, S. 10. 129 Im Ergebnis so auch Schiffers, DStZ 2006, 400, 402. 130 Zur Zielsetzung und Entwicklung des IASB vgl. Pellens/Fülbier/Gassen, S. 74 ff.

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

auf einfachgesetzlicher Ebene Rechung zu tragen.131 Maßgeblich zu beachten ist dabei die aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bindung an „Gesetz und Recht“, aus der für die vollziehende Gewalt der „Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung“ folgt.132 Neben dem „Vorrang des Gesetzes“ gliedert sich dieser in den „Vorbehalt des Gesetzes“, nach dem einseitige Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Staatsbürgers eines Gesetzes bedürfen.133 Für den Bereich des Steuerrechts gilt insofern der Unterfall134 des „Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung“, der u.a.135 eine ausdrückliche formalgesetzliche Ermächtigung für sämtliche steuerliche Belastungsentscheidungen fordert.136 (1)

Wesentlichkeitsgrundsatz

Basierend auf dem Demokratieprinzip hat das BVerfG den „Vorbehalt des Gesetzes“ über die Eingriffskonstellationen hinaus fortentwickelt. Nach der nunmehr vertretenen „Wesentlichkeitstheorie“ ist der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen;137 alle unmittelbaren Fragen, die den Bürger betreffen, müssen damit – auch soweit sie keinen Eingriff darstellen – durch förmliches Gesetz entschieden werden.138 Zwar ergeben sich Probleme bei der Bestimmung, ob eine Frage im konkreten Fall „wesentlich“ ist.139 Zumindest in Fragen 131 Friauf, DStJG 12 (1989), S. 3, 5; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 13. 132 Sachs-Sachs, Art. 20, Rn. 110 ff.; v. Mangoldt/Klein/Starck-Sommermann, Art. 20 Abs. 3, Rn. 261 ff. 133 Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 107. 134 So die h.M., vgl. Hahn, S. 27 m.w.N. A.A. Hartmann/Walter, S. 112. Kruse, Steuerecht I, S. 39 f. vertritt für den Bereich des Steuerrechts eine spezielle Ausformung des Grundsatzes des „Vorbehalts des Gesetzes“, die er als Grundsatz der „Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung“ bezeichnet, vgl. dazu auch 6. Teil Fn. 205. 135 Auch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (steuerrechtliches Legalitätsprinzip) gliedert sich neben dieser Komponente in den Grundsatz des „Vorrangs des Gesetzes“, nach dem Rechtsverordnungen und Verwaltungsakte nicht gegen das Gesetz verstoßen dürfen, vgl. H/H/R-Ruppe, Einf. ESt, Rn. 511; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 150 ff. 136 Der folgt ergänzend zu Art. 20 Abs. 3 GG auch aus den Grundrechten und ist ergänzend einfachgesetzlich in § 3 Abs. 1 und § 38 AO verankert, vgl. Belser, S. 47 f.; Tipke, StRO I, S. 127; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 156. Teilweise wird er auch aus einer analogen Heranziehung des Art. 110 Abs. 2 GG hergeleitet, vgl. Papier, S. 96 ff. Weitere Nachweise zur rechtlichen Verankerung des Grundsatzes der „Gesetzmäßigkeit der Besteuerung“ bei Hahn, S. 28. 137 So die neuere Rechtsprechung des BVerfG in BVerfGE 40, 237, 248 ff.; 49, 89, 126 ff.; 61, 260, 275, mit der die historische Abhängigkeit vom Merkmal eines „Eingriffs“ aufgegeben wurde. Zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Vorbehalts des Gesetzes vgl. auch H/H/S-Birk, § 4, Rn. 652 m.w.N. 138 Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 311; Isensee/Kirchhof-Ossenbühl, V, § 101, Rn. 51 ff. 139 Vgl. Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 113; Isensee/Kirchhof-Ossenbühl, V, § 101, Rn. 56. Das BVerfG (BVerfGE 49, 89, 127) will das Erfordernis eines förmli-

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

grundlegender steuerlicher Belastungsentscheidungen dürfte das jedoch der Fall sein. Dieser Befund ergibt sich – zumindest für die hier relevante Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer – nicht nur aufgrund ihres typischerweise erheblichen Abschöpfungscharakters und des damit verbundenen Eingriffs in die ökonomische Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).140 Auch hat die Besteuerung erhebliche Bedeutung für die Einnahmeseite des Staatshaushalts und die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens.141 Die wesentlichen Besteuerungsentscheidungen unterliegen damit einem Delegationsverbot, womit eine Besteuerung nur zulässig ist, sofern und soweit sie durch förmliches Gesetz angeordnet ist.142 Zu diesem Ergebnis kommt letztlich auch das BVerfG, wenn es unter Verweis auf Bühler/Strickrodt143 ausführt, dass das Steuerrecht von der Idee der „primären Entscheidung des Gesetzgebers über die Steuerwürdigkeit bestimmter generell bezeichneter Sachverhalte“ getragen ist und dementsprechend „aus dem Diktum des Gesetzgebers“ lebe.144 Sämtliche Besteuerungsmerkmale müssen sich folglich aus einem förmlichen Gesetz ergeben.145

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chen Gesetzes „im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Intensität der geplanten und getroffenen Regelungen ermitteln“ – dies dürfte bei der konkreten Sachfrage jedoch kaum weiterhelfen. Zur Kritik an dem rein heuristischen Begriff der „Wesentlichkeit“ vgl. Nachweise bei Jehke, S. 97. BVerfGE 115, 97, 111; H/H/S-Birk, § 4, Rn. 525 ff., 650, 654; Kirchhof, Besteuerungsgewalt, S. 13 ff.; Tipke, StRO I, S. 126; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 153. Darüber hinaus kommen Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG in Betracht, die teilweise gleichfalls zur Herleitung eines Parlamentsvorbehaltes herangezogen werden, vgl. Nachweise bei Jehke, S. 101 sowie ergänzend H/H/S-Birk, § 4, Rn. 525 ff., Brinkmann, S. 21; Tipke, StRO I, S. 127. Ähnlich Herzig, IAS/IFRS, S. 32. Vgl. auch Papier, S. 63 und Maunz/Dürig/HerzogGreszick, Art. 20 VI, Rn. 107 nach dem „gravierende finanzielle Auswirkungen“ für die Wesentlichkeit einer Angelegenheit sprechen. Tipke, StRO I, S. 120. Dort S. 658. BVerfGE 13, 318, 328. Vogel/Waldhoff, Rn. 481 sehen die Feststellung des Gerichts vor dem Hintergrund, dass es dem Steuerrecht – anders als sonstigem Verwaltungsrecht – an abwägbaren Zwecksetzungen mangele. Aufgabe des Steuerrechts sei es lediglich, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf aufzubringen und die hierzu erforderlichen Zahlungsverpflichtungen gerecht zu verteilen. Für die Steuerverwaltung gebe es insofern keine dem Recht der Eingriffsverwaltung vergleichbare Begrenzung ihres Verwaltungshandels durch Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, so dass sie stärker auf das Gesetz und seinen Wortlaut verwiesen sein muss, damit die verfassungsrechtlich gewollte Gewichtsverteilung zwischen Gesetzgeber und Verwaltung gewahrt bleibt. Ähnlich auch Flume, StbJb 1967/68, S. 63, 64 f. und Kruse, Steuerrecht I, S. 45, die von einer fehlenden Sachgesetzlichkeit des Steuerrechts ausgehen, weshalb diesem eine „positivistische“ Natur zukomme. Jehke, S. 109 f. weist jedoch darauf hin, dass dieser Ansatz in den späteren Entscheidungen des BVerfG nicht mehr aufgenommen wurde. Zu

Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

Zentraler Bestandteil der Belastungsentscheidung sind aber nicht nur das Steuersubjekt, das Steuerobjekt und der Steuertarif, sondern gleichfalls die steuerliche Gewinnermittlung.146 Auch die bilanzielle Gewinnermittlung muss deshalb den systemtragenden Prinzipien des Steuerrechts gerecht werden147 und dem Parlamentsvorbehalt Rechnung tragen.148 An einer hiernach erforderlichen Normierung mangelt es aber in Bezug auf die privaten Rechnungslegungsstandards, denn die Regelungen der privaten Standardsetter entsprechen weder dem Parlamentsvorbehalt, noch können diese überhaupt öffentlichrechtliche Normen schaffen.149 Grundsätzlich würde eine Bezugnahme auf die IAS/IFRS damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen widersprechen.150 (2)

Anwendbarkeit dieser Grundsätze auch bei Verweisung auf private Standardsetter

Trotz der anscheinenden Allgemeingültigkeit dieses Ergebnisses wurde eine Verweisungsmöglichkeit auf die IAS/IFRS in anderen Rechtsgebieten teilweise bejaht. So wurde die Aufstellung des Konzernabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards gem. § 292a Abs. 2 Nr. 2 a) HGB a.F. (§ 315a HGB n.F.)151 verfassungsrechtlich für zulässig erachtet, weil sich das Wesentlichkeitskriterium in erster Linie gegen exekutive Normsetzungen richte; eine Übertragbarkeit dieses Grundsatzes auf das Verhältnis von Staat und

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weiteren Begründungesansätzen für einen steuerlichen Parlamentsvorbehalte vgl. Jehke, S. 96 ff. m.w.N. So im Ergebnis auch H/H/S-Birk, § 4, Rn. 650 ff.; Brinkmann, S. 75 ff.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, S. 58 f.; Papier, S. 63 ff., 103; Stadie, § 2, Rn. 64; Tipke/LangLang, § 4, Rn. 158. Vgl. Hartmann/Walter, S. 110; Herzig, IAS/IFRS, S. 31 f.; ders., WPg 2000, 104, 115 f. Vgl. dazu auch bereits 6. Teil Fn. 48. Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 286. Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 311 weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass auch niemand auf die Idee käme, den Steuertarif nicht mehr durch Gesetz, sondern privat bestimmen zu wollen. Vgl. auch H/H/S-Birk, § 4, Rn. 667. Beisse, in: FS W. Müller, S. 731, 748; Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 54. So im Ergebnis auch Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2002, 2372, 2378 f.; Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 311; Herzig, IAS/IFRS, S. 31 f.; Herzig, WPg 2000, 104, 115 f.; Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 54; Kahle, WPg 2003, 262, 271. Zu weiteren verfassungsrechtlichen Argumenten gegen die Geltung privater Rechnungslegungsstandards im Steuerrecht vgl. Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 311 mit dem Hinweis auf einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aufgrund der verzögerten Übersetzung in die deutsche Sprache sowie gegen das Übermaßverbot aufgrund eines unverhältnismäßigen Buchführungs- und Bewertungsaufwandes durch die IAS/IFRS und Herzig, IAS/IFRS, S. 32, der auf den eingeschränkten Rechtsschutz im Hinblick auf die international geltenden Regelungen hinweist. Daneben bestehen ernstliche Zweifel, ob die internationalen Rechnungslegungsstandards mit dem Zweck der Steuerbilanz kompatibel sind, vgl. Herzig, IAS/IFRS, S. 32 ff. m.w.N. Grundlegend a.A. Oestreicher/Spengel, RIW 2001, 889 ff. Vgl. 6. Teil Fn. 126.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Privaten und damit auf staatsexterne Gremien sei hingegen abzulehnen.152 Gleiches könnte auch steuerlich in Bezug auf § 5 Abs. 1a EStG gelten. Dem ist jedoch zu widersprechen. Zwar ist zutreffend, dass das BVerfG den Vorbehalt des Gesetzes in erster Linie im Verhältnis von Legislative und Exekutive anwendet. Die Aussage der Wesentlichkeitstheorie bleibt jedoch nicht hierauf beschränkt. So versteht sich der Vorbehalt des Gesetzes (in seiner neuen Interpretation) als Aufforderung an das Parlament „seine Gesetzgebungsaufgabe nicht zu vernachlässigen“.153 Im grundlegenden normativen Bereich hat das Parlament alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen;154 es darf seine Gesetzgebungsgewalt nicht anderen überlassen oder übertragen.155 Dies soll bewirken, „dass dem parlamentarischen Gesetzgeber jeder Ausweg versperrt wird, der ihm verfassungsrechtlich zukommenden Gesetzgebungsaufgabe auszuweichen“.156 Handelt es sich bei der hier fraglichen Materie, wie gezeigt, um eine „wesentliche“ und kann sie damit nicht auf die Exekutive übertragen werden, so ist gleichfalls keine Delegation auf private Dritte zulässig. Im Rahmen der Wesentlichkeitsrechtsprechung des BVerfG geht es nicht um eine Begrenzung der Exekutive, sondern um die Übernahme von Verantwortung, ein für die Öffentlichkeit transparentes Verfahren157 und die Ausübung der Staatsgewalt durch die dazu verfassungsrechtlich legitimierten Organe.158 Anders als Exekutivorgane (Art. 20 Abs. 3 GG) entbehren private Standardsetter jeglicher rechtsstaatlicher Bindung. Dies würde Belastungsentscheidungen ermöglichen, denen es weitestgehend am Einfluss einer parlamentarischen Willensbildung fehlt; der Wesentlichkeitsgrundsatz muss folglich im Verhältnis zu privaten Dritten erst recht gelten.159 Ferner ist der rechtliche Rahmen bei § 5 Abs. 1a EStG ein anderer als bei der entsprechenden handelsrechtlichen Problematik. § 315a HGB beruht auf der IAS-VO der EG.160 Lässt sich eine Verletzung des Wesentlichkeitsgrundsatz

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Heintzen, BB 1999, 1050, 1053, insbesondere Fn. 45. Isensee/Kirchhof-Ossenbühl, V, § 101, Rn. 49. BVerfGE 49, 89, 126 f. Hommelhoff, in: FS Odersky, S. 779, 794 f. H/H/S-Birk, § 4, Rn. 664; Isensee/Kirchhof-Ossenbühl, V, § 62, Rn. 53. Vgl. hierzu BVerfGE 101, 297, 306 f. zum Erfordernis der „parlamentarischen Öffentlichkeit“; Hommelhoff, in: FS Odersky, S. 779, 789; Hommelhoff/Schwab, in: FS Kruse, S. 693, 707 ff.; Kirchhof, ZGR 2000, 681, 690 f. 158 Im Bereich der direkten Steuern ist dies gem. Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 3, 76 ff. GG der Bundesgesetzgeber. Ähnlich auch Herzig, IAS/IFRS, S. 31. 159 So im Ergebnis auch Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2002, 2372, 2379; Euler, in: Kleindiek/Oehler, S. 193, 197 f. Ähnlich auch Hellermann, NZG 2000, 1097, 1101. 160 Vgl hierzu bereits 6. Teil Fn. 126.

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Sachlicher Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG

dort u.U. noch mit dem Hinweis auf das Komitologieverfahren161 und einen weniger strengen Vorbehalt des Gesetzes auf EG-Ebene162 rechtfertigen,163 können diese Überlegungen im Recht der direkten Steuern nicht greifen. Die direkten Steuern sind europarechtlich nicht harmonisiert. Selbst wenn auf EGEbene ein milderer Vorbehalt des Gesetzes herrschen sollte, können nationale Maßstäbe im Bereich des direkten Steuerrechts damit nicht durch EGrechtliche Wertungen überlagert werden. Auch hinsichtlich der steuerlichen Bemessungsgrundlage scheidet ein Anwendungsvorrang insofern aus; neben dem ohnehin steuerlich belanglosen Konzernabschluss unterfallen damit auch die nach IAS/IFRS erstellten Einzelabschlüsse nicht dem Tatbestandsmerkmal der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“ i.S.v. § 5 Abs. 1a EStG.164 c)

Anhang und Lagebericht?

Im Ergebnis ist der Verweisungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG daher auf den handelsrechtlichen Einzelabschluss beschränkt. Offen bleibt jedoch, ob die Neuregelung auf alle Teile des Einzelabschlusses, d.h. neben Bilanz und GuV auch auf den Anhang und Lagebericht bei Kapitalgesellschaften, Bezug nimmt. Zwar mag es vereinzelt möglich bzw. geboten sein, kompensatorische Effekte auch informativ im Anhang oder Lagebericht darzustellen. Diesbezüglich fehlt es jedoch bereits begrifflich an einer „Bewertungseinheit“. Wie die Gesetzesbegründung zeigt, beziehen sich die Überlegungen des Normgebers zu § 5 Abs. 1a EStG ausschließlich auf die Bewertungsvorschriften der §§ 252 ff. HGB.165 Diese wirken aber grundsätzlich nur im Rahmen von Bilanz und GuV, womit der Darstellung kompensatorischer Effekte im Anhang bzw. Lagebericht keine steuerliche Wirkung zukommt.166 Auch würde es dem

161 So Heintzen, BB 2001, 825, 828; Oestreicher/Spengel, RIW 2001, 889, 891. Zum Komitologieverfahren, mit dem die EU-Kommission Rechnungslegungsstandards für Zwecke der IAS-VO anerkennt, vgl. Heintzen, BB 2001, 825, 828 m.w.N. 162 So Heintzen, BB 2001, 825, 828 (Fn. 22). Tatsächlich jedoch dürfte der Gesetzesvorbehalt auch europarechtlich allenfalls insoweit abgemildert sein, als es aufgrund der mittelbaren demokratischen Legitimation der Vertreter der Mitgliedstaaten vereinzelt nicht zwingend auf eine Parlamentsbeteiligung ankommt (vgl. Calliess/Ruffert-Kingreen, Art. 52 GRCh, Rn. 61 f.). Insofern handelt es sich dann um einen Ratsvorbehalt, der allerdings gleichfalls eine ausreichenden Regelungsdichte verlangt (Calliess/RuffertKingreen, Art. 52 GRCh, Rn. 62). Die von Heintzen geführte Argumentation vermag damit bereits dem Grunde nach nicht zu überzeugen. 163 Handelsrechtlich fehlt es darüber hinaus an einer dem Steuerrecht vergleichbaren Eingriffsintensität. Es ließe sich insofern überlegen, ob es sich hierbei nicht bereits um „unwesentliche“ Fragen handelt. 164 Ohne nähere Begründung so auch Korn/Strahl, KÖSDI 2006, 15006, 15013; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 654. 165 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 166 So auch Hahne, StuB 2007, 18, 19.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

mit der Maßgeblichkeit verfolgten Vereinfachungsziel167 zuwiderlaufen, wenn für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung Angaben im Anhang oder Lagebericht in ein steuerbilanzielles Zahlenwerk „übersetzt“ werden müssten. Das Tatbestandsmerkmal der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“ bezieht sich folglich ausschließlich auf Bilanz und GuV im Rahmen eines nach HGB erstellten Einzelabschlusses.

4.

Zwischenergebnis

Der sachliche Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG bezieht sich auf die Frage der steuerbilanziellen Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten. Solche sind nach der Neuregelung insofern rechtlich zulässig, als der zugrunde liegende Sicherungszusammenhang der Absicherung finanzwirtschaftlicher Preisrisiken in Form von Währung-, Zins- oder Kursrisiken dient. Nach dem hier vertretenen Verständnis der Norm erfasst der Tatbestand sämtliche Hedge-Varianten, mit denen die faktische Absicherung gegen Preisrisiken erzielt wird. Maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung sind allerdings nur solche objektübergreifenden Bewertungseinheiten, die – ohne Rückgriff auf IAS/IFRS – in der Bilanz bzw. GuV des handelsrechtlichen Einzelabschusses Berücksichtung gefunden haben.

IV. Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG In der Rechtsfolge normiert § 5 Abs. 1a EStG, dass „die Ergebnisse der [….] gebildeten Bewertungseinheiten […] auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich“ sind. Die Regelung weicht insofern von der allgemeinen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ab. Bezugsmaßstab sind nicht mehr die „handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“, sondern die „Ergebnisse der gebildeten Bewertungseinheiten“. Fraglich ist, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben.

1.

Einordnung der Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1a EStG

Die in § 5 Abs. 1a EStG vorgeschriebene Form der Maßgeblichkeit bedarf zunächst einer rechtlichen Einordnung. a)

Faktische Bezugnahme auf die Handelsbilanz

Wenn der Gesetzgeber für die allgemeine Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG und für die besondere Regel des § 5 Abs. 1a EStG abweichende begriffliche Bezugsmaßstäbe festschreibt, so spricht dies aus systematischer Sicht zunächst für unterschiedliche Rechtsfolgen der beiden Normen. Inhaltlich di167 Vgl. zur neuen Form der Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a EStG BR-Drucks. 937/05, S. 9 sowie zur allgemeinen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S.1 EStG die Regierungsbegründung zum EStG 1934, RStBl. 1935, 33, 37.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

mit der Maßgeblichkeit verfolgten Vereinfachungsziel167 zuwiderlaufen, wenn für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung Angaben im Anhang oder Lagebericht in ein steuerbilanzielles Zahlenwerk „übersetzt“ werden müssten. Das Tatbestandsmerkmal der „handelsrechtlichen Rechnungslegung“ bezieht sich folglich ausschließlich auf Bilanz und GuV im Rahmen eines nach HGB erstellten Einzelabschlusses.

4.

Zwischenergebnis

Der sachliche Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG bezieht sich auf die Frage der steuerbilanziellen Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten. Solche sind nach der Neuregelung insofern rechtlich zulässig, als der zugrunde liegende Sicherungszusammenhang der Absicherung finanzwirtschaftlicher Preisrisiken in Form von Währung-, Zins- oder Kursrisiken dient. Nach dem hier vertretenen Verständnis der Norm erfasst der Tatbestand sämtliche Hedge-Varianten, mit denen die faktische Absicherung gegen Preisrisiken erzielt wird. Maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung sind allerdings nur solche objektübergreifenden Bewertungseinheiten, die – ohne Rückgriff auf IAS/IFRS – in der Bilanz bzw. GuV des handelsrechtlichen Einzelabschusses Berücksichtung gefunden haben.

IV. Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG In der Rechtsfolge normiert § 5 Abs. 1a EStG, dass „die Ergebnisse der [….] gebildeten Bewertungseinheiten […] auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich“ sind. Die Regelung weicht insofern von der allgemeinen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ab. Bezugsmaßstab sind nicht mehr die „handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“, sondern die „Ergebnisse der gebildeten Bewertungseinheiten“. Fraglich ist, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben.

1.

Einordnung der Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1a EStG

Die in § 5 Abs. 1a EStG vorgeschriebene Form der Maßgeblichkeit bedarf zunächst einer rechtlichen Einordnung. a)

Faktische Bezugnahme auf die Handelsbilanz

Wenn der Gesetzgeber für die allgemeine Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG und für die besondere Regel des § 5 Abs. 1a EStG abweichende begriffliche Bezugsmaßstäbe festschreibt, so spricht dies aus systematischer Sicht zunächst für unterschiedliche Rechtsfolgen der beiden Normen. Inhaltlich di167 Vgl. zur neuen Form der Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a EStG BR-Drucks. 937/05, S. 9 sowie zur allgemeinen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S.1 EStG die Regierungsbegründung zum EStG 1934, RStBl. 1935, 33, 37.

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

vergierende Regelungsanordnungen dienen – bezogen auf eine einheitliche Sachmaterie – regelmäßig dazu, den heterogenen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Dieses Ziel lässt sich aber nur erreichen, wenn auch die Rechtfolgen im konkreten Fall unterschiedlich ausfallen können. Vor diesem Hintergrund erstaunt es zunächst, dass die Regelung nach den einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien durchweg als Klarstellung bezeichnet wird. § 5 Abs. 1a EStG statuiere „klarstellend“ eine Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten in der Steuerbilanz,168 und die handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten solle „auch weiterhin“ für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich bleiben.169 Bei historischer Auslegung ergäbe sich hiernach ein rein deklaratorischer Charakter. Soll § 5 Abs. 1a EStG aber nur klarstellend wirken, so bliebe es im Ergebnis bei einer Beibehaltung der bisherigen Rechtslage. Die tatbestandliche Verweisung auf die „Ergebnisse der gebildeten Bewertungseinheiten“ wäre folglich im Einklang mit der Rechtsfolgenanordnung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, d.h. ebenfalls als Bezugnahme auf die handelsrechtlichen GoB zu verstehen. Auch die steuerliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten bliebe damit auf das bisherige Maß beschränkt. Die scheinbar eindeutige Gesetzesbegründung ist in diesem Punkt allerdings inkonsistent und kann mithin nur begrenzt für Auslegungszwecke herangezogen werden. So soll § 5 Abs. 1a EStG einerseits klarstellend wirken, anderseits aber korrigierend in die Rechtsprechung des – zur rechtsverbindlichen Auslegung des Steuerrechts berufenen – BFH eingreifen;170 eine Klarstellungsfunktion scheidet insofern aus.171 Gleichfalls geht die Gesetzesbegründung davon aus, dass „diese handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten auch weiterhin für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich bleibt“,172 obwohl es nach bisheriger Rechtslage gerade an einer Maßgeblichkeit der „handelsrechtlichen Praxis“ fehlt. Wie bereits festgestellt, normiert § 5 Abs. 1 S. 1 EStG nämlich nur die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB und diese ermitteln sich nach heutiger Erkenntnis aber gerade nicht induktiv mit 168 BR-Drucks. 937/05, S. 4. Ähnlich auch BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 5; BT-Drucks. 16/520, S. 7 169 BR-Drucks. 937/05, S. 9. Ähnlich auch BT-Drucks. 15/5605, S. 8; BT-Drucks. 16/520, S. 8. 170 Dieses Motiv ergibt sich aus den Stellungnahmen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, vgl. BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 7; BR-Drucks. 45/05 (Beschluss), S. 9; BTDrucks. 15/5605, S. 8. 171 Auf die Widersprüchlichkeit der Regierungsbegründung verweisen insofern auch: Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1452; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 771; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 653; Wagner, INF 2006, 538, 541. A.A. anscheinend Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 70, der die Neuregelung gleichfalls als klarstellend bezeichnet. 172 BR-Drucks. 937/05, S. 9.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Blick auf die kaufmännische Praxis, sondern hermeneutisch unter Auslegung der bestehenden Rechtsnormen.173 Insgesamt kann der gesetzgeberische Wille zur Normierung einer klarstellenden Regelung damit nicht nachvollzogen werden. Aussagekräftiger ist vielmehr die Formulierung im ursprünglichen Gesetzesantrag des Landes Hessen, nach dem die vorgeschlagene Gesetzesänderung klar stellt, „dass die derzeitige Bilanzierungspraxis zur Bildung von Bewertungseinheiten in Handels- und Steuerbilanz auch weiterhin beibehalten wird“.174 Dem Gesetzgeber ging es also nicht um die Bewahrung der tatsächlichen Rechtslage, sondern darum, die damalige (ggf. rechtswidrige) Bilanzierungspraxis steuerrechtlich anzuerkennen. Wie die Verknüpfung zwischen Handels- und Steuerbilanz dabei konkret ausgestaltet sein soll, lässt sich anhand der Gesetzgebungsmaterialien allerdings nur unzureichend ermitteln. Ertragreicher ist der Wortlaut der Norm. Sowohl der Begriff der „Ergebnisse“ als auch die Partizip Perfekt-Form der „gebildeten“ Bewertungseinheiten indizieren die Anknüpfung an einen abgeschlossenen Vorgang, nämlich die faktische Behandlung durch den Steuerpflichtigen. Ausschließlicher Bezugsmaßstab ist hierbei die nach dem HGB erstellte Bilanz und GuV.175 Anders als bei der materiellen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG geht es folglich nicht um die Übertragung bestimmter handelsrechtlicher Regeln auf das Steuerrecht, sondern um die Bezugnahme auf die tatsächliche Handhabung in der Handelsbilanz und die Transformation des daraus resultierenden Ergebnisses in die steuerliche Gewinnermittlung. Der Wortlaut der Norm erscheint insoweit weitestgehend eindeutig. Offen bleibt lediglich, warum der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1a EStG nicht die „gebildeten Bewertungseinheiten“, sondern deren „Ergebnisse“ für maßgeblich erklärt. Hahne176 begründet dies damit, dass aus der Bildung von Bewertungseinheiten selbst noch kein für die steuerliche Gewinnermittlung relevantes Ergebnis entstünde; dieses resultiere erst aus den in die Bewertungseinheit einbezogenen Geschäftsvorfällen. Bezieht sich das Gesetz hier aber auf die „gebildeten“, d.h. handelsrechtlich bereits existenten Einheiten, so dürfte damit auch deren Inhalt in Form der einbezogenen Geschäfte hinreichend konkretisiert sein. Relevant ist in diesem Kontext lediglich die Frage, welche Geschäfte bei der steuerlichen Gewinnermittlung einer Gesamtbetrachtung unterliegen sollen. Dieses Ziel ließe sich gleichfalls mit einer Maßgeblichkeit der „gebildeten Bewertungseinheiten“ erzielen; die besondere Bezugnahme auf die „Ergebnisse“ der Bewertungseinheiten bleibt damit ohne Gehalt. Für das oben gefundene Ergebnis ist diese Differenzierung aber ohne173 Vgl. dazu bereits 4. Teil II., S. 56 ff. Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 653 f. und Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 70 weisen zudem darauf hin, dass sich insbesondere bislang überhaupt keine einheitliche Bilanzierungspraxis im Handels- oder im Steuerrecht herausgebildet hat. 174 BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 7. 175 Vgl. 6. Teil III. 4., S. 206 f. 176 Hahne, StuB 2007, 18, 20.

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

hin belanglos. Bei grammatikalischer Auslegung führen beide begrifflichen Bezugspunkte zum selben Ergebnis: Anknüpfung an die faktische Handhabung durch den Steuerpflichtigen in der nach dem HGB erstellten Bilanz und GuV. Unterstützung findet eine derartige Interpretation letztlich auch in der gesetzgeberischen Intention, „einer weiteren Differenzierung von Handels- und Steuerrecht“ entgegenzuwirken.177 Beabsichtigt der Gesetzgeber, in diesem Punkt einen Gleichlauf beider Rechenwerke herzustellen, so lässt sich dies am effektivsten durch eine Anknüpfung an die konkrete handelsrechtliche Handhabung erzielen. Auf diese Weise würden – anders als bei § 5 Abs. 1 S. 1 EStG – nicht nur die handelsrechtlichen GoB, sondern grundsätzlich auch die übrigen handelsrechtlichen Normen, d.h. auch rechtsform- und branchenspezifische Regelungen, steuerliche Relevanz erlangen. In der Konsequenz ist mithin von einer Anknüpfung des § 5 Abs. 1a EStG an die konkrete handelsrechtliche Bilanzierungspraxis auszugehen.178 b)

Reichweite der Verknüpfung und dogmatische Einordnung

Nachdem eine grundsätzliche faktische Anknüpfung an die handelsbilanzielle Behandlung festgestellt wurde, stellt sich die Frage nach deren konkreter Reichweite. Klärungsbedürftig ist dabei insbesondere, ob überhaupt und, wenn ja, welche rechtlichen Anforderungen die konkrete handelsrechtliche Bilanzierung für Zwecke der Verweisung nach § 5 Abs. 1a EStG zu erfüllen hat. aa)

§ 5 Abs. 1a EStG als „enge formelle Maßgeblichkeit“?

Gewisse Ähnlichkeit besteht dabei zur „formellen Maßgeblichkeit“ des § 5 Abs. 1 EStG, welche gleichfalls eine Übernahme des in der Handelsbilanz konkret gewählten Wertansatzes in die Steuerbilanz verlangt.179 Dieser Vergleichbarkeit ist es wohl geschuldet, dass Schiffers180 die Regelung des § 5 Abs. 1a EStG als „enge formelle Maßgeblichkeit“ versteht. Die „formelle Maßgeblichkeit“ des § 5 Abs. 1 EStG bewirkt aber gerade keine vorbehaltlose Übertragung der konkreten Bilanzansätze, sondern beschränkt sich auf die in zulässiger Weise gebildeten – d.h. GoB-konformen – handelsrechtlichen Ansätze;181 sie bezieht sich zwar auf den konkreten Bilanzansatz, setzt insoweit aber die materielle Maßgeblichkeit voraus.182 Dementsprechend sieht auch

177 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 178 Im Ergebnis so auch Hahne, StuB 2007, 18, 18; ders., BB 2006, 2291, 2293; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 772; Schiffers, DStZ 2006, 400, 401 und 402. Ähnlich Intemann, NWB Fach 17, 2151, 2155. 179 Vgl. hierzu bereits 5. Teil I. 2., S. 167 f. 180 So Schiffers, DStZ 2006, 400, 401 und 402. 181 Knobbe-Keuk, § 2 II 2, S. 22; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 325. 182 H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 62.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Schiffers183 für § 5 Abs. 1a EStG eine den handelsrechtlichen GoB entsprechende Bildung der Bewertungseinheiten als zwingende Tatbestandsvoraussetzung an. GoB in diesem Sinne seien allerdings nicht nur die für alle Kaufleute gültigen GoB, sondern auch branchenspezifische Regelungen oder auch eine „durch spezielle GoB gedeckte branchenspezifische praktische Übung“.184 Sowohl die Qualifikation des § 5 Abs. 1a EStG als „enge formelle Maßgeblichkeit“ als auch die damit einhergehende Bindung an die handelsrechtlichen GoB und deren spezielles Verständnis im Rahmen von § 5 Abs. 1a EStG vermögen nicht zu überzeugen. Grund für die Begrenzung der formellen Maßgeblichkeit auf Fälle GoB-konformen Handelns ist der eindeutige Wortlaut des § 5 Abs. 1 EStG, der sich nur auf die GoB und nicht auf die konkrete Handelsbilanz bezieht.185 An einer derartigen grammatikalischen Restriktion fehlt es § 5 Abs. 1a EStG aber gerade. Sowohl aus grammatikalischen als auch aus den o.g. systematischen Erwägungen kann damit nicht von einer Bindung an die handelsrechtlichen GoB ausgegangen werden. Eine „formelle Maßgeblichkeit“ im klassischen Sinne besteht damit nicht. Vielmehr können grundsätzlich auch die auf anderen handelsrechtlichen Rechtsgrundlagen – wie z.B. § 340h HGB oder §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB – basierenden Bewertungseinheiten über § 5 Abs. 1a EStG steuerliche Maßgeblichkeit erlangen.186 Zwar ließe sich dieses Ergebnis auch mit der obigen Ansicht in Folge eines modifizierten GoB-Verständnisses erzielen.187 Für eine Erweiterung der GoB im Rahmen des § 5 Abs. 1a EStG188 und einer daraus resultierenden divergierenden Auslegung des einheitlichen GoB-Begriffs besteht jedoch kein Bedarf. Weitaus überzeugender erscheint daher die Klassifikation des § 5 Abs. 1a EStG als „Ausschnittsmaßgeblichkeit“189 oder „Spezialmaßgeblichkeit“.190 Beide Begrifflichkeiten machen deutlich, dass es sich hier um eine neue Form der Maßgeblichkeit handelt, die einen abweichenden Regelungsgehalt verkörpert. Darüber hinaus wird die Regelung des § 5 Abs. 1a teilweise auch als „unmittelbare“191, „konkrete“192 oder „faktische“ Maßgeblichkeit193 bezeichnet,

183 Schiffers, DStZ 2006, 400, 401 und 402. 184 Schiffers, DStZ 2006, 400, 401. 185 Vgl. BFH vom 13.06.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928, 929; Littmann/Bitz/PustHoffmann, §§ 4, 5, Rn. 334. 186 Für § 340h HGB bejahen dies auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a; Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1453; Patek, FR 2006, 714, 720. 187 So für § 340h HGB Schiffers, DStZ 2006, 400, 401 und 404. 188 Vgl. dazu später unter 6. Teil IV. 1. c), S. 220 ff. 189 Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 775. 190 Patek, FR 2006, 714, 718. 191 Hahne, BB 2006, 2291, 2291. 192 Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 325; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 772.

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

um zu verdeutlichen, dass hier grundsätzliche eine Anknüpfung an die faktische Behandlung in der Handelsbilanz erfolgt. bb)

Geltung auch bei handelsrechtswidriger Bilanzierung?

Fraglich ist allerdings, ob dieser Bezug auch dann gelten kann, wenn die konkrete Bildung bzw. Nichtbildung von Bewertungseinheiten mit geltendem Handelsrecht kollidiert. Es stellt sich hierbei insbesondere die Frage, ob die Finanzverwaltung die Gebotenheit von Bewertungseinheiten eigenständig anhand der handelsrechtlichen Vorschriften überprüfen darf oder ob sie über § 5 Abs. 1a EStG rechtlich an die Handlungen des Steuerpflichtigen und (bei prüfungspflichtigen Unternehmen i.S.d. § 316 HGB) die Beurteilung des Abschlussprüfers gebunden ist. (1)

Handelsrechtswidrig gebildete Bewertungseinheiten

Problematisch ist zunächst der Fall, dass die in der Handelsbilanz konkret gebildeten Bewertungseinheiten weder mit den GoB noch mit sonstigen Vorschriften des HGB in Einklang stehen, d.h. handelsrechtswidrig sind. Von Teilen der Literatur wird auch für diesen Fall eine Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1a EStG bejaht.194 Bei rein grammatikalischer Auslegung erscheint ein solches Ergebnis auch durchaus nachvollziehbar. So stellt der Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 1a EStG ausschließlich darauf ab, dass die Bewertungseinheiten in der handelsrechtlichen Rechnungslegung „gebildet“ wurden; an einer materiell-rechtlichen Restriktion scheint es zu fehlen.195 Ähnliches ergibt sich aus historischer Sicht mit Blick auf die Gesetzesbegründung. Diese erachtet nicht die handelsrechtlichen Regelungen, sondern die „handelsrechtliche Praxis“ als (weiterhin) maßgeblich.196 Hiermit indizieren die Materialien eine gewisse Unabhängigkeit von handelsrechtlichen Voraussetzungen und sprechen damit gleichfalls für eine unbedingte Übernahme der konkret gebildeten Bewertungseinheiten.197 Eine derart extensive Auslegung ist jedoch keinesfalls zwingend. Nach den obigen Ausführungen ist die Gesetzesbegründung mit zahlreichen Widersprüchen belastet und kann daher nur in begrenztem Maße zu Auslegungszwecken herangezogen werden.198 Und auch der Wortlaut der Norm, der nur die in der „handelsrechtlichen“ Rechnungslegung gebildeten

193 Darüber hinaus wird die Anknüpfung des § 5 Abs. 1a EStG an die handelsrechtliche Bilanzierung als „Ausschnittsmaßgeblichkeit“ (Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 775) oder als „Spezialmaßgeblichkeit“ (Patek, FR 2006, 714, 718) bezeichnet. 194 So anscheinend H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7. Unklar Wagner, INF 2006, 538, 541. 195 Ähnlich auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a. 196 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 197 Auch nach Schmidt-Weber-Grellet (26. Auflage, 2007), § 5, Rn. 70 wird mit § 5 Abs. 1a EStG die „handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten […] für die steuerliche Gewinnermittlung für maßgeblich erklärt“. 198 Vgl. 6. Teil IV. 1. a), S. 206 f.

211

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Bewertungseinheiten für maßgeblich erklärt, ist offen für eine anderweitige Auslegung. Den entscheidenden Ausschlag dürften letztendlich teleologische Erwägungen geben. Die entscheidende Funktion der Steuerbilanz ist hierbei die periodengerechte Ermittlung des Gewinns als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.199 Diese Zielsetzung lässt sich allerdings nicht als Feststellung der „wahren Leistungsfähigkeit“ verstehen, denn ein derartiger Maßstab wäre viel zu unbestimmt und keiner objektivierbaren Bestimmung zugänglich. Ähnlich wie die „tatsächlichen Verhältnisse“ i.S.d. § 264 Abs. 2 HGB200 bewegt sich damit auch die bilanzielle Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwangläufig innerhalb der vorgegebenen gesetzlichen Grenzen („Bilanz im Rechtssinne“).201 Die steuerliche Gewinnermittlung verfolgt insofern das Ziel, eine gesetzmäßige, insbesondere gleichmäßige, Besteuerung sicherzustellen.202 (a)

Ziel der gesetzmäßigen Besteuerung

Zu beachten ist zunächst der aus dem Vorbehalt und dem Vorrang des Gesetzes bestehende203 Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung. Die Auferlegung von Steuerlasten ist hiernach dem Gesetz vorbehalten; sie ist nur zulässig, sofern und soweit sie durch das Gesetz angeordnet ist.204 Eine Steuer kann mithin nur dann festgesetzt werden, wenn ein gesetzlicher Tatbestand erfüllt ist, an den als Rechtsfolge eine Steuer geknüpft ist; sowohl der Tatbestand als auch die Rechtsfolge müssen im Gesetz niedergelegt sein (sog. „Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung“).205 Ist die steuerliche Gewinnermittlung wesent199 Moxter, BB 1995, 1997, 1998; Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 288; Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 2, Rn. 2. Zur Funktion des Leistungsfähigkeitsprinzips als Vergleichsmaßstab für den steuerlichen Gleichheitsgrundsatz, vgl. 6. Teil IV. 1. b) bb) (1) (b), S. 214 ff. und 7. Teil I. 1., S. 267 ff. 200 Vgl. dazu 4. Teil IV. 2. b), S. 73 ff. 201 Knobbe-Keuk, § 1, S. 13 ff. Auch Moxter, BB 1995, 1997, 1998 weist darauf hin, dass es sich insofern um keine „übergesetzliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ handeln kann. 202 Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 2, Rn. 2; ähnlich auch Herzig, IAS/IFRS, S. 37. 203 Vgl. dazu bereits 6. Teil III. 3) b) bb), S. 200. 204 Vgl. bereits 6. Teil III. 3) b) bb) (1), S. 201 f. 205 Tipke, StRO I, S. 120. Das BVerfG (BVerfGE 19, 253, 267) versteht den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung als „Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips im Bereich des Abgabenwesens“ der fordere, dass „steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, daß der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast vorausberechnen kann“. Kruse, Steuerrecht I, S. 39 f. sieht im Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung hingegen eine spezielle verschärfte Form des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der für den Bereich des Steuerrechts die Normierung in Form eines Gesetzes im formellen Sinne oder einer autonomen Satzung voraussetze; dem Grundsatz sei insofern eine eigenständige Bedeutung beizumessen. Kritisch dazu Papier, S. 153 ff., da sich die dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung beigelegten Regelungsinhalte in Form der Forderung nach einer formellen Gesetzes-

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

liche Grundlage für die Bemessung der Steuer, so kann insofern nichts anderes gelten.206 Im Rahmen des Bilanzsteuerrechts ist dem Erfordernis einer gesetzlichen Verankerung grundsätzlich durch die Verweisung des § 5 Abs. 1 EStG auf die handelsrechtlichen GoB (als „importierte“ Gewinnermittlungsregeln) und die besonderen steuerliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften Rechnung getragen worden. Gewinn i.S.d. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG ist der Betrag, der auf der Grundlage dieser Normen bzw. aufgrund ungeschriebener GoB ermittelt wurde. Unabhängig davon, ob diese Verweisung den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen entspricht,207 besteht hier eine Bezugnahme auf ein Normengefüge, aus der sich eine gesetzgeberische Belastungsentscheidung ableiten lässt. Entsprechende Anforderungen sind auch an § 5 Abs. 1a EStG zu stellen. Der als Maßstab des Vorbehalts des Gesetzes dienende Wesentlichkeitsgrundsatz208 wird hierbei nur gewahrt, wenn sich auch die Verweisung des § 5 Abs. 1a EStG überhaupt auf ein bestimmtes Normensystem bezieht. Losgelöst von der Frage, wie man die innerhalb eines solchen Normensystems – aufgrund faktischer oder echter Wahlrechte – auftretenden Spielräume beurteilt,209 darf der Gesetzgeber die Bilanzierungsentscheidung zumindest nicht gänzlich, d.h. losgelöst von jeglicher Normbindung, dem Steuerpflichtigen (bzw. der Beurteilung durch den Abschlussprüfer) überlassen.210 Um eine Kollision mit dem Wesentlichkeitsgrundsatz zu vermeiden und eine gesetzmäßige Besteuerung zu gewährleisten ist § 5 Abs. 1a EStG so auszulegen, dass er nur solche Bewertungseinheiten für faktisch maßgeblich erklärt, die im Einklang mit den gesetzgeberischen Wertungen, d.h. gesetzeskonform, gebildet wurden. Den entscheidenden gesetzlichen Rahmen bilden hierbei – anders als im Rahmen von § 5 Abs. 1 EStG – nicht nur die handelsrechtlichen GoB, sondern das gesamte Regelungswerk des HGB.

206 207 208 209 210

grundlage (Kruse, Steuerrecht I, S. 39 f.) bzw. nach Bestimmtheit und Begrenztheit steuerbegründender Tatbestände (BVerfGE 19, 267) bereits aus den allgemeinen Grundsätzen ergäben. Vgl. zum Ganzen auch Waldhoff, S. 116 ff. Da der Grundsatz sowohl den Tatbestand als auch die Rechtsfolge betrifft, weist Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 157 im Übrigen zu Recht darauf hin, dass der Begriff der „Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung“ an sich zu kurz greift. Vgl. dazu bereits 6. Teil III. 3. b) bb) (1), S. 201 f. Vgl. dazu unter 7. Teil I. 2. b) bb), S. 308 ff. Vgl. dazu bereits unter 6. Teil III. 3. b) bb) (1), S. 201 f. Vgl. dazu unter 7. Teil I. 1., S. 267 ff. Vergleichbar ist diese Problematik der einer Bezugnahme auf die IAS/IFRS, die gleichfalls zu einer Kollision mit dem Wesentlichkeitsgrundsatz führte, Vgl. hierzu bereits 6. Teil III. 3. b) bb) (1), S. 201 f.

213

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

(b)

Ziel der gleichmäßigen Besteuerung

Ähnliche Überlegungen gelten auch in Hinblick auf den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten „Grundsatz der Steuergerechtigkeit“.211 Den Vergleichsmaßstab für die Anwendung des Gleichheitssatzes liefert hierbei das Leistungsfähigkeitsprinzip,212 das grundsätzlich eine der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechende Verteilung der Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen gebietet.213 Steuerpflichtige mit gleich hoher Leistungsfähigkeit müssen danach gleich hoch belastet werden („horizontale Steuergerechtigkeit“), bei Steuerpflichtigen mit unterschiedlich hoher Leistungsfähigkeit muss sich dies im Rahmen der Besteuerung ebenfalls niederschlagen („vertikale Steuergerechtigkeit“).214 Das Leistungsfähigkeitsprinzip geht grundsätzlich von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aus.215 Diese kommt für den Bereich der hier relevanten Einkommen- und Körperschaftsteuer vor allem im Erwerbseinkommen zum Ausdruck,216 weshalb man unter steuerlicher Leistungsfähigkeit insoweit die Fähigkeit von Personen versteht, Steuern aus dem gespeicherten Einkommen entsprechend der Höhe des disponiblen Einkommens zahlen zu können.217 Auch das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht – dessen Bestandteil das Steuerbilanzrecht ist – trägt dem Rechnung und knüpft in § 2 Abs. 5 EStG und § 7 Abs. 1 KStG an die Maßgröße des „Einkommens“ an. Konkretisiert wird diese Bezugnahme für den Bereich der objektiven Leistungsfähigkeit durch eine Anknüpfung an die „Einkünfte“ i.S.d. § 2 Abs. 2 EStG, welche für die vorliegend relevanten Einkunftsarten wiederum in § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG als „der Gewinn“ definiert sind. Eine Definition des Gewinnes erfolgt – für Zwecke des Betriebsvermögensvergleichs218 – in § 4 Abs. 1 EStG.219 Die Anknüp211 Vgl. dazu bereits unter 6. Teil II. 2. b), S. 183 ff. 212 BVerfGE 66, 214, 223; 68, 143, 152 f.; 82, 60, 86; 107, 27, 46 f.; 116, 164, 180; 117, 1, 30; Herzig, IAS/IFRS, S. 17 ff. m.w.N. Ähnlich auch Kirchhof, StuW 1985, 319, 321, der die Anwendbarkeit des Leistungsfähigkeitsprinzips allerdings auf direkte Steuern beschränkt (S. 324); so auch Dreier-Heun, Art. 3, Rn. 75. Zur Entwicklung des Leistungsfähigkeitsprinzips, vgl. Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 7 f.; Tipke/Lang, § 4, Rn. 82 m.w.N. Zur Kritik hieran vgl. Nachweise bei Schlotter, S. 129 ff. m.w.N., der jedoch seinerseits gleichfalls zu dem überzeugenden Ergebnis kommt, dass eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip verfassungsrechtlich vorgegeben ist (S. 139). 213 H/H/S-Birk, § 4, Rn. 457; Tipke, StRO I, S. 322 ff., 500 ff. 214 BVerfGE 82, 60, 89; 116, 164, 180; Birk, S. 165 ff. Teilweise wird auch die Terminologie der horizontalen und vertikalen Gleichheit verwandt, vgl. Tipke, StRO I, S. 324 ff. 215 Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als „Ist-Leistungsfähigkeit“ vgl. H/H/S-Birk, § 4, Rn. 457. 216 Dreier-Heun, Art. 3, Rn. 75; Kirchhof, StuW 1985, 319, 324 f.; Schlotter, S. 191. Zu denkbaren Leistungsindikatoren vgl. Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 95 ff.; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 11. 217 Tipke, StRO I, S. 481; ähnlich auch Herzig, IAS/IFRS, S. 18. 218 Zu den Unterschiedlichen Gewinndefinitionen des Einkommensteuerrechts vgl. Drüen, S. 147 f.

214

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

fung an den Gewinn als Bemessungsgrundlage steuerlicher Belastungsfähigkeit ist insoweit überzeugend, als Unternehmen Steuern nur aus dem gespeicherten Gewinn aufbringen können.220 Ist aber der Gewinn Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit, so hat auch das Verfahren zur Ermittlung des Gewinns dem Anspruch einer gerechten Besteuerung zu entsprechen. Als maßgebende Grundlage der steuerlichen Belastungsentscheidung muss die Gewinnermittlung so ausgestaltet sein, dass sich eine möglichst genaue Abbildung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen ergibt.221 Eine gerechte Gewinnermittlung kann nur gewährleistet werden, wenn sie sich an Regeln orientiert, die bei identischen Sachverhalten auch zu identischen Gewinnen führt. Nur verbindliche und damit objektiv nachprüfbare Bilanzierungsregeln ermöglichen insoweit eine Vergleichbarkeit und damit Gleichmäßigkeit der Besteuerung.222 Überlässt es das Steuerbilanzrecht hingegen der Entscheidung des Steuerpflichtigen, wie er seinen Gewinn zu ermitteln wünscht, so kann die Gewinnermittlung grundsätzlich nicht als taugliche Grundlage einer am Leistungsfähigkeitsprinzip orientierten Besteuerung dienen.223 Grundvoraussetzung für die Verwirklichung einer dem Gleichheitsgebote des Art. 3 Abs. 1 GG entsprechenden Besteuerung ist mithin, dass der Gesetzgeber den Maßstab der gleichen Lastenzuteilung regelt.224 Eine verfassungskonforme Interpretation des § 5 Abs. 1a EStG erfordert danach, dass sich auch die dort verankerte Maßgeblichkeit auf ein vorgegebenes und dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechendes Regelungssystem bezieht. Ob diese Anforderung durch einen Verweis auf die Bilanzierungsnormen des HGB erfüllt wird, gilt es an späterer Stelle zu klären.225 Deutlich wird jedoch, dass zumindest eine Bezugnahme auf die rein faktische Handhabung durch den Bilanzierenden – die auch handelsrechtswidrige Bewertungseinheiten für maßgeblich erkläre würde – unzureichend ist, um die Besteuerungsgleichheit hinreichend zu gewährleisten. 226

219 Vgl. zu dieser Normenkette als Instrumentarium zur Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 11 f. 220 Tipke, StRO I, S. 481, 511. 221 Ähnlich auch Herzig, IAS/IFRS, S. 17 f.; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6 f. 222 Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 313. Vgl. auch Schlotter, S. 235; Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 2, Rn. 4. 223 Der gleiche Rechtsgedanke findet sich auch im „Zinssteuerurteil“ des BFH (BVerfGE 84, 239, 271), nach dem es mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar ist, wenn die Steuer ihren Belastungsgrund letztlich nur in der Bereitschaft habe, Steuern zu zahlen. 224 So im Ergebnis auch das BVerfG im „Zinssteuerurteil“ (BVerfGE 84, 239, 271). Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Finanzverwaltung diese Vorgaben in strikter Legalität umsetzt. 225 Vgl. dazu 7. Teil I. 2. b) cc), S. 311 ff. 226 So im Ergebnis auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a.

215

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

(c)

Zwischenergebnis

Die steuerliche Anerkennung auch handelsrechtswidriger Bewertungseinheiten stößt mithin auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Wollte man derartige Bewertungseinheiten dennoch unter § 5 Abs. 1a EStG subsumieren, so wäre die Norm nicht in der Lage, das von der steuerlichen Gewinnermittlung verfolgte Ziel einer gesetzmäßigen, insbesondere gleichmäßigen Besteuerung sicherzustellen. Bereits unter (einfachen)227 teleologischen Gesichtspunkten bedarf es daher einer verfassungskonformen Interpretation des § 5 Abs. 1a EStG, womit die dort verankerte Maßgeblichkeit als Verweisung auf HGBkonforme Bewertungseinheiten verstanden werden muss; nur die in Einklang mit dem HGB gebildeten Bewertungseinheiten können auch steuerlich „faktisch“ maßgeblich werden. In der Konsequenz ordnet § 5 Abs. 1a EStG mithin eine Gesamtschau von formeller und materieller Maßgeblichkeit an, mit der Besonderheit, dass die Verweisung nicht auf die handelsrechtlichen GoB beschränkt ist, sondern sich auf alle handelsrechtlichen Regelungen einschließlich branchen- und rechtsformspezifischen Normen bezieht. Die Abgrenzung der nach § 5 Abs. 1a EStG in die Steuerbilanz übertragbaren Bewertungseinheiten steht folglich nicht im freien Ermessen des Steuerpflichtigen. Die Zulässigkeit einer steuerbilanziellen Gesamtbetrachtung orientiert sich vielmehr am Normengefüge des HGB und wird damit – insbesondere für die Finanzverwaltung – intersubjektiv überprüfbar. Praktisch überprüfbar wird die Zulässigkeit der gebildeten Bewertungseinheiten vor allem anhand ihrer Dokumentation. Die hinreichende Dokumentation der Einheit bildet sowohl für die GoB-konformen als auch für die auf § 340h Abs. 2 HGB basierenden Bewertungseinheiten Zulässigkeitsvoraussetzung und Überprüfungsmöglichkeit gleichermaßen. Fehlt es an der Dokumentation oder wird aus dieser ersichtlich, dass die erforderlichen sonstigen Kriterien nicht erfüllt wurden, so ist die Bewertungseinheit handelsrechtswidrig und damit auch für steuerliche Zwecke nicht anzuerkennen. Anders verhält sich dies im Falle des §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB, nach dem Bewertungseinheiten in Ausnahmefällen auch ohne Dokumentation zulässig sein können. Auch insofern ist aber entscheidend darauf abzustellen, ob die Struktur der verbundenen Geschäfte eine hinreichende Nachvollziehbarkeit gewährleistet und die Bewertungseinheit damit vor dem Hintergrund des true and fair view zutreffend gebildet wurde.228 (2)

Handelsrechtswidrig unterlassene Bewertungseinheiten

Ähnliche Fragen ergeben sich im Falle der unterlassenen Vornahme einer handelsrechtlich gebotenen Gesamtbewertung. Durch seinen Verweis auf die „gebildeten“ Bewertungseinheiten indiziert der Wortlaut des § 5 Abs. 1a EStG zu227 Eines Rückgriffs auf die Grundsätze der „verfassungskonformen Auslegung“ als Spezialfall einer teleologischen Auslegung bedarf daher nicht. 228 Vgl. 4. Teil VII. 2., S. 141 ff.

216

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

nächst erneut eine Abhängigkeit vom faktischen Handeln des Steuerpflichtigen.229 Ergänzt wird die Anwendungsproblematik ferner um den Umstand, dass die Norm nur in positiver Hinsicht zu gelten scheint: nur die „gebildeten“ Bewertungseinheiten sollen steuerlich übernommen werden. Unterlässt der Steuerpflichtige hingegen die Gesamtbewertung gänzlich, so würde es bereits an dieser Tatbestandsvoraussetzung fehlen. Der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG wäre damit in der vorliegenden Konstellation von vornherein nicht eröffnet und eine Kollision mit der Zielsetzung des Jahresabschlusses, eine gesetzmäßige bzw. gleichmäßige Besteuerung zu gewährleisten, erneut vorgezeichnet. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sich unter Rückgriff auf die allgemeine Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ein „Mindestmaß“ an kompensatorischer Bewertung ergeben würde. Auch hiernach wären allerdings nur solche Bewertungseinheiten anzusetzen, die nach den handelsrechtlichen GoB zwingend und damit auch steuerlich allgemein maßgeblich sind.230 (a)

Auffangcharakter von § 5 Abs. 1 S. 1 EStG

Eine derartige Interpretation vermag jedoch kaum zu überzeugen. Fraglich ist bereits, ob dem allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatz überhaupt eine Auffangfunktion zukommen würde. Versteht man § 5 Abs. 1a EStG nämlich mit Prinz/Hick als „spezielle konkrete Maßgeblichkeit“, durch die der allgemeine Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG „überlagert und ergänzt wird“,231 so liegt es nahe, der Norm eine Verdrängungswirkung beizumessen. Indem der Gesetzgeber die Materie der objektübergreifenden Bewertungseinheiten in § 5 Abs. 1a EStG speziell geregelt hat, hätte er sie damit dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG gänzlich entzogen. Auch wenn dies systematisch durchaus nachvollziehbar erscheint, ist eine derartige Konkurrenz allerdings unter historischen und teleologischen Gesichtspunkten abzulehnen. Der Gesetzgeber bezweckte mit § 5 Abs. 1a EStG eine Korrektur des restriktiven Gerichtsbescheides vom 19.03.2002232 und verfolgte insofern das Ziel, die steuerliche Gewinnermittlung für den Transfer handelsrechtlicher Bewertungseinheiten zu öffnen. Mit diesem Gedanken wäre es kaum vereinbar, § 5 Abs. 1a EStG als abschließende Regelung für den Bereich der Bewertungseinheiten zu verstehen. Die Norm bedeutet vielmehr eine Extension, die – wenn auch als Spezialvorschrift – zu einer punktuellen Erweite229 In diese Richtung geht auch die Feststellung von H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-8 und Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774, wonach der wahlweise handelsbilanzielle Verzicht auf die Bildung einer Bewertungseinheit nun nicht mehr ein steuerliches Gebot zur Verrechnung auslösen kann. Auf Grund des § 5 Abs. 1a EStG sei insofern „eine Abkopplung von Handels- und Steuerbilanz nunmehr nicht mehr möglich“. 230 So anscheinend Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 504. 231 Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 772. 232 I R 87/00, abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265 f.

217

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

rung der allgemeinen Maßgeblichkeit führt. In der Folge verbliebe zumindest die allgemeine Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG und eine entsprechende steuerliche „Mindest“-Pflicht zur Bildung GoB-konformer Bewertungseinheiten, sofern der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG nicht eröffnet ist. (b)

Verfassungsrechtliche Bedenken

Dennoch stößt eine derartige Auslegung des § 5 Abs. 1a EStG auf ernsthafte verfassungsrechtliche Bedenken. Ihre Zielsetzung, eine gesetzmäßige, insbesondere gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen,233 kann die steuerliche Gewinnermittlung nur dann erfüllen, wenn sie sich an festen überprüfbaren Regeln orientiert: Das gilt in positiver wie in negativer Hinsicht. Zwar wäre eine derartige Bindung auch mit dem Mindestmaßstab der allgemeinen Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG teilweise gegeben. Grundsätzlich kann es aus den vorgenannten Überlegungen234 jedoch nicht der Entscheidung des Steuerpflichtigen bzw. der Beurteilung durch den Abschlussprüfer überlassen bleiben, ob sich die Besteuerung – bei Bildung handelsrechtskonformer Bewertungseinheiten – nach der weiten Pflicht des § 5 Abs. 1a EStG oder – bei einem Verstoß gegen das handelsrechtliche Gebot – nach der engen Pflicht gem. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG zu orientieren hat. Auch in negativer Hinsicht, d.h. bezüglich der Frage, ob die Bildung von Bewertungseinheiten steuerbilanziell unterbleiben darf, ist mithin erforderlich, dass die Ansätze in der Bilanz handelsrechtskonform gebildet wurden. Zu beachten ist allerdings, dass ein derartiges Verständnis mit dem eher engen Wortsinn des § 5 Abs. 1a EStG kaum vereinbar ist. Es bedarf daher einer teleologischen Extension,235 um den Regelungsbereich der Norm entsprechend zu erweitern. (c)

Zwischenergebnis

Trotz des Verweises auf die „gebildeten“ Bewertungseinheiten in § 5 Abs. 1a EStG – und der damit verbundenen scheinbaren Abhängigkeit vom konkreten Handeln des Steuerpflichtigen – sind auch handelsrechtswidrig unterlassene 233 Vgl. dazu bereits 6. Teil IV. 1. b) bb) (1), S. 211 ff. 234 Vgl. 6. Teil IV. 1. b) bb) (1), S. 211 ff. 235 Erneut stellt sich an dieser Stelle die Frage nach der Zulässigkeit einer richterlichen Rechtsfortbildung im Bereich des Steuerrechts. Ähnlich der teleologischen Reduktion kann sich allerdings auch die teleologische Extension auf eine latent im Gesetz enthaltene Normierung durch den Gesetzgeber berufen (vgl. dazu bereits 4. Teil VI., S. 95 ff.), was sie vom streitigen Fall der Analogie unterscheidet; ihre Zulässigkeit ist mithin zu bejahen. Hinzu kommt, dass die Frage der teleologischen Extension überhaupt erst dann relevant wird, wenn der Steuerpflichtige seinerseits gegen geltendes Handelsrecht verstoßen hat. Die Schutzbedürftigkeit des Steuerpflichtigen kann damit nur eingeschränkte Geltung erlangen, was auch bzgl. der Bestimmtheitsanforderungen der Norm zu berücksichtigen ist. Zu den Anwendungsfällen der teleologischen Extension vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 397 ff.

218

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

Bewertungseinheiten für Zwecke der Steuerbilanz nachzuholen. Praktisch relevant wird dies vor allem im Hinblick auf Bewertungseinheiten nach §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB. Während in allen anderen Fällen die nicht gebildeten Bewertungseinheiten wohl regelmäßig auch nicht dokumentiert sein werden und damit bereits eine Voraussetzung der Gesamtbewertung fehlt, kann es hier trotz fehlender Dokumentation in Einzelfällen dazu kommen, dass ein handelsrechtlicher Zwang zur Bildung von Bewertungseinheiten besteht. Ergeben sich aus der Struktur der verbundenen Geschäfte dabei Anhaltspunkte für an sich gebotene Bewertungseinheiten, so lässt sich deren unterlassener Bildung verfahrensrechtlich mit Hilfe der Grundsätze über die objektive Beweislast („Feststellungslast“)236 begegnen. Die an Stelle der kompensatorischen Bewertung vorgenommene imparitätische Verlustantizipation wirkt grundsätzlich zugunsten des Steuerpflichtigen, so dass ihn die Beweislast für eine Nichterfüllung der Voraussetzungen einer Bewertungseinheit trifft. Bleiben also nach Ausschöpfung aller erreichbaren Erkenntnisquellen im Einzelfall Zweifel an der Berechtigung, auf eine Gesamtbewertung zu verzichten, so geht dies zu Lasten des Steuerpflichtigen. Relevanz dürfte diesbezüglich insbesondere im Hinblick auf eine bestrittene Durchhalteabsicht bestehen. cc)

Zwischenergebnis und erfasste Arten von Bewertungseinheiten

Die Verweisung des § 5 Abs. 1a EStG ermöglicht die steuerliche Berücksichtigung sowohl von GoB-konformen als auch von solchen Bewertungseinheiten, die auf branchen- oder rechtsformspezifischen Regelungen beruhen. Die Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a EStG knüpft dabei grundsätzlich an die faktische Bildung von Bewertungseinheiten in der Handelsbilanz an. Aus verfassungsrechtlichen Überlegungen kann dies jedoch dann nicht gelten, wenn der Steuerpflichtige handelsrechtswidrige Bewertungseinheiten gebildet oder die Vornahme einer an sich gebotenen Gesamtbewertung handelsrechtswidrig unterlassen hat. Aufgrund der „Spezialmaßgeblichkeit“ des § 5 Abs. 1a EStG sind vielmehr nur solche Bewertungseinheiten in die steuerliche Gewinnermittlung zu übernehmen, die im Einklang mit der handelsrechtlichen Rechtslage gebildet wurden; eine Bezeichnung als „faktische Maßgeblichkeit“ vermag daher nicht zu überzeugen. Von der Spezialmaßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a EStG erfasst sind zunächst die bereits nach alter Rechtslage steuerlich maßgeblichen GoB-konformen, d.h. auf einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB basierenden Bewertungseinheiten. Darüber hinaus gilt § 5 Abs. 1a EStG aber auch für die nach § 340h Abs. 2 S. 3 HGB branchenspezifisch237 bzw. nach §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB rechtsformspezifisch vorgenommene Gesamtbewertung. Insofern wirkt die Neuregelung rechtsändernd zur bisherigen allgemei236 Vgl. dazu Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 25; Tipke/Lang-Seer, § 22, Rn. 191. 237 So auch Schiffers, DStZ 2006, 400, 401.

219

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

nen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 EStG.238 Etwas anderes gilt allerdings hinsichtlich § 340h Abs. 2 S. 2 HGB. Die Voraussetzungen einer „besondere Deckung“ stimmen hier weitestgehend mit den Anforderungen überein, die auch an eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB gestellt wurden und daher im Wege der allgemeinen Maßgeblichkeit auch bereits nach bisheriger Rechtslage steuerbilanziell relevant wurden. Zwar erlaubt § 340h Abs. 2 S. 2 HGB ergänzend einen über den Kompensationsbereich hinausgehenden Gewinnausweis, der von den allgemeinen Bilanzansatzvorschriften nicht erfasst wird.239 Dieser ist jedoch nicht Teil einer „Bewertungseinheit“ i.S.d. § 5 Abs. 1a EStG240 womit er auch nach neuer Rechtslage keine Maßgeblichkeit erlangt.241 In Konstellationen, in denen weder die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion erfüllt, noch die branchen- oder rechtsformspezifischen Sondervorschriften des HGB einschlägig sind, dürfen keine Bewertungseinheiten gebildet werden. Dies gilt für die handelsrechtliche Rechnungslegung und die steuerliche Gewinnermittlung gleichermaßen. Abseits des Regelungsbereichs von § 340h Abs. 2 S. 3 HGB wird es sich hierbei zumeist um Fälle von Makrooder Portfolio-Hedges handeln, welche die Kriterien für einen sicheren Risikoausschluss und eine hinreichende Objektivierung, d.h. die Anforderungen an eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, regelmäßig nicht erfüllen. Bei solchen Bewertungseinheiten scheidet folglich eine steuerliche Maßgeblichkeit i.S.d. § 5 Abs. 1a EStG in der Regel aus.242 c)

Modifikation der handelsrechtlichen GoB

Ein solches Ergebnis erstaunt mit Blick auf die Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1a EStG. Diese formuliert, dass „eine Beschränkung der Bewertungseinheiten auf die „Micro-Hedges“ – und damit auf direkte und enge Sicherungszusammenhänge – […] bei den in der Praxis üblichen „Portfolio-Hedges“ und „Macro-Hedges“ zu falschen Ergebnissen führen“ würde.243 Der Gesetzgeber ging damit offenkundig davon aus, mit der Neuregelung auch in den Fällen der Makro- und Portfolio-Absicherung eine steuerliche Bildung von Bewertungseinheiten zu ermöglichen bzw. beizubehalten. Zwar ist der Regelungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG in der Tat hinreichend offen gestaltet, um ein solches Er-

238 239 240 241 242

Für § 340h Abs. 2 S. 3 HGB so im Ergebnis auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a. Vgl. dazu bereits 4. Teil III. 1. a), S. 60 f. Vgl. 6. Teil III. 1. b), S. 187 ff. A.A. Patek, FR 2006, 714, 720. A.A. anscheinend Schmidt-Weber-Grellet, § 5, Rn. 70 und Barckow, StbJB 2006/07, 217, 222, der zwar Kritik an der Erfassung solcher Sicherungsvarianten übt, aber im Ergebnis davon ausgeht, dass § 5 Abs. 1a EStG auch den steuerlichen Ansatz von Bewertungseinheiten bei Makro- und Portfolio-Hedges ermöglicht. 243 Vgl. BR-Drucks. 937/05, S. 9.

220

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

gebnis grundsätzlich zu tragen.244 Allerdings reicht auch die steuerliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten nur so weit, wie eine Gesamtbewertung den handelsrechtlichen Vorgaben entspricht. Nach den obigen Feststellungen ermöglicht das aktuelle Handelsrecht aber gerade keine umfassende bilanzielle Abbildung von Makro- und Portfolio-Hedges, so dass der Verweisungsrahmen des § 5 Abs. 1a EStG insoweit ins Leere geht. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Normierung des § 5 Abs. 1a EStG im Rahmen des „Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ auch Einfluss auf die handelsrechtliche Rechtslage entfalten sollte. In der Aussage, dass auch bei Makro- und Portfolio-Absicherungen eine Gesamtbewertung vorzunehmen sei, liegt hierbei eine Wertung, die sich auch auf die handelsrechtliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten auswirken könnte; über § 5 Abs. 1a EStG würde diese auch auf die Steuerbilanz zurückwirken. Hiergegen ergeben sich jedoch Einwände in zweierlei Richtung. Zum einen wurde die in der Gesetzesbegründung niedergelegte Wertung nicht im Gesetzestext verankert und wirkt damit nicht über den Rang eines historischen Indizes hinaus. Zum anderen kann der Gesetzgeber mit der Änderung des EStG keinen Einfluss auf das Verständnis der handelsrechtlichen GoB nehmen. Zwar wurden – in konträrer Richtung – auch die handelsrechtlichen Überlegungen des BiRiLiG-Gesetzgebers bei der Auslegung von § 5 Abs. 1 EStG zugrunde gelegt245 und damit die eine Rechtsmaterie unter Rückgriff auf die andere beurteilt. Dies erklärt sich jedoch vor allem in Anbetracht des allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatzes des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, der eine ausdrückliche Bezugnahme des Steuerrechts auf die handelsrechtlichen GoB und damit eine Öffnung des Steuerbilanzrechts für handelsrechtliche Entwicklungen vorsieht. Dem Handelsrecht fehlt es hingegen an einer dem § 5 Abs. 1 S. 1 EStG entsprechenden Verweisung. Änderungen der Steuergesetze haben damit grundsätzlich keine Auswirkung auf die handelsrechtliche Rechtslage, sofern der Gesetzgeber dort keine explizite Anpassung vornimmt und so seinen Willen zur Übernahme der im Steuergesetz bekundeten Wertungen zur Kenntnis gibt. Die steuerliche Neuregelung des § 5 Abs. 1a EStG246 ist damit nicht geeignet, die Wertungen der GoB – insbesondere die der § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HGB – zu beeinflussen. Auch führt sie angesichts des eindeutigen Geset244 Vgl. 6. Teil III. 2. b) bb) (2), S. 194 ff. 245 Vgl. dazu 5. Teil I. 1. b) bb), S. 157 ff. Der (Handels-) Gesetzgeber hatte durch die systematische Isolation der für alle Kaufleute geltenden Vorschriften im Ersten Abschnitt des Dritten Buches eine gesetzgeberische Grundentscheidung getroffen, die über § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auf die Steuerbilanz ausstrahlt. 246 Dieser bezieht sich eindeutig auf die in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeten Bewertungseinheiten und sieht damit – anders als der hessische Entwurf eines § 6 Abs. 1 Nr. 3b EStG (BR-Drucks. 45/05, Anlage S. 2) – gerade von der Normierung einer eigenständigen steuerlichen Regelung ab.

221

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

zeswortlauts und der angeführten teleologischen Erwägungen247 nicht zu einer ergänzenden Rechtsgrundlage für die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten. In Fällen einer Makro- oder Portfolio-Absicherung kann damit – entgegen den Aussagen der Gesetzesbegründung – auch in der Steuerbilanz regelmäßig keine kompensatorische Gesamtbewertung vorgenommen werden. d)

Zwischenergebnis

Nach § 5 Abs. 1a EStG besteht grundsätzlich eine faktische Maßgeblichkeit der in der Handelsbilanz gebildeten Bewertungseinheiten. Hierbei sind allerdings nur diejenigen Bewertungseinheiten in die Steuerbilanz zu übernehmen, die im Einklang mit den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften gebildet wurden; handelsrechtswidrig unterlassene Bewertungseinheiten sind steuerbilanziell nachzuholen. So weit die nach § 5 Abs. 1a EStG vorzunehmende Gesamtbewertung über den Rahmen der bislang auf Grundlage von § 5 Abs. 1 S. 1 EStG zulässigen kompensatorischen Bewertung hinausgeht, hat die Norm eine konstitutive Wirkung. Der in den Gesetzgebungsmaterialien behauptete lediglich klarstellende Charakter besteht damit nicht. Gleichfalls kommt es regelmäßig auch auf Grundlage von § 5 Abs. 1a EStG nicht zur Anerkennung von Makro- und Portfolio-Hedges in der steuerlichen Gewinnermittlung.

2.

Wahlrecht oder Gebot?

Problematisch ist ferner, dass die handelsbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten zu einem gewissen Maße im Ermessen des Bilanzierenden steht. Fraglich ist, welche Konsequenzen sich hieraus für die steuerliche Gewinnermittlung ergeben. a)

Handelsrechtliches Wahlrecht nach § 340h HGB

In Hinblick auf § 340h Abs. 2 S. 3 HGB besteht zunächst ein handelsrechtliches Wahlrecht248 zur Bildung von Bewertungseinheiten, sofern Fremdwährungspositionen bei Kreditinstituten nur einfach gedeckt sind.

247 So wurde bereits festgestellt, dass § 5 Abs. 1a EStG – als Teil der steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften – nur dann eine gesetzmäßige bzw. gleichmäßige Besteuerung gewährleisten kann, wenn sich sein Regelungsbereich auf handelsrechtskonforme Bewertungseinheiten beschränkt, vlg. 6. Teil IV. 1. b) bb), S. 211 ff. 248 Zur rechtspolitischen Kritik an Wahlrechten in der Rechnungslegung vgl. Hennrichs, S. 74 ff. m.w.N.

222

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

aa)

Rechtsprechung des BFH zu Ansatz- und Bewertungswahlrechten

Die steuerliche Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Wahlrechte249 ist nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich beschränkt. Nach dem richtungweisenden Beschluss des Großen Senats vom 03.02.1969 besteht der Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung darin, den „vollen Gewinn“ zu erfassen.250 Es könne daher „nicht im Belieben des Kaufmanns stehen, sich durch Nichtaktivierung von Wirtschaftsgütern, die handelsrechtlich aktiviert werden dürfen, oder durch den Ansatz eines Passivpostens, der handelsrechtlich nicht geboten ist, ärmer zu machen, als er ist.“ Darüber hinaus bestünden auch Bedenken in Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.251 Zusammengefasst resultiert hieraus die bekannte Formel: „Handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte werden zu steuerlichen Aktivierungsgeboten, handelsrechtliche Passivierungswahlrechte werden zu steuerlichen Passivierungsverboten“.252 Die Rechtsprechung des BFH beschränkte sich zunächst auf Ansatzwahlrechte. Im Urteil vom 21.10.1993253 – IV R 87/92 erfolgte dann eine Ausweitung dieser Grundsätze auch auf Bewertungswahlrechte. Um der steuerlichen Zielsetzung gerecht zu werden, nach Möglichkeit grundsätzlich den vollen Periodengewinn als Einkommen zu erfassen und zu besteuern, bedürfe es einer Bewertung mit dem höchsten nach Handels- und Steuerrecht zulässigen Wert; Ausnahmen sollten nur dann gelten, soweit auch nach Steuerrecht ein entsprechendes Bilanzierungswahlrecht besteht.254 Zu erörtern ist, wie sich diese Rechtsprechung auf das Wahlrecht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB auswirkt.

249 Teilweise wird darüber hinaus bereits davon ausgegangen, dass handelsrechtliche Wahlrechte keine GoB darstellen und daher nicht § 5 Abs. 1 S. 1 EStG unterfallen würden, vgl. Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 2, Rn. 5 (Fn. 7). Ein solcher Schluss scheitert jedoch schon daran, dass nach den obigen Feststellungen – über den Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG hinaus – nicht nur die GoB, sondern sämtliche allgemeingültigen handelsrechtlichen Bilanzierungsregeln für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind, vgl. 5. Teil I. 1. b) bb), S. 157 ff. 250 GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291 ff. Vgl. hierzu auch BFH vom 21.10.1993 – IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176, 178. 251 BFH vom 03.02.1969 – GrS 2/68, BStBl. II 1969, 291, 293. 252 Vgl. Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 3, Rn. 4. Kritisch dazu Knobbe-Keuk, § 2 II, S. 23 ff., die einerseits einwendet, dass das Wahlrecht dem Kaufmann nicht eingeräumt werde, damit er sich nach seinem Gusto „ärmer“ oder „reicher“ machen kann als er ist, sondern vielmehr deshalb, weil er nur so den für ihn ökonomisch richtigen Gewinn ansetzen könne. Ergänzend weist sie darauf hin, dass für die vom Großen Senat behandelten Problematik nach heutiger Rechtlage ohnehin keine Anwendungsfälle mehr existieren; ähnlich auch Schön, StuW 1995, 366, 376. 253 IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176 ff. 254 BFH vom 21.10.1993 – IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176, 178.

223

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

bb)

Klassifikation des Wahlrechts nach § 340h Abs. 2 S. 3 HGB

Um die Konsequenzen aus dieser Rechtsprechung für die fragliche Regelung beurteilen zu können, gilt es vorab festzustellen, um welche Form von Wahlrecht es sich bei § 340h Abs. 2 S. 3 HGB handelt. Bereits bei allgemeiner Betrachtung liegt es nahe, die Option zur Bildung von Bewertungseinheiten als Bewertungswahlrecht zu qualifizieren. Dies ergibt sich nicht nur aus der Begrifflichkeit „Bewertungseinheit“, sondern gleichfalls aus dem Umstand, dass es trotz der kompensatorischen Bewertung grundsätzlich zur Aktivierung bzw. Passivierung der verbundenen Positionen kommt; eine bereits erfolgte Bilanzierung von Vermögensgegenständen und Schulden bleibt erhalten. Die Bildung von Bewertungseinheiten hat damit regelmäßig keinen Einfluss auf den Ansatz von Bilanzpositionen.255 Für Fälle des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB folgt dieses Ergebnis ergänzend aus der besonderen Beschränkung des Regelungsbereichs auf die GuV. Die Existenz kompensatorischer Effekte hat lediglich Einfluss auf die Frage, in welchem Umfang Erträge bei der Währungsumrechnung in der GuV zu berücksichtigen sind. Der bilanzielle Ausweis der relevanten Vermögensgegenstände und Schulden richtet sich hingegen nach Abs. 1 und bleibt folgerichtig von der Frage einer Gesamtbewertung gänzlich unberührt. Normiert wird in § 340h Abs. 2 S. 3 HGB folglich ein Bewertungswahlrecht. Eine Differenzierung zwischen Aktivierungs- und Passivierungswahlrechten, wie sie bei Ansatzwahlrechten vorzunehmen wäre, ist damit hinfällig. Bei Bewertungswahlrechten ist nach der Rechtsprechung des BFH vielmehr der Ansatz des „höchsten nach Handels- und Steuerrecht zulässigen Werts“ zu wählen, um den vollen Periodengewinn zu erfassen. Für die vorliegende Konstellation würde dies einen Verzicht auf die Option zur imparitätischen Behandlung und den Zwang zur Gesamtbewertung bedeuten. Aus dem handelsrechtlichen Bewertungswahlrecht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB würde nach der Rechtsprechung des BFH mithin grundsätzlich ein steuerliches Gebot zur Bildung von Bewertungseinheiten folgen.256 255 Vgl. dazu bereits 5. Teil I. 1. a) aa), S. 151 ff. 256 Zu diesem Ergebnis kommt – unter Annahme eines hypothetischen Wahlrechts und mit abweichender Begründung – auch Schumacher, DB 1995, 1473, 1478. Nicht zuzustimmen ist diesem jedoch in der Annahme, dass trotz der Bewertungseinheit eine getrennte Bewertung der verbundenen Geschäfte zu erfolgen habe und diese daher auch isoliert an den Grundsätzen der Rechtsprechung zu messen seien. Zwar ist zutreffend, dass es auch innerhalb der Bewertungseinheit bei der Existenz getrennter Bilanzpositionen verbleibt. Diese werden aufgrund der Gesamtbewertung jedoch in ihrer Summe einer einheitlichen Bewertung zugeführt. Fehlt es insgesamt an dem erforderlichen Risikopotential, so kann bei der einzelnen Position bereits von vornherein keine imparitätische Behandlung – z.B. im Rahmen von Teilwertabschreibungen – vorgenommen werden. Maßgeblich für die Frage der Bewertung ist mithin zunächst das Ergebnis der Gesamtbetrachtung. Besteht für die Vornahme der Gesamtbetrachtung dabei ein Wahl-

224

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

cc)

Konsequenzen für die bisherige Rechtslage

Allerdings war das Bewertungswahlrecht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB zumindest bislang, d.h. nach früherer Rechtslage, nicht von der Wahlrechtsrechtsprechung des BFH betroffen. Ungeachtet dessen, dass auch die Rechtsprechung des BFH zu den handelsrechtlichen Wahlrechten nicht unbestritten blieb257 – recht, so sind auf dieses die Grundsätze der Wahlrechtsrechtsprechung des BFH anzuwenden; die einzelnen in der Bewertungseinheit verbundenen Geschäfte sind insofern zunächst unerheblich. Die Frage, ob sich das vorliegend ergebende Gebot zur Bildung von Bewertungseinheiten durch die Rechtsprechung des BFH zu Gestaltungsmöglichkeiten (phasengleiche Aktivierung von Dividendenansprüchen) in ihr Gegenteil verkehrt, wird an späterer Stelle beantwortet, vgl. unter 6. Teil IV. 2. d), S. 232 f. 257 Kritik erfährt sie vor allem vor dem Hintergrund einer umfassend verstandenen Maßgeblichkeit. Gegenstand der Diskussion war bzw. ist primär das in § 255 Abs. 2 S. 3 HGB normierte Wahlrecht, auch Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten und den Wertverzehr des Anlagevermögens in die Herstellungskosten einzubeziehen (dieses Wahlrecht war auch Gegenstand der Entscheidung des BFH im o.g. Urteil vom 21.10.1993). Der Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt nicht nur für den Ansatz, sondern gleichfalls für die Bewertung von Bilanzpositionen. Verdrängt werden soll dieser nach teilweise vertretener Ansicht nur durch den steuerlichen Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 EStG. Fehle es hingegen an einer steuerlichen Spezialregelung, so seien die handelsrechtlichen Regelungen – zwar subsidiär zur Ausfüllung von Regelungslücken, dann aber ohne weitere Einschränkungen – der steuerlichen Gewinnermittlung zu Grunde zu legen (vgl. Jouvenal, DStZ 1988, 241, 245; K. Schäfer, DStZ 1991, 430, 432 f.). Handelsrechtliche Wahlrechte müssten mithin grundsätzlich auch steuerlich maßgeblich sein; hier gelte im Rahmen der formellen Maßgeblichkeit eine Bindung an die konkrete Ausübung des Wahlrechts in der Handelsbilanz (Knobbe-Keuk, § 2 II 3. d), S. 27 und § 5 IV 2 b), S. 170 f.). Eine weitergehende Einschränkung der Maßgeblichkeit durch allgemeine steuerliche Grundsätze über die Gewinnermittlung – wie sie vom BFH angenommen wird – gebe es hingegen nicht (K. Schäfer, DStZ 1991, 430, 432 f.; kritisch auch Schneeloch, DB 1989, 285, 291 f.). Den kritischen Stimmen ist zumindest insofern zuzustimmen, als sich weder aus dem Wortlaut der betroffenen Normen noch aus der Systematik des Gesetzes eine Einschränkung anhand „allgemeiner steuerlicher Grundsätze“ ergibt. Gleichfalls ist kaum ersichtlich, warum handelsrechtliche Wahlrechte einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beinhalten sollten, während dies bei der Koexistenz inhaltsgleicher steuerlicher Wahlrechte nicht der Fall sein soll (ähnlich auch Raupach, in: FS Moxter, S. 101, 123 f.). Gleichfalls wird auch bei historischer Betrachtung deutlich, dass der Gesetzgeber bewusst Bewertungsspielräume in Kauf genommen hat, um den Kaufleuten das Aufstellen einer Einheitsbilanz zu ermöglichen (vgl. Regierungsbegründung zum EStG 1934, RStBl. 1935, S. 33, 37, nach welcher der Bewertungsspielraum, den die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dem Kaufmann für die Gewinnberechnung gewähren, durch die Bewertungsvorschriften des EStG 1925 stark eingeschränkt wurde. Da hiermit jedoch der „ursprüngliche Gedanke“, bei der steuerlichen Gewinnermittlung buchführender Kaufleute möglichst auf die Handelsbilanz abzustellen, vereitelt wurde, schloss sich der Gesetzgeber mit § 5 EStG 1934 verstärkt den handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen an. Er nahm insofern die Ausweitung von Bewertungsspielräumen in der Steuerbilanz bewusst in Kauf.).

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

und sich das vorstehende Ergebnis gleichfalls insofern anzweifeln ließe – fehlte es vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG vor allem an einer steuerlichen Maßgeblichkeit der Regelung. So unterfällt § 340h Abs. 2 S. 3 HGB nicht dem allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, weil es der branchenspezifischen Regelung an der erforderlichen Allgemeingültigkeit mangelt.258 Das Bewertungswahlrecht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB konnte damit bislang nicht in die Steuerbilanz übertragen werden. Der Anwendungsbereich der Wahlrechts-Rechtsprechung war insofern bereits dem Grunde nach nicht eröffnet.259 b)

Faktisches Wahlrecht bei verpflichtenden Bewertungseinheiten

Eine andere handelsrechtliche Situation findet sich sowohl in Bezug auf den teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 4 1. Hs. HGB als auch in Hinblick auf §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 und § 340h Abs. 2 S. 2 HGB. Nach allen drei Regelungen besteht grundsätzlich eine handelsrechtliche Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten.260 Diese Pflicht hat allerdings praktisch kaum zwingenden Charakter. Angesichts der Kriterien, an die eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB geknüpft ist, liegt es hier faktisch in der Hand des Bilanzierenden, die rechtlichen Voraussetzungen der Bewertungseinheit zu erfüllen oder nicht. Erfüllt er die Anforderungen an einen Risikoausschluss und dokumentiert er die Einhaltung der Kriterien ordnungsgemäß, so besteht eine handelsrechtliche Pflicht zur Gesamtbewertung; wählt er hingegen z.B. nicht fristenkongruente Sicherungsgeschäfte, äußert er keine Durchhalteabsicht oder unterlässt er die Dokumentation, so sind die Voraussetzungen an eine teleologische Reduktion nicht länger erfüllt und der Steuerpflichtige kann die Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten umgehen. Für § 340h Abs. 2 S. 2 und §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB gilt insoweit grundsätzlich nichts anderes.261 Auf handelsrechtlicher Ebene besteht damit zumindest ein „faktisches Wahlrecht“ zur Bildung von Bewertungseinheiten.262 Fraglich ist, wie ein solches dogmatisch zu verorten ist und welche steuerbilanziellen Konsequenzen sich hieraus ergeben.

258 Zur Beschränkung der allgemeinen Maßgeblichkeit auf allgemeingültige Regelungen, vgl. 5. Teil I. 1. b) bb), S. 157 ff. 259 So auch Patek, FR 2006, 714, 719. 260 Vgl. 4. Teil III. 1. a), S. 60 ff.; 4. Teil VI. 4. S. 136 ff. und 4. Teil VII. 3., S. 143. 261 So erfordert auch die „besondere Deckung“ i.S.d. § 340h Abs. 2 S. 2 HGB eine Dokumentation der wirtschaftlich verbundenen Geschäfte, vgl. MünchKommHGBBöcking/Löw/Wohlmannstetter, § 340h, Rn. 9. Einschränkungen ergeben sich allenfalls im Rahmen von §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB. Aufgrund der dazu erforderlichen besonderen Fallkonstellationen kann dies vorliegend jedoch vernachlässigt werden. 262 So auch Barckow, StbJB 2006/07, 217, 229; Breker, S. 215 f.; Gebhardt/Breker, DB 1992, 338, 339; Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1454; Müller, DB 1995, 1973, 1974; Patek, FR 2006, 714, 720; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 179;

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

aa)

Faktisches Wahlrecht als handelsrechtliches Wahlrecht?

Aufgrund der Wahlmöglichkeit des Bilanzierenden ließe sich erwägen, auch das „faktische Wahlrecht“ als handelsbilanzielles Wahlrecht i.S.d. obigen Rechtsprechung zu verstehen. Bilanzielle Wahlrechte eröffnen dem Bilanzierenden jedoch Rechtfolgenalternativen bei der Rechnungslegung.263 Ein Wahlrecht liegt vor, wenn ein Gesetz für einen verwirklichten Tatbestand mehr als eine Rechtsfolge bereithält, wobei es dem Bilanzierenden überlassen ist, sich für eine dieser Rechtsfolgen zu entscheiden.264 Es setzt damit immer einen bereits realisierten Sachverhalt voraus, der sich unter einen Tatbestand normieren lässt.265 Von den Wahlrechten abzugrenzen sind bloße Wahlmöglichkeiten bei der Sachverhaltsgestaltung.266 Zwar kann auch durch derartige Wahlmöglichkeiten Bilanzpolitik betrieben werden.267 Die Einwirkungsmöglichkeiten des Bilanzierenden bewegen sich hier aber im Vorfeld der Bilanzierung und betreffen die Gestaltung des letztendlich abzubildenden Sachverhalts.268 Der Unterschied zwischen Sachverhaltsgestaltung und der Ausübung von Wahlrechten liegt mithin in dem Zeitpunkt, in dem der Bilanzierende auf den Bilanzausweis Einfluss nimmt.269 Das vorliegende „faktische Wahlrecht“ ergibt sich aus der Option des Bilanzierenden, Sicherungsgeschäfte in einer gewissen Art und Weise abzuschließen und das Bestehen von Sicherungsverbindungen nicht hinreichend zu dokumentieren. Die Einflussmöglichkeit des Bilanzierenden besteht folglich zu einem Zeitpunkt, in dem der den Bewertungsvorschriften des § 252 HGB unterliegende Sachverhalt noch nicht feststeht. Vielmehr ist es von dem konkreten Handeln des Steuerpflichtigen abhängig, welcher Tatbestand der rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt werden soll. Hinsichtlich des faktischen Wahlrechts bei der Bildung von Bewertungseinheiten handelt es sich folglich nicht um ein handelsrechtliches Wahlrecht, sondern um eine Wahlmöglichkeit bei der Sachverhaltsgestaltung, die zunächst nicht von der WahlrechtsRechtsprechung des BFH umfasst ist.

263 264

265 266 267 268 269

Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 775; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655; Schiffers, DStZ 2006, 400, 404; Wagner, INF 2006, 538, 541; Zielke, in: FS Moxter, S. 507, 520. Hennrichs, S. 35. Rose, StbJB 1979/80, 49, 53 spricht in diesem Zusammenhang von „Rechtswahlmöglichkeiten“. So für steuerliche Wahlrechte Birk, NJW 1984, 1325, 1325; Kammann, StuW 1978, 108, 109; Kummer, S. 2 f.; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Weber-Grellet, § 4, Rn. C 180. Allgemein zu bilanziellen Wahlrechten vgl. auch Hennrichs, S. 35. Belser, S. 8; Michels, S. 43. Michels, S. 40; Rose, StbJB 1979/80, 49, 53. Vgl. Hennrichs, S. 54 m.w.N. Hennrichs, S. 55 Belser, S. 8.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

bb)

Entsprechende Anwendung der Rechtsprechung zu Gestaltungsmöglichkeiten?

Dennoch existieren Ansätze, die restriktive Rechtsprechung des BFH auch auf derartige Gestaltungsmöglichkeiten zu übertragen. Eine ähnliche Problematik findet sich nämlich im Zusammenhang mit der phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen, d.h. der Frage, ob die Ausschüttungen einer Tochtergesellschaft bei der Mutter bereits im Gewinnentstehungsjahr oder erst im Folgejahr zu berücksichtigen sind. Der BGH hatte unter Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise entschieden, dass eine handelsrechtliche Pflicht zur phasengleichen Bilanzierung von Dividendenansprüchen besteht, wenn eine Konzerngesellschaft allein an einer GmbH beteiligt ist und die Gesellschafterversammlung der abhängigen Gesellschaft noch vor Abschluss der Prüfung bei der Mutter über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnverwendung beschließt.270 Zwar mag diese Betrachtungsweise der wirtschaftlichen Situation gerecht werden; ähnlich wie bei der Frage der kompensatorischen Bewertung ergeben sich hiermit aber handelsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Muttergesellschaft: Diese kann durchsetzen, dass die Feststellung des Jahresabschlusses bzw. die Beschlussfassung über die Gewinnverwendung bei der Tochtergesellschaft erst nach Abschluss der Prüfungsarbeiten bei der Muttergesellschaft erfolgt und dadurch die Pflicht zur phasengleichen Aktivierung umgehen.271 Eine Pflicht zur phasengleichen Aktivierung bestand nach früherer Ansicht des BFH auch in der Steuerbilanz.272 Angesichts der damit verbundenen Gestal270 BGHZ 137, 378 ff. Das Urteil erfolgte nach Vorlage der Rechtsfrage an den EuGH (Urteil vom 27.06.1996 – Rs. C-234/94, Slg. 1996, I-3145 ff = DB 1996, 1400 „Tomberger“), der eine Pflicht zur phasenkonformen Aktivierung dann für gemeinschaftsrechtlich zulässig erachtet hatte, wenn bereits eine „Zuweisung“ des „Gewinns“ an die Muttergesellschaft erfolgt ist; ob eine derartige Zuweisung nur im Gewinnverwendungsbeschluss oder bereits in einem Gewinnverwendungsvorschlag zu sehen ist, ist umstritten, vgl. Herzig/Rieck, IStR 1998, 309, 312 f. Die Entscheidung des BGH steht in Abkehr zur bisherigen Rechtsprechung, die von einem handelsrechtlichen Bilanzierungswahlrecht ausging, wenn der Jahresabschluss der Tochter noch vor Abschluss der Prüfung bei der Muttergesellschaft festgestellt worden war und „mindestens ein entsprechender Gewinnverwendungsvorschlag“ vorliegt, vgl. BGHZ 65, 230 ff. Kritisch zur Rechtsprechung des BGH Hoffmann, BB 1996, 1051, 1055, der darauf hinweist, dass dem Kaufmann nach dem bilanzrechtlichen Grundsatz der Objektivierung möglichst weitgehende Schranken gesetzt werden sollen, um das Ergebnis des Jahresabschlusses von subjektiven Vorstellungen und damit von Gestaltungsmöglichkeiten freizuhalten; gerade dies sei im obigen Verfahren jedoch nicht berücksichtigt worden. 271 Zur Kritik an dieser Gestaltungsmöglichkeit durch den Bilanzierenden vgl. Haselmann/Schick, DB 1996, 1529, 1532; Wassermeyer, in: FS Döllerer, S. 705, 714. 272 Das nach der früheren Rechtsprechung des BGH angenommene Aktivierungswahlrecht sollte zu einem steuerlichen Aktivierungsgebot werden, BFH vom 08.03.1989 – X R 9/86, BStBl. II 1989, 714, 718.

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

tungsspielräume wurde diese Rechtsprechung jedoch durch den Beschluss des Großen Senats vom 07.08.2000273 revidiert. Tragendes Argument war u.a. die besondere Sachgesetzlichkeit des Steuerrechts.274 Das Steuerrecht sei wesentlich vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung geprägt, weshalb Grund und Höhe der Besteuerung – von gesetzlich normierten Ausnahmen abgesehen – nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig gemacht werden könnten.275 Gerade eine solche Abhängigkeit würde aber begründet, wenn dem Steuerpflichtigen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden, die einem gesetzlich nicht vorgesehenen Wahlrecht gleichkommen.276 In der Folge kam der Große Senat daher zu einem Aktivierungsverbot, um so die Gestaltungsspielräume des Steuerpflichtigen umfassend einzuengen.277 Diese Forderung des BFH nach einem hohen Maß an Objektivierung lässt sich auch auf die Konstellation der Bewertungseinheiten übertragen. Obwohl es sich hierbei nach den obigen Feststellungen gerade nicht um ein handelsrechtliches Wahlrecht handelt, ist die restriktive Rechtsprechung des BFH zu solchen Wahlrechten damit gleichfalls auf Fragen der kompensatorischen Bewertung anwendbar. In der Steuerbilanz könnte dem in zweierlei Weise Rechnung getragen werden: einerseits durch ein steuerliches Verbot zur Bildung von Bewertungseinheiten, andererseits durch die steuerliche Pflicht, Bewertungseinheiten unabhängig von den beschriebenen Voraussetzungen zu bilden.278 cc)

Konsequenzen für die bisherige Rechtslage

Nach bisheriger Rechtslage, d.h. unter Rückgriff auf die allgemeine Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, erschien letzteres kaum sachgerecht. Probleme ergeben sich vor allem aus der praktischen Umsetzung einer entsprechenden Pflicht zur Gesamtbewertung. Selbst im Rahmen einer unbedingten steuerrechtlichen Verpflichtung dürften Bewertungseinheiten nicht unabhängig von der Existenz kompensatorischer Effekte gebildet werden.279 Derartige Effekte sind nachweisbedürftig, da es ansonsten – diesmal zulasten des Steuerpflichtigen – abermals an der für die Besteuerung erforderlichen Objektivierung der Gewinnermittlung mangeln würde. Erkennt man allerdings, dass der 273 GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632 ff. Vorlagebeschluss des I. Senats, BFH vom 16.12.1998 – I R 50/95, BStBl. II 1999, 551 ff. 274 BFH vom 07.08.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632, 637 f. Die Ziele der handelsund steuerrechtlichen Rechnungslegung werden von der Rechtsprechung weitestgehend unterschiedlich gesehen, vgl. Stobbe, S. 81 m.w.N. 275 Vgl. auch BFH vom 20.01.1999 – I R 32/98, BStBl. II 1999, 369, 370. 276 So auch bereits der Vorlagebeschluss des I. Senats vom 16.12.1998 – I R 50/95, BStBl. II 1999, 551, 555 f. 277 Kritisch dazu Kraft, in: FS Müller, S. 755 ff. 278 Eine ähnliche Konsequenz findet sich auch im Vorlagebeschluss des I. Senats vom 16.12.1998 – I R 50/95, BStBl. II 1999, 551, 555. 279 In der Existenz derartiger Effekte und dem damit verbundenen Risikoausschluss besteht gerade die Rechtfertigung für die Abweichung vom Grundsatz der Einzelbewertung.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Nachweis kompensatorischer Effekte aufgrund der Subjektivität der Durchhalteabsicht nicht aus sich heraus möglich ist, so bedarf es stets dessen Ableitung aus bestimmten Kriterien. Auch solche eröffnen jedoch wiederum Gestaltungsspielräume, die im Konflikt zur obigen Rechtsprechung stehen. Eine gestaltungsresistente Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten ist mithin praktisch kaum denkbar.280 Eine Abhilfe könnte sich allenfalls unter Rückgriff auf § 42 AO ergeben. Im Kontext der phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen hat Moxter darauf hingewiesen, dass der BFH der Gefahr von Sachverhaltsgestaltungen als ultima ratio auch mit § 42 AO begegnen könne;281 diese Überlegung ließe sich ggf. auch auf die vergleichbare Konstellation der Bewertungseinheiten übertragen. Der Ansatz Moxters ist jedoch überaus fragwürdig. So ist die generalklauselartige Ausnahmevorschrift des § 42 AO grundsätzlich nur geeignet, extrem gelagerte Ausnahmefälle zu lösen.282 Steht hingegen das tatsächliche Vorliegen von Sicherungswirkungen infrage, hilft die Regelung nicht weiter. Der Tatbestand der „unangemessenen rechtlichen Gestaltung“ i.S.d. § 42 Abs. 2 AO stößt dabei spätestens dann an seine Grenzen, wenn es darum geht, das tatsächliche Vorliegen der – rein subjektiven – Durchhalteabsicht zu beurteilen. Hier ist man zwingend auf die Willensäußerung des Steuerpflichtigen angewiesen, denn sie ist entscheidend für das Vorliegen eines tatsächlichen Risikoausschlusses und damit zwingende Voraussetzungen, um vom Einzelbewertungsgrundsatz abweichen zu dürfen. Fehlt es hingegen an einer Durchhalteabsicht, so handelt es sich nicht um eine „Gestaltung“, sondern um einen gänzlich anderen Sachverhalt, der durch die Unterstellung der Sicherungsabsicht falsch beurteilt würde. Gewiss mag man überlegen, die Steuerfestsetzung in den betroffenen Fällen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 2 AO vorzunehmen und das Verhalten des Steuerpflichtigen einer ex post-Prüfung anhand von § 42 AO zu unterziehen. Ein solches Vorgehen würde aber kaum dem Gedanken der periodengerechten Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG gerecht.283 So lässt sich zwar ex post sicher feststellen, ob insgesamt ein Verlust eingetreten ist. Sinn und Zweck des Imparitätsprinzips ist es aber gerade, nicht nur realisierte Verluste, sondern bereits Verlustrisiken in ihrem Entstehungszeitpunkt zu berücksichtigen. Fasst der Steuerpflichtige aber erst nachträglich eine Durchhalteabsicht für zwei gegenläufige Positionen, so bestand zumindest ursprünglich ein bilanziell berücksichtigungsbedürftiges Risiko. 280 Ähnlich auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1454, die darauf hinweisen, dass „ein willkürfreier Ansatz von Sicherungsbeziehungen nicht allgemeingültig entwickelt werden kann“. Vgl. auch Breker, S. 216; Herzig/Mauritz, zfbf 1998, 123. 281 Moxter, DB 2000, 2333, 2336. 282 Wassermeyer, Die Zukunft der steuerlichen Gewinnermittlung, S. 103, 109. 283 Vgl. dazu Kirchhof-Crezelius, § 4, Rn. 158; Hennrichs, StuW 1999, 138, 145 f.

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

Hinzu kommen Zweifel an der praktischen Überprüfbarkeit derartiger „Gestaltungsmissbräuche“.284 Für den Betriebsprüfer würde dies bedeuten, aus der Buchführung des Steuerpflichtigen alle deckungsfähigen Geschäfte herausfiltern zu müssen. Dies ist nicht nur müßig, sondern eine Zuordnung ist auch ohnehin nur dann möglich, wenn es sich um fristgebundene Geschäfte handelt. Besteht das potenzielle Deckungsgeschäft hingegen in einem einfachen Devisenbestand, der einer jederzeitigen Auflösung zugänglich ist, so wird man dem Steuerpflichtigen kaum unterstellen können, diesen Posten für Sicherungszwecke vorgesehen zu haben. Im Ergebnis fehlt es mithin an einer faktischen Durchsetzbarkeit eines generellen Gebotes zur Bildung von Bewertungseinheiten. Analog zum Fall der phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen müsste nach der Rechtsprechung des BFH aus der handelsrechtlichen Pflicht folglich ein steuerliches Verbot zur Bildung von Bewertungseinheiten resultieren. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass der I. Senat des BFH in seinem Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 die besonders gestaltungsanfälligen Mikro-Hedges als steuerlich maßgeblich und damit als unbedenklich betrachtete.285 Unklarheiten ergeben sich ferner im Zusammenhang mit § 340h Abs. 2 S. 3 HGB. Orientiert man sich an der Rechtsprechung des BFH zu den Gestaltungsspielräumen, so müsste man auch im Falle des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB zu einem Verbot der steuerlichen Bildung von Bewertungseinheiten kommen; auch die Voraussetzung der „einfachen Deckung“ hängt insofern an Kriterien,286 die dem Steuerpflichtigen Einflussmöglichkeiten eröffnen. Dieses Ergebnis verwundert, würde doch die Wahlrechts-Rechtsprechung des BFH – wie oben gezeigt – auf der gleichen Argumentationsgrundlage ja gerade zu einem Gebot der Bildung von Bewertungseinheiten führen.287 c)

Regelung des § 5 Abs. 1a EStG

Eine abweichende rechtliche Beurteilung könnte sich in den vorgenannten Fällen aus § 5 Abs. 1a EStG ergeben. Bedeutung erlangt diese Vorschrift nicht nur insofern, als sie auch rechtsform- und branchenspezifische Regelungen für maßgeblich erklärt; die in § 340h Abs. 2 S. 3 HGB normierte Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten wird damit ebenfalls steuerlich beachtlich; für § 340h Abs. 2 S. 2 HGB gilt dies in dem dargestellten einge-

284 Zu den Schwierigkeiten der Definition dieses Tatbestandsmerkmals („Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts“) vgl. H/H/S-Fischer, § 42, Rn. 88 ff. 285 I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 265 f. 286 Vgl. dazu 4. Teil III. 1. b), S. 62 f. 287 Ein aus der Wahlrechtsrechtsprechung resultierendes Gebot zur steuerbilanziellen Bildung von Bewertungseinheiten scheitert im Fall des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB aber bereits daran, dass die branchenspezifische Norm nicht der allgemeinen Maßgeblichkeit unterliegt, vgl. dazu 6. Teil IV. 2. a) cc), S. 225 f.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

schränkten Maße.288 Relevanz hat sie auch vor dem Hintergrund, dass die einschränkende Rechtsprechung des BFH nicht unbedingt gilt. Nach Ansicht des BFH sollen nämlich sowohl handelsrechtliche Wahlrechte289 als auch Gestaltungsmöglichkeiten290 ausnahmsweise auf die Steuerbilanz übertragbar sein, sofern ein entsprechendes steuerliches Wahlrecht besteht. Ausdrücklich wird ein derartiges Wahlrecht in § 5 Abs. 1a EStG nicht normiert. Indem die Neuregelung jedoch an die handelsrechtliche Handhabung anknüpft, umfasst sie auch die dem Bilanzierenden dort eingeräumten Einflussmöglichkeiten und kommt mittelbar einem steuerlichen Bilanzierungswahlrecht gleich. § 5 Abs. 1a EStG stellt damit diejenige Ausnahmevorschrift dar, die nach der Rechtsprechung des BFH erforderlich ist, um handelsrechtliche Wahlrechte und vergleichbare Einflussmöglichkeiten des Steuerpflichtigen in die Steuerbilanz übertragen zu können. Sowohl die nach § 340h Abs. 2 S. 3 HGB gebildeten als auch die auf einem teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB bzw. auf §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB und § 340h Abs. 2 S. 2 HGB291 basierenden Bewertungseinheiten können bzw. müssen damit nach § 5 Abs. 1a EStG auch in der steuerlichen Gewinnermittlung Berücksichtigung finden. Maßstab sind hierbei allein die handelsrechtlichen Vorgaben. Für einen darüber hinausgehenden Zwang zur Bildung von Bewertungseinheiten nach der „Sachgesetzlichkeit des Steuerrechts“292 bleibt kein Raum. § 5 Abs. 1a EStG ordnet vielmehr die Übernahme der handelsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auch in die steuerliche Gewinnermittlung an und unterliegt insofern keiner Einschränkung durch die Wahlrechts- und Gestaltungsrechtsprechung des BFH.293 d)

Zwischenergebnis und mögliche Bewertungseinheiten nach neuer Rechtslage

Sowohl die handelsrechtlich verpflichtende Bildung von Bewertungseinheiten gem. § 340h Abs. 2 S. 2 HGB, gem. §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB bzw. dem teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB als auch das Wahl288 Vgl. 6. Teil III. 1. b), S. 187 ff. 289 Vgl. BFH vom 21.10.1993 – IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176, 178: „soweit nicht auch nach Steuerrecht ein entsprechendes Bilanzierungswahlrecht besteht“. 290 BFH vom 07.08.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632, 638: „Von gesetzlich normierten Ausnahmen abgesehen“. 291 Die steuerliche Maßgeblichkeit ergibt sich im Zusammenhang mit dieser Norm nur in dem unter 6. Teil III. 1. b), S. 187 ff. dargestellten Rahmen. 292 BFH vom 07.08.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632, 637 f. 293 So im Ergebnis wohl auch Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774, die davon ausgehen, dass eine „Abkopplung“ von Handels- und Steuerbilanz […] nunmehr nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr möglich ist. Der wahlweise handelsbilanzielle Verzicht auf die Bildung einer Bewertungseinheit könne nun nicht mehr ein steuerbilanzielles Gebot zur Verrechnung auslösen. Ähnlich auch Hahne, StuB 2007, 18, 19; Patek, FR 2006, 714, 719.

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Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

recht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB würden sich nach der Rechtsprechung des BFH zu den Gestaltungsspielräumen (phasengleiche Aktivierung) steuerbilanziell grundsätzlich in ein Gesamtbewertungsverbot verkehren. Angesichts der Normierung von § 5 Abs. 1a EStG sind diese Grundsätze für den fraglichen Bereich der Bewertungseinheiten jedoch hinfällig. So wurde mit § 5 Abs. 1a EStG nunmehr eine Anknüpfung an die handelsrechtliche Bilanzierung geschaffen, die dazu führt, dass handelsrechtliche Wahl- bzw. Einflussmöglichkeiten grundsätzlich auch im Bereich der Steuerbilanz ihre Geltung behalten. Sämtliche handelsrechtskonformen Bewertungseinheiten können bzw. müssen damit regelmäßig auch eine steuerbilanzielle Berücksichtigung finden. Maßgeblich für die Besteuerung ist insofern ausschließlich die konkrete Vorgehensweise des Kaufmanns in der Handelsbilanz.294

3.

Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG

Allerdings könnte der im Einleitungssatz des § 6 EStG normierte Einzelbewertungsgrundsatz einer steuerlichen Übernahme der nach Handelsrecht gebildeten Bewertungseinheiten teilweise entgegenstehen. Wie bereits ausgeführt, richtet sich die steuerliche Gewinnermittlung nur insoweit nach den im Handelsrecht geltenden Vermögensermittlungsgrundsätzen, als kein ausdrücklich normierter Steuervorbehalt eingreift.295 Letzteres ist hinsichtlich der nach §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB und § 340h Abs. 2 HGB gebildeten Bewertungseinheiten aber gerade der Fall. Zwar ist hier infolge des § 5 Abs. 1a EStG die Beschränkung der Maßgeblichkeit auf allgemeingültige Handelsrechtsnormen zunächst durchbrochen. Im Zusammenspiel mit § 6 Abs. 1 S. 1 EStG würde aber der in § 4 Abs. 1 S. 8 bzw. § 5 Abs. 6 EStG normierte Vorbehalt die Übernahme entsprechender Gesamtbewertungen in die Steuerbilanz erneut verhindern. Sollte der steuerliche Einzelbewertungsgrundsatz des § 6 S. 1 EStG also tatsächlich der Neuregelung des § 5 Abs. 1a EStG als Spezialvorschrift vorgehen, so würde dies im Ergebnis eine Konservierung der bisherigen Rechtslage bedeuten. Die mit Einführung des § 5 Abs. 1a EStG bewirkten Modifikationen der Maßgeblichkeit würden hingegen leer laufen. Klärungsbedürftig ist damit das Verhältnis des § 5 Abs. 1a EStG zum Bewertungsvorbehalt nach § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 EStG. Soweit ersichtlich sind es hierbei bislang ausschließlich 296 Schick/Indenkämpen, die auch im Hinblick auf den neu eingeführten § 5 Abs. 1a EStG eine primäre Geltung des steuerlichen Einzelbewertungsgebotes nach § 6 Abs. 1 S. 1 EStG vermuten. Begründet wird dies mit der systematischen Stellung des § 5 Abs. 6 EStG. Und in der Tat spricht die Gesetzessyste294 Ohne Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH so im Ergebnis auch Schiffers, DStZ 2006, 400, 404. 295 Vgl. zum Ganzen bereits die Ausführungen unter 5. Teil III., S. 170 ff. 296 Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

matik für eine Vorrangstellung des Bewertungsvorbehaltes. Markant ist dabei vor allem, dass § 5 Abs. 1a EStG vor der Norm des § 5 Abs. 6 EStG eingefügt wurde. Schließlich wird aus dem Umstand, dass der Vorbehalt bei jeder Gesetzesänderung an das Ende der Norm verschoben wurde, dessen primäre Geltung vor sämtlichen vorgelagerten Absätzen gefolgert.297 Indes kann die Beurteilung der Wechselwirkung beider Normen im Rahmen einer umfassenden Auslegung nicht auf dieses Kriterium beschränkt bleiben. Ergänzend zur nachgelagerten Position des Bewertungsvorbehalts innerhalb des § 5 EStG wird die Vorrangstellung der steuerlichen Bewertungsvorschriften systematisch nämlich auch aus deren Spezialität abgeleitet. So sollen die Regelungen des § 6 EStG in gewissen Grenzen Abweichungen von den handelsrechtlichen GoB statuieren298 und gehen damit bereits aus methodischer Sicht der allgemeinen Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG vor.299 Gerade an dieser methodischen Vorrangstellung fehlt es aber in Bezug auf § 5 Abs. 1a EStG. Die Vorschrift normiert ihrerseits eine Sonderregelung und trifft in Bezug auf die Einzelfrage der Bewertungseinheit speziellere Anordnungen als der allgemeingültige § 6 EStG. Würde man § 6 EStG dennoch den Vorrang einräumen, so verbliebe für § 5 Abs. 1a EStG – wie aufgezeigt – faktisch kein Anwendungsbereich; ein derartiges Verständnis wäre aber mit dem logischen Verhältnis der Spezialität nicht zu vereinbaren.300 Aus historischer und teleologischer Sicht lässt sich diese Überlegung durch die divergierende Zwecksetzung der beiden Vorschriften ergänzen. Während § 6 EStG das Ziel verfolgt, die über die Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG in das Steuerrecht „importierten“ handelsrechtlichen Spielräume einzuengen,301 will der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 1a EStG andersherum die ihm zu streng erscheinenden Grenzen der reinen GoB-Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ausdehnen. § 5 Abs. 1a EStG soll insofern einer Differenzierung von Handels- und Steuerrecht entgegenwirken.302 Gerade diese Zielsetzung der jüngeren Norm des § 5 Abs. 1a EStG ließe sich im Falle einer Vorranggeltung von § 6 EStG jedoch nicht verwirklichen.303 Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass § 5 Abs. 1a EStG als lex specialis den steuerlichen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG vorgeht.304 Dies gilt für den steuerlichen Einzelbewertungsgrundsatz und den Teilwertvorbehalt gleichermaßen. Nach der Gesetzesbegründung bildet § 5 Abs. 1a EStG dabei eine of297 298 299 300 301 302 303 304

234

H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 2105. H/H/R-Stobbe, § 5, Rn. 2105; Knobbe-Keuk, § 5 II S. 155. Vgl. dazu bereits 5. Teil III. 2., S. 171. Vgl. dazu bereits 5. Teil III. 2., S. 171. Dauber, S. 35, Knobbe-Keuk, § 5 II, S. 155. Vgl. BR-Drucks. 937/05, S. 9. So auch Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 504; Patek, FR 2006, 714, 720. So im Ergebnis auch Hahne, StuB 2007, 18, 19; Littmann/Bitz/Pust-Hoffmann, §§ 4, 5, Rn. 504; Patek, FR 2006, 714, 720; Schiffers, DStZ 2006, 400, 401.

Rechtsfolge des § 5 Abs. 1a EStG

fensichtlich gewollte Ausnahme vom Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 bzw. § 6 EStG,305 was auch mit der Feststellung korrespondiert, dass es sich bei der Materie der kompensatorischen Bewertung um eine Bewertungsfrage handelt.306 Der steuerliche Bewertungsvorbehalt wird insofern durch eine unmittelbare Übernahme der konkreten handelsrechtlichen Bewertungsergebnisse verdrängt.307 Systematisch sinnvoller wäre es daher gewesen, die Neuregelung – entsprechend dem Gesetzesentwurf des Landes Hessen vom 28.01.2005 – innerhalb des § 6 EStG zu verankern. Dass dies nicht geschehen ist, lässt sich wohl nur vor dem Hintergrund der sachlichen Nähe zum Maßgeblichkeitsgrundsatz erklären.308 An der systematischen Fehlstellung des § 5 Abs. 1a EStG vermag jedoch auch dies nichts zu ändern.309

4.

Zeitlicher Anwendungsbereich § 5 Abs. 1a EStG

Fraglich ist ferner der zeitliche Anwendungsbereich der Regelung. Die Einführung des § 5 Abs. 1a EStG erfolgte ohne spezielle Anwendungsnorm, so dass die Änderung nach § 52 Abs. 1 S. 1 EStG310 grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2006, also erstmals für Wirtschaftsjahre gilt, die nach dem 31.12.2005 enden.311 Etwas anderes könnte sich allenfalls aus der einschlägigen Regierungsbegründung ergeben. Dort heißt es, § 5 Abs. 1a EStG regele lediglich klarstellend, „dass diese handelsrechtliche Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten auch weiterhin für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich bleibt“.312 Diese Einschätzung der Bundesregierung hätte zur Folge, dass die Regelungsanordnung rückwirkend auf alle noch offenen Veranlagungszeiträume anzuwenden und ein Aufgriff durch die Finanzverwaltung nicht ausgeschlossen wäre.313 Eine rückwirkende Anwendung von § 5 Abs. 1a EStG ist jedoch abzulehnen. Abweichend von der Ansicht der Bundesregierung wirkt die Vorschrift gerade nicht klarstellend, sondern hat im Hinblick auf die nach §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB bzw. § 340h Abs. 2 S. 3 HGB gebildeten Bewertungseinhei-

305 Vgl. auch Patek, FR 2006, 714, 720. 306 Vgl. bereits 5. Teil I. 1. a) aa), S. 151 ff. Vgl. dazu auch Hahne, BB 2006, 2291, 2293; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774; Schiffers, DStZ 2006, 400, 401. 307 Hahne, BB 2006, 2291, 2293; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7. 308 Ähnlich auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7. 309 Eine solche kritisieren auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-7; Patek, FR 2006, 714, 720; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774; Wagner, INF 2006, 538, 541. 310 In der Fassung vom 28.04.2006. 311 Schiffers, DStZ 2006, 400, 402. So auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-2; Kölpin, StuB 2006, 546, 548; Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 771. 312 BR-Drucks. 937/05, S. 9. Vgl. auch Hahne, BB 2006, 2291, 2293. 313 So die zutreffenden Bedenken von Wagner, INF 2006, 538, 541.

235

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

ten einen konstitutiven Charakter.314 Es liegt insofern eine materielle Rechtsänderung vor, deren rückwirkende Anwendung in die Zeit vor 2006 ausgeschlossen ist.315 Für die vorgelagerten Veranlagungszeiträume bleibt die steuerliche Bildung von Bewertungseinheiten weiterhin nur aufgrund eines teleologisch reduzierten Einzelbewertungsgrundsatzes zulässig.316

V.

Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2

Flankiert wurde die Neuregelung des § 5 Abs. 1a EStG durch eine Modifikation des § 5 Abs. 4a EStG. Nachdem die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften für steuerliche Zwecke zunächst gänzlich verboten war, gilt nunmehr gem. S. 2 der Regelung eine Ausnahme „für Ergebnisse nach Absatz 1a“.

1.

Dogmatische Einordnung der Neuregelung

Auf den ersten Blick erstaunt es, dass mit dem Gesetz „zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ eine liberalisierende Norm geschaffen wurde, die dem Steuerpflichtigen erneute Rückstellungsmöglichkeiten einräumt. Insofern bedarf es einer Untersuchung der gesetzgeberischen Motive, um eine dogmatische Einordnung der Regelung vornehmen zu können. Begründet wurde die Änderung mit der Feststellung, dass es sich bei dem nach der Bildung der Bewertungseinheit verbleibenden und als Drohverlustrückstellung ausgewiesenen negativen Ergebnis tatsächlich um die Zusammenfassung einer Vielzahl unterschiedlichster Aufwendungen und Erträge handele. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG stelle insofern klar, dass diese, „lediglich technisch“ als Rückstellung für drohende Verluste bezeichnete Bilanzposition nicht dem Passivierungsverbot nach Abs. 4a S. 1 unterliege.317 Während die Regelung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren eher skeptisch gesehen wurde,318 314 Vgl. dazu 6. Teil IV. 1. d), S. 222. Entsprechendes gilt hinsichtlich der überschießenden Gewinne im Fall einer „besonderen Deckung“ gem. § 340h Abs. 2 S. 2 HGB. 315 Hahne, BB 2006, 2291, 2293; ähnlich auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a; Wagner, INF 2006, 538, 541. Unklar hingegen Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655, die der Vorschrift keine über den Grundsatz der Maßgeblichkeit hinausreichende Wirkung beimessen. 316 Auch Hahne, BB 2006, 2291, 2293 und H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-2 sehen die Frage der Zulässigkeit von Bewertungseinheiten insofern auf eine Beurteilung anhand von § 5 Abs. 1 S. 1 EStG und des steuerlichen Bewertungsvorbehalts beschränkt. 317 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 318 Vgl. Beschluss über die Stellungnahme des Bundesrates vom 10.02.2006 (937/05, S. 5 f.) in der – vor dem Hintergrund drohender Steuerausfälle in Milliardenhöhe in NRW – darum gebeten wurde, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu überprüfen, ob die Regelung nicht doch gestrichen werden sollte. Kritisch auch die Stellungnahme der

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

ten einen konstitutiven Charakter.314 Es liegt insofern eine materielle Rechtsänderung vor, deren rückwirkende Anwendung in die Zeit vor 2006 ausgeschlossen ist.315 Für die vorgelagerten Veranlagungszeiträume bleibt die steuerliche Bildung von Bewertungseinheiten weiterhin nur aufgrund eines teleologisch reduzierten Einzelbewertungsgrundsatzes zulässig.316

V.

Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2

Flankiert wurde die Neuregelung des § 5 Abs. 1a EStG durch eine Modifikation des § 5 Abs. 4a EStG. Nachdem die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften für steuerliche Zwecke zunächst gänzlich verboten war, gilt nunmehr gem. S. 2 der Regelung eine Ausnahme „für Ergebnisse nach Absatz 1a“.

1.

Dogmatische Einordnung der Neuregelung

Auf den ersten Blick erstaunt es, dass mit dem Gesetz „zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ eine liberalisierende Norm geschaffen wurde, die dem Steuerpflichtigen erneute Rückstellungsmöglichkeiten einräumt. Insofern bedarf es einer Untersuchung der gesetzgeberischen Motive, um eine dogmatische Einordnung der Regelung vornehmen zu können. Begründet wurde die Änderung mit der Feststellung, dass es sich bei dem nach der Bildung der Bewertungseinheit verbleibenden und als Drohverlustrückstellung ausgewiesenen negativen Ergebnis tatsächlich um die Zusammenfassung einer Vielzahl unterschiedlichster Aufwendungen und Erträge handele. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG stelle insofern klar, dass diese, „lediglich technisch“ als Rückstellung für drohende Verluste bezeichnete Bilanzposition nicht dem Passivierungsverbot nach Abs. 4a S. 1 unterliege.317 Während die Regelung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren eher skeptisch gesehen wurde,318 314 Vgl. dazu 6. Teil IV. 1. d), S. 222. Entsprechendes gilt hinsichtlich der überschießenden Gewinne im Fall einer „besonderen Deckung“ gem. § 340h Abs. 2 S. 2 HGB. 315 Hahne, BB 2006, 2291, 2293; ähnlich auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 231a; Wagner, INF 2006, 538, 541. Unklar hingegen Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655, die der Vorschrift keine über den Grundsatz der Maßgeblichkeit hinausreichende Wirkung beimessen. 316 Auch Hahne, BB 2006, 2291, 2293 und H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-2 sehen die Frage der Zulässigkeit von Bewertungseinheiten insofern auf eine Beurteilung anhand von § 5 Abs. 1 S. 1 EStG und des steuerlichen Bewertungsvorbehalts beschränkt. 317 BR-Drucks. 937/05, S. 9. 318 Vgl. Beschluss über die Stellungnahme des Bundesrates vom 10.02.2006 (937/05, S. 5 f.) in der – vor dem Hintergrund drohender Steuerausfälle in Milliardenhöhe in NRW – darum gebeten wurde, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu überprüfen, ob die Regelung nicht doch gestrichen werden sollte. Kritisch auch die Stellungnahme der

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Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2

ist sie in der Literatur durchweg auf Zustimmung gestoßen.319 Unklarheiten bestehen dennoch darüber, inwieweit es sich im Rahmen des negativen Überschusses einer Bewertungseinheit lediglich „technisch“ um eine Drohverlustrückstellung handeln soll. a)

Sicherer Verlust nach Art einer Verbindlichkeit?

Prinz/Hick320 gehen dabei davon aus, dass die Außerkraftsetzung des Passivierungsverbots für Drohverlustrückstellungen zutreffend sei, da es „letztlich wirtschaftlich um einen sicheren Verlust nach Art einer Verbindlichkeit“ gehe.321 Unter Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten sei die Außerachtlassung des Saldierungsverlustes aus den verrechneten Kompensationsgeschäften falsch, denn die Verlustrealisation aus den Grund- und Sicherungsgeschäften stehe fest. Schiffers322 hingegen kritisiert den Ansatz einer Drohverlustrückstellung als systematisch fehlerhaft. Richtigerweise müsse ein per Saldo verbleibender Verlust der Bewertungseinheit zunächst in Form einer (steuerlich wirksamen) Teilwertabschreibung berücksichtigt werden. Erst dann, wenn dieses Instrument nicht mehr eingesetzt werden kann, weil der erwartete Verlust die insgesamt aktivierten Anschaffungskosten bzw. Buchwerte übersteigt, wäre die Bildung einer Rückstellung geboten. Beide Überlegungen vermögen nicht gänzlich zu überzeugen. Betrachten Prinz/Hick den negativen Überschuss einer Bewertungseinheit als „sicheren Verlust nach Art einer Verbindlichkeit“, so scheinen sie sich am ursprünglichen Gesetzesentwurf des Landes Hessen zu orientieren; gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3b EStG-E waren die verbleibenden Verluste dabei „wie Verbindlichkeiten anzusetzen“.323 Tatsächlich handelt es sich beim Verlustüberhang einer Bewertungseinheit aber weder um einen Verlust nach Art einer Verbindlichkeit, noch lässt sich dieser zwingend als sicher ansehen. Der negative Überschuss aus der kompensatorischen Bewertung ist vielmehr derselbe Verlust, wie er auch bei Einzelbetrachtung anfallen würde. Die in der Bewertungseinheit angesammelten bilanzierten und schwebenden Geschäfte wären im Verlustfall an sich richtigerweise entweder im Wege von Teilwertabschreibungen oder durch Bildung von Drohverlustrückstellungen imparitätisch zu bewerten.324 Auch die von

319

320 321 322 323 324

Fraktion DIE LINKE, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/975, S. 10. Allerdings weist auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-11 darauf hin, dass sich durch die Gesetzesänderung eine „möglicherweise durch den Gesetzgeber nicht beabsichtigte Verbesserung“ ergebe. Prinz/Hick, DStR 2006, 771, 774. Ähnlich auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-11. Schiffers, DStZ 2006, 400, 405. Vgl. dazu 6. Teil I., S. 177. Eine Vermischung von Teilwertabschreibungen und Drohverlustrückstellungen für schwebende Geschäfte sehen insoweit auch Günkel, StbJb 2001/02, S. 343, 361; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-12.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Schiffers vorgeschlagene aufeinander folgende Anwendung beider Methoden erscheint insofern nicht sachgerecht. Vielmehr müsste anhand der verlustträchtigen Position individuell untersucht werden, ob der negative Erfolgsbeitrag dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 4a EStG unterliegt oder ob dieser im Wege einer Teilwertabschreibung steuerlich berücksichtungsfähig ist. b)

Vereinfachungsfunktion für die Verlustberücksichtigung

Eine derart differenzierte Betrachtung führt allerdings zu Problemen, wenn es innerhalb einer Bewertungseinheit zur Vermischung verschiedener Teilwertabschreibungen und Drohverlustrückstellungen kommt. Angesichts der Saldierung wird sich hier oftmals gar nicht oder nur unter erhöhtem Verwaltungsaufwand nachvollziehen lassen, welcher Wert welcher Position konkret zuzurechnen ist.325 Aufgrund solcher Zuordnungsprobleme werden aber auch die dem Steuerpflichtigen rechtlich zustehenden Teilwertabschreibungen auf bilanzierte Positionen deutlich erschwert.326 Auf einer ähnlichen Erkenntnis dürfte letztendlich auch die Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates beruhen.327 Die Bundesregierung hatte hier ausgeführt, dass die Ergänzung in § 5 Abs. 4a EStG zwingend erforderlich sei, da ansonsten die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten nicht vollständig in die steuerliche Gewinnermittlung übernommen werden könnten. So würden negative Ergebnisse einer Bewertungseinheit häufig in einer Rückstellung für drohende Verluste abgebildet.328 Ohne die Regelung des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG müssten die handelsrechtlich gebildeten Bewertungseinheiten für steuerliche Zwecke wieder aufgelöst und einzeln bewertet werden. Zwar überraschen diese Ausführungen zunächst deshalb, weil die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren zum BilMoG eine geradezu konträre Darstellung der Praxis vorträgt; sie geht dort davon aus, dass Verlustüberhänge bei den einzelnen Vermögensgegenständen – und damit gerade nicht im Wege einer pauschalen Rückstellung – zu berücksichtigen sind. Sollte erstere Darstellung jedoch zutreffend sein, so wird eine derartige Praxis zur Rückstellungsbildung wohl gerade auch auf den o.g. Zuordnungsschwierigkeiten beruhen. Legt man diese Feststellung zu Grunde, so ergibt sich als Funktion des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG die Aufgabe, praktische Zuordnungsschwierigkeiten von Verlustüberhängen einer Bewertungseinheit zu kompensieren. In Abweichung zu der o.g. Ansicht von Prinz/Hick erklärt sich die Regelung also nicht vor dem Hintergrund eines sicheren Verlustes, sondern alleine aus der Überlegung, 325 326 327 328

238

Ähnlich auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1454. Schiffers, DStZ 2006, 400, 405. Vgl. BT-Drucks. 16/749, S. 2. So auch Reiner, S. 265, 268; Wagner, INF 2006, 538, 541.

Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2

die bilanzielle Berücksichtigung eines negativen Gesamtbewertungssaldos technisch vereinfachen zu wollen.329 Eine derartige Regelung war der bisherigen Rechtslage fremd. c)

Zusammenfassung

Den vom Gesetzgeber behaupteten rein deklaratorischen Charakter hat § 5 Abs. 4a S. 2 EStG damit nicht. So müsste die steuerliche Rückstellungsbildung im Falle einer rein klarstellenden Regelung zunächst auch ohne zwingende Gesetzesänderung möglich sein. Materiell-rechtlich kommt hinzu, dass in dem „Sammelposten“ der „technischen Drohverlustrückstellung“ auch tatsächliche Drohverlustrückstellungen enthalten sein können, die ohne die Neuregelung dem Ansatzverbot des § 5 Abs. 4a S. 1 EStG unterliegen würden.330 Sie wären ohne die Ergänzung des S. 2 nicht berücksichtigungsfähig, womit die Gesetzesänderung zur Modifikation der bisherigen Rechtslage führt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des betragsmäßigen Umfangs einer Rückstellung. Er kann betragsmäßig die insgesamt aktivierten Anschaffungskosten bzw. Buchwerte übersteigen, während eine Verlustberücksichtigung im Wege der an sich vorzunehmenden Teilwertabschreibung insofern begrenzt wäre.331 § 5 Abs. 4a S. 2 EStG wirkt im Ergebnis nicht klarstellend, sondern konstitutiv.332

2.

Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm

Fraglich ist ferner der zeitliche Anwendungsbereich der Norm. Ähnlich wie § 5 Abs. 1a EStG wirkt auch § 5 Abs. 4a S. 2 EStG teilweise konstitutiv, so dass zumindest nicht von einer „automatischen“ Rückwirkung der gesamten Regelungsanordnung ausgegangen werden kann.333 Hinzu kommt, dass sich die Norm auf die „Ergebnisse nach Absatz 1a“ bezieht und somit in einem unmittelbaren Geltungszusammenhang zu dieser erst ab dem Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Regelung steht. Dennoch wird teilweise von einer rückwirkenden Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ausgegangen. Schreiber334 führt dabei aus, dass der Gesetzgeber im Falle von § 5 Abs. 4a S. 2 EStG – im Gegensatz zu den übrigen Vor329 Ähnlich auch Schiffers, DStZ 2006, 400, 405, der ausführt, dass die Bildung einer Rückstellung „aus praktischen Gesichtspunkten […] insgesamt dennoch Sinn“ macht. 330 So auch Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 884. 331 Vgl. dazu auch Schiffers, DStZ 2006, 400, 405. 332 Ähnlich auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1454; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 884. Gleichfalls sprechen auch die im Gesetzgebungsverfahren vorgebrachten Einwände (vgl. 6. Teil Fn. 318) gegen einen deklaratorischen Charakter der Norm (vgl. BTDrucks. 16/749, S. 2). 333 A.A. Wagner, INF 2006, 538, 541. Er versteht die Norm als klarstellende Regelung, weshalb die Verwaltung Drohverlustrückstellungen in allen noch offenen Fällen anerkennen müsse. 334 Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 884.

239

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

schriften des EStG, die im Rahmen des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung geändert wurden335 – von einer ausdrücklichen Anwendungsvorschrift in § 52 EStG abgesehen habe. In Verbindung mit den Gesetzesmaterialien komme daher hinreichend deutlich der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, dass die normative Teilrücknahme des ursprünglichen steuerrechtlichen Verbots von Verlustrückstellungen rückwirkend ab Einführung des Satzes 1 (§ 5 Abs. 4a EStG a.F.) gelte. Diese Einschätzung vermag nicht zu überzeugen. Insbesondere kann aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Anwendungsvorschrift noch keine Rückwirkung geschlossen werden. Fehlt es an einer besonderen Anordnung, so greift die allgemeine Regel des § 52 Abs. 1 S. 1 EStG336 ein, nach der eine erstmalige Geltung für den Veranlagungszeitraum 2006 vorgesehen ist. Eine Rückwirkung ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien. Zwar war der Gesetzgeber – wie schon bei § 5 Abs. 1a EStG – auch hinsichtlich § 5 Abs. 4a S. 2 EStG bemüht, den klarstellenden Charakter der Norm zu betonen.337 Diese Einschätzung ist jedoch zumindest insofern unzutreffend, als der Abzugsfähigkeit der im Verlustüberhang enthaltenen Drohverlustrückstellungen eine konstitutive Wirkung zukommt. Hinsichtlich der Berücksichtigung rechtlich zulässiger, aber praktisch nicht möglicher Teilwertabschreibungen fehlte es bislang insgesamt an einer Regelung,338 womit sich die Wertung des heutigen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG potenziell auf die Fälle der Vergangenheit übertragen ließe. Hat der Gesetzgeber aber keine ausdrückliche Rückwirkung normiert, so bleibt es hier bei der ungeklärten Rechtslage. Die Einschätzung des heutigen Gesetzgebers bzw. der Bundesregierung, wie sie sich aus den Materialien ergibt, ist insofern nicht geeignet, eine rückwirkende normative Wirkung zu entfalten. Auch § 5 Abs. 4a S. 2 EStG gilt damit gem. § 52 Abs. 1 S. 1 HGB339 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2006.

3.

Umfang der erfassten Verluste

Kaum Berücksichtigung findet in der Diskussion die Frage nach dem Umfang des berücksichtigungsfähigen Verlustüberhangs, d.h. was unter dem nach der Bildung der Bewertungseinheit verbleibenden negativen Ergebnis zu verstehen ist. Dies überrascht, erlangt die Fragestellung doch angesichts des potenziellen

335 Zu § 4 Abs. 3 S. 4 und 5 vgl. § 52 Abs. 10 S. 2; zu 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 vgl. § 52 Abs. 12 S. 3 (ehemals S. 2; mittlerweile ist die Vorschrift jedoch weggefallen) und zu 5. Teil Abs. 1 Nr. 4 S. 2 vgl. § 52 Abs. 16 S. 15. 336 In der Fassung vom 28.04.2006. 337 Vgl. exemplarisch nur BR-Drucks. 937/05, S. 9. 338 Problematisch ist damit, wie die rechtlich zulässigen Teilwertabschreibungen nach alter Rechtslage vorzunehmen waren. Hierauf soll jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden. 339 In der Fassung vom 28.04.2006.

240

Sachlicher Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4a S. 2

Gestaltungsspielraums,340 der mit § 5 Abs. 4a S. 2 EStG verbunden ist, eine besondere Bedeutung. So schafft die Vorschrift nicht nur eine Ausnahme vom allgemeinen Passivierungsverbot des Abs. 4a S. 1 und erlaubt damit die steuerliche Bildung von Drohverlustrückstellungen. Sie ermöglicht gleichfalls eine Verlustberücksichtigung über die Grenzen der Teilwertabschreibung hinaus.341 a)

Betragsmäßige Kongruenz

Besteht eine betragsmäßige Deckung, so ergibt sich hinsichtlich der GoBkonformen bzw. auf §§ 252 Abs. 2 i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB basierenden Bewertungseinheiten nur ein äußerst schmaler Anwendungsbereich für § 5 Abs. 4a EStG. Ist der sichere Risikoausschluss nämlich bereits Voraussetzung für die Bildung von Bewertungseinheiten, so werden aus der kompensatorischen Bewertung regelmäßig gar keine überschießenden Verluste resultieren. Verlustüberhänge kommen hier allenfalls insoweit in Betracht, als perfecthedges aufgrund der Risikostruktur nicht möglich sind. Trotz Basiswertidentität und einer hinreichend negativen Korrelation kann es dann zu (Rest-) Risikoüberhängen kommen, die als Verlust i.S.v. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG auszuweisen wären.342 b)

Betragsmäßige Inkongruenz

Weitreichender gestalten sich die Auswirkungen der Norm in Fällen betragsmäßiger Inkongruenz. Hier führt § 5 Abs. 4a S. 2 EStG zu erheblichen Gestaltungsspielräumen. So braucht der Steuerpflichtige nach der derzeitigen Gesetzesfassung ein erhebliches schwebendes Geschäft in nur minimalem Umfang abzusichern, um insgesamt eine steuerbilanzielle Rückstellungsmöglichkeit zu erhalten. Beispiel 18: Aus einem Verkauf von Maschinen in die USA (10 Mio. US-$) drohen der X-GmbH aufgrund eines sinkenden Dollarkurses erhebliche Verluste, die gem. § 5 Abs. 4a S. 1 EStG an sich keine steuerliche Berücksichtigung finden könnten. Würden jedoch die Geschäfte in vollem Umfang in den Regelungsbereich des S. 2 einbezogen, so bräuchte die X das Kursrisiko lediglich beispielsweise durch einen Terminverkauf von 1 Mio. US-$ abzusichern. Insofern bestünde dann eine Bewertungseinheit i.S.v. § 5 Abs. 1a EStG, deren überschießender Verlust insgesamt, d.h. bzgl. der kompletten 10 Mio. US-$, als Drohverlustrückstellung passiviert werden könnte.

340 Ein Hinweis auf den „gegenwärtig noch nicht einschätzbaren“ legalen Gestaltungsspielraum findet sich auch bei Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1454. 341 Vgl. dazu 6. Teil V. 1. c), S. 239. 342 Ähnlich auch Intemann, NWB Fach 17, 2151, 2156.

241

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Zwar lässt sich bezweifeln, ob derartige betragsmäßige Überhänge überhaupt Gegenstand der „Ergebnisse nach Abs. 1a“, d.h. Teil der Bewertungseinheit sind; immerhin mangelt es insoweit bereits im Vorhinein an einer grundsätzlichen Kompensationsmöglichkeit. Zumindest auf Grundlage des Gesetzeswortlauts und der Gesetzgebungsmaterialien wird man dies aber bejahen müssen.343 So werden zum einen auch imperfekte Hedges insgesamt als Bewertungseinheit betrachtet, obwohl es hier gleichfalls an einem vollständigen Risikoausgleich fehlt. Zum anderen trifft auch die Gesetzesbegründung344 keine differenzierende Abgrenzung hinsichtlich des überschießenden Verlustes, so dass von einer Erfassung beider Verlustarten ausgegangen werden kann.345 Ähnliche Auswirkungen ergeben sich im Zusammenhang mit den nach § 340h Abs. 2 S. 3 HGB gebildeten Portfolio-Bewertungseinheiten. Auch hierbei werden die Portfolien insgesamt als Bewertungseinheit betrachtet, obwohl sich in positiver oder negativer Hinsicht betragsmäßige Überhänge ergeben. Da es beim Portfolio-Hedging jedoch auch zur Zusammenfassung von Geschäften mit unterschiedlicher negativer Korrelation und damit trotz betragsmäßiger Divergenzen letztendlich zu einem sicheren Risikoausschluss kommen kann, würde sich die Bewertungseinheit hier ohnehin nicht eindeutig betragsmäßig abgrenzen lassen. Die negativen Überhänge des Portfolio-Hedges sind damit gleichfalls als „Ergebnis nach Absatz 1a“ anzusehen, so dass sie insgesamt einer steuerbilanziellen Berücksichtigung nach § 5 Abs. 4a S. 2 EStG zugänglich sind.

VI. Bilanzierungsmethode Zu untersuchen ist ferner, wie die Bewertungseinheit in der Bilanz technisch abzubilden ist.

343 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Kraft/Bischoff, S. 179 und Patek, KoR 2008, 364, 370. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine derart weite Interpretation vgl. § 8, S. 267. 344 Vgl. dazu BR-Drucks. 937/05, S. 9. 345 Vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrats vom 04.07.2008 (BR-Drucks. 344/08 Beschluss, S. 6) zum Regierungsentwurf des BilMoG, in der es gleichfalls an einer differenzierenden Betrachtung fehlt: „Die §§ 249 und 253 HGB sollen nicht anzuwenden sein, soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist. In der Praxis werden jedoch verbleibende Risiken in einer Rückstellung (für drohende Verluste) abgebildet. Dies entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, wie sie dem § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG zugrunde liegt.“

242

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Zwar lässt sich bezweifeln, ob derartige betragsmäßige Überhänge überhaupt Gegenstand der „Ergebnisse nach Abs. 1a“, d.h. Teil der Bewertungseinheit sind; immerhin mangelt es insoweit bereits im Vorhinein an einer grundsätzlichen Kompensationsmöglichkeit. Zumindest auf Grundlage des Gesetzeswortlauts und der Gesetzgebungsmaterialien wird man dies aber bejahen müssen.343 So werden zum einen auch imperfekte Hedges insgesamt als Bewertungseinheit betrachtet, obwohl es hier gleichfalls an einem vollständigen Risikoausgleich fehlt. Zum anderen trifft auch die Gesetzesbegründung344 keine differenzierende Abgrenzung hinsichtlich des überschießenden Verlustes, so dass von einer Erfassung beider Verlustarten ausgegangen werden kann.345 Ähnliche Auswirkungen ergeben sich im Zusammenhang mit den nach § 340h Abs. 2 S. 3 HGB gebildeten Portfolio-Bewertungseinheiten. Auch hierbei werden die Portfolien insgesamt als Bewertungseinheit betrachtet, obwohl sich in positiver oder negativer Hinsicht betragsmäßige Überhänge ergeben. Da es beim Portfolio-Hedging jedoch auch zur Zusammenfassung von Geschäften mit unterschiedlicher negativer Korrelation und damit trotz betragsmäßiger Divergenzen letztendlich zu einem sicheren Risikoausschluss kommen kann, würde sich die Bewertungseinheit hier ohnehin nicht eindeutig betragsmäßig abgrenzen lassen. Die negativen Überhänge des Portfolio-Hedges sind damit gleichfalls als „Ergebnis nach Absatz 1a“ anzusehen, so dass sie insgesamt einer steuerbilanziellen Berücksichtigung nach § 5 Abs. 4a S. 2 EStG zugänglich sind.

VI. Bilanzierungsmethode Zu untersuchen ist ferner, wie die Bewertungseinheit in der Bilanz technisch abzubilden ist.

343 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Kraft/Bischoff, S. 179 und Patek, KoR 2008, 364, 370. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine derart weite Interpretation vgl. § 8, S. 267. 344 Vgl. dazu BR-Drucks. 937/05, S. 9. 345 Vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrats vom 04.07.2008 (BR-Drucks. 344/08 Beschluss, S. 6) zum Regierungsentwurf des BilMoG, in der es gleichfalls an einer differenzierenden Betrachtung fehlt: „Die §§ 249 und 253 HGB sollen nicht anzuwenden sein, soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist. In der Praxis werden jedoch verbleibende Risiken in einer Rückstellung (für drohende Verluste) abgebildet. Dies entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, wie sie dem § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG zugrunde liegt.“

242

Bilanzierungsmethode

1.

Laufende Bewertungseinheiten

Von Bedeutung ist dabei zunächst die Bilanzierung laufender Bewertungseinheiten. Hick346 weist zutreffend darauf hin, dass sich weder aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1a noch des Abs. 4a S. 2 EStG das Gebot einer bestimmten Bewertungsmethode ableiten lässt. Aufgrund des Verweises des § 5 Abs. 1a EStG auf die Ergebnisse der Bewertungseinheit in der handelsrechtlichen Rechnungslegung kommt es richtigerweise darauf an, welche Methode konkret zulässiger Weise in der Handelsbilanz angewendet worden ist.347 Für die Berücksichtigung laufender Wertänderungen werden mit der „Festbilanzierung“ und der „eingeschränkten Marktbewertung“ vor allem zwei Möglichkeiten zur Abbildung der Risiko- bzw. Wertkompensation diskutiert.348 Bei der Festbilanzierung349 („deferral-accounting“) werden die miteinander korrelierenden Positionen vom Schließen der Position an nicht mehr bewertet, sondern mit unveränderten Werten fortgeführt.350 Auf Abschreibungen oder Rückstellungen durch Anwendung des Niederstwertprinzips wird ebenso verzichtet wie auf eine Vereinnahmung von (unrealisierten) Wertgewinnen.351 Diese Behandlung führt dazu, dass alle bis zu diesem Zeitpunkt realisierten Kursgewinne bzw. -verluste erfolgswirksam dargestellt werden, alle nachfolgenden Kursschwankungen aber bis zur Realisierung bilanzrechtlich unberücksichtigt bleiben.352 Wertgewinne und -verluste, die nach dem Absicherungszeitpunkt eintreten, werden abgegrenzt und ihre Erfolgswirksamkeit auf den Zeitpunkt der Fälligkeit von Grund- und Sicherungsgeschäft verschoben. Erst dann erfolgt die Auflösung der Abgrenzungspositionen und die Vereinnahmung der Gewinne und Verluste aus der Auflösung der korrespondierenden Geschäfte.353 Dieses Vorgehen genügt dem Anschaffungskostenprinzip.354 Die GuV wird am Bilanzstichtag nur dann berührt, wenn der ursprünglich erwartete Wertausgleich nicht eintritt. In diesem Fall ist der anfallende Verlust im Wege einer gewinnmindernden Abwertung des Aktivums, einer Aufwertung des

346 H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-9 und 12. So im Ergebnis auch Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1452. 347 So auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-9. Anders anscheinend Schiffers, DStZ 2006, 400, 405, der nur von der Anwendung einer eingeschränkten Marktbewertung ausgeht. 348 Zur Kritik an diesen Methoden vgl. Scheffler, S. 131; zu weiteren Methoden vgl. Göttgens, BFuP 1995, 146, 151. 349 Vgl. zum Ganzen Scheffler, S. 128 f. 350 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-9; Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 122. 351 Scheffler, S. 128 f.; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 716. 352 Reiner, S. 264. 353 Scheffler, S. 128 f.; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 716. 354 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 4.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Passivums oder durch die Bildung einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen.355 Im Gegensatz zur Festbewertung findet der kompensatorische Ausgleich der eingeschränkten Marktbewertung („marking to market“) nicht erst bei Auflösung der Risiko-Absicherung, sondern in jeder Periode statt.356 Die Wertermittlung erfolgt hierbei in mehreren Schritten.357 Am Bilanzstichtag werden zunächst die in die Bewertungseinheit eingehenden Grund- und Sicherungsgeschäfte ergebniswirksam zu Marktwerten bewertet; bei an sich „bilanzunwirksamen“ Positionen erfolgt dies ggf. in Gestalt eines Ausgleichspostens.358 Um einen Verstoß gegen das Anschaffungskostenprinzip des § 253 Abs. 1 S. 1 HGB zu verhindern, sind Aufwertungen dabei – anders als bei der eigentlichen Marktbewertung – ggf. nur bis zur Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten vorzunehmen.359 Anhand eines Vergleiches der Marktpreise mit dem Buchwert ist dann die Wertveränderung je Geschäft zu ermitteln. Anschließend werden die Einzelergebnisse einander gegenübergestellt und außerhalb der GuV verrechnet.360 Ein Gewinnüberhang bleibt unberücksichtigt, während überschießende Verluste durch Abwertungen oder Rückstellungsbildungen zu berücksichtigen sind, sofern die gegenläufigen Geschäfte keine positiven Bewertungsreserven aufweisen. Handelsrechtlich – und damit auch i.S.v. § 5 Abs. 1a EStG – zulässig sind grundsätzlich beide Methoden. Die Festbewertung hat den praktischen Vorteil, dass sie ohne die zum Teil aufwendige Bemessung der Marktwertänderungen seit Begründung der betreffenden Position auskommt. Auch dies ist jedoch nur gewährleistet, wenn innerhalb der Sicherungsbeziehung eine hundertprozentige Gegenläufigkeit besteht. Fehlt es aber hieran, so sind für etwaige Differenzen gegebenenfalls Verlustberücksichtigungen vorzunehmen, womit die Festbewertung ihre Vorteilhaftigkeit einbüßt.361 Die Festbewertung findet damit nur im Falle einer exakt zugeschnittenen Sicherungsbeziehung, d.h. – nach der 355 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-9; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 4. 356 Scheffler, S. 128 f. 357 Vgl. zum Ganzen Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-9; Staudt/Weinberger, WPg 1997, 44, 53; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 716. 358 Reiner, S. 265; Scharpf/Luz, S. 309. 359 Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-9; Scharpf, BFuP 1995, 166, 201; Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 123. 360 Hierin liegt eine weitere Abweichung von der eigentlichen Marktbewertung, bei der die Verrechnung automatisch innerhalb der GuV erfolgt, vgl. Anstett/Husmann, BB 1998, 1523, 1529. 361 Reiner, S. 265. Dieser schlägt für den Fall von Verlustüberhängen die Bildung von Drohverlustrückstellungen vor, vgl. S. 265 und 268. Vgl. zu dieser Problematik später unter 6. Teil VI. 2. b) bb), S. 247 f.

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Bilanzierungsmethode

hier vertretenen Ansicht – vor allem hinsichtlich GoB-konformer Bewertungseinheiten, eine sinnvolle Anwendung.362 Im Falle anderer handelsrechtlich anerkannter Sicherungseinheiten ist hingegen eine (eingeschränkte) Marktbewertung vorzunehmen.363 Diese ist für die Konstellationen des § 340h HGB – selbst bei Vorliegen einer „besonderen Deckung“ – bereits gesetzlich vorgesehen.364

2.

Auflösung von Bewertungseinheiten

Im Schrifttum weitaus seltener behandelt ist die bilanzielle Vorgehensweise zum Zeitpunkt der Auflösung von Bewertungseinheiten. Auch § 5 Abs. 1a EStG trifft hierzu keine Aussage.365 Der Sicherungszusammenhang wirkt jedoch nur so lange, wie sich Grund- und Sicherungsgeschäft risikokompensierend gegenüberstehen. Endet hingegen entweder das Grund-, das Sicherungsoder beide Geschäfte, so endet damit auch die Bewertungseinheit. Ab dem Auflösungszeitpunkt hat dann wieder eine dem Vorsichtsprinzip folgende imparitätische Einzelbewertung zu erfolgen.366 Fraglich ist indes die bilanzielle Behandlung der im Auflösungszeitpunkt einer Bewertungseinheit realisierten Ergebnisse. a)

Gleichzeitiger Abgang von Grund- und Sicherungsgeschäft

Bei zeitgleicher Auflösung von Grund- und Sicherungsgeschäft durch Glattstellung oder Veräußerung ist die Bilanzierungsfrage weitestgehend unproblematisch. Dies gilt vor allem dann, wenn es im Zeitablauf zu keinen Wertänderungen gekommen ist – der Verkauf führt hier lediglich zu einem erfolgsunwirksamen Aktiv- oder Passivtausch367 bzw. zu einer, die GuV gleichfalls nicht betreffenden, Bilanzerweiterung oder -verkürzung. Hat sich der abgesicherte Kurs jedoch im Zeitablauf verändert, resultiert aus den Geschäften jeweils ein Gewinn und ein Verlust. Unabhängig von der konkreten Deckungseffizienz bestehen dabei zwei grundlegende Möglichkeiten, die gegenläufigen Erfolgsbeiträge in der GuV zu berücksichtigen. Unterschieden wird dabei zwischen Brutto- und Nettobilanzierung.368 Im Falle der Bruttobilanzierung sind die gegenläufigen Erfolgsbeiträge aus beiden Geschäften vollständig auszuweisen, d.h. es wird sowohl Aufwand als auch Ertrag gebucht. Bei der Nettobilanzie362 Vgl. Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 150; Scharpf, BFuP 1995, 166, 200; Tönnies/Schiersmann, DStR 1997, 714, 716; Schwitters/Bogajewskaja, B 730, Rn. 122. 363 In den Fällen des § 340h Abs. 1 S. 2 und 3 HGB ist sie darüber hinaus bereits gesetzlich vorgesehen. 364 Vgl. dazu auch Reiner, S. 266. 365 So auch H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-10. 366 Hahne, BB 2006, 2291, 2293; Krumnow/Sprißler et al., § 340e, Rn. 147; Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 188; Schiffers, DStZ 2006, 400, 403. 367 Vgl. Grünewald, S. 267. 368 Vgl. hierzu Grünewald, S.267 und H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-10.

245

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

rung wird hingegen nur der Saldo aus beiden Erfolgsbeiträgen abgebildet, d.h. nur ein Gewinn- oder Verlustüberhang findet Eingang in die GuV. Teilweise wird die Nettobilanzierung für die bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten präferiert, weil sie dem wirtschaftlichen Charakter der Bewertungseinheit besser entspreche.369 Durch die Bruttobilanzierung bliebe hingegen unberücksichtigt, dass die in einer Bewertungseinheit zusammengefassten Geschäfte in einem Sicherungszusammenhang stehen.370 Dieses Argument vermag aber nicht zu überzeugen. So würde eine Nettobilanzierung gleichzeitig einen Verstoß gegen explizite Rechnungslegungsvorschriften bedeuten. Der Nettoausweis steht im Widerspruch zum Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB, nach dem Aufwendungen nicht mit Erträgen verrechnet werden dürfen.371 Eine Kollision würde nur entfallen, wenn in Bezug auf Bewertungseinheiten eine zulässige Ausnahme vom Saldierungsverbot anzunehmen wäre.372 Hierzu bedürfte es jedoch eines besonderen Grundes, an dem es vorliegend mangelt. Aufgabe der Bewertungseinheit ist ausschließlich die Vermeidung wirtschaftlich nicht gebotener Verlustantizipationen innerhalb eines bestehenden Sicherungszusammenhangs. Im Zeitpunkt der Auflösung der Bewertungseinheit ist diese Funktion grundsätzlich erfüllt. Der Gesamtbetrachtung fehlt es mithin an einer weiterführenden Relevanz für den konkreten bilanziellen Ausweis der Geschäfte nach Auflösung bzw. des daraus resultierenden Erfolgsbeitrages.373 Eine Nettobilanzierung erscheint insofern sachlich nicht geboten, so dass auch keine Ausnahme vom Saldierungsverbot gerechtfertigt ist. Allein der Wunsch, dem wirtschaftlichen Charakter der Bewertungseinheit besser gerecht zu werden, vermag es gleichfalls nicht, einen Verstoß gegen § 246 Abs. 2 HGB zu rechtfertigen.374 Im Auflösungszeitpunkt hat die Bilanzierung damit im Wege der Bruttomethode zu erfolgen. b)

Einseitige Abwicklung

Weitaus problematischer gestaltet sich die bilanzielle Behandlung im Falle der lediglich einseitigen Abwicklung einer Bewertungseinheit bzw. bei Veränderungen im Bestand der einmal gebildeten Bewertungseinheit. Auch hier gilt zunächst der Grundsatz der Bruttobilanzierung. Es stellt sich jedoch die Frage, 369 Clemm/Nonnenmacher, S. 72 (Fn. 18); H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-10. 370 H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-10; Schwarze, S. 163. Auch Jutz, S. 147 hält den Nettoausweis unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für gerechtfertigt, lehnt ihn aber im Ergebnis ab. 371 Insofern wird grundsätzlich nur das Bruttoprinzip der handelsbilanziellen Rechtslage gerecht, vgl. Grünewald, S. 268; Jutz, S. 147. 372 Zu den Ausnahmekonstellationen vgl. ADS, § 246, Rn. 465 ff.; BeckBilKommFörschle/Kroner, § 246, Rn. 105 ff. 373 So wohl auch Grünewald, S. 268. 374 So auch Grünewald, S. 268; Jutz, S. 147.

246

Bilanzierungsmethode

wie konkret vorzugehen ist, wenn z.B. ein Sicherungsgeschäft früher abgewickelt wird als das Grundgeschäft. Die buchmäßige Erfassung einer gesicherten Position, die im Zeitpunkt der Glattstellung des Deckungsgeschäftes nicht veräußert, sondern weiter im Bestand gehalten wird, hängt dabei von der zwischenzeitlichen Kursentwicklung ab.375 aa)

Fehlende Wertveränderung

Ist es während der Haltezeit beider Geschäfte zu keinen Wertveränderungen gekommen, so resultiert aus den Kontrakten weder ein Gewinn noch ein Verlust; es ergeben sich keine bilanziellen und erfolgswirksamen Veränderungen.376 bb)

Realisierte Bewertungsgewinne

Hat sich der Wert der gesicherten Position hingegen verringert, so ist der Wertverlust – sofern es sich um ein bilanzwirksames Grundgeschäft handelt – im Wege einer Abschreibung auf den niedrigeren Wert bzw. einer steuerlich relevanten Teilwertabschreibung zu berücksichtigen.377 Der hierdurch entstehende Verlust wird bei vollständiger Sicherung durch den realisierten Gewinn aus dem auslaufenden Sicherungsgeschäft ausgeglichen, so dass der Periodengewinn insgesamt nicht tangiert wird. Potenzielle Erfolgsüberhänge aus einem der verbundenen Geschäfte werden dagegen im Wege einer erhöhten Gewinnoder Verlustberücksichtigung erfolgswirksam. Eine vollständige Berücksichtigung der Erfolgsbeiträge ist damit in beiden Konstellationen sowohl handelsals auch steuerbilanziell möglich.378 Fraglich ist lediglich, welche Besonderheiten sich ergeben, wenn es sich bei dem beibehaltenen Geschäft um ein schwebendes handelt. Handelsrechtlich ergeben sich dabei keine Besonderheiten. Für den Bereich des Steuerrechts ist die an sich gebotene Verlustberücksichtigung in Form einer Drohverlustrückstellung379 jedoch regelmäßig nach § 5 Abs. 4a S. 1 EStG ausgeschlossen. Eine Abhilfe könnte sich allenfalls über S. 2 der Norm ergeben. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG gilt jedoch nur für die „Ergebnisse nach Absatz 1a“, d.h. die Behandlung der „gebildeten“ Bewertungseinheit. Ist die Auflösung von Bewertungseinheiten aber nicht vom Wortlaut des § 5 Abs. 1a EStG umfasst, so kann auch der hieraus resultierende Verlustbeitrag grundsätzlich nicht unter den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG fallen. 375 Vgl. zum Ganzen Grünewald, S. 271 ff. 376 Grünewald, S. 272. 377 Bei Verbindlichkeiten kommt alternativ eine Zuschreibung in Betracht, vgl. dazu bereits 2. Teil I. 1. b), S. 25 f. 378 Ähnlich auch Grünewald, S. 272; Hahne, BB 2006, 2291, 2293; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-10; vgl. auch Menninger, RIW 1994, 300, 307; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 178 f.; Scharpf/Luz, S. 326 f. 379 Vgl. Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 16.

247

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Eine Berücksichtigung von Auflösungsverlusten im Wege einer Drohverlustrückstellung wäre ausgeschlossen. Dieses Ergebnis überrascht zunächst vor dem Hintergrund, dass Zweck der Bewertungseinheit an sich die erfolgsneutrale Behandlung geschlossener Positionen ist. Die Anwendung des § 5 Abs. 4a S. 1 EStG im Beendigungszeitpunkt würde indes bedeuten, dass nunmehr ein realisierter Gewinn einem nicht berücksichtigungsfähigen Verlust gegenübersteht, es also trotz Risikoausschlusses bei Auflösung zu einer Erfolgswirksamkeit kommt. Gleichfalls müssten die ursprünglich gem. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG zulässigen Drohverlustrückstellungen nach Beendigung der Bewertungseinheit wieder erfolgswirksam aufgelöst werden. Tatsächlich erscheint eine solche Behandlung aber durchaus sachgerecht. So versucht die Bewertungseinheit nicht jede Erfolgswirkung zu verhindern, sondern nur eine wirtschaftlich nicht gebotene Verlustantizipation auszuschließen. Der einseitigen Berücksichtigung realisierter Gewinne aufgrund steuerlicher Sondervorschriften für die Rückstellungsbildung steht dies nicht entgegen.380 Hinzu kommt, dass die Anordnung des § 5 Abs. 4 S. 2 EStG sich ohnehin nur dadurch erklärt, dass auf diesem Wege nicht zuordenbare Teilwertabschreibungen kompensiert werden sollen.381 An einer derartigen Problematik fehlt es aber gerade, wenn nach Auflösung der Bewertungseinheit erneut eine Einzelbetrachtung der ehemals verbundenen Geschäfte angezeigt ist. Verluste aus bilanzwirksamen Posten sind dann wieder im Wege einer Teilwertabschreibung berücksichtigungsfähig. Hingegen wäre es nicht gerechtfertigt, nur aufgrund des ehemaligen Sicherungsverbundes Ausnahmen vom Rückstellungsverbot des § 5 Abs. 4a S. 1 EStG zuzulassen. Handelt es sich bei dem fortlaufenden Grundgeschäft also um ein schwebendes Geschäft, so sind einseitig nur die Gewinne des auslaufenden Sicherungsgeschäftes zu erfassen, während die Verluste des Grundgeschäfts aufgrund von § 5 Abs. 4a S. 1 EStG steuerlich unberücksichtigt bleiben. cc)

Realisierte Bewertungsverluste

Noch problematischer gestaltet sich die Bilanzierung im umgekehrten Fall. Ist der Wert der gesicherten Position gestiegen, so schließt das auslaufende Sicherungsgeschäft mit einem realisierten Verlust ab, der handels- und steuerbilanziell aufwandswirksam zu erfassen ist.382 Den aus dem gegenläufigen Grund380 A.A. anscheinend Hahne, BB 2006, 2291, 2294, der bei Auflösung der Bewertungseinheit vorgenommene Teilwertabschreibungen auch bei nachträglichen Wertsteigerungen nicht aufholen möchte, um so die Neutralisation des realisierten Ertrags aus dem auslaufenden Sicherungsgeschäfts zu sichern. Nach Ansicht Hahnes komme § 5 Abs. 1a EStG insofern eine über die Beendigung des eigentlichen Sicherungszusammenhangs hinausgehende Wirkung zu. 381 Vgl. dazu 6. Teil V. 1. b), S. 238 f. 382 Vgl. auch Hahne, BB 2006, 2291, 2294.

248

Bilanzierungsmethode

geschäft entstehenden Bewertungsgewinnen fehlt es hingegen an einer Realisation. Wird das Geschäft beibehalten, kommt es zu keiner Bestätigung am Markt, womit ein Erfolgsausweis nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB grundsätzlich ausscheidet. Während der Verlust aufwandswirksam zu verbuchen ist, bliebe der unrealisierte Gewinn des Grundgeschäftes damit bilanziell und erfolgswirksam unberücksichtigt.383 (1)

Fortwirkung der Gesamtbetrachtung

Ein derartiges Auseinanderfallen von Gewinn- und Verlustberücksichtigung im Auflösungszeitpunkt wird teilweise als nicht sachgerecht empfunden. So würde mit der nur einseitigen Verbuchung von Erfolgen dem wirtschaftlichen Ergebnis einer Sicherungsstrategie nicht hinreichend Rechnung getragen.384 Die Vereinnahmung der Erfolge aus dem Sicherungsgeschäft entspreche nicht dem Sinn und Zweck der kompensatorischen Bewertung für Hedgegeschäfte.385 Naumann386 führt ergänzend aus, dass man der Bewertungseinheit ihre erfolgsneutrale Abwicklung in folgenden Geschäftsjahren wohl kaum versagen könne, wenn man – abweichend von der hier vertretenen Ansicht387 – deren imperfekte Bildung erst einmal anerkannt habe. Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, auch den Bewertungsgewinn aus dem Grundgeschäft trotz fehlender Realisation im Zeitpunkt des Wegfalls des Sicherungszusammenhangs ertragswirksam zu erfassen, um so bezogen auf den ursprünglichen Sicherungsverbund eine Erfolgsneutralisierung zu erreichen.388 Die Beurteilung dieser Auffassung läuft letztendlich auf die Frage hinaus, ob Bewertungseinheiten auch über den Zeitpunkt ihrer Beendigung hinaus eine bilanzielle Wirkung entfalten können. Rein wirtschaftlich betrachtet ließe sich dies durchaus bejahen. So vermag man die Interessenlage nach Auflösung der Bewertungseinheit kaum von derjenigen während ihrer Laufzeit zu unterscheiden. In beiden Konstellationen steht dem berücksichtigungsfähigen Verlust ein bereits entstandener, aber noch nicht realisierter Gewinn gegenüber, was in der Summe eine wirtschaftliche Erfolgsneutralität begründet. Diese Überlegung spricht zwar für die Beibehaltung der Gesamtbetrachtung, ist aber mit Vorsicht zu betrachten, denn Aufgabe der Bilanz ist es nicht, tatsächliche 383 Grünewald, S. 274; Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 4 f. Ausnahmen ergeben sich insofern nur für Wertaufholungen i.S.v. 280 HGB bzw. die Auflösung nicht länger benötigter Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gem. § 249 Abs. 3 S. 2 HGB, vgl. Naumann, Bewertungseinheiten, S. 180 Fn. (129). 384 Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 16. 385 Menninger, S. 162; dies., RIW 1994, 300, 307. 386 Naumann, Bewertungseinheiten, S. 180. 387 Vgl. dazu erneut die Ausführungen unter 4. Teil VI., S. 95 ff. 388 Hahne, BB 2006, 2291, 2294; H/H/R-Hick, § 5, Rn. J 06-10; im Ergebnis auch Naumann, Bewertungseinheiten, S. 180 ff.; Reichel/Kütter/Bedau, S. 156 f.; Scharpf/Luz, S. 326 ff.

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wirtschaftliche Realitäten abzubilden.389 Entscheidend zu beurteilen ist die Frage vielmehr anhand der einschlägigen Bilanzierungsgrundsätze, die erst einen zweckentsprechenden Bilanzausweis ermöglichen. Falsch wäre es allerdings auch, die Bilanzierungsanordnungen zu eng zu verstehen und nur aus der im Auflösungszeitpunkt eingetretenen Verlustrealisation ein Gebot des zwingenden Erfolgsausweis abzuleiten.390 Zwar ließe sich damit die Unzulässigkeit einer weiterführenden Gesamtbetrachtung begründen.391 Gerade in Bezug auf den Ausweis negativer Erfolgsbeiträge vermag eine derartige Interpretation aber nicht zu überzeugen. Bezugszeitpunkt der Verlustberücksichtigung ist gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB der Zeitpunkt, der “Verlustentstehung“. „Entstanden“ sind jedoch drohende und realisierte Verluste gleichermaßen,392 so dass sich allein aus dem Umstand der Realisation des Verlustes kein qualitativer Unterschied im Vergleich zum bislang nur drohenden Verlust ergibt. Hat sich damit aber die Beurteilung der Sachlage wertungsmäßig nicht geändert, so erscheint es durchaus überzeugend, die einmal angewandte Gesamtbetrachtung auch nach Realisation des Verlustes aus dem Sicherungsgeschäft beizubehalten; eine Konservierung der bisherigen Kompensationseffekte wäre die Folge. Erweitern lässt sich die Begründung dieses Ergebnisses um den Aspekt der Objektivität der Rechnungslegung, der eine willkürliche Aufwands- bzw. Ertragsverteilung verbietet.393 So würde eine strikte Einzelbetrachtung ab dem Auflösungszeitpunkt auch zusätzliche Gestaltungsspielräume für den Bilanzierenden mit sich bringen. Dieser könnte den laufenden Periodenerfolg dadurch negativ beeinflussen, dass er das Grundgeschäft nicht – wie geplant – vor, sondern erst kurz nach dem Bilanzstichtag beendet.394 Aus dem Sicherungsgeschäft anfallende Verluste würden dann nicht durch den gegenläufigen Gewinn des Deckungsgeschäfts ausgeglichen, sondern durch die Aufspaltung auf zwei Perioden erfolgswirksam. Ergänzt um die Überlegung, dass die Bewertungseinheit ohnehin schon zur Möglichkeit von Verlustverlagerungen führt,395 hätte es der Unternehmer damit gänzlich in der Hand, in welcher Erfolgsperiode er einen Verlust berücksichtigt wissen möchte. Dieser Effekt lie389 Wäre dem so, so würde dies im Ergebnis zu der bereits verworfenen Gesamtbetrachtung auf Unternehmensebene führen, vgl. dazu bereits 2. Teil I. 2., S. 26 ff. 390 So aber anscheinend Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 5, die darauf verweisen, dass sich die Bilanzierung nach dem Realisationsprinzip mit dem Erlöschen der gegenseitigen Leistungspflichten „von einem zeitraumbezogenen Verbot in ein zeitpunktbezogenes Gebot“ verwandele und Erträge und Aufwendungen daher realisiert werden müssten, auch wenn ein späterer Ausgleich durch künftige Ergebnisse erfolge. 391 Vgl. Prahl/Naumann, ZBB 1994, 1, 5. 392 Vgl. dazu bereits 2. Teil I. 1. b), S. 25 f. und 4. Teil V. 2., S. 87 ff. 393 Zum Objektivierungserfordernis vgl. Herzig/Söffing, BB 1993, 465, 467 m.w.N. 394 Grünewald, S. 274. 395 Vgl. dazu 7. Teil I. 1. a) bb) (1), S. 273 ff.

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Bilanzierungsmethode

ße sich teilweise vermeiden, wenn die Gesamtbetrachtung auch nach Beendigung des Sicherungszusammenhangs aufrecht erhalten bliebe und Verluste so erst bei Abwicklung der gesamten (ehemaligen) Sicherungseinheit aufwandswirksam würden. In der Konsequenz würde der Bilanzierende so an seiner Entscheidung zur Bildung der Bewertungseinheit festgehalten, was durchaus sachgerecht erscheint. Beide Überlegungen sprechen für eine Fortwirkung der Gesamtbetrachtung über den Beendigungszeitpunkt der Bewertungseinheit hinaus. Hieraus ließe sich ein Bedürfnis für die geforderte Gewinnberücksichtigung vor Realisation ableiten. Dieses Ergebnis ist allerdings keineswegs zwingend. So lässt sich gegen die fortgeführte Gesamtbetrachtung einwenden, dass bereits die Bewertungseinheit eine systemfremde Abweichung vom Grundsatz der Einzelbetrachtung bedeutet. Derartige Ausnahmeregelungen sind aber in ihrer Wirkung so weit wie möglich zu begrenzen, so dass eine Ausdehnung auf Zeiträume, in denen bereits gar kein Sicherungszusammenhang mehr besteht, eher befremdlich erscheint. Ferner ist zu beachten, dass die Bildung von Bewertungseinheiten nach den aufgestellten Kriterien eine Fälligkeitsidentität und die Existenz einer Durchhalteabsicht voraussetzt.396 Dies entwertet zum einen den obigen Schluss Naumanns. Zum anderen kann es aufgrund der vergangenheitsbezogenen Überprüfung der Durchhalteabsicht397 nur in Einzelfällen überhaupt zu einem Auseinanderfallen der Fälligkeitszeitpunkte kommen; den vorgenannten Gestaltungsaspekten dürfte damit keine übermäßige Bedeutung zukommen. Letztendlich entscheidend dürfte vielmehr sein, ob es bilanzrechtlich überhaupt möglich ist, die geforderte Gewinnberücksichtigung aus dem noch laufenden Geschäft technisch vorzunehmen. (2)

Methoden zur Aufrechterhaltung der Gesamtbetrachtung

Diskutiert werden im Wesentlichen drei konzeptionell verschiedene Möglichkeiten. Denkbar wäre es zunächst, den Aufwand aus dem abgewickelten Geschäft bis zur Realisation des Gewinns aus dem Grundgeschäft durch die Bildung eines bilanziellen Ausgleichspostens erfolgsneutral abzugrenzen.398 Die Ausgabe wäre danach erst in dem Zeitpunkt als Aufwand erfolgswirksam zu erfassen, in dem auch beim Grundgeschäft die Differenz zwischen Real- und Buchwert als Ertrag realisiert wird. Vereinzelt wird eine derartige Abgrenzung auch in Form einer Anzahlung vorgenommen.399 Daneben wird der Ansatz verfolgt, mit der Abwicklung des einen Geschäfts gleichzeitig das beibehaltene Geschäft mit dem Marktwert zu bewerten, damit sich in der GuV Aufwendun-

396 397 398 399

Vgl. dazu 4. Teil VI. 1. e) bb), S. 108 f. bzw. h), S. 115 ff. Vgl. dazu 4. Teil VI. 2. b) ee) (3), S. 128 ff. Menninger, S. 162; dies., RIW 1994, 300, 308. Grünewald, S. 280.

251

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

gen und Erträge ganz oder teilweise ausgleichen.400 Die Wertsteigerung würde dabei den Anschaffungskosten der gehaltenen Position zugeschrieben.401 Eine solche Vorgehensweise sei die buchhalterisch einfachere, bilde die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse ab und stimme in ihren Bewertungsansätzen mit denen des Risiko-Managements überein.402 (a)

Marktbewertung des Grundgeschäfts

Zumindest der Methodenansatz der Marktbewertung vermag nur begrenzt zu überzeugen. Er findet seine Grenze im Anschaffungskostenprinzip des § 253 Abs. 1 S. 1 HGB,403 nach dem Vermögensgegenstände, solange sie den Sprung zum Absatzmarkt nicht geschafft haben, höchstens mit den Anschaffungskosten (bzw. Herstellungskosten) anzusetzen sind.404 Die Gewinne der gehaltenen Position dürfen also im Wege von erfolgswirksamen Zuschreibungen allenfalls insoweit Berücksichtigung finden, als ihr Kassakurs im Auflösungszeitpunkt unter dem Anschaffungskurs liegt. Liegt der Kassakurs hingegen über dem Anschaffungskurs, so ist eine Zuschreibung aufgrund des Anschaffungskostenprinzips nicht zulässig.405 Die vollständige Gewinnberücksichtigung im Wege der Zuschreibung des bilanzierten Geschäftes würde folglich gegen geltende Bilanzierungsprinzipien verstoßen. Zwar ließe sich einwenden, dass die Zuschreibung im Ergebnis nichts anderes sei als der Verzicht auf eine Verlustberücksichtigung. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Bewertung zum Marktwert erhöht die Anschaffungskosten der Position dauerhaft. Anders als der unterlasse Verlustausweis wirkt sie damit nicht nur punktuell in Bezug auf die konkrete Sicherungsbeziehung, sondern schafft auch für spätere, d.h. unabhängig von der Bewertungseinheit auftretende Kursschwankungen erweiterte Zuschreibungsmöglichkeiten.406 Die Marktbewertung hätte damit eine über den sachlichen Rahmen des Sicherungsverbundes hinausgehende Wirkung und erscheint insofern in der vorliegenden Konstellation nicht sachgerecht.

400 Hahne, BB 2006, 2291, 2294; Naumann, Bewertungseinheiten, S. 181ff.; Reichel/Kütter/Bedau, S. 156 f., 177. 401 Reichel/Kütter/Bedau, S. 156 f. und 177. 402 So Naumann, Bewertungseinheiten, S. 182 unter Verweis auf Scheffler, S. 131, der dort jedoch zur Marktbewertung generell Stellung nimmt und keine Abgrenzung zur Bildung eines Ausgleichspostens vornimmt. 403 Menninger, S. 162; dies., RIW 1994, 300, 308. 404 Baetge/Kirsch/Thiele, S. 131; Grünewald, S. 273. Ergänzend zur allgemeinen Maßgeblichkeit erlangt das Anschaffungskostenprinzip auch über § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 und Nr. 2 S. 1 EStG steuerliche Relevanz. 405 Abweichendes gilt im Falle des § 340h Abs. 1 S. 2 HGB, der es den Kreditinstituten ermöglicht, einzelne Fremdwährungsposten unabhängig von den Anschaffungskosten zum Kassakurs am Bilanzstichtag umzurechnen, vgl. Grünewald, S. 274. 406 Dies gilt selbstverständlich nur, sofern es zwischenzeitlich zu Abschreibungen auf einen niedrigeren Wert gekommen ist.

252

Bilanzierungsmethode

(b)

Rechnungsabgrenzungsposten

Fraglich ist, ob sich die fortgeführte Gesamtbetrachtung auf dem ersten Weg, d.h. über die Bildung eines bilanziellen Ausgleichspostens in Form eines aktiven transitorischen Rechnungsabgrenzungspostens gem. § 250 Abs. 1 HGB bzw. § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG umsetzen ließe.407 Rechnungsabgrenzungsposten sind Korrekturposten, welche der periodengerechten Ergebnisermittlung dienen.408 Sie stellen grundsätzlich finanzielle Vorleistungen dar, die in erster Linie auf gegenseitigen Verträgen beruhen, bei denen zeitlich bestimmte Gegenleistungen zu erbringen sind.409 Ihr zentrales Anwendungsfeld finden aktive Rechnungsabgrenzungsposten damit als bilanztechnische Mittel zur erfolgsneutralen Erfassung von Ausgaben im Zuge schwebender Geschäft, so z.B. der Mietvorauszahlung für mehrere Monate.410 Wollte man den fraglichen Verlust aus dem auslaufenden Geschäft mit Hilfe eines Rechnungsabgrenzungspostens abgrenzen, so müssten auch insoweit die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 HGB erfüllt sein. Nach dem Wortlaut des § 250 Abs. 1 HGB bzw. § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG sind als aktive Rechnungsabgrenzungsposten „Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen“. Die Rechtsprechung hat die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten darüber hinaus teilweise auf Fälle gegenseitiger Verträge beschränkt.411 Zumindest solche liegen hier nicht vor. Es fehlt an einem entsprechenden Leistungsbezug aus dem Grundgeschäft, so dass es sich bei dem Sicherungsverbund nicht um einen zweiseitigen Vertrag handelt, bei dem Leistung und Gegenleistung zeitlich auseinander fallen.412

407 So Menninger, S. 162; dies., RIW 1994, 300, 308, die jedoch die Zulässigkeit des Rechnungsabgrenzungspostens bejaht, ohne auf die gesetzlichen Voraussetzungen des § 250 HGB näher einzugehen. 408 ADS, § 250, Rn. 4; Herzig/Söffing, BB 1993, 465, 467; Staub-Kleindiek, § 250, Rn. 4. 409 BoHdR-Kupsch, § 250, Rn. 12. 410 Vgl. Beispiele bei Staub-Kleindiek, § 250, Rn. 5; BeckBilKomm-Ellrott/Krämer, § 250, Rn. 6 ff.; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 698 f. 411 BFH vom 07.03.1973 – I R 48/69, BStBl. II 1973, 565, 568. So auch Schulze-Osterloh, in: FS Forster, S. 653, 661, der davon ausgeht, dass Erträge und Aufwendungen, die mit Hilfe eines Rechnungsabgrenzungspostens einander zugeordnet werden, durch ein konkretes Rechtsverhältnis miteinander verbunden sein müssen. Kritisch Grünewald, S. 277, der darauf hinweist, dass aus dem Wortlaut des § 250 Abs. 1 HGB nicht ersichtlich werde, inwieweit auf einzelne schuldrechtliche Vertragsverhältnisse abzustellen sei. Zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 72 f. 412 Windmöller, in: FS Scholz, S. 207, 219; vgl. auch Kuhner, Bilanzierung von Zinstermingeschäften, S. 32 f. und Birck/Meyer, Teillieferung 5, V 483 f. Letztere weisen jedoch gleichfalls darauf hin, dass die Beschränkung auf gegenseitige Vertragsverhältnisse sich nicht aus dem Gesetz ergebe, so dass im Falle einer Rechtsprechungsänderung durchaus an die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten zu denken sei.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Zweifelhaft ist in der vorliegenden Konstellation aber auch bereits das Kriterium der Erfolgswirksamkeit nach dem Bilanzstichtag. Die Erfolgswirksamkeit richtet sich nach der wirtschaftlichen Verursachung der Ausgabe.413 Wirtschaftlich entstanden ist der Verlust aus dem auslaufenden Sicherungsgeschäft aber bereits im Sicherungszeitraum bzw. im Zeitpunkt der Glattstellung. Aufgrund der Auflösung der Sicherungsposition können zukünftige Zeiträume von der damit verbundenen Ausgabe gar nicht mehr betroffen sein. Die reine Konservierung der in der Vergangenheit verwirklichten Erfolge fällt hingegen nicht unter den Anwendungsbereich des § 250 Abs. 1 HGB, so dass es sich vorliegend um keine Ausgabe handelt, die an die Stelle von Aufwendungen nach ihrer Fälligkeit tritt.414 Beide Aspekte sprechen gegen die Zulässigkeit eines Rechnungsabgrenzungspostens. Bedenken bestehen letztlich auch im Hinblick auf die Zeitbestimmtheit. Verstanden wird diese Voraussetzung überwiegend als kalendermäßig bestimmter Zeitraum bzw. als Fall, in dem die rechnerische Festlegung eines Mindestzeitraums möglich erscheint.415 Vorausgesetzt wird jedoch stets ein bestimmter Zeitraum, dem die Ausgabe zugeordnet werden kann.416 Gerade hieran fehlt es vorliegend jedoch, da gänzlich ungewiss ist, wann der Unternehmer das weiterhin gehaltene Grundgeschäft auflösen wird.417 Die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens zum Zwecke der Erfolgsabgrenzung nach Auflösung des Sicherungszusammenhangs ist folglich im Ergebnis abzulehnen. (c)

Anzahlung

Es verbliebe damit allenfalls die Möglichkeit der Erfolgsabgrenzung in Form einer Anzahlung nach § 266 Abs. 2 und 3 HGB.418 Differenziert wird zwischen Anzahlungen und Rechnungsabgrenzungsposten zunächst dahingehend, dass für erstere kein Zeitbezug erforderlich ist;419 zumindest die vorgenannte fehlende zeitliche Bestimmtheit wäre damit unschädlich. Indes schränken manche Autoren die Ansatzmöglichkeit von Anzahlungen aber insoweit ein, als sie nur im Zusammenhang mit aktivierungsfähigen Vermögensgegenständen bzw. 413 414 415 416

Staub-Kleindiek, § 250, Rn. 10; BoHdR-Kupsch, § 250, Rn. 26. So auch Windmöller, in: FS Scholz, S. 207, 219. Zum Meinungsstand vgl. ADS, § 250, Rn. 31 ff.; BoHdR-Kupsch, § 250, Rn. 32 ff. A.A. Küting/Weber-Trützschler, § 250, Rn. 47, der die Voraussetzung der bestimmten „Zeit“ auch im i.S.v. „Zeitpunkt“ oder „Zeitstrahl“ auslegungsfähig ansieht. 417 Auch Grünewald, S. 280 verneint die Zulässigkeit eines Rechnungsabgrenzungspostens bei der Sicherung von Wertpapieren vor dem Hintergrund der Zeitraumbezogenheit. 418 Bejaht wird dies von Grünewald, S. 280. 419 Küting/Weber-Dusemond/Heusinger/Knop, § 266, Rn. 34; Staub-Kleindiek, § 250, Rn. 6; Blümich-Schreiber, § 5, Rn. 693. Allerdings handelt es sich dabei um kein zwingendes Ausschlusskriterium, da es nach der Rechtsprechung des BFH auch geleistete Anzahlungen im Rahmen von zeitraumbezogenen Verträgen geben soll, vgl. BFH vom 25.10.1994 – VIII R 65/91, BStBl. II 1995, 312, 315 m.w.N.; a.A. BFH vom 26.11.1996 – VIII R 58/93, BStBl. II 1997, 390, 394.

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Bilanzierungsmethode

Wirtschaftsgütern in Betracht kämen420 bzw. dass für den Fall der Nichterfüllung ein Anspruch auf Rückzahlung bestehen müsse.421 Beide Voraussetzungen wären in der hier fraglichen Konstellation nicht erfüllt. Entscheidend zu beachten ist ferner, dass auch die Anzahlung nach allgemeiner Ansicht ein bestehendes gegenseitiges Vertragsverhältnis voraussetzt.422 Gerade hieran fehlt es aber, wenn es darum geht, die Abgrenzung im Hinblick auf das auslaufende Sicherungsgeschäft vorzunehmen; zwischen Grund- und Deckungsgeschäft besteht kein synallagmatisches Verhältnis, sondern lediglich eine rein wirtschaftliche Verknüpfung aufgrund des (ehemaligen) Sicherungszusammenhangs. Auch die Aufwandsabgrenzung in Form einer Anzahlung scheidet in der vorliegenden Konstellation daher aus. (d)

Zwischenergebnis

Im Ergebnis findet sich damit keine bilanzrechtliche Möglichkeit, die Erfolge des auslaufenden Sicherungsgeschäfts zu neutralisieren.423 Die Ausdehnung der Gesamtbetrachtung auf die einseitige Abwicklung des Sicherungsverbundes muss dementsprechend abgelehnt werden. c)

Auflösung von Rückstellungen

Mit Beendigung der Bewertungseinheit kommt es gleichzeitig zur Auflösung der für Verlustüberhänge gebildeten Drohverlustrückstellungen. Im Falle des gleichzeitigen Abgangs von Grund- und Sicherungsgeschäft ist dies weitestgehend unproblematisch, da sämtliche Positionen aufgelöst werden. Wird der Sicherungszusammenhang allerdings nur einseitig abgewickelt, so ergibt sich für die verbleibende Position eine fortführende Bewertung nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften. Zwischenzeitlich angefallene aber durch die Bewertungseinheit neutralisierte Wertverluste bilanzwirksamer Positionen sind dabei im Wege von Ab- bzw. Zuschreibungen nachzuholen.424 Entsprechendes 420 BoHdR-Kupsch, § 250, Rn. 14. A.A. BFH vom 16.05.1973 – I R 186, 71, BStBl. II 1974, 25, 26; vom 04.08.1976 – I R 145/74, BStBl. II 1976, 675, 676; vom 25.10.1994 – VIII R 65/91, BStBl. II 1995, 312, 315 und Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Bauer, § 5, Rn. F 53 jeweils m.w.N. 421 ADS, § 250, Rn. 14. 422 Der BFH versteht „Anzahlungen“ dabei als Vorleistungen auf eine von dem anderen Vertragspartner zu erbringende Lieferung oder Leistung, vgl. BFH vom 16.05.1973 – I R 186/71, BStBl. II 1974, 25, 26; vom 04.08.1976 – I R 145/74, BStBl. II 1976, 675, 676; vom 03.07.1980 – IV R 138/76, BStBl. II 1980, 648, 650; vom 14.10.1999 – IV R 12/99, BStBl. II 1999, 25, 28. Vgl. auch ADS, § 250, Rn. 14; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Bauer, § 5, Rn. F 51; H/H/R-Federmann, § 5, Rn. 1917; Staub-R. Hüttemann, § 266, Rn. 16; Schulze-Osterloh, in: FS Forster, S. 653, 661. 423 So im Ergebnis auch Jutz, S. 176 f.; Kuhner, Bilanzierung von Zinstermingeschäften, S. 33; Windmöller, in: FS Scholz, 207, 218 ff. 424 Dies gilt allerdings nur im Falle der Festbilanzierung. Wurde die Bewertungseinheit hingegen im Wege der eingeschränkten Marktbewertung abgebildet, so sind negative Wertänderungen ohnehin bereits laufend berücksichtigt worden.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

muss aber auch für diejenigen Verlustüberhänge gelten, die im Wege von Drohverlustrückstellungen eine pauschalierte Berücksichtigung gefunden haben. Auch solche Rückstellungen sind bei Beendigung des Sicherungszusammenhangs aufzulösen. Die dort angesammelten Verluste sind dann – soweit diese eine negative Wertentwicklung aufweisen – den verbleibenden Geschäften im Wege einer individuellen Ab- bzw. Zuschreibung zuzuordnen.

3.

Bilanzierung von Anschlusssicherungsgeschäften

Ähnliche Fragestellungen ergeben sich auch im Zusammenhang mit dem Abschluss von Anschlusssicherungsgeschäften. Viele Sicherungsstrategien sind als rollierende Sicherungen konzipiert, so dass auslaufende Sicherungen durch Anschlusssicherungsgeschäfte ersetzt werden, mit denen dann die Risikoposition geschlossen gehalten werden soll.425 Beispiel 19: Die X-AG plant ihren Devisenbestand i.H.v. 15 Mio. US-$ (Kurs 1 € = 1,50 US-$) zum 30.06.2009 zu veräußern. Um sich gegen Kursverluste abzusichern, schließt sie aus Kostengründen Terminverkaufsgeschäfte mit zwei verschiedenen Vertragspartnern. Das erste Geschäft läuft bis zum 15.12.2008, während letzteres zu den Konditionen des 15.12.2008 den Folgezeitraum abdeckt. Zum 15.12.2008 ist der Dollarkurs auf 1 € = 1,36 US-$ gestiegen. Aus dem auslaufenden Sicherungsgeschäft resultiert ein Verlust i.H.v. 1 Mio. €, dem ein nicht realisierter Gewinn in entsprechender Höhe gegenübersteht.426 Will man die Bewertungseinheit trotz der teilweisen Verlustrealisation erfolgsneutral halten, so bedarf es auch einer bilanziellen Berücksichtigung der gegenläufigen Gewinne des fortlaufenden Grundgeschäfts. Teilweise wird der Gewinn des Grundgeschäfts bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit des ersten Sicherungsgeschäfts als realisiert angesehen, was – wohl durch eine Erhöhung der Anschaffungskosten des Grundgeschäfts – ertragswirksam zu berücksichtigen sei.427 Andere schlagen hingegen vor, die Verluste aus der Abwicklung des Sicherungsgeschäfts als Anschaffungskosten des Anschlussgeschäfts zu 425 Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 16. Nach bisheriger Rechtslage ist die Bildung von Bewertungseinheiten jedoch nur insoweit zulässig, als die Anschlusssicherungen bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Bildung einer Bewertungseinheit rechtsverbindlich abgeschlossen sind, vgl. 4. Teil VI. 1. e) cc), S. 109 ff. 426 Alternativ ließe sich auch vorstellen, dass das Anschlussdeckungsgeschäft erst im Fälligkeitszeitpunkt 15.12.2008 zu den aktuellen Marktkonditionen abgeschlossen wird. Zwar kollidiert dieses Vorgehen mit der obigen Forderung nach rechtsverbindlich abgeschlossenen Anschlusssicherungen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass diese Alternative im Rahmen der durch das BilMoG angestrebten Gesetzesänderungen an Relevanz gewinnt. 427 So Hahne, BB 2006, 2291, 2294.

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Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG

aktivieren. Realisierte Gewinne seien entsprechend umgekehrt als Minderung der Anschaffungskosten zu behandeln.428 Die erstere Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Ausschlaggebend sind hierbei die gleichen Überlegungen wie im oben untersuchten Fall der einseitigen Aufhebung einer Sicherungsbeziehung.429 Zwar ist die Anschlusssicherung im Vergleich etwas qualitativ anderes, da die Bewertungseinheit weiterhin aufrechterhalten bleibt. Auch hier besteht jedoch nach Ablauf des Anschlusssicherungsgeschäftes die Möglichkeit, das Grundgeschäft weiterhin aufrecht zu erhalten; Grund- und Sicherungsgeschäft(e) würden erneut zeitlich auseinander fallen. Wäre es dann aber aufgrund der Realisation des ersten Sicherungserfolges zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten beim Grundgeschäft gekommen, so würde dies dauerhafte, d.h. unabhängig vom ursprünglichen Sicherungszusammenhang bestehende Zuschreibungsspielräume eröffnen. Für Zwecke der einseitigen Abwicklung wurde ein solches Ergebnis für sachfremd befunden und daher eine Erhöhung der Anschaffungskosten des Grundgeschäfts abgelehnt. Es gibt keinen Grund, dies nunmehr anders zu sehen, nur weil die Sicherung des Grundgeschäfts nicht durch ein einheitliches, sondern durch zwei aufeinander folgende Geschäfte erfolgt. Damit verbliebe nur die zuletzt vertretene Möglichkeit einer Erhöhung der Anschaffungskosten des Anschlusssicherungsgeschäfts. Zwar stellen sich hierbei ähnliche Probleme, weil auch das Grundgeschäft vor Ablauf des Deckungszeitraums abgestoßen, d.h. die Anschlusssicherung nach Beendigung der Bewertungseinheit einseitig fortgeführt werden kann. Dennoch erscheint mir der Ansatz erhöhter Anschaffungskosten beim Anschlusssicherungsgeschäft überzeugender. So ist zu bedenken, dass Erst- und Anschlusssicherung sich gegenseitig bedingen, unmittelbar aufeinander Bezug nehmen und den gleichen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Es ist daher sachgerecht, beide Geschäfte als Einheit zu betrachten, deren Erfolg erst am Ende der Gesamtlaufzeit ausgewiesen wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Erfolg des auslaufenden Sicherungsgeschäfts bilanztechnisch bei der Ermittlung der Anschaffungskosten des Anschlussgeschäfts gem. § 255 Abs. 1 HGB berücksichtigen.

VII. Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG Zu untersuchen ist ferner, ob § 5 Abs. 1a EStG auch eine über die Steuerbilanz hinausgehende Wirkung erlangt. Hahne430 hat in diesem Zusammenhang umfassend auf die Probleme einer bestehenden Wechselwirkung von Bewertungseinheiten und außerbilanziellen Einkommensermittlungsvorschriften hin428 So Stellungnahme BFA 2/1993, WPg 1993, 517, 518; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 16 f. 429 Vgl. dazu 6. Teil VI. 2. b) cc) (2), S. 251 ff. 430 Hahne, StuB 2008, 181 ff.

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Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG

aktivieren. Realisierte Gewinne seien entsprechend umgekehrt als Minderung der Anschaffungskosten zu behandeln.428 Die erstere Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Ausschlaggebend sind hierbei die gleichen Überlegungen wie im oben untersuchten Fall der einseitigen Aufhebung einer Sicherungsbeziehung.429 Zwar ist die Anschlusssicherung im Vergleich etwas qualitativ anderes, da die Bewertungseinheit weiterhin aufrechterhalten bleibt. Auch hier besteht jedoch nach Ablauf des Anschlusssicherungsgeschäftes die Möglichkeit, das Grundgeschäft weiterhin aufrecht zu erhalten; Grund- und Sicherungsgeschäft(e) würden erneut zeitlich auseinander fallen. Wäre es dann aber aufgrund der Realisation des ersten Sicherungserfolges zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten beim Grundgeschäft gekommen, so würde dies dauerhafte, d.h. unabhängig vom ursprünglichen Sicherungszusammenhang bestehende Zuschreibungsspielräume eröffnen. Für Zwecke der einseitigen Abwicklung wurde ein solches Ergebnis für sachfremd befunden und daher eine Erhöhung der Anschaffungskosten des Grundgeschäfts abgelehnt. Es gibt keinen Grund, dies nunmehr anders zu sehen, nur weil die Sicherung des Grundgeschäfts nicht durch ein einheitliches, sondern durch zwei aufeinander folgende Geschäfte erfolgt. Damit verbliebe nur die zuletzt vertretene Möglichkeit einer Erhöhung der Anschaffungskosten des Anschlusssicherungsgeschäfts. Zwar stellen sich hierbei ähnliche Probleme, weil auch das Grundgeschäft vor Ablauf des Deckungszeitraums abgestoßen, d.h. die Anschlusssicherung nach Beendigung der Bewertungseinheit einseitig fortgeführt werden kann. Dennoch erscheint mir der Ansatz erhöhter Anschaffungskosten beim Anschlusssicherungsgeschäft überzeugender. So ist zu bedenken, dass Erst- und Anschlusssicherung sich gegenseitig bedingen, unmittelbar aufeinander Bezug nehmen und den gleichen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Es ist daher sachgerecht, beide Geschäfte als Einheit zu betrachten, deren Erfolg erst am Ende der Gesamtlaufzeit ausgewiesen wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Erfolg des auslaufenden Sicherungsgeschäfts bilanztechnisch bei der Ermittlung der Anschaffungskosten des Anschlussgeschäfts gem. § 255 Abs. 1 HGB berücksichtigen.

VII. Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG Zu untersuchen ist ferner, ob § 5 Abs. 1a EStG auch eine über die Steuerbilanz hinausgehende Wirkung erlangt. Hahne430 hat in diesem Zusammenhang umfassend auf die Probleme einer bestehenden Wechselwirkung von Bewertungseinheiten und außerbilanziellen Einkommensermittlungsvorschriften hin428 So Stellungnahme BFA 2/1993, WPg 1993, 517, 518; Kütter/Prahl, WPg 2006, 9, 16 f. 429 Vgl. dazu 6. Teil VI. 2. b) cc) (2), S. 251 ff. 430 Hahne, StuB 2008, 181 ff.

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Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

gewiesen. So geht zwar das in der Steuerbilanz erfasste (Netto-) Bewertungsergebnis aus einer Bewertungseinheit in die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Steuerpflichtigen ein; die kompensatorischen Effekte finden mithin auch bei der Einkommensermittlung grundsätzliche Berücksichtigung. Letztlich entsteht jedoch durch die Bewertungseinheit kein neues Wirtschaftsgut.431 Die Einzelgeschäfte bleiben in ihrer Eigenständigkeit erhalten. Hieraus resultiert die Gefahr, dass die Bewertungseinheit bei divergierenden Regelungen hinsichtlich der jeweiligen Einzelgeschäfte für Zwecke der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens wieder aufzulösen ist.432

1.

Problematik der Wechselwirkung

Relevant wird diese Problematik vor allem im Hinblick auf die Steuerbefreiungen von Aktiengeschäften gem. § 8b KStG.433 Ziel dieser zentralen Vorschrift des Halbeinkünfteverfahrens434 ist es, eine mehrfache körperschaftsteuerliche Belastung der Gewinne von Kapitalgesellschaften zu verhindern. Zwischengesellschaftliche Gewinnausschüttungen sollen nur auf der Ebene der am Ende einer Kette von Gesellschaftern stehenden natürlichen Person besteuert werden.435 Zu diesem Zwecke gewährt § 8b Abs. 1 S. 1 KStG körperschaftlichen Anteilseignern eine Körperschaftsteuerbefreiung für Dividenden und diesen gleichgestellten Bezügen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften. Abs. 2 S. 1 erweitert die Steuerbefreiung auch auf Gewinne aus der Veräußerung entsprechender Anteile. Spiegelbildlich dazu dürfen Veräußerungsverluste und Wertminderungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften gem. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG das Einkommen nicht mindern.436 Ferner gelten 5 % des gem. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG zu ermittelnden Veräußerungsgewinns nach Abs. 3 S. 1 als nicht abziehbare Betriebsausgaben, so dass sich die Steuerbefreiung letztendlich nur auf 95 % des Gewinnes beläuft.437 Zu beachten ist schließlich § 15 Abs. 4 S. 3 EStG, der eine grundsätzliche Abzugsbeschränkung für Verluste aus Termingeschäften438 normiert.439 Zwar wird diese nach Abs. 4 S. 4 2. Hs.

431 Vgl. dazu 2. Teil III. 2. b), S. 38 f. 432 Hahne, StuB 2008, 181, 182. 433 Eingeführt mit dem Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1428. Ausgenommen von den Begünstigungen des § 8b EStG sind nach Abs. 7 und 8 Anteile, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten bzw. bei Lebens- und Krankenversicherungsanteilen zuzurechnen sind. 434 Vgl. Streck-Binnewies, § 8b Anm. 1 f.; Erle/Sauter-Gröbl/Adrian, § 8b, Rn. 14. 435 Streck-Binnewies, § 8b Anm. 1; vgl. auch Ernst&Young-Kröner, § 8b, Rn. 19 f. 436 Vgl. Hahne, StuB 2008, 181, 183. 437 H/H/R-Watermeyer, § 8b, Rn. 83. Die Regelung wurde eingeführt durch das Korb IIGesetz vom 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840. 438 Der Begriff des „Termingeschäfts“ ist mit demjenigen des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG identisch, woraus folgt, dass § 15 Abs. 4 S. 3 – 5 EStG nicht auf Geschäfte anwendbar sind, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt, vgl. Reiner, S. 404.

258

Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG

ausnahmsweise durchbrochen, wenn betroffene Positionen der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.440 Letzteres gilt jedoch gem. Abs. 4 S. 5 wiederum nicht im Zusammenhang mit nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Aktiengeschäften. Betrachtet man die in der Sicherungseinheit verbundenen Geschäfte für Zwecke der Einkommensermittlung isoliert, so ergibt sich aus dem vorgenannten Regelungsgeflecht eine divergierende Behandlung der einzelnen Positionen. Beispiel 20:441 Die X-AG hält eine Mio. Aktien der Y-AG zum Anschaffungspreis und Buchwert von 2 Mio. €. Für den 31.03.2009 ist eine Veräußerung der Anteile beabsichtigt, um eine geplante Investition zu refinanzieren. Um den zwischenzeitlichen Kursanstieg auf 3,5 € pro Aktie zu konservieren, schließt die X am 30.06.2008 mit der Z-Bank ein Terminverkaufsgeschäft (Forward) in entsprechender Höhe. Zum 31.03.2009 steigt der Kurs weiter auf 4,5 € pro Aktie. Die X erzielt aus der Veräußerung einen Überschuss von 2,5 Mio. €; an die Z leistet sie eine Ausgleichszahlung i.H.v. 1 Mio. €. Bei isolierter Betrachtung wäre aus der Veräußerung der Anteile ein Gewinn i.H.v. 2,5 Mio. € erzielt worden, der gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG zu 95 % steuerfrei wäre. Die an die Z geleistete Ausgleichszahlung würde den steuerfreien Veräußerungsgewinn nicht mindern, da sie nicht durch den Verkauf der Aktien verursacht ist. Gem. § 15 Abs. 4 S. 3 – 5 EStG würde sie jedoch einer Verlustabzugsbeschränkung unterliegen. Dieses Ergebnis erscheint Hahne unsachgerecht. Die isolierte Betrachtung berge die Gefahr eines Auseinanderfallens von wirtschaftlicher bzw. bilanzierter Risikoabsicherung auf der einen Seite und dem steuerlichen Ergebnis des Unternehmens auf der anderen Seite.442 Daher sei anzustreben, in derartigen Konstellationen auch steuerlich einen Kompensationseffekt anzusetzen. Hierzu müsse das Ergebnis der gesamten Bewertungseinheit in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung des § 8b KStG einbezogen werden.443 Eine Diffe439 Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Vorschrift vgl. H/H/R-Intemann, § 15, Rn. 1531 und Reiner, S. 406; zu den gesetzgeberischen Motiven Reiner, S. 402 ff. 440 Zum „gewöhnlichen Geschäftsbetrieb“ gehören solche Geschäfte, die den Gegenstand des Unternehmens bilden und regelmäßig vorkommen. Allerdings ist es nicht notwendig, dass das Geschäft den Hauptgegenstand des Unternehmens ausmacht, vgl. H/H/RIntemann, § 15, Rn. 1560 f. m.w.N. Für die vorliegende Untersuchung soll davon ausgegangen werden, dass auch Sicherungsgeschäfte für Anlagebestände oder Refinanzierungsmittel unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen, kritisch dazu Häuselmann, S. 48. 441 Beispiel angelehnt an Hahne, StuB 2008, 181, 184. 442 Hahne, StuB 2008, 181, 183. 443 Hahne, StuB 2008, 181, 184.

259

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

renz zwischen dem Marktpreis und einem im Vorfeld via Termingeschäft festgelegten tatsächlichen Verkaufspreis sei mithin als Teil des tatsächlich realisierten Erlöses unter den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung zu fassen.444 Im Rahmen des vorgenannten Beispiels würde dies eine Minderung des Veräußerungsgewinns um die zu leistende Ausgleichszahlung aus dem Sicherungsgeschäft i.H.v. 1 Mio. € bedeuten. Eine derartige Lösung sei sachgerecht, da die Höhe der Ausgleichszahlung aufgrund des bestehenden Sicherungszusammenhangs mit der Höhe des Marktpreises der Aktien korrespondiere.445 Im Ergebnis blieben damit 95 % des Differenzbetrages von 1,5 Mio. € nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG steuerfrei; eine Anwendung des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG würde sich gänzlich erübrigen.

2.

Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG?

Auch wenn diese Überlegung auf den ersten Blick zu überzeugen scheint, bedarf jedoch auch eine solche Gesamtbetrachtung von Grund- und Sicherungsgeschäft auf der Ebene der Einkommensermittlung einer rechtlichen Grundlage. Dem aktuellen Steuerrecht fehlt es aber an einschlägigen Regelungen. Hahne schlägt deshalb vor, den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG gleichfalls für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu übernehmen.446 a)

Auslegung des § 5 Abs. 1a EStG

Eine Erweiterung des Regelungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG auch auf die Einkommensermittlung vermag aber nicht zu überzeugen. § 5 Abs. 1a EStG ist sowohl in grammatikalischer als auch in systematischer Hinsicht eindeutig auf die steuerliche Gewinnermittlung im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleichs zugeschnitten. Eine historische Betrachtung bestätigt diese Sicht der Dinge.447 Bei teleologischer Betrachtung des § 5 Abs. 1a EStG ergibt sich gleichfalls kein abweichendes Ergebnis. Aufgabe von Bewertungseinheiten ist es, wirtschaftlich nicht gebotene Verlustantizipationen in Form von Teilwertabschreibungen und Drohverlustrückstellungen zu unterbinden und damit einer Verfälschung des Gewinnausweises entgegen zu wirken. Hierbei handelt es sich aber um eine innerbilanzielle Zielsetzung, die im Zeitpunkt der nachfolgenden Anwendung der Einkommensermittlungsvorschriften grundsätzlich bereits verwirklicht ist. 444 445 446 447

260

Hahne, StuB 2008, 181, 185. Hahne, StuB 2008, 181, 184. Hahne, StuB 2008, 181, 184. Vgl. dazu die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BR-Drucks. 937/05, S. 9), die sich gleichfalls nur auf eine Anwendung im Bereich der bilanziellen Gewinnermittlung bezieht.

Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG

aa)

Ermittlung des steuerfreien Veräußerungsgewinns

Im Rahmen von § 8b KStG könnte diese Zielsetzung allenfalls bei der Ermittlung des „Veräußerungsgewinns“ eine Bedeutung erlangen. Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach § 8b Abs. 2 S. 2 KStG als der „Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert)“.448 Teilwertabschreibungen mindern den Buchwert. Unterbleibt eine bei Einzelbetrachtung gebotene Teilwertabschreibung aufgrund der Bewertungseinheit, so würde dies zu einem höheren Buchwert und damit zu einem geringeren Veräußerungsgewinn führen; die an sich innerbilanzielle Zielsetzung des § 5 Abs. 1a EStG hätte insofern eine unmittelbare Auswirkung auf die Einkommensermittlung. Entsprechend könnte es geboten sein, die Regelungsanordnung des § 5 Abs. 1a EStG auch bei der Ermittlung des Vergleichswertes in Form des Veräußerungspreises zu berücksichtigen, um eine Verfälschung des Gewinns zu verhindern. Dieses Bedürfnis entfällt jedoch zumindest für Fragen der Steuerfreistellung aufgrund von §8b Abs. 2 S. 4 KStG. Die Norm enthält innerhalb der Gewinnermittlung nach § 8b Abs. 2 KStG ein eigenständiges Gebot zur Aufholung vorgenommener Teilwertabschreibungen.449 Auf der Ebene der Buchwertermittlung erlangt § 5 Abs. 1a EStG damit faktisch keinen Einfluss. Entsprechend erscheint es auch nicht zwingend, die Regelung bei der Ermittlung des Verkaufspreises parallel zu berücksichtigen, um so einer Wertverschiebung entgegen zu wirken. bb)

Bestimmung der Bemessungsgrundlage für § 8b Abs. 3 S. 1 EStG

Etwas anderes gilt allenfalls bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die pauschale Betriebsausgabenfiktion des § 8b Abs. 3 S. 1 KStG. Die Norm verweist lediglich auf den Gewinn nach Abs. 2 S. 1, 3 und 5 und nimmt damit nach dem Gesetzeswortlaut das Wertaufholungsgebot des S. 4 für ihre Zwecke aus.450 Vorgenommene Teilwertabschreibungen mindern insofern den Buchwert und erhöhen entsprechend die verwendete Bezugsgröße des „Veräußerungsgewinns“.451 Es ließe sich daher überlegen, ob angesichts dieses Effektes eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG geboten erscheint.

448 Die Definition wurde durch das Korb II-Gesetz erstmals aufgenommen, um die pauschale Betriebsausgabenfiktion i.H.v. 5 % des Realisierungsgewinns (§ 8b Abs. 3 S. 1 KStG) eindeutig zu bestimmen, vgl. BT-Drucks. 15/1518, S. 15. 449 Diese Regelung verhindert, dass zunächst eine steuermindernde Teilwertabschreibung vorgenommen wird, um den erhöhten Veräußerungsgewinn anschließend steuerfrei zu vereinnahmen, vgl. Erle/Sauter-Gröbl/Adrian, § 8b, Rn. 124. 450 Erle/Sauter-Gröbl/Adrian, § 8b, Rn. 148. 451 Ernst&Young-Kröner, § 8b, Rn. 119.

261

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass § 8b Abs. 3 S. 1 KStG – gerade vor dem Hintergrund der Einbeziehung von Teilwertabschreibungen in die Bemessungsgrundlage für die Betriebsausgabenfiktion – von der ganz überwiegenden Meinung als systemwidrig betrachtet wird.452 Sinn des § 8b Abs. 3 S. 1 KStG war es, dem sog. „Ballooning“, d.h. der Umgehung des Betriebsausgabenabzugsverbotes des § 3c Abs. 1 EStG durch Gewinnthesaurierungen, entgegen zu wirken.453 § 3c EStG betrifft aber nur solche Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der auf der Teilwertabschreibung beruhenden Erhöhung des Veräußerungsgewinns gerade nicht erfüllt. § 8b Abs. 2 S. 4 KStG verhindert hier eine Steuerfreiheit, so dass die Ausdehnung der Bezugsgröße der Betriebsausgabenfiktion um den Betrag der Teilwertabschreibung steuersystematisch nicht zu rechtfertigen ist. Aufgrund dieser Systemwidrigkeit eignet sich der durch § 8b Abs. 3 S. 1 KStG ausgelöste Effekt gleichfalls nicht, eine Erweiterung des Regelungsbereichs von § 5 Abs. 1a EStG zu begründen. Eine unmittelbare Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1a EStG auch auf die Befreiungsvorschrift des § 8b Abs. 2 KStG scheidet im Ergebnis aus. b)

Analoge Anwendung des § 5 Abs. 1a EStG?

Es verbliebe damit allenfalls die Möglichkeit einer analogen Anwendung in den fraglichen Konstellationen.454 Eine solche scheitert aber zumindest an der fehlenden vergleichbaren Interessenlage. Während sich § 5 Abs. 1a EStG auf die bilanzielle Gewinnermittlung bezieht, erklärt sich § 8b KStG aus dem System des Halbeinkünfteverfahrens heraus. Er gilt nur für einen beschränkten Kreis von Steuerpflichtigen und modifiziert in diesen Fällen gerade die nach der bilanziellen Gewinnermittlung gefundenen Ergebnisse. Auch eine Analogiebildung ist daher ausgeschlossen. c)

Zwischenergebnis

§ 5 Abs. 1a EStG lässt sich nicht auf den Bereich der Einkommensermittlung i.S.v. § 8b KStG übertragen.

3.

Auslegung von § 8b Abs. 2 S. 2 KStG

Will man die kompensatorischen Effekte dennoch im Rahmen der Einkommensermittlung berücksichtigen, so kann sich dies nur im Wege einer Ausle452 Kritisch Ernst&Young-Kröner, § 8b, Rn. 139; Mairoser/Groß, GmbHR 2006, 362, 363 f.; H/H/R-Watermeyer, § 8b, Rn. 83. Entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Norm vertreten Dötsch/Jost-Dötsch/Pung, § 8b, Rn. 106; Frotscher/Maas-Frotscher, § 8b, Rn. 56 und Erle/Sauter-Gröbl/Adrian, § 8b, Rn. 148 anscheinend sogar eine gänzliche Unanwendbarkeit des § 8b Abs. 3 S. 1 KStG in Fällen von Abs. 2 S. 4. 453 Vgl. dazu Ernst&Young-Kröner, § 8b, Rn. 137; Mairoser/Groß, GmbHR 2006, 362, 363. 454 Zu den Voraussetzungen der Analogie vgl. 4. Teil III. 2. c), S. 66.

262

Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG

gung der betroffenen Einkommensermittlungsnormen ergeben. Teilweise wird angenommen, dass auch für Zwecke des § 8b Abs. 2 KStG keine „Aufspaltung“ einer Bewertungseinheit erfolge, da Ausgangsgröße für die nach § 8b KStG vorzunehmenden Korrekturen das Ergebnis aufgrund Betriebsvermögensvergleich vor der außerbilanziellen Anwendung der genannten Normen sei.455 Das Halbeinkünfteverfahren und insbesondere § 8b KStG bauten insofern auf dem steuerbilanziellen Ergebnis erst auf.456 Legt man diese Überlegung zugrunde, so müssten auch die nach § 5 Abs. 1a EStG gebildeten Bewertungseinheiten im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 2 KStG Berücksichtigung finden. a)

Gesetzeswortlaut

Diese Argumentation vermag jedoch ebenfalls nur begrenzt zu überzeugen. Zwar ist zutreffend, dass § 8b Abs. 2 S. 2 KStG auf die „Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung“ verweist; auch § 5 Abs. 1a EStG müsste damit – als Teil dieser Vorschriften – Berücksichtigung finden. Entsprechend dem Wortlaut der Norm liegt diese Verweisung jedoch tatsächlich nur der Ermittlung des Ausgangswertes in Form des Buchwertes zugrunde.457 Der Vergleichswert ist hingegen als „Veräußerungspreis“ oder „an dessen Stelle tretender Wert“458 zu bestimmen. An der für den Ausgangswert geltenden unmittelbaren Bezugnahme auf die steuerbilanzielle Gewinnermittlung fehlt es insofern. Auch aus dem Begriff des „Veräußerungspreises“ ergibt sich nichts Gegenteiliges. Behandelt § 8b Abs. 2 KStG nur die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, so ist davon auszugehen, dass sich die Gewinndefinition des S. 2 auch nur auf diese Anteile bezieht. Für den „an dessen Stelle tretenden Wert“ kann insofern nichts anderes gelten. Bei grammatikalischer Betrachtung spricht damit einiges gegen die Einbeziehung von Bewertungseinheiten in die Steuerbefreiung nach § 8b KStG. b)

Gestaltungsmöglichkeiten und systematische Betrachtung

Hahne459 wendet allerdings zutreffend ein, dass es bei einem derartigen Verständnis zu Gestaltungsmöglichkeiten für den Steuerpflichtigen kommen könnte. Beispiel 21:460 Wie oben, nur dass die X zur Absicherung der Kursgewinne eine Verkaufsoption („Put Option“) zum Preis von 100.000 € erworben hat. Der

455 456 457 458 459 460

Häuselmann, S. 83 und 115; Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2170, 2171. Häuselmann, S. 68. Vgl. auch Blümich-Menck, § 8b, Rn. 126. Zu diesem Begriff vgl. Ernst&Young-Kröner, § 8b, Rn. 118. Hahne, StuB 2008, 181, 186. In Anlehnung an Hahne, StuB 2008, 181, 185.

263

Steuerbilanzielle Behandlung von Bewertungseinheiten

Ausübungspreis beträgt 3,5 € pro Aktie. Zum Veräußerungszeitpunkt am 31.03.2009 ist der Kurs auf 3 € pro Aktie gesunken. Wird die Option durch eine Ausgleichzahlung („cash-settlement“) abgewickelt, so entstünde bei separater Besteuerung aus den Aktien ein Veräußerungsgewinn von einer Mio. €, der gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG zu 95% steuerfrei wäre. Die Ausübung der Option würde nach Abzug der aktivierten Optionsprämie i.H.v. 100.000 € zu einem steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 900.000 € führen. Bei einer Abwicklung der Option durch tatsächliche Erfüllung („physical delivery“) bemisst sich der Veräußerungspreis der Anteile hingegen nach dem vereinbarten Ausübungspreis von 3,5 € pro Aktie. Der tatsächliche Marktpreis hat insofern keine Relevanz. Nach Abzug der Optionsprämie würde sich mithin ein Veräußerungspreis von 1,4 Mio. € ergeben, der gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG zu 95 % steuerfrei wäre. Je nach Art der Abwicklung eines Optionsgeschäftes ergäben sich damit unterschiedliche steuerliche Resultate; Gestaltungsspielräume sind die praktische Folge. Dieser Umstand kann jedoch nicht genügen, um auch im Rahmen des § 8b Abs. 2 und 3 KStG eine zwingende Gesamtbetrachtung anzunehmen. So hat der Gesetzgeber zunächst mit der nur einseitigen Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG auf Termingeschäfte mit Differenzausgleich deutlich gemacht, dass er eine differenzierende Behandlung im Vergleich zu Termingeschäften, die den physischen Kauf oder Verkauf von Wirtschaftsgütern zum Gegenstand haben, durchaus bewusst in Kauf nimmt.461 Gleichfalls steht die Übertragung der Gesamtbetrachtung auf die Gewinnermittlung nach § 8b Abs. 2 KStG im Widerspruch zur Anordnung des § 15 Abs. 4 S. 4 und 5 EStG. Wären die kompensatorischen Effekte ohnehin zu berücksichtigen, so wäre § 15 Abs. 4 S. 4 EStG, der gerade für solche Absicherungszusammenhänge eine Ausnahme von der Verlustabzugsbeschränkung vorsieht, überflüssig.462 Bei direkter Verrechnung von Grund- und Sicherungsgeschäft könnten insofern gar keine Verluste i.S.d. S. 3 verbleiben, die dann von der Ausnahmeregelung erfasst würden. Die Wertung des § 15 Abs. 4 S. 4 461 Die physische Lieferung wird nach ganz h.M. auch nicht als „Vorteil“ verstanden, der den Anwendungsbereich der Norm gleichfalls eröffnen würde, statt vieler vgl. H/H/RIntemann, § 15, Rn. 1545; a.A. BMF vom 23.09.2005 – IV B 2 - S 2119 - 7/05, DStR 2005, 1900. 462 Zur Absicherung i.S.d. § 15 Abs. 4 S. 4 EStG dienen Termingeschäfte dann, wenn sie „Preis- bzw. Währungsrisiken“ aus gewöhnlichen Umsatzgeschäften ganz „ausschließen“ oder zumindest „minimieren“, vgl. Dritter Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BT-Drucks. 14/443, S. 28; ebenso Reiner, S. 405. Ein ausreichender Sicherungszusammenhang soll hierbei insbesondere dann zu bejahen sein, wenn die Voraussetzungen für die Bildung einer Bewertungseinheit nach § 5 Abs. 1a EStG erfüllt sind, H/H/R-Intemann, § 15, Rn. 1561.

264

Außerbilanzielle Wechselwirkungen des § 5 Abs. 1a EStG

EStG steht damit einer kompensatorischen Betrachtung entgegen. Dass der Gesetzgeber dieses Verhältnis gerade auch im Hinblick auf § 8b KStG regeln wollte, zeigt § 15 Abs. 4 S. 5 EStG. Die Regelung schließt die Anwendbarkeit des S. 4 in Konstellationen des § 8b KStG aus und soll damit erreichen, dass dann, wenn ganz oder teilweise steuerfreie Veräußerungsgewinne erzielt werden, auch die korrespondierenden Verluste aus der Absicherung dieser Aktiengeschäfte nicht oder hälftig abziehbar sind.463 Solche Verluste könnten aber gar nicht erst anfallen, wenn das negative Ergebnis des Termingeschäfts automatisch als Abzugsposten den Gewinn aus der Anteilsveräußerung mindern würde. § 15 Abs. 4 S. 5 KStG wäre folglich überflüssig. Auch aus systematischer Sicht vermag die Gesamtbetrachtung bei Geschäften mit Differenzausgleich im Rahmen des § 8b KStG damit nicht zu überzeugen. c)

Zwischenergebnis

Auch bei Auslegung des § 8 Abs. 2 KStG ergibt sich keine Möglichkeit, eine Gesamtbetrachtung von (ehemaligen) Sicherungszusammenhängen in der Einkommensermittlung zu rechtfertigen.

4.

Zwischenergebnis

Im Ergebnis ist weder der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG auf die Vorschriften über die Einkommensermittlung zu übertragen, noch ergibt sich eine Berücksichtigung von Sicherungszusammenhängen aus § 8b Abs. 2 KStG selbst. Die gesetzgeberische Entscheidung zur Akzeptanz von Bewertungseinheiten bleibt damit auf den Bereich der bilanziellen Gewinnermittlung beschränkt.464 Im Falle von Makro- und Portfolio-Hedges kann die differenzierte Betrachtung allerdings mit erheblichen praktischen Problemen verbunden sein.465

463 Bogenschütz/Tibo, DB 2001, 8, 9; vgl. auch H/H/R-Intemann, § 15, Rn. 1565. 464 Im Ergebnis so auch Schmitz, DB 2009, 1620, 1622 f.; Häuselmann, Ubg 2008, 391, 400 und Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 160, die gleichfalls davon ausgehen, dass es für eine Gesamtbetrachtung im Rahmen des § 8b KStG an einer Rechtsgrundlage fehlt. 465 Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 160.

265

7. Teil: Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG Fraglich ist ferner, ob die gefundenen Ergebnisse im Einklang mit den Vorgaben des Grundgesetzes stehen. Zwar sind bereits im Rahmen der Auslegung von § 5 Abs. 1a und 4a S. 2 EStG einzelne Teilaspekte unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten beleuchtet worden, so z.B. die Frage der Maßgeblichkeit von IAS1 oder die Erfassung handelsrechtswidrig gebildeter Bewertungseinheiten.2 Nachfolgend geht es jedoch primär um die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass § 5 Abs. 1a EStG – trotz der bereits vorgenommenen restriktiven Auslegung – zu einem faktischen Wahlrecht und damit zu erheblichen Gestaltungsmöglichkeiten des Steuerpflichtigen führt. Da es sich bei der Zulässigkeit von Gestaltungsmöglichkeiten um eine Grundsatzfrage mit normübergreifender Bedeutung handelt, erscheint es sinnvoll, diese in einem geschlossenen Abschnitt zu behandeln. Entsprechendes gilt für die im Anschluss untersuchte Verfassungskonformität von § 5 Abs. 4a S. 2 EStG.

I.

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

In der Literatur stößt primär die Regelung des § 5 Abs. 1a EStG auf verfassungsrechtliche Bedenken. Teilweise wird angenommen, dass die Übernahme des faktischen Wahlrechts in die steuerliche Gewinnermittlung gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip verstoße.3 Auch das steuerliche Legalitätsprinzip sei insofern nicht länger gewährleistet.4 Ferner sei es mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur schwerlich vereinbar, dass – im Falle des § 340h HGB – branchenspezifische Regeln eine steuerliche Wirkung entfalteten.5

1.

Leistungsfähigkeitsprinzip

Zunächst stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Die Bedeutung des Leistungsfähigkeitsprinzips6 erschließt sich nur im Zusammenhang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser ist u.a. dann verletzt, wenn der Staat eine Gruppe von Normadres1 2 3

4 5 6

Vgl. 6. Teil III. 3. b), S. 199 ff. Vgl. 6. Teil IV. 1. b) bb), S. 211 ff. Herzig/Breckheimer, DB 2006, 1451, 1454; Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655. Zur bisherigen Rechtslage vgl. auch Breker, S. 216; Herzig/Mauritz, zfbf 50 (1998), 99, 115. Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655. Zur bisherigen Rechtslage vgl. auch Schick, S. 49 f. Patek, FR 2006, 714, 719 f. Vgl. dazu bereits 6. Teil IV. 1. b) bb) (1) (b), S. 214 ff.

267

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

saten im Vergleich zu anderen Normadressaten trotz übereinstimmender Merkmale anders behandelt und für diese Ungleichbehandlung keine Rechtfertigung besteht.7 Hierbei ergeben sich nach der Rechtsprechung des BVerfG aus Art. 3 Abs. 1 GG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen.8 Wesentlich kommt es dabei auf die Eigenart des jeweiligen Sachbereichs und darauf an, in welchem Maße sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheitsrechte nachteilig auswirken kann.9 Derjenige, der eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in Bezug auf Besteuerungsfragen prüft, steht vor dem Problem, dass es dem Grundrecht des 7

8

9

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG soll darüber hinaus auch dann vorliegen, wenn unterschiedliche Sachverhalte ohne Rechtfertigung gleich behandelt werden, vgl. SachsOsterloh, Art. 3, Rn. 83. BVerfGE 88, 87, 96; 95, 267, 316 f.; 103, 172, 193; 105, 73, 110; 110, 141, 167; 110, 274, 291; 112, 268, 279. Ursprünglich sah das BVerfG Art. 3 Abs. 1 GG als bloßes „Willkürverbot“. Danach sei der Gleichheitssatz erst dann verletzt, „wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt“ (vgl. BVerfGE 1, 14, 52; 49, 260, 271; 61, 138, 147). Aufgrund zahlreicher Kritik an der leerformelhaften Ungenauigkeit dieser Abgrenzung ist das BVerfG – vor allem der erste Senat – seit 1980 zu der o.g. „neuen Formel“ übergegangen, nach der der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist, „wenn der Staat eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“ (BVerfGE 55, 72, 88; 81, 228, 236; 82, 60, 86; 89, 15, 23). Auch die neue Formel sollte jedoch nicht unbedingt gelten, sondern ihre Anwendbarkeit ursprünglich davon abhängen, ob die Ungleichbehandlung an personenbezogene oder an sachbezogene Merkmale anknüpft. Für den letzteren Fall bliebe das Willkürverbot als Prüfungsmaßstab erhalten (BVerfGE 91, 389, 401 f). Der zweite Senat hat sich der deutlichen Trennung der Anwendungsbereiche nie angeschlossen, sondern stellte auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs ab, nach der zu beurteilen sei, ob die Regelung sachlich vertretbar oder sachfremd sei (BVerfGE 17, 122, 130; 75, 108, 157; 90, 145, 195 f.; 110, 412, 432). In jüngerer Zeit hat sich die Rechtsprechung der beiden Senate in einem erheblichen Maße angeglichen. Wahrend der zweite Senat – einzelfallabhängig – nunmehr auch die Formulierung der „neuen Formel“ rezipiert (BVerfG vom 13.02.2008 – 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604 ff.) ist der erste Senat dem zweiten in die fließende Einzelfallabwägung gefolgt, indem er die strikte Trennung zwischen den Fallgruppen zunehmend relativiert und – dem zweiten Senat folgend – die Verbindung des Gleichheitssatzes mit den Freiheitsgrundrechten in den Vordergrund rückt (BVerfGE 103, 172, 193; 106, 166, 176; 110, 141, 167; 111, 160, 169). Ausführliche Darstellung der Entwicklung bei Sachs-Osterloh, Art. 3, Rn. 8 ff. Vgl. auch H/H/S-Birk, § 4, Rn. 442; Hesse, in: FS Lerche, S. 121 ff.; Dreier-Heun, Art. 3, Rn. 19 ff. BVerfGE 95, 267, 316 f.; 105, 73, 110; 110, 141, 167 f.; 110, 412, 432 (st. Rspr. des zweiten Senats m.w.N.).

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Art. 3 Abs. 1 GG an einem konkreten Vergleichsmaßstab mangelt.10 Die Wahl des zutreffenden Vergleichsmaßstabes ist aber elementar für die Prüfung des Gleichheitssatzes – er muss daher richtig, d.h. eine von der Rechtsgemeinschaft anerkannte Gerechtigkeitswertung sein.11 Für Art. 3 Abs. 1 GG relevante Wertungen finden sich in den übrigen Verfassungsprinzipien sowie – bereichsspezifisch für das Steuerrecht – im Leistungsfähigkeitsprinzip als Fundamentalprinzip gerechter Besteuerung.12 Abgesehen von der Erwähnung einiger Steuerarten – darunter auch der Einkommensteuer – in der Finanzverfassungsnorm des Art. 106 GG fehlt es dem Grundgesetz allerdings an Anhaltspunkten für die Frage, welche Steuern aufgrund welcher Bemessungsgrundlage in welcher Höhe erhoben werden dürfen. Auch das Leistungsfähigkeitsprinzip ist zu unbestimmt für eine derartige Abgrenzung.13 Angesichts des Mangels an verfassungsrechtlichen Leitvorgaben kann es damit nur dem einfachen Gesetzgeber überlassen sein, das Besteuerungssystem konkret auszugestalten. Eine derartige Ausgestaltung steht zwar zunächst unter der Prämisse einer weitreichenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.14 Der Steuergesetzgeber ist jedoch bei der grundlegenden Ausgestaltung des Besteuerungssystems zumindest insofern gebunden, als die gefundene Lösung grundsätzlich geeignet sein muss, für eine gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu sorgen.15 Dieser Vorgang erfolgt auf mehreren Stufen: Zunächst ist der An-

10 Kirchhof, StuW 1984, 297, 303. 11 Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 76. 12 Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 77. Ähnlich auch das BVerfG in BVerfGE 8, 51, 68; 43, 108, 120, welches die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als grundsätzliches Gebot der Steuergerechtigkeit betrachtet; H/H/S-Birk, § 4, Rn. 452; Tipke, StRO I, S. 479 ff. Zum Leistungsfähigkeitsprinzip als Fundamentalprinzip bzw. Rechtserkenntnisquelle vgl. auch Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kirchhof, § 2, Rn. A 282; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 7 f., 11. A.A. Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, § 2 III, S. 51 f. 13 Birk, S. 54 ff.; Herzig, IAS/IFRS, S. 19. 14 BVerfGE 13, 181; 202 f.; 74, 182, 200; Dreier-Heun, Art. 3, Rn. 75. 15 Tipke, StRO I, S. 501. Diese Sicht der Dinge unterscheidet sich elementar von der teilweise getroffenen Aussage, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip selbst durch die Auswahl und Gestaltung der Steuerbemessungsgrundlage konkretisiert werde, so Tipke/LangLang, § 4, Rn. 92. Als aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteter Verfassungsgrundsatz kann das Leistungsfähigkeitsprinzip keiner gänzlichen Konkretisierung durch einfachgesetzliche Entscheidungen zugänglich sein (in diesem Sinne auch Wernsmann, S. 317 ff.). Seine Geltung würde sonst der Disposition des einfachen Steuergesetzgebers unterliegen. Zwar kann der einfache Gesetzgeber durch die Gestaltung des Steuersystems bestimmen, welche Regelungen überhaupt anhand des Leistungsfähigkeitsprinzips zu messen sind. Die leistungsfähigkeitsgerechte Ausgestaltung wird jedoch gleichfalls stets voraussetzen, dass auch die jeweilige gesetzgeberische Grundentscheidung den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung trägt.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

knüpfungspunkt der Besteuerung festzulegen (Ist- oder SollLeistungsfähigkeit). Dann hat der Gesetzgeber darüber zu entscheiden, welche Indikatoren er für die Anknüpfung auswählt (z.B. das Einkommen), um anschließend das normative Regelungswerk zu erschaffen und dort die Bemessungsgrundlage und den Steuersatz zu normieren.16 Auf allen Stufen muss eine Vereinbarkeit mit der Wertung der Verfassung und dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gegeben sein. Darüber hinaus bauen aber auch alle Konkretisierungsstufen aufeinander auf und machen sich die verfassungsrechtliche Legitimation durch bestimmte Grundgedanken der vorherigen Stufe somit jeweils zu eigen.17 Hierdurch ergibt sich eine Wertungskette, die in ihrer Gesamtheit zu einer dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechenden Besteuerung führt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Folgerichtigkeitsrechtsprechung des BVerfG, nach welcher der Gesetzgeber „zwar bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum“ hat, dann aber „die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne dieser Belastungsgleichheit umzusetzen“ hat.18 Nicht nur das abstrakte Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern auch das vom Gesetzgeber auf dieser Grundlage gestaltete Besteuerungssystem werden so Ausgangspunkt für die Gleichheitsbetrachtung.19 Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen – als indizierte Verletzungen von Art. 3 Abs. 1 GG20 – eines besonderen sachlichen Grundes.21 Die Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG erfolgt mithin in zwei Richtungen:22 Besteht eine konkrete Vergleichsgruppe innerhalb derselben Konkretisierungsstufe, so bedarf es zunächst einer Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG zwischen den

16

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20 21 22

Schlotter, S. 141 ff. will dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips dabei unter Rückgriff auf externe (ökonomisch) Kriterien Grenzen setzen. Vgl. H/H/S-Birk, § 4, Rn 457 ff., der zwar einleitend gleichfalls von einer „näheren Ausgestaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips durch den Gesetzgeber“ spricht, innerhalb der dritten Konkretisierungsstufe aber die „zutreffende Erfassung individueller Leistungsfähigkeit durch das normative Regelwerk“ fordert. Birk, S. 54 ff.; Isensee/Kirchhof-Kirchhof, V, § 118, Rn. 178. BVerfGE 84, 239, 271; 93, 121, 136; 99, 280, 290; 101, 132, 138; 105, 73, 125 ff.; 107, 27, 46 f.; 110, 412, 433; 116, 164, 180 f. Vgl. zur Folgerichtigkeit auch H/H/S-Birk, § 4, Rn. 456; Dreier-Heun, Art. 3, Rn. 76; Isensee/Kirchhof-Kirchhof, V, § 118, Rn. 178; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 77; Schön, StuW 1995, 366, 371 f.; Tipke, StRO I, S. 327 ff. Ähnlich auch Reiner, S. 310, der jedoch nicht deutlich macht, dass auch das allgemeine Leistungsfähigkeitsprinzip weiterhin Gültigkeit behält. So können auch folgerichtige Gesetzesausgestaltungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, nämlich dann, wenn sie dem allgemeinen Leistungsfähigkeitsgedanken widersprechen. Vgl. BVerfGE 67, 70, 84; vgl. auch Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, § 2 III 2 b), S. 49. BVerfGE 99, 88, 95; 105, 73, 126; 107, 27, 47; 116, 164, 180 f.; 117, 1, 30 f. Zu den steuerlichen Bezugspunkten des Gleichheitssatzes vgl. Schulze-Osterloh, DStJG 23 (2000), S. 67, 68.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Vergleichsgruppen. Diese Prüfung bezieht sich bei der Ertragsbesteuerung auf einzelne Regelungen für Steuerpflichtige mit gleichartigen Einkünften, hier also Gewinneinkünften. Gleichfalls gilt es aber auch, die Belastungsgleichheit bezogen auf Steuerpflichtige mit Einkünften anderer Art zu überprüfen. Schwierigkeiten bereitet dies insofern, als es angesichts der Grundentscheidung zur Schaffung eines pluralistischen Einkünftesystems an einer unmittelbaren Vergleichbarkeit mangelt. Voraussetzung für eine Grundgesetzkonformität ist allerdings nach dem oben Gesagten, dass die gleichheitsgerechten Grundwertungen bei der Ausgestaltung des Besteuerungssystems im Einzelnen folgerichtig fortgeführt wurden. Nur wenn die aus der vorherigen Konkretisierungsstufe folgenden Vorgaben vom Gesetzgeber beachtet wurden, entsteht in der Gesamtheit ein Ergebnis, dass zu einer dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechenden Besteuerung und damit auch zu einer Wahrung von Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf andere Einkunftsarten führt. a)

Ungleichbehandlung im Vergleich zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG

Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes könnte sich zunächst hinsichtlich der mit § 5 Abs. 1a EStG verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten23 ergeben. Solche entstehen ausschließlich im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs, womit die Gleichmäßigkeit der Besteuerung – im Vergleich zu allen anderen Steuerpflichtigen – anhand des Folgerichtigkeitsgebots geprüft werden könnte. Allerdings existiert für die Frage der Zulässigkeit von Gestaltungsmöglichkeiten in Person derjenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, auch eine konkrete Vergleichsgruppe auf derselben Konkretisierungsstufe. Dies ermöglicht eine unmittelbare Gleichheitsprüfung, so dass ein Rückgriff auf den Folgerichtigkeitsgedanken nicht erforderlich ist. aa)

Vergleichbarkeit / Prüfungsmaßstab

Sowohl die Adressaten des Betriebsvermögensvergleichs nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG als auch die der Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG beziehen Einkünfte in Form von „Gewinn“24 und verwirklichen damit ein übereinstimmendes Merkmal, das zur grundsätzlichen Vergleichbarkeit der Gruppen von Normadressaten führt. Prüfungssystematisch stellt sich die vorliegende Gleichheitsfrage innerhalb der konkreten Ausgestaltung der Gewinnermittlungsarten für die Einkünfte i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Der Gesetzgeber hat für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit den Gewinn als Maßstab der Leistungsfähigkeit nor23 Vgl. dazu auch bereits 4. Teil VI. 4., S. 136 und 6. Teil IV. 2., S. 222. 24 Tipke, StRO I, S. 481, 511 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gewinn den zutreffenden Indikator der steuerlichen Leistungsfähigkeit von Unternehmen darstellt.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

miert.25 Dieser kann nach den Vorgaben des EStG jedoch sowohl in Gestalt des Betriebsvermögenszuwachses nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG als auch in Form des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben bemessen werden.26 Das Einkommensteuerrecht regelt damit auf derselben Konkretisierungsstufe zwei parallele Gewinnermittlungsmethoden, was – bezüglich deren grundlegenden Ausgestaltung – zur unmittelbaren Überprüfbarkeit am Maßstab des Art. 3 GG führt. bb)

Ungleichbehandlung

Die beiden Gruppen müssten vom Gesetzgeber ungleich behandelt werden. Anknüpfungspunkt der Ungleichbehandlung kann vorliegend nicht sein, dass überhaupt verschiedene Methoden der Gewinnermittlung existieren, die an unterschiedliche Zeitpunkte für die Berücksichtigung von Aufwendungen und Erträgen anknüpfen.27 Die pluralistische Ausgestaltung des Gewinnermittlungssystems unterliegt vielmehr grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers,28 sofern sie dem Leistungsfähigkeitsprinzip Rechnung trägt und Unterschiede der Ermittlungsmethoden gerechtfertigt sind. Bezogen auf § 4 Abs. 3 EStG werden die grundlegenden systematischen Abweichungen vom Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG mit der Verschiedenheit der Lebensverhältnisse der betroffenen Steuerpflichtigen bzw. der Vereinfachungsfunktion der Einnahmenüberschussrechnung gerechtfertig.29 Diese Feststellung soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht grundlegend hinterfragt werden. Legt man sie zugrunde, ist ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zumindest insoweit zu verneinen.30

25 Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 309. 26 Regelmethode der Gewinnermittlung ist dabei der bilanzielle Betriebsvermögensvergleich, da Steuerpflichtige nur unter bestimmten Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 EStG den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben „als Gewinn“ ansetzen dürfen, vgl. Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 309. Darüber hinaus sind im EStG ferner die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bei Land- und Forstwirten gem. § 13 a EStG und die Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG vorgesehen. 27 Während im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG eine imparitätische Berücksichtigung von Vermögensänderungen erfolgt, knüpft die Istbzw. Geldrechnung des § 4 Abs. 3 EStG, regelmäßig nur an den Zahlungszeitpunkt, d.h. die Veränderung des monetären Bestandes an. 28 Herzig, IAS/IFRS, S. 21. 29 Vgl. BFH vom 03.08.1967 – IV 47/65, BStBl. III 1967, 601, 603 f.; Drüen, S. 107, 138 ff. 30 Die Verfassungsmäßigkeit der grundlegenden Unterschiede der Gewinnermittlungsarten anerkennend auch BFH vom 13.05.1959 – IV 171/58 U, BStBl. III 1959, 270, 271; vom 25.04.1990 – I R 78/85, BFH/NV 1990, 630, 631; vom 14.02.2007 – XI R 16/05, BFH/NV 2007, 1293, 1295. Vgl. auch Drüen, S. 107 f., Herzig, IAS/IFRS, S. 21; Schlotter, S. 228; Schön, StuW 1995, 366, 370 f. und wohl auch R. Hüttemann, StbJb 2002/03, S. 37, 43.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

(1)

Vorteil der Gestaltungsmöglichkeit

Eine relevante Ungleichbehandlung könnte sich allerdings dann ergeben, wenn einer Gruppe von Steuerpflichtigen besondere – d.h. nicht auf der verschiedenartigen Erfassung von Erfolgsbeiträgen beruhende – Gestaltungsmöglichkeiten zugestanden werden, die sich für diese Gruppe vorteilhaft31 oder nachteilig auswirken. Vorliegend könnte sich eine derartige Ungleichbehandlung aus § 5 Abs. 1a EStG ergeben, durch den bilanzierenden Steuerpflichtigen ein faktisches Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten eingeräumt wird. Zwar handelt es sich bei dem „faktischen Wahlrecht“ um einen Fall der Sachverhaltsgestaltung,32 und das Recht des Steuerpflichtigen, den Sachverhalt bis an die Grenze der Steuerumgehung möglichst steuergünstig zu gestalten, ist grundsätzlich unbestritten.33 Problematisch ist jedoch, dass im Hinblick auf § 5 Abs. 1a EStG nur die bilanzierenden Steuerpflichtigen die Möglichkeit haben, von dem für sie vorgesehenen gesetzlichen Regelfall – hier der imparitätischen Verlustberücksichtigung – abzuweichen und sich damit letztlich zwischen zwei Bilanzierungssystemen zu entscheiden. Hiergegen ließe sich zunächst einwenden, dass das faktische Wahlrecht den Bilanzierenden weder begünstige noch benachteilige. Vereitelt er die Bildung von Bewertungseinheiten, indem er deren Kriterien nicht erfüllt, so bleibt es bei dem für den Betriebsvermögensvergleichs nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG grundsätzlich vorgesehenen Regelfall der imparitätischen Einzelbewertung. Entscheidet er sich hingegen für die Gesamtbewertung, so folgt für ihn daraus im Jahr der Bildung der Bewertungseinheit zunächst nur eine erhöhte Besteuerung. Eine solche dürfte aber vordergründig bereits aufgrund der anfallenden Zinsnachteile kaum vorteilhaft sein. Die Option zur Höherbesteuerung wirkt indes auch nicht belastend, da der Bilanzierende sie durch Nichterfüllung der Kriterien für eine zulässige Bewertungseinheit abzuwenden vermag. Wählt er die Gesamtbewertung dennoch, so beruht die Schlechterstellung auf seiner eigenständigen Entscheidung; ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ist auf den ersten Blick nicht anzunehmen. Eine derartige Betrachtung greift aber womöglich insoweit zu kurz, als sie nicht die bestehenden Verlustabzugsbeschränkungen und Progressionsunterschiede berücksichtigt. Die Bildung von Bewertungseinheiten bewirkt mittelbar eine Gewinnverlagerung. Zwar nimmt sie keinen Einfluss auf das Realisationsprinzip und führt damit nicht zu einer vorzeitigen Gewinnrealisierung.34 31 Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 GG gilt insofern auch für ungleiche Begünstigungen, vgl. BVerfGE 79, 1, 17; 112, 164, 174; 116, 164, 180. 32 Vgl. dazu 6. Teil IV. 2. b) aa), S. 227 f. 33 Vgl. BFH vom 20.10.1965 – II 119/62 U, BStBl. III 1965, 697, 697; Belser, S. 2; Kropff, in: Der Jahresabschluss im Widerstreit der Interessen, S. 179, 188; Tipke, StRO I, S. 516. 34 Vgl. dazu 4. Teil V. 1., S. 83 ff. Anders ist dies bei § 340h Abs. 2 S. 2 HGB, nach dem auch noch nicht realisierte Gewinne erfolgswirksam zu berücksichtigen sind.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

Indem die Verlustberücksichtigung durch den Verzicht auf eine imparitätische Bewertung aber auf einen späteren Veranlagungszeitraum transferiert wird, kommt es gleichzeitig zur Vorverlagerung der dort an sich anfallenden Gewinne. (a)

Progressionsvorteile

Für den Bilanzierenden ist dieser Effekt zunächst dann vorteilhaft, wenn er auf diese Weise Gewinne in eine niedrigere Progressionsstufe verschieben kann. Beispiel 22: Der bilanzierende Maschinenfabrikant U hat US $-Reserven im Wert von 20.000 €. Im VZ 01 erzielt er einen voraussichtlichen Gewinn von ca. 20.000 €. Darin berücksichtigt sind durch einen gestiegenen Dollarkurs verursachte gewinnmindernde Zuschreibungen bei US $Verbindlichkeiten – fällig im VZ 02 – i.H.v. 15.000 €. Aufgrund aufzulösender Rückstellungen und der Auslieferung bestellter Maschinen erwartet U für 02 einen Gewinnanstieg auf 200.000 €. Bilanziert er nach dem Grundsatz der Einzelbewertung, ist im VZ 02 ein Teil des Gewinns von 200.000 € zum Höchststeuersatz zu versteuern.35 Bildet U hingegen eine Bewertungseinheit zwischen Devisenbeständen und Fremdwährungsverbindlichkeiten, erhöht sich der Gewinn in 01 zwar auf 35.000 €. In 02 reduziert sich der Gewinn aber auf 185.000 €, womit 15.000 € weniger dem Höchststeuersatz unterfallen. Insgesamt führt dies zu einer steuerlichen Entlastung. Im Falle umgedrehter Gewinnerwartungen gilt Entsprechendes bei imparitätischer Einzelbewertung. Aus der zunächst reinen Periodenverschiebung wird auf diesem Wege eine definitive Steuerentlastung des Bilanzierenden. Entsprechendes gilt auch im Rahmen von § 15 Abs. 4 S. 3 EStG. Verluste aus Termingeschäften mit Differenzausgleich unterliegen hiernach grundsätzlich einem Abzugsverbot und dürfen nur mit gleichartigen Gewinnen verrechnet werden. Ausnahmen ergeben sich über § 15 Abs. 4 S. 4 EStG jedoch sektoralfunktional für Geschäfte im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs von Kreditinstituten und rein funktional für Absicherungsgeschäfte bei allen Gewerbetreibenden.36 Bildet der Unternehmer eine Bewertungseinheit, kann er die Verluste unmittelbar geltend machen. Unterlässt er dies, so kann er sie konservieren und – bei hohen Gewinnerwartungen aus entsprechenden Termingeschäften – in den Folgejahren zur Progressionsminderung einsetzen. Der Vorteil stellt sich freilich nur dann ein, wenn im Jahr der Bildung von Bewertungseinheiten trotz der Gewinnverlagerung die Progressionsobergrenze 35 Abzugsposten bei der Einkommensermittlung wurden aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt. 36 Vgl. hierzu Kirchhof-Reiß, § 15, Rn. 610.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

nicht erreicht wird. Da sich aber nur Unternehmen einer bestimmten Größenordnung – zudem zumeist progressionsfrei besteuerte Kapitalgesellschaften37 – überhaupt solcher Sicherungsinstrumente bedienen, werden diese Voraussetzungen nur selten erfüllt sein. Hinzu kommt, dass entsprechende Vorteile vollumfänglich nur solchen Steuerpflichtigen zugute kommen, die im fraglichen Veranlagungszeitraum keine anderweitigen positiven Einkünfte beziehen. (b)

Vorteile bei der Berücksichtigung von Verlusten

Praktisch weitaus relevanter wird der Verlagerungseffekt, wenn es darum geht, die in § 10 d EStG38 vorgesehenen Verlustabzugslimite optimal auszuschöpfen. Verlagert der Bilanzierende Gewinne mit Hilfe von Bewertungseinheiten bzw. durch deren Unterlassen in Verlustperioden, so lässt sich auf diesem Wege – bei hohen Verlusten – die Verlustvortragsbeschränkung des § 10 d Abs. 2 EStG umgehen. Die Folge ist eine sofortige Steuerwirksamkeit der Verluste, aus der Zins- oder Liquiditätsvorteile wie auch Progressionsbegünstigungen resultieren können. Das faktische Wahlrecht und die daraus resultierende Möglichkeit, Gewinne zwischen den Perioden zu verschieben, bewirkt mithin eine Begünstigung derjenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG ermitteln.39 (2)

Nachteil des Entscheidungszwangs bzw. differierende Ergebnisse

Eine Ungleichbehandlung könnte gleichfalls darin bestehen, dass bilanzierende Steuerpflichtige durch die faktische Wahlmöglichkeit nach § 5 Abs. 1a EStG benachteiligt werden. Im Falle steuerlicher Wahlrechte bejaht Belser eine derartige Ungleichbehandlung vor dem Hintergrund der fehlenden Berechenbarkeit.40 Für den Steuerpflichtigen seien die finanziellen Auswirkungen seiner Wahl nur in der aktuellen Steuerperiode konkret messbar. Die zeitliche Verlagerung des Steuerzahlungszeitpunkts über mehrere Perioden hinweg sei hingegen in seiner finanziellen Vorteilhaftigkeit oft nicht verlässlich zu prognostizieren; insbesondere die zukünftige Gewinnentwicklung könne nicht 37 Solche unterliegen gem. § 23 Abs. 1 KStG einem einheitlichen Steuersatz von 15 %. Progressionsvorteile können sich damit allenfalls bei der hälftigen Besteuerung der Dividenden auf Gesellschafterebene ergeben (§§ 20 Abs. 1 S. 1, 3 Nr. 40 a) S. 1 EStG). Aufgrund weiterer Einkünfte der Gesellschafter werden sich die Gewinnverschiebungseffekte jedoch häufig bei der Einkommensermittlung neutralisieren, so dass eine kalkulierbare Steuergestaltung gerade bei großen Kapitalgesellschaften mit einer Vielzahl von Anteilseignern kaum denkbar ist. 38 Die Vorschrift gilt über § 8 Abs. 1 KStG auch für Zwecke der Körperschaftsteuer. § 8 c KStG beschränkt darüber hinaus die Verlustverrechnungsmöglichkeiten bei Anteilsverkäufen (Mantelkaufregelung). 39 Zu den Möglichkeiten der Steuergestaltung mit Hilfe von Bewertungseinheiten vgl. auch Herzig/Mauritz, zfbf 50 (1998), 99, 115 f. Zu weiteren (auch nichtsteuerlichen) Auswirkungen einer Einflussnahme des Steuerpflichtigen vgl. Belser, S. 36 ff. und Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 7. 40 Belser, S. 87 ff. Ähnliche Überlegungen bereits bei Kummer, S. 45 ff.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

exakt vorausgesagt werden, so dass die Folgen der Wahlrechtsausübung nicht entsprechend berechnet werden könnten.41 Die Auswahl der mit der geringeren Steuerlast verbundenen Alternative stelle daher allenfalls eine „Chance“ dar – deren tatsächliche Auswahl sei jedoch keinesfalls gewährleistet.42 Dennoch müsse der Steuerpflichtige eine Entscheidung treffen.43 Bereits aus diesem staatlich veranlassten Entscheidungszwang resultiere eine relevante Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG. Trifft der Gesetzgeber keine eigene konkrete Besteuerungsentscheidung sondern überlässt er diese dem Steuerpflichtigen, so belastet er ihn gleichzeitig mit dem Risiko, die wirtschaftlich ungünstigere Option zu wählen.44 An einer entsprechenden Belastung mangelt es hingegen solchen Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln; ihnen fehlt bereits systembedingt die faktische Wahlmöglichkeit, da es hier ausschließlich auf den tatsächlichen Zahlungsfluss ankommt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG könnte die erneute Folge sein. Bezogen auf den vorliegenden Fall vermag ein derartiges Urteil jedoch nicht zu überzeugen. Ursächlich hierfür ist bereits der systematische Unterschied zwischen den „echten“ Wahlrechten und der nur „faktischen“ Wahlrechtsgewährung durch § 5 Abs. 1a EStG. Anknüpfungspunkt bei echten Wahlrechten ist ein – ebenfalls unter Einflussnahme des Steuerpflichtigen – verwirklichter Sachverhalt, den es nunmehr rechtlich zu beurteilen gilt. Maßstab der Beurteilung ist die Wertung des Gesetzes als Votum der legitimierten Verfassungsorgane.45 Gewährt das Gesetz dem Steuerpflichtigen aber ein Wahlrecht, so verzichtet es bewusst auf seine Rechtsfolgenanordnung. Vielmehr stellt es die Entscheidung gezielt in das Ermessen des Steuerpflichtigen, womit dieser Adressat eines staatlich verordneten Entscheidungszwangs auf der Rechtsfolgenseite wird; eine belastende Wirkung ist die Konsequenz. Gerade an einer derartigen Verlagerung der belastenden Rechtsfolgenentscheidung mangelt es aber bei nur „faktischen“ Wahlrechten. Faktische Wahlrechte wirken nur auf der Ebene der Sachverhaltsgestaltung. Ist der zu beurteilende Sachverhalt aber erst einmal abgeschlossen, so sieht das Gesetz hier – anders als bei echten Wahlrechten – durchaus eine eindeutige Rechtsfolge vor. Auch kann dem Gesetz in diesem Zusammenhang keine belastende Eröffnung von Gestaltungsmöglichkeiten vorgeworfen werden. Solche Einflussmöglichkeiten des Steuerpflichtigen bei der Sachverhaltsgestaltung sind keine staatlich verordnete Belastung, sondern Folge der steuergesetzlichen Anknüpfung an ver41 42 43 44 45

Belser, S. 41. Belser, S. 50 f., 87. Belser, 87. Belser, S. 50. Ähnlich auch Tipke, StRO I, S. 516. Dies ist unmittelbare Folge des Grundsatzes der „Gesetzmäßigkeit der Besteuerung“, vgl. bereits 6. Teil III. 3. b) bb), S. 200 ff.; 6. Teil IV. 1. b) bb) (1) (a), S. 212 ff. und nachfolgend 7. Teil I. 2., S. 298 ff.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

wirklichte Lebenssachverhalte. Ist ein bestimmter Sachverhalt verwirklicht, so hat der Steuerpflichtige diesen realitätsgerecht in seiner Rechnungslegung abzubilden. Selbst wenn § 5 Abs. 1a EStG auf dieser Ebene gewisse Manipulationsspielräume eröffnen mag (z.B. weil eine Dokumentation unterlassen oder wahrheitswidrig die bestehende Durchhalteabsicht geleugnet werden könnte) und damit die Gefahr einer wirtschaftlichen Fehlentscheidung schafft, so handelt es sich auch hier nicht um staatlich verordnete Belastungen. Die mit dem Manipulationsspielraum verbundenen Unwägbarkeiten beruhen vielmehr auf einem gesetzeswidrigen Verhalten des Steuerpflichtigen und bewusst herbeigeführter Inadäquanz zwischen Rechtsform und wirtschaftlichem Ziel. Auf der Grundlage des aktuellen Handelsrechts46 ist § 5 Abs. 1a EStG mithin nicht geeignet ist, eine belastende Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG zu begründen. (3)

Zwischenergebnis

Eine relevante Ungleichbehandlung resultiert vorliegend aus der begünstigenden Eröffnung von Gestaltungsmöglichkeiten für bilanzierende Steuerpflichtige. Ähnlich wie die bislang einschlägige allgemeine Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG47 knüpft auch § 5 Abs. 1a EStG die Zulässigkeit steuerlicher Bewertungseinheiten an die Voraussetzung des Erfüllens bestimmter Kriterien. Dem Bilanzierenden wird damit – im Vergleich zu Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln – indirekt der Vorteil gewährt, Gewinne zwischen verschiedenen Perioden verschieben zu können; mögliche Progressions- und Zins- bzw. Liquiditätsvorteile sind die Folge. Eine Ungleichbehandlung infolge einer belastenden Wirkung der Entscheidungsspielräume scheidet hingegen aus. cc) Rechtfertigung Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG würde jedoch entfallen, wenn die relevante Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre. (1)

Prüfungsmaßstab

Wie bereits festgestellt, ergeben sich nach der Rechtsprechung des BVerfG aus Art. 3 Abs. 1 GG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Rechtfertigungsanforderungen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse rei-

46 Zu einer abweichenden Beurteilung aufgrund der Änderungen durch das BilMoG vgl. 8. Teil IV. 3. c) bb) (1) (a), S. 376 ff. 47 Dies gilt freilich nur insofern, als man nicht – basierend auf der Rechtsprechung des BFH zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen – ein steuerliches Verbot der Bildung von Bewertungseinheiten annimmt.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

chen.48 Zwar bleibt die Frage der generellen Prüfungsintensität bei steuerlichen Normen damit höchstrichterlich weiterhin ungeklärt. Zumindest in der vorliegenden Konstellation dürften jedoch eher niedrigere Anforderungen an eine Rechtfertigung der gleichheitsrelevanten Besonderheiten des § 5 Abs. 1a EStG zu stellen sein. Ursächlich dafür ist vor allem die fehlende Kalkulierbarkeit der aus § 5 Abs. 1a EStG resultierenden Ermessensspielräume.49 Aus den obigen Überlegungen ist zu entnehmen, dass die beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten sich überhaupt nur dann vorteilhaft für den bilanzierenden Steuerpflichtigen auswirken können, wenn im laufenden Wirtschaftsjahr besondere wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorliegen.50 Fehlt es hingegen am erforderlichen Verlustpotenzial bzw. (bei Nicht-Kapitalgesellschaften) an einer Unterschreitung der Progressionsobergrenze, so wird sich aus der Möglichkeit zur Vorverlagerung von Gewinnen kaum ein Vorteil ziehen lassen. Mehrere Aspekte sprechen damit gegen die Praxisrelevanz der hier fraglichen Gestaltungsmöglichkeiten: Zunächst wird es nur in einer Minderheit der Fälle dazu kommen, dass die beschriebenen Bedingungen – bei gleichzeitigem Vorliegen von Kompensationsgeschäften51 – überhaupt innerhalb eines Wirtschaftsjahres eintreten. Sodann lässt sich das endgültige Unterschreiten der Höchstprogression bzw. Überschreitung der Verlustabzugsgrenzen für den betroffenen Kaufmann im Zeitpunkt der potenziellen Bildung von Bewertungseinheiten nur schwerlich voraussehen; der weitere Verlauf des Geschäftsjahres ist mit zahlreichen Unwägbarkeiten behaftet und daher nur unzureichend prognostizierbar. Letztendlich wird eine effiziente Steuergestaltung dann nahezu unmöglich, wenn an einer Gesellschaft zahlreiche Steuerpflichtige beteiligt sind und es für die Vorteilhaftigkeit der Bewertungseinheit damit maßgeblich auf eine Vielzahl divergierender Individualverhältnisse ankommt. (2)

Vereinfachungsfunktion als Rechtfertigungsgrund

Aufgrund der geringen Relevanz der Ungleichbehandlung wird man hier nur geringe Anforderungen an eine Rechtfertigung stellen können.52 Ausreichend ist damit bereits ein sachlicher Grund, der vorliegend vor allem in der Verein48 BVerfGE 89, 15, 22; 95, 267, 316 f.; 103, 172, 193; 105, 73, 110; 110, 141, 167; 110, 274, 291; 116, 164, 180; zuletzt BVerfG vom 13.02.2008 – 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, 604. Vgl. auch bereits 7. Teil I. 1., S. 267. 49 Abweichend verhält sich dies auf der Grundlage von der Neuregelung nach § 254 HGB n.F., vgl. 8. Teil IV. 3. c) bb) (2) (a), S. 377. 50 Vgl. hierzu 7. Teil I. 1. a) bb) (1), S. 273 ff. 51 Maßgeblich sind hierbei nur solche Sicherungsgeschäfte, die auch die beschriebenen strengen Kriterien für die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten erfüllen. 52 Zur Abhängigkeit der Rechtfertigungsanforderungen von der Intensität der Ungleichbehandlung vgl. Kischel, AöR 124 (1999), 189 und 198 f.; Maunz/Dürig/Herzog-Herzog, Anh. Art. 3, Rn. 10.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

fachungsintention der Regelung zu sehen ist.53 Nach der Regierungsbegründung wirke § 5 Abs. 1a EStG „einer weiteren Differenzierung von Handelsund Steuerrecht entgegen“; auf diesem Wege erspare die Norm „den Unternehmen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, den die steuerliche Einzelbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäft nach sich ziehen würde.“54 Gerade zu derartigem Verwaltungsaufwand würde es nämlich kommen, wenn man die bestehenden Gestaltungsspielräume schließen und entsprechend der Rechtsprechung des BFH zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen ein Verbot zur Gesamtbewertung annehmen würde. Entgegen dem Gedanken der Einheitsbilanz müssten die handelsbilanziell zwangsweise gebildeten Bewertungseinheiten dann für steuerliche Zwecke wieder aufgelöst und entsprechende Wertabschreibungen vorgenommen werden.55 Eine derartige Anordnung wäre unter Praktikabilitätsgesichtspunkten bedenklich.56 Der im verfassungsrechtlichen Übermaßverbot wurzelnde Grundsatz der „Praktikabilität der Besteuerung“ gebietet, dass der Steuerstaat keine Mitwirkungspflichten statuiert, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder aber den Steuerbürger mehr belasten, als zur Erfüllung des Besteuerungszwecks erforderlich ist.57 Dem Steuerpflichtigen soll die Berechnung der Steuerschuld und deren Begleichung so weit wie möglich erleichtert werden.58 Dies gilt insbesondere bei der Ermittlung von Steuerbemessungsgrundlagen selbst und bei der Verpflichtung zur Darlegung seiner Verhältnisse.59 Jede Steigerung der Richtigkeit und Genauigkeit der Gewinnermittlung bedeutet insofern auch eine Steigerung der Kosten der Rechnungslegung, was der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuerbilanzrechts zu berücksichtigen hat.60

53 Nach Tipke, StRO I, S. 519 lassen sich selbst (Rechtsfolgen-) Wahlrechte über Vereinfachungsgesichtspunkte rechtfertigen, sofern dadurch keine übermäßigen Steuervorteilseffekte entstehen. So speziell für die steuerliche Übernahme des Wahlrechts nach § 255 Abs. 2 S. 4 HGB zur Einbeziehung von Verwaltungsgemeinkosten in die Herstellungskosten vgl. Dauber, S. 121. 54 BR-Drucks. 937/05, S. 9. Die gesetzgeberische Zielsetzung steht damit im Einklang mit der Intention des Maßgeblichkeitsprinzips im traditionellen Sinn, welches vor allem die Aufstellung einer Einheitsbilanz ermöglicht und somit durch Vereinfachung zur Kosteneffizienz beitragen sollte, vgl. dazu Böcking/Gros, DStR 2007, 2339, 2339; Himmelreich, in: FS W. Müller, S. 613, 616; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5, Rn. A 33. 55 Die Nachholung von Drohverlustrückstellungen würde hingegen nach § 5 Abs. 4a S. 1 EStG entfallen. 56 Zum Erfordernis eines praktikablen Bilanzsteuerrecht vgl. auch Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 313 und Herzig, IAS, S. 37. 57 Tipke/Lang-Lang, § 8, Rn. 3, 5, 12 ff.; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 10 f. 58 So bereits Neumark, S. 31 ff.; vgl. auch Walz, S. 170 ff. 59 Belser, S. 100. 60 Börner/Krawitz, S. 51.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

(3)

Abwägung und Zwischenergebnis

Die Praktikabilität darf jedoch auch nicht allein als Einschränkung anderer steuerrechtlicher Postulate begriffen werden.61 Ziel der Steuerpolitik ist es vielmehr, eine normative Lösung zu finden, „die unter Berücksichtigung einschränkender Wirklichkeitsbedingungen dem Leitgedanken steuerlicher ratio und Gerechtigkeit am nächsten kommt“.62 Ähnlich dem Fall der Wahlrechtsnormierung zum Zwecke der Verwaltungspraktikabilität63 bedarf es damit auch bei Praktikabilitätserwägungen zugunsten des Steuerpflichtigen einer Abwägung zwischen den Grundsätzen der Praktikabilität und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.64 Den gegensätzlichen Belangen wird insofern nur durch einen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechenden Kompromiss Rechnung getragen.65 Vorliegend haben die Gestaltungsspielräume überhaupt nur in bestimmten Ausnahmefällen eine begünstigende Wirkung. Es erscheint mithin nicht verhältnismäßig, dem Steuerpflichtigen eine generelle Pflicht zur Auflösung der handelsrechtlich gebildeten Bewertungseinheiten aufzubürden, um so im Rahmen einer streng imparitätischen Einzelbewertung mögliche Gestaltungspotenziale auszuschließen. Hinzu kommt, dass ein gänzliches Verbot zur Bildung von Bewertungseinheiten weitreichende Folgerichtigkeitsverletzungen nach sich ziehen und damit seinerseits zu Verstößen gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip führen würde.66 Vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtfertigungsaspekte reicht die geringe Ungleichbehandlung mithin nicht aus, um eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG zu begründen. b)

Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Bilanzierenden

Eine relevante Ungleichbehandlung auf derselben Konkretisierungsstufe könnte sich ferner innerhalb der Gruppe derjenigen Steuerpflichtigen ergeben, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG ermitteln. Machen manche von Ihnen von ihrem „faktischen Wahlrecht“ 61 Walz, S. 174. Einschränkend auch Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 130; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 18. 62 Walz, S. 174. 63 Vgl. dazu BFH vom 28.02.1958 – III 125/57 S, BStBl. III 191, 194; Arndt, S. 12 f.; Belser, S. 107; Isensee, Verwaltung, S. 169; Kummer, S. 192. 64 Auch Weber-Grellet, StbJb 1994/95, S. 97, 105 erkennt insofern an, dass im Interesse der Vereinfachung und Praktikabilität „gewisse Ungenauigkeiten, die sich in einem bestimmten Rahmen halten und letztlich durch die Zweischneidigkeit des Ansatzes ausgeglichen werden“, hinzunehmen sind. Ähnlich auch Tipke, StRO I, S. 519, der dem Steuerpflichtigen Wahlrechte aus Vereinfachungsgründen zugestehen will, wenn dadurch keine übermäßigen Steuervorteilseffekte entstehen. 65 Vor dem Hintergrund der Verwaltungsvereinfachung so auch Belser, 108; Kirchhof, StuW 1984, 297, 307 f. 66 Vgl. dazu nachfolgend unter 7. Teil I. 1. c) bb) (3), S. 289.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

zur Bildung von Bewertungseinheiten nach § 5 Abs. 1a EStG keinen bzw. abweichenden Gebrauch, so führt dies im Ergebnis zu divergierenden Steuerfestsetzungen. Zwar gilt § 5 Abs. 1a EStG zunächst für sämtliche bilanzierende Steuerpflichtige gleichermaßen, womit sie alle im Hinblick auf die faktische Wahlrechtsgewährung grundsätzlich gleichgestellt sind. Belser weist jedoch darauf hin, dass Gegenstand der Gleichheitsprüfung nur die Tatsache der unterschiedlichen Steuerbelastung bei Erfüllung gleicher steuerlicher Tatbestände, also das Resultat bei differierender Entscheidung sein könne. Der Zeitpunkt der vergleichenden Betrachtung liege deshalb nach der Wahlrechtsentscheidung nämlich dann, wenn erstmalig eine Aussage über die endgültige Steuerlast gemacht werden könne.67 Für die Gleichheitsprüfung maßgeblich sei damit die unterschiedliche Belastung, selbst wenn sie durch die Entscheidung des Steuerpflichtigen herbeigeführt worden ist.68 Im Ergebnis verstoße die durch ein Rechtsfolgen-Wahlrecht ausgelöste unterschiedliche Zahllast daher gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, sofern sich nicht eine Rechtfertigung finde.69 Ein derartiger Schluss ist auf die hier fraglichen „faktischen Wahlrechte“ nicht übertragbar. Begründen lässt sich dies mit der zeitlichen Ansiedlung des „faktischen Wahlrechts“. Anders als echte Wahlrechte knüpft das faktische Wahlrecht nicht an einen bereits verwirklichten Sachverhalt an, sondern gewährt nur einen Spielraum auf Ebene der Sachverhaltsgestaltung. Diese Einflussmöglichkeit des Steuerpflichtigen, den Sachverhalt bis an die Grenzen der Steuerumgehung möglichst steuergünstig zu gestalten, steht allen Bilanzierenden gleichermaßen zu. Üben sie den Einfluss abweichend aus, so fehlt es hier bereits an der Erfüllung gleicher steuerlicher Tatbestände. Eine relevante Ungleichbehandlung kommt insofern nicht in Betracht. c)

Folgerichtigkeitsverletzungen

Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG könnte sich allerdings im Rahmen einer Folgerichtigkeitsprüfung ergeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ist der allgemeine Gleichheitssatz auch dann betroffen, wenn der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuertatbestandes eine einmal getroffene Belastungsentscheidung nicht folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzt („Folgerichtigkeitsgebot“).70 Relevanz erlangt diese, sofern keine konkreten Vergleichsgruppen innerhalb derselben Konkretisierungsstufe vorhanden ist. Für Zwecke der Besteuerungsgleichheit ist dann danach zu fragen, ob die (gleichheitsgerechten) Grundentscheidungen des Gesetzgebers folgerichtig fortgeführt wurden und somit insgesamt ein dem Leistungsfähigkeits67 68 69 70

Belser, S. 88. Dauber, S. 121; Tipke, StRO I, S. 516 f. Belser, S. 88; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 6 f.; Tipke, StRO I, S. 517. BVerfGE 84, 239, 271; 93, 121, 136; 101, 132, 138; 101, 151, 155; 107, 27, 47; 116, 164, 180. Vgl. dazu auch bereits 7. Teil I. 1., S. 267.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

gedanken entsprechendes Besteuerungssystem besteht. Vorliegend ergibt sich eine mögliche Ungleichbehandlung dahingehend, dass es – wie bereits nach alter Rechtslage – trotz wirtschaftlich gebotener Gesamtbetrachtung auch im Rahmen des § 5 Abs. 1a EStG an einem faktischen Zwang zur Bildung von Bewertungseinheiten fehlt. Anders als bei der obigen Prüfung von Gestaltungsspielräumen71 lässt sich die mögliche Ungleichbehandlung allerdings nicht in einem direkten Vergleich zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG festmachen. Den Einnahmenüberschussrechnern fehlt es nämlich bereits an der Möglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten, so dass für eine unmittelbare Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG kein geeigneter Vergleichsmaßstab besteht. Eine Prüfung am Maßstab des Folgerichtigkeitsgrundsatzes ist somit geboten. aa)

Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit

Innerhalb des Systems des Betriebsvermögensvergleichs findet die imparitätische Verlustberücksichtigung ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass das betreffende Vermögen „zweifelhaft“ oder „unsicher“ geworden ist. Um eine Übermaßbesteuerung zu vermeiden, kann der Zuwachs an Reinvermögen, der innerhalb einer Periode erzielt worden ist, der Besteuerung nur dann unterworfen werden, wenn er gesichert erscheint.72 Ein mit Zweifeln oder Unwägbarkeiten behafteter Vermögenszuwachs ist hingegen kein Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit73 und demgemäß bei der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG zu eliminieren.74 Basiert die Akzeptanz der imparitätischen Behandlung von Gewinnen und Verlusten auf diesem Grundgedanken, so stößt sie an ihre Grenzen, soweit potenzielle Verluste und Risiken aufgrund eines Sicherungszusammenhangs gänzlich ausgeschlossen sind. Insofern könnte es an einer sachlogischen Umsetzung mangeln, wenn der bilanzierende Steuerpflichtige im Rahmen des § 5 Abs. 1a EStG die Möglichkeit erhält, sich der steuerbilanziellen Bildung wirtschaftlich angezeigter Bewertungseinheiten durch schlichtes Leugnen der Durchhalteabsicht oder Unterlassen einer Dokumentation zu entziehen. (1)

Dokumentationserfordernis

Zumindest hinsichtlich der Dokumentationserfordernisse ist diese Folgerung problematisch. Handelsrechtlich führt die fehlende Dokumentation dazu, dass die Bildung von Bewertungseinheiten als unzulässig zu unterbleiben hat. Der 71 Die gleichheitsrelevante Problematik der Gewährung von Gestaltungsspielräumen durch § 5 Abs. 1a EStG konnte im Rahmen eines unmittelbaren Vergleichs der beiden Gewinnermittlungsarten überprüft werden, da es hier um die generelle Frage ging, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, nur einer Gruppe von Gewerbetreibenden derartige Spielräume einzuräumen. 72 Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 24. 73 Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 24. 74 Lang, Bemessungsgrundlage, S. 368; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3, 24.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Verzicht auf eine Gesamtbewertung wäre insofern systemgerecht, was grundsätzlich auch bezogen auf die Steuerbilanz einer Folgerichtigkeitsverletzung entgegenstehen würde. Zwar ließe sich einwenden, dass vor allem das Imparitätsprinzip und damit das tatsächliche wirtschaftliche Verlustrisiko als Indikator der Leistungsfähigkeit dienen; die Dokumentation also aus steuersystematischer Sicht bedeutungslos sei. Jedoch ist zu beachten, dass – genau wie das Imparitätsprinzip – auch der Einzelbewertungsgrundsatz mit seiner Objektivierungsfunktion75 Teil der steuerlichen Systementscheidung ist.76 Ähnlich wie die Handelsbilanz unterliegt auch die Steuerbilanz insofern einem „Prinzip der Verlässlichkeit“, wonach die auf Grundlage des Steuerbilanzrechts ermittelten Werte nachprüfbar und willkürfrei sein sollten.77 Diesen Zweck zu erfüllen ist Aufgabe der Dokumentation. Fehlt es an der Dokumentation, so fehlt es auch an der erforderlichen Nachvollziehbarkeit, welche Risiken sich gegenseitig ausgleichen und welche Positionen daher keiner imparitätischen Einzelbetrachtung unterliegen. Wie bereits dargelegt,78 hätte der Steuerprüfer insoweit kaum eine Chance, korrespondierende Geschäfte herauszufiltern und die entsprechenden Verlustantizipationen rückgängig zu machen. Die Zulässigkeit der Gesamtbewertung ist mithin auch steuerbilanziell von einer hinreichenden Dokumentation abhängig. Der Verzicht auf eine kompensatorische Bewertung bei fehlender Dokumentation stellt damit keinen Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsgebot dar, sondern ist insofern systemimmanent angelegt. (2)

Durchhalteabsicht

Fraglich bleibt, welche Konsequenzen sich aus der Möglichkeit zur Leugnung einer Durchhalteabsicht ergeben. Zwar stellt das Leugnen einer tatsächlich vorhandenen Absicht einen Missbrauch dar, womit das folgerichtigkeitsrelevante Ergebnis nicht auf den Gesetzgeber, sondern auf das individuelle Verhalten des Steuerpflichtigen zurückzuführen wäre. Problematisch ist jedoch, dass § 5 Abs. 1a EStG an die handelsrechtliche Rechtslage anknüpft und so auch die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten, d.h. auch steuerrelevante Folgen, letztlich von der Deklarationsbereitschaft des Steuerpflichtigen abhängig macht. Nach den Zins- und Spekulationsentscheidungen des BVerfG79 kommt es für die Frage einer gleichheitsgerechten Besteuerung nicht 75 Vgl. 2. Teil I. 2., S. 26 ff. 76 Die steuerbilanzielle Geltung des Einzelbewertungsgrundsatzes ergibt sich zumindest aus dem Einleitungssatz der Bewertungsvorschrift des § 6 Abs. 1 EStG. 77 So Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 313. Auch Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, § 2, Rn. 4 weist darauf hin, dass der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung „den willkürfreien Ansatz objektiv feststellbarerer und auf einfache Art berechenbarer Positionen“ verlange. 78 Vgl. dazu bereits 6. Teil IV. 2. b) cc), S. 229 ff. 79 Vgl. BVerfGE 84, 239 ff. und 110, 94 ff.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

ausschließlich auf die materielle Steuerpflicht an, sondern auch darauf, dass diese materielle Pflicht hinreichend durchsetzbar ist („Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung“).80 Zwar vermögen Vollzugsmängel, wie sie immer wieder vorkommen können und sich tatsächlich ereignen, hiernach noch keine Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm zu begründen.81 Zur Gleichheitswidrigkeit führt nach der Rechtsprechung des BVerfG aber wohl das normative Defizit des widersprüchlichen und auf Ineffektivität angelegten Rechts.82 Ein derartiges Defizit ist auch in der hier fraglichen Konstellation anzunehmen. Die gilt ungeachtet dessen, dass es sich vorliegend – anders als in den betroffenen Entscheidungen des BVerfG – nicht um mangelhafte Erhebungsvorschriften handelt, die einer hinreichenden Durchsetzbarkeit des materiellen Steuerrechts zuwiderlaufen. Fordert man nämlich mit dem BVerfG, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit so weit wie möglich in sich selbst trägt,83 so kann dies nicht nur für die Abstimmung von Besteuerungstatbeständen und ihren Erhebungsregeln gelten. Im Wege eines Erst-Recht-Schlusses ist vielmehr auch an die Ausgestaltung des Besteuerungstatbestandes selbst die Forderung zu stellen, dass die Durchsetzbarkeit des materiellen Rechts nicht unkontrollierbar von der Deklarationsbereitschaft des Steuerpflichtigen abhängig gemacht wird. Diese Forderung wird nicht erfüllt, wenn für die Zulässigkeit und Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten eine Abhängigkeit von einem unkontrollierbaren subjektiven Kriterium besteht. Gem. § 5 Abs. 1a EStG wird der Steuerpflichtige zumindest faktisch in die Lage versetzt, auch nicht drohende Verluste erfolgsmindernd auszuweisen und auf diesem Wege einen sicheren Vermögenszuwachs (wenigstens vorläufig) der Besteuerung zu entziehen. Die gesetzgeberische Entscheidung, im Rahmen von §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG nur tatsächliche Veränderungen des Betriebsvermögens steuerlich zu berücksichtigen, ist insoweit mit § 5 Abs. 1a EStG nicht folgerichtig umgesetzt worden. (3)

Zwischenergebnis

Aus der vorgenannten Folgerichtigkeitsverletzung resultiert eine mittelbare Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Einnahmeüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Zwar dürfte der Dualismus der Gewinnermittlungsmethoden in der Verschiedenheit der Lebensverhältnisse der betroffenen Steuerpflichtigen bzw. in der Vereinfachungsfunktion der Einnahmenüberschussrechnung grundsätzlich eine sachliche Rechtfertigung finden.84 Wirtschaftlich betrachtet beruht die gleich80 81 82 83 84

BVerfGE 84, 239, 271; 110, 94, 112 f. BVerfGE 84, 239, 272. BVerfGE 110, 94, 113. BVerfGE 84, 239, 271. Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. a) bb), S. 272 f.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

heitsrechtliche Akzeptanz der divergierenden Methoden aber maßgeblich auf dem Umstand, dass keine der beiden Methoden schlichtweg vorteilhaft ist. Der Vorzug des Betriebsvermögensvergleichs, Verluste bereits bei ihrer Entstehung erfolgsmindernd berücksichtigen zu können, nivelliert sich durch den Umstand, dass auch Gewinne im Vergleich zu § 4 Abs. 3 EStG vorzeitig, d.h. bereits bei ihrer Realisation und nicht erst bei Zahlungseingang zu berücksichtigen sind. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung haben beide Gewinnermittlungsarten mithin Vor- und Nachteile, womit keine Methode einseitig privilegierend wirkt.85 Diese Balance verschiebt sich jedoch, wenn bilanzierende Steuerpflichtige aufgrund von § 5 Abs. 1a EStG die Option erhalten, selbst nicht drohende Verluste erfolgsmindernd auszuweisen. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 EStG ist insofern indiziert. bb)

Rechtfertigung

Verletzt der Gesetzgeber das Gebot der Folgerichtigkeit, so bedarf es eines besonderen sachlichen Grundes, um diesen Verstoß zu rechtfertigen.86 (1)

Genereller Prüfungsmaßstab

Zwar ist mittlerweile durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG geklärt, dass jedenfalls die systematische Unterscheidung der Einkunftsarten durch den Gesetzgeber allein eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen kann.87 Nicht unmittelbar deutlich wird jedoch der konkrete Prüfungsmaßstab, den das BVerfG bei den „besonderen sachlichen Gründen“ anlegt. Orientiert man sich rein an dem Erfordernis eines „sachlichen Grundes“, so ließe sich noch eine reine Willkürprüfung vermuten, nach der jeder sachliche Grund ausreichen würde. Spätestens das Verlangen nach einem „besonderen“ sachlichen Grund indiziert jedoch die Anknüpfung an die „neue Formel“ und eine damit verbundene Verhältnismäßigkeitsprüfung.88 Grundsätzlich ist damit anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen, ob die konkrete Ungleichbehandlung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. (2)

Reduktion des Prüfungsmaßstabes und Optimierungsgebot

Allerdings könnte der Prüfungsmaßstab an eine Rechtfertigung reduziert sein, wenn der Gesetzgeber gar keine Möglichkeit hätte, die auftretenden Gestaltungsspielräume gänzlich auszuschließen. Die Anforderungen an das Folge85 86 87 88

Dezidiert Drüen, S. 106 ff. BVerfGE 105, 73, 126; 107, 27, 47; 116, 164, 180 f.; 117, 1, 31. BVerfGE 84, 348, 363 f.; 96, 1, 6; 99, 88, 95; 105, 73, 126; 116, 164, 181. So wohl auch BVerfG, ZIP 2008, 1164, 1166 und 1171, während das BVerfG im Beschluss vom 21.06.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 184 ff. zwar eine Enumeration sachlicher Gründe vornimmt, auf eine konkrete Verhältnismäßigkeitsprüfung aber verzichtet. Im Beschluss vom 12.05.2009 – 2 BvL 1/00, DStRE 2009, 922, 924 geht das Gericht gänzlich von einer Anwendung der Willkürformel aus, vgl. dazu auch unter 7. Teil I. 1. c) bb) (4), S. 290 f.

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richtigkeitsgebot sind insofern entsprechend abzumildern, wenn aufgrund einer Kollision verschiedener Prinzipien keine gänzlich folgerichtige Umsetzung möglich erscheint. (a)

Betroffene Konstellationen

In diesem Zusammenhang gilt es vorab zu verdeutlichen, dass – trotz des Vorliegens gegenläufiger Geschäfte – nicht jede Möglichkeit zur Vereitelung von Bewertungseinheiten auch gleichzeitig einen Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsgebot bedeutet. Fehlt es nämlich tatsächlich an einer Durchhalteabsicht des Bilanzierenden, so droht gleichzeitig ein Verlust, der im Rahmen der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG auch folgerichtig zu berücksichtigen ist. Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Steuerpflichtige die korrespondierenden Geschäfte bewusst so abgeschlossen hat, dass die objektiven Kriterien des Risikoausschlusses nicht erfüllt werden.89 Folgerichtigkeitsverstöße ergeben sich vielmehr nur dann, wenn der Steuerpflichtige bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einer Bewertungseinheit die vorhandene Durchhalteabsicht leugnet.90 Nur in dieser Konstellation liegen die Voraussetzungen einer kompensatorischen Bewertung materiell vor, so dass die imparitätische Verlustberücksichtigung einzig und allein hier zu einem Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsprinzip und zur Betroffenheit von Art. 3 Abs. 1 GG führt. Wollte man solche Verletzungen des Folgerichtigkeitsprinzips unterbinden, so ließe sich dies nur verwirklichen, wenn es gelingen würde, die betroffenen Gestaltungsspielräume einzuschränken; die steuerliche Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten dürfte nicht länger von den kritischen Voraussetzungen der Durchhalteabsicht abhängen. (b)

Keine Möglichkeit unter dem geltenden Bilanzierungskonzept

Zumindest im Rahmen des geltenden imparitätischen Bilanzierungskonzepts wird sich ein derartiges Ziel rechtstechnisch jedoch kaum verwirklichen lassen. Hält man nämlich für die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten weiterhin an der Bedingung eines sicheren Risikoausschlusses fest, so bildet die Durchhalteabsicht dessen essentielle Voraussetzung.91 Sie ist unverzichtbar und kann aufgrund ihrer strengen Subjektivität auch nicht durch externe Kriterien indiziert werden. Unter der Prämisse eines sicheren Risikoausschlusses lässt sich folglich keine Gestaltungsresistenz und damit auch kein durchsetzbarer Zwang zur Bildung von Bewertungseinheiten erzielen. Vor diesem Hintergrund gilt es zu prüfen, ob eine Verletzung des Folgerichtigkeitsgebots zu verhindern wäre, wenn man auf das genannte (manipulationsanfällige) Kriterium verzichten und die Pflicht zur Bildung von Bewertungsein89 Hierzu könnte der Steuerpflichtige das Deckungsgeschäft z.B. so terminieren, dass es zu einer Fälligkeitsdivergenz und damit zu einem unterbliebenen Risikoausschluss kommt. 90 Vgl. bereits 7. Teil I. 1. c) aa) (2), S. 283 f. 91 Vgl. 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff.

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heiten – unter „steuerlichen Gesichtspunkten“ – bereits für den Fall des wahrscheinlichen Risikoausschlusses normieren würde. Das Abstellen auf gewisse Indizien und die Fingierung der Durchhalteabsicht92 könnte ggf. verhindern, dass die Bildung wirtschaftlich gebotener Bewertungseinheiten umgangen wird. Der Einhaltung des Folgerichtigkeitsprinzips wäre hiermit aber kaum geholfen. Zwar bliebe dieses – unter der Hypothese, dass sich sämtliche manipulationsanfälligen Kriterien ausräumen lassen93 – insoweit gewahrt, als es nicht mehr zur Antizipation tatsächlich nicht drohender Verluste käme. Der rein indizienabhängige Zwang zur Bildung von Bewertungseinheiten würde dann aber zu einer diametralen Folgerichtigkeitsverletzung führen, indem – mangels sicheren Risikoausschlusses – verbleibende Risiken nicht hinreichend berücksichtigt würden. Unabhängig davon, für welche Regelungsalternative man sich entscheidet, kommt es damit zu einem zwangsläufigen Verstoß gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit. Der Gesetzgeber befindet sich diesbezüglich in einem Dilemma, welches unter der Vorherrschaft des geltenden imparitätischen Bilanzierungssystems unlösbar erscheint.94 (c)

Gebot zur Einführung einer Marktbewertung?

Vertreter der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur begegnen dieser Problematik vermehrt mit der Forderung nach Einführung einer Marktbewertung für Finanzinstrumente; nur durch die bilanzielle Erfassung der laufenden (Markt-) Wertschwankungen könne die Gefahr willkürlicher Bilanzansätze behoben werden.95 Die Marktbewertung ist insoweit nicht zukunftsorientiert und kommt ohne besondere Anforderungen an das Risikomanagement aus.96 Ein verfassungsrechtliches Gebot zur Einführung der Marktbewertung wird sich jedoch – trotz des andernfalls drohenden Verstoßes gegen das Folgerichtigkeitsgebot – aus der bestehenden Situation nicht ableiten lassen. Ungeachtet der Frage, ob eine Marktbewertung dem Leistungsfähigkeitsprinzip besser ge-

92 Entsprechendes wird bei der bilanziellen Abbildung von Portfolio-Hedges diskutiert, bei denen qua „Absicherungsvermutung“ unterstellt wird, dass die im Portfolio zusammengefassten und miteinander verrechneten Instrumente in einem gewollten wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, vgl. 1. Teil II. 1. b) bb), S. 16 ff. 93 Dies dürfte jedoch praktisch kaum der Fall sein. Will man keine Gesamtbewertung des Unternehmens zulassen, so bedarf es stets einer Abgrenzung derjenigen Konstellationen, in denen bestimmte Geschäfte zu einer Bewertungseinheit verknüpft werden müssen (z.B. das Erfordernis eines funktionsfähigen Risikomanagements). Insoweit werden sich jedoch stets Gestaltungsspielräume auftun, die ihrerseits eine Umgehung der Gesamtbewertungspflicht ermöglichen. 94 Auch Herzig/Mauritz, zfbf 50 (1998), 99, 123 kommen zu der Erkenntnis, „dass willkürfreie Ansätze zur Bildung von Bewertungseinheiten bei Finanzderivaten unterhalb der Gesamtunternehmensebene nicht entwickelt werden können“. 95 Statt vieler vgl. – vor dem Hintergrund einer handelsbilanziellen Betrachtung – Mauritz, S. 332 m.w.N. 96 Vgl. Reiner, S. 296.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

recht würde bzw. mit diesem überhaupt zu vereinbaren wäre,97 lässt sich die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung der Bilanzierungssysteme nicht bereits aufgrund einzelner Unstimmigkeiten bzw. Manipulationsanfälligkeiten der gewählten Lösung annullieren.98 Dem Gesetzgeber muss es vielmehr freistehen, das der bilanziellen Bewertung generell zugrunde gelegte System der imparitätischen Berücksichtigung von Risiken und Chancen auch für den Bereich der Sicherungsgeschäfte aufrecht zu erhalten. (d)

Zwischenergebnis

Der gegebene unlösbare Konflikt spricht für eine Reduktion der Prüfungsintensität. Ergibt sich innerhalb des Systems keine optimale Lösung, d.h. würden auch alternative Ansätze zu einer Folgerichtigkeitsverletzung führen, so sind die gleichheitsrechtlichen Anforderungen an eine Verfassungskonformität der Regelung entsprechend zu reduzieren. Konsequenz eines strengen Prüfungsmaßstabes wäre andernfalls die Verfassungswidrigkeit beider Regelungsalternativen; ein derartiges Ergebnis würde die gesetzgeberische Handlungsfreiheit jedoch in nicht tragfähigem Maße einschränken. Zu orientieren hat sich der Prüfungsmaßstab vielmehr an den allgemeinen Regeln zum Ausgleich von Normenkollisionen. Im vergleichbaren Fall der Kollision verfassungsrechtlicher Prinzipien ist der Gesetzgeber grundsätzlich nur zu einer Optimierung verpflichtet, d.h. er muss einen Ausgleich der Prinzipien suchen, bei dem kein Prinzip völlig geopfert werden darf.99 Dieser Maßstab lässt sich allerdings nicht unmittelbar auf die vorliegende Konstellation übertragen. Führen nämlich – innerhalb des geltenden Bilanzierungssystems – alle Handlungsalternativen zu identischen Prinzipienverstößen, so wird sich hier kein Prinzipienausgleich herstellen lassen. Der Optimierungsauftrag kann somit allenfalls darin bestehen, die Intensität der Folgerichtigkeitsverletzung so gering wie möglich zu halten.100 An diesem Maßstab ist auch § 5 Abs. 1a EStG zu messen. 97 So würde auch die Einführung der Marktbewertung eine Abkehr vom System der imparitätischen Bewertung und damit im Ergebnis einen rechtfertigungsbedürftigen Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit bedeuten. Hinzu kommt, dass sie sich negativ auf den Aussagegehalt des ausgewiesenen Bilanzergebnisses auswirkt, vgl. Reiner, S. 291 und 300 ff. 98 Ähnliche Erwägungen auch bei Hennrichs, DStJG 24 (2001), S. 301, 321 in Bezug auf die Frage der Willkürfreiheit von Rückstellungen und bei Schlotter, S. 236 f. im Hinblick auf die Ausgestaltung des Steuersystems im Generellen. Moxter, BB 1979, 1102, 1104 hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass die Objektivierung der Bilanz nicht Selbstzweck ist. Grundsätzlich müsse gefragt werden, wie viel Objektivierung, also wie viel Beschränkung subjektiven Ermessens erforderlich ist, „um zu einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Bilanz zu gelangen“. 99 Drüen, S. 96 ff. m.w.N. 100 Allerdings ist der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht gehalten, die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung zu finden, BVerfGE 84, 348, 359.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Ergänzen lässt sich diese Überlegung um den Umstand, dass es nach den obigen Überlegungen ohnehin nur bei der Umgehung ganz bestimmter Kriterien – und gerade nicht bei jeder (wenn auch gezielten) Vereitelung von Bewertungseinheiten – überhaupt zu einer Folgerichtigkeitsverletzung kommen kann. Der praktische Spielraum, dass einzelne Steuerpflichtige aus derartigen Situationen einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen, dürfte damit zunächst eher begrenzt sein. Auch dies spricht für die Zulässigkeit einer reduzierten Prüfungsintensität. (3)

Prüfung am Maßstab des Optimierungsgebots

Vergleichbare Spielräume bestünden auch dann, wenn der Gesetzgeber durch Nichtregelung der Problematik an der bisherigen Rechtslage festgehalten hätte. Bewertungseinheiten wären dann auf Basis der allgemeinen Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 EStG unter den gleichen Kriterien steuerlich zu bilden bzw. bei entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BFH zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen gänzlich verboten gewesen. Während man im ersten Fall zu nahezu identischen Ergebnissen kommt, würde die Folgerichtigkeitsverletzung im zweiten gar noch umfassender ausfallen. Verbietet man nämlich die Bildung von Bewertungseinheiten, so finden grundsätzlich sämtliche abgesicherte Risiken eine bilanzielle Berücksichtigung101 und nicht nur solche, bei denen ausnahmsweise die Voraussetzungen einer Bewertungseinheit vereitelt wurden. Vor diesem Hintergrund ist dem Gesetzgeber mit der Normierung von § 5 Abs. 1a EStG eine Optimierung weitestgehend gelungen. Die von § 5 Abs. 1a EStG verordnete faktische Bindung an die Handelsbilanz löst für den Steuerpflichtigen einen Interessenkonflikt zwischen dem Ausweis eines möglichst hohen Handelsgewinns (bei Bildung der Bewertungseinheit) und der Gestaltung einer möglichst geringen Steuerschuld (bei der Vereitelung von Bewertungseinheiten) aus. Die faktische Bindung erzeugt mithin einen externen Anreiz, Manipulationen zu unterlassen und wirtschaftlich angezeigte Bewertungseinheiten auch als solche zu deklarieren. § 5 Abs. 1a EStG ist insofern durchaus geeignet, die Gefahr von Folgerichtigkeitsverletzungen in nicht unerheblichem Maße zu reduzieren.102 Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz scheidet damit nach geltender Rechtslage aus.

Es kann sich insofern allenfalls um einen „Optimierungskorridor“ handeln, vgl. dazu Drüen, S. 99 ff. 101 Dies gilt nur insoweit, als der Verlustabzug nicht aufgrund steuerlicher Sonderregelungen – wie z.B. der des § 5 Abs. 4a EStG – ausgeschlossen ist. 102 Ähnliches gilt allerdings auch bei Anwendung des allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatzes. Nach § 5 Abs. 1 EStG würde sich sowohl der handels- als auch der steuerliche Ausweis von Bewertungseinheiten grundsätzlich nach den GoB und damit nach identischen Kriterien richten (vgl. 5. Teil I. 1. b), S. 156 ff.); der Zwang zur einheitlichen Er-

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

(4)

Beschluss des BVerfG vom 12.05.2009 – 2 BvL 1/00

Fraglich ist, inwieweit dieses Ergebnis mit dem Beschluss des BVerfG vom 12.05.2009103 in Einklang steht. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob § 52 Abs. 6 S. 1 und 2 EStG in der bis einschließlich 1998 gültigen Fassung des Steuerreformgesetzes 1990104 insofern gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstieß, als die darin getroffene Regelung für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1992 die Bildung von Jubiläumsrückstellungen untersagte und für schon gebildete Rückstellungen dieser Art die gewinnerhöhende Auflösung anordnete. Das Gericht verneinte einen Verstoß unter Hinweis auf den weitreichenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich des Steuerrechts und eine fehlende Verletzung des Willkürverbots.105 Diese Grundsätze lassen sich auch auf die hier fragliche Konstellation übertragen. Die Beschränkung der Rückstellungsmöglichkeit führt gleichfalls zu einer Abweichung vom handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip, da eine Verlustantizipation für steuerliche Zwecke ausgeschlossen wird. Insofern kann es keinen Unterschied machen, ob die Abweichung – im Falle der Jubiläumsrückstellungen – zu Lasten des Bilanzierenden oder – im Falle der bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten bei Bewertungseinheiten – zu dessen Gunsten geht. Es handelt sich um vergleichbare Fragestellungen, was eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze rechtfertigen würde. Nicht ganz deutlich wird im Rahmen des BVerfG-Beschlusses jedoch, ob es sich tatsächlich um eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung handeln soll oder ob es bei der Abweichung vom Vorsichtsprinzip nach Ansicht des BVerfGs bereits an einer Folgerichtigkeitsverletzung und damit an einer Ungleichbehandlung fehlt. Zwar führt das Gericht an mehreren Stellen das Willkürverbot an,106 was zunächst darauf schließen lässt, dass das Gericht eine Ungleichbehandlung bejaht. Im Rahmen der nachfolgenden Rechtfertigungsprüfung wird dann jedoch in der Sache bereits das Vorliegen einer Folgerichtigkeitsverletzung verneint. So soll die steuergesetzliche Geltungsbeschränkung des Vorsichtsprinzips nach Ansicht des BVerfG „das Gebot, die Einkommensteuer an der finanziellen Leistungsfähigkeit auszurichten, unberührt [lassen] und […] auch nicht den Anforderungen an eine folgerichtige Ausgestaltung des Maßstabs der einkommensteuerlichen Nettobesteuerung [widersprechen]“.107 Ausdruck der steuerlichen Belastungsentscheidung sei zwar das objektive Nettoprinzip, nicht aber die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungs-

103 104 105 106 107

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füllung dieser Kriterien würde folglich auch hier einen entsprechenden Interessenwiderstreit bedeuten. 2 BvL 1/00, DStRE 2009, 922 ff. StRG 1990 vom 25.07.1988, BGBl. I 1988, 1093. DStRE 2009, 922, 924 ff. Vgl. insbesondere DStRE 2009, 922, 924 (Rn. 29 und 31). DStRE 2009, 922, 924 f. (Rn. 31).

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

mäßiger Buchführung. Die Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips für die Bildung von Drohverlustrückstellungen ließe sich nicht als eine grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers über eine steuergerechte Lastenverteilung deuten.108 Auch ließe sich der Zeitpunkt für die Berücksichtigung von Aufwand nicht mit Hilfe des Maßstabs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder des objektiven Nettoprinzips bestimmen, so dass die belastungsrelevanten Grundentscheidungen sich gegenüber dem untergeordneten allgemeinen Grundsatz der Maßgeblichkeit des Vorsichtsprinzips „neutral“ verhielten.109 Bei der Frage der zeitlichen Erfassung von Einnahmen und Ausgaben im Rahmen des Vorsichtsprinzips handele es sich vielmehr um Nebeneffekte, die unter dem Gesichtspunkt gleicher Steuerbelastung nach finanzieller Leistungsfähigkeit gerade mit Blick auch auf die Überschusseinkünfte ihrerseits einer Rechtfertigung bedürften.110 Legt man diese Ausführungen zu Grunde, so ist davon auszugehen, dass das BVerfG – trotz der Prüfung einer Rechtfertigung am Maßstab des Willkürverbots – wohl davon ausgeht, dass es bereits an einer Folgerichtigkeitsverletzung fehlt. Letztlich bleibt diese Abgrenzung für die hier zu entscheidende Frage jedoch ohne Relevanz, da der Beschluss in beiden Fällen ablehnend ausfällt. Betrachtet man die Konsequenzen der Entscheidung genauer, so ergeben sich erhebliche Zweifel an der Überzeugungskraft der Ausführungen des BVerfG. Nimmt man den Beschluss nämlich wörtlich, so wäre die Entscheidung über die zeitliche Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen ausschließlich – und losgelöst von jeglicher verfassungsrechtlicher Bindung – dem Ermessen des einfachen Gesetzgebers überlassen. In der Konsequenz wäre dann beispielsweise auch eine Regelung von der Verfassungsmäßigkeit mitumfasst, nach der Einnahmen sofort, Aufwendungen jedoch erst in 30 Jahren zu berücksichtigen wären. Dies dürfte das BVerfG wohl kaum gemeint haben. Hinzu kommt ein Fehlverständnis, sofern das BVerfG die Zulässigkeit der Abweichung vom Vorsichtsprinzip u.a. damit begründet, dass es sich bei dessen Anordnung über die zeitliche Erfassung von Aufwendungen und Einnahmen um „Nebeneffekte“ handele, die mit Blick auf die Überschusseinkünfte ohnehin einer Rechtfertigung bedürften.111 Dass eine pluralistische Ausgestaltung des Gewinnermittlungssystems zulässig ist, wurde bereits festgestellt.112 Auch ist dem BVerfG zuzustimmen, dass es für Abweichungen der Gewinnermittlungsmethoden grundsätzlich einer Rechtfertigung bedarf. Allerdings hat die Rechtfertigung nicht in Bezug auf einzelne Positionen, wie z.B. die Abziehbarkeit von Drohverlustrückstellungen, sondern in Bezug auf die divergie108 109 110 111 112

DStRE 2009, 922, 925 (Rn. 35). DStRE 2009, 922, 925 (Rn. 35 und 37). DStRE 2009, 922, 925 (Rn. 36). DStRE 2009, 922, 925 (Rn. 36). Vgl. bereits 7. Teil I. 1. a) bb), S. 272.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

rende Ausgestaltung der Gewinnermittlungsmethoden als solche zu erfolgen. Statt wie in § 4 Abs. 3 EStG auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung abzustellen, knüpft § 4 Abs. 1 EStG für die zeitliche Erfassung an das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip an; diese generelle Systemverschiedenheit muss gerechtfertigt werden, was auch der Fall ist.113 Hat sich der Gesetzgeber aber einmal für eines der beiden Systeme entschieden, so ist er an die Wertungen des Systems gebunden und alle Abweichungen vom gewählten Grundsystem – hier dem der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG – werden rechtfertigungsbedürftig. Kerngehalt des Gebots der Folgerichtigkeit ist es nämlich, dass der Gesetzgeber die einmal getroffene Belastungsentscheidung „unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtiger bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes folgerichtig umzusetzen“ hat.114 Dies ist regelmäßig gewährleistet, solange sich die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden gegenseitig ausgleichen.115 Nimmt der Gesetzgeber den bilanzierenden Steuerpflichtigen jedoch die Möglichkeit zur Verlustantizipation, so läuft er Gefahr, dass das Gleichgewicht der verschiedenen Systeme und damit deren generelle Rechtfertigung verloren geht.116 Diese Wirkungsweise des Folgerichtigkeitsgebots scheint das BVerfG in seinem Beschluss vom 12.05.2009 zu verkennen. Bei der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen im Rahmen von Drohverlustrückstellungen handelt es sich also nicht um bloße „Nebeneffekte“, sondern um einen wesentlichen Ausfluss der Systementscheidung, die Gewinnermittlung am handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip anzulehnen. Ungeachtet der Bedenken gegen eine derart weite Interpretation durch das BVerfG wird eine ungerechtfertigte Folgerichtigkeitsverletzung aber auch vorliegend verneint. Eine Kollision zwischen dem Beschlusses vom 12.05.2009 und dem hier gefundenen Ergebnis tritt folglich nicht ein, so dass die Entscheidung für die hier aufgeworfene Frage keine Konsequenzen hat. d)

Probleme bzgl. der branchen- bzw. rechtsformspezifischen Regelungen

Die faktische Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a EStG führt ergänzend dazu, dass auch nach § 340h bzw. §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB gebildete Bewertungseinheiten steuerliche Relevanz erlangen. Dies ist insofern problematisch, als es sich hierbei um branchen- bzw. rechtsformspezifische Bilanzierungsregeln handelt, die nicht gleichermaßen gegenüber allen Steuerpflichtigen gelten. Be-

113 114 115 116

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Vgl. erneut 7. Teil I. 1. a) bb), S. 272. BVerfGE 120, 1, 29 m.w.N. Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. c) aa) (3), S. 284. Vgl. auch BVerfGE 13, 331, 340; 15, 313, 319 nach dem es darauf ankommt, ob die vom Gesetz selbst statuierte Sachgesetzlichkeit durchbrochen wird. Dies soll nur dann zulässig sein, wenn die Abweichung von überzeugenden Gründen getragen ist.

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

denken ergeben sich erneut im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. aa)

Vergleichbarkeit und Ungleichbehandlung

Sowohl die von § 264 Abs. 2 HGB betroffenen Kapitalgesellschaften als auch die vom Regelungsbereich des § 340h Abs. 2 HGB erfassten Unternehmen117 erzielen gewerbliche Einkünfte in Form von „Gewinn“ (§ 2 Abs. 2 S. 1 EStG). Dieser ermittelt sich regelmäßig im Wege des Betriebsvermögensvergleichs nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG,118 womit eine wesentliche Vergleichbarkeit zu den übrigen bilanzierenden Steuerpflichtigen besteht; die erforderlichen Vergleichsgruppen liegen demgemäß vor. Trotz der Vergleichbarkeit werden die Gruppen von Unternehmen unterschiedlich behandelt. Während die „normalen“ Bilanzierenden nur unter den genannten Kriterien GoB-konforme Bewertungseinheiten bilden dürfen und müssen, besteht für Kapitalgesellschaften119 in Ausnahmefällen (trotz mangelhafter Dokumentation) eine ergänzende, rechtsformspezifische Pflicht zur Gesamtbewertung.120 Für Fremdwährungsgeschäfte von Kreditinstituten erweitert sich die Ungleichbehandlung branchenspezifisch durch § 340h Abs. 2 S. 3 HGB.121 Die Norm gewährt ihnen das Wahlrecht, auch bei nur einfach gedeckten Geschäften eine Gesamtbewertung vorzunehmen, soweit die kompensatorischen Erträge „einen nur vorübergehend wirksamen Aufwand aus den zur Deckung dienenden Geschäften ausgleichen“. Kreditinstitute haben damit im Vergleich zu anderen bilanzierenden Steuerpflichtigen die erweiterte Möglichkeit zur Bildung von (Fremdwährungs-)Makro- und Portfolio-Bewertungseinheiten

117 Gem. § 340 HGB handelt es sich hierbei um bestimmte Unternehmen i.S.d. Gesetzes über das Kreditwesen, insbesondere um Kreditinstitute. 118 Dies ergibt sich für Kapitalgesellschaften aus §§ 7, 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 KStG i.V.m. § 13 Abs. 3 GmbHG bzw. § 3 Abs. 1 AktG oder § 17 Abs. 2 GenG, §§ 6 Abs. 1, 238 ff. HGB, § 140 AO. Die relevanten Unternehmen i.S.d. § 340 HGB dürften zumeist gleichfalls als Kapitalgesellschaften organisiert sein und daher den gleichen Regelungen unterliegen. In möglichen Ausnahmefällen (vgl. auch § 340a Abs. 1 S. 1 HGB) wird sich eine Buchführungspflicht und damit die Pflicht zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zumindest aus § 141 AO ergeben. 119 § 264 Abs. 2 HGB gilt gem. § 340a Abs. 1 HGB auch für Kreditinstitute, die nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werden. 120 Vgl. dazu 4. Teil VII, S. 138 ff. und 6. Teil IV. 1. b) cc), S. 219 f. 121 Neben der hier aufgezeigten Ungleichbehandlung folgt aus der Abkehr vom ursprünglichen Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 EStG auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit. Die Maßgeblichkeit der rechtsform- und branchenneutralen Normen des HGB bildet eine einmal getroffene Belastungsentscheidung (ähnlich Hey, BB 2000, 1453, 1454 f.), von welcher der Gesetzgeber nunmehr mit § 5 Abs. 1a EStG abgewichen ist. Angesichts der sich daraus ergebenden konkreten Ungleichbehandlung ist die Prüfung der Folgerichtigkeitsverletzung jedoch zu vernachlässigen.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

und mithin erhöhte Gestaltungsspielräume.122 Negativ wirkt sich hingegen der mit dem Wahlrecht verbundene Entscheidungszwang aus. Gleichheitsrelevante Ungleichbehandlungen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG sind die jeweilige Folge. Innerhalb der Gruppe der Kreditinstitute ergeben sich ergänzende Ungleichbehandlungen dahingehend, dass das allen Betroffenen eingeräumte Wahlrecht des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB unterschiedlich ausgeübt werden kann.123 bb)

Rechtfertigung

Fraglich ist, ob sich die aufgezeigten Ungleichbehandlungen nach den obigen Grundsätzen rechtfertigen lassen. Maßstab für die Prüfungsintensität ist hierbei erneut der Grad der im Einzelfall vorliegenden Ungleichbehandlung. (1)

§§ 264 Abs. 2 i.V.m. 252 Abs. 2 HGB

Nur geringe Auswirkungen ergeben sich im Zusammenhang mit den nach §§ 264 Abs. 2, 252 Abs. 2 HGB zu bildenden Bewertungseinheiten. Indem hier die Anforderungen an die Dokumentation der Bewertungseinheit reduziert werden, erleichtert sich einerseits deren Bildung. Andererseits entfällt für Kapitalgesellschaften insoweit die Möglichkeit, wirtschaftlich gebotene Bewertungseinheiten durch eine mangelhafte Dokumentation zu vereiteln. Ersterer Aspekt ist kaum erheblich. So kommt eine Absenkung der Dokumentationsanforderungen überhaupt nur dann in Betracht, wenn Sicherungsbeziehung und Durchhalteabsicht bereits aufgrund der Struktur der verbundenen Geschäfte weitestgehend nachvollziehbar sind;124 dies dürfte jedoch nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein. Hinzu kommt, dass die Dokumentation der Bewertungseinheit keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand begründet. Der mit den reduzierten Anforderungen verbundene Vorteil der Kapitalgesellschaften ist mithin minimal. Vernachlässigungswürdig ist gleichfalls der aus dem Dokumentationsverzicht erwachsende Nachteil, die Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten nicht über mangelhafte Aufzeichnungen umgehen zu können. So bleibt der Kapitalgesellschaft weiterhin die Möglichkeit, Deckungsgeschäfte so abzuschließen, dass es bereits an den Kriterien eines sicheren Risikoausschlusses mangelt, bzw. die Sicherung so zu konstruieren, dass die Bewertungseinheit ohne entsprechende Dokumentation nicht ersichtlich wird; Gestaltungsmöglichkeiten bleiben mithin auch hier erhalten. Im Ergebnis lässt sich damit nur eine geringfügige Ungleichbehandlung feststellen; reduzierte Rechtfertigungsanforderungen sind die Konsequenz. Eine 122 Gleichzeitig verstärkt dies den Grad der Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn im Wege der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. 123 Vgl. zu dieser Problematik bereits 7. Teil Fn. 67. 124 Vgl. dazu 4. Teil VII. 2., S. 141 ff.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

hinreichende Rechtfertigung ergibt sich im vorliegenden Fall bereits aus der in der Gesetzesbegründung vorgetragenen Praktikabilitätsüberlegung, den Unternehmen Verwaltungsaufwand ersparen zu wollen.125 Aufgrund der Vorgaben der §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB sind die betroffenen Kapitalgesellschaften und Kreditinstitute ohnehin gehalten, in der Handelsbilanz rechtsform- und branchenspezifische Bewertungseinheiten zu bilden. Würde das Steuerrecht – wie bislang – derartige Spezialreglungen ausblenden und sich nur auf allgemeingültige Regelungen des Handelsrechts beziehen, so müssten die handelsbilanziell gebildeten Bewertungseinheiten für steuerliche Zwecke aufgelöst und eine entsprechende Einzelbewertung nachgeholt werden. Im Vergleich zu der gefundenen Lösung des § 5 Abs. 1a EStG bedeutet dies einen erhöhten Verwaltungsaufwand. Die relevanten Ungleichbehandlungen lassen sich mithin unter Praktikabilitätsgesichtspunkten rechtfertigen, womit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG insofern ausscheidet. (2)

§ 340h Abs. 2 S. 3 HGB

Eine Ungleichbehandlung mit gesteigerter Intensität ergibt sich allerdings aufgrund von § 340h Abs. 2 S. 3 HGB. (a)

Wahlrecht als zusätzlicher Ermessensspielraum

Eine relevante Ungleichbehandlung resultiert hierbei vor allem daraus, dass die betroffenen Unternehmen auch im Falle einer nur „einfachen Deckung“, d.h. beim Vorliegen von Makro- oder Portfolio-Hedges,126 eine kompensatorische Gesamtbewertung vornehmen können. Anders als in den obigen Konstellationen gewährt das Gesetz den Kreditinstituten damit nicht nur eine weitere Gestaltungsmöglichkeit, sondern ein tatsächliches Wahlrecht, welches zur erheblichen Ausdehnung der Ermessensspielräume des Steuerpflichtigen führt: Gewinne können nicht nur im Falle eines sicheren Risikoausschlusses zwischen den Geschäftsjahren verschoben werden, sondern auch dann, wenn nur die vergleichsweise geringen Anforderungen an Makro- bzw. PortfolioHedges127 erfüllt sind. Eine erhebliche Erhöhung des Gestaltungsvolumens ist die Konsequenz. Aus dem erhöhten Grad an Ungleichbehandlung ergeben sich gleichzeitig gesteigerte Anforderungen an eine mögliche Rechtfertigung. (aa)

Motive der handelsrechtlichen Regelung

Das Motiv des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB (bzw. seiner europarechtlichen Grundlage128) liegt dabei auf der Hand: Der Gesetzgeber versuchte dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der wirtschaftliche Schwerpunkt der Kreditinstitute 125 vgl. erneut BR-Drucks. 937/05, S. 9. 126 Vgl. dazu bereits 4. Teil III. 1. b), S. 62 f. 127 Die hierbei diskutierten Anforderungen entsprechen den unter 4. Teil VI. 2. b) ff), S. 130 ff. dargestellten. 128 Vgl. dazu bereits 4. Teil III. S. 59.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

vor allem im finanziellen Bereich, u.a. in der Handelstätigkeit mit Fremdwährungsgeschäften liegt.129 Auf diese Weise ergeben sich besonders hohe Volumina gegenläufiger Fremdwährungspositionen,130 die in der Bankenpraxis regelmäßig mittels Makro- oder Portfolio-Hedges in ihrer Summe absichert werden. Eine Einzelabsicherung wäre nicht nur mit erheblichen Transaktionsund Verwaltungskosten verbunden, sondern würde auch die bereits bestehenden kompensatorischen Effekte unberücksichtigt lassen und so ggf. zu einer Erhöhung des Gesamtrisikos führen.131 Gleichfalls sind die Techniken der globalen Risikoabsicherung im Bankensektor mit vergleichsweise geringeren Risiken und Willkürspielräumen behaftet, da die betroffenen Kreditinstitute diesbezüglich einer strengen bankenaufsichtsrechtlichen Regulierung unterliegen;132 § 25a des Kreditwesengesetzes (KWG) stellt insofern dezidierte Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und die Ausgestaltung des jeweiligen Risikomanagements. Bei den Makro- und Portfolio-Hedges handelt es sich im Fremdwährungsbereich der Banken mithin um sachgerechte und wirtschaftlich gebotene Sicherungsmethoden, die auch in der handelsrechtlichen Rechnungslegung eine entsprechende Berücksichtigung finden sollten. Hinzu kommt, dass aufgrund der vorhandenen Kompensationseffekte – mangels Durchhalteabsicht, hinreichender negativer Korrelation oder Fälligkeitskongruenz – zwar kein sicherer Risikoausschluss besteht. Zumeist wird das Vorliegen gegenläufiger Geschäfte aber auch bei globaler Absicherung dazu führen, dass in gewissem Maße eine Risikoverminderung eintritt. Würde man dennoch eine imparitätische Einzelbewertung verlangen, so käme es bei Kreditinstituten gerade aufgrund der großen Volumina zum Ausweis erheblicher Verluste, die tatsächlich wirtschaftlich gar nicht drohen. Eine gravierende Verfälschung des Jahresabschlusses und eine mögliche handelsbilanzielle Überschuldung im Falle von Kursschwankungen wären die Folge. § 340h Abs. 2 S. 3 HGB rechtfertigt sich damit vor allem vor dem Hintergrund zwingenden praktischen Bedürfnisse. (bb) Rechtfertigung der steuerbilanziellen Differenzierung Entsprechende Überlegungen lassen sich auch auf die steuerliche Anerkennung der Regelung durch § 5 Abs. 1a EStG übertragen. Würde man den Makro- und Portfolio-Hedges die steuerbilanzielle Akzeptanz versagen, so würde dies in großem Umfang zu wirtschaftlich nicht gebotenen Verlustantizipatio129 Auf die besondere Bedeutung der Fremdwährungsgeschäfte für Kreditinstitute wird auch hingewiesen bei Krumnow/Sprißler et al., § 340h, Rn. 1 ff. Vgl. auch bereits unter 4. Teil III. 2. a), S. 64. 130 Groh, DB 1986, 869, 875. 131 Vgl. dazu 4. Teil VI. 1. a) bb), S. 101 f. 132 Vgl. dazu auch Gerichtsbescheid des BFH vom 19.03.2002 – I R 87/00 (nrkr.), abgedruckt bei Christiansen, DStR 2003, 264, 267; Groh, DB 1986, 869, 876 f.; Perlet/Baumgärtel, in: FS Clemm, S. 287, 294.

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nen133 und damit regelmäßig zu einer nachgelagerten Besteuerung führen. Zwar ergeben sich auch bei Unternehmen anderer Branchen identische Effekte. Vor dem Hintergrund der bei Kreditinstituten in Rede stehenden Volumina erscheint eine derartige Gewinnminderung allerdings besonders bedenklich. Die Berücksichtigung wirtschaftlich nicht drohender Verluste würde sich hier besonders deutlich bemerkbar machen und damit – trotzt Leistungsfähigkeitsidentität im Vergleich zu anderen Unternehmen – zu einem erheblich divergierenden steuerlichen Gewinn führen. Die steuerliche Anerkennung von Makround Portfolio-Bewertungseinheiten ist mithin für diesen Bereich sachgerecht und führt aufgrund des engen Anwendungsbereichs des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB und der bankenaufsichtsrechtlichen Restriktionen auch zu keinen übermäßigen Gestaltungsspielräumen. Diese Überlegungen sind geeignet, die Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Problematisch bleibt damit zwar weiterhin die steuerliche Übernahme des handelsrechtlichen Wahlrechts. Eine wirtschaftlich nicht gebotene Verlustantizipation ließe sich schließlich auch durch eine steuerliche Pflicht zur Bildung von „Makro-„ und „Portfolio-Bewertungseinheiten“ erzielen, was vordergründig zu eingeschränkten Gestaltungsspielräumen führt. Einerseits lässt sich aber auch eine derartige Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten kaum effizient durchsetzen. Zum anderen würde ein steuerliches Gebot der Vereinfachungsfunktion des § 5 Abs. 1a EStG zuwider laufen. Handelsrechtlich unterlassene Bewertungseinheiten müssten dann für steuerliche Zwecke nachgeholt werden. Ein erheblicher Verwaltungsaufwand wäre die Folge, was auch unter Praktikabilitätsgesichtspunkten die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist im Ergebnis erneut zu verneinen. (b)

Entscheidungszwang und unterschiedliche Wahlrechtsausübung

Für die ergänzenden Ungleichbehandlungen in Form des staatlich auferlegten Entscheidungszwangs und der divergierenden Steuerlast bei abweichender Wahlrechtsausübung gelten zunächst die vorgenannten Rechtfertigungserwägungen entsprechend. Zu bedenken ist ferner, dass die Frage einer Ungleichbehandlung sich zwar ausschließlich am Ergebnis der abweichenden Wahlrechtsausübung orientiert,134 deren Intensität aber dadurch gemindert wird, dass die Entscheidung letztendlich auf der individuellen Willenskundgabe des Steuerpflichtigen beruht. Betrachtet der Steuerpflichtige jedoch seine jeweilige Wahl für sich als vorteilhaft, so mag es zwar zu divergierenden Steuerfestsetzungen kommen; letztendlich wird jedoch keiner der Betroffenen wesentlich

133 Relevant waren dabei bislang nur Teilwertabschreibungen i.S.v. § 6 EStG, da die Passivierung von Drohverlustrückstellungen gem. § 5 Abs. 4a EStG verboten war. 134 Vgl. dazu bereits 7. Teil Fn. 67.

297

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

benachteiligt oder bevorzugt.135 Was den staatlich auferlegten Entscheidungszwang betrifft, so ist zu beachten, dass die betroffenen Kreditinstitute regelmäßig über komplexe Steuerabteilungen und ein Risikomanagement verfügen (müssen). Insofern sind sie praktisch in der Lage, jede Bilanzierungsentscheidung detailliert zu analysieren und vorzubereiten, womit die Konsequenzen der jeweiligen Wahl für diesen Adressatenkreis deutlich besser voraussehbar sind. Die erforderliche Rechtfertigung ist folglich auch hier gegeben. cc)

Zwischenergebnis

Die aufgezeigten Ungleichbehandlungen sind damit allesamt gerechtfertigt. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG scheidet insofern aus.

2.

Steuerliches Legalitätsprinzip

Moniert wird ferner ein Verstoß gegen das steuerliche Legalitätsprinzip. So führen Schick/Indenkämpen aus, dass durch das „faktische Wahlrecht“ zur Bildung von Bewertungseinheiten die Strenge des steuerlichen Legalitätsprinzips unterlaufen würde, ohne dass eine Rechtfertigung ersichtlich sei.136 Gleiche Bedenken ergeben sich auch im Hinblick auf § 340h Abs. 2 S. 3 HGB, durch den ein handelsrechtliches (Rechtsfolgen-)Wahlrecht in die steuerliche Gewinnermittlung übertragen wird. Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die Kodifizierung des § 5 Abs. 1a EStG den rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernissen entspricht. a)

Gebot der Zwangsläufigkeit der Besteuerung

Fraglich ist zunächst, ob sich aus dem steuerlichen Legalitätsprinzip in materieller Hinsicht ein „Gebot der Zwangsläufigkeit der Besteuerung“ ergibt, mit dem die festgestellten Gestaltungsspielräume und Wahlrechte unvereinbar wären. Das steuerliche Legalitätsprinzip bzw. der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung basiert maßgeblich auf dem Demokratieprinzip und dem Prinzip der Rechtssicherheit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips.137 Kernaussage ist dabei, dass die Auferlegung von Steuerlasten dem Gesetz vorbehalten und mithin nur zulässig ist, sofern und soweit sie durch Gesetz angeordnet wird (Vorbehalt des Gesetzes). Sowohl der Tatbestand als auch die Rechtsfolge

135 Kritisch zu dieser Überlegung Tipke, StRO I, S. 517. 136 Schick/Indenkämpen, BB 2006, 650, 655. Ähnlich zur alten Rechtslage auch Schick, S. 49 ff. 137 Tipke, StRO I, S. 120 f. Beide verfassungsrechtlichen Säulen sind allerdings aufeinander bezogen und bedingen einander, vgl. Isensee/Kirchhof-Ossenbühl, V, § 101, Rn. 42 f. Zur Diskussion über die konkreten Rechtsgrundlagen des heute allgemein anerkannten Legalitätsprinzips und dessen Entwicklungsgeschichte vgl. Belser, S. 47 ff.; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 152 ff.

298

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

müssen im Gesetz niedergelegt sein.138 Aufgrund der Verwurzelung im allgemeinen Gesetzmäßigkeitspostulat und dessen begrenzender Funktion gegenüber der Exekutive139 bzw. seiner Gewaltenteilungsfunktion140 richtet sich auch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung in erster Linie gegen den Einfluss der Steuerverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit. Indes wird aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung teilweise auch ein Gebot der Zwangsläufigkeit der Besteuerung abgeleitet. Der Steuertatbestand habe demnach so normiert zu sein, dass bei seiner Realisation eine dementsprechende, vom Steuerpflichtigen unbeeinflusste Besteuerung zu erfolgen habe.141 Eine Besteuerung „nach Wahl“ unterlaufe hingegen die Strenge des Legalitätsprinzips.142 Eng verknüpft ist dieses Gebot mit der Forderung nach einer „Objektivierung der Gewinnermittlung“.143 Letztere zielt darauf ab, die steuerliche Bemessungsgrundlage von subjektiven Wertungen zu befreien, mit deren Hilfe der Steuerpflichtige vermeintlich eine niedrigere steuerliche Belastung erreichen kann.144 Der Steuerpflichtige soll seine Steuerlast nicht selbst festlegen dürfen.145 Fraglich ist, ob sich dieser Grundsatz aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes tatsächlich ableiten lässt. aa)

Rechtshistorische Intention des Gesetzmäßigkeitspostulats

Vor dem Hintergrund der ursprünglichen Intention des Gesetzmäßigkeitspostulats erscheint ein solcher Schluss kaum zwingend. Durch die Bindung an eine rechtsstaatliche Ordnung sollte vor allem der Einflussbereich der Exekutive (und Judikative) beschränkt werden, was im historischen und dogmatischen Gegensatz zu der Verwaltung eines absoluten Staates steht.146 Auch der Grund138 Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 150; Tipke, StRO I, S. 120 ff.; vgl. auch bereits 6. Teil IV. 1. b) bb) (1) (a), S. 212 ff. 139 Der Grundsatz der „Herrschaft des Gesetzes“ richtet sich verfassungsgeschichtlich in erster Linie an die Adresse der Exekutive, da ihr mit der Etablierung der Herrschaft des Gesetzes ein erhebliches Maß an Bestimmungsmacht im Staate abgetrotzt wurde, vgl. O. Mayer, S. 65. 140 Mit dem Postulat des Erfordernisses einer gesetzlichen Regelung betrifft der „Vorbehalt des Gesetzes“ die Abgrenzung der Wirkungsbereiche von Gesetzgebung und Verwaltung und behandelt damit eine Zentralfrage der Gewaltenteilung, vgl. Isensee/KirchhofOssenbühl, V, § 101, Rn. 11 f. 141 Kammann, StuW 1978, 108, 109. 142 Schick, S. 50; Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 160. So für steuerliche Wahlrechte im Ergebnis auch Weber-Grellet, StbJb 1994/95, 97, 104 f.; Werndl, ÖStZ 1997, 189, 192. 143 So Weber-Grellet, DB 1997, 2233, 2238. 144 Niemann, IFSt-Schrift Nr. 387, S. 109 f.; Schlotter, S. 235. 145 BFH vom 20.01.1999 – I R 32/98, BStBl. II 1999, 369, 370; Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2002, 2372, 2379. 146 Stern, § 20 I 2, S. 771. Vgl. auch Maunz/Dürig/Herzog-Grzeszick, Art. 20 VI, Rn. 77, der darauf hinweist, dass es im 19. Jahrhundert vor allem darum ging, den Einfluss der Parlamente gegenüber der monarchisch legitimierten und gesteuerten Exekutive zu erweitern.

299

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

satz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung wendet sich insofern primär gegen die Willkür der Verwaltung.147 Die Exekutive (und auch die Judikative) dürfen keine Steuern erfinden und solche auch nicht nach ihrem Ermessen festsetzen.148 Unterstellt man aber, dass das fragliche gesetzliche Wahlrecht eine hinreichend bestimmte Normierung erfahren hat,149 so gehen sowohl der Tatbestand als auch die möglichen Rechtsfolgen deutlich aus dem Gesetz hervor. Zwar verbleibt noch ein Spielraum im Hinblick auf die dann konkret einschlägige Rechtsfolge. Die Entscheidung über den Eintritt bestimmter Rechtsfolgen obliegt hier aber nicht der Behörde, sondern dem Betroffenen selbst.150 Die konkrete Besteuerungsfolge steht mithin im ausschließlichen Einflussbereich des Steuerpflichtigen, ohne dass sich seitens der Exekutive oder Judikative hierauf noch Einfluss nehmen ließe; zumindest die originäre Intention des Gesetzmäßigkeitsgrundsatzes bliebe damit auch im Falle steuerrechtlicher Wahlrechte gewahrt. bb)

Rechtssicherheit und Übermaßverbot

Schlotter151 erblickt demgegenüber den verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt für die Notwendigkeit von Objektivität im Steuerrecht vor allem im Gebot der Rechtssicherheit und dem Übermaßverbot; beide führten zu der Forderung, die auf Grundlage eines Steuerbilanzrechts ermittelten Werte nachprüfbar und willkürfrei zu gestalten. Es erscheint allerdings zweifelhaft, dass sich auf diesem Wege das Gebot einer „Zwangsläufigkeit der Besteuerung“ begründen lässt. Auch das Übermaßverbot (bzw. der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) findet seine Rechtsgrundlage im Rechtsstaatsprinzip.152 Ihm liegt der Gedanke zugrunde, dass staatliche Maßnahmen nicht prinzipiell unbegrenzt und unbegründet sein dürfen, sondern ihre Rechtfertigung in einem benennbaren Zweck haben müssen und an diesem Zweck auch gemessen werden müssen.153 Das Übermaßverbot soll damit sicherstellen, dass der Bürger der staatlichen Gewalt nicht unbegrenzt und willkürlich ausgeliefert ist.154 Als Schutzinstrument richtet es sich insofern gegen die Exekutive, nicht aber gegen den Bürger und ist damit auch nicht geeignet, das Zugeständnis von Ermessensspielräumen an den Steuerpflichtigen zu untersagen. 147 Zur historischen Entwicklung vgl. Birk, StuW 1989, 212, 213. 148 Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 158. 149 Ob dies für die vorliegende Regelung des § 5 Abs. 1a EStG der Fall ist, soll nachfolgend untersucht werden, vgl. 7. Teil I. 2. b), S. 303 ff. 150 Vgl. Birk, NJW 1984, 1325, 1326. 151 Schlotter, S. 235. Vgl. auch BFH vom 07.08.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632, 635; Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301, 313. 152 BVerfGE 23, 127, 133; 86, 288, 347; 90, 145, 173; Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 20 R, Rn. 179; Sachs-Sachs, Art. 20, Rn. 146. 153 Maunz/Dürig/Herzog-Grzeszick, Art. 20 VII, Rn. 107. Vgl. hierzu auch Dreier-SchulzeFielitz, Art. 20 R, Rn. 179. 154 Maunz/Dürig/Herzog-Grzeszick, Art. 20 VII, Rn. 107.

300

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Entsprechendes ergibt sich mit Blick auf das Gebot der Rechtssicherheit. Hinter dem Gebot der Rechtssicherheit verbirgt sich die rechtsstaatliche Forderung, dass staatliche Hoheitsakte einerseits so klar und bestimmt und andererseits so beständig sind, dass sich der Bürger auf sie hinreichend verlassen kann.155 Zwar wirkt das Rechtssicherheitspostulat in seiner Ausgestaltung als Gebot der Rechts- und Bestandskraft staatlicher Entscheidungen nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten des Adressaten.156 Überwiegend zielt seine Schutzrichtung jedoch – ähnlich der des Übermaßverbotes – auf einen Schutz des Bürgers, der einer kontinuierlichen Rechtsordnung bedarf, um sich frei entfalten zu können.157 Die Gewährung steuerlicher Wahlrechte bzw. Gestaltungsspielräume steht diesem Anliegen nicht entgegen. Ist dem Bürger insoweit klar aufgezeigt, welche Entscheidungsalternativen sich ihm bieten, und wird ihm ersichtlich, welche Konsequenzen hieraus resultieren, so ist das erforderliche Maß an Rechtssicherheit gegeben.158 Es fehlt insofern an der für die Rechtssicherheit schädlichen Unberechenbarkeit, da die Entscheidung im Ermessen des Steuerpflichtigen steht und dieser sich hierauf folglich auch hinreichend einstellen kann.159 Im Ergebnis sind damit weder das Übermaßverbot noch die Forderung nach Rechtssicherheit geeignet, ein Gebot der „Zwangsläufigkeit der Besteuerung“ zu begründen. cc)

Wesentlichkeitsgrundsatz

Durchaus beachtlich ist hingegen der Einwand Tipkes, dass im Falle von Rechtsfolgen-Wahlrechten nicht das demokratisch legitimierte Parlament, sondern der Steuerpflichtige selbst über die Rechtsfolge bestimmt. Hierin liege ein Verstoß gegen das Gesetzmäßigkeitsprinzip.160 Beruft man sich auf den Entscheidungsumfang des Parlaments, so geht es im Kern um den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten „Wesentlichkeitsgrundsatz“.161 Betroffen ist dabei die demokratische Säule des steuerlichen Legalitätsprinzips. Die zur Gesetzgebung legitimierte Legislative soll ihrer Verantwortung gerecht werden und alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Gewährt sie hingegen ein Wahlrecht, so überlässt sie die Rechtsfolgenentscheidung dem Steuerpflichtigen; eine unzulässige Delegation ließe sich vermuten.162 155 156 157 158

159 160 161 162

Maunz/Dürig/Herzog-Grzeszick, Art. 20 VII, Rn. 50. v. Mangoldt/Klein/Starck-Sommermann, Art. 20 Abs. 3, Rn. 304. v. Mangoldt/Klein/Starck-Sommermann, Art. 20 Abs. 3, Rn. 288. Auf die Gefahr unklarer Konsequenzen der Wahlrechtsausübung wird hingewiesen bei Belser, S. 41, 50 f., 87 ff. Das aus der Wahlrechtsgewährung resultierende Risiko ist jedoch nicht ausreichend, um die Wahlrechtsgewährung gänzlich zu untersagen, vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. d) bb) (2) (b), S. 297. Auch Tipke, StRO I, S. 130 verneint insofern eine Betroffenheit der Rechtssicherheit. Tipke, StRO I, S. 130. Vgl. dazu bereits 6. Teil III. 3. b) bb) (1), S. 201 ff. So im Ergebnis auch Pezzer, DStJG 14 (1991), S. 3, 5 f., der deshalb davon ausgeht, dass Bilanzierungswahlrechte einer besonderen Rechtfertigung bedürfen.

301

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

Dieser Schluss begegnet jedoch – bezogen auf die vorliegende Problematik – mehreren Einwänden. Zunächst ist die Wertung des Wesentlichkeitsgrundsatzes nicht ohne weiteres auf die „faktischen Wahlrechte“ übertragbar. Anders als bei echten Wahlrechten wird hierbei nicht die Rechtsfolgenentscheidung in das Ermessen des Steuerpflichtigen gestellt, sondern ihm verbleibt nur ein erweiterter Spielraum auf der vorgelagerten Ebene der Sachverhaltsgestaltung. Die hinreichende Konkretisierung von Tatbestand und Rechtsfolge, d.h. die eigentliche Besteuerungsentscheidung, ist insofern gar nicht betroffen. Aber auch mit der „echten“ Wahlrechtsnormierung in § 340h Abs. 2 S. 3 HGB und deren steuerlicher Übernahme gem. § 5 Abs. 1a EStG hat der Gesetzgeber eine Entscheidung getroffen: die Entscheidung, dass es bei Verwirklichung eines bestimmten Sachverhaltes eine Bandbreite möglicher Rechtsfolgen geben soll, deren Selektion im Ermessen des Steuerpflichtigen steht. Auch das Handelsrecht enthält eine Vielzahl von Bilanzierungswahlrechten, ohne dass hier eine Verletzung des Wesentlichkeitspostulats moniert würde. Begründen lässt sich dies damit, dass dem Gesetzgeber eine sachgerechte abschließende Beurteilung der Situation unmöglich ist. Er verweist deshalb auf die Entscheidung des Bilanzierenden, damit dieser aufgrund seiner größeren Sachnähe den ökonomisch richtigen Gewinn ansetzen kann.163 Nun lässt sich einwenden, dass es dem Handelsrecht an einer dem Steuerrecht vergleichbaren Eingriffsintensität und Bedeutung für den Staathaushalt mangelt, hier also keine wesentliche Entscheidung vorliege. Auf steuerrechtlicher Ebene ist eine Einordnung als „wesentlich“ aber keinesfalls zwingend. Zwar ist es zutreffend, dass die Grundfragen der Besteuerung durch den parlamentarischen Gesetzgeber zu entscheiden sind. Gewährt dieser dem Steuerpflichtigen jedoch punktuell eine Einflussmöglichkeit, ohne dass sich hieraus allzu große Auswirkungen ergeben, so lässt sich eine Einordnung als „wesentliche Entscheidung“ durchaus anzweifeln. Dies gilt umso mehr, als die Entscheidung vorliegend in das Ermessen des Steuerpflichtigen – und nicht in das der Exekutive oder eines Dritten – gestellt wird, so dass zumindest der Eingriffscharakter des Steuerrechts164 nur in begrenztem Maße zur Begründung der „Wesentlichkeit“ herangezogen werden kann. Übergreifend kommt hinzu, dass es dem Gesetzgeber – abgesehen vom vollständigen Verbot zur Bildung von Bewertungseinheiten – an Möglichkeiten zur Normierung einer gestaltungsresistenten Regelung fehlt.165 Aufgrund der 163 Knobbe-Keuk, § 2 II 3 a), S. 23. Vgl. auch Lang, DStJG 4 (1981), 45, 75. Für steuerliche Zwecke kritisch Pezzer, DStJG 14 (1991), S. 3, 26, der in unsicheren Sachverhaltskonstellationen das Instrument der Schätzung von Besteuerungsgrundlage heranziehen möchte. Dagegen Schön, StuW 1995, 366, 376. 164 Zur Abhängigkeit der Wesentlichkeit von diesen Kriterien, vgl. 6. Teil III. 3 b) bb) (1), S. 201 ff. 165 Vgl. 7. Teil I. 1. c) bb) (2) (b), S. 286 f.

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

zwingenden Anknüpfung an Kriterien wird es stets zu Einflussmöglichkeiten des Steuerpflichtigen kommen, die einer gänzlichen „Zwangsläufigkeit“ der Besteuerung entgegenstehen. Dass eine zwangsläufige Ausgestaltung für den Gesetzgeber aufgrund der Struktur der Problematik praktisch nicht umsetzbar ist, ist aber auch bei der Anwendung des Wesentlichkeitsgrundsatzes zu berücksichtigen. Ergänzt um die doch eher geringen Einflussmöglichkeiten des Steuerpflichtigen wird man daher vorliegend nicht von einem Verstoß gegen das steuerliche Legalitätsprinzip ausgehen können. b)

Bestimmtheitsgebot

Rechtsstaatliche Bedenken bestehen ferner in Hinblick auf die Regelungstechnik des § 5 Abs. 1a EStG. Fraglich ist hierbei, wie es sich auswirkt, dass § 5 Abs. 1a EStG mit der Bezugnahme auf die „Ergebnisse der […] handelsrechtlichen Rechnungslegung“ auf ein Normengefüge verweist, dem es seinerseits an jeglichen Regelungen zum Konstrukt der „Bewertungseinheit“ mangelt. Problematisch ist dies im Hinblick auf das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot,166 durch das der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung von Rechtsnormen konkretisiert wird.167 aa)

Allgemeines

Das Bestimmtheitsgebot gehört zu den Mindestanforderungen rechtsstaatlicher Normgestaltung168 und wendet sich damit grundsätzlich an den Gesetzgeber. Es fordert klare gesetzliche Regelungen, aus denen der Bürger „seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag“.169 Das Bestimmtheitserfordernis gilt sowohl für den Tatbestand als auch für die Rechtsfolge.170 Zu unterscheiden ist es vom Gebot der „Normenklarheit“. Bezeichnet letztere die verfassungsrechtliche Forderung nach möglichst übersichtlichem, widerspruchsfreiem und verständlichem Recht, so versteht man unter dem Bestimmtheitsgrundsatz das Gebot einer begrifflichen Präzision bei der Abfassung von Normen.171

166 Zu den unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Ableitungszusammenhängen des Bestimmtheitsgebots vgl. Jehke, S. 56 ff. 167 Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 167; Tipke, StRO I, S. 137 ff. 168 Vgl. Gassner, ZG 1996, 37, 37 m.w.N. 169 BVerfGE 83, 130, 145 m.w.N. 170 Papier, DStJG 12 (1989), S. 61, 63; Tipke, StRO I, S. 137. 171 BFH vom 06.09.2006 – XI R 26/04, BStBl. II 2007, 167, 173. Vgl. auch Sachs-Sachs, Art. 20, Rn. 126; Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 20, Rn. 129. Zum teilweise abweichenden Begriffsverständnis in der Literatur und in der Rechtsprechung des BVerfG vgl. Jehke, S. 29 f. Letzterer weist zu Recht darauf hin, dass das praktisch Ergebnis für den Rechtsanwender in beiden Kategorien identisch ist: Der Normbefehl geht verloren und der Rechtsanwender bleibt auf sich gestellt, vgl. S. 186.

303

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

(1)

Quantitatives und kompetentielles Element

Formalistisch verstanden erlangt die Bestimmtheit ihre Bedeutung in erster Linie im Hinblick auf das Vertrauen des Bürgers. Orientierungssicherheit im Steuerrecht spielt für das Freiheitsempfinden des Bürgers eine wesentliche Rolle. Entscheidend ist hierbei nicht nur die Stetigkeit der Steuergesetzgebung, sondern gleichfalls die Qualität der Gesetzgebung; auch vage Gesetze können das Vertrauen des Bürgers in die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erschüttern.172 Der Bestimmtheitsgrundsatz dient insofern primär dem Aspekt der Rechtssicherheit und wird insofern als „quantitatives Problem“ verstanden.173 Ergänzend findet sich aber auch eine materielle Prägung. Müssen unbestimmte Rechtsbegriffe nämlich erst noch mit Bedeutung gefüllt und ausgelegt werden, so werden gleichzeitig Entscheidungsbefugnisse übertragen. Es kommt insofern zu einer verdeckten Delegation auf die Rechtsprechung und Verwaltung.174 Dieses „kompetentielle Element“175 wirkt auf die Gewaltenteilung, da sich für Exekutive und Judikative umso mehr Spielräume eröffnen, je unbestimmter ein Gesetz ist.176 Das Bestimmtheitsgebot ist demnach mehr als eine bloß formal verstandene Forderung der Gesetzgebungstechnik, sondern bezieht sich auch auf das Was und Wieviel an Normierung, also auf den Regelungsgehalt der einzelnen Vorschrift.177 Gefordert wird eine bestimmte Regelungsdichte, um dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung hinreichend Rechnung zu tragen. (2)

Voraussehbarkeitsformel des BVerfG

Das BVerfG hat zur Konkretisierung des Bestimmtheitsgrundsatzes für den Bereich des Steuerrechts erstmalig im Beschluss des Zweiten Senats vom 10.10.1961 Stellung genommen. Die Grundsätze des Rechtsstaates forderten hiernach, dass „die Norm, die eine Steuerpflicht begründet, nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass die Steuerlast messbar und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird“.178 Eine Modifikation erfuhr diese Formel kurz darauf im Urteil des Ersten Senats vom 14.12.1965. Unter Verzicht auf die Einschränkung „in gewissem Umfang“ formulierte das Gericht, dass der

172 Jehke, S. 127. Ähnlich auch Hey, S. 547. 173 So Gassner, ZG 1996, 37, 39 m.w.N. Vgl. zu dieser Komponente auch Kamm, S. 89; Stern, § 20 IV 4, S. 829; Tipke, StRO I, S. 137. 174 Jehke, S. 31 m.w.N. 175 Dazu ausführlicher Gassner, ZG 1996, 37, 39. Zu den beiden Komponenten des Grundsatzes der „Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung“ vgl. auch Kamm, S. 86 ff.; Geitmann, S. 22 ff. 176 Jehke, S. 31; Tipke, StRO I, S. 137. 177 Gassner, ZG 1996, 37, 39; näher Geitmann, S. 24 ff. 178 BVerfGE 13, 153, 160.

304

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Grundsatz der „Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung“179 es gebiete, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sind, dass „der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast vorausberechnen kann“. 180 Aber auch diese Abwandlung brachte keine einheitliche Linie in der Rechtsprechung. So wurde auch in späteren Entscheidungen die „Berechenbarkeit“ der Steuerlast teils unter den strengen Kriterien des Ersten Senats,181 teils aber auch unter Rückgriff auf die Formulierung des Zweiten Senats182 gefordert.183 Insgesamt ist dabei die Tendenz erkennbar, dass die „Vorausberechnungsformel“ des Ersten Senats immer dann zum Zuge kommt, wenn die zu überprüfende Regelung von vornherein auf keine ernsthaften Bedenken trifft.184 Trotz der scheinbar strengen Anforderungen an die Bestimmtheit von Steuergesetzen ist die praktische Relevanz der „Vorausberechenbarkeitsformel“ überaus gering. Nicht nur, dass das BVerfG bis heute noch kein Steuergesetz wegen Unbestimmtheit für verfassungswidrig erklärt hat.185 Auch weist Jehke darauf hin, dass es angesichts des Beschlusses vom 09.05.1989186 überaus zweifelhaft sei, ob der Erste Senat überhaupt an seiner Formel festhalte; dass ihr in der wissenschaftlichen Diskussion weiterhin ein großes Gewicht einge-

179 180 181 182 183

Nähere Ausführungen zu dieser Begrifflichkeit bei Jehke, S. 175 ff. BVerfGE 19, 253, 267. BVerfGE 34, 348, 365; 49, 343, 362; 73, 388, 400. BVerfGE 26, 1, 10; 50, 57, 93; 56, 1, 12; 108, 186, 235. Darüber hinaus verwandte der Erste Senat im Beschluss vom 14.03.1967 (BVerfGE 21, 209, 215) die Formulierung, dass dem Bestimmtheitserfordernis bei Steuernormen genügt sei, „wenn der Gesetzgeber die wesentlichen Bestimmungen über die Steuer oder Abgabe mit hinreichender Genauigkeit trifft; er braucht nicht jede einzelne Frage zu entscheiden und ist hierzu angesichts der Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge vielfach auch gar nicht in der Lage.“ So auch BVerfGE 79, 106, 120. Jehke, S. 129 f. sieht hierin aber keinen völlig neuen Ansatz, da im weiteren Verlauf des Urteils die „Berechenbarkeitsformel“ des Zweiten Senats zitiert und somit zumindest an dessen Rechtsprechung angeknüpft würde. 184 So die Feststellung von Jehke, S. 130. 185 Vgl. Jehke, S. 49. Dies hat Papier, DStJG 12 (1989), S. 61, 61 zu der Äußerung veranlasst, dass Verfassungsrecht und Wirklichkeit selten so stark auseinander klafften wie beim Bestimmtheitsgrundsatz allgemein und bei seiner Anwendung auf das Steuerrecht im Besonderen. Ähnliche Kritik auch bei Kunig, S. 234 ff., 402. Eine erste Entscheidung des BVerfG, die ein Gesetz wegen Unbestimmtheit für verfassungswidrig erklärt, könnte im Zusammenhang mit dem derzeit anhängige Verfahren zur Bestimmtheit des § 2 Abs. 3 EStG a.F. (2 BvL 59/06) ergehen, vgl. hierzu auch Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 169. 186 Zum sachlich vergleichbaren Gebührenrecht führt der Erste Senat dazu aus: „Der Einwand fehlender Bestimmtheit […] greift ebenfalls nicht durch. Ihm liegt die zu weit gehende Vorstellung zugrunde, der Staatsbürger müsse sich aus dem Gesetz oder aus untergesetzlichen Normen in jeder Hinsicht absolute Gewissheit über die Höhe des festzusetzenden Wertes verschaffen können.“, BVerfGE 80, 103, 108.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

räumt werde, liege vielmehr daran, dass sie hier ein gewisses Eigenleben entwickelt habe.187 (3)

Relativierung der Bestimmtheitsanforderungen

Begründen lässt sich die praktische Aufweichung der strengen Anforderungen mit einem steuerrechtlichen Zielkonflikt. Zwar bedarf es einerseits formell bestimmter Steuerrechtsnormen, um die Handlungsfreiheit des Steuerpflichtigen nicht übermäßig einzuengen. Andererseits fordert Art. 3 Abs. 1 GG materiell eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip und bedingt insofern ein gewisses Maß an Einzelfallgerechtigkeit. Da ein eng geschnürtes „normatives Korsett“ die Eventualitäten des Lebens aber weniger berücksichtigen kann als „offene Normen“, wird die Möglichkeit des Rechtsanwenders, im Einzelfall gerecht zu entscheiden, durch die Bestimmtheitsanforderung eingeengt.188 Vollständige Rechtssicherheit kann mithin immer nur auf Kosten der Einzelfallgerechtigkeit verwirklicht werden.189 Hinzu kommt, dass das Steuerrecht bereits kraft „Natur der Sache“ nicht in der Lage ist, jede Zweifelsfrage zu regeln, um so eine absolute Vorausberechenbarkeit zu garantieren.190 Dies würde bedeuten, dass in der vielschichtigen Materie des Steuerrechts jede nur erdenkliche Sachverhaltskonstellation durch den Gesetzgeber antizipiert und im Gesetz normiert werden müsste. Auch müssten die Normen so konzipiert sein, dass sie Gestaltungsantworten des Steuerpflichtigen auf sich selbst bereits miterfassen, damit nicht alsbald eine Korrektur erforderlich wird.191 Eine derartige Regelungsdichte ist angesichts der Komplexität des wirtschaftlichen Lebens allerdings kaum denkbar.192 Weder kann der Gesetzgeber – angesichts fehlender Anschauung – jede Einzelfrage vollständig regeln, noch darf er es, soll die gesetzgeberische Aussage doch nicht in enumerativer Kasuistik untergehen.193 Gerade im Bereich des Wirtschafts- und Steuerrechts194 kommt die Gesetzgebung deshalb grundsätzlich ohne die Verwendung von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene nicht aus.195 Erst deren Verwendung erlaubt 187 Jehke, S. 131. Ähnlich auch Eckhoff, S. 288 Fn. 14. 188 Vgl. Braun, VA 76 (1985), 24, 53; Papier, DStJG 12 (1989), S. 61, 67 sowie Geitmann, S. 79 m.w.N. 189 Jehke, S. 132. 190 Jehke, S. 132; Vogel/Waldhoff, Rn. 482. 191 Hey, S. 550. Vgl. auch Papier/Möller, AöR 122 (1997), 177, 187. 192 Hartmann/Walter, S. 116. 193 Hey, S. 550. Vgl. auch BVerfGE 13, 153, 162; Bleckmann, JZ 1995, 685, 686; Eckhoff, S. 302 ff. 194 Auch für andere Rechtsgebiete gilt es als durch ständige Rechtsprechung gesicherte Erkenntnis, dass dem Gesetzgeber nicht generell die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe verboten ist, vgl. Papier/Möller, AöR 122 (1997), S. 177, 184 m.w.N. 195 So die ständige Rspr. des BVerfG, vgl. BVerfGE 13, 153, 161; 48, 210, 222; 78, 214, 226. Vgl. auch Maunz/Dürig/Herzog-Grzeszick, Art. 20 VII, Rn. 62; Papier, DStJG 12

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

eine präzise Wahrnehmung individueller Verhältnisse und schützt vor permanenten Gesetzesänderungen, die ihrerseits wiederum Planungsunsicherheit erzeugen würden.196 Auf der anderen Seite wenden Papier/Möller zutreffend ein, dass es auch nicht überzeuge, allein aufgrund der „Vielgestaltigkeit des Lebens“ oder der „Vielgestaltigkeit der Verhältnisse“ die Bestimmtheitsanforderungen herabzusetzen. Betrifft ein Gesetz so viele Sachverhalte, dass es nicht mehr präzise formuliert werden kann, so müsse der Gesetzgeber daraus die Konsequenz ziehen, die große Anzahl disparater Lebensvorgänge mit mehreren „bestimmten“ Normen zu bewältigen.197 Erst wenn eine präzise einheitliche Regelung für einen einzelnen abgrenzbaren Teilbereich praktisch nicht möglich sei, verringerten sich die Bestimmtheitsanforderungen entsprechend.198 Der Gesetzgeber muss die Normen damit so bestimmt abfassen, „wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist“.199 Für den Bereich des Steuerrechts ist jedoch zu beachten, dass an das Erfordernis der Tatbestandsbestimmtheit hier wegen der besonderen Intensität des Steuereingriffs grundsätzlich gesteigerte Anforderungen zu stellen sind.200 Letztendlich lässt sich aber auch nicht abstrakt feststellen, welche Anforderungen an die Bestimmtheit des Steuerrechts zu stellen sind.201 Stellt man die vorgenannten Aspekte gegenüber, so kann der Bestimmtheitsgrundsatz daher nur im Sinne eines „Optimierungsgebotes“ verstanden werden.202 Bestimmtheit kann stets nur im Rahmen des Angemessenen verlangt werden.203 Der Gesetzgeber ist insofern aufgerufen, einen Ausgleich zwischen notwendiger Offenheit und hinreichender Bestimmtheit herzustellen.204 Im Ergebnis führt dies zu der Frage, in welchem Umfang gesetzgeberische Entscheidungen im Rahmen des Steuerbilanzrechts normiert sein müssen, d.h. zu welchem Präzisionsgrad der Gesetzgeber seine Anordnung formell und materiell im Gesetzestext zu verankern hat.

196 197 198 199 200 201 202

203 204

(1989), S. 61, 67. In anderen Rechtsgebieten als dem Steuerrecht wird die notwendige Offenheit des Gesetzes gesetzestechnisch darüber hinaus auch auf der Rechtsfolgenebene durch Ermessensermächtigungen verwirklicht, vgl. Hey, S. 551. Hey, S. 551; vgl. auch Eckhoff, S. 303. Papier/Möller, AöR 122 (1997), S. 177, 186. Papier/Möller, AöR 122 (1997), S. 177, 186. BVerfGE 49, 168, 181; 59, 104, 114. Vgl. Belser, S. 53; Vogel/Waldhoff, Rn. 482. Vogel/Waldhoff, Rn. 482. Vgl. auch Gassner, ZG 1996, 37, 56; Hey, S. 552. Noch weitergehend Maunz/Dürig/Herzog-Grzeszick, Art. 20 VII Anm. 61, nach dem das Bestimmtheitsgebot allenfalls „Mindestanforderungen“ an die Fassung der Norm stellt. Papier, DStJG 12 (1989), 61, 67; Vogel/Waldhoff, Rn. 482. Hey, S. 552.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

bb)

„Handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“

Exemplarisch lässt sich diese Problematik zunächst anhand des – auch für Zwecke von Bewertungseinheiten wichtigen – Begriffs der „handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ untersuchen. Mit seiner Verweisung auf die GoB umschreibt § 5 Abs. 1 S. 1 EStG einen wichtigen Steuertatbestand mit Hilfe eines unbestimmten Rechtsbegriffes205 in Form einer Generalklausel.206 Dies bedeutet, dass die Frage, ob eine Buchhaltung ordnungsgemäß ist, zunächst nicht eindeutig beantwortet werden kann.207 Eine Betroffenheit des Bestimmtheitsgrundsatzes drängt sich auf. Dennoch fühlte sich Kruse zu der Bemerkung veranlasst, dass es angesichts der anhaltenden Diskussion um das Verhältnis von Handels- und Steuerbilanz „kaum jemandem aufgefallen ist, dass das so sehr auf die Tatbestandsmäßigkeit eines jeden Steueranspruchs bedachte Steuerrecht sich mit einer Verweisung auf die GoB zufrieden gibt.“208 (1)

Unklarheiten im Zusammenhang mit dem Begriff der GoB

In der Tat verlief die Diskussion in dieser Frage eher zurückhaltend.209 Weitestgehend scheint in der heutigen Literatur Konsens zu herrschen, dass der Begriff der GoB der Ausfüllung durch denjenigen bedarf, der ihn anwendet. Hierbei sei es rechtsquellentheoretisch nicht mehr diskussionsbedürftig, dass Recht durch Rechtsprechung entstehen kann.210 Letztlich habe damit der Richter das entscheidende Wort.211 Er könne die GoB mit Hilfe von Prinzipien konkretisieren und das Recht so an die Vielgestaltigkeit und Veränderlichkeit des Wirtschaftslebens anpassen.212 Der mit der Rechtsauslegung der GoB primär befasste BFH213 hat zu dieser Frage in jüngerer Zeit selbst nicht konkret Stellung genommen. Aus älteren Entscheidungen – solchen vor der Teilnormierung der GoB im Jahre 1985 – ergibt sich jedoch, dass das Gericht sich eine entsprechende rechtsschöpferische Aufgabe auch selber zuschreibt.214 205 Zu dieser Einordnung vgl. bereits unter 2. Teil I., S. 21 f. 206 Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 333. Zum Verhältnis von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln vgl. Jehke, S. 36 ff. 207 Hahn, S. 32. 208 Kruse, GoB, S. 3. 209 Nachweis der Unbestimmtheit wohl erstmals bei Jacobs, StuW 1969, Sp. 633, 635 ff. 210 Staub-Hüffer, § 238, Rn. 43. 211 Knobbe-Keuk, § 3 II 1, S. 43. So wohl auch Jacobs, StuW 1969, Sp. 633, 638; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5, Rn. A 181. 212 Tipke/Lang-Hey, § 17, Rn. 60. 213 Dies ergibt sich daraus, dass Bilanzierungsfragen im rein handelsrechtlichen Kontext selten streitanfällig sind, vgl. dazu bereits 3. Teil Fn. 2. 214 So führt der BFH in seiner Entscheidung vom 12.05.1966 – IV 472/60, BStBl. III 1966, 371, 372 aus, dass die Anforderungen an die Redlichkeit und Sorgfalt eines Kaufmanns i.S. der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung „vom Gericht objektiv unter Berücksichtigung des Zwecks der Buchführung […] zu beurteilen“ sind. Bereits Enno Be-

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Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

Im Anschluss an Kruse ist diese Einschätzung durchaus skeptisch zu beurteilen.215 So darf nicht verkannt werden, dass mit dem Verweis auf den unbestimmten Rechtsbegriff der GoB gerade eine Verlagerung der Rechtsschöpfungsfunktion auf die Exekutive bzw. die Jurisdiktion bewirkt wird.216 Zwar hat der Richter bei seiner Auslegung der GoB grundsätzlich auch die handelsrechtlichen Bräuche bzw. die Zwecke des Jahresabschlusses zu berücksichtigen. Er ist jedoch nicht gehalten, sich diesen zu beugen.217 Das Gericht ist vielmehr nur Gesetz und Recht unterworfen, nicht auch außerrechtlichen Wertvorstellungen; ob es diese aufnimmt, kann nur Gegenstand einer Willensentscheidung sein.218 Der Richter hat insofern dieselbe Entscheidungsfreiheit wie der Gesetzgeber und kann sich aus der Fülle der außerrechtlichen Wertvorstellungen jene auswählen, die ihm besonders gewichtig erscheinen.219 Diese „Freiheit“ erscheint bereits vor dem Aspekt des Wesentlichkeitsgrundsatzes und der Gewaltenteilung überaus problematisch. Hinzu kommt, dass die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung auch der Rechtssicherheit dient und eine gewisse Vorhersehbarkeit der Steuerfestsetzung gewährleisten soll.220 Hahn221 weist deshalb zu Recht darauf hin, dass gerade im Hinblick auf das Bilanzsteuerrecht – angesichts seiner unmittelbaren Auswirkung auf die Steuerbelastung – an sich eine eingehende und detaillierte Kodifizierung zu erwarten wäre. Seit der Kodifizierung eines weitgehenden Teils der GoB durch das Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985222 hat sich die vorgenannte Problematik etwas entschärft. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG bezieht sich nun nicht mehr vollumfänglich auf „nebengesetzliche“ Regelungen, sondern kann mit seiner Verweisung auf ein umfassendes Normensystem zurückgreifen. In Rechtsprechung223 und Literatur224 wird daher teilweise von einer hinreichenden Bestimmtheit der Verweisung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ausgegangen. Hinsichtlich des konkret normierten Teils der GoB ist dem beizupflichten. Insbesondere erscheint es unschädlich, dass das Normengefüge der GoB als Verweisungsziel nicht Bestandteil des EStG ist. Im Hinblick auf die Bestimmtheit macht es insofern tatsächlich keinen Unterschied, ob die Kodifizierung Teil der steuerlichen Ge-

215 216 217 218 219 220 221 222 223 224

cker, § 13 Bem. 19 hatte dazu festgestellt, dass dem RFH auf dem Gebiet der GoB „rechtsschöpferische Aufgaben zugewiesen sind“. Vgl. Kruse, GoB, S. 132 ff. Hahn, S. 33. Kruse, GoB, S. 132. Kruse, GoB, S. 132. Kruse, GoB, S. 133. Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 2. b) aa) (1), S. 304 f. Hahn, S. 34. Vgl. dazu bereits 2. Teil I., S. 21 f. BFH vom 06.12.1996 – I B 40/96, BFH/NV 1997, 474, 474. Dauber, S. 88; Papier, DStJG 12 (1989), 61, 68 f.

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Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

setzgebung ist oder sich diese auf konkrete Regelungen in anderen Rechtsmaterien bezieht.225 Mathiak226 stellt allerdings zutreffend fest, dass sich die GoB trotz fortschreitender Kodifizierung in gewissen Bereichen einer Festlegung entziehen. Der steuerpflichtige Gewerbetreibende sei jedenfalls weit davon entfernt, aus dem Gesetzestext seinen Gewinn und die hierauf entfallende Einkommensteuerbelastung errechnen zu können. Dies gilt einerseits für den noch nicht normierten Teil der anerkannten GoB,227 andererseits aber auch für gesetzlich ungeklärte Einzelfragen, wie die vorliegende der Bewertungseinheiten. (2)

Stellungnahme

Überprüft man die Einhaltung des Bestimmtheitsgebotes in Bezug auf § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, so gilt es zweierlei zu beachten. Zum einen weist Kruse228 richtigerweise darauf hin, dass alle Gesetzesbegriffe – seien sie unbestimmt oder vermeintlich bestimmt – einen vom Richter auszufüllenden Spielraum enthalten. Insofern besteht folglich kein essentieller, sondern nur ein gradueller Unterschied. Zum anderen ist jede Steigerung des Bestimmtheitsgrades – wie bereits dargelegt229 – mit einer Einbuße an Einzelfallgerechtigkeit und Flexibilität der Rechtsordnung verbunden. Gerade im Bilanzsteuerrecht besteht aber ein gesteigertes Bedürfnis nach Flexibilität.230 Aufgabe dieser Rechtsmaterie ist es, komplexe wirtschaftliche Sachverhalte aufzugreifen und zu einer konkreten Steuerbemessungsgrundlage zu verdichten. Sie hat dabei eine Kumulation vielfältiger Geschäftsvorfälle abzubilden, die teilweise in gegenseitiger Beziehung stehen und aufgrund der Dynamik des Wirtschaftslebens eine hohe Variationsbreite gewinnen. Eine detaillierte Kodifizierung sämtlicher denkbarer Konstellationen ist mithin weder möglich noch wünschenswert. Maßstab der hinreichenden Bestimmtheit kann für den Bereich des Bilanzsteuerrechts mithin kein Gesetzesperfektionismus sein. Allein die bloße Auslegungsbedürftigkeit einer Norm führt nicht zum Fehlen der rechtsstaatlich

225 Dauber, S. 88; Papier, DStJG 12 (1989), 61, 68 f. Allgemein zur Zulässigkeit der Verweisung auf andere Gesetze vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck-Sommermann, Art. 20 Abs. 3, Rn. 290. Unter dem Aspekt der Rechtssetzungsbefugnis problematisch sind dabei sog. „dynamische Verweisungen“, die auf Regelungen eines anderen Gesetzgebers verweisen, vgl. Sachs-Sachs, Art. 20, Rn. 123a. Vorliegend ist dies jedoch unproblematisch, da sowohl das EStG bzw. KStG als auch das HGB der Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers unterfallen. 226 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Mathiak, § 5, Rn. A 181. 227 Vgl. zu diesen Kirchhof-Crezelius, § 5, Rn. 42. 228 Kruse, GoB, S. 169 m.w.N. 229 Vgl. hierzu 7. Teil I. 2. b) aa) (3), S. 306 ff. 230 So auch Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 335.

310

Bedenken gegen § 5 Abs. 1a EStG

gebotenen Bestimmtheit.231 Allerdings müssen auch die sog. „GoB“ auslegungsfähig bleiben. Der zur Lösung einer konkreten Bilanzierungs- oder Bewertungsfrage benötigte Rechtssatz muss sich unter Heranziehung aller Erkenntnismöglichkeiten im Wege der Auslegung ableiten lassen.232 Im Rahmen des Angemessenen („Optimierungsgebot“)233 kommt es insofern darauf an, ob der unbestimmte Rechtsbegriff der GoB – und damit auch die nicht konkret normierte Rechtsfrage – infolge des Rückgriffs auf eine Regelungsmaterie hinreichende Aussagekraft erfährt oder ob er als system-, bezugs- und traditionslose Zweckschöpfung speziell des Steuerrechts einer solchen Konkretisierung und Maßstabbildung „von außen“ völlig unzugänglich ist.234 Zwar lassen sich im Rahmen der Auslegung auch Gepflogenheiten der Praxis ergänzend berücksichtigen, wie sie sich aus dem Schrifttum und Stellungnahmen der Fachöffentlichkeit ergeben. Sie können für die Entscheidung einer Rechtsfrage aber weder ausschlaggebend sein, noch sind sie zielführend, wenn sich in der Praxis unterschiedliche Anschauungen gebildet haben.235 Für Bestimmtheitszwecke ist vielmehr auch hinsichtlich der steuerlichen Bezugnahme auf die „GoB“ erforderlich, dass – wenn auch in reduziertem Maße – objektive Kriterien für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes vorhanden sind, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen.236 Vergleichbare Anforderungen ergeben sich auch in Hinblick auf das Gebot der Justiziabilität,237 denn der durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierte Rechtsschutz liefe leer, wäre ein vom Richter anzuwendendes Gesetz so unbestimmt, dass er ihm nicht entnehmen könnte, welche Maximen es für die Streitentscheidung statuiert.238 cc)

Bewertungseinheiten i.S.v. § 5 Abs. 1a EStG

Anhand dieser Erkenntnisse gilt es nunmehr zu untersuchen, ob § 5 Abs. 1a EStG mit dem Verweis auf die „Ergebnisse der handelsrechtlichen Rechnungslegung“ für Zwecke der steuerlichen Übernahme von „Bewertungseinheiten“ eine hinreichend bestimmte Regelung getroffen hat. Zumindest nach geltender Rechtslage, d.h. insbesondere beim Ausschluss handelsrechtswidrig 231 So allgemein die ständige Rechtsprechung vgl. BVerfGE 19, 166, 177; 21, 210, 215; 79, 106, 120; vgl. auch H/H/S-Birk/Barth, § 4, Rn. 686 m.w.N.; Birk/Kulosa, FR 1999, 433, 435. 232 Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 333. 233 Vgl. dazu 7. Teil I. 2. b) aa) (3), S. 306 ff. 234 So auch Papier, DStJG 12 (1989), S. 61, 68 f. 235 Thiel/Lüdtke-Handjery, Rn. 333. 236 So allgemein zu unbestimmten Rechtsbegriffen im Steuerrecht auch BVerfG 21, 73, 80 f.; Birk/Kulosa, FR 1999, 433, 435; Papier, DStJG 12 (1989), S. 61, 68; Pezzer, DStJG 14 (1991), S. 3, 5 f. 237 Vgl. dazu BVerfGE 21, 73, 79; 59, 104, 114; 63, 312, 323 f.; 78, 214, 226; Hartmann/Walter, S. 117; Hey, S. 553. 238 Jachmann, S. 669 f. Ähnlich auch BVerfGE 52, 1, 41; Braun, VA 76 (1985), 24, 53 f.

311

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

gebildeter Bewertungseinheiten, ist dem Rechnung getragen.239 Gesetzliche Grundlagen für die Bildung von Bewertungseinheiten sind §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB, 340h Abs. 2 HGB und ein teleologisch reduzierter § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB. Wie aufgezeigt, lassen sich hieraus hinreichende gesetzgeberische Wertungen ableiten, um dezidierte Anforderungen an die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten zu formulieren.240 Für die auf einem teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB beruhenden Bewertungseinheiten ergibt sich die hinreichende Konkretisierbarkeit dabei vor allem unter Rückgriff auf den Einzelbewertungsgrundsatz. In Form der Konkretisierungsfunktion für das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB niedergelegte Imparitätsprinzip und dem Objektivierungsgebot enthält § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zwei maßgebliche Leitgedanken. Beide Zielsetzungen gelten unbedingt für alle Bewertungsfragen und beinhalten insofern keine Ausnahmen für Zwecke der kompensatorischen Gesamtbewertung. Dieses Zweckkorsett ermöglicht es dem Rechtsanwender, die Fälle der Erforderlichkeit von Bewertungseinheiten konkret zu bestimmen und zugleich deren Grenzen festzulegen. Es bestehen damit gesetzlich normierte, d.h. objektivierte und hinreichend bestimmte Kriterien, die Rechtssicherheit gewährleisten, der Gewaltenteilung Rechnung tragen und eine Justiziabilität ermöglichen. Auch für die auf §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB basierenden Bewertungseinheiten gilt nichts anderes. Zwar ermöglicht § 252 Abs. 2 HGB ein Abweichen von den in Abs. 1 kodifizierten Maximen. Allerdings können diese auch durch § 264 Abs. 2 HGB nicht gänzlich verdrängt werden. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Kodifizierung des Einblicksgebots nur die Objektivierungsfunktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB dahingehend modifiziert, dass informatorischen Belangen hier eine gesteigerte Bedeutung zukommt. Es verbleiben damit aber immer noch der sichere Risikoausschluss und eine hinreichende Nachvollziehbarkeit als gesetzgeberische Wertungen, die das Gebot zur Bildung von Bewertungseinheiten inhaltlich begrenzen. Erheblich aufgeweicht werden die legislativen Vorgaben indes, wenn § 340h Abs. 2 S. 3 HGB auch im Fall einer (einfachen) „Deckung in derselben Währung“ die Gesamtbewertung für zulässig erklärt. Auf die bereits behandelte Problematik, ob der Wesentlichkeitsgrundsatz – und damit gleichzeitig das darauf basierende „kompetentielle Element“ des Bestimmtheitsgebotes – zu einem „Gebot der Zwangsläufigkeit der Besteuerung“, d.h. zum Ausschluss von Wahlrechten führt, soll in diesem Zusammenhang nicht erneut eingegangen werden.241 Betroffen ist vielmehr die Frage, ob der Gesetzgeber in § 340h Abs. 2 S. 3 HGB detaillierter hätte kodifizieren müssen, in welchen Konstella239 Zu der geänderten Beurteilung infolge des BilMoG vgl. 8. Teil IV. 3. c) aa) (2), S. 375 f. 240 Vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter 4. Teil VI., S. 95 ff. und VII., S. 138 ff. 241 Siehe dazu bereits 7. Teil I. 2. a) cc), S. 301 ff.

312

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

tionen und unter welchen Voraussetzungen von einer (einfachen) „Deckung“ ausgegangen werden kann. Die Feststellung der bestehenden Deckung eröffnet den Anwendungsbereich der Vorschrift und ermöglicht so überhaupt erst die Wahlrechtsausübung. Diesbezüglich wird man jedoch auch im Hinblick auf § 340h Abs. 2 S. 3 HGB keinen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz annehmen können. Für eine hinreichende Bestimmtheit spricht zunächst die inhaltliche Beschränkung der Norm. § 340h Abs. 2 S. 3 HGB ist auf Deckungen in „derselben Währung“ begrenzt, womit einerseits nur Währungskursrisiken erfasst und andererseits Cross- sowie Global-Hedges vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass im Bankensektor verhältnismäßig strenge aufsichtsrechtliche Regularien bestehen.242 Vom Regelungsbereich der Norm können somit bereits unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten nur Hedging-Modelle erfasst sein, die auch den Anforderungen der Bankenaufsicht genügen. Ergänzen lässt sich diese inhaltliche Beschränkung um ein praktisches Bedürfnis nach Flexibilität. Gerade im Bankensektor unterliegen die Sicherungstechniken einer rasanten Fortentwicklung, womit jede detaillierte Kodifizierung der erfassten Hedging-Modelle innerhalb kürzester Zeit überholt wäre. Berücksichtigt man dies vor dem Hintergrund eines als „Optimierungsgebot“ verstandenen Bestimmtheitsgrundsatzes, so bilden die benannten Eingrenzungen ein hinreichendes Korsett, um der Bestimmtheitsanforderung gerecht zu werden.

3.

Zwischenergebnis

Im Ergebnis lässt sich damit feststellen, dass § 5 Abs. 1a EStG auf Grundlage des aktuellen Handelsrechts weder unter dem Aspekt der Steuergerechtigkeit noch dem des steuerlichen Legalitätsprinzips gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben verstößt. Im Hinblick auf die nach § 340h Abs. 2 S. 2 HGB vorzunehmende kompensatorische Bewertung gilt dies jedoch nur insoweit, als man das Tatbestandsmerkmal der „Ergebnisse der [,,,] Bewertungseinheiten“ in § 5 Abs. 1a EStG dergestalt auslegt, dass überschießende Gewinnanteile hiervon nicht erfasst sind.

II.

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

Verfassungsrechtlich bedenklich i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG sind auch die zu § 5 Abs. 4a S. 2 EStG gefundenen Ergebnisse. Probleme ergeben sich dabei vor allem angesichts der dargelegten Gestaltungsspielräume.

242 Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. d) bb) (2) (a) (aa), S. 295 f.

313

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

tionen und unter welchen Voraussetzungen von einer (einfachen) „Deckung“ ausgegangen werden kann. Die Feststellung der bestehenden Deckung eröffnet den Anwendungsbereich der Vorschrift und ermöglicht so überhaupt erst die Wahlrechtsausübung. Diesbezüglich wird man jedoch auch im Hinblick auf § 340h Abs. 2 S. 3 HGB keinen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz annehmen können. Für eine hinreichende Bestimmtheit spricht zunächst die inhaltliche Beschränkung der Norm. § 340h Abs. 2 S. 3 HGB ist auf Deckungen in „derselben Währung“ begrenzt, womit einerseits nur Währungskursrisiken erfasst und andererseits Cross- sowie Global-Hedges vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass im Bankensektor verhältnismäßig strenge aufsichtsrechtliche Regularien bestehen.242 Vom Regelungsbereich der Norm können somit bereits unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten nur Hedging-Modelle erfasst sein, die auch den Anforderungen der Bankenaufsicht genügen. Ergänzen lässt sich diese inhaltliche Beschränkung um ein praktisches Bedürfnis nach Flexibilität. Gerade im Bankensektor unterliegen die Sicherungstechniken einer rasanten Fortentwicklung, womit jede detaillierte Kodifizierung der erfassten Hedging-Modelle innerhalb kürzester Zeit überholt wäre. Berücksichtigt man dies vor dem Hintergrund eines als „Optimierungsgebot“ verstandenen Bestimmtheitsgrundsatzes, so bilden die benannten Eingrenzungen ein hinreichendes Korsett, um der Bestimmtheitsanforderung gerecht zu werden.

3.

Zwischenergebnis

Im Ergebnis lässt sich damit feststellen, dass § 5 Abs. 1a EStG auf Grundlage des aktuellen Handelsrechts weder unter dem Aspekt der Steuergerechtigkeit noch dem des steuerlichen Legalitätsprinzips gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben verstößt. Im Hinblick auf die nach § 340h Abs. 2 S. 2 HGB vorzunehmende kompensatorische Bewertung gilt dies jedoch nur insoweit, als man das Tatbestandsmerkmal der „Ergebnisse der [,,,] Bewertungseinheiten“ in § 5 Abs. 1a EStG dergestalt auslegt, dass überschießende Gewinnanteile hiervon nicht erfasst sind.

II.

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

Verfassungsrechtlich bedenklich i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG sind auch die zu § 5 Abs. 4a S. 2 EStG gefundenen Ergebnisse. Probleme ergeben sich dabei vor allem angesichts der dargelegten Gestaltungsspielräume.

242 Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. d) bb) (2) (a) (aa), S. 295 f.

313

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

1.

Ungleichbehandlung

Im Rahmen des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG erhalten Steuerpflichtige die Möglichkeit, durch die Zuordnung von Geschäften zu einer Bewertungseinheit eine bilanzielle Verlustberücksichtigung zu bewirken. Zwar ist dies zunächst insoweit unproblematisch, als die Drohverlustrückstellung i.S.d. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG anteilig nur ein Surrogat für an sich vorzunehmende Teilwertabschreibungen darstellt; in diesem Rahmen ist die Norm ergebnisneutral. Konflikte ergeben sich jedoch hinsichtlich der im negativen Überschuss enthaltenen Verluste aus schwebenden Geschäften. Denjenigen Steuerpflichtigen, die Bewertungseinheiten bilden dürfen, bietet § 5 Abs. 4a S. 2 EStG damit die Möglichkeit, verlustträchtige schwebende Geschäfte – entgegen dem eigentlichen Passivierungsverbot und ohne dass eine betragskongruente Deckung vorliegt – allein durch die Aufnahme in die Bewertungseinheit auch steuerlich erfolgswirksam zu behandeln.243 Eine relevante Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen Steuerpflichtigen, die insgesamt keine Bewertungseinheiten bilden dürfen bzw. zu denjenigen, denen mangels Branchen- oder Rechtsformzugehörigkeit keine kompensatorische Bewertungsmöglichkeit gem. §§ 252 Abs. 2, 264 Abs. 2 HGB bzw. § 340h BGB zusteht, ist die Konsequenz.

2.

Rechtfertigung

Derartige Ungleichbehandlungen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung. a)

Vermeidung von Verstößen gegen das Folgerichtigkeitsgebot

Ähnliche Überlegungen ergaben sich bereits im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1a EStG,244 so dass zu erwägen ist, die dortigen Rechtfertigungsansätze zu übertragen. Die Situation ist vorliegend jedoch ein andere. Rechtfertigen sich die bei § 5 Abs. 1a EStG auftretenden Gestaltungsspielräume dadurch, dass die Norm im Gegenzug (zumindest teilweise) die Antizipation wirtschaftlich nicht drohender Verluste – und damit eine Verletzung des Folgerichtigkeitspostulats – verhindert,245 so hat § 5 Abs. 4a S. 2 EStG die gegenläufige Wirkung. Die Norm ermöglicht gerade eine über das allgemeine Passivierungsverbot hinausgehende Verlustantizipation. Sie ist folglich nicht geeignet, die fraglichen Folgerichtigkeitsverletzungen und die damit gleichzeitig indizierten Verletzungen des Leistungsfähigkeitsprinzips zu unterbinden, so dass dieser Rechtfertigungsgrund entfällt.

243 Entsprechendes gilt die den Buchwert überschreitenden Verluste aus bilanzierten Positionen. 244 Vgl. dazu 7. Teil I. 1. a) cc) (3), S. 280 und c), S. 281 ff. 245 Vgl. dazu 7. Teil I. 1. a) cc) (3), S. 280.

314

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

b)

Vereinfachungsfunktion

Eine Rechtfertigung könnte sich allerdings aus der von der Bundesregierung vorgetragenen Vereinfachungsfunktion des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ergeben. Zwar dient die Norm auch insoweit der Praktikabilität, als sie es dem Bilanzierenden ermöglicht, die handelsrechtlichen Ergebnisse ohne Modifikation in die Steuerbilanz zu übernehmen; sie ist damit grundsätzlich zu einer Rechtfertigung der Ungleichbehandlung geeignet. Zu beachten ist jedoch, dass derartigen Praktikabilitätserwägungen kein uneingeschränkter Vorrang gegenüber anderen steuerlichen Postulaten zukommt. Wie bereits ausgeführt, bedarf es vielmehr einer Abwägung zwischen den Grundsätzen der Praktikabilität und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.246 Aufgrund der sich aus § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ergebenden weit reichenden Gestaltungsmöglichkeiten ist vorliegend von einer erheblichen Ungleichbehandlung auszugehen. Eine solche lässt sich grundsätzlich nur beim Vorliegen gewichtiger Gründe rechtfertigen.247 Allein die von der Regierungsbegründung vorgetragenen Praktikabilitätserwägungen reichen insoweit nicht aus. Als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommt jedoch die – zwar gleichfalls vereinfachende, aber inhaltlich über die o.g. Praktikabilitätserwägung hinausgehende – Funktion der Regelung, praktische Probleme bei der Zuordnung der Verlustüberhänge einer Bewertungseinheit zu vermeiden und die hierdurch drohende Vereitelung von Teilwertabschreibungen zu kompensieren.248 § 5 Abs. 4a S. 2 EStG hat insofern eine typisierende Wirkung: Da sich praktisch nicht konkret zuordnen lässt, inwieweit der Verlustüberhang zu Teilwertabschreibungen und inwieweit er zu Drohverlustrückstellungen führt, wird insgesamt pauschal eine als „technische Drohverlustrückstellung“ anzusetzende Teilwertabschreibung angenommen. aa)

Generelle Zulässigkeit von Typisierungen

Die Normierung einer derartigen Typisierung ist dem Grunde nach unbedenklich. Aufgrund der Einordnung des Steuerrechts als Massenfallrecht sieht das Bundesverfassungsgericht in der Verwendung von Typisierungen, Pauschalierungen und Generalisierungen keinen grundsätzlichen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.249 Unter Praktikabilitätsge246 Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. a) cc) (3), S. 280. 247 Zur Abhängigkeit der Rechtfertigungsanforderungen von der Intensität der Ungleichbehandlung vgl. Kischel, AöR 124 (1999), 189 und 198 f.; Maunz/Dürig/Herzog-Herzog, Anh. Art. 3, Rn. 10. 248 Vgl. dazu bereits 6. Teil V. 1. b), S. 238 f. 249 So die ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. BVerfGE 21, 12, 27; 29, 402, 412; 78, 214, 226 ff..; 81, 108, 119; 84, 348, 359; 87, 153, 172; 96, 1, 6. Bejaht wird eine Typisierungsnotwendigkeit auch von Kirchhof, in: FS Tipke, 27, 43 ff.; Kirchhof, DStJG 21 (1998), S. 9 ff.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, § 2 III 2 c), S. 49. Eher kritisch Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29 ff.; Waldhoff, S. 5. Zur historischen Entwicklung der Dis-

315

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

sichtspunkten ist der Gesetzgeber vielmehr berechtigt, von dem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den vorliegenden Erfahrungen ergibt;250 er kann eine „Durchschnittsnormalität“ fixieren, auch wenn diese im Einzelfall Ungleichbehandlungen erzeugt.251 Um die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht unnötig zu verkomplizieren, müssen dabei auch gewisse, in ihrer Auswirkung jedoch nicht schwerwiegende Mängel dieser Bemessungsgrundlage in Kauf genommen werden.252 Die fragliche Ungleichbehandlung ließe sich insofern grundsätzlich rechtfertigen. bb)

Grenzen der Typisierung

Problematisch erscheint allerdings, dass die rechtlich gebotenen Teilwertabschreibungen tatsächlich nur einen Teil des gesamten Verlustüberhangs darstellen. Dennoch erlaubt es der Gesetzgeber, deren Ausfall durch einen vollumfänglichen Ansatz des gesamten Verlustüberhangs zu kompensieren. Die typisierende Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers gilt hierbei nicht unbeschränkt. So muss für Typisierungen zunächst ein Bedürfnis bestehen.253 Gleichfalls müssen sie zur Vereinfachung geeignet sein und dürfen nicht unverhältnismäßig wirken.254 Einer Typisierung sind damit gewisse äußerste Grenzen gesetzt – die wirtschaftlich ungleiche Wirkung einer Regelung darf ein gewisses Maß nicht überschreiten.255 Ungleichheiten sind von den Betroffenen nur hinzunehmen, wenn Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen.256 Der Ansatz einer technischen Drohverlustrückstellung ist zwar grundsätzlich zur Vereinfachung geeignet. Zweifelhaft erscheint jedoch die Verhältnismäßigkeit der pauschalen Rückstellungsbildung. So dürfen die durch eine Typisierung eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten grundsätzlich nur eine kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz darf nicht sehr intensiv sein.257 Dies bedingt, dass der Gesetzgeber für Pau-

250 251 252 253 254 255 256 257

316

kussion über die Zulässigkeit von Typisierungen vgl. Tipke/Kruse-Drüen, § 4, Rn. 389 ff. BVerfGE 11, 245, 254; 78, 214, 227. Ähnlich auch BVerfGE 96, 1, 7. Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 132. BVerfGE 29, 402, 412. vgl. auch BVerfGE 13, 331, 341. BVerfGE 71, 146, 157. Tipke/Lang-Lang, § 4, Rn. 132. Ähnlich auch Belser, S. 107 f. BVerfGE 21, 12, 27; ähnlich auch BVerfGE 13, 331, 341. BVerfGE 21, 12, 27. BVerfGE 25, 101, 109 f.; 26, 265, 275 f.; 27, 220, 230; 28, 227, 242; 36, 126, 134; 84, 348, 360. Außerhalb des steuerlichen Bereichs so auch BVerfGE 42, 176, 185; 63, 119, 128.

Bedenken gegen § 5 Abs. 4a S. 2 EStG

schalierungen und Generalisierungen auch keine atypischen Fälle als Leitbild wählen darf.258 Der Gesetzgeber möchte mit § 5 Abs. 4a S. 2 EStG erreichen, dass Zuordnungsschwierigkeiten bei – steuerlich zulässigen – Teilwertabschreibungen umgangen werden. Lässt er dazu im Rahmen der Norm sämtliche überschießende Verluste der Bewertungseinheit zum Abzug zu, so basiert die Regelung auf dem Leitbild, dass es sich bei den Verlusten einer Bewertungseinheit überwiegend um Verluste handelt, die auch in Form von Teilwertabschreibungen Berücksichtigung finden könnten. Dieses Leitbild entspricht jedoch nicht der Lebensrealität. Angesichts des florierenden Handels mit sog. – regelmäßig bilanzunwirksamen – Finanzinnovationen259 liegt es außerhalb der Lebenserfahrung, dass der Verlustüberhang nicht zumindest anteilig auch aus schwebenden Geschäften resultiert. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG normiert damit keine angemessene „Durchschnittsnormalität“; sie bildet insofern keine verhältnismäßige Regelung, um die Praktikabilitätsschwierigkeiten bei der Vornahme von Teilwertabschreibungen innerhalb der Bewertungseinheit auszugleichen. Auf der Grundlage eines derartigen Leitbildes hätte keine typisierende Regelung erfolgen dürfen. Die mit der Typisierung verbundene Ungleichbehandlung ist somit nicht gerechtfertigt.

3.

Zwischenergebnis

Aufgrund des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist die typisierende Norm des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung verfassungswidrig. Um einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, ließe sich zunächst überlegen, die Ansatzfähigkeit von Drohverlustrückstellungen nach § 5 Abs. 4a S. 2 EStG – beispielsweise unter Rückgriff auf Erfahrungswerte – prozentual zu begrenzen. Auch dies vermag jedoch kaum zu überzeugen. Schließlich wird sich nicht sagen lassen, welcher Anteil an schwebenden Geschäften durchschnittlich im Portfolio einer Bank enthalten ist; das Leitbild des typischen Unternehmers gibt es nicht.260 Fallen die Fälle zu weit auseinander, so fehlt es insgesamt an der Typisierbarkeit.261 § 5 Abs. 4a S. 2 EStG müsste vielmehr dem Einzelfall gerecht werden, um dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Art. 3 Abs. 1 GG zu genügen. Im Rahmen einer derartigen Einzelfallbetrachtung ließe sich die gewünschte Vereinfachung zunächst durch eine quotale Verteilung des Abschreibungspotenzials auf die verschiedenen bilanzwirksamen Positionen verfolgen. Indem man so auf individuelle Teilwertabschreibungen verzichtet, wäre damit zu258 259 260 261

BVerfGE 27, 142, 150; 39, 316, 329; 66, 214, 223; 87, 153, 172; 87, 234, 256 und 261. Vgl. dazu § 1, S. XI ff. Tipke, StRO I, S. 356. Tipke, StRO I, S. 356.

317

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

mindest das Problem fehlender Zuordenbarkeit behoben. Gänzlich verwirklicht wird die verfolgte Vereinfachungsfunktion damit aber nicht. So würden die sicherungshalber verbundenen Positionen hinsichtlich des abschreibungsfähigen Verlustüberhangs weiterhin Wertberichtigungen unterliegen. Zumindest die Vorteile einer Festbewertung der Bewertungseinheit wären in der Konsequenz eliminiert. Ergänzend würde sich zusätzlicher Verwaltungsaufwand in Bezug auf die nach § 340h HGB gebildeten Bewertungseinheiten ergeben. Den hier verbundenen Positionen fehlt es aufgrund der in Abs. 1 angeordneten Stichtagsbewertung grundsätzlich an einer handelsrechtlichen Bewertung zum fortgeführten Anschaffungskurs. Eine solche wäre aber zwingende Grundlage für die Vornahme einer quotalen Teilwertabschreibung auf steuerbilanzieller Ebene; das Erfordernis einer Umrechnung wäre die Konsequenz. Weitaus pragmatischer erscheint hingegen eine quotale Bildung von Drohverlustrückstellungen. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dürfte der überschießende Verlust dabei nur in der Höhe als „technische Drohverlustrückstellung“ zum Abzug zugelassen werden, in der die bilanzwirksamen Positionen anteilig am Verlust der Bewertungseinheit beteiligt sind. Bezüglich des Anteils schwebender Geschäfte müsste die Abzugsfähigkeit hingegen prozentual entfallen. Zwar würde ein solches Vorgehen gleichfalls die Erfassung des jeweiligen Geschäftscharakters (schwebendes oder bilanzwirksames Geschäft) und einer entsprechenden Zuordnung von Wertentwicklungen bedingen. Dies dürfte jedoch mit erheblich geringerem Verwaltungsaufwand verbunden sein als die oben dargestellte Vornahme von Teilwertabschreibungen. Die vorgenannten Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen gleichzeitig die vergleichsweise geringe Ungleichbehandlung, die dadurch entsteht, dass die Bildung von Drohverlustrückstellungen keiner betragsmäßigen Beschränkung durch die aktuellen Buchwerte und keiner Abhängigkeit von einer Dauerhaftigkeit der Wertminderung unterliegt.

III. Zwischenergebnis Auf Grundlage des aktuellen Handelsrechts steht § 5 Abs. 1a EStG im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG verletzt hingegen den allgemeinen Gleichheitssatz, indem sie nur denjenigen Steuerpflichtigen, die Bewertungseinheiten bilden dürfen, die Möglichkeit einräumt, verlustträchtige schwebende Geschäfte entgegen § 5 Abs. 4a S. 1 EStG erfolgswirksam zu behandeln. Die mit § 5 Abs. 4a S. 2 EStG verfolgte Vereinfachungsfunktion ließe sich jedoch in verfassungskonformer Weise erzielen, wenn die Bildung von „technischen Drohverlustrückstellungen“ quotal auf den Verlustanteil aus nicht schwebenden Geschäften begrenzt würde.

318

Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 5 Abs. 1a und Abs. 4a S. 2 EStG

mindest das Problem fehlender Zuordenbarkeit behoben. Gänzlich verwirklicht wird die verfolgte Vereinfachungsfunktion damit aber nicht. So würden die sicherungshalber verbundenen Positionen hinsichtlich des abschreibungsfähigen Verlustüberhangs weiterhin Wertberichtigungen unterliegen. Zumindest die Vorteile einer Festbewertung der Bewertungseinheit wären in der Konsequenz eliminiert. Ergänzend würde sich zusätzlicher Verwaltungsaufwand in Bezug auf die nach § 340h HGB gebildeten Bewertungseinheiten ergeben. Den hier verbundenen Positionen fehlt es aufgrund der in Abs. 1 angeordneten Stichtagsbewertung grundsätzlich an einer handelsrechtlichen Bewertung zum fortgeführten Anschaffungskurs. Eine solche wäre aber zwingende Grundlage für die Vornahme einer quotalen Teilwertabschreibung auf steuerbilanzieller Ebene; das Erfordernis einer Umrechnung wäre die Konsequenz. Weitaus pragmatischer erscheint hingegen eine quotale Bildung von Drohverlustrückstellungen. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dürfte der überschießende Verlust dabei nur in der Höhe als „technische Drohverlustrückstellung“ zum Abzug zugelassen werden, in der die bilanzwirksamen Positionen anteilig am Verlust der Bewertungseinheit beteiligt sind. Bezüglich des Anteils schwebender Geschäfte müsste die Abzugsfähigkeit hingegen prozentual entfallen. Zwar würde ein solches Vorgehen gleichfalls die Erfassung des jeweiligen Geschäftscharakters (schwebendes oder bilanzwirksames Geschäft) und einer entsprechenden Zuordnung von Wertentwicklungen bedingen. Dies dürfte jedoch mit erheblich geringerem Verwaltungsaufwand verbunden sein als die oben dargestellte Vornahme von Teilwertabschreibungen. Die vorgenannten Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen gleichzeitig die vergleichsweise geringe Ungleichbehandlung, die dadurch entsteht, dass die Bildung von Drohverlustrückstellungen keiner betragsmäßigen Beschränkung durch die aktuellen Buchwerte und keiner Abhängigkeit von einer Dauerhaftigkeit der Wertminderung unterliegt.

III. Zwischenergebnis Auf Grundlage des aktuellen Handelsrechts steht § 5 Abs. 1a EStG im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG verletzt hingegen den allgemeinen Gleichheitssatz, indem sie nur denjenigen Steuerpflichtigen, die Bewertungseinheiten bilden dürfen, die Möglichkeit einräumt, verlustträchtige schwebende Geschäfte entgegen § 5 Abs. 4a S. 1 EStG erfolgswirksam zu behandeln. Die mit § 5 Abs. 4a S. 2 EStG verfolgte Vereinfachungsfunktion ließe sich jedoch in verfassungskonformer Weise erzielen, wenn die Bildung von „technischen Drohverlustrückstellungen“ quotal auf den Verlustanteil aus nicht schwebenden Geschäften begrenzt würde.

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8. Teil: Änderungen aufgrund des BilMoG Knapp zwei Jahre nach Erlass der steuerrechtlichen Vorschriften des § 5 Abs. 1a und 4a S. 2 EStG hat die Bundesregierung auf die Diskussion um die handelsrechtliche Rechtsgrundlage von Bewertungseinheiten reagiert und im BilMoG-Gesetzesentwurf vom 23.05.20081 die Kodifizierung einer konkreten handelsrechtlichen Regelung für diese Rechtsfrage in Aussicht gestellt. Die neuen Vorschriften sollten ursprünglich schon in 2008 erlassen werden und nach dem Entwurf erstmals auf Geschäftsjahre Anwendung finden, die nach dem 31.12.2008 beginnen.2 Angesichts der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise wurden jedoch andere Gesetzesvorhaben vorgezogen und die Anhörung von Sachverständigen im Rechtsausschuss auf Dezember 2008 verschoben.3 Auf der Basis der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 24.03.20094 wurde das BilMoG schließlich am 26.03.2009 im Deutschen Bundestag verabschiedet.5 Der Bundesrat hat der vom Bundestag gebilligten Fassung am 03.04.2009 zugestimmt.6 Die Verkündung des BilMoG erfolgte im BGBl. vom 28.05.2009,7 womit das Reformgesetz am 29.05.2009 in Kraft getreten ist. In der verkündeten Fassung findet es grundsätzlich erst auf Jahres- und Konzernabschlüsse für das nach dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahr Anwendung.8 Nachfolgend soll untersucht werden, welche Auswirkungen sich aus der Reform für die rechtliche Beurteilung von Bewertungseinheiten ergeben und ob die Normierung den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen9 entspricht.

I.

Änderungen des Gesetzestextes

Mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts“ (BilMoG) verfolgt die Bundesregierung das Ziel, den deutschen Unternehmen eine moderne, aber im Vergleich zu den IFRS kostengünstigere Bilanzierungsgrundlage zu bieten.10 Die Informationsfunktion des handelsrechtlichen Jahresabschlusses soll dabei deutlich aufgewertet und zumindest gleichrangig neben die Zahlungsbemes1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

BR-Drucks. 344/08. Vgl. Art. 2 Nr. 2 (BR-Drucks. 344/08, S. 36 f.) und Art. 3 Nr. 3 (BR-Drucks. 344/08, S. 38 f.). Öffentliche Anhörung in der 122. Sitzung des Rechtsausschusses am 17.12.2008. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) vom 24.03.2009, BT-Drucks. 16/12407. Vgl. BR-Drucks. 270/09. BR-Drucks. 270/09 (Beschluss). BGBl. I 2009, 1102 ff. Art. 66 Abs. 3 S. 1 EGHGB. Vgl. dazu § 8, S. 267 ff. Vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 1 und 65 ff.

319

Änderungen aufgrund des BilMoG

sungsfunktion gestellt werden.11 In diesem Rahmen werden auch in Bezug auf die bereits untersuchten Vorschriften zur Bildung von Bewertungseinheiten zahlreiche Änderungen vorgenommen, die nunmehr vorab dargestellt werden sollen.

1.

Änderungen des HGB

Zu betrachten sind zunächst die durch das BilMoG eingeführten Änderungen des HGB, die über den Verweis auf die „handelsrechtliche Rechnungslegung“ in § 5 Abs. 1a EStG auch Einfluss auf die steuerliche Zulässigkeit von Bewertungseinheiten entfalten. a)

Bewertungseinheiten gem. § 254 HGB n.F.

Von besonderer Bedeutung ist dabei die Kodifizierung einer handelsrechtlichen Rechtsgrundlage für die Bildung von Bewertungseinheiten in § 254 HGB n.F.: „Werden Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten zusammengefasst (Bewertungseinheit), sind § 249 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4, § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 256a in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden, in dem die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme sich ausgleichen. Als Finanzinstrumente im Sinn des Satzes 1 gelten auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren.“ Die Neufassung des § 254 HGB orientiert sich in weiten Teilen an den Vorschriften des IAS 39.12 Nach der Regierungsbegründung beruht sie auf Artikel 2 Abs. 5 S. 3 der Bilanzrichtlinie und führt dazu, dass sich die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage stärker als bisher und in Abweichung von Artikel 31 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie (Grundsatz der Einzelbewertung) an den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen eines Unternehmens orientiert.13 Im Gegensatz zum Regierungsentwurf, der Folgendes vorsah: „Werden Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit vorgesehene Transaktionen zur Absicherung von Zins-, Währungs- und Ausfallrisiken oder gleichartiger Risiken mit Finanzinstrumenten zusammengefasst (Bewertungseinheit), sind § 249 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4, § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 256a nicht anzuwenden, soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist.“14, 11 12 13 14

320

Herzig, DB 2008, 1, 1. Vgl. auch Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 456. BR-Drucks. 344/08, S. 127. Vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 5.

Änderungen des Gesetzestextes

verzichtet der Gesetzestext des § 254 HGB n.F. u.a. auf eine explizite Enumeration derjenigen Risikokategorien, die für die Bildung einer Bewertungseinheit zulässig sein sollen und nähert sich damit wieder der ursprünglichen Version des Referentenentwurfs15 an. Zudem wird die im Regierungsentwurf vorgenommene Beschränkung der möglichen Sicherungsinstrumente auf „Finanzinstrumente“ insofern liberalisiert, als nach Satz 2 nunmehr auch Warentermingeschäfte von der Regelung erfasst sind. Beibehalten werden die Abweichungen des Regierungsentwurfs vom Referentenentwurf hingegen insofern, als dass weiterhin auf das Erfordernis einer „nachweislichen“ Zusammenfassung verzichtet und das Vorliegen einer lediglich „hohen“ Wahrscheinlichkeit bei den erwarteten Transaktionen als hinreichend erachtet wird. b)

Zeitwertbewertung und Währungsumrechnung

Anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen16 hat der Gesetzgeber sich – wohl vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise17 – entschlossen, keine allgemeine Zeitwertbewertung der zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente einzuführen. Stattdessen hat er sich mit § 340e Abs. 3 HGB n.F. auf eine Zeitwertbewertung des Handelsbestands von Kreditinstituten beschränkt. Die Norm lautet: „Finanzinstrumente des Handelsbestandes sind zum beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags zu bewerten. Eine Umgliederung in den Handelsbestand ist ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für eine Umgliederung aus dem Handelsbestand, es sei denn, außergewöhnliche Umstände, insbesondere schwerwiegende Beeinträchtigungen der Handelbarkeit der Finanzinstrumente, führen zu einer Aufgabe der Handelsabsicht durch das Kreditinstitut. Finanzinstrumente des Handelsbestandes können nachträglich in eine Bewertungseinheit einbezogen werden; sie sind bei Beendigung der Bewertungseinheit wieder in den Handelsbestand umzugliedern." Die Methoden der Zeitwertermittlung ergeben sich aus § 255 Abs. 4 HGB n.F. Ergänzend wurde die bankspezifische Regelung des § 340h HGB entgegen der ursprünglichen Planung nicht aufgehoben, sondern wie folgt umformuliert: „§ 256a gilt mit der Maßgabe, dass Erträge, die sich aus der Währungsumrechnung ergeben, in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen sind, soweit die Vermögensgegenstände, Schulden oder Termingeschäfte durch 15

16 17

Im Referentenentwurf vom 08.11.2007, S. 7 war noch folgende Formulierung vorgesehen: „Werden Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit höchster Wahrscheinlichkeit vorgesehene Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus vergleichbaren Risiken nachweislich zusammengefasst (Bewertungseinheit), sind die §§ 249 und 253 nicht anzuwenden, soweit die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme sich aufheben“. Vgl. § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E. Vgl. BT-Drucks. 16/12407, S. 85.

321

Änderungen aufgrund des BilMoG

Vermögensgegenstände, Schulden oder andere Termingeschäfte in derselben Währung besonders gedeckt sind." In dem vorgenannten § 256a HGB n.F. wird die Frage der Währungsumrechnung für alle Bilanzierenden einheitlich geregelt: „Auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind zum Devisenkassakurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 nicht anzuwenden.“ c)

Anhangangaben bzw. Angaben im Lagebericht

Werden Bewertungseinheiten nach § 254 HGB n.F. gebildet, so ist gem. § 285 S. 1 Nr. 23 HGB n.F. im Anhang anzugeben, „a) mit welchem Betrag jeweils Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte und mit hoher Wahrscheinlichkeit vorgesehene Transaktionen zur Absicherung welcher Risiken in welche Arten von Bewertungseinheiten einbezogen sind sowie die Höhe der mit Bewertungseinheiten abgesicherten Risiken, b) für die jeweils abgesicherten Risiken, warum, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme künftig voraussichtlich ausgleichen einschließlich der Methode der Ermittlung, c) eine Erläuterung der mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen, die in Bewertungseinheiten einbezogen wurden, soweit nicht Angaben im Lagebericht gemacht werden;" Im Vergleich zu der im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelung hat der Gesetzgeber sich damit zu einer umfassenden Spezifizierung der Angabepflichten entschlossen.18 § 314 Abs. 1 Nr. 15 HGB n.F. sieht eine entsprechende Regelung für den Lagebericht vor, die aufgrund einer Ausnahmeklausel in § 285 S. 1 Nr. 23 HGB n.F. a.E. vorrangig zu beachten ist.

2.

Änderungen des EStG

Für den Bereich des Steuerbilanzrechts enthält das Reformgesetz im Hinblick auf die hier relevante Frage zwei wesentliche Änderungen.19 Zum einen wird § 5 Abs. 1a EStG in der Weise modifiziert, dass der bisherigen Regelung folgender Satz 1 vorangestellt wird: 18

19

322

Der Regierungsentwurf forderte lediglich eine Angabe darüber "welche Arten von Bewertungseinheiten zur Absicherung welcher Risiken gebildet wurden und inwieweit der Eintritt der Risiken ausgeschlossen ist, soweit die Angaben nicht im Lagebericht gemacht werden", vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 23. Beide Änderungsvorschläge waren im Referentenentwurf noch nicht enthalten.

Persönlicher Anwendungsbereich

„Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.“ § 5 Abs. 4a EStG wird entsprechend in eine Verweisung auf § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. umformuliert. Zum anderen wird parallel zur obigen Zeitwertanordnung in § 6 Abs. 1 EStG folgende Nummer 2b eingefügt: „Steuerpflichtige, die in den Anwendungsbereich des § 340 des Handelsgesetzbuchs fallen, haben die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente, die nicht in einer Bewertungseinheit im Sinne des § 5 Abs. 1a Satz 2 abgebildet werden, mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlages (§ 340e Abs. 3 HGB) zu bewerten. Nummer 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden.“

II.

Persönlicher Anwendungsbereich

Anders als der bankenspezifische § 340h HGB n.F. ist § 254 HGB n.F. als allgemeinverbindliche Regelung ausgestaltet. Er entfaltet sowohl seinem Wortlaut als auch seiner systematischen Stellung nach eine rechtsform- und branchenunabhängige Wirkung. Die Vorschrift gilt damit für alle Kaufleute gleichermaßen, so dass auch eine Qualifikation als GoB möglich erscheint.20 Unabhängig von dieser Einordnung ergibt sich bereits aufgrund der Allgemeingültigkeit gleichfalls eine grundsätzliche steuerliche Relevanz der Neuregelungen. Versteht man den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG nämlich mit der hier vertretenen Ansicht als Verweisung auf die für alle Kaufleute gültigen Regelungen über die handelsrechtliche Rechnungslegung, so wirkt § 254 HGB n.F. auch in der steuerlichen Gewinnermittlung,21 sofern dem keine speziellen steuerlichen Vorschriften entgegenstehen. In Betracht kommt ferner eine entsprechende Anwendung auf diejenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln. Zwar fehlt es der Norm an einer Verweisung auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“. Nach allgemeiner Ansicht werden diese jedoch auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 HGB sinngemäß 20

21

Nach der Gesetzesbegründung sieht die Bundesregierung anscheinend bereits in der bisherigen Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, BR-Drucks. 344/08, S. 124; so auch Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1336. Kritisch hingegen Füllbier/Gassen, DB 2007, 2605, 2610 und Kirsch, StuB 2008, 453, 457, die hinsichtlich der Bildung von Bewertungseinheiten gem. § 254 HGB-E von Einschränkungen bzw. Durchbrechungen der GoB ausgehen; ähnlich Dörfler/Adrian, DB 2008, Beilage 1, 44, 46, der in Bezug auf die Marktbewertung des § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E feststellt, dass „zu prüfen sein wird, ob es sich hierbei um eine Weiterentwicklung der GoB oder um eine steuerlich unbeachtliche Ausnahme von den GoB handelt“. So dem Grunde nach auch Gemeinhardt/Bode, StuB 2008, 460, 461.

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Persönlicher Anwendungsbereich

„Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.“ § 5 Abs. 4a EStG wird entsprechend in eine Verweisung auf § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. umformuliert. Zum anderen wird parallel zur obigen Zeitwertanordnung in § 6 Abs. 1 EStG folgende Nummer 2b eingefügt: „Steuerpflichtige, die in den Anwendungsbereich des § 340 des Handelsgesetzbuchs fallen, haben die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente, die nicht in einer Bewertungseinheit im Sinne des § 5 Abs. 1a Satz 2 abgebildet werden, mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlages (§ 340e Abs. 3 HGB) zu bewerten. Nummer 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden.“

II.

Persönlicher Anwendungsbereich

Anders als der bankenspezifische § 340h HGB n.F. ist § 254 HGB n.F. als allgemeinverbindliche Regelung ausgestaltet. Er entfaltet sowohl seinem Wortlaut als auch seiner systematischen Stellung nach eine rechtsform- und branchenunabhängige Wirkung. Die Vorschrift gilt damit für alle Kaufleute gleichermaßen, so dass auch eine Qualifikation als GoB möglich erscheint.20 Unabhängig von dieser Einordnung ergibt sich bereits aufgrund der Allgemeingültigkeit gleichfalls eine grundsätzliche steuerliche Relevanz der Neuregelungen. Versteht man den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG nämlich mit der hier vertretenen Ansicht als Verweisung auf die für alle Kaufleute gültigen Regelungen über die handelsrechtliche Rechnungslegung, so wirkt § 254 HGB n.F. auch in der steuerlichen Gewinnermittlung,21 sofern dem keine speziellen steuerlichen Vorschriften entgegenstehen. In Betracht kommt ferner eine entsprechende Anwendung auf diejenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln. Zwar fehlt es der Norm an einer Verweisung auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“. Nach allgemeiner Ansicht werden diese jedoch auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 HGB sinngemäß 20

21

Nach der Gesetzesbegründung sieht die Bundesregierung anscheinend bereits in der bisherigen Praxis zur Bildung von Bewertungseinheiten einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, BR-Drucks. 344/08, S. 124; so auch Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1336. Kritisch hingegen Füllbier/Gassen, DB 2007, 2605, 2610 und Kirsch, StuB 2008, 453, 457, die hinsichtlich der Bildung von Bewertungseinheiten gem. § 254 HGB-E von Einschränkungen bzw. Durchbrechungen der GoB ausgehen; ähnlich Dörfler/Adrian, DB 2008, Beilage 1, 44, 46, der in Bezug auf die Marktbewertung des § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E feststellt, dass „zu prüfen sein wird, ob es sich hierbei um eine Weiterentwicklung der GoB oder um eine steuerlich unbeachtliche Ausnahme von den GoB handelt“. So dem Grunde nach auch Gemeinhardt/Bode, StuB 2008, 460, 461.

323

Änderungen aufgrund des BilMoG

angewendet.22 Vor dem Hintergrund der geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken23 erscheint es hierbei sachgerecht, den Anwendungsbereich handelsrechtlicher Regelungen im Rahmen von § 5 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 EStG parallel auszulegen und beiderseits auf die allgemeingültigen Vorschriften zu erstrecken. Die fragliche Neuregelung ist folglich auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG zu beachten.24 In Bezug auf die bankenspezifische Norm des § 340h HGB n.F. fehlt es zwar an einer Allgemeingültigkeit und damit auch an einer Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz. Hier ermöglicht jedoch die steuerliche Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F. die Übernahme der Zeitwertansätze in die Steuerbilanz.

III. Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG Zu untersuchen ist zunächst, welche Auswirkungen sich aus den vorgenannten Rechtsänderungen auf die bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten ergeben.

1.

Tatbestandliche Voraussetzungen des § 254 HGB n.F.

Entscheidend ist zunächst die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bewertungseinheiten nach neuer Rechtslage gebildet werden dürfen bzw. müssen. a)

„Finanzinstrumente“ als mögliche Sicherungsinstrumente

Im Vergleich zum Referentenentwurf hat § 254 HGB n.F. eine Begrenzung im Hinblick auf den Kreis möglicher Sicherungsinstrumente erfahren. Wurden ursprünglich nur eine nachweisliche Zusammenfassung von „Vermögensgegenständen, Schulden, schwebenden Geschäften oder mit höchster Wahrscheinlichkeit vorgesehenen Transaktionen“ vorausgesetzt und damit alle Geschäftsarten zu potenziellen Grund- und Sicherungsgeschäften erklärt,25 so beschränken sich Regierungsentwurf und die Gesetzesfassung zunächst nur auf eine Zusammenfassung mit „Finanzinstrumenten“ als Sicherungsinstrumente. Der Gesetz gewordene Vorschlag des Rechtsausschusses geht jedoch über den Regierungsentwurf insofern hinaus, als nach dem neu geschaffenen § 254 S. 2 22 23 24

25

324

Vgl. dazu bereits 5. Teil II., S. 169 ff. Vgl. dazu 5. Teil II., S. 169 ff. Eine Geltung des § 254 HGB n.F. im Bereich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG könnte sich zudem dann ergeben, wenn auch § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auf diese anzuwenden wäre. Hierzu und zu den daraus resultierenden Problemen soll jedoch erst unter 8. Teil IV. 3. a), S. 371 Stellung genommen werden. Vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 117; Wiechens/Helke, DB 2008, Beilage 1, 26, 27. Zweifelnd hinsichtlich der Einordnung vorgesehener Transaktionen als Deckungsgeschäft Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 209, 213 und Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 68.

Änderungen aufgrund des BilMoG

angewendet.22 Vor dem Hintergrund der geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken23 erscheint es hierbei sachgerecht, den Anwendungsbereich handelsrechtlicher Regelungen im Rahmen von § 5 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 EStG parallel auszulegen und beiderseits auf die allgemeingültigen Vorschriften zu erstrecken. Die fragliche Neuregelung ist folglich auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG zu beachten.24 In Bezug auf die bankenspezifische Norm des § 340h HGB n.F. fehlt es zwar an einer Allgemeingültigkeit und damit auch an einer Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz. Hier ermöglicht jedoch die steuerliche Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F. die Übernahme der Zeitwertansätze in die Steuerbilanz.

III. Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG Zu untersuchen ist zunächst, welche Auswirkungen sich aus den vorgenannten Rechtsänderungen auf die bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten ergeben.

1.

Tatbestandliche Voraussetzungen des § 254 HGB n.F.

Entscheidend ist zunächst die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bewertungseinheiten nach neuer Rechtslage gebildet werden dürfen bzw. müssen. a)

„Finanzinstrumente“ als mögliche Sicherungsinstrumente

Im Vergleich zum Referentenentwurf hat § 254 HGB n.F. eine Begrenzung im Hinblick auf den Kreis möglicher Sicherungsinstrumente erfahren. Wurden ursprünglich nur eine nachweisliche Zusammenfassung von „Vermögensgegenständen, Schulden, schwebenden Geschäften oder mit höchster Wahrscheinlichkeit vorgesehenen Transaktionen“ vorausgesetzt und damit alle Geschäftsarten zu potenziellen Grund- und Sicherungsgeschäften erklärt,25 so beschränken sich Regierungsentwurf und die Gesetzesfassung zunächst nur auf eine Zusammenfassung mit „Finanzinstrumenten“ als Sicherungsinstrumente. Der Gesetz gewordene Vorschlag des Rechtsausschusses geht jedoch über den Regierungsentwurf insofern hinaus, als nach dem neu geschaffenen § 254 S. 2 22 23 24

25

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Vgl. dazu bereits 5. Teil II., S. 169 ff. Vgl. dazu 5. Teil II., S. 169 ff. Eine Geltung des § 254 HGB n.F. im Bereich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG könnte sich zudem dann ergeben, wenn auch § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auf diese anzuwenden wäre. Hierzu und zu den daraus resultierenden Problemen soll jedoch erst unter 8. Teil IV. 3. a), S. 371 Stellung genommen werden. Vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 117; Wiechens/Helke, DB 2008, Beilage 1, 26, 27. Zweifelnd hinsichtlich der Einordnung vorgesehener Transaktionen als Deckungsgeschäft Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 209, 213 und Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 68.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

HGB n.F. nunmehr auch "Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren [,,,] als Finanzinstrumente im Sinn des Satzes 1 gelten". Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich dabei eindeutig, was unter der Begrifflichkeit der "Finanzinstrumente" zu verstehen ist.26 Zwar wird mit Einführung des Satzes 2 deutlich, dass es sich bei Warentermingeschäften nicht um Finanzinstrumente i.S.d. Satzes 1 handelt. Im Übrigen beschränkt sich die Regierungsbegründung jedoch auf den Hinweis, dass "eine Beschränkung auf Derivate der Praxis nicht in vollem Umfang gerecht [würde], auch wenn Derivate üblicherweise als Sicherungsinstrumente herangezogen werden".27 aa)

Abgrenzung unter Rückgriff auf § 340e Abs. 3 HGB n.F.

Zu erwägen wäre allerdings eine Begriffsabgrenzung anhand von § 340e Abs. 3 HGB n.F., der die Zeitwertbewertung der "Finanzinstrumente" des Handelsbestandes von Kreditinstituten28 anordnet. Angesichts der bestehenden Wechselwirkung von § 340e Abs. 3 und § 254 HGB n.F.29 kann dabei von einer gesetzgeberisch gewollten Parallelität der beiden Begrifflichkeiten ausgegangen werden. Aber auch § 340e Abs. 3 HGB n.F. fehlt es an einer Legaldefinition des Tatbestandsmerkmals „Finanzinstrument“.30 Der Bericht des Rechtsausschusses schweigt zu dieser Frage gänzlich. Hingegen weist die Regierungsbegründung zur ursprünglich geplanten generellen Zeitwertbewertung gem. § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E – ähnlich wie schon die Begründung des Referentenentwurfs – darauf hin, dass eine abschließende inhaltliche Ausfüllung des Begriffs der „Finanzinstrumente“ aufgrund der Vielfalt und ständigen Weiterentwicklung nicht möglich sei; er sei vielmehr recht weit zu fassen und würde auch Derivate einbeziehen.31 Zudem verdeutlicht § 255 Abs. 4 S. 2 n.F., dass unter den Anwendungsbereich auch solche Finanzinstrumente zu fassen sind, die auf keinem aktiven Markt gehandelt werden. Der Gesetzgeber hat die Regelung damit sehr offen gestaltet und dem Rechtsanwender bewusst einen Ermessensspielraum bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Finanzinstrumente“ eingeräumt.32 Dies gilt umso mehr, als die in der Begründung des Referentenent26

27 28 29 30 31 32

Auch in Zusammenhang mit § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG bzw. §§ 285 Nr. 18 und 19, § 289 Abs. 2 Nr. 2, § 314 Abs. 1 Nr. 10 und 11 und § 340 c HGB findet sich keine Definition des dort jeweils verwendeten Begriffs der Finanzinstrument, vgl. Helios/Schlotter, DStR 2009, 547, 549. BR-Drucks. 344/08, S. 125. Gemeint ist damit der Handelsbestand i.S. des Kreditwesengesetzes, vgl. Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 34. Dazu nachfolgend unter 8. Teil III. 1. b) aa) (1), S. 330 ff. Zu den Definitionsproblemen dieser Begrifflichkeit vgl. bereits 1. Teil I., S. 5 ff. BR-Drucks. 344/08, S. 114. Böcking/Torabian, BB 2008, 265, 265.

325

Änderungen aufgrund des BilMoG

wurfs zu § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E ursprünglich noch vorgesehene Orientierung an den IFRS33 bzw. an § 1 Abs. 11 KWG34 oder an § 2 Abs. 2b WpHG in der Begründung des Regierungsentwurfs nicht länger enthalten ist. Auch der Blick in die zur Zeitwertbewertung ergangenen Gesetzesmaterialien ist damit kaum aufschlussreich. bb)

Abgrenzung von nicht-finanziellen Vermögenswerten

Grammatikalisch lässt der Begriff der „Finanzinstrumente“ aber zumindest von den nicht-finanziellen Vermögenswerten und Schulden, wie z.B. Immobilien, Beständen von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen oder Sachverbindlichkeiten abgrenzen.35 Gestützt wird diese Differenzierung auch von der sachlichen Erwägung, dass die Anordnung einer Marktbewertung nur dort zu überzeugen vermag, wo bestimmte Positionen regelmäßigen Preisschwankungen – beispielsweise in Form von Kurs- oder Zinsänderungen – unterliegen. An derartigen Schwankungen fehlt es aber oftmals im Hinblick auf nicht-finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, so dass deren Qualifikation als Finanzinstrument i.S.v. § 340e Abs. 3 HGB n.F. ausscheidet. Entsprechendes würde bei paralleler Auslegung der Begriffe auch im Hinblick auf § 254 HGB n.F. gelten, so dass nicht-finanzielle Positionen nicht als Sicherungsinstrument eingesetzt werden können.36 Innerhalb der Gruppe der finanzwirtschaftlichen Instrumente kommt für Sicherungszwecke dann aber das gesamte Spektrum in Betracht, wie es zu Beginn dieser Arbeit dargestellt worden ist.37 Erfasst sind neben den originären Finanzinstrumenten in Form von Vermögensgegenständen und Schulden damit auch Derivate in Form schwebender Geschäfte.38 Zu beachten ist jedoch, dass nicht jedes Derivat zugleich ein Finanzinstrument ist; das gilt vielmehr nur für solche Derivate, bei denen der Basiswert auf den Erhalt oder Lieferung eines Finanzinstruments (einschließlich Geld) gerichtet ist.39 Zudem lassen sich auch lediglich geplante Transaktionen nicht unter den Begriff der „Finanzinstrumente“ subsumieren40 und scheiden daher aufgrund der Abänderung des ursprünglichen Referentenentwurfs nunmehr als potenzielle Sicherungsinstrumente aus. Da sich jedoch nur schwerlich feststellen 33 34

35 36 37 38 39 40

326

Dort IAS 32 und 39, nach denen der Begriff der Finanzinstrumente sehr weit zu fassen ist, vgl. Barckow, S. 9; Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, Beihefter zu Heft 50, 1, 11. Diese nationale Norm ist hingegen überwiegend bankbezogen und damit wiederum enger ausgestaltet, weshalb Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, Beihefter zu Heft 50, 1, 11 und Hoffmann/Lüdenbach, DStR 2008, Beihefter zu Heft 30, 49, 58 der Gesetzesbegründung ein „verwirrendes Begriffs-Ping-Pong“ vorwerfen. Im Ergebnis so auch Gemeinhardt/Bode, StuB 2008, 170, 173; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 534. So im Ergebnis auch Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 534. Vgl. hierzu 1. Teil I., S. 5 ff. So auch Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 770; Helios/Schlotter, DStR 2009, 547, 549. Schmidt, BB 2009, 882, 884. So auch Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 534.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

lassen wird, was eigentlich Grund- und was Deckungsgeschäft ist, dürfte die vorgenommene Modifikation insoweit kaum praktische Bedeutung haben. cc)

Warentermingeschäfte gem. § 254 S. 2 HGB n.F.

Nach § 254 S. 2 HGB n.F. sollen nunmehr zudem "Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren" als Finanzinstrumente gelten. Dass solche eine besondere Erwähnung in Satz 2 gefunden haben verdeutlicht erneut, dass es sich hierbei nicht um klassische "Finanzinstrumente" i.S.d. § 254 S. 1 HGB n.F. handelt.41 Nach der Begründung des Rechtsausschusses soll diese Ergänzung die in der Praxis gängige Absicherung des Kaufs oder Verkaufs von Waren mittels Termingeschäften ermöglichen.42 Ausschlaggebend dürfte dabei insbesondere die Forderung der Wirtschaft gewesen sein, auch derartige Geschäfte zur Absicherung heranziehen zu dürfen.43 (1)

Begriff des "Termingeschäfts"

Der in Satz 2 enthaltene Begriff des "Termingeschäfts" ist nach der Begründung der Beschlussempfehlung i.S.d. § 1 Abs. 11 S. 4 Nr. 1 KWG zu verstehen.44 Es handelt sich damit um "als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet". Diese Definition differiert von der oben verwendeten45 insofern, als sie neben den unbedingten Geschäften auch bedingte, d.h. Optionsgeschäfte, umfasst. Die Norm bezieht sich folglich auf Termingeschäfte im weiteren Sinne. Nicht von der Regelung erfasst sind aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der entsprechenden Begründung hingegen Sachgegenstände und korrespondierende Sachleistungsverpflichtungen, da es sich bei solchen nicht um Termingeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 11 S. 4 Nr. 1 KWG handelt. (2)

Begriff der "Waren"

Unklar ist demgegenüber, wie der Begriff der "Waren" zu verstehen ist. Anders als der des "Termingeschäfts" wird dieser Begriff weder im Gesetzestext noch in den Materialien näher konkretisiert und bedarf insofern der Auslegung. In der finanzwissenschaftlichen Literatur werden unter Waren teilweise "Erzeugnisse der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft oder der Fischwirtschaft sowie

41 42 43

44 45

Vgl. hierzu auch die Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 16/12407), S. 86. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Vgl. exemplarisch die Stellungnahme des IDW zum BilMoG vom 26.09.2008, S. 6. Vgl. auch Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. Henry Schäfer in der Anhörung im Rechtsausschuss vom 17.12.2008 (Protokoll Nr. 122, S. 21 f.), der ausführt, dass es auch bei produzierenden Unternehmen der Praxis entspricht, die Beschaffung mit Festpreiskontrakten abzusichern. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Vgl. 1. Teil I. 2. a), S. 8 ff.

327

Änderungen aufgrund des BilMoG

Minerale in natürlicher oder veränderter Form" verstanden.46 Hierbei handelt es sich um eine weite Definition, die gleichfalls alle Sorten von Rohstoffen, Edelmetallen und Elektrizität miterfasst. Allerdings erscheint dieses umfassende Begriffsverständnis insbesondere im rechtlichen Kontext keinesfalls zwingend. So enthielten § 2 Abs. 2 WpHG und § 1 Abs. 11 S. 4 KWG in ihrer bis zum 31.10.2007 gültigen Fassung eine Differenzierung zwischen Waren und Edelmetallen.47 Auch im HGB findet sich ein engeres Bild, wenn § 266 Abs. 2 B. I. für Gliederungszwecke zwischen "Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen" in Nr. 1 und "fertige Erzeugnisse und Waren" in Nr. 3 differenziert. Zählen also Rohstoffe und Edelmetalle nicht zu den Waren i.S.d. § 254 S. 2 HGB n.F.? Im Hinblick auf die ehemalige Fassung des § 2 Abs. 2 WpHG bzw. § 1 Abs. 11 S. 4 KWG lässt sich die aufgezeigte Einschränkung leicht widerlegen. So führt die Gesetzesbegründung zur Novellierung des WpHG und KWG aus, dass auf die gesonderte Nennung von Edelmetallen zukünftig verzichtet werde, da es sich insofern um eine Kategorie von Waren handele.48 Übertragen auf die vorliegende Fragestellung würde eine derartige Differenzierung mithin auch für Zwecke des § 254 S. 2 HGB n.F. nicht als geboten erscheinen. Zweifelhaft bleibt jedoch, ob § 266 Abs. 2 B. I. HGB Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich des § 254 S. 2 HGB n.F. zulässt. Im Zusammenhang des § 266 HGB werden unter "Waren" angeschaffte Gegenstände verstanden, die ohne oder nur nach geringfügiger Be- oder Verarbeitung verkauft werden sollen.49 Rohstoffe hingegen gehen bei Produktionsunternehmen als Hauptbestandteil und Hilfsstoffe als Bestandteil von untergeordneter Bedeutung in die Fertigung ein50 – sind also gerade nicht dazu vorgesehen, unverarbeitet abgesetzt zu werden. Entsprechendes gilt für Betriebsstoffe, die als Verbrauchsmaterial in die Produktion eingehen.51 Zweifelhaft ist jedoch, ob der Gesetzgeber im Rahmen des § 254 S. 2 HGB n.F. tatsächlich an diese Unterscheidung anknüpfen wollte. Für eine derartige Interpretation spricht zunächst der Umstand, dass in den Begründungen des Referenten-52 und des Regierungsentwurfs53 die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ausdrücklich Erwähnung gefunden haben; der Ge46 47 48 49 50 51 52 53

328

Rudolph/Schäfer, S. 159. Ähnlich auch das IDW in seiner Stellungnahme vom 26.09.2008, S. 6 sowie Büschgen, S. 128. BR-Drucks. 833/06, S. 124. BeckBilKom-Ellrott/Krämer, § 266, Rn. 106; ähnlich auch MünchKommHGBBallwieser, § 247, Rn. 41. BeckBilKom-Ellrott/Krämer, § 266, Rn. 90; MünchKommHGB-Ballwieser, § 247, Rn. 39. MünchKommHGB-Ballwieser, § 247, Rn. 39. Referentenentwurf, S. 116. BR-Drucks. 344/08, S. 125.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

setzgeber dürfte sich also der unterschiedlichen Begrifflichkeiten bewusst gewesen sein. Zudem möchte er nach der Begründung des Rechtsausschusses mit der Einführung des Satzes 2 ermöglichen, dass "die in der Praxis gängige Absicherung des Kaufs oder Verkaufs von Waren" ermöglicht wird. Der Verkauf ist – nach der obigen Definition – jedoch gerade keine intendierte Verwendung von Roh- und Hilfsstoffen, welche hiernach vielmehr der Produktion dienen sollen. Trotz dieser Anhaltspunkte für eine Einschränkung des Warenbegriffs lässt sich jedoch aus der Entstehungsgeschichte des § 254 HGB n.F. ableiten, dass der Gesetzgeber an einer umfassenden Lösung interessiert war, die neben den Waren im engeren Sinne auch Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mitumfassen sollte. So war bereits in der Begründung des Referentenentwurfs ausgeführt, dass "bereits praktizierte Absicherungen – beispielsweise Risiken aus dem künftigen Bezug von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen – auch weiterhin zulässig sein" sollen.54 Diese Ausführungen wurden auch in die Begründung des Regierungsentwurfs übernommen,55 obwohl dieser die zulässigen Sicherungsinstrumente auf "Finanzinstrumente" beschränkte. Zwar finden sich die Erwägungen im Abschnitt zu den absicherungsfähigen Grund- und nicht den Sicherungsgeschäften. Rohstoffbeschaffungsgeschäfte werden jedoch gerade durch Rohstoffterminkäufe abgesichert, womit davon auszugehen ist, dass auch letztere als Sicherungsinstrumente in Betracht kommen sollten. Nichts anderes kann für die endgültige Fassung des § 254 HGB n.F. gelten. So ist die Ergänzung der Norm um Satz 2 im Kontext der Kritik am Regierungsentwurf zu sehen. Bemängelt wurde hierbei insbesondere, dass die Absicherung der Beschaffungsgeschäfte produzierender Unternehmen, d.h. der Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, – entgegen der in den Gesetzesmaterialien geäußerten Ansicht – nicht vom Begriff der "Finanzinstrumente" umfasst sei.56 Dass eine Erfassung derartiger Geschäfte jedoch beabsichtigt war, intendierte der Gesetzgeber mit der Einführung von Satz 2 klarzustellen; diese Regelung sollte mithin (erweiternd) deklaratorisch und nicht einschränkend wirken.57 Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber stets deutlich gemacht hat, die bestehenden Absicherungspraktiken beibehalten zu wollen.58 Dies würde dann aber auch die Absicherung von Rohstoffbeschaffungsgeschäften mittels Termingeschäften umfassen. In der Folge ist davon auszugehen, dass der Warenbegriff des § 254 HGB n.F. umfassend, d.h. im Sinne seiner finanzwissen54 55 56 57

58

Referentenentwurf, S. 116. BR-Drucks. 344/08, S. 125. Vgl. bereits 8. Teil Fn. 43. Vgl. Bericht der Abgeordneten im Rechtsausschuss (BT-Drucks. 16/12407, S. 80), die lediglich davon sprechen, dass die Vorschriften zur Bildung von Bewertungseinheiten "präzisiert" wurden. BR-Drucks. 344/08, S. 124.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

schaftlichen Interpretation zu verstehen ist. Neben den Warentermingeschäften bezieht er sich mithin auch auf Termingeschäfte über den Erwerb von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie auf Edelmetalle. b)

Absicherungsfähige Grundgeschäfte

Nach § 254 HGB n.F. können „Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen“ mit Finanzinstrumenten zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden. Der Wortlaut des § 254 HGB n.F. ist insofern weitestgehend offen formuliert und ermöglicht die Berücksichtigung nahezu aller denkbaren Grundgeschäfte. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist – anders als bei den Sicherungsgeschäften – bewusst auf eine Beschränkung auf Finanzinstrumente verzichtet worden, um zu bewirken, dass bereits praktizierte Absicherungen, wie beispielsweise solche von Risiken aus dem künftigen Bezug von Roh-, Hilfsoder Betriebsstoffen, auch weiterhin zulässig sind.59 Als absicherungsfähige Grundgeschäfte in Betracht kommen damit neben finanziellen Positionen auch sämtliche dem HGB bekannte Positionen nicht finanzieller Art (einschließlich immaterieller Vermögensgegenstände und Rückstellungen60) und lediglich geplante Transaktionen. aa)

Beschränkung durch § 340e Abs. 3 bzw. § 256a S. 2 HGB n.F.

Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 254 HGB n.F. könnte sich allenfalls aus § 340e Abs. 3 bzw. § 256a S. 2 HGB n.F. ergeben. Hierzu gilt es, das Verhältnis der Vorschriften zueinander zu analysieren. (1)

§ 340e Abs. 3 S. 1 HGB n.F.

Auch § 340e Abs. 3 S. 1 HGB n.F. beschäftigt sich mit der Bewertung von Finanzinstrumenten und ordnet für die Finanzinstrumente des Handelsbestands von Kreditinstituten eine Zeitwertbewertung61 an. Nach § 255 Abs. 4 S. 1 HGB n.F. entspricht der Zeitwert dabei grundsätzlich dem Marktpreis,62 wobei gem. § 340e Abs. 3 S. 1 HGB n.F. ein Risikoabschlag vorzunehmen ist. Wohl vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise wurde durch den Rechtsausschuss 59 60

61 62

330

BR-Drucks. 344/08, S. 125. Vgl. Kraft/Bischoff, S. 181, die darauf hinweisen, dass eine Bewertungseinheit zukünftig beispielsweise auch im Hinblick auf die Materialkostenbestandteile von unterlassenen Aufwendungen für Instandhaltung gem. § 249 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HGB gebildet werden dürfen. Sog. „fair value“, vgl. Füllbier/Gassen, DB 2007, 2605, 2608. Mit dieser Gesetzesänderung erhält die teilweise Marktbewertung (sog. „mark-tomarket“) Einzug in die allgemeinverbindlichen Vorschriften des HGB. Dies gilt nach § 255 Abs. 4 S. 1 HGB n.F. aber nur beim Bestehen eines aktiven Marktes. Fehlt es an einem solchen, so ist der beizulegende Zeitwert gem. S. 2 „mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen“ (sog. „mark-to-model“, vgl. Füllbier/Gassen, DB 2007, 2605, 2608).

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

in § 340e Abs. 4 zudem ein weiterer "Risikopuffer" in Form eines Sonderpostens geschaffen. Gerechtfertigt wird der Übergang zur Zeitwertbewertung mit der Feststellung, dass ein derartiges Vorgehen – auch ohne dass dies bisher gesetzlich geregelt wäre – üblich sei und teilweise schon als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung bezeichnet würde.63 Dies vermag nicht zu überzeugen. Beide Überlegungen werden zu Recht dahingehend kritisiert, dass für die rechtliche Beurteilung nicht die Handhabung der Praxis oder die Bezeichnung als GoB, sondern nur das geltende Recht maßgeblich sein kann.64 Ähnliche Vorbehalte ergeben sich auch gegen den Hinweis in der Regierungsbegründung, die Zeitwertbewertung würde mit der „Ausdehnung“ des handelsrechtlichen Realisationsprinzips einhergehen.65 Erfolgwirksam erfasst werden aber nicht nur realisierte, sondern auch realisierbare Gewinne.66 Tatsächlich bedeutet die Einführung der Zeitwertbewertung folglich einen Bruch mit dem Realisationsprinzip67 und dessen Konkretisierung in Form des Anschaffungskostenprinzips; dies sollte nicht als bloße Klarstellung bezeichnet werden.68 Seitdem der Anwendungsbereich der Zeitwertbewertung vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise durch den Rechtsausschuss auf Institute i.S.d. § 340 HGB beschränkt wurde und nicht mehr allgemeinverbindlich gilt, hat sich auch der potenzielle Kollisionsbereich mit § 254 HGB n.F. verringert. Zudem wurde mit § 340e Abs. 3 S. 4 HGB n.F. eine Umwidmungsmöglichkeit geschaffen, die es nun ermöglicht, Finanzinstrumente des Handelsbestandes nachträglich in eine Bewertungseinheit einzubeziehen; bei Beendigung der Bewertungseinheit sind diese wieder in den Handelsbestand umzugliedern. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 254 HGB n.F. lässt sich insofern nicht feststellen. Mit Blick auf die Kollisionsfrage und die Umgliederungsmöglichkeit ist zudem festzustellen, dass diese im Falle der Risikoabsicherung mit Hilfe von

63 64

65

66

67 68

BR-Drucks. 344/08, S. 125; ähnlich bereits der Referentenentwurf, S. 105. Vgl. Luttermann, ZIP 2008, 1605, 1611. Vgl. auch Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 209, 211 und Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 69, der feststellt, dass die Marktbewertung bislang weder praktisch üblich, noch in der Literatur als GoB bezeichnet worden ist. BR-Drucks. 344/08, S. 113. Klaus/Pelz, DB 2008, Beilage 1, 24, 24 sprechen sogar davon, dass Realisations- und Anschaffungskostenprinzip durch die Einführung der Zeitwertbewertung „teilweise neu interpretiert werden“. Diese unterliegen nach der Fassung des Regierungsentwurfs nunmehr allerdings einer Ausschüttungssperre (§ 268 Abs. 8 HGB-E) bzw. einer Abführungssperre (§ 301 AktGE). So auch Luttermann, ZIP 2008, 1605, 1611; Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 69. Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 69.

331

Änderungen aufgrund des BilMoG

Portfolio-Hedges ohnehin nur eine geringe Relevanz haben dürfte.69 Die Portfolio-Absicherung unterscheidet sich von der Mikro- bzw. MakroAbsicherung70 maßgeblich dadurch, dass die Zusammenfassung von Geschäften hier nicht zum Zwecke der Risikokompensation erfolgt. Motive für den Abschluss der im Portfolio enthaltenen Geschäfte sind vielmehr Handel und Arbitrage, so dass der Ausnutzung bestehender Kompensationseffekte nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt.71 Die in das Portfolio eingestellten Finanzinstrumente unterliegen damit in der Regel gleichfalls dem Handelsbestand der Kreditinstitute, womit grundsätzlich sowohl eine Erfassung als (Portfolio-)Bewertungseinheit i.S.d. § 254 HGB n.F. als auch die Zeitwertbewertung gem. § 340e Abs. 3 S. 1 HGB n.F. in Betracht kommt. Im Rahmen letzterer finden die kompensatorischen Effekte jedoch aufgrund der gegenläufigen Zeitwertentwicklung ebenfalls Berücksichtigung. Unterschiede ergeben sich hier allenfalls in den Wertansätzen und der Ertragswirksamkeit von Erfolgsüberhängen. Hat die Risikokompensation aber schon auf dem Wege des Zeitwertansatzes eine bilanzielle Berücksichtigung gefunden, so entfällt gleichzeitig das praktische Bedürfnis zur Bildung von Portfolio-Bewertungseinheiten. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse werden hier bereits durch § 340e Abs. 3 HGB n.F. zutreffend ausgewiesen. Deutlich relevanter dürfte die Umwidmung in eine Bewertungseinheit werden, wenn die zum Handelsbestand gehörigen Finanzinstrumente der Absicherung von anderen – nicht zum Handelsbestand gehörigen – Positionen dienen. Diese gilt allerdings nur dann, wenn auch bezüglich der Handelsbestandsposition nunmehr ausnahmsweise die hier geforderte Durchhalteabsicht72 vorliegt. In derartigen Fällen steht die Zuordnung der Finanzinstrumente nach der Fassung des Rechtsausschusses grundsätzlich im Ermessen des Bilanzierenden. Eine Verpflichtung zur Verknüpfung derartiger Positionen zu einer Bewertungseinheit besteht nicht. Wird jedoch umgegliedert, so fordert die Begründung des Rechtsausschusses eine Dokumentation jeder vorgenommenen Umgliederung nach handels- und aufsichtsrechtlichen Grundsätzen. Da es sich hierbei um eine Neuregelung handelt, die selber keine präzisierten Dokumentationsvorgaben macht, ist handelsrechtlich allerdings nicht hinreichend deutlich zu erkennen, welchen Vorgaben der Bilanzierende im Falle der Umgliederung unter69

70

71 72

332

Voraussetzung ist allerdings, dass derartige Portfolio-Absicherungen auch den Tatbestand des § 254 HGB n.F. erfüllen, was nach der hier vertretenen Ansicht nicht der Fall ist, vgl. unter 8. Teil III. 1. d) aa) (2), S. 342. Zu beachten ist, dass die Gesetzgebungsmaterialien den Begriff des "macro-hedging" für den Fall verwenden, dass ganze Gruppen von Grundgeschäften zusammenfassend betrachtet werden (BR-Drucks. 344/08, S. 126). Nach der hier verwendeten Abgrenzung würde es sich bei der Zusammenfassung inhomogener Grundgeschäfte allerdings um den Fall eines "Global-Hedges" handeln, vgl. dazu 1. Teil II. 1. b) cc), S. 17. Vgl. zur Definition des Portfolio-Hedgings bereits 1. Teil II. 1. b) bb), S. 16 ff. Vgl. 8. Teil III. 1. d) aa) (2), S. 342.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

liegt. Die betroffenen Institute sind jedoch gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6b RechKredV dazu angehalten, alle vorgenommenen Umgliederungen im Anhang zum Jahresabschluss zu begründen und darüber zu berichten, welche Auswirkungen sich daraus für das Jahresergebnis des Unternehmens ergeben.73 (2)

§ 256a S. 2 HGB n.F.

Entsprechende Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der neu geschaffenen Regelung zur Währungsumrechnung in § 256a HGB n.F. Satz 2 der Norm sieht vor, dass kurzfristige Fremdwährungsvermögensgegenstände und verbindlichkeiten zum aktuellen Devisenkassamittelkurs ohne Beschränkung auf die Anschaffungskosten als Obergrenze umzurechnen sind. Unter Durchbrechung von Realisations- und Anschaffungskostenprinzip erfolgt handelsrechtlich auch insoweit eine Erfassung nicht realisierter Gewinne.74 Innerhalb der Gruppe kurzfristiger Währungspositionen findet damit bereits eine Berücksichtigung kompensatorischer Effekte statt, welche die Bildung von Bewertungseinheiten an sich überflüssig macht. Entscheidet sich der Bilanzierende dennoch zur Bildung einer Bewertungseinheit unter Rückgriff auf eine oder mehrere kurzfristige Fremdwährungspositionen, so ist § 256a S. 2 HGB n.F. durch § 254 S. 1 HGB n.F. ausgeklammert. Eine Kollisionsgefahr ist diesbezüglich mithin gleichfalls zu verneinen. Ggf. sinnvoll erscheint eine derartige Bildung von Bewertungseinheiten innerhalb der Gruppe kurzfristiger Fremdwährungspositionen unter steuerlichen Aspekten. So findet die Regelungsanordnung des § 256a S. 2 HGB n.F. steuerlich keine Anwendung, da der Bilanzierende insofern nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG an die Anschaffungskosten gebunden ist75. Bewertungseinheiten erlangen über § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. hingegen auch steuerliche Relevanz. bb)

Antizipative Hedges

Mit der Einführung des § 254 HGB n.F. ermöglicht der Gesetzgeber nunmehr auch die Bildung von Bewertungseinheiten sofern es um die Absicherung eines antizipativen, d.h. noch nicht rechtsverbindlich abgeschlossenen76 Grundgeschäfts geht. (1)

"Erwartete Transaktionen"

Fraglich ist in diesem Zusammenhang zunächst, warum der Rechtsausschuss von der im Referenten- und Regierungsentwurf ursprünglich noch enthaltenen Formulierung der "vorgesehenen" Transaktionen abgewichen ist und in § 254 73 74 75 76

Vgl. auch BT-Drucks. 16/12407, S. 92. Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 981; vgl. auch Theile, DStR 2009, Beihefter zu Heft 18, 21, 34. Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 981. Vgl. dazu bereits 1. Teil II. 3. b), S. 19.

333

Änderungen aufgrund des BilMoG

HGB n.F. nunmehr auf "erwartete" Transaktionen abstellt. Während die Begründung der Beschlussempfehlung zu dieser Frage gänzlich schweigt,77 lässt sich auch bei grammatikalischer Betrachtung kaum ein Unterschied festmachen. Zwar bringt die Formulierung der "erwarteten" Transaktion den Aspekt einer tatsächlich durchgeführten unternehmerischen Planung eines Geschäfts nicht so deutlich zum Ausdruck, wie die ursprüngliche Fassung der "vorgesehenen" Transaktion. Der Unterschied erscheint jedoch so marginal, dass hier nicht von einer geänderten Zielrichtung des Gesetzgebers ausgegangen werden kann. Betroffen sind damit weiterhin "antizipative Hedges" im o.g. Sinne und eine Auslegung unter Rückgriff auf die Begründung des Referenten- und Regierungsentwurfs erscheint möglich. (2)

Auftretende Gestaltungsspielräume

Die Aufnahme geplanter Transaktionen in den Regelungsbereich des § 254 HGB n.F. hat in der Literatur besondere Kritik erfahren.78 Mit der Zulässigkeit solcher antizipativer Hedges79 entstehe ein faktisches Wahlrecht, ob bestimmte Transaktionen in die Bewertungseinheit aufgenommen werden sollen oder nicht.80 Hinreichende kriminelle Energie vorausgesetzt, stünde einer Nachgenerierung von zu sichernden vorhersagbaren Transaktionen und der Verschleierung von Verlusten aus spekulativen Geschäften aller Art nach dieser Ansicht de facto nichts Materielles mehr im Weg.81 Beurteilt anhand der Entwurfsfassungen des BilMoG ließ sich letzterer Einwand noch weitestgehend entkräften. So handelt es sich bei spekulativen Geschäften zumeist um Finanzinstrumente des Handelsbestandes, die gem. § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E insgesamt einer zwingenden Marktbewertung unterliegen sollten; eine manipulative Verlustverschleierung erschien insoweit nahezu ausgeschlossen. In der verabschiedeten Fassung des BilMoG gilt dies allerdings nur noch bereichsspezifisch für Finanzdienstleistungs- und Kreditinstitute. Für die nicht in § 340 HGB genannten Unternehmen ergibt sich hingegen tatsächlich die Möglichkeit, die bei spekulativen Geschäften anfallenden Verluste dadurch zu kaschieren, dass das spekulative Geschäft nachträglich einem nur behaupteten erwarteten Geschäft zugeordnet wird. Auf diese Weise lässt 77 78

79 80 81

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Zu § 254 HGB n.F. vgl. i.Ü. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Füllbier/Gassen, DB 2007, 2605, 2610 f.; Herzig, DB 2008, 1, 9; Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 68; Wiechens/Helke, DB 2008, Beilage 1, 26, 28; dies., DB 2008, 1333, 1336. Zur Risikoabsicherung mittels antizipativer Hedges vgl. bereits 4. Teil VI. 1. a) aa), S. 100 f. und f), S. 113 ff. Herzig, DB 2008, 1, 9. Füllbier/Gassen, DB 2007, 2605, 2611. Vgl. auch Patek, KoR 2008, 364, 637. Bilanzpolitische Spielräume bzw. Manipulationspotential sehen ebenfalls der Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 209, 213; BoHdR-Kirsch, Rechnungslegung nach dem BilMoG, Rn. 136; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1019 und Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1336; a.A. M. Schmidt, KoR 2008, 1, 8.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

sich eine antizipative Bewertungseinheit bilden, die gem. § 254 HGB n.F. den Ausweis des spekulativ eingetretenen Verlustes verhindert. Ergänzend dazu führt die Regelung auch bei Kreditinstituten zu erheblichen bilanzpolitischen Spielräumen.82 In Bezug auf solche Finanzinstrumente, die nicht dem Regelungsbereich des § 340e Abs. 3 HGB n.F. unterfallen, bleiben die o.g. Gestaltungsmöglichkeiten erhalten; gleiches gilt hinsichtlich der Möglichkeit, Positionen in Bewertungseinheiten umzugliedern. Wirtschaftlich erwartete Verluste können durch die Zuordnung zu einer geplanten Transaktion in eine Bewertungseinheit aufgenommen und so eine an sich gebotene imparitätische Bewertung verhindert werden. Zwar scheiden in Abweichung zum Regierungsentwurf lediglich geplante Geschäfte nunmehr als Sicherungsinstrumente aus. Letztendlich wird sich jedoch regelmäßig kaum verlässlich feststellen lassen, ob es sich bei einer geplanten Transaktion um ein Grund- oder ein Sicherungsgeschäft handelt. Anhaltspunkte für eine derartige Einordnung könnten sich allenfalls aus der Dokumentation der Bewertungseinheit ergeben. Auch eine solche vermag aber kaum hinreichende Objektivität zu gewährleisten. So ist das Abstellen auf die einseitige Dokumentation des Bilanzierenden – ungeachtet dessen, dass eine solche nach der Fassung des Regierungsentwurfs und des Rechtsausschusses gar nicht mehr gefordert wird83 – in höchstem Grade manipulationsanfällig. Auch wenn man dies bei entsprechender krimineller Energie letztendlich über jede Form des Nachweises sagen können wird, besteht zwischen der einseitigen Dokumentation durch den Unternehmer und der bislang geltenden Forderung nach einem rechtsverbindlichen Geschäftsabschluss doch ein entscheidender qualitativer Unterschied, womit sich die geplante Regelung deutlich zu Lasten der Objektivierungsfunktion des Jahresabschlusses auswirkt. (3)

Das Erfordernis „hoher Wahrscheinlichkeit“

Objektivierend könnte in diesem Zusammenhang allenfalls wirken, dass die geplanten Transaktionen mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ vorgesehen sein müssen. Wie dieses Tatbestandsmerkmal zu verstehen ist, bleibt zunächst unklar. Die insoweit mit dem Regierungsentwurf korrespondierende Formulierung des § 254 n.F. unterscheidet sich vom Referentenentwurf dahingehend, dass nicht länger eine „höchste Wahrscheinlichkeit“ gefordert wird. Bei grammatikalischer Betrachtung bedeutet die Einführung des Wortes „hoher“ eine Entschärfung der ursprünglich vorgesehenen Anforderungen und eine Annäherung an den Wahrscheinlichkeitsbegriff, wie er z.B. § 249 Abs. 2 HGB84 zugrunde liegt. So wird auch die dortige Formulierung „wahrscheinlich oder 82 83 84

A.A. M. Schmidt, KoR 2008, 1, 7 f. Vgl. dazu später unter 8. Teil III. 1. e), S. 350. Erforderlich ist eine Wahrscheinlichkeit von knapp über 50 %, so dass mehr Gründe für als gegen den zukünftigen Anfall der Aufwendungen sprechen müssen, vgl. ADS, § 249, Rn. 213.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

sicher“ teilweise im Sinne einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ verstanden, da künftige Ereignisse niemals sicher im Wortsinn sein könnten.85 Gleichzeitig wurde aus der Gesetzesbegründung die Passage gestrichen, die ursprünglich ein Verständnis i.S.d. üblichen Interpretation des „handelsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsbegriffs“ explizit ausgeschlossen hatte.86 Beide Umstände sprechen dafür, dass die für § 254 HGB n.F. erforderliche Wahrscheinlichkeit nunmehr auf ein Maß reduziert wurde, nachdem es ausreicht, dass mehr Gründe für als gegen den Abschluss des geplanten Geschäftes sprechen. Einer solchen Interpretation widerspricht allerdings der Umstand, dass auch nach der Modifikation wesentliche Teile der Begründungen beider Entwürfe übereinstimmen. So wird auch nach der Regierungsbegründung gefordert, dass der tatsächliche Abschluss der Transaktion beiderseits so gut wie sicher sein muss und allenfalls noch außergewöhnliche Umstände entgegenstehen dürfen, die außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens liegen.87 Diese Forderung ist mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 50 % kaum vereinbar. Ferner impliziert bereits das „Wahrscheinlichsein“, dass mehr Anhaltspunkte für als gegen den Abschluss des Geschäftes sprechen, so dass an eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit gesteigerte Anforderungen zu stellen sind. Wie eine solche konkret ausgestaltet zu sein hat, lässt sich kaum feststellen. Hier ist allerdings eine restriktive Interpretation geboten, um zumindest eine teilweise Objektivität zu gewährleisten. (4)

Prognoseschwierigkeiten

Verbleiben wird damit allerdings weiterhin ein Prognoseproblem bei der Bestimmung der konkreten Wahrscheinlichkeit.88 Eine Lösung wird sich wohl nur über die in der Entwurfsbegründung89 vorgesehene Vergangenheitsbetrachtung ergeben. Wesentliche Bedeutung im Rahmen dieser Beurteilung hat nach der Begründung, ob und inwieweit in der Vergangenheit antizipative Bewertungseinheiten gebildet und auch durchgeführt, also die vorgesehenen Geschäfte abgeschlossen wurden. Dabei sei es Aufgabe des Abschlussprüfers, in jedem Einzelfall zu klären, ob die gebildeten antizipativen Bewertungseinheiten noch im Einklang mit den handelsrechtlichen Bilanzierungsprinzipien stehen. Aber wie soll die Klärung erfolgen, wenn der Gesetzeswortlaut sich hierzu ausschweigt, es faktisch also gar keine einheitlichen Bilanzierungsprinzipien zur Abbildung antizipativer Hedges gibt? 85 86

87 88 89

336

Vgl. ADS, § 249, Rn. 212 m.w.N. Die Begründung zum Referentenentwurf hatte noch die Aussage enthalten: „Keinesfalls ausreichend sind jedoch Eintrittswahrscheinlichkeiten, die sich auf dem Niveau der üblichen Interpretation des handelsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsbegriffs – also bei knapp mehr als 50 % – bewegen“, vgl. dort S. 116. BR-Drucks. 344/08, S. 125. Prognoseschwierigkeiten sieht auch Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 68. BR-Drucks. 344/08, S. 125.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

Zwar wird in der Begründung der Beschlussempfehlung ausgeführt, dass an die Begründung antizipativer Bewertungseinheiten strenge Anforderungen zu stellen seien.90 Wie diese genau ausgestaltet sind erfährt der Rechtsanwender aber auch hier nicht. Gleichfalls scheidet ein Rückgriff auf die GoB in ihrer bisherigen Form aus, da sie der Berücksichtigung antizipativer Hedges gerade entgegenstanden.91 Lediglich § 285 Nr. 23 Buchst. c) bringt etwas Klarheit, indem er "eine Erläuterung der mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen, die in die Bewertungseinheit einbezogen wurden" verlangt. Im Anhang ist folglich für Dritte nachvollziehbar zu hinterlegen, warum vom Vorliegen einer "hohen Wahrscheinlichkeit" am Bilanzstichtag auszugehen ist.92 Zudem ist gesondert anzugeben, wenn derivative Finanzinstrumente, deren beizulegender Zeitwert unter den Anschaffungskosten liegt, als Sicherungsinstrumente in eine antizipative Bewertungseinheit einbezogen werden. Insoweit ist zu erläutern, weshalb aus der in diesem Zusammenhang erwarteten Transaktion ein kompensierender Ertrag zu erwarten ist.93 Letzteres zielt eindeutig auf den oben angesprochenen Aspekt der Verlustverschleierung bei spekulativen Geschäften. Allerdings hat auch § 285 Nr. 23 Buchst. c) nur eine eingeschränkte objektivierende Wirkung. Zum einen kommt es nur darauf an, dass der bilanzierende Unternehmer seine Erwartungen geschickt begründet, weil es ohnehin an objektiv nachvollziehbaren Maßstäben mangelt. Zum anderen trifft die Angabepflicht im Anhang lediglich Kapitalgesellschaften. Die Zulässigkeit antizipativer Bewertungseinheiten wird damit letztlich von der Beurteilung durch den Abschlussprüfer abhängen und davon, ob er das Unternehmen als glaubhaft einschätzt.94 Die Gefahr einer willkürlich divergierenden Praxis liegt auf der Hand. Auf diesem Weg wird sich die Intention des BilMoG, die Informationsfunktion der Jahresabschlüsse zu stärken95 und damit zu einer besseren Vergleichbarkeit zu gelangen, wohl kaum verwirklichen lassen.96 Deutlich wird dies ebenfalls anhand der Überlegung, dass mit § 254 HGB n.F. auch nicht prüfungspflichtige Unternehmen die Möglichkeit erhalten, antizipative Bewertungseinheiten zu bilden. Hier fehlt es gänzlich an einer Instanz, die in der Lage wäre, eine Rechtskonformität festzustellen. Nicht minder schwer wiegen in diesem Zusammenhang steuerliche Bedenken. Über § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. sind die nach § 254 HGB n.F. gebildeten anti90 91 92 93 94 95 96

BT-Drucks. 16/12407, S. 88. Vgl. dazu erneut 4. Teil VI. 1. a) aa), S. 100 f. und f), S. 113 ff. BT-Drucks. 16/12407, S. 88. BT-Drucks. 16/12407, S. 88. Vgl. hierzu auch Cassel, in: Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, S. 189, 191. BR-Drucks. 344/08, S. 2, 71. Kritisch auch Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1336, die es begrüßt hätten, wenn Objektivierungskriterien in die Gesetzesbegründung aufgenommen worden wären.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

zipativen Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich;97 eine faktische steuerbilanzielle Bindungswirkung der Zulässigkeitsbeurteilung durch den Abschlussprüfer wäre die Konsequenz. Zwar wurde bereits festgestellt, dass auch im Rahmen von § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. keine Maßgeblichkeit handelsrechtswidriger Bewertungseinheiten angenommen werden kann.98 Mangelt es jedoch wie vorliegend an gesetzlichen Anhaltspunkten für eine handelsrechtskonforme Bilanzierung, so wird sich das Urteil des Abschlussprüfers auch für die Finanzbehörden weder verifizieren noch widerlegen lassen. Sie wären gleichfalls faktisch an die Ermessensentscheidung des Abschlussprüfers gebunden. cc)

Zwischenergebnis

Im Rahmen von § 254 HGB n.F. kommen sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und schwebende Geschäfte als absicherungsfähige Geschäfte in Betracht. Für solche Finanzinstrumente, die zum Handelsbestand von Kreditinstituten gehören, gilt jedoch parallel die Zeitwertbewertung gem. § 340e Abs. 3 HGB n.F., welche die Bildung von Portfolio-Hedges weitestgehend überflüssig macht. Im Übrigen sind die Anforderungen an die verbleibenden potenziellen Grundgeschäfte aufgrund der offenen Formulierung des Tatbestandes so weit gefasst, dass sich – insbesondere in Form der lediglich geplanten Transaktionen – weitgehende bilanzpolitische Spielräume und die Gefahr willkürlicher Bilanzansätze in der Handels- und der Steuerbilanz ergeben. c)

Umfasste Risikokategorien

Voraussetzung für die Bildung von Bewertungseinheiten ist ferner, dass überhaupt ein Absicherungsbedarf besteht99 und die relevanten Grundgeschäfte ein absicherungsfähiges Risiko in sich tragen.100 Nach der Fassung des Regierungsentwurfs konnten Bewertungseinheiten gem. § 254 HGB-E nur zur Absicherung von „Zins-, Währungs- und Ausfallrisiken oder gleichartigen Risiken“ gebildet werden. Dies bedeutete eine Einschränkung im Vergleich zum Referentenentwurf, der allgemein nur den „Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus vergleichbaren Risiken“ vorausgesetzt hatte. Der nunmehr verabschiedete Gesetzeswortlaut übernimmt erneut diese Formulierung und erteilt der beschränkenden Fassung des Regierungsentwurfs damit eine Absage.

97 Vgl. dazu an späterer Stelle unter 8. Teil IV. 2 b), S. 371. 98 Vgl. dazu 6. Teil IV. 1. b) bb), S. 211 ff. 99 Vgl. Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 533; vgl. auch bereits unter 4. Teil VI. 1. a), S. 99. 100 Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 770.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

aa)

Wertänderungs- und Zahlungsstromrisiken

Im Hinblick auf die konkret absicherungsfähigen Risikoarten unterscheidet § 254 HGB n.F. zwischen Wertänderungs- und Zahlungsstromänderungsrisiken. Ein Wertänderungsrisiko ("fair value risk") besteht darin, dass sich der Marktwert eines Grundgeschäfts über einen bestimmten Betrachtungszeitraum nachteilig ändert. Unter einem Zahlungsstromänderungsrisiko ("cash flow risk") wird die Gefahr verstanden, dass die tatsächliche Höhe zukünftiger Zahlungen aus einem Grundgeschäft von der ursprünglich erwarteten Höhe negativ abweicht.101 Bilanzpositionen können sowohl einem Wertänderungs- als auch einem Zahlungsstromänderungsrisiko unterliegen. Die Absicherung einer festverzinslichen Forderung ist beispielsweise nur im Rahmen eines FairValue-Hedges möglich, da die Zahlungsströme hier durch die Festverzinslichkeit festgeschrieben sind; künftige Zinsänderungen haben demgemäß lediglich Einfluss auf den Marktwert des Darlehns. Umgekehrt unterliegt eine variabel verzinsliche Verbindlichkeit nur einem Zahlungsstromänderungsrisiko, so dass hier ein Cash-Flow-Hedge angezeigt wäre.102 Auch geplante Transaktionen, die künftige der Höhe nach unbestimmte Ein- oder Auszahlungen erwarten lassen, unterliegen Zahlungsstromänderungsrisiken. Vertragspositionen in schwebenden Geschäften enthalten hingegen Wertänderungsrisiken.103 Neben der Differenzierung zwischen Wertänderungs- und Zahlungsstromänderungsrisiken enthält § 254 HGB n.F. keine weitergehende Abgrenzung der umfassten Risiken. Da der Gesetzgeber in der verabschiedeten Fassung – anders als noch im Regierungsentwurf – bewusst auf eine Aufzählung einzelner Risikokategorien verzichtet hat, ist davon auszugehen, dass er an einer weiten Auslegung der Norm interessiert ist. Über die Zins-, Währungs- und Ausfallrisiken104 hinaus sind damit auch alle anderen Wert- und Zahlungsstromänderungsrisiken vom Regelungsbereich erfasst. Dies gilt insbesondere für das Kursrisiko (z.B. bei Aktienbeständen),105 welches neben dem Zins- und Währungsrisiko als dritte Art des finanzwirtschaftlichen Preisrisikos gleichfalls § 254 HGB n.F. unterfallen dürfte. Umfasst sind auch Liquiditätsrisiken, die in § 289 Abs. 2 Nr. 2 b) HGB für Zwecke des Lageberichts den vorgenannten Preisänderungs- und Ausfallrisiken gleichgestellt werden. Anzumerken ist zudem, dass § 254 HGB n.F. – abweichend von § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. – keine Anknüpfung an den finanzwirtschaftlichen Charakter der Risiken vorsieht. Einer Anwendbarkeit der Norm auch auf leistungswirt-

101 102 103 104

Vgl. Patek, KoR 2008, 364, 365 m.w.N. Prahl/Naumann, in: HdJ, Abt. II/10, Rn. 300. Vgl. auch Patek, KoR 2008, 364, 365; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 533. Diese haben auch in der Begründung des Rechtsauschusses explizite Erwähnung gefunden, vgl. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. 105 Vgl. dazu 6. Teil III. 2. a) bb), S. 190 f.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

schaftliche Risiken106 dürfte damit ebenfalls nichts im Wege stehen. Für diese Überlegung spricht zunächst, dass die Gesetzgebungsmaterialien die Absicherung von Risiken aus dem Bezug von Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffen ausdrücklich erwähnen; so wurden die absicherungsfähigen Grundgeschäfte gerade deshalb nicht auf Finanzinstrumente beschränkt, weil man die Absicherung solcher leistungswirtschaftlichen Risiken explizit zulassen wollte.107 Hinzu kommt, dass in der Begründung der Beschlussempfehlung auch das „Preisänderungsrisiko“ explizit benannt wird.108 Da dieses neben den Zins- und Währungsrisiken Erwähnung gefunden hat, ist davon auszugehen, dass es sich um das Preisänderungsrisiko im engeren Sinne handelt, welches sich auf nichtfinanzwirtschaftliche Geschäfte, wie z.B. die Beschaffung von Waren oder deren Absatz, bezieht. Letztendlich spricht auch § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. für die Einbeziehung von leistungswirtschaftlichen Risiken. bb)

Vergleichbarkeit der Risiken

Begrenzend wirkt allerdings, dass die Risiken "vergleichbar" sein müssen. Das Vergleichbarkeitskriterium verlangt nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, dass Grund- und Sicherungsgeschäft demselben Risiko ausgesetzt sind.109 Nicht der Fall ist dies z.B. bei einer Zusammenfassung von Zins- und Währungsrisiken,110 selbst wenn sich deren betragsbezogenen Auswirkungen der Höhe nach ausgleichen.111 § 254 HGB n.F. gilt folglich nur bei Risikokompensationen innerhalb einer Risikoart und greift damit das bereits im Rahmen der GoB geltende Homogenitätserfordernis auf.112 Dies ist in zweierlei Hinsicht von Relevanz: Zum einen lässt sich die sicherungsbedingte Kompensationswirkung nur so überhaupt verlässlich messen113 und bestimmen, inwieweit die Rechtsfolgen des § 254 HGB n.F. zur Anwendung kommen. Zum anderen verhindert das Vergleichbarkeitskriterium, dass Bewertungseinheiten auf der Basis sich zufällig ausgleichender Wertänderungen oder Zahlungsströme gebildet werden.114 Das Tatbestandsmerkmal wirkt damit objektivierend, indem es eine prospektiv überprüfbare Voraussetzung für die Zusammenfassung von Geschäften schafft. Absicherungsfähig sind damit nur im Voraus eindeutig ermittelbare singuläre Risiken,115 womit zumindest die Designation des allgemeinen Geschäftsrisikos 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115

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Vgl. dazu bereits 6. Teil III. 2. a) aa), S. 189 f. BR-Drucks. 344/08, S. 125. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Referentenentwurf, S. 118. Vgl. auch Kraft/Bischoff, S. 183. Vgl. dazu bereits 4. Teil VI. 1. b), S. 102. Vgl. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Vgl. auch BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Vgl. BT-Drucks. 16/12407, S. 86.

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

ausscheidet, da es sich hierbei nicht um ein spezifisch identifizierbares Risiko handelt.116 Auch beschränkt das Vergleichbarkeitserfordernis den Umfang der § 254 HGB n.F. unterfallenden Hedging-Modelle. So scheiden Global-Hedges aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, weil sie gerade nicht auf die Absicherung einzelner Risikoarten abzielen. Fraglich ist die Behandlung von Cross-Hedges. Solche beziehen sich zwar auf dieselbe Risikostruktur, z.B. das Währungsrisiko, schließen aber auch Positionen mit abweichenden Basiswerten in die Absicherung ein.117 Handelt es sich aber noch um vergleichbare Risiken, wenn eine Fremdwährungsverbindlichkeit durch eine Forderung in einer anderen Währung abgesichert wird? Dies wird man wohl verneinen müssen. Zwar geht es beiderseits um die kompensatorische Wirkung von Währungsrisiken. Letztlich handelt es sich aber um zwei verschiedene Währungsrisiken, so dass Grund- und Sicherungsgeschäft nicht "demselben Risiko" i.S.d. Begründung der Beschlussempfehlung118 ausgesetzt sind. d)

Zusammenfassung zum Ausgleich

Ferner müssen Grund- und Deckungsgeschäft „zum Ausgleich […] zusammengefasst“ worden sein. Diese Fassung korrespondiert mit dem Referentenentwurf und weicht vom Wortlaut des Regierungsentwurfs ab, nach dem die Zusammenfassung "zur Absicherung" erfolgen musste. aa)

Subjektives Element

Die Formulierung „zum Ausgleich“ impliziert – ähnlich wie auch die Fassung des Regierungsentwurfs – zunächst ein einschränkendes subjektives Element. Entsprechend dem Wortlaut der Norm gilt diese Voraussetzung aber zunächst nur in Hinblick auf die „Zusammenfassung“ an sich. Auch die Regierungsbegründung führt dazu aus, dass „Bewertungseinheiten mit einer Zwecksetzung gebildet werden müssen, nämlich dem Ziel der Risikoabsicherung.“119 Bedenkt man aber, dass die Zusammenfassung zum Zwecke des Risikoausgleichs gerade den Charakter einer objektübergreifenden Bewertungseinheit ausmacht, so ergibt sich hieraus nur eine geringe beschränkende Wirkung des Tatbestandes. Konsequenzen könnten sich allenfalls für die bilanzielle Berücksichtigung von Portfolio-Hedges ergeben. Weder der Abschluss der im Portfolio verbundenen Geschäfte noch deren Zusammenfassung in den Handelsbüchern erfolgt primär unter dem Aspekt der Absicherung bzw. des Risikoausgleichs.120

116 117 118 119 120

Cassel, S. 191. Vgl. bereits 1. Teil II. 2. b), S. 18. Vgl. erneut BT-Drucks. 16/12407, S. 86. BR-Drucks. 344/08, S. 127. Vgl. dazu bereits 1. Teil II. 1. b) bb), S. 16 ff.

341

Änderungen aufgrund des BilMoG

(1)

Sicherungsabsicht und Motiv der Zusammenfassung

Zu beachten ist jedoch, dass der Wortlaut der Norm zumindest eine Sicherungsabsicht bei Geschäftsabschluss gar nicht voraussetzt. Entscheidend ist hier nur die Absicht im Zeitpunkt der Zusammenfassung; zumindest ersterer Punkt steht einer Anerkennung von Portfolio-Hedges mithin nicht entgegen. Es verbleiben damit lediglich Zweifel hinsichtlich des Motivs der Zusammenfassung. Bedenkt man aber, dass auch Portfolien letztendlich unter Risikogesichtspunkten gesteuert werden, so lässt sich eine „Zusammenfassung zum Ausgleich“ auch dort vertreten. Gestützt wird diese Ansicht von den Gesetzgebungsmaterialien, die eine Erfassung von Portfolio-Hedges durch § 254 HGB-E ausdrücklich vorsehen.121 Trotz des Tatbestandsmerkmals der Sicherungsabsicht sind folglich auch Portfolio-Hedges grundsätzlich vom Regelungsbereich des § 254 HGB n.F. erfasst. (2)

Durchhalteabsicht

In Frage gestellt würde dieses Ergebnis jedoch dann, wenn man für § 254 HGB n.F. gleichfalls eine Durchhalteabsicht voraussetzen würde, wie sie bereits im Rahmen der teleologischen Reduktion von § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB verlangt wurde. Portfolio-Hedges erfüllen diese Voraussetzung regelmäßig nicht.122 Die im Portfolio erfassten Geschäfte sollen aufgrund des Handelsmotivs gerade nicht bis zur Beendigung potenziell gegenläufiger Geschäfte erhalten bleiben. Es kommt vielmehr zu einem ständigen Austausch des Bestandes, der eine Durchhalteabsicht vermissen lässt. Die Abhängigkeit von einer solchen Voraussetzung würde mithin zum Ausschluss von Portfolio-Hedges aus dem Anwendungsbereich der Norm führen. Aus dem Wortlaut des § 254 HGB-E wird das Tatbestandsmerkmal einer Durchhalteabsicht nicht unmittelbar ersichtlich. Die Regierungsbegründung ging dennoch davon aus, dass die Zwecksetzung der Risikoabsicherung zugleich impliziere, dass im Zeitpunkt der Begründung einer Bewertungseinheit auch die Absicht besteht, die Bewertungseinheit bis zur Erreichung des Zweckes beizubehalten.123 Diese Annahme erscheint vor dem wirtschaftlichen Hintergrund der Bewertungseinheiten und der Überlegungen, die bislang eine teleologische Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB rechtfertigen, auch durchaus sachgerecht. So wurde bereits dargelegt, dass ein sicherer Risikoausschluss, und damit eine vollständige Absicherung, nur dann eintritt, wenn auch 121 BR-Drucks. 344/08, S. 126. 122 Vgl. bereits 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff. 123 BR-Drucks. 344/08, S. 127. Unter dem Regierungsentwurf wurde das Erfordernis einer Durchhalteabsicht auch von Cassel, S. 190; Kraft/Bischoff, S. 186; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 770; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1017 sowie Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 538 angenommen, wobei letztere jedoch vorschlugen, eine Abweichmöglichkeit für den Fall zu gewähren, dass dies von den Zielen und der Strategie des Risikomanagements her notwendig ist.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

die Absicht besteht, das Deckungsgeschäft bis zur Auflösung des Grundgeschäfts beizubehalten.124 Fraglich ist jedoch, ob diese Überlegung auch der Neugestaltung des § 254 HGB n.F. zu Grunde liegt und insofern weiterhin eine Durchhalteabsicht zu fordern ist. Zweifel hieran könnten sich im Hinblick auf den veränderten Gesetzestext ergeben. So knüpft § 254 HGB n.F. nicht länger an eine Zusammenfassung "zur Absicherung" sondern vielmehr "zum Ausgleich" an. Einem Ausgleich kommt jedoch nicht der zwingende Charakter zu, den der Begriff der Risikoabsicherung in sich birgt. Allerdings scheint diese Modifikation nur im Hinblick darauf erfolgt zu sein, dass auch die nachfolgende Formulierung von „Zins-, Währungs- und Ausfallrisiken“ in „Wertänderungen oder Zahlungsströme“ geändert wurde und der Gesetzgeber wohl der Meinung war, dass sich letztere nicht absichern, sondern nur ausgleichen lassen. Den Gesetzgebungsmaterialien ist zumindest nicht zu entnehmen, dass mit der Modifikation des Wortlauts tatsächlich eine Systemänderung bei der Bildung von Bewertungseinheiten intendiert war. Vielmehr führt die Begründung der Beschlussempfehlung aus, dass mit der Änderung des § 254 HGB dem Anliegen des Bundesrates nach einer praxisgerechten und zielgenauen Ausgestaltung der Vorschrift Rechnung getragen werden sollte.125 Dies lässt eher eine einschränkende Zielrichtung erkennen. Hinzu kommt, dass der Rechtsausschuss in seiner Begründung verlangt, dass Unternehmen zu jedem Bilanzstichtag u.a. auch festzustellen haben, in welchem Umfang ein Ausgleich in der Zukunft stattfinden wird.126 Diese Zukunftsorientierung entspricht aber gerade der Durchhalteabsicht, womit auch unter dem Regime des § 254 HGB n.F. die Durchhalteabsicht im Zeitpunkt der Bildung von Bewertungseinheiten zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal erhoben wird. 127 (3)

Zwischenergebnis

Entgegen der Regierungsbegründung, nach der durch § 254 HGB-E „weder die eine noch die andere Art von Bewertungseinheiten bevorzugt oder gar ausgeschlossen“ werden soll,128 steht dieses Ergebnis einer bilanziellen Berücksichtigung von Portfolio-Hedges in Form von Bewertungseinheiten entgegen; sie scheiden danach aus dem Anwendungsbereich des § 254 HGB n.F. aus. Vor dem Hintergrund der für Kreditinstitute ohnehin vorrangig anzuwendenden Zeitwertbewertung nach 340e Abs. 3 HGB n.F. kommt diesem Umstand allerdings nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu, da Portfolioabsicherungen in der Praxis ohnehin primär bei derartigen Instituten getätigt 124 125 126 127

Vgl. dazu 4. Teil VI. 1. h), S. 115 ff. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. Noch unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs so im Ergebnis auch Schmidt, BB 882, 885; Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 451. 128 BR-Drucks. 344/08, S. 126.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

werden. Für die übrigen Sicherungsformen ist im jeweiligen Einzelfall zu überprüfen, ob eine entsprechende Durchhalteabsicht besteht. Kaum praktische Relevanz dürfte in diesem Zusammenhang der Forderung der Regierungsbegründung zukommen, dass „für eine vorzeitige Beendigung einer Bewertungseinheit plausible wirtschaftliche Gründe vorliegen“ müssen.129 Beachtlich wird diese Vorgabe allenfalls in Konstellationen, in denen noch vorhandene Grund- und Sicherungsgeschäfte in Nachfolge einer einmal gebildeten Bewertungseinheit nunmehr erneut einzelbewertet werden sollen. Beendet der Bilanzierende den Sicherungszusammenhang hingegen durch eine vorzeitige Veräußerung oder Glattstellung, so wird sich die Auflösung der Bewertungseinheit weder durch eine Abhängigkeit von plausiblen wirtschaftlichen Gründen noch durch den allgemeinen Stetigkeitsgrundsatz verhindern lassen. Das widersprüchliche Verhalten des Bilanzierenden könnte dann allenfalls als Grundlage für eine negative Beurteilung der Durchhalteabsicht in zukünftigen Situationen dienen.130 bb)

Sicherungseignung

Ferner kann ein Risikoausgleich nur dann stattfinden, wenn das Sicherungsgeschäft seinem Charakter nach überhaupt eine Absicherung ermöglicht. Aus der Formulierung "zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme" und aus dem Sicherungszweck der Zusammenfassung von Grund- und Deckungsgeschäft ergibt sich, dass sich die verwendete Deckungsposition auch zur Absicherung eignen muss.131 An welchen Kriterien diese Eignung zu messen ist, lässt sich dem Wortlaut der Norm jedoch nicht entnehmen. Mögliche Anhaltspunkte ergeben sich allenfalls aus den Gesetzgebungsmaterialien zu den Entwürfen, welche sich aber gleichfalls weitestgehend bedeckt halten. So solle mit § 254 HGB-E weder die eine noch die andere Art von Bewertungseinheiten bevorzugt oder gar ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei grundsätzlich nur, dass bereits im Zeitpunkt der Begründung einer Bewertungseinheit deren Eignung zur Absicherung der Risiken objektiv gegeben sein müsse.132 Die Bildung der Bewertungseinheit sei zu dokumentieren und 129 BR-Drucks. 344/08, S. 127. 130 Vgl. dazu bereits 4. Teil VI. 2. b) ee) (3), S. 128 ff. 131 So im Ergebnis auch die Begründung zu der diesbezüglich inhaltlich vergleichbaren Fassung des Regierungsentwurfs (BR-Drucks. 344/08, S. 126) und Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 535. A.A. hingegen Patek, KoR 2008, 524, 528, der davon ausgeht, dass die Absicherungseffektivität als Anwendungsvoraussetzung für die Bildung von Bewertungseinheiten im Wortlaut der Norm vollständig ignoriert wird. Zwar kann dem insoweit zugestimmt werden, als es tatsächlich an einer Mindesteffektivitätsvorgabe mangelt, um Bewertungseinheiten für Zwecke des § 254 HGB n.F. anerkennen zu können (vgl. dazu auch unter 8. Teil III. 1. d) bb) (4), S. 348 ff.). Das Tatbestandsmerkmal der grundsätzlichen Absicherungseignung kann dem Gesetzestext aber durchaus entnommen werden. 132 BR-Drucks. 344/08, S. 126.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

ihre Wirksamkeit zu überwachen. Zwingende Vorgaben werden aber auch hier vermieden, weil solche im Hinblick auf die Vielzahl der möglichen Formen von Bewertungseinheiten nicht sachgerecht seien.133 (1)

Gegenläufigkeit von Wert- und Zahlungsstromänderungen

Als elementare Voraussetzung wird man neben dem bereits vorbenannten Homogenitätserfordernis grundsätzlich jedoch eine Gegenläufigkeit der Wertentwicklung von Grund- und Sicherungsgeschäft in Form der negativen Korrelation fordern müssen. Da in den Gesetzgebungsmaterialien allerdings explizit die Intention betont wird, mit der Regelung keine Änderung der bisherigen Bilanzierungspraxis bewirken zu wollen,134 erscheint eine weite Auslegung dieses offen formulierten Tatbestandsmerkmals geboten.135 Hinzu kommt, dass nach der Regierungsbegründung in Einzelabsicherungsfällen, in denen die Parameter von Grund- und Sicherungsgeschäft (beispielsweise Nominalbetrag, Laufzeit) sich entsprechen, insbesondere nichts dagegen sprechen soll, an die Dokumentation geringere Anforderungen zu stellen.136 Im Umkehrschluss ergibt sich die grundsätzliche Entbehrlichkeit übereinstimmender Parameter bei entsprechend erhöhten Dokumentationsanforderungen. Anders als unter der bisherigen Rechtslage ist damit nicht an eine Mindestkorrelation von -0,9,137 sondern vielmehr an die im Schrifttum angeführten Werte i.H.v. -0,6 bis -0,85138 anzuknüpfen. Anzuerkennen wäre die Sicherungseignung aber wohl auch dann, wenn ihr Nachweis anderweitig gelingen sollte. Ferner weist Patek139 im Zusammenhang mit dem wortgleichen Referentenentwurf zutreffend darauf hin, dass der Gesetzeswortlaut missverständlich formuliert ist. Bedenkt man nämlich, dass es bei Bewertungseinheiten um die bilanzielle Abbildung von Risikokompensationen geht, so kann es hier nicht um den Ausgleich der (gesamten) "gegenläufigen Zahlungsströme" gehen. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Absicherung im Hinblick auf mögliche Zahlungsstromänderungen besteht. Auch die Absicherung eines Rohstoffbeschaffungsgeschäfts durch den Abschluss eines durch Barausgleich zu erfüllenden Rohstoffterminkontrakts ist damit grundsätzlich geeignet i.S.d. § 254 HGB n.F. zum Ausgleich zu dienen.

133 BR-Drucks. 344/08, S. 126. 134 BR-Drucks. 344/08, S. 124. 135 A.A. anscheinend Schmidt, BB 2009, 882, 885, der die in § 254 HGB n.F. verwendete Formulierung eng interpretiert und davon ausgeht, dass eine Korrelation alleine nunmehr nicht mehr ausreicht. 136 BR-Drucks. 344/08, S. 126. 137 Vgl. unter 4. Teil VI. 1. c), S. 105. 138 Vgl. 4. Teil Fn. 357. 139 Patek, KoR 2008, 364, 366.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

(2)

Keine anderweitigen Risiken

Gleichfalls darf die Sicherungseinheit keine anderweitigen Risiken aufweisen, die den Risikoausgleich unwahrscheinlich erscheinen lassen.140 Als Grundund Sicherungsposition kommen damit nur solche Geschäfte in Betracht, die nicht akut ausfallgefährdet sind.141 Auch muss das Sicherungsinstrument so ausgestaltet sein, dass es diejenigen Risiken aufweist, die auch dem Grundgeschäft anhaften. Haften einem der beiden Geschäfte hingegen ergänzende Risiken an, so ist davon auszugehen, dass hier keine Sicherungseignung vorliegt.142 (3)

Keine zwingende Fristenidentität

Fraglich ist, ob unter dem Regime des § 254 HGB n.F. weiterhin eine tagesgleiche Fristenidentität zu fordern ist. Zwar wurde bereits aufgezeigt, dass diese für die Annahme eines sicheren Risikoausschlusses zwingend erforderlich ist.143 Zweifelhaft ist jedoch, ob sich eine solche Voraussetzung auch auf den Tatbestand des § 254 HGB n.F. übertragen lässt. Die Gesetzgebungsmaterialien und der Gesetzestext schweigen zu dieser Frage gänzlich. Auch wenn die Formulierung "zum Ausgleich" eine grundsätzliche Eignung zur Risikokompensation verlangt, ist sie weitestgehend unbestimmt und bedarf damit der Auslegung. Unklar bleibt dabei vor allem, ob die Deckung tatsächlich zu einem vollständig sicheren Risikoausschluss führen muss. Zunächst ist dabei erneut zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit dem offen formulierten Tatbestand die Intention verfolgt, alle bislang praktizierten Sicherungsmethoden beizubehalten.144 Bereits dem Grunde nach ist daher von einem tendenziell weiten Anwendungsbereich auszugehen. Auch die Modifikationen durch den Rechtsausschuss ändern hieran nichts, da sie zwar präzisierend wirken sollen,145 letztlich aber keine einschränkenden Konkretisierungen zur näheren Ausgestaltung der Sicherungseignung mit sich bringen. Vor diesem Hintergrund erscheint nicht ausgeschlossen, dass auch fristeninkongruente Sicherungseinheiten § 254 HGB n.F. unterfallen. Diese Beurteilung bestätigt sich, wenn man die Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. näher betrachtet. Der Regierungsentwurf sah eine Anwendung des § 254 HGB-E nur vor, „soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist“ und ließ damit zumindest ansatzweise das Erfordernis eines sicheren Risikoausschlusses vermuten; dies hätte dann auch eine Fristenkongruenz voraus140 Vgl. dazu bereits 4. Teil VI. 1. g), S. 115. 141 Vgl. auch Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 450; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 534. 142 Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 535. 143 Vgl. unter 4. Teil VI. 1. e) bb), S. 108. 144 BR-Drucks. 344/08, S. 124. 145 BT-Drucks. 16/12407, S. 80, 86.

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gesetzt. Nach der verabschiedeten Fassung soll das Imparitätsprinzip nunmehr "in dem Umfang und für den Zeitraum" nicht anzuwenden sein, in dem ein Risikoausgleich stattfindet. Der Anknüpfung an das Merkmal eines Ausgleichszeitraums bedarf es allerdings nur, wenn die Absicherung gerade nicht für die Gesamtlaufzeit der Grundpositionen besteht, sondern sich lediglich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht. Eine Laufzeitkongruenz wird damit nicht länger vorausgesetzt, um bilanzielle Bewertungseinheiten bilden zu können. Dies gilt umso mehr, als die Fristenkongruenz sogar nach dem enger formulierten Regierungsentwurf nicht als zwingende Tatbestandsvoraussetzung verstanden wurde.146 Über die Aufweichung des Anforderungsprofils für Bewertungseinheiten hinaus bringt § 254 HGB in der Fassung des Rechtsausschusses damit auch eine elementare systematische Neuerung mit sich. So führt der Verzicht auf eine Fristenidentität dazu, dass § 254 HGB n.F. – anders als der teleologisch reduzierte § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB147 – die Bildung von Bewertungseinheiten nicht länger von einem absoluten Risikoausschluss abhängig macht. Vielmehr knüpft die Rechtsfolgenanordnung allein an den Umstand an, dass die (möglicherweise) weiterhin existenten Risiken sich für einen gewissen Zeitraum nicht verwirklichen können, weil eine Deckung besteht. Insofern lässt sich die Vorschrift aber nicht länger mit der Überlegung rechtfertigen, dass es mangels vorhandenen Risikos keiner imparitätischen Bewertung bedarf. Auch wenn sich die Risiken aufgrund des vorhandenen Ausgleichs während der Deckungszeit nicht realisieren können, bleiben sie ohne vollständige Absicherung stets existent. Nach dem Vorsichtsprinzip müssten sie als solche grundsätzlich auch ausgewiesen werden, um die Folgeperioden – hier diejenigen, in denen keine Deckung mehr besteht – verlustfrei zu halten. Indem § 254 HGB n.F. den imparitätischen Risikoausweis auf den Zeitpunkt verschiebt, in dem die Risiken sich erstmals wieder realisieren können, führt er zu einer Einschränkung des Imparitätsprinzips und zu einer wesentlichen Abweichung vom bisherigen Konzept der Bewertungseinheiten.148

146 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, die davon ausging, dass im Falle übereinstimmender Laufzeiten an die Dokumentation geringere Anforderungen zu stellen sind (BR-Drucks. 344/08, S. 126). Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass die Laufzeitkongruenz gerade nicht als zwingenden Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Norm gesehen wurde. 147 Vgl. 4. Teil VI. 1., S. 98 f. 148 Ähnlich kritisch auch Patek, KoR 2008, 524, 528. Weniger problematisch sehen dies Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 32, die lediglich darauf abstellen, dass die bilanzielle Erfassung der kompensatorischen Effekte für die Dauer der Bewertungseinheit sichergestellt ist; dies würde ausreichen, um bilanzpolitische Missbräuche einzuschränken.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

(4)

Mindesteffektivität

Zu fragen ist weiterhin, ob im Rahmen des § 254 HGB n.F. auch eine gewisse Mindesteffektivität zu fordern ist. Eine solche könnte im Regierungsentwurf – zumindest für den Fall der Gruppenabsicherung – vorgesehen gewesen sein. Die Regierungsbegründung ging davon aus, dass die Rechtsfolgen des § 254 HGB-E dann greifen, wenn nachgewiesen wird, dass die abgesicherten Risiken nicht eintreten. Von „einer wirksamen Bewertungseinheit“ sei dabei ausnahmsweise schon auszugehen, wenn sich die Wirksamkeit dieser Einheit im vergangenen Geschäftsjahr zwischen 80 % und 120 % bewegt hat und sich im künftigen Geschäftsjahr ebenfalls innerhalb dieser Spannbreite bewegen wird.149 Die Auswahl der Methoden zur Feststellung der Wirksamkeit der Bewertungseinheit solle den Unternehmen überlassen bleiben. Bekannt ist diese Forderung aus den IFRS. Auch IAS 39 fordert im Rahmen des Hedge-Accountings einen Effektivitätstest, womit er der fraglichen Formulierung der Regierungsbegründung vermutlich inhaltlich zu Grunde liegt.150 Im Rahmen der IFRS stellt die Wirksamkeit des Sicherungszusammenhangs bereits eine zentrale Voraussetzung für die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen dem Grunde nach dar.151 Der Effektivitätsnachweis dient nicht der Abgrenzung, ob ineffektive Teile bei der bilanziellen Behandlung der Bewertungseinheit vernachlässigungsfähig sind,152 sondern entscheidet grundlegend darüber, ob die fraglichen Hedges insgesamt unter den Anwendungsbereich der Hedge-Accounting-Vorschriften fallen oder nicht. Nur Hedges, die die vorgenannten (Mindest-)Effektivitäten erfüllen, können nach IAS 39 behandelt werden. Zwar ist bei grammatikalischer Betrachtung fraglich, ob die Bundesregierung tatsächlich eine solche Mindesteffektivität einführen wollte, als sie die vorgenannte Bandbreite an Effektivität in der Regierungsbegründung aufnahm; dem Entwurfswortlaut lässt sich dies nicht eindeutig entnehmen. Allerdings war eine derartige Interpretation vor dem Hintergrund des in § 254 HGB-E geforderten Risikoausschlusses in Verbindung mit den Gesetzesmaterialien gut vertretbar. So verlangt die Regierungsbegründung, dass bereits bei Bildung der Bewertungseinheit eine wirksame Sicherungsbeziehung besteht. Der Hedge sei 149 BR-Drucks. 344/08, S. 126 f. Kritisch dazu Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1018, da Derivate – entgegen der internationalen Bilanzierungsregeln – in der handelsrechtlichen Bilanzierung ohnehin nicht stets zu einem Bilanzansatz führen und der Betrag der Ineffektivität in der Handelsbilanz stets imparitätisch abzubilden ist; vgl. hierzu auch Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 33; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 536. 150 § 254 HGB-E weicht aber von der Bandbreite nach IAS 39.AG 105 ab, welcher als Obergrenze 125 % vorsieht, vgl. auch Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1336. 151 So geregelt in IAS 39.88. Vgl. auch Barckow, S. 212. 152 Solche gehen – zumindest im Falle von Cash Flow Hedges – vielmehr wie gewohnt in das Periodenergebnis ein (IAS 39.95), vgl. Barckow, S. 216.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

dabei schon als wirksam zu betrachten, wenn die Wirksamkeit sich zwischen 80% und 125% bewege.153 Bedenkt man dabei, dass nach § 254 HGB-E ohnehin nur der effektive Teil einer Sicherungsbeziehung dem Regelungsbereich der Norm unterfallen sollte ("soweit"), kann der angegebene Effektivitätsrahmen eigentlich nur als Forderung nach einer ergänzenden Mindesteffektivität verstanden werden.154 Auf der Basis des verabschiedeten § 254 HGB n.F. lässt sich eine derartige Mindesteffektivität hingegen nicht länger vertreten. Zwar verlangt auch die Begründung des Rechtsausschusses, dass "ein Unternehmen zu jedem Bilanzstichtag positiv festzustellen hat, ob und in welchem Umfang sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme einer Bewertungseinheit […] voraussichtlich in Zukunft ausgleichen",155 was sich an sich nur mit dem Erfordernis einer Mindesteffektivität erklären lässt. Anders als der Regierungsentwurf fordert der Gesetzeswortlaut nunmehr aber anstelle des Risikoausschlusses lediglich, dass Wertänderungen oder Zahlungsströme sich "ausgleichen". Der grammatikalische Anknüpfungspunkt für eine Mindestwirksamkeit ist damit weggefallen. Zudem enthält die Begründung des Rechtsausschusses den expliziten Hinweis, dass "etwaige Effektivitätsspannen, wie sie die International Reporting Standards (IFRS) für die Annahme einer wirksamen Bewertungseinheit vorsehen, […] handelsrechtlich keine Bedeutung" haben. Damit hat der Gesetzgeber auf die Kritik reagiert und verzichtet nunmehr auf das Erfordernis einer Mindesteffektivität.156 Unter dem Regime des § 254 HGB n.F. ist die Absicherungseffektivität folglich keine Anwendungsvoraussetzung für die Bildung von Bewertungseinheiten, sondern dient nur als Maß zur Abgrenzung der Rechtsfolgen.157 cc)

Keine Rückwirkung

Die in der "Zusammenfassung zum Ausgleich" implizierte Zwecksetzung beeinflusst die Bildung von Bewertungseinheiten auch in zeitlicher Hinsicht. Nur wenn bereits eine Zusammenfassung zum Zwecke der Risikoabsicherung erfolgt ist – dass Sicherungsinstrument also zugeordnet wurde – kann die Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. greifen und der Hedge bilanziell als Bewertungseinheit abgebildet werden. Daraus folgt, dass die Designation eines Sicherungsinstruments prospektiv erfolgen muss;158 die Bewertungseinheit wirkt erst vom Zeitpunkt ihrer nachweislichen Begründung an in die Zukunft.159 Ei153 154 155 156 157

BR-Drucks. 344/08, S. 126 f. A.A. wohl Patek, KoR 2008, 524, 528; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 536. BT-Drucks. 16/12407, S. 86. So im Ergebnis auch Schmidt, BB 2009, 882, 885. Vgl. auch Patek, KoR 2008, 524, 528, der das Erfordernis einer Mindesteffektivität allerdings bereits in Bezug auf den Regierungsentwurf verneint. 158 Cassel, S. 192; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 770. 159 Referentenentwurf, S. 118.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

ne rückwirkende Bildung von Bewertungseinheiten ist hingegen ausgeschlossen,160 so dass Bewertungseinheiten nicht nachträglich zur Steuerung des Jahresergebnisses konstruiert werden dürfen.161 e)

Dokumentation

An konkretisierten Vorgaben mangelt es auch im Hinblick auf die Dokumentationsanforderungen. Zwar fordert die Regierungsbegründung162 zu § 254 HGB-E eine Dokumentation der Bildung von Bewertungseinheiten, u.a. um deren missbräuchliche nachträgliche Bildung einzudämmen. Auch sind nach § 314 Abs. 1 Nr. 15 HGB n.F. im Lagebericht bzw. gem. § 285 S. 1 Nr. 23 HGB n.F. im Anhang verschiedene Angaben über die gebildeten Bewertungseinheiten zu machen. Im Wortlaut des § 254 HGB n.F. selbst finden sich jedoch keine Hinweise auf eine Dokumentationspflicht. So hat der Gesetzgeber das im Referentenentwurf noch vorgesehene Tatbestandsmerkmal der „nachweislichen“ Zusammenfassung weder in den Regierungsentwurf noch in die Fassung des Rechtsausschusses übernommen. Dass er dies bewusst unterließ zeigt die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, in der es explizit heißt: "die Dokumentation von Bewertungseinheiten wird nicht zum Tatbestandsmerkmal erhoben".163 Dass es dennoch – und damit entgegen der Begründung des Rechtsausschusses – einer gewissen (zeitnahen164) Dokumentation bedarf,165 liegt auf der Hand. So erfordert bereits der Informationszweck von Buchführung und Jahresabschluss, dass die Bildung von Bewertungseinheiten auch bei nichtanhangpflichtigen Bilanzierenden nachvollziehbar dargestellt wird.166 Hinzu kommt, dass die Designation von Sicherungsgeschäften prospektiv erfolgen muss, was

160 So auch Cassel, S. 192; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 770; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1017; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 538. 161 Vgl. auch BR-Drucks. 344/08, S. 127. 162 Vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 126. 163 BT-Drucks. 16/12407, S. 86. 164 So die Forderung von Herzig, DB 2008, 1339, 1344, die auch erforderlich ist, um die missbrauchseinschränkende Funktion der Dokumentation zu gewährleisten. 165 Eine Verpflichtung zur nachvollziehbaren Darstellung der Bewertungseinheit bejahen auch Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 31 f.; Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 452; Schmidt, BB 2009, 882, 885. Vgl. ferner Cassel, S. 194; Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 159; Kraft/Bischoff, S. 185; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 771; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1017; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 533 f., 536 zum Regierungsentwurf, dessen Begründung gleichfalls eine Dokumentationspflicht vorsieht (BR-Drucks. 344/08, S. 126). Zweifelnd hingegen Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 980 und Patek, KoR 2008, 524, 528, der darauf hinweist, dass nicht eindeutig klar sei, woraus sich eine Dokumentationspflicht ableiten lässt. 166 Ähnlich auch Schmidt, BB 2009, 882, 885 und Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 31 f., die die Dokumentationspflicht aus § 238 HGB ableiten.

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sich jedoch nur anhand einer hinreichenden Dokumentation der gebildeten Bewertungseinheiten überprüfbar wird.167 Beides können die rechtsformspezifischen Vorschriften des § 314 Abs. 1 Nr. 15 bzw. § 285 S. 1 Nr. 23 HGB n.F. alleine nicht leisten. Allerdings bleibt mangels konkretisierender Vorgaben offen, wie die Dokumentation konkret zu erfolgen hat. Dies gilt umso mehr, als nach der Regierungsbegründung für die Dokumentation – ähnlich wie für die Überwachung der Wirksamkeit – ausdrücklich keine zwingenden Vorgaben gemacht werden sollen.168 Im Ergebnis ist die Art des Nachweises der Bewertungseinheit damit weitestgehend dem Bilanzierenden überlassen.169 f)

Stellungnahme

Nach den vorstehenden Feststellungen ermöglicht § 254 HGB n.F. die Bildung von Bewertungseinheiten sowohl im Falle von Mikro- als auch von MakroHedges, während Global-, Cross- und Portfolio-Hedges aus dem Anwendungsbereich der Norm ausscheiden. Letzteres hat jedoch keine entscheidenden Konsequenzen, da die als Portfolio-Hedge bekannten Konstellationen ohnehin weitestgehend der Zeitwertbewertung nach § 340e Abs. 3 HGB n.F. unterfallen. Im Übrigen ergibt die Gesamtbetrachtung, dass die Neuregelung des BilMoG für Zwecke der kompensatorischen Bewertung in mehrfacher Hinsicht bedenklich erscheint. aa)

Systemänderung bei der Bildung von Bewertungseinheiten

So ist zunächst festzuhalten, dass sich § 254 HGB n.F. nicht länger auf der Grundlage der bisherigen Überlegungen zur Bildung von Bewertungseinheiten erklären lässt. Anders als bei der teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB170 verlangt die Norm keinen absoluten Risikoausschluss, sondern beschränkt seine Tatbestandsvoraussetzungen auf die Existenz periodischer Ausgleichswirkungen. Das Vorsichtsprinzip ist auf diejenigen Zeiträume nicht anzuwenden, für die eine Deckung besteht. Negiert wird dabei jedoch, dass trotz der zeitweisen Deckung weiterhin Risiken bestehen, die sich nach Ablauf der Sicherung verwirklichen können und daher an sich antizipiert werden müssten. In der Folge führt § 254 HGB n.F. nicht zu einer teleologischen Einschränkung des Vorsichtsprinzips, sondern verschiebt dessen Anwendungsbereich gänzlich. Die Vorschrift hat insofern einen konstitutiven Charakter und stellt eine Spezialregelung zu den GoB dar.

167 Vgl. auch BR-Drucks. 344/08, S. 126. 168 BR-Drucks. 344/08, S. 126. 169 A.A. Cassel, S. 194; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 771; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1017; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 536, die in Anlehnung an das IFRS-Regelwerk bestimmte Angaben fordern. 170 Vgl. dazu 4. Teil VI. 1., S. 98 f.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

bb)

Gestaltungsanfälligkeit

Hinzu kommt, dass § 254 HGB n.F. nur geringe Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten enthält und damit zu einem nicht unerheblichem Ermessensspielraum für den Bilanzierenden führt.171 Vorausgesetzt wird lediglich eine Homogenität von Grund- und Sicherungsgeschäft, eine generelle Sicherungseignung sowie eine Durchhalteabsicht, während auf eine Fristenidentität, eine besonders hohe negative Korrelation und objektivierende Dokumentationsanforderungen verzichtet wird. Nach den einschlägigen Gesetzesmaterialien erscheint dies auch durchaus intendiert, um so die Bilanzwirksamkeit sämtlicher Arten von Bewertungseinheiten zu erzielen.172 Indem § 254 HGB n.F. auf die verbindliche Festschreibung der vorgenannten Kriterien verzichtet, löst er sich damit aber gleichzeitig von der bislang geltenden Voraussetzung eines sicheren Risikoausschlusses und dessen objektivierender Wirkung. Der Bilanzierende wird hierdurch zu einer willkürlichen Zusammenfassung von Geschäften berechtigt, die nahezu keinen handelsrechtlichen Vorgaben unterliegt. Sofern überhaupt einschränkende Vorgaben gemacht werden, wird deren objektivierender Charakter durch freie Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Dokumentation und der Methoden zur Überwachung bzw. Feststellung der Wirksamkeit letztendlich wieder entwertet. Ähnliche Kritik äußerte auch bereits der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 04.07.2008 zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung.173 Da in der Norm die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Bewertungseinheit nicht definiert würden, entstehe ein großer bilanzpolitischer Spielraum zugunsten des Kaufmanns. Das erklärte Ziel, die Informationsfunktion des Jahresabschlusses zu stärken, würde daher verfehlt. Die Bundesregierung hatte in ihrer Gegenäußerung174 vom 30.07.2008 zugesagt, zu prüfen, „wie und ob sich das Anliegen des Bundesrates umsetzen lässt“. Gleichzeitig hatte sie der Kritik aber zumindest insofern widersprochen, als sie keinen unbegrenzten bilanzpolitischen Spielraum zu erkennen vermöge. Zwar unterliege es der Entscheidung der Unternehmen, ob und in welchem Umfang Bewertungseinheiten gebildet werden. Aufgrund des neu gefassten Stetigkeitsgrundsatzes in § 246 Abs. 3 HGB und in § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB seien sie jedoch an die einmal gewählten Kriterien gebunden.

171 Ähnliche Kritik bereits zum Regierungsentwurf bei Patek, KoR 2008, 524, 528. 172 Nach den obigen Ausführungen wird dieses Ziel jedoch weder für Portfolio-Hedges, noch für die in den Gesetzgebungsmaterialien als "macro-hedge" bezeichneten GlobalHedges erreicht, da beide aus dem Anwendungsbereich der Norm ausscheiden. 173 BR-Drucks. 344/08 (Beschluss), S. 5 ff. Die Stellungnahme basiert auf der Empfehlung des Rechts- Finanz- und Wirtschaftsausschusses des Bundesrats vom 24.06.2008, BRDrucks. 344/1/08. 174 BT-Drucks. 16/10067, S. 122.

352

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

Diesem Einwand ist insofern zu widersprechen, als der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit auch in seiner durch das BilMoG vorgesehen Form als „Stetigkeitsgebot“175 die festgestellten Ermessensspielräume nicht zu beseitigen vermag. So führt die Fülle der als Bewertungseinheit abbildungsfähigen Konstellationen einerseits dazu, dass sich überhaupt nur in begrenztem Maße ein Bewertungsmuster feststellen lassen wird, welches dann dem Stetigkeitsprinzip unterworfen werden kann. Andererseits gestattet das Stetigkeitsgebot auch in seiner Neufassung weiterhin eine Fülle von Ausnahmen, die seine objektivierende Wirkung in nicht unerheblichem Maße beschränken.176 Entscheidend gilt es ferner zu beachten, dass bereits die erstmalige (freie) Wahlmöglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten einen erheblichen bilanzpolitischen Spielraum bedeutet. Obwohl die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ausführt, dass dieser mit den Änderungen des § 254 HGB dem Anliegen des Bundesrates nach einer praxisgerechten und zielgenauen Ausgestaltung der Vorschrift zur Bildung von Bewertungseinheiten entspreche,177 vermag auch die modifizierte Fassung die Kritik nicht zu entkräften. Der Gesetzestext und die Gesetzgebungsmaterialien sind derart offen formuliert, dass es auch unter dem Regime des § 254 HGB n.F. faktisch an verlässlichen Vorgaben für die Zulässigkeit und Überprüfbarkeit von Bewertungseinheiten fehlt. Hinzu kommt, dass die Norm als Wahlrecht ausgestaltet ist und die Bildung von Bewertungseinheiten selbst bei existenten kompensatorischen Effekten von der ermessensabhängigen Zusammenfassung durch den Bilanzierenden abhängig macht. Gleichfalls schafft die Einbeziehung antizipativer Bewertungseinheiten nicht unerhebliche Ermessensspielräume, da sie es dem Bilanzierenden ermöglicht, unter Hinweis auf künftig erwartete Geschäfte auf die Erfassung von bereits zum Bilanzstichtag eingetretene Wertänderungen zu verzichten.178 § 254 HGB n.F. stellt es dem Bilanzierenden damit weitestgehend frei, wie er die verwirklichten Lebenssachverhalte bilanziell behandelt. Im Ergebnis kommt dies einer gesetzgeberischen Resignation vor der Problematik der kompensatorischen Bewertung gleich. cc)

Transparenzmängel

Zudem gestaltet es sich als problematisch, dass § 254 HGB n.F. keine eigenen Dokumentationsanforderungen enthält. So wäre zu erwarten gewesen, dass die angesichts des reduzierten Anforderungsprofils eintretende Entobjektivierung des Tatbestandes durch erhöhte Dokumentationsvorgaben ausgeglichen wird. Dies ist im Rahmen der Neuregelung jedoch – zumindest für Nicht175 Vgl. dazu BR-Drucks. 344/08, S. 111. 176 Zu den bislang anerkannten Ausnahmen vom Stetigkeitsgebot vgl. ADS, § 252, Rn. 112 ff. 177 BT-Drucks. 16/12407, S. 86. 178 Vgl. auch BoHdR-Kirsch, Rechnungslegung nach dem BilMoG, Rn. 136.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

Kapitalgesellschaften – nicht geschehen, was zu erheblichen Transparenzmängeln führt.179 Zum einen wird hierdurch das aussichtsreichste Mittel zur Gestaltungs- und Missbrauchsbekämpfung180 entwertet. So entfällt mit dem Verzicht auf umfassende Dokumentationsanforderungen die einzige Möglichkeit, eine nachträgliche und damit willkürliche Bildung von Bewertungseinheiten zu verhindern. Besonders problematisch ist dies im Falle antizipativer Bewertungseinheiten, da die Deklarations- und Dokumentationsanforderungen bei diesen das nahezu einzige objektivierende Mittel darstellen.181 Zum anderen wird durch die vagen Dokumentationsvorgaben auch die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse von Unternehmen wesentlich erschwert. Entgegen der gesetzgeberischen Intention182 dürfte die Informationsfunktion des Jahresabschlusses auf diesem Wege keine Stärkung erfahren. dd)

Art. 39 Abs. 3 und 4 der Bankbilanzrichtlinie

Schließlich ist festzuhalten, dass die durch den Rechtsausschuss modifizierte Gesetzesfassung zumindest nicht länger einen Verstoß gegen Art. 39 Abs. 3 und 4 der Bankbilanzrichtlinie183 mit sich bringt. Für Fälle einer „besonderen Deckung“ ist in der Richtlinie für Kreditinstitute die verpflichtende Berücksichtigung von Umrechnungserträgen in der Gewinn- und Verlustrechnung und damit in der Konsequenz eine zwingende kompensatorische Bewertung vorgesehen. Diese wäre aufgrund der geplanten Streichung von § 340h HGB nach der Fassung des Regierungsentwurfs nicht länger gewährleistet gewesen. Zwar sah § 256a HGB-E u.a. eine vorrangige Anwendbarkeit der Zeitwertbewertung nach § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E vor, womit zumindest die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente auch weiterhin einer Bewertung zum Stichtagskurs unterlegen hätten und kompensatorische Effekte auf diesem Wege berücksichtigt worden wären. Für nicht zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente in Fremdwährung bzw. Fremdwährungspositionen, bei denen es sich nicht um Finanzinstrumente handelt, hätte jedoch § 256a HGB-E gegolten. Auch für Kreditinstitute wäre die Währungsumrechnung danach grundsätzlich unter Beachtung von Realisations-, Imparitäts- und Anschaffungskostenprinzip erfolgt, was mit Art. 39 der Bankbilanzrichtlinie184 kollidiert wäre. Aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses hat sich der Gesetzgeber nunmehr mit § 340h HGB n.F. für eine Bebehaltung des wesentlichen Regelungsbereiches des ehemaligen § 340h HGB entschlossen. Ein Ver-

179 Vgl. auch Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 980. 180 Vgl. hierzu auch Cassel, S. 191; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 770; Patek, KoR 2008, 364, 367. 181 Vgl. auch Patek, WPg 2007, 459, 461. 182 BR-Drucks. 344/08, S. 2. 183 Vgl. dazu auch bereits 4. Teil Fn. 58. 184 Vgl. hierzu bereits 4. Teil Fn. 58.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

stoß gegen die Anordnung der Bankbilanzrichtlinie ist damit verhindert worden.

2.

Rechtsfolgen des § 254 HGB n.F.

In der Rechtsfolge bestimmt § 254 HGB n.F., dass „§ 249 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4, § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 256a in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden [sind], in dem die gegenläufigen Wertänderungen und Zahlungsströme sich ausgleichen". Die Modifikation im Vergleich zum Regierungsentwurf185 wird vom Rechtsausschuss damit begründet, dass "die Bildung von Bewertungseinheiten oder besser die kompensatorische Betrachtung von Aufwendungen und Erträgen nunmehr nach dem neu gefassten § 254 Satz 1 HGB nur in dem Umfang und für den Zeitraum zulässig [ist], in dem bzw. für den die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme sich tatsächlich ausgleichen".186 Soweit sie sich nicht ausgleichen finde das Vorsichtsprinzip mit allen seinen Ausprägungen uneingeschränkt Anwendung. Diese Feststellung überrascht, war doch nach dem Regierungsentwurf die Rechtsfolge des § 254 HGB-E auch nur anwendbar, "soweit" der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist. Ungedeckte Beträge hätten auch danach dem Vorsichtsprinzip unterlegen, so dass insoweit keine Veränderung festzustellen ist. Allerdings verdeutlich der Hinweis des § 254 HGB n.F. auf den Ausgleichs"zeitraum" den bereits festgestellten Verzicht auf eine Fristenidentität und damit auf einen absoluten Risikoausschluss.187 Anders als bei der tatbestandlichen Zusammenfassung einzelner Elemente zu einer Bewertungseinheit, bei der § 254 HGB n.F. letztlich ein Wahlrecht des Bilanzierenden vorsieht, ist die Rechtsfolge der Norm obligatorisch ausgestaltet. Hat der Bilanzierende sich einmal zur Bildung einer Bewertungseinheit und damit zur Anwendung der Norm entschieden, besteht kein weiteres Rechtsfolgenwahlrecht.188 Die Rechtsfolgenanordnung soll allerdings nur insoweit gelten, als auch tatsächlich ein Ausgleich von Wertänderungen und Zahlungsströmen eingetreten ist, die Bewertungseinheit also effektiv ist. Hieraus und aus der konkret angeordneten Nichtanwendbarkeit verschiedener Normen ergeben sich Probleme, die es nachfolgend zu untersuchen gilt. a)

Nichtanwendung von § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB

Schwierigkeiten ergeben sich zunächst aus der angeordneten Nichtanwendung von § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB. Dass im Rahmen von Bewertungseinheiten auf eine Einzelbewertung zu verzichten und daher eine Ausnahme von § 252 185 Dessen Rechtsfolgenanordnung da lautete: "Soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist." 186 BT-Drucks. 16/12407, S. 86. 187 Vgl. bereits 8. Teil III. 1. d) bb) (3), S. 346 f. 188 So auch Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63, 68; Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1337.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

Abs. 1 Nr. 3 HGB vorzusehen ist, steht außer Frage. Aus der mangelnden Anwendbarkeit des Einzelbewertungsgrundsatzes würde bei einem sicheren Risikoausschluss jedoch gleichzeitig eine Kompensation folgen, welche die Anwendung des Vorsichtsprinzips bereits dem Grunde nach entbehrlich machen würde. Aufgrund der Gesamtbetrachtung würden dann in dem Umfang, in dem sich Wertänderungen und Zahlungsströme ausgleichen, bereits gar keine Verluste bzw. Risiken anfallen, die gem. § 252 Abs. 4 HGB zu antizipieren wären. Die Rechtsfolgenanordnung wäre in Bezug auf § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB überflüssig. Vor dem Hintergrund des durch § 254 HGB n.F. modifizierten Verständnisses von Bewertungseinheiten gilt diese Überlegung nicht länger zwingend. Fehlt es nämlich an einer Fristenkongruenz, so mögen sich zwar Wertänderungen und Zahlungsstromänderungen aus Grund- und Sicherungsgeschäft ausgleichend gegenüber stehen. Da Grund- und Sicherungsgeschäft jedoch divergierende Auslaufzeiten haben, können für die Zeit nach Ablauf der Sicherung weiterhin Risiken bestehen, die gleichfalls nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu antizipieren wäre. Der Aufnahme des Vorsichtsprinzips in die Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. ist damit dem Grunde nach zuzustimmen. Patek189 weist allerdings darauf hin, dass die Ausklammerung der in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB aufgeführten Erfolgserfassungsgrundsätze Interpretationsschwierigkeiten bereitet. Würden das im ersten Halbsatz niedergelegte Verlustantizipationsprinzip und das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. HS. HGB verankerte Gewinnrealisationsprinzip gleichzeitig nicht gelten, so würde sich ein "umgekehrtes Imparitätsprinzip" ergeben. Mit der gesetzlichen Formulierung sei daher vielmehr gemeint, dass für den effektiven Teil der Bewertungseinheit das Imparitätsprinzip nicht gelten solle. Letzterem ist zuzustimmen. Unklar ist jedoch, warum es durch die Ausklammerung des gesamten § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu einer umgekehrten Imparität kommen soll. In seinem weiteren Verständnis bedeutet das Imparitätsprinzip, dass Gewinne und Verluste unterschiedlich zu behandeln sind;190 dies wird durch die divergierenden Anordnungen der beiden Halbsätze des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB erzielt. Wird die Norm nunmehr insgesamt für unanwendbar erklärt, so entfällt aber gleichzeitig die unterschiedliche Rechtsfolgenanordnung. In der Konsequenz wären sowohl Verluste als auch Gewinne entweder beide zu antizipieren oder beide erst im Falle der Realisation zu berücksichtigen; das Imparitätsprinzip also außer Kraft gesetzt. Eine umgekehrte Imparität würde dies sicherlich nicht bedeuten. Unklar ist jedoch, welche der aufgezeigten alternativen Rechtsfolgen durch den Gesetzgeber intendiert ist. Konsequenzen hat dies für die bilanzielle Abbildungsmethode der Bewertungseinheit: Eine 189 Patek, KoR 2008, 524, 529. 190 Vgl. bereits 2. Teil Fn. 34.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

beiderseitige Antizipation würde der eingeschränkten Marktbewertung oder auch Durchbuchungsmethode entsprechen, ein beiderseitiges Abstellen auf die Realisation der Festbilanzierung oder Einfrierungsmethode.191 b)

Nachweis des effektiven Teils der Bewertungseinheit

Problematisch ist ferner die Feststellung des effektiven Teils der Bewertungseinheit. Die offene Tatbestandsformulierung des § 254 HGB n.F. führt dazu, dass mit dem Verzicht auf verbindliche Kriterien gleichzeitig auch objektivierende Anhaltspunkte für die Feststellung der Kompensationswirkung entfallen sind. Gerade die im Rahmen der teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB angesprochenen Kriterien sind es aber, die einen sicheren Risikoausschluss und damit einen verlässlichen Effektivitätsnachweis gewährleisten. Erfolgt die Deckung nämlich beispielsweise – und im Rahmen von § 254 HGB n.F. auch zulässig – durch ein Sicherungsgeschäft mit einer negativen Korrelation von weniger als -1 und einer divergierenden Fälligkeit, so wird sich kaum ein objektiver Grad des Risikoausschlusses feststellen lassen. Angesichts des im Regierungsentwurf noch geforderten Risikoausschlusses hätten derartige Nachweisprobleme die praktische Anwendung der Regelung erheblich beeinträchtigt. Nach der verabschiedeten Fassung kommt es hierauf aber gar nicht an. Gem. § 254 HGB n.F. ist vielmehr entscheidend, retrospektiv den Umfang des tatsächlich eingetretenen Ausgleichs von Wertänderungen und Zahlungsströmen für das betroffene Geschäftsjahr zu ermitteln.192 Ineffektivität entsteht dabei, wenn sich die gegenläufigen Wert- oder Zahlungsstromentwicklungen innerhalb der Bewertungseinheit nicht vollständig kompensieren oder etwa zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten.193 Wie schon die Regierungsbegründung194 weist auch der Bericht des Rechtsausschusses explizit darauf hin, dass die Methoden zur Feststellung der Wirksamkeit der Bewertungseinheiten den Unternehmen überlassen bleiben sollen.195 Soweit geeignet, soll es ferner möglich sein, die Feststellung auch auf der Grundlage eines der Art und dem Umfang der Risiken sowie der Art und dem Umfang der Grund- und Sicherungsgeschäfte angemessenen Risikomanagementsystems durchzuführen.196 In der Literatur finden sich – zumeist unter Bezugnahme auf die internationale Rechnungslegung – zahlreiche Vorschläge für Methoden, die zur Ermittlung der Effektivität einer Sicherungsbe-

191 Zu den Bilanzierungsmethoden vgl. bereits 6. Teil VI., S. 242 ff. Zu der Frage, welche Methode unter dem Regime des § 254 HGB n.F. anzuwenden ist vgl. unter 8. Teil III. 2. d) aa), S. 359 ff. 192 Vgl. auch BT-Drucks. 16/12407, S. 86. 193 Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1016. 194 BR-Drucks. 344/08, S. 127. 195 BT-Drucks. 16/12407, S. 86. 196 BT-Drucks. 16/12407, S. 86.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

ziehung herangezogen werden können.197 Ohne auf diese im Einzelnen eingehen zu wollen, lässt sich feststellen, dass verschiedene Methoden in der Regel auch zu verschiedenen Ergebnissen hinsichtlich der Effektivität der Sicherungseinheit führen.198 Für die individuell ausgestalteten Risikomanagementsysteme der Unternehmen gilt entsprechendes. Zwar mag dies unter Informationsgesichtspunkten bei Kapitalgesellschaften unproblematisch sein, da § 314 Abs. 1 Nr. 15 b) bzw. § 285 S. 1 Nr. 23 b) HGB n.F. die Unternehmer hier zu umfangreichen Angaben auch über die Methode der Effektivitätsermittlung verpflichtet. Probleme ergeben sich jedoch bereits, wenn bei NichtKapitalgesellschaften eine derart strenge Dokumentationspflicht entfällt. Hinzu kommt, dass der Jahresabschluss nach HGB auch eine Ausschüttungsbemessungsfunktion erfüllt und die handelsrechtlich gebildeten Bewertungseinheiten sich über § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auf die steuerliche Bemessungsgrundlage auswirken. Diesbezüglich lassen sich divergierende Effektivitätsergebnisse nicht durch eine entsprechende Dokumentation der angewandten Methode rechtfertigen; vielmehr sind unter Objektivierungsgesichtspunkten und vor dem Hintergrund des steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzips vergleichbare Ergebnisse zu fordern, was mit dem vorgesehenen Methodenwahlrecht kollidiert. c)

Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten

Fraglich ist zudem, ob vorhandene gegenläufige Wertänderungen und Zahlungsströme zwingend zu verrechnen sind, d.h. ob eine Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten besteht. Eine solche ist weder dem Gesetzeswortlaut, noch den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen. Während die Gesetzgebungsmaterialien zu dieser Frage gänzlich schweigen, sieht § 254 HGB n.F. seine Rechtsfolgenanordnung für den Fall vor, dass Grund- und Sicherungsgeschäfte „zusammengefasst“ werden. Anwendungsvoraussetzung der Norm ist damit jedoch eine tatsächliche und wahrnehmbare Zusammenfassung, deren Umsetzung letztlich in der Hand des Bilanzierenden liegt. Dass sie beim Vorliegen bestimmter Umstände zwingend zu erfolgen habe, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass ein Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten besteht.199 Hinzu kommt, dass der Bilanzierende die Möglichkeit hat, gegenläufige Positionen nicht als solche zu deklarieren. Unabhängig von einem Tatbestandsmerkmal der hinreichenden 197 Vgl. hierzu z.B. Cassel, S. 197, Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 771; Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 451 f.; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 536 f. jeweils m.w.N. 198 Kritisch auch Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1018. 199 So in Ergebnis auch Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 980 sowie auf Grundlage des ähnlich formulierten Regierungsentwurfs gleichfalls Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 159; Kraft/Bischoff, S. 186 f. Eine Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten sehen hingegen Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1016; Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 532.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

Dokumentation ist die Existenz kompensatorischer Effekte damit im Rahmen der Prüfung nur schwerlich feststellbar; ein ergänzendes faktisches Wahlrecht ist die Konsequenz.200 Sind aus den vorhandenen gegenläufigen Positionen allerdings erst einmal Bewertungseinheiten gebildet worden, so ist die Nichtanwendung der in § 254 HGB n.F. genannten Normen die zwingende Rechtsfolge. d)

Bilanzieller Ausweis

Schließlich stellt sich die Frage, wie Grundgeschäft und Sicherungsinstrument bilanziell abzubilden sind, da das Gesetz zur bilanziellen Erfassung von Bewertungseinheiten keine expliziten Vorgaben macht.201 aa)

Effektive Teile der Bewertungseinheit

Hinsichtlich der nachgewiesenen effektiven Teile der Bewertungseinheit war in der Begründung des Referentenentwurfs202 vorgesehen, dass die einbezogenen Elemente bewertungstechnisch „eingefroren“ werden. Die sich gegenseitig aufhebenden Wertänderungen oder Zahlungsströme sollten – im Gegensatz zu den IFRS – wie bisher weder in der Bilanz noch in der Gewinn- und Verlustrechnung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses abgebildet werden, was eine gesetzgeberische Vorgabe der Festbilanzierung203 bedeutet hätte.204 In der Begründung des Regierungsentwurfs wird diese Beschränkung jedoch aufgegeben. Im Rahmen der Ausführungen zur Aufhebung von § 340h HGB ist dort vermerkt, dass es den Unternehmen im Rahmen von § 254 HGB-E weiterhin selbst überlassen bleibe, die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme entweder „durchzubuchen“ oder die Bilanzierung „einzufrieren“. Beides gelte jedoch nur innerhalb der wirksamen Bewertungseinheit.205 Es sollte folglich im Ermessen des Kaufmanns stehen, ob er die effektiven Teile der Bewertungseinheit durch Festbilanzierung oder im Wege einer (eingeschränkten) Marktbewertung abbildet.206 Fraglich ist, ob dieses Wahlrecht auch nach § 254 HGB n.F. anzunehmen ist. Die aktuelle Begründung der Beschlussempfehlung enthält keinen Hinweis mehr auf eine bestimmte Buchungsmethodik. Da die Rechtsfolge jedoch im Hinblick auf die außer Kraft gesetzten Normen unverändert geblieben ist, kann der Auslegung auch weiterhin die Regierungsbegründung zu Grunde gelegt werden. Festzustellen bleibt damit lediglich, ob die in der Regierungsbegründung vorgenommene Interpretation auch auf

200 201 202 203 204 205 206

Vgl. auch Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 159. Vgl. auch Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 771. Referentenentwurf, S. 118. Vgl. dazu bereits 6. Teil VI. 1., S. 243 ff. Vgl. hierzu auch Herzig, DB 2008, 1, 9. Vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 209. Beispiele für beide Vorgehensweisen finden sich bei Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1337 f.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

Grundlage des Gesetzeswortlauts und unter teleologischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Dass mit der Außerkraftsetzung des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB grundsätzlich sowohl die Durchbuchungs- als auch die Einfrierungsmethode vereinbar sind, wurde bereits festgestellt.207 Gegen die Zulässigkeit der Durchbuchungsmethode wendet Patek208 allerdings ein, dass die dort vorzunehmende paritätisch erfolgswirksame Erfassung zwangsweise eine Einzelbewertung von Grundund Sicherungsposition impliziere, weil sich die Wertänderungen jeder Position sowohl in der Erfolgsrechnung als auch in der Bilanz widerspiegelten. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu der in § 254 HGB n.F. gleichfalls geregelten Ausklammerung des Einzelbewertungsgrundsatzes. Zudem resultierten aus der vorgeschriebenen Nichtanwendung von § 249 Abs. 1 und § 253 Abs. 1 S. 1 HGB erhebliche Probleme. So sei es im Falle der negativen Wertentwicklung eines schwebenden Deckungsgeschäfts nicht möglich, den Verlust im Wege einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen, da § 249 Abs. 1 HGB nach § 254 HGB n.F. ebenfalls ausgeschlossen wird.209 Entwickelt sich der Wert des Sicherungsgeschäfts hingegen positiv, sei eine bilanzielle Berücksichtigung gleichfalls nicht möglich, weil ansonsten gegen den Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte verstoßen werde. Ein Ausweg finde sich insofern nur dann, wenn man unterstellen würde, dass derartige schwebende Sicherungsgeschäfte als zum beizulegenden Zeitwert zu bewertende Vermögensgegenstände bzw. Verbindlichkeiten zu behandeln sind. Hierfür fehle es jedoch an einer gesetzlichen Regelung. Schließlich habe der Gesetzgeber durch die Einführung des § 254 HGB n.F. lediglich die bisherige Bilanzierungspraxis festschreiben wollen.210 Letzteres Argument lässt sich jedoch bereits insofern entkräften, als die Durchbuchungsmethode in der Praxis bereits Anwendung findet. Ihre Aufnahme in den Regelungsbereich des § 254 HGB n.F. steht der gesetzgeberischen Intention damit keinesfalls entgegen. Gegen das Vorbringen der Nichtbilanzierbarkeit schwebender Geschäfte wenden Küting/Cassel211 ein, dass dieser Grundsatz in § 249 Abs. 1 S. 1 HGB gesetzlich verankert sei, die Norm jedoch in der Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. gleichfalls aufgehoben werde;212 der Verstoß sei insofern unschädlich. Zwar kann dem nicht vollumfänglich gefolgt werden, da der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte 207 208 209 210

Vgl. dazu bereits 8. Teil III. 2. a), S. 355 f. Patek, KoR 2008, 524, 529. Vgl. auch Cassel, S. 196; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 772. So auch Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 539. Beide Autoren gehen anscheinend davon aus, dass die Durchbuchungsmethode nach bisheriger Rechtslage nicht zulässig war und daher auch praktisch nicht angewendet wurde. 211 Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 772 unter Verweis auf Kammann, S. 292 ff. 212 Dem folgend auch Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 454.

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sich maßgeblich aus dem Vorsichtsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ableitet und § 249 HGB lediglich einen Ausfluss dieses Grundsatzes darstellt.213 Letztlich unterliegt aber auch § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB der Nichtanwendbarkeitsanordnung des § 254 HGB n.F., womit der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte für die hier fraglichen Zwecke gleichfalls aufgehoben ist. Sind aber das Vorsichtsprinzip und der Nichtbilanzierungsgrundsatz im Zusammenhang mit Bewertungseinheiten insgesamt ausgeklammert, so bedarf es auch keiner Ausnahmeanordnung nach § 249 Abs. 1 HGB, um Verluste aus schwebenden Geschäften bilanzwirksam abbilden zu können. Vielmehr ist eine bilanzielle Berücksichtigung dann bereits dem Grunde nach möglich, womit auch im Falle der negativen Wertentwicklung des Deckungsgeschäfts nicht die von Patek befürchteten Kollisionen auftreten. Zu fragen bleibt, welche Konsequenzen sich aus der Ausklammerung des Einzelbewertungsgrundsatzes nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB für die Bilanzierungsmethode ergeben. Patek ist insofern zuzustimmen, dass die Durchbuchungsmethode grundsätzlich eine Einzelbewertung von Grund- und Deckungsgeschäft erfordert und die kompensatorischen Effekte hier erst in der bilanziellen Summe der Sicherungseinheit eine Berücksichtigung finden, was gegen deren Zulässigkeit sprechen könnte. Nicht zu erklären wäre dann allerdings, warum der Gesetzgeber in der Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. auch § 253 Abs. 1 S. 1 HGB ausklammert. Das dort niedergelegte Anschaffungskostenprinzip wird von der Einfrierungsmethode gar nicht berührt, da die Werte dort gerade nicht fortgeschrieben werden. Die Erwähnung des § 253 Abs. 1 S. 1 HGB lässt sich folglich nur mit der gesetzgeberischen Intention erklären, auch die Durchbuchungsmethode zulassen zu wollen. Hinzu kommt zum einen, dass der Gesetzgeber diese Intention in der Begründung des – hinsichtlich der ausgeklammerten Normen – wortlautgleichen Referentenentwurfes auch explizit zum Ausdruck gebracht hat. Zum anderen erscheint die Öffnung der Norm für eine zweite Abbildungsalternative angesichts der mit einer Festbilanzierung verbundenen Probleme214 auch durchaus sachgerecht.215 Insgesamt ist folglich davon auszugehen, dass unter dem Geltungsbereich des § 254 213 Vgl. 2. Teil II. 1. b) S. 31. 214 Die Festbilanzierung ist grundsätzlich nur dann pragmatischer, wenn eine vollständige Deckung besteht, vgl. hierzu bereits 6. Teil VI. 1., S. 243 ff. Allerdings bringt die Durchbuchungsmethode teilweise erhebliche Probleme mit sich, vgl. dazu Cassel, S. 196; Küting/Cassel, KoR 2008, 769, 775. Insbesondere für antizipative Hedges kommt eher die Festbewertung in Frage, da es hier noch an einer bilanzierungsfähigen Position mangelt, vgl. Schmidt, BB 2009, 882, 886. Helge/Wiechens/Klaus, WPg 2009, 30, 33 weisen zudem darauf hin, dass es sich bei der Durchbuchungsmethode praktisch als schwierig erweisen dürfte, dass die Aufrechnung der unrealisierten Gewinne und Verluste nur in dem Zeitraum stattfinden darf, in dem sich gegenläufige Wertänderungen und Zahlungsströme ausgleichen. 215 Zustimmend auch Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1336 f.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

HGB n.F. beide Bilanzierungsmethoden anwendbar sein sollen,216 während es sich bei der Ausklammerung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers zu handeln scheint. Es besteht damit ein Methodenwahlrecht, dessen Ausübung der sachlichen und zeitlichen Stetigkeit unterliegt.217 Zweifelhaft ist allerdings, wie das „Durchbuchen“ konkret zu verstehen ist.218 Die Regierungsbegründung enthält hierzu keine weiteren Konkretisierungen. Grundsätzlich denkbar wäre damit sowohl die Anwendung einer unbeschränkten Marktbewertung unter gänzlicher Aufgabe des Anschaffungskostenprinzips als auch einer eingeschränkten Marktbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäft.219 Für letztere Auslegung spricht, dass mit § 254 HGB-E lediglich die bisherige Handhabung festgeschrieben werden sollte.220 Unabhängig, ob diese Zielsetzung tatsächlich verwirklicht wurde, ergibt sich hieraus ein restriktiver Charakter, der einer über die bisherige Bilanzierungspraxis hinausgehenden Liberalisierung grundsätzlich entgegensteht. Allerdings beachtet eine derartige Interpretation nicht, dass in § 254 HGB n.F. eine vollständige Ausklammerung des § 253 Abs. 1 S. 1 HGB vorgesehen ist. Ist das Anschaffungskostenprinzip im Rahmen von Bewertungseinheiten aber insgesamt nicht anwendbar, so bedarf es grundsätzlich auch keiner Einschränkung der Marktbewertung, um einen Verstoß gegen dieses zu vermeiden.221 Auch abzulehnen ist die von manchen Autoren vorgeschlagene Zwischenlösung, nach der zwar keine Zuschreibungsbegrenzung auf die Anschaffungskosten vorgesehen wird, positive Überhänge allerdings gleichfalls keine Berücksichtigung finden sollen, damit das Vorsichtsprinzip gewahrt bleibt.222 Einem derartigen Verständnis ist entgegenzuhalten, dass das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB niedergelegte Vorsichtsprinzip gleichfalls der vollständigen Ausklammerung unterliegt. Nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut ist folglich davon auszugehen, dass die „Durchbuchung“ im Sinne einer unbeschränkten Marktbewertung, d.h. einer Bruttobilanzierung, zu verstehen ist, bei der die Wertänderungen der gesamten Bewertungseinheit durchzubuchen sind.223 Um nach Beendigung der 216 So im Ergebnis auch Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 32; Kraft/Bischoff, S. 187; Küting/Cassel, KoR 2008,769, 772; Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, 449, 453 ff.; Schmidt, BB 2009, 882, 886. 217 Schmidt, BB 2009, 882, 886. 218 Vgl. hierzu Oser/Roß/Wader/Drögemüller, WPg 2008, 675, 685. 219 Zur bereits bislang für zulässig erachteten eingeschränkten Marktbewertung vgl. unter 6. Teil VI. 1., S. 243 f. 220 BR-Drucks. 344/08, S. 124. 221 Vgl. zur Rechtfertigung der eingeschränkten Marktbewertung 6. Teil VI. 1., S. 273 f. 222 Helke/Wiechens/Klaus, WPg 2009, 30, 33; Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, 1011, 1019. Auch Oser/Roß/Wader/Drögemüller, WPg 2008, 675, 685 und Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 539 gehen davon aus, dass sich die "Durchbuchung" lediglich auf eine Nebenbuchhaltung bezieht. 223 So im Ergebnis auch Schmidt, BB 2009, 882, 886.

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Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

Bewertungseinheit eine Bilanzierung unter Achtung des Anschaffungskostenprinzips zu ermöglichen, verlangt dies jedoch gleichfalls nach einer Konservierung der bisherigen Werte in einer Nebenbuchhaltung, was die Praktikabilität der Durchbuchungsmethode mindert. bb)

Ausweis ineffektiver Teile bzw. betragsmäßiger Überhänge

Bezüglich des ineffektiven Teils einer Bewertungseinheit fehlt es sowohl dem Regierungsentwurf als auch der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses an Erläuterungen. Der Wortlaut der Norm erscheint hier allerdings weitestgehend eindeutig. Sind die vorgenannten Paragraphen nur insoweit nicht anwendbar, als die gegenläufigen Wertänderungen und Zahlungsströme sich ausgleichen, so gilt bei verbleibenden Risiken das Gegenteil. Ineffektive Teile der Bewertungseinheit bzw. betragsmäßige Überhänge sind damit entsprechend den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften auszuweisen.224 Ein Überhang an Werterhöhungen bleibt insoweit prinzipiell ohne bilanzielle Konsequenzen, während überschießende Wertminderungen grundsätzlich zu Abschreibungen auf einen niedrigeren beizulegenden Wert oder zu Drohverlustrückstellungen führen. (1)

Stellungnahme des Bundesrates

Eher kritisch hatte sich der Bundesrat zu dieser Rechtsfolgenanordnung in seiner Stellungnahme zum – nahezu wortgleichen – Regierungsentwurf225 geäußert. Er hatte gebeten, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die vorgesehene Regelung zur Bildung von Bewertungseinheiten im Hinblick auf die in der Praxis übliche Abbildung des nicht abgesicherten Risikos in einer Rückstellung angepasst und zielgenauer ausgestaltet werden könne. In der Praxis sei es üblich, verbleibende Risiken in einer Rückstellung abzubilden; dies entspreche auch der Vorstellung des Gesetzgebers, wie sie dem § 5 Abs. 4a S. 2 EStG zugrunde liege. Dies sei durch die Fassung des Regierungsentwurfs nicht gewährleistet. So würde die Anwendbarkeit des § 253 HGB dazu führen, dass Wertminderungen von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, die in die Bewertungseinheit einzubeziehen sind, nur bei voraussichtlicher dauerhafter Wertminderung berücksichtigt würden. Zwar ist dieser Kritik dem Grunde nach beizupflichten. Dies lässt sich unter sachlichen Gesichtspunkten aber nicht nur an einer abweichenden Praxis festmachen. Dogmatisch ist es nämlich zunächst durchaus zutreffend, hinsichtlich des ineffektiven Teils einer Bewertungseinheit zur Anwendbarkeit der allgemeinen Bilanzierungsvorschriften – einschließlich des § 253 HGB – zu gelan224 Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus den Ausführungen der Referentenbegründung, S. 118 sowie sinngemäß aus der Regierungsbegründung zu § 254 HGB-E, BR-Drucks. 344/08, S. 125. Vgl. auch Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1337; Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 981. 225 BR-Drucks. 344/08 (Beschluss), S. 6 ff.

363

Änderungen aufgrund des BilMoG

gen. Die Bundesregierung hat daher in vertretbarer Weise in ihrer Gegenäußerung an der geplanten Regelung festgehalten.226 Probleme ergeben sich allerdings in der Tat dann, wenn Abschreibungen mangels Individualisierbarkeit von Verlusten nur erschwert vorgenommen werden können. Sowohl dem Gesetzesentwurf als auch § 254 HGB n.F. fehlt es an einer dem § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. vergleichbaren Regelung, die für solche Fälle die pauschale Verlusterfassung in Form von Drohverlustrückstellungen vorsieht.227 In diese Richtung zielte wohl auch der zweite Kritikpunkt der Stellungnahme des Bundesrates, in der er angefragt hatte, welche Positionen der Bewertungseinheit einer Bewertung nach den §§ 249 und 253 HGB-E unterliegen sollen, soweit der Eintritt des abgesicherten Risikos nicht ausgeschlossen ist.228 Der Bundesrat hatte hierbei insbesondere um Auskunft gebeten, ob sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden usw. anteilig einzeln bewertet werden sollen oder ob deren Auswahl im Ermessen/Belieben des Kaufmanns steht. (2)

Gegenäußerung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte die Frage in ihrer Gegenäußerung dahingehend beantwortet, dass in der bisherigen Praxis sowohl eine quotale Aufteilung als auch die Berücksichtigung der Wertänderungen bei nur einzelnen Vermögensgegenständen zulässig gewesen sei.229 Deutlich wird damit zunächst, dass die Einführung einer dem § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. vergleichbaren Regelung zur pauschalen Bildung von Drohverlustrückstellungen im Rahmen des BilMoGEntwurfs nicht vorgesehen war. Vielmehr sollte es insoweit bei einer Bewertung nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen verbleiben, als individuell zwischen Abschreibungen und der Bildung von Drohverlustrückstellungen zu unterscheiden sein sollte. Diese Sicht ist anscheinend auch in der Fassung des Rechtsausschusses aufrechterhalten worden und korrespondiert mit dem Gesetzeswortlaut des § 254 HGB n.F., der die §§ 249 Abs. 1, 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4 sowie 253 Abs. 1 S. 1 HGB explizit nur für den Fall sich ausgleichender Wertänderungen und Zahlungsströme ausklammert. Die Bildung technischer Drohverlustrückstellungen ist damit unter dem Regime des § 254 HGB n.F. zukünftig ausgeschlossen.230 Allerdings stellen auch die vorgenannten, von der 226 Vgl. BT-Drucks. 16/10067, S. 122 f. 227 Vgl. zu dieser Problematik bereits die Ausführungen zu § 5 Abs. 4a S. 2 EStG unter 6. Teil V. 1. b), S. 238 f. 228 BR-Drucks. 344/08 (Beschluss), S. 7. 229 Im Referentenentwurf, S. 118 fand die Verlustberücksichtigung im Wege von Abschreibungen hingegen gar keine Berücksichtigung. Die Begründung ging vielmehr ausschließlich davon aus, dass ungesicherten unrealisierten Verlusten „durch die Bildung einer Drohverlustrückstellung zu begegnen“ ist, was die Annahme einer dem § 5 Abs. 4a S. 2 EStG vergleichbaren Regelung nahe gelegt hätte. 230 So auch Herzig/Briesemeister, DB 2009, 976, 981. A.A. Scharpf/Schaber, KoR 2008, 532, 540 und Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 157, 161, die im Zusammenhang mit § 254 HGB-E noch davon ausgehen, dass Verpflichtungsüberhänge aus Makro- und

364

Handelsrechtliche Auswirkungen des BilMoG

Bundesregierung vorgeschlagenen Ansätze bereits Vereinfachungsmethoden dar, um eine fehlende individuelle Zuordenbarkeit der Verlustbeiträge zu kompensieren. Beide Methoden sind jedoch gleichfalls weder ausdrücklich normiert noch mit allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen vereinbar, so dass es – anders als bei § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. – auch insoweit an einer rechtlichen Grundlage fehlt. Eine ausdrückliche Kodifizierung wäre wünschenswert gewesen. (3)

Probleme einer wahlweisen Verlustberücksichtigung

Ergänzend zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass zumindest die wahlweise Verlustberücksichtigung bei nur einzelnen Vermögensgegenständen nicht unproblematisch ist. Sie ermöglicht eine willkürliche Zuordnung von Verlusten und kann damit zu Verfälschungen bei einzelnen Bilanzpositionen führen. So besteht die Gefahr, dass die Summe der überschießenden Verluste das tatsächliche Verlustpotenzial der ausgewählten Bilanzposition übersteigt. Die zulässigen Abschreibungen könnten so betragsmäßig die individuelle negative Wertentwicklung übersteigen. Gleichfalls bewirkt die willkürliche Verlustzuordnung, dass eine zutreffend fortgeführte Bewertung nach Auflösung des Sicherungszusammenhangs erschwert wird. Vor diesem Hintergrund ist die handelsrechtliche Regelung – entgegen der Gegenäußerung der Bundesregierung – auf eine quotale Zuordnung von Teilwertabschreibungen zu begrenzen. cc)

Auflösung von Bewertungseinheiten

Fraglich ist ferner, welche bilanziellen Konsequenzen sich für den Fall der Auflösung einer Bewertungseinheit ergeben. Im Rahmen der Ausführungen zur Rechtslage vor Einführung des § 254 HGB n.F. wurde bereits dargestellt, dass es an methodischen Mitteln zur Aufrechterhaltung einer Gesamtbetrachtung über den Zeitpunkt der Auflösung einer Bewertungseinheit hinaus mangelt.231 Hieran hat sich auch nach Einführung des § 254 HGB n.F. nichts geändert.232 Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzgebungsmaterialien enthalten Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber nach der Auflösung von Bewertungseinheiten eine Gesamtbetrachtung beibehalten wollte. Ganz im Gegenteil bringt die Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. zum Ausdruck, dass nach Wegfall der Zusammenfassung die normalen Bilanzierungsprinzipien Anwendung finden sollen.233 So weist die Norm explizit darauf hin, dass die betroffenen Bilanzierungsnormen nur für den Zeitraum nicht anzuwenden sind, indem Portfolio-Hedges vereinfachend generell durch Drohverlustrückstellungen abgebildet werden dürfen. 231 Vgl. 6. Teil VI. 2. b) cc) (2), S. 251 ff. 232 So im Ergebnis auch Häuselmann, Ubg 2008, 391, 399 f.; Helke/Wiechens/Klaus, DB 2009, 30, 32. 233 Vgl. auch BR-Drucks. 344/08, S. 127.

365

Änderungen aufgrund des BilMoG

ein Ausgleich stattfindet. Auch im Fall realisierter Bewertungsverluste ist damit eine sofortige imparitätische Behandlung geboten.

3.

Zwischenergebnis

Aus handelsrechtlicher Sicht bewirkt die Rechtsänderung durch das BilMoG zunächst eine bewertungstechnische Differenzierung zwischen den zu Handelsbestand gehörenden Finanzinstrumenten der Kreditinstitute und anderen Bilanzpositionen. Die Zuordnung zu einem dieser beiden Regelungsbereiche unterliegt der Entscheidung des Kaufmanns, ist aber nicht endgültig, da nach § 340e Abs. 3 S. 4 HGB n.F. nunmehr eine Umwidmungsmöglichkeit besteht. Die nach § 254 HGB n.F. zu bildenden Bewertungseinheiten beziehen sich lediglich auf den letzteren Regelungsbereich. Für den auf Finanzinstrumente begrenzten Kreis potenzieller Sicherungsgeschäfte kommen folglich nur solche Positionen in Betracht, die nicht der Zeitwertbewertung gem. § 340e Abs. 3 HGB zugeordnet wurden. Darüber hinaus normiert § 254 HGB n.F. jedoch kaum weitergehende Tatbestandsabgrenzungen, die zu einer Konkretisierung des Anwendungsbereichs der Vorschrift führen würden. Abgesehen von den Voraussetzungen der Risikohomogenität, einer objektiven Sicherungseignung und einer Durchhalteabsicht fehlt es an zwingenden Vorgaben für die Bildung von Bewertungseinheiten. Zudem ist die Norm als Wahlrecht ausgestaltet, da ihre Anwendbarkeit von einer ermessensabhängigen Zusammenfassung durch den Bilanzierenden abhängt. Hat der Bilanzierende die Bildung von Bewertungseinheiten jedoch einmal vollzogen, ist die Anwendung der Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. obligatorisch. Hierbei stehen mit der Festbilanzierung und der Marktbewertung zwei alternative Abbildungsmethoden zur Verfügung. Ineffiziente Teile der Bewertungseinheit sind nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften zu behandeln, wobei aus Vereinfachungsgründen eine quotale Zuordnung von Abschreibungsbeträgen in Betracht kommt. Nach Auflösung der Bewertungseinheit sind die ehemals zusammengefassten Positionen nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen zu behandeln; eine Beibehaltung der Gesamtbetrachtung über den Zeitraum der Zusammenfassung hinaus scheidet aus.

IV. Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten Fraglich ist ferner, wie sich die Änderungen im Rahmen des BilMoG auf die steuerliche Rechtslage auswirken. Zu untersuchen sind vorab die Modifikationen im Bereich des Einkommensteuerrechts. Nachfolgend ist darauf einzugehen, welchen Einfluss die handelsrechtlichen Gesetzesänderungen auf die steuerbilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten nach § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. haben. 366

Änderungen aufgrund des BilMoG

ein Ausgleich stattfindet. Auch im Fall realisierter Bewertungsverluste ist damit eine sofortige imparitätische Behandlung geboten.

3.

Zwischenergebnis

Aus handelsrechtlicher Sicht bewirkt die Rechtsänderung durch das BilMoG zunächst eine bewertungstechnische Differenzierung zwischen den zu Handelsbestand gehörenden Finanzinstrumenten der Kreditinstitute und anderen Bilanzpositionen. Die Zuordnung zu einem dieser beiden Regelungsbereiche unterliegt der Entscheidung des Kaufmanns, ist aber nicht endgültig, da nach § 340e Abs. 3 S. 4 HGB n.F. nunmehr eine Umwidmungsmöglichkeit besteht. Die nach § 254 HGB n.F. zu bildenden Bewertungseinheiten beziehen sich lediglich auf den letzteren Regelungsbereich. Für den auf Finanzinstrumente begrenzten Kreis potenzieller Sicherungsgeschäfte kommen folglich nur solche Positionen in Betracht, die nicht der Zeitwertbewertung gem. § 340e Abs. 3 HGB zugeordnet wurden. Darüber hinaus normiert § 254 HGB n.F. jedoch kaum weitergehende Tatbestandsabgrenzungen, die zu einer Konkretisierung des Anwendungsbereichs der Vorschrift führen würden. Abgesehen von den Voraussetzungen der Risikohomogenität, einer objektiven Sicherungseignung und einer Durchhalteabsicht fehlt es an zwingenden Vorgaben für die Bildung von Bewertungseinheiten. Zudem ist die Norm als Wahlrecht ausgestaltet, da ihre Anwendbarkeit von einer ermessensabhängigen Zusammenfassung durch den Bilanzierenden abhängt. Hat der Bilanzierende die Bildung von Bewertungseinheiten jedoch einmal vollzogen, ist die Anwendung der Rechtsfolge des § 254 HGB n.F. obligatorisch. Hierbei stehen mit der Festbilanzierung und der Marktbewertung zwei alternative Abbildungsmethoden zur Verfügung. Ineffiziente Teile der Bewertungseinheit sind nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften zu behandeln, wobei aus Vereinfachungsgründen eine quotale Zuordnung von Abschreibungsbeträgen in Betracht kommt. Nach Auflösung der Bewertungseinheit sind die ehemals zusammengefassten Positionen nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen zu behandeln; eine Beibehaltung der Gesamtbetrachtung über den Zeitraum der Zusammenfassung hinaus scheidet aus.

IV. Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten Fraglich ist ferner, wie sich die Änderungen im Rahmen des BilMoG auf die steuerliche Rechtslage auswirken. Zu untersuchen sind vorab die Modifikationen im Bereich des Einkommensteuerrechts. Nachfolgend ist darauf einzugehen, welchen Einfluss die handelsrechtlichen Gesetzesänderungen auf die steuerbilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten nach § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. haben. 366

Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

1.

Steuerbilanzielle Auswirkungen der Änderungen des EStG

Unmittelbar im Einkommensteuergesetz wurden vor allem zwei potenziell relevante Änderungen vollzogen. a)

§ 5 Abs. 1a S. 1 EStG n.F.

Von Bedeutung könnte hierbei zunächst die Einführung des § 5 Abs. 1a S. 1 EStG n.F. sein, nach dem „Posten der Aktivseite […] nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden“ dürfen. Diese Regelung wird der bisherigen Vorschrift des § 5 Abs. 1a EStG vorangestellt, was zu einer Modifikation der steuerbilanziellen Abbildung von Bewertungseinheiten führen könnte. Nach der Regierungsbegründung soll die Formulierung jedoch lediglich auf den neu zu schaffenden § 246 Abs. 2 S. 2 HGB-E Bezug nehmen, nach dem im Zusammenhang mit Altersversorgungsverpflichtungen die Verrechnung von Vermögensgegenständen und Schulden nunmehr zwingend vorgeschrieben wird. Steuerlich soll diese Saldierung jedoch nicht nachvollzogen werden, weil sich andernfalls steuerliche Ansatz- bzw. Bewertungswahlrechte oder -verbote nicht auswirken könnten. Ein Zusammenhang mit den hier diskutierten Bewertungseinheiten besteht daher nicht. b)

§ 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F.

Für steuerbilanzielle Zwecke beachtlich ist ferner § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F., der die handelsrechtliche Zeitwertanordnung des § 340e Abs. 3 HGB n.F. nunmehr auch auf die Steuerbilanz überträgt.234 So sollen die dem § 340 Abs. 3 HGB n.F. unterfallenden Bilanzierenden eine Zeitwertbewertung (abzüglich eines Risikoabschlages) auch für steuerliche Zwecke vornehmen müssen. Nach der Regierungsbegründung erfolgt die Regelung aus praktischen Erwägungen, weil die Steuerpflichtigen andernfalls gezwungen wären, die Anschaffungskosten der Finanzinstrumente in der Buchführung festzuschreiben.235 Auch vor dem Hintergrund der ursprünglich noch umfassender ausgestalteten handelsrechtlichen Zeitwertbewertung war der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG-E im Regierungsentwurf bereits auf Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute i.S.d. § 340 HGB beschränkt, weil diese typischerweise Hauptadressaten der handelsrechtlichen Vorschriften seien.236 Kontrovers diskutiert wird die Frage, wie negative Marktwertänderungen der Finanzinstrumente des Handelsbestandes zukünftig in der Steuerbilanz zu behandeln sind. Bleibt es bei den allgemeinen Vorschriften, so könnten Verluste nur im Wege einer Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG, d.h. unter der Voraussetzung eines dauerhaft niedrigeren Teilwertes, eine steuerbi234 Zu den verfassungsrechtlichen Problemen der Zeitwertanordnung vgl. Helios/Schlotter, DStR 2009, 547, 551 f. 235 BR-Drucks. 344/08, S. 218. 236 BR-Drucks. 344/08, S. 219.

367

Änderungen aufgrund des BilMoG

lanzielle Berücksichtigung finden. Verluste aus schwebenden Geschäften, insbesondere aus Derivaten, unterlägen hingegen dem Verbot zur Bildung von Drohverlustrückstellungen gem. § 5 Abs. 4a S. 1 EStG. Dieses Ergebnis würde eine Verschärfung der steuerlichen Rechtslage bedeuten. So unterliegen die Finanzinstrumente des Handelsbestandes bislang – zumindest insoweit, als sie in einem Portfolio zusammengefasst sind und dem Anwendungsbereich des § 340h Abs. 2 S. 3 HGB unterfallen – noch der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. Die aus der Portfolio-Bewertungseinheit resultierenden Verluste können damit auch steuerbilanziell im Wege einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften berücksichtigt werden. Nach der geplanten Neuregelung könnte eine derartige Behandlung künftig entfallen.237 Manche Autoren stellen vor diesem Hintergrund die Frage, ob das Verbot zur Bildung von Drohverlustrückstellungen im Steuerrecht bestehen bleiben sollte oder nicht eine dem § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. entsprechende Ausnahme für zeitwertbewertete Finanzinstrumente zweckmäßiger wäre.238 Bleibt dieser Einwand noch rechtspolitischer Natur, so könnte man über einen anderen Ansatz u.U. zu einer unmittelbaren Anwendbarkeit von § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. gelangen. Im Zusammenhang mit der Frage der Übertragbarkeit handelsrechtlicher Zeitwertansätze in die steuerliche Gewinnermittlung wurde dabei auf Grundlage des Referentenentwurfs eine differenzierende Betrachtungsweise vorgeschlagen.239 Sofern der Handelsbestand zugleich als eine Bewertungseinheit verstanden würde – wie dies insbesondere bei Kreditinstituten mit Blick auf die Bewertungspraxis der Fall sei –, sei die Zeitwertbewertung wegen § 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 1a EStG auch steuerlich nachzuvollziehen. Würde der Handelsbestand hingegen nicht zugleich als Bewertungseinheit verstanden, so sei ausschließlich § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG ausschlaggebend. Zwar scheint eine unbeschränkte Übertragung der Zeitwertbewertung in die Steuerbilanz nicht möglich, weil die Zeitwertbewertung hier quantitativ allenfalls für den effektiven Teil der Bewertungseinheit in Betracht kommt. Die vorgenannten Überlegungen könnten sich jedoch auf die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. übertragen lassen. Sofern die zum Zeitwert bewerteten Finanzinstrumente gleichzeitig eine Bewertungseinheit darstellen, käme danach eine Anwendbarkeit der steuerlichen Ausnahmevorschrift weiterhin in Betracht. Dies ist nach den obigen Feststellungen jedoch gerade nicht der Fall. So besteht zwischen der Zeitwertbewertung nach § 340 Abs. 3 HGB n.F. und § 254 HGB n.F. ein grundsätzliches Ausschlussverhältnis, welches in § 340 Abs. 3 S. 2 HGB n.F. ausdrücklich niedergelegt ist. § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. und damit auch Abs. 4a S. 2 knüpfen unmittelbar an die handelsrechtliche Wertung 237 So vertreten von Bischoff, StuB 2007, 887, 888 f. 238 Bischoff, StuB 2007, 887, 889; Wiechens/Helke, DB 2008, 1333, 1335 f. 239 Vgl. dazu M. Schmidt, KoR 2008, 1, 5.

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Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

an. Zwar ist die steuerliche Regelung insoweit offen formuliert, als sie allgemein die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeten Bewertungseinheiten für maßgeblich erklärt; eine ausdrückliche Verweisung auf § 254 HGB n.F. besteht hingegen nicht. Differenziert das Handelsrecht somit ausdrücklich zwischen den zum Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumenten und Bewertungseinheiten, so ist diese Wertung auch für die Steuerbilanz zu übernehmen. § 5 Abs. 4a S. 2 EStG findet damit ausschließlich für Bewertungseinheiten i.S.v. § 254 HGB n.F. Anwendung; abweichende Regelungen bedürften insoweit einer ausdrücklichen Kodifizierung. Allerdings wird man für Zwecke des § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F. gar keinen derartigen Umweg bemühen müssen. So weisen Helios/Schlotter240 zu Recht darauf hin, dass die Norm als lex specialis gegenüber dem Institut der Teilwertabschreibung und dem Anschaffungskostenprinzip anzusehen sei. Entsprechendes gilt auch für die Berücksichtigung von Wertänderungen aus Derivaten, die als schwebende Geschäfte an sich nicht bilanzierungsfähig wären. So hat die Regierungsbegründung zu § 253 Abs. 1 S. 3 HGB-E klargestellt, dass auch Derivate zu den Finanzinstrumenten i.S. dieser Regelung zählen sollen.241 Hieran dürfte sich – mangels gegenteiliger Ausführungen – im Rahmen der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses nichts geändert haben. Betrachtet aber die handelsrechtliche Grundnorm Derivate als Finanzinstrumente, so kann für die steuerliche Folgenorm des § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n.F. nichts Abweichendes gelten. Die Neuregelung durchbricht damit auch den Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte, so dass § 5 Abs. 4a S. 1 EStG der Verlustberücksichtigung aus Derivaten ohnehin nicht entgegen steht.242

2.

Steuerbilanzielle Auswirkungen der Änderungen des HGB

Einflüsse auf die Steuerrechtslage könnten auch aus den Modifikationen des HGB, insbesondere der Neuschaffung des § 254 HGB resultieren. Die Regierungsbegründung geht davon aus, dass die Ergebnisse des § 254 HGB-E gem. § 5 Abs. 1a EStG auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich seien; insoweit ergäben sich keine steuerlichen Auswirkungen.243 a)

Erfasste Risikoarten

Diese Einschätzung erscheint vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zumindest teilweise unzutreffend. So ergeben sich im Hinblick auf die erfassten Risikoarten beachtliche Divergenzen zwischen Handels- und Steuer-

240 241 242 243

Helios/Schlotter, DStR 2009, 547, 551. BR-Drucks. 344/08, S. 114. Im Ergebnis so auch Helios/Schlotter, DStR 2009, 547, 551. BR-Drucks. 344/08, S. 127. Auf Grundlage des Referentenentwurfs so auch Dörfler/Adrian, DB 2008, Beilage 1, 44, 48 und Günkel, Ubg 2008, 126, 131.

369

Änderungen aufgrund des BilMoG

recht.244 Während § 254 HGB n.F. die bilanzielle Abbildung von Hedges "zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken" ermöglicht, ist § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auf „finanzwirtschaftliche Risiken“ begrenzt. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen245 geht die handelsrechtliche Regelung damit sowohl in Hinblick auf Ausfall- und Liquiditätsrisiken als auch bezüglich leistungswirtschaftlicher Preisrisiken, wie z.B. den in § 254 S. 2 HGB n.F. explizit benannten Warentermingeschäfte, über den Anwendungsbereich der steuerbilanziellen Vorschrift hinaus. Die auf solche Risiken bezogenen Bewertungseinheiten fallen nicht unter den Tatbestand des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. und entfalten damit keine faktische Maßgeblichkeit für die steuerliche Gewinnermittlung.246 Zu beurteilen sind derartige Hedges vielmehr anhand der allgemeinen steuerlichen Bilanzierungsvorschriften. Zwar erlangen die gebildeten Bewertungseinheiten dabei im Wege des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG zunächst auch eine steuerliche Relevanz, denn § 254 HGB n.F. unterliegt aufgrund seiner rechtsform- und branchenübergreifenden Geltung dem allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatz.247 Schranken ergeben sich allerdings aus dem steuerlichen Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 EStG. Der in § 6 Abs. 1 EStG normierte steuerliche Einzelbewertungsgrundsatz verhindert eine unbegrenzte Übernahme der Ergebnisse des § 254 HGB n.F.248 Nur soweit im konkreten Einzelfall die Kriterien249 für eine teleologische Reduktion des Einzelbewertungsgrundsatzes erfüllt sind, kommen auch bezüglich der fraglichen Ausfall-, Liquiditäts- und leistungswirtschaftlichen Preisrisiken steuerbilanzielle Bewertungseinheiten in Betracht. Deren Maßgeblichkeit basiert dann aber nicht auf § 5 244 Kritisch zum Referentenentwurf auch Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 209, 213, da sich die steuerliche Regelung auf „finanzwirtschaftliche Risiken“ beschränke. Unklar bleibt, ob diese Kritik angesichts des modifizierten Regierungsentwurfs aufrechterhalten würde. 245 Vgl. dazu 8. Teil III. 1. c), S. 338 f. 246 A.A. anscheinend Meurer, FR 2009, 117, 119, die von einer Übereinstimmung von Handels- und Steuerrecht beim Ausweis von Bewertungseinheiten ausgeht. 247 Vgl. zum Verweisungsbereich der allgemeinen Maßgeblichkeit erneut 5. Teil I. 1. b) bb), S. 157 ff. 248 A.A. Günkel, Ubg 2008, 126, 131, der davon ausgeht, dass Bewertungseinheiten im Falle einer handelsbilanziellen Pflicht über § 5 Abs. 1 EStG im Wege der allgemeinen Maßgeblichkeit auch für die Steuerbilanz gebildet werden müssten; dies mache § 5 Abs. 1a EStG weitestgehend entbehrlich. Im Ergebnis so auch Kirsch, DStZ 2008, 28, 32, nach dem das Steuerrecht im Falle der über § 5 Abs. 1a EStG hinausgehenden Bewertungseinheiten „bislang nicht vom Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG Gebrauch gemacht“ habe. 249 Vgl. dazu bereits 4. Teil VI, S. 95 ff. Bezogen auf Ausfall- und Liquiditätsrisiken wird man dabei wohl modifizierte Kriterien zu Grunde legen müssen, auf die vorliegend nicht näher eingegangen werden soll. Ähnlich wie die hier beschriebenen Kriterien lassen sich aber auch diese aus der konkretisierenden und der objektivierenden Funktion des Einzelbewertungsgrundsatzes herleiten.

370

Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

Abs. 1a S. 2 EStG n.F., so dass die Ausführungen der Gesetzesbegründung insoweit unzutreffend sind. b)

Antizipative Hedges

Zweifel an der behaupteten Parallelität von § 254 HGB n.F. und § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. werden auch im Hinblick auf die Zulässigkeit antizipativer Hedges geäußert. Während die handelsrechtliche Regelung sehr offen formuliert sei, würden antizipative Hedges im Wortlaut der steuerlichen Regelung keinen Niederschlag finden.250 Diese Argumentation vermag allerdings nicht zu überzeugen. Mit der Anknüpfung an die konkrete „handelsrechtliche Rechnungslegung“ bringt § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. vielmehr zum Ausdruck, dass – im Rahmen der vorgegebenen Risikoarten – alle Bewertungseinheiten in die steuerliche Gewinnermittlung zu übernehmen sind, die in Einklang mit der handelsrechtlichen Rechtslage gebildet wurden.251 Dies gilt aufgrund von § 254 HGB n.F. auch im Hinblick auf antizipative Hedges.252 c)

Zwischenergebnis

Abgesehen von der Beschränkung auf finanzwirtschaftliche Risiken ist davon auszugehen, dass die nach § 254 HGB n.F. gefundenen handelsrechtlichen Ergebnisse über § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auch eine steuerliche Wirkung entfalten. Soweit sie im Einklang mit der handelsrechtlichen Rechtslage gebildet worden sind, gilt dies für alle Arten von Hedges gleichermaßen.

3.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Sofern die Gesetzesänderungen durch das BilMoG auch steuerlich durchgreifen, ergeben sich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. a)

Persönlicher Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf den begrenzten persönlichen Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. Der Norm fehlt es an einer Anwendbarkeit im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG. Zwar ist die hieraus resultierende Ungleichbehandlung unter der geltenden Rechtslage irrelevant, da die von § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. ergänzend erfassten Bewertungseinheiten (gem. § 340h HGB bzw. §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB) bei den betroffenen Steuerpflichtigen ohne praktische Relevanz bleiben.253 Abweichend davon entfaltet § 254 HGB n.F. jedoch eine rechtsform- und branchenunabhängige Wirkung und gilt damit grundsätzlich auch für solche Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermit250 Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 209, 213; ähnlich auch Kirsch, DStZ 2008, 28, 32. 251 Vgl. dazu bereits 6. Teil IV. 1. b) bb), S. 211 ff. 252 So im Ergebnis auch Herzig, DB 2008, 1339, 1343 f. 253 Vgl. dazu bereits 6. Teil Fn. 39.

371

Änderungen aufgrund des BilMoG

teln.254 Einer steuerbilanziellen Berücksichtigung bei diesen Steuerpflichtigen würde allerdings der steuerliche Einzelbewertungsgrundsatz entgegenstehen, sofern die Sicherungszusammenhänge die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB nicht erfüllen. Anders als bei bilanzierenden Gewerbetreibenden erlaubt § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. hier keine Durchbrechung der Einzelbewertung, was zu einer relevanten Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG führt. Diese Ungleichbehandlung müsste gerechtfertigt sein. Zwar wird das Risikohedging bei den von § 4 Abs. 1 EStG betroffenen Steuerpflichtigen wirtschaftlich nur eine untergeordnete Bedeutung einnehmen, womit die Anforderungen an eine Rechtfertigung grundsätzlich geringer ausfallen. Werden jedoch in Ausnahmefällen Risiken „gehedged“ und liegen dabei die Voraussetzungen einer Bewertungseinheit vor, so ist kein sachlicher Grund für eine differenzierende steuerliche Behandlung ersichtlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei einem großen Teil bilanzierender Kaufleute – für die § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. eindeutig Anwendung findet – die Absicherung wirtschaftlicher Risiken nicht zum klassischen Tätigkeitsbereich zählt. Zumindest die fehlende praktische Relevanz stellt damit kein geeignetes Rechtfertigungskriterium dar. Zu beachten ist ferner, dass die Regelung des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. – als Bewertungs- und Ausnahmevorschrift zum steuerlichen Einzelbewertungsgrundsatz – systematisch richtigerweise innerhalb von § 6 EStG hätte verortet werden müssen.255 Die steuerlichen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG gelten aber gem. § 4 Abs. 1 S. 8 EStG für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, so dass bei systematisch zutreffender Kodifizierung die vorliegende Fragestellung gar nicht aufgekommen wäre. Im Ergebnis ist mithin davon auszugehen, dass die aus der beschränkten persönlichen Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. resultierende Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt werden kann. Um einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verhindern, bedarf es daher einer entsprechenden Erweiterung des Anwendungsbereichs der Norm, die auch die steuerliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG erfasst. Bei verfassungskonformer Betrachtung wäre die Norm in Bezug auf § 4 Abs. 1 EStG dahingehend zu verstehen, dass die Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. sich auf diejenigen Bewertungseinheiten bezieht, die in einer handelsrechtlichen Rechnungslegung „gebildet worden wären“. Zwar erscheint eine derartige Auslegung angesichts des eindeutigen Wortlauts der Norm nicht möglich. Da jedoch in Hinblick auf die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG eine Regelungslücke vorliegt und bei Vornahme von Hedgegeschäften auch eine vergleichbare Interessenlage besteht, ist die Regelung analog anzuwenden. 254 Zur Anwendbarkeit der Norm im Rahmen von § 4 Abs. 1 EStG vgl. bereits 8. Teil II., S. 323 f. 255 Vgl. dazu bereits 6. Teil IV. 3., S. 233 ff.

372

Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

b)

Ausweis ineffektiver Teile bzw. betragsmäßiger Überhänge

Probleme ergeben sich ferner im Zusammenhang mit dem Ausweis ineffektiver Teile von Bewertungseinheiten. So wurde bereits festgestellt, dass die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. sich auch auf ineffektive Teile bezieht und bezüglich der betragsmäßigen Überhänge gleichfalls eine Verlustberücksichtigung im Wege der Drohverlustrückstellung ermöglicht.256 Begründen ließ sich dies bislang mit der Vereinfachungsfunktion der Norm und der Erwägung, dass sich auf diese Art und Weise Zuordnungsprobleme bei der Verteilung anfallender Verluste vermeiden lassen.257 Anstatt die Verluste nach der Art ihrer Veranlassung aufzusplitten, sollte, entsprechend der handelsrechtlichen Praxis, vielmehr die Übernahme der dort gebildeten "technischen Drohverlustrückstellungen" zugelassen werden.258 Diese Vereinfachungsfunktion ist nach der Neuregelung des § 254 HGB n.F. nicht länger erfüllt. So hat die Analyse des § 254 HGB n.F. ergeben, dass es handelsrechtlich nunmehr gerade an einer dem § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. entsprechenden Regelung mangelt, die den Ansatz einer technischen Drohverlustrückstellung für den gesamten Überhang der Bewertungseinheit erlauben würde. Vielmehr gebietet § 254 HGB n.F. im Falle des fehlenden Risikoausgleichs eine Differenzierung zwischen der Verlustberücksichtigung im Wege einer Teilwertabschreibung und der Bildung von Drohverlustrückstellungen.259 Ist jedoch für handelsrechtliche Zwecke ohnehin eine Zuordnung vorzunehmen, so kann diese ohne weiteres auf die steuerrechtliche Bilanzierung übertragen werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich eine von § 5 Abs. 4a S. 1 EStG abweichende Behandlung, d.h. eine Ausnahme vom Verbot zur Bildung von Drohverlustrückstellungen, erst recht nicht rechtfertigen. c)

Tatbestand des § 254 HGB n.F.

Weitere verfassungsrechtliche Bedenken resultieren aus der offenen Tatbestandsformulierung des § 254 HGB n.F. aa)

Gesetzmäßigkeit der Besteuerung

Dies gilt zunächst im Hinblick auf das steuerliche Legalitätsprinzip260 als Ausfluss von Demokratie und Rechtsstaatsprinzip. Die Auferlegung von Steuerlasten ist hiernach dem Gesetz vorbehalten und mithin nur zulässig, sofern und soweit sie durch Gesetz angeordnet wird. Sowohl der Tatbestand als auch die Rechtsfolge müssen im Gesetz niedergelegt sein. Neben dieser grundlegenden Vorgabe fordert der Bestimmtheitsgrundsatz in materieller Hinsicht ferner eine 256 257 258 259 260

Vgl. 6. Teil V. 3. b), S. 241. Vgl. 7. Teil II. 2. b), S. 315 ff. BR-Drucks. 937/05, S. 9. Vgl. 8. Teil III. 2. d) bb) (2), S. 364. Vgl. hierzu bereits umfassend 7. Teil I. 2., S. 298 ff.

373

Änderungen aufgrund des BilMoG

gewisse Regelungsdichte. Die steuerrechtlichen Vorschriften müssen so konkret ausgestaltet sein, dass sie auslegungsfähig bleiben.261 Normiert das Steuerrecht eine Verweisung auf eine andere Regelungsmaterie, so gilt für das Verweisungsziel Entsprechendes. Die steuerliche Norm des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. genügt dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und dem Bestimmtheitsgrundsatz folglich nur dann, wenn ihr in Verbindung mit der Regelungsmaterie, auf die sie verweist, eine hinreichende Aussagekraft zukommt. Auf Grundlage der aktuellen Rechtslage wurden sowohl die Gesetzmäßigkeit als auch die Bestimmtheit der Verweisung des § 5 Abs. 1a EStG auf die „Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeten Bewertungseinheiten“ bejaht.262 Unter Rückgriff auf die Normen des §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB, § 340h Abs. 2 HGB bzw. einen teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ließ sich – ungeachtet der verbleibenden faktischen Wahlrechte – eine hinreichende Konkretisierung der steuerrechtlichen Anordnung zur Bildung von Bewertungseinheiten feststellen. Fraglich ist jedoch, ob dieses Urteil angesichts der durch das BilMoG im Bereich des Handelsrechts vorgenommenen Gesetzesänderungen aufrechterhalten bleiben kann. (1)

Allgemeines steuerliches Legalitätsprinzip

Problematisch erscheint insbesondere der weit gefasste Tatbestand des § 254 HGB n.F. So ermöglicht die Norm eine nahezu unbeschränkte Möglichkeit zur Bildung von Bewertungseinheiten. Auf umfassende Zulässigkeitsvoraussetzungen ist hierbei ebenso bewusst verzichtet worden wie auf konkretisierte Dokumentationsvorgaben. Im Ergebnis bleibt es damit weitestgehend der freien Entscheidung des Steuerpflichtigen überlassen, wann er welche Bewertungseinheiten bildet. Ein derartiges Ermessen steht jedoch im Widerspruch zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung in seiner Eigenart als Ausprägung des Wesentlichkeitsgrundsatzes. Indem der Gesetzgeber die Entscheidung über die Bildung von Bewertungseinheiten dem Steuerpflichtigen überlässt, kommt es zu einer empfindlichen Zurücknahme der Regelungsdichte. Hieran ändert auch das von der Bundesregierung vorgetragene Argument nichts, wonach das Stetigkeitsgebot des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB-E die Entstehung bilanzpolitischer Spielräume verhindere.263 Auch das Stetigkeitsgebot ist – und dazu auch nur in begrenztem Maße264 – allenfalls in der Lage, den Steuerpflichtigen an seine eigene Entscheidung zu binden; die originäre Entstehung von Ermessensspielräumen vermag es nicht abzuwenden.

261 262 263 264

374

Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 2. b) bb) (2), S. 310 ff. Vgl. dazu 7. Teil I. 2. b) cc), S. 311 ff. BT-Drucks. 16/10067, S. 122. Vgl. dazu 4. Teil VI. 2. b) ee) (2), S. 126 ff.

Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

Zwar ließe sich in diesem Zusammenhang einwenden, dass auch nach bisheriger Rechtslage ein faktisches Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten und somit ein gewisser Gestaltungsspielraum des Steuerpflichtigen verbleibt. Entscheidender Unterschied ist hierbei jedoch, dass sich die Einflussmöglichkeiten ausschließlich auf der Ebene der Sachverhaltsgestaltung bewegen. Sie sind insofern auf die fehlende Durchsetzbarkeit einer Pflicht zur kompensatorischen Bewertung beschränkt, während sich einschränkende Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Akzeptanz von Bewertungseinheiten aus den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen ableiten lassen. § 254 HGB n.F. hingegen entbehrt nicht nur einer Zwangsläufigkeit, sondern gleichfalls einer einschränkenden Tatbestandsnormierung. Diese Regelungslücke lässt sich – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – auch nicht unter Rückgriff auf die allgemeinen Bilanzierungsvorschriften ausfüllen. So sieht die Regierungsbegründung in Fällen der Bildung von Bewertungseinheiten eine ausdrückliche Einschränkung von Imparitätsprinzip, Realisationsprinzip und Einzelbewertungsgrundsatz vor265 und verdeutlicht damit die systematische Unabhängigkeit des § 254 HGB n.F. Auch soll weder die eine noch die andere Art von Bewertungseinheiten bevorzugt oder ausgeschlossen werden bzw. vielzählige Formen von Bewertungseinheiten möglich sein,266 was gleichfalls verdeutlicht, dass eine Bindung an die bislang geltende Bilanzierungsprinzipien nicht bestehen soll. In der Konsequenz verbleibt ein weitestgehend unausgefüllter Regelungsbereich, womit die Verweisung des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auf § 254 HGB n.F. gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung verstößt.267 (2)

Bestimmtheitsgrundsatz

Bedenken ergeben sich zudem im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz. Dies gilt zunächst allgemein dahingehend, dass mit der nicht auslegungsfähigen Verweisung auf § 254 HGB n.F. gleichzeitig die Interpretationsbasis für § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. entfällt. Allein unter Rückgriff auf § 254 HGB n.F. erfährt die steuerbilanzielle Regelung zur Abbildung von Bewertungseinheiten keine hinreichende Aussagekraft. Gleichzeitig fehlt es § 254 HGB n.F. – auf Grund seines Charakters als isolierte Sondervorschrift – aber auch an systematischen Anknüpfungspunkten an andere Bilanzierungsvorschriften, mit Hilfe derer sich eine Konkretisierung und Maßstabbildung vornehmen ließe. In der Konsequenz ist damit die materielle Komponente des Bestimmtheitsgebotes verletzt. Ergänzend führt die vorgenannte Abhängigkeit vom Urteil des Abschlussprüfers zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzesbestimmtheit. Zwar

265 BR-Drucks. 344/08, S. 125. 266 Vgl. BR-Drucks. 344/08, S. 126. 267 Zur Verfassungsmäßigkeit der handelsrechtlichen Reglung des § 254 HGB n.F. an sich soll an dieser Stelle hingegen keine Stellung genommen werden.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

wird man davon ausgehen müssen, dass die rechtlichen Konsequenzen des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. für den Steuerpflichtigen voraussehbar bleiben, wenn es gänzlich seiner Entscheidung unterliegt, Bewertungseinheiten zu bilden. Wird die Frage der Zulässigkeit von Bewertungseinheiten im Fall antizipativer Hedges jedoch in die Entscheidung des Abschlussprüfers gestellt,268 ist eine Voraussehbarkeit nicht länger gewährleistet. Der Steuerpflichtige hat weder anhand des § 254 HGB n.F. noch unter Rückgriff auf die übrigen Bewertungsvorschriften die Möglichkeit, die handelsrechtliche Rechtslage festzustellen und so die Entscheidung des Abschlussprüfers verlässlich zu antizipieren. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes durch § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. ist die erneute Konsequenz. bb)

Gleichmäßigkeit der Besteuerung

Gleichermaßen könnte die Neueinführung des § 254 HGB n.F. zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung führen. (1)

Relevante Ungleichbehandlungen bzw. Folgerichtigkeitsverstöße

Im Anschluss an die zur geltenden Rechtslage gemachten Feststellungen ergeben sich auch nach Einführung des § 254 HGB n.F. relevante Ungleichbehandlungen bzw. Folgerichtigkeitsverletzungen. (a)

Vergleich zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG

Eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, besteht zunächst im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten zur Bildung von Bewertungseinheiten.269 Auf Grundlage des offen gefassten § 254 HGB n.F. werden die bilanzierenden Steuerpflichtigen hinsichtlich einer kompensatorischen Bewertung insgesamt von gesetzgeberischen Systemvorgaben befreit, was im Vergleich zur aktuellen Rechtslage sogar erweiterte Einflussmöglichkeiten begründet. Dies gilt insbesondere insofern, als nunmehr auch antizipative Bewertungseinheiten zulässig sind. Darüber hinaus führt die Neuregelung aber auch zu einer Benachteiligung der bilanzierenden Steuerpflichtigen im Hinblick auf den ihnen auferlegten Entscheidungszwang.270 Bislang wurde eine relevante Ungleichbehandlung abgelehnt, weil sich der Zwang auf Ebene der Sachverhaltsgestaltung bewegte und es damit an einer Zuweisung durch den Gesetzgeber fehlte. Im Rahmen des § 254 HGB n.F. ist die Situation jedoch eine andere. Indem der Gesetzgeber mit der offenen Formulierung der Norm faktisch ein Wahlrecht zur Bildung von Bewertungseinheiten schafft, verlagert er die Entscheidung zur kompensatorischen Bewertung nunmehr auch bei feststehendem Sachverhalt auf den 268 Vgl. dazu BR-Drucks. 344/08, S. 125. 269 Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. a) bb) (1), S. 273 ff. 270 Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. a) bb) (2), S. 275 ff.

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Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

Steuerpflichtigen. Dieser wird jedoch oftmals keine Möglichkeit haben, die Folgen seiner Entscheidung sicher zu prognostizieren, so dass das Zugeständnis des „Normanwendungswahlrechts“ eine belastende Wirkung auf den Steuerpflichtigen entfaltet. Dies gilt umso mehr, als der Steuerpflichtige ohne besonderen Abweichungsgrund nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB n.F. auch für die Zukunft an seine Entscheidung gebunden ist. Auch der staatlich auferlegte Entscheidungszwang führt insoweit zu einer relevanten Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG. (b)

Folgerichtigkeitsverletzungen

Zu beachten ist letztendlich ein möglicher Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsgebot, der gleichfalls eine Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG indizieren würde. In Bezug auf die bisherige Rechtslage wurde eine Folgerichtigkeitsverletzung dahingehend angenommen, dass der Steuerpflichtige aufgrund von Gestaltungsspielräumen die faktische Option erhält, selbst wirtschaftlich angezeigte Bewertungseinheiten nicht bilden zu müssen.271 Diese Problematik bleibt nach den Änderungen durch das BilMoG gleichfalls erhalten. So enthält auch § 254 HGB n.F. für den Fall des sicheren Risikoausschlusses keine zwingende Anordnung der Gesamtbewertung. Vielmehr wird es nunmehr sogar gänzlich in das Ermessen des Steuerpflichtigen gestellt, bilanzielle Bewertungseinheiten zu bilden. (2)

Rechtfertigung

Die relevanten Ungleichbehandlungen bzw. der Verstoß gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit führen dann zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie nicht gerechtfertigt werden können. (a)

Vergleich zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG

In Bezug auf die vorteilhaften Gestaltungsmöglichkeiten wurde eine Rechtfertigung bislang unter Hinweis auf die vergleichsweise begrenzten Gestaltungsspielräume bejaht. Unter der bisherigen Rechtslage bestand nur eine geringe Ungleichbehandlung, die durch die Vereinfachungsfunktion des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. gerechtfertigt wurde.272 § 254 HGB n.F. erweitert jedoch die Einflussmöglichkeiten der bilanzierenden Steuerpflichtigen erheblich. Neben der Gestaltung auf Sachverhaltsebene stellt er sogar die Bildung von Bewertungseinheiten an sich, d.h. die Deklaration eines bereits verwirklichten Sachverhaltes als Bewertungseinheit und damit die Entscheidung über die Anwendung der Norm in das Ermessen des Steuerpflichtigen. Ergänzend gilt dies für nahezu alle Konstellationen, in denen ein irgendwie gearteter Risikoausgleich vorliegt, womit sich weitreichende Einflussmöglichkeiten ergeben. Hieraus resultiert – im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – gleichzeitig eine gesteiger271 Vgl. dazu 7. Teil I. 1. c), S. 281 ff. 272 Vgl. dazu 7. Teil I. 1. a) cc) (3), S. 280.

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Änderungen aufgrund des BilMoG

te praktische Relevanz der Gestaltungsmöglichkeiten für den einzelnen Steuerpflichtigen, so dass der Maßstab der Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung durch § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. entsprechend zu erhöhen ist. Die Vereinfachungsfunktion des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. vermag die Ungleichbehandlung nicht länger zu rechtfertigen. Zwar behalten die genannten Praktikabilitätserwägungen angesichts der Reformen des HGB durch das BilMoG auch weiterhin ihre Gültigkeit. Wie bereits ausgeführt, kommt ihnen jedoch kein uneingeschränkter Vorrang gegenüber anderen steuerlichen Postulaten zu. Vielmehr bedarf es einer Abwägung zwischen den Grundsätzen der Praktikabilität und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.273 Führt die handelsrechtliche Neuregelung dabei zu der beschriebenen Ausweitung der Einflussmöglichkeiten der bilanzierenden Steuerpflichtigen auf die steuerliche Gewinnermittlung und verstärkt sich damit das Maß der Ungleichbehandlung um ein Wesentliches, so ist die Verletzung des Leitgedankens der Steuergerechtigkeit nicht länger durch einfache Praktikabilitätserwägungen zu rechtfertigen. Auf Grundlage der durch das BilMoG eingeführten Reformen verstößt die steuerrechtliche Norm des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. mithin gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ähnliche Konsequenzen könnten sich auch aus der Ungleichbehandlung aufgrund des gesetzlich auferlegten Entscheidungszwangs ergeben. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass die Entscheidung – ungeachtet der damit verbundenen Ungewissheiten – immerhin im Einflussbereich des Steuerpflichtigen steht. Unsicherheiten über die steuerlichen Konsequenzen der jeweiligen Handlungsalternativen werden sich oftmals zumindest unter Hinzuziehung Sachkundiger ausräumen lassen. Hinzu kommt, dass vom Regelungsbereich des § 254 HGB n.F. typischerweise nur Großunternehmen betroffen sind, die regelmäßig ohnehin bereits über umfassende Sachkunde verfügen, um die steuerlichen Auswirkungen weitgehend prognostizieren zu können. Die aus der Einflussmöglichkeit resultierende nachteilige Ungleichbehandlung fällt damit eher gering aus. Dementsprechend sind auch die Anforderungen an eine Rechtfertigung zu reduzieren, so dass die angestellten Praktikabilitätserwägungen genügen, um die bestehende Benachteiligung zu rechtfertigen. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG scheidet insoweit aus. (b)

Folgerichtigkeitsverletzungen

Einer Rechtfertigung bedarf ferner die aus § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. i.V.m. § 254 HGB n.F. resultierende Folgerichtigkeitsverletzung. Die unter bisheriger Rechtslage auftretenden Folgerichtigkeitsverletzungen wurden als gerechtfertigt erachtet, weil es in Bezug auf die vorliegende Problematik faktisch an der Möglichkeit zur Kodifizierung gestaltungsresistenter Regelungen fehlt und die faktische Bindung an die Handelsbilanz genügt, um dem Optimierungsgebot

273 Vgl. dazu erneut 7. Teil I. 1. a) cc) (3), S. 280.

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Auswirkungen des BilMoG auf die steuerbilanzielle Bildung von Bewertungseinheiten

Rechnung zu tragen.274 Zu einem entsprechenden Ergebnis wird man letztlich auch im Hinblick auf § 254 HGB n.F. kommen müssen, auch wenn der dem Steuerpflichtigen zugestandene Spielraum zur Begehung von Folgerichtigkeitsverletzung durch die Neuregelung durchaus erweitert wurde. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist insofern weiterhin abzulehnen. (3)

Zwischenergebnis

Angesichts der nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung verstößt die Verweisung des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. auf die handelsbilanzielle Rechnungslegung unter der Geltung des § 254 HGB n.F. gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Reformen haben insofern zur Folge, dass das Handelsrecht nicht länger eine hinreichend konkretisierte Regelung bereitstellt, um eine verfassungskonforme Abbildung von Sicherungszusammenhängen in der Steuerbilanz zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund kann sich der Steuergesetzgeber für die Rechtsmaterie der Bewertungseinheiten nicht länger mit einer reinen Verweisungsnorm begnügen. Vielmehr bedarf es einer eigenständigen und detaillierten steuerbilanziellen Regelung. Diese muss hinreichend konkrete Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten aufstellen, um auf diesem Wege dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gerecht zu werden und die unvermeidlichen Einflussspielräume der bilanzierenden Steuerpflichtigen weitestgehend einzuschränken.

274 Vgl. dazu bereits 7. Teil I. 1. c) bb) (2) (b), S. 286 f.

379

Zusammenfassung der Ergebnisse Den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bildet die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage und unter welchen Voraussetzungen Sicherungszusammenhänge bilanziell als Bewertungseinheit abgebildet werden dürfen bzw. müssen. Mit der Einführung von § 5 Abs. 1a EStG hat sich zunächst der Steuergesetzgeber dieser Fragestellung angenommen und eine Regelung geschaffen, die auf die „Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung […] gebildeten Bewertungseinheiten“ verweist. Gleichzeitig wurde mit § 5 Abs. 4a S. 2 EStG für negative Überschüsse von Bewertungseinheiten eine Ausnahme vom steuerlichen Verbot zur Bildung von Drohverlustrückstellungen normiert. Die steuerrechtliche Regelung erstaunt vor dem Hintergrund, dass sowohl die Rechtsgrundlage, als auch die Voraussetzungen und die Reichweite einer kompensatorischen Bewertung in der Handelsbilanz weitestgehend ungeklärt sind. Die Arbeit hat zunächst die generellen Möglichkeiten zur Absicherung von Risiken erörtert. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Einzelbilanzierung sicherungshalber verbundener Geschäfte auf Grundlage der allgemeinen Bilanzierungsprinzipien unter wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten problematisch erscheint. Zur Lösung der auftretenden Probleme wird die Vornahme einer kompensatorischen Bewertung vorgeschlagen und deren Funktionsweise erläutert. Als entscheidende Frage verbleibt jedoch die Feststellung der rechtlichen Zulässigkeit bilanzieller Bewertungseinheiten. Die durchgeführte Rechtsprechungsanalyse ergibt, dass sich bislang nur vereinzelte Verfahren überhaupt mit der vorliegenden Fragestellung befasst haben. Die bestehende Rechtsprechung ist zur Lösung der Problematik jedoch kaum sachdienlich, da sich hier im Spannungsfeld von wirtschaftlicher Betrachtungsweise und strenger Einzelbewertung bislang keine einheitliche Linie eingestellt hat; sie erlangt insoweit keine weitergehende Relevanz. Die Untersuchung der in der wissenschaftlichen Diskussion angeführten rechtlichen Anknüpfungspunkte kommt zunächst zu dem Ergebnis, dass sich kein GoB zur Bildung von Bewertungseinheiten herausgebildet hat und solche auch nicht aufgrund der Stellungnahme von Fachgremien oder des reinen Einblicksgebots gem. § 264 Abs. 2 HGB gebildet werden dürfen. Darüber hinaus steht der eindeutige Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB auch einer kompensatorischen Bewertung unter Auslegung der allgemeinen Bilanzierungsprinzipien entgegen. Sofern jedoch aufgrund einer Kriteriengebundenheit die Wahrung sowohl der Konkretisierungsfunktion des Einzelbewertungsgrundsatzes für Zwecke der imparitätischen Bewertung gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB als auch dessen Objektivierungsfunktion sichergestellt ist, besteht die Möglichkeit, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB teleologisch zu reduzieren. Auf dieser Grundlage ist die kompensatorische Bewertung von Sicherungszusammenhängen bereits 381

Zusammenfassung der Ergebnisse

nach bisheriger Rechtslage zulässig und geboten. Gleichzeitig resultieren aus der Kriteriengebundenheit jedoch auch Gestaltungsspielräume, welche die eigentliche Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten zu einem faktischen Wahlrecht werden lassen. Für Kapitalgesellschaften und Kreditinstitute enthalten die §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB und § 340h Abs. 2 S. 2 HGB ein ergänzendes rechtsform- bzw. branchenspezifisches Gebot der kompensatorischen Bewertung. Den Kreditinstituten gewährt § 340h Abs. 2 S. 3 HGB darüber hinaus ein Wahlrecht zur Gesamtbewertung bei Bestehen einer nur einfachen Deckung. Bereits vor Einführung des § 5 Abs. 1a EStG, d.h. bereits vor dem Veranlagungszeitraum 2006, waren die auf einem teleologisch reduzierten § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB basierenden Bewertungseinheiten gem. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG auch steuerbilanziell maßgeblich. Entsprechendes galt nach § 4 Abs. 1 EStG im Rahmen der Gewinnermittlung durch einfachen Betriebsvermögensvergleich. Die insoweit maßgebliche Gesamtbewertung steht gleichfalls im Einklang mit dem steuerlichen Einzelbewertungsgrundsatz nach § 6 S. 1 EStG und den Teilwertvorbehalten des § 6 Abs. I EStG. Zweifel an der Übernahme des handelsrechtlichen Gebotes ergaben sich allerdings im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen. Die bei der Bildung von GoB-konformen Bewertungseinheiten entstehenden Gestaltungsspielräume führen danach zu einem steuerbilanziellen Verbot der Gesamtbewertung. Den Vorschriften der §§ 252 Abs. 2 i.V.m. 264 Abs. 2 HGB und § 340h Abs. 2 HGB mangelt es hingegen bereits aufgrund der fehlenden Allgemeingültigkeit an einer Maßgeblichkeit für die steuerliche Gewinnermittlung. Mit Einführung des § 5 Abs. 1a EStG wurde eine Spezialmaßgeblichkeit für die in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeten Bewertungseinheiten und damit gleichzeitig die steuerbilanzielle Akzeptanz der auftretenden Gestaltungsspielräume normiert. Steuerlich zulässig ist gleichfalls die Übernahme rechtsform- und branchenspezifischer Bewertungseinheiten geworden. Aufgrund seiner Abhängigkeit von einer handelsbilanziellen Rechnungslegung erstreckt sich der persönliche Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG grundsätzlich nur auf bilanzierende Gewerbetreibende i.S.v. §§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 EStG. Ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG besteht insoweit – mangels praktischer Relevanz der betroffenen Regelungen – unter der bisherigen Handelsrechtslage nicht. Aufgrund der Gesetzesänderungen im Rahmen des BilMoG ist es jedoch zu einer Erweiterung der handelsrechtlichen Rechtsgrundlagen zur Bildung von Bewertungseinheiten (§ 254 HGB n.F.) gekommen. Unter gleichheitsrechtlichen Aspekten entsteht damit das Bedürfnis nach einer Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1a EStG auch im Rahmen des § 4 Abs. 1 EStG; eine teleologische Extension des persönlichen Anwendungsbereichs ist angezeigt.

382

Zusammenfassung der Ergebnisse

Der sachliche Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG erstreckt sich grundsätzlich auf alle Arten von Hedges, die der Absicherung finanzwirtschaftlicher Preisrisiken dienen; eine Absicherung von leistungswirtschaftlichen Risiken sowie von Bonitäts- und Liquiditätsrisiken ist hingegen ausgenommen. Nicht erforderlich ist eine Finalität der Risikoabsicherung, womit auch Handelsportfolien potenziell von § 5 Abs. 1a EStG erfasst werden. In der Rechtsfolge versteht sich § 5 Abs. 1a EStG als faktische Bezugnahme auf die handelsrechtliche Rechnungslegung. Entgegen der Gesetzesbegründung wirkt die Norm damit insoweit rechtsändernd, als sie auch rechtsformund branchenspezifisch gebildeten Bewertungseinheiten, d.h. einer kompensatorischen Bewertung, die nicht von der allgemeinen Maßgeblichkeit erfasst wäre, Eingang in die Steuerbilanz gewährt. Anknüpfungspunkt des § 5 Abs. 1a EStG ist der handelsrechtliche Einzelabschluss in Form von Bilanz und der GuV. Aufgrund der faktischen Maßgeblichkeit sind die dort vorgenommenen kompensatorischen Bewertungen grundsätzlich vollumfänglich in die steuerliche Gewinnermittlung zu übertragen. Aus verfassungsrechtlichen Überlegungen ergibt sich jedoch, dass nur insoweit eine steuerbilanzielle Maßgeblichkeit bestehen kann, als die konkret gebildeten Bewertungseinheiten im Einklang mit der handelsrechtlichen Rechtslage stehen; handelsrechtswidrig unterlassene Gesamtbewertungen sind in der steuerlichen Gewinnermittlung nachzuholen. Im Übrigen genießt § 5 Abs. 1a EStG eine Vorrangstellung gegenüber dem steuerlichen Bewertungsvorbehalt gem. § 4 Abs. 1 S. 8 bzw. § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6 EStG, womit der steuerliche Einzelbewertungsgrundsatz und der Teilwertvorbehalt im Anwendungsbereich der faktischen Maßgeblichkeit keinen Einfluss erlangen. In zeitlicher Sicht gilt § 5 Abs. 1a EStG vom Veranlagungszeitraum 2006 an. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG ermöglicht es, den überschießenden Verlust einer Bewertungseinheit als „technische“ Drohverlustrückstellung geltend zu machen. Entgegen der Regierungsbegründung und vereinzelten Stimmen in der Literatur lässt sich dies nicht mit einem besonderen Charakter des Verlustes begründen. Indem die Norm eine pauschale Rückstellungsbildung erlaubt, verfolgt sie vielmehr eine Vereinfachungsfunktion; die Regelung soll es hierbei ermöglichen, Zuordnungsprobleme bei der Vornahme von Teilwertabschreibungen aus überschießenden Verlusten eines Sicherungsverbundes zu verhindern. Gleichzeitig erlangt § 5 Abs. 4a S. 2 EStG damit eine konstitutive Wirkung, was seine rückwirkende Anwendbarkeit auf Zeiträume vor dem Veranlagungszeitraum 2006 ausschließt. Technisch orientiert sich die steuerbilanzielle Abbildung der Bewertungseinheit an den auch handelsrechtlich zulässigen Methoden. In Betracht kommen dabei vor allem die Festbilanzierung und die Anwendung einer eingeschränkten Marktbewertung. Im Auflösungszeitpunkt erfolgt eine Ertragsberücksichtigung in Form der Bruttobilanzierung. Werden Sicherungszusammenhänge 383

Zusammenfassung der Ergebnisse

einseitig beendet, so wirkt § 5 Abs. 1a EStG nicht über den Auflösungszeitpunkt hinaus; die nach § 5 Abs. 4a S. 2 EStG gebildeten Rückstellungen sind aufzulösen. Für § 5 Abs. 4a S. 2 EStG folgt dieses Ergebnis aus der entfallenen Zwecksetzung der Norm, für § 5 Abs. 1a EStG aus der fehlenden rechtlichen Möglichkeit einer entsprechenden bilanziellen Abbildung. Im Falle des Abschlusses von Anschlusssicherungsgeschäften sind die Erträge aus dem auslaufenden Deckungsgeschäft bei den Anschaffungskosten des Anschlusssicherungsgeschäfts zu berücksichtigen. Eine Ausstrahlung des § 5 Abs. 1a EStG über den Bereich der bilanziellen Gewinnermittlung hinaus besteht nicht. Insbesondere findet die Norm im Rahmen des § 8b KStG keine Anwendung. Eine kompensatorische Bewertung bei der Einkommensermittlung lässt sich gleichfalls nicht im Wege der Auslegung von § 8b KStG begründen. Die Untersuchung des § 5 Abs. 1a und 4a S. 2 EStG führt zu dem Ergebnis, dass unter der geltenden handelsrechtlichen Rechtslage grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die steuerbilanzielle Regelung bestehen. Dies gilt sowohl vor dem Hintergrund der Gleichmäßigkeit der Besteuerung als auch im Hinblick auf das steuerliche Legalitätsprinzip. Ursächlich für erstere Feststellung ist vor allem das relativ geringe Maß an relevanter Ungleichbehandlung, welches sich durch Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen lässt. Gerechtfertigt sind auch die festgestellten Folgerichtigkeitsverletzungen, bei denen den Gesetzgeber – mangels Möglichkeit zur gestaltungsresistenten Regelung der Materie – lediglich ein Optimierungsgebot trifft. Der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz ist gewahrt, da die Norm aktuell auf eine Handelsrechtslage verweist, aus der sich konkrete Voraussetzungen und Grenzen für die Bildung von Bewertungseinheiten ableiten lassen. Probleme ergeben sich allerdings im Hinblick auf § 5 Abs. 4a S. 2 EStG. Die Möglichkeit der pauschalen Abbildung von Verlustüberhängen in Form von Drohverlustrückstellungen bedeutet hierbei eine unzulässige Typisierung. Eine Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bliebe allerdings gewahrt, wenn der Gesetzgeber die Rückstellungsbildung quotal auf denjenigen Anteil begrenzen würde, den bilanzwirksame Positionen am Verlust der Bewertungseinheit haben. Mit Einführung des BilMoG hat der Gesetzgeber in Form von § 254 HGB n.F. eine explizite und allgemeingültige handelsrechtliche Regelung zur Bildung von Bewertungseinheiten geschaffen. Die Vorschrift ist weitestgehend offen formuliert und stellt außer dem Homogenitätserfordernis, dem Erfordernis einer generellen Sicherungseignung sowie der Beschränkung der möglichen Sicherungsinstrumente auf „Finanzinstrumente“ keine ausdrücklichen Anforderungen an den abbildungsfähigen Sicherungszusammenhang. Aus den Gesetzgebungsmaterialien und dem Tatbestandsmerkmal „zum Ausgleich“ ergibt sich allerdings das ergänzende Erfordernis einer Durchhalteabsicht, was (Handels-) Portfolien grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Norm ausschließt. An384

Zusammenfassung der Ergebnisse

gesichts der Einführung einer Zeitwertbewertung durch § 340e Abs. 3 HGB n.F. für die zum Handelsbestand der Kreditinstitute gehörenden Finanzinstrumente dürfte dem praktisch jedoch keine erhebliche Bedeutung zukommen. Die Regelung über die Zeitwertbewertung führt gleichzeitig zu einem Konkurrenzverhältnis mit § 254 HGB n.F., wobei nunmehr jedoch eine Umwidmungsmöglichkeit eröffnet ist. Auch Finanzinstrumente des Handelsbestandes können damit Bestandteil einer Bewertungseinheit werden. Entsprechendes gilt für kurzfristige Fremdwährungspositionen, die an sich einer erfolgswirksamen Bewertung zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag gem. § 256a HGB n.F. unterliegen. Steuerbilanziell ermöglicht § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. die Übernahme aller handelsrechtlich anerkannten Formen von Bewertungseinheiten, sofern sie dessen engere Anforderungen, z.B. die Beschränkung auf finanzwirtschaftliche Preisrisiken beziehen, erfüllen. Für die übrigen nach § 254 HGB n.F. zulässig gebildet Bewertungseinheiten bleibt es innerhalb der steuerlichen Gewinnermittlung bei einer imparitätischen Einzelbetrachtung. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten sind die Änderungen durch das BilMoG überaus problematisch. So führt die offene Formulierung des § 254 HGB n.F. und die gesetzgeberisch intendierte Unabhängigkeit von verbindlichen Vorgaben zu einem Wahlrecht der kompensatorischen Bewertung in einer Vielzahl von Konstellationen. Gesteigerte Gestaltungsspielräume des Bilanzierenden in der Steuerbilanz und eine intensivierte Ungleichbehandlung sind die Folge. In der Konsequenz kann die relevante Ungleichbehandlung nicht länger durch Praktikabilitätserwägungen gerechtfertigt werden – eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist zu bejahen. Unter dem Einfluss des § 254 HGB n.F. fehlt es der Verweisung des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. zudem an der Bezugnahme auf ein detailliertes Regelungssystem, die der nicht konkretisierten Steuerrechtsnorm eine hinreichende Aussagekraft verleihen würde. Da sich aus § 254 HGB n.F. – auch für die steuerliche Behandlung von Bewertungseinheiten – keine eindeutigen Zulässigkeitsvoraussetzungen und Grenzen ableiten lassen, verstößt die Verweisung des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG n.F. insoweit gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Um dies zu verhindern, bedürfte es einer eigenständigen steuerrechtlichen Regelung zur Bildung von Bewertungseinheiten. Die aus § 5 Abs. 4a S. 2 EStG n.F. resultierende Ungleichbehandlung lässt sich auch nach Einführung des § 254 HGB n.F. weiterhin nicht rechtfertigen.

385

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Stichwortverzeichnis Die Zahlen bezeichnen die Seitenzahlen Abkopplungsthese 78 ff. Absicherung – Einzel- 13, 296, 345 – Finalität 191 ff., 195, 383 – Gruppen- 13, 348 – Art 193 ff. Absicherungsbedarf 99 ff., 117, 172 ff., 338 – erfasste Geschäfte 100 f. – Ermittlung für das ganze Unternehmen 101 f. absicherungsfähige – Grundgeschäfte 100 f., 200, 329, 330 ff., 338, 340 – Risikoarten 188 ff., 321, 338 ff., 369 ff. Anhang (Jahresabschluss) 72, 77, 78 ff., 121 f., 134, 144, 197, 205 f., 322, 333, 337, 350 Anschlusssicherungsgeschäfte 109 ff., 125, 256 ff., 384 antizipative Hedges siehe Hedges Anwendungsbereich – außerbilanzieller 257 ff. – persönlicher 68 ff., 179 ff., 182 ff., 323 f., 371 f., – zeitlicher siehe zeitlicher Anwendungsbereich Apothekerfall 43 ff. Auffangcharakter (des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG) 217 f. Auflösung von Bewertungseinheiten siehe Bewertungseinheiten Auflösung von Rückstellungen siehe Drohverlustrückstellungen Auslegungsgrundsätze 53

Ausnahmefall (i.S.v. § 252 Abs. 2 HGB) 46, 50, 82, 93, 136, 138 ff., 157 ff., 173, 219, 294 f. außerbilanzielle Anwendbarkeit siehe Anwendungsbereich Bankbilanzrichtlinie 59 f., 65 f., 354 f. bankenspezifische Regelung (des § 340h HGB) 21, 59 ff., 164 ff., 187 f., 220, 222 ff., 231 ff., 242, 292 ff., 295 ff., 302, 312 f., 321 f. besondere Deckung siehe Deckung Besteuerung – Gesetzmäßigkeit 200 ff., 212, 267, 298 f., 373 ff. – Gleichmäßigkeit 173, 181, 184 f., 215, 223, 267 ff., 271, 280 ff., 293 ff., 315 f., 376 ff. Bestimmtheitsgebot 96, 213, 298, 303 ff., 373 f., 375 f. – Voraussehbarkeitsformel 304 ff., 376 – Relativierung der Anforderungen 306 f. betragsmäßige Kongruenz siehe Kongruenz Berufsausbildungskosten 42 f. Bewertungseinheiten – Auflösung 243 f., 245 ff., 365 f. – laufende 343 ff. – objektbestimmende 35 f., 187 – objektübergreifende 36 ff., 186 f. – unterlassene Bildung 216 ff., 297 Bewertungsvorbehalt (des § 5 Abs. 6 EStG) 155, 171 ff., 233 ff., 370 Bilanzierungsmethode 242 ff., 361 f.

387

Stichwortverzeichnis

Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz 3 f., 319 ff. Bilanzrichtlinie 21 f., 67 ff., 155, 160 f., 309, 320 Bilanzrichtliniengesetz 21 f., 58, 70, 155, 161 ff., 221 Bruttobilanzierung 245 f., 362 Cross-Hedges siehe Hedges Deckung – besondere 60 ff., 187, 220, 245, 354 – einfache 62 f. deferral-accounting siehe Festbilanzierung Delkredereversicherung 41, 190 f. Derivate 1 f., 7 ff., 31 f., 111, 122, 127, 325 f., 337, 368 f. – bedingte 10 f. – unbedingte 8 ff. derivative Finanzinstrumente siehe Derivate Dokumentation der Bewertungseinheit 55, 62 f., 113 ff., 121 ff., 131, 136 ff., 142 f., 216, 219, 226, 282 f., 294, 332 f., 335, 345, 350 ff., 374 Drohverlustrückstellungen 3, 26, 33, 37, 43 f., 46, 112, 127, 184, 236 ff., 291 f., 314 ff., 360, 364, 368, 373 – Auflösung 248, 255 f. – Ausweispflicht 122 – Bewertung 118, 129, 145, 151 f., 240 ff. – Verbot 170, 180, 247 Durchhalteabsicht 48, 116 ff., 125, 137 f., 143, 195, 219, 230, 282 ff., 342 f. Durchhaltewahrscheinlichkeit 116 ff., 125, 129 f.

388

Edelmetalle 328 ff. Effektivität – ineffektiver Teile 357, 363 ff., 373 – Nachweis 348, 357 f. – Mindesteffektivität 344, 348 f. Einblicksgebot 34, 50, 67 ff., 141, 144, 158 ff., 173, 312 einfache Deckung siehe Deckung eingeschränkte Marktbewertung 243 ff., 357, 359, 362 Einzelbewertungsgrundsatz – handelsrechtlicher 26 ff., 30, 35, 43, 90 ff., 142 f., 312, 356, 360 f. – steuerrechtlicher 172 f., 233 ff., 283, 370, 372 Entscheidungszwang 275 ff., 294, 297 f., 376, 377, 378 EuGH 80, 142, 159 f. Fachgremien 53 ff. Fälligkeitskongruenz siehe Kongruenz Festbilanzierung 243, 357, 359, 361, 366 Finalitätserfordernis 191 ff., 195 Finanzinstrumente 1 ff., 321, 367 ff. – Abgrenzung 5 ff., 324 ff. – Bilanzierung 177, 321 – derivative siehe Derivate – Marktbewertung siehe Marktbewertung – originäre 6 ff. finanzwirtschaftliche Risiken 188 ff., 370 Folgerichtigkeit 270 f., 280, 281 ff., 314, 376 ff. Folgerichtigkeitsgebot siehe Folgerichtigkeit formale Auslegung der Bilanzierungsnormen 41 f., 90 ff. formelle Maßgeblichkeit siehe Maßgeblichkeit

Stichwortverzeichnis

Fortwirkung der Gesamtbetrachtung 249 ff. Fristenkongruenz siehe Kongruenz Gebot zur Bildung von Bewertungseinheiten 143 f., 156, 224, 231, 312 Gerichtsbescheid des BFH 49 ff., 165, 178, 186, 194, 217, 231 Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen 2, 149, 177, 221, 236, 240 Gesetzmäßigkeit der Besteuerung siehe Besteuerung Gestaltungsmöglichkeiten 126, 137, 147, 168, 227, 228 ff., 241, 250 f., 263 ff., 267, 271 ff., 285 ff., 294 ff., 298 ff., 313 ff., 334 ff., 352 f., 375 ff. Gewinnermittlung – gem. § 4 Abs. 1 EStG 169 f., 179 ff., 185, 292, 323 f., 371 f. – gem. § 4 Abs. 3 EStG 169 f., 271 f., 276, 282, 376 f. – gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG 50, 150 ff., 179 ff., 185, 210, 213, 221 Gleichmäßigkeit der Besteuerung siehe Besteuerung Global-Hedges siehe Hedges GoB 21 ff., 56 ff., 68 – als Mehrheitsübung 56 – branchenspezifische 57, 164, 210 – deduktive Methode 57 f. – eigenständige für Bewertungseinheiten 56 ff. – Einblicksgebot und GoB 70, 77 – hermeneutische Methode 59, 208 – induktive Methode 56 f., 131, 207 – Modifikation 77, 220 ff. – § 340 h HGB als GoB 63 ff. Grundgeschäfte, absicherungsfähige siehe absicherungsfähige

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung siehe GoB Handelsportfolien 17, 194 ff. handelsrechtliche Rechnungslegung siehe Rechnungslegung handelsrechtswidrige Bilanzierung 211 ff., 338 Hedges – antizipative 18 f., 100 f., 112, 113 ff., 119, 135, 196 f., 333 ff., 353 f., 371, 376 – Cross- 18, 104 f., 119, 135, 193, 196 f., 313, 341, 351 – Global- 17, 45, 48, 52, 105, 107, 119, 124, 134 f., 143, 313, 341, 351 – Imperfect- 106, 119 – Makro- 13 ff., 48 ff., 107, 119, 124, 130 ff., 139, 143, 165, 194, 196, 220 ff., 295 ff., 351 – Mikro- 12 f., 33, 48 ff., 61, 107, 123, 134 f., 194, 196, 231, 351 – Perfect- 102, 105, 241 – Portfolio- 13 ff., 45, 48, 52, 62 f., 112 f., 118 f., 130 ff., 135, 139, 143, 194, 195 ff., 220 ff., 242, 295 ff., 332, 338, 341, 342 f., 351, 368 – Pure- 18, 102, 134 – Ratio 18, 104 – simultane 19 Höchstwertprinzip 26, 145 Homogenitätserfordernis 102 ff., 123, 340, 345, 352, 366 Hopfen-Urteil 41 f., 175 f. IAS 198 ff., 320, 348 IFRS siehe IAS Imparitätsprinzip 23, 25 f., 33, 50, 87 ff., 98 ff., 230, 283, 347, 356 Imperfect-Hedges siehe Hedges

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Stichwortverzeichnis

Kiesgruben-Fall 42 Komitologieverfahren 205 Kompensationswirkung 5, 33 ff., 39, 45 Kongruenz – betragsmäßige 51, 107 f., 124, 241 f., 363 ff., 373 – Fälligkeits- 49 ff., 108 ff., 119, 124 f., 135, 165, 346 f., 356 – Fristen- siehe Fälligkeits– Laufzeit- 45, 49, 108, 347, 356 Konkretisierungszweck 97, 98 ff., 143, 312 Konzernabschluss 3, 198 f., 203 Korrelation, negative 50, 105 ff., 119, 123 f., 134 f., 241, 345, 357 Lagebericht (Jahresabschluss) 122, 190, 197, 205 f., 322, 339, 350 Laufzeitkongruenz siehe Kongruenz laufzeitkongruente Refinanzierung siehe Refinanzierungsurteil Leasing-Urteil 46 ff. Legalitätsprinzip, steuerliches siehe Besteuerung, Gesetzmäßigkeit Leistungsfähigkeitsprinzip 165, 168, 212, 214 f., 267 ff. Makro-Hedges siehe Hedges marking-to-market siehe eingeschränkte Marktbewertung Marktbewertung 60, 187 f., 244, 326, 334, 362 – des Grundgeschäftes 252 – Gebot zur Einführung 287 f. – eingeschränkte siehe eingeschränkte Marktbewertung Maßgeblichkeit 50, 150 ff., 174, 193, 197, 206 ff., 217 f., 221, 233 f., 289, 290 f. – enge formelle 209 ff. – faktische 96, 167, 206 ff., 292, 338, 370 390

– formelle 150, 167 f., 210 – handelsrechtlicher Wahlrechte 223 – materielle 150 ff., 209 – umgekehrte 167, 174 materielle Maßgeblichkeit siehe Maßgeblichkeit Mikro-Hedges siehe Hedges Motiv (der Regelung) 177 ff., 193, 236, 295 f., negative Korrelation siehe Korrelation Nettobilanzierung 245 f. Niederstwertprinzip 26, 145 Objektivierung der Gewinnermittlung 229, 299 Objektivierungsfunktion der Einzelbewertung 27, 75, 86, 97, 119 ff., 143, 229, 283, 312 Optimierungsgebot 285 ff., 307, 311 Optionsgeschäfte 8, 10 f., 13, 31, 103, 264, 327 Perfect-Hedges siehe Hedges phasengleiche Aktivierung, Rechtsprechungsgrundsätze 228 ff., 279, 289, 382 Portfolio-Hedges siehe Hedges Prognoseschwierigkeiten 336 ff. Progressionsvorteile siehe Ungleichbehandlung Pure-Hedges siehe Hedges Realisationsprinzip 16, 23, 24 f., 30, 33, 82 ff., 89, 331 Rechnungsabgrenzungsposten 115, 253 f. Rechnungslegung, handelsrechtliche 133, 182, 197 ff., 211, 243, 303 Rechtfertigungsgründe 277 ff., 285 ff., 294 ff., 314 ff., 377 ff.

Stichwortverzeichnis

Rechtssicherheit 119, 298, 300 f., 304, 306, 309 Refinanzierungsurteil 45 ff. Restrisiken 115, 124 f. Risiken – Bonitäts- 84 f., 89, 115 – Finanzwert- 189 ff. – finanzwirtschaftliche 1, 5, 188 ff., 339 f., 370 – Kurs- 1, 6, 30 f., 99, 102 f., 123, 190, 339 – leistungswirtschaftliche 188, 189 f., 340, 370 – Preis- 99, 123, 190 f., 340, 370 – Rest- siehe Restrisiken – Währungs- 1, 6, 15, 54, 60 ff., 84, 99, 102 f., 190, 293, 313, 339 f. – Zahlungsstrom- 189 ff., 339 f. – Zins- 1, 99, 190, 339 Risikoarten, erfasste siehe absicherungsfähige Risikoausschluss 1, 34, 77, 98 ff., 286 f., 342 f., 346 f., 349, 351 f., 357, 377 Risikokategorien, erfasste siehe absicherungsfähige Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 189, 326, 328 ff., 340 Rohstoffbeschaffungsgeschäfte 329, 345 Rückgriffsansprüche 43 Rückstellungen siehe Drohverlustrückstellungen Saldierungsverbot 27, 29 f., 146 f., 246 schwebende Geschäfte 25 f., 31 ff., 37 f., 60, 95, 100, 112, 127, 151 f., 177, 247 f., 314, 326, 360 f., 368 f. Selbstbeschränkung des Kaufmanns 126 Sicherungsabsicht 55, 115 ff., 342

Sicherungsinstrumente 5 ff., 116 f., 324 ff., 335 simultane Hedges siehe Hedges Stellungnahmen von Fachgremien siehe Fachgremien Stetigkeitsgrundsatz 126 ff., 144, 344, 352 f., 362, 374 steuerliches Legalitätsprinzip siehe Besteuerung, Gesetzmäßigkeit Stichtagsprinzip 29, 51, 110 f., 117, 318 tatsächliche Verhältnisse (i.S.d. § 264 Abs. 2 HGB) 73 ff., 141 ff., Teilwertbegriff 173 ff. Teilwertabschreibung 237 ff., 247 f., 260 ff., 314 ff., 365, 373 teleologische Reduktion 80, 95 ff. Termingeschäft 8, 264, 327 true and fair view siehe Einblicksgebot Typisierung 315 ff. Übermaßverbot 279, 300 f. Ungleichbehandlung – Entscheidungszwang 275 ff., 294, 297 f., 376 f., 378 – Progressionsvorteile 274 f. – Verlustberücksichtigung 275, 314 – Wahlrecht 267, 273 ff., 276, 280 f., 295 ff., 375 ff. Veräußerungsgewinn 258 ff. Vereinfachungsfunktion 238 f., 272, 278 ff., 315 ff., 373, 377 f. vergangenheitsbezogene Verhaltensbetrachtung 128 ff., 251 Verluste – Umfang der erfassten 240 ff., 314 ff., 363 ff., 373 – Ungleichbehandlung siehe Ungleichbehandlung

391

Stichwortverzeichnis

Voraussehbarkeitsformel siehe Bestimmtheitsgebot Vorsichtsprinzip 23 ff., 77, 98, 290 ff., 347, 351, 355 f., 361 f. Währungsumrechnung 60 ff., 187 f., 224, 321 f., 333, 354 Wahlrecht – als Ermessensspielraum siehe Ungleichbehandlung – Ansatz- 223 ff., 367 – Bewertungs- 223 ff., 367 – faktisches 138, 226 ff., 334, 359 – gem. § 340h Abs. 2 S. 3 HGB 62 f., 222, 224 ff., 231, 233, 293, 295 ff., 302 Wahrscheinlichkeit – höchste 335 – hohe 321, 335 f. Waren 189, 327 ff., 340

392

Warentermingeschäfte 321, 325, 327 ff., 370 Wechselwirkungen, außerbilanzielle siehe Anwendungsbereich Wertänderungen 245, 338, 343, 344 Wesentlichkeitsgrundsatz 201 ff., 213, 301 ff., 309, 374 wirtschaftlicher Zusammenhang 115 ff., 125 ff. Zahlungsströme 338, 343, 344 zeitlicher Anwendungsbereich – des § 5 Abs. 1a EStG 235 f. – des § 5 Abs. 4a S. 2 EStG 239 f. Zeitwertbewertung 321 f., 330 ff., 366, 367 f. Zwangsläufigkeit der Besteuerung 298 ff. Zwecke des Jahresabschlusses 22